Parlamentskorrespondenz Nr. 32 vom 22.01.2024

Verfassungsausschuss beschließt neue Servicestelle für Künstliche Intelligenz

Keine Mehrheit für Neuwahlantrag der FPÖ, Volksbegehren fordert "Nehammer muss weg"

Wien (PK) – Bei der Rundfunk- und Telekomregulierungsbehörde RTR wird eine Servicestelle für Künstliche Intelligenz eingerichtet. Sie soll einschlägige Kompetenz aufbauen und ein vielfältiges Informations- und Beratungsangebot für KI-Projekte und KI-Anwendungen in den Bereichen Medien, Telekommunikation und Post – unter anderem über ein Informationsportal – bereitstellen. Ein entsprechender Gesetzesantrag der Koalitionsparteien hat heute mit den Stimmen von ÖVP und Grünen den Verfassungsausschuss des Nationalrats passiert. Gleichzeitig soll ein elfköpfiger Beirat für Künstliche Intelligenz etabliert werden. Kritik kommt von der Opposition: Sie vermisst unter anderem ein Begutachtungsverfahren und kritisierte den Bestellmodus für den Beirat.

Lediglich die Unterstützung der Opposition erhielt ein Neuwahlantrag der FPÖ. Es sei sinnvoll bis zum Ende der Legislaturperiode weiterzuarbeiten, zumal noch nicht alle Punkte des Regierungsprogramms abgearbeitet seien und das Parlament weiterhin vernünftig arbeite, sagte Georg Bürstmayr von den Grünen.

Beraten hat der Verfassungsausschuss außerdem über einen Entschließungsantrag der SPÖ, der darauf abzielt, die Pensionssicherungsbeiträge für Beamt:innen im Ruhestand und ÖBB-Pensionist:innen zu streichen, sofern ihre Pension unter der ASVG-Höchstpension liegt. Zum Volksbegehen "Nehammer muss weg" gab es keine Wortmeldungen.

Neue Servicestelle für Künstliche Intelligenz

Begründet wird die Einrichtung einer neuen Servicestelle für Künstliche Intelligenz bei der RTR (3821/A) mit der zunehmenden Bedeutung von Technologien, die auf künstlicher Intelligenz beruhen. Unter anderem soll die Servicestelle über regulatorische Rahmenbedingungen und etwaige Auswirkungen von KI auf Cyber-Sicherheit informieren, Studien, Analysen und Fachtagungen durchführen, Web-Leitfäden für den Einsatz von KI im Medienbereich samt Best Practice-Modellen bereitstellen, öffentliche und private Rechtsträger beraten sowie sich regelmäßig mit Marktteilnehmern im Medienbereich austauschen.

Die elf Mitglieder des "Beirats für Künstliche Intelligenz" bei der RTR sollen vom Bundeskanzler (3) bzw. vom Finanzminister (8) für eine Funktionsperiode von vier Jahren bestellt werden und aus den Bereichen Ethik, Forschung, Ökonomie, Recht und Technik kommen. Aufgabe des Beirats wird es unter anderem sein, die mit KI-Angelegenheiten befassten Mitglieder der Bundesregierung und die RTR sowohl im Hinblick auf technische als auch auf ethische und gesellschaftliche Aspekte zu beraten. Auch in die Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für künstliche Intelligenz soll der Beirat eingebunden werden.

In den Erläuterungen zum Gesetzesantrag heben die Antragsteller:innen Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) und Süleyman Zorba (Grüne) hervor, dass es bei der Novelle nicht um einen Vorgriff auf den geplanten AI-Act der Europäischen Union gehe. Vielmehr soll eine gute Ausgangsbasis für dann notwendige Umsetzungsmaßnahmen geschaffen werden. Es gelte, Entwicklungen aufmerksam zu beobachten und sich rechtzeitig auf die Herausforderungen vorzubereiten. Man müsse das Phänomen künstliche Intelligenz begleiten und in eine gute Richtung bringen, bekräftigte Himmelbauer im Ausschuss.

Opposition spricht von Schnellschuss und sieht "Luft nach oben"

Unzufrieden mit dem Gesetzentwurf ist hingegen die Opposition. Da ist "noch Luft nach oben", sagte etwa Abgeordneter Christian Drobits (SPÖ). Er begrüßte zwar die Einrichtung einer Servicestelle, sieht aber Unternehmer:innen gegenüber Konsument:innen in manchen Bereichen bevorzugt. Zudem sprach er sich dafür aus, die Minister für Soziales und Bildung sowie die Sozialpartnerschaft besser einzubinden und die Bestellung der Beiratsmitglieder nicht allein dem Bundeskanzler und dem Finanzminister zu überlassen.

Von Seiten der NEOS beklagte Nikolaus Scherak, dass durch die Einbringung des Gesetzentwurfs in Form eines Initiativantrags ein Begutachtungsverfahren und eine Folgekostenabschätzung fehle, obwohl davon auszugehen sei, dass der Entwurf aus dem Finanzministerium komme. Zudem wäre es seiner Meinung nach sinnvoll, die Ergebnisse der Verhandlungen auf EU-Ebene zum AI-Act abzuwarten, bevor man vorschnell eine Stelle einrichte. Es wiederholten sich die Fehler, die man beim Vorgehen gegen Hass im Netz gemacht habe. Die NEOS werden dem Gesetz Scherak zufolge daher nicht zustimmen, wiewohl er es grundsätzlich für wichtig erachtet, sich mit künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen.

