Die Bundesregierung hat am 16. Juni 2020 ein Konjunkturpaket vorgestellt, das laut Regierungsangaben ein Volumen von 19 Mrd. EUR umfasst. Ein Teil davon (insbesondere die Verlängerung des Fixkostenzuschusses) ist bereits im Rettungspaket iHv 38 Mrd. EUR enthalten, sodass das Gesamtvolumen der Maßnahmen zur Krisenbewältigung mit insgesamt 50 Mrd. EUR angegeben wurde. Diese Beträge sind allerdings nur zum Teil nachvollziehbar, weil bei einigen Maßnahmen noch keine näheren Details bekannt sind. Bei den ausgabenseitigen Maßnahmen erfolgt die budgetären Bedeckung im Jahr 2020 überwiegend über Mehreinzahlungen aus dem mit 28 Mrd. EUR dotierten COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds. Da zahlreiche Maßnahmen budgetär in den Folgejahren fortwirken werden, sollten in den im Herbst vorzulegenden Budgetdokumenten die einzelnen Hilfsmaßnahmen quantifiziert sowie zeitlich und inhaltlich den einzelnen Untergliederungen zugeordnet werden.
Das Konjunkturpaket beinhaltet weitere Maßnahmen zur Sicherung der Unternehmensliquidität, Entlastungsmaßnahmen und ein Investitionspaket. Mit dem Kommunalinvestitionsgesetz 2020, dem "Wirtshauspaket" und der Umsatzsteuersenkung für die besonders betroffenen Bereiche Gastronomie, Hotellerie, Kunst und Kultur wurden Teile bereits beschlossen. In der Nationalratssitzung am 30. Juni 2020 wurden dazu weitere Regierungsvorlagen eingebracht, die im Zentrum dieser Analyse stehen. Für Teile des Konjunkturpakets (insbesondere für das angekündigte Investitionspaket und die Verlängerung des Fixkostenzuschusses) liegen noch keine Gesetzesentwürfe vor.
Das Konjunkturstärkungsgesetz 2020 umfasst die Senkung des Eingangssteuersatzes auf von 25 % auf 20 % und die Erhöhung des SV‑Bonus für Geringverdiener:innen um 100 EUR pro Jahr. Außerdem enthält es ein Investitions- und Entlastungspaket für Unternehmen mit beschleunigten Abschreibungsmöglichkeiten, der Schaffung eines Verlustrücktrags im Jahr 2020 und der gesetzlichen Verlängerung von gewährten Stundungen. Zusätzliche Maßnahmen im land- und forstwirtschaftlichen Bereich betreffen unter anderem steuerliche Erleichterungen bei Kalamitätsereignissen, den Pauschalierungsgrenzen und der Buchführungspflicht. Die Flugabgabe wird auf 30 EUR pro Passagier:in bei Zieldestinationen mit einer Entfernung unter 350 km und 12 EUR bei allen anderen Destinationen geändert.
Weitere Regierungsvorlagen betreffen im Jahr 2020 vorgesehene Einmalzahlungen für Familien und Arbeitslose. Mit dem Investitionsprämiengesetz sollen durch eine COVID‑19‑Investitionsprämie befristet Anreize für Unternehmensinvestitionen geschaffen werden. Landwirt:innen sollen auch im Sozialversicherungsrecht entlastet werden und für Förderungen im forstwirtschaftlichen Bereich soll ein Waldfonds eingerichtet werden.
Gemäß den Wirkungsorientierten Folgenabschätzungen (WFA) zu den vorliegenden Regierungsvorlagen verschlechtert sich der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo durch die geplanten Maßnahmen im Jahr 2020 um rd. 6,4 Mrd. EUR, bis 2024 geht der zusätzliche Nettofinanzierungsbedarf auf 2,1 Mrd. EUR zurück. Der Großteil des zusätzlichen Finanzbedarfs im Jahr 2020 entfällt mit rd. 5,4 Mrd. EUR auf das Konjunkturstärkungsgesetz 2020, wobei dies zur Gänze steuerliche Maßnahmen betrifft. Zu Mehrausgaben führen hingegen insbesondere die Einmalzahlungen für Familien und für Arbeitslose sowie das Investitionsprämiengesetz. Der Bund trägt mit 72,0 % im Jahr 2020 den Großteil des zusätzlichen Nettofinanzierungsbedarfs, für Länder und Gemeinden ergeben sich Mindereinnahmen aus den steuerlichen Maßnahmen.
In den WFA werden bei den Zielen herangezogene Indikatoren vielfach nur verbal beschrieben, ohne konkrete Zielwerte festzulegen, was eine zukünftige Evaluierung erschwert. Eine Abschätzung der Auswirkungen auf Soziales, Gesamtwirtschaft sowie Gleichstellung von Frauen und Männern wird weitgehend nicht oder nicht detailliert dargestellt. Auch die vorgeschlagenen Evaluierungszeitpunkte sind bei einigen Gesetzen nicht optimal gewählt.
Der Budgetdienst hat die Verteilungswirkungen für jene Maßnahmen analysiert, die sich unmittelbar auf die Haushaltseinkommen auswirken. Die relative Entlastung ist mit einer Steigerung des verfügbaren Einkommens um 2,3 % im untersten Quintil am größten, was vor allem auf die Einmalzahlungen für Familien und Arbeitslose zurückzuführen ist. Der größte Anteil am Gesamtentlastungsvolumen entfällt mit knapp 24 % jedoch auf das oberste Einkommensquintil, weil in diesem Segment besonderes viele Personen von der Tarifsenkung profitieren. Auf das unterste Quintil entfallen rd. 14 % des gesamten Entlastungsvolumens. Etwa 10 % der Haushalte im untersten Quintil profitieren nicht von den betrachteten Maßnahmen. Den Haushalten mit mittleren Einkommen kommt insbesondere die Tarifsenkung und die Einmalzahlung bei der Familienbeihilfe zugute. Bei einer Betrachtung der Entlastungswirkung nach Geschlecht zeigt sich, dass von der Entlastung bei der Einkommensteuer rd. 60 % auf Männer entfallen, wobei Frauen häufiger von der Erhöhung des SV‑Bonus profitieren. Dieser kommt zu fast 70 % Frauen zugute, hat jedoch insgesamt ein deutlich kleineres Volumen als die Tarifsenkung.