Stenographisches Protokoll

678. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 21. Juni 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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678. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 21. Juni 2001

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 21. Juni 2001: 9.03 – 19.37 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1999)

2. Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985, das Privatschulgesetz und das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht)

3. Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird

4. Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden

5. Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

6. Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

7. Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird

8. Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird

9. Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird

10. Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird

11. Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird

12. Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird

13. Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001

14. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mit


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glieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001)

15. Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden (4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle)

16. Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG)

17. Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften

18. Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank

19. Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden

20. Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

21. Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002)

22. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG)

23. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden

24. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit

25. Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung

26. Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung)

27. Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen

28. Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur


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Durchführung des Abkommens (Supplementary Agreement for the Application of the Convention bzw. Accord complémentaire pour l’application de la Convention)

29. Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2001

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Mandatsveränderung im Bundesrat 12

Angelobung der Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 13

Schlussansprache des Präsidenten Ing. Gerd Klamt 13

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Neubestellung des ordentlichen Mitglieds des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank 32

Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 41 (3) GO-BR

Ergänzung um Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird 33

Umstellung der Tagesordnung 34

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2001 152

Personalien

Krankmeldung 12

Entschuldigung 12

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 33

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 32

Ausschüsse

Zuweisungen 33

Fragestunde

Bundesministerium für Inneres 16

Ing. Walter Grasberger (1174/M-BR/01); Herbert Thumpser, Ludwig Buchinger, Stefan Schennach

Mag. Melitta Trunk (1171/M-BR/01); Christoph Hagen, Ing. Franz Gruber

Dipl.-Ing. Hannes Missethon (1175/M-BR/01); Albrecht Konecny,


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Dr. Robert Aspöck

Dr. Robert Aspöck (1178/M-BR/01); Josef Saller, Herbert Thumpser

Harald Reisenberger (1172/M-BR/01); Dr. Peter Böhm

Josef Saller (1176/M-BR/01); Herbert Thumpser, Christoph Hagen

Ernst Winter (1173/M-BR/01); Mag. John Gudenus, Anna Höllerer

Maria Grander (1177/M-BR/01); Manfred Gruber, Ludwig Buchinger

Christoph Hagen (1179/M-BR/01); Alfred Schöls, Manfred Gruber

Stefan Schennach (1180/M-BR/01); Franz Wolfinger, Mag. Melitta Trunk, Ulrike Haunschmid

Verhandlungen

(1) Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1999) (III-216 sowie 6366/BR. d. B)

Berichterstatterin: Anna Höllerer 34

(Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen)


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Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 35

Mag. Melitta Trunk 36

und (zur Geschäftsbehandlung) 45

Christoph Hagen 40

Stefan Schennach 41

und (tatsächliche Berichtigung) 51

Alfred Schöls 45

Manfred Gruber 47

Ulrike Haunschmid 49

Dr. Peter Böhm (zur Geschäftsbehandlung) 51

Mag. John Gudenus 52

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 55

Roswitha Bachner 59

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 60

(2) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985, das Privatschulgesetz und das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht) (578 und 608/NR sowie 6367/BR d. B.)

Berichterstatterin: Uta Barbara Pühringer 60

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 61

(3) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird (579 und 609/NR sowie 6368/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Saller 61

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ing. Franz Gruber 62

Herbert Würschl 63

und (tatsächliche Berichtigung) 66

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 64

Mag. Melitta Trunk 66

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 68

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 69

Gemeinsame Beratung über

(4) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden (580 und 610/NR sowie 6364 und 6369/BR d. B.)

(5) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (582 und 614/NR sowie 6365 und 6370/BR d. B.)

(6) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (583 und 616/NR sowie 6371/BR d. B.)

Berichterstatter: Leopold Steinbichler 70

[Antrag, zu (4), (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Herbert Würschl 70

Josef Saller 72

Mag. Melitta Trunk 73

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 76

Dr. Peter Böhm 77

Stefan Schennach 78

Uta Barbara Pühringer 80

Günther Köberl 82

Germana Fösleitner 85

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 86

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 86

(7) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird (553 und 646/NR sowie 6373/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 87

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johanna Auer 87

Anna Höllerer 88


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Thomas Ram 89

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 90

Berichterstatter Franz Wolfinger 91


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Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 91

(8) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (435/A und 647/NR sowie 6374/BR d. B.)

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 91

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johanna Auer 92

Leopold Steinbichler 92

Ulrike Haunschmid 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 94

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (587 und 637/NR sowie 6361 und 6375/BR d. B.)

(10) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird (585 und 638/NR sowie 6376/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (586 und 639/NR sowie 6362 und 6377/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird (584 und 640/NR sowie 6378/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 94

[Antrag, zu (9), (10), (11) und (12) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Peter Marizzi 95 und 105

Germana Fösleitner 96

Reinhard Todt 98

Mag. John Gudenus 99

Stefan Schennach 100 und 106

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 101

Ing. Franz Gruber 102

Leopold Steinbichler 103

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (9), (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 106

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (12) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 107

Gemeinsame Beratung über

(13) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001 (562 und 602/NR sowie 6379/BR d. B.)

(14) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001) (590 und 603/NR sowie 6363 und 6380/BR d. B.)

(15) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden (4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle) (567 und 604/NR sowie 6381/BR d. B.)

(16) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG) (589 und 605/NR sowie 6382/BR d. B.)

(17) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend einen Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (554 und 607/NR sowie 6383/BR d. B.)

(18) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank (591 und 606/NR sowie 6384/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Würschl 108

[Antrag, zu (13), (14), (15), (16), (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Hans Ager 109

Peter Marizzi 111

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 112

Dr. Robert Aspöck 113

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13), (14), (15), (16), (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 118

(19) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstel


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678. Sitzung / Seite 8

lungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (573 und 650/NR sowie 6360 und 6385/BR d. B.)

Berichterstatter: Wilhelm Grissemann 119

(Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johanna Schicker 119

Gottfried Kneifel 120

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 123 und 129

Thomas Ram 127

Stefan Schennach 128

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 130

Gemeinsame Beratung über

(20) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (574 und 653/NR sowie 6386/BR d. B.)

(21) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002) (575 und 658/NR sowie 6387/BR d. B.)

Berichterstatter: Harald Reisenberger 131

[Antrag, zu (20) und (21) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Paul Fasching 131

Anna Schlaffer 132

Mag. John Gudenus 133

Germana Fösleitner 135

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 136 und 140

Wilhelm Grissemann 138

Anna Höllerer 139

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (20) und (21) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 141

Gemeinsame Beratung über

(22) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergän


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zungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG) (593 und 659/NR sowie 6388/BR d. B.)

(23) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden (594 und 660/NR sowie 6389/BR d. B.)

Berichterstatter: Harald Reisenberger 142

[Antrag, zu (22) und (23) keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (22) und (23) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 143

(24) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit (426 und 661/NR sowie 6390/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 143

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 144

(25) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (473 und 662/NR sowie 6391/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 144

[Antrag, 1. dem Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung der Beschäftigung gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. dem Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 144

Gemeinsame Beratung über

(26) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung) (480 und 663/NR sowie 6392/BR d. B.)


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678. Sitzung / Seite 10

(27) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen (481 und 664/NR sowie 6393/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Klaus Peter Nittmann 145

[Antrag, zu (26) und (27) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Roswitha Bachner 146

Margarete Aburumieh 147

Staatssekretärin Mares Rossmann 149

Ulrike Haunschmid 149

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (26) und (27) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 151

(28) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens (Supplementary Agreement for the Application of the Convention bzw. Accord complémentaire pour l’application de la Convention) (566 und 665/NR sowie 6394/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 151

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 152

Eingebracht wurden

Anfragen

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundeskanzler betreffend Beschluss der Landtagspräsidentenkonferenz (1818/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschluss der Landtagspräsidentenkonferenz (1819/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend stärkere Mitbestimmung der Länder bei der Wasserbewirtschaftung und Wassernutzung (1820/J-BR/01)


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678. Sitzung / Seite 11

der Bundesräte Albrecht Konecny, Dr. Vincenz Liechtenstein und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend arisierten Liegenschaftsbesitz der Österreichischen Bundesforste (1821/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kasernen-Standorte und Kasernen-Verkäufe (1822/J-BR/01)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auslandsaufenthalte (1823/J-BR/01)

der Bundesräte Georg Keuschnigg und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zeitungsbeförderung durch die Österreichische Post AG (1824/J-BR/01)

der Bundesräte Gottfried Kneifel und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Neuregelung der Staatsgrenze im Gemeindegebiet von Leopoldschlag (Oberösterreich) (1825/J-BR/01)

der Bundesräte Günther Köberl, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Ing. Peter Polleruhs, Herwig Hösele, Dr. Vincenz Liechtenstein, Uta Barbara Pühringer, Ludwig Bieringer und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Anzahl der Behandlung von österreichischen Patienten in deutschen Krankenanstalten (1826/J-BR/01)

des Bundesrates Stefan Schennach und unterstützender BundesrätInnen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Glaubwürdigkeit der österreichischen Anti-Atompolitik vor dem Hintergrund des Verkaufs österreichischer Energieversorgungsunternehmen an ausländische Atomstromkonzerne (1827/J-BR/01)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Hans Ager und KollegInnen (1656/AB-BR/01 zu 1795/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Ernst Winter und GenossInnen (1657/AB-BR/01 zu 1798/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Herbert Thumpser und GenossInnen (1658/AB-BR/01 zu 1799/J-BR/01)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Kollegen (1659/AB-BR/01 zu 1796/J-BR/01)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen (1660/AB-BR/01 zu 1797/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Christoph Hagen, Jürgen Weiss und Ilse Giesinger (1661/AB-BR/01 zu 1802/J-BR/01)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Mag. Melitta Trunk und GenossInnen (1662/AB-BR/01 zu 1803/J-BR/01)

Zurückgezogen wurde

Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Dr. Vincenz Liechtenstein und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend arisierten Liegenschaftsbesitz der Österreichischen Bundesforste (1821/J-BR/01)

 

 


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678. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich eröffne die 678. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 677. Sitzung des Bundesrates vom 23. Mai 2001 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Karl Boden.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Johann Kraml.

Angelobung

Präsident Ing. Gerd Klamt: Eingelangt ist ein Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Mandatsveränderung im Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Betreff: Wahl eines Mitgliedes des Bundesrates und seines Ersatzmitgliedes gemäß Artikel 35 Abs. 1 und 2 B-VG

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Kärntner Landtag hat in seiner 29. Sitzung am 20. 6. 2001 folgende Wahlen in den Bundesrat gemäß Artikel 35 Abs. 1 und 2 B-VG vorgenommen:

auf Vorschlag der FPÖ, als Mitglied des Bundesrates Dr. Renate Kanovsky-Wintermann, Völkermarkter Straße 294, 9020 Klagenfurt, und zu ihrem Ersatzmitglied Günther Arztmann, Siebenbürgergasse 2, 9800 Spittal/Drau.

In der Anlage wird eine aktuelle Liste der vom Kärntner Landtag entsendeten Mitglieder des Bundesrates und ihrer Ersatzmitglieder übermittelt.

FPÖ:

1. Klamt, Ing. Gerd, geboren am 2. 11. 1942, Angestellter, 9500 Villach, Widmanngasse 4,

Ersatzmitglied: Mischelin Manfred, geboren am 27. 1. 1960, Industriearbeiter, 9614 Vorderberg 69;

2. Kanovsky-Wintermann, Dr. Renate, geboren am 17. 3. 1957, 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Straße 294,

Ersatzmitglied: Arztmann Günther, 9800 Spittal/Drau, Siebenbürgergasse 2;

SPÖ:

3. Würschl Herbert, geboren am 12. 9. 1952, Angestellter, 9063 Maria Saal, Trattenweg 7,

Ersatzmitglied: Blatnik Ana, geboren am 19. 7. 1957, Berufsschullehrerin, 9072 Ludmannsdorf 49;

4. Trunk, Mag. Melitta, geboren am 17. 6. 1955, Mittelschulprofessorin, 9020 Klagenfurt, Anzengruberstraße 36,

Ersatzmitglied: Molzbichler Günther, geboren am 15. 1. 1953, Angestellter, 9800 Spittal/Drau, St. Sigmund-Straße 16a;


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ÖVP:

5. Gruber, Ing. Franz, geboren am 18. 7. 1956, Landwirt, 9321 Kappel am Krappfeld, Lind 1,

Ersatzmitglied: Richau Franz, geboren am 15. 12. 1960, Gendarm, 9232 Rosegg, Dolintschach 9."

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann ist im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Winterman (Freiheitliche, Kärnten): Ich gelobe.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich begrüße das neue Mitglied des Bundesrates sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Schlussansprache des Präsidenten

9.09

Präsident Ing. Gerd Klamt: Hoher Bundesrat! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sechs Monate sind für eine Präsidentschaft eine kurze Zeitspanne: Rund vier Monate nach der Antrittsrede folgt bereits die Abschiedsrede.

Es war eine sehr intensive und sehr ereignisreiche Zeit, die ich gemeinsam mit Ihnen erleben durfte. Es war auch ein sehr starkes persönliches Erlebnis, zu erkennen, wie viele stille Reserven man in extremen Situationen noch aktivieren und welche Begeisterungsfähigkeit man entwickeln kann, wenn einem eine Tätigkeit Freude macht.

Man stellt sich natürlich die Frage, was man sich vorgenommen, was man erreicht und was man bewegt hat. Vorgenommen habe ich mir, alle meine Kräfte zu aktivieren, um dem hohen Amt des Bundesratspräsidenten sowohl in der Innen- als auch in der Außenwirkung zu entsprechen. Dies ist aus meiner persönlichen Sicht gelungen. Die Frage, was ich erreicht und bewegt habe, müssen Sie beziehungsweise muss die Öffentlichkeit beantworten.

Lassen Sie mich nun einige Themenkreise ansprechen, die mich in der Zeit meiner Präsidentschaft wesentlich berührt haben. Das Thema "Föderalismus" hat für viele Wortspenden gesorgt, ist auch im Hinblick auf die Europäische Union sehr wichtig und wird auch im Zuge einer notwendigen Bundesstaatsreform sehr wesentlich sein. Die wichtige Rolle unseres Bundesrates als Länderkammer muss uns und der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang klar bewusst gemacht werden.

Als Präsident des Bundesrates habe ich im April an einer Enquete zur Frage "Bedeutung der Landtage im Bundesstaat Österreich" in St. Pölten teilgenommen. Klar und deutlich ist bei dieser Enquete herausgekommen, dass der Föderalismus und die Landtage angesichts der Tatsache, dass viele Gesetzgebungskompetenzen nach Brüssel abgegeben wurden, immer wichtiger werden. Föderalismus ist nur vollständig, wenn die Länder eine eigene Gesetzgebung haben und die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nicht willkürlich abgeändert werden kann. Dem Zustimmungsrecht des Bundesrates kommt in diesem Zusammenhang sehr große Bedeutung zu.


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In der Landtagspräsidentenkonferenz am 3. und 4. Mai 2001 in Wien wurde die Idee diskutiert, Landesregierungs-, Landtagsmitglieder und Vertreter der Gemeinden in den Bundesrat zu entsenden. Ich musste darauf hinweisen, dass diese Möglichkeit gegeben ist und nur von den Landtagen nicht entsprechend genutzt wird.

Bei dieser Enquete wurde der Bundesrat auch aufgefordert, Verbesserungen der Länderrechte im EU-Verfahren durchzusetzen. Die Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz für die Ratifikation des Nizza-Vertrages könnte als Druckmittel eingesetzt werden. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag der Länder steht noch aus, ist aber in Ausarbeitung.

In meiner Amtszeit wird noch eine Enquete des Bundesrates zum Thema "Die föderalistischen Mitwirkungsrechte in der österreichischen EU-Politik" stattfinden. Ich freue mich auf diese Enquete mit sehr interessanten Referenten und hoffe, dass wir alle viele Anregungen und gute Ideen für unsere zukünftige Arbeit mitnehmen werden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch erwähnen, dass wir gestern in Vorbereitung dieser Sitzung Föderalismus wirklich gelebt haben. Der Tagesordnungspunkt "Umweltmanagement" wurde nicht in Verhandlung genommen, weil es noch nicht gelungen ist, die berechtigten Bedenken der Länder auszuräumen. Den Tagesordnungspunkt "Katastrophenfondsgesetz" haben wir erst heute in der Früh im Ausschuss verhandelt, nachdem von den Ländern eindeutig signalisiert wurde, dass auf den bereits ausgelösten Konsultationsmechanismus verzichtet wird. – In diesem Zusammenhang geht mein Dank auch an alle in der Präsidiale vertretenen Fraktionen. Wir haben hier im Sinne des Föderalismus eine klare und gemeinsame Linie gefunden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch zahlreiche internationale Kontakte prägten meine Präsidentschaft. Besuche von Parlamentsdelegationen aus England und Belgien machten den Anfang. Diese Besuche verliefen in sehr freundschaftlicher Atmosphäre und ließen keine sanktionsbedingten Vorurteile gegen Österreich erkennen.

Die Betreuung des Besuches einer hochrangigen Delegation des Russischen Föderationsrates mit Präsident Strojew an der Spitze war eine große, aber erfolgreich bewältigte Herausforderung. Sehr interessant war für mich, dass der Russische Föderationsrat von der direkten Vertretung durch die Landeshauptmänner und die Landtagspräsidenten abgeht und zu einer Vertretung durch je zwei Delegierte mit Weisungsgebundenheit an die Länder wechselt.

Ende März dieses Jahres habe ich eine CEI-Parlamentspräsidentenkonferenz in Budapest besucht und dabei vor den Parlamentspräsidenten der CEI-Länder das Konzept der "strategischen Partnerschaft" erklärt. In weiterer Folge habe ich auch dem ungarischen Fernsehen ein Interview zum Thema "EU-Erweiterung" gegeben. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Wichtigkeit meines Amtes klar und deutlich erkannt und festgestellt, dass Aussagen des Bundesratspräsidenten im Ausland durchaus wichtig und von politischer Tragweite sind.

Ein Besuch Sloweniens auf Einladung des Slowenischen Staatsrates unter dem Präsidenten Tone Hrovat, der uns mit seinem gesamten Team sehr herzlich betreute, lag mir als Kärntner besonders am Herzen. Gemeinsam mit den Delegationsmitgliedern Vizepräsident Weiss, Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon und Bundesrat Mag. Neuner haben wir sicherlich zum besseren Verständnis der gegenseitigen Probleme, auch zum Beispiel der AVNOJ-Dekrete, beigetragen und die Basis für eine Fortsetzung der Kontakte auf Länderebene ausgebaut.

Im Gespräch hat der Staatspräsident von Slowenien, Milan Kucan, unser österreichisches Bundesratsmodell als sehr interessant bezeichnet und darauf hingewiesen, dass auch Slowenien ein föderalistisches System aufbauen will, weil Föderalismus ganz einfach bedeutet, näher beim Bürger zu sein.

Anfang Juni war ich bei der Konferenz der Senate Europas in Paris und habe dort unser österreichisches System des Bundesrates als Modell eines föderalistischen Zweikammersystems erklärt. Ich habe festgestellt, dass unser System einen Vergleich mit anderen Systemen nicht zu scheuen braucht und auf unsere österreichischen Verhältnisse maßgeschneidert


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zugeschnitten ist. Wir müssen unseren Föderalismus nur noch verstärkt leben, dann sind wir in Europa sicherlich als Vorzeigemodell zu betrachten.

Morgen werde ich gemeinsam mit dem Nationalratspräsidenten an der ersten Weltkonferenz gegen die Todesstrafe in Straßburg teilnehmen. In Österreich wurde die Todesstrafe vor 51 Jahren abgeschafft. Es wird eine wichtige Demonstration der Parlamentspräsidenten zur Abschaffung der Todesstrafe sein, der ich mich – ich meine auch in Ihrem Sinne – voll inhaltlich anschließen werde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie Beifall des Grünen.)

In unserem ehrwürdigen Parlament sind mir zwei Veranstaltungen stark in Erinnerung geblieben: die Festveranstaltung "50 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer" als Ausdruck des gemeinsamen Anliegens der Vertretung der Länder gegenüber dem Bund und die Kärnten-Veranstaltung in der Säulenhalle, die das Ziel hatte, mein schönes Heimatland Kärnten in Wien entsprechend zu präsentieren. Beide Veranstaltungen waren erfolgreich.

Die Besucherzahl bei der Kärnten-Veranstaltung übertraf meine Erwartung, und die Begeisterung der Besucher war spürbar. Kärntner Kunsthandwerk und die hohe Kunst der Gästebewirtung wurden durch die Schülerinnen und Schüler der HBLA Ferlach und der Tourismusschulen Villach professionell vorgeführt und ließen die ehrwürdige Säulenhalle dieses Parlaments zum Treffpunkt einer sehr sympathischen Jugend werden. Kärntner Lieder rundeten das Gesamtbild sehr eindrucksvoll ab.

Bundesratsintern gab es ebenfalls ein Schlüsselerlebnis mit dem Einzug des ersten Bundesrates der Grünen in unseren Bundesrat. Der erste freiheitliche Präsident hatte die Ehre, den ersten grünen Bundesrat anzugeloben. Es wurde ein Modus vivendi gefunden, der dem neuen Bundesrat der Grünen vernünftige parlamentarische Arbeit ermöglicht. (Allgemeine Heiterkeit.)

In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei allen Fraktionen bedanken, die den Parlamentarismus sehr eindrucksvoll über die Parteipolitik gestellt und eine gemeinsame Lösung gesucht und gefunden haben. Noch einmal herzlichen Dank dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie Beifall des Grünen.)

Bedauern kommt bei mir auf, wenn ich daran denke, dass es uns nicht gelungen ist, die gemeinsame Gedenkveranstaltung des Bundesrates und des Nationalrates gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus im Parlament durchzuführen. Bei ein wenig Nachgeben der Oppositionsparteien wäre aus meiner Sicht der dankenswerte Einsatz des Bundespräsidenten nicht notwendig gewesen. Mein Verlangen, bei dieser Veranstaltung zu sprechen, war auch im Sinne einer erreichbaren Klimaverbesserung nicht unangemessen. Bei meiner Entscheidung habe ich auch an meine Nachfolger gedacht. Es kann nicht sein, dass man dem Präsidenten des Bundesrates bei einem solch wichtigen Ereignis das Wort verbietet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Sinne ist es für mich weiterhin wichtig, dass unser Bundesrat an dem in meiner Antrittsrede geforderten stärkeren Selbstbewusstsein arbeitet. Dieser Bundesrat, der große politische Erfahrung präsentiert, muss in seiner Eigenschaft als Ländervertretung gestärkt und zum politischen Kompetenzzentrum der Republik ausgebaut werden.

Ich möchte mich bei Ihnen allen und bei den Mitgliedern der Präsidialkonferenz, Frau Vizepräsidentin Haselbach, Herrn Vizepräsidenten Weiss, Herrn Professor Konecny, Herrn Bundesrat Bieringer und Herrn Universitätsprofessor Böhm sehr herzlich bedanken. Es ist uns in diesen Präsidialkonferenzen immer wieder in großer Offenheit gelungen, Lösungen für alle schwierigen Situationen zu finden.

Besonders bedanken möchte ich mich auch bei Bundesratsdirektor Dr. Labuda und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Sie haben mich loyal und kompetent durch die Präsidentschaft begleitet.

Meinem Nachfolger, Herrn Bundesrat Alfred Schöls, wünsche ich im Sinne von uns allen viel Glück und viel Erfolg. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

9.25


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Fragestunde

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundesministerium für Inneres

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich beginne jetzt – um 9.26 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1174/M, an den Herrn Bundesminister für Inneres.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Walter Grasberger, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1174/M-BR/01

Wie weit sind Ihre Arbeiten zur Verwirklichung der Sicherheitsakademie fortgeschritten?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres befindet sich bereits in Betrieb. Wir haben als erste Aufgabe die Steuerung, die Koordination des Bildungsbedarfs der Bediensteten des gesamten Bundesministeriums für Inneres in diesem Bereich wahrzunehmen. Daneben wollen wir die Forschung und die Pflege internationaler Kontakte mit dieser neuen Einrichtung des Innenministeriums vorantreiben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Was soll mit dem Standort Traiskirchen geschehen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir haben bei der Übernahme des Ressorts feststellen müssen, dass die Standortauswahl nach von uns aus nicht nachvollziehbaren Kriterien vonstatten ging. Ich habe daher ein entsprechendes Gutachten unserer Innenrevision in Auftrag gegeben, das eben zu diesem Ergebnis geführt hat. Auf Grund dieser Informationen musste ich den Präsidenten des Rechnungshofes bitten, eine Überprüfung betreffend die Art und Weise der Auswahl des Baues der damals vorgesehenen betrieblichen Räumlichkeiten vorzunehmen.

Diese Prüfung ist meines Wissens nach im Gang, und wir werden dem Parlament zu berichten haben, sobald sie abgeschlossen ist.

Dennoch bestehen rechtsgültige Verträge, und diese sind selbstverständlich einzuhalten. Die Überprüfung bei der geplanten Übergabe des Bauwerkes hat ergeben, dass nicht alle Leistungen, die vertraglich zugesichert waren, bei der Übergabe des Gebäudes eingehalten wurden. Daher konnte eine vertraglich vorgesehene Übernahme des Gebäudes im vierten Quartal des vorigen Jahres nicht stattfinden. Inzwischen sind diese Nachbesserungs- und Nachlieferungsarbeiten passiert, sodass wir jetzt das Gebäude übernehmen konnten.

Ich habe zwei Interessentengruppen für die Nutzung dieses Gebäudes, wobei eine Interessentengruppe außerordentlich interessant ist, und zwar sowohl hinsichtlich der Beschaffenheit des


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Gebäudes als auch hinsichtlich eines Impulses für die Region. Ich hoffe, dass diese Gespräche im Laufe des Hochsommers zu Ergebnissen führen werden.


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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie haben jetzt ausgeführt, warum die Sicherheitsakademie nicht in Traiskirchen ist. Daher frage ich Sie: Warum ist dann auf der Homepage des Bundesministeriums noch immer die Sicherheitsakademie in Traiskirchen beworben?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Wenn das so ist, ist die Frage berechtigt. Das ist zu ändern. (Bundesrat Thumpser: Es ist so! – Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ludwig Buchinger gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ludwig Buchinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Grundlage Ihrer Entscheidung der Nichtinbetriebnahme von Traiskirchen war ein interner Revisionsbericht Ihres Ministeriums. Wann und von wem wurde dieser erstellt?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Der Revisionsbericht ist von unseren Beamten der inneren Revision zu erstellen. Das sind Beamte des Hauses, die sowohl von meinem Vorgänger als auch von mir das volle Vertrauen hatten und haben. Ich bin davon überzeugt, dass sie mit bestem Wissen und Gewissen nach Durchsicht und Überprüfung aller vorhandenen Grundlagen ihren Bericht erstellt haben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Minister! Nachdem das Gebäude in Traiskirchen neben der Asylaußenstelle in Traiskirchen geplant ist, stellt sich für mich die Frage: Wird die weitere Nutzung des Gebäudes beim Ministerium für Inneres bleiben, oder erwägen Sie auch einen Verkauf an Private, oder kommt es doch noch zu einer Nutzung der Sicherheitsakademie in einer anderen Form?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Bundesrat! Diese Frage kann ich leider auf Grund des derzeitigen Verhandlungsstandes nicht endgültig beantworten. Eine der Interessentengruppen ist außerhalb unseres Hauses; ein zweites Konzept, das vorliegt, ist mit Teilen unseres Hauses verbunden. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich die Verhandlungen abwarten muss, bevor ich eine erschöpfende Antwort geben kann.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir kommen nunmehr zur 2. Anfrage, 1171/M. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Meine Frage lautet:

1171/M-BR/01

Welche Gendarmerieposten und Polizeiwachzimmer werden im Rahmen der so genannten Strukturanpassung geschlossen beziehungsweise zusammengelegt?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Diese Anfrage kann ich noch nicht endgültig beantworten, weil wir in einigen Bundesländern zwar schon in der Endphase der Besprechungen und der Entscheidungsfindung sind, aber noch nicht bis zur Entscheidungsreife gekommen sind.

