Fachinfos - Fachdossiers 23.05.2024

Welche Gesetze schützen das Klima? Überblick und Treibhausgasreduktion

Aufgrund der vielfachen Neuerungen seit der Veröffentlichung des Fachdossiers "Welche Gesetze schützen das Klima?" im Jahr 2020 erfolgt mit diesem Fachdossier eine Neudarstellung ausgewählten Klimaschutzrechts. Rechtsvorschriften zum Schutz des Klimas zielen auf die direkte Reduktion von Treibhausgasen (THG) aus Emissionsquellen wie z. B. Betriebsanlagen und dem Verkehr ab, auf den Ausbau erneuerbarer (nicht fossiler) Energie und auf die Verbesserung der Energieeffizienz.

Dieses Fachdossier geht auf die europäischen Vorschriften zu wesentlichen Zielen ein und erläutert, wie die Kompetenzen für das Erlassen entsprechender Gesetze in Österreich verteilt sind. Neben dem zentralen Planungsinstrument, dem Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP), beschäftigt es sich insbesondere mit dem Emissionshandel und der sogenannten CO2-Besteuerung von Energieträgern.

Europäische Vorgaben

Im Klimaschutzrecht spielt die Europäische Union eine besonders wichtige Rolle. Ein gewichtiger Grund dafür ist die Tatsache, dass sich nicht nur alle Mitgliedstaaten einzeln, sondern auch die Staatengemeinschaft insgesamt mit der Ratifikation des Pariser Übereinkommens auf ein völkerrechtlich bindendes, EU-weites Ziel einigten. Auch in diesem Bereich erlässt die Europäische Union Verordnungen (VO) und Richtlinien (RL). Erstere gelten autonom, letztere bedürfen der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber, um Pflichten und Rechte für Behörden und Individuen festzulegen. In den letzten Jahren haben die Verordnungen im europäischen Klimaschutzrecht an Bedeutung gewonnen.

Diese europäischen Vorschriften legen v. a. die Ziele und ein entsprechendes Berichtswesen fest, anhand dessen kontrolliert wird, ob diese Zielsetzungen von den Mitgliedstaaten eingehalten werden. Soweit die EU nicht die konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Ziele vorgegeben hat (wie z. B. mit der Emissionshandels-RL; siehe unten), entscheiden die Mitgliedstaaten selbständig, welche Maßnahmen sie ergreifen. Sie kommunizieren diese u. a. im Rahmen ihres jeweiligen NEKP an die EU-Kommission.

Im Folgenden wird näher auf grundlegende Verordnungen sowie die Emissionshandels-RL eingegangen. Zu den übrigen Richtlinien, die vor allem in den Bereich des Energierechts fallen, und deren Umsetzung in Österreich siehe das Fachdossier "Welche Gesetze schützen das Klima? Klimarelevantes Energierecht".

Europäisches Klimagesetz und Lastenverteilungsverordnung

Am 29. Juli 2021 trat das Europäische Klimagesetz in Kraft, demzufolge die EU im Jahr 2050 klimaneutral sein soll. Das bedeutet, es sollen dann nicht mehr Treibhausgase emittiert, also in die Atmosphäre entlassen werden, als ihr auf natürliche Weise (Aufnahme oder "Schlucken" von CO2 durch sogenannte Treibhausgassenken wie Wälder oder Moore) oder auf künstliche Weise (CO2-Abscheidung und Speicherung) wieder entnommen werden können. Bis 2030 sollen die jährlichen THG-Nettoemissionen gegenüber dem Stand von 1990 um 55 % geringer sein. Mit der Lastenverteilungs-VO wird den einzelnen Mitgliedstaaten bis 2030 jeweils ein detaillierter linearer Reduktionspfad für jene Sektoren aufgetragen, die nicht dem Emissionshandel (s. u.) unterliegen und die für rund 60 % der europäischen THG-Emissionen verantwortlich sind. Die VO stammt aus 2018 (VO (EU) 2018/842), wurde aber 2023 entsprechend verschärft (VO (EU) 2023/857).

Emissionshandelsrichtlinie

Die Emissionshandels-RL aus 2003, zuletzt geändert 2023, trägt den Mitgliedstaaten auf, für bestimmte THG-emittierende Betriebsanlagen ein Emissionshandelssystem (EHS) einzurichten. Darunter fallen im sogenannten EHS-1-System Kraftwerke, energieintensive Industriebranchen, innereuropäische Flüge und ab 2024 der Seeverkehr. Ab 2027 soll für Gebäude, Güterfahrzeuge und Kraftstoffe ein separater Emissionshandel (EHS-2) eingeführt werden. Im EHS muss jeder Emittent entsprechend der Menge an Emissionen, die er emittiert, Zertifikate erwerben. Die Kommission teilt jedem Mitgliedstaat jährlich eine bestimmte Menge an Emissionszertifikaten zu, reduziert die Ausgabe von Zertifikaten allerdings laufend, wodurch die Emission von THG laufend teurer wird und der Anreiz steigen soll, Emissionen durch technische Maßnahmen zu reduzieren. So soll insgesamt eine Reduktion der THG-Emissionen erreicht werden. 

CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM)

Um eine Abwanderung von Branchen ins Ausland zu vermeiden, können Zertifikate auch gratis abgegeben werden. Auf diese Gratisausgabe soll jedoch schrittweise verzichtet werden, weil auch die Einfuhr von Erzeugnissen im Verhältnis zu den im Produktionsprozess anfallenden Emissionen bepreist werden soll. Der CO2-Preis für in die EU eingeführte und für inländische Produkte soll auf diese Weise angeglichen werden. Darunter fallen vor allem Produkte, deren Produktion besonders energieintensiv ist, wie etwa Zement, Düngemittel, Eisen und Stahl. Dies alles ist in der CBAM-VO aus 2023 geregelt. Betroffene Unternehmen treffen seit 1. Oktober 2023 Berichtspflichten, entsprechende Zertifikate für die eingeführten Erzeugnisse müssen ab Jänner 2026 erworben werden.

Verordnung für Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF)

Dem Erhalt und der Stärkung von Treibhausgassenken ist die LULUCF-VO gewidmet. Sie stammt aus 2018, wurde zuletzt 2023 verschärft und sichert die europaweite Erfassung der verschiedenen Landnutzungsarten und ihres Beitrags zu THG-Emissionen und -Senken.

Governance-System für die Energieunion

Die VO über das Governance-System für die Energieunion und den Klimaschutz von 2018, zuletzt geändert 2023, steht im Zeichen einer kohärenten Zielerreichung im Sinne des Pariser Übereinkommens von 2015. Die Mitgliedstaaten haben 2019 erstmals ihre Ziele und die geplanten Maßnahmen im Wege des NEKPs berichtet (siehe dazu für Österreich: Integrierter nationaler Energie- und Klimaplan für Österreich). Alle zwei Jahre ist ein Fortschrittsbericht vorzulegen. Zum österreichischen Entwurf des NEKP 2023, der österreichweit konsultiert wurde, siehe Nationaler Energie- und Klimaplan.

Außerdem ist eine Langfriststrategie zur Verringerung der Emissionen mit einer Perspektive von 50 Jahren vorzulegen (siehe für Österreich: Langfriststrategie 2050). Aufgrund der VO besteht auch die Verpflichtung, die jährlichen nationalen THG-Inventuren an die Europäische Kommission zu übermitteln (siehe zuletzt Klimaschutzbericht 2023, S. 255). Die Kommission wiederum ist durch die VO dazu verpflichtet, den Fortschritt der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in den nationalen Plänen festgelegten Vorgaben, Ziele und Beiträge zu überwachen und zu beurteilen.

Österreichische Gesetze

Die Zuständigkeit bzw. Aufgabe Klimaschutz findet sich nicht im "Kompetenzkatalog" des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG). Klimaschutz ist eine Querschnittsmaterie, dessen Regelung sich auf Bundesebene auf bestehende Kompetenztatbestände wie etwa Luftreinhaltung, Elektrizitätswesen, Gewerbe und Industrie, Verkehrswesen, Bundesfinanzen (Steuern) und Privatwirtschaftsverwaltung (Förderungen) stützt, aber auch in die Kompetenz der Landesgesetzgebung fallen kann (z. B. Baurecht und Raumplanung).

Oft wird aber eine – auf das jeweilige Bundesgesetz maßgeschneiderte – Kompetenz geschaffen. Vorschriften in diesem Bundesgesetz sind dann auch in jenen Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das B-VG etwas anderes bestimmt. Eine solche "Kompetenzdeckungsklausel" (siehe z. B. Wiederin 2011) ist eine "Verfassungsbestimmung" und steht meist am Anfang des Gesetzes. Sie kann optional nur das erlassene Gesetz oder auch jede zukünftige Abänderung dieses Gesetzes abdecken. Im zweitem Fall bedarf jede Änderung des Gesetzes der neuerlichen Beschlussfassung der Kompetenzdeckungsklausel. Ihre Beschlussfassung bedarf sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat einer Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder. Kompetenzdeckungsklauseln finden sich u. a. im Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG) und im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG).

Im Folgenden werden nun einige zentrale Bundesgesetze dargestellt, die den Schutz des Klimas auf Bundesebene zum Ziel haben. Dabei wird besonderes Augenmerk auf quantifizierte Ziele, die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele und das Monitoring gelegt.

Klimaschutzgesetz (KSG) und Finanzausgleichsgesetz (FAG) 2024

Das KSG, BGBl I 106/2022 idF BGBl I 58/2017, legte das nationale Reduktionsziel für THG für die Verpflichtungszeiträume 2008–2012 sowie 2013–2020 und einen Mechanismus zur Ausverhandlung der dafür notwendigen Maßnahmen fest. Anwendbar ist nach wie vor § 6 KSG, wonach das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) dem Nationalrat jedes Jahr einen Bericht über den Fortschritt bei der Einhaltung der festgelegten Höchstmengen vorzulegen hat. Der letzte Fortschrittsbericht, vorgelegt im November 2023 (III-1054 d.B.), beziffert u. a. die THG-Emissionen der einzelnen außerhalb des Emissionshandels stehenden Sektoren wie Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie Energie und Industrie des Jahres 2021 und setzt die nationalen Emissionen in Verhältnis zum von der EU verbindlich festgelegten Reduktionsziel (Jahreshöchstmenge von 48,77 Mio. Tonnen THG bzw. CO2-Äquivalent gemäß Lastenverteilungs-VO).

§§ 30 und 31 FAG 2024, BGBl I 168/2023, sehen einen Klimaschutzkoordinations- und Verantwortlichkeitsmechanismus von Bund und Ländern vor. Wird wegen Nichteinhaltung des Reduktionspfads durch Österreich ein Ankauf von Emissionszertifikaten fällig, sind die Kosten von Bund und Ländern im Verhältnis von 80 zu 20 zu tragen. Für den Verpflichtungszeitraum 2021 bis 2030 wird eine erste Abrechnung der Gesamtemissionen auf EU–Ebene im Jahr 2027 (mit Vorliegen der Treibhausgasinventurwerte für 2025) erfolgen (siehe RH-Bericht "Klimaschutz in Österreich" aus 2021).

Emissionszertifikategesetz (EZG) 2011

Das EZG, BGBl I 118/2011 idF BGBl I 196/2023, enthält kein quantifiziertes Reduktionsziel. In welchem Ausmaß die Emissionszertifikate jährlich reduziert werden, ist europarechtlich vorgegeben. Die Versteigerung bzw. Gratisabgabe erfolgt durch das BMK. In einem Genehmigungsverfahren ist vorab sicherzustellen, dass erfasste Unternehmen in der Lage sind, die Emissionen von Treibhausgasen aus der betreffenden Anlage zu überwachen und darüber eine jährliche Emissionsmeldung zu erstatten. Entsprechend den tatsächlichen Emissionen sind Zertifikate zu erwerben bzw. abzugeben. Unternehmen können auch untereinander Zertifikate handeln. Eine Berichterstattung an den Nationalrat zum Vollzug dieses Gesetzes ist nicht vorgesehen.

Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG) 2022

Das NEHG 2022, BGBl I 10/2022 idF BGBl I 110/2023, wurde im Rahmen des Ökosozialen Steuerreformgesetzes 2022 Teil I beschlossen. Es zielt auf einen reduzierten Einsatz fossiler Energieträger in den Sektoren Verkehr und Gebäude ab, enthält aber kein quantifiziertes Reduktionsziel. Vereinfacht gesagt müssen Unternehmen Emissionszertifikate für jene Mengen fossiler Mineralöle, Kraft- und Heizstoffe (z. B. Benzin, Heizöl, Kerosin), Erdgase (inkl. Flüssiggas) und Kohle erwerben, die sie in Österreich in Verkehr bringen und die dementsprechend bereits nach Mineralölsteuergesetz, Erdgasabgabegesetz und Kohleabgabegesetz abgabenpflichtig sind.

Für die Jahre 2022 bis 2025 werden die Zertifikate zu einem gesetzlich fixierten (kontinuierlich steigenden) Preis ausgegeben. Das Gesetz legt fest, wieviel Kilogramm THG eine Maßeinheit (Liter, Kilogramm oder Kubikmeter) des jeweiligen Stoffes verursacht. Für eine Tonne THG sind etwa für 2023 EUR 35,- aufzubringen. Es wird davon ausgegangen, dass die Handelsunternehmen die erhöhten Kosten an ihre Kund:innen weitergeben und diese dadurch zu einem sparsameren Einsatz der genannten Energieträger animiert werden. Werden zunächst noch für die Berechnung der jährlichen THG-Mengen die Steuerdaten (siehe oben) herangezogen, so ist ab 2024 ein verfeinertes Melde- und Überwachungssystem maßgeblich.

Schließlich soll ab 2026 ein Handel mit den Zertifikaten ermöglicht werden. Die Details dazu sind noch nicht im NEHG enthalten. Der bzw. die Klimaschutzminister:in und der bzw. die Finanzminister:in haben gemäß § 19 NEHG bis zum 31. März 2025 die Wirkungen des Gesetzes zu evaluieren und nähere Regelungen für diese "Marktphase" zur Novellierung vorzuschlagen.

Ökonomische Instrumente und Ordnungsrecht

Neben der Bepreisung von THG-Emissionen, mit dem Ziel, ihre Reduktion zu erwirken, spielt auch das Ordnungsrecht eine Rolle im Klimaschutzrecht. Darunter werden direkte Verbote und Gebote verstanden. Das Nebeneinander dieser unterschiedlichen Instrumente soll anhand des Betriebsanlagenrechts, konkret des UVP-G, veranschaulicht werden.

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) 2000

Schon die Errichtung (und der Betrieb) von umweltbeeinträchtigenden Anlagen bedarf einer oder mehrerer behördlicher Genehmigungen. In diesen Genehmigungsverfahren werden die Auswirkungen der Anlage auf Mensch und Umwelt vorab geprüft und allenfalls durch Auflagen limitiert oder ganz abgelehnt. Große Betriebsanlagen oder Anlagen in Schutzgebieten unterliegen dem UVP-G.

Gemäß § 17 Abs. 2 (und § 24f. Abs. 1) UVP-G sind Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik zu begrenzen. Nach herrschender Lehre sind darunter auch Treibhausgase zu verstehen. Mit der Novelle 2023 wurde dies auch im Gesetzestext klargestellt. Für Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen, ist die Vorschreibung von Emissionsgrenzwerten für direkte THG-Emissionen in der Genehmigung allerdings untersagt, außer dies ist erforderlich, um erhebliche lokale Umweltverschmutzungen (wie dies etwa bei Methan der Fall sein kann) zu vermeiden (siehe dazu auch § 46 EZG). Für alle Anlagen ist jedoch mit dem Genehmigungsantrag ein Klima- und Energiekonzept vorzulegen (§ 6 Abs. 1 UVP-G). Darin sind u. a. der Energiebedarf nach Energieträgern, Maßnahmen zur Energieeffizienz und die vom Vorhaben ausgehenden Treibhausgase darzustellen. Dies soll ein Anreiz sein, um bereits in der Projektkonzeptionsphase Überlegungen betreffend Energiesparpotenziale und Reduktion von THG-Emissionen anzustellen.

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