Budgetdienst - Analysen zu Gesetzen 10.01.2022

Ökosoziale Steuerreform 2022

Überblick

Mit der Ökosozialen Steuerreform 2022 sollen umfassende Entlastungsmaß­nahmen für Privat­haushalte und Unter­nehmen beschlossen werden. Weiters erfolgt die Ein­führung einer nationalen CO2-Beprei­sung, wobei daraus resultierende Mehr­belastungen durch einen regionalen Klimabonus und Ausgleichs­zahlungen für Unternehmen und die Land­wirtschaft ausgeglichen werden sollen. Die Analyse des Budget­dienstes stellt die Maßnahmen im Detail dar und analysiert deren Verteilungs­wirkungen sowie die zu erwartenden ökologischen und makro­ökonomischen Auswirkungen.

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - Ökosoziale Steuerreform 2022 / PDF, 1 MB

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Kurzfassung

Das Entlastungsvolumen der Ökosozialen Steuerreform beträgt im Jahr 2022 rd. 2,5 Mrd. EUR. Aufgrund der etappen­weisen Steuer­senkung bei der Einkommen­steuer und der Körper­schaftsteuer sowie der teilweise verzögerten budgetären Wir­kung der Maß­nahmen steigt das Entlastungs­volumen bis 2025 deutlich auf rd. 5,6 Mrd. EUR an.

Das steuerliche Entlastungsvolumen für Privathaushalte (ohne Klima­bonus und CO2-Beprei­sung) beläuft sich im Jahr 2022 auf rd. 1,5 Mrd. EUR und steigt bis 2025 auf rd. 4,3 Mrd. EUR an. Ein wesent­licher Teil entfällt auf die Sen­kung des Einkommen­steuersatzes in der 2. und 3. Tarif­stufe und auf die Erhöhung des Familien­bonus bzw. des Kinder­mehr­betrags. Beide Maßnahmen treten schrittweise in Kraft.

Das Gesamtvolumen für Maßnahmen zur Entlastung von Unternehmen steigt bis 2025 auf rd. 1,3 Mrd. EUR an. Ein wesent­licher Teil entfällt auf die schritt­weise Sen­kung des Körperschaft­steuersatzes von derzeit 25 % auf 23 % ab dem Jahr 2024. Darüber hinaus sollen Unter­nehmen insbesondere durch die Ein­führung eines (Öko‑)Investitions­freibetrags entlastet werden.

Mit dem Nationalen Emissions­zertifikate­handels­gesetz 2022 (NEHG 2022) wird eine Bepreisung von bestimmten Treib­haus­gase­missionen eingeführt, die nicht bereits dem Emissions­handelssystem der Europä­ischen Union (EU-ETS) unterliegen. Betroffen sind im Wesent­lichen Benzin, Gasöl (Diesel), Heizöl, Erdgas, Flüssig­gas, Kohle und Kerosin. In der Fix­preis­phase von Juli 2022 bis zum Jahr 2025 wird der Preis pro Tonne CO2 vorgegeben. Dieser steigt grund­sätzlich von 30 EUR pro Tonne im Jahr 2022 (ab Juli) auf 55 EUR pro Tonne im Jahr 2025. Die jährlich erwarteten Ein­nahmen steigen von 500 Mio. EUR im Jahr 2022 auf 1.700 Mio. EUR im Jahr 2025. Als Ausgleich für die Mehr­belastungen durch die CO2-Beprei­sung werden ein regionaler Klima­bonus und Ausgleichs­zahlungen für Unter­nehmen und die Landwirtschaft eingeführt.

Die CO2-Bepreisung führt zu einem Preisanstieg fossiler Energieträger, welcher einen Rückgang von CO2-Emissionen bewirkt. Das Umwelt­bundes­amt schätzt diesen Rück­gang im Jahr 2025 auf rd. 1,5 Mio. Tonnen CO2 bzw. 4,5 % der betroffenen Emissionen.

Eine Analyse der Verteilungswirkungen zeigt, dass im ersten Jahr der Reform 2022 das verfügbare Haushalts­einkommen in den unteren Ein­kommens­bereichen deutlich stärker ansteigt als in den oberen. Mit dem schrittweisen Inkraft­treten der Tarif­reform und der schrittweisen Erhöhung des Familienbonus verschiebt sich die Entlastungs­wirkung der Maß­nahmen zunehmend zugunsten der mittleren und oberen Bereiche der Einkommens­verteilung. Die CO2-Beprei­sung wirkt regressiv, d. h. die durch­schnittliche Belastung nimmt mit dem Ein­kommen ab. Durch den regionalen Klima­bonus wird allerdings diese Mehr­belastung insbesondere in den unteren Einkommens­segmenten im Durch­schnitt mehr als ausgeglichen. Vom Netto­entlastungs­volumen der Reform entfällt im Jahr 2025 mit rd. 32 % der größte Anteil auf das oberste Quintil der Ein­kommens­verteilung und nur 9 % auf das unterste Quintil.

Durch die Entlastung der Privathaushalte und der Unternehmen kommt es zu einer Stärkung des Privat­konsums und der Investitions­tätigkeit. Von der Ein­führung eines CO2-Preises gehen hingegen tendenziell negative Wachstums­effekte aus. Analysen von WIFO und EcoAustria zeigen, dass das reale BIP im Jahr 2022 um 0,2 % bis 0,5 % höher ist als in einem Szenario ohne Reform. Bis 2025 steigt der Wachstums­effekt auf 0,7 % bis 1,0 % an. Der erwartete Beschäf­tigungs­anstieg wird für 2025 mit bis zu 31.400 Personen quantifiziert.

Ein wesentlicher Teil des Entlastungsvolumens bei der Einkommensteuer entfällt auf einen Ausgleich der Kalten Progres­sion. Diese führt bei positiven Inflations­raten im Zeitraum zwischen größeren Steuer­reformen zu einer steuer­lichen Mehr­belastung, weil die Tarif­stufen nicht jährlich mit der Inflations­rate indexiert werden. Eine Simulations­rechnung des Budget­dienstes zeigt, dass im Zeitraum 2016 bis 2025 durch die bereits beschlossenen und die nun geplanten Maß­nahmen die Kalte Progression insgesamt mehr als ausgeglichen wurde.

Zu den Gesetzesentwürfen wurden umfassende WFA mit Angaben zu den finanziellen Auswirkungen und zu sonstigen Wirkungs­dimensionen (insbesondere gesamt­wirtschaftliche Aus­wirkungen und Umwelt) vorgelegt. Insgesamt tragen die Aus­führungen zu einem besseren Verständnis der Gesetzes­materie und ihrer angestrebten Folgen bei, jedoch wurden nicht in allen Bereichen die Berechnungs­grundlagen nachvollziehbar offengelegt.