Budgetdienst - Anfragebeantwortungen 18.01.2022

Verteilungswirkung des 1. und 2. Teils der Ökosozialen Steuerreform

Anfragebeantwortung des Budgetdienstes

Überblick

Der Abgeordnete Jakob Schwarz (Grüne) ersuchte den Budgetdienst um eine Kurz­studie zu den Verteilungs­wirkungen der Ökosozialen Steuer­reform unter Ein­beziehung der bereits seit 2020 gültigen Senkung des Eingangs­steuer­satzes bei der Einkommen­steuer und der ebenfalls seit 2020 wirksamen Erhöhung des Sozial­versicherungs­bonus um 100 EUR. In der Anfrage­beantwortung werden die Verteilungs­wirkungen dieser Maßnahmen auf Haushalts­ebene ermittelt. Weiters werden die Verteilungs­wirkungen für unterschiedliche Haushalts­typen und im Gender­vergleich analysiert. Ebenfalls behandelt werden die Effekte der Körperschaft­steuer­senkung auf die Verteilung der Haushalts­einkommen.

Die vollständige Anfragebeantwortung zum Download:

BD - Anfragebeantwortung zur Verteilungswirkung der Ökosozialen Steuerreform / PDF, 1 MB

BD - Anfragebeantwortung zur Verteilungswirkung der Ökosozialen Steuerreform_BF / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Die vorliegende Kurzstudie zu einer Anfrage des Abgeordneten Jakob Schwarz behandelt die Verteilungs­wirkungen der Entlastungs­maßnahmen des ersten und zweiten Teils der Ökosozialen Steuer­reform. Sie bezieht daher sowohl die Maßnahmen­bündel aus dem aktuellen Gesetzes­paket zur Ökosozialen Steuer­reform 2022 (zweiter Teil der Ökosozialen Steuer­reform) als auch den mit dem Konjunktur­stärkungs­gesetz 2020 beschlossenen ersten Teil der Ökosozialen Steuer­reform (Senkung der 1. Tarifstufe der Einkommen­steuer von 25 % auf 20 % und Erhöhung des SV‑Bonus um bis zu 100 EUR pro Jahr) in die Untersuchung mit ein. Die einbezogenen Maßnahmen sind daher umfassender als in der Analyse des Budget­dienstes zur Ökosozialen Steuerreform 2022.

Insgesamt beträgt das untersuchte jährliche Entlastungs­volumen der Privat­haushalte zwischen 4,6 Mrd. EUR im Jahr 2022 und 6,3 Mrd. EUR im Jahr 2025. Aus den beiden Maßnahmen des Konjunktur­stärkungs­gesetzes 2020 resultiert dabei ein geschätztes Entlastungs­volumen zwischen jährlich rd. 1,7 Mrd. EUR bis 1,8 Mrd. EUR. Einbezogen wurde auch der Netto­effekt aus CO2-Bepreisung und Klima­bonus für die Privat­haushalte. Ohne diese beiden Maßnahmen würde die Netto­entlastung im Jahr 2022 nur 3,7 Mrd. EUR betragen und auf 6,0 Mrd. EUR im Jahr 2025 ansteigen.

Bei einer Gesamtbetrachtung der Maßnahmen aus den beiden Gesetzes­paketen beträgt der relative Anstieg der verfügbaren Haushalts­einkommen im Jahr 2022 im 1. bis 7. Einkommens­dezil zwischen 2,7 % und 3,0 %. In den darüber liegenden Dezilen ist der Anstieg etwas geringer, beträgt aber auch im 10. Dezil noch 1,5 %. In den Folgejahren verstärkt die schrittweise Senkung der Einkommen­steuer und die Erhöhung des Familien­bonus vor allem die Entlastung der mittleren und oberen Einkommens­bereiche. Die höchsten Einkommens­anstiege werden im Jahr 2025 zwischen dem 3. und dem 7. Dezil mit 3,3 % bis 3,6 % erzielt. Im 1. Dezil beträgt der Einkommens­anstieg 2,7 %, im 10. Dezil 2,3 %.

Die Anteile am Entlastungsvolumen iHv 6,3 Mrd. EUR im Jahr 2025 steigen hingegen mit der Einkommens­höhe von 9 % im untersten Einkommens­fünftel auf 31 % im obersten Fünftel. Der höhere Anteil der oberen Einkommens­bereiche resultiert primär aus der Senkung der Tarifstufen bei der Einkommen­steuer. Diese Einkommen tragen auch einen Großteil des Einkommen­steuer­aufkommens und sind stärker von der Mehrbelastung durch die Kalte Progression betroffen. Die volumenmäßig kleineren Maßnahmen zur Entlastung niedrigerer Einkommen (Erhöhung von Absetz­beträgen und der Negativ­steuer sowie Senkung der KV‑Beiträge für Selbständige) begünstigen hingegen die unteren Einkommens­bereiche. Von der Erhöhung des Familien­bonus profitieren die mittleren Einkommen am stärksten.

Die CO2‑Bepreisung und der Klimabonus bewirken eine durchschnittlich stärkere Entlastung der unteren Bereiche der Einkommens­verteilung. Die (absolute) Belastung durch die CO2‑Bepreisung ist dort geringer und der einkommens­unabhängige Klimabonus führt zu einem höheren (relativen) Anstieg der Einkommen. In allen Einkommens­bereichen ist der Klima­bonus mehrheitlich höher als die Belastung durch die CO2‑Bepreisung. Weil der CO2‑Preis schneller steigen soll als der Klimabonus, ist die Belastung bei rd. 30 % der Personen im Jahr 2025 etwas höher als die Entlastung. Eine Netto­belastung iHv über 1 % des Einkommens betrifft allerdings weniger als 3 % der Personen.

Betrachtet man verschiedene Haushaltstypen, ist die Entlastung bei Paar­haushalten mit Kindern am höchsten, weil diese am stärksten von der Erhöhung des Familien­­bonus profitieren. Ihr durchschnittliches verfügbares Haushalts­einkommen steigt im Jahr 2025 um 3,5 %. Etwas geringer sind die Anstiege bei Alleinerzieher:innen­­haushalten (+2,9 %), Paar­haushalten ohne Kindern (+2,8 %) sowie bei Single­haushalten (+2,6 %).

Die Verteilungswirkungen im Gendervergleich werden auf Personen­ebene statt auf Haushalts­ebene durchgeführt, um auch Einkommens­unterschiede zwischen im gemeinsamen Haushalt lebenden Frauen und Männern zu berücksichtigen. Der Gesamt­effekt der Maßnahmen auf die verfügbaren Einkommen von Frauen und Männern ist ab dem Jahr 2023 ähnlich. Die durch­schnittlichen Einkommen steigen jeweils um rd. 3 %. Ein vergleichbarer prozentueller Anstieg der Einkommen von Frauen und Männern bei einem niedrigeren Einkommen von Frauen bedeutet jedoch eine höhere absolute Entlastung von Männern. Insgesamt entfallen 61 % des Netto­­entlastungs­­volumens auf Männer und 39 % auf Frauen. Der höhere Anteil von Männern an der Gesamtentlastung wird vor allem durch die Senkung der zweiten und dritten Stufe beim Einkommen­steuer­tarif getrieben.

Die Auswirkungen der schrittweisen Senkung des Körperschaft­steuer­satzes (KöSt‑Satz) von 25 % auf 23 % auf die Einkommen von Privat­haushalten wurde wegen der schlechteren Datenlage und Unsicherheiten bei der Höhe der Effekte nicht in die Berechnungen inkludiert. Um die voraussichtlichen Verteilungs­wirkungen dieser Maßnahme dennoch in die Analyse einzubeziehen, wird die Verteilung von jenen Vermögens bzw. Einkommens­teilen dargestellt, welche am ehesten von der KöSt‑Senkung profitieren. Dabei entfällt jeweils knapp die Hälfte auf das oberste Dezil und weitere etwa 10 % bis 20 % auf das neunte Dezil. Erwerbseinkommen können indirekt durch positive Effekte auf die Beschäftigung und das Lohnwachstum von der KöSt‑Senkung profitieren. Diese Einkommen sind gleicher verteilt, auf das oberste Dezil entfallen knapp 30 % und ungefähr 15 % auf das neunte Dezil.