Budgetdienst - Analysen zu Gesetzen 03.07.2020

Aktuelle Gesetzesvorhaben zum Konjunkturpaket

Analyse des Budgetdienstes

Überblick

Die Information gibt einen Überblick zu den COVID‑19-Krisen­bewältigungs­maß­nahmen und zum Um­setzungs­stand des am 16. Juni 2020 präsentierten Konjunktur­pakets. Vertieft behandelt werden die finanziellen und sonstigen Wirkungen jener Maßnahmen, für die bereits Gesetzes­entwürfe vorliegen (Konjunktur­stärkungs­gesetz 2020, Investitions­prämien­gesetz, Wald­fonds­gesetz, Einmal­zahlungen für Familien und Arbeits­lose, Ent­lastung der Land­ und Forstwirte im Sozial­versicherungs­recht).

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - Aktuelle Gesetzesvorhaben zum Konjunkturpaket / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Die Bundesregierung hat am 16. Juni 2020 ein Konjunkturpaket vorgestellt, das laut Regierungs­angaben ein Volumen von 19 Mrd. EUR umfasst. Ein Teil davon (insbesondere die Ver­längerung des Fix­kosten­zuschusses) ist bereits im Rettungs­paket iHv 38 Mrd. EUR ent­halten, sodass das Gesamt­volumen der Maß­nahmen zur Krisen­bewält­igung mit insgesamt 50 Mrd. EUR ange­geben wurde. Diese Beträge sind aller­dings nur zum Teil nach­vollziehbar, weil bei einigen Maß­nahmen noch keine näheren Details bekannt sind. Bei den aus­gaben­seitigen Maß­nahmen erfolgt die budgetären Bedeckung im Jahr 2020 überwiegend über Mehr­einzahlungen aus dem mit 28 Mrd. EUR dotierten COVID‑19-Krisen­bewälti­gungs­fonds. Da zahlreiche Maß­nahmen budgetär in den Folge­jahren fortwirken werden, sollten in den im Herbst vorzuleg­enden Budget­dokumenten die einzelnen Hilfs­maß­nahmen quantifiziert sowie zeitlich und inhaltlich den einzelnen Unter­gliederungen zugeordnet werden.

Das Konjunkturpaket beinhaltet weitere Maßnahmen zur Sicherung der Unternehmens­liquidität, Ent­lastungs­maß­nahmen und ein Investitions­paket. Mit dem Kommunal­investitions­gesetz 2020, dem "Wirts­haus­paket" und der Umsatz­steuer­senkung für die besonders betroffenen Bereiche Gastro­nomie, Hotellerie, Kunst und Kultur wurden Teile bereits beschlossen. In der National­rats­sitzung am 30. Juni 2020 wurden dazu weitere Regierungs­vorlagen eingebracht, die im Zentrum dieser Analyse stehen. Für Teile des Konjunktur­pakets (insbesondere für das ange­kündigte Investi­tionspaket und die Ver­längerung des Fix­kosten­zuschusses) liegen noch keine Gesetzes­entwürfe vor.

Das Konjunkturstärkungsgesetz 2020 umfasst die Senkung des Eingangssteuersatzes auf von 25 % auf 20 % und die Erhöhung des SV‑Bonus für Gering­verdiener:innen um 100 EUR pro Jahr. Außerdem enthält es ein Investitions- und Entlastungs­paket für Unterneh­men mit beschleunigten Ab­schreibungs­möglichkeiten, der Schaf­fung eines Verlust­rück­trags im Jahr 2020 und der gesetz­lichen Ver­längerung von gewährten Stundungen. Zusätz­liche Maß­nahmen im land- und forst­wirt­schaftlichen Bereich betreffen unter anderem steuer­liche Erleicht­erungen bei Kalamitäts­ereignissen, den Pauschal­ierungs­grenzen und der Buch­führungs­pflicht. Die Flug­abgabe wird auf 30 EUR pro Passagier:in bei Ziel­destina­tionen mit einer Ent­fernung unter 350 km und 12 EUR bei allen anderen Desti­nationen geändert.

