Fachinfos - Fachdossiers 23.05.2024

Welche Gesetze schützen das Klima? Klimarelevantes Energierecht

Im Fachdossier "Welche Gesetze schützen das Klima? Überblick und Treibhausgasreduktion" wird ein Überblick über wesentliche Teile des Klimaschutzrechts gegeben, die dazu beitragen sollen, den Ausstoß von Treibhausgasen (THG) zu reduzieren. Von besonderer Relevanz dafür ist der Bereich des Energierechts, welcher sich laut dem Rechtswissenschaftler Stefan Storr (2022) durch eine "spezielle Dynamik" auszeichnet. Wesentliche Aspekte dieses Bereichs stehen in Zusammenhang mit der angestrebten Energiewende, die neben dem Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energiequellen auch die sogenannte Wärme- und Kältewende, stabile Energiepreise und die Versorgungssicherheit zum Thema hat.

In jüngster Vergangenheit kam diese Dynamik in verschiedenen Entwicklungen zum Ausdruck. Auf Bundesebene fand vor allem das Bundesgesetz über die erneuerbare Wärmebereitstellung in neuen Baulichkeiten (Erneuerbare‑Wärme‑Gesetz – EWG) öffentlich Beachtung. Es trat mit 29. Februar 2024 in Kraft und soll die Dekarbonisierung – also die Reduktion des Ausstoßes von CO2 – im österreichischen Gebäudesektor vorantreiben. Auf gesamteuropäischer Ebene gilt vor allem die am 24. April 2024 beschlossene Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden als Meilenstein, u. a. weil sie neben Wärme auch den Aspekt der Kühlung miteinbezieht.

Aus Anlass dieser rezenten Entwicklungen stellt dieses Fachdossier in Ergänzung zu oben genanntem Fachdossier wesentliche Aspekte ausgewählter EU-Richtlinien und österreichischer Gesetze (und Gesetzesvorhaben) im Energiebereich dar, die untrennbar mit dem Klimaschutz verknüpft sind.

Diese zielen einerseits darauf ab, den Anteil an Energie zu erhöhen, der aus erneuerbaren Energiequellen – also Wasser, Sonne, Wind, Geothermie, aber auch Biomasse (z. B. Holzhackschnitzel), Deponiegas und Biogas (aus Vergärung von Biomasse) – gewonnen wird. Andererseits sollen sie dazu führen, dass Energie effizienter genutzt wird.

Hebung des Anteils erneuerbarer Energien in der Europäischen Union

Auf Ebene der Europäischen Union zielt allen voran die Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbare-Energien-RL) aus 2018 darauf ab, die Nutzung fossiler Energie (Kohle, Öl und Gas) zurückzudrängen. Mit der Änderungsrichtlinie "RED III", die am 20. November 2023 in Kraft getreten ist, wurde die Erneuerbare-Energien-RL überarbeitet und Verbesserungen vorgenommen. Diese Verbesserungen zielen vor allem darauf ab, die Geschwindigkeit des Ausbaus von Energie aus erneuerbaren Quellen deutlich zu erhöhen und durch eine bessere Verfügbarkeit erschwinglicher, sicherer und nachhaltiger Energie in der EU die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland schneller zu beenden.

Diese ambitionierteren Vorgaben sind bis Juli 2024 bzw. Mai 2025 von den Mitgliedstaaten umzusetzen: 2030 soll demnach der Anteil erneuerbarer Energiequellen am Bruttoenergieverbrauch der Union jedenfalls bei 42,5 % liegen. Der Bruttoenergieverbrauch umfasst nicht nur die Energie, die von den Verbraucher:innen (Industrie, private Haushalte etc.) verwendet wird, sondern auch jene, die für die Produktion von Energie benötigt wird und die bei der Verteilung verloren geht.

Die Mitgliedstaaten legen selbst fest, welchen Beitrag sie zu diesem Unionsziel leisten. Allerdings statuiert die Richtlinie (RL) für die einzelnen Sektoren wie Verkehr, Industrie oder Gebäude bestimmte Mindestziele. Darüber hinaus verlangt die RL von den Mitgliedstaaten, dass Genehmigungsverfahren für Anlagen, die erneuerbare Energien erzeugen, beschleunigt werden.

Förderung erneuerbarer Stromerzeugung in Österreich

Das österreichische Ziel und die entsprechenden Maßnahmen in Bezug auf die erneuerbare Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 sind im Ökostromgesetz festgelegt. Dieses wurde 2021 durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ergänzt, welches wiederum 2023 umfassend novelliert wurde. Demnach soll Österreich seinen Stromverbrauch ab dem Jahr 2030 "bilanziell" zu 100 % aus erneuerbaren Energieträgern decken (siehe § 4 Abs. 2 EAG). Laut Stangl (2023) bedeutet bilanziell in diesem Zusammenhang, "dass weiterhin Strom aus anderen Staaten importiert werden darf, dieser Import aber mengenmäßig durch den Export von erneuerbarem Strom ausgeglichen wird".

