Stenographisches Protokoll

648. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Dienstag, 22. Dezember 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

648. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 22. Dezember 1998

Dauer der Sitzung

Dienstag, 22. Dezember 1998: 12.02 – 18.17 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden

2. Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle 1999), das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG)

4. Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

5. Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999)

6. Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird

7. Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird

8. Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1999

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Inhalt

Bundesrat

Schlußansprache des Präsidenten Alfred Gerstl 6

Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1999

Verlangen gemäß § 57 Abs. 2 auf Durchführung einer Debatte 46


Bundesrat
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648. Sitzung / Seite 2

Debatte:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 46

Albrecht Konečny 47

Dr. André d’Aron 48

Ludwig Bieringer 48

Dr. Paul Tremmel 49

Mag. Michael Strugl 50

Wahl der beiden Vizepräsidenten 50

Wahl von zwei Schriftführern 51

Wahl von drei Ordnern 51

Sitzungsunterbrechung 51

Personalien

Krankmeldungen 6

Entschuldigungen 6

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 7

Ausschüsse

Zuweisungen 7

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Peter Harring, Ulrike Haunschmid, DDr. Franz Werner Königshofer und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend neuerliches Belastungspaket (1560/J-BR/98)

Begründung: Dr. Reinhard Eugen Bösch 52

Beantwortung: Bundesminister Rudolf Edlinger 53

Redner:

Dr. Peter Harring 57

Mag. Harald Himmer 60

Albrecht Konečny 62

Ulrike Haunschmid 64

Bundesminister Rudolf Edlinger 68

Stefan Prähauser 72

DDr. Franz Werner Königshofer 73

Mag. John Gudenus 75

Gottfried Jaud 78

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden (1520 und 1563/NR sowie 5853 und 5854/BR d. B.)


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648. Sitzung / Seite 3

(2) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1521 und 1567/NR sowie 5855/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 8

[Antrag, zu (1) und (2) keinen Einspruch zu erheben]


Bundesrat
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648. Sitzung / Seite 4

Redner:

DDr. Franz Werner Königshofer 8

Karl Drochter 11

Ing. Walter Grasberger 13

Dr. Peter Harring 15

Josef Rauchenberger 17

Mag. Michael Strugl 19

Wolfram Vindl 22

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 23

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und einiger Bundesräte der SPÖ, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der SPÖ und der Bundesräte der Freiheitlichen 24

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (2) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 24

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle 1999), das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG) (1561/NR sowie 5856/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (972/A und 1562/NR sowie 5857/BR d. B.)

(5) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999) (976/A und 1564/NR sowie 5858/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfram Vindl 25

[Antrag, zu (3) gegen den vorliegenden Beschluß – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, zu (4), der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen]

und Johann Grillenberger 26

[Antrag, zu (5) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Paul Tremmel 26

Alfred Schöls 29

Johann Payer 31

Ernest Windholz 33

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 34

Jürgen Weiss 36

Horst Freiberger 38

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 39

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (4), der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen 40

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (5) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 40

Gemeinsame Beratung über

(6) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird (1530/NR sowie 5859/BR d. B.)

(7) Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird (1530/NR sowie 5852 und 5860/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 41

[Antrag, zu (6) und (7) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Milan Linzer 41

Dr. Michael Ludwig 42

Dr. Peter Böhm 43

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) und (7) keinen Einspruch zu erheben 45

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Peter Harring, Ulrike Haunschmid, DDr. Franz Werner Königshofer und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend neuerliches Belastungspaket (1560/J-BR/98)


Bundesrat
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648. Sitzung / Seite 5

der Bundesräte Mag. Harald Himmer und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen von linksextremen Zeitschriften (1561/J-BR/98)

der Bundesräte Mag. Karl Wilfing und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Publizistikförderung für linksradikale und linksalternative Zeitschriften (1562/J-BR/98)

der Bundesräte Mag. Harald Himmer und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung der linksextremen Szene (1563/J-BR/98)

der Bundesräte Ilse Giesinger und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Erhöhung der LKW-Fahrtenbewilligung für die Reformstaaten im Interesse der österreichischen Wirtschaft (1564/J-BR/98)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend unterschiedliche Gebühren für den Besuch an Werkmeisterschulen (1565/J-BR/98)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Benennung von Schulen (1566/J-BR/98)

der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wiedergutmachung am Beispiel "Thorsch" (1567/J-BR/98)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. André d’Aron und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entwicklung des Postautodienstes und die Novelle zum Poststrukturgesetz (1568/J-BR/98)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen (1401/AB-BR/98 zu 1507/J-BR/98)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1402/AB-BR/98 zu 1524/J-BR/98)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Frage der Bundesräte Irene Crepaz und Kollegen (1403/AB-BR/98 zu 1511/J-BR/98)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Frage der Bundesräte Irene Crepaz und Kollegen (1404/AB-BR/98 zu 1512/J-BR/98)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1405/AB-BR/98 zu 1516/J-BR/98)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1406/AB-BR/98 zu 1525/J-BR/98)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Frage der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen (1407/AB-BR/98 zu 1527/J-BR/98)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Frage der Bundesräte Erhard Meier und Kollegen (1408/AB-BR/98 zu 1530/J-BR/98)


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648. Sitzung / Seite 6

Beginn der Sitzung: 12.02 Uhr

Präsident Alfred Gerstl: Ich eröffne die 648. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 647. Sitzung des Bundesrates vom 17. Dezember 1998 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Walter Scherb, Josef Pfeifer, Erich Farthofer, Dr. h.c. Manfred Mautner Markhof, Franz Richau, Hedda Kainz, Franz Wolfinger und Ferdinand Gstöttner.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Harald Repar und Therese Lukasser.

Schlußansprache des Präsidenten

Präsident Alfred Gerstl: In Rücksichtnahme darauf, daß heute bereits der 22. Dezember ist, möchte ich ein paar Abschiedsworte als Vorsitzender des Bundesrates sagen. Ich betone das deshalb, damit nicht einige in Freudenstürme ausbrechen und glauben, weil ich länger jung bin, daß ich nicht bei euch bleibe. Ich bleibe.

Ich möchte mich bei den Kolleginnen und Kollegen herzlichst für das Klima bedanken, das während der Zeit meiner Vorsitzführung geherrscht hat: Es war echt demokratisch und vornehm, und es herrschte Rücksichtnahme. Dies könnte eine Orientierungshilfe für unsere Jugend darstellen, da vorgelebt wurde, wie man sich untereinander benehmen soll, und eine Orientierungshilfe auch für die Medien in Österreich, die sich ändern müssen, soll es nicht zu einem solchen Gegeneinander kommen, wie es einmal war und wovon wir geglaubt haben, es überwunden zu haben.

Ich möchte Sie daher bitten, daß Sie das, was ich aufgelegt habe, lesen und in der Funktionsperiode des neuen Präsidenten vielleicht Aktivitäten im Hinblick auf die Modifikation des Medienrechtes setzen. Es liegt mir wirklich sehr viel daran. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

)

Ich möchte aber auch den Mitarbeitern, die mir in dieser Zeit geholfen haben, herzlich danken, an der Spitze unserem Herrn Dr. Labuda, natürlich auch und ganz besonders Botschafterin Dr. Helga Konrad, die in kürzester Zeit in Amerika, ja überall in der Welt die Weichen dahin gehend gestellt hat, daß ich da und dort eingeladen wurde und auch meine Anschauungen vertreten konnte.

Besonders danke ich auch Frau Dr. Alsch-Harant, Herrn Dr. Ludwan, Frau Mag. Kopesky, Frau MMag. Kerle, Herrn Mag. Kiesenhofer, Herrn Dr. Schefbeck, Herrn Fasching, Frau Ruckser, Frau Mroz, Herrn Mroz und Herrn Liebl. Sie alle haben mich sehr engagiert unterstützt. Ich bin immerhin in den vergangenen sechs Monaten 30 000 Kilometer mit Herrn Mroz gefahren. Ich habe keine Veranstaltung ausgelassen und habe auch die Einladungen sowohl nach China als auch nach Marokko und Amerika angenommen. Daraus können Sie ersehen, daß ich versucht habe, meine Pflicht zu erfüllen und den Vertrauensvorschuß zu rechtfertigen.

Unserem Dr. Peter Harring möchte ich zum 60. Geburtstag, also zu zweimal 30. Geburtstag, herzlichst gratulieren und ihm alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Ihnen allen wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und viel Glück im neuen Jahr. Ich danke Ihnen dafür, daß wir gemeinsam doch etwas weitergebracht haben. (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Alfred Gerstl: Eingelangt sind acht Anfragebeantwortungen, die den Anfragestellern übermittelt wurden.


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648. Sitzung / Seite 7

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und auch an alle übrigen Mitglieder des Bundesrates verteilt.

Weiters eingelangt ist ein Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 1997.

Dieser Beschluß unterliegt nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung des vorliegenden Beschlusses durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind, sowie der Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird.

Ich habe alle diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber – mit Ausnahme des Bundesgesetzes betreffend die Änderung des Rechnungshofgesetzes 1948 – abgeschlossen und schriftliche Berichte erstattet.

Ich habe daher alle diese Vorlagen – mit Ausnahme des vorerwähnten Beschlusses – sowie die Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das erste Halbjahr 1999 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Alfred Gerstl: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24stündigen Aufliegefrist der hiefür in Betracht kommenden Ausschußberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstandnahme von der 24stündigen Aufliegefrist der in Betracht kommenden Ausschußberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Alfred Gerstl: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 5 sowie 6 und 7 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Alfred Gerstl: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, daß mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen betreffend neuerliches Belastungspaket an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt. Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluß der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.


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1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden (1520 und 1563/NR sowie 5853 und 5854/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1521 und 1567/NR sowie 5855/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Gerstl: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 2, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 und 2 hat Herr Bundesrat Alfred Schöls übernommen. Ich bitte darum.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die schriftlichen Berichte des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus zu den beiden vom Präsidenten angesprochenen Vorlagen liegen auf. Ich verzichte daher auf die Verlesung der Berichte und stelle im Namen des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus folgende Anträge:

Zum Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden, stellt der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, stellt der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Ich darf Sie bitten, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Präsident Alfred Gerstl: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Franz Werner Königshofer. – Bitte.

12.12

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den hier vorliegenden Gesetzesbeschlüssen handelt es sich um Anpassungen an die Richtlinie 9736 der EG vom 30. Juli 1997, die sogenannte Änderungsrichtlinie, welche wiederum die EWG-Fernsehrichtlinie modifiziert hat. Der Vollzug, sprich die Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht, muß bis 30.12.1998 abgeschlossen sein, und es hat daraufhin eine Vollzugsmeldung an die Europäische Kommission zu erfolgen.

Siehe da, heute, am 22. Dezember, werden diese Gesetze im Bundesrat behandelt. Also die Richtlinie wurde am 30. Juli 1997 gefaßt, und die Bundesregierung hat sich wiederum eineinhalb Jahre Zeit gelassen, diese Materie zu behandeln und im Parlament zur Abstimmung zu bringen.


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Es ist wieder einmal so, daß Richtlinien im letzten Augenblick, teilweise in einem Husch-pfusch-Verfahren, ins Parlament gebracht und hier zur Abstimmung gestellt werden.

Inhaltlich ergibt sich hier nicht viel, es sind eher formale Anpassungen. Es gibt einige neue Schutzbestimmungen für Kinder und Jugendliche und eine Modifikation der Beschwerdemöglichkeiten.

Wenn man sich die Regierungsvorlage, die mir hier zur Verfügung steht, die aber dann noch abgeändert wurde, ansieht, dann ist beachtlich, daß es im § 2 Abs. 3 heißt, daß Fernsehprogramme keine Sendungen enthalten dürfen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen schwer beeinträchtigen können. Hingegen dürfen Programme, die die Entwicklung sehr wohl beeinträchtigen, aber nicht schwer, schon gesendet werden, wenn die Sendezeit so gewählt ist, daß die Jugendlichen nicht die Möglichkeit haben, es zu sehen – Frage: wer kontrolliert? –, oder wenn technische Mittel eingebaut werden, die immer wieder während der Sendung darauf hinweisen, daß es sich um eine Sendung handelt, die für Jugendliche nicht geeignet ist.

Meine Damen und Herren! Hier stellt sich schon die Frage: Wer beurteilt denn eigentlich, ob eine Sendung die Entwicklung Jugendlicher schwer oder weniger schwer beeinträchtigen kann, und wer ist für den Vollzug verantwortlich? Oder wollen Sie in jedes Heim, in jede Wohnung gehen und in der Nacht nachsehen, ob nicht vielleicht ein Jugendlicher vor einem Fernsehapparat sitzt und sich derartige Sendungen anschaut? Ich halte das für eine Bestimmung, deren Vollzug mehr als problematisch ist!

Des weiteren ist hier aufgenommen und in das Gesetz eingebaut, daß der Österreichische Rundfunk der Sendung von europäischen Werken – entsprechend Artikel 6 der Richtlinie 89552 EWG – den Vorrang geben sollte. Das ist an sich eine recht erfreuliche Bestimmung, die zeigt, daß sich die EU doch Gedanken über ein europäisches Kulturerbe im weiteren Sinne macht und meint, daß dieses Kulturerbe auch über die elektronischen Medien weiterzugeben wäre.

Wir werden in Zukunft zu beobachten haben, inwiefern sich der ORF auch daran hält. Denn wenn man sich so die Programmgestaltung – gerade am Wochenende – ansieht, dann merkt man, daß mehr US-Horrorthriller und andere Filme im Programm sind als solche eines europäischen Kulturerbes. Ich denke daran, daß es in Europa eine Zeit gegeben hat – das war in den sechziger und siebziger Jahren –, in der sehr gute Filme gedreht worden sind, vor allem auch in Frankreich, in England, aber auch in Deutschland und Österreich. Man sieht da sehr wenig davon. Vielleicht kann diese Regelung wieder neu motivieren, sodaß auch europäisches Programm im Rundfunk, im österreichischen Fernsehen, wieder gezeigt wird.

Des weiteren ist ein sehr bemerkenswerter Passus in der Regierungsvorlage enthalten. Im § 5 Abs. 1 heißt es: Der Österreichische Rundfunk hat einen Teil seiner Sendezeit an die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien zu vergeben. – Das ist eine klassische Regelung, eine Privilegienregelung, wie man sie ja kennt. Diese wurde offensichtlich nach Durchsicht der Regierungsvorlage wieder umgestoßen, weil sich die gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen auf die Zehen getreten fühlten, da sie dann die Möglichkeit der Gratiswerbung im Rundfunk nicht mehr gehabt hätten. Man hat also diese Möglichkeit wieder hineinreklamiert.

Meine Damen und Herren! In dieser Passage sieht man die ganze Problematik des Rundfunkwesens in Österreich. Daran können Sie erkennen, warum wir in diesem Fall nicht zu echten Reformen kommen, warum wir zu keiner Privatisierung kommen. Eine echte Privatisierung setzt Rundfunkfreiheit voraus, also die Möglichkeit, daß eben mehrere private Rundfunksender in einem Land bestehen. Private Rundfunksender haben eben nicht mehr die Möglichkeit, irgend jemandem Gratissendezeiten einzuräumen.

Unser Ziel ist es, in diese Richtung zu gehen, so wie das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Österreich aufgetragen hat. Deshalb können wir solche Passagen nur demaskieren und darstellen, wie sie sind. Wir wollen eine freie Rundfunkgesellschaft, mehrere Gesellschaften, und jeder, der werben will, kann sich dann dort Werbezeit entsprechend kaufen. So aber handelt es sich nur um ein Privileg für die im Nationalrat vertretenen politischen Par


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teien beziehungsweise für einige Interessenvertretungen. Wobei noch anzumerken ist, daß man jetzt noch gar nicht genau weiß, welche Interessenvertretungen darunterfallen. Die Senioren haben sich schon beschwert, weil sie nicht zum Zuge kommen werden. Ob zum Beispiel die Österreichische Hochschülerschaft darunterfällt, ist auch noch nicht abgeklärt.

Meine Damen und Herren! Es ist noch eine ganz lustige Passage in § 29a enthalten, wonach der Österreichische Rundfunk, wenn er gegen die vorgenannten Passagen verstößt – etwa jugendgefährdende Sendungen oder zum Beispiel Spirituosen- oder Tabakwerbung aussendet –, zu einer Geldstrafe bis zu 500 000 S verurteilt werden könnte. Wer wird die Strafe tatsächlich aussprechen? Wer wird sie letztendlich exekutieren? Ich glaube, es wird nie dazu kommen, und wenn, dann sind eine halbe Million Schilling für den Österreichischen Rundfunk eigentlich nur ein Klacks!

Was wir kritisieren, ist der Umstand, daß das nur ein Reförmchen ist, daß die große Reform, die ja notwendig wäre und uns aufgetragen wurde, ausgeblieben ist. Wo besteht die Möglichkeit der Sendung von Programmen privater Rundfunkanstalten? Es gibt in Österreich nur den ORF? Es gibt ein ORF-Monopol. Nach wie vor darf in Österreich keine andere Rundfunkanstalt als der ORF Fernsehsendungen ausstrahlen, und damit stellt sich der Rundfunk-Bereich in Österreich so dar wie in Nordkorea oder in Kuba: Es gibt einen staatlichen Fernsehsender, es gibt nur staatliche Programme, und keinem Privaten ist es erlaubt, eine Fernsehsendung, ein Fernsehprogramm auszustrahlen.

Meine Damen und Herren! Zu kritisieren ist auch das Regionalradiogesetz, weil es auch nach wie vor den freien Wettbewerb nicht zuläßt. In diesem Zusammenhang möchte ich nur eine Passage zitieren, und zwar die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 4, die sich auf die Frequenzordnung bezieht. Da heißt es wortwörtlich, daß sicherzustellen sei, daß Doppelt- und Mehrfachversorgungen nach Möglichkeit vermieden werden.

Das muß man sich einmal vorstellen! Das ist eine klassische Knebelung: Es darf keine Mehrfachversorgung geben! Es gibt sie bereits in vielen Staaten Europas, wie zum Beispiel in Deutschland, in Italien, in Holland. Natürlich bedingt die Rundfunkfreiheit geradezu die Mehrfachversorgung, aber diese wird expressis verbis in diesem Gesetz untersagt.

Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, daß Österreich im Jahre 1993 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte deshalb verurteilt wurde, weil das ORF-Monopol, wie es der Gerichtshof ausgedrückt hat, das Menschenrecht auf freie Information eingeschränkt hat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Österreich aufgetragen, diese Situation zu ändern und Rundfunkfreiheit herzustellen. Er hat uns aber nicht aufgetragen, Doppelt- und Mehrfachversorgungen nach Möglichkeit zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Ein Gesetz, in welchem solche Passagen drinnen stehen, können wir sicherlich nicht mittragen!

Weiters ist dieses Regionalradiogesetz insoferne nur eine Abschwächung des bestehenden Monopols, als damit ein Stufenmonopol geschaffen wird. Wir haben in Österreich auf oberster Ebene bundesweit den ORF, darunter gibt es regionale Hörfunksender, in jedem Bundesland einen, Wien darf laut Gesetz zwei haben, und auf unterster Ebene gibt es noch regionale Hörfunklizenzen, wobei gerade die Passage, daß Mehrfachversorgungen nicht tolerabel sind, diese Freiheit wieder zunichte macht.

Wenn ich mir als Tiroler die Situation, die nördlich und südlich des Brenners besteht, anschaue, dann kann ich eigentlich nur den Kopf schütteln. In Tirol gibt es inklusive des englischsprachigen Programmes vier ORF-Programme. Weiters gibt es in Tirol ein Regionalprogramm, und zwar das Programm "Antenne Tirol", fünf oder sechs kleinere Regionalprogramme, die so geregelt sind, daß es eben keine Mehrfachversorgungen auf regionalem und lokalem Gebiet geben kann.

Aber wir nehmen teil – und die Tiroler Kollegen können das bestätigen – an der Situation in Südtirol beziehungsweise hören Südtiroler Radioprogramme mit. Dort gibt es seit jeher eine


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ganze Reihe von Radioprogrammen, die auch über die Grenze zu hören sind. Es gibt dort ein Radio "Tirol", ein Radio "Brenner", ein Radio "ISARCO", ein Radio "ZIROGG", ein Radio "Edelweiß" und so weiter. All diese Programme sind bekannt. Aber es kommen wieder neue hinzu, andere wieder stellen ihre Programme ein. Es werden wieder neue Programme aufgemacht, und jeder Private hat dort, wenn er bestimmte Auflagen erfüllt, die Möglichkeit, eine Lizenz zu erhalten. Genauso stellen wir Freiheitliche uns Rundfunkfreiheit auch in Österreich vor!

Weiters ist interessant, daß im § 7 Abs. 2 Rundfunkgesetz gemäß EU-Richtlinie ein absolutes Werbeverbot für Tabakwaren festgelegt ist. Interessant ist die Passage deshalb, weil einerseits die EU den Tabakanbau in Europa fördert – die Tabakbauern, die Tabakplantagen werden mit EU-Mitteln gefördert –, es andererseits aber in der EU-Richtlinie heißt, daß die Werbung für Tabakprodukte verboten werden soll. Dieser EU-Richtlinie wird in diesem Gesetz entsprochen. Da kenne sich noch einer aus: Was will man: Will man den Tabakanbau? Will man den Tabakgenuß oder nicht? Dazu sollte sich die EU endlich klar äußern und klare Richtlinien ausarbeiten.

Abschließend möchte ich für meine Fraktion nur folgendes sagen: Wir Freiheitlichen halten die österreichische Gesetzeslage im Bereich des Rundfunks – gemeint sind damit das Fernsehen und der Hörfunk – für nach wie vor absolut unbefriedigend. Ich habe soeben versucht, das in knappen Worten darzulegen. Wir Freiheitlichen fordern – wie schon seit Jahren – eine Gesetzgebung, die dem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Rechnung trägt. Im Jahre 1993 wurde Österreich, nach Einreichung von vier Klagen – eine davon hat unser Bundesparteiobmann Jörg Haider eingebracht – verurteilt, und danach wurde Österreich aufgefordert, diesen Zustand binnen zweier Jahre zu verändern, doch dieser Zustand wurde bis jetzt noch nicht verändert.

Meine Damen und Herren! Solange sich an diesem Zustand nichts ändert, so lange setzt sich Österreich immer wieder der Gefahr aus, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeklagt und auch wieder verurteilt zu werden. Schon deshalb, weil die materiell-rechtliche Situation der Rundfunkfreiheit nicht beziehungsweise völlig unzulänglich geregelt ist, lehnen wir Freiheitlichen dieses Gesetz ab, aber auch deswegen, weil sich Österreich damit anfechtbar macht und vor der internationalen Staatengemeinschaft blamiert. Wer im Fernsehbereich eine Gesetzeslage hat wie Nordkorea oder Kuba, der darf auf diese Situation nicht stolz sein! Wir Freiheitlichen lehnen deshalb dieses Gesetz ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.28

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile dieses.

12.28

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Immer dann, wenn es bei uns in der Innenpolitik um den Rundfunk und das Fernsehen geht, gibt es heftige emotionale Diskussionen in den politischen Parteien, und ich glaube, daß diese Diskussionen zu Recht geführt werden. Ich kann auch ganz gut das Gejammere und das Wehklagen von meinem Vorredner, Bundesrat Königshofer, verstehen, denn die freiheitliche Partei hat seit Monaten – ich will nicht sagen: im ganzen Jahr 1988 – ein Riesenproblem: Sie hat nämlich nichts Neues und nichts Interessantes zu bieten. Aber es können weder der öffentliche Rundfunk noch die privaten Rundfunkanstalten noch die Kabelanstalten etwas dafür.

Die Namen Ihrer politischen "Persönlichkeiten" brauche ich hier nicht anzuführen, die Aufzählung wäre sicher abendfüllend, aber viele klingen auch wie der Titel eines Kriminalromans (Ruf bei den Freiheitlichen: Lucona!), aber ich sage nur ein Stichwort – ich fange beim letzten an –: Meischberger. (Ruf bei den Freiheitlichen: Windischgarsten!) Wenn ich beim ersten angefangen hätte, wären wir wahrscheinlich in der Mitte des Jahres 1999, aber dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, gebe ich mich nicht her. Es ist nicht meine Absicht und auch nicht meine Art, in offenen Wunden zu wühlen, das können Sie selbst machen.

Aber gestatten Sie, daß ich Ihrer Meinung, wir hätten Zustände wie in Kuba oder Nordkorea, folgendes entgegenhalte: Jeder von uns bekennt sich zu einem starken unabhängigen und öffent


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lichen Rundfunk. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das Urteil von Straßburg!) Leider wird das Gemeinsame nicht von allen in den Vordergrund gestellt, und das bedauere ich.

Die Schritte – und das gebe ich zu, Kollege Königshofer –, die wir heute setzen, sind sicherlich keine Riesenschritte, aber es sind kleine Schritte in die richtige Richtung, und ich stehe nicht an, hier zu sagen, daß diesen weitere Schritte folgen müssen. Aber eines sei hier auch angemerkt: Die nächsten Schritte können sicherlich nicht ausschließlich zu Lasten des ORF gehen.

In Richtung des ORF sei angemerkt, daß er in bezug auf die Chance, eigene Reformschritte zu setzen, aktiver werden und vor allem manche Bereiche interessanter gestalten sollte. Dies wird unbedingt notwendig sein, um nicht noch mehr Zuseher an ausländische oder private Sender und deren Programme zu verlieren.

Kritisch möchte ich anmerken – das ist eine persönliche Anmerkung von mir als Konsument –: Mir gefallen im Vergleich zu den ausländischen Sendern unsere Nachrichten überhaupt nicht. Sie sind viel zu kurz, viel zu schlagwortartig und zu wenig informativ.

Weiters möchte ich die Kritik anbringen, daß es im Österreichischen Rundfunk – weder im Radio noch im Fernsehen – keine aktuelle, kritische Jugendsendung gibt. Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Ich glaube, daß wir alle auf so manche Sendungen verzichten könnten. Da denke ich in erster Linie an regionale Sendungen, an Landesnachrichten in manchen Bundesländern, bei welchen man den Eindruck haben kann, sie seien Belangsendungen politischer Parteien oder lokaler Politiker. Meine Freunde in Niederösterreich werden mir verzeihen, wenn ich jetzt sage: Wenn man sich am späteren Nachmittag die Landesnachrichten Niederösterreichs ansieht und anhört, so stellt man immer wieder fest, daß das Jubelsendungen sind, in welchen sich unser hochgeschätzter Herr Landeshauptmann oder Intendant Twaroch, der sehr oft mit ihm als Zwilling auftritt, immer wieder in Szene setzt. (Beifall des Bundesrates Windholz. ) Da wäre mehr Objektivität und mehr Breite in der Politik notwendig.

Meine Damen und Herren! Im wesentlichen handelt es sich – das hat schon mein Vorredner, Kollege Königshofer gesagt – bei den zu beschließenden Novellierungen um Änderungen der Fernseh- und Radiowerbezeit. Dazu hat Kollege Königshofer angemerkt, daß wir da in Verzug sind. Er hat in diesem Zusammenhang das Jahr 1997 genannt. Ich möchte dazu sagen, daß man das vielleicht auch schneller hätte machen können, aber gut Ding – und das beschließen wir heute – braucht Weile. Ich persönlich bin dagegen, daß man ein Husch-Pfusch-Gesetz macht, was schon der Fall war.

Es wäre längst an der Zeit – das wurde bereits kritisch angemerkt, und dieser Meinung möchte ich mich anschließen –, daß so manche Sendungen, in welchen uns und vor allem Kindern und Jugendlichen brutale Gewalt oder brutale Sexualität gezeigt werden, abgeschafft werden. Sie auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern, ist eine unbefriedigende Lösung. Man darf nämlich nicht vergessen, daß solche Sendungen die körperliche, geistige, moralische, aber auch sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen und sogar gefährden können. Sie sollten zu einen sehr späten Sendetermin angesetzt werden, zu dem Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht mehr fernsehen können.

Kollege Königshofer hat auch gefragt, wer das kontrolliert. Ich möchte dem hinzufügen, daß wir als Eltern, aber auch die Eltern von betroffenen Kindern selbst, eine wichtige Rolle haben, nämlich die Fürsorgepflicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei Werbezeiten ist von nun an für alle Rundfunkveranstalter, und zwar sowohl für Private als auch für den ORF, eine Jahresdurchrechnung vorgesehen, die sicher zu einer besseren Ausnützung der Werbezeiten führen wird. Die bisher werbefreien Tage werden für die privaten Sender zur Gänze gestrichen, die werbefreien Tage im ORF werden von derzeit sechs auf drei Tage reduziert, werbefrei wird nur mehr der Karfreitag, Allerheiligen und der Christtag sein.


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Wenn wir in Hinkunft ein unabhängiges, europagerechtes Fernsehen und Radio haben wollen – und ich glaube, diesbezüglich herrscht Übereinstimmung im Hohen Haus –, dann müssen sehr bald die unverzichtbaren organisatorischen und vor allem die wirtschaftlichen Vorausetzungen für den öffentlichen Rundfunk geschaffen werden. Das muß man, glaube ich, auch einmal deutlich sagen – bei aller zulässigen Kritik, die heute in bezug auf die Novellierungen angebracht wird. (Bundesrat Dr. Tremmel: Also doch Kritik!)

Ja sicher, aber nicht in übertriebenem Ausmaß (Bundesrat Dr. Tremmel: Das freut mich, Herr Kollege!), außerdem berechtigte Kritik verbunden mit dem Verständnis, daß es diesbezüglich zwischen den politischen Parteien ein Spannungsfeld gibt. Aber trotzdem muß man zu einem Ergebnis kommen, und wir sollten zu einem Ergebnis kommen, das von allen politischen Parteien getragen wird. (Bundesrat Dr. Tremmel: Bei der Kritik sind wir uns einig! Das paßt!)

Die zum Beschluß vorliegenden Novellierungen des Rundfunkgesetzes und des Regionalradiogesetzes sind sicher ein weiterer Schritt zur Öffnung der österreichischen Medienlandschaft. Es ist bloß ein kleiner, jedoch ein weiterer Schritt zu einer notwendigen und zielführenden Politik, bei welcher der öffentliche Rundfunk mit privaten Sendern vereinbar sein sollte.

Bei den Werbemöglichkeiten im Teletext und in den On-line-Diensten des ORF sind in Zukunft maximal 11 Prozent der Werbezeit, gemessen am Gesamtumfang der jeweiligen Sendezeit, möglich. Eine wesentliche Änderung – das ist von meinem Vorredner auch schon angesprochen worden – ist die Ergänzung bei den Belangsendungen im ORF. Durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofes wäre es nurmehr den im Parlament vertretenen politischen Parteien möglich gewesen, kostenlose Sendezeiten zu haben. Das steht auch der Freiheitlichen Partei weiterhin zu, aber diese hat, wie ich schon eingangs gesagt habe und es daher nicht zu wiederholen brauche, temporäre Probleme. Dort kann sie dann wieder Neues, Interessantes und vor allem interessante Persönlichkeiten präsentieren.

Die Sozialpartner machen keine Werbung; das sei hier auch erwähnt. Sie nützen die Sendezeit vor allem, um politische Schwerpunkte, die sie als Interessenvertretung zu vertreten haben, darzustellen und diese vor allem ihren Mitgliedern zu vermitteln. Da gibt es auch eine Ausgewogenheit zwischen den gesetzlichen Interessenvertretungen und den freiwilligen Interessenvertretungen. Ich sehe kein Problem in dem Umstand, daß diese Informationen den Österreicherinnen und Österreichern kostenlos zukommen, obwohl ich in diesem Zusammenhang auch anmerken möchte, daß vielleicht auch die eine oder andere Organisation, die einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen und zur Arbeitsplatzsituation in Österreich leistet, diese Möglichkeit haben sollte. Es sei mir erlaubt, hier nur einen Verband anzuführen, nämlich den Verband der öffentlichen Wirtschaft. Ich glaube, daß auch da mittelfristig eine Lösung gefunden werden kann und soll.

Wir Sozialdemokraten werden diesen beiden Novellierungen gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schöls. )

12.40

Präsident Alfred Gerstl: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile ihm dieses.

12.40

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Einleitend möchte ich sagen, daß wir uns nicht mehr auf dem Weg vom industriellen Zeitalter zum Informationszeitalter befinden, sondern schon mittendrin sind, und das ist uns, glaube ich, auch bewußt, wenn wir die Debatte zu den vorliegenden Gesetzesnovellen jetzt hier durchführen.

Information ist alles – Information ist tatsächlich in weiten gesellschaftlichen Bereichen unseres Lebens alles! Wer nicht oder zuwenig informiert ist, hat ganz einfach ein Handicap – und das merkt man spätestens dann, wenn man gefragt wird, ob man dieses oder jenes gelesen, gehört oder gesehen habe.


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Täglich, ja stündlich strömen Nachrichten auf uns ein, wir werden mit Nachrichten förmlich überflutet. Ein sehr zeitgemäßes Wort für Nachrichten, die man eigentlich gar nicht empfangen möchte, ist "Informationsmüll". Wir haben es tatsächlich immer wieder mit Informationsmüll zu tun, denn die Informationen, die in unser Wohnzimmer, in unser Büro kommen, sind nicht immer jene, die wir erwarten.

Das bedeutet, viele Menschen befinden sich in einer für sie ganz neuen Situation: Sie müssen aus dieser Fülle von Informationen auswählen, sie filtern, das herausnehmen, was sie für ihr tägliches Leben, für ihren spezifischen Bedarf brauchen. Dieses Sortieren und Auswählen der Meldungen ist etwas, was für viele Bürger in diesem Land in Hinkunft noch notwendiger werden wird. Der Bürger hat schon, so glaube ich, ein recht passendes Instrument dafür gefunden, nämlich er wählt in der Form aus: das Wichtigste zuerst – logisch –, und für das weniger Wichtige bleibt dann sowieso weniger Zeit übrig.

Das Wichtigste – und das ist, glaube ich, eine neue Strömung, die wir jetzt erleben – wird für die Masse der Menschen das sein, was in ihrer unmittelbaren Umgebung, in ihrem unmittelbaren Nahbereich geschieht. Das stößt auf besonderes Interesse. Die Berichterstattung über einen Verkehrsunfall im eigenen Ort, wo man die Beteiligten persönlich kennt, löst einfach wesentlich mehr an Interesse und Betroffenheit aus als eine über einen noch so großen und spektakulären Unfall, der weit weg passiert ist. Das Abschneiden einer lokalen Fußballmannschaft ist wichtig, die Frage zum Tag, ein verheerender Brandschaden – ich könnte die Aufzählung der Beispiele endlos fortsetzen. All diese lokalen Ereignisse werden zunehmend aus der Fülle von Nachrichten herausselektiert.

Lokale Nachrichten von ORF und privaten Anbietern werden in erhöhtem Maße wahrgenommen. – Das ist der Kern dessen, was wir in Zukunft zunehmend erleben werden. Lokale Berichterstattung wird zunehmend auf stärkeres Interesse stoßen als die Nachrichten über jene Dinge, die in der großen Welt passieren – da konzentrieren sie sich eigentlich immer mehr auf die Schlagzeilen und registrieren nur diese.

Das, was ich soeben erwähnt habe, spiegelt sich auch in dem Umstand wider – das können wir beobachten –, daß große Tageszeitungen versuchen – und zwar mit Erfolg versuchen –, Lokalberichterstattung einzubringen, ihr mehr Raum zu geben. Reine Lokalzeitungen, wie in Niederösterreich beispielsweise die "Niederösterreichischen Nachrichten", haben von Jahr zu Jahr höhere Reichweiten. Es ist so, daß heute bereits jeder zweite Niederösterreicher diese Wochenzeitung liest.

Was bedeutet all das für uns als Gesetzgeber? – Das, was der Bürger im Bereich der Informationen nachfragt, soll meines Erachtens im großen und ganzen angeboten werden. Die lang anhaltende Diskussion, ob es neben dem öffentlich-rechtlichen ORF mit Bildungsauftrag auch private Anbieter geben soll, ist schon längst entschieden – ich meine, daß das völlig richtig war und gut entschieden wurde, denn wir von der Volkspartei waren immer der Meinung, daß es neben dem ausgezeichneten ORF auch private Anbieter geben soll, sie gehören einfach zu einer umfassenden und bunten Lokalberichterstattung dazu.

Festhalten möchte ich an dieser Stelle, daß der ORF im Falle meines Bundeslandes, nämlich das Landesstudio Niederösterreich, eine sehr umfassende Lokalberichterstattung leistet, wofür nicht zuletzt auch die weitaus modernste Anstalt, das neu errichtete Studio, die Grundlage liefert.