Es gilt aber das, was wir uns vor einem halben beziehungsweise Dreivierteljahr vorgenommen haben, nämlich dass diese Entscheidungen vor Beginn des Hochsommers fallen sollen. In vier Bundesländern liegen die Ergebnisse der Besprechungen, Verhandlungen, Ermittlungen vor. So liegen in den Bundesländern Kärnten, Salzburg, Steiermark und Vorarlberg die Ergebnisse vor. (Bundesrat Gasteiger: In der Zeitung steht es auch schon! – Bundesrätin Schicker: In der Zeitung steht es heute schon!) – Ich wollte dem Hohen Bundesrat gerade diese Information weitergeben.

In Kärnten sind 11 Gendarmerieposten und eine Expositur, in Salzburg 13 Gendarmerieposten, in der Steiermark 24 Gendarmerieposten und eine Expositur und in Vorarlberg zwei Gendarmerieposten, eine Expositur und eine Bezirksleitzentrale von dieser Strukturanpassung betroffen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Sie haben richtigerweise Kärnten angesprochen. Meine Zusatzfrage bezieht sich auf das Faktum, dass vorgesehen war, dass diese Maßnahmen mit den jeweiligen Landesregierungen akkordiert sein werden.

Daher stelle ich Ihnen die Frage: Wenn das mit dem Land Kärnten und allen Regierungsmitgliedern akkordiert war, warum erklärt dann ÖVP-Landesrat Wurmitzer – ich zitiere –, er sei von einem Minister persönlich enttäuscht, der noch vor wenigen Wochen beruhigend durchs Land zog und mit seinem brutalen Kahlschlag nun die Ausdünnung des ländlichen Raumes betreibt. – Wurmitzer weiter: Die ÖVP, die Kärntner Volkspartei, werde das nicht akzeptieren. (Bundesrat Konecny: Gescheiter Mann!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Zuerst müssen wir, so glaube ich, präzisieren, was akkordieren heißt. Ich habe allen betroffenen Gemeindevertretern, Bezirksvertretern und Landesvertretern Gespräche mit dem Ziel angeboten, dass wir Vorgangsweisen finden, die für alle Beteiligten erträglich und sachgerecht sind. Manche haben diese Gesprächseinladung genutzt, andere hatten andere Prioritäten. Ich habe in die Prioritätensetzung Einzelner nicht einzugreifen. (Bundesrat Würschl: Sie sind aber Minister! Ist das richtig? – Bundesrätin Mag. Trunk: Sie haben aber geschwänzt!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Minister! Nach welchen Richtlinien wurde bei den Gendarmerieposten- und Polizeiwachzimmer-Zusammenlegungen vorgegangen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich habe die Verantwortlichen in den Bezirken, auf den verschiedenen Gendarmerieposten und in den Landesgendarmeriekommandos eingeladen, aus ihrer Sicht die notwendigen, sinnvollen Weiterentwicklungen unserer Bundesgendarmerie vorzuschlagen und zu diskutieren. Ich halte das grundsätzlich für den richtigen Weg in unserer Organisation, dass die Betroffenen nach einem Erstvorschlag in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.


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Ich möchte aus diesem Anlass sagen, dass mit außerordentlicher Sorgfalt, mit großer Sachkenntnis und mit sehr viel Fingerspitzengefühl viele dieser Vorschläge aus vielen Teilen unseres Bundesgebietes gekommen sind.

Auf Grund dieser Erstanalyse wurde eine Evaluierung vorgenommen, die sich an Kriterien wie Entfernung, topographische und geographische Lage, Zugänglichkeit des Überwachungsgebietes, Infrastruktur, sonstige sicherheitsdienstlich relevante Einrichtungen, Bevölkerungsstruktur, Tourismus und anderen Kriterien orientiert hat. Ich möchte aber ausdrücklich festhalten, dass es bei dieser sensiblen Aufgabenstellung darum geht, dass man nicht einfach einen Raster über das Bundesgebiet legen kann und alle Teile unseres Landes, das vielfältig und verschieden ist, gleich beurteilen kann.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Meine vorgesehene Frage wurde jetzt ausreichend beantwortet. Ich darf mich bei Ihnen, Herr Minister, recht herzlich bedanken, dass im Bezirk St. Veit kein einziger Gendarmerieposten geschlossen wird. Danke. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1175/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1175/M-BR/01

Welche Vorstellungen haben Sie von einem neuen Vereinsrecht?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich halte ehrenamtliche Arbeit für außerordentlich wichtig für unsere Gesellschaft, für das Bestehen der Gesellschaft und für die Weiterentwicklung einer demokratischen, modernen Gesellschaft im 21. Jahrhundert.

Viele, die sich – egal, ob kulturell, sozial oder sportlich – engagieren, auch in unseren Hilfs- und Katastrophendiensten, sind nicht mehr wegzudenkende Elemente einer pluralistischen Gesellschaft. Daher ist es unser Anliegen – mit "unser" meine ich das Anliegen dieser Bundesregierung –, gerade im "Jahr der Freiwilligen" einen Schwerpunkt für die Menschen, die sich in diesem Bereich engagieren, zu setzen.

Ich habe daher gemeinsam mit dem auch zuständigen Sozialminister Haupt ein Ehrenkomitee gebildet, das dafür sorgen soll, Maßnahmen und Richtlinien zu entwickeln, die eine Verbesserung möglich machen. Ich habe gemeinsam mit Herrn Justizminister Böhmdorfer eine Vereinsgesetznovelle in Auftrag gegeben, die den Vereinsobmännern, den Vereinsobfrauen, den Vereinsvorsitzenden, den Vereinsvorständen ihre Arbeit erleichtern und sie von bürokratischer Last befreien soll.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Wie stehen Sie zur Frage eines Vereinsprivatrechts?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Das Vereinsprivatrecht ist ein ganz wichtiger Teil dieser Neuorganisation. Das ist eine Angelegenheit, die vor allem im Wirkungsbereich des


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Bundesministers Böhmdorfer liegt. Ich unterstütze seine Absichten vollinhaltlich. Ich hoffe, dass wir noch im Verlauf des Monats Juli unsere gemeinsamen Vorstellungen zu diesem Thema der Öffentlichkeit präsentieren können.

Ich bitte nur, nachdem Herr Justizminister Böhmdorfer in diesem Bereich das Vorschlagsrecht hat, dass ich seine Ideen nicht als meine hier vor diesem hohen Kreis vertreten kann.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Auch wenn Sie sich jetzt für unzuständig erklärt haben, was sachlich nicht so richtig ist, mental vielleicht ... (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Entschuldigung! (Bundesminister Dr. Strasser: Steht die Entschuldigung auch im Protokoll?) – Ich würde darauf Wert legen.

Es bleibt trotzdem die ganz zentrale Frage, dass die Ordnungsvorschriften des Vereinsrechtes mörderisch und sinnlos sind, auf der anderen Seite aber – die Vereine agieren in der Öffentlichkeit – nicht nur die Frage der Verantwortlichkeit von Vereinsfunktionären, was ein unendlich delikates Thema ist, behandelt werden muss, sondern auch die Frage des Kreditschutzes der Öffentlichkeit.

Die Frage, ob es ein öffentlich einsehbares Vereinsregister etwa wie das Handelsregister gibt, aus dem die Haftungsträger und die Zeichnungsberechtigten ersichtlich sind, sollten Sie eigentlich schon beantworten können.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich bin auch gerne bereit, meine persönliche Meinung dazu zu geben. Zum Ersten: Wir müssen klar sehen, dass es unterschiedliche Typen von Vereinen gibt. Es gibt Vereine mit Umsätzen, die sich bei 5 000 S, 7 000 S, 10 000 S per anno bewegen; das sind nicht jene, von denen wir reden. Das betrifft aber eine große Zahl, nämlich über 80, 90 Prozent unserer Vereine. Ich möchte das voranstellen, weil man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sollte.

Aber es gibt sehr große, auch finanziell und personell höchst professionell ausgestattete Vereine, bei denen sich die Frage der Haftung zu Recht stellt. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass wir Klarheit für den Vereinsfunktionär, damit auch Klarheit für den Angestellten im Verein, für die Geschäftsführung et cetera und Klarheit für die Öffentlichkeit über die Verantwortlichkeit schaffen.

Derzeit ist es so, dass der Vereinsobmann, der Vereinsvorsitzende praktisch nach allen Statuten, die möglich und denkbar sind, mit seinem privaten Vermögen dafür haftet, wenn es zu größeren Problemen geschäftlicher Natur käme. Es ist für mich nicht nachvollziehbar und unverständlich, dass es nicht ähnlich dem Rechnungslegungsgesetz und ähnlich auch den gesetzlichen Gegebenheiten des Handelsrechtes oder GesmbH-Rechtes vergleichbare Regelungen gibt. Da möchte ich gerne eine echte Klärung vorantreiben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Genau zu diesem Thema passend: Wo sehen Sie jetzt die Abgrenzung zwischen den großen und den kleinen Vereinen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Es liegt im Ermessen des Bundesrates, diese Elfer-Frage zu stellen. Es liegt auch in der Verpflichtung des Ministers, dazu Stellung zu nehmen.


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678. Sitzung / Seite 21

Wir haben einen ersten Vorschlag gemacht, der als Diskussionsvorschlag zu werten ist, weil jeder Euro darüber und jeder Euro unterhalb dieser Grenze eine Ungerechtigkeit darstellt. Man muss sich daher im Klaren darüber sein, dass jede Grenze in irgendeiner Form nicht gerecht sein wird.

Wir haben eine erste Diskussionsgrundlage geliefert, indem wir die Grenze mit 1 Million Euro Umsatz angegeben haben. Ich verstehe das nicht als einen endgültigen Vorschlag, sondern als einen Diskussionsvorschlag. Da möchte ich vor allem die Beteiligten und die Betroffenen zu einer ausführlichen Diskussion einladen. Wie Sie wissen, ist diese Diskussion inzwischen im Gang.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1178/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Dr. Aspöck um Verlesung der Frage.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1178/M-BR/01

Welche Reformschritte planen Sie konkret im Bereich der Gendarmerie?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Bundesrat! Wir haben uns einen klaren Auftrag mit diesem Reformpapier, das die Regierung am Beginn ihrer Tätigkeit erarbeitet hat, gegeben. Ich möchte in allen Bereichen unseres Hauses alles dazu tun, um dieses Ziel auch umzusetzen. Das gilt in einem bestimmten Ausmaß auch für die Bundesgendarmerie.

Die zentrale Ausrichtung unseres Hauses bedeutet in Bezug auf Personal- und Sacheinsatz, wir sparen in der Verwaltung, damit wir die Sicherheit vor Ort weiter ausbauen können. So bin ich glücklich darüber, dass ich dem Hohen Bundesrat auch heute wieder berichten kann, dass es in den letzten acht, neun Jahren noch nie so viele GendarmeriebeamtInnen im Außendienst gegeben hat, wie das im Jahr 2000 der Fall war.

Ich freue mich sehr, dass wir jetzt zusagen können, dass diese hohe Zahl auch im Jahr 2001 gehalten werden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Die Zusatzfrage, Herr Bundesminister, ist fast schon beantwortet. Noch einmal konkret gefragt: Ist die Schließung beziehungsweise Zusammenlegung der Wachzimmer mit irgendeiner Reduzierung von GendarmeriebeamtInnen auf der Straße oder motorisiert verbunden?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Bundesrat! Ich gehe davon aus, dass Sie den Terminus Wachzimmer als Gendarmerieposten verstehen. (Bundesrat Dr. Aspöck: Richtig! Richtig! Als Örtlichkeit!) Daher darf ich Ihnen versichern, dass es geradezu ein Ziel dieser notwendigen Strukturerweiterung und -anpassung im Bereich der regionalen Verteilung unserer Gendarmerieposten ist, die Verwaltungsarbeit zurücknehmen, die so genannte Zettelwirtschaft für unsere Gendarmeriebeamten eindämmen und damit die Voraussetzung schaffen zu können, dass mehr Personal, mehr Stunden für den Außendienst zur Verfügung stehen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr


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Bundesrat Josef Saller gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Wird es im Rahmen des Projektes Gendarmerie-Innovation 2001 wesentliche Veränderungen in den Kriminalabteilungen der Landesgendarmeriekommanden geben?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir dürfen hier zwei Punkte zusammenziehen, nämlich unser bereits in Umsetzung befindliches Projekt Bundeskriminalamt und Neuanpassung, Neuausrichtung, Neuorganisierung des Kriminaldienstes auf Bundesebene und die Weiterentwicklung unserer Gendarmerieorganisation.

Es sind innerhalb der Gendarmerie auf Grund neuer Andockstellen Weiterentwicklungen auf Bundesebene möglich. Diese werden aber keine strukturell großen Veränderungen innerhalb des Gendarmeriedienstes mit sich bringen. Sie wissen, dass im Regierungsübereinkommen eine Prüfung der Frage von Landeskriminalämtern angesprochen worden ist. Wir werden jedenfalls in dieser Legislaturperiode keine Veränderungen in diesem Bereich haben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Niederösterreich ist betreffend die Strukturreform 2001 noch nicht abgeschlossen. Heute ist Sommerbeginn. Ich weiß nicht genau, wann Hochsommerbeginn ist. Ich bitte Sie allerdings: Sie haben vorher von der Präzisierung des Begriffs der Akkordierung gesprochen. Ich möchte Sie fragen, wie Sie den Begriff "Gespräche mit den Betroffenen" werten beziehungsweise ob Sie ihn präzisieren können.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Gespräche mit Betroffenen heißt, die Einladung an jeden, der sich in dieser Frage betroffen fühlt, mit uns Kontakt aufzunehmen. (


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
678. Sitzung / Seite 23

Bundesrat
Konecny: Dann haben Sie viel zu tun! – Bundesrat Thumpser: Ich fühle mich betroffen! Was heißt das jetzt? – Bundesrat Konecny: Geh hin zu ihm! – Bundesrat Freiberger: Das war jetzt das Gespräch!)


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 24

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1172/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Harald Reisenberger um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1172/M-BR/01

Wie begründen Sie die Notwendigkeit zur Schaffung eines neuen Vereinsrechtes?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
678. Sitzung / Seite 25

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Ein neues Vereinsrecht ist aus meiner Sicht notwendig, um den Vereinsfunktionären, jenen, die freiwillig tätig sind, das Leben mit der Bürokratie – wenn ich das ein bisschen schnoddrig sagen darf – zu erleichtern. Es ist zweitens notwendig, um für die Öffentlichkeit Klarheit zu schaffen, zu klären, wer in den Vereinen wofür tatsächlich verantwortlich ist und haftet. Es ist drittens wichtig, dass innerhalb unserer Behördenstruktur mehr Klarheit und eine Verkürzung der Amtswege durch eine Novelle zum Vereinsgesetz erfolgen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Nein, danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Professor Peter Böhm gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehen Sie, wie ich Ihren Ausführungen schon bisher entnommen habe, die Notwendigkeit eines neuen Vereinsrechts nicht zuletzt auch in der bisher fehlenden privatrechtlichen Regelung des Rechts der Vereine, insbesondere solcher mit Gewinnabsicht und in größerer Dimension, vor allem in Bezug auf die angesprochenen Haftungsfragen, und wie wirken Sie insofern legislativpolitisch mit dem Bundesminister für Justiz zusammen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass wir in der Haftungsfrage für die großen Vereine Klarheit schaffen. So wie in anderen Fragen ist es geradezu eine Freude, auch in dieser Frage mit dem Herrn Justizminister zusammenzuarbeiten. Ich gehe davon aus, dass wir das auch gemeinsam präsentieren können.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Leopold Steinbichler gemeldet. (Bundesrat Steinbichler: Meine Frage ist ausreichend beantwortet! Danke!) – Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 1176/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Josef Saller um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1176/M-BR/01

In welcher Art und Weise soll die Kriminalpolizei neu geregelt werden?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es ist ein in unserem Haus lange diskutiertes Thema, dass die gesamte Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere der organisierten Kriminalität, neu organisiert werden soll und muss. Entsprechend meinen Nachforschungen in diesem Bereich dauert die Diskussion in unserem Haus bereits über zehn Jahre.

Bei Übernahme des Ressorts habe ich in Auftrag gegeben, dass diese Diskussion auch auf Grund des Regierungsübereinkommens dieser Bundesregierung neu formuliert und straff und zielstrebig zu Ende gebracht wird. Ich bin dankbar, dass ich auf Grund der hervorragenden Arbeit der Beamten in diesem Bereich dem Hohen Bundesrat heute berichten darf, dass mit Ende Dezember das Konzept entscheidungsreif auf dem Tisch gelegen ist und laut unserem Projektplan auch entschieden worden ist.

Seit Anfang Jänner führen wir die Umsetzung in vier Bereichen durch. Es finden eine Klärung, eine gesetzliche Festlegung der Aufgabe der Kriminalpolizei und der Organisation und die Planung einer möglichst großen Bewegungsfreiheit innerhalb eines Bundeskriminalamtes statt, wobei ich sagen muss, dass dieses Wort derzeit ein Arbeitstitel in Personal- und Budgetangelegenheiten ist. In diesem Zusammenhang darf ich einmal mehr klarstellen, dass der klare Projektauftrag in diesem Bereich ist und bleibt, dass mit denselben personellen und finanziellen Ressourcen das Auslangen zu finden ist, so wie das derzeit in diesem Bereich für diese Aufgabenstellung der Fall ist.

Die Eingliederung von bisher disloziert ausgeübten Zentralstellenfunktionen verbunden mit einer entsprechenden Kostenoptimierung und Ressourcenbündelung ist der dritte Punkt. Und vierter Punkt ist die zeitgemäße, einheitliche Kriminalistenausbildung, in der die neuen taktischen und strategischen Ansätze einer international erfolgreichen Bekämpfung der organisierten Kriminalität einfließen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wann werden Sie auch die Neuorganisation der Staatspolizei in die Wege leiten?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Die Neuorganisation der Staatspolizei ist in diesem Regierungsprogramm vorgesehen. Wir stellen uns mit großem Engagement und großer Offenheit dieser Frage. Ich habe daher vor etwa fünf, sechs Wochen den Auftrag gegeben, in einer Art Modularbeit diese Reformschritte einzuleiten. In Phase eins werden die Arbeitsunterlagen von drei Arbeitsgruppen aufbereitet. Das passiert derzeit und wird bis Beginn des Hochsommers abgeschlossen sein. – Dazu darf ich vielleicht noch nachtragen: Unter Beginn des Hochsommers verstehe ich, wenn die Kinder in die Ferien gehen, also in Niederösterreich eine Woche früher als in anderen Bundesländern. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich hoffe dann, dass wir zur Phase zwei, Evaluierung der Ergebnisse, kommen können. Die Phase drei sieht eine intensive Arbeit in den Projektgruppen vor, die Entscheidungsgrundlagen vorbereiten sollen. Wir wollen dann mittels Information und Diskussion mit den Bediensteten und mit Fachleuten unsere Arbeit gegenchecken. Ich hoffe, dass wir etwa mit Mitte des nächsten Jahres entscheidungsreife Unterlagen auf dem Tisch haben werden.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Nachdem laut Ihrer Diktion der Hochsommer in Niederösterreich übernächste Woche beginnt – zu diesem Zeitpunkt beginnen dort die Schulferien – und das Projekt Niederösterreich vor dem Hochsommer abgeschlossen werden soll, bitte ich Sie um einen Termin für nächste Woche, damit wir noch vorher darüber reden können. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine konkrete Frage im Zusammenhang mit der Kriminalpolizei lautet aber: Welche konkreten und genauen Kosten haben diese Umstrukturierungsmaßnahmen im Bereich der Kriminalpolizei verursacht?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Zunächst: Unabhängig davon, ob jetzt Ihr Terminersuchen zu dieser Frage einen direkten sachlichen Zusammenhang hat (Bundesrat Thumpser: Ihr ... mit dem Hochsommer war auch nicht ...!), möchte ich Ihnen sagen, dass in diesen Minuten ein Anruf des Mag. Kloibmüller mit einer Einladung zu einem Gespräch auf Ihre Mailbox kommen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten: Ich habe den sehr klaren Auftrag gegeben – das ist Teil des Projektes für das Bundeskriminalamt-neu –, dass mit denselben personellen und finanziellen Gegebenheiten, wie sie bisher in diesen Sachbereichen vorzufinden waren, das Auslangen zu finden ist.

Ich habe jetzt infolge all der Berichte, die mir vorliegen, die absolute Gewissheit – wir arbeiten inzwischen länger als ein Jahr an diesem Projekt –, dass diese Vorgabe vollständig und unmittelbar eingehalten wird.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ist es richtig, dass im Rahmen der Strukturreform die Lichtbildstellen bei den Kriminalabteilungen der Bundesländer aufgelöst und alle Lichtbilder in Zukunft österreichweit in einer zentralen Lichtbildstelle in Niederösterreich entwickelt werden?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Diese Frage kann ich Ihnen leider in der Form nicht beantworten, aber denkbar ist es. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Marizzi: Weil Niederösterreich ein schönes Land ist!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage, 1173/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Ernst Winter um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1173/M-BR/01

Durch welche Maßnahmen wird der Rückstau von zirka 12 000 Fällen bei der Familienzusammenführung abgebaut?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie wissen, dass dieser Rückstau bei der Familienzusammenführung auf Grund einer gesetzlichen Situation, die es vor dem Jahr 1998 gegeben hat, zu Stande gekommen ist.

Wir haben jetzt Maßnahmen einzuleiten, um diesen schrittweise abzubauen, aber eine Größenordnung, wie die von Ihnen genannte Zahl – und diese ist nur eine Schätzung, ich muss das extra dazusagen –, ist unmöglich. Durch die Niederlassungsverordnung für das Jahr 2001 haben wir jedoch nun die höchste Anzahl von Quotenplätzen für die Familienzusammenführung nach § 3 Abs. 1 Zahl 3 bis Abs. 9 Zahl 4 Niederlassungsverordnung seit Bestehen der Regelungen des Fremdengesetzes 1997. Das sind insgesamt 5 490.

Sie wissen auch beziehungsweise ich darf noch einmal bekannt geben, dass im Regierungsübereinkommen sehr klar vorgesehen ist, dass eine der prioritären Aufgaben im Bereich des Fremdenrechtes neben der Integration die Familienzusammenführung ist und dass es Wunsch und Wille dieser Bundesregierung ist, die Quote noch im Laufe dieser Regierungsperiode zu senken.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Wann wird die im Regierungsübereinkommen festgelegte Aufarbeitung dieser 12 000 Rückstände erfüllt sein? Wann werden diese abgebaut sein, Herr Bundesminister?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Diese Frage lässt sich im Detail leider nicht vollständig beantworten, und zwar deshalb, weil es sich bei der erwähnten Zahl 12 000 um eine vorsichtige Schätzung handelt. Einer der Aufträge an die auch im Regierungsübereinkommen vorgesehene Studie über die Entwicklung unseres Einwanderungswesens, unserer Zuwanderung, unserer Migration in Österreich und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt soll auch eine Klärung oder Präzisierung dieser Zahl ergeben.

Wir erwarten – Bundesminister Bartenstein hat gemeinsam mit mir diese Studie in Auftrag gegeben – für Ende Juli bis Mitte August das Ergebnis dieser Studie, die das Wirtschaftsforschungsinstitut mit anderen Wissenschaftern derzeit durchführt, und dann kann eine Präzisierung in der Planung der Familienzusammenführung und auch der Quoten erfolgen.


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 26

Ich halte jedoch daran fest, dass nach Maßgabe der vorliegenden Informationen eine Rücknahme der Quotenzahl entsprechend dem Regierungsübereinkommen in dieser Legislaturperiode möglich ist.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Anna Höllerer gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben gerade davon gesprochen, dass eine Studie in Auftrag ist, die sich mit der Quote bei der Familienzusammenführung beschäftigt. Da aber auch zu erwarten ist, dass es laut § 21 Abs. 3 Fremdengesetz zu Neuanträgen in Hinsicht auf Familienzusammenführung kommen wird, dass es also Fälle geben wird, die in den so genannten Rucksack zukünftig hineinfallen werden, frage ich Sie: Gibt es eine diesbezügliche Zahl? In welcher Höhe pro Jahr wird sie geschätzt? Ist sie in diesem Konzept der Familienzusammenführung berücksichtigt?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen sind Neuanfälle von Familienzusammenführungen möglich. Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, haben wir diese Familienzusammenführung zu gewährleisten.

Wir haben, da die Vollziehung dieser Angelegenheit Ländersache ist, versucht, in einer Länderumfrage Daten über die tatsächliche Anzahl solcher Anträge zu bekommen. Nach einer telefonischen Mitteilung der zuständigen Magistratsabteilung der Gemeinde Wien wurden im Zeitraum Jänner bis Ende April 2001 in Wien 735 Anträge auf Familienzusammenführung gestellt. Auf Grund dieser Anzahl habe ich den Auftrag gegeben, dass wir die entsprechenden Informationen aus allen Bundesländern bekommen, um nicht hochrechnen zu müssen, sondern einen Gesamtüberblick über den tatsächliche Stand in allen Bundesländern zu erhalten.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1177/M. Ich ersuche Frau


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 27

Bundesrätin Maria Grander um Verlesung der Anfrage. – Bitte.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1177/M-BR/01

Welche Einsparungsmaßnahmen sind auf Grund des Budgets 2002 notwendig?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Wir haben auf Grund der Vorgaben, die sich diese Bundesregierung gestellt hat, nämlich das Budgetdefizit auf null zu reduzieren und eine wesentliche Verbesserung der Abläufe in unserer Verwaltung – nicht nur auf Bundesebene, sondern auf allen Ebenen – zu erreichen, im Budget 2002 unserer Beiträge zu erbringen.

Das sind im Budgetvoranschlag 2001im Bereich Finanzen 258,3 Millionen j , und wir werden im Budgetvoranschlag 2002 einen Sachaufwand von 260,4 Millionen j haben. Im Bundesfinanzgesetz 2002 sind im Bereich der Bundespolizei eine Reduktion von 608 Planstellen und im Bereich der Bundesgendarmerie eine Reduktion von 340 Planstellen vorgesehen, um das Einsparungsziel von 3 Prozent zu erreichen.

Wir haben uns vorgenommen, dass diese Einsparungen so wie bisher prioritär in der Verwaltung geschehen sollen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Wie werden Sie sicherstellen, dass die Sicherheit der Bevölkerung durch die notwendigen Einsparungen nicht beeinträchtigt wird?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Wir haben eine ganze Reihe von Reformprojekten in unserem Haus bereits umgesetzt – andere sind derzeit in Umsetzung begriffen oder stehen am Beginn –, mit dem Grundsatz: Wir sparen in der Verwaltung, um in die Sicherheit vor Ort investieren zu können.

Ich darf Ihnen ein Beispiel bringen: Im Bereich der gesamten Bundesgendarmerie etwa habe ich, was das Personal betrifft, die sehr harte Vorgabe gegeben, 20 Prozent des Personals in der Zentrale, insgesamt über 17 Prozent in den Landes- und Bezirksgendarmeriekommanden einzusparen, aber in den Gendarmeriedienststellen null Prozent Personalveränderung sicherzustellen, sodass das insgesamt eine wesentliche Verbesserung für die Sicherheit auf der Straße bedeutet.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Manfred Gruber gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe Ihrer Antwort entnommen, dass die massiven Einsparungen mit dem Jahr 2001 nicht enden werden, sondern dass auch im Jahr 2002 massivste Einsparungen im Bereich der Sicherheitspolitik in Österreich notwendig sind.

