Parlamentskorrespondenz Nr. 275 vom 15.03.2022

Digitalisierung: Zivilverfahrens-Novelle passiert einstimmig Justizausschuss

Valorisierung der Gerichtsgebühren soll für 2022 ausgesetzt werden

Wien (PK) – Eine Zivilverfahrens-Novelle, die der fortschreitenden Digitalisierung der Justiz Rechnung tragen soll, passierte heute einstimmig den Justizausschuss. Mit einem mitbeschlossenen Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen werden neben Inkrafttretensbestimmungen unter anderem die Stundensätze für die Abgeltung der Leistungen der psychosozialen Prozessbegleitung an eine Erhöhung angepasst. Außerdem wird laut Erläuterungen darauf Bedacht genommen, dass sich die E-ID aktuell noch im Pilotbetrieb befindet, sodass es hier einer gewissen Flexibilität bei deren Nutzung im Gerichtssachverständigen- und -dolmetscherbereich bedürfe. Um bei den Gerichtsgebühren eine inflationsbeschleunigende Wirkung abzumildern, soll die nächste Erhöhung, die inflationsbedingt bereits 2022 zu erwarten wäre, auf das Jahr 2023 verschoben werden. Sollte die Inflation weiter anhalten, könnte frühestens mit der Veröffentlichung der endgültigen Indexzahl für den Monat Mai 2023 (die für den Juli 2023 zu erwarten ist) eine Erhöhung stattfinden, die dann mit 1. Oktober 2023 gelten würde, so die Erläuterungen.

Zivilverfahrens-Novelle zur digitalen Akten- und Verfahrensführung bei Gericht

Vorrangiges Ziel der umfassenden Zivilverfahrens-Novelle 2022 des Justizministeriums ist die Anpassung der Verfahren an die fortschreitende Digitalisierung der Justiz, insbesondere der digitalen Aktenführung (1291 d.B.). Laut der Vorlage werden auch weitere Verbesserungen des Verfahrensrechts angestrebt, die eine Erleichterung der Verfahrensführung und eine Verbesserung des Zugangs zum Recht bewirken sollen, ebenso wie eine Rechtsbereinigung in diesem Bereich, um eine leichtere Auffindbarkeit und einen besseren Überblick über die Rechtslage für die RechtsanwenderInnen zu ermöglichen.

Die verfahrensrechtlichen Vorgaben und Abläufe sollen demnach grundsätzlich nicht verändert werden, wie Justizministerin Alma Zadić im Ausschuss erläuterte. Dort, wo die digitale Aktenführung Sonderregelungen erfordere, wie dies etwa bei der Unterschriftsleistung der Fall ist, sollen neue Regelungen geschaffen werden, die parallel zu den für auf Papier geführten Akten gelten.

Weitere Ziele der Novelle sind der Ministerin zufolge eine bürgerfreundliche und verwaltungsentlastende Neuregelung der Gebühren für die Akteneinsicht. So soll etwa für elektronische Kopien, die auf von der Justiz zur Verfügung gestellten Datenträgern erstellt werden, ein neuer, nach dem Datenvolumen gestaffelter Gebührenansatz zur Anwendung gelangen. Beseitigt werden sollen Doppelgleisigkeiten bei der Einbringung von Gebühren, Geldstrafen und Kosten.

Unter anderem sollen mit der Novelle für Persönlichkeitsrechtsverletzungen in einem elektronischen Kommunikationsnetz und für Ansprüche aus der Fluggastrechte-Verordnung auch neue Gerichtsstände geschaffen werden. Weiters wird in Streitigkeiten nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz der Vorlage zufolge die streitwertunabhängige Anrufung des Obersten Gerichtshofs ermöglicht, was etwa Christian Drobits (SPÖ) positiv hervorstrich.

Im gerichtlichen Sachverständigenwesen werden etwa gesetzliche Nachschärfungen in den Verfahrensbestimmungen zur Bestellung von Sachverständigen vorgesehen. Die E-ID soll künftig auch im Bereich der elektronischen Kommunikation der Sachverständigen und DolmetscherInnen mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs Anwendung finden.

Insgesamt bringe die Novelle einen gewissen Modernisierungsschub, und auch weiterhin würden diesbezügliche Schritte gesetzt werden, meinte Zadić etwa gegenüber Johannes Margreiter (NEOS), der hingegen grundsätzlich in der Zivilprozessordnung moderne Konfliktlösungsansätze vermisst. Auf Fragen von Selma Yildirim (SPÖ) berichtete die Ministerin, dass für Digitalisierung im Bereich der Justiz 8,5 Mio. € für das Jahr 2022 budgetiert seien. Zum Abänderungsantrag, den Agnes Sirkka Prammer (Grüne) einbrachte, hob die Ministerin das Aussetzen der Valorisierung der Gerichtsgebühren für 2022 hervor. Auch Harald Stefan (FPÖ) signalisierte seitens der FPÖ Zustimmung zur Novelle. Ebenso wie Klaus Fürlinger (ÖVP) meinte die Ministerin, Österreich sei in diesem Bereich, was Digitalisierung betrifft, im europäischen Vergleich federführend. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu