Parlamentskorrespondenz Nr. 231 vom 02.03.2023
Neu im Geschäftsordnungsausschuss
Wien (PK) – Die fünf Parlamentsfraktionen haben in der gestrigen Nationalratssitzung gleich zwei gemeinsame Anträge eingebracht, die auf eine Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats abzielen. Zudem sollen das Klubfinanzierungsgesetz und das Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz geändert werden. Auch der FPÖ-Antrag auf Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses wurde dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen.
Ausweitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Gesetzesvorhaben
Österreich ist – wie alle anderen EU-Staaten – gemäß einer EU-Richtlinie dazu verpflichtet, vor der Einführung neuer Berufsreglementierungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Unter anderem ist zu prüfen, ob die Reglementierung notwendig und angemessen ist, welche Auswirkungen sie auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr hat und ob es nicht andere – weniger einschränkende – Alternativen gäbe. Damit sollen unter anderem das Grundrecht auf Berufsfreiheit abgesichert, die Personenfreizügigkeit und der EU-Binnenmarkt gestärkt und eine Diskriminierung von Bürger:innen anderer EU-Ländern vermieden werden.
Umfang und Procedere dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung sind im Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz (VPG) geregelt, das 2021 vom Nationalrat beschlossen wurde. Bislang sind allerdings im Wesentlichen nur Regierungsvorlagen vom Gesetz umfasst, das soll sich nun ändern. Die fünf Parlamentsfraktionen haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf (3229/A) eingebracht, der zusammen mit einer begleitenden Geschäftsordnungsnovelle (3231/A) im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats vorberaten werden soll.
Konkret sehen die beiden Anträge vor, die bei neuen Berufsreglementierungen gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung künftig auch dann durchzuführen, wenn das betreffende Gesetzesvorhaben auf einem Initiativantrag von Abgeordneten, Gesetzesanträgen von Ausschüssen oder auf Initiativen des Bundesrats beruht. Gleiches gilt, wenn Regierungsvorlagen im Zuge der Ausschussberatungen abgeändert wurden. Zu veranlassen ist die Prüfung vom Präsidenten bzw. von der Präsidentin des Nationalrats, sofern der Ausschuss, der für den Gesetzentwurf grünes Licht gegeben hat, das für notwendig hält. Alternativ kann auch ein Klub eine derartige Verhältnismäßigkeitsprüfung verlangen, wobei die Zahl derartiger Verlangen begrenzt ist.
Als Frist für die Durchführung der Prüfung sieht die Geschäftsordnungsnovelle längstens acht Tage – Wochenenden und Feiertage nicht eingerechnet – vor, wobei der Ausschuss auch eine andere Frist beschließen kann. Damit soll eine Verzögerung von Gesetzesbeschlüssen vermieden werden.
Anlass für die beiden Anträge ist den Erläuterungen zufolge ein Vertragsverletzungsverfahren der EU. Da Verfassungsbestimmungen enthalten sind, ist auch für die VPG-Novelle eine Zweidrittelmehrheit nötig. In Kraft treten sollen beide Gesetzesnovellen mit 1. Juni 2023. Vor Beginn der Vorberatungen im Geschäftsordnungsausschuss ist die GOG-Novelle noch einer Ersten Lesung zu unterziehen.
Einrichtung eines Klubregisters
Mit einer von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS beantragten Änderung des Klubfinanzierungsgesetzes (3230/A) soll der Präsident bzw. die Präsidentin des Nationalrats ausdrücklich dazu verpflichtet werden, ein öffentlich einsehbares Verzeichnis zu führen, das die Namen der parlamentarischen Klubs sowie die für diese vertretungsbefugten Personen enthält. Dieses "Klubregister" muss im Internet veröffentlicht werden. Als Klub ist dabei der "Gesamtklub" – also unter Einbeziehung der zugehörigen Mitglieder des Bundesrats und des Europäischen Parlaments – zu verstehen, wie in den Erläuterungen festgehalten wird.
Begleitend dazu sieht ein ebenfalls von allen fünf Fraktionen eingebrachter Antrag (3232/A) vor, einen bereits bestehenden Passus im Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats zu streichen, wonach der Einrichtung eines Klubregisters zwingend Beratungen in der Präsidiale voranzugehen haben. Auch zu dieser GOG-Novelle ist vor Zuweisung an den Geschäftsordnungsausschuss eine Erste Lesung abzuhalten.
Weiters dem Geschäftsordnungsausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde ein Antrag der FPÖ auf Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses (siehe dazu Parlamentskorrespondenz Nr. 222/2023). (Schluss) gs