Justizausschuss: Leichterer Zugang zu Krediten für ältere Personen ab 1. Mai 2023 einstimmig beschlossen
Zadic spricht von einem Meilenstein in Sachen Diskriminierungsschutz aufgrund des Alters
Wien (PK) – Da in den letzten Jahren ältere Personen oft Schwierigkeiten hatten, noch einen Kredit zu bekommen, schlägt die Regierung Änderungen im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz vor. Mit der heute im Justizausschuss einstimmig beschlossenen Regierungsvorlage wird nunmehr ab 1. Mai 2023 sichergestellt, dass Senior:innen und generell Personen mit geringerer Lebenserwartung leichter Darlehen aufnehmen können. Von einem Meilenstein sprach Justizministerin Alma Zadić, weil damit ein großer Schritt in mehr Selbstbestimmung gemacht und eine diskriminierende Regelung beseitigt werde.
Weiters sprachen sich die Abgeordneten einstimmig für die Änderung des Strafgesetzbuches im Bereich "terroristische Straftaten" aus. Klargestellt wird vor allem, dass bei allen vorsätzlichen Drohungen mit "terroristischer Eignung" eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren verhängt werden kann. Damit reagiert Österreich auf ein Mahnschreiben der EU-Kommission, die eine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie Terrorismus eingefordert hatte.
Außerdem sieht eine – einstimmig verabschiedete - Novelle des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vor, dass Fundgegenstände mit einem geringen Wert (unter 100 €) nicht mehr erst nach einem Jahr, sondern bereits nach sechs Monaten in das Eigentum der Finder:innen übergehen. Dadurch könnten Lagerflächen für Fundgegenstände deutlich reduziert und Einsparungen erzielt werden. Die verkürzte Aufbewahrungsfrist soll per 1. Mai 2023 in Kraft treten und ist auf all jene Gegenstände anzuwenden, die nach diesem Zeitpunkt der Fundbehörde angezeigt werden.
Leichterer Zugang zu Krediten für ältere Personen und klare Regelungen für den Erbfall
Durch Änderungen im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz will die Regierung die Kreditvergabe an ältere Personen erleichtern. Derzeit bestehen Unklarheiten darüber, ob die Kreditwürdigkeitsprüfung positiv abgeschlossen werden kann, wenn die angestrebte Laufzeit die durchschnittliche Lebenserwartung der Verbraucher:innen übersteigt, heißt es in den Erläuterungen. Eine Kreditvergabe soll nun auch in diesen Fällen möglich sein, sofern durch Vermögenswerte "eine hinreichende Gewähr für die Abdeckung des offenen (Rest-)Betrags" sichergestellt sei. Gleichzeitig müsse es wahrscheinlich sein, dass die Kund:innen zu Lebzeiten den laufenden Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nachkommen können. Abgestellt wird in der Regierungsvorlage nicht nur auf das Alter der Verbraucher:innen, sondern auch auf den Gesundheitszustand, der ebenso mit einer geringeren Lebenserwartung einhergehen könnte. Für die Erb:innen gilt, dass sie die laufende Kredittilgung fortsetzen und so eine Verwertung vermeiden können. Wenn eine Tilgung nicht möglich ist, dann sollte eine einvernehmliche Lösung (wie etwa eine Stundung) gefunden werden, um das Anfallen von Verzugszinsen zu vermeiden. Weiters sollte den Erb:innen primär die Möglichkeit eingeräumt werden, die Liegenschaft selbst zu veräußern und den Kredit aus dem Verwertungserlös abzudecken (1946 d.B.).
Ulrike Fischer (Grüne) begrüßte die Regelung ausdrücklich, da eine bestehende Ungerechtigkeit beseitigt werde. Ältere Personen hätten nun leichter Zugang zu Krediten, um etwa ihre Wohnungen umzubauen oder Wärmepumpen zu installieren. Eine klarere Regelung gebe es nun auch für den Erbfall.
Abgeordneter Christian Drobits (SPÖ) erinnerte daran, dass die SPÖ in der Vergangenheit viele Anträge zu diesem Thema eingebracht habe, diese aber immer wieder vertagt wurden. Nunmehr hätten es die Koalitionsparteien endlich geschafft, die Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe an ältere Menschen zu verbessern; dies sei auch dringend notwendig gewesen. Zahlreiche Menschen hätten sich an ihn gewandt und erzählt, dass sie keine Darlehen erhalten, um etwa das Bad barrierefrei zu gestalten oder um eine neue Heizung zu finanzieren. Es müssten nun auch noch weitere Schritte folgen, da es Altersdiskriminierung auf vielen Ebene gebe. Es seien nicht immer die "bösen Banken" Schuld, richtete Nikolaus Scherak (NEOS) seinem Vorredner aus, im vorliegenden Fall habe einfach der Gesetzgeber versagt. Daran anschließend appellierte Klaus Fürlinger (ÖVP) daran, dass es generell darum gehe, keine "lebensfremden Regelungen" in Gesetzen zu verankern.
Die Regierungsvorlage wurde in der Fassung eines Abänderungsantrags, in dem das Inkrafttreten mit 1. Mai 2023 (statt 1. April 2023) festgelegt wurde, einstimmig angenommen.
Terroristische Drohungen: Klarstellung im Strafgesetzbuch zur rechtskonformen Umsetzung einer EU-Richtlinie
Mit einer – einstimmig angenommen - Änderung im Strafgesetzbuch (StGB) soll im Bereich der "terroristischen Straftaten" im § 278c StGB ein neuer Straftatbestand für "terroristische Drohungen" eingeführt werden (1948 d.B. ). Wenn diese Drohung mit der im betreffenden Paragrafen genannten "terroristischen Eignung" und dem dort bezeichneten Vorsatz begangen wird, soll eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren verhängt werden können. Im Grunde gehe es dabei nur um die von der Europäischen Kommission eingemahnte rechtskonforme Umsetzung der EU-Richtlinie Terrorismus, erläuterte Justizministerin Alma Zadić, wobei Österreich einen anderen Standpunkt vertreten habe. Von den Änderungen betroffen seien dabei nur Drohungen, die mit einem terroristischen Vorsatz begangen werden. Nicht umfasst davon seien Straftaten, die auf die Herstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung und Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet seien.
Eine gesetzliche Änderung wäre aus seiner Sicht nicht notwendig gewesen, meinte FPÖ-Vertreter Harald Stefan, die Freiheitlichen würden der Vorlage aber zustimmen.
Die Novelle führe dazu, dass es nunmehr ein abgestuftes System in Österreich gebe, erläuterte Abgeordneter Georg Bürstmayr (Grüne). Dieses bestehe aus einfachen gefährlichen Drohungen (Strafrahmen bis zu einem Jahr), qualifizierte gefährlichen Drohungen (Strafrahmen bis 3 Jahre) und vorsätzlichen Drohungen mit terroristischem Ansatz (Strafrahmen bis fünf Jahre).
Fundrechts-Novelle: Geringwertige Gegenstände müssen nur mehr ein halbes Jahr aufbewahrt werden
Ab 1. Mai 2023 wird die Frist für den Eigentumserwerb durch die Finderin bzw. den Finder von Gegenständen, deren "gemeiner Wert" 100 € nicht übersteigt, von einem Jahr auf ein halbes Jahr verringert. Dies sieht eine mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossene Novellierung des ABGB vor (Fundrechts-Novelle 2023, 1920 d.B.). Die Zahl der Funde habe in den letzten Jahren deutlich zugenommen, ist der Regierungsvorlage zu entnehmen. In Österreich wurden im Jahr 2021 insgesamt 168.885 Gegenstände abgegeben, wobei ab dem 7. Monat nur mehr 0,4% der gefundenen Sachen abgeholt werden. Dennoch müssen sie für ein Jahr aufbewahrt werden, was mit beträchtlichen Lagerkosten für die Fundämter verbunden sei, gab Justizministerin Alma Zadić zu bedenken. Durch die Herabsetzung der Aufbewahrungszeit könnten daher deutliche Einsparungen – allein rund 50.000 € beim Zentralen Fundservice Wien - erzielt werden.
Justizministerin Zadić berichtet über wichtige Vorhaben auf EU-Ebene im Jahr 2023
Bei der Debatte über den aktuellen Vorhabensbericht der EU (III-879 d.B. ), der auf dem Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2023 sowie dem 18-Monats-Arbeitsprogramm der Trio-Ratspräsidentschaft Frankreich, Tschechien und Schweden basiert, gab Justizministerin Alma Zadić einen Überblick über die aus ihrer Sicht prioritären Themen und Vorschläge. Auch die Abgeordneten gingen in einer Fragerunde auf einzelne Vorhaben näher ein. So sprach Gertraud Salzmann (ÖVP) die Bedeutung der Bekämpfung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen an, die in Österreich unter anderem in einer deutlichen Erhöhung des Frauenbudgets Niederschlag gefunden habe. Gudrun Kugler (ÖVP) interessierte sich für die geplante Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels, die u.a. den Fokus auf technologieunterstützte Maßnahmen lege und auch die Zwangsheirat einbeziehen soll. SPÖ-Mandatarin Melanie Erasim gab zu bedenken, dass niemand Österreich daran hindere, nationale Verbesserungen im Bereich der Bekämpfung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen zu beschließen. Ein wichtiges Anliegen war ihr die Ausdehnung der sogenannten Risikofallkonferenzen, die flächendeckend eingesetzt werden müssten.
Nikolaus Scherak (NEOS) wollte mehr zum aktuellen Stand des "data privacy frameworks" wissen, nachdem nun schon der dritte Anlauf unternommen werde, um ein solches Abkommen mit den USA zu schließen. Harald Stefan (FPÖ) hielt Hasskriminalität für einen fragwürdigen Begriff und hinterfragte generell, warum dieser Straftatbestand auf eine Ebene mit Menschenhandel oder Terrorismus gehoben werden soll. Kritik übte er erneut an der aus seiner Sicht zu starken Ausweitung der Kompetenzen der Europäischen Staatsanwaltschaft. Er habe den Eindruck, dass in Österreich die Sanktionen gegenüber Russland nicht konsequent genug umgesetzt würden, meinte Johannes Margreiter (NEOS), der sich dabei vor allem auf die Beschlagnahme von Vermögenswerten bezog. Weitere Fragen galten der Übertragung von Strafverfahren sowie der verstärkten Nutzung von digitalen Prozessen im Gesellschaftsrecht. Georg Bürstmayr (Grüne) befasste sich mit dem Thema "e-evidence", also der digitalen Erfassung von Beweismitteln und der digitalen Beweiserhebung. Seine Fraktionskollegin Ulrike Fischer erkundigte sich nach der geplanten Einführung eines Rechts auf Reparatur.
Zadić: Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, von Hasskriminalität und Menschenhandel
Von österreichischer Seite ausdrücklich begrüßt werde der Entwurf für eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, bekräftigte Justizministerin Alma Zadić. Gewalt gegen Frauen zähle zu den schwersten geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen und wirke sich direkt auf die Gleichstellung von Frauen und Mädchen aus. Die neue Richtlinie umfasse rund 52 Artikel und lege besonderen Fokus auf den Opferschutz und die Opferhilfe. Ein Eckpfeiler sei für sie zudem der Artikel 5, in dem es um "Vergewaltigung auf der Grundlage fehlender Einwilligung gehe". Dazu seien aber noch rechtliche Fragen offen. Zu den Risikofallkonferenzen merkte die Ministerin an, dass im letzten Jahr nicht nur sehr viele stattgefunden hätten, sondern dass auch der entsprechende Erlass ihres Ressorts adaptiert wurde. Darin würden die Staatsanwaltschaften ersucht, häufiger auf dieses Instrument zurückzugreifen. Außerdem wurde bereits zum zweiten Mal unter Einbeziehung von Vertreter:innen von Opferschutzeinrichtungen und der Polizei ein strukturierter Dialog abgehalten. Konsens bestünde darüber hinaus bezüglich der Umsetzung der Gewaltambulanzen.
Ebenso unterstützt werden die fortgesetzten Bemühungen um eine Aufnahme von Hasskriminalität und Hetze in die Liste der europäischen Straftaten, bestätigte die Ministerin. Derzeit bestünde dazu aber noch keine Einigkeit, da sich Polen und Ungarn weiterhin dagegen aussprechen würden. Baldige Fortschritte erhoffe sie sich zudem bei der Bekämpfung von Umweltkriminalität, der auch im Rahmen der Umsetzung des Green Deal ein hoher Stellenwert beigemessen werde. Begrüßt würden auch Maßnahmen auf europäischer Ebene zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung, um effizienter gegen die organisierte Kriminalität vorgehen zu können. Aus diesem Grund sei auch die Frage der Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten ein wichtiges Thema. Besonders betroffen seien etwa Länder wie Belgien, Niederlande und Schweden, wo vor allem der Drogenhandel große Probleme bereite. Überarbeitet werden soll auch die Richtlinie zum Menschenhandel, eine allgemeine Ausrichtung soll bis Mitte des Jahres erzielt werden. Was die mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begangenen Verbrechen betreffe, so würde dabei die Europäische Agentur für die justizielle Zusammenarbeit in Den Haag eine zentrale und koordinierende Rolle einnehmen, berichtete die Ressortchefin. Es gelte vor allem so viele Beweise wie möglich zu sammeln, um für spätere Strafverfahren gerüstet zu sein.
Ebenso im Fokus stehe eine Finalisierung der Vorschläge betreffend elektronische Beweismittel und Beweiserhebung im Rahmen des "e-evidence"-Pakets, es habe dazu im Jänner eine Einigung mit dem Europäischen Parlament gegeben, teilte Zadić mit. Laut einem Experten des Ressorts handle es sich um eine ausgewogene Lösung, die eine Wahrung des Rechtsschutzes sicherstelle. Die Verhandlungen mit den USA über ein Datenschutzabkommen stünden jedoch erst am Beginn.
Was den Vorschlag für ein "Recht auf Reparatur" betrifft, so habe die Kommission heute einen Vorschlag präsentiert, teilte die Ministerin mit. Damit soll die Nachhaltigkeit von Produkten sowie das Recht der Verbraucher:innen, Produkte einfach und zu fairen Preisen reparieren zu lassen, gestärkt und ein Beitrag zur Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft geleistet werden. Bezüglich des EU-Lieferkettengesetzes habe man einen ersten Konsens erzielt. Man brauche einerseits einheitliche Regelungen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte, betonte Zadić, andererseits sollte aber auch keine überbordende Bürokratie entstehen.
Der Bericht wurde mehrheitlich – ohne Zustimmung der FPÖ – zur Kenntnis genommen und gilt als enderledigt. (Fortsetzung Justizausschuss) sue
Links
- 1920 d.B. - Fundrechts-Novelle 2023 – FundR-Nov 2023
- III-879 d.B. - Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2023
- 1946 d.B. - Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz und Rechtsanwaltsordnung
- 1/A-JU - Justizausschuss
- 1948 d.B. - Strafgesetzbuch