Von meinem Vorredner, Herrn Kollegen Drochter, wurde hier die sehr starke Medienpräsenz unseres Landeshauptmannes angesprochen. Diese ist ein Zeichen dafür, daß unser Landesoberhaupt über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Prähauser: Ich würde eher sagen: Beziehungen! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Welche Fähigkeiten?)

Es ist ganz einfach eine Gabe – das wissen wir alle –, mit Medien umgehen zu können, und es gibt dafür auch, Herr Kollege Drochter, wirklich hervorragende Kurse. Ich bin überzeugt davon, Sie geben das an die SPÖ Niederösterreich in dieser Form weiter. – Faktum ist letztlich: Was es


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wiegt, das hat es! (Bundesrat
Konečny: Also bei dem jetzigen Landesparteiobmann haben wir da keinen Schulungsbedarf!)

Im Zusammenhang mit dem Regionalradiogesetz gibt es in Niederösterreich Probleme in der Frequenzplanung. Schon im Grundversorgungsplan von 1997 waren die Möglichkeiten für das Lokalradio in Niederösterreich wegen eben dieser Frequenzprobleme sehr eingeschränkt, da ist nach meinen Informationen der Spielraum nach wie vor zu sehr eingeschränkt.

Wir haben für verschiedene Regionalsender eine verhältnismäßig exponierte Lage – Stichwort: Nähe zu den Reformstaaten, aber auch unmittelbare Nachbarschaft zu unserer Bundeshauptstadt. Es gibt verschiedene Einstrahlungen, die für Schwierigkeiten sorgen und hinsichtlich derer es notwendig sein wird, Lösungen zu finden.

Wenn man heute mit einem Lokalradioanbieter spricht, dann wird es nicht allzu lange dauern, bis man erfährt, daß sich viele der Anbieter in beträchtlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, weil diese Medienunternehmen eine Menge an Mitbewerbern haben, und zwar nicht nur in ihrem ureigensten Bereich, sondern auch im Printmedienbereich sowie in anderen Bereichen. Aber in dieser Hinsicht gibt gerade die Gesetzesvorlage, die wir jetzt behandeln, doch eine Hilfestellung: Die Gesamtwerbezeit wird von 90 auf 120 Minuten angehoben werden können, womit eine bessere Finanzierungsbasis für Lokalradios gegeben sein wird. Aus meiner Sicht ist das ein nicht unwesentlicher Punkt und doch eine beträchtliche Hilfestellung.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einbringen, daß lokale Radiobetreiber Sorge haben, daß der nächste Schritt sein wird, daß größere Anbieter noch längere Werbezeiten eingeräumt erhalten werden, wodurch dieser Erfolg wieder etwas relativiert werden würde.

Ich habe es schon erwähnt: Für Lokalradiobetreiber sind die lokalen Printmedien ein wesentlicher Mitbewerber. Und damit in Zusammenhang wird beispielsweise auch immer wieder die Frage der verhältnismäßig hohen Kosten bei Urheber- oder Künstlerrechten angesprochen – Stichwort: AKM. Auch diese Dinge sollten wir neu überlegen.

Alles in allem bringt aber die vorliegende Novelle eine Besserstellung für die Regionalradiobetreiber. Wir werden jedoch, davon bin ich überzeugt, in Zukunft noch eine Reihe von Dingen aufzuarbeiten haben, da es sich um ein verhältnismäßig junges Medium handelt. Es wird in diesem Bereich sicher noch das eine oder andere auf uns zukommen, das für viel Diskussionsstoff sorgt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Drochter. )

12.50

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. Ich erteile ihm dieses.

12.50

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn wir ehrlich sind, meine Damen und Herren, kann sich heute, glaube ich, niemand rühmen, daß wir mit der Beschlußfassung einen wesentlichen Schritt in Richtung Liberalisierung der Medienpolitik oder in Richtung mehr Dualismus machen.

Kollege Drochter hat wörtlich gesagt: Das, was wir heute beschließen, ist ein Schritt zur Öffnung der österreichischen Medienlandschaft! – Das ist schon eine sehr gewagte Behauptung, denn wir alle, meine Damen und Herren, wissen, daß immer noch im Raum steht, daß der österreichische Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, daß das Grundrecht der freien Meinungsäußerung in vielen Punkten verletzt ist. Und wir beschließen ja heute hier diese Anpassung, weil der 30. 12. vor der Tür steht; Kollege Königshofer hat ausreichend darauf hingewiesen.

Kollege Drochter hat gemeint, wir Freiheitlichen seien heute nur deshalb gegen die Beschlußfassung, weil wir "im Jahre 1988" nichts zu bieten hatten. Wahrscheinlich hast du gemeint "im Jahre 1998" (Bundesrat Prähauser: "Seit 1988" hat er gesagt!)  – seit 1988, gut –, und daß wir nur für Kriminalstorys verantwortlich seien und deshalb mit dem ORF nicht zufrieden sein


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könnten. Ich meine, daß diese äußerst "niveauvolle" Bemerkung für sich spricht, sodaß man sie nicht mehr zu kommentieren braucht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß die fachliche Qualifikation, lieber Herr Kollege, nicht besonders hoch sein kann, gestatte ich mir auch anzumerken, denn davon zeugt die Forderung, die ich noch von niemandem, auch nicht von jemandem der Sozialdemokratischen Partei, gehört habe, nämlich daß man auf regionale Sendungen verzichten könnte, nur weil irgendwo ein Landeshauptmann zu oft vorkommt. Diesbezüglich bin ich schon mit Kollegen Grasberger einer Meinung: Man sollte nicht so kleinkariert sein und die regionale Berichterstattung in Zweifel ziehen, weil in einem Bundesland ein ÖVP-Landeshauptmann sehr oft vorkommt.

Ich kann Ihnen sagen, daß es in meinem Bundesland so ist, daß sich die regionalen Sendungen steigender Beliebtheit erfreuen. Und das ist, wie dies auch für den Bereich der Printmedien richtig angesprochen wurde, die Zukunft. Man sollte da wirklich nicht das Kind mit dem Bad ausschütten und auf regionale Sendungen verzichten. Wir werden jedenfalls in Kärnten publizieren, daß hier die Meinung vertreten wurde, man könnte auf regionale Sendungen verzichten – vielleicht um noch mehr amerikanische Filme zu senden, noch mehr auf Quotenjagd zu gehen. (Bundesrat Rauchenberger: Ihr wollt nicht darauf verzichten! Ihr habt ihn sogar besetzt!) – Nein, wir wollen nicht darauf verzichten, denn ich glaube, daß das für die SeherInnen und HörerInnen interessant ist, und nicht deshalb, weil hier unbedingt politische Botschaften weitergegeben werden sollen. Das ist immer schon die Meinung der Freiheitlichen in diesem Punkt gewesen. (Bundesrat Konečny: Habe ich das richtig verstanden: Sie haben keine politischen Botschaften?!) – Nein, wir haben sehr viele politische Botschaften, und wir sind auch nicht immer zufrieden mit der Art und Weise, Herr Kollege Konečny, wie wir im ORF ”rüberkommen”, das ist keine Frage. Das ist auch völlig logisch, weil die Rundfunkkommission politisch besetzt ist, und wir haben dort leider nicht den Einfluß, den wir vielleicht ganz gerne hätten. Aber wir sind grundsätzlich auch dagegen, daß dort diese politische Besetzung besteht.

Heute hier zu sagen, wir hätten jetzt mehr Dualismus zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehen, ist sicher sehr überzogen.

Positiv ist, daß es hinsichtlich des Schutzes der Minderjährigen jetzt doch in die richtige Richtung geht. Wesentlich dürfte sein, daß es zu der Ausweitung der Werbezeiten kommt, von 30 auf 35 Minuten, im Jahr 2002 bereits auf 42 Minuten im Fernsehen, was im Jahresdurchschnitt berechnet werden kann. Das bedeutet, daß wir in Zukunft viel mehr Werbung haben werden. Und ich wundere mich, daß niemand von den großen Parteien unseren Vorschlag, der im Nationalrat gekommen ist, unterstützt hat – wir könnten dann dem zustimmen, weil wir auch nicht an einer wirtschaftlichen Aushöhlung des ORF interessiert sind –, nämlich daß man diese Ausweitung der Werbezeiten in Zusammenhang mit einer Gebührensenkung sehen sollte, sodaß die Seherinnen und HörerInnen ermäßigte Gebühren hätten.

Meine Damen und Herren! Es ist das also heute keine Rundfunkreform, auf diese warten wir nach wie vor. Sie ist ja angekündigt für das nächste Frühjahr – das wird aber sicher nicht sein, man wird wahrscheinlich im nächsten Jahr wieder darüber diskutieren –, und dann wird man bestimmt auch über die Frage der Belangsendungen sprechen. Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, daß Belangsendungen so wie bisher nicht zulässig sind. Nun sind diese Belangsendungen durch die Hintertür wieder hereingekommen, weil die Lobbies einfach zu stark sind. Ich habe heute gehört, daß es weitere Vorschläge für Belangsendungen gibt, weil sich die österreichische Bevölkerung diese Information wünscht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich irgend jemand in Österreich diese Information wünscht, daß überhaupt irgend jemand an Belangsendungen besonders interessiert ist. Ich kann mir das, wie gesagt, nicht vorstellen.

Positiv ist, meine Damen und Herren – da sind wir gleicher Meinung –, daß das Beschwerderecht verbessert wurde. Bisher mußten sich 500 Gleichgesinnte finden, um eine Beschwerde an die Rundfunkkommission einzubringen, und das war recht schwierig, denn wann findet man schon 500 Gleichgesinnte. Das wurde wirklich sehr verbessert, weil sich in Zukunft jeder einzelne an die Rundfunkkommission wenden kann.


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Ich frage mich jedoch nach wie vor, ob die Rundfunkkommission unbedingt mit allen Mediensprechern der großen Parteien besetzt sein muß. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es sinnvoll ist, daß die Nationalratsabgeordneten Schieder und Kukacka und die anderen "Medienexperten" in der Rundfunkkommission sitzen müssen, um dann dort letztlich wieder über die Beschwerden gegen diese Entscheidungen zu entscheiden.

Wir Freiheitlichen wollten immer einen Schritt zu mehr Liberalität, zu mehr Dualismus, zu einem gleichberechtigten Nebeneinander zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Die Vormachtstellung des ORF wurde durch dieses Gesetz nicht tangiert, sondern weiter prolongiert. Ich weise nur darauf hin, daß bei den vier Programmen, die der ORF hat, die Werbezeit nur ein einziges Mal angerechnet wird. Auch in den rechtlichen Rahmenbedingungen wird der ORF nach wie vor äußerst wohlwollend behandelt, so wohlwollend, wie dies sonst nirgendwo in Europa der Fall ist.

Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, geschieht nichts in Richtung Dualismus, heute geschieht sehr wenig in Richtung Chancengleichheit, das ORF-TV-Monopol wird nicht in Frage gestellt – wir warten daher nach wie vor auf die große Rundfunkreform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.57

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile ihm dieses.

12.57

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine Wortmeldung zum Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden, bezieht sich lediglich auf die §§ 5 und 8 dieser Vorlage. In diesen Paragraphen ist geregelt, daß der ORF aufgrund der bisher geltenden Bestimmungen einen Teil seiner Sendezeit an die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien und an Interessenverbände zu vergeben hat. Die Zuteilung dieser Sendezeit ist entsprechend ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben vorzusehen.

Entsprechend einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1997 wurde die Wortfolge "und an Interessenverbände" im § 5 Abs. 1 Rundfunkgesetz als verfassungswidrig aufgehoben, wobei die Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 1998 in Kraft tritt. Begründet wurde die Aufhebung mit der mangelnden gesetzlichen Determinierung des Begriffs "Interessenverbände". Diese entspreche nicht dem verfassungsgesetzlichen Legalitätsprinzip, es gebe keine gesetzlichen Kriterien dafür, was überhaupt unter "Interessenverbände" im Sinne der zitierten Vorschrift zu verstehen sei, zudem lasse das Rundfunkgesetz insgesamt keine Bestimmungsgründe für die notwendige Auswahl für den Fall erkennen, daß sich eine Vielzahl von den dem Grunde nach in Betracht kommenden Interessenverbänden um Sendezeiten bewirbt.

Der Verfassungsgerichtshof hat damit auch einem Ergebnis einer Resolution des ORF-Kuratoriums entsprochen, das die Belangsendungen der Interessenverbände als nicht mehr zeitgemäß angesehen hatte.

Von 924 Belangsendungen kamen im heurigen Jahr 462 auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien und ebenso viele auf die Interessenverbände und wurden vom ORF auf Ö 1 und Ö-Regional gesendet. Waren der Arbeiterkammer, dem ÖGB, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Wirtschaftskammer Österreich dabei je 58 Sendungen zuerkannt, so verfügten die übrigen zehn Verbände über jeweils 23 Sendungen.

Grundlage dieser Zuerkennung war und ist § 8, welcher die dem ORF-Kuratorium übertragenen Aufgaben regelt, wobei in Ziffer 11 die entsprechende Formulierung bisher lautete: die Entscheidung über die Vergabe von Sendezeiten an Interessenverbände (§ 5 Abs. 1).

Künftig soll diese Bestimmung lauten: die Entscheidung über die Vergabe von Sendezeiten an gesetzliche berufliche Interessenvertretungen, den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Vereinigung der österreichischen Industrie.

Diese künftige – wie ich meine: willkürliche – Determinierung ist auch der Grund dafür, daß ich mich erstens zu diesem Gesetz zu Wort gemel


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det habe und zweitens diesem Gesetz meine Zustimmung versagen werde. Es gibt nämlich für diese gesetzliche Begrenzung keine logische Begründung, ich behaupte sogar, daß es sich um eine diskriminierende, ungerechtfertigte Bestimmung handelt, die Industriellenvereinigung und den ÖGB neben den gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen als einzige Interessenvertretungen auf gesetzlicher Basis hervorzuheben.

Diese Regelung verstößt meiner Rechtsauffassung nach auch eindeutig gegen den öffentlichen Informationsauftrag des ORF, die Meinungsvielfalt zu beachten.

Auch der im ORF-Gesetz verankerte Rechtsgrundsatz, daß die politischen und wirtschaftlichen Interessenverbände gemäß ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben zu Wort kommen sollen, wird durch die beabsichtigte Regelung gröblichst verletzt.

Aufgrund dieser Gegebenheiten bin ich der festen Überzeugung, daß der Verfassungsgerichtshof, so er damit befaßt werden sollte, diese Bestimmung neuerlich nicht gutheißen und beheben wird. (Bundesrat Dr. Harring: Das glaube ich auch! – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist richtig!)

Die von mir als willkürlich festgestellte Determinierung als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und gröblichste Verletzung gegen das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes kann ich natürlich begründen und auch mit eindeutigen Fakten untermauern.

Der Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs, dem das von mir vertretene Unternehmen auch als Mitglied angehört, ist bereits seit mehr als 20 Jahren Träger von Belangsendungen, deren Informationsgehalt stets sehr positive Resonanzen aus allen Bevölkerungsschichten hatte.

Die Bedeutung des öffentlichen gemeinwirtschaftlichen Sektors und seiner Unternehmungen unterstreicht auch folgender Vergleich: Während im Durchschnitt die gewerbliche Wirtschaft insgesamt 10 Unselbständige pro Unternehmen beschäftigt, sind dies demgegenüber in Unternehmungen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft 112 Beschäftigte. Der Produktionswert der gewerblichen Wirtschaft liegt pro Unternehmen im Durchschnitt bei rund 13 Millionen Schilling, jener der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft bei über 191 Millionen Schilling. Die Bruttoinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft betragen pro Unternehmen im Durchschnitt 1,5 Millionen Schilling, jene der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft liegen bei 38 Millionen Schilling.

Laut jüngster Statistik des ÖSTAT beschäftigen die Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft rund 18 Prozent der Arbeitnehmer. Sie sind verantwortlich für 39 Prozent betriebliche Investitionen und erbringen mehr als ein Viertel der Bruttowertschöpfung Österreichs.

Diese bedeutenden Leistungen werden schwerpunktmäßig in den tragenden strategischen Wirtschaftszweigen erbracht, welche den Ausbau und die Qualität der österreichischen und gesamteuropäischen Infrastruktur sichern. In den Bereichen der Energie- und Wasserversorgung werden rund 89 Prozent der Investitionen und 85 Prozent der Wertschöpfung erreicht, im Verkehrswesen und der Telekommunikation rund 72 Prozent der Investitionen und 66 Prozent der Wertschöpfung und im Kredit- und Versicherungswesen rund 62 Prozent der Investitionen und 79 Prozent der Wertschöpfung. Auf den Gebieten des Realitätenwesens und der industrienahen Unternehmensdienste schließlich tätigt die öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft 55 Prozent der Investitionen.

Alle diese Leistungen, die nur von 1,7 Prozent der Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft erbracht werden, kommen den restlichen 98,3 Prozent privaten Unternehmen zugute, schaffen auch dort Arbeitsplätze und dienen insgesamt allen rund 8 Millionen Einwohnern unseres Landes.

Durch die Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft werden also öffentliche Interessen wahrgenommen. Sie haben deshalb auch ein fundamentales Recht auf entsprechende öffentliche Publizität.


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Die Position des Verbandes Österreichischer Wirtschaft und Gemeinwirtschaft entspricht sowohl im Inland als auch im Ausland jener der Vereinigung Österreichischer Industrieller und des ÖGB, obgleich auch diese nicht gesetzliche Interessenverbände sind. Im sozialen Dialog der Europäischen Union in Brüssel ist der ÖGB über den Europäischen Gewerkschaftsbund auf Arbeitnehmerseite, die Vereinigung Österreichischer Industrieller über die UNICE und der Verband Österreichischer Wirtschaft und Gemeinwirtschaft über den CEEP auf Arbeitgeberseite vertreten. Dementsprechend haben die Vertreter des Verbandes Österreichischer Wirtschaft und Gemeinwirtschaft erst am 4. Dezember 1998 am Gipfeltreffen der Sozialpartner und am 10. Dezember 1998 mit der Regierungstroika der EU, mit Blair, Klima und Schröder, in der Wiener Hofburg konferiert.

Andererseits stellt die Vereinigung Österreichischer Industrieller in letzter Zeit immer öfter in Aussendungen und Wortmeldungen ihren internationalen Verband UNICE als alleinigen Vertreter der Arbeitgeberseite im sozialen Dialog und damit mittelbar, aber unmißverständlich sich selbst als alleinigen österreichischen Kanal nach Brüssel dar. Die durch die gegenständliche gesetzliche Vorlage beabsichtigte Verdrängung aus Rundfunk und Fernsehen hätte zudem eine unzumutbare Einengung der Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes Österreichischer Wirtschaft und Gemeinwirtschaft zur Folge und würde das dadurch bereits bestehende Ungleichgewicht der Medienwirksamkeit zugunsten der Vereinigung Österreichischer Industrieller wesentlich verschieben.

Völlig unverständlich wird die gewählte Vorgangsweise, wenn man zwei Gegebenheiten mit berücksichtigt: Erstens den Inhalt eines Briefes vom 6. März 1998 zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, den der vormalige Generalsekretär und nunmehrige Generalintendant des ORF Gerhard Weis verfaßte und dabei unter anderem ausführte, daß die Vereinigung Österreichischer Industrieller schon vor dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auf ihre Belangsendungen verzichtet hat, in die sie jetzt über ein Hintertürl wieder hineingekommen ist, und zweitens die Tatsache, daß die betreffende Bestimmung erst in letzter Minute, also nach erfolgter Ausschußberatung, im Plenum des Nationalrates durch einen Zusatzantrag hineinreklamiert wurde.

Die Interessenvertretung der Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, die bisher im europäischen sozialpartnerschaftlichen Dialog ebenso wie im innerösterreichischen Interessenausgleich eingebunden war, konnte sich seit ihrer Gründung im Jahre 1952 in hervorragender Weise positionieren und die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen sehr erfolgreich vertreten. Diese Positionierung und öffentliche Anerkennung ist das Ergebnis einer konsequenten Interessenvertretung, aber auch mit dem medialen Zugang in bisherigen Belangsendungen des ORF zu begründen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie werden verstehen, daß ich aus all den von mir dargelegten Gründen dieser diskriminierenden, für mich unverständlichen und dem Gleichheitsgrundsatz widersprechenden Regelung dieser Vorlage meine Zustimmung versagen muß, ja Sie vielmehr auffordere, sich den von mir dargelegten Argumenten anzuschließen und meinem Beispiel zu folgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.07

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Michael Strugl. Ich erteile dieses.

13.07

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ist, was die Änderungen im Rundfunkgesetz und Regionalradiogesetz betrifft, die Maßnahme zu begrüßen, daß Gewalt und sexistische Sendeinhalte gekennzeichnet werden müssen. Ich meine, das ist nicht nur eine begrüßenswerte, sondern auch logische Maßnahme im Kontext anderer legistischer Maßnahmen, die wir gesetzt haben, um gerade auch in diesem Bereich Minderjährige zu schützen. Ich glaube aber, daß es wahrscheinlich nicht damit getan sein wird, daß man jetzt die Sendeinhalte kennzeichnet, sondern es geht auch darum, daß wir uns überlegen beziehungs


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weise daß sich der ORF überlegt, diese Sendungen so weit wie möglich zurückzudrängen und – egal zu welcher Sendezeit – auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Das sollte man bei dieser Diskussion auch nicht übersehen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Schicker. )

Zu begrüßen ist weiters die zusätzliche Beschwerdemöglichkeit für jeden, der durch die Berichterstattung in seinen Rechten verletzt wurde. Auch das ist, glaube ich, eine notwendige Anpassung. Wir leben in einer Mediengesellschaft, und es kommt immer öfter, muß man sagen, vor, daß eben Menschen durch eine falsche Berichterstattung in ihren Rechten verletzt werden.

Was die Werbezeiten betrifft, so ist es richtig, daß es auf diesem Gebiet durch die Lockerung für den ORF einen Vorteil gibt. Auf der anderen Seite muß man aber auch sehen, daß gewisse Möglichkeiten eingeschränkt wurden, sei es in der Werbung für Teletext- und Online-Dienste, sei es, indem etwa Product-placement, versteckte Werbung, in diesem Sinn nicht mehr möglich ist oder auch für Teleshopping kein Raum zur Verfügung gestellt werden kann. Und – was aus unserer Sicht sehr wichtig ist – durch die Tatsache, daß gleichzeitig auch das Regionalradiogesetz geändert wird, haben Private auch eine Verbesserung und insofern eine – ich sage es einmal so – Waffengleichheit, als sie dadurch auch in den Genuß dieser Lockerung kommen. Außerdem darf man nicht vergessen: Das, was für den ORF zusammengerechnet gilt, gilt sozusagen für jedes einzelne Programm der privaten Anbieter. Dazu kommt, daß für regionale Werbung im ORF eine Fünf-Minuten-Beschränkung gilt. Auch das ist zum Schutz der privaten Sender so vorgesehen worden.

Aber ich verhehle natürlich nicht, daß wir auch der Meinung sind, daß es weiterer Schritte bedarf, um die Position, und zwar gerade auch die wirtschaftliche Position, der privaten Sender zu stärken.

Ein Wort zu den auch vom Vorredner angesprochenen Belangsendungen, und zwar auf eine andere Gruppe gemünzt. Darüber haben wir ja im Ausschuß auch diskutiert. Es sagt der Gesetzgeber, daß gesetzlich-berufliche Interessenvertretungen auch in den Genuß von Belangsendungen kommen sollen. Es bestand aber eigentlich keine Klarheit darüber, welche Interessenvertretungen nun dazu gehören und welche nicht.

Ich nenne als Beispiel den Seniorenrat, der zwar eine gesetzliche Interessenvertretung, aber möglicherweise keine gesetzlich-berufliche Interessenvertretung ist. (Bundesrat Dr. Tremmel: Da streiten wir darüber!) Diese Frage – Sie wissen es auch – konnte nicht abschließend beantwortet werden und ist noch zu prüfen. Ich möchte nur dazu sagen: Beim Seniorenrat geht es um 2 Millionen Menschen in Österreich. Man hat den Seniorenrat auch deshalb eingerichtet, um gerade älteren Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu artikulieren, um Diskriminierungen zu vermeiden. Deswegen möchte ich auch anregen, daß diese Frage noch einmal geprüft wird. Ob sie jetzt der Interpretation durch das Kuratorium anheimfällt oder in anderer Weise geprüft wird, ist für mich jetzt nicht das entscheidende, aber ich glaube, unter den Tisch sollte sie nicht fallen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Der Knafl ist auch nicht mehr das, was er einmal war!)

Herr Dr. Tremmel! Ich habe eigentlich in den Ausschußberatungen den Eindruck gehabt, daß wir da ein gemeinsames Anliegen verhandeln. (Bundesrat Dr. Tremmel: Jawohl! – Bundesrat Dr. Böhm: Durchaus! – Bundesrat Konečny: Man soll sich nie auf so etwas verlassen, Herr Kollege!)  – Nein, ich verlasse mich ohnehin nicht darauf. Ich sagte nur: Ich habe es so verstanden. Und ich glaube, da habe ich mich auch nicht geirrt. (Bundesrat Dr. Tremmel: Aber die Senioren sind halt dem Bund und dem Gesetzgeber nichts wert!)  – Dieser Aussage kann ich mich nicht mehr anschließen, Herr Dr. Tremmel. Aber das steht wieder auf einem ganz anderen Blatt und ist ein anderes Kapitel.

Was die Einführung von terrestrischem Privatfernsehen betrifft, ist es so, daß die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde umbenannt wird in Privatrundfunkbehörde. Hier unterstreiche ich noch einmal den ÖVP-Standpunkt, wonach es nicht nur darum gehen kann, daß eine Namensänderung durchgeführt wird, sondern es steht auch die Forderung im Raum, daß eine Medienbehörde, eine Medienanstalt geschaffen wird. Auch Fachleute haben diese Forderung


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unterstützt. Ich erinnere an die Aussendung der Vorsitzenden der Regionalradiobehörde Dr. Helige, die sich positiv zu diesem Vorschlag geäußert hat.

Wir haben in Österreich die Situation, daß Medienkompetenzen sehr zersplittert sind, auf unterschiedlichste Ministerien aufgeteilt sind, vom Bundeskanzleramt über Verkehrsministerium, Unterrichtsministerium, Sozialministerium, Wirtschaftsministerium, Justizministerium, Finanzministerium bis zum Innenministerium. Alle diese Ministerien haben Teilzuständigkeiten in ihrem Kompetenzbereich. Daher wäre es sinnvoll, die Agenden Regionalradiobehörde, Regionalradiokommission und Frequenzbehörde unter ein Dach zu stellen mit diesem Vorschlag, um eben eine Anlaufstelle zu haben für privaten Rundfunk und Fernsehen, und zwar sowohl als Kontrollinstanz als auch was die Frage neuer Entwicklungen betrifft. Da geht es um die Zulassung und Beaufsichtigung privater Rundfunkveranstalter, die Lizenzentscheidung, die Frequenzvergabe, die entsprechenden Kontrollen und um ein qualifiziertes Mitwirkungsrecht bei der Frequenzplanung.

Sehr wichtig sind auch der Bereich Forschung und Entwicklung, die Wettbewerbsförderung und generell die Förderung der neuen Medien und des Telekommunikationsbereiches am Standort Österreich. Wir wissen, daß sich hier die Rahmenbedingungen, die technischen Entwicklungen sehr rasch verändern, daß hier eine sehr rasante Entwicklung vor sich geht. Österreich braucht, wenn es im globalen Wettbewerb mitspielen soll, auch diesbezüglich, glaube ich, eine entsprechend kompetente und schlagkräftige Stelle, wo das koordiniert wird.

Auf der einen Seite wird es also bei dieser Behörde darum gehen, daß sich unter Einbeziehung des öffentlichen Rundfunks ein vielschichtiges duales System von bundesweiten, aber auch regionalen Fernseh- und Radioangeboten entwickeln kann, und auf der anderen Seite darum, daß ein fairer und effektiver Wettbewerb zwischen den privaten und öffentlichen Anbietern stattfinden kann.

Was uns in diesem Zusammenhang auch immer besonders wichtig ist – ich sage das bewußt an dieser Stelle –, ist die regionale Berichterstattung. Deshalb glauben wir ja, daß es wichtig ist, daß es diese regionalen Anbieter gibt. Aber es ist uns auch wichtig, daß auch im Bereich des ORF die regionale Berichterstattung einen entsprechenden Stellenwert hat. Darum möchte ich an dieser Stelle sagen, Herr Bundesrat Drochter, daß es die Landesstudios des ORF auch nicht notwendig haben, sich vorwerfen lassen zu müssen, sie betrieben sozusagen eine Profilierung aus parteipolitischen Gründen. Da würde ich Ihnen empfehlen: Fahren Sie auf den Küniglberg, dort können Sie anfangen mit dem Sekundenzählen. Ich glaube, das kann nicht das sein, was wir hier gemeinsam wollen, sondern es ist eine Abbildung der Realität, daß handelnde Politiker auch ein entsprechendes mediales Echo erfahren. Ich glaube, da sollten wir nicht päpstlicher sein als der Papst. (Beifall bei der ÖVP.) Im Vergleich zum Bund sind die Länder hier ohnehin zurückhaltend.

Das terrestrische Privatfernsehen selbst steht ja im Unterausschuß weiter zur Beratung. Dort kann es, glaube ich, wirklich zu einem Meilenstein in der Medienpolitik kommen. Ob das jetzt im Wege eines privaten bundesweiten Kanals oder durch regionale und lokale Sender ist, wird die Diskussion noch zeigen. Auf etwas möchte ich in diesem Zusammenhang hinweisen: Nicht unwesentlich ist, glaube ich, auch die technische Frage, das heißt, ob man sich auf das analoge System konzentriert oder ob das digitale System schon forciert werden soll. Ich verweise auf internationale Beispiele. In Amerika etwa hat man sich schon darauf geeinigt, daß man die analogen Frequenzen abstellen wird, ähnlich auch in England. Auch diesbezüglich gibt es eine Entwicklung, wo wir sagen müssen: Die Zukunft ist halt einmal die digitale Technik, weil sie Qualitätsvorteile bietet und weil sie letztlich auch kostengünstiger ist. Ich glaube, diese Frage muß man sich auch in diesem Zusammenhang überlegen.

Abschließend: Wir begrüßen trotz der Kritik, die wir zum Teil auch teilen und die nicht unberechtigt ist, diese Änderung, weil sie ein Schritt ist zur Liberalisierung. Wir sagen auch dazu, daß weitere Schritte notwendig sind. Natürlich hat der ORF bei uns aus verschiedenen Gründen, historischen natürlich auch, weil die Liberalisierung bei uns später eingesetzt hat, einen Vorteil. Wir glauben, der ORF als öffentlich-rechtlicher Sender sollte sich auf diesen Auftrag kon


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zentrieren. Es geht auch für uns ganz besonders darum, daß es weitere Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für private Anbieter gibt. Deswegen ist diese Änderung ein Schritt in die richtige Richtung, und wir werden daher auch keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.19

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wolfram Vindl. Ich erteile dieses.

13.19

Bundesrat Wolfram Vindl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Der Bundesrat befaßt sich heute sozusagen zum Jahresabschluß neben anderen Beschlüssen des Nationalrates auch mit der Novellierung des Regionalradiogesetzes. Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir in aller Kürze einige Bemerkungen dazu.

Seit der Zulassung von privaten Rundfunkbetreibern hat sich die Medienlandschaft in Österreich grundlegend geändert. Neben den neuen Regionalradios sind nun mit etwas Verzögerung auch die vielen Lokalradios entstanden. Die Bewohner der Grenzregionen hatten schon länger die Möglichkeit, private Radios zu hören, wie Herr Kollege Königshofer das auch in seiner Rede angeschnitten hat. Er wohnt eher im südlichen Teil Tirols, und während ich als einer, der im nördlichen Teil Tirols wohnt, die nördlicheren Privatradios empfangen habe können, hat er jene von der Brennergrenze herunten empfangen können.

Diese Veränderung in unserer Medienlandschaft hat offenkundig auch dazu geführt, daß sich die bisherigen Betreiber des Monopols ORF verstärkt um den Medienmarkt bemühen mußten. Daß ihnen das auch entsprechend gelungen ist, zeigen die laufenden Media-Analysen.

Nachdem die Lokalradios mit einiger Verzögerung nun doch ihren Betrieb aufgenommen haben, zeigt sich recht deutlich, daß dies meist zu Lasten der Regionalradios geschehen ist, weil eben, wie bereits Kollege Grasberger gesagt hat, die Bürger vermehrt auch an den lokalen Geschehnissen Interesse zeigen und das, was in unmittelbarer Umgebung passiert, natürlich wesentlich mehr Interesse hervorruft als die Landesnachrichten oder auch das Weltgeschehen in weiter Ferne.

Aus den Erfahrungen mit den neuen Medien hat sich aber auch gezeigt, daß gerade am Anfang viele Menschen mit diesen neuen Medien recht vorsichtig umgegangen sind, jedoch haben inzwischen viele Vereine und Institutionen die Vorteile einer lokalen Berichterstattung erkannt und nützen diese zunehmend. Auch unser Lokalradio im Außerfern und die meisten Lokalradios in den anderen Landesteilen können eine doch recht positive Entwicklung feststellen.

Es hat sich aber auch herausgestellt, daß bei der Antragstellung zur Lizenzvergabe von manchen Betreibern um Frequenzen zu sparsam oder vielleicht auch zu vorsichtig angesucht wurde. Gerade bei uns in den Gebirgsregionen ist es daher äußerst schwierig, daß man auch entlegenere Landesteile in den Tälern draußen mit dem lokalen Sender erreicht. Auch das Außerfern ist davon sehr stark betroffen. Die Betreiber des Lokalradios bei uns haben deshalb bereits bei der Regionalradiobehörde um zusätzliche Frequenzen angesucht, und diese Frequenzen werden dann nach Prüfung durch das Verkehrsministerium zur Verfügung gestellt.

Es soll ja dieser Frequenznutzungsplan bis zum 1. Mai 1999 stehen, und ich ersuche daher den Herrn Verkehrsminister, sofort nach Bestehen dieses Frequenznutzungsplanes die Anträge der Lokalradios recht großzügig zu behandeln, damit neben den mächtigen Regionalradios und dem noch übermächtigeren ORF auch den Lokalradios das Überleben ermöglicht wird. Denn wenn wir heute beschließen, daß zusätzliche Werbezeiten möglich sind, müßte man schon sagen: Was nützen zusätzliche Werbezeiten, wie wir sie heute beschließen, wenn durch fehlende Reichweite nicht einmal die bisherigen Werbesendungen an den Mann oder auch an die Frau gebracht werden konnten?


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Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist ein weiterer Schritt in Richtung mehr Liberalisierung der österreichischen Medienszene, es sind aber noch viele, viele kleine Schritt notwendig, um auch bei uns europäischen Standard zu erreichen. Die anstehende Novellierung des Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetzes, die in einem Unterausschuß des Nationalrates weiterverhandelt wird, ist ein notwendiger Schritt zu mehr Medienvielfalt in Österreich. Gerade das vorhin bereits erwähnte große Interesse der Bevölkerung an der lokalen Berichterstattung schlägt sich auch in den Kabelfernsehkanälen nieder und zeugt von der großen Notwendigkeit der Einführung des terrestrisch verbreiteten Privatfernsehens.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe daher, daß dieser Unterausschuß noch in dieser Legislaturperiode zu einer Einigung kommen wird und die diesbezüglich notwendige Gesetzesvorlage erarbeitet werden kann. In diesem Sinne wird meine Fraktion dieser Vorlage gerne die Zustimmung erteilen! (Beifall bei der ÖVP.)

13.24

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. Ich erteile es ihm.

13.24

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei aller Kritik, die heute hier gekommen ist, glaube ich doch, daß diese Reform einen entscheidenden Schritt hin zu wichtigen Neuerungen setzt, und ich glaube, daß insbesondere hervorzuheben ist, daß dem Anliegen des Jugendschutzes mit dieser Reform ein ganz besonderes Gewicht verliehen wird.

Es ist dadurch gewährleistet, daß der ORF verpflichtet wird, gefährdende Aussendungen mit einer Kennzeichnung zu versehen, und auch hinsichtlich der Programmgestaltung und der Wahl des Sendetermins selbst entscheiden muß, wie er dieses Gesetz nunmehr handhabt. Es kann nicht so sein, daß es eine Art Zensur bedeutet, aber es ist einmal eine Eigenkontrolle des Rundfunkveranstalters selbst gegeben und dann natürlich auch eine Kontrolle der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes. Diese Mechanismen werden dazu beitragen, diese Jugendschutzbestimmungen im wesentlichen auch umzusetzen, und ich glaube, das ist eine der wesentlichsten Neuerungen, die wir hier in diesem Gesetz zu verzeichnen haben.

