Geschäftsordnung des Nationalrates

Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975)

XIII. Anfragen

§§ 89 bis 97 des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975)

§ 89 [Schriftliche Anfragen an den Präsidenten und die Ausschussobmänner]

(1) Jedem Abgeordneten steht das Recht zu, an den Präsidenten des Nationalrates und an die Obmänner der Ausschüsse schriftliche Anfragen zu richten.

(2) Der Befragte hat schriftlich zu antworten. Ist dem Befragten eine Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so hat er dies in der Beantwortung zu begründen.

§ 90 [Fragerecht zur Überprüfung der Geschäftsführung der Bundesregierung]

Der Nationalrat ist befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Diesem Fragerecht unterliegen insbesondere Regierungsakte sowie Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten.

§ 91 [Schriftliche Anfragen an die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder]

(1) Anfragen, die ein Abgeordneter an die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder richten will, sind dem Präsidenten schriftlich zu übergeben. Sie müssen mit den eigenhändig beigesetzten Unterschriften von wenigstens fünf Abgeordneten, den Fragesteller eingeschlossen, versehen sein und sind dem Befragten durch die Parlamentsdirektion mitzuteilen.

(2) Fragesteller können ihre Anfragen schriftlich bis zum Einlangen der Beantwortung beim Präsidenten zurückziehen. Der Präsident teilt dies in der nächstfolgenden Sitzung dem Nationalrat mit und veranlaßt die Verständigung des befragten Regierungsmitgliedes.

(3) Die Verlesung einer Anfrage findet nur auf Anordnung des Präsidenten statt.

(4) Der Befragte hat innerhalb von zwei Monaten nach Übergabe der Anfrage an den Präsidenten mündlich oder schriftlich zu antworten. Ist dem Befragten eine Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so hat er dies in der Beantwortung zu begründen. Auf mündliche Beantwortungen finden die Bestimmungen der §§ 19 Abs. 2 und 81 sinngemäß Anwendung.

§ 91a [Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Rechnungshofes]

(1) Anfragen, die ein Abgeordneter an den Präsidenten des Rechnungshofes richten will, sind dem Präsidenten des Nationalrates zu übergeben. Diesem Fragerecht unterliegen die Gegenstände des Wirkungsbereiches des Präsidenten des Rechnungshofes, soweit sie die Haushaltsführung im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes, die Diensthoheit im Sinne des Art. 125 Abs. 3 B-VG und die Organisation des Rechnungshofes im Sinne des § 26 Abs. 2 Rechnungshofgesetz betreffen.

(2) Im übrigen gelten die Bestimmungen des § 91 sinngemäß.

§ 92 [Besprechung einer Anfragebeantwortung]

(1) Fünf Abgeordnete können vor Eingang in die Tagesordnung verlangen, daß über die schriftliche Beantwortung einer Anfrage gemäß § 91 Abs. 1 eine Debatte nach den §§ 57a und 57b stattfindet. Abgeordnete, die demselben Klub angehören, können eine solche Debatte nur einmal pro Sitzungswoche verlangen. Wird ein solches Verlangen von Abgeordneten mehrerer Klubs verlangt, ist es dem Klub, dem der Erstunterzeichner angehört, anzurechnen. Gehört dieser keinem Klub an, gilt diese Bestimmung hinsichtlich des Zweitunterzeichners und so weiter.

(2) Verlangen gemäß Abs. 1 können nur hinsichtlich solcher schriftlicher Beantwortungen einer Anfrage eingebracht werden, die innerhalb der letzten zwei Monate im Nationalrat eingelangt sind.

(3) Im Rahmen einer Debatte über die schriftliche Beantwortung einer Anfrage kann nur der Antrag gestellt werden, der Nationalrat nehme die Beantwortung zur Kenntnis oder nicht zur Kenntnis. Dem Antrag kann eine kurze Begründung beigegeben sein.

§ 93 [Dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage]

(1) Fünf Abgeordnete können vor Eingang in die Tagesordnung verlangen, daß eine zum selben Zeitpunkt einzubringende schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Bundesregierung vom Fragesteller nach Erledigung der Tagesordnung, spätestens jedoch 15 Uhr, frühestens aber drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinde. Kein Abgeordneter darf jedoch innerhalb eines Jahres mehr als ein solches Verlangen unterzeichnen.

(2) Darüber hinaus kann jeder Klub pro Jahr weitere vier Verlangen im Sinne des Abs. 1 einbringen, wobei diese einen Verweis auf die gegenständliche Gesetzesbestimmung beinhalten müssen und von fünf Abgeordneten dieses Klubs zu unterzeichnen sind. Solche Unterstützungsunterschriften sind nicht in Abs. 1 einzurechnen.

(3) Auf Antrag von fünf Abgeordneten kann ohne Debatte vor Eingang in die Tagesordnung beschlossen werden, daß eine zum selben Zeitpunkt einzubringende schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Bundesregierung vom Fragesteller nach Erledigung der Tagesordnung, spätestens jedoch 15 Uhr, frühestens aber drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinde. Eine solche beschlossene Dringliche Anfrage wird in die Beschränkung nach § 57b Abs. 1 nicht eingerechnet.

(4) Das befragte Mitglied der Bundesregierung oder der im Sinne des § 19 Abs. 1 zum Wort gemeldete Staatssekretär ist verpflichtet, nach der Begründung der Anfrage und vor Eingang in die Debatte eine Stellungnahme zum Gegenstand abzugeben, doch ist auch eine mündliche Beantwortung gemäß § 91 Abs. 4 zulässig. Die Stellungnahme bzw. Beantwortung soll 20 Minuten nicht übersteigen.

(5) Dem Begründer steht eine Redezeit von 20 Minuten zu. Jedem Redner kommt in der darauffolgenden Debatte eine Redezeit von zehn Minuten und jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zu.

(6) In dieser Debatte dürfen nur Entschließungsanträge gestellt werden. Der Präsident kann die Abstimmung über sie an den Beginn der nächsten Sitzung verlegen.

§ 94 [Mündliche Anfragen]

(1) Jeder Abgeordnete kann in den Sitzungen des Nationalrates kurze mündliche Anfragen an die Mitglieder der Bundesregierung richten.

(2) Das befragte Mitglied der Bundesregierung oder der im Sinne des § 19 Abs. 1 zum Wort gemeldete Staatssekretär ist verpflichtet, die Anfragen mündlich in derselben Sitzung, in der sie aufgerufen werden, zu beantworten. Ist den Genannten die Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so haben sie dies in der Beantwortung zu begründen.

(3) Ein Abgeordneter darf zu den Fragestunden eines Monats nicht mehr als vier Anfragen einbringen. Die Zurückziehung mündlicher Anfragen ist jederzeit möglich.

(4) Sofern keine Aktuelle Stunde stattfindet, beginnt in der Regel jede Sitzung des Nationalrates mit einer Fragestunde; Ausnahmen bestimmt der Präsident nach Beratung in der Präsidialkonferenz. Die Fragestunde soll 60 Minuten nicht überschreiten, doch kann der Präsident ausnahmsweise die Dauer der Fragestunde verlängern.

(5) Häufen sich die Anfragen, so kann zu deren Behandlung eine eigene Sitzung des Nationalrates angesetzt werden. In einer solchen Sitzung sind, sofern für denselben Tag eine weitere Sitzung des Nationalrates in Aussicht genommen ist, kurze Debatten gemäß § 57a sowie die Behandlung einer Dringlichen Anfrage oder eines Dringlichen Antrages nicht zulässig.

(6) Kann eine Sitzung, die mit einer Fragestunde eingeleitet werden soll, nicht zur vorgesehenen Zeit beginnen, so kann der Präsident für den Beginn der Fragestunde eine bestimmte Uhrzeit festlegen, die auch dann einzuhalten ist, wenn allenfalls die vorhergehende Sitzung noch nicht beendet ist.

§ 95 [Zulässigkeit und Reihung von mündlichen Anfragen]

(1) Zulässig sind kurze Fragen im Sinne des § 90. Jede Anfrage darf nur eine konkrete Frage enthalten und nicht in mehrere Unterfragen geteilt sein.

(2) Anfragen, die diese Bedingungen nicht erfüllen, werden vom Präsidenten an den anfragenden Abgeordneten zurückgestellt.

(3) Die Anfragen sind im Wege der Parlamentsdirektion in fünffacher Ausfertigung, spätestens 48 Stunden vor der Sitzung, in der sie aufgerufen werden sollen – Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage nicht eingerechnet –, einzubringen. Die Parlamentsdirektion hat die eingebrachten Anfragen dem Befragten unverzüglich mitzuteilen.

(4) Der Präsident reiht nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz unter Bedachtnahme auf die ressortmäßige Zugehörigkeit und die Abwechslung zwischen den Klubs und Standpunkten die in der Fragestunde zum Aufruf gelangenden Anfragen.

(5) Die zum Aufruf vorgesehenen Anfragen werden vor der Sitzung vervielfältigt und an alle Abgeordneten verteilt.

§ 96 [Verfahren in der Fragestunde]

(1) Entsprechend ihrer Reihung ruft der Präsident die Anfragen auf. Zur Ausführung der Anfrage steht dem Fragesteller eine Redezeit von einer Minute zur Verfügung. Der Aufruf unterbleibt, wenn der anfragende Abgeordnete nicht anwesend ist.

(2) Die Beantwortung der Anfrage soll eine Dauer von zwei Minuten nicht übersteigen.

(3) Nach Beantwortung der Anfrage ist der Fragesteller berechtigt, eine Zusatzfrage zu stellen. Danach können auch andere Abgeordnete Zusatzfragen stellen, wobei in der Regel jeder Klub, mit Ausnahme des Klubs des Fragestellers, berücksichtigt wird. Zur Ausführung einer Zusatzfrage steht dem Fragesteller eine Minute Redezeit zur Verfügung. Die Beantwortung der Zusatzfrage soll ebenfalls die Dauer von einer Minute nicht übersteigen. Abgeordnete ohne Klubzugehörigkeit sollen in angemessener Weise berücksichtigt werden. Melden sich mehrere Abgeordnete gleichzeitig zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort, so bestimmt der Präsident die Reihenfolge unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 60 Abs. 3.

(4) Jede Zusatzfrage muß in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anfrage stehen und den Bestimmungen des § 95 Abs. 1 entsprechen.

§ 97 [Schriftliche Beantwortung mündlicher Anfragen]

(1) Sofern die Anfrage nicht in den Fragestunden innerhalb von vier Wochen nach ihrem Einlangen beim Präsidenten aufgerufen wurde, kann der Fragesteller binnen weiterer acht Tage erklären, daß er eine schriftliche Beantwortung wünscht.

(2) Die schriftliche Beantwortung hat binnen eines Monates nach der Erklärung des Fragestellers gemäß Abs. 1 zu erfolgen. Ist die Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so ist dies in der schriftlichen Beantwortung zu begründen.

(3) Der Präsident gibt das Einlangen der schriftlichen Beantwortung in der nächstfolgenden Sitzung dem Nationalrat bekannt. Er verfügt deren Vervielfältigung und Verteilung an die Abgeordneten unter Bedachtnahme darauf, daß ihnen auch der Text der betreffenden mündlichen Anfrage zur Kenntnis gebracht wird.