Auch FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan vermisst ein Begutachtungsverfahren. Man habe gerade zwei Räte zusammengelegt, um diese zu verschlanken, nun werde ein neuer Beirat eingerichtet, hielt er fest. Der FPÖ liege das Thema künstliche Intelligenz am Herzen, versicherte Stefan, aber das, was vorliege, sei ein "Schnellschuss" und ein nicht ausgegorener Entwurf.

Tursky: Es braucht nationale Stelle für künstliche Intelligenz

Digitalstaatssekretär Florian Tursky hielt der Opposition entgegen, dass es sinnvoll sei, mit der Einrichtung einer Servicestelle für Künstliche Intelligenz nicht auf den AI-Act zu warten, sondern "in Vorleistung zu gehen". Schließlich wisse man schon jetzt "ziemlich genau", was im AI-Act stehen werde. Damit könne man sich bereits vorab auf die Zertifizierung von KI-Systemen vorbereiten. Die Servicestelle ist laut Tursky sowohl für Unternehmen als auch für Konsument:innen gedacht, zudem sollen die Sozialpartner in anderer Form eingebunden werden. Der Beirat solle allerdings der Wissenschaft vorbehalten bleiben, so der Staatssekretär.

Opposition geschlossen für Neuwahlen

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen abgelehnt wurde ein Antrag der FPÖ (3066/A), der auf eine vorzeitige Auflösung des Nationalrats abzielt. Die Bundesregierung habe den Rückhalt in der Bevölkerung "vollkommen verloren", es brauche daher rasche Neuwahlen, begründete Harald Stefan die Initiative. Auch seien die politischen Debatten festgefahren, es brauche Bewegung.

Ausdrücklich Zustimmung zum Neuwahlantrag äußerte SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger. Die Regierung habe zur Bekämpfung der Teuerung die falschen Maßnahmen gesetzt, machte er geltend.

Dem hielt Abgeordneter Georg Bürstmayr (Grüne) entgegen, dass die Koalition in vielen Bereichen Verbesserungen bewirkt habe. Als Beispiele nannte er etwa diverse Klimaschutzmaßnahmen, die Absicherung der Justiz und die Abschaffung der kalten Progression. Zudem sei das Regierungsprogramm noch nicht abgearbeitet, hob er hervor. Er erwarte sich, "dass auch im Wahljahr noch etwas weitergeht". Solange das Parlament vernünftig und mit Resultaten arbeiten könne, soll die Legislaturperiode zu Ende geführt werden, so Bürstmayr.

Volksbegehren "Nehammer muss weg"

Mit der Regierungsarbeit unzufrieden sind auch der Initiator des Volksbegehrens "Nehammer muss weg" (2079 d.B.) Robert Marschall und seine Mitstreiter:innen. Der Bundeskanzler habe das Vertrauen der Wähler:innen und das Vertrauen in die Demokratie grob missbraucht, argumentieren sie, wobei sie Nehammer unter anderem die Einführung der COVID-19-Impfpflicht, das Vorgehen der Polizei "gegen das friedliche Volk" bei Kundgebungen während der Corona-Pandemie, die Russland-Politik der Regierung und die Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze durch die ÖVP im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2019 ankreiden. Zudem sei Nehammer nie vom Volk zum Bundeskanzler gewählt worden und habe mit seinem Wechsel vom Nationalrat in die Regierung einen "Bruch der Gewaltentrennung" begangen.

Konkret wird von den 106.440 Unterzeichner:innen des Volksbegehrens gefordert, Artikel 41 der Bundesverfassung dahingehend zu ändern, dass alle Beschlüsse des Nationalrats und damit auch Misstrauensbeschlüsse gegen Bundeskanzler Karl Nehammer per Volksbegehren begehrt werden können.

Wortmeldungen zum Volksbegehren gab es nicht, nachdem die Initiator:innen aufgrund eines Missverständnisses der Parlamentsdirektion nicht rechtzeitig über den Beginn der Beratungen informiert worden waren und daher nicht anwesend waren. Ausschussobmann Jörg Leichtfried, der die Abgeordneten über das unglückliche Missverständnis informierte, wies darauf hin, dass es den Vertreter:innen des Volksbegehrens möglich sei, eine schriftliche Stellungnahme zum Ausschussbericht abzugeben, die auch veröffentlicht wird.

Abschaffung der Pensionssicherungsbeiträge

Vom Verfassungsausschuss vertagt wurde schließlich ein Entschließungsantrag der SPÖ (2243/A(E)), der darauf abzielt, die Pensionssicherungsbeiträge für Beamt:innen im Ruhestand und für ÖBB-Pensionist:innen abzuschaffen, sofern ihr Ruhebezug unter der ASVG-Höchstpension liegt. Nach Meinung der SPÖ fehlt nach Angleichung des Pensionssystems für Beamt:innen an jenes der Privatwirtschaft die Begründung für die Einhebung dieser Beiträge.

Verständnis für das Anliegen der SPÖ zeigte sowohl Grünen-Abgeordnete Eva Blimlinger als auch ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl. Es sei aber nicht möglich, von heute auf morgen eine Lösung zu finden, machte Blimlinger geltend. Gerstl gab zudem zu bedenken, dass Neo-Beamt:innen im Ruhestand ohnehin keine Pensionssicherungsbeiträge mehr zahlen. Vollinhaltlich unterstützt wird die Initiative laut Werner Herbert von der FPÖ. (Schluss Verfassungsausschuss) gs