Dieses österreichische Ziel soll durch die Förderung des Baus, der Erweiterung und der Revitalisierung entsprechender Stromerzeugungsanlagen erreicht werden. Das Gesetz sieht einerseits Investitionszuschüsse und andererseits sogenannte Marktprämien vor. Diese können für die jährlich verkaufte Strommenge zugesprochen werden, um die im Verhältnis zu fossilen Energiequellen höheren Produktionskosten auszugleichen.

Gemäß § 90 EAG ist von der E-Control jährlich ein Monitoringbericht zu erstellen, zu veröffentlichen und dem Nationalrat vorzulegen, der aufzeigt, inwiefern die Zielvorgabe gemäß § 4 Abs. 2 EAG erreicht wurde bzw. inwiefern die Stromproduktion auf dem Zielpfad bis 2030 liegt. Der letzte Bericht analysiert das Jahr 2022. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat gemäß § 91 EAG dem Nationalrat bis Dezember 2024 einen Evaluierungsbericht vorzulegen.

Um die Genehmigungsverfahren für erneuerbare Stromerzeugung zu beschleunigen, wurde 2023 auch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) geändert. Dieses sieht bekanntlich ein konzentriertes Genehmigungsverfahren vor, in dem grundsätzlich alle für die Anlage einschlägigen Vorschriften im Bundes- und Landesrecht anzuwenden sind. Seit der Novelle wird aber z. B. das einer Genehmigung einer Windkraftanlage hinderliche Landesrecht zurückgedrängt oder abgeändert (Baumgartner 2023). Zur Regelung im Detail siehe § 4a UVP-G. Über den Vollzug des UVP-G hat der bzw. die Klimaschutzminister:in alle drei Jahre an den Nationalrat zu berichten. Der letzte Bericht, vorgelegt im April 2022, umfasst den Berichtszeitraum März 2018 bis März 2021 (III-597 d.B.).

Erneuerbare Energie im österreichischen Gebäudesektor

In Zusammenhang mit der Erneuerbare-Energien-RL ist auch EWG (s. o.) zu sehen, das am 28. Februar 2024 kundgemacht wurde. Es geht über das Ölkesseleinbauverbotsgesetz aus 2019 hinaus. In neuen Gebäuden dürfen nun nicht nur keine Ölkessel mehr errichtet werden, sondern auch keine dezentralen Gasheizungen. Für einen Umstieg auf nicht fossile Energieträger in bestehenden Gebäuden werden öffentliche Förderungen bereitgestellt, die zu einem Ersatz der Investitionskosten bis zu 75 % führen.

Soweit es um Betriebsgebäude geht, bildet das Umweltförderungsgesetz die rechtliche Grundlage für die Festlegung von sogenannten Zusagerahmen, um den Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu fördern. Darüber hinaus wurde den Ländern mit dem Heizungsumstiegs-Zweckzuschussgesetz jeweils für die Jahre 2024 und 2025 ein Zweckzuschuss von maximal EUR 50 Mio. zur Förderung des Umstiegs auf klimafreundliche Heizungen und für die thermische Sanierung von Gebäuden (nach den Förderbedingungen der Länder) zugesichert.

Erneuerbare Energie im österreichischen Verkehrssektor

Einen gewissen Anteil erneuerbarer Energie im Verkehrssektor soll die Kraftstoffverordnung 2012, zuletzt geändert 2024, sicherstellen. Diese wurde auf Grundlage des Kraftfahrzeuggesetzes erlassen und verpflichtet Anbieter von Benzin und Diesel (für den Betrieb von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen), dem Treibstoff zu einem gesetzlich festgelegten Prozentsatz Biokraftstoffe beizumischen.

Biokraftstoffe werden aus Biomasse wie z. B. Pflanzen hergestellt. Ihre Treibhausgasbilanz fällt günstiger als jene von fossilen Kraftstoffen aus. Ausgeschlossen wird der Anbau von Energiepflanzen auf Flächen mit hoher biologischer Vielfalt oder hohem Kohlenstoffgehalt. Die Einhaltung dieser Vorgaben muss nachgewiesen werden. Zuständig für die Erstellung derartiger Nachhaltigkeitsnachweise für in Österreich erzeugte oder in Verkehr gesetzte Biokraftstoffe ist das Umweltbundesamt (Details siehe: Biokraftstoff & Nachhaltigkeit).

Verbesserung der Energieeffizienz in der Europäischen Union

Das Ziel, den Energieverbrauch zu reduzieren, verfolgt die Energieeffizienz-Richtlinie aus dem Jahre 2012. Sie wurde zuletzt im September 2023 geändert und setzt beim "Endenergieverbrauch" an. Während man unter Primärenergie den "rechnerisch nutzbare[n] Energiegehalt eines natürlich vorkommenden Energieträgers, bevor er einer Umwandlung unterworfen wird" versteht (siehe die Definition von Primärenergie des deutschen Umweltbundesamts), bezeichnet Endenergie die Energie, die nach Übertragung und Umwandlung den Letztverbraucher:innen wie der Industrie oder den privaten Haushalten zur Verfügung gestellt wird. Der Verbrauch wird jährlich auf Basis unterschiedlicher energiestatistischer Erhebungen sowie Modellierungen berechnet (siehe dazu zuletzt: Pressemitteilung von Statistik Austria).

Gemäß der Energieeffizienz-RL, die, abgesehen von einzelnen Bestimmungen, bis 25. Oktober 2025 umzusetzen ist, soll u. a. die Jahresendenergiemenge der Europäischen Union 2030 gegenüber jener von 2020 um 11,7 % geringer sein. Außerdem wird für 2030 der maximale Einsatz von Primär- und Endenergie in absoluten Zahlen vorgegeben. Die Einsparungsziele sollen insbesondere über die Verbesserung der Energieeffizienz erreicht werden.

Jeder Mitgliedstaat muss seinen quantifizierten Beitrag zur Umsetzung der Ziele gesetzlich festlegen und Maßnahmen ergreifen, die mit bestimmten Vorgaben der Richtlinie in Einklang stehen (z. B. Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, Vorgaben für öffentliche Gebäude, präzise Abrechnung und Information über den Energieverbrauch für die Konsument:innen).

Verbesserte Energieeffizienz in Österreich

Das Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG) zur Umsetzung der vorhin genannten Richtlinie stammt aus 2014 und wurde 2023 umfassend geändert. Es legt die folgenden gesamtstaatlichen Energieeffizienzziele fest: Erstens, der Jahresendenergieverbrauch (eines Regeljahres; Anm.) darf im Jahr 2030 nicht mehr als 920 Petajoule (PJ) betragen. Außerdem müssen, zweitens, bis 2030 insgesamt mindestens 650 PJ eingespart werden. Das Verpflichtungssystem, wonach z. B. Energielieferant:innen verpflichtet wurden, Energieeinsparungen bei sich und ihren Kund:innen zu erzielen, wurde fallen gelassen. Vielmehr sollen durch sogenannte "alternative strategische Maßnahmen" wie z. B. steuerliche Anreize und Förderungen jährliche Endenergieeinsparungen erreicht werden.

Das EEffG verweist auf Maßnahmen nach anderen Gesetzen wie etwa dem Umweltförderungsgesetz (UFG), wonach Investitionen zum effizienten Einsatz der Energie auf Antrag finanziell unterstützt werden. Das EEffG enthält aber auch Verpflichtungen, die zur Einsparung von Energie  beitragen sollen: U. a. wird großen Unternehmen die Einrichtung von Managementsystemen oder die Durchführung von Energieaudits vorgeschrieben. Außerdem müssen in Gebäuden mit zentraler Wärme- und Kälteversorgung bei Vorliegen gewisser Bedingungen Verbrauchszähler installiert werden, die den individuellen Endverbrauch dokumentieren.

Sowohl das EEffG als auch das UFG sind insbesondere auch für das Monitoring relevant. Zu den konkreten Effekten der Förderungen im Bereich der Energieeffizienz, die für den Zeitraum von 2020 bis 2022 nach UFG zugesagt wurden, siehe etwa den Bericht Evaluierung der Umweltförderung des Bundes 2020 – 2022 (III-1092 d. B., S. 46). Ebenso ist gemäß EEffG (§ 70 Abs. 1 und 75 Abs. 1) von der E-Control ein Energieeffizienzmonitoringbericht zu erstellen und von dem bzw. der Klimaschutzminister:in dem Nationalrat vorzulegen. Laut dem ersten Bericht für die Berichtsjahre 2021 und 2022 betrug der Endenergieverbrauch in Österreich im Jahr 2021 1.127 PJ und im Jahr 2022 1.066 PJ. Wie oben schon dargelegt, wird das EEffG bis September 2025 auf den Letztstand der RL anzupassen sein.

Ausblick

Das Fachdossier kann nur einen Einblick in ausgewählte Richtlinien und Gesetze dieses besonders komplexen Politikbereichs geben. Eine Reihe von einschlägigen Gesetzesvorhaben ist aktuell in Vorbereitung bzw. bereits in parlamentarischer Beratung. Beispielsweise wurde im Februar 2024 eine Regierungsvorlage für ein Erneuerbares-Gas-Gesetz – EGG (2455 d.B.) eingebracht. Gasversorger sollen demnach künftig zu einer Grüngasquote verpflichtet werden und damit einen bestimmten Anteil an fossilem Erdgas durch im Inland produziertes erneuerbares Gas ersetzen.

Dadurch sollen im Jahr 2030 9,75 % der Gesamtgasmenge durch Grüngas substituiert werden. Damit gemeint ist in erster Linie erneuerbares Gas, das laut § 4 der Regierungsvorlage "erneuerbaren Wasserstoff oder Gas aus biologischer oder thermochemischer Umwandlung, das ausschließlich aus Energie aus erneuerbaren Energieträgern hergestellt wird, oder synthetisches Gas, das auf Basis von erneuerbarem Wasserstoff hergestellt wird" bezeichnet.

Ebenfalls Teil aktueller politischer Diskussions- und Verhandlungsprozesse sind die Regierungsvorlage für ein Wasserstofffördergesetz (2555 d.B.) und der Ministerialentwurf für ein neues Elektrizitätswirtschaftsgesetz und weitere Novellierungen (310/ME).

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