Ich möchte Sie gerne fragen – wir alle kennen die Situation: Sicherheit ist relativ –: Wie glauben Sie dem Sicherheitsbedürfnis der Österreicher bei solch massiven Einsparungen noch gerecht werden zu können?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich muss mich wohl nicht ganz verständlich gemacht haben:

Es hat null Einfluss auf die Sicherheit auf unseren Straßen, auf die Bekämpfung der Kriminalität, ob es 17 oder 20 Kfz-Stellen des Innenministeriums in Österreich gibt – oder neun! Das haben wir gemacht.

Es hat null Einfluss auf die Sicherheit der Bevölkerung, auf das subjektive und objektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, dass wir im Bereich der Reinigungskräfte eine Neuorganisation durchführen, die es uns ermöglicht, unsere Beamtinnen und Beamten weiterhin und noch stärker als bisher auf den Straßen einsetzen zu können.

Das verstehe ich unter einer modernen Reform des österreichischen Sicherheitsapparates. Wir sparen in der Verwaltung, wir sparen bei den Handwerkern, wir sparen in allen Bereichen, um erstens die Abläufe zu beschleunigen und zweitens den Außendienst zu verbessern.

Drittens wollen wir durch eine schrittweise Reduktion der Arbeitsbelastung unserer Beamtinnen und Beamten, die im Außendienst sind – vor allem durch eine Zurückdrängung der Zettelwirtschaft –, dafür sorgen, dass Beamtinnen und Beamte nicht hinter den Schreibtischen, nicht in den Büros sitzen müssen, sondern ihre Arbeit direkt dort, wo es für die Sicherheit relevant ist, tun können.

In diesem Sinn bin ich sehr optimistisch, weil das Bild, das der Sicherheitsapparat nicht nur objektiv – nämlich durch das Zahlenverhältnis Außendienst zu Innendienst in den Jahren 2000 und 2001 –, sondern auch subjektiv – durch zwei Untersuchungen von Meinungsforschern, nämlich eine der Oesterreichischen Nationalbank, die vierteljährlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in Exekutive und Sicherheitsdienst misst, sowie eine des IMAS – bietet, zeigt, dass das


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 28

Vertrauen der Bevölkerung in den österreichischen Sicherheitsapparat in den letzten eineinhalb Jahren trotz hohem Niveau noch ein bisschen gestiegen ist.

Ich darf auch die Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates einladen, an diesem Bild des österreichischen Sicherheitsapparates mitzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
678. Sitzung / Seite 29

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ludwig Buchinger gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ludwig Buchinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Ist es für Sie vorstellbar, die Sicherheitsdirektionen vor allem in Hinblick auf Verwaltungsvereinfachung und Sparsamkeit unter gleichzeitiger Stärkung der Landesgendarmeriekommanden abzuschaffen?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
678. Sitzung / Seite 30

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie wissen, dass das eine Verfassungsmaterie ist. Ohne eine Verfassungsmehrheit in diesem Bereich signalisiert zu bekommen, denke ich nicht intensiv über diese Frage nach. (Bundesrat Buchinger: Ich habe gefragt, ob es für Sie vorstellbar ist!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 9. Frage, 1179/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Christoph Hagen um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1179/M-BR/01

Wie viele Planstellen von leitenden Beamten (Offizieren) werden im Rahmen der Strukturreform in Ihrem Ministerium eingespart?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Diese Frage weist darauf hin, dass Ihnen bekannt ist, dass intensiv darüber nachgedacht wird und eine Neustrukturierung bevorsteht.

Tatsächlich ist in diesem Bereich die Ausarbeitung eines Konzeptes vorgesehen, dessen Ergebnisse aber erst Ende Juli vorliegen werden.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Es ist im Rahmen der Sparmaßnahmen vorgesehen, in den Jahren 2000, 2001 und 2002 bei der Gendarmerie in Vorarlberg insgesamt 30 Planstellen einzusparen. Das sind von den 706 Planstellen, welche in Vorarlberg systemisiert sind, zirka 4,2 Prozent.

Wie viele Planstellen in Zahlen und Prozent werden in Ihrem Ministerium, der Zentralstelle Bundesministerium für Inneres, eingespart?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Ich kann die Zahl 30 nicht bestätigen, habe aber heute schon in einer früheren Anfragebeantwortung gesagt, dass ich den Auftrag gegeben habe, im Gendarmeriezentralkommando mindestens 20 Prozent des Personals einzusparen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Welche Personaleinsparungen sind durch Strukturmaßnahmen im Bereich der Bundesgendarmerie insgesamt zu erwarten?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es sei mir eine Nebenbemerkung erlaubt: Herzliche Gratulation und alles Gute für den Vorsitz, den Sie im nächsten halben Jahr hier innehaben werden.

Es ist mit einer Reihe von personellen Weiterentwicklungen im Bereich der Bundesgendarmerie, was die Zahl betrifft, zu rechnen. Wir wollen nach folgendem Grundsatz vorgehen: am meisten in der Zentrale in Wien, mehr als 17 Prozent in den Landesgendarmeriekommandos inklusive eines kleinen Teils der Bezirkskommandos sowie null Prozent bei den Gendarmerieposten vor Ort einzusparen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Manfred Gruber gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es würde mich interessieren, wie viele Planstelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektionen und der Landesgendarmeriekommanden vorgesehen sind, und ebenso, wie es sich damit verhält, dass von 1999 bis 2002 in der Zentralstelle, dem Innenministerium, anscheinend ein Zuwachs von 407 Planstellen zu verzeichnen ist?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die Frage nach dem Ausmaß der Einsparungen in den Landesgendarmeriekommandos kann ich Ihnen prozentuell beantworten: Gemeinsam mit den Bezirksgendarmeriekommandos sollen es etwas über 17 Prozent sein.

Die Frage nach der Einsparungsquote in den Sicherheitsdirektionen darf ich Ihnen nachreichen. Ich habe sie im Detail nicht mit.

Ihre zweite Frage, die in die eine Frage sozusagen hineingeraten ist, möchte ich auch gerne beantworten. Ich kann diese Zahl, die Sie für die Zentralstelle genannt haben, nicht bestätigen. Tatsächlich ist es so, dass wir im Jahre 2001 den Auftrag gegeben haben, dass in der Zentralstelle eine echte Reduzierung der Planstellen zu erfolgen hat, und ich will diese Strategie auch im Jahre 2002 zügig fortsetzen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 10. Anfrage, 1180/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Stefan Schennach um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Aufnahme von weiblichen Exekutivbeamten war in den letzten zehn Jahren eine der wichtigsten Reformen bei Polizei und Gendarmerie. Meine Frage lautet:

1180/M-BR/01

Welchen Prozentsatz stellen weibliche Exekutivbeamtinnen in der Hierarchie von Polizei und Gendarmerie beziehungsweise auf welchen vorgesetzten Ebenen sind weibliche Beamtinnen tätig?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Tatsächlich ist es jetzt zehneinhalb Jahre her, dass sich der gesamte Exekutivdienst, Gendarmerie und Polizei, für weibliche Mitarbeiter geöffnet hat. Diese Strategie hat sich außerordentlich bewährt, dies ist nicht nur eine Frage, die in unserer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich ist, sondern bringt auch einen Vorteil für den gesamten Exekutivdienst – auch wenn es einige Besorgnis und Diskussionen im Vorfeld dieser Entscheidung gegeben hat.

Wir haben in dieser Sache einen Aufholprozess zu machen, weil auf Grund der kurzen Zeit die Verteilung von Führungspositionen auf Männer und Frauen – nicht nur, aber auch – nicht dem Gesamtbild der Bevölkerung entspricht.

Zu Ihrer konkreten Frage darf ich Ihnen sagen, dass der prozentuelle Gesamtanteil der Frauen im Exekutivdienst im Bereich der Bundesgendarmerie knapp 6 Prozent und im Bereich der Bundespolizei knapp 9 Prozent – es sind jeweils 5,8 Prozent und 8,8 Prozent – beträgt. Der Anteil der Frauen in Führungsfunktionen gliedert sich wie folgt: In der Gendarmerie sind knapp 1 Prozent von ihnen E1- oder E2a-Beamte und im Polizeibereich sind es 1,7, 1,8 Prozent.

Es ist auf Grund der relativ kurzen Zeit, in der Frauen nun im Exekutivdienst sind, nicht beziehungsweise nicht leicht möglich, dass es für Frauen höhere Führungsfunktionen gibt. Wir trachten jedoch danach – das ist ein Teil unseres Unternehmensleitbildes –, dieses Missverhältnis nach und nach, sukzessive auszugleichen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Minister! Frauen im Exekutivdienst haben sich vor allem in Konfliktsituationen besonders bewährt. Deshalb lautet meine Zusatzfrage: Werden weibliche Einsatzkräfte auch beim World Economic Forum zur Sicherung eingesetzt werden? Wie sieht Ihre gesamte Planung dafür aus?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Bei keinem Einsatz der Exekutive wird unterschieden, ob jemand Mann oder Frau ist. Sie wissen, dass seit kurzem – ich habe auch persönlich darauf Wert gelegt – eine junge Dame bei unserem Gendarmerieeinsatzkommando in Ausbildung ist und damit auch die, wenn Sie so wollen, letzte männliche Bastion innerhalb des Exekutivdienstes von den Frauen – Gott sei Dank – gestürmt worden ist.

Das Vorhaben "Schutz der Gäste, Schutz der Bevölkerung, Schutz unseres Sacheigentums und Schutz von Leib und Leben" bei Veranstaltungen wie der von Ihnen angesprochenen ist eine unserer Kernaufgaben. Wir widmen uns dieser Frage mit größter Sorgfalt und höchster Aufmerksamkeit. Wir haben nicht nur zur Vorbereitung dieses Termins, sondern grundsätzlich schon vor einem dreiviertel Jahr, unmittelbar nach den Ereignissen in Prag und aufbauend darauf gemeinsam – Bundesgendarmerie, Bundespolizei, auch die Bundespolizeidirektion Wien – unter Führung unseres Herrn Generaldirektors eine Informations- und Strategiegruppe für den Umgang mit anarchistisch veranlagten, vandalistisch – so muss ich jetzt sagen –, über den Globus wandernden, reisenden Gewaltbereiten gebildet, um festzulegen, wie diesen zu begegnen ist.

Wir haben inzwischen auf Initiative von Generaldirektor Dr. Buxbaum einen sehr guten und dichten Informationsverbund mit Kollegen aus Tschechien, aus der Schweiz, aus Italien, aus Frankreich und Deutschland geschlossen. Ich freue mich ein bisschen darüber, dass diese österreichische Initiative, eine Initiative unseres Hauses und unseres Generaldirektors, eine gute Grundlage für den in Göteborg erteilten Auftrag der europäischen Staats- und Regierungschefs an die europäischen Innenminister ist, dafür einen Verbund zu schaffen. Wir haben das unter Federführung unseres Hauses in unserem direkten Nahbereich bereits gemacht. Wir werden alles Menschenmögliche tun, um gemeinsam mit den Sicherheitseinrichtungen befreundeter


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
678. Sitzung / Seite 31

Staaten, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland und Italien, dafür Sorge zu tragen, die Sicherheit der Bevölkerung und die Sicherheit der Gäste auch bei diesem Treffen zu sichern, so wie wir es in den letzten eineinhalb Jahren und darüber hinaus im Bereich Wien, im Bereich Innsbruck und im Bereich Salzburg bei ähnlichen Veranstaltungen gemacht haben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
678. Sitzung / Seite 32

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Franz Wolfinger gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Sie haben meine Frage zwar schon teilweise beantwortet, aber ich möchte sie trotzdem stellen: Wie gedenken Sie, den prozentuellen Anteil von Frauen im Exekutivdienst allgemein und jenen in Führungsfunktionen im Besonderen anzuheben?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Wir gehen strikt nach jenen Richtlinien vor, die unsere gesetzlichen Grundlagen sind. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass unsere Frauenbeauftragte bei allen Besetzungsverfahren eingebunden ist, wie es das Ausschreibungsgesetz und die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen vorschlagen. Ich habe aber darüber hinaus alle verantwortlichen Stellen gebeten, dass wir diesen Nachteil, den wir historisch bedingt in unserem Haus haben, Schritt für Schritt aufholen.

Ich darf Ihnen ein kleines Beispiel nennen: Dort, wo das ohne große Probleme und notwendige Rücksichtnahme auf gesetzliche Vorgaben möglich ist, nämlich in meinem Kabinett, sind von zehn leitenden Mitarbeitern vier Frauen, das heißt, ich habe in meinem Kabinett eine Frauenquote von 40 Prozent.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Frage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Welche Frauenfördermaßnahmen Ihrer Vorgänger, die in Kooperation mit der jeweiligen Frauenministerin umgesetzt wurden, werden Sie fortsetzen beziehungsweise werden Sie zusätzlich Maßnahmen setzen? Welche Vorschläge hat Ihnen Frauenminister Haupt diesbezüglich vorgelegt?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Zu den zwei Fragen, die in dieser einen Frage verpackt sind, darf ich sagen: Die erste Frage ist insofern leicht beantwortet, weil mir keine Aktivität in diesem Bereich bekannt ist, die nicht mit vollem Elan und zusätzlichen Mitteln fortgesetzt wird. Ich darf insbesondere auf die Situation im Bereich der Zusammenarbeit von Polizei und jenen Stellen verweisen, die nach dem entsprechenden Gesetz, das die damalige Frauenministerin mit dem damaligen Innenminister vorgeschlagen und umgesetzt hat, zur Unterstützung und Hilfe von Frauen, die in besonders schwierigen persönlichen Situationen sind, wenn Männer im gemeinsamen Haushalt tätlich werden, eingerichtet worden sind. Wir haben gemeinsam die entsprechende Interventionsstelle in Ihrem Bundesland besucht.

Zur zweiten Frage möchte ich noch sagen: Wenn es einen in diesem Bereich initiativen Innenminister gibt, dann braucht der Frauenminister da nicht tätig zu werden. Das hat sich vielleicht mit dieser neuen Regierung geändert. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Kennen Sie irgendeinen Bereich, wo der tätig ist?)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Haunschmid gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Für weibliche Bedienstete der Exekutive wurden Übergangsplanstellen für allfällige Karenzierungen geschaffen. Wie viele dieser Übergangsplanstellen wurden an welche Bundesländer vergeben?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Diese Frage kann ich Ihnen jetzt leider im Detail nicht beantworten. Ich werde das aber gerne nachreichen. Ich bitte, zu genehmigen, dass ich Ihnen das schriftlich nachreichen darf.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Damit ist die Fragestunde beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Ing. Gerd Klamt: Eingelangt sind Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretungen.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Der Herr Bundespräsident hat am 7. Juni 2001, Zl. 300.100/40-BEV/2001, folgende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer am 21. Juni 2001 den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

"Der Herr Bundespräsident hat am 18. Juni 2001, Zl. 300.100/44-BEV/01, folgende Entschließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt innerhalb des Zeitraumes vom 20. bis 22. Juni 2001 den Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

"Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Herr Bundespräsident hat mir mitgeteilt, dass er sich vom 21. bis 24. Juni 2001 im Ausland aufhalten wird. Gleichzeitig beehre ich mich, Ihnen mitzuteilen, dass ich mich am 21. und 22. Juni 2001 ebenfalls im Ausland aufhalten werde.

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung in ihrer Sitzung am 12. Juni 2001 beschlossen vorzuschlagen, gemäß Artikel 69 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz für den Fall der gleichzeitigen Verhinderung des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin am 22. Juni 2001 den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer mit meiner Vertretung zu betrauen.

Mit besten Grüßen"

"Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 23c Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass der Ministerrat, nach Durchführung von Konsultationen mit den im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Parteien, in seiner Sitzung am 18. April 2001 beschlossen hat, für die Neubestellung des ordentlichen Mitgliedes des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank den sachlich zuständigen Abteilungsleiter im Bundesministerium für Finanzen, Herrn MR Mag. Walter Rill, zu nominieren.


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Das diesbezügliche Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates wurde gemäß Artikel 23c Abs. 2 B-VG in dessen Sitzung vom 23. Mai 2001 hergestellt.

Mit freundlichen Grüßen"

Vizepräsident Jürgen Weiss: Dient zur Kenntnis.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass das zuletzt vorgelesene Schreiben nicht eine Ministervertretung, sondern die Neubestellung des ordentlichen Mitgliedes des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank betroffen hat.

Eingelangt sind weiters sieben Anfragebeantwortungen, 1656/AB bis 1662/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Den eingelangten Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2000 hat der Herr Präsident dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Vorberatung zugewiesen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind, sowie die Beschlüsse des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird, und ein Bundesgesetz über begleitende Regelungen zur EMAS-V II (Umweltmanagementgesetz – UMG).

Diese Beschlüsse wurden den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorbehandlung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über den bereits früher eingelangten und zugewiesenen Sicherheitsbericht 1999 aufgenommen und – mit Ausnahme des Beschlusses betreffend ein Bundesgesetz zum Umweltmanagementgesetz – abgeschlossen und einen schriftlichen Ausschussbericht erstattet.

Soweit Ausschussberichte vorliegen, habe ich alle diese Vorlagen und die Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2001 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Ergänzung der Tagesordnung und Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist

Vizepräsident Jürgen Weiss: Da der Finanzausschuss heute nach neuerlicher Beratung die Verhandlung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird, abgeschlossen und einen schriftlichen Ausschussbericht hierüber erstattet hat, schlage ich daher gemäß § 41 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, die Tagesordnung um diesen Beschluss zu ergänzen.

Bevor wir zur Abstimmung darüber gelangen, weise ich darauf hin, dass sowohl für die Ergänzung der Tagesordnung als auch für die Abstandnahme des gegenständlichen Ausschussberichtes von der 24-stündigen Aufliegefrist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist.

Ich ersuche nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit der Ergänzung der Tagesordnung um den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird, einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag auf Ergänzung der Tagesordnung ist daher angenommen.


Bundesrat
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Ich ersuche weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit der Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist des Ausschussberichtes über das erwähnte Bundesgesetz einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist angenommen.

Im Sinne des § 41 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates stelle ich die Tagesordnung in der Weise um, dass wieder ein inhaltlicher Verhandlungszusammenhang hergestellt wird.

Umreihung der Tagesordnungspunkte

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich werde daher den ergänzten Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird, als Tagesordnungspunkt 9 in Verhandlung nehmen.

Die Tagesordnungspunkte 9 bis 28 der ausgegebenen Tagesordnung vom 19. Juni 2001 erhalten nun die Nummern 10 bis 29.

Wir dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Die Tagesordnung ist somit umgestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich beabsichtige weiters, die Debatte über die Punkte 4 bis 6, 9 bis 12, 13 bis 18, 20 und 21, 22 und 23 sowie 26 und 27 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Diese neu ergänzte und umgestellte Tagesordnung wird nun verteilt werden.

1. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1999) (III-216/BR/00 und 6366/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1999).

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Höllerer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Anna Höllerer: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Da der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1999) (III-216-BR/00) aufliegt und somit allen Damen und Herren Bundesräten bekannt ist, darf ich auf die Verlesung verzichten und berichten, dass der Ausschuss für innere Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon das Wort. – Bitte.


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10.40

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte mich zu Beginn meines Debattenbeitrages sehr herzlich für diesen Bericht bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beiden Ministerien bedanken. Er ist ein umfangreiches Zahlenwerk, er ist aber auch sehr verständlich dargestellt. Ich möchte mich daher noch einmal sehr herzlich für diese sehr wertvolle Hilfe nicht nur für den Minister, sondern auch für Regionalpolitiker bedanken. Es sind sehr anschauliche Darstellungen, die sehr gut bezirksweite Vergleiche zulassen.

Ich möchte diesem Dank aber auch eine Bitte anschließen. Da Sie, Herr Minister, den Laptop auf der Regierungsbank salonfähig gemacht haben – diese Vorbildwirkung fruchtet bereits, ich habe gerade gesehen, dass Herr Mag. Himmer mittlerweile auch schon einen Laptop mit hat –, hätte ich folgende Bitte: Vielleicht könnten wir diesen Bericht auch in Form einer CD-ROM bekommen. Meine Aktentasche würde es Ihnen danken.

Ich möchte die heutige Debatte aber nicht vorübergehen lassen – das haben auch schon die Anfragen an den Minister gezeigt –, ohne das derzeit bestimmende Thema, nämlich die Schließung von Gendarmerieposten, aus Sicht der Steiermark und vor allem aus Sicht des Bezirkes Leoben, der auch zum Teil davon betroffen ist, zu kommentieren.

Frau Kollegin Schicker, die im Moment leider nicht anwesend ist, die nur ein paar Kilometer von mir entfernt wohnt, wird mir wahrscheinlich zustimmen, wenn ich sage, dass wir subjektiv empfunden eigentlich in einem sehr sicheren Bezirk wohnen. Wenn man in den Bericht des Ministeriums blickt, dann sieht man, dass der Bezirk Leoben eine relativ gute Aufklärungsquote aufweist; leicht besser als die Nachbarbezirke im so genannten Benchmarking, wie es heute so schön heißt. Auch bei den absoluten Zahlen der Vergehen und der Häufigkeit liegen wir im unteren Drittel. Ich habe mir das im Besonderen angeschaut: Im langfristigen Vergleich liegen wir seit 1990 im unteren Drittel.

Das heißt, es deckt sich unser subjektives Gefühl mit den Zahlen, Daten und Fakten des Berichtes. Es ist deshalb interessant, dass dieses Gefühl von Sicherheit da ist, weil im Jahr 1993 fünf Gendarmerieposten in diesem Bezirk geschlossen wurden. Das heißt, es hat sich trotz ... (Bundesrat Konecny: Je weniger Gendarmerieposten, desto höher die Sicherheit!)  – Nein, das habe ich nicht gesagt.

Das heißt, trotz Schließung von fünf Gendarmerieposten – diesmal ist es einer – ist eigentlich durch eine effizientere Organisation der Exekutive das Maß an Sicherheit aufrechterhalten worden.

Seit gestern wissen wir – Frau Kollegin Schicker und ich –, dass wir einen Posten weniger haben werden, nämlich Wald am Schoberpaß. Da in diesen Tagen sehr oft der "kleine" Mann, der Bürger zitiert wird, möchte ich Ihnen aus der Regionalbeilage der "Kleinen Zeitung" zitieren. Als spruchreif geworden ist, dass es Wald am Schoberpaß treffen könnte, ist die Redakteurin der "Kleinen Zeitung" dorthin gefahren, ist in ein Gasthaus gegangen und hat quasi die Gäste befragt, was sie von dieser Schließung des Gendarmeriepostens in ihrem Ort halten. Ich zitiere:

"Mittwoch, Abend, 21.30 Uhr, Gasthof Fink, Wald am Schoberpaß. Eine Männerrunde in entspannter Atmosphäre, die mit der Frage konfrontiert wurde, was sie denn von einer geplanten Verlegung des Gendarmeriepostens Wald am Schoberpaß nach Mautern halten würde. ,Vom wirtschaftlichen Standpunkt her ist es sicher gut, wenn sie den Gendarmerieposten Wald mit Mautern zusammenlegen‘, meint der eine, und ein zweiter: ‚Im Grunde genommen ist es komplett egal, ob wir hier einen Posten haben oder nicht. Auf die Sicherheit wird eine Schließung keine Auswirkungen haben, glaub‘ ich. Der Posten ist eh jetzt schon meist nicht fix besetzt. Wenn man anruft, kommt man sowieso zur Gendarmerie St. Michael und die verbinden einen dann meistens mit Mautern‘, weiß ein Walder aus Erfahrung." – So weit der "kleine" Mann.

Es wird noch ein Stück deftiger: "Großzügig zeigt sich ein weiterer Mitdiskutant, der gar meint: ,Wenn i des mit da Schließung offiziell bestätigt krieag, gib‘ i a Runde aus, denn von mir aus kennan‘s die "Hütt’n" zuadrahn‘." (Bundesrat Konecny: Die sind dann heimgefahren auch noch


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mit dem Auto?)  – So weit sollte man nicht gehen. Ich sage das nur zur Stimmung des "kleinen" Mannes, geschätzte Damen und Herren vor allem von der SPÖ!

Ich möchte als verantwortlicher Regional- und Bezirkspolitiker zu diesem Prozess der Schließung von Gendarmerieposten Folgendes zusammenfassend sagen: Ich begrüße diese maßvolle Anpassung der Organisation im Bezirk Leoben – maßvoll deshalb, weil ich glaube, dass da die Organisationsanpassung der Realität entspricht. Ich begrüße aber vor allem auch die Art des Vorgehens, des Einbindens der Betroffenen – von den Bürgermeistern angefangen, über die Bezirksbehörden, über das Land und die Betroffenen bis hin zur Gewerkschaft. Das war 1993 nicht der Fall – ich sage das sehr bewusst dazu –, damals ist es vom Ministerium entsprechend verordnet worden.

Da wir gerade beim Sicherheitsgefühl sind, geschätzte Damen und Herren: Ich glaube, dass auch die Opposition die sehr wichtige Verantwortung hat, das Sicherheitsgefühl in einem Bezirk zu entwickeln. Artikel von sozialistischen Abgeordneten in Regionalzeitungen mit dem Titel "Die Sicherheit im Bezirk gefährdet?" oder "ein Anschlag auf die Sicherheit", geschätzte Damen und Herren, erzeugen Unsicherheit. Mit solchen Artikeln ist die SPÖ ein Unsicherheitsfaktor, quasi ein regionales Sicherheitsrisiko! (Beifall bei der ÖVP.)

Im zweiten Teil meines Debattenbeitrages geht es mir aber auch um die Weiterentwicklung des Sicherheitsbegriffes insgesamt. Sie, Herr Minister, haben in der Fragestunde sehr engagiert das Thema Ehrenamt und das Thema Freiwilligkeit in den Mittelpunkt Ihrer Ausführungen gerückt. Im Bereich Sicherheit können und sollen wir uns nicht nur auf die staatlich organisierte Sicherheit stützen – sie ist ohne Zweifel ein wichtiges Element, aber nicht das einzige –, sondern ich glaube, dass es auch Zielsetzung der Kommunen sein muss, eine Art kommunale Kriminalprävention stärker zu betreiben, stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

Die steirische Volkspartei hat im steirischen Landtag einen Antrag zur Förderung von Pilotprojekten zur kommunalen Kriminalprävention eingebracht, um einen wirkungsvollen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheitslage und zum Abbau der Furcht vor Kriminalität zu leisten; das heißt, die Gemeinde arbeitet selbst an präventiven Maßnahmen, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung entsprechend weiterzuentwickeln. Die Leute fühlen sich oft unsicher – dazu gibt es mittlerweile Erfahrungen aus den Projekten –, wenn zum Beispiel Parks nicht beleuchtet sind. Das hat mit Gendarmerieposten nichts zu tun, sondern das betrifft bauliche Maßnahmen. Da gibt es aber noch viele andere Dinge, die Unsicherheit hervorrufen.

Dieser Antrag der steirischen Volkspartei ist am 12. Juni beschlossen worden, diese Projekte werden in zwei steirischen Städten – in Hartberg und Knittelfeld – zur Umsetzung gelangen.

Herr Minister! Es wäre jetzt meines Erachtens durchaus ein geeigneter Zeitpunkt, in jenen Orten, in denen Gendarmerieposten geschlossen werden, solche Projekte kommunaler Kriminalprävention aktiv auch seitens des Ministeriums zu initiieren. Es wäre wichtig und richtig, wenn das Ministerium dem Land Steiermark folgen und ebenfalls Pilotprojekte finanzieren würde. Damit könnte die Säule der Prävention, die Säule der kommunalen Eigenverantwortung für den Bereich Sicherheit, die Säule der Verantwortung des Bürgers für seine Sicherheit, aufgebaut werden.

Ich meine, neben einer starken und effizienten Verantwortung des Staates soll es ebenfalls eine starke Verantwortung der Bürger für ihr Umfeld geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.50

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Trunk das Wort. – Bitte.

