Adelheid Popp

Adelheid Popp (geb. 1869, gest. 1939): Vom Weberkind zur politischen Leitfigur

Die erste Parteiangestellte Österreichs gründete eine Zeitung

Adelheid Popp (geborene Dworak) gilt als parlamentarische Pionierin und Ausnahmeerscheinung. Sie war das jüngste von 15 Kindern einer Weberfamilie und schaffte es trotz ungünstigster Voraussetzungen, zur politischen Leitfigur aufzusteigen.

Popp war die erste Frau, die von einer Partei angestellt wurde. Sie wurde Mitglied des Wiener Arbeiterinnen-Bildungsvereins (1891) und Vorsitzende des Lese- und Diskutierclubs Libertas (1893). Von 1892 bis 1934 war sie Redakteurin der von ihr mitbegründeten "Arbeiterinnen-Zeitung".

Für die Frauen, gegen die Parteispitze

1902 gründete sie gemeinsam mit Therese Schlesinger gegen den Widerstand der Parteispitze den Verein Sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. 1918 wurde sie in den Wiener Gemeinderat gewählt, dem sie bis 1923 angehörte. Sie wurde aber auch als eine der ersten acht Parlamentarierinnen nach Einführung des Frauenwahlrechts 1919 in die Konstituierende Nationalversammlung gewählt und gehörte dann dem Nationalrat bis zu seiner Auflösung im Jahr 1934 an.

Jugend einer Arbeiterin

Bereits mit acht Jahren musste sie als Heimarbeiterin Geld verdienen, mit zehn Jahren meldete sie die Mutter nicht mehr in der Schule an. In ihren Erinnerungen "Jugend einer Arbeiterin" schildert sie eindrucksvoll, wie sie in der Kälte, nur spärlich bekleidet, oft erfolglos Arbeit suchte, wie sie bettelte, wie sie das Bett mit anderen teilen musste.

Bildung: Der Hebel zur Selbstbefreiung

Schon als Kind hatte Popp eine ungewöhnliche Leidenschaft: Sie liebte das Lesen. Nach Goethe, Lenau und Chamisso bekam sie schließlich auch "Die Gleichheit" in die Hände, das Zentralorgan der frühen Sozialdemokratie. Damit war ihr Interesse an politischer Lektüre geweckt.

Sie gab ihr Wissen und ihre Anschauungen ihren Kolleginnen in der Fabrik weiter, was im Hinblick auf ihren Arbeitsplatz nicht ungefährlich war. In der Bildung erkannte sie den zentralen Hebel zur Selbstbefreiung, zum sozialen Aufstieg und zu einem würdigen Leben. Adelheid Popp hörte nie auf sich weiterzubilden und lernte Fremdsprachen wie Englisch und Französisch.

Die Gewerkschaften wollten damals keine Frauen

Adelheid Popp musste nicht nur mit gesellschaftlichen Vorurteilen kämpfen, sondern auch gegen Widerstände in der eigenen Partei. Die Gewerkschaften sahen die Frauen als Eindringlinge an. Beim Kampf um das Frauenwahlrecht blieb das Verständnis der Parteigenossen gering.

Prominenter Förderer, moderner Ehemann

Unterstützung fand Adelheid Popp bei Victor Adler. Oft musste sie auch nach Veranstaltungen vor den Richter, sie wurde aber meist freigesprochen. 1895 wurde sie wegen ihrer kritischen Haltung zur traditionellen Ehe zu einer Arreststrafe verurteilt.

Popp selbst hatte einen in seinem Denken sehr modernen Ehemann, auch wenn er um 20 Jahre älter war als sie. Julius Popp, Mitherausgeber der "Arbeiter-Zeitung", Sekretär und Kassier der Partei, ermutigte sie sogar, ihren öffentlichen Aufgaben nachzukommen. Während ihrer Abwesenheit kümmerte er sich um das Kind.

Politische Forderungen

Popps politische Vorstellungen waren ihrer Zeit weit voraus: Karenzzeit für Mütter, die Errichtung von Entbindungsanstalten, die Gleichstellung der Frauen in der Ehe und im Beruf. Sie forderte bereits 1896 eine Art Quotenregelung und selbstverständlich das Frauenwahlrecht.

Adelheid Popp starb 1939 in Wien an einem Schlaganfall.

Biografie Adelheid Popp