Es ist auch angeklungen, daß das Beschwerderecht ausgedehnt wurde. Auch diese Neuerung ist zu begrüßen, da es durch die Vielfalt der Berichterstattung – wie heute schon gesagt wurde – auch dazu kommt, daß manche Berichte nicht so recherchiert sind, wie sie sein sollten, weshalb dann natürlich auch Einzelpersonen von falscher Berichterstattung betroffen sind. Dieses Beschwerderecht auszudehnen ist sicherlich auch im Sinne der demokratiepolitischen Entwicklung unserer Medien etwas Wichtiges.

Ich glaube, ganz entscheidend zu befürworten ist auch das oftmals vorgebrachte Anliegen, den ORF hinsichtlich der Verwaltungsstrafbestimmungen dem Privatrundfunk gleichzustellen, sowie das Anliegen, daß Rechtsverstöße nunmehr auch mittels Geldstrafen sanktioniert werden können.

Weil es im Zuge der Diskussion um dieses Gesetz auch Diskussionen über die Frequenz des fremdsprachigen vierten Hörfunkprogramms gegeben hat, möchte ich dazu ausführen und ausdrücklich betonen, daß die Bundesregierung dieses Hörfunkprogramm niemals in Frage gestellt hat. Es wurde aber jetzt systematisch in das richtige Gesetz eingeordnet, womit auch in Zukunft eine Aussendung dieses Programms gewährleistet ist.

Wie Sie alle wissen, wurde es aufgrund gerichtlicher Entscheidungen auch notwendig, die Festlegung der für Belangsendezeit berechtigten Stellen zu präzisieren. Auch das ist mit diesem Gesetz geschehen.

Eine der wichtigsten wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Unabhängigkeit des Rundfunks ist natürlich auch die Herabsetzung der werbefreien Tage beziehungsweise die Jahresdurchrechnung, die mit diesem Gesetz eingeführt wird, um damit das wirtschaftliche Standbein zu stärken.


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Es sind hier in den Wortmeldungen einige Äußerungen gefallen, und ich werde versuchen, eine Richtigstellung vorzunehmen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zunächst einmal wurde festgestellt oder behauptet, daß Nationalratsabgeordneter Schieder Mitglied der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes ist. Das ist unrichtig und rechtlich auch nicht möglich, weil er Mitglied des Kuratoriums ist und diese Tätigkeiten inkompatibel sind. Daher möchte ich von dieser Stelle aus diese Richtigstellung vornehmen.

Hinsichtlich des Verbotes der Mehrfachvergabe, das hier ebenfalls angeklungen ist, möchte ich feststellen, daß gerade seitens der Opposition des öfteren die Feststellung in der Diskussion getroffen wurde, daß man, wenn man das Radio aufdrehe, an mehreren Frequenzstellen immer wieder zu ORF-Sendungen, und zwar desselben Senders, käme. Dieses Mehrfachverbot ist das Verbot eines Betreibers für mehrere Frequenzen. Das bedeutet: Dieses Verbot pflegt die Vielfalt, weil andere Frequenzen für einen anderen Betreiber vergeben werden müssen. Es ist nicht so, wie es hier angeprangert wurde. Ich glaube, das ist ein Mißverständnis. Es fördert die Vielfalt in diesem Bereich, wenn man nicht einem Medienbetreiber mehrere Frequenzen zur Verfügung stellt.

Diese Richtigstellungen schienen mir wichtig zu sein.

Ich glaube, auch hinsichtlich der Änderungen im Regionalradiogesetz kann man zufrieden sein, wenn man sie als erste Schritte ansieht. Ich darf hier nur erwähnen, daß es in kürzester Zeit gelungen ist, mehr als 50 private Veranstalter zu lizensieren. Das zeigt doch ein großes Interesse und eine ganz maßgebliche Liberalisierung dieses Bereiches.

Die Aufhebung des Werbeverbotes an Feiertagen beziehungsweise überhaupt das Aufheben von Werbeverboten im Privatrundfunk bietet auch die Chance, eine bessere Basis der wirtschaftlichen Bedingungen zu bilden.

Ich glaube, es sind richtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt worden, und in der Diskussion um dieses Gesetz wurde von mehreren Vertretern aller Parteien die Bereitschaft signalisiert, hinsichtlich des terrestrischen Fernsehens noch eine Lösung bis Ostern zu erreichen, und ich glaube, daß wir auch da auf einem guten Weg sind.

Im wesentlichen kann man sagen: Es sind wichtige Schritte in die richtige Richtung, und wir sollten diesen Weg auch in Zukunft weiter beschreiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle 1999), das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG) (1561/NR sowie 5856/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (972/A und 1562/NR sowie 5857 der Beilagen)

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999) (976/A und 1564/NR sowie 5858/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden,

weiters ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 3 und 4 hat Herr Bundesrat Vindl übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Wolfram Vindl: Hoher Bundesrat! Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Verlesung des Beschlußantrages.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag , gegen den vorliegenden Beschluß, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben.


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Über den Beschluß der Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen der Bericht ebenfalls vor. Ich beschränke mich wieder auf die Verlesung des Beschlußantrages.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Berichterstatter zu Punkt 5 ist Herr Bundesrat Grillenberger. – Bitte.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses zur Besoldungs-Novelle 1999. Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Dezember 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein, und ich darf Herrn Bundesrat Dr. Tremmel zum Rednerpult bitten.

13.36

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Wir werden dem Punkt 3, dem Vertragsbedienstetenreformgesetz (Bundesrätin Schicker: Nicht zustimmen!) die Zustimmung nicht geben. – Sie haben das richtig erfaßt. Dem Punkt 4, Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, werden wir zustimmen, und dem Punkt 5, kurz Besoldungs-Novelle genannt, werden wir, da das mit dem Punkt 3 in Konnex steht, ebenso nicht die Zustimmung geben.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie empfinden das gleiche Freudengefühl wie ich, daß wir heute hier sein dürfen, weil dem Bundesrat das gesamte Hohe Haus zur Verfügung steht, die Beamtenschaft ist für uns tätig. (Bundesrat Payer: Die werden sich freuen!) Ich hätte eine große Freude, wenn hier nicht ein kleiner, bitterer Nachgeschmack wäre, und zwar nicht deswegen, weil ich es den Damen und Herren des Nationalrates nicht gönne, daß sie bereits weihnachtlich zu Hause in ihren Wahlkreisen tätig sein können, sondern vielmehr deswegen, weil zwei Herren, Kostelka und Khol – K. und K., aber nicht im guten alten Sinne gemeint –, sich nicht klarwerden konnten, wie dieser Entschließungsantrag, der heute hier zur Debatte steht, letztlich in Gesetzesform gegossen werden sollte.

Hier wird uns wieder einmal sehr eindeutig dargetan, was wir wirklich sind, meine Damen und Herren: ein Vollzugsorgan, aber nicht einmal mehr ein Vollzugsorgan des Nationalrates, nicht einmal mehr der Präsidialkonferenz, sondern wir sind de facto die Apportiermaschine von zwei Klubobmännern, die Dinge zu tun hat, wenn sich die Herren nicht einigen, selbst wenn Weihnachtszeit ist. (Bundesrat Payer: Die beiden haben das Gesetz nicht verhandelt!)

Wenn schon dieser Zwischenruf gemacht wird, dann sollte man dazusagen, daß es auch sehr gut wäre, wenn die entsprechend damit befaßten Körperschaften miteingebunden wären. (Bundesrat Payer: Das sind sie ja!) Nein, das sind sie nicht. Das sind Exekutivorgane, zum Unterschied von uns, Herr Kollege Payer, wir sind die Legislative! Und eigentlich sieht es unsere Bundesverfassung so vor, daß die Legislative für die Exekutive den Takt vorgibt und nicht umgekehrt, wie es leider in der Praxis immer öfter passiert.


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Zur Sache – nicht Schätzchen, sondern zur Sache der Materie –: Ziel des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates, heißt es, ist – ich sage: sei – die Schaffung eines modernen und leistungsorientierten Besoldungssystems für Vertragsbedienstete der allgemeinen Verwaltung und für Vertragsbedienstete in handwerklicher Verwendung. Das bisherige Entlohnungsschema soll dahin gehend angepaßt werden – ich habe im Ausschuß gesagt, daß die Bestlaufbahn beschritten wird –, daß die Vollaufbahn beschritten werden soll. Junge Bedienstete sollen attraktivere Bezüge bekommen, hervorgehoben werden soll die verantwortungsvolle Tätigkeit, die unmittelbar und leistungsgerecht abgegolten wird. Allerdings kann ich es nicht ganz aus dem Gesetz erlesen, wie das wirklich geschieht. Die freiwillige Mobilität wird hier hervorgehoben, und es wird auch die Entscheidung zwischen einer künftigen Beamten- oder Verwaltungsbedienstetenlaufbahn aufgemacht, die sehr frühzeitig fallen sollte. Ein Wechsel ist grundsätzlich nicht möglich.

Was den zweiten Teil angeht – und das möchte ich auch noch erläutern –, ist zu sagen, wir sind natürlich Föderalisten. Herr Präsident Weiss! Zu Ihrer Frage: Da hat es überhaupt kein Zögern gegeben, daß wir den Ländern im Sinne unserer föderalistischen Einstellung die Möglichkeit geben, ihr Dienst- und Besoldungsrecht entsprechend regeln zu können. Darüber hinaus ist auch noch von den Gemeindewachkörpern die Rede. Im Hinblick auf die Bezirksverwaltungsbehörden möchte ich sagen, wir wollen einen wehrhaften Föderalismus (Beifall bei den Freiheitlichen), und deshalb werden wir dem auch zustimmen.

Meine Damen und Herren! Ich habe schon dargelegt, daß Punkt 3 in einem Konnex steht. Es ist nicht so, daß wir den Beamten die Erhöhung von 2,5 Prozent nicht gönnen, sondern wir haben grundsätzlich eine andere Vorstellung: Wir denken dabei an einen Basisbetrag. Wir sagen nicht, daß bei den Pensionisten der Beitrag um zwei Prozentpunkte nicht gesenkt werden soll, daß der Anpassungsfaktor nach dem ASVG – da gilt auf einmal das ASVG, anderswo gilt es noch nicht – mit 1. Jänner für die Pensionsautomatik nicht gültig werden soll, nein, sondern wir glauben, daß das Gesetz in sich unschlüssig ist.

Meine Damen und Herren! Ich komme nun auch noch zum formalen Procedere. Wenn man den Bericht und den Antrag des Verfassungsausschusses näher betrachtet, sieht man, daß es am 14. Dezember im Verfassungsausschuß einen Initiativantrag der Abgeordneten Kostelka und Khol gegeben hat – deren Vollzugsorgane wir sind; ich habe es vorhin bereits ausgeführt –, obwohl vorher bereits monatelang verhandelt wurde, obwohl es 30 Novellierungen in dieser Causa gegeben hat. Das Beamten-Dienstrecht wird schon so durchsichtig wie das ASVG mit seiner Vielzahl von Novellierungen. Und vielleicht erinnern Sie sich: Wir haben letztes Mal hier eine ähnliche Materie beschlossen. Ich weiß, daß es aus formalen Gründen nicht möglich war, weil die Herren sich sehr spät einigen konnten, und daß diese den gesamten Nationalrat und Bundesrat ersetzen, das ist eben Realität. Passen tut mir das eigentlich nicht ganz, daß das so ist.

Wir mußten heute auf die Auflagefrist verzichten. Das ist eine wertvolle Materie, eine Materie, bei der es um etwas geht. Meine Damen und Herren! Es geht darum, daß unser Staat in guter Tradition ordentlich verwaltet werden sollte, und das geschieht auch nach wie vor – trotz einer Flut von Gesetzen, trotz dieses Dienstrechtes in seiner riesigen Komplexität. Die Beamten sind nach wie vor bereit, gute Arbeit zu leisten.

Ich möchte an dieser Stelle der Beamtenschaft danken, die bei der Erarbeitung der vorliegenden Gesetze tätig war – und sie muß ja tätig sein, denn es gibt das Instrument der Weisung – und sich immer nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, dem politischen Wollen entsprechend, das manchmal nicht ganz verständlich ist, wahrscheinlich auch für die Beamten nicht, eine Novelle vorzulegen. Sie haben das hervorragend gemeistert, obwohl die politischen Widersprüchlichkeiten – und diese sind eben vorhanden – dazu hätten führen müssen, daß man darüber länger nachdenkt und endlich zu einem einheitlichen Dienstrecht kommt. Denn ein solches gibt es nach wie vor nicht.

Und wenn Sie mir entgegenhalten, so etwas gebe es nicht: Ich habe hier bereits vor einem halben Jahr darauf hingewiesen, daß wir in Graz ein neues Modell erarbeitet haben, auch in


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Richtung Pensionierung. Über die Pensionierung, meine Damen und Herren, darf ich gar nicht reden, denn auch da gibt es wieder Ausflüsse der Komplexität dieser Dienstrechte, auch da gibt es verschiedenste Regelungen.

Denken Sie an die Lehrer, die mit 55 Jahren und soundso viel Abzügen pro Jahr in Pension gehen. Denken Sie an den ausgegliederten Bereich der Post, an die Mitarbeiter, die mit – der vollen "Wäsch‘" hätte ich beinahe gesagt – 80 Prozent mit dem 55. Lebensjahr in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden und mit 80 Prozent mit 60 Jahren ihre Pension antreten.

Erinnern Sie sich an die Beamten, erinnern Sie sich an die Nationalbank! Da ist wirklich nicht nur nichts geschehen, sondern etwas Schlechtes geschehen, meine Damen und Herren!

Das derzeitige Dienst- und Besoldungsrecht der öffentlich Bediensteten vermag die Anforderungen einer modernen Verwaltung, die sich als angebotsorientiertes Dienstleistungsunternehmen verstehen sollte, in keiner Weise zu erfüllen. Daß es teilweise noch geschieht, ist nur der Qualität der Beamten zu danken, und ich möchte auch ausdrücklich den in diesem Zusammenhang Tätigen danken, obwohl das Dienstrecht nicht entsprechend ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses derzeit geltende und auch das jetzt in Novellierung befindliche Dienstrecht zeigt sich nach wie vor als leistungsfeindlich, als mobilitätshemmend. Die Besoldungsreform 1994 hat überhaupt nur geringfügige Änderungen gebracht. Auch da gibt es nun nichts, und dieser einzige Punkt zur Bestlaufbahn – meine Damen und Herren, das kann es eigentlich nicht sein.

Die Besoldungsreform erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen, nämlich Steigerung der Leistungseffizienz und höhere Mobilität, bei weitem nicht. Vielmehr brachte sie einen Ausbau des Dienstaltersprinzips, nach wie vor einen Abbau des Rechtsschutzes, eine Abkehr vom Leistungsgedanken, eine mangelnde Transparenz bei der Bewertung der Arbeitsplätze mit sich. Anstatt die berufliche Mobilität zu fördern, wurden neue Mobilitätshemmnisse, zum Beispiel Anrechnung von Vordienstzeiten und so weiter, eingebaut.

Entgegen den Versprechungen, das durcheinandergehende Zulagen- und Nebengebührenunwesen zu bereinigen, brachte die Besoldungsreform – die Nebengebühren, die Überstundenvergütung, Journaldienstzulage, Bereitschaftsentschädigung, Mehrdienstleistungszulage, Erschwerniszulage – in keiner Weise eine Änderung oder Anpassung. In diesem Bereich kam es auch nicht zu mehr Durchschaubarkeit, obwohl gerade diese Bereiche sowohl rechtlich wie auch faktisch größte Probleme aufwerfen, im geltenden Besoldungsrecht die größten Schwachstellen darstellen, äußerst aufwendig zu vollziehen und kaum zu durchschauen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Payer. – Bundesrätin Schicker: Sie profitieren auch davon, Herr Dr. Tremmel! Auch im Magistrat in Graz gibt es sehr viele solcher Zulagen!)

Einen schlichten Satz dazu, Herr Kollege: Der Grundsatz der gleichen Entlohnung für gleiche Dienste wird dadurch in unzumutbarer Weise verletzt, und das wollen wir nicht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die unter Krämpfen, muß ich sagen, zustande gekommene Reform des Vertragsbedienstetengesetzes – und ein Teil dieses Krampfes ist, daß wir heute hier sitzen – ist bestimmt kein großer Wurf. Es werden vielmehr genau jene Fehler wiederholt, die schon die Besoldungsreform 1994 ausgezeichnet haben. So wird auch weiterhin die Leistung nicht so belohnt, wie es einem Leistungswilligen zustünde, wird die Mobilität nicht gefördert und das unübersichtliche Zulagenwesen – ich habe es bereits ausgeführt – beibehalten.

Besonders negativ ist jedoch, daß es im Bundesdienst nunmehr verschiedenste Gruppen von Bediensteten geben wird: Beamte alten Typs, Beamte neuen Typs, Vertragsbedienstete alten Typs, Vertragsbedienstete neuen Typs. Das Gesetz löst die wirklichen Probleme des öffentlichen Dienstes nicht. Kollege Windholz hat das in der letzten Sitzung sehr drastisch aufgezeigt, was den Überstundenbereich angeht. Das Gesetz enthält keinerlei Ansatz in Richtung Verwaltungsreform. Das heiße Eisen Pragmatisierung wurde überhaupt nicht angefaßt, man hat es


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umgangen. Eine Abgrenzung der Bereiche, in denen Beamte und Verwaltungsbedienstete eingesetzt werden sollten, wird nicht einmal versucht.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Bundesregierung einerseits als die verantwortliche Exekutive und andererseits die Gewerkschaft öffentlicher Dienst die jahrelangen Versprechen, ein modernes, leistungsorientiertes Dienstrecht für den öffentlichen Dienst zu schaffen, nicht erfüllt haben, sondern auch an dieser Aufgabe gescheitert sind. Dies sieht man auch daran, daß der große Streitpunkt zwischen der Bundesregierung und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst die völlig nebensächliche Frage war, ob der Vertragsbedienstete auch eine Ministerialsektion leiten sollen dürfe, also die Bestlaufbahn beschreiten könnte.

Meine Damen und Herren! Die öffentlich Bediensteten haben sich wahrlich etwas Besseres verdient als diese Vorlage. Deswegen werden wir, wie anfangs ausgeführt, diesen zwei Punkten nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

13.51

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ich mir bei einigen Anmerkungen des Kollegen Dr. Tremmel nicht ganz sicher war, zu welchem Thema er gerade Stellung bezieht, möchte ich mich deklarieren und sagen: Ich rede zur Novelle zum Vertragsbedienstetengesetz, ich rede zum Bundesministeriengesetz, ich rede zur BKUVG-Novelle und den Dingen, die heute zur Behandlung stehen. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: Da werden wir aber genau aufpassen!)

Herr Kollege Dr. Tremmel! Ich habe heute auch zwei Weihnachtsfeiern absagen müssen, bei denen ich gerne anwesend gewesen wäre, aber ich glaube, es geht nicht um unsere Befindlichkeit als Parlamentarier, nicht darum, was wir zu tun haben, und daß wir vielleicht am heutigen Tag lieber bei Weihnachtsfeiern wären, statt heute hier ein Thema zu behandeln, das für den öffentlichen Dienst richtungsweisend ist. (Bundesrat Dr. Tremmel: Es geht um unsere Wertigkeit, Herr Kollege!)

Ich nehme von Ihren Ausführungen heute mit – und ich würde mich nicht wundern, wenn ich inhaltlich auch vom Kollegen Windholz nichts anderes hören würde –, daß Sie gegen die öffentlich Bediensteten sind, daß Sie dagegen sind, daß vernünftige Gesetze für die öffentlich Bediensteten geschaffen werden, und daß Sie dagegen sind, daß die öffentlich Bediensteten auch mitpartizipieren am Wirtschaftswachstum, indem es auch eine Gehaltserhöhung für den öffentlichen Dienst gibt, so wie für alle anderen Gruppen auch. (Bundesrat Mag. Gudenus: Was mitpartizipieren? Mitschneiden wollten Sie sagen! Mitpartizipieren, was ist das?) Aber das wundert mich nicht, denn diese Aussagen hören wir immer wieder.

Aber nichtsdestotrotz: Es ist mir ein Bedürfnis, dem Herrn Staatssekretär zu sagen, daß natürlich manche Dinge im Verhandlungsbereich nicht ganz so gelaufen sind, wie wir als Gewerkschafter des öffentlichen Dienstes uns das vorgestellt hätten. Aber mein Kompliment an Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer ist, daß er es nach zwei seiner Vorgänger, die immer wieder angekündigt haben, nach der Besoldungsreform 1994 für die Vertragsbediensteten eine tatsächliche Reform durchzuführen – ich erinnere mich da an BANG und all diese Dinge, die da als Schlagworte im Raum gestanden sind –, nun tatsächlich geschafft hat, daß es in einer zum Schluß fairen sozialpartnerschaftlichen Verhandlung dazu kam, daß wir heute über diese Vorlagen diskutieren können und schlußendlich auch eine Mehrheit dafür finden, daß für die Vertragsbediensteten des öffentlichen Dienstes ähnliche gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie sie für die Beamten des öffentlichen Dienstes durch die Besoldungsreform des Jahres 1994 geschaffen wurden.


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Es findet eine völlige Umstellung statt, und daher sind natürlich manche Punkte – davon bin ich überzeugt – im Laufe der Zeit noch nachzuverhandeln. Wir werden auch keine Berührungsängste haben dürfen davor, daß Novellen auch zu dieser VBG-Reform kommen, daß wir beispielsweise im Bereich der Durchlässigkeit im Laufe der Zeit noch das eine oder andere auch verbessern können.

Was ich als besonders vorteilhaft herausstreichen möchte, ist, daß die Vertragsbediensteten die Möglichkeit der Option haben, daß zum zweiten das Berufsbeamtentum in seinen Grundzügen nicht in Frage gestellt ist, auch wenn es nach meinem Dafürhalten mit der Aufnahme des § 9 des Bundesministeriengesetzes eine verhandlungstaktische Position gegeben hat, die letztendlich dazu geführt hat, daß für kurze Zeit das Legalitätsprinzip schon ein bißchen gewackelt hat – so sehe ich das, aber ich akzeptiere durchaus auch andere Positionen.

Tatsache ist, daß der öffentliche Dienst und die Beamten aufgrund der Gesetze und des Legalitätsprinzips tätig sind, und daß es keine Frage eines Briefes an das Christkind ist, ob jemand hoheitsrechtlich als pragmatischer Bediensteter beschäftigt sein möchte oder als Vertragsbediensteter tätig ist.

Mit der Regelung, die getroffen worden ist, können wir durchaus leben. Sie bestätigt die klare Position der Österreichischen Volkspartei und auch des Hauptverhandlers, Bundesminister Molterer, dem ich hier namens meiner Fraktion danken möchte für das klare Eintreten in diesem Punkt. Ich bin überzeugt davon, daß jene Vermutungen, die da und dort jetzt geäußert werden, daß es vielleicht bei jenen Positionen der Sektionschefs, wo aufgrund des Antrages des Betroffenen die Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zu erfolgen hat, in der Ausschreibung oder in informellen Bereichen nicht zu anderen Positionierungen kommt, nicht zutreffen, denn es wäre schade darum. Gerade was diese Spitzenpositionen angeht, haben wir, glaube ich, auch die Verpflichtung, uns klar zum Berufsbeamtentum und zur Handlungsfähigkeit der Beamten zu bekennen.

Besonders begrüßenswert für mich ist das, was jetzt einmal im ersten Schritt schon geschehen ist in der Frage einer Pensionskassen-Regelung. Auch das ist ein Punkt, der sicherlich in der Folge noch im Detail zu verhandeln ist, aber es ist das sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Regelung, für die neuen Vertragsbediensteten die sozialrechtliche Absicherung in die Versicherungsanstalt des öffentlichen Dienstes zu nehmen, halte ich für eine durchaus positive Regelung. Auch die Art und Weise, wie das "gehandeld" wurde – auch das sage ich, weil es da von seiten der anderen Sozialversicherungsträger zu Unrecht ein bißchen Neidgefühle gegeben hat, weil man Angst gehabt hat, daß die BVA da hineingrasen wird in ein Revier, das ihr nicht zusteht –, halte ich für vertretbar, wobei diese Regelung aber natürlich – auch das möchte ich anmerken – noch von dem entfernt ist, was es bei den ÖBB gibt, wo der Grundsatz gilt: ein Dienstgeber – eine Versicherung. Für die BVA ist es aber ein gangbarer Weg.

Die Frage der Gehaltserhöhungen habe ich schon angesprochen: Es wundert mich nicht, daß Sie von der Freiheitlichen Partei – und das kommt auch irgendwo in der dringlichen Anfrage zum Ausdruck, die Sie uns heute auf den Tisch gelegt haben, in der Sie ja auch wieder verdeckt ein bißchen die Kosten für die öffentliche Verwaltung ansprechen – dagegen sind. Kollege Windholz wird sich sicherlich für die nächsten Personalvertretungswahlen Argumente einfallen lassen, die aber allesamt nichts daran ändern, daß Sie dagegen auftreten, daß die öffentlich Bediensteten ab 1. Jänner 1999 eine entsprechende Bezugserhöhung bekommen – wie immer das begründet wird, genauso wie Ihre Ablehnung des Vertragsbedienstetengesetzes ja nur ein Vorwand ist und für eine Verschlechterung spricht.

Was mich ein bißchen betroffen macht, ist – und auch das merke ich an –, daß die Pensionisten aus dem pragmatischen Bereich etwas überproportional emotional – sage ich jetzt einmal sehr vorsichtig – belastet wurden, weil sie natürlich zu Recht darauf vertraut haben, daß die Vereinbarung vom Vorjahr Gültigkeit hat und die Pensionserhöhung der pragmatisch Bediensteten erst ab dem Jahr 2000 an jene der ASVG-Versicherten angehoben wird. Ich hoffe nur, es


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werden vor den nächsten Wahlen dann nicht wieder irgendwelche Briefe an Pensionisten verschickt, in denen das begründet wird. Das tut mir, sage ich ganz offen, ein bißchen weh, weil das zu einer Verunsicherung im Bereich der Pensionisten geführt hat, die durch ihre Arbeit in den letzten Jahrzehnten an die Paktfähigkeit der Regierung gewöhnt waren, und daher war das für sie eine gewisse Verunsicherung.

Es ist grundsätzlich auch – und damit komme ich zum letzten Punkt, den ich ansprechen möchte – ein Fortschritt, daß Artikel 21 des Bundes-Verfassungsgesetzes geändert wird. Daß den Ländern die Möglichkeit eingeräumt wird, da selbständig tätig zu sein, ist eine Herausforderung.

Damit niemand unglücklich ist und mir vorwirft, daß ich auf einem Auge blind bin, sage ich von dieser Stelle aus auch folgendes: Auch wenn ein Parteifreund meiner eigenen Partei am vergangenen Wochenende gemeint hat, sich an den öffentlich Bediensteten abputzen zu müssen, indem er aus der Steiermark irgendwelche populistischen Töne im Zusammenhang mit der Abschaffung des Homogenitätsgebotes geäußert hat, bin ich zuversichtlich, daß die Personalreferenten der Länder – egal, ob es die Landeshauptleute sind oder ein Mitglied der Landesregierung ist – so viel Verantwortungsbewußtsein an den Tag legen werden, daß auch die Landesbediensteten und die Gemeindebediensteten bei der dienstrechtlichen Gestaltung nicht unter die Räder kommen. Ansonsten müßten wir diese Frage überdenken und die Verhandlungsführung von seiten der Gewerkschaft auch entsprechend verändern.

Das sind die vier Punkte, bei denen ich als Gewerkschafter des Öffentlichen Dienstes und als Mitglied der Österreichischen Volkspartei hier in diesem Hohen Haus froh darüber bin, daß wir doch noch zu einer Einigung gekommen sind. Es ist mir eine Ehre, meiner Verpflichtung als Parlamentarier nachzukommen und im Sinne des Eides, den ich auf die Verfassung dieser Republik abgelegt habe – so sage ich jetzt einmal sehr hochtrabend –, jederzeit, also auch am 22. Dezember, auch zwei Tage vor Weihnachten, zu diesen Gesetzen Stellung und eine politische Positionierung zu beziehen.

Ich darf mitteilen, daß die Österreichische Volkspartei diesen Vorlagen zustimmt, weil sie in weiten Bereichen auch die Handschrift der Österreichischen Volkspartei tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Payer zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.02

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Da sich die freiheitliche Fraktion mit einer dringlichen Anfrage heute sozusagen selbst ein Weihnachtsgeschenk gemacht hat, bitte ich schon jetzt um Verständnis, falls auch ich die freiwillige Redezeit etwas überziehen sollte. Als ehemaligem Gewerkschafter liegt mir doch einiges daran, hier manches Grundlegende festzustellen. Ich werde mich aber bemühen, meine Zeit einzuhalten.

Meine Damen und Herren! Wenn mehrere Tagesordnungspunkte zusammengezogen werden, dann unternimmt man als Redner den Versuch, einen thematischen Überbau zu schaffen oder, anders ausgedrückt, eine griffige Formulierung zu finden, die auf alle zur Debatte stehenden Vorlagen zutrifft. Dies ist meiner Ansicht nach bei den drei vorliegenden Tagesordnungspunkten relativ einfach. Es ist mir leicht gefallen.

Ich stelle fest, daß die drei vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates mehr Fairneß sowohl für die Vertragsbediensteten als auch für die Beamten des öffentlichen Dienstes bringen. In diesem Zusammenhang sei mir der Hinweis auf den kürzlich abgeschlossenen Kollektivvertrag für rund 160 000 Metallarbeiter und 140 000 Industrieangestellte im Metallbereich erlaubt. In diesem Bereich kommt es zu einer Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten. Mit der vom ÖGB initiierten "Aktion Fairneß" soll der Abbau von noch bestehenden Unterschieden in den arbeitsrechtlichen Grundansprüchen erzielt werden. In die gleiche Richtung gehen auch die Bestrebungen der heute zu diskutierenden Vorlagen.


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Der Hintergrund, weswegen mehr Gerechtigkeit erreicht werden soll, läßt sich durch folgende Schlagworte vielleicht am besten skizzieren: tiefgreifender Wandel in der Produktion, Informations- und Dienstleistungsgesellschaft, geänderte Formen der Arbeitsorganisation und neue Anforderungen an Weiterbildung und Qualifikation. – Das sind ein paar Stichworte aus der aktuellen Wirtschaftsentwicklung.

In Anbetracht der im großen und ganzen guten Entwicklung der österreichischen Wirtschaft war es für die Gewerkschaft bei den diesjährigen Verhandlungen über die Gehaltsrunde eine unabdingbare Forderung, daß es 1999 für die öffentlich Bediensteten einen deutlich spürbaren Einkommenszuwachs geben muß.

Die von Herrn Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer – er wurde heute von meinem Vorredner dafür schon gelobt – ursprünglich angebotene Anhebung der Bezüge um 1,5 Prozent wurde nach langen Verhandlungen von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst als starkem und engagiertem Interessenvertreter als zu gering zurückgewiesen.

Nach langwierigen Verhandlungen ist ein guter Abschluß unter Dach und Fach gebracht worden: ein Abschluß, der die Inflationsrate abdeckt und einen erheblichen Anteil am Wirtschaftswachstum lukriert. Die Bezüge der Beamten und Vertragsbediensteten werden ab 1. Jänner 1999 um 2,5 Prozent erhöht. Die Laufzeit dieses Abkommens beträgt ein Jahr. Die Beamtenpensionen werden so wie die ASVG-Pensionen um 1,5 Prozent erhöht.

Damit komme ich wieder zum Beginn meiner Rede, zu dem, was ich anfangs zum Thema Fairneß angedeutet habe. Diese Gleichbehandlung hinsichtlich der 1,5 Prozent halte ich für wichtig, richtig und sinnvoll. Das ist ganz einfach ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren! Dieser Gehaltsabschluß wurde auch für die Länder – das wurde schon angesprochen – verhandelt. Die verbindliche Übernahme dieses Gehaltsabschlusses erfolgt dann durch die Landtage.

Ich meine, daß dieser Gehaltsabschluß für Österreichs öffentlich Bedienstete im nächsten Jahr sehr viel bringen wird. Es wurde eine Summe von insgesamt 3,3 Milliarden Schilling errechnet. Das ist für die Wirtschaft ein großer Betrag, wenn diese Mittel in den Konsum fließen.

Dieser Gehaltsabschluß stellt bei einer prognostizierten Inflationsrate von knapp 1 Prozent den höchsten Reallohnabschluß seit 1991 dar. Man muß dabei feststellen, daß sich der öffentliche Dienst in den vergangenen Jahren sehr oft – und, wie ich meine, hie und da auch zu Recht – als Verlierer gefühlt hat. Dieser Gehaltsabschluß sichert den öffentlich Bediensteten nunmehr einen gerechten Anteil am heimischen Wirtschaftswachstum, das heuer voraussichtlich bei 3 Prozent liegen wird. Dieser Gehaltsabschluß ist deutlich höher ausgefallen als in fast allen anderen europäischen Ländern. Ich finde, das ist auch richtig so, denn Österreich ist eines der reichsten Länder in Europa. Dieser Gehaltsabschluß entspricht dem Grundsatz, daß gute Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst auch ordentlich honoriert werden müssen.

Nun einige Anmerkungen zum Vertragsbedienstetenreformgesetz. Vertragsbedienstete können künftig Leitungsfunktionen in Zentralleitungen erhalten und, wenn sie dies wünschen, auch pragmatisiert werden. Das ist ein großer Schritt in Richtung einer modernen und effizienten öffentlichen Verwaltung, es ist ein Schritt zu einem modernen Dienstrecht.

Um das faire Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" umzusetzen, mußte eine dienst- und besoldungsrechtliche Grundlage geschaffen werden. Niedergeschlagen hat sich das in einer Funktionszulage und in individuellen Leistungsprämien. Die individuelle Honorierung von Leistungen ist selbstverständlich nicht ganz einfach. Das ist ganz einfach ein sensibler Bereich. Daher sind die Vergabekriterien besonders transparent und so nachvollziehbar zu gestalten wie nur möglich. Dabei – das halte ich für wichtig – hat auch die Personalvertretung ein Mitspracherecht.


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Die wichtigste besoldungsrechtliche Neuerung dieser Reform ist die Neuverteilung des Lebenseinkommens. Für jüngere Vertragsbedienstete werden höhere Anfangsgehälter in Verbindung mit einer flacher verlaufenden Lohnkurve kommen. Vorgesehen ist die Einstufung und Entlohnung nach Funktion und nicht mehr nur nach Vorbildung, wobei auch die Vorpraxis – auch die in der Privatwirtschaft – berücksichtigt wird.

All das bedeutet höhere Einkommenschancen für jüngere Bedienstete in einem früheren Laufbahnbereich. Die Neugestaltung der Lebensverdienstkurve führt zu dem richtigen und – das betone ich nochmals – fairen Prinzip, daß Vertragsbedienstete in der Regel mit ihren Einstiegsgehältern über den Bezügen der Beamten liegen, und die Beamten die Vertragsbediensteten erst allmählich in der Laufbahnmitte einkommensmäßig überholen.

Das Einkommen in der Lebensphase vor dem 40. Lebensjahr anzuheben, ist, wie ich meine, sehr sinnvoll. Das ist eine Maßnahme, die besonders familienpolitisch sehr wichtig ist. In die Zeit bis zum 40. Lebensjahr fallen ja zumeist die Ausgaben für die Hausstandsgründung und auch die Geburten der Kinder.

Für fortschrittlich halte ich auch die Tatsache, daß man sich auf die Schaffung einer betriebsinternen Altersvorsorge, also einer innerbetrieblichen Pensionskasse, geeinigt hat. Kollege Schöls, mein Vorredner, hat das schon angedeutet. Die Details dazu sind noch nicht ganz ausgearbeitet, aber es steht immerhin schon fest, daß die Einzahlungen an die Pensionskasse durch gleich hohe Beiträge – 1,5 Prozent der monatlichen Bezüge – der Dienstgeber und der Dienstnehmer erfolgen sollen.

Eine Zusatzpension in der Höhe von zirka 10 Prozent des Letztbezuges nach einer durchschnittlichen Laufbahn von 40 Beitragsjahren kann erwartet werden.

Meine Damen und Herren! Weiters ist sichergestellt, daß in besonders sensiblen Verwaltungsbereichen, wie im Rechnungshof, in der Volksanwaltschaft, in der Parlamentsdirektion und in der Präsidentschaftskanzlei, der Schutz durch eine Pragmatisierung im notwendigen Ausmaß gewährleistet ist. Festgelegt wurde außerdem, daß die neuen Vertragsbediensteten zur Gänze in die Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter integriert werden.