10.50

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg zu meinem Vorredner Missethon. Dass Sie mit keinem einzigen Wort und mit keiner einzigen Silbe auf den Inhalt des Sicherheitsberichtes 1999 eingegangen sind, kann kein Zufall sein. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Mein


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nachfolgender Parteikollege wird auch erläutern, warum dem so ist. Es gibt ganz offensichtlich ein sehr geringes Bedürfnis seitens der ÖVP und der FPÖ, dort, wo positive Arbeit von Vorgängerinnen und Vorgängern geleistet wurde, auch eine korrekte Bilanz zu ziehen. Ich gratuliere Ihnen zu diesem Husarenstück, zum Sicherheitsbericht 1999 gesprochen, ihn aber mit keinem Wort erwähnt zu haben. Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie ihn nicht gelesen haben. (Bundesrat Konecny: Gewogen hat er ihn! Das hat er bewiesen!)

Zweiter Punkt: Es passiert Politikerinnen und Politikern hin und wieder, dass die Fähigkeit des Zuhörens bei und der Anteilnahme an der Debatte manchmal nicht sehr groß ist, denn sonst, geschätzter Herr Kollege Missethon, hätten Sie dieses Beispiel, die SPÖ sei mit ihrer Warnung und ihrem Protest anlässlich geplanter Schließungen von Gendarmerieposten an die Öffentlichkeit gegangen, nicht gebracht. Sie haben gesagt – ich zitiere –: Die SPÖ ist ein Unsicherheitsfaktor und ein regionales Risiko.

Geschätzter Herr Kollege Missethon! In der Fragestunde haben Sie bereits gehört, dass es einen ÖVP-Parteiobmann namens Georg Wurmitzer im Land Kärnten gibt, der seines Zeichens Landesrat und in Kärnten für Kommunen zuständig ist. Dieser ÖVP-Parteiobmann meint, dass das, was jetzt geschehe, ein brutaler Kahlschlag sei und die Ausdünnung des ländlichen Raumes darstelle. (Bundesrat Konecny: Ein Sicherheitsrisiko ist der Mann!)

Jetzt frage ich Sie: Ist Herr ÖVP-Landesparteiobmann Wurmitzer ein Sicherheitsrisiko für Kärnten, für diese Region, für Österreich oder für die ÖVP? – Eines kann ich mit Sicherheit ausschließen, dass er nämlich irgendwo der von Ihnen uns und der SPÖ zugeordneten linken Hälfte der sicherheitsgefährdenden Elemente der Republik Österreich angehört. Ich denke, das war ein schlechtes Beispiel. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Sie reden auch nicht über den Bericht! Das möchte ich festhalten!)

Gleichfalls danebengegriffen haben Sie – ich habe durchaus Verständnis für plakative Beispiele, ich gebrauche sie selbst – mit dem Beispiel der Reportage aus einem Landgasthaus um 21.30 Uhr. Dabei unterstelle ich dem derzeitigen Innenminister überhaupt nichts, auch wenn ich nicht alles teile und goutiere und auch Protest erlaubt sein muss. Aber ich unterstelle nicht, dass Sinn einer Reform der Exekutive sein kann, dass man ... Im Übrigen sollten wir im Sinne der politischen Kultur und Wahrung der Sprache endlich einmal mit dem Begriff des "kleinen" Mannes und der "kleinen" Frau aufhören; das sind die Bürger und Bürgerinnen der Republik Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. )

Diese Reform muss eine Verbesserung der Sicherheit in Österreich bedeuten. Ihre Schlussfolgerung, dass sich in einem Gasthaus bei heiterer Stimmung um halb zehn am Abend, im ländlichen Raum, die dort befindlichen Männer freuen, dass es den Ortsgendarmen nicht mehr gibt, ist kein gutes Beispiel. Das ist dort leicht verständlich und hat etwas damit zu tun, wie mein Klubobmann ausführte, dass sich eben derjenige, der ein bisschen mehr als 0,5 Promille trinkt, freut, keinem Gendarmeriebeamten zu begegnen. Aber das, Herr Missethon, kann nicht der Ansatz einer Reform und einer Verbesserung der Sicherheitspolitik im ländlichen Raum sein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Nun zum Sicherheitsbericht 1999: Dieser Sicherheitsbericht ist, wie bereits ausgeführt, sehr ausführlich und auch sehr detailliert. Hinter diesen Zahlen, Daten und Fakten stehen aber auch Menschen, vor allem Menschen, die aus Anlass dieser an sich positiven Tendenz dieses Sicherheitsberichtes trotzdem als Opfer der vielen Maßnahmen dastehen. Ich denke, dass der Sicherheitsbericht 1999 – auch jene von 2000 und 2001 – zuerst als Spiegel der sozialen Lage eines Landes, des sozialen Friedens oder sozialen Unfriedens eines Staates betrachtet werden muss und vor allem ein Spiegelbild der real ge lebten und real er lebten demokratischen Einrichtungen und Strukturen sein muss.

Ein Sicherheitsbericht spiegelt nämlich in der Tat auch das Verhältnis von Macht und – im wahrsten Sinne des Wortes – Ohnmacht wider, von Macht und Diskriminierung im engeren, im ganz persönlich betroffenen Sinne und im weitesten Sinne, denn jede Form von Gewalt hat zuerst – und auch ganz zuletzt – ihre Wurzeln in der Machtungleichheit.


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Der Sicherheitsbericht 1999 weist durchaus auch positive Ansätze im Rückgang von Gewalt und Aggression auf. Das hat aber nichts mit Zufälligkeiten zu tun, hat nichts mit der Wetterlage zu tun, sondern diese positiven Ansätze des Rückganges von Gewalt und Aggression im Allgemeinen haben sehr viel mit einer konzeptiven, mittel- und längerfristig aufgebauten, durchdachten Politik zu tun – und zwar nicht nur eine Sicherheitspolitik, sondern auch einer Wirtschafts-, Sozial- und Justizpolitik. Das heißt, diese positiven Ansätze sollten ausgeweitet werden. Es müsste Auftrag jeder Regierung sein, diese positiven Ansätze auszuweiten und fortzusetzen. Missstände allerdings, Kritikfähiges und Mängel müssen Anlass zur Korrektur sein.

Ich verweise im positiven Sinne etwa auf die Installierung des Menschenrechtsbeirates – ich füge hinzu –, die längst auch davor schon notwendige Installierung des Menschenrechtsbeirates. Ich verweise aber in äußerst negativem Sinne darauf, dass im Jahr 2001 – ich meine, auch diese Sitzung sollte Anlass dafür sein, eines toten Mannes zu gedenken, der Omofuma hieß – ein Staatsanwalt – und mag er auch aus Kärnten kommen – behauptet, die Verklebung des Mundes, diese Foltermethode, an der Omofuma gestorben ist, sei heute auch noch anzuwenden – trotz gegenläufiger Verordnungen und Maßnahmen. Das ist nicht mehr nur Sache eines Menschenrechtsbeirates, sondern es ist eine zutiefst politische Aufgabe, in dieser Form der Auseinandersetzung mit Gewalt auf beiden Seiten auch politisch stark bewusstseinsändernd tätig zu werden.

Ich verweise weiters im positiven Sinne auf die Schaffung des Wegweiserechts als rein exemplarisches Beispiel. Ich verweise aber auch darauf, dass es im kommenden Bericht keine Statistik mehr zu den Zahlen und Fakten der Wegweisung seitens des Bundes geben wird. Ich ersuche in diesem Zusammenhang vor allem den Justizminister darum, dass es diese Statistik zur Wegweisung auch auf Bundesebene weiter geben wird. Andernfalls wird hier irgendwann einmal ein Minister stehen und sagen, die familiäre Gewalt ist abgeschafft, es gibt keine Wegweisung mehr, damit hat sich die Geschichte erledigt. – Das ist unzulässig, und diese Fakten der Wegweisung muss es auch im nächsten Bericht geben.

Positiv verweise ich auf die Novellierung und Handhabung der Rechtsprechung in der Frage der NS-Wiederbetätigung und deren Thematisierung und Bewusstmachung anstatt von Verharmlosung der Wiederbetätigung und der Verletzung von Opfern.

Ich verweise auf den außergerichtlichen Tatausgleich, die Installierung der Opferhilfe im Sexualstrafrecht, die Verbesserung im Bereich der Aus- und Fortbildung und die Rahmenbedingungen der Wiedereingliederung. Positiv ist natürlich auch die Verbesserung im Bereich der personellen Situation der Exekutive durch die Öffnung für Männer und Frauen.

Ich verweise aber auch darauf, dass zu diesen positiven Fakten negative Fakten hinzukommen, und zwar nicht erst neuerdings, sondern schon länger- und mittelfristig.

Ein Sicherheitsbericht ist so viel wert wie die Konsequenzen, und ich denke, in diesem Zusammenhang muss darauf verwiesen werden, dass es etwa bei der Novellierung der NS-Angelegenheit heute, im Jahr 2001, unzulässig ist, wenn aus politisch verantwortlichem Munde Formen der Verharmlosung der NS-Zeit kommen und wenn dazu geschwiegen wird. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Sie meinen wahrscheinlich Rieder!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist im Jahr 2001 auch unzulässig, wenn man dazu schweigt, dass Oppositionelle, Kritiker und Journalisten erstens kriminalisiert werden und zweitens Vorschläge kommen, die Oppositionelle und Journalisten mit Haftstrafe bedrohen. Ein Bundeskanzler – und ich nenne diesmal einen Namen, es gibt einen –, der dazu schweigt, stimmt zu, ein Bundeskanzler, der untertaucht statt Stellung zu beziehen, macht sich mitverantwortlich. Und das hat sehr viel mit dem Sicherheitsbericht 1999/2000 und 2001 zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kollegen! Da ich leider nicht erwarten kann, dass die Kollegen der ÖVP und der FPÖ auf die Frage der frauenpolitischen Relevanz der Sicherheitspolitik der Vergangenheit eingehen werden (Bundesrat Mag. Himmer: Wer sagt das?)  – wenn Sie mir das versprechen, dann kann ich es Ihnen schenken –, möchte ich zwei, drei Aspekte davon beleuchten.


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Es ist bis 1999 tatsächlich ein ganz geringer Rückgang im Bereich der Gewalt gegen Frauen und Kinder zu verzeichnen. Das hat aber etwas zu tun mit Maßnahmen, die von der damaligen Regierung ganz bewusst gesetzt wurden (Bundesrat Ing. Gruber: Oho!), Maßnahmen, die mir damals zu wenig waren und auch heute noch zu wenig sind. (Bundesrat Ing. Gruber: Oho!) Aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es muss uns nachdenklich stimmen – wenn Herr Bundesrat Gruber aus meinem Bundesland Kärnten permanent "Oho!" dazwischenruft (Bundesrat Ing. Gruber: Oho!), dann muss ich hier feststellen, es muss auch Bundesrat Gruber nachdenklich stimmen –, dass zwischen 73 Prozent und 98 Prozent der Betroffenen von Gewaltdelikten und Gewalttaten Frauen und Mädchen sind.

Herr Kollege Gruber! Das ist nicht lächerlich, das ist ein Faktum, das auch für diese Regierung ein politischer Auftrag sein muss, ein politischer Auftrag, auf Bewusstseinsebene, auf gesetzlicher Ebene und auch in der sprachlichen Unkultur der Politik Maßnahmen zu ergreifen. Heute wird schon wieder davon gesprochen, dass es – ich zitiere jetzt – "eh nicht so schlecht ist, dem Kind ein bissel eine Watschn zu geben" – Zitatende –, und ein Politiker, der dieser Haltung das Wort redet, trägt zur Gewalt in der Gesellschaft massiv bei und legalisiert damit auch Gewaltangriffe und Übergriffe.

Herr Kollege Gruber! Es ist überhaupt nicht lächerlich (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Gruber )  – ich mache Sie einmal betroffen, denken Sie, dass, wenn ich von Frauen und Mädchen spreche, Ihre Tochter gemeint ist (Bundesrat Ing. Gruber: Ich habe nur Söhne!) auch Ihr Sohn könnte gemeint sein, auch bei sexuellen Misshandlungen, auch bei Gewalttaten könnte Ihr Sohn Betroffener sein –, dass von 690 erwiesenen Fällen von sexuellem Missbrauch, bei denen es auch zu einer Verurteilung kam, 535 Fälle Frauen und Mädchen betreffen, die vergewaltigt wurden, die Opfer wurden. Diese Zahl widerspiegelt aber bei weitem nicht das, was in der Vergangenheit und heute zunehmend tabuisiert und verharmlost wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Sicherheitsbericht muss Anlass sein, positive Tendenzen und Ansätze, die in der Vergangenheit für eine gewaltfreiere Gesellschaft in jeder Hinsicht gesetzt wurden, fortzusetzen und auszubauen. Mit solch genannten Sparmaßnahmen darf nicht dort begonnen werden, wo es diese positiven Ansätze gibt, weil das im Verhältnis zu dem, was Gewalt kostet, was auch männliche Gewalt kostet, ohnehin nur minimale Budgetbeträge sind. Das Wichtigste der Sicherheitspolitik und der Politik insgesamt – da sind nicht nur der Innenminister und der Justizminister gefordert, sondern auch alle anderen – muss die Frage der Prävention, der Prävention vor Gewalt sein.

Politik kann nicht erst dort einsetzen, wo wir bereits die Täter und die Opfer haben. Daher fordere ich diese Bundesregierung auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen und bei ihrem so genannten Sparkurs nicht dort einzusparen, wo wir uns Gewalt und Gewalttaten ersparen könnten. Dieses Konzept wäre auch das volkswirtschaftlich teurere Konzept als das umgekehrte.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, jetzt auch bei Kollegen Gruber aus Kärnten vielleicht ein bisschen Verständnis geweckt zu haben für die betroffene Sprachlosigkeit, die in Wirklichkeit unter vielen Menschen, auch unter Männern, angesichts dieser Daten, dass Frauen und Mädchen zu 90 Prozent die Opfer sind, entstanden ist. Wenn Sie mir dann entgegnen, dass Frauen auch Täterinnen sind, dann sage ich Ihnen: Ja, aber schauen Sie sich die Prozentzahlen an! All das hat etwas mit ökonomischer Ungleichheit zu tun, es hat etwas mit Machtungleichheit und mit dem gesellschaftlichen Klima zu tun.

Sie werden jetzt verstehen, warum Frauen und auch partnerschaftlich denkende Männer damals mehr als betroffen und auch entsetzt waren, als Frauenminister Herbert Haupt es sich zur ersten Angelegenheit gemacht hat, ein Männerministerium ohne Inhalt einzurichten. Das war blanker Zynismus, wobei ich sage, dass Männerberatungsstellen, partnerschaftliche Arbeit, Mediation, Männerberatung sehr dringend notwendig sind, aber nicht im zynischen Sinn, wie diese Männerabteilung politisch eingesetzt wurde, sondern im ernsthaftesten Sinn.


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In diesem Sinne danke ich dem nicht mehr amtierenden Vorgänger des Innenministers, Karl Schlögl, und auch dem Vorvorgänger des Justizministers. Ich habe sehr wohl bewiesen, dass ich weder eine rosarote noch eine anders gefärbte Brille trage. Das heißt, es gab auch Dinge, die zu wenig offensiv angegangen wurden. Aber an diese Regierung habe ich die Aufforderung, die ganz konkrete Aufforderung, niemals dort zu sparen, wo es um die Sicherheit von Leib und Leben geht, niemals bei dem Prinzip zu sparen, dass jeder Mensch, egal aus welcher Region, aus welchem Land – in Kärnten sind wir derzeit leider nicht vorbildlich, wir versuchen, Menschen aus anderen Ländern im Konflikt mit dem Innenministerium hin und herzuschieben –, ein Recht auf Freiheit und auf Unversehrtheit hat. – Ich danke für Ihre geteilte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

11.08

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute über den Sicherheitsbericht 1999 sprechen, so sitzt in meinen Augen eigentlich der falsche Minister hier. Rechtfertigen müsste sich der ehemalige SPÖ-Innenminister Schlögl, welcher zu diesem Zeitpunkt im Amt war.

Innenminister Strasser ist für diesen Sicherheitsbericht nicht verantwortlich zu machen. Es seien mir aber trotzdem ein paar Denkanstöße erlaubt, um in Zukunft so manches besser zu machen.

In den letzten Jahren wurde immer sehr stark – in vielen Fällen auch zu Recht – gegen Skinheads und andere gewaltbereite Gruppen vorgegangen. Der Eindruck, den die politisch Verantwortlichen erzeugen wollten, war: Alles was rechts ist, ist gefährlich! Ob berechtigt oder unberechtigt spielte keine Rolle. Erschreckend dabei war, dass gleichzeitig – ob bewusst oder auch unbewusst – vergessen wurde, ein Augenmerk auf die linksextreme Szene zu legen, welche sich im Untergrund wie ein Pilz bestens entwickeln konnte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was dabei herauskam, haben wir bei den wöchentlichen Donnerstag-Demonstrationen sowie bei der Opernball-Demo gesehen, bei denen die Gewalt kaum mehr Grenzen kannte: verletzte Polizisten, Sachbeschädigungen in Millionenhöhe an Polizeiautos und Ausrüstungsgegenständen sowie an Fahrzeugen Unbeteiligter und Gebäuden. Es gab aber auch Brandanschläge vor Wachzimmern, auf Privatfahrzeuge von Polizeibeamten, um nur einige dieser Taten der linksextremen Szene zu nennen. Sie sprechen eine deutliche Sprache.

Aber wen wundert es, wenn doch ein SPÖ-Jugendchef Kollross in einem Zeitungsinterview Polizisten als "Mörder" bezeichnet. Ich habe das hier. Am 15. 5. 2001 hat es geheißen: "Soldaten sind Mörder", und am 17. 5. 2001 hat derselbe Herr Jugendchef der SPÖ-Jugend "auch Polizisten sind Mörder" von sich verlauten lassen.

Ich glaube, das spricht eine deutliche Sprache. Das sagt ein nicht ganz kleiner Angehöriger einer Partei, welche sich in der derzeitigen Diskussion zu den Schließungen von Gendarmerieposten und Polizeiwachzimmern als Schutzengel der Gendarmen und Polizisten ausgeben möchte. Es fällt mir deshalb sehr schwer, daran zu glauben, dass es die SPÖ in dieser Angelegenheit ernst meint. Immerhin wurden im Jahre 1993 unter einem SPÖ-Innenminister ebenfalls zahlreiche Gendarmerieposten in Österreich geschlossen, dies aber ohne Widerstand der Genossen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das stimmt ja nicht!) – Na, das ist so! Ihre Haltung ist für mich deshalb nur sehr schwer glaubwürdig, meine Damen und Herren der SPÖ, und ich vermute, sie ist auch nicht ganz ehrlich.

Nun habe ich auch schon den Bogen zu einem Problem der letzten Wochen und Monate gespannt. Herr Minister Strasser! Es ist mir klar, dass der Staat überall sparen muss und auch das Innenministerium davon nicht ausgenommen werden kann, doch glaube ich, dass bei den Zentralstellen – das haben Sie zwar heute gut erklärt, ich habe das sehr positiv vernommen, doch bisher ist das leider noch nicht geschehen – mehr als bei den Posten auf dem Land


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gespart werden hätte sollen. Aber ich nehme an, das kommt jetzt. In dem Fall bin ich schon zufrieden gestellt.

Gestern haben Sie die Gendarmerieposten meines Bundeslandes Vorarlberg bekannt gegeben, welche im Rahmen der Strukturreform geschlossen werden sollen. Obwohl es mir lieber gewesen wäre, dass kein Posten in Vorarlberg geschlossen wird, kann ich mit diesem Ergebnis gut leben, denn zwei Zusammenlegungen waren ohnehin schon längst beschlossen und auch von den Beamten akzeptiert. Die eine halbe Schließung des GP Warth kann, so glaube ich, mit Zähneknirschen hingenommen werden. Aber ich werde auch die Schließung – da haben Sie mich persönlich getroffen, ich weiß nicht, ob das Absicht war oder nicht (Heiterkeit bei den Freiheitlichen)  – der Bezirksleitstelle Bregenz zur Kenntnis nehmen. Ich stehe also jetzt ohne Posten da. (Bundesrat Grissemann: Ein Glück, dass du Bundesrat bist!)

Ich bin froh, Herr Minister, dass Sie hier Vernunft walten ließen und von den einige Zeit im Ministerium kursierenden Papieren die Finger gelassen haben. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft so bleibt. Vorarlberg war bei der Exekutive immer als sparsam bekannt. Nun haben Sie dieser Sparsamkeit Rechnung getragen. Die ganze Euphorie sollte uns aber trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass im dauernd unterbesetzten Bundesland Vorarlberg immerhin – Sie sagen, Sie kennen die Zahl nicht genau, aber ich habe diesbezüglich Informationen – 30 Planstellen von Gendarmeriebeamten eingespart werden sollen, was meine Euphorie wieder etwas dämpft.

Die Verunsicherung in der Exekutive war äußerst groß. Ich will hier keine Schuldzuweisungen machen, wer dafür verantwortlich war, aber die Beamten waren frustriert. Helfen Sie mit, Herr Minister, dass diese Exekutivbeamten Freund und Helfer und nicht Frustrierte und Angespeiste sind, denn gute und motivierte Beamte braucht dieses Land – in Zukunft mehr denn je!

Jetzt möchte ich wieder zum Sicherheitsbericht zurückkommen. Ein Kriminalitätszuwachs von österreichweit 2,8 Prozent und sogar 10,2 Prozent in Vorarlberg sprechen eine deutliche Sprache. Die Aufklärungsquote war mit 51,5 Prozent leicht ansteigend, wobei mich besonders freut, dass mein Bundesland Vorarlberg trotz dauernder akuter Personalnot mit 61,7 Prozent – wie auch in den letzten fünf Jahren – die höchste Aufklärungsquote hatte. Dafür möchte ich mich bei allen, die bei der Klärung dieser Straftaten mitgeholfen haben, an dieser Stelle recht herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auffallend in diesem Sicherheitsbericht ist aber auch, dass die Ausländerkriminalität, die Suchtgiftkriminalität und die Jugendkriminalität gestiegen sind. Gibt es hier etwa Zusammenhänge? Lesen Sie die Zeitung! Sie werden belehrt werden. Für diese Probleme, welche auf unser Land in den nächsten Jahren – vielleicht schon Wochen, wenn ich da an Salzburg denke – zukommen werden, benötigen wir eine gut ausgebildete, gut ausgerüstete und gut motivierte Exekutive. Ich wünsche, Herr Minister, dass die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung, aber auch der Exekutivbeamten bei Ihnen in guten Händen sind. Denn nicht Polizisten sind Mörder, sondern immer öfter Mordopfer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

11.17

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Es ist schön, dass wir zumindest im Bundesrat die Gelegenheit haben, einen Sicherheitsbericht zu debattieren; im Nationalrat war das nicht möglich.

Dieser Sicherheitsbericht 1999 übergibt der neuen Regierung und dem neuen Minister einen Sicherheitsstandard, dass man sagen kann, Österreich ist ein sicheres Land. Aller Propaganda in Wahlkämpfen zum Trotz zeigt dieser Sicherheitsbericht eine positive Situation der inneren Sicherheit in Österreich auf.


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Interessant dabei ist Folgendes: Die größte Gefährdung geht nicht von der Kriminalität aus, sondern nach wie vor geht die größte Gefährdung für Leib und Leben vom Straßenverkehr aus: 963 Tote, 51 000 Verletzte durch den Straßenverkehr, wobei hier positiv anzumerken ist, dass die Todesrate im Straßenverkehr 1999 seit 1952 noch nie so niedrig war.

Vergleichen wir diese Zahlen mit Morden und Körperverletzung, so stehen 963 Toten im Straßenverkehr 159 Morde, 15 Körperverletzungen mit tödlichem Ausgang, 22 mit Langzeitfolgen und 179 Körperverletzungen, die absichtlich herbeigeführt wurden, gegenüber.

Polizei-, Gendarmerie- und Kriminalbeamten stellt dieser Sicherheitsbericht ein weiteres gutes Zeugnis aus: Wir haben eine Aufklärungsquote von 93 beziehungsweise 91 Prozent. Das heißt, in Österreich ist es nicht gefährlich, nachts alleine durch die Städte zu gehen, sondern nach wie vor bedarf es entschiedener Maßnahmen im Straßenverkehr.

Die ständige Panikmache, wie gerade zum Beispiel im Wiener Wahlkampf, schädigt eigentlich das Ansehen der Polizei, denn ihre Arbeit, die dieser Sicherheitsbericht in einer besonderen Weise belobigt, wird dadurch heruntergemacht.

Aber was gefährdet die Sicherheit in Österreich? – Das ist der zunehmende Sozialabbau. Sozialabbau und die Frage der inneren Sicherheit sind eng miteinander verbunden. Je mehr Menschen unter die Armutsgrenze rutschen, umso stärker werden natürlich auch Fragen der Kriminalität relevant. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine weitere Gefährdung der Sicherheit stellt natürlich auch die mangelnde Integration dar, mangelnde Integration bestimmter Personengruppen und natürlich auch die mangelnde Integration von Bürgern mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft. Somit ist jeder Sicherheitsbericht auch ein Bericht über die soziale Situation und ein Gradmesser der sozialen Situation in einem Staat.

Deshalb verstehe ich die Diskussion noch weniger, die diese Bundesregierung derzeit in Fragen der Familienzusammenführung führt. Gerade, wenn ich als Innenminister darauf bedacht bin, einen hohen Standard an innerer Sicherheit zu haben, dann muss ich doch alles unternehmen, dass es zur Familienzusammenführung kommt, dass die Familienzusammenführung endlich aus der Quotenregelung herausgenommen wird, dass es keine Massenquartiere mehr gibt, die natürlich Kleinkriminalität fördern, dass wir diese menschenunwürdige Situation beseitigen. Gerade was die Familienzusammenführung anlangt, ist Österreich mittlerweile in der EU schon einsames Schlusslicht.

Zur Politik des Innenministeriums unter neuer Ressortführung: Dem Innenminister gebührt ein Lob dafür, dass er ein Projekt angegangen ist, bei den Sicherheitskräften, bei den Exekutivbeamten zu differenzieren. Wir brauchen nicht für alle Bereiche den allgemein ausgebildeten Exekutivbeamten, sondern wir haben ganz spezifische Probleme. Wir haben die Wirtschaftskriminalität, die eigene Beamte benötigt, wir haben die Suchtgiftkriminalität. Auch diesbezüglich bemerke ich einen Paradigmenwechsel, wonach Suchgiftkriminalität künftig sehr wohl auch als eine Frage von Hilfe für Kranke gesehen wird und eine klare Verfolgung des Handels vollzogen wird.

Wichtig sind meiner Meinung nach – da werden wir dann noch zu einem eigenen Punkt kommen – die Arbeitsverhältnisse der Exekutivbeamten. Die Exekutivbeamten sind meiner Meinung nach nach wie vor völlig überarbeitet und haben völlig unzumutbare Arbeitsverhältnisse, etwa den berühmten "Radldienst". Das führt natürlich dazu, dass es eine ganze Reihe schwarzer Schafe gibt und auch zu einer ganzen Reihe von Übergriffen kommt.

Wenn wir die Statistik 1999 hernehmen, so haben wir im Bereich der Polizei 325 Beschwerden wegen unberechtigter Gewaltausübung der Exekutive und 43 bei der Gendarmerie – die Gendarmerie hat, da bevölkerungsnäher, traditionell immer bessere Zahlen –, Anzeigen gegen Beamte wegen unzulässiger Gewaltanwendung gab es 334 bei der Polizei und 59 bei der Gendarmerie.


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Wenn wir aber jetzt das Kapitel der Verurteilungen ansehen, dann fällt natürlich auf, dass das in gar keinem Verhältnis steht. Über 300 Beschwerden, über 300 Anzeigen stehen vier Verurteilungen bei der Polizei und zwei bei der Gendarmerie gegenüber. Es wird also notwendig sein, sich von Seiten der Polizei, von Seiten des Innenministeriums, von Seiten der Exekutive offener diesem Problem zu stellen, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Denn die Zahlen, Herr Minister, sind über all die Jahre unverhältnismäßig hoch. Seit 1994 haben wir immer weit über 300 solcher Fälle.

Wichtig ist das Vertrauensverhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung. Wir haben heute – und deshalb ist es auch wichtig, dass hier im Bundesrat diskutiert wird – die Diskussion über die Gendarmeriepostenschließungen, über die Reform. Ich kann die Reformansätze verstehen, aber es muss natürlich auch bedacht werden, dass gerade das Vertrauensverhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung und vor allem die ländliche Region mit ihrem subjektiven Schutzbedürfnis nicht einem kompletten Kahlschlag zum Opfer fallen.

Wenn ich mir hier die verschiedensten Resolutionen anschaue, so stelle ich fest, dass sie immer von allen Parteien unterschrieben sind. Die Protestresolution der Marktgemeinde Königswiesen ist unterschrieben von ÖVP, SPÖ, FPÖ und den Unabhängigen; jene des Gemeindeamtes Bierbach ist wieder unterschrieben von SPÖ, ÖVP, FPÖ; Hollabrunn und und und. Sie alle kennen das.

Besonders interessant ist natürlich, dass der Herr Minister heute gesagt hat, er hat mit der Steiermark eine Einigung erzielt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Strasser. ) Steiermark haben Sie, so glaube ich, gesagt, o ja, zumindest habe ich es der APA entnommen, dass Sie mit der Steiermark eine Einigung erzielt haben. Hier möchte ich schon besonders auf die Situation des Gendarmeriekommandos Graz-Umgebung verweisen. Da herrscht eine wirklich angespannte Situation: Es gibt 181 Beamte – in Wirklichkeit sind es 165 Beamte –, die auch noch den Flughafen haben, über 140 000 Einwohner, es ist mit einer Zunahme der verschiedensten Delikte um bis zu 61 Prozent zu rechen, und es erfolgt eine Einsparung von weiteren 15 Planstellen. Für den Bereich Graz-Umgebung scheint mir also ein besonderer Handlungsbedarf gegeben zu sein.

Mein Vorredner hat versucht – jetzt ist er draußen (Bundesrat Dr. Nittmann: Er sitzt hinter Ihnen!)  –, Rechtsextremismus zu verniedlichen und zu sagen, dass immer versucht wurde, auf den Linksextremismus ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Sie sind auf dem linken Ohr taub, Herr Kollege!) Ich bin auf keinem Ohr taub. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie sind jetzt in der Regierung, und es gibt einen Bericht dieser Regierung, den wir hier hinzuziehen müssen und den schon der Herr Innenminister zu verantworten hat. Es ist dies der Bericht über die Lage des Rechtsextremismus in Österreich, ein Bericht des Herrn Ministers Strasser. (Der Redner hält den Bericht in die Höhe.)

Daraus möchte ich nur einige Punkte anführen: Die nationalen und internationalen Vertreter machten sich in Österreich zunehmend bemerkbar. Die Vernetzung Österreich – Deutschland führt zu einer nachhaltigen Beeinflussung der rechtsextremistischen Szene. Das Innenministerium erwartet steigende Aggression und Agitation in Österreich, insbesondere in Westösterreich. – Der Kollege ist ja aus Vorarlberg.

Das Innenministerium nennt dazu auch einige Organisationen wie die Partei Neue Ordnung im Burgenland, die Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik, Steiermark, Wien, die Skinhead-Gruppe "Blood and Honour", das Kulturwerk Österreich, Landesgruppe Kärnten.

Interessant zu lesen ist in diesem Bericht, dass beim 80. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung SS-Fahnen mit dem SS-Leitspruch sichergestellt und beschlagnahmt wurden, dass bei der Ulrichsberg-Feier der Kameradschaft IV seitens des Innenministeriums Anzeige wegen Verherrlichung der NS-Zeit erstattet wurde, dass rechtsextremistische deutsche Organisationen zur Teilnahme am Ulrichsberg-Treffen aufgerufen haben, dass zum Beispiel in Gröbming in der Steiermark am 7. 10. des letzten Jahres ein Treffen der SS-Division "Das Reich" stattgefunden hat und dass in Niederösterreich die Skinhead-Band "Jungs der Heimat" zerschlagen wurde.


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Dieser Bericht – das ist jetzt besonders interessant – listet auch einige Druckwerke auf: "Aula", "Phönix", "Halt!" und – sehr interessant – die Zeitung, die Sie wahrscheinlich kennen, die Wochenzeitschrift "Zur Zeit", bei der es Verdacht auf Wiederbetätigung gibt und von der die Existenz von Gaskammern und 6 Millionen NS-Opfer in Frage gestellt wurden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Kommen wir noch zu einzelnen Punkten des Sicherheitsberichtes: Besonders interessant ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. ) – Super! (Bundesrat Dr. Nittmann: Sie können sich das nicht nur nicht vorstellen, Sie argumentieren auch einseitig!) Deshalb habe ich den Innenminister gefragt, wie behutsam er bezüglich Salzburg vorgehen wird. Ein sehr logischer Zwischenruf. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch auf drei Punkte dieses Berichtes eingehen:

Erster Punkt: das Waffenwesen. 34 Prozent der Morde wurden mit Waffen begangen, der Großteil davon mit Schusswaffen aus dem Familienbereich. Das ist ungefähr so wie das, was Frau Bundesrätin Trunk bezüglich der sexuellen Übergriffen gesagt hat, die es auch immer wieder in der Nähe des Familienkreises gibt. Ich frage Sie, Herr Innenminister: Sind Sie bereit, jahrelange Initiativen, die auf Grund grauenhafter Vorkommnisse gesetzt werden, zu berücksichtigen? Zwei Frauen in Österreich – eine davon hat ihre Mutter verloren, auf die zweite wurde im Linzer Gericht ein Anschlag verübt – versuchen, seit Jahren unermüdlich eine Verschärfung des Privatwaffengesetzes in Richtung eines Verbotes von Waffen in privaten Haushalten zu erreichen. Werden Sie angesichts der Zahlen, dass 34 Prozent der Morde in Österreich mit Schusswaffen aus dem Familienbereich begangen wurden, schärfere Maßnahmen setzen – ja oder nein?

Der Bericht weist im Kapitel zur Ausländerkriminalität – da hat der Kollege Recht – einen naturgemäß höheren Anteil auf. Aber woran liegt das? – Österreich ist eine Tourismusregion, und natürlich ist dort, wo Tourismus ist, wo sehr viele Gäste in unserem Land sind, diese Kriminalität höher. (Bundesrat Dr. Böhm: Die Touristen?) Warten Sie einmal! (Bundesrat Dr. Nittmann: Blanker Unsinn!) Warten Sie, warten Sie einmal! (Bundesrat Dr. Böhm: Kriminaltouristen!)

Haben Sie den Bericht gelesen? Haben Sie den Bericht gelesen? – Dann müssen Sie wissen, dass zum Beispiel in Tirol die deutschen Tatverdächtigen die erste Stelle einnehmen. (Bundesrat Dr. Böhm: Die Urlauber? – Bundesrat Dr. Nittmann: Sie können einen Urlaubertouristen nicht von einem Kriminaltouristen unterscheiden!)

Weiters steht in dem Bericht, dass zum Beispiel in Wien die Kriminalitätszahlen im 1. Bezirk am höchsten sind. Das hat natürlich etwas mit der Tourismussituation zu tun. (Bundesrat Dr. Nittmann: Blanker Unsinn seriös vorgetragen!)

Zweiter Punkt: organisierte Kriminalität. Laut Sicherheitsbericht beträgt der Anteil der organisierten Kriminalität zwischen 30 und 35 Prozent. (Bundesrätin Haunschmid: Da gehört die organisierte Kriminalität der SPÖ und der Grünen auch dazu! – Rufe bei der SPÖ: Was? Was war das? – Bundesrat Freiberger: Das ist eine Frechheit! Wenn das keine Entschuldigung wird, dann weiß ich nicht!)

Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Ich wiederhole: Laut Sicherheitsbericht 1999 (Bundesrat Freiberger: Herr Präsident! Gibt das keinen Ordnungsruf? Das ist unerhört!) beträgt der Anteil der organisierten Kriminalität an der Gesamtkriminalität 30 bis 35 Prozent. Meine Frage an den geschätzten Innenminister ist: Woraus ergibt sich diese Schätzung? – Es ist dem Bericht nicht zu entnehmen, wie man auf diese Schätzung kommt. Sind etwa auf Grund des Straftatbestandes nach § 278a StGB Anzeigen und Verurteilungen erfolgt? – Das ist aber diesem Bericht nicht zu entnehmen.


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Bei der organisierten Kriminalität möchte ich speziell auf einen Punkt, den wachsenden Frauenhandel nach Österreich verweisen. Dieser neuen Form der Sklaverei, vor allem in den Sex-Jobs, ist konsequent zu begegnen. Wir haben heute wegen Frauenhandel und Sklaverei schon rund 100 Anzeigen im Jahr mit fast ähnlich hohen Verurteilungen, und die Dunkelziffer in diesem Bereich – auch das ist eine Form organisierter Kriminalität – ist enorm hoch. Das wird uns der Herr Innenminister sagen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Sie behaupten es einmal!)

Es hat schon der Justizminister dazu Stellung genommen und das angedeutet. Wir alle werden die Ausführungen des Herrn Innenministers hören. Er kennt die Zahlen, auch die Dunkelziffer-Schätzung. Wir wissen zum Beispiel auch, dass es in Wien 500 angemeldete Prostituierte gibt, die Dunkelziffer sich aber bei 5 000 bewegt. Sie können sich in etwa einen Reim darauf machen, wie weit der Frauenhandel dazu beiträgt, dass es zu solchen Dunkelziffern kommt.

Zum Schluss kommend: Seit mehr als drei Jahren warten wir auf eine Klärung im Fall Omofuma. Ich denke, für die österreichische Öffentlichkeit, für alle, die dieser Fall sehr bewegt hat, und auch für die Innensicht und für das Innenverhältnis der Justiz und der Sicherheitsbehörden ist es wichtig, dass jetzt nicht nur Beamte wieder in den Dienst gestellt werden, sondern dass es endlich zu einer Klärung seitens der Behörden, der Gerichte, kommt, dass auf Grund dessen, was uns von Seiten des "Kärntner Staatsanwalts" geboten wird, von der Bundesregierung eine Erklärung mit klaren Maßnahmen erfolgt, damit Menschen, die in Gewahrsam österreichischer Exekutivkräfte sind, so etwas nie wieder passiert. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Geschäftsordnung das Wort wünscht Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte sehr.

11.36

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche Sie, in Wahrung Ihrer Vorsitzführung die Aussage der Kollegin Bundesrätin Haunschmid zu verifizieren, die – ich zitiere – von der "organisierten Kriminalität der SPÖ und der Grünen" gesprochen hat. Man möge zu diesem Behufe bitte das Protokoll zu Hand nehmen.

11.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich schließe nicht aus, dass auf Grund der räumlichen Nähe das zu hören war, was ich nicht gehört habe. Ich bitte, den Sachverhalt festzustellen.

Am Wort ist Herr Bundesrat Alfred Schöls. – Bitte.

11.37

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen zum Sicherheitsbericht für das Jahr 1999 nicht nur jenen Damen und Herren, die für den statistischen Teil in den beiden Ministerien zuständig sind, danken – der Sicherheitsbericht umfasst das Bundesministerium für Inneres und das Bundesministerium für Justiz –, sondern vor allem jenen Kolleginnen und Kollegen ein herzliches Danke sagen, die vor Ort, draußen, dafür verantwortlich sind, dass wir allesamt in einem Land leben können, das zu Recht als ein sicheres Land bezeichnet wird.

Wenn wir uns die verschiedensten Vorkommnisse, die immer wieder passieren, anschauen, so merken wir auch, wie berechtigt beispielsweise die Unnachgiebigkeit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst ist, wenn wir im Dienstrecht für die Öffentlich Bediensteten gewisse Schutzfunktionen behaupten. Ohne jetzt das Thema verfehlen zu wollen: Ich hoffe, dass wir die Frau Vizekanzlerin dazu bewegen können, dass es in der Frage des § 13c zu einer vernünftigen und vertretbaren Regelung für die Bediensteten kommt. Kollege Schennach hat zu Recht die "Unkultur des Sich-nicht-richtig-Verhaltens im Straßenverkehr", die alle Verkehrsteilnehmer betrifft, angesprochen, aber mir tun natürlich besonders jene Exekutivbeamten Leid, die im Dienst verunfallen, zum Teil tödlich verunfallen.


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Ich möchte, weil die Frage noch nicht geklärt ist, nur darauf hinweisen, wie rasch öffentlich Bedienstete von der Öffentlichkeit abgeurteilt werden. Ich denke jetzt nur an die Kampagne, die im Zusammenhang mit der Justizanstalt Stein geführt wird. Man versucht, Dinge so darzustellen, wie sie nicht sind. Man muss immer die Gesamtheit sehen, denn jemand, der in ausländischen Terroristenlagern zum Morden von Menschen ausgebildet wurde und dann in Stein einsitzt, kann mit gutem Zureden und vielleicht mit der Drohung, dass der Kaugummi entzogen wird, nicht wieder in die Normalität zurückgeführt werden. Das ist hoffentlich jedem vernünftig denkenden Menschen klar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte im Zusammenhang mit der Diskussion zum Sicherheitsbericht auch jenen Damen und Herren ein aufrichtiges Danke sagen, die sich schon seit langem in die Bürgergesellschaft unserer Republik einbringen und als Freiwillige in den verschiedensten Organisationen tätig sind und wirklich um Gottes Lohn viel Freizeit investieren, um ihren Beitrag für diese Gesellschaft zu leisten.

Jetzt ein paar Punkte direkt zum Sicherheitsbericht: Ich muss sagen, mich wundert schon ein bisschen die Positionierung der Kollegin Trunk und einiger anderer, die hier die Daten – dass sie so lange zurückliegen und in vielen Bereichen nicht diskutiert werden – angesprochen haben. Das ist eben die Qualität des Berichtes, wobei ich kein Hehl daraus mache, dass es nicht unbedingt ein Ruhmesblatt ist, dass wir den Sicherheitsbericht 1999 erst jetzt diskutieren, aber das liegt teilweise ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Ich habe das nie formuliert, weder direkt noch indirekt! – Bundesrat Gasteiger: Ihr werdet immer schlimmer!)

Liebe Frau Kollegin Trunk! Meine Ausführung auf Sie bezogen war, dass Kollege Missethon kritisiert worden ist, dass er nicht auf die Daten des Sicherheitsberichts eingegangen ist. Das habe ich damit gemeint. Die Kritik, die gekommen ist, die es auch schon im Ausschuss gab, dass der Sicherheitsbericht so spät diskutiert wird, ist nicht von Ihnen gekommen. – Das sei der Ordnung halber festgestellt. Ich habe gesagt: die Kollegin Trunk und andere, also ich habe nicht nur Sie persönlich angesprochen, Frau Kollegin! (Bundesrat Marizzi: Ihr glaubt, ihr könnt alles machen!)

Das ist, glaube ich, etwas, was uns auch von den Aussagen des Kollegen Schennach und anderer in der Diskussion zum Sicherheitsbericht unterscheidet. In Wortmeldungen zum Sicherheitsbericht 1999 wird jetzt schon versucht, die Alltagspolitik des Innenministeriums einzubinden. – Das habe ich gemeint. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist ja der Sinn eines Berichts!) Im Sicherheitsbericht geht es um qualifizierte Zahlen, und diese sind zu diskutieren.

Wir können auch die Frage des Strukturkonzeptes bei der Gendarmerie diskutieren, aber bitte nicht im Zusammenhang mit dem Sicherheitsbericht 1999! Da werden teilweise Vermutungen aufgestellt, die parteipolitisch motiviert sind – was ich durchaus einsehe, weil ich es auch so mache –, die aber mit dem Sicherheitsbericht 1999 nichts zu tun haben.

Daher möchte ich das vielleicht ein bisschen zweigeteilt sehen und sagen: Im Bereich der inneren Sicherheit hat man – trotz eines Innenministers Schlögl – zu dieser Zeit in diesem Ressort recht gut gearbeitet. Wir können allesamt stolz auf die Daten sein. (Bundesrat Gasteiger: Was heißt "trotz"?)

Wenn ich sage, trotz eines Innenministers Schlögl, so hat das natürlich einen realen Hintergrund. Ich erinnere mich noch an die Diskussionen, die wir auch in diesem Haus geführt haben, als es darum gegangen ist, die Grenzsicherung auch der Gendarmerie zu übertragen. Die ÖVP musste auf den verschiedensten Ebenen sehr viele Initiativen setzen, um den seinerzeitigen verantwortlichen Innenminister Schlögl endlich dazu zu bringen, die Grenzsicherung auch auf das österreichische Bundesheer zu übertragen. Daher nehmen wir auch die Zahlen im Zusammenhang mit der Schlepperei und der organisierten Kriminalität, die der Sicherheitsbericht 1999 ausweist, erfreut zur Kenntnis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dieser Sicherheitsbericht 1999 zeigt auch die Trends der Sicherheitspolitik für die kommenden Jahre auf. Ich bin daher froh darüber, dass unter der Ministerschaft des Ernst Strasser, der sehr ernst an die Dinge herangeht, genau jene


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Punkte, die im Sicherheitsbericht 1999 als die entscheidenden Punkte angesprochen sind – die Frage der Drogenkriminalität, die Frage der organisierten Kriminalität –, mit entsprechendem Ernst betrieben werden und dass entsprechende Strukturen geschaffen beziehungsweise die vorhandenen Strukturen nachgeschärft werden, damit wir diese neuen Herausforderungen, die gar nicht mehr so neu sind, auch entsprechend bewältigen können.

Kollege Schennach! Zur Frage des Waffengebrauchs: Das ist eine uralte Diskussion, die wir hier führen, aber wenn wir die Statistik zitieren, die zu Recht zu hohe Zahlen ausweist, damit keine Missverständnisse entstehen, dann kann ich nur sagen: Jeder, der durch eine Schusswaffe zu Tode kommt oder verletzt wird, ist genau um diesen einen zu viel. Aber die Statistik sagt auch aus, dass es sich dabei nicht um Personen handelt, die im Besitz eines Waffenpasses sind oder die eine Legitimation haben, die Waffen zu führen, sondern vielmehr um Personen, die illegal zu den Waffen kommen. Es wird uns aber sicherlich nicht gelingen – so sehr das zu begrüßen wäre –, dem mit legistischen Maßnahmen zu begegnen.

Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, aber ich denke da beispielsweise an die Herabsetzung der Alkoholgrenze, da zeigt sich genau dasselbe Problem. Wir können darüber diskutieren, die Grenze von 0,8 Promille auf 0,5 Promille herabzusetzen – ich bekenne mich durchaus zu der 0,5-Promille-Grenze –, aber wir sind machtlos, wenn wir dann feststellen müssen, dass die Verkehrsrowdys mit mehr als 1,8 oder mehr als 2 Promille Unfälle verursachen. Genauso verhält es sich beim Waffengesetz. Wir können zusätzliche Vorschriften einführen, aber wenn sich jemand zu Unrecht eine Waffe besorgt, dann können wir das nicht verhindern.

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Es wurde eigentlich von allen Fraktionen gesagt, dass der Sicherheitsbericht für das Jahr 1999 ein guter Sicherheitsbericht ist und daher zur Kenntnis genommen wird. Das gilt auch für meine Fraktion.

Ich bin zuversichtlich, dass diese Bundesregierung in ihrer Gesamtheit auch in Zukunft die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen wird, dass sie durch eine ausgewogene und eine gerechte Sozialpolitik, durch eine vernünftige und gerechte Gesundheitspolitik auch die äußeren Rahmenbedingungen dafür schafft, dass Menschen nicht in die Kriminalität gedrängt werden. In diesem Sinne werden wir diesen Sicherheitsbericht auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteilte ich Herrn Bundesrat Manfred Gruber das Wort. – Bitte.

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Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mit Kollegen Schöls einer Meinung: Es ist dies ein guter Bericht – darin gibt es breite Übereinstimmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Missethon! Du hast ein Interview mit einer Journalistin im Gasthaus zitiert. Das war hochinteressant! Als Bürgermeister kommt man in sehr viele Gasthäuser – Kollege Bieringer weiß das –, man kommt auch an sehr vielen Stammtischen vorbei, man hat diese Volksnähe, und ich könnte und möchte deine Aussagen bis zu einem gewissen Grad bestätigen. Tatsache ist: Wenn jemand mehr als drei Krügerl Bier getrunken hat, dann ist es ihm lieber, der nächste Gendarmerieposten ist 100 Kilometer entfernt als unmittelbar in der Nachbarstraße.

Es gibt aber beim Bürgermeister auch eine Sprechstunde – Herr Kollege Bieringer, du weißt das –, und dort zeigt sich dann die andere Seite: Es kommen allein stehende Frauen, die Angst haben, Kindererzieherinnen, die mit ihren Gatten, mit ihren Lebensgefährten Probleme haben, die dann am Abend in einem Ort, wo es keinen Gendarmerieposten gibt, das Telefon zur Hand nehmen, aber es läuft nur ein Tonband. – Das ist die andere Seite der Sicherheit, Herr Kollege Missethon! Über diese Seite sollten wir auch reden, diese Seite sollte in unserer Diskussion hier nicht untergehen. Ich wollte nur darauf hinweisen. Auch diese Seite sollte gehört werden, und gerade diese Seite bedarf unserer Unterstützung.


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Zum Sicherheitsrisiko, zu Aussendungen betreffend Sicherheit von FPÖ-Politikern möchte ich ganz einfach sagen: Ich war bei der letzten Bürgermeisterkonferenz im Pongau. Da in Salzburg 13 Posten geschlossen werden sollen, einige davon im Pongau, haben sich einige Kollegen Ihrer Partei – also Bürgermeister – in einer Form geäußert, die ich jetzt lieber nicht werten will; ich will nicht werten, ob das mit Sicherheitsrisiko etwas zu tun hat. Wenn sie dann dasselbe in ihren Gemeindezeitungen schreiben, dann würde ich das ungefähr auf dieselbe Ebene stellen, was Sie hier gesagt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war natürlich genauso wie Kollege Schennach etwas überrascht, als ich erfahren habe, dass dieser Sicherheitsbericht nicht die Ehre hatte, im Nationalratsplenum diskutiert zu werden, sondern dass dort mit Mehrheit beschlossen wurde, ihn im Innenausschuss endzuerledigen. Das "Enderledigen" hat einen nicht sehr guten Beigeschmack.

Für mich stellt sich hier die Frage: Wollte man einen guten Bericht – so weit man einen Sicherheitsbericht, bei dem es um Leben und Tod und einiges mehr geht, als gut bezeichnen kann – der Öffentlichkeit vorenthalten? – Es war ja "vor der Wende" alles sehr schlecht, und man hätte unter Umständen vor den Medien und in der Öffentlichkeit zugeben müssen, dass das doch ein relativ guter Bericht ist. Man weiß zwar, dass der Innenausschuss, wenn er Sachen enderledigt hat, Öffentlichkeit hat, dass die Medien kommen können, dass aber diese Entscheidungen relativ kurzfristig sind und die Öffentlichkeit dann meistens ausgeschlossen ist.

Darum freut es mich, dass hier im Bundesrat eine rege Diskussion zu diesem Bericht herrscht, wenn er auch zeitlich etwas überholt ist. Aber Daten und Fakten eines solchen Berichts haben zu jeder Zeit ihre Aussagekraft, man kann sie zu jeder Zeit deuten. Man weiß auch, wohin die Entwicklung geht und wohin wir uns bewegen.

Ich bin auch der Meinung, dass die Öffentlichkeit das Recht hat, über Berichte, wenn sie auch aus der Vergangenheit sind und mit Sicherheit zu tun haben, informiert zu werden, aufgeklärt zu werden, damit sie auch die Möglichkeit hat, zu beurteilen, was in diesem Land im Bereich der Sicherheit geschieht.

Ich möchte noch einmal betonen: Das Recht der Öffentlichkeit, zu erfahren, wie es um die österreichische Sicherheitspolitik steht, muss gewährt sein. Ich bin weiters der Meinung, dass die Öffentlichkeit auch ein Recht darauf hat, dass sich die politischen Parteien im Rahmen der Sicherheitspolitik artikulieren, ihre Vorstellungen kund tun, wie sie die Sicherheitspolitik in Österreich anlegen, wie sie die Sicherheitspolitik gestalten möchten.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass diese heutige Diskussion wahrscheinlich einigen im Nationalrat und auch hier im Bundesrat nicht ins Konzept passt, weil eben in diesem Bericht darüber geschrieben wurde, dass eine hohe Aufklärungsquote gegeben ist und dass die Anzahl der Gewaltverbrechen auf den Stand von 1953 zurückgegangen ist. Das passt vielleicht einigen nicht, weil in diesem Bericht dokumentiert wird, dass unser Land und unsere Bundeshauptstadt Wien weltweit zu den sichersten Ländern beziehungsweise zu den sichersten Städten gehören. Ich glaube, auch das muss einmal gesagt werden. Das ist ein Ergebnis einer Politik von einigen Jahren vorher, und auch das darf man und muss man hier sagen.

Dieser Sicherheitsbericht und die damit verbundenen Aussagen, Herr Bundesminister, würden für mich persönlich bedeuten, dass diese Art der Sicherheitspolitik, die zu relativ guten Ergebnissen geführt hat, weitergeführt werden kann. Natürlich ist nicht nur die Sicherheitspolitik für die guten Ergebnisse verantwortlich. Kollegin Trunk hat ausgeführt, dass das Thema Sicherheit, Gewaltbereitschaft auch im Bereich des Sozialen, auch im Bereich der Justiz behandelt werden muss, und wenn es dort einen entsprechenden Stellenwert findet, dann schlägt sich diese Politik letzten Endes auch in einem positiven Sicherheitsbericht über den Umgang der Menschen miteinander nieder.

Herr Bundesminister! Ich verstehe nicht – ich habe zwar Verständnis dafür, wenn Sie sagen, wir müssen sparen, wir müssen rationalisieren, die Kosten senken; ich habe für all das Verständnis –, warum man in Ihrem Ministerium eine derartige Organisationsveränderung, ja ich


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möchte fast sagen – seien Sie mir dafür bitte nicht böse –, eine Zerschlagung funktionierender Strukturen betreibt, die in den letzten Jahren letzten Endes diese Sicherheit in unserem Land gewährleistet haben. In der Öffentlichkeit entsteht meiner Meinung nach der Eindruck, dass Sie in Ihrem Ministerium gut funktionierende Strukturen zerschlagen, umfunktionieren. Ich frage mich: Warum, Herr Minister? – Aber das werden Sie dann vielleicht beantworten.

Dass die Sicherheit und deren Beurteilung relativ und das Sicherheitsempfinden der Menschen subjektiv sind, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Ich glaube, das ist unbestritten. Dass 32 000 Exekutivbeamte aus Ihrem Ministerium dazu beigetragen haben, dass sich die Menschen in diesem Land sicher fühlen, sollte auch gesagt werden. Bei dieser Gelegenheit sei den Beamten, die den Kopf hinhalten müssen, die vor Ort, "an der Front" stehen – unter Anführungszeichen; wir haben keinen Krieg, aber es sind trotzdem immer wieder kritische Situationen, in die diese Beamten geraten –, gedankt.

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrem Ministerium eine gute Mannschaft zur Verfügung. Ich bin schon darauf eingegangen, und das beweist auch dieser Bericht. Ich bin auch der Meinung, Sie können sich mit dieser guten Mannschaft den neuen Herausforderungen stellen und diese auch bewältigen. Was wir nicht verstehen, ist die Logik, die dahinter steckt, dass manche Gendarmerieposten zugesperrt werden sollen, wofür es keine Begründungen gibt.

Was wir ebenfalls nicht verstehen, ist die Personalpolitik, die gemacht wird. Es wird zwar immer wieder davon geredet, es werde eine rot-weiß-rote Personalpolitik gemacht. – Ich habe persönliche Erfahrungen gemacht, aber auch den Medien entnommen, dass dem nicht immer so sei! Wenn Kollege Kiss im Innenausschuss des Nationalrates erklärt, dass so quasi eine rot-weiß-rote Politik gemacht wird, dann weiß ich nicht, ob er nicht doch etwas mit Blindheit geschlagen ist oder nur durch die Parteibrille der ÖVP sieht. (Bundesrat Schöls: Dann wäre sie ja schwarz!)

Meine Damen und Herren! Ich brauche nur zu zitieren. Der Herr Minister hat in einer Aussage gegenüber einer Wochenzeitschrift erklärt, er hätte einen sozialdemokratischen Gemeinderat zu einem Postenkommandanten gemacht. Meine Hochachtung dafür! Wenn es so ist, dann soll es auch so sein – auch umgekehrt. Es gibt aber in der selben Zeitung eine Aussage eines Personalvertreters, der meint, er wäre schon 20 Jahre im Amt oder im Geschäft, und es habe immer Ministerweisungen gegeben – das ist unbestritten –, aber so massiv wie in Ihrer Zeit sei es noch nie gewesen.

Ich habe das der Zeitung entnommen. Sie wissen wahrscheinlich auch, wer diesen Vorwurf gemacht hat und werden dazu sicher etwas sagen.

Meine Damen und Herren! Sicherheit hat in unserem Land einen hohen Stellenwert, und in unserer Gesellschaft wird Sicherheit – damit sollte man nicht spielen, Herr Kollege Gruber, Herr Namenskollege – als hohes Gut angesehen. Und das gilt es zu erhalten! Sie als zuständiger Minister haben die Aufgabe und auch die Pflicht, diese Sicherheitspolitik in diesem Land transparent und für unsere Mitbürger erkennbar in allen Bereichen darzustellen. Das ist ein demokratisches Recht, und das ist ein demokratisches Verlangen, und dieses Verlangen von hier aus zu stellen muss erlaubt sein.

Herr Minister! Ich weiß, dass Sie für den Bericht nicht zuständig sind, aber wir werden diesem Sicherheitsbericht 1999, der es sich sicher verdient hätte, auch im Nationalratsplenum diskutiert und nicht nur im Innenausschuss enderledigt zu werden, unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid das Wort. – Bitte.

11.58

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich mich in aller Form bei den Kollegen der


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Sozialdemokratischen Partei und beim Herrn Kollegen der Grünen entschuldigen. Es ist eine emotionelle, unüberlegte, gar nicht gewollte Aussage gewesen. Ich wollte sagen: "organisierte Demonstrationen". Aber mich – ich muss das zu meiner Rechtfertigung ausführen – als Touristikerin hat es so in Rage gebracht, dass man mir auf den Kopf indirekt zusagt, dass die Ausländerkriminalität deshalb so hoch ist, weil wir so viele Touristen haben. Ich möchte mich nochmals in aller Form bei Ihnen entschuldigen. (Bundesrat Marizzi: Das schauen wir uns juristisch an! – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Es war so. Ich hoffe, dass Sie mich ein bisschen verstehen, dass ich da außer Kontrolle geraten bin, aber wir kämpfen Tag für Tag und sehr viele Nächte darum, dass Touristen nach Österreich kommen und auch gerne in Österreich bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist auch gleich, weil wir gerade dabei sind, etwas richtig zu stellen im Zusammenhang mit dem Sicherheitsbericht – der Sicherheitsbericht ist sehr gut gemacht, und dafür möchte ich namens meiner Fraktion Dank aussprechen –: Kollege Schennach hat sich auf die Fremdenkriminalität bezogen, dazu Folgendes: Bei den ermittelten fremden Tatverdächtigen, Herr Kollege Schennach, ist besonders der Anteil der jugoslawischen, türkischen, rumänischen und ungarischen Staatsangehörigen gestiegen. Die türkischen Staatsangehörigen weisen besonders hohe Anteile hinsichtlich der strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben auf, gefolgt von bosnischen und kroatischen Tatverdächtigen. Slowakische, polnische und ungarische Tatverdächtige weisen besonders hohe Anteile bei Delikten gegen fremdes Vermögen auf. Es gibt eine sehr hohe Zahl von Tatverdächtigen beim Diebstahl von Kraftwagen, das wissen wir. Bei der Schlepperei beträgt diese 70 Prozent, bei der Bandenbildung ebenfalls 70 Prozent und bei den Formen des Raubmordes, zum Beispiel an Passanten 80 Prozent oder in den Wohnungen rund 49 Prozent.

Herr Kollege Schennach! Das ist die Tatsache und zeigt auch, dass die Freiheitliche Partei seit Jahren auf dem richtigen Weg ist, nämlich eine gezielte Einwanderungspolitik zu betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Heißt das, dass alle kriminell sind, die einwandern?) – Nein, Frau Kollegin, das habe ich nicht gesagt. (Bundesrätin Schicker: Aber im Unterton ist das herauszuhören! Das ist herauszuhören!) Ich habe nicht gesagt, dass alle so sind. Ich habe gesagt: eine gezielte, sehr bewusste Einwanderungspolitik. Das heißt, dass wir bei manchen Delikten wohl Einhalt gebieten können, wenn wir nur jene Leute hereinlassen, die Arbeit und eine Unterkunft bekommen, und nicht jene, die von der Straße, von Raub, von Schmuggelgeschäften oder Personenschmuggel leben müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Das wissen Sie im Vorhinein?)

Ich schließe daher ganz persönlich und als Oberösterreicherin eine Bitte an: Nachdem noch nicht feststeht, wie viele Posten bei uns geschlossen werden sollen – vorläufig stehen 37 Dienststellen im Raum –, möchte ich doch ersuchen – nicht nur für Oberösterreich, sondern für alle Bundesländer –, die Schließung der Posten mit sehr viel Sensibilität zu überdenken, Herr Minister! Vor allem aber ersuche ich Sie, bei Ihren Überlegungen mit zu berücksichtigen, dass in Teilen Österreichs verstärkt Tourismus stattfindet. Wir können stolz darauf sein, dass Österreich ein sehr sicheres Land ist, es ist das sicherste Urlaubsland Europas, ja der ganzen Welt – und das soll es auch weiterhin bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Ing. Franz Gruber. )

Ich ersuche daher, daran zu denken, dass der Gendarm vor Ort der erste Ansprechpartner sein soll, wenn Gäste, was hoffentlich nur sehr selten der Fall sein wird, Opfer von Kriminellen werden oder Anliegen bezüglich ihrer Sicherheit haben.

Mit einer solchen Maßnahme könnte Österreich seinen Ruf als sicheres Urlaubsland weiter festigen und ausbauen, denn nur der Gendarm vor Ort hat den guten Kontakt zur Bevölkerung und genießt das volle Vertrauen der Menschen. Das darf nicht durch vorschnelle und unüberlegte Einsparungsmaßnahmen zunichte gemacht werden. Wir wissen, dass Einsparungsmaßnahmen notwendig sind.


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Ich bedanke mich jetzt noch einmal für eine Aktion – das ist auch eine Art von Einsparungsmaßnahme –, die Sie, Herr Bundesminister, auf Grund eines Antrages von mir sehr rasch erledigt haben. Ich habe an einem Wirtetag in Salzburg, in Tamsweg, teilgenommen. Dort waren zwei Kriminalbeamte, die in einem Drei-Länder-Eck Dienst versehen, die sehr viele Einsätze haben, fast Tag und Nacht unterwegs sind, teilweise auf den Autobahnen in Obertauern und am Katschberg die Autobahnkriminalität bekämpfen und die ins Ausland fahren müssen, um dort Erhebungen zu machen, und diese mussten zuerst handschriftliche Aufzeichnungen machen. Diese dann stundenlang, ja nächtelang am Posten in den Computer oder in die Schreibmaschine tippen. Ich denke, das sind Überstunden, die man einsparen kann, und das ist vor allem auch Zeit, die für den Bürger und den Gast vor Ort verloren geht, in der der Gendarm nicht auf der Straße für Sicherheit, für Vorsorge und vor allem als Hüter tätig sein kann.

Ich bedanke mich noch einmal sehr herzlich dafür, dass Sie, Herr Bundesminister, gerade bei diesem Posten so schnell gehandelt und den Gendarmen den Laptop, um den sie vier Jahre lang bei Bundesminister Schlögl und den vorhergegangenen Ministern angesucht haben, so rasch zur Verfügung gestellt haben. Ich ersuche, das so rasch wie möglich auch für alle anderen Kriminalbeamten oder für unsere Bürger und vor allem auch für die für unser Tourismusland in diesem Bereich Tätigen einzuführen.

Ich bedanke mich herzlich bei allen Gendarmen und bei allen Polizisten vor Ort, die dieses Tourismusland zu dem werden ließen, was es heute ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schennach gemeldet. Ich bitte, die Vorschriften der Geschäftsordnung zu beachten, was die Redezeit betrifft. – Bitte.

12.06

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Vorrednerin! Da ich weder auf einem Auge blind noch auf einem Ohr taub bin, möchte ich hiemit tatsächlich berichtigen, dass ich davon gesprochen habe, dass die Gefährdung der sozialen Sicherheit beim Punkt Ausländerkriminalität naturgemäß höher liegt. Ich habe dazu gesagt, dass nicht nur der Tourismus, sondern mangelnde Integration bestimmter Personengruppen und Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft der Grund dafür sind. Ich habe hier gesagt, dass die Familienzusammenführung, die Herausnahme aus der Quote und die Nicht-Unterbringung in Massenquartieren wichtige Maßnahmen sind und eine soziale Korrelation haben. Das hatte ich zuerst gesagt.

Zum Zweiten habe ich gesagt, dass aber natürlich auch der Tourismus, wenn viele Menschen verschiedener Nationen in ein Land kommen, eine Korrelation hat – das wird auch der Innenminister bestätigen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?) Ich habe in diesem Zusammenhang von der Tatsache gesprochen, dass deutsche Tatverdächtige die Nummer eins zum Beispiel in meinem Heimatbundesland Tirol sind. Nichts anderes habe ich gesagt. Ich habe hier nicht den Touristen global genannt. Zum Beispiel in Rimini gibt es auch eine höhere Kriminalität, die auch etwas mit dem Tourismus zu tun hat, wie Sie vielleicht wissen, oder in anderen Bereichen.

Aber ich habe hier am Anfang ganz klar das Problem der mangelnden sozialen Integration bestimmter Gruppen, von denen Sie gesprochen haben – Sie haben ausschließlich von diesen Gruppen gesprochen –, angeführt. – Das möchte ich berichtigen. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

12.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Dr. Böhm hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.08

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich stelle geschäftsordnungs


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mäßig fest, dass das keine korrekte tatsächliche Berichtigung war, weil Sie, Herr Bundesrat, wertende und kommentierende Ausführungen gemacht haben, und dass obendrein die tatsächliche Berichtigung ihren Sinn verfehlt hat, weil Sie immerhin eingeräumt haben, dass Sie auch von Touristen gesprochen haben. Daher war es korrekt, das zu apostrophieren. Sie haben also die Touristen aus der Ausländerkriminalität nicht herausgehalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Freiberger: Das war jetzt aber nicht zur Geschäftsordnung!)

12.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln bei diesem Tagesordnungspunkt ein Thema, bei dem es um Menschen geht. Bei all den Dingen, die wir zu diesem Thema zu sagen haben, wirken sehr viele Emotionen mit.

Ich bedanke mich für die Entschuldigung der Kollegin Haunschmid. Ich denke, dass daher der Ruf zur Ordnung nicht mehr gegeben werden muss.

Aber genau in diesem Zusammenhang möchte ich Sie bitten – weil es, wenn man über den Sicherheitsbericht debattiert, um Menschen geht –, bei allen Wortmeldungen darauf zu achten, dass an erster Stelle die Würde des Menschen steht, egal, ob wir zueinander oder über andere sprechen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

12.10

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Das jetzige Thema ist der Sicherheitsbericht 1999. Zwangsläufig ist es, wenn ein Bericht erst eineinhalb Jahre nach dem Berichtszeitraum zur Behandlung kommt, so, dass sehr viele andere Themen einfließen.

Wir behandeln einen Bericht, der einen anderen Minister und eine andere "Minister-Farbe" betrifft. Für mich ist es daher durchaus verständlich, dass diesem Bericht im Nationalrat nicht sehr viel Raum – wenn nicht überhaupt keiner – gewidmet wurde.

Ich richte an den Herrn Bundesminister das Ersuchen – um nicht zu sagen: die Forderung –, den Bericht über das Jahr 2000 so ins Parlament zu liefern, dass auch der Bundesrat diesen noch heuer behandeln kann, damit wir einen aktuellen Bericht haben und nicht Geschichtsunterricht betreiben müssen, um es übertrieben zu sagen. Denn Berichte haben nur einen Sinn, wenn sie akkurat erfolgen und nicht erst nach eineinhalb Jahren behandelt werden – das betrifft nicht nur diesen Bericht, sondern auch andere –, wodurch das Interesse am Inhalt zwangsläufig verloren geht.

Im Zusammenhang mit diesem Bericht bereiten mir drei Punkte besondere Sorge – Vorredner haben sie auch schon erwähnt –: die Suchtgiftkriminalität, das Ansteigen der Jugendkriminalität und die Fremdenkriminalität. Insbesondere hinsichtlich der Jugendkriminalität bin ich entsetzt.

Wir meinen immer, eine ungeheuer gute Ausbildung und Schulbildung zu ermöglichen, wir stellen der Jugend sehr viel – man kann natürlich auch sagen: noch nicht genug – Möglichkeiten in diesem Staat zur Verfügung, und trotzdem steigt die Jugendkriminalität.

Ich glaube, im gesamten Bildungsbereich des Menschen, in diesem Fall der Jugendlichen, fehlt es, Respekt vor den Mitmenschen, egal welcher Herkunft, welcher Profession und welchen Standes, zu lehren und beizubringen. Insofern sehe ich die Überlegungen, Standeslehren für Schüler oder Ähnliches in den Schulen einzuführen, mit gewissem Optimismus und sehe einen großen Sinn darin, denn es kann nicht angehen, dass der nächste Bericht eine weitere Steigerung an Jugendtatverdächtigen aufweist.

Das mache ich nicht dem Bundesminister zum Vorwurf, das möchte ich gleich sagen, obwohl natürlich ein Bericht auch die Messlatte für das Agieren eines Ministers ist. (Bundesrat Gasteiger: So ist es!) Aber eine einjährige Ministerschaft gibt diese Messlatte noch nicht wider,


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und diese Fairness möchte ich gerne einhalten, umso mehr, als das Agieren des Herrn Ministers mit Ausnahme – und das ist eine große Ausnahme – der Schließung der Gendarmerieposten auf wenig Widerspruch stößt. Der Herr Bundesminister erfüllt sonst, so muss ich sagen, seine Aufgabe sehr gut und ist engagiert. Aber das Engagement in die Richtung, jetzt allein in vier Bundesländern 50 Gendarmerieposten, drei Exposituren und zum Leidwesen meines Kollegen Hagen auch eine Bezirksleitzentrale wegzurationalisieren, muss zwangsläufig in den betroffenen Gebieten Widerspruch erzeugen.

Herr Bundesminister! Eine Gendarmeriedienststelle in einer Ortschaft ist nicht nur ein Sicherheitskern für diesen Bereich, sondern ist auch eine die Wichtigkeit einer Ortschaft ausdrückende Einrichtung. (Bundesrätin Schicker: Rettet das Dorf!)  – Ich stimme Ihnen zu: Rettet das Dorf!

Es wäre genau so – der Vergleich hinkt in jeder Beziehung –, als ob man sagt, wir werden Kirchen wegrationalisieren, wir werden Bezirksgerichte wegrationalisieren, wir werden Schulen wegrationalisieren. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Es wundert mich, dass beim Wort "Kirche" die Sozialdemokraten so heiter zu klatschen beginnen. Ich danke dafür. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Das ist todernst, das hat mit heiter nichts zu tun!)

Ich glaube, es ist von besonderer Wichtigkeit, mit der betroffenen Bevölkerung in jenen kleinen Gebietskörperschaften, in jenen kleinen Gemeinden, in denen Gendarmerieposten geschlossen werden sollen, ein sehr intensives Gespräch zu führen, um sie nicht vor den Kopf zu stoßen.

Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass das nicht geschieht, aber ich weiß, in meiner Nachbarortschaft Lichtenau – das ist im Waldviertel, wie Sie wissen – ist die Bevölkerung betroffen. Ich bin in der Nachbargemeinde Albrechtsberg. Wir sind von einem Gendarmerieposten abhängig. Ich muss Ihnen sagen: Ich freue mich jedesmal, wenn ein Gendarmerieauto durch die Gemeinde, durch die Ortschaft fährt. Sie werden sich wundern, aber ich freue mich wirklich. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Diese Freude empfinden wahrscheinlich bis auf jene, die alkoholisch auf Blau gebracht werden wollen, die meisten Bevölkerungskreise in jeder Ortschaft. Sie sehen: Die Exekutive ist unterwegs, sie ist in der Nachbarschaft. Die Bevölkerung möchte mit der Exekutive leben, mit ihr zusammen sein und zum Teil ihre Freude und ihr Leid, ihr Leben mit ihr teilen. Es kann nicht das Ziel sein, dass die Bevölkerung warten muss, bis die Exekutive aus einer Entfernung von 25 Kilometern kommt. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Gasteiger.)

Es tut mir Leid, dass ich jetzt Äußerungen mache, bei denen ich ständig den Applaus von meinen lieben Freunden der linken Reichshälfte bekomme. (Bundesrätin Schicker: Warum? Dafür brauchen Sie sich nicht zu schämen!) Mir wäre es recht, wenn die ÖVP es auch täte. (Bundesrat Gasteiger: Ihre Parteikollegen applaudieren ja nicht, darum müssen wir es machen! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich verstehe die Sorgen der Bevölkerung, wenn man ihr solch lieb gewordene Einrichtungen wegnehmen möchte – ja, es sind lieb gewordene Einrichtungen; die Bevölkerung empfindet das nicht als Gesslerhut. Die Gendarmerie ist ein Freund der Bevölkerung, und die Bevölkerung freut sich über die Exekutive, ob sie "Polizei" oder "Gendarmerie" heißt. Das möchte ich hier allgemein sagen.

Es ist natürlich immer beschämend, wenn man dann hört, dass Soldaten und Polizisten – auch heute wurde das gesagt, aber apostrophierend und nicht als Meinung – Mörder wären.

Herr Bundesminister! Man hört, dass zum Weltwirtschaftsforum in Salzburg wieder Chaoten anreisen wollen, dass die Waffengleichheit zwischen der Exekutive und jenen, die den Staat und die Einrichtungen stören wollen, nicht gegeben ist, weil die einen vermummt auftreten. Daher frage ich – Herr Bundesminister, vielleicht können Sie in Ihrem Debattenbeitrag darauf eingehen –: Was werden Sie dagegen unternehmen? Was wird man dagegen unternehmen,


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dass Vermummte überhaupt demonstrieren dürfen? – Diese gehören sofort aus einer Demonstration entfernt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Es ist eine Unmöglichkeit in einer Demokratie, vermummt aufzutreten, ordentliche Bürger zu schrecken, mit Pflastersteinen und anderen Dingen auf die Exekutive loszuschlagen, die a priori nicht aggressiv gegen die – fast möchte ich sagen: Terroristen – Demonstranten vorgeht, sondern nur danach trachtet, eine angemeldete Veranstaltung zu schützen.

Ich bitte Sie wirklich, zum Schutz der Exekutive alles zu unternehmen, dass diese, aber auch die Bevölkerung von chaotischen Auswüchsen à la Göteborg oder anderer europäischer Städte, wo wir das gesehen haben, nicht betroffen sind. So etwas wollen wir in Österreich nicht, auch wenn leider Gottes in Wien die Donnerstag-Demonstrationen eingerissen sind – jetzt klingen sie ein bisschen ab, aber es gibt sie noch. (Bundesrat Gasteiger: Die stört euch, stimmt’s?) Das hätte man von Anfang an stoppen müssen. Es geht nicht an, dass wir hier einem Chaos-Zirkus folgen, der immer den EU-Hauptstädten, den EU-Konferenzorten folgt.

Der Fremdenverkehr wurde schon unrühmlich von Herrn Kollegen Schennach erwähnt, aber vielleicht meinte er den Demonstrationsfremdenverkehr, der hier Kriminalitätsakte setzen könnte. – Ja, er gibt mir Recht, er entschuldigt sich bei mir ein bisschen, und ich helfe Kollegen Schennach dabei. (Ruf: Na ja, das sind die Nachfahren vom Joschka Fischer!)

Herr Kollege Schennach hat in einer sehr krassen Vereinfachung den Straßenverkehr und damit eigentlich die Autofahrer als die Haupttäter und Mörder bezeichnet. (Bundesrat Freiberger: Niemals!) Ja, er hat das mit Mord in Zusammenhang gebracht. (Bundesrat Gasteiger: "Mord" hat er nie gesagt!) Die Kollegen von der SPÖ brauchen ihn jetzt nicht zu entschuldigen, denn es ist übelste Polemik, die Verkehrsteilnehmer, die Unfälle verursachen, als "Mörder" zu bezeichnen. Das ist Polemik miesester Art, Herr Kollege Schennach, denn es gibt wahrscheinlich kaum ... (Bundesrat Schennach macht mit einer Hand die Scheibenwischerbewegung vor seinem Gesicht.) – Nein, nicht so machen, Herr Kollege Schennach, denn so ist es nicht. Sie können die Autofahrer nicht der Kriminalität bezichtigen.

Ich gebe vielmehr den Grünen große Schuld daran, dass der Verkehr jetzt überbordet. Jahrelang haben Leute Ihrer Denkart dazu beigetragen, dass der Ausbau wichtiger Verkehrslinien nicht erfolgt ist, und jetzt stecken wir da drinnen. Und das ist der Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, es kann nicht oft genug gesagt werden, dass dieses Verkehrschaos rund um Wien die Wurzeln, und zwar die Unkraut-Wurzeln, im Grünen hat: in der grünen Bewegung. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Das ist kein schöner Ausdruck, Herr Kollege!)

Herr Kollege Schennach beklagt die oftmals unzumutbaren Arbeitsverhältnisse der Exekutive. (Bundesrat Schennach: Genau!)  – Ja und nein, nur spreche ich Ihnen nach dem, was Sie vorher gesagt haben, ein bisschen das Recht ab, sich darüber aufzuregen. Sie haben nichts vom Steine-Werfen gesagt, aber Sie unterstützen solche Demonstrationen, wie Sie uns in Salzburg ins Hause stehen werden. (Bundesrat Schennach: Woher wissen Sie das?) Sie brauchen sich jetzt gar nicht zu wehren! Tun Sie es eben, macht nichts! (Bundesrat Gasteiger: Das ist eine starke Aussage!)

Ich bin nicht für alles, was zum Beispiel beim Weltwirtschaftsgipfel in Salzburg gesagt wird – bei weitem nicht! –, aber dass man dorthin fährt, um auf Polizisten und Gendarmen loszugehen, dagegen habe ich sehr wohl etwas (Ruf bei der SPÖ: Wir auch!), und das habe ich auch hier gesagt.

Sie haben auch eine unglückliche Verquickung vom Ulrichsberg und irgendwelchen anderen Waffen tragenden Einheiten der Kriegszeit hergestellt. – Da kann ich Ihnen wohl sagen: Das, was Sie gesagt haben, ist wohl ein großer Unsinn (Bundesrat Schennach: Steht im Bericht!), denn das Ulrichsberg-Treffen wurde gegründet vom ehemaligen ÖVP-Bürgermeister aus Klagenfurt, mit Teilnehmern aller Parteien aus Kärnten. (Bundesrat Schennach  – den Bericht zei


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gend –: Bericht des Innenministeriums!) – Legen Sie es weg: Papier ist geduldig! Mein Gott, was haben wir alles an Papier! (Bundesrat Freiberger: Das ist aber der Bericht von Minister Strasser! – Bundesrat Gasteiger: Das ist der Sicherheitsbericht! Und nicht: "Papier ist geduldig!")

Ich sage Ihnen: Sie tun Unrecht an all den braven Staatsbürgern, die am Ulrichsberg friedlich für eine friedliche Welt in Zukunft agieren und nicht so wie Sie desavouieren wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe eine große Bitte an den Herrn Bundesminister – aber Sie werden den Worten des Kollegen Schennach, so hoffe ich doch, nicht folgen –: Der Aufruf des Kollegen Schennach, indem er gewisse Zeitungen zitiert hat, unter anderem die "Aula" und die "Zur Zeit", mit der ich eine gewisse Verbindung habe, ist ein Aufruf, die Medienfreiheit und die Medienvielfalt einzuschränken. Ich bin dafür, dass möglichst viele Zeitungen der verschiedensten Couleurs – ich bekomme sie alle zugeschickt: von links bis mehr rechts – erscheinen können, denn die österreichische Bevölkerung und wir alle haben ein Recht darauf, das freie Gedankengut auch in freien Medien äußern zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Ing. Franz Gruber. )

12.23

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

12.23

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Dieser Sicherheitsbericht zeigt einmal mehr: Österreich ist ein sicheres Land, Österreich ist ein Land, in dem sich die Bürger, die Gäste wohl, sicher und geborgen fühlen. Das ist ein Erfolg nicht nur der Beamtinnen und Beamten in diesem Ressort, sondern selbstverständlich auch jener, die das Ressort leiten – es ist ziemlich egal, ob das Rote oder Schwarze oder Grüne oder Blaue sind. Es ist das ein rot-weiß-rotes Sicherheitsressort, meine sehr geehrten Damen und Herren, und an dem arbeiten wir. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden schon in Bälde den Sicherheitsbericht des Jahres 2000 diskutieren – ich sage deshalb "in Bälde", weil ich gemeinsam mit dem Herrn Justizminister den Hinweisen der Herren Bundesräte Schöls, Gudenus und anderer gerne nachkommen möchte. Wir haben vereinbart, dass wir Mitte des heurigen Sommers – ich glaube, August ist vereinbart – den Sicherheitsbericht vorlegen können, sodass er möglichst bald auch diskutiert werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei allem Respekt vor den Ergebnissen der Arbeit unserer Sicherheitsexekutive 1999 sollten wir die Dinge, die hier aufgezeigt werden, genau analysieren, weil sie Grundlage für unsere Arbeit in der Zukunft sein sollten.

Ich danke herzlich für die Diskussionsbeiträge aus allen Teilen dieses Hohen Hauses. Es wurde darauf hingewiesen, dass wir im Bereich der Gesamtkriminalität, auch in gewissen Detailbereichen – die Jugend wurde angesprochen, das Drogenproblem, das Verkehrsproblem und andere –, genau nachfragen müssen: Was sind die Ursachen für Steigerungen? Was sind die Ursachen für bestimmte Entwicklungen? Und was sind unsere Antworten, um das hohe Sicherheitsgefühl, das die Österreicherinnen und Österreicher zu Recht haben, auch in Zukunft aufrechtzuerhalten?