Weitere Regierungsvorlagen betreffen im Jahr 2020 vorgesehene Einmalzahlungen für Familien und Arbeitslose. Mit dem Investitions­prämien­gesetz sollen durch eine COVID‑19‑Investitions­prämie befristet Anreize für Unter­nehmens­investitionen geschaffen werden. Land­wirt:innen sollen auch im Sozial­versicherungs­recht entlastet werden und für Förderungen im forst­wirtschaft­lichen Bereich soll ein Wald­fonds eingerichtet werden.

Gemäß den Wirkungsorientierten Folgenabschätzungen (WFA) zu den vorliegenden Regierungsvorlagen verschlechtert sich der gesamt­staatliche Finanzierungs­saldo durch die geplanten Maß­nahmen im Jahr 2020 um rd. 6,4 Mrd. EUR, bis 2024 geht der zusätzliche Netto­finanzierungs­bedarf auf 2,1 Mrd. EUR zurück. Der Groß­teil des zusätz­lichen Finanz­bedarfs im Jahr 2020 entfällt mit rd. 5,4 Mrd. EUR auf das Konjunktur­stärkungs­gesetz 2020, wobei dies zur Gänze steuer­liche Maß­nahmen betrifft. Zu Mehr­aus­gaben führen hingegen insbesondere die Ein­mal­zahlungen für Familien und für Arbeits­lose sowie das Investitions­prämien­gesetz. Der Bund trägt mit 72,0 % im Jahr 2020 den Großteil des zusätzlichen Netto­finanzierungs­bedarfs, für Länder und Gemein­den ergeben sich Minder­einnahmen aus den steuerlichen Maßnahmen.

In den WFA werden bei den Zielen herangezogene Indikatoren vielfach nur verbal beschrieben, ohne konkrete Ziel­werte festzu­legen, was eine zukünf­tige Evaluierung erschwert. Eine Ab­schätzung der Aus­wirkungen auf Soziales, Gesamt­wirtschaft sowie Gleich­stellung von Frauen und Männern wird weit­gehend nicht oder nicht detailliert dar­gestellt. Auch die vor­geschlagenen Evaluierungs­zeit­punkte sind bei einigen Gesetzen nicht optimal gewählt.

Der Budgetdienst hat die Verteilungswirkungen für jene Maßnahmen analysiert, die sich unmittelbar auf die Haus­halts­ein­kommen auswirken. Die relative Ent­lastung ist mit einer Stei­gerung des verfügbaren Ein­kom­mens um 2,3 % im untersten Quintil am größten, was vor allem auf die Einmal­zahlungen für Familien und Arbeits­lose zurück­zu­führen ist. Der größte Anteil am Gesamt­entlastungs­volumen entfällt mit knapp 24 % jedoch auf das oberste Einkommens­quintil, weil in diesem Seg­ment besonderes viele Personen von der Tarif­senkung profitieren. Auf das unterste Quintil entfallen rd. 14 % des gesamten Ent­lastungs­volumens. Etwa 10 % der Haus­halte im untersten Quintil profitieren nicht von den betrachteten Maß­nahmen. Den Haus­halten mit mittleren Ein­kommen kommt insbesondere die Tarif­senkung und die Einmal­zahlung bei der Familien­beihilfe zugute. Bei einer Betrachtung der Entlastungs­wirkung nach Geschlecht zeigt sich, dass von der Ent­lastung bei der Einkommen­steuer rd. 60 % auf Männer entfallen, wobei Frauen häufiger von der Erhöhung des SV‑Bonus profitieren. Dieser kommt zu fast 70 % Frauen zugute, hat jedoch insgesamt ein deutlich kleineres Volumen als die Tarifsenkung.