Ausgewähltes Forschungsprojekt
In dem Projekt, das zugleich Teil von Josef Lolachers Dissertationsvorhaben ist, adressiert er die Frage, welchen Einfluss persönliche Überzeugungen, Meinungsumfragen und Expert:innenwissen auf politische Entscheidungen von Parlamentarier:innen haben. Der Forschende führt die erste vergleichende Studie zur Entscheidungsfindung von Parlamentarier:innen im Spannungsfeld zwischen Expert:innenwissen und öffentlicher Meinung durch. Dabei untersucht er, wie Abgeordnete in drei parlamentarischen Demokratien – Österreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich – in ihren Entscheidungen auf verschiedene Arten von Wissen zurückgreifen. Das "Forschungsjahr im Parlament" unterstützt den Forschenden bei der Auseinandersetzung mit dem Fallbeispiel Österreich durch (Wissens)Ressourcen, um auf diese Weise zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem österreichischen Parlament beizutragen.
Das Forschungsprojekt nimmt seinen Ausgangspunkt in den zunehmenden Angriffen auf repräsentative Demokratien, die in den letzten Jahren von unterschiedlichen Seiten unter Druck geraten sind: Populist:innen werfen politischen Vertreter:innen i.d.R. vor, die Sorgen und Wünsche der Wähler:innen zu übergehen. Andere Stimmen kritisieren, dass politische Vertreter:innen zu viel Wert auf das öffentliche Meinungsbild legen und sich für kurzfristige Wahlerfolge von Umfragen leiten lassen, statt langfristige, evidenzbasierte Strategien zu entwickeln.
Vor diesem Hintergrund untersucht Lolacher, wie einzelne Abgeordnete über politische Maßnahmen entscheiden, wenn Expert:innenwissen und öffentliche Meinung zu Themen wie z. B. der COVID-19 Pandemie oder dem Klimawandel im Widerspruch zueinander stehen; warum manche Abgeordnete dazu tendieren, dem Rat von Expert:innen zu folgen, während andere die öffentliche Meinung priorisieren; und unter welchen Bedingungen Abgeordnete dazu neigen, ihre politischen Positionen in die eine oder andere Richtung zu ändern.
Um zu verstehen, wie Abgeordnete in einer Ausgangssituation der Unsicherheit entscheiden, in der Informationen unklar oder gar widersprüchlich sind, greift Lolacher auf Theorien und Methoden der vergleichenden Politikwissenschaft, Verhaltensökonomie sowie politischen Psychologie zurück. Entsprechend wird er einen Mixed-Methods-Ansatz verwenden, indem er u. a. Surveys zu Einstellungen von Abgeordneten der untersuchten Parlamente sowie ergänzende Interviews durchführt.