Da geht es eben darum, dass wir auch im Sicherheitsbereich bereit sein müssen, die Organisation weiterzuentwickeln, wie es die gesellschaftliche Entwicklung verlangt. Denn jene, die meinen, es sei jetzt alles – wenn auch auf einem hohen Niveau – erreicht und für alle Zeiten gut gemacht, wissen nicht, dass selbst Stillstand in einer Organisationsentwicklung durch die Raschheit der Zeit Rückschritt bedeutet. Es gibt einige Beispiele in der jüngsten Geschichte Österreichs, wo das schlagend geworden ist:


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Eine große Handelsorganisation, ein unschlagbares Schlachtschiff der österreichischen Handelsorganisation, der "Konsum", hat in den fünfziger, sechziger Jahren für sich beschlossen, dass das, was er macht und tut, alles gut ist. Einer der größten Arbeitgeber dieser Republik ist damit plötzlich vom Erdboden verschwunden, weil er nicht bereit war, sich den Gegebenheiten der heutigen Zeit und des modernen Lebens anzupassen. – Und das wollen wir für den österreichischen Sicherheitsapparat nicht, daher stellen wir uns den Herausforderungen der Jetzt-Zeit und sind veränderungsbereit und veränderungswillig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dabei geht es um zwei Grundsätze, die Leitlinien all unseres Arbeitens sind: Der erste Grundsatz ist, dass wir den Sicherheitsapparat auf zwei großen Säulen aufbauen wollen. Die erste wichtige und große Säule ist – heute vielfach angesprochen – eine gute personelle Ausstattung unserer Behörden im regionalen Bereich. Daher habe ich auch den Auftrag gegeben, dass wir die notwendige, von unserer Bundesregierung, vom Regierungsprogramm und von der Vizekanzlerin als sozusagen Personalchefin der Republik Österreich vorgegebene 3-prozentige Einsparungsquote bisher ausschließlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Verwaltungsbereich durchgeführt haben.

Wir haben auch noch etwas Zweites gesagt: dass hier vornehmlich und über alles hinaus in den Zentralbereichen eingespart werden muss. – Daher gilt meine Vorgabe: 20 Prozent Einsparung beim Personal des Zentralbereiches der Gendarmerie, den wir heute ausführlich diskutiert haben, 17 Prozent im Bereich der Landesgendarmeriekommanden – manche Teile zu den 17 Prozent werden von den Bezirkskommanden eingebracht werden – und keine Einsparungen bei den Gendarmerieposten, weil ich diese wichtige Säule der Basisversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger auch bei veränderten schwierigen Rahmenbedingungen in Zukunft aufrechterhalten möchte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die zweite wichtige Säule in unserem Sicherheitskonzept sind die Spezialeinheiten, die dringend notwendig sind.

Ich habe gestern und vorgestern intensive Gespräche mit den baltischen Ländern geführt. Sie haben händeringend gebeten: Gebt uns Know-how! Wenn bei uns in Vilnius, in Tallinn, in Riga – wo auch sonst immer – das passiert, was in Göteborg passiert ist, wissen wir überhaupt nicht, was wir tun sollen!

Daher brauchen wir ein funktionierendes Gendarmerieeinsatzkommando, daher brauchen wir die WEGA in Wien, daher brauchen wir Spezialisten in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität – sei es im Drogenbereich, sei es im zu Recht angesprochenem Bereich des Frauenhandels, der illegalen Migration, und, und, und. Deshalb lege ich Wert darauf, dass diese zweite Säule unserer Sicherheitsarchitektur fast den gleichen Stellenwert hat in der Beachtung wie die erste Säule, die breite regionale Versorgung.

Der dritte Punkt ist auch klar: Alles dazwischen ist die Verwaltung, und dort müssen wir schneller, besser und einfacher werden. Das sind schmerzliche Schritte. Jeder Unternehmensführer, jeder, der in einem solchen Bereich arbeitet und sich solch einem Prozess unterworfen hat, weiß, dass das außerordentlich schwierig und schmerzhaft ist. Dennoch stellen wir uns dieser Aufgabe, weil wir auch im 21. Jahrhundert eine funktionierende Gendarmerie, eine funktionierende Polizei haben wollen.

Ich darf jetzt zu den einzelnen Beiträgen, zu denen aus meiner Sicht Hinweise oder Antworten notwendig sind, Stellung nehmen.

Herr Bundesrat Missethon! Ich möchte dazu einladen, das Internet zu verwenden. Ich habe den Auftrag gegeben, Ihren Vorschlag aufzugreifen und dafür zu sorgen, dass möglichst rasch der neue Sicherheitsbericht im Internet zu finden ist. Das müsste technisch machbar sein, und es müssten die Vorstellungen, die Sie hier genannt haben, auch umsetzbar sein.

Ich möchte auch sehr gerne die Forderung nach Prävention aufgreifen und ausdrücklich die Initiative der Frau Landeshauptmann Klasnic hervorstreichen, die für das gesamte Bundesgebiet


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vorbildhaft ist. Die Aktion "Sichere Steiermark" ist ein Präventionsprogramm erster Güte, und ich glaube, dass Schulen, auch Berufsschulen, Gemeinden, Bürgermeister, auch Militärs und so weiter im Zusammenwirken mit der Exekutive, aber auch mit der Feuerwehr, mit dem Roten Kreuz, mit Zivilschutzeinrichtungen sehr viel dazu beitragen können, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu heben.

Ich habe in diesem Zusammenhang die Vertreter des österreichischen Gemeindebundes zu einer Besprechung eingeladen. Ich möchte die Zusammenarbeit unserer Bundesgendarmerie mit den Gemeinden, mit den Bezirken und mit den Ländern wesentlich verbessern. Ich habe mit einer gewissen Nicht-Freude, um das vorsichtig auszudrücken, festgestellt, dass der Kontakt mancher Gendarmeriepostenkommandanten zu den Bürgermeistern, Gemeindesekretären, Gemeinden in deren Rayon verbesserungswürdig ist. Ich möchte, dass da beide Seiten aufeinander zugehen.

Zum Zweiten: Ich glaube, es ist Spielraum vorhanden, und ich habe den Auftrag gegeben, dass wir Suchfelder aufmachen, die eine verbesserte, intensivere und auch technisch bessere Zusammenarbeit zwischen den Bezirksgendarmeriekommenden und den Bezirkshauptleuten ermöglichen. Diesbezüglich gehen wir technologisch sozusagen noch auf dem Eselspfad voran. Das spart nicht nur in der Bezirkshauptmannschaft, sondern auch in unseren Bezirksgendarmeriekommandos Arbeitszeit unserer Beamten – Zeit, die dann eben nicht, so wie es die Frau Bundesrätin von Tamsweg geschildert hat, für die Arbeit für die Bevölkerung zur Verfügung steht. Und ich möchte auch eine verbesserte Zusammenarbeit der Landesgendarmeriekommandos mit den Landeseinrichtungen. Da gibt es einiges, was in Zukunft besser funktionieren könnte.

Zu Herrn Bundesrat Hagen muss ich festhalten: Ich wusste zwar bisher, dass Sie bei der Gendarmerie Vorarlberg tätig sind, aber an welcher Dienststelle, das wusste ich nicht. (Bundesrat Freiberger: Jetzt keine mehr! Fort ist sie!)  – Ja, das muss ich offen bekennen, auf solche Zusammenhänge habe ich bei unseren Reformbewegungen keine Rücksicht genommen. Das halte ich auch für verfehlt und für alte Politik, und Sie haben das auch nicht verlangt; ich möchte das ausdrücklich festhalten. Aber es gibt andere, die in einem direkten Zusammenhang mit dem einen oder anderen Gendarmerieposten stehen und gemeint haben, dass mit diesem Argument eine Möglichkeit im Rahmen der Strukturveränderungen bestünde. Das ist leider in diesem Fall nicht von Bedeutung.

Herrn Bundesrat Schennach darf ich nur darauf hinweisen, dass es in der Frage der Familienzusammenführung – ich konnte das schon anlässlich der Beantwortung einer Anfrage in einer Fragestunde im Jahr 2001 feststellen – unter dieser Bundesregierung die höchste Zahl – Quotenzahl – für Familienzusammenführungen gibt, weil es dem Regierungsprogramm auch entspricht.

Sie fordern mich auf, dafür zu sorgen, dass mehr Polizisten verurteilt werden. – Dieser Aufforderung werde ich nicht Folge leisten – aus mehreren Gründen, Herr Bundesrat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Ersten darf ich Sie aufmerksam machen darauf, dass es eine klare Anweisung in unserem Haus gibt: Wenn bei einem Mitarbeiter der Verdacht auf irgendeine Handlung bestünde, die nicht gesetzeskonform wäre, dann ist es die Verpflichtung des Dienstführenden, diese Wahrnehmung so rasch als möglich und innerhalb einer gewissen Frist dem zuständigen Staatsanwalt mitzuteilen. Und ich bitte Sie um Verständnis darum, dass ich auf die Justiz nie Einfluss genommen habe und auch in Zukunft nicht Einfluss nehmen werde – auch wenn Sie mich dazu auffordern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten darf ich in aller Klarheit festhalten: Die Disziplinarangelegenheiten in unserem Haus sind weisungsfrei. Das ist gut so, und ich werde auch an diesem System nichts verändern. Ich bitte Sie daher, von diesem Vorhaben, ich möge dafür sorgen, dass mehr Polizisten verurteilt werden, wieder abzugehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Eine Klärung: Trotz meines Hinweises haben Sie wieder von einer Einigung gesprochen, was die Zusammenführung von Gendarmerieposten betrifft. Ich muss Sie darüber aufklären – ich habe das heute auch sehr deutlich getan –, dass es sehr gute Gespräche gibt, dass es Gesprächseinladungen an alle Gruppen gibt. Die Verantwortung für die Organisationsform hat aber der Bundesminister für Inneres zu tragen, und auf Grund dieser sehr guten Gespräche und der vielen Gesprächseinladungen, die ich ausgesprochen habe, habe ich die Entscheidungen so getroffen, wie sie inzwischen bekannt sind.

Ein Hinweis, was das Ulrichsberg-Treffen anlangt: Nach meinen Informationen, Herr Bundesrat Schennach, war die letzte Anzeige in diesem Bereich1995. Andere Informationen sind mir nicht bekannt.

Ich darf auch sehr klar Stellung nehmen zum Waffengebrauch. Ich habe mir die Situation in Europa sehr genau angeschaut, Herr Bundesrat, und ich halte die österreichische Regelung – auch wenn Sie von meinem Vorgänger getroffen worden ist – für sehr ordentlich und vorbildlich. Das, was in anderen Ländern der Brauch ist, insbesondere zum Beispiel in England, wo der Waffengebrauch grundsätzlich untersagt ist, führt leider dazu, dass die Illegalität des Waffenbesitzes sprunghaft zunimmt und dass genau jene Risikogruppen, die Sie zu Recht ansprechen, dadurch noch weiter Auftrieb erhalten. Ich würde eine weitergehende Regelung aus sicherheitstechnischen und sicherheitstaktischen Gründen für nicht günstig halten.

Sie haben mich gefragt, wie dieser Prozentsatz – 30 bis 35 Prozent Anteil organisierter Kriminalität – zu Stande kommt. Meines Wissens nach ist das eine Schätzung des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Generaldirektor a. D. Dr. Sika. Diese Schätzung ist nicht Bestandteil des Sicherheitsberichtes. Ich kann Ihnen leider dazu keine direkte Auskunft geben.

Zu Ihrer Aufforderung an die Bundesregierung, zum Fall Omofuma – die Frage bezüglich des Staatsanwaltes in Kärnten wurde schon angesprochen – endlich eine klare Erklärung abzugeben, darf ich Ihnen folgendes sagen, Herr Bundesrat Schennach! Ich darf Sie ersuchen, zur Kenntnis zu nehmen, dass es eine sehr klare Anweisung des Innenministers gibt, wie in solchen Dingen zu verfahren ist. Ich darf Sie einladen, diese Anweisung zu studieren, und wenn es dann noch einen Grund gibt für irgendeinen Hinweis, dass die Bundesregierung tätig werden sollte, lade ich Sie ein, mich vorher anzurufen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Was die Ausführungen des Herrn Bundesrates Schöls betrifft, so möchte ich die Forderung nach § 13c als eine praxisnahe, für unsere Exekutivbeamten umsetzbare Forderung unterstützen, und ich wünsche auch, dass wir in diese Richtung gehen. Die Forderung nach einer rascheren Vorlage des Sicherheitsberichtes haben wir schon in guter Zusammenarbeit mit dem Justizministerium besprochen.

Herr Bundesrat Gruber! Wenn es irgendwo in einer Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ein Tonband gibt, wenn irgendwo niemand abhebt, dann bitte ich Sie, mir das sofort zu melden. Meines Wissens gibt es das nicht, aber es wäre möglich – und zwar sowohl technisch als auch organisatorisch –, dass eine Umleitung besteht. Es wird aber bei einer Dienststelle sicherlich abgehoben, sodass ein Bürger, der Rat und Hilfe bei uns sucht, dies hoffentlich auch rasch erhält.

Weisungen in Personalangelegenheiten gibt es. Ich sage Ihnen auch, ich scheue mich nicht davor, die politische Verantwortung dafür zu übernehmen, dass es sie auch in Zukunft geben wird. Selbstverständlich: Ich bin der verantwortliche Ressortchef, ich stelle mich dem auch, und ich sehe nicht ein, dass jemand, der die Verantwortung dafür tragen kann, letztlich nicht klar sagt, was er will.

Sie haben den Gendarmerieposten Persenbeug angesprochen. Es tut mir Leid: Wenn der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei heftig für einen Beamten, der unbedingt dort Gendarmeriepostenkommandant werden soll, interveniert, und ich entscheide mich für einen anderen, der zufällig sozialdemokratischer Gemeinderat ist, dann habe ich die Kritik der Sozial


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demokratischen Partei für diese Vorgangsweise einzustecken, aber ich trage dafür die politische Verantwortung – und ich stehe auch dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Frau Bundesrätin Haunschmid kann ich versichern, ich habe dieses Konzept von den 37 Dienststellen in Oberösterreich auch gelesen, und ich glaube, dass wir da noch ein bisschen Gesprächsbedarf haben.

Herr Bundesrat Gudenus! Mit dem Bürgermeister von Lichtenau habe ich zwei Mal gesprochen. Er ist ein Mitglied der Partei, der auch ich angehöre. Wir sind zu keiner Einigung gekommen. – Auch das soll es geben, auch in einer Partei wie der unseren. So ist das Leben. Ich habe aus sachlichen Erwägungen leider einen anderen Standpunkt als der verehrte Herr Bürgermeister.

Dass ich seinen Standpunkt auch über die "ZiB 2" berichtet bekommen habe, hat mich mit außerordentlich großer "Freude" erfüllt. (Heiterkeit.)

Über das Vermummungsverbot, das Sie angesprochen haben, kann man diskutieren. Wir kennen in Europa anders geartete Regelungen, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland. Ich sehe das durchaus auch in einem Zusammenhang mit dem Vorschlag, den Herr Bundesinnenminister Schily vor kurzem gemacht hat, nämlich für bestimmte Gruppen bei bestimmten Anlässen Ausreiseverbote – er meint gewaltbereite Gruppen aus der Bundesrepublik hinaus – auf EU-Ebene zu diskutieren und gegebenenfalls zu entsprechenden Ergebnissen zu kommen.

Ich glaube, dass wir bei dieser doch neuen Herausforderung für den europäischen Sicherheitsapparat international wesentlich vernetzter denken und auch eine Harmonisierung der Bestimmungen in diesem Bereich anstreben sollten. In diesem Sinn nehme ich Ihren Denkanstoß gerne mit.

Das gibt mir auch Gelegenheit, abschließend noch einmal zum Gesamtbereich Exekutive, exekutives Einschreiten und Kundgebungsrecht Stellung zu nehmen.

Mein Standpunkt als Innenminister ist bekannt. Es ist in einer modernen Demokratie des 21. Jahrhunderts aus meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit, dass das Kundgebungsrecht und das Demonstrationsrecht gelten. (Beifall der Bundesrätin Bachner. ) Der Innenminister hat nicht zu beurteilen, ob es, um nur ein Beispiel zu nennen, gegen das Atomkraftwerk Temelin geht, ob, wie ich jetzt höre, der ÖGB daran denkt, in Salzburg während des "World Economic Forum" eine Demonstration anzumelden, oder ob es um andere Bereiche geht.

Wir haben uns als Sicherheitsapparat inhaltlicher Beurteilungen völlig zu enthalten, sondern ausschließlich im Hinblick auf die Sicherheit zu agieren.

Zweiter Punkt: Mit friedliebenden Kundgebungsteilnehmern suchen wir den Kontakt, um die Vorgangsweise gemeinsam abzusprechen und eine möglichst geringe Behinderung für Passanten, für die Bevölkerung überhaupt zu gewährleisten.

Dritter Punkt – das sei auch in diesen Stunden in sehr großer Klarheit und Deutlichkeit gesagt –: Eine moderne Demokratie hat auch die Verpflichtung, die Rechtsgüter und die Wertvorstellungen einer demokratischen Wertordnung des 21. Jahrhunderts zu wahren, zu sichern und notfalls auch zu verteidigen. Daher werden wir mit den notwendigen Mitteln konsequent einschreiten, wenn Gefahr für Sacheigentum, wenn Gefahr für Leib und Leben, wenn Gefahr für österreichische Institutionen droht – in Salzburg, in Wien, wo immer sich das in Österreich abspielt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Bachner. – Bitte.

12.47

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich habe mich nur deshalb zu Wort gemeldet, um eine Richtigstellung anzubringen.


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Sie haben zum Schluss Ihrer Ausführungen bekundet, dass der ÖGB für den Weltwirtschaftsgipfel in Salzburg eine Demonstration anzumelden gedenkt. Das ist absolut nicht richtig. Der ÖGB wird dort mit keiner Demonstration "vertreten" sein. Ich möchte das richtig stellen: Der ÖGB wird dort sehr wohl auf die Gefahren des Kapitalismus aufmerksam machen, indem am ÖGB-Haus ein entsprechendes Transparent befestigt wird. Das ist das Einzige, woran wir uns beteiligen, und dazu möchte ich noch sagen, dass die Exekutive Gast im ÖGB-Haus ist, weil sie dort ihren Stützpunkt haben wird. – Das ist die ganze Beteiligung des ÖGB, wobei wir ... (Bundesrat Schöls: ... Gewerkschaftsmitglieder, weil wir ja gut organisiert sind!) So ist es, Kollege Schöls, deshalb machen wir das auch gerne. Ich wollte das nur richtig stellen.

Wir haben uns genau aus dem Grund, weil wir doch fürchten, dass es zu Ausschreitungen kommt, dort nicht beteiligt, wobei ich natürlich schon dazu sagen möchte, dass wir als ÖGB und als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei solch einem Gipfel gerne auf die Gefahren des Kapitalismus aufmerksam gemacht hätten. Aber aus besagten Gründen tun wir es nicht, und deshalb diese Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes ist somit angenommen.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985, das Privatschulgesetz und das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht) (578 und 608/NR sowie 6367/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985, das Privatschulgesetz und das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Himmer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Nachdem ich Kollegen Himmer nicht im Saal sehe, bitte ich die Vorsitzende des Ausschusses um den Bericht.

Berichterstatterin Uta Barbara Pühringer: Ich nehme gerne die Rolle des Berichterstatters an und bringe den Bericht des Ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985, das Privatschulgesetz und das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht), zur Kenntnis.

Der Vertrag von Maastricht enthält in seinen Artikeln 102a bis 109m die Grundlagen der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie der Einführung einer einheitlichen Währung. Ausgehend davon und in Zusammenhang mit dem vom Rat in Madrid festgelegten Rahmen – "Madrid-Szenario" – erfolgt die Vollendung der Währungsunion sowie die Währungsumstellung selbst in einem mehrstufigen Verfahren.


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Während der derzeitigen Übergangsphase – 1. Jänner 1999 bis 31. Dezember 2001 – ist die gemeinsame Währung jedoch nur als Buchgeld existent und daher lediglich im unbaren Zahlungsverkehr verwendbar. Während dieser Phase gilt das Prinzip "Kein Zwang und keine Behinderung zur (unbaren) Verwendung des Euro". Ab dem 1. Jänner 2002 wird mit der eigentlichen Währungsumstellung, also mit der physischen Einführung der gemeinsamen Währung begonnen.

Der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates hat die Euroumstellung im Schulpflichtgesetz 1985, im Privatschulgesetz sowie im Schülerbeihilfengesetz 1983 zum Gegenstand und beinhaltet die Umrechnung der Schillingbeträge in Eurobeträge im Wege einer Sammelnovelle.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke vielmals für die Berichterstattung durch die Vorsitzende. – Erlauben Sie mir zu sagen, dass es natürlich immer wieder so ist, dass die Frauen diejenigen sind, auf die man sich verlassen kann. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesräten aller Fraktionen.)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird (579 und 609/NR sowie 6368/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Saller übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Josef Saller: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. März 2000 einzelne Bestimmungen des § 16 des Minderheiten-Schulgesetzes für Kärnten mit Wirksamkeit vom 1. September 2001 als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung, die mit Ablauf des 31. August 2001 in Kraft tritt, hat zur Folge, dass mit Beginn des Schuljahres 2001/2002 an den zweisprachigen Volksschulen auch in der vierten Schulstufe – bisher erste bis dritte Schulstufe – für die zum Slowenischunterricht angemeldeten Schüler der gesamte Unterricht in deutscher und slowenischer Sprache in annähernd gleichem Ausmaß zu erteilen ist.

Der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates beinhaltet nicht nur in der konkreten Umsetzung das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, sondern auch in den mit dieser Um


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setzung im Zusammenhang stehenden Neuregelungen eine Verbesserung des zweisprachigen Schulwesens in Kärnten.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Gruber. – Bitte.

12.56

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hoher Bundesrat! Geschätzte neue Kollegin aus Kärnten! Wir segnen heute die Änderung des Minderheiten-Schulgesetzes in Kärnten ab. Das bedeutet, dass ab dem Schuljahr 2001/02 in den zweisprachigen Volksschulen Kärntens – und das sind 65 von 330 mit 1 770 Kindern – nicht nur in der ersten, zweiten und dritten Schulstufe, sondern auch in der vierten Schulstufe Unterricht in slowenischer Sprache erteilt werden soll.

Die Möglichkeit, einen zweisprachigen Unterricht in Kärnten zu besuchen, hat eine historische Entwicklung, und diese Möglichkeit gibt es schon seit 1848. Seit damals hat es im Zusammenhang mit dem zweisprachigen Unterricht nicht nur pädagogische Diskussionen, sondern logischerweise immer wieder politische Diskussionen bei uns in Kärnten gegeben. Dass am Beginn des dritten Jahrtausends ein neuer Zugang gefunden werden kann, ist legitim, wenn man sich der Entwicklung bewusst ist, dass es sich um ein Volksgruppen- und Minderheitenrecht handelt.

Man soll aber auch nicht vergessen, dass das, was an rückschrittlichen Strömungen hie und da erwähnt wird, auch Gründe hat, und zwar in der Entwicklung im 20. Jahrhundert, wo nach beiden Weltkriegen von jugoslawischer Seite, zuerst vom SAS-Staat, dann vom ehemaligen Jugoslawien, versucht wurde, Gebietsansprüche an Österreich zu stellen und über die Volksgruppe in Kärnten Druck auszuüben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dass dies immer wieder zu Emotionalisierung geführt hat und dass immer wieder von versuchter Slowenisierung gesprochen und auf der anderen Seite auf die Rechte der Minderheiten gepocht wird, ist verständlich.

Wir müssen aber letztendlich davon wegkommen, dass die Anmeldung zum zweisprachigen Unterricht als ein ethnisches Bekenntnis gewertet wird. Wir müssen den deutschsprachigen Kindern der Bevölkerung klarmachen, dass das Sprechen von Nachbarsprachen eine Chance für die Zukunft darstellt, dass dieses zweisprachige Schulwesen in Kärnten letztendlich keine Belastung darstellt, sondern dass diese Novelle dazu führt, dass etwa 24 Millionen Schilling mehr aufgewendet werden müssen, um den Unterricht in der vierten Schulstufe sicherzustellen.

Das ist keine Gefahr für Kärnten, das ist ein Privileg, das ist eine Chance für unser Bundesland!

Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgearbeitet haben – es waren ja 27 Mitglieder in der Kommission –, insbesondere bei Frau Ministerin Gehrer, die es verstanden hat, die Schulpolitik, die Bildungspolitik von der Parteipolitik zu trennen, denn die Schulen eignen sich sehr wenig dazu, zum politischen Spielball zu werden. Danke schön, Frau Ministerin! (Beifall bei der ÖVP.)

Dass es hier nicht nur um Minderheitenrechte geht, sondern dass das eine Regelung ist, die der Minderheitsbevölkerung zugute kommt, müssen wir in Kärnten noch dementsprechend kolportieren.

Bezüglich EU-Erweiterung ist zu sagen: Gerade Slowenien ist ein Land, das, wie wir alle wissen, in sehr naher Zukunft auch Mitglied der Europäischen Union sein wird. Wir wissen auch, dass Slowenisch den Eintritt in die slawischen Sprachen insgesamt ungeheuer erleichtert. Daher


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müssen wir auch davon ausgehen, dass es in diesem Fall nicht nur um sprachliche und kulturelle Fertigkeiten geht, sondern de facto auch um eine deutliche Verbesserung für die Absolventen eines solchen Schulsystems, was ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt anlangt, was insgesamt ihre Chancen in einem neuen Europa anlangt.

Meine Fraktion wird dieser Novelle gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

13.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Würschl. – Bitte.

13.01

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, warum Herr Gruber die Frau Ministerin gelobt hat, ich sehe überhaupt keinen Zusammenhang. Vielmehr – aber das ist natürlich jetzt nicht Thema – ist in Kärnten eine Reihe von Entscheidungen ausständig, welche die Frau Ministerin treffen müsste. Sie hat sie aber bis heute nicht getroffen. Sie weiß genau, worum es geht. Wir werden da dran bleiben. Warum sich Herr Gruber bedankt, ist mir allerdings ein Rätsel.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vor mehr als einem Jahr, und zwar im März des vergangenen Jahres, hat der Verfassungsgerichtshof eine in meinen Augen richtige Entscheidung getroffen. Sie wurde in Kärnten auch sofort als richtig erkannt. Die Diskussion hat es seit mehreren Jahren gegeben, weil es im zweisprachigen Schulwesen in Kärnten eben bereits seit Jahren eine Inkonsequenz gibt. Da wird davon gesprochen, dass es in der Grundschule oder, anders ausgedrückt, in der Elementarschule im zweisprachigen Bereich zweisprachigen Unterricht zu geben hat. Diesen hat es in Kärnten nur eingeschränkt gegeben, nämlich bis zur dritten Schulstufe, also in der ersten, zweiten und dritten Klasse. Die vierte Klasse wurde wie auch immer vergessen. Es wurde aber nie eine größere Diskussion darüber geführt, weil auch die alte Regelung, das alte Gesetz durchaus in Ordnung war, weil nämlich in der vierten Klasse der Volksschule ein intensiver Sprachunterricht stattgefunden hat und somit eigentlich vom pädagogischen Ansatz her keine großen Defizite erkannt werden konnten. Es hat dann eben eine Klage gegeben, die so ausgegangen ist, dass ab kommendem Schuljahr auch in der vierten Klasse zweisprachig zu unterrichten ist.

Ich möchte hier vor vielen Kolleginnen und Kollegen, die davon nicht betroffen sind, weil es eben nur Kärnten betrifft, auch noch einen anderen Aspekt ansprechen. So rosig ist das zweisprachige Schulwesen natürlich nicht, wie Herr Gruber es formuliert hat. Ich darf Ihnen ein paar Zahlen dazu sagen: Wir haben in Kärnten in etwa eine Schülerpopulation, einen Jahrgang, der sich zwischen 6 500 und 7 000 Schülern einpendelt. Es wäre jetzt recht interessant – aber das übersteigt natürlich die Möglichkeiten –, wenn ich Sie schätzen lassen könnte, wie viele Kinder am zweisprachigen Unterricht teilnehmen. Sie würden höchstwahrscheinlich nicht die richtige Antwort geben, denn von den 7 000 Schülern besuchen nur rund 450 Kinder in Kärnten einen zweisprachigen Unterricht. Seien wir ehrlich, das ist recht wenig: 450 im Vergleich zu 7 000 Kindern eines Jahrganges.

