Der Weg zu den Römischen Verträgen

"Europa wäre verkümmert"

Nach dem Versuch der Schaffung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und der geplanten Europäischen Politischen Gemeinschaft, ist es dem Einsatz einiger überzeugter und engagierter europäischer Vordenker zu verdanken, dass es schließlich nach einigen Jahren zu diesem großen und weitreichenden Integrationsschritt kam. Die geplante Europäische Politische Gemeinschaft die gleich in Fortsetzung der Gründung der EGKS eine vertiefte Integration wagen wollte, scheiterte schließlich am Nein der französischen Nationalversammlung.

Jean Monnet - diesmal in seiner Funktion als Leiter der "Hohen Behörde" der Montanunion-, der belgische Außenminister Paul-Henri Spaak, der niederländische Außenminister Johan Willem Beyen und der luxemburgische Ministerpräsident und Außenminister Joseph Bech spielten eine wichtige Rolle. Sie konzipierten einen weniger ambitionierten Plan, der weniger auf die politische und militärische Integration hinauslief, sondern sich mehr auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Integration konzentrierte. Allerdings war dabei noch fraglich und zwischen den Mitgliedern der EGKS zunächst völlig unklar, ob die Gemeinschaft auf einige Sektoren wie Energie, Verkehr etc. beschränkt sein sollte oder eine gesamtwirtschaftliche Zusammenarbeit angestrebt werden sollte.

Viele Debatten, sowohl innerhalb der Mitgliedsländer als auch zwischen den Gründungsmitgliedern, zwischen Skepsis und forcierter Unterstützung der wirtschaftlichen Integration waren dem Vertragswerk von Rom vorangegangen. Schließlich sollte das Konzept eines gemeinsamen Marktes verfolgt werden, wofür der sogenannte Spaak-Bericht als Grundlage diente. Zuvor war schon auf der Außenministerkonferenz von Messina allgemein "die Schaffung eines vereinigten Europa durch die Weiterentwicklung gemeinsamer Institutionen durch die schrittweise Fusion der nationalen Wirtschaften und durch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes …" als notwendig erachtet worden.

Der zukünftige gemeinsame Markt sollte vier strukturelle Säulen umfassen: ein gemeinschaftliches Entscheidungsorgan (Mehrheitsentscheidung) zur Kontrolle der Einhaltung des Vertrags, ein Entscheidungsgremium der Mitgliedsländer für wirtschaftspolitische Fragen auf Ministerebene, eine Koordinierung der weiterhin nationalstaatlichen Regelungen und schließlich die Einrichtung eines Gerichtshofs für Fragen des gemeinsamen Marktes. Nach zweijährigen konkreten und harten Verhandlungen konnten nur zwölf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs am 25. März 1957 die Verträge unterzeichnet und damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft(damals EAG, heute EURATOM) gegründet werden. Die sechs Länder der Montanunion, ebenfalls die Gründungsmitglieder, waren für Europa "die Schrittmacher" geworden. Konrad Adenauer formulierte es folgendermaßen: "Wenn wir das nicht getan hätten, wäre Europa buchstäblich verkümmert".

Vor dem damaligen historischen und politischen Kontext war das Zustandekommen der Römischen Verträge eine bemerkenswerte Errungenschaft. Das Fundament für die weitere Integration Europas war gelegt. Nicht zuletzt hatten auch außenpolitische Faktoren wie die Suezkrise und die Ungarnkrise zu einer Beschleunigung der damaligen Einigung und insbesondere zur Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland beigetragen.

Die Entwicklung der vertraglichen Basis der EU wurde durch die ständige Erweiterung der EU begleitet und auch bedingt.