Das neue Vertragsbedienstetenrecht wird in der Endausbaustufe rund 900 Millionen Schilling kosten. Das ist sehr, sehr viel Geld, und davon werden vor allem und insbesondere die jüngeren Bediensteten profitieren.

Meine Damen und Herren! Ich finde, daß wir heute drei wichtige und sinnvolle Gesetze beschließen. Ich gebe zu, daß diese Gesetze das Ergebnis schwieriger Verhandlungen sind, daß sie ein Kompromiß der Regierungspartner sind, aber diese erzielten Kompromisse sind eben auch ein Zeichen von Paktfähigkeit. Sie sind ein Zeichen dafür, daß diese Regierung, daß die SPÖ-ÖVP-Koalition trotz verschiedener Unkenrufe – und trotz der Krämpfe, die Kollege Tremmel vorgibt, bemerkt zu haben – sehr handlungsfähig ist.

An dieser Stelle geht mein Dank an die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Ich denke, sie werden in der zukünftigen Gesellschaft einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen. So ist der öffentliche Dienst doch auch ein gewisser Standortfaktor für die Ansiedelung von Betrieben.

Aus all den genannten Gründen wird die SPÖ-Fraktion gegen diese Gesetze keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schöls. )

14.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Windholz. – Bitte.

14.14

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich erlaube mir, im besonderen auf Punkt 4 einzugehen, auf das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.


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Diese Änderung wird es den Ländern in Hinkunft ermöglichen, ein eigenständiges Dienstrecht zu gewähren. Dieses eigenständige Dienstrecht ist absolut positiv. Es liegt nun an den Ländern, diese Chance zu nützen, um ein leistungsorientiertes Besoldungsrecht sicherzustellen, was ich sehr hoffe. Das war bis jetzt immer einer der großen Schwachpunkte. Da gab es jahrzehntelange Ankündigungen, die jedoch nicht oder nur in sehr geringen Umfang tatsächlich umgesetzt wurden.

Zum anderen wird mit dieser Rechtsänderung auch ein Bereich behandelt, der für die Sicherheit der Republik ausgesprochen wichtig ist. Es geht hiebei um die Gemeindewachkörper beziehungsweise um die Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes. Ich darf daran erinnern, daß dies schon einmal Thema einer Fragestunde mit dem Bundesminister für Inneres war. Er hat damals noch die Rechtsmeinung vertreten, daß eine Verfassungsänderung nicht notwendig ist. – Im Gegensatz dazu war es Herr Vizepräsident Weiss (Vizepräsident Weiss betritt den Saal), der gerade zu uns stößt, der schon damals die Rechtsmeinung vertreten hat, daß dazu auch das Verfassungsrecht geändert gehört, und das hat sich auch als richtig herausgestellt.

Dies alles ist die Voraussetzung, um sicherzustellen, daß die Mitwirkung an der Vollziehung des Verwaltungsstrafgesetzes – und zwar im gleichen Umfang wie bei allen anderen Sicherheitsorganen – gewährleistet wird. Das ist ein Beitrag zu mehr Sicherheit in unserer Republik.

Allerdings – und das möchte ich betonen – muß man aufpassen, daß das nicht zum Anlaß genommen wird, um neuerlich den Sparstift bei der Exekutive anzusetzen. Man muß heutzutage schon befürchten, daß wieder die ministeriellen Einsparungskommissare auf den Plan gerufen werden und dieser Vorwand dazu benützt wird, um neuerlich bei der Exekutive einzusparen. Ich betone: Bei der Exekutive gehört nicht eingespart, sondern die Exekutive gehört qualitativ und quantitativ aufgestockt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen werden also, wie Kollege Tremmel bereits ausgeführt hat, dem Beschluß in Punkt 4 zustimmen.

Ich möchte aber noch ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Schöls eingehen, der von diesem Rednerpult aus schon einmal als "politischer Messerwerfer" bezeichnet wurde. – Ich erlaube mir heute, Herrn Kollegen Schöls als "Hellseher" zu bezeichnen. Er weiß schon immer im voraus, bevor ich hier herauskomme, welche Argumente wir haben werden, und warum und wieso wir dagegen sind. (Lebhafter Widerspruch bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)

Tatsache ist, daß Kollege Schöls von der ÖVP betont hat, der Chefverhandler Molterer habe wieder enorm viel für die Beamten erreicht. – Kollege Schöls! Nimm zur Kenntnis, daß bei den Beamten der Sparstift ganz extrem angesetzt wurde, während Minister Molterer es in seinem Ministerbüro zuwege gebracht hat, die Zahl seiner A-Beamten in wenigen Jahren von vier auf sieben zu erhöhen. – Das versteht kein Beamter! Meine Kollegen und ich, wir verstehen es übrigens auch nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Schöls! Du mußt dich einmal von deinem alten Denkmuster befreien. Immer, wenn ich dir zuhöre, habe ich den Verdacht, du glaubst noch immer, die Gewerkschaft ist ein Monopol. – Nimm zur Kenntnis, daß es kein Gewerkschaftsmonopol mehr gibt! Nimm zur Kenntnis, daß es die Freie Gewerkschaft Österreichs als Konkurrenzunternehmen gibt! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich freue mich schon auf die von dir angesprochenen nächsten Personalvertretungswahlen. Ich freue mich insbesondere im Bereich der Exekutive auf diese Wahlen. Dann werden eure Reformen ja neuerlich "Früchte" zeigen, und ich kann mir vorstellen, daß die AUF wieder einmal kräftig dazugewinnen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

14.19

Staatssekretär im Finanzministerium Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Wir haben in Österreich, das kann ich sagen, einen guten öffentlichen Dienst. Wir


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haben gerade in den letzten sechs Monaten während der EU-Präsidentschaft nicht nur unsere Mitarbeiter besser kennengelernt, sondern auch jene vieler anderer Länder. Wir haben uns auch auf der Ebene der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes mit anderen Staaten gemessen, und das hat uns die Sicherheit gegeben, daß wir exzellente Mitarbeiter haben! Sie sind trotz der geringeren Anzahl – wir sind eben ein kleineres Land als Deutschland, Frankreich oder Italien – durchaus in der Lage, qualitativ hochstehende Beiträge zu liefern, sich durchaus mit ihren Kollegen im Ausland zu messen.

Ich gebe aber auch Herrn Bundesrat Payer recht, wenn er sagt: Trotzdem muß man diesen Bereich weiter verbessern, weil der öffentliche Dienst immer stärker an Bedeutung gewinnt. – Es ist ja heute so, daß nicht nur Unternehmer im Wettbewerb miteinander stehen, sondern auch Länder im Wettbewerb um Beschäftigung, um Betriebsansiedelung und um Investitionen. Daher müssen wir uns weiter darum bemühen, den öffentlichen Dienst zu verbessern. Wir brauchen eine leistungsfähige und gleichzeitig schlanke öffentliche Verwaltung.

Wenn ich "leistungsfähig" sage, dann meine ich, daß wir uns am Bürger orientieren müssen, aber, Herr Bundesrat Tremmel, es geht nicht um ein, wie Sie gesagt haben, angebotsorientiertes Dienstleistungsunternehmen, sondern um ein nachfrageorientiertes, eines am Kunden, am Bürger orientiertes und nicht an uns selbst orientiertes Dienstleistungsunternehmen. Das, meine ich schon, wäre sehr wesentlich. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das habe ich auch nicht gesagt!) Also, ich habe es jedenfalls so verstanden. Ich würde gerne ein nachfrageorientiertes sehen, denn wir wollen ja den Bürger, den Kunden als Maßstab nehmen, und dazu gehört – das ist gar keine Frage – auch ein modernes Dienstrecht.

Ich glaube, daß mit diesem Vertragsbedienstetenrecht ein großer Schritt in diese Richtung getan wird. Es ist ja das Ziel der Bundesregierung, die Pragmatisierung zurückzunehmen. Aber dazu braucht man zuerst eine Alternative, denn wenn keine echte, freiwillige Alternative dazu da ist, dann ist dies ja unmöglich, und daher war es notwendig, dieses Vertragsbedienstetenrecht neu zu gestalten. Ich glaube, daß diese Reform die wesentlichste Reform des Vertragsbedienstetenrechtes seit Jahrzehnten darstellt. Es ist richtig, daß jedes Jahr einige kleine Reformen vorgenommen werden, zum Beispiel die Gehaltserhöhung, die natürlich jährlich erfolgt, aber auch andere Anpassungen. Wenn man aber von grundlegenden Reformen sprechen will, so ist das jetzt die wesentlichste seit Jahrzehnten.

Es ist aus Gerechtigkeitsgründen einfach notwendig gewesen, den Vertragsbediensteten dasselbe Gehalt über die Aktivlaufbahn zu geben wie den öffentlich-rechtlich Bediensteten – allerdings in einer anderen Verteilung: Die Jungen sollen mehr bekommen, in einem Lebensabschnitt, in dem dies notwendig ist, weil eben in einer jungen Familie Anschaffungen getätigt werden müssen, und im späteren Verlauf soll der steile Anstieg des Gehalts, der dann oft schon eher mehr den Enkerln zugute gekommen ist als dem öffentlich Bediensteten, etwas verflacht werden.

Es war aber auch notwendig, eine stärkere Leistungsorientierung in das System hineinzubekommen, zu verwirklichen, daß der Vertragsbedienstete bezahlt wird nach der Funktion, die er ausübt, und nicht unbedingt nach dem, was er an Ausbildung vor vielen Jahrzehnten abgeschlossen hat oder wie lange er schon seinen Dienst versieht. Das, was er aktuell tut, soll für die Bezahlung ausschlaggebend sein. Sie soll also leistungsbezogen erfolgen.

Es war auch notwendig, die Möglichkeit einer Belohnung rechtlich zu verankern, denn wir brauchen bei dieser Modernisierung Mitarbeiter, die mitziehen, die diesen Projekten aufgeschlossen gegenüberstehen, für die, wenn sie sich besonders in einem Jahr engagiert haben, es auch die Möglichkeit einer Anerkennung in Form einer individuellen Belohnung gibt – aber nicht mit der Gießkanne, für alle, sondern individuell abgestimmt.

Es war für uns natürlich ganz, ganz wesentlich, daß auch die Karrierechancen für die Vertragsbediensteten gewahrt bleiben, daß ein Vertragsbediensteter in der Verwaltung alles werden kann und dabei aber auch Vertragsbediensteter bleiben kann. Ich halte das für einen wesent


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lichen Schritt in die Richtung, in die wir gehen wollen: eine freiwillige, echte Alternative zur Pragmatisierung.

Ich bin aber auch sehr froh, daß wir Ihnen heute die Veränderung des Homogenitätsgebotes zur Beschlußfassung vorlegen dürfen, denn es ist mit den zunehmenden Anforderungen an den öffentlichen Dienst auch immer mehr notwendig, auf die spezifischen Bedürfnisse beim Bund oder bei den Ländern einzugehen. Die sind eben nicht ganz gleich, und da macht es Sinn, den einzelnen Gebietskörperschaften mehr Freiheit zu geben, ganz speziell auf die besonderen Bedürfnisse einzugehen. Ich glaube, daß auch das ein wesentlicher Schritt in Richtung Dezentralisierung, in Richtung Modernisierung des Dienstrechtes in Österreich ist.

Schließlich und endlich bin ich froh, daß Sie alle begrüßt haben, daß es zu einer Gehaltserhöhung kommt. Ich glaube, daß die Gehaltserhöhung für die Aktiven mit 2,5 Prozent durchaus im Rahmen der Abschlüsse liegt, die auch in der Wirtschaft getätigt wurden. Es gab welche, die darunter lagen, es gab auch wenige, die darüber lagen. So soll das auch sein. Ich finde, daß sich der öffentliche Dienst in das Gesamtbild einfügen soll und daß dies mit diesem Gehaltsabschluß durchaus auch erfolgt ist.

Ich halte es aus Fairneßgründen auch für notwendig, daß wir bei den bereits im Ruhestand befindlichen öffentlich-rechtlichen Bediensteten eine mit der ASVG-Erhöhung vergleichbare Anhebung vornehmen. Ich glaube, daß das sonst von den Menschen in diesem Land nicht verstanden worden wäre, wenn es hier zu einem deutlichen Auseinanderklaffen gekommen wäre.

Insgesamt gesehen bin ich also doch sehr froh, daß es im Zusammenwirken mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und mit dem Koalitionspartner nach sicherlich nicht leichten Verhandlungen doch gelungen ist, zu Kompromissen zu kommen, die sehr wohl für die öffentlich-rechtlichen Bediensteten, für die Vertragsbediensteten, aber auch für die Bundesverwaltung an sich, so glaube ich, zum Vorteil gereichen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.26

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

14.26

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der langen Reihe von Verfassungsänderungen ist es heute das erste Mal seit langem, daß es nicht in erster Linie um Einschränkungen und Bevormundungen der Länder geht, sondern auch einmal um ihre Anliegen, deren Erfüllung vor dem nun auch schon wieder vier Jahre zurückliegenden Beitritt zur EU verheißen worden war.

Rein quantitativ gesehen dient die vorliegende B-VG-Novelle in erster Linie verschiedenen Punkten der Rechtsbereinigung, unter anderem für das Kuriosum, daß hinsichtlich der Bundespräsidentenwahl verfassungsgesetzlich nachvollzogen wird, was einfachgesetzlich bereits umgesetzt wurde, nämlich die Streichung der Austauschbarkeit eines Kandidaten zwischen den beiden Wahlgängen.

Hinsichtlich der Gemeindewachkörper wird die verfassungsrechtliche Grundlage dafür geschaffen, ihnen im Sicherheitspolizeigesetz im allgemeinen oder in einzelnen Bundes- beziehungsweise Landesgesetzen im besonderen die vollwertigen Befugnisse des Exekutivdienstes übertragen zu können, nämlich die notwendige Befehls- und Zwangsgewalt zur tatsächlichen Durchsetzung sicherheitspolizeilich notwendiger Anordnungen.

Um ein Beispiel zu nennen: Wenn etwa die Stadtpolizei Dornbirn zu einer Familie gerufen wird und der Polizist im Interesse der Frau und der Kinder von seinem Wegweisungsrecht Gebrauch machen sollte, dann kann er an den randalierenden Ehemann appellieren, aber wenn es ernst wird, muß er die Gendarmerie zu Hilfe rufen, weil er sonst seine Befugnisse überschreiten würde. Das ist ein Zustand, der von den Betroffenen, aber auch von der Bevölkerung nicht verstanden wurde.


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Diese Änderung liegt nicht nur im Interesse jener Gemeinden, die weitgehend auf ihre Kosten eigene Wachkörper unterhalten, sondern letztlich auch des Bundes, der sich auf diese Weise Personalaufwand erspart. In Vorarlberg wird jedes neunte Sicherheitsorgan mit finanzieller Unterstützung des Landes von den Gemeinden bestellt.

Mit der B-VG-Novelle und der noch der Beschlußfassung harrenden, aber bereits vorliegenden Regierungsvorlage für eine Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes wird die vollwertige Exekutivtätigkeit der Gemeindesicherheitswachen endlich auf eine ordentliche Rechtsgrundlage gestellt. Ich möchte mich an dieser Stelle namens des Landes beim Herrn Innenminister Schlögl bedanken, unter dem hinsichtlich dieses schon viele Jahre hindurch vorgebrachten Anliegens endlich etwas weiterging.

Herr Kollege Tremmel hat in diesem Zusammenhang vom wehrhaften Föderalismus gesprochen, und ich möchte in derselben, nicht ganz ernst gemeinten Art und Weise, wie er es getan hat, darauf eingehen. Es ist schon bemerkenswert, was bei der FPÖ alles wehrhaft sein soll: zunächst beim Klubobmann Stadler das Christentum (Bundesrat Dr. Böhm: Hoffentlich! Hoffentlich!) und beim Kollegen Tremmel der Föderalismus. Mir persönlich ist die Wehrhaftigkeit sehr recht, wenn sie mit der Wahrhaftigkeit Hand in Hand geht. Das möchte ich betonen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: Wenn Sie noch sagen, das ist bei uns inkludiert, dann applaudieren wir auch!)

Wenn schon von föderalistischen Hilfstruppen die Rede ist, dann würde ich die weniger bei den Gemeindesicherheitswachen, sondern in erster Linie bei den Tiroler Schützen suchen, Herr Kollege Tremmel. (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrat Dr. Tremmel: Da sollten Sie als Vorarlberger aufpassen!)

Ebenso wie diese genannte Verfassungsänderung beruht auch die zweite auf dem Paktum von Perchtoldsdorf und der vor der EU-Volksabstimmung im Juni 1994 vorgelegten Regierungsvorlage, nämlich die Beseitigung des Homogenitätsgebots im Dienstrecht der Länder und Gemeinden. Die bisherige starre Bindung an das Bundesdienstrecht, die fallweise sogar zur Aufhebung landesgesetzlicher Regelungen durch den Verfassungsgerichtshof geführt hat, wird endlich beseitigt. Damit ist der Weg frei für die Umsetzung der in mehreren Ländern vorgesehenen zeitgemäßen und zukunftsweisenden Dienstrechtsreformen. Die Dienstrechtsreform in Vorarlberg liegt schon längere Zeit in beschlußreifer Form vor und wartet auf ihre Umsetzung.

Es liegt auf der Hand, daß Reformen auf diesem sehr komplexen Gebiet des Dienstrechtes in überschaubaren und homogeneren Bereichen besser umzusetzen und zu erproben sind als in der riesigen und vielgestaltigen Bundesverwaltung.

Im Hinblick auf die notwendige Modernisierung der Verwaltung werden heute zu Recht vielfach die Schlagworte "bench marking" und "best practice" im Mund geführt. Das ist richtig. Das macht aber nur Sinn, wenn es etwas innerhalb vergleichbarer Verwaltungskulturen zu vergleichen gibt, wenn es Unterschiede gibt, wenn es innovativen Wettbewerb gibt. Die heute vorliegende Regelung trägt diesem Gesichtspunkt Rechnung.

Ich möchte mich ausdrücklich beim Herrn Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer bedanken, der dieses Länderanliegen ohne ideologische Scheuklappen und auch ohne taktische Winkelzüge, die wir in diesem Bereich alle auch schon erlebt haben, aufgegriffen und zu einer guten Lösung gebracht hat. Diese Art der Problemlösung gefällt mir auch wesentlich besser als jene, die Klubobmann Kostelka im Sommer dieses Jahres in Vorarlberg angeregt hatte, nämlich die Beschlußfassung der Vorarlberger Gehaltsreform ohne verfassungsrechtliche Grundlage, dafür mit seiner persönlichen Zusage der Nichtbeeinspruchung durch die Bundesregierung und die Nichtanfechtung beim Verfassungsgerichtshof.

Ein Restbestand dieses Verfassungsverständnisses scheint mir die im Nationalrat eingefügte Bestimmung zu sein, wonach sich Bund und Länder über dienstrechtliche Vorhaben zu informieren haben. Abgesehen von der rechtlichen Nichtdurchsetzbarkeit dieser Bestimmung ist sie auch sonst ein bloßes Ornament des Verfassungsrechtes. Das soll inhaltlich natürlich gar nicht in Zweifel gezogen werden, mir geht es aber schon auch um die Art und Weise, wie Ver


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fassungsrecht konstituiert wird. Landesgesetze müssen nämlich nach Artikel 98 B-VG bereits heute schon, abgesehen vom Begutachtungsverfahren, der Bundesregierung zur allfälligen Beeinspruchung vorgelegt werden. Auch die Länder erhalten spätestens im Wege des Bundesrates Kenntnis davon, wenn der Bundesgesetzgeber entsprechend tätig wird.

Auch in einem zweiten Punkt hat der Nationalrat über eine Beschränkung des Verfassungsrechts auf das Wesentliche etwas hinausgeschossen, auch die Länderzuständigkeit wieder eingeschränkt. Daß nämlich eine Anrechnung von Vordienstzeiten nicht abhängig vom Dienstgeber erfolgen darf, ist einerseits bereits durch das EU-Recht vorgegeben, andererseits in allen österreichischen Ländern bereits umgesetzt. Es gibt lediglich Regelungen, wonach bei Vertragsbediensteten die Einstufung nach anderen Gesichtspunkten als nach Vordienstzeiten erfolgt, unabhängig davon, wo sie zugebracht wurden.

Daß diese differenzierte Betrachtungsweise, selbstverständlich nicht Gebietskörperschaften benachteiligend, weiterhin möglich sein wird, sei dankbar anerkannt. Es wurde nämlich der diesbezügliche Antrag in den Ausschußberatungen des Nationalrates noch abgeändert.

Die Freude über die Erfüllung von zwei Länderanliegen darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Großteil der den Ländern vor dem EU-Beitritt gemachten Zusagen nach wie vor unerledigt ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf zwei mit dem Bundesrat zusammenhängende Anliegen zu sprechen kommen. Da ist zunächst der am 20. November des Vorjahres wie auch schon in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vom Bundesrat einstimmig beschlossene Gesetzesantrag, wonach ihm zu Gesetzesvorschlägen vor Abschluß der Willensbildung im Nationalrat ein Stellungnahmerecht zukommen soll. Es ist bedauerlich, daß der Nationalrat diesen Antrag bisher nicht einmal ignoriert hat, wie man sagt, nämlich nicht einmal in Verhandlung genommen hat.

Ein zweites Anliegen betrifft die Forderung der Länder, zuletzt durch einstimmige Landtagsentschließungen in Salzburg und Oberösterreich artikuliert, wonach sie bei der Gestaltung ihres Wahlrechtes, nämlich bei der Einführung der Briefwahl, einen größeren Spielraum haben sollten. Es ist tatsächlich nicht einzusehen, daß das, was für die Auslandsösterreicher bei der Nationalratswahl und für die Arbeiterkammerwahl billig ist, für die Länder und Gemeinden nicht recht sein sollte. Hier liegt der Ball allerdings zunächst bei uns selbst, weil ein diesen unter anderem auch von allen Landtagspräsidenten unterstütztes Anliegen dienender Antrag auf Gesetzesinitiative an den Nationalrat seit dem 20. Oktober – heute haben wir immerhin schon die vierte Sitzung seither – darauf wartet, wenigstens durch Aufnahme in die Ausschußtagesordnung in Verhandlung genommen zu werden.

Alles in allem ist die heute zur Beratung stehende Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes zwar ein erfreulicher Fortschritt für die Länder, aber keineswegs eine vorweihnachtliche Absolution dafür, daß ihnen der Großteil der vom Bundeskanzler gemachten Zusagen weiterhin vorenthalten wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Freiberger. – Bitte.

14.36

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner sind bereits ausführlich auf die neuen Bestimmungen der zur Abstimmung vorliegenden Gesetzentwürfe eingegangen. Ich möchte deshalb nicht ins Detail gehen, sondern nur einige grundsätzliche Bemerkungen machen.

Ich denke, daß mit dem Vertragsbedienstetenreformgesetz ein weiterer wichtiger Schritt zu einem modernen Dienstrecht und zu einer effizienten öffentlichen Verwaltung gesetzt wird. Die vielfältigen Aufgaben, die der öffentliche Dienst zu erledigen hat, und die Anforderungen, die an


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eine moderne Verwaltung gestellt werden, erfordern ein hochmotiviertes und -qualifiziertes Personal. Die neuen Regelungen kommen diesem Erfordernis sehr entgegen.

Durch eine anders gestaltete Lebensverdienstkurve ist es nun möglich, daß zu Beginn höhere Einkommen und im späteren Berufsleben niedrigere Gehälter erzielt werden. Dies ist eine wichtige Neuerung, da vor allem jüngere Bedienstete gerade für die Hausstandsgründung höhere Einkommen dringend benötigen.

Hohes Haus! Auch das Recht auf Teilzeitarbeit für die Vertragsbediensteten ist analog zum Beamtendienstrecht in dieser Reform enthalten. Ein weiterer wichtiger Schritt war für die SPÖ auch, daß Vertragsbedienstete in Leitungsfunktionen aufsteigen können. Hier ist es zu einem Kompromiß gekommen, der das Fortschreiben von zwei Klassen im öffentlichen Dienst beendet. Das heißt, alle öffentlich Bediensteten, egal, ob sie Vertragsbedienstete oder Beamte sind, haben die gleichen Berufschancen, und die Entscheidung über die Pragmatisierung trifft der Betroffene selbst. Damit ist sichergestellt, daß der Bedienstete in diesen sensiblen Positionen einen Schutz vor Willkür in Anspruch nehmen kann.

Meine Damen und Herren! Durch die Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes bekommen die Länder die Möglichkeit, ihr Dienstrecht autonom zu regeln. Das heißt, mit 1. Jänner 1999 können die Länder das Vertragsbedienstetenrecht selbst bestimmen. Auch ist die Einrichtung von sogenannten Gemeindewachkörpern vorgesehen. Diese werden mit anderen Sicherheitsbehörden gleichberechtigt anerkannt, und es können somit jene Tätigkeiten, die von der Exekutive ausgeführt werden, durch Bundes- oder Landesgesetzgebung an Gemeindewachkörper übertragen werden.

Durch die nunmehr erlangte Autonomie der Länder in diesem Bereich sind die Verantwortlichen vorschnell mit neuen Ideen unterwegs. Der steirische Personallandesrat hat beispielsweise angekündigt, die Titel abzuschaffen. Ich denke, daß diese Veränderung nur mit Zustimmung der Betroffenen bewerkstelligt werden kann. Einen Veränderungswillen kann man nicht verordnen, sondern er muß gemeinsam erarbeitet werden. Hier werden in guter Tradition Sozialpartnerverhandlungen geführt werden und zu brauchbaren Ergebnissen führen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch bemerken, daß es höchst an der Zeit war, daß die Gehälter der öffentlich Bediensteten ab dem 1. Jänner 1999 um 2,5 Prozent angehoben werden. Insgesamt kann man sagen, daß diese Gesetzesvorlagen in den Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft und den Koalitionsparteien zu einem guten Kompromiß geführt haben. Dieses Ergebnis wird daher von einer überwiegenden Mehrheit getragen.

Die Bundesräte der SPÖ werden diesen Vorlagen die Zustimmung geben. Ich möchte mich namens meiner Fraktion bei den öffentlich Bediensteten für ihren Einsatz und für ihre Arbeit bedanken. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle1999), das Beamten-Kranken- und


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Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Bei dem vorliegenden Beschluß handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Bundesverfassungsgesetz im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem Bundesverfassungsgesetz im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird (1530/NR sowie 5859/BR der Beilagen)

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird (1530/NR sowie 5852 und 5860/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.


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Es sind dies:

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird sowie

Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 6 und 7 hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird, liegt schriftlich vor.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Dezember 1998 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ebenso liegt der Bericht des Justizausschusses über den Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird, schriftlich vor.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Dezember 1998 auch hier mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Linzer. – Bitte.

14.45

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier und heute die vorliegenden Beschlüsse über die Novellierung der Zivilprozeßordnung und der Strafprozeßordnung. Somit tragen wir einem langgehegten Wunsch und auch einer Petition der betroffenen, behinderten Personen, die als Zeugen vor Gericht erscheinen – sei es, daß sie taub oder stumm sind, sei es, daß sie gehörgeschädigt sind oder Sprachschwierigkeiten haben –, Rechnung.

Ich meine, daß wir damit eigentlich nur zeigen, daß wir eine Kulturnation sind und daß wir die Probleme unserer behinderten Mitmenschen wirklich ernstnehmen.

Zu Recht ist auch vorgesehen, daß der Bund die Kosten für die Bereitstellung eines Gebärdendolmetschers übernimmt, damit es keineswegs zu einer Diskriminierung dadurch kommt, daß im Verfahren ein Kostentragungsproblem entsteht oder gegeben ist.

Meine Damen und Herren! Der Debatte im Nationalrat und im Bundesrat über die Einführung der Gebärdensprache ist im Europäischen Parlament eine umfassende Diskussion im November dieses Jahres vorangegangen, wobei ein Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments in Richtung Europäische Kommission eingebracht worden ist, damit diese tätig wird. Man hat festgestellt, daß es europaweit eine zunehmende Zahl von schwer Gehörgeschädigten gibt und daß bei einer großen Mehrheit dieser gehörgeschädigten, gehörlosen Personen Sprachschwierigkeiten und Verständigungsschwierigkeiten gegeben sind.

Die Gebärdensprachen sind zwar vielfach in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingeführt, jedoch lediglich in vier Staaten offiziell anerkannt. Dazu kommt noch, daß bei den Dolmetschern erhebliche Mängel in der Qualifikation gegeben sind. In Hinblick darauf, daß die Information in unserer Informationsgesellschaft in der heutigen Zeit in erster Linie über audiovisuelle Mittel erfolgt, ist natürlich für die gehörlosen Personen das Recht auf Information auch nicht in vollem Maße gewährleistet.

Die Europäische Union hat durch das Europäische Parlament angeregt, ein europaweites Projekt bezüglich der Erforschung der Gebärdensprache entsprechend zu fördern und verlangt,


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daß es zur offiziellen Anerkennung der von den Gehörlosen verwendeten Gebärdensprache und weiters zur Förderung der Bewußtseinsbildung durch die EU-Institutionen vor allem für die Probleme der Gehörlosen kommt.

Meine Damen und Herren! Auch national wäre natürlich noch vieles zu tun, vor allem für die Jugendlichen, die gehörlos oder gehörgeschädigt sind – zuerst in der Schule und später an der Universität. Teilweise sind auch hier die Länder gefragt. Aber alles in allem ist dieser vorliegende Beschluß ein Schritt in die richtige Richtung, und es bleibt zu hoffen, daß in naher Zukunft entsprechende weitere Schritte folgen werden.

Meine Fraktion wird diese Beschlüsse keineswegs beeinspruchen, sondern sie wird ihnen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Ludwig. – Bitte.

14.50

...Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir stehen jetzt zwei Tage vor Weihnachten, und wir sollten bedenken, daß wir immer wieder davon sprechen, daß die Vorweihnachtszeit die stille Zeit ist. "Stille Zeit" hat für viele Menschen unserer Gesellschaft die Bedeutung, daß man sich zurückzieht – zurückzieht vom Lärm, von vielen Gesprächen, von Kommunikation, von Musikberieselung in Kaufhäusern oder auch in anderen Einrichtungen.

Aber für viele Menschen in unserer Gesellschaft, nämlich für die Gehörlosen, hat Stille eine ganz andere Bedeutung, und zwar die Bedeutung, daß sie aus dem Kommunikationsprozeß ausgenommen sind, daß sie es schwieriger haben, sich mit anderen Menschen auszutauschen, eben Kommunikation zu pflegen. In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder das Zitat von Immanuel Kant ein, der gemeint hat: Blindheit trennt von den Dingen, Gehörlosigkeit trennt von den Menschen.

Genau deshalb ist jede Maßnahme, die dazu dient, Gehörlose wieder in den Kommunikationsprozeß hereinzuholen, zu begrüßen und zu unterstützen, so auch die vorliegenden Bundesgesetze, mit denen die Strafprozeß- und die Zivilprozeßordnung geändert werden sollen.

Bereits mit der Entschließung vom 28. Jänner 1993 hat der Nationalrat die Bundesregierung ersucht, alle Maßnahmen zu ergreifen, damit die Lebenssituation von Gehörlosen in Österreich verbessert wird. Die heutigen Gesetzesvorlagen bewirken, daß ein Gehörloser mittels eines Dolmetschers selbst Anträge in einer Verhandlung stellen kann. Die Kosten für diesen Dolmetscher trägt der Bund; das hat Kollege Linzer bereits richtigerweise ausgeführt. Das ist eine deutliche Verbesserung zur jetzigen Situation, denn bisher war es so, daß eine Partei, die keine verständliche Äußerung über den Gegenstand des Rechtsgegenstandes abgeben konnte, einen Bevollmächtigten bestellen mußte, auch dann, wenn kein Anwaltszwang bestand.

Neben den Veränderungen für die betroffenen Gehörlosen ist der heutige Beschluß aber auch eine wichtige Maßnahme zur Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige Sprache. Die Verankerung des Dolmetschers für Gebärdensprache in zwei wichtigen Verfahrensgesetzen ist ein wichtiger Schritt in der Anerkennung dieser als eigenständig zu betrachtenden Sprache. Die Gebärdensprache wird – so wie jede andere Sprache auch – am leichtesten im Rahmen der Früherziehung vermittelt. Früherziehung ist aber eine verfassungsmäßige Kompetenz der Länder. Deshalb gilt auch hier, so wie in vielen anderen Bereichen, daß Maßnahmen dann besonders sinnvoll sind, wenn es zu einer Verzahnung der Maßnahmen des Bundes und der einzelnen Länder kommt.

In Wien wurde auf diesen Aspekt ganz besonders Rücksicht genommen. Aufgrund einer Initiative der Vorsitzenden der gemeinderätlichen Behindertenkommission, der Frau Landtagspräsidentin Professor Erika Stubenvoll und des Linzer Professors Dr. Fellinger, und auch mit Unterstützung der Frau Vizebürgermeisterin Grete Laska wird im Frühjahr 1999 eine Gehör


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losenambulanz im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder eingerichtet. Das ist, wie ich meine, auch ein sehr wichtiger Schritt dahin gehend, daß Menschen, die schwerhörig, die gehörlos sind, die Möglichkeit haben, eine sozialmedizinische Betreuung zu erfahren und auch den kommunikativen Anschluß an unsere Gesellschaft zu finden.

Die Form der sozialmedizinischen Betreuung ist deshalb bei Gehörlosen ganz besonders wichtig, weil die Leiden von Gehörlosen nicht sichtbar und nicht meßbar sind. Das ist einerseits für viele Gehörlose von Vorteil, da sie in der Gesellschaft nicht stigmatisiert sind, das ist aber andererseits auch von Nachteil für sie, weil sehr oft über ihre Leiden und Schwächen hinweggesehen wird und sie deshalb auch keine entsprechende Unterstützung erfahren.

Wir müssen davon ausgehen, daß in der Bevölkerung in etwa ein Promille aller Österreicherinnen und Österreicher gehörlos ist; das bedeutet für das Ballungszentrum Wien ungefähr 2 000 gehörlose Menschen. 80 Prozent der Diagnosen werden über die Anamnese erstellt. Das heißt, im Spital steht sehr oft in den Krankengeschichten von gehörlosen Patienten zu lesen: Patient: gehörlos, Diagnose: entfällt. – Dies bedeutet, daß gehörlose Patienten oft schlechtere Behandlungschancen haben.

Viele Maßnahmen, die wir in der Vergangenheit bereits gesetzt haben und die wir auch in Zukunft setzen wollen, zum Beispiel auch hinsichtlich der Gehörlosenambulanz, sind Maßnahmen, die auch in engster Kooperation mit den Interessenvertretungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu vollziehen sind. Ich denke dabei an den WITAF als die größte Interessenvertretung der Gehörlosen in Österreich.

Unterschriftenlisten und Petitionen, die sich mit den Problemen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen befassen, haben schon öfter zu gesetzgeberischen Maßnahmen geführt. Ich möchte nur daran erinnern, daß Anfang der neunziger Jahre der Österreichische Zivil-Invalidenverband 60 000 Unterschriften gesammelt und damit einen ganz wichtigen Impuls, eine ganz wichtige Initiative dafür gesetzt hat, daß in Österreich ein Pflegevorsorgegesetz eingerichtet wurde. Diese Pflegevorsorge, die dann letztendlich zum Bundespflegegeldgesetz und zu den Landespflegegeldgesetzen geführt hat, war zweifellos eine Pionierleistung in Europa. Wir waren das erste Land in Europa, das eine solche, sehr umfassende Pflegevorsorge, vor allem auch mit finanzieller Absicherung, eingerichtet hat.

Vor kurzem wurde dem Artikel 7 der Bundesverfassung ein Artikel 7a hinzugefügt, in welchem festgelegt wurde, daß niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Das heißt, es ist schon sehr viel geschehen, bedeutet aber auch, daß gerade für Gehörlose in unserem Land noch sehr viel geschehen muß.

Die heutigen Gesetzesvorlagen sind ein wichtiger Schritt in der Verbesserung ... (Das Mikrophon fällt kurz aus.)  – Ich hoffe, es geht Ihnen jetzt nicht so, daß Sie gehörlos sind; das liegt aber eher an der Anlage und nicht an Ihrem Hörbefinden. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die heutigen Gesetzesvorlagen sind ein wichtiger Schritt in der Verbesserung der Lebensqualität von Gehörlosen, deshalb werden wir Sozialdemokraten gegen diese Vorlagen keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Das war eine praktische Demonstration!)

14.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

14.57

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Dieser Vorlage, mit der sowohl die Zivilprozeßordnung als auch die Strafprozeßordnung geändert wird, stimmt meine Fraktion vorbehaltlos zu, geht es doch mit dieser Novellierung darum, im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 28. Jänner 1993 die Lebenssituation von gehörlosen und schwerhörenden Personen in Österreich zu verbessern.


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Nach dem neuen Abs. 1a des § 185 ZPO hat das Gericht für den Fall, daß die Partei, die taub, stumm oder taubstumm ist, zur mündlichen Verhandlung weder mit einem geeigneten Bevollmächtigten noch mit einem Dolmetsch für die Gebärdensprache erschienen ist, die Tagsatzung kurzfristig zu erstrecken und zur neuerlichen Tagsatzung einen entsprechenden Dolmetsch beizuziehen.

Bis heute löst die Zivilprozeßordnung die Frage nicht, ob – und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen – ein Verfahrensbeteiligter Anspruch auf die Beiziehung eines solchen Dolmetsches hat. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

So begrüßenswert diese Neuregelung daher ist, so unzutreffend wäre allerdings die Annahme, daß das Sachproblem bis dahin überhaupt nicht erkannt oder gar nicht beachtet worden wäre; denn der Oberste Gerichtshof hat etwa in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 1986, veröffentlicht im Evidenzblatt 1987 Nr. 34 – dort allerdings in bezug auf eine der deutschen Amtssprache nicht mächtige Partei –, klar ausgesprochen, daß der Richter im Zivilprozeß dann von Amts wegen zur Beiziehung eines Dolmetsches verpflichtet ist, wenn er erkennt, daß er – sic: der Richter! – infolge sprachlicher Schwierigkeiten nicht in der Lage ist, sich mit der zu vernehmenden Person zweifelsfrei zu verständigen. Erst wenn der Richter dies nicht erkennt, sei es Sache der zu vernehmenden Person, die Beiziehung eines Dolmetschers zu beantragen, wenn sie sich selbst aus sprachlichen Gründen nicht dazu imstande fühlt, der Aussagepflicht korrekt und in zweifelsfreier Weise nachzukommen. Die Ablehnung eines derartigen Antrages wird, die sachliche Relevanz der Aussage vorausgesetzt, in der Regel einen Verfahrensmangel begründen.

Diese Leitsätze, die der Oberste Gerichtshof auch im Lichte des Artikels 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention entwickelt hat, gelten zweifellos auch für die durch eine physische Behinderung bedingte Störung der Kommunikation zwischen der davon betroffenen Partei und dem Richter – handelt es sich doch dabei in beiden Fällen um die faktische oder natürliche Verhandlungsunfähigkeit.

Freilich bewirkt die heute zu beschließende Neuregelung in mehrfacher Hinsicht eine eindeutige Verbesserung der Rechtsstellung der tauben, stummen oder taubstummen Partei im Zivilprozeß. Zum einen ist es eine ideelle Verbesserung für sie, und zwar durch die Klarstellung, daß sie im übrigen zu einer verständlichen Äußerung über den Gegenstand des Rechtsstreites und der mündlichen Verhandlung fähig sei. Bislang wurde ihr ja diese Fähigkeit gänzlich abgesprochen. Jetzt soll sie selbst und nicht nur durch ihren Vertreter beachtliche Erklärungen abgeben und wirksame Anträge stellen können.

Zum anderen wirkt sich die Verbesserung auch realiter aus. Die vorhin erwähnte Rechtsprechung wird jetzt auch im Gesetz selbst festgeschrieben. Das heißt, das Gericht hat in Hinkunft die Verhandlung kurzfristig zu vertagen und zum nächsten Termin von Amts wegen einen entsprechenden Dolmetsch beizuziehen. Vor allem aber wird normiert, daß der Bund die Kosten dieses Dolmetschers für die Gebärdensprache trägt, und zwar nicht allein für den vom Gericht bestellten, sondern auch für den von der Partei selbst mitgebrachten. Darin liegt eine wesentliche kostenmäßige Entlastung der behinderten Partei, denn bisher mußte sie sich eines geeigneten Bevollmächtigten auf eigene Initiative und zumindest vorerst auf ihre eigenen Kosten bedienen.

Allerdings muß ich gerade insofern an der Textierung eine gewisse legislativtechnische Kritik üben. Die Formulierung bringt nämlich die Intention der Regelung nicht klar genug zum Ausdruck. Die im Bericht des Verfassungsausschusses eindeutig hervorgehobene Absicht ist es, die behinderte Partei von den Kosten des Dolmetschers unabhängig vom Verfahrensausgang zu entlasten und diese Kosten auch nicht auf die Gegenpartei zu überwälzen.

Dabei wurde aber verkannt, daß die Zivilprozeßordnung terminologisch zwischen der Kostentragung und dem Kostenersatz unterscheidet. Jede Partei hat nämlich zunächst einmal, soferne ihr nicht Verfahrenshilfe gewährt worden ist, die Kosten der von ihr gesetzten Prozeßhandlungen selbst zu tragen. Falls sie obsiegt, sind ihr aber dann diese Kosten vom Gegner zu ersetzen.


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Mit der vorliegenden Regelung will jedoch der Bund offensichtlich die mit der Beiziehung des Dolmetschers verbundenen Kosten nicht bloß vorstrecken, sondern endgültig übernehmen. Das hätte im Gesetz deutlicher formuliert werden sollen, etwa durch Einfügung der Passage: "unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreites".

Was die Strafprozeßordnung anlangt, so ist gemäß § 164 in der neuen Fassung für einen gehörlosen oder stummen Zeugen ein Dolmetsch für die Gebärdensprache dann beizuziehen, wenn er sich in dieser verständigen kann. Andernfalls ist zu versuchen, mit ihm schriftlich oder auf andere geeignete Art, in der er sich verständlich machen kann, zu verkehren.

Lassen Sie mich das rechtspolitische Resümee ziehen. Meines Erachtens geht es entgegen der Etikettierung der Petition Nr. 23 gar nicht primär um das vom Liberalen Forum ideologisch hochstilisierte Ziel der Anerkennung der Gebärdensprache. Vielmehr soll die amtswegige Beiziehung eines entsprechenden Dolmetschers folgende rechtsstaatlichen und rechtsethischen Funktionen erfüllen: die ungestörte Kommunikation zwischen Gericht und Parteien beziehungsweise Zeugen zu gewährleisten, gerade auch den behinderten Parteien ihr volles rechtliches Gehör zu garantieren, ferner der Sachaufklärung und Wahrheitsfindung bestmöglich zu dienen und – nicht zuletzt – behinderte Parteien beziehungsweise Zeugen nicht länger zu mediatisieren und insofern ihrer Menschenwürde besser gerecht zu werden.

Aus all diesen Erwägungen heraus wird meine Fraktion dieser Vorlage, die ihren programmatischen Grundwerten ganz entspricht, gerne zustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist somit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies ebenfalls Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

8. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1999

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung: Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1999.


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Mit 1. Jänner 1999 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Bundesland Tirol über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Gottfried Jaud.

Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Ich gebe bekannt, daß mir für die Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates für das 1. Halbjahr 1999 ein Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion, lautend auf Frau Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach, sowie für die Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates für das 1. Halbjahr 1999 ein Wahlvorschlag der ÖVP-Fraktion, lautend auf Bundesrat Jürgen Weiss, vorliegt.

Weiters wurde von den Freiheitlichen ein Vorschlag, der auf Bundesrat Dr. Peter Harring lautet, vorgelegt.

Ich darf unter Hinweis auf die bereits mehrfach zu diesem Thema erfolgten, in den Stenographischen Protokollen des Bundesrates nachzulesenden geschäftsordnungsmäßigen Ausführungen hiezu festhalten, daß nur der Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für den ersten zu wählenden Vizepräsidenten für das 1. Halbjahr 1999 beziehungsweise jener der ÖVP-Fraktion für den zweiten zu wählenden Vizepräsidenten für das 1. Halbjahr 1999 als den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend zur Wahl zu stellen ist.

Der Wahlvorschlag der Freiheitlichen, der drittstärksten Fraktion des Bundesrates, ist jedoch als nicht den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend zurückzuweisen.

Ich werde daher nur den Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion sowie jenen der ÖVP-Fraktion zur Abstimmung bringen.

Bevor ich in den Wahlvorgang selbst eingehe, gebe ich bekannt, daß mir ein von fünf Bundesräten unterstütztes Verlangen gemäß § 57 Abs. 2 der Geschäftsordnung vorliegt, über die Wahlvorschläge für die Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates eine Debatte durchzuführen.

Wir gehen in diese Debatte ein.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Bundesrat Dr. Bösch, bitte.

15.08

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sind bezüglich dieses Tagesordnungspunktes der Auffassung, daß nach § 6 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung bei der Wahl der Vizepräsidenten alle drei Mitglieder des Präsidiums in das d’Hondtsche Verfahren miteinzubeziehen sind, was zur Folge hätte, daß auch die drittstärkste Fraktion einen Vizepräsidenten vorschlagen kann, umso eher, als wir jetzt mit 15 Bundesräten sogar über deutlich mehr als die Hälfte der Anzahl der Bundesräte der stärksten Partei verfügen. – Meine Damen und Herren! Aus diesem Grund haben wir Herrn Dr. Peter Harring auch vorgeschlagen.

Die Erläuterungen zur Geschäftsordnung – wir haben das in diesem Rahmen schon des öfteren debattiert – geben Ihrer Position wohl recht, die Geschäftsordnung selbst aber der unseren, denn darin heißt es – ich darf § 6 Abs. 3 zitieren –:

"Die Wahlen sind nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes (d’Hondtsches Verfahren) mit der Maßgabe durchzuführen, daß der erstgewählte Vizepräsident und der erstgewählte Schriftführer nicht der Fraktion des Präsidenten angehören dürfen."

Meine Damen und Herren! Der Hinweis auf das d’Hondtsche Verfahren in diesem Absatz der Geschäftsordnung kann nur darauf zurückgeführt werden, daß es hier um eine Aufteilung


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
648. Sitzung / Seite 47

zwischen drei Personen gehen kann, denn damit wären die nachfolgenden Erläuterungen klar, daß der zweite niemals der Präsidentschaftsfraktion angehören darf.

Es sind also alle drei Präsidenten dabei zu berücksichtigen, was für eine drittstärkste Fraktion unserer Größe ebenfalls die Nominierung eines Vizepräsidenten möglich machen muß. Die Zurückweisung unseres Vorschlages, meine Damen und Herren, nehmen wir unter Protest zur Kenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.10


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
648. Sitzung / Seite 48

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Albrecht Konečny das Wort. – Bitte.

15.10

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade einmal mehr erlebt, daß Zitieren Glücksache ist. Man kann natürlich an einem Punkt zu zitieren beginnen, wo das Wesentliche bereits gesagt ist.

Besagter Abs. 3 des § 6 unserer Geschäftsordnung hat aber nicht nur einen Schlußsatz, er hat auch einen relativ ausführlichen Anfang. Dieser lautet:

"Der Bundesrat hat anläßlich jedes Wechsels im Vorsitz" – das ist schon aus der Formulierung hervorgehend etwas anderes – "gemäß Abs. 1 aus seiner Mitte zwei Vizepräsidenten sowie mindestens zwei Schriftführer und mindestens zwei Ordner" – es sind derzeit drei – "zu wählen. Die Wahlen sind nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes (d’Hondtsches Verfahren) ..." – da haben Sie zu zitieren begonnen – "... durchzuführen."

Der Wahlgegenstand ist in diesem Absatz mit nicht zu überbietender Eindeutigkeit definiert: zwei Vizepräsidenten, mindestens zwei Schriftführer, mindestens zwei Ordner.

Der von Ihnen vorgebrachte Hinweis, daß das d’Hondtsche Verfahren unsinnig wäre, wenn es nur zwei Vizepräsidenten gäbe, geht natürlich völlig daneben! Stellen wir uns einen Bundesrat vor, in dem, wie viele Fraktionen auch immer es darin gibt, die stärkste Fraktion über mehr als das Doppelte der Zahl der Abgeordneten der zweitstärksten Fraktion verfügt. Es würde diese stärkste Fraktion im Normalfall beide Vizepräsidenten stellen. Dann aber, da auch der Präsident aus ihren Reihen kommt, hätte sie auf einen dieser Sitze zu verzichten, weil durch die Bestimmung, daß der erste Vizepräsident einer anderen Fraktion als der Präsident anzugehören hat, die Regeln des d’Hondtschen Verfahrens außer Kraft gesetzt werden. – All das ist mit unüberbietbarer Deutlichkeit in der Geschäftsordnung geregelt! (Rufe bei den Freiheitlichen.)

Ich gebe zu, daß die halbjährliche Wiederholung gewisser Debatten so etwas Ähnliches wie ein Weihnachtsfest werden kann. Es gibt Rituale, die einem richtiggehend ans Herz wachsen. Diese Debatte ist eines dieser Rituale, das wir sehr genießen: Wir möchten es nicht mehr missen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich stelle fest, daß ich mit dieser Ausführung dem Herzensgefühl der großen Mehrheit dieses Hauses Ausdruck verliehen habe. (Bundesrat Dr. Tremmel: Sind Sie da ganz sicher? – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Es gibt eine gewisse freiheitliche Folklore – Taferln hochhalten, über die Wahl des Vizepräsidenten debattieren –, die einfach schnuckelig ist, und man sollte nicht darauf verzichten.

Sie haben im Juni 1996 angekündigt, diese Frage einer rechtlichen Prüfung – wo auch immer – zuführen zu wollen. Wir warten seit zweieinhalb Jahren auf das Ergebnis dieser Prüfung. – Ich lade Sie ein, Ihre Opposition gegen die Meinung der Präsidialkonferenz, zahlreicher einander folgenden Präsidenten und der beiden Fraktionen, die über mehr Sitze in diesem Haus verfügen als Sie, überprüfen zu lassen, wenn Sie uns nicht glauben! – Gestützt auf das, das ich zitiert habe und das Präsidenten wiederholt zum Ausdruck gebracht haben, sehen wir dem mit größtmöglicher Gelassenheit entgegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. André d’Aron das Wort. – Bitte.

15.15

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben Herrn Dr. Harring auch deswegen vorgeschlagen, weil wir sehr daran interessiert sind, daß ein neuer Wind auch in den Bundesrat hineinkommt! Wir sehen den Bundesrat als pluralistisches Organ mit einer Vielzahl von Meinungen, die vertreten werden dürfen. Für eine derart starke Fraktion, wie wir es sind, erscheint uns das nicht ungerechtfertigt, stellen wir doch auch einen Präsidenten des Nationalrates. Wir nehmen natürlich zur Kenntnis, daß Sie mit der Geschäftsordnung argumentieren und unseren Vorschlag zurückweisen.

Es ist aber unsere Meinung, daß bei der Wahl der Vizepräsidenten letztlich doch das d’Hondtsche Prinzip berücksichtigt werden sollte. Wir werden daher auch weiterhin diese Forderung stellen, denn wir sind ein gesetzgebendes Organ und daher berechtigt, Wünsche nach Gesetzesänderungen zu äußern. Das entspricht auch dem Gedanken des Parlamentarismus!

Als erst jüngst angelobter Bundesrat darf ich Ihnen meinen Eindruck von der vorherigen, meiner ersten Bundesratssitzung vom 17. Dezember schildern: Ich hatte als Neuling den Eindruck, daß Sie als Bundesräte der ÖVP und der SPÖ natürlich die vorgefertigten Meinungen, die Ihnen von den Parlamentsklubs gesagt wurden, hier natürlich weiter vertreten und sich auch dementsprechend Ihr Stimmverhalten ... (Heftige Rufe und Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrätin Crepaz: Was die FPÖ "nicht" tut! – Bundesrat Payer: Das war ein Eigentor, Herr Kollege!)

Gestatten Sie, daß ich ausführe, was ich meine! Sie werden mir doch eine gewisse Redefreiheit zubilligen! (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Gestatten Sie mir, daß ich das ausführe. Ich denke – das empfinde ich nach meiner ersten Bundesratssitzung –, daß wir als Vertreter der Bundesländer uns natürlich überlegen müssen, was die Menschen in den Bundesländern denken, was wir in den Bundesländern empfunden haben – im Rahmen von Regierungsbeteiligungen, die auch wir haben, zum Beispiel in Vorarlberg, wo wir sehr gute Erfahrungen in einer Mitregierung gemacht haben.

Wir halten den Vorschlag der ÖVP, lautend auf Herrn Bundesminister a.D., Bundesrat Jürgen Weiss, für sehr konstruktiv im Sinne einer Zusammenarbeit und eines guten Gefühles für die Tätigkeit für die Bevölkerung. Daher wird es so sein, daß zumindest die Mehrzahl der freiheitlichen Bundesräte Herrn Bundesrat Jürgen Weiss bei der Abstimmung ihre Stimme geben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile ihm das Wort.

15.18

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Ich neige dazu, zu sagen: Alle Jahre wieder kommt das liebe Christkind. – Nur wird es nicht kommen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Kollege Konečny hat bereits auf die Geschäftsordnung hingewiesen; und wenn Sie, Herr Kollege Dr. Bösch, die Geschäftsordnung zitieren, dann würde ich Sie bitten, diese Geschäftsordnung auch korrekt zu zitieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie müssen nämlich bei § 6 auch Abs. 1 lesen, der besagt ... (Bundesrat Dr. Bösch: Ich habe korrekt zitiert! Interpretieren ist etwas anderes!) Warte ein bißchen! Nicht so überhastet, ganz ruhig bleiben, kein Grund zur Aufregung!

§ 6 Abs. 1 besagt: "Im Vorsitz des Bundesrates wechseln die Länder halbjährlich in alphabetischer Reihenfolge." – Das heißt also, daß der Vorsitzende – sprich: Präsident – des Bundes


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648. Sitzung / Seite 49

rates aufgrund unserer Verfassung halbjährlich der Erstgereihte des jeweils zur Vorsitzführung bestimmten Bundeslandes stellt, dieser ist daher außer Obligo. Zur Geschäftsordnung, aus der wir immer zitieren – Atzwanger/Zögernitz; Dr. Zögernitz ist übrigens unser Klubdirektor –, ist zu sagen, daß sie im Jahre 1988 geschrieben wurde. Ich bitte Sie aufzupassen: 1988 waren in diesem Hohen Hause zwei Fraktionen vertreten, nämlich ÖVP und SPÖ.

In den Erläuterungen steht: Diese Grundsätze ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Den Zustand wollen Sie weiterführen!)

Lieber Paul Tremmel! Ich habe nichts dagegen, daß du hier bist! Ich bin froh darüber, daß du da bist! Ich habe wirklich nichts dagegen! Es freut mich auch, wenn ich dich sehe! Aber die Geschäftsordnung sagt eben ein bißchen etwas anderes aus als ihr.

In den Erläuterungen steht: Diese Grundsätze bedeuten in der Praxis des Bundesrates, daß die von den beiden stärksten im Bundesrat vertretenen Fraktionen als Kandidaten Vorgeschlagenen als Vizepräsidenten beziehungsweise als Schriftführer zu wählen sind.

Damals hat es nur zwei Fraktionen gegeben. Aber wie unser Klubdirektor nun einmal ist, ist er 1988 vorausschauend und weise genug gewesen, um zu sagen, daß die zwei stärksten Fraktionen die Vizepräsidenten namhaft machen sollen. Deshalb ist es das Natürlichste und Klarste der Welt, daß die Vizepräsidenten von den zwei stärksten Fraktionen, nämlich von der SPÖ und von der ÖVP, zu stellen sind.

Für meine Fraktion erkläre ich, daß wir den altbewährten und von Ihnen auch – dafür bedanke ich mir, Herr Kollege – sehr geschätzten Herrn Bundesminister außer Dienst Jürgen Weiss zum zweiten Vizepräsidenten wählen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15 .21


Bundesrat
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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel das Wort. – Bitte. (Bundesrat Payer: Das ist die Ausgabe 1987!)

15.21

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Dort, wo Ihr Klubobmann Ludwig Bieringer mit dem Zitieren aufgehört hat, fange ich an, das heißt also mit der Praxis. Wenn Sie die Historie Revue passieren lassen, meine Damen und Herren, dann kommen Sie darauf, daß zwar bei der maßgeblichen Verfassungsänderung in den zwanziger Jahren ganz eindeutig festgelegt wurde, daß das Verhältniswahlrecht das für uns bestimmende sei – daraus ableitend das d’Hondtsche System –, aber wenn man die Protokolle durchliest, kommt man zu der Meinung, daß man in diesem Fall zu keinem endgültigen Schluß gekommen ist. (Bundesrat Payer: Der Präsident wird nicht gewählt!)

Alle haben die Geschäftsordnung richtig zitiert. Aber nehmen Sie bitte eines zur Kenntnis: Im Nationalrat, in den Länderparlamenten gilt das Verhältniswahlrecht. (Bundesrat Bieringer: Lieber Paul! Im Nationalrat ist der Präsident nicht automatisch bestellt! Das solltest du zur Kenntnis nehmen!) Was Sie hier, indem Sie sich hinter der Geschäftsordnung verstecken, machen, ist, daß Sie einer politischen Fraktion entsprechend des Verhältsniswahlrechtes die ihr zustehende Positionierung verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist bedauerlich. Das ist so bedauerlich wie das Hängenbleiben der Bundesstaats- und Bundesratsreform. Es ist bedauerlich, daß Sie heute demokratische Stärkeverhältnisse einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. – Das ist auch die Frage, die sich uns stellt.

Wenn Kollege Konečny gesagt hat, wir haben gesagt, daß wir das prüfen werden, dann ist das richtig. Aber es würde der Courtoisie entsprechen, wenn man sich der Demokratie und dem Verhältniswahlrecht verbunden fühlt, daß man diese Prüfung gemeinsam anstrebt. Auch das haben Sie bis nun verweigert, meine Damen und Herren, so wie Sie uns unserer Meinung nach gerechterweise den Vizepräsidenten hier verweigern, der uns aufgrund des tatsächlichen Stärkeverhältnisses zustehen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.24

Vizepräsident Jürgen Weiss: Werden weitere Wortmeldungen gewünscht? – Herr Bundesrat Mag. Strugl, bitte.

15.24

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Ich möchte nur eine sehr kurze Anmerkung machen, weil mich das, was Kollege Dr. d'Aron bezüglich des Stimmverhaltens der Fraktionen gesagt hat, stört.

Sie wissen, daß es in der letzten Sitzung den Fall gegeben hat, daß es beispielsweise in der ÖVP-Fraktion einen abweichenden Antrag gegeben hat, noch dazu mit einer namentlichen Abstimmung. Ich sage gleich dazu, ich bin auch nicht immer glücklich darüber, aber es ist nun einmal so, daß es diesen Pluralismus in den Meinungen unserer Fraktion gibt. Heute haben wir ein ähnliches Beispiel in der SPÖ-Fraktion gehabt. Vielleicht ist Ihnen das entgangen. – Für meine Fraktion zumindest kann ich folgendes in Anspruch nehmen: Wenn ein Mitglied von der Meinung, die im Klub vorherrscht, abweicht, muß es die Fraktion nicht verlassen. – Sagen Sie Herrn Kollegen Prinzhorn einen schönen Gruß, wenn Sie noch mit ihm reden dürfen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.25

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wahl der Vizepräsidenten

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gehe nunmehr in den Wahlvorgang ein.

Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wird die Durchführung der Wahl mittels Stimmzettel gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Frau Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl gerne an. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Vorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.


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Stenographisches Protokoll
648. Sitzung / Seite 51

Ich erkläre, die Wahl anzunehmen, und bedanke mich für das Vertrauen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wahl der Schriftführer


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
648. Sitzung / Seite 52

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Wir kommen nun zur Wahl der beiden Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen Irene Crepaz und Ilse Giesinger für das erste Halbjahr 1999 zu Schriftführerinnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob Sie die Wahl annehmen. – Frau Kollegin Crepaz bitte.

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Wien): Ich nehme die Wahl an.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Frau Bundesrätin Giesinger.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Tirol): Ich nehme die Wahl an und danke für Ihr Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Ordner

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Wahl der drei Ordner.

Es liegt mir der Wahlvorschlag vor, die Bundesräte Engelbert Schaufler, Erhard Meier und Andreas Eisl für das erste Halbjahr 1999 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Ein Einwand liegt nicht vor.

Ich bitte jene Bundesräte und Bundesrätinnen, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob Sie die Wahl annehmen. – Herr Bundesrat Schaufler.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl an.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Meier.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Ich danke und nehme die Wahl an.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Eisl.

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich unterbreche die Sitzung bis zum Aufruf der dringlichen Anfrage um 16 Uhr.

(Die Sitzung wird um 15.29 Uhr unterbrochen und um 16.02 Uhr wiederaufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Peter Harring, Ulrike Haunschmid, DDr. Franz Werner Königshofer und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend neuerliches Belastungspaket (1560/J-BR/98)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Reinhard Bösch als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.03

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Mit einer Steuer- und Abgabenquote von rund 45 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahre 1997 lag Österreich innerhalb der EU im Spitzenfeld und kann daher zu Recht als Hochsteuerland bezeichnet werden.

Erschwerend kommt hinzu, daß das österreichische Steuerrecht bereits derart unübersichtlich geworden ist, daß es von zahlreichen Experten im In- und Ausland als kompliziert, unverständlich, ineffizient und bis zur Unerträglichkeit unfair und ungerecht bezeichnet wird. Das derzeitige Steuersystem wird laut einer vor kurzem veröffentlichten Umfrage von nur mehr knapp einem Drittel der Österreicher für gerecht gehalten. Eine Vielzahl von Experten verlangt sogar die Schaffung eines komplett neuen Steuersystems, da sie das geltende Recht für nicht reformierbar halten.

Anstatt aber die Kritik der Experten zu beachten, sind Sie, Herr Bundesminister, und Ihr Koalitionspartner nicht wirklich bereit, neue Wege zu beschreiten und die Steuerzahler durch ein neues, einfacheres Steuersystem spürbar zu entlasten. Statt dessen überlegen SPÖ und ÖVP lediglich, wie sie neue Einnahmequellen erschließen können, wie zum Beispiel durch die Anhebung der Energiesteuern unter dem Deckmantel der Ökologisierung – ein Vorschlag, den Sie jetzt anscheinend wieder zurückgestellt haben.

Über Senkungen der Ausgaben wird in den meisten Bereichen so gut wie gar nicht ernsthaft diskutiert. Herr Minister! Daher kritisiert auch Professor Felderer vom IHS die Vorgangsweise der Regierung zu Recht, indem er sagt, es sollten steuerpolitische Maßnahmen getroffen werden, um den Faktor Arbeit steuerlich zu entlasten. Es ist offensichtlich, daß dies in der Situation, in der sich Österreich befindet, nur durch eine Reduzierung der Staatsausgaben und kaum durch die Erhöhung anderer Steuern finanziert werden kann.

Obwohl eine Steuerreform unabdingbar ist, welche den Wirtschaftsstandort Österreich stärkt, die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher erhöht und somit durch eine erhöhte Inlandsnachfrage die Arbeitslosigkeit bekämpft, beabsichtigen Sie, meine Damen und Herren von der Koalitionsregierung, eine auf mehrere Etappen verteilte Steuerreform zu entwickeln, welche weder eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote noch einen Beschäftigungseffekt bewirkt, sondern vielmehr als ein neuerliches Belastungspaket bezeichnet werden muß.

Fehlender Reformwille ist auch der hauptsächlich aus Interessenvertretern zusammengesetzten Steuerreformkommission vorzuwerfen, die ihrer Aufgabe, nämlich der Erarbeitung einer großen Steuerreform, nicht ausreichend nachgekommen ist.

Anstatt ein diskussionsfähiges Gesamtkonzept auch über Ausgabeneinsparungen vorzulegen, beschränkte sich diese Kommission darauf, einen Bericht mit einer Ansammlung von Empfehlungen und Rechenbeispielen ohne Bewertung anzubieten, die in Summe auf Steuererhöhungen


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hinauslaufen. Auch bei jenen Steuerreformvorschlägen, die ursprünglich von seiten der SPÖ an die Öffentlichkeit gedrungen sind, handelt es sich durchwegs um Steuererhöhungen, wie zum Beispiel die Erhöhung der Energiesteuern, der Mineralölsteuer, der Normverbrauchsabgabe, die Besteuerung von Aktiengewinnen und die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe.

Meine Damen und Herren! Da der Bericht der Steuerreformkommission nach seiner Veröffentlichung wegen seiner vorgeschlagenen Belastungen allzu sehr in das Schußfeld der Kritik geraten ist, wurde ein Großteil des Berichtes nach wenigen Tagen sogar von den eigenen Mitgliedern wieder verworfen. So konnte die Zeitschrift "Format" in der Nummer 10/98 berichten, daß sich der Politiker Nowotny bei dieser Gelegenheit auch gleich von den Ideen des Ökonomen Nowotny distanzieren konnte.

Obwohl nun diese Expertenkommission über 18 Monate beinahe ergebnislos getagt hat, ist die Koalitionsregierung nunmehr sogar der Meinung, bei einer Steuerreform ohne zusätzliche Belastungen 30 Milliarden Schilling bewegen zu können.

Herr Minister! Die jüngste Ausgabe der Zeitschrift "trend" – seltsamerweise ist es die Nummer 1/99, also eine, die nach vorne blickt – spricht in diesem Zusammenhang von der "Stunde der Komödianten". Unabhängige Experten beurteilen darin Ihre bisherigen Vorschläge. Die Hauptkritikpunkte sind folgende: Von einem einheitlichen Reformkonzept könne keine Rede sein. Der Bericht sei ein Sammelsurium unterschiedlicher, teilweiser gegensätzlicher Standpunkte. Im einzelnen enthalte der Kommissionsbericht zwar eine Reihe sinnvoller Empfehlungen, doch was die großen steuerpolitischen Anliegen betreffe – nämlich die Verbesserung der Unternehmensbesteuerung, mehr Leistungsanreiz, größere soziale Gerechtigkeit und ökologische Lenkungseffekte –, fallen die Vorschläge mager aus. Gerade – so Werner Klement, einer dieser Experten – vor dem Hintergrund des scharfen internationalen Wettbewerbs wären klare Signale an die Einkommensbezieher und Investoren in Form einer Senkung der Steuersätze vordringlich gewesen.

Eine umfassende Steuersenkung könne nicht – so diese Experten weiter – ohne Ausgabenreform erfolgen, wenn man dem Steuerzahler Entlastung anbieten wolle. Es müsse jedem klar sein – so Friedrich Schneider –, daß es steuerliche Entlastungen in größerem Ausmaße nur dann geben könne, wenn auf der Ausgabenseite eingespart werde. Alles in allem seien die Vorschläge der Steuerreform – so diese Experten unisono – kein großer Wurf, sondern bislang nur Ankündigungen.

Herr Bundesminister! Wir Freiheitlichen möchten Ihnen heute durch diese dringliche Anfrage die Gelegenheit geben, im Rahmen der Beantwortung konkret zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

16.09

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte zunächst einige Punkte in der Begründung und auch in der Darlegung, die wir eben gehört haben, ins richtige Lot rücken.

Ich möchte zunächst einmal richtigstellen, daß Österreich mit seiner Steuer- und Abgabenquote nicht im Spitzenfeld innerhalb der Europäischen Union liegt. Richtig ist vielmehr, daß sieben EU-Staaten eine geringere Abgabenquote und sieben EU-Staaten eine höhere Abgabenquote als Österreich haben. So gesehen liegt Österreich exakt im Mittelfeld der Europäischen Union.

Günstigere Steuerquoten als Österreich haben außer Deutschland, wobei – ich gehe gerne darauf ein – ein Vergleich mit Österreich nicht ganz einfach zu ziehen ist, Italien, Portugal, Spanien, Großbritannien, Irland und Griechenland – Länder, von denen ich glaube, behaupten zu dürfen, daß sich die Österreicher jene Sozialsysteme, die es in diesen Ländern gibt, nicht wünschen.


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648. Sitzung / Seite 54

Höhere Steuerquoten als Österreich haben Luxemburg, die Niederlande, Frankreich, Belgien, Finnland, Dänemark und Schweden, Länder mit einem ausgeprägten Sozialsystem, Länder, die durchaus auf sozial Schwächere in adäquater Form Rücksicht nehmen. Insofern ist zunächst einmal eine dieser Thesen, die Sie in Ihrer Anfrage aufstellen, nämlich daß Österreich im Spitzenfeld der Abgabenquote der Europäischen Union liegt, falsch.

Im Vergleich etwa zu Deutschland möchte ich feststellen, daß Österreich eine Reihe von Maßnahmen, nicht zuletzt jene der Familienpolitik, über Transfers regelt, während die Deutschen in größerem Maße Steuerabsetzbeträge dafür verwenden. Das bedeutet, daß Länder, die ein sozial ausgewogenes System der Familienbesteuerung haben und mit Transfers arbeiten, von allein dadurch höhere Abgabenquoten erzielen, weil ich zunächst einmal die Steuern einnehmen muß, die wir dann über Transfers an die Familien weitergeben.

Ein zweiter Aspekt, der etwa Deutschland und Österreich nicht ganz vergleichbar macht, ist, daß in Österreich die Notenbank körperschaftsteuerpflichtig ist, während sie in den meisten anderen Ländern der Europäischen Union, nicht zuletzt auch in der Bundesrepublik Deutschland, körperschaftsteuerfrei ist. Im Vergleich allein der Transfers und der Körperschaftsteuerpflicht der Notenbank würde sich, würden wir andere Systeme entwickeln, die Abgabenquote in Österreich um 2 Prozent minimieren, ohne daß irgend jemand mehr oder weniger vom Staat bekommt oder für den Staat leistet.

Zweitens: Österreich ist keineswegs ein Hochsteuerland. Dafür läßt sich auch jederzeit der Nachweis erbringen. Bei wichtigen Steuern liegen die Steuersätze in Österreich sogar vielfach unter dem europäischen Durchschnitt. Ich erwähne nur einige Beispiele: Zehn Länder der Europäischen Union haben einen höheren Eingangssteuersatz und acht EU-Länder haben höhere Spitzensteuersätze als Österreich. In den meisten EU-Ländern wird also Arbeit der Erwerbstätigen höher besteuert als in Österreich. Neun EU-Länder haben höhere Körperschaftsteuersätze als Österreich. Nur in vier EU-Ländern, nämlich in Finnland, Großbritannien, Luxemburg und Schweden, sind die Unternehmensgewinne geringer besteuert als in Österreich. Auch im Bereich der Umsatzsteuer liegt Österreich relativ exakt im Mittelfeld zwischen 16 Prozent in der Bundesrepublik Deutschland und 25 Prozent in Schweden oder Dänemark, das kann ich jetzt nicht mit Exaktheit sagen.

Dritte Bemerkung: Unrichtig ist weiters die Feststellung, daß Österreich ein kompliziertes, unverständliches und ineffizientes Steuersystem aufweist. Im Gegenteil! Das derzeitige Steuersystem Österreichs wird über weite Strecken als vorbildlich bezeichnet und in einigen EU-Staaten geradezu als Modell empfohlen, vor allem bei der Unternehmens- und Kapitalbesteuerung. Ich denke an die günstigen Körperschaftsteuersätze und an die Endbesteuerung bei den Kapitalerträgen.

Was am österreichischen Steuersystem noch verbessert werden könnte, habe ich der Steuerreformkommission als Aufgabenstellung zugewiesen. Sie sollte insbesondere überprüfen, auf welchen Wegen die Steuerbelastung des Faktors Arbeit abgebaut werden kann. Weiters sollte eine gerechte Besteuerung des Kapitalvermögens untersucht werden. Die Steuerreformkommission hat zu all diesen Vorgaben eine Reihe von durchaus diskussionswerten und interessanten Vorschlägen erstattet. Diese bieten eine wichtige Grundlage für die bereits in Gang befindlichen Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien.

Vierte Vorbemerkung: Sämtliche Vorschläge der Steuerreformkommission sind auf strikte Aufkommensneutralität ausgerichtet. Es ist nämlich nicht Aufgabe von Experten, eine Steuerreform vorzuschlagen, sondern Optionen zu erarbeiten. Es ist und bleibt Aufgabe der Politik, eine Steuerreform vorzuschlagen. Daher habe ich der Steuerreformkommission diese Aufgabe auch nicht gestellt, denn wir dürfen bei unseren Bemühungen um eine Steuerreform nicht auch andere Notwendigkeiten und Verpflichtungen außer acht lassen, etwa die Stabilität und Konsolidierung des Budgets. Ich erinnere beispielsweise an das Stabilitätsprogramm für die Jahre 1998 bis 2002, das die Bundesregierung erst vor wenigen Wochen beschlossen hat und das eine weitere Verringerung des Staatsdefizits und der Schulden bis zum Jahr 2002 anpeilt. Auch


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haben viele Experten, nicht zuletzt der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, in letzter Zeit davor gewarnt, den Staatshaushalt durch eine zu großzügige Steuerreform zu überfordern.