Das hat natürlich auch mit dem Klima zu tun, das von konservativen und reaktionären Kräften immer wieder in Diskussion gebracht wird. Das muss hier sehr deutlich gesagt werden. Wenn Kinder in die erste Volksschulklasse eingeschrieben werden – so subtil läuft das bei uns natürlich –, dann kommt immer wieder der gut gemeinte Rat – von welchen Kreisen dieser kommt, das können Sie sich gut vorstellen –: Eigentlich ist Slowenien zwar Nachbarland und Handelspartner Österreichs, besonders Kärntens, aber es wäre vielleicht viel wichtiger, wenn man den Kindern verstärkt Italienischunterricht oder Englischunterricht geben würde, was im Gesetz auch vorgesehen ist.

Man versucht also, die positive Idee eines zweisprachigen Unterrichtes durch solche Aussagen, durch solche Agitationen immer wieder zu unterlaufen.


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Jetzt ist auch die Frau Bundesministerin in einer weiteren Frage zu befassen oder gefordert. Es sind nämlich beim Verfassungsgerichtshof weitere Klagen anhängig. Der FPÖ-Landeshauptmann, der gleichzeitig Schulreferent in Kärnten ist, redet immer wieder von Objektivierung. Wie diese ausschaut, könnt ihr euch sicher gut vorstellen, das können wir uns alle vorstellen, nämlich leider Gottes nicht objektiv, soweit man das Wort "objektiv" hier überhaupt in den Mund nehmen kann. (Bundesrat Dr. Nittmann: Nicht so, wie es die SPÖ vorschlägt!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist, so glaube ich, für euch alle und für Sie alle klar, dass an zweisprachigen Schulen auch zweisprachige Direktoren ernannt werden. Aber in Kärnten sind wir weit davon entfernt. Vor wenigen Wochen sind wieder zwei Schulleiter in Kärnten eingesetzt worden, die Slowenisch in keiner Weise beherrschen, die vielleicht einmal gehört haben, dass es Slowenisch gibt. Wenn in zweisprachigen Schulen einsprachige Lehrer eingesetzt werden, dann, muss ich sagen, ist das Willkür. (Bundesrat Dr. Aspöck: An einer zweisprachigen Schule?)

Frau Bundesministerin! Da haben Sie Handlungsbedarf. Auch der Verwaltungsgerichtshof wird sich mit dieser Frage beschäftigen. Ich bin schon sehr gespannt, wie die ganze Sache ausgehen wird. Ich hoffe, dass der slowenischen Volksgruppe in Kärnten in Zukunft mit einem positiveren Geist entgegengetreten wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte.

13.06

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich hätte mir eigentlich mehr Vorbereitungszeit für meine erste Rede hier gewünscht. Aber Sie werden verstehen, als Kärntnerin kann ich natürlich nicht schweigen, vor allem wenn das interessante Thema Minderheitenschulrecht auf dem Programm steht.

Es ist schon einiges über die Genesis dieser Novelle gesagt worden. Ich möchte mich auch nicht wiederholen. Tatsache ist, dass wir im Herbst des heurigen Jahres die Möglichkeit haben werden, in den zweisprachigen Gebieten auch in der vierten Volksschulklasse slowenischen Unterricht anzubieten. Ich halte das für sehr wichtig und bin froh, dass der Nationalrat auch zu einem einstimmigen Ergebnis gekommen ist.

Nun zu den Zahlen, die Kollege Würschl vorhin angesprochen hat: Es ist schon etwas merkwürdig, dass er von 450 Kindern spricht. Meine Zahlen schauen anders aus, wir sprechen von 1 770 Kindern. Weil viele von Ihnen vielleicht über die Verhältnisse im Kärntner Schulbereich nicht so Bescheid wissen, ist auch einmal zu sagen, dass wir selbstverständlich eine zweisprachige Handelsakademie in Klagenfurt haben, dass wir ein sehr gut funktionierendes slowenisches Gymnasium in Klagenfurt haben, dass es eine zweisprachige vorschulische Ausbildung in verschiedensten Kindergärten gibt und vieles mehr. Ich meine, das sollte im Sinne der ganzen Wahrheit auch gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte auch deutlich machen, dass wir uns in Kärnten massiv für die Entwicklung und für die Erhaltung der slowenischen Volksgruppe einsetzen. Wir machen das auf verschiedene Weise, das Schulwesen ist nur eine davon.

Wir sind uns dessen bewusst, dass wir gerade in Kärnten an einem Schnittpunkt liegen. Der Begriff "Alpe-Adria" muss ein gelebter Begriff sein. Und ich glaube, dass die Umsetzung und die Verbesserung dieses Minderheitenschulgesetzes ein Schritt dazu ist.

Ich möchte noch etwas korrigieren, denn Herr Kollege Würschl, den ich auch schon von anderen Gremien kenne, pflegt offenbar manchmal mit Halbwahrheiten hier herauszukommen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Was heißt "manchmal"? – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich kann und werde es auch beweisen.


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Er hat nämlich einiges nicht gesagt: Er hat zum Beispiel nicht gesagt, dass es am 17. Juni 2000 eine gemeinsame Punktation und einen gemeinsamen Beschluss gegeben hat, bei deren Zustandekommen die Minderheiten eingebunden waren. Die slowenischen Volksgruppenvertreter haben mitgestimmt und diesen Beschluss mitgetragen. Unter anderem hat sich Herr Direktor Vospernik darüber zum Beispiel sehr positiv geäußert. Da ist es jetzt nicht nur um den Unterricht in den vierten Klassen gegangen, sondern zum Beispiel auch um die Senkung von Klassenschülerzahlen.

Ich bin überzeugt, die Frau Ministerin wird dann noch mehr dazu sagen können. Es ist darum gegangen, dass es endlich einen "Teamlehrer" gibt, dass man von diesem Begriff "Zweitlehrer" wegkommt. Es ist darum gegangen, dass die Lehrer gleichgestellt werden. Das ist besonders wichtig gewesen, und zwar auch für die slowenische Volksgruppe, weil somit auch die Stundenzahl entsprechend erhöht wird.

Herr Kollege Würschl meint, es sei irgendwie seltsam, wenn man das wünscht. Es ist in dieser Punktation auch zur Erweiterung des Sprachangebotes gekommen. Ich frage Sie schon, warum Sie es für schlecht halten, wenn man zum Beispiel in der Gegend in Kärnten, die an Italien grenzt, den Kindern und Jugendlichen ein verstärktes Italienischangebot macht. Ich halte das nicht für schlecht. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt zu einem weiteren Thema: Kollege Würschl hat gesagt, dass beim Verfassungsgerichtshof Klagen anhängig sind. In dem Punkt gebe ich ihm Recht. Es gibt eine Klage im Zusammenhang mit der Direktorenbesetzung, die jetzt anhängig ist, vielleicht gibt es sogar noch eine, das weiß ich jetzt nicht. Dazu muss Folgendes klargestellt werden:

Bundesrat Würschl hat insofern Pech, weil ich die erst vor kurzem ernannten Direktorinnen kenne. Ich kenne die beiden Damen persönlich, eine ist zum Beispiel von der Volksschule Gödersdorf, die besetzt wurde. Aber ich muss sagen, beide Damen sind höchstqualifiziert, diese Funktion auszuüben. Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, die Sprache ist ein Qualifikationserfordernis auch bei der Direktorenbesetzung.

Aber ich darf jetzt vorlesen, welche Sprachkenntnisse die Leiterin der Volksschule Gödersdorf Johanna K. – ich sage nicht den Namen – hat. Sie spricht Englisch, Französisch, Latein, Italienisch und hat seit einem Jahr selbstverständlich auch Slowenisch-Unterricht genommen. Jetzt frage ich: Ist das ein Nachteil, Herr Kollege Würschl? – Sie hat im Übrigen zusätzliche Ausbildungen wie Konzessionsprüfung, Lehrlingsausbildungsprüfung. Sie ist Sonderpädagogin. Sie hat den ersten Teil des SOKRATES-Verwaltungslehrganges abgeschlossen. Sie hat zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen bekommen, unter anderem, Herr Kollege, von Ihrem ehemaligen Chef der SPÖ Kärnten, von Landeshauptmann-Stellvertreter Ausserwinkler, für ein ausgezeichnetes EU-Projekt mit Kindern aus Irland. Das ist nur eine dieser Ehrungen.

Ich wollte es nur erzählen, um ein bisschen den Wahrheitsgehalt dessen, was hier gesagt wird, zu erhellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich bin – das sage ich Ihnen allen – sehr stolz darauf, dass wir in Kärnten erstmalig auch ein Objektivierungsgesetz für die Besetzung von leitenden Positionen im Lehrerbereich bekommen haben. Die früheren Richtlinien waren alle nicht hieb- und stichfest, und ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass gerade im Bereich der Lehrerschaft, die oft bewusst oder unbewusst einem politischen Druck unterworfen waren, eine klare Objektivierung Platz greift, damit wirklich nur die Besten eine höhere Position bekommen können.

Letztlich möchte ich noch feststellen und festhalten, dass wir in Kärnten unter einem Landeshauptmann Haider eine positive Entwicklung in der Minderheitenschulpolitik genommen haben. Ich bin darauf sehr stolz und sage es sehr bewusst. Denn – auch das werden Sie wissen – unter einem früheren sozialdemokratischen Landeshauptmann hat es Gewaltausschreitungen gegeben. (Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört!) Ich möchte darauf hinweisen, dass es Ortstafelstürme gegeben hat. Landeshauptmann Sima ist seinerzeit mit Eiern beworfen worden. Glauben Sie, dass ein solches Vorgehen richtig und wünschenswert ist?


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Meine Fraktion in Kärnten und ich, aber vor allem der Landeshauptmann stehen dafür, dass wir einen Weg des friedlichen Zusammenlebens gehen und dass wir selbstverständlich unseren slowenischen Bürgern alle Rechte zugestehen, die für sie vorgesehen sind, und darüber hinaus auch neue schaffen wollen. Das halte ich für eine zukunftsorientierte Minderheitenpolitik. Zu dieser bekennen wir uns. Ich bin stolz darauf, dass ich in einem Land lebe, das tatsächlich diesen Begriff auch umsetzt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Würschl zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.14

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Frau Dr. Renate Wintermann habe ich persönlich recht gern, und ich will auch nicht unsympathisch ihr gegenüber sein. Aber, Frau Wintermann, Ihre wirren Aussagen dürften auch der Grund dafür gewesen sein, dass Sie Herr Haider als Stadträtin in Klagenfurt abgesetzt hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: Jetzt wird er wieder persönlich! – Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Ich bin noch aufrechte Stadträtin!) Diese wirren Aussagen haben sich jetzt auch in der Diskussion des zweisprachigen Schulwesens fortgesetzt. Also Herrn Haider verstehe ich langsam. (Bundesrat Dr. Nittmann: Alles untergriffig!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, ich habe sehr eindeutig gesagt, wie das mit den Zahlen ist. Es gibt in Kärnten eine Schülerpopulation von etwa 7 000 Kindern pro Jahr. Ich habe dann erwähnt, wie viele Kinder aus dem Jahrgang eine zweisprachige Schule besuchen. Ich zitiere hier den Bericht des Unterrichtsausschusses, und da sind die Zahlen auch richtig und korrekt: Im laufenden Schuljahr 2000/01 gibt es in der ersten Schulstufe – da habe ich vielleicht ein bisschen übertrieben, wenn ich 450 gesagt habe – 505 Kinder, in der zweiten Schulstufe 450 Kinder, von denen ich früher gesprochen habe, und in der dritten Schulstufe 460 Kinder. In der vierten Schulstufe nehmen am Sprachunterricht gezählte 351 Kinder teil. Addiert kommt eben – das ist logisch – die Zahl 1 770 heraus. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Wir können noch zusammenzählen!)

Ich möchte nicht, dass da so wirre Aussagen gemacht werden. Wenn Sie dies im Klagenfurter Stadtsenat gemacht haben, ist das okay, aber hier nicht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

13.16

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Ich denke, jeder in diesem Haus kennt die Geschichte und die Vorgänge, auch die bedauerlichen Vorgänge rund um die Ortstafelstürme, die Frau Bundesrätin Wintermann angesprochen hat. Jeder kennt auch die politischen Zusammenhänge. Jeder kennt auch die Rolle der drei Parteien im Kärntner Landtag gegen den Ortstafelsturm. – Ich denke, das ist die eine Seite.

Die zweite Seite ist die Frage der Qualität, der Sicherung und der Vermehrung der Sprachenkompetenz der Volksgruppe der Slowenen in Kärnten im eigenen Land.

Ich gehöre dieser Volksgruppe an, und daher werden Sie ausnahmsweise verstehen, dass ich über Formen der Diskussion, wenn über Volksgruppen und über Menschen geredet wird, sehr betroffen bin. Ich nütze diesmal die Chance und die Gelegenheit, die Frau Bundesministerin hier zu haben, um genau nur auf den Punkt der Besetzung des Direktorpostens dieser beiden Volksschulen in meiner Heimatgemeinde zu sprechen zu kommen. Ich werde mich hüten, die Qualifikation der beiden ernannten Direktorinnen in Frage zu stellen. Beide Frauen kenne ich. Beide sind gute Lehrerinnen gewesen und sind jetzt Direktorinnen. Der einzige Punkt – und da kommt die frauenpolitische Qualität zur Frage der Volksgruppe hinzu –, der falsch ist: Die beiden Kolleginnen hätten Direktorinnen an Schulen werden sollen, an denen ein Qualifikations


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erfordernis nicht notwendig ist, nämlich die Beherrschung der zweiten Landessprache, der slowenischen Sprache. Kollegin Wintermann hat es ausgesprochen. Sie hat gesagt, Kollegin Troth hat Slowenisch nicht unterrichtet, sondern Unterricht genommen.

Ich bin Pädagogin und Politikerin und würde mir sehr oft diese Liberalität in der Republik Österreich wünschen, dass ich sage: Jemand, der etwas kann, soll es ohne Zeugnisse, also jetzt ohne diesen Amtsstempel, dürfen. Aber wenn ich eine hervorragende Journalistin bin, darf ich immer noch nicht ohne die erforderliche Qualifikation, ein Germanistikstudium abgeschlossen zu haben, das Lehramt zu haben, Österreichisch oder Deutsch unterrichten. Das ist ein Faktum. Ich würde mir etwas anderes vorstellen. Aber irgendwie müssen wir uns an Regeln halten.

Das heißt, es sind zwei hervorragende Pädagoginnen an der falschen Schule ernannt worden, um das so zu benennen. Es sollten ihnen alle Schulen offen stehen, an denen Slowenisch als Erfordernis für eine zweisprachige Schule nicht notwendig ist.

Zweiter Punkt: Welche Menschen beschweren sich jetzt über diese Besetzung? – Der eine Mensch ist ein Lehrer, der jahrelang vorher ... Auch als Frauenpolitikerin würde ich viermal dazu applaudieren, und mir sind die Partei und welche Gesinnung völlig Wurscht, wenn die Qualifikation vorhanden ist. Aber auch in der Vergangenheit habe ich dort diesen Disput an der Bundeshandelsakademie II selbst miterlebt. Ich komme auf die Schule zu sprechen, an der ich unterrichte. Die Frau Ministerin hat diesen Disput einen Sommer lang mit verfolgt.

Dort ging es darum, dass ein Mann und eine Frau die Bestqualifizierten im Bewerbungsverfahren waren. Die Frau – das ist eine Freundin von mir – hat aber gewusst, dass ihr ein Anforderungspunkt gefehlt hat – ob das jetzt gerecht ist, ob es wirklich das Beste ist, das will ich nicht beurteilen –, und man hätte gerne eine politische Auseinandersetzung gehabt. Aber die zwei, der Mann und die Frau als Anwärter für den Direktorsposten, haben sich zusammengesetzt und sind mittlerweile ein gutes Team. Leider war in diesem Fall der Mann besser qualifiziert, die Frau hat das eingesehen, und sie haben kein Politikum daraus gemacht.

Auch die Frage der Postenbesetzung Volksschulen Gödersdorf und Latschach wäre eigentlich für die Frau Bundesministerin ganz einfach zu regeln, denn, wie gesagt, einer der Kollegen, der jetzt Beschwerde erhoben hat – ich meine, sehr zu Recht –, war zweisprachiger Lehrer an der Volksschule in Latschach. Mittlerweile ist er Direktor an einer anderen Schule geworden und hat ganz einfach – unter Anführungszeichen – "die Frechheit besessen, sich dort zu bewerben". Er hat die Qualifikation, er ist Kärntner Slowene, beherrscht die slowenische Sprache und ist nebenbei noch sportlich aktiv. Das ist im Übrigen der Vater des Radfahrers Paco Wrolich.

Der Slowenischsprachige, der die slowenische Sprache beherrschende Lehrer wird an seiner Stammschule nicht zum Direktor ernannt, sehr wohl aber eine – zwar sehr gute – Frau, der die Qualifikation des Beherrschens der slowenischen Sprache fehlt.

Ich denke, es bedarf da nicht einmal einer salomonischen Lösung, sondern ganz einfach einer korrekten, gescheiten Lösung, um für Direktorinnen und Direktoren zumindest ein Mindestanforderungsprofil zur Geltung zu bringen: die Beherrschung der Anforderungen und der Qualifikation und der Kompetenz. Dann können wir uns politische Scharmützel schenken.

Als Frauenpolitikerin sage ich daher: Es ist in der Republik Österreich und ganz besonders in Kärnten nicht zum ersten Mal so, dass Frauen im politischen Disput in eine Position ernannt werden, wobei jene, die sie ernennen, sehr genau wissen, dass dann, wenn es um das knallharte Briefing von Fakten geht, die Frau die Zweite sein wird. Ich will jetzt nicht sagen, dass die zwei guten Pädagoginnen nicht sehr gescheit beraten, vielleicht – unter Anführungszeichen – "politisch auch missbraucht" wurden. Ich würde sagen, ob es nun um Männer oder Frauen geht, ich stehe für Frauenförderung bei gleicher Qualifikation. Wenn es darum geht, dass Qualifikationen vorzuweisen sind, sind sie auch einzuhalten.

Zum zweiten Punkt, zur Harmonie der Kärntner Slowenen in Kärnten: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das war die Tradition der Politik aller drei Parteien, und deswegen hieß das "heilige Ding" immer Drei-Parteien-Heiligkeit, um nicht zu sagen Drei-Parteien-Konsens. Dieser


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Drei-Parteien-Konsens hat so kleine Schrittchen. Renate Kanovsky-Wintermann hat die slowenische zweisprachige Handelsakademie in Klagenfurt angesprochen. Ich sage es Ihnen jetzt: Oh Gott, welche Plage über Jahrzehnte war die Installierung dieser Schule, die mittlerweile schon eine alte Schule ist.

Wir sollten endlich aufhören, politisch selbst zu vereinnahmen, was wir selbst nicht geleistet haben. Dass diese Schulen, diese Einrichtungen bestehen, ist auf mühsames jahrzehntelanges Engagieren, Bemühen von Menschen der slowenischen Volksgruppe zurückzuführen. Immer wieder wird diese Drei-Parteien-Heiligkeit zur Scheinheiligkeit, indem dann plötzlich Volksgruppenfreundlichkeit an den Tag gelegt wird.

Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Weder in der Frage der Frauenpolitik noch in der Frage der Volksgruppenpolitik geht es um Freundlichkeit. Es geht um Gerechtigkeit.

In Kärnten sind wir – das wissen alle, die hier sitzen – meilenweit davon entfernt – und ich differenziere jetzt ganz bewusst überhaupt nicht –, ein offenes Klima in der politischen Kulturauseinandersetzung zwischen Österreichisch sprechenden und Slowenisch sprechenden Menschen zu haben. (Bundesrätin Haunschmid: Warum ist das nicht in 20 Jahren passiert?) Das heißt, eine ernste Volksgruppenpolitik kann sich nicht darauf reduzieren. (Bundesrat Dr. Aspöck: Jahrzehnte sozialistischer Kompetenz!) – Sie sagen Jahrzehnte. Sie haben Recht. Auch die Sozialdemokratie hat in der Vergangenheit den Drei-Parteien-Konsens gesucht. Und ich stehe hier als Sozialdemokratin und sage das hier nicht zum ersten Mal: Auseinandersetzung, auch in der eigenen Partei, ist der politische Diskurs.

Ich hätte mir auch in der Vergangenheit eine offensivere und internationale Reform der Bewältigung dieser Frage gewünscht. Aber das, was wir jetzt haben, ist weder ein neues Klima noch eine Offensive, sondern das ist vielleicht ein bisschen das Augenzwinkern mit Freundlichkeit, das aber nicht ernst gemeint ist. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. )

Wir Kärntner Bundesräte sollten die Frage der Volksgruppenpolitik nicht zum parteipolitischen Spiel machen, sondern uns dort reduzieren, wo das demokratische Bekenntnis beginnt und endet. Förderung heißt Stützung, nämlich die Stützung der Schwächeren und der Minderheiten, und davon sind wir in Kärnten meilenweit entfernt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Dank der SPÖ! – Beifall bei der SPÖ.)

13.26

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

13.26

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mich stimmen manche Entwicklungen in der politischen Landschaft sehr traurig und erfüllen mich mit Sorge.

Es scheint jetzt bei der Sozialdemokratischen Partei eine totale Abkehr von dem früher so hochgehaltenen Prinzip des Föderalismus, der Eigenständigkeit, der Zuständigkeit im eigenen Land zu geben. Es war immer in allen Diskussionen klar, dass gerade für den Pflichtschulbereich die Zuständigkeit im eigenen Land liegt. Die Landeshauptleute aller Couleurs – ich betone das – beharren auch darauf. Wer für die Pflichtschulen, für das gesamte Personal zuständig ist, der schreibt auch die Direktorenstellen für die Pflichtschulen mit den entsprechenden Qualifikationserfordernissen aus.

Diese Diskussion über die erwarteten Qualifikationen für einen Direktor oder für eine Direktorin ist im Land zu führen. Das ist im Land zu entscheiden, das ist im Land auszuschreiben, und die Stellenbesetzung ist im Land vorzunehmen. Ich meine, dass wir von diesem gelebten Föderalismus nicht abgehen und nicht in einen neuen Zentralismus verfallen sollten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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Was mich zweitens traurig stimmt, ist: Wenn nach sehr konstruktiven gemeinsamen Beratungen ein gemeinsamer Weg gefunden wird und von den Vertretern der Sozialdemokratischen Partei in einer Plenumssitzung dieser gemeinsame Weg verlassen wird. Ich frage mich: Wo bleibt da noch eine gewisse Handschlagqualität? Wo bleibt da noch eine Vereinbarungskultur, wo das, was man mit gewählten Mandataren einer sozialdemokratischen Fraktion in sehr vielen Stunden Diskussion erarbeitet, noch hält?

Gerade wenn gesagt wird, man möchte nicht, dass diese wichtige Frage zu einem parteipolitischen Spielball wird, muss man einen Konsens suchen und schauen, dass alle Parteien bei einer Lösung an einem Tisch sitzen.

Ich möchte mich bei denjenigen bedanken, die beim Suchen dieser Lösung mitgearbeitet haben. Das waren die Vertreter der Volksgruppen, das waren die Vertreter der verschiedenen Interessenorganisationen, das waren von der Sozialdemokratischen Partei Herr Abgeordneter Antoni und der sozialdemokratische Klubobmann, Landesabgeordneter Adam Unterrieder. – Sie waren bei all diesen Besprechungen dabei. Sie haben diesen Konsens getragen, und dieser Konsens wurde auch im Unterrichtsausschuss mitgetragen. Das halte ich für ein Beispiel der gelebten Suche nach dem besten Weg, der gemeinsam getragen wird und bei dem nicht die Parteipolitik im Vordergrund steht. Das wünsche ich mir auch bei vielen weiteren Entscheidungen im Bildungsbereich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung, da ich annehme, dass auch von der Berichterstattung kein Schlusswort gewünscht wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit, wenn ich das richtig gesehen habe.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen. (Präsident Ing. Klamt übernimmt den Vorsitz.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden (580 und 610/NR sowie 6364 und 6369/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (582 und 614/NR sowie 6365 und 6370/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (583 und 616/NR sowie 6371/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.


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Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 4 bis 6 hat Herr Bundesrat Leopold Steinbichler übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Leopold Steinbichler: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Abschließend bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl. Ich erteile es ihm.

13.33

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Hier liegen mehrere Gesetzesänderungen zur Beschlussfassung vor. Mich stört in erster Linie, dass seitens der Frau Bundesministerin nicht die Möglichkeit genutzt wurde, weitreichendere Reformschritte zu setzen.

Auch in der öffentlichen Diskussion ist es bedauerlicherweise nicht so sehr um pädagogische, methodische oder didaktische Fragen des Unterrichtes gegangen, sondern in erster Linie darum, wie man Kinder, wie man Schüler disziplinieren kann.


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Für mich ist auch der Bericht des Unterrichtsausschusses sehr vielsagend. Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, Ihnen diesen Satz zur Kenntnis zu bringen; es ist der erste Satz in diesem Bericht, der lautet: "Durch die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wird immer mehr der im § 2 des Schulorganisationsgesetzes verankerte Erziehungsauftrag der österreichischen Schule, der eine Ergänzung des elterlichen Erziehungsrechtes darstellt, eingefordert."

Ich appelliere auch an die Freiheitliche Partei, denn wir haben in Kärnten vor kurzem eine sehr hochrangige pädagogische Konferenz durchgeführt, und es hat mich gefreut, dass dort auch Vertreter der Freiheitlichen Partei dem sehr aufgeschlossen gegenübergestanden sind. Wir haben nämlich genau über diesen § 2 Schulorganisationsgesetz diskutiert, der natürlich nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden könnte, und ich hoffe immer noch, dass das gegen die Konservativen in Zukunft möglich sein wird. Es geht um den so genannten Zielparagraphen 2; ich darf nur in Erinnerung rufen, wie die Formulierung lautet: "Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, des Guten und Schönen durch eine ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken." (Bundesrat Dr. Böhm: Was ist da schlecht dran?)

Eine derart verstaubte Formulierung, wie sie hier gewählt worden ist, ist, so glaube ich, in der heutigen Zeit nicht mehr angebracht, und ich hoffe doch, dass sich in Zukunft eine breite Mehrheit mit der Freiheitlichen Partei gegen die ÖVP finden lässt, dass es endlich zu einer vernünftigeren Formulierung kommt, die auch zeitgemäßer ist. Denn was ist das Schöne, was ist das Gute, was ist das Wahre? – Darüber würden wir lange diskutieren können, das sind sicherlich sehr interessante Diskussionen.

Oder: der Begriff "religiös". Liebe Damen und Herren! Ich kann mit der katholischen Kirche, ich kann mit keiner Kirche etwas anfangen, aber mit welchem Recht geht der Staat her und postuliert, dass die Kinder nach religiösen Gesichtspunkten zu unterrichten sind?! Ich lehne das ab! Wenn Sie das wollen, können Sie Ihre Kinder in die katholische Privatschule schicken, aber Sie haben nicht das Recht, das für die Allgemeinheit zu fordern. (Bundesrat Dr. Maier: Sie wissen in Ihrem eigenen Klub nicht, was Sie wollen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zum Positiven dieser Gesetzesnovelle, dem wir Sozialdemokraten uns durchaus anschließen können: Politische Bildung ist eine Forderung, die genau in der heutigen Zeit mehr als berechtigt ist – Politische Bildung erstens als Unterrichtsprinzip und zweitens auch als politisches Fach. Nur würde ich meinen, Frau Ministerin, gehen wir endlich anständige Schritte in dieser Sache und nicht halbherzige! Politische Bildung hat entsprechend stattzufinden! Zumindest in der Sekundarstufe hat Politische Bildung bereits mit der ersten Klasse zu beginnen – und nicht so halbweich in der vorletzten Stufe einer Pflichtschule.

Oder, sehr geehrte Damen und Herren, die Integration: Sie ist ein großes Anliegen der Sozialdemokraten. Ich finde es richtig, dass beeinträchtigte Kinder in der Gesