Parlamentskorrespondenz Nr. 1400 vom 02.12.2021

Sozialausschuss beschließt Erleichterungen für Saisonarbeitskräfte, die Stammpersonal sind

Ausschuss fasst Beschlüsse zu Behördenstruktur der IEF-Service GmbH, Fristen bei Pflegegeld und begrenzter Erhöhung von Sonderpensionen

Wien (PK) — Neuregelungen im Ausländerbeschäftigungsgesetz sollen vor allem einer Gruppe von SaisonarbeiterInnen zugutekommen, die als Stammarbeitskräfte gelten. Die Novelle dazu wurde vom Sozialausschuss mit Mehrheit angenommen, ebenso ein Entschließungsantrag der Koalition, die Bestimmungen der Rot-Weiß-Rot-Card zu überarbeiten, um sie für diese Gruppe leichter zugänglich zu machen.

Einstimmig angenommen wurden zwei Initiativanträge der Koalition im Sozialbereich. So werden COVID-19-bedingte Regelungen im Pflegegeldgesetz bis Mitte 2022 verlängert. Einstimmig sprach sich der Ausschuss dafür aus, dass der Sozialminister für Personen mit Vermittlungseinschränkungen spezielle Unterstützungsleistungen anbieten kann.

Eine Reihe von Anträgen der SPÖ, der FPÖ und der NEOS zu Arbeits- und Sozialthemen wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde ein Antrag der FPÖ, die eine Pensionsanpassung niedriger Pensionen in Höhe der aktuellen Inflation fordert.

Koalition will Rahmenbedingungen für Saisonarbeitskräfte verbessern

Eine Neuregelung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sollen die Zulassung von Saisonarbeitskräften aus Drittstaaten erleichtern (1162 d.B.). Der Beschluss fiel mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS.

Derzeit wird jährlich eine Höchstzahl für befristet beschäftigte ausländische Saisonarbeitskräfte, das sind Beschäftigte in Tourismus und Gastronomie und ErntehelferInnen, festgelegt. Diese Höchstzahl an saisonalen Bewilligungen soll nun entfallen. Die Zulassung von Saisoniers lasse sich auch über die jährlichen Kontingentverordnungen steuern, heißt es dazu seitens des Arbeitsministeriums. Eine weitere Änderung betrifft Beschäftigungsbewilligungen für so genannte Stammsaisonniers. Personen, die in den vergangenen fünf Kalenderjahren (2017 bis 2021) in zumindest drei Jahren im selben Wirtschaftszweig Tourismus oder Land- und Forstwirtschaft jeweils mindestens drei Monate befristet beschäftigt waren, können Bewilligungen außerhalb von Kontingenten und ohne Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall erhalten, was sich auf etwa 3.100 Arbeitskräfte auswirken wird. Die Maßnahme werde ergriffen, weil die Zahl von Stammsaisonniers mit früher erteilten Bewilligungen unterdessen zurückgegangen sei. Sie sei damit auch arbeitsmarktpolitisch vertretbar, merkte Elisabeth Neßler (Grüne) an. Um dem hohen Arbeitskräftebedarf zu begegnen, regen die Koalitionsfraktionen außerdem mit einem Entschließungsantrag (2123/A(E)) die Rot-Weiß-Rot-Karte für Saisonarbeitskräfte an. Wenn Betriebe auf einen Ganzjahresbetrieb umstellen, seien die Bestimmungen für Saisonarbeitskräfte derzeit zu einschränkend, heißt es in der Entschließung. Der Arbeitsminister solle daher Regelungen prüfen, die den bewährten Schlüsselkräften einen Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte ermöglichen. Man habe dabei vor allem Tourismusbetriebe im Auge, die auf Saisonniers zurückgreifen, die dann als erfahrene Stammkräfte unverzichtbarer Teil der Belegschaft werden, erklärte Rebecca Kirchbaumer (ÖVP). Für diese als MitarbeiterInnen geschätzten Personen wolle man eine ganzjährige Perspektive schaffen.

Alois Stöger (SPÖ) übte Kritik daran, dass die Bundesregierung es darstelle, als ob die Sozialpartner die Änderungen billige. Die Zustimmung der Arbeiterkammer und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes sei nicht in der Form erfolgt, wie es die Erläuterungen des Ressorts darstellen, das müsse er festhalten. Das Problem bei Saisonniers im Tourismus- und Gastgewerbe wie in der Erntehilfe sei, dass über Jahrzehnte die Arbeitsbedingungen immer weiter verschlechtert worden seien. Deshalb immer mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten anzuwerben, sei ein verfehlter Ansatz. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch übte grundsätzliche Kritik daran, Menschen aus Drittstaaten zur Saisonarbeit anzuwerben, wenn gleichzeitig AsylwerberInnen im Lande seien, die keiner Arbeit nachgehen. Elisabeth Neßler und Markus Koza von den Grünen hielten der Kritik entgegen, dass die Novelle und der Entschließungsantrag ein Beitrag dazu seien, die Arbeitsbedingungen in den genannten Branchen längerfristig zu verbessern. Zweifellos müsse man noch weitere Schritte setzen.

Neuregelung der IEF-Service GmbH soll Behördenstruktur vereinfachen

Die IEF-Service GmbH ist für die Insolvenz-Entgeltsicherung zuständig, also für die Ausfallshaftung für ArbeitnehmerInnen im Falle einer Insolvenz ihres Arbeitgebers. Mit der Änderung des IEF-Service-GmbH-Gesetzes und des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes wird die Behördenstruktur der IEF-Service GmbH geändert (1169 d.B.). Künftig wird nur die IEF-Service GmbH und nicht mehr jede einzelne Geschäftsstelle eine Behörde sein. Außerdem wird die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich mit anderen Trägern gleichgestellt und kann nicht einbringbare Kassenumlagen insolventer ApothekerInnen von der IEF-Service GmbH einfordern, wenn die Gehälter der Angestellten betroffen sind. In der Novelle ist auch eine Ausweitung der Informationsverpflichtung von Gerichten an die IEF-Service GmbH bei Straftaten im Zusammenhang mit Insolvenzen enthalten. Statt der Insolvenzgerichte sollen künftig Strafgerichte die IEF-Service GmbH über eine Verurteilung informieren. Mit den Neuregelungen könnten die Aufgaben der IEF verwaltungsökonomischer abgewickelt werden, argumentierte Laurenz Pöttinger (ÖVP). Verena Nussbaumer (SPÖ) sagte, ihre Fraktion fürchte eine Schlechterstellung von ArbeitnehmerInnen bei Insolvenzen und eine zusätzliche Arbeitsbelastung für Gerichte. Die Novelle wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS angenommen.

NEOS fordern mehr Transparenz bei Kammern und Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse

Von ÖVP und Grünen vertagt wurden drei Anträge der NEOS zu mehr Transparenz bei Organen der Selbstverwaltung. Um ihrer Meinung nach bestehende Kontrolldefizite zu beseitigen, sollten die Kammern dazu verpflichtet werden, ihre Rechnungsabschlüsse nach deren Genehmigung vollständig im Internet zu veröffentlichen, betont NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker (314/A(E)). Er ortet zudem ungerechtfertigte Privilegien der Baubranche, insbesondere bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK). Die BUAK müsse verpflichtet werden, den jährlichen Rechnungsabschluss zu veröffentlichen und einen Sanierungsplan für den Bereich der Abfertigungen vorzulegen (2020/A(E)), fordert Loacker.

Die NEOS drängen zudem auf eine UGB-konforme Gewinnermittlung bei den Arbeiterkammern (1790/A(E)). Offiziell würde man in den Arbeiterkammer-Rechnungsabschlüssen keine Jahresüberschüsse bzw. Gewinne finden, weil die Arbeiterkammern bei ihrer Haushaltsordnung vom Unternehmensgesetzbuch (UGB) abweichen. Loacker vermutet die Absicht, Gewinne zu verschleiern, um die AK-Beiträge nicht senken zu müssen. Der Arbeitsminister als Aufsicht müsse daher die Arbeiterkammern zu einer UGB-konformen Erfolgsrechnung und Jahresüberschussermittlung anhalten.

Regelung der Datenübermittlung bei Pflegegeld aufgrund anhaltender Pandemiesituation verlängert

Auf die anhaltende Ausnahmesituation aufgrund der Corona-Pandemie reagieren ÖVP und Grünen mit einem Initiativantrag zum Bundespflegegeldgesetz (2067/A). Derzeit gilt, dass die Ämter der Landesregierung und der Fonds Soziales Wien bei pflegebedürftigen Personen bzw. FörderwerberInnen erheben, ob die Betreuung gewährleistet und Unterstützung erforderlich ist. Die notwendige Übermittlung von personenbezogenen Daten von den Landesstellen des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen soll bis Ende Juni 2022 fortgesetzt werden können. Auch die Datenübermittlung, um pflegebedürftige Menschen über die Corona-Schutzimpfung informieren zu können, soll bis Ende Juni 2022 weiterlaufen. Auch der Anspruch für Bedienstete des Bundes, der Länder und Gemeinden auf Pflegekarenzgeld wird abgesichert. Die Fristverlängerungen wurden quer durch die Fraktionen als sinnvoll bewertet, der Antrag wurde daher einstimmig angenommen.

Unterstützungsleistungen für Personen mit Vermittlungseinschränkungen

Einstimmig angenommen wurde auch ein Initiativantrag von ÖVP und Grünen, der die Unterstützung von Personen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen bzw. gesundheitlichen und sozialen Einschränkungen zum Ziel hat. Eine Änderung im Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (2074/A) sieht vor, dass der Arbeitsminister etwa durch die Förderung von Pilotprojekten Dienstleistungen zur Verfügung stellen kann, wenn diese zur gesundheitlichen Unterstützung der betroffenen Personen nicht ausreichend vorhanden sind. Der Arbeitsminister kann künftig solche Dienstleistungen im Einvernehmen mit dem Sozialminister zur Verfügung stellen. Für die Finanzierung solcher Dienstleistungen sind 2 Mio. € jährlich vorgesehen.

FPÖ fordert Plan B zur Bekämpfung von COVID-19 und 1.000-€-Österreich-Gutschein

Mehrheitlich vertagt wurden zwei Anträge der Freiheitlichen, die eine andere Linie bei den COVID-19-Maßnahmen fordern. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) kritisierte, das Setzen auf die Corona-Impfung sei einseitig und nicht ausreichend. Zudem drohe eine Diskriminierung von Ungeimpften. Die FPÖ schlage mit einem "Plan B" vor, alle Maßnahmen auf einer Erhebung der Antikörper in der Bevölkerung zu basieren (2110/A(E)). Ab einem bestimmten, noch zu definierenden Niveau an Antikörpern solle man als immunisiert gelten. Positiv auf das Coronavirus getestete Personen müssten zudem frühzeitig medikamentös ärztlich behandelt werden. Mit dem "Plan B" sollen laut FPÖ die Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes und des Lockdowns für Ungeimpfte, ein Diskriminierungsverbot und weitere Maßnahmen, wie ein Rechtsanspruch gegen Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Impfstatus, verbunden sein. Belakowitsch erneuerte in diesem Zusammehhang auch die FPÖ-Forderung nach einem 1.000-€-Gutschein für alle ÖsterreicherInnen. Dieser solle bis 31. März 2022 bei heimischen Betrieben einlösbar sein (2107/A(E)). Diese unbürokratische Soforthilfe würde mit rund 7,4 Mrd. € Arbeitsplätze sichern und die Wirtschaft ankurbeln. Die österreichischen Familien und die Wirtschaft bräuchten jetzt konkrete Hilfe und Sicherheit, argumentierte Belakowitsch.

Laurenz Pöttinger (ÖVP) sah den von der FPÖ geforderten Gutschein angesichts der vielfältigen und zielgerichteten Instrumente, die unterdessen geschaffen wurde, als entbehrlich. Ralph Schallmeiner meinte, der so genannte "Plan B" der FPÖ sei nicht geeignet, das Ziel der COVID-19-Maßnahmen zu erreichen, nämlich eine gefährliche Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden. Letztlich bleibe die Impfung der Ausweg aus der Pandemie. Diese Sicht vertrat auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. Der Lockdown sei das letzte Mittel, um die Überlastung der Spitäler zu vermeiden. Er zeige nun erste Erfolge. Für die Gleichsetzung eines bestimmten Niveaus von Antikörpern mit einer Immunität gegen COVID-19, wie die FPÖ fordere, fehle schlicht die wissenschaftliche Evidenz. Die medikamentöse Behandlung finde auch jetzt statt, vor allem bei Personen, die nicht impfbar seien. Letztlich gebe es aber derzeit keine Medikamente, die eine Alternative zur Impfung darstellen würden, betonte Mückstein. Eine ausreichende Impfquote aufrechtzuerhalten sei unumgänglich, um nicht in wenigen Monaten wieder vor einem Problem zu stehen. Daher brauche man auch die Booster-Impfungen, die glücklicherweise vermehrt in Anspruch genommen würden.

FPÖ tritt für gesicherte Strom- und Gasversorgung ein

Die Bundesregierung ignoriere das Problem der Energiearmut, obwohl viele Menschen betroffen seien, kritisierte FPÖ-Sozialsprecherin Belakowitsch. Familien, Alleinerziehende, PensionistInnen und Arbeitslose mit geringerem Einkommen müssten durch ein entsprechendes Fördermodell davor bewahrt werden, dass sie aufgrund zu hoher Energiepreise im Winter nicht heizen können (1940/A(E)). Die FPÖ fordert weiter, dass heimische Energieversorgungsunternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, Strom- und Gaspreise nicht erhöhen (2001/A(E)). Beide Anträge wurden von ÖVP und Grünen vertagt.

Tanja Graf (ÖVP) verwies auf zahlreiche Leistungen der Länder und des Bundes, um Menschen in Notlagen zu helfen. Sozialminister Wolfgang Mückstein betonte, sein Ressort trage durch unterschiedliche Maßnahmen bereits seinen Teil dazu bei, um einkommensschwache Haushalte zu unterstützen. Er teile die Ansicht von Klimaministerin Leonore Gewessler, dass man längerfristig das Problem Energiearmut nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energieträger in den Griff bekommen werde. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern führe zu den Problemen am Energiemarkt, die nun sichtbar würden. Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern werde von der Bundesregierung daher vorangetrieben, wobei man auch soziale Faktoren stets berücksichtige.

Koalition schlägt verfassungskonforme Begrenzung von Sonderpensionserhöhungen vor

Aus dem kürzlich beschlossenen Pensionsanpassungsgesetz 2022 haben ÖVP und Grüne gegenüber dem ursprünglichen Entwurf im Nationalratsplenum noch eine Verfassungsbestimmung zur Begrenzung von Sonder-, Landes- und Mehrfachpensionen gestrichen. Die erhöhten Pensionen sollen fristgerecht ausbezahlt werden können, unabhängig davon, ob im Nationalrat die nötige Verfassungsmehrheit für die Sonderpensionen zustande komme, lautete die Begründung. Nun nahmen ÖVP und Grüne einen neuen Anlauf, um mit einer Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes klarzustellen, dass auch die Anpassung der Sonderpensionen entsprechend der sozialen Staffelung nach dem Pensionsanpassungsgesetz 2022 limitiert ist (2068/A). Die Verfassungsbestimmung sei erforderlich, um verfassungsrechtliche Probleme auf jeden Fall auszuschließen, erklärte Markus Koza (Grüne). Gabriele Heinisch-Hosek und Josef Muchitsch (beide SPÖ) hielten fest, ihre Fraktion trete bei den Luxuspensionen, um die es hier Linie gehe, weiterhin für eine Deckelung ein. Der Initiativantrag fand eine Mehrheit aus ÖVP, Grünen und NEOS.

SPÖ fordert Teuerungsausgleich für einkommensschwache Haushalte

Die SPÖ macht in einem Entschließungsantrag (2039/A(E)) auf die steigende Inflation aufmerksam, die PensionistInnen und einkommensschwache Haushalte belaste. Die SozialdemokratInnen würden für einen Teuerungsausgleich für BezieherInnen niedriger Pension von 100 € und einen Bundes-Heizkostenzuschuss für einkommensschwache Haushalte in der Höhe von 300 € eintreten, sagte Heinisch-Hosek. ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl meinte, dass Österreich einen sehr gut ausgebauten Sozialstaat habe. Unterstützungen, die die SPÖ fordere, würden bereits von den Ländern geleistet. Der Antrag wurde auf seinen Vorschlag hin von ÖVP und Grünen vertagt.

FPÖ fordert Inflationsausgleich für Pensionen

Auch die Freiheitlichen beklagen, dass die Inflation PensionsbezieherInnen besonders treffe (2119/A(E)). FPÖ-Sozialsprecherin Belakowitsch sprach sich für eine stärkere Erhöhung kleiner Pensionen aus, da diese einen Teuerungsausgleich weit dringender brauchen würden. Die Pensionserhöhung für das Jahr 2022 müsse für alle Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension 3,7% betragen, um die Inflation einzupreisen, so die FPÖ-Forderung. Der Antrag wurde nur von der FPÖ unterstützt und blieb damit in der Minderheit. (Schluss Sozialausschuss) sox