Fünfte Vorbemerkung: Ziel der Bundesregierung ist eine Steuerreform, die einerseits spürbare Entlastungen bringt, andererseits aber auch so maßvoll ist, daß an ihrem Ende kein weiteres Sparpaket steht. Ich habe dies zu einer meiner wichtigsten politischen Zielsetzungen erklärt. Denn auf der Basis der Reformvorschläge für die künftig über die Steuerreform zu führenden Verhandlungen, ohne diesen in irgendeiner Weise vorgreifen zu wollen, möchte ich sagen, daß diese nicht den Charakter eines Belastungspaketes haben. Ich kann eine solche Behauptung nur als absurd bezeichnen.

Die Kritik hinsichtlich dessen, was die Experten der Kommission in ihrer Verantwortung getan haben, ist, auch wenn sie in renommierten Medien erscheint, meiner Meinung nach ungerecht. Denn die Experten haben in ihrer Verantwortung Finanzierungsvorschläge zu machen. Ihre Aufgabe war es auch nicht, über Ausgabeneinsparungen nachzudenken. Ich meine, daß dieser Punkt, nämlich Ausgabeneinsparungen, politischen Entscheidungen und Verhandlungen vorbehalten bleiben muß. Selbstverständlich wird in allen Entscheidungsprozessen dieser Aspekt berücksichtigt.

Ich darf darauf hinweisen, wie schwierig es ist, im Detail konkrete Vorschläge für Einsparungen bei Ausgaben zu machen. Ich darf Sie nur an einen Tagesordnungspunkt der letzten Sitzung des sehr geschätzten Bundesrates erinnern.

Sechste Vorbemerkung: Die in der Anfrage aufgestellte Behauptung, daß in der Familienbesteuerungsreform ein vom Verfassungsgerichtshof erzwungener Betrag in der Höhe von 12 Milliarden eingesetzt werden mußte, ist falsch und zeugt davon, daß Sie sich mit der Materie nicht ausreichend befaßt haben. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hätte nämlich lediglich einen Einnahmenausfall von zirka 1 Milliarde Schilling bewirkt. Die Koalitionsparteien haben sich aber aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit dazu entschlossen, eine einseitige Besserstellung von höherverdienenden Berufsgruppen zu vermeiden. Wenn Sie sich dieser Ansicht nicht anschließen können, so spricht dies jedenfalls für sich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, in aller Kürze auch auf die konkreten Fragen der Anfragesteller einzugehen, und fasse aufgrund der inhaltlichen Strukturen und auch der Tatsache, daß ich selbstverständlich den Diskussionen der Koalitionsparteien und vor allem den Entscheidungen, die die Koalition bis Mitte März treffen wird, nicht vorgreifen möchte, einige Fragenblöcke zusammen.

Ich nehme zunächst zu den Fragen 1 bis 6 und 9 und 10 Stellung.

Die kalte Progression macht es erforderlich, im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer in periodischen Abständen Steuersenkungen vorzunehmen. Das Ausmaß der kalten Progression seit der letzten Steuerreform ist nach Berechnungen des IHS mit zirka 6 Milliarden Schilling, nach Berechnungen meines Hauses mit 8 Milliarden Schilling anzusetzen. Die Bundesregierung plant, bei der kommenden Steuerreform eine Nettoentlastung im Ausmaß von 30 Milliarden Schilling vorzunehmen.

Im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer sollen prinzipiell alle Gruppen von einer Entlastung profitieren, wobei ich persönlich eine stärkere Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen vorziehe. Ich ersuche um Verständnis, daß ich bezüglich der konkreten technischen Ausgestaltung der Lohn- und Einkommensteuerreform noch keine detaillierten Auskünfte geben möchte. Die diesbezüglichen Gespräche auf Ebene der Koalitionsparteien sind erst vor wenigen Tagen aufgenommen worden.

Zu den Fragen 7 und 8:

Die in der letzten Zeit angebotenen Verlustabschreibungsmodelle sind nicht die Folge irgendwelcher Steuerabschreibungen, die durch besondere Begünstigungen ermöglicht werden, sie sind vielmehr ein Ausfluß unseres Einkommensteuersystems, das Verluste aus Unternehmens


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beteiligungen grundsätzlich steuerwirksam werden läßt. Gerade dieses System gewährleistet eine optimale Entwicklungsmöglichkeit für Unternehmer, vor allem für Jungunternehmer.

Den damit verbundenen Mißbräuchen – es gibt in der Tat solche – wird seit vielen Jahren durch eine äußerst restriktive Gesetzgebung entgegengewirkt. Ich schätze, daß dadurch das Volumen an Verlustzuschreibungen in den letzten 15 Jahren etwa gezehntelt werden konnte. Derzeit schätzen wir die Steuerausfälle bei Verlustabschreibungsmodellen mit etwa 1 bis 2 Milliarden Schilling per anno.

Zu den Fragen 11 bis 16, 25 bis 28 und zur Frage 31:

Die Steuerreformkommission wurde von mir beauftragt, Vorschläge über eine Senkung der steuerlichen Lohnnebenkosten sowie über Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmungen zu entwickeln. Der Bericht enthält auch Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung. Einige dieser Varianten sehen eine stärkere Ökologisierung des Steuerrechts beziehungsweise eine Entlastung des Faktors Arbeit durch Einbeziehung anderer Wertschöpfungskomponenten vor.

Da es in Österreich bereits eine Energiesteuer gibt, erscheint es mir nicht zweckmäßig, im Zuge dieser Etappe der Steuerreform eine stärkere Besteuerung der Energie vorzusehen. Eine verstärkte Ökologisierung des Systems kann nur im internationalen Gleichklang erfolgen.

Die politischen Gespräche der Koalitionspartner werden zeigen, inwieweit die übrigen Vorschläge der Steuerreformkommission realisierbar sind. Ich darf Ihnen jedenfalls versichern, daß ich keine Lösung akzeptieren werde, die sozial unverträglich ist beziehungsweise die nicht die angestrebten Beschäftigungseffekte auslösen kann.

Zur Frage 17:

Ich habe bereits mehrmals öffentlich erklärt und wiederhole es, daß ich von mir aus keine Erhöhung der Grundsteuer plane. Ich beabsichtige daher auch keine Erhöhung der Einheitswerte. (Präsident Gerstl übernimmt den Vorsitz.)

Zu den Fragen 18 bis 22:

Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus im privaten Vermögen gehaltenen Aktien ist schlicht und einfach eine Frage der Steuergerechtigkeit, und ich trete für ein gerechtes Steuersystem ein. Unter einem gerechten Steuersystem verstehe ich ein solches, das die Steuerlasten nach Maßgabe des erzielten Einkommens verteilt. Ich bin daher der Auffassung, daß es im Sinne eines solchen Prinzips schwer verständlich ist, gerade erzielte Aktienkursgewinne nach Ablauf der Spekulationsfrist von der Besteuerung freizustellen. Es käme damit lediglich zu jener Besteuerung, wie sie für Unternehmer und Arbeitnehmer hinsichtlich des aus ihrem Unternehmen oder ihrer Arbeitskraft erzielten Einkommens selbstverständlich ist.

Ich sehe auch keine Gefahr, daß die Besteuerung von Aktienkursgewinnen eine Beeinträchtigung der Eigenkapitalbildung der österreichischen Wirtschaft mit sich bringen würde. Der Kapitalmarkt und damit die Möglichkeiten der Eigenkapitalaufbringung werden von den institutionellen Anlegern, vor allem von Banken und von Versicherungen, bestimmt. Bei diesen sind die Aktienkursgewinne schon seit eh und je steuerpflichtig. Diese – im übrigen auf der ganzen Welt übliche – Steuerpflicht hat keinesfalls die durchaus erfreuliche Kapitalentwicklung der letzten Jahre beeinträchtigt.

Schlußendlich halte ich fest, daß eine allgemeine Besteuerung von Kursgewinnen derzeit aus Sicht einer umfassenderen Steuerreform diskutiert wird. Vor dem Bestehen eines Gesamtkonzeptes für eine Steuerreform, mit all den damit verbundenen Strukturänderungen im Steuersystem und vor allem den Verteilungswirkungen, ist es naturgemäß relativ schwierig, präzise Aussagen zu Teilbereichen zu machen.


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Zu den Fragen 23 und 24:

Die Steuerreformkommission hat einen Vorschlag hinsichtlich der Besteuerung von Gewinnen aus Grundstücksveräußerungen gemacht, wie es in zahlreichen Staaten, unter anderem auch in den USA, üblich ist. Die Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien werden zeigen, inwieweit ein derartiger Vorschlag umgesetzt werden soll.

Zur Frage 29:

Mein Vorschlag – da gibt es verschiedene – wird in jene Richtung gehen, und zwar im Sinne des gleichen Zugangs aller sozialen Gruppen, die private Altersvorsorge durch ein Prämienmodell und nicht durch ein Steuerabschreibemodell zu fördern. Dieses sollte, ähnlich dem Bausparen, ein begünstigtes Ansparen für die eigene Pensionsvorsorge ermöglichen. Ich kann mir in diesem Zusammenhang auch gut eine alternative Förderung zum Bausparen vorstellen. Weitere Details muß ich den Verhandlungen mit meinem Koalitionspartner vorbehalten.

Zur Frage 30:

Eine ersatzlose Streichung der dreizehnten Umsatzsteuervorauszahlung ist aus budgetären Gründen problematisch. Es werden aber derzeit Überlegungen angestellt, welche budgetär verträglichen Möglichkeiten es für eine Realisierung dieses Vorschlages gibt.

Zu den Fragen 32 bis 37:

Bekanntlich soll die steuerliche Entlastung im Rahmen der Steuerreform 2000 zirka 30 Milliarden Schilling betragen. Dies käme einer Senkung der Steuerquote um zirka 1,2 Prozent gleich. Statistisch wird diese Senkung allerdings geringer sein, weil das Familienbesteuerungspaket in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufgrund des Faktums der Transfers ausgabenseitig verbucht wird. Die Beteiligung der Länder und Gemeinden ergibt sich naturgemäß aus dem Finanzausgleich und den dort festgelegten Verteilungsschlüsseln bei den gemeinschaftlichen Bundesabgaben.

Zur Frage 38:

Diese Frage stellt sich nicht, da per saldo keine Steuererhöhung, sondern eine Steuersenkung geplant ist.

Zu den Fragen 39 bis 41:

Der Vorschlag einer 23prozentigen Flat tax ist meiner subjektiven Einschätzung nach eine wenig geglückte Umsetzung eines nicht akzeptablen theoretischen Konzeptes – nicht ausreichend durchdacht, ausgesprochen unsozial, da hauptsächlich hohe Einkommen entlastet würden. (Bundesrätin Ramsbacher: Das stimmt nicht!) Ich habe vorweg gesagt, daß es sich dabei um eine subjektive Interpretation handle. – Aufgrund des hohen Einnahmenausfalls für die öffentliche Hand – das ist objektiv! – von etwa über 100 Milliarden Schilling ist dieses Konzept auch aus budgetären Gründen nicht verwirklichbar. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.30

Präsident Alfred Gerstl: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. Ich erteile es ihm.

16.30

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens möchte ich sagen, daß ich mich freue, daß der Herr Bundesminister für Finanzen selbst hier erschienen ist


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und doch versucht hat, in einer sehr ausführlichen Art und Weise unsere Fragen zu beantworten. Ich bedanke mich dafür! Ich habe nämlich schon vorgehabt, ihn morgen in Kärnten, wo er am "Europa-Telefon" zur Verfügung steht und zum Thema "Was ist in der Steuerpolitik weitergegangen?" Fragen beantworten wird, jene Fragen zu stellen, auf die ich vielleicht heute keine Antwort bekomme. Sollte die eine oder andere Frage hier noch entstehen, werde ich von diesem Angebot natürlich Gebrauch machen.

Bevor ich mich mit den konkreten Antworten beschäftige, die der Herr Bundesminister gegeben hat, möchte ich doch einige grundsätzliche Bemerkungen zur Situation im Zusammenhang mit der Steuerreform machen. Ich beziehe mich, was den derzeitigen Ist-Zustand betrifft, auf den Verein Österreichischer Steuerzahler, auf ein Gremium des Fachsenates für Steuerrecht in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und auf Experten unserer Hochschul- und Forschungsinstitute, und ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, berichten – aber das wissen Sie ohnedies schon –, daß das gegenwärtige österreichische Steuersystem auf wackeligen Beinen steht und dringend einer Rundumerneuerung bedarf.

Drei Punkte sind es im wesentlichen, über die sich alle Experten einig sind:

Erstens: Die explosionsartige Erhöhung der Abgabenquote – der Herr Bundesminister sieht das zwar nicht so dramatisch, aber immerhin ist diese Abgabenquote von 40,9 Prozent im Jahre 1990 auf 45,7 Prozent im Jahre 1996 gestiegen – muß eingebremst werden, müßte schnell wieder rückgängig gemacht werden.

Zweitens muß der Faktor Arbeit entsprechend entlastet werden. Durch die exorbitant hohe steuerliche Belastung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat sich die Belastung durch die Schwarzarbeit in Österreich von 90 Milliarden Schilling im Jahre 1989 auf 233 Milliarden Schilling im Jahre 1998 erhöht. Wenn Sie sich, meine Damen und Herren, die Belastung der Lohnsumme im europäischen Vergleich ansehen – der Herr Bundesminister hat auch auf die europäische Situation hingewiesen –, so können Sie sehen, daß Österreich bei der Belastung der Lohnnebenkosten im europäischen Durchschnitt an der Spitze liegt, gefolgt von Schweden und Frankreich, und daß der europäische Durchschnitt wesentlich besser ist. Ich zitiere in diesem Zusammenhang Professor Dr. Lehner, der gesagt hat, daß in Österreich 60 Milliarden Schilling mehr an Steuern von der Lohnsumme bezahlt werden, als dies im europäischen Durchschnitt der Fall ist.

Drittens: Es ist – das hat der Herr Bundesminister eigentlich auch in Abrede gestellt, aber die Experten gehen nicht davon ab – zu einer zunehmenden Verkomplizierung und Unübersichtlichkeit der Steuergesetze gekommen, und sogar die Experten kennen sich zum Teil schon nicht mehr aus.

Ich zitiere dazu den bekannten und allgemein anerkannten Grazer Professor DDr. Ruppe, der als Herausgebers des "Grundrisses des österreichischen Steuerrechtes" und einer der erstklassigsten Kenner der Materie folgendes wörtlich gemeint hat: Die Normen im Steuerrecht sind heute so gestaltet, daß sie oft nur noch unter Zuhilfenahme der Privatmeinung von Ministerialbeamten auslegbar sind.

Ich zitiere nun einen gut bekannten Klagenfurter Universitätsprofessor, Herrn Dr. Herbert Kofler, der in dieses Zusammenhang seinen Unmut auf den Punkt gebracht hat, indem er meinte: Das Steuerrecht ist ein prinzipienloses Recht, das im Laufe der Zeit so kompliziert und unübersichtlich wird, daß es selbst von Fachleuten nicht mehr beherrscht werden kann.

Die leitenden Herren und Damen im Finanzministerium scheinen tatsächlich im Verbund mit der Bürokratie über das Abkassieren vergessen zu haben, daß das Steuerrecht gewissen Grundsätzen und Prinzipien einfach genügen muß, wenn es den Hauptzweck, nämlich die Erzielung von Einnahmen, nicht verfehlen soll.

Der Fachsenat für Steuern der Wirtschaftstreuhänder läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, wenn er meint: Prinzipienloses Recht wird im Laufe der Zeit so kompliziert und unübersichtlich, daß es selbst von Fachleuten nicht mehr beherrscht werden kann. Es schafft unnö


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tigerweise ein Übermaß an Konfliktstoff, mit den Folgen von hohen Fehlerquoten auf seiten der Steuerbürger beziehungsweise ihrer Berater, aber auch auf seiten der Behörde.

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, glaube ich doch, daß es sinnvoll gewesen wäre, sich auch mit den Vorschlägen der Freiheitlichen im Detail einmal zu beschäftigen. Wir sind überzeugt davon, daß unser Modell eines Steuersystems das nächste Jahrtausend revolutionieren würde. Ich behaupte nach wie vor: Unser Flat-tax-System besticht durch Einfachheit. Vor allem die Abschaffung der Steuerausnahmen ist ein gewaltiger Fortschritt. Daß unsere Bürger in Hinkunft auch ohne Steuerberater auskommen könnten, daß sie einfache Steuererklärungen abgeben könnten, ist ein gewaltiger Vorteil. Außerdem wären die Effekte auf das Wirtschaftswachstum sehr enorm. Arbeitsleistung, Spareinlagen, Investitionen würden durch die Steuerersparnisse ansteigen, gleichzeitig würde damit der Wohlstand der Bürger erhöht.

Weil wir immer wieder mißverstanden werden, wiederhole ich es: Wir schlagen einen einheitlichen Steuersatz, und zwar für Lohn-, Einkommen-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer, in der Höhe von 23 Prozent vor. Über den Steuersatz könnte man natürlich noch reden, sodaß die 100 Milliarden Schilling, die der Herr Finanzminister genannt hat, nicht der Weisheit letzter Schluß wären.

Wir gehen davon aus, daß hohe Freibeträge für alle Einkommensbezieher sowie für Kinder die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen begünstigen. Daher ist der Vorwurf, daß dieses unser Steuersystem unsozial wäre, nicht richtig.

Eine 100prozentige Abschreibung sämtlicher Investitionen im ersten Jahr als Option würde dazu führen, daß es zu gewaltigen Investitionsanreizen käme. Wir schlagen die Streichung aller sonstigen Ausnahmebestimmungen vor und kommen so zu einer einfachen und transparenten Steuererklärung.

Es haben viele Kommentatoren gemeint, daß das Flat-tax-System eigentlich zu schade ist, daß man darüber überhaupt nicht diskutiert, und ich meine, man sollte von der Meinung, daß man nur deswegen, weil dieses Steuersystem von den Freiheitlichen kommt, darüber nicht reden sollte, wegkommen.

Wir liegen, so glaube ich, mit unserem Steuersystem tatsächlich im Trend der Zeit. Natürlich gibt es da und dort noch Details, die man ändern könnte, aber wir sind überzeugt davon, daß wir das mit Abstand modernste und beste Steuerreformmodell aller österreichischen Parteien haben.

Einen Hinweis, Herr Bundesminister, möchte ich noch gerne im Zusammenhang mit der Einführung des Euro anbringen. Es wird in diesem Bereich unweigerlich zu einer nächsten Intregrationswelle kommen, nämlich jener der Steuerharmonisierung. Schon jetzt sind in vielen Bereichen der Steuergesetzgebung staatliche – also auch bundesstaatliche – Alleingänge fast nicht mehr möglich, weil die EU-Richtlinien faktische Zwänge ausüben. So gesehen wäre es gerade jetzt sinnvoll, in möglichst kurzer Zeit diesen noch vorhandenen hoheitlichen Bewegungsspielraum auszunützen und eine wirklich vernünftige und tiefgreifende Steuerreform vorzubereiten.

Ich darf an dieser Stelle Frank Stronach erwähnen, der in diesem Zusammenhang gesagt hat: Die fortlaufende Globalisierung wird jene Staaten, die infolge einer höchst effizienten Verwaltung mit einem schlanken Beamtenapparat und somit mit einer geringen Abgabenbelastung auskommen, zu den bevorzugten Standorten für potentielle Investoren machen, und der Zug wird in diese Länder sicherlich erfolgen.

Herr Bundesminister! Ich darf noch kurz auf Ihre Antworten eingehen und mich mit einigen, ganz wenigen etwas kritisch auseinandersetzen.

Erstens: Wir sind nach wie vor der Meinung, daß Österreich tatsächlich doch ein Hochsteuerland ist, denn eine Steuerquote von 46 Prozent ist – wo immer wir im europäischen Durchschnitt liegen –, sehr hoch. (Bundesminister Edlinger: Na net! Sie wird von Rede zu Rede höher! – Bundesrat Konečny: Das ist wie beim Kilometerzähler: Jede halbe Stunde wird es mehr!) Herr Bundesminister! Ich gebe Ihnen recht, daß der Eingangssteuersatz und der


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Höchststeuersatz in Österreich bei weitem nicht europäische Spitze sind. Sie haben selbst gesagt, daß es die kalte Progression erforderlich macht, daß in periodischen Abständen Steueranpassungen erfolgen. Ich hätte gerne gewußt, wie lange solche Perioden normalerweise dauern, bis man da eine Anpassung vornimmt. Die derzeitige dauert jedenfalls schon viel zu lange. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Vier Jahre. Sicher zu lange! Dafür haben die Österreicherinnen und Österreicher sicher schon zuviel bezahlt.

Zu den Steuerabschreibungsmodellen haben Sie gemeint, daß das ein System sei, bei dem es eben zu Mißbräuchen käme. Sie meinten, daß dadurch nur 1 bis 2 Milliarden Schilling per anno dem Finanzminister entgingen. Wir fragen uns, warum man sich eigentlich so viel Zeit gelassen hat, diese Mißbräuche in den Griff zu bekommen. Es ist nach wie vor nicht einzusehen, daß beispielsweise ein gut verdienender Zahnarzt, der drei Golfanteile kauft, die Verluste mit diesen Golfanteilen in Form einer Kommanditgesellschaft abschreibt und daß all das zu Lasten der österreichischen Steuerzahler geht.

Zu den Kursgewinnen hätte uns schon Ihre Meinung interessiert. Sie haben gesagt, im Sinne der Steuergerechtigkeit wären Sie dafür, die Spekulationsfrist ganz abzuschaffen. Oder habe ich das falsch verstanden? – Ich glaube, daß Sie das so gesagt haben. Uns hätte weiters interessiert, ob Sie sich das so einfach vorstellen, wie es bei den Spareinlagen funktioniert hat, nämlich daß man einfach eine Kapitalertragssteuer einführt und dann von den Banken abführen läßt und es zu keinem bürokratischen Aufwand kommt. Oder wie stellen Sie sich vor, daß man – wie es vor allem im Gegensatz zu den Spareinlagen völlig logisch ist – da die Verluste kompensieren könnte?

Die Reformkommission hat, wie Sie berichtet haben, auch einen Vorschlag hinsichtlich der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Liegenschaften gemacht. Sie haben in diesem Fall – für uns: überraschenderweise – nicht die Steuergerechtigkeit angesprochen, wie dies bei der Aktienbesteuerung der Fall war. Ich meine nach wie vor, daß es überlegenswert wäre, enorme Steigerungen der Grundstückswerte durch Umwidmungen und ähnliche Maßnahmen in die Besteuerung einzubeziehen, um auch in diesem Bereich zu Steuergerechtigkeit zu kommen.

Hinsichtlich der Eigenkapitalbasis vermissen wir nach wie vor – das haben Sie nicht gesagt –, daß man doch einmal darüber reden wird, wie man die Eigenkapitalbasis verbessern kann, und zwar auch in der Form, daß man Steuerfreiheit für nichtentnommene Gewinne einführt.

Zur Altersversorgung, dritte Säule, schlägt die Kommission vor – Sie können sich vorstellen, daß das vernünftig ist –, daß man ein Prämiensystem wie beim Bausparen einführt. Ich darf nur darauf hinweisen, daß gerade ein Prämiensystem sozial völlig ungerecht ist. (Bundesminister Edlinger: Genau das Gegenteil!)

Zu unseren fairen Steuern und zu unserer Flat tax haben Sie zu den Fragen 39 bis 41 nur gesagt: nicht akzeptabel, unsozial. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich glaube, daß wir Sie doch davon überzeugen werden können, daß das nicht unsozial ist und daß es vernünftig ist, darüber zu diskutieren.

Wir Freiheitlichen meinen auch nach der Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für Finanzen, daß die Reform kein großer Wurf ist – was vor Wahlen vielleicht auch nicht möglich ist. Von einem echten Reformkonzept ist keine Rede, von einer Verbesserung der Unternehmensbesteuerung merken wir nichts. Es gibt zu wenig Leistungsanreize, und wir sehen viel zu wenige Effekte, die sich auf den Arbeitsplatz auswirken. – Ich bedanke mich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.42

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile ihm dieses.

16.42

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zunächst als kleine Vorbemerkung doch darauf


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hinweisen, weil es vielleicht mitunter in Vergessenheit gerät, daß es die Volkspartei war, die mit ihrem Regierungseintritt 1986 eine Steuerreform initiiert hat, bei der die Stufensteuersätze gesenkt wurden. Heute vergißt man mitunter, daß wir bereits bei 62 Prozent ... (Bundesrat
Konečny: Das ist das Problem der ÖVP, daß sie in Vergessenheit gerät!) – Welcher Witz war das jetzt, Herr Konečny? – Ich habe ihn nicht wirklich verstanden. (Bundesrat Konečny: Ich liefere ihn Ihnen nach der Sitzung gerne mit den Erläuterungen!) – Ich habe auf jeden Fall "sehr" gelacht.

Die Volkspartei hat dafür gesorgt, daß der Höchststeuersatz auf 50 Prozent gesenkt wurde und auch die unteren Steuersätze gesenkt wurden. Und auch dafür, daß, wie der Herr Bundesminister ausgeführt hat, die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich gerade auch in bezug auf die Körperschaftsteuer gestiegen ist, nehme ich in Anspruch, daß diese Initiative von der Volkspartei ausgegangen ist.

Die Anfrage möchte ich zum Anlaß nehmen, vor dem Hohen Bundesrat einige Punkte zu sagen, was die Pläne der Volkspartei zur Steuerreform betrifft.

Die Volkspartei sieht es als Ziel an, die Umsetzung der Familiensteuerreform weiterzubringen, eine Senkung der Besteuerung der unteren und mittleren Einkommen um 2 Prozentpunkte zu erreichen, weiters die steuerliche Absetzbarkeit von Aufwendungen für betriebliche und private Altersvorsorge, die Entlastung des Faktors Arbeit durch Senkung der Lohnnebenkosten auf das Niveau unserer wichtigsten Handelspartner sowie eine steuerliche Berücksichtigung der Eigenkapitalbildung und der Mitarbeiterbeteiligung in den Betrieben, die steuerliche Entlastung von Jungunternehmern bei der Unternehmensgründung und der Betriebsübernahme. Wir legen wesentlichen Wert auf die Ökologisierung des Steuersystems durch einen schrittweisen Umbau der Energiesteuern zu Umweltabgaben. Auch eine steuerliche Begünstigung von Zukunftsinvestitionen ist uns wichtig, so auch der Ausbildungsfreibetrag und der erhöhte Forschungsfreibetrag.

Selbstverständlich ist uns klar, daß die Harmonisierung der Steuerpolitik in der EU insbesondere in Fragen der Kapital- und Umweltsteuern eine sehr wesentliche Facette dieser Steuerreform sein muß.

Meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! Ich wollte noch kurz auf Ihr "tolles" Konzept mit der Flat tax zu sprechen kommen. Mir ist klar, daß Sie mit dem Abgang des berühmten Rosenstingl einen Ihrer größten Steuerexperten verloren haben (Beifall bei der ÖVP) und sich das dann in der Substanz der Vorschläge wiederfindet. (Bundesrat Dr. Tremmel: Was würden Sie machen, wenn Sie Rosenstingl nicht hätten?) – Was wir machen würden, wenn wir Rosenstingl nicht hätten? – Dazu kann ich nur sagen: Diese Frage stellt sich nicht, denn wir hatten ihn nie. Das ist eine Frage, die Sie beantworten müssen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie haben richtig ausgeführt, daß das Modell der Flat tax sehr einfach ist. Wenn man sich etwas Einfaches überlegt, muß dies jedoch nicht immer sehr durchdacht und auch nicht in einem hohen Prozentsatz intelligent sein.

Ich möchte dazu folgendes sagen: Für die Österreichische Volkspartei – auch für die Sozialdemokraten, so glaube ich, bei denen die Inhalte dann zwar anders sind, aber vom Grundsatz her ist das auch klar – ist Steuerpolitik auch Gesellschaftspolitik, mit der man politische Ziele steuert. Wenn man nun hergeht und eine "lustige" Flat tax machen will, dann begibt man sich – das ist klar – all jener Möglichkeiten, mit denen man sonst im Rahmen eines Steuersystems – denken wir zum Beispiel an Kinderabsetzbeträge et cetera – gesellschaftspolitisch in eine Richtung steuernd eingreifen könnte. Ganz abgesehen davon würde ein Einheitssteuersatz von 23 Prozent die Abgabenquote nicht senken.

Meine Damen und Herren! Ich bin dennoch froh, daß es den Vorschlag der Flat tax von seiten der Freiheitlichen gibt, weil uns damit die Möglichkeit eröffnet wird, den Bürgern dieses Landes sehr transparent zu machen, auf welchem Sinkflug sich die Vorschläge der Freiheitlichen Partei befinden. Die Einfachheit des Systems kommt uns tatsächlich sehr zugute, weil wir damit den


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Bürgern sehr leicht transparent machen können, wie einfach – aber einfach unwirksam und einfach unbrauchbar! – Ihre Vorschläge sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.50

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konečny. Ich erteile ihm dieses. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Darf ich jetzt sprechen? – Sie können es schon austragen, aber Sie müssen mir halt sagen, wenn Sie fertig sind!)

16.50

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, zur heutigen "sowjetischen Stunde" meinen Beitrag zu leisten – "sowjetische Stunde" deshalb, weil wir es heute in Stachanowscher Plansoll-Übererfüllung auf 41 Fragen gebracht haben und weil Kollege Himmer das sowjetische Spektrum in Fortsetzung bewährter Methoden insofern erweitert, als er schon alles erfunden gehabt hat – er hat knapp, bevor er gesagt hat, daß die ÖVP auch die Steuern erfunden hat, aufgehört; vielleicht hat er gemeint, das sei nicht so populär. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Ich meine, wir sollten uns eher der Linie anschließen, die der Herr Bundesminister in seiner Antwort uns vorzugeben versucht hat – gegen heftigen Widerstand der nachfolgenden Redner –: Wir sollten uns über die Steuerreform unterhalten. Ich glaube nicht, daß es zielführend ist, von dem Versuch einer konstruktiven und konsensualen Lösung abzuweichen, die sich vor allem auf eines konzentriert, nämlich gerecht und fair zu sein!

Meine Damen und Herren! Es kann doch zunächst einmal – bevor wir uns in Prozentsätze und ähnliches stürzen – eines nicht in Streit gezogen werden: Es muß in unserem Steuersystem dafür gesorgt werden, daß jedes Einkommen in steuerlicher Hinsicht gleich oder zumindest ähnlich behandelt wird. Lücken, die es gibt, sind zu schließen. Wenn ich mir beispielsweise diese Schein-Aufgeregtheit um den Kapitalplatz Wien anhöre, wobei es um die nüchterne Tatsache geht, daß Einkommenszuwachs, der durch realisierte Gewinne aus Wertpapieren, Aktien erfolgt, genauso Einkommen ist wie Arbeitseinkommen – das eine wird besteuert und das andere nicht –, dann kann ich dieser Argumentation schlichtweg nicht folgen.

Es ist schon sehr vernünftig, daß man gleichzeitig darüber nachdenkt, eine heute sehr unglückselige Besteuerung der Aktientransaktionen – im übrigen: in diesem Fall gewinnunabhängige Besteuerung – zu beseitigen – da kommen wir in die wichtige Technizität hinein –, aber wir sollten uns doch ein bißchen über Zielrichtungen unterhalten. Zielrichtung kann in diesem Fall nur sein, daß wir jedes Einkommen, jeden Vermögenszuwachs, der auch die Ausgabefähigkeit des einzelnen erhöht, in einer vergleichbaren Weise steuerlich belasten.

Zweiter Punkt: Ich glaube, wir sollten die einfachen Lösungen fürchten. Ich habe vorhin die Statements als eine "sowjetische Stunde" bezeichnet – es gibt auch das Wort vom "grauenhaften Vereinfacher" und die Flat tax, aber auch, Herr Kollege Himmer, der Vorschlag dessen, was ich die Flat reduction nennen möchte, gehört in die Kategorie der "grausamen Vereinfacher".

Wenn Sie so nett sagen: Überall 2 Prozent weg!, und dann noch behaupten, das sei gerecht, dann muß ich feststellen: Das ist im alphanumerischen System gerade noch hingängig, im Steuersystem nicht. Denn wenn ich bei der 50prozentigen Quote 2 Prozent der Steuerlast wegnehme, dann geht es dabei um beträchtliche Beträge, wenn ich jedoch die 22-Prozent-Kategorie um 2 Prozent reduziere, geht es um Trinkgelder. Das ist eine Scheingleichheit, da Gleichheit nur in bezug auf die Zahl, aber nicht auch auf die Auswirkung erreicht wird.

Ich mache da jetzt gar keine Polemik daraus, sondern sage nur: Diese Anleihe bei der Flat tax, die auch manche Ihrer Landespolitiker, wie ich gelesen habe, durchaus fasziniert hat – in diesem Fall waren die Zwischenrufe der FPÖ durchaus berechtigt –, diese Anleihe bei der Flat tax in Form einer Flat reduction ist eine gefährliche Vereinfachung. All das wird bei den Ver


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handlungen keine Rolle spielen, davon bin ich überzeugt – dort wird ernsthaft geredet –, aber wir sollten uns auf solche Vereinfachungen gar nicht einlassen.

Ich sage sehr wenig zu dem von Ihnen hier vorgebrachten Vorschlag – Kollege Prähauser wird sich damit noch ein bißchen auseinandersetzen –, aber lassen Sie mich eine grundsätzliche Bemerkung machen: Wir haben inzwischen, soweit man das noch verfolgen kann – ich gestehe, daß ich nicht weiß, ob ich jetzt auf dem letzten Stand bin –, die fünfte Version Ihrer Flat tax-Vorschläge auf dem Tisch, und zwar deshalb, weil Sie nicht nachgedacht haben. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Ich kenne sie alle, Herr Kollege!

Nach dem ursprünglichen Vorschlag, der eben eine Flat tax, die wir für falsch und für unsozial halten – dazu stehe ich, und darüber kann man auch argumentieren –, vorgesehen hat, sind die Auswirkungen auch manchen Ihrer Strategen aufgefallen. Da gab es einige andere Versionen, da inzwischen Freibeträge, Sonderregelungen, Zuschüsse "hineingebuttert" wurden; bei jeder Version ein paar weitere. (Bundesrätin Haunschmid: Die waren von Anfang an!) – Bitte, Frau Kollegin! Ich melde mich doch überhaupt nur zu Wort, damit Sie mir nicht dauernd die Ohren "vollplärren"! Sie dürfen reden, wenn ich auf meinem Platz sitze, aber seien Sie, bitte, wenigstens ruhig, wenn ich heraußen stehe. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. )

Zurückkommend zum Thema: Sie haben erkannt, daß dieses starre Prinzip unsoziale Auswirkungen hat, und haben inzwischen eine derartige Fülle von Ergänzungs- und Revisionsvorschlägen daruntergeschoben, daß ich einmal – darüber könnte man diskutieren – behaupte, daß das, was jetzt herausgekommen ist, komplizierter ist als unser gegenwärtiges Einkommensteuersystem, weil es einfach zur sozialen Austarierung – es ehrt Sie, daß Sie das immerhin probiert haben – einer solch komplizierten und unübersichtlichen Regelung kommt, die für die Menschen sehr viel schlechter handhabbar ist und die im Einzelfall ganz groteske Auswirkungen hat.

Ich glaube, das, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt ernsthaft diskutieren können und diskutieren sollen, ist: Die Regierung hat sich darauf festgelegt, die Durchführung einer Steuerreform zu versuchen, die mehr Gerechtigkeit bringt und die die Auswirkungen der kalten Progression rückgängig macht. Ich darf anfügen, daß die kalte Progression in vier Jahren verhältnismäßig geringer Preissteigerungsraten – es waren insgesamt sehr bescheidene Sätze – geringer ist als in anderen Jahren.

Der Herr Bundesminister hat hier, aber auch bei Dutzenden anderen Gelegenheiten gegenüber Vorschlägen, die gravierendste finanzielle Auswirkungen auf das Budget hätten, immer wieder – fast gebetsmühlenartig – wiederholt, daß er für eine Steuerreform, deren budgetäre Auswirkungen eine neue Belastung nach sich ziehen müßten, nicht zur Verfügung steht.

Es steht jedem zu, die Ohren – mit oder ohne Gebärdensprache – zuzuklappen und etwas nicht hören zu wollen, aber ich habe es Ihnen auch schon bei anderen Gelegenheiten gesagt: Es ist nicht der gute politische Stil, klare Aussagen zu ignorieren und in Ihrer Anfrage, in Reden oder in Ihren Publikationen so zu sprechen, als sei das Gegenteil die Absicht. Die Frage der Einheitswerterhöhung ist vom Herrn Bundesminister mit aller erforderlichen Dringlichkeit und Deutlichkeit vor Monaten klargestellt worden. (Bundesrat Dr. Harring: Glauben Sie das?) – Herr Kollege! Es gibt immer die Möglichkeit, einem Politiker nicht zu glauben, aber dann würde ich vorschlagen, daß Sie das auch entsprechend ausdrücken. Das, was Sie in dieser Anfrage jedoch tun, ist, daß Sie unterstellen, daß die Absicht besteht. (Bundesrat Dr. Harring: Wir werden Sie erinnern! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Was heißt: Na sicher?

Herr Kollege! Es gibt Leute, die daran glauben, daß die Menschheit an der Innenseite der Weltkugel lebt. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Das sind ein paar Hundert Leute, die die Hohlwelttheorie vertreten, und keine objektive Tatsache kann sie von dieser persönlichen – etwas meschuggen – Überzeugung abbringen.


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Wenn Sie sich sozusagen als finanzpolitischer Hohlwelttheoretiker profilieren wollen, dann ist das Ihre Angelegenheit, aber lassen Sie den Herrn Finanzminister in Ruhe! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage nochmals: Die meisten der von Ihnen im Text dieser Anfrage unterstellten Absichten haben nie bestanden und bestehen nicht. Es wird keine Steuerreform werden, die eine neuerliche Budgetkorrektur mit Auswirkungen für die Menschen nach sich zieht. Es wird keine Steuerreform werden, die, wie Sie hier ausführlich meinen, munter Belastungen aneinanderfügt. Warum sollte eine Steuerreform dieser Art gemacht werden? (Ruf bei den Freiheitlichen: Das frage ich mich auch!)  – Es gibt an Überlegungen – das ist tatsächlich richtig –, daß in dem einen oder anderen Fall Steuersenkungen, die in das Konzept passen, durch Steuererhöhungen oder Steuerkorrekturen, die ebenfalls in das Konzept passen, teilkompensiert werden. Das schließe ich nicht aus, und das ist Gegenstand der Verhandlung.

Aber eines können Sie sicher sein: Das, was unter dem Strich herauskommt, wird den Österreicherinnen und Österreichern eine Entlastung von insgesamt 30 Milliarden Schilling bringen, es wird ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit in unserem Steuersystem und in unserer Gesellschaft sein, und die Leute, die davon betroffen sind, die Bürgerinnen und Bürger, werden das auch sehr rasch verstehen und erkennen – nicht zu Ihrem Vorteil, aber zum Vorteil einer Regierung, die, wie ich glaube, ihrer finanzpolitischen Verantwortung voll und ganz gerecht wird! (Beifall bei der SPÖ.)

17.02

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile ihr dieses.

17.02

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es sind zwei Dinge, die mich zu meiner heutigen Wortmeldung veranlassen. Das betrifft einmal die Krise in der heimischen Tourismuswirtschaft, die natürlich auch mit dieser Steuerreform sehr stark in Verbindung steht, weil die Daten für den Sommer 1998 kaum Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation aufkommen lassen.

Die Maßnahmen zur Beseitigung der strukturellen Probleme, mit denen die heimischen Tourismusbetriebe zu kämpfen haben, veranschaulichen sich, und die entsprechenden Zahlen sind nur zu deutlich. So weisen bereits 75 Prozent aller Fremdenverkehrsbetriebe eine negative Eigenkapitalquote auf, und ein Drittel aller Betriebe verfügt über eine negative Eigenkapitalausstattung, was bedeutet, daß die Betriebe infolge buchmäßiger Überschuldung mehr Schulden als Vermögen haben.

Allein im ersten Quartal 1998 gab es 1 130 eröffnete Konkursverfahren, wovon 223 Insolvenzen Tourismusbetriebe betrafen. Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Gast- und Fremdenverkehrsgewerbe ist das traurige Spiegelbild dieser vorhin erwähnten Pleiten in der Tourismusbranche, meine Damen und Herren!

Nichtsdestotrotz sind wir natürlich froh darüber, daß überhaupt einmal über eine Steuerreform gesprochen worden ist, die wir Freiheitlichen – das können Sie uns nicht streitig machen – bereits seit vielen Jahren immer wieder gefordert haben.

Zweitens möchte ich auf folgendes zu sprechen kommen: Wohin steuern denn unsere Steuern? – Das ist eine Frage, die sich wohl jeder in diesem Land zu Recht stellt und über die sich schlußendlich die Regierung einig werden soll. Ist es eine Taktik, ist es Unschlüssigkeit, oder ist es einfach in Vergessenheit geraten, daß es in diesem Land Menschen gibt, die diese Abgaben zu entrichten haben und die sehr verunsichert sind und jetzt nicht wissen, wie es weitergehen soll? – Denn seit 4. November, seit den Aussagen des Herrn Finanzministers, ist es eigentlich wieder ziemlich ruhig geworden.

Wenn ich und meine Fraktion das als doppelzüngig und arrogant oder das Volk ausnützend bezeichnen, so ist das, so glaube ich, unser gutes Recht, vor allem wenn ich an folgendes


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denke: Was kann es denn schon anderes, dieses Volk, oder was kann der Klein- und Mittelbetrieb denn anderes, als seine Abgaben zu leisten? – Er kann sich nicht helfen, er kann nur das tun, was die Regierung schon längst tun müßte, nämlich diese Steuerreform finanzieren und sparen und sparen und wieder sparen!

Sparen für massive Steuersenkungen wäre der falsche Weg. Das würde einen Sozialabbau bedeuten. – Das sind Ihre Worte, Herr Minister! Wir reden aber nicht vom Sozialabbau, sondern in erster Linie haben wir zur Finanzierung dieser Steuerreform einen Bürokratieabbau gefordert. Wenn derzeit die Industriellenvereinigung auch langsam draufkommt, daß die Verwaltungskosten derart hoch sind, daß wir in Österreich fast ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes für die Administration ausgeben, und daß die Gewerbeordnung sowie das Finanz- und Steuerrecht jeweils 10 Prozent der Kosten verursachen – so geht es jedenfalls aus den Studien hervor –, dann, so glaube ich, müßte man sich tatsächlich Gedanken über einen Bürokratieabbau machen, um diese Steuerreform in irgendeiner Weise finanzieren zu können.

Diese groß angelegte Steuerreform 2000 scheint also nicht das zu halten, was man ursprünglich von ihr erhofft hat. Die Kommission bastelt zwar an Vorschlägen. Das Volumen von 10 bis 20 Milliarden ist nun auf 30 Milliarden angestiegen. Es ist darauf zu warten, wie jetzt eben, wie Sie selbst sagen, Ihr Koalitionspartner reagiert.

Sicher ist, daß allein das Familienministerium in erster Linie das erreicht hat, was es wollte. Das wird bereits mit 1. 1. umgesetzt. Aber nun kommt es – das ist eigentlich der zweite Punkt, warum ich mich heute zu Wort gemeldet habe – zu dieser ganz anderen Situation, wonach schon am 4. 11. – das habe ich selbst gehört und nicht nur den Zeitungen entnommen – von ÖVP-Seite massive Kritik an Sie herangetragen wurde. Ich zitiere Herrn Landesrat Leitl:

Die Steuerreform hält die Koalition nicht zusammen, sondern treibt sie ganz im Gegenteil immer weiter auseinander. In der VP wächst mit jedem Tag der Ärger über die Sozialistische Partei. Ich leide an der Diskussion, wie sie geführt wird, kritisiert Christoph Leitl am Dienstag im Gespräch mit den "Oberösterreichischen Nachrichten". Was sich derzeit auf der parteipolitischen Bühne abspielt, ist lächerlich. Die Regierung müsse endlich ernsthafte Verhandlungen aufnehmen, oder man sagt, wir verschieben das Ganze auf die Zeit nach der Wahl.

Unter anderem meint Leitl, vor allem Finanzminister Rudolf Edlinger treibe ein frivoles Spiel. Zuerst sage er, er habe kein Geld für eine große Reform, um sodann der VP vorzuwerfen, mit ihr sei keine ordentliche Reform zu machen. Es sei dies aber just Edlinger mit seinem Beharren auf einem 10-Milliarden-Schilling-Rahmen, und nun komme er langsam darauf, daß es 30 Milliarden sein müssen. Es fehle der Sozialistischen Partei schlicht an politischer Phantasie und am Willen zur Reform, kritisiert Leitl.

Unter anderem sagt er: Es stimmte Edlinger zu, daß das finanzierbare Volumen für die Steuerreform nicht so groß ist, wie manche tun. Das sagte Sausgruber als ÖVPler, den der gute Leitl als "den besten Mann für eine ausgezeichnete Lösung in den Verhandlungen" bezeichnete. Die von der SPÖ verlangte Besteuerung von Aktiengewinnen sei kein Pimperlthema, so sagte auch Kostelka von der sozialistischen Seite.

Das war am 4. 11. In der Zwischenzeit sind es 30 Milliarden geworden. Man hat sich gedacht, jetzt wird die ÖVP langsam damit einverstanden sein, jetzt wird sie doch zum Verhandlungstisch gehen. Siehe da, gestern gab es folgendes Interview:

Unter den gegebenen Umständen solle nicht am Termin 2000 für die Steuerreform festgehalten werden, plädierte AAB-Landesobmann Landesrat Franz Hiesl aus Oberösterreich, denn das Jahr 1999 werde, beginnend in ein paar Wochen, vom Wahlkampf geprägt sein. In diesem Klima könne kaum sinnvoll verhandelt werden, sagt Hiesl. Die Reform solle besser die bevorzugte Materie für die neue Regierung sein. Bei den bisherigen Reformvorschlägen vermißt Hiesl ebenso wie Landesfinanzreferent Leitl zum einen ausgabenseitige Überlegungen, zum anderen müßte vor allem eine Entlastung der mittleren Einkommen überlegt werden. Die Gewichte stimmen überhaupt nicht mehr, so sagt der Mann aus Oberösterreich. Vor allem bei den Einkommen


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bis 300 000 S jährlich habe die Progression unbarmherzig zugeschlagen. – Das sind seine Worte.

Er mache kein Hehl daraus, daß er auch wie Herr Christoph Leitl eine Verschiebung bis nach der Wahl für vernünftig hält. Im Hinblick auf den Wahlkampf könnten sonst langfristig sinnvolle Maßnahmen, wie die Steuerfreiheit nicht entnommener Gewinne, zugunsten eher kurzfristiger Entlastungen untergehen, fürchtet Leitl.

Sie befürchten nichts anderes – das befürchten auch wir –, als daß das von seiten der Sozialistischen Partei eine Wahlpropaganda wird und sicher nicht an das gedacht wird, was es tatsächlich sein soll, nämlich eine Steuerreform im Sinne der Bürger.

Ich möchte Ihnen nur ganz kurz die Steuerbelastungen der Gastronomie vor Augen halten. Ich weiß nicht, ob irgendein anderer europäischer Staat die Gastronomie so hoch besteuert hat, nämlich mit einer Getränkesteuer von 10 beziehungsweise 5 Prozent, mit einer Biersteuer von 20 S pro Hektoliter, mit einer Schaumweinsteuer pro Obstschaumwein, von 20 S bei Traubenschaumwein, mit einer Kommunalsteuer von 3 Prozent auf die Lohn- und Gehaltssumme, mit einem Familienlastenausgleich und so weiter und so fort. (Bundesrat Prähauser: Die Wirte bezahlen das nicht!)  – Der Konsument bezahlt, das ist keine Frage. Aber ist das im Sinne des Konsumenten, der ein geringfügiges Einkommen hat? – Wenn wir wirklich so weit sind, daß wir überhaupt nicht daran denken, eine der größten Einnahmequellen Österreichs, von der alle mitprofitieren, zu unterstützen, dann tut mir das herzlich leid. Das muß ich Ihnen schon sagen.

Wenn ich an diesen Widerspruch denke und wenn ich jetzt zu Herrn Kollegen Himmer komme, der sagt, das transportiere er zum Bürger, dann muß ich Ihnen schon einiges sagen, lieber Herr Kollege! Ich kann nämlich auch dem Bürger transferieren, wie es die ÖVP mit dem Wort "ehrlich" hält, wenn ich etwa an die dauernden Umfaller denke. Ich denke nur an all die Versprechen, von Maderthaner angefangen, die Getränkesteuer abzuschaffen. Dann kommt ein Entschließungsantrag im Nationalrat. Wer fällt um? – Dafür sind die Freiheitlichen, dagegen ist die Volkspartei. Die den Tourismus schädigenden nationalen Sondersteuern hat Herr Abgeordneter Rübig groß herausgeschrien. Wer war gegen deren Abschaffung im Nationalrat? – Die ÖVP mit der Sozialistischen Partei.

Ich kann Ihnen da X Sachen von 1993, von 1990 nennen. Die Forderungen der Freiheitlichen wurden immer wieder abgelehnt. (Zwischenruf des Bundesrates Schaufler. )  – Ja, Sie wissen es. Aber dann sagen Sie bitte nicht, Sie transportieren das. Es ist so. Sie haben nie, Herr Kollege, Ihre Pflicht als Wirtschaftspartei dem Bürger gegenüber kundgetan. Sie haben Demonstrationen angekündigt, am Freitag vorher fallen Sie um, weil Sie genau wissen, daß es nicht möglich ist, das durchzuhalten. Es sind die Ratspräsidentschaft und die Anerkennung von seiten der anderen Länder doch wichtiger, und daher können Sie sich so etwas überhaupt nicht leisten. Und schließlich und endlich sind Sie nach wie vor die Steigbügelhalter der Sozialistischen Partei. Das ist einmal so, und Sie können nichts anderes sein. (Bundesrat Schöls: Das ist Ihre Sicht, und das ist eine falsche!)

Aber wenn Sie bitte bei 30 Punkten, die ich hier habe und die Sie jederzeit einsehen können, immer wieder dagegen stimmen, Herr Kollege, wenn Sie immer wieder mit der Sozialistischen Partei gegen Steuerbegünstigungen für die österreichische Wirtschaft sind, dann tut es mir leid, dann kann ich heute nicht von Herrn Kollegen Himmer akzeptieren, daß er sagt, er transportiere das zu der Bevölkerung. Wenn wir das jedesmal hinausgeben würden, dann möchte ich sehen, ob Sie überhaupt noch dieses Ansehen genießen würden.

Ich habe mir nur folgendes herausgesucht: Hinsichtlich der Zeltfeste wurde uns von Herrn Minister Farnleitner versprochen, daß wir die firmeneigenen Autos verwenden und unsere Gäste heimchauffieren können, wenn Sie sich daran erinnern. Wenn ich mir derzeit die Steuern bei einem Firmenauto anschaue, die motorbezogene Versicherungssteuer, die Normverbrauchsabgabe, die Mineralölsteuer, die Umsatzsteuer, dann möchte ich wissen, wie wir das finanzieren können. (Ruf bei der SPÖ: Jetzt geht das schon ein bißchen quer durch den Gemüsegarten!)


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Das können Sie nicht, und das können wir nicht, und daher finde ich, daß die Autofahrer genauso zur Melkkuh werden wie andere.

Wenn es noch eines Beweises für die Notwendigkeit einer umfassenden Steuerentlastung bedurft hätte, dann ist er jetzt da. Laut Statistischem Zentralamt haben die Österreicher im Vorjahr, wie schon x-mal erwähnt, rund 45 Prozent des erwirtschafteten Bruttoinlandsproduktes gleich wieder an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen abgeführt. Meine Damen und Herren! So hoch war die Steuerbelastung für Privatpersonen und Unternehmen noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik! Die Kurve zeigt seit drei Jahren steil hinauf, der Staat greift immer tiefer in unsere Taschen.

Man hat uns seinerzeit eine überwiegend ausgabenseitige Budgetsanierung versprochen, aber davon ist nicht viel zu sehen. Bei der Staatsquote, die den Anteil der öffentlichen Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt darstellt, sieht es noch viel schlimmer aus als bei den Abgaben. Die Staatsausgabenquote liegt sogar über 52 Prozent. Daß uns der riesige Unterschied zwischen Steuereinnahmen und öffentlichen Ausgaben nicht aus der Qualifikation für Euroland hinausgeworfen hat, meine Damen und Herren, liegt einzig und allein daran, daß das Loch mit Einmaleffekten wie Privatisierungserlösen und mit Hilfe von Tricks – es könnten auch legale Tricks sein, wie etwa Ausgliederungen, Forderungsverkäufe oder die Einrechnung eines Teils der Schattenwirtschaft in das Bruttoinlandsprodukt – halbwegs aufgefüllt werden konnte. Das geht aber nur eine begrenzte Zeit gut. (Bundesrat Steinbichler: Sagen Sie, wie stimmt das mit der Realität überein?!)

Herr Kollege Steinbichler! An Ihrer Stelle würde ich überhaupt ruhig sein, denn zu Ihnen kann ich etwas ganz anderes sagen. Ich habe jüngst erfahren, welche Vorteile ich hätte, wenn ich nicht das Gastgewerbe angemeldet hätte, sondern Urlaub auf dem Bauernhof. Ich denke nur an die Kanalisation. Da heißt es: Warum sind Sie so dumm, warum melden Sie denn nicht einen Urlaub auf dem Bauernhof an? Warum haben Sie denn ein Gewerbe? Bei einer Landwirtschaft verbunden mit Fremdenzimmern bekommen Sie die vollen 60 Prozent EU-Förderung. So schaut es aus! (Bundesrat Steinbichler: Frau Kollegin! Sagen Sie das bitte am Stammtisch im Wirtshaus!)  – Seien Sie doch einmal ganz ruhig! Es hilft nichts.

Die für ein wesentliches Industrieland extreme Staatsquote, meine Damen und Herren, muß auf verträgliche Werte gesenkt werden und nicht gerade jener Teil, der auf wirtschaftsfördernde Investitionen entfällt. Der überwiegende Teil betrifft aber sowieso sogenannte fixe Ausgaben, bei denen es noch viel Rationalisierungsspielraum gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Wenn Sie vielleicht jetzt ein bißchen ruhiger sind, dann kann ich wieder weiterreden, und dann werden wir früher fertig. Ansonsten warte ich einfach, bis Sie sich beruhigt haben.

Der perverse Aufwind bei den Steuern und Abgaben gehört raschest abgestellt. Ich weiß, Sie sind nicht der Meinung der Freiheitlichen. Ich weiß, daß Sie nicht der Meinung sind, daß die Steuern und Abgaben gesenkt werden können. Ich weiß, daß Sie keine Wirtschaftspartei mehr sind. Das ist ein Trauerspiel. Denn daß wir statistisch gesehen fast die Hälfte des Jahres für Steuern und Sozialversicherung arbeiten, ist für mich unzumutbar. (Ruf bei der ÖVP: Haben Sie noch irgendeinen Gemeinplatz?)

Die Dringlichkeit einer steuerlichen Entlastung im Rahmen der für das Jahr 2000 geplanten Steuerreform wird durch die jüngste Statistik voll unterstrichen. Die Steuereinnahmen beliefen sich im Jahr 1997 auf 743,7 Milliarden Schilling, im Gegensatz zu 1996 mit 696 Milliarden Schilling. Die Sozialversicherungsbeiträge machten 384 Milliarden Schilling aus, im Gegensatz zu 374 Milliarden Schilling 1996.

Meine Damen und Herren! Angesichts dieser Horrorzahlen gibt es nur eines: Steuern sparen! Aber wie? – Das wird uns der Herr Finanzminister beweisen, wie er es mit der Koalition durchbringt. Es gibt kein Rechtsgebiet, das sich so rasch ändert wie das Steuerrecht. Ich glaube, jeder Unternehmer und längst auch jeder Dienstnehmer sind unmittelbar davon betroffen. Wir müssen uns daran gewöhnen, daß uns Steuerfragen auf Schritt und Tritt verfolgen, denn der Staat will unser Geld.


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Herr Finanzminister! Ich muß schon scharfe Kritik üben (Bundesrat
Konečny: Entschuldigung, das "Bisher" war das Lob?), wenn wir so das Geld herausholen, daß wir nicht mehr an eine Steuerreform denken und sie nach kurzer Zeit wieder ruhend gemeldet wird, wenn die Reaktion so ist, daß man überfallsartig Kriminalbeamte und Steuerfahndung in die Gastronomie beziehungsweise in die Brauereien schickt. Sie haben einmal zu mir gesagt, Sie haben uns nicht als Betrüger hingestellt. Ich bin der Meinung, Sie stellen uns als Betrüger hin, und dagegen verwahre ich mich auf das entschiedenste. Meine Kollegen können nicht akzeptieren, wie Sie in jüngster Zeit mit den Tourismusbetrieben und mit den Brauereibetrieben umgegangen sind. Im Gegenteil, Sie hätten uns jetzt in der Europäischen Union unterstützen müssen! Wenn ich daran denke, daß man sogar Brauereiverträge abschaffen will, weil der Staat so weit geht, daß er sich sogar in private Finanzierungsaktionen einmischt, dann weiß ich nicht, Herr Kollege Konečny, wo da die Sowjetunion aufhört beziehungsweise wo sie beginnt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.21

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger. Ich erteile ihm dieses.

17.21

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu den bisher vorgebrachten Argumenten doch einige Bemerkungen anbringen.

Es ist natürlich durchaus legitim, daß eine Oppositionspartei die Regierung kritisiert, mir wären nur klarere Kritikpunkte angenehm, denn dann könnte ich mich damit auseinandersetzen. Frau Bundesrätin Haunschmid vergißt nämlich, daß sie eigentlich von ihrem Grundsatz her auf die Flat tax eingeschworen sein sollte, und daher finde ich es köstlich, wenn sie über Absetzbeträge und sonstige Begünstigungen hier Vorschläge macht, denn diese gibt es dann nicht mehr, wie Herr Bundesrat Harring richtigerweise festgestellt hat. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich weiß auch nicht, ob es klug ist, daß Sie persönlich Ihren Gastronomiebetrieb in eine Landwirtschaft umbauen, denn wenn sich die FPÖ mit der Flat tax durchsetzt, dann würde die Pauschalierungsvergünstigung der Landwirtschaft fallen. Das müßte man auch in aller Deutlichkeit sagen. (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Vielleicht ist das überhaupt ein Argument, bezüglich dessen ich meinem Koalitionspartner, der in der Bauernschaft stärker vertreten ist als meine Partei, ans Herz lege, daß man den Bauern nahebringt, was die segensreiche Einrichtung der Flat tax für sie bedeuten würde. Ich würde das als Argumentationshilfe nehmen, damit auch klargestellt ist, wie sich manche, die sich zu den neuen Bauernfreunden zählen, mit der Basis auseinandersetzen.

Zum zweiten: Ich nehme selbstverständlich auch zur Kenntnis, Frau Bundesrätin Haunschmid, daß Sie mich als doppelzüngig und arrogant bezeichnen. Die größere Zahl der Österreicher hält mich weder für das eine noch das andere, und ich betrachte das als Ehre, wenn meine Argumentation auf Sie so wirkt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Sie reden von Steuersenkungen, Sie haben aber keinen einzigen Vorschlag gemacht außer dem Stereotyp des Bürokratieabbaus, ohne aber auch nur in einem einzigen Punkt zu sagen, wo das über die Bühne gehen soll. So global kenne ich das schon, denn Ihr Parteiobmann hat einmal gesagt, ein Drittel der Beamten sei blöd, ein Drittel sei faul, und mit einem Drittel kämen wir aus – das sollten sich die Beamten auch überlegen, wenn sie solche Äußerungen hören –, aber konkret, wo man im Bereich der Bürokratie mehr sparen kann, als wir es tun, das sagen Sie nicht.

Dazu muß man folgendes wissen: Der Anteil des öffentlichen Dienstes am Bruttoinlandsprodukt ist zwischen 1994 und 1997 um 2,5 Prozentpunkte zurückgegangen, was an und für sich beweist, daß die maßvolle und durchaus auch sozial verträgliche Form der Kosteneinsparung in der öffentlichen Verwaltung greift. Vielleicht greift sie nicht in dem Maße, wie ich persönlich mir das auch wünschen würde, denn selbstverständlich könnte man dadurch neue Möglichkeiten der Disposition bekommen, aber man muß eben zur Kenntnis nehmen, daß auch die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bestimmten Respekt verdient haben.


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Auf der anderen Seite wundere ich mich schon, daß eine Gehaltsrunde mit 2,5 Prozent, die meiner Meinung nach ein Maximum betragen hat, gerade aus Ihren Reihen als sehr mickrig – das ist ein wörtliches Zitat, das ich einer Kärntner Zeitung entnommen habe – qualifiziert worden ist. Wie das wieder mit dem Bürokratieabbau, mit der Kostenminimierung in Einklang zu bringen ist, verstehe ich nicht.

Ich schätze Sie durchaus auch als eine sehr engagierte Verfechterin der Gastronomie, aber ich lasse mich nicht von meiner Meinung abbringen – auch nicht durch Sie, Frau Bundesrätin –, daß der größere Teil der Gastronomen ordentliche und redliche Unternehmer sind, und ich betrachte es als meine Aufgabe gegenüber jenen wenigen, die es mit der Steuer nicht so genau nehmen, im Interesse der Redlichen vorzugehen. Es liegt jetzt durchaus in Ihrem Ermessen, welcher Seite Sie sich bei den Aktionen, wenn ich jene Steuern haben möchte, die dem Staat zustehen, zugehörig fühlen: denen, die sie abführen, oder denen, die nicht so genau mit den Gesetzen umgehen.

Es hätte mich natürlich schon gefreut – das gebe ich schon zu –, wenn Sie in objektiver Weise festgestellt hätten – wie das etwa durchaus auch jemand, der nicht meiner Partei angehört, etwa der liberale Nationalratsabgeordnete Peter in seiner Funktion bei der Hotellerie als sehr positiv begrüßt und auch öffentlich dargestellt hat –, daß wir sehr wohl erst vor wenigen Wochen, noch vor Beginn des Fremdenverkehrs, gerade dem Tourismus mit dem Erlaß der Globalbesteuerung sehr wesentlich geholfen haben. (Bundesrätin Haunschmid: Der biedert sich gerne an, der Helmut Peter!) – Das würde ich nicht so sagen, denn ich habe einen Brief der offiziellen Standesvertretung bekommen, die sich dafür bedankt hat, daß wir mit der Globalbesteuerung der Tourismuswirtschaft massiv entgegengekommen sind.

Es wundert mich sehr, daß Sie das nicht erkannt haben, denn selbstverständlich – darüber freue ich mich sehr – ist es eine durchaus innovative Form, nämlich Steuer zu bezahlen und gleichzeitig der Tourismuswirtschaft entgegengekommen zu sein.

Was den Faktor Arbeit betrifft, hat Herr Bundesrat Harring gemeint, dieser sei zu entlasten, denn das sei eine offensive Maßnahme gegen die Schwarzarbeit. Ich bin ein absoluter Verfechter dafür, daß man Maßnahmen setzt, die die Schwarzarbeit hintanhalten, ich frage mich nur, ob das mit einer Entlastung der Lohnnebenkosten funktioniert.

Die Lohnnebenkosten werden tendenziell abnehmen – gar keine Frage –, aber nicht in der gewünschten spektakulären Form. Das geht auch gar nicht, denn damit würden Sie die Finanzdecke für das gesamte österreichische Sozialsystem demolieren. Ich meine, das kann man natürlich auch, aber ich frage mich, ob damit die Österreicher einverstanden wären. Aber eines kann mir kein Mensch erklären – ich bin schon mehrfach gefragt worden, denn es gibt mitunter Leute, die glauben, daß sich jemand im Steuerrecht und in den Steuerzuordnungen ganz besonders auskennen muß, nämlich der Finanzminister –, und ich muß Ihnen, für den Fall, daß Sie mir die Frage stellen, ehrlich sagen, ich weiß auch nicht, warum der 13. und der 14. Lohnnebenkosten sind. Das kann ich Ihnen ganz einfach nicht erklären.

Den 13. und 14. verdienen die Leute, und nur aufgrund der steuerlichen privilegierten Behandlung erfolgt statistisch eine Zuordnung zu den Lohnnebenkosten. Ich sage Ihnen auch nichts Neues, wenn ich behaupte, daß es in Deutschland einen 13. und den 14. nicht gibt. Allein schon deswegen, weil es dort den 13. und den 14. nicht gibt, bei uns aber aus mir unerklärlichen Gründen ein Sechstel des Jahresverdienstes der unselbständig Erwerbstätigen den Lohnnebenkosten zugeordnet wird, hinkt der Vergleich. Würden wir also die Lohnnebenkosten als Lohnkosten bezeichnen, dann würden wir die Lohnnebenkosten etwa mit einem Wert von 15, 16 Prozent entlasten und hätten somit niedrigere Lohnnebenkosten als die Deutschen. – Das sage ich nur deshalb, damit man weiß, wovon man redet, bevor man irgendwelche Thesen hier aufstellt.

Dann möchte ich noch zu einer Sache Stellung nehmen, die mir doch wichtig erscheint. Herr Bundesrat Himmer hat gemeint, Steuerpolitik sei auch eine Frage der Gesellschaftspolitik, und hat der FPÖ unterstellt, daß sie mit der Flat tax keine solche betreibt. Da sind Sie im Irrtum, Herr


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Bundesrat! Die Flat tax ist die größte Umverteilungsmaschinerie von oben nach unten, die überhaupt bisher jemand erfunden hat, und damit ist das eine sehr angewandte Gesellschaftspolitik, allerdings eine solche, der ich nichts abgewinnen kann. Das möchte ich schon auch in aller Deutlichkeit sagen.

Ich weiß schon, daß es Absetzbeträge gibt, die sich am Beispiel einer Familie mit zwei Kindern ganz einfach erklären lassen. Jemand, der 450 000 S Einkommen und zwei Kinder hat, zahlt jetzt 73 000 S Steuer. Nach der Flat tax zahlt er nichts mehr. Das ist wunderbar für die Familie, selbstverständlich, wunderbar auch für alle, die darunter liegen, denn die ersparen sich auch etwas. Das Unangenehme ist nur, daß sich derjenige, der nur 10 000 S verdient, nichts erspart, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: weil er jetzt auch nichts zahlt. Er kann sich also gar nichts ersparen.

Das heißt also, bei 450 000 S zahlt jemand nach diesem Beispiel keine Steuer mehr. Wenn dieselbe Familie 1 Million Schilling verdient, wirkt der allgemeine Absetzbetrag dann so, daß sich diese Familie nicht 73 000 S, sondern bereits über 150 000 S Steuer erspart, und eine Familie mit 2 Millionen Schilling Einkommen erspart sich schon 360 000 S Steuer.

Jetzt frage ich mich, ob man überhaupt eine soziale Angemessenheit erreichen kann mit einer solchen Flat tax, bei der alles gleichgeschaltet wird, bei der ich alle Gestaltungsspielräume verliere, bei der ich keine Familienbesteuerungspolitik mehr machen kann, da das Geld hiefür nicht mehr vorhanden ist.

Das Flat-tax-Konzept – das werfe ich Ihnen auch vor – hat nämlich eine konkrete, durchaus diskutierbare Überlegung: eine einheitliche Höhe der Steuer in allen Bereichen. Aber dann gibt es keine Ausnahmen. Jetzt keimt bei mir ein wenig der Verdacht auf, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, daß die auch von Ihrem Nobelpreisträger-Professor nicht vorgeschlagene Variante, den 13. und 14. trotzdem zu lassen, ein wenig Opportunismus ist (Heiterkeit bei der SPÖ), weil man genau weiß, daß in Österreich der 13. und 14. von den Menschen emotionell erlebt wird. Denn ins Konzept der Flat tax paßt das ganz einfach nicht hinein. (Beifall bei der SPÖ.) Das muß man auch in aller Deutlichkeit sagen. Daher ist all das ein wenig opportunistisch. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) Ein wenig opportunistisch; ich bin ohnehin freundlich.

Man muß sich auch anschauen, was das von der Kostenseite, vom Geld her bedeutet: Die Lohnsteuer, die jetzt 0 bis 50 Prozent beträgt, geht dann von 0 bis 23 Prozent, die Körperschaftsteuer, die 34 Prozent beträgt, geht auf 23 Prozent, selbst die KESt sinkt von 25 auf 23 Prozent. Das können Sie jetzt rechnen, wie Sie wollen, da kommen Sie auf keine anderen Zahlen als jene, die ich genannt habe. Daher sind Sie auch noch nicht darauf eingegangen.

Der Lohnsteuerausfall beträgt 100 Milliarden Schilling. Stimmt das? – Gut. Der Ausfall bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer beträgt 20 Milliarden Schilling, und der Ausfall durch die Vollabschreibung bei Investitionen im ersten Jahr macht noch einmal 20 Milliarden Schilling aus. Das sind 140 Milliarden Schilling! All das wollen Sie mit der Verwaltung einsparen? – Na, das schaue ich mir wirklich an! Auf dieses logische Konzept warte ich. Denn wenn Sie das können, dann bitte ich Sie: Behalten Sie es nicht für sich! Ich würde nur 10 Prozent davon realisieren, würde 14 Milliarden Schilling einsparen und könnte das zusätzlich einer gescheiten Steuerreform zur Verfügung stellen. Also verschweigen Sie sich nicht (Heiterkeit des Bundesrates Konečny ), wenn Sie wissen, wie man solche massive Einsparungen erzielen kann, die sozial ausgewogen sind, die von den Menschen akzeptiert werden, die tatsächlich innovativ sind, die Österreich tatsächlich an neue Ufer führen und ähnliches mehr, die das Sozialsystem nicht demolieren, die faktisch die Pensionisten nicht gefährden, die die Valorisierung der Karenzgelder ermöglichen. Alles, alles, alles geht, und der Staat hat um 140 Milliarden Schilling Schulden weniger.

Herr Bundesrat Konečny hat zuerst das mit der Hohlkugel gesagt, es gibt auch etwas Zweites, die Quadratur des Kreises. Sie sind ganz offensichtlich dabei, die Quadratur des Kreises bereits erfunden zu haben.


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Das Allerletzte, sehr geehrte Frau Haunschmid, bei allem Respekt: Ich bemühe mich, mit meiner Argumentation eigentlich immer auch auf Argumente anderer zuzugehen. Bei mir ist es keineswegs so, daß ich grundsätzlich sage: Jeder Vorschlag, der von den Roten kommt, ist gut, und jeder, der von den anderen kommt, ist schlecht, sondern ich wäge das grundsätzlich ab. Aber weil Sie so argumentiert haben in Richtung Irritation im Hinblick auf meinen Koalitionspartner – Sie hätten sicherlich auch Beispiele aus meiner Partei bringen können –, sage ich Ihnen schon in aller Offenheit eines: Ich möchte eine ordentliche Steuerreform zustande bringen in der Koalition, ich bin auch überzeugt davon, daß wir es können, aber auf Befindlichkeiten von Landesfinanzreferenten nehme ich dabei nicht Rücksicht. Das muß ich Ihnen auch in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch nicht meine Aufgabe. Wenn der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter von Oberösterreich aus der Sicht seines Landes zu einer anderen Beurteilung kommt, dann verstehe ich das sogar, denn auch mir hat der Finanzausgleich bis zum Zeitpunkt meiner Berufung als Finanzminister besser gefallen als jetzt (Heiterkeit bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen), nämlich aus der Position des Landesfinanzreferenten der Stadt Wien.

Wenn man sich die Defizitproblematik der Republik Österreich anschaut, dann ist das auch klar. Wir haben im Jahr 1997 ein Budgetdefizit des Bundes von 2,5 Prozent und ein nationales Defizit von 1,9 Prozent gehabt. Das ist nicht von alleine entstanden. Das heißt, die zweite und die dritte Gebietskörperschaft – ohne daß ich das jetzt als Wertung sage –, also die Länder und Gemeinden, sind Gott sei Dank finanztechnisch besser ausgestattet als der Bund. Ich sage das in der Länderkammer mit sehr großer Überzeugung: Der Bund ist viel ärmer, als Sie glauben! Ich sage das auch für den Fall, daß Sie irgendwelche kreativen Vorstellungen haben, die Sie in Hinkunft an den Bund herantragen wollen. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Jetzt noch zu dem Punkt, den Sie so in den Mittelpunkt gestellt haben, und ich möchte Sie bitten, das nicht so zur Kenntnis zu nehmen, wie ich glaube, daß ich Sie verstehen muß.

Sie haben gemeint, ich hätte immer gesagt, die Steuerreform kann nur 10 Milliarden Schilling umfassen, und jetzt plötzlich sind es 30 Milliarden Schilling. Das ist ein Zampano! Entweder ist da jemand "eingegangen" oder geht man nicht mehr auf Defizite. Ich rechne Ihnen das ganz einfach vor, und es wird ganz genau das sein, was ich immer gesagt habe: 10 Milliarden, maximal 11 Milliarden Schilling. Auf mehr kann der Bund bei der Steuerreform nicht verzichten. Die Familiensteuerreform ist bereits, wenn auch noch nicht wirksam, im Budget 1999 angedacht. Die 6 Milliarden Schilling sind beim Abgang inkludiert und auch in der mittelfristigen Budgetprognose enthalten.

Das ist ganz einfach gerechnet: 30 Milliarden Schilling Entlastung inklusive Familien. Davon entfallen 6 Milliarden Schilling auf den FLAF; bleiben noch 24 Milliarden Schilling. 24 Milliarden Schilling entfallen auf den Lohn- und Einkommensteuerbereich. Davon zahlen aufgrund des Finanzausgleiches ein Drittel, also 8 Milliarden Schilling, die Länder und Gemeinden. Bleiben noch 16 Milliarden Schilling übrig. 4 Milliarden Schilling davon sind der Bundesanteil der Familienbesteuerung. Der Rest macht daher 12 Milliarden Schilling aus. Ganz scharf ist das nicht, der Bund zahlt etwas weniger. Es sind exakt Belastungen in der Höhe von 11 Milliarden Schilling.

Das habe ich immer gesagt: 10 Milliarden Schilling, Maximum 11 Milliarden Schilling. Ich bin auch der Meinung, daß das durchaus ein rundes Konzept ergibt. Mehr können wir uns nicht leisten – auch wenn ich es mir wünschen würde –, wenn wir wollen, daß wir die Defizitquoten unseres Budgets reduzieren, daß wir den Stabilitätspakt, den wir international eingegangen sind, anerkennen, daß wir in diesem Gemeinschaftsraum ein starkes Land bleiben wollen. Ich glaube, daß eine niedrige Inflation und niedrige Zinsen in Europa und natürlich auch in Österreich positiv sind, und in diesem Sinn muß sich die Steuerreform auch dem mittelfristigen Ziel einer weiteren Budgetkonsolidierung anpassen.

Ich weiß mich hier eines Sinnes mit dem Koalitionspartner. Das ist gar keine Frage! Daß in der einen oder anderen Frage, wie jetzt im Detail die Lohnsteuerreform ausschauen soll, wie die


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eine oder andere Maßnahme ausschauen soll, unterschiedliche Auffassungen bestehen, das ist doch klar! Die Verhandlungen haben noch nicht begonnen. Wir sind zu einem ersten Kontaktgespräch zusammengekommen, in dem ich dem Verhandlungskomitee auch die mittelfristige Budgetprognose dargelegt habe, und es ist mir – Sie werden es nicht glauben – sogar geglaubt worden, Frau Bundesrätin! Ich gehe eigentlich immer davon aus, daß man Zahlen nachrechnen kann, daher ist es sehr kurzsichtig, wenn man versucht, jemanden über den Tisch zu ziehen.

Ich bin auch überzeugt davon – aber ein wenig Geduld müssen Sie noch haben –: Diese Bundesregierung wird das, wie so viele andere Probleme auch, meistern und Mitte März eine Steuerreform vorschlagen, die dem Wirtschaftsstandort Österreich entspricht, die sozial gerecht und ausgewogen ist, welche die Steuerlast senkt und die für Innovation neue Möglichkeiten öffnet. Das ist das Ziel, und das werden wir auch erreichen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.39

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Prähauser. Ich erteile ihm dieses.

17.39

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Das Jahresende ist immer Gelegenheit und auch Auftrag, zurückzuschauen, uns Rückblenden vor Augen zu führen, das Vergangene noch einmal ablaufen zu lassen.

Die heutige Dringliche der FPÖ ist eine gute Gelegenheit, das Jahr 1998, "Haiders erstes Kanzlerjahr", oder was uns sonst noch erspart blieb, fiktiv ablaufen zu lassen. Was wurde uns als erstes erspart? – Ein Finanzminister namens Rosenstingl, der die Weihnachtsfeiertage dazu nützt, sich vom Einführen der Flat tax in Brasilien zu erholen. Es wurde uns weiterhin ein Finanzstaatssekretär Meischberger erspart, der sich davon jetzt erholt, die Besteuerung der Fußballtransaktionen eingeführt zu haben.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns auch einen Wirtschaftsminister erspart, der, als es ernst wurde, als er Verantwortung zu übernehmen gehabt hätte, zurückgetreten ist – nämlich Prinzhorn –, und dadurch einen Nachfolger namens Rumpold, der dafür bekannt ist, Menschen an die Säcke zu gehen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Wir haben uns vieles dadurch erspart, daß diese Dinge nicht eingetreten sind.

Meine Damen und Herren! Wenn ich also jetzt zurückblicke, weiß ich, was Österreich, was uns erspart wurde – wahrlich ein schöner Rückblick in dem Wissen, daß all das so nicht eingetreten ist.

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Ich würde Sie um eines bitten: Schauen Sie sich andere Länder an – nicht Brasilien, das meine ich jetzt nicht –, sondern irgendwelche andere Länder. Kollegin Haunschmid hat es uns vor Augen geführt: Sie hat sich heute hier dargeboten als eine im Zorn erbleichte Vertreterin eines kongolesischen Buschwirtshauses. Schauen Sie sich andere Länder an, dann werden Sie Österreich zu schätzen wissen! Schauen Sie sich andere Länder an, dann werden Sie Österreich schön finden und mit Freude gemeinsam mit uns daran arbeiten, daß die Regierung in der Lage sein wird, eine Steuerpolitik zu betreiben, die Österreich weiterhin auf den Weg des Erfolges führen wird, auf dem wir uns zweifelsfrei befinden. – Das ist letztendlich das Problem, das die FPÖ hat, und das ist auch der Grund ihrer Stagnation. Wir gehen diesen Weg weiter und lassen uns durch solche Einwendungen sicherlich nicht vom Konzept abbringen.

Ich danke unserem Finanzminister für sein Engagement. Ich weiß, mit ihm sind wir auf dem richtigen Weg. Sie werden weiterhin flach den Weg des Finanzwesens beschreiten müssen, meine Damen und Herren in der FPÖ. Ihre Zeit wird so sicherlich nicht kommen. Dafür werden wir arbeiten – heute und nächstes Jahr und darüber hinaus. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.42

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat DDr. Königshofer. Ich erteile es ihm.


Bundesrat
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17.43

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! – Den Herrn Bundesminister vermisse ich derzeit im Plenarsaal. (Bundesrat Konečny: Er nimmt Steuern ein! Er raucht eine Zigarette!) Sehr gut. Ich hoffe, es bekommt ihm auch, und er schädigt damit seine Gesundheit nicht zu sehr. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Bevor ich eine kurze Analyse der Budgetpolitik der letzten drei bis vier Jahre mache, möchte ich auf einige Äußerungen meiner Vorredner eingehen.

Die süffisanten Aussagen des ÖVP-Kollegen Himmer reizen mich dazu, ihm ein Zitat vorzuhalten, das die Wirtschaftskompetenz der ÖVP darstellt, und zwar ein Zitat eines bärtigen Tirolers, der in Brüssel als Agrarkommissar werkt. Dieser Dr. Fischler hat über die ÖVP gesagt, sie wäre ein Gewerbeschutzverein. – Das ist die Aussage eines prominenten Mitgliedes Ihrer Partei über Ihre Wirtschafts- und Finanzkompetenz. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auch noch die Finanzkompetenz der ÖVP durch Zahlen untermauern, weil Sie gesagt haben, die ÖVP sei erst Ende 1986 – was auch stimmt – in die Regierung eingetreten. Ich werde Ihnen die Schuldenentwicklung seit dieser Zeit einmal darstellen:

Im Jahr 1987 betrug der Schuldenstand des Bundes rund 697,526 Milliarden Schilling. Im Jahre 1998 beträgt der Schuldenstand des Bundes schon 1 544,4 Milliarden Schilling. Ihre Finanz- und Wirtschaftskompetenz hat also doch dazu beigetragen, daß sich die Staatsschuld mehr als verdoppelt hat. Daher frage ich Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP: Was haben Sie denn dagegen getan? Was haben Sie denn in dieser Zeit gemacht? – Ich sage es Ihnen, was Sie gemacht haben: Eine schlechte Figur in der Regierung haben Sie gemacht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihr Staatssekretär und nachmaliger Superminister Ditz hat sich schon lange davon verabschiedet, weil er gemerkt hat, daß er nichts verändern konnte.

Jetzt werde ich Ihnen noch kurz eine Analyse der Budgetpolitik der letzten drei bis vier Jahre geben, nämlich der Jahre, die Sie als die Jahre der Budgetkonsolisierung bezeichnen, die die Jahre der Sparpakete waren.

Nach einer jahrelangen progressiven Schuldenpolitik, vor allem durch sozialistische Finanzminister, und nach dem Begehren, der EU beizutreten, ist man auf einmal auf dieser Straße an eine Ampel gekommen, auf der "Konvergenzkriterien" gestanden ist, "Gebote zum Beitritt zu einer europäischen Währung". Nachdem Sie beim Euro, bei der europäischen Währung, dabeisein wollten, haben Sie die Schriften auf dieser Ampel sehr ernst genommen. Das wesentliche Kriterium auf dieser Ampel hieß "3 Prozent Neuverschuldung beim Budget". Da haben Sie gesagt: Wir müssen jetzt etwas tun!, und haben Korrekturen eingeleitet.

Schon im Interesse des Schillings und hinsichtlich des Zieles, der europäischen Währungsunion beizutreten, wäre dies begrüßenswert und ein Anlaß zur Freude gewesen. Meine Damen und Herren! Wenn man sich aber die Maßnahmen ansieht, dann ist diese Freude sehr bald getrübt. In Wirklichkeit wurde nicht der Staatshaushalt durch Einsparungen saniert, sondern es wurde die Bevölkerung durch höhere Einnahmen geschröpft. Das heißt, es wurden nicht die budgetären Schwächen des Haushaltes beseitigt, sondern die österreichische Volkswirtschaft wurde insofern geschwächt, als der Bevölkerung über höhere Abgaben Kaufkraft weggenommen wurde, und diesen Kaufkraftentzug spürt natürlich die heimische Wirtschaft.

Herr Minister! Die erfolgte Korrektur der Budgetpolitik, also weg von der Schuldenpolitik, hin zu einer Schröpfpolitik, ist keine neue Politik, sondern nur eine andere Variante derselben Politik. Die frühere Variante, die Schuldenpolitik, machte die Bevölkerung langsam über eine inflationäre Dynamik, die einmal schneller, einmal langsamer gewachsen ist, ärmer. Die jetzige Variante, die Schröpfpolitik, macht die Bevölkerung über sogenannte Sparpakete schnell ärmer.

Es ist die Frage: Welche Variante ist besser? – Ich gebe Ihnen darauf gleich die Antwort: An sich haben Sie recht, die jetzige Variante ist besser, denn Sie schröpfen die Bevölkerung sofort,


Bundesrat
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Sie lassen die Menschen sofort dafür zahlen und nehmen nicht Schulden auf, die dann wie ein großer Berg über Jahre hinweg vor dem Staatshaushalt hergeschoben werden müssen.

Meine Damen und Herren! Das sind jetzt nicht nur Worte, die ich hier formuliert habe, sondern das läßt sich auch mit Zahlen untermauern. Die Gesamtabgaben sind vom Jahr 1995 bis zum Jahr 1998, also diese drei Jahre, 1996, 1997 und 1998, von 522 Milliarden Schilling auf 668 Milliarden Schilling, also um sage und schreibe 146 Milliarden Schilling oder 28,11 Prozent gestiegen. Die Abgaben, die nur auf den Bund entfallen, die Einnahmen des Bundes sind von 1995 bis 1998 – in drei Jahren – um ganze 107 Milliarden Schilling oder 31 Prozent gestiegen.

Dieser Raubzug des Staates durch die Brieftaschen der Österreicher nimmt schon bald beängstigende Formen an. Wenn jetzt von einer Steuerreform gesprochen wird und wieder Erhöhungen in den Raum gestellt werden, so gehe ich sicherlich nicht fehl in der Annahme, wenn ich das so darstelle.

Herr Minister! Das Ärgerliche dabei aber ist, daß Sie und die ganze Bundesregierung der Bevölkerung immer noch weismachen wollen, daß Sie mehr sparen, als Sie die Bevölkerung schröpfen. Die Wahrheit sieht aber anders aus. Die Ausgabenentwicklung des Bundes – das haben Sie schon angesprochen – von 1995 bis 1998, also drei Jahre, zeigt folgendes Bild: Die Ausgaben sind zurückgegangen, und zwar von 764 Milliarden Schilling auf 749 Milliarden, also um rund 15 Milliarden Schilling oder 2 Prozent. Jetzt saldieren wir das Ganze einmal: Die Mehreinnahmen des Bundes haben rund 107 Milliarden Schilling betragen, die Sie der Bevölkerung weggenommen haben, also rund 31 Prozent, und die Ausgabeneinsparungen haben 15 Milliarden oder 2 Prozent ausgemacht. – So schaut die Sache aus, wenn man sich mit dem Budget etwas näher beschäftigt.

Gleichzeitig – das ist das Schlimme an dieser Budgetpolitik – gingen auch die Bundesinvestitionen um fast 40 Milliarden Schilling im Jahr 1995 auf rund 23,2 Milliarden Schilling im Jahr 1998 zurück.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Da geben Sie ein öffentliches Erstaunen vor, warum die Arbeitsmarktlage in Österreich immer trister wird. – Weil eben Deficit-spending einfach nicht mehr möglich ist und Sie immer weniger Geld in Investitionen stecken können und immer mehr Geld in die Schuldentilgung "investieren". Man kann sich auch die Entwicklung des Zinsendienstes von 1987 bis 1998 anschauen: Die Zinszahlungen sind von rund 46 Milliarden Schilling auf über 92 Milliarden Schilling pro Jahr gestiegen.

Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde fordern wir Freiheitlichen ein langfristiges, nachhaltiges Budgetkonzept, eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik, die wirklich strukturelle Inhalte verlangt und strukturelle Änderungen erfordert. Wir wollen alle Bereiche des Staates miteinbeziehen. Wir haben schon lange den Vorschlag gemacht, auch die Devisenreserven der Nationalbank in die Überlegungen miteinzubeziehen. Ich weiß schon, daß Herr Liebscher diese heute mit Zähnen und Klauen verteidigt, aber nicht mehr gegen einen Jörg Haider, sondern gegen einen Viktor Klima. Diese Idee haben Sie heute schon aufgegriffen, und ich hoffe, Herr Minister, daß Sie auch viele Vorschläge in unserer Flat tax in Ihre Intensivüberlegungen aufnehmen werden.

Herr Bundesminister! Wir sind nicht so vermessen, zu behaupten, daß wir in einer Budgetdebatte den Stein der Weisen finden werden. Ich bitte Sie nur, auch Vorschläge, die von der Opposition kommen, in Ihre Expertenüberlegungen, in Ihre Expertenrunden mitaufzunehmen. Denn viele Augen sehen mehr, viele Köpfe denken mehr, und die eine oder andere Anregung wird doch nicht so schlecht sein. Ich stelle mich auch nicht hierher und sage, dieses Konzept ist das allein Seligmachende. Aber ich sage auch, Ihre Konzepte des Herumdokterns, des Herumschnippelns an allen Ecken und Enden ist auch nicht das allein Seligmachende.

Ich ersuche Sie daher, unsere Überlegungen aufzugreifen, und in diesem Sinne wünsche ich Ihnen – unter Berücksichtigung unseres Steuermodells – ein gutes Jahr 1999 – auch im Interesse der österreichischen Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.53


Bundesrat
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Präsident Alfred Gerstl:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.53

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in der vorweihnachtlichen Zeit über Steuern sprechen, heißt das nicht, daß wir etwas zu verschenken haben. Ich bin dem Herrn Bundesminister für die Sachlichkeit seiner Ausführungen und für das sachliche Eingehen auf die Fragestellungen sehr dankbar. Nüchtern hat er seine Sicht dargelegt, und es ist die Aufgabe der Opposition, seine Sicht manchmal weniger nüchtern zu beurteilen, aber vielleicht die eine oder andere originelle, neue Idee einzubringen.

Auch Kollege Konečny war bemüht, konsensual und gerecht zu sein. Er fürchtete einfache Lösungen ein bißchen. Wir sehen aber anhand des Zahlenmaterials, das mein Vorredner erläutert hat, daß die schwierigen, die komplizierten Lösungen auch nicht gerade die sind, die wir uns wünschen, daß die Bevölkerung dennoch beunruhigt ist. Ich möchte nicht sagen, daß sich die Bevölkerung fürchtet – von wegen "einfache Lösungen fürchten" –, aber die derzeitige Situation erweckt in der Bevölkerung zutiefst beunruhigende Gefühle.

Meine Damen und Herren! Steuern sind kein Selbstzweck. Aber zu den Steuern rechnet die Bevölkerung im großen und ganzen auch die Abgaben und die Beiträge – denn das ist es, was ihnen aus der Tasche genommen wird –, die natürlich die soziale Komponente der Umverteilung darstellen.

Aber was hat sich in den letzten 50 Jahren dargestellt, meine Damen und Herren? Wie hat sich die soziale Komponente ausgewirkt? Stimmt es nicht, daß die Reichen reicher geworden sind, Herr Bundesminister, und es doch Arme gibt, die ärmer geworden sind? Ist dies nicht ein Versagen – nicht von Ihnen, Herr Bundesminister – der Sozialpolitik dieses Staates in den letzten 40, 50 Jahren, daß man feststellen kann, daß auch Arme ärmer geworden sind? – Das beunruhigt uns, und das regt uns an, neue Überlegungen anzustellen.

Was die Grundsteuer und den Einheitswert anlangt, Herr Bundesminister, so bin ich froh, wenn Sie hier sagen, es werde keine Grundsteuer-/Einheitswerterhöhung geben. Wenn das so ist, dann nehme ich das jetzt hier für uns alle als bare Münze, denn ich war der Meinung, daß auch eine Einheitswerterhöhung ohne Ihr Mitwirken in den Gebietskörperschaften durchgeführt werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, dann bin ich wirklich froh und nehme es für mich als kleines Weihnachtsgeschenk mit. Die Einheitswerte und damit die Grundsteuer wird im Jahr 1999 und darauffolgend nicht erhöht. So ist es doch, Herr Bundesminister? (Bundesminister Edlinger nickt. – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht sollte sich auch ein Bundesminister überlegen, manche der Kompetenzen, die er steuermäßig und einnahmenmäßig hat, auf die Gebietskörperschaften der Länder zu übertragen. (Bundesminister Edlinger: Mache ich sofort! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Bundesminister! Wenn nämlich jemand wegen der Steuern geschimpft wird, dann ist es immer der Bundesminister und nicht der Landesrat. Wieso lassen Sie die diversen Landesräte nicht auch hie und da die Geprügelten sein? – Ich muß Ihnen das wirklich sagen. Sie sind nicht ein bezahlter Flagellantist. Sie sollten doch diese Aufgaben verteilen, denn im Rahmen des Finanzausgleiches erledigen Sie sehr viel für die Länder, und ich finde, im Rahmen des Föderalismus sollte den Ländern auch Steuerfindung zugestanden werden, was unter dem Strich nicht gleichzusetzen ist mit Steuererhöhung für den Bürger.

Die Bürger haben natürlich sowohl Ihrer Überlegung, Herr Bundesminister, einer Steuerreform als auch – ich weise das nicht zurück – zum Teil unseren Überlegungen gegenüber ein Mißtrauen, lautet doch ein altes österreichisches Wort: Alte Steuer – gute Steuer, neue Steuer – schlechte Steuer. – So ähnlich lautet es. Es ist sehr schwierig, den Bürger von einer guten Idee – sei es die Ihre und die Ihrer Freunde, sei es die unsere und unserer Freunde – zu überzeugen. Aber so ist Politik eben.


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Sie stehen auf dem Standpunkt, Sie wollen auch keine willkürliche Steuerreform machen. Das unterstellt Ihnen sicherlich niemand, Herr Bundesminister! Sie gelten als seriös und haben internationales Ansehen. Unsere schwierige Aufgabe in der Opposition ist es, gewisse Ungleichgewichte, wie wir sie zu erkennen glauben, darzustellen und gewisse moderne Ideen, wie wir meinen, wenn möglich in Ihr Konzept einfließen zu lassen, nämlich, da unserer Auffassung nach die Steuern derzeit zu hoch sind, daß man diese senken muß und den Bürgern mehr Eigenverantwortung im Sinne des mündigen Bürgers, den auch der Sozialdemokrat und die Sozialdemokratin predigt, gibt. Zahlt er weniger, kann er sich selbst aussuchen, wo er das Geld vielleicht ausgibt.

Man sollte das nicht ganz aus dem Blick verlieren, Herr Bundesminister, denn wir meinen, daß der Sozialstaat seine Grenzen überschritten hat. Er pervertiert die Anreize. Das Steuersystem verschafft jenen, die arbeiten und investieren, keinen Anreiz oder zuwenig Anreiz. Es erfolgt eine Anreizverzerrung, die sich aus Widerwillen gegen den Leistungsgedanken richtet, und es ist ein Fehler des Sozialstaates, diese Anreizverzerrung zu verlängern, Herr Bundesminister!

Geben wir jenen, die leistungswillig sind, doch die Möglichkeit, ihren Leistungswillen so einzusetzen, daß sie nicht um Almosen, um Zuschüsse und so weiter antreten müssen! Es ist natürlich für einen Minister immer populär, zu sagen: "Wir haben soundso viel Geld für diese und jene Gruppe herausgeholt!" – Vielleicht wäre das aber gar nicht notwendig, Herr Bundesminister, wenn man diese Gruppen dieses Geld nur endlich selbst verdienen ließe! Mehr wollen sie ja gar nicht!

Der Bürger ist grundsätzlich bescheiden. Er verlangt nur dann vom Staat etwas, wenn er den Eindruck hat, er zahlt zuviel. Wenn er zuviel zahlt, dann sagt er, das hole ich mir irgendwie zurück – und sei es zum Beispiel dadurch, daß er einmal mehr auf Kur geht als ein anderer.

Herr Bundesminister! Unser System, dieses Sozialsystem der Republik Österreich, funktioniert nur deshalb, weil viele systemwidrig handeln. Das heißt, sie gehen nie auf Kur, sie nützen das System nicht aus, weil sie zum Beispiel einfach nicht krankfeiern wollen. – Das ist es, was dieses System in Wahrheit aufrechterhält.

Wir müssen die Erfolge honorieren und die Leistungen belohnen! Heutzutage gibt es aber den Eingriff des Staates, um andere Eingriffe des Staates, vorangegangene Eingriffe des Staates, zu korrigieren. Das allein ist doch schon Anlaß dafür, ein Steuersystem auf seine Machbarkeit, auf seine Sozialverträglichkeit, auch was die Zukunft betrifft, zu überprüfen, Herr Bundesminister!

Herr Bundesminister! Die Zeitgeistökonomen senden Ergebenheitsadressen an eben diesen Zeitgeist, aber sie bewegen nichts mehr! Der Zeitgeist ist ein flüchtiges Täubchen, aber wir Freiheitlichen kämpfen gegen diesen Zeitgeist an. Wir wollen eine neue Idee einbringen und meinen, diese Idee mit der Flat tax oder fairen Taxe wäre zumindest auch hier zu behandeln – nicht gerade heute und jetzt, aber in Zukunft, in den Beratungen über das Steuersystem.

Herr Bundesminister! Nicht die Gleichheit schafft Effizienz, sondern die Freiheit, Leistung erbringen zu dürfen, schafft Effizienz, und diese Freiheit muß der Bürger wieder in sich spüren! Er muß wieder spüren, daß ihm das, was er für seine Leistung erhält, nicht gleich wieder abgenommen wird, um jenen, die nichts leisten wollen, die das System ausnützen wollen, zu nützen.

Wenn wir unsere Republik betrachten, dann erkennen wir, daß in den letzten 50 Jahren die politisch herrschenden Gruppen keine Politik für die fleißigen Leistungsträger, sondern immer mehr Umverteilungspolitik für immer mehr Leistungsnehmer betreiben. Nehmen wir doch zur Kenntnis: Auf der einen Seite stehen die Leistungswilligen, die Leistungswürdigen, die Leistungsmotivierten, die Leistungsträger, und auf der anderen Seite stehen jene, die nur Leistungen empfangen wollen.

Wenn das System so ist, dann gibt es viele, die folgendes sagen – hören Sie sich die eine oder andere fast lustige Sendung im Fernsehen darüber einmal an! –: "Was?! Wieso soll ich arbeiten gehen? Ich bekomme ohnehin die Notstandshilfe, und da und dort gehe ich ein bisserl pfuschen, dann komme ich schon zurecht. Die Donauinsel, die Coco Kabrana oder wie sie heißt, die gibt


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mir mehr!" (Bundesminister Edlinger: Copa Kagrana!)  – So ist es doch! Jeder von uns kennt doch den einen oder anderen, der so denkt.

Herr Bundesminister! Dieses System fördert die Schwarzarbeit, denn der Steuer- und Sozialstaat ist unersättlich! Auch der Steuer- und Sozialstaat muß, wie der eine oder andere von uns, am Jahresende die Überlegung anstellen: "Wie kann ich meinen Körper wieder ein bißchen auf schlank trimmen? – Das halte ich nicht mehr aus! Die Hose zwickt, der Rock wird zu eng!" (Bundesminister Edlinger mit belustigtem Blick auf seinen Gürtel: Was es wiegt, das hat es! Ein magerer Mann ist ein Krüppel! – Lebhafte Heiterkeit.) – Nein, das ist keine Anspielung auf Sie, Herr Bundesmininster! Nein, nein, weit gefehlt!

Tatsache ist: Auch der Staat hat die Aufgabe, sich gesund zu erhalten. Daher meinen wir, die Flat tax ist eine faire Steuer. Was die Gerechtigkeit anlangt, so gibt es das Rawlssche Gerechtigkeitskriterium, und dieses lautet: Wenn sowohl der sozial Unterbemittelte wie der sozial gut Bemittelte Vorteile aus einem System hätten, dann muß man es einführen. Aber es ist ein schlechtes System, jemandem etwas wegzunehmen, um es einem anderen zu geben. Ein gutes System muß beiden die Möglichkeit zum Wachstum geben. Beide sollen ihre Vorteile haben, und wir Freiheitlichen meinen, daß die Flat tax diese Möglichkeit bietet!

Zu Ihrem Beispiel mit der Durchrechnung. Bleiben wir bei einer Flat-tax-Rate von 10 Prozent, da rechnet es sich schön. Einer, der 500 000 S verdient, zahlt dann 50 000 S, aber derjenige, der 5 Millionen Schilling verdient, zahlt ohnehin 500 000 S Steuer. Er zahlt nicht weniger als jetzt! Das ist ein linearer Steuersatz, bei dem der Besserverdienende automatisch entsprechend mehr zahlt, nur eben nicht progressiv. Er zahlt nur linear entsprechend mehr. Das ist nichts Schlechtes, wenn der andere auch nicht die Steuern ... (Bundesminister Edlinger: Dann muß er aber progressiv mehr für Benzin und für die Straßenbenützung zahlen, dann geht es!)

Wir brauchen überhaupt keine progressive Steuer! Wir sind durchaus bereit, mit Ihnen in die Diskussion einzutreten. Ziehen Sie uns zu den Beratungen der Steuerreformkommission hinzu! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist doch ein guter Vorschlag! Man kann doch nicht immer nur sagen: Hier dürfen die Vertreter der Opposition reden, aber wenn es darauf ankommt, dann dürfen Sie nicht mitreden. – So geht es nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Grunde ist das genau das, was auch Kollege Konečny gesagt hat: ”Jedes Einkommen ist gleich zu behandeln.” – Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Wie behandelt man die Einkommen gleich? – Ich finde: Wenn alle den gleichen Steuersatz zahlen, dann ist das eine Gleichbehandlung. Herr Kollege Konečny! Das haben Sie gesagt! (Bundesrat Konečny: "Es muß gleich weh tun", habe ich gesagt!)

Schauen Sie: Die Zeit des Karl Marx, der vor 150 Jahren gelebt und eine starke Progressivsteuer verlangt hat, ist zum Glück vorbei. Das spielen wir nicht, das spielen zum Glück auch die Sozialdemokraten nicht. Insofern sind alle, die sozial denken, vernünftig geworden. Aber der amerikanische Wirtschaftswissenschafter Alan Reynolds meint, daß der Bürger nur bis zu einer gewissen Höhe seines Einkommens bereit ist, die Steuern zu zahlen. Was darüber hinaus geht, versucht er, durch Schwarzarbeit, durch Verschleiern, durch irgendwelche Tricks wegzubekommen. Der Bürger hat ein vernünftiges Gefühl für Gerechtigkeit. Diese Gerechtigkeit, liebe Kollegen und Kolleginnen, müssen wir doch akzeptieren!

Herr Minister! Wenn Sie den 13. und 14. Monatsgehalt etwas polemisch aufgreifen und sagen, wir Freiheitlichen seien in diesem Fall opportunistisch, dann muß ich Ihnen sagen: Ja, vielleicht sind wir sogar populistisch, aber das ist die einzige Gelegenheit, bei der man den Bürgern die Möglichkeit gibt, bei den Steuern mitzureden. Sie sagen: Nein, wir wollen den 13. und 14. Monatsgehalt unangetastet lassen!

Machen wir doch einmal eine Volksabstimmung über die Steuerhöhe – wie in der Schweiz! Machen wir doch einmal so etwas! Haben Sie den Mut, Herr Bundesminister, und lassen Sie die Bevölkerung mitreden, wenn Sie schon die Opposition nicht mitreden lassen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Herr Bundesminister! Die Laffer-Kurve ist Ihnen bekannt. Sie zeigt, daß ab einer gewissen Steuerhöhe die Steuereinnahmen abnehmen. Diese Kurve ist nicht veränderbar, wenn man bei der Steuerhöhe bleibt, die wir haben. Gehen Sie zurück mit der Steuerhöhe, dann werden Sie möglicherweise – ich bin davon überzeugt – mehr Steuern einnehmen, Herr Bundesminister! Das drückt die Laffer-Kurve aus. Haben Sie den Mut, diese Lücke einmal aufzumachen, um sie dann doppelt schließen zu können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn wir Professor Rabushka und Professor Gary Becker (Bundesminister Edlinger: Der Wunderwuzzi!) hier zitieren und uns ihren Überlegungen anschließen dürfen, dann müssen wir darauf hinweisen, daß sowohl die Armen als auch die Mittelschicht und die Reichen Vorteile aus einer Flat tax hätten.

Herr Bundesminister! Es sind sehr große Bevölkerungsschichten, die sich am unteren Ende der Einkommenspyramide befinden, und dazu zählen auch die von Ihnen zitierten Bauern. Natürlich müssen diese von der Steuer befreit werden. Sie werden aber nicht nur nichts zahlen, sondern sogar eine Negativsteuer einheben. Das ist auch in unserem System vorgesehen. Negativsteuer heißt, einen Zuschuß zu bekommen. Das ist gar nicht so originell in unserem Staat, da gibt es Personen oder Bevölkerungsgruppen, die einen Zuschuß erhalten. Das ist aus unserem System gar nicht wegzubekommen. (Bundesminister Edlinger: Wer zahlt denn dann überhaupt noch Steuern?!)

Die "Flachtaxe" oder Flat tax stimuliert Investitionen und stimuliert die Wirtschaft. Dies führt zu größerem Wachstum und zu größerer Produktivität und bringt das ein, was Sie meinen, dabei verlieren zu müssen.

Es ist Aufgabe der Opposition, das bestehende System in Frage zu stellen. Es ist ein fast revolutionärer Akt, wenn wir ein total neues System, welches aber schon in einigen Ländern, wie Sie wissen, angewandt wird, propagieren. (Bundesminister Edlinger: Hongkong, Lettland, Estland!) – Ja, in Hongkong. Hongkong hat eine gute Wirtschaft!  Estland auch.

Herr Bundesminister! Ich bin froh, denn ich sehe aus Ihren Worten, daß Sie eigentlich schon fast auf unseren fahrenden Zug aufspringen! Das wäre der größte Gewinn! – (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesminister Edlinger: Aber Ihr Zug fährt nicht! Er steht schon eine ganze Weile!)  – Es ist unsere Aufgabe, dieses revolutionäre System zu vertreten.

Wenn Herr Kollege Himmer meint, daß die ÖVP diesem Thema distanziert gegenübersteht, dann frage ich nur: Was macht Herr Landesrat Leitl – darauf wurde schon hingewiesen – oder Herr Präsident Neisser oder auch Herr Abgeordneter Amon, der Vorsitzende der Jungen ÖVP? (Bundesrat Dr. Böhm: Und Paierl!)  – Richtig, auch Landesrat Paierl. Es gibt also auch in der ÖVP vernünftige Leute, die meinen, so kann es nicht mehr weitergehen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie daher – ich wende jetzt ein Wort des Zweiten Nationalratspräsidenten an –: Würgen Sie nicht die Diskussion über die Flat tax von vornherein ab! Die Flat tax hat Zukunft, meine Damen und Herren! Arbeiten wir weiter an ihr – der Herr Bundesminister überlegt es sich auch schon. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Allgemeine Heiterkeit.)

18.13

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gottfried Jaud. Ich erteile ihm dieses.

18.13

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur ganz kurz ein paar Worte: Ich möchte dieses Jahr nicht mit Unwahrheiten beenden. Ich glaube, mir könnte ein Kropf wachsen, wenn ich nichts dazu sage.

Frau Kollegin Haunschmid hat gemeint, dem Tourismus gehe es schlecht. Sie hat wieder das übliche Gejammer "abgelassen". Dabei lese ich her in der Zeitung – ich zitiere –: "Tourismus verringert Leistungsbilanzdefizit".


Bundesrat
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Ich muß Ihnen sagen – deswegen habe ich mich eigentlich zu Wort gemeldet –, daß die Stimmung in der Tourismusbranche in Tirol zum ersten Mal seit Jahren wieder ausgezeichnet ist! Sie bekommen derzeit in Tirol kein freies Bett mehr! Wenn Sie irgendwo schlafen möchten, dann können Sie vielleicht in irgendeinem Keller oder auf einem Dachboden übernachten. Dasselbe höre ich auch vom Lande Salzburg.

Wir alle, die wir in der Wirtschaft tätig sind, wissen, daß die Stimmung für die wirtschaftliche Prosperität von ganz besonderer Bedeutung ist. Daher möchte ich mich in ganz entschiedener Form gegen diese Miesmacherei der Freiheitlichen Partei wenden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesminister Edlinger: Sehr richtig!)

Frau Kollegin Haunschmid! Wir werden uns durch Ihre Miesmacherei die Stimmung in der Wirtschaft nicht zusammenschlagen lassen. Wir glauben an die Zukunft Österreichs! (Bundesrat Mag. Gudenus: Ja, wir auch! – Bundesrätin Mühlwerth: Aber der Glaube allein ist zu wenig!) Wir glauben an eine Zukunft, in der die Wirtschaft nicht durch eine solche Miesmacherei geschädigt wird! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.15

Präsident Alfred Gerstl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich gebe bekannt, daß ein Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konečny und Genossen betreffend den Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten über Finanzierungen der World Vision Österreich und der Kontrolle hinsichtlich widmungsgemäßer Verwendung sowie den Bericht des Bundesministers für Justiz über die Zertifizierung von Spendenvereinen in europäischen Staaten eingelangt ist und ich diesen Antrag dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zuweise.

Abschließend gebe ich noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung insgesamt neun Anfragen eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 14. Jänner 1999, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen folgende Punkte in Betracht: Erklärung über die EU-Präsidentschaft, Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft 1997, Ozonbericht 1997 der Bundesregierung, Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Bundesabfallwirtschaftsplan, Bundesabfallwirtschaftsbericht 1998, Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit, Kunstbericht 1997 der Bundesregierung und Beschluß des Nationalrates vom 16. Dezember 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird. Ein diesbezügliches Aviso wurde bereits verteilt.

Die Ausschußvorberatungen sind für Dienstag, den 12. Jänner 1999, ab 14 Uhr vorgesehen.

Ich möchte noch einmal frohe Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr wünschen! (Allgemeiner Beifall.)

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 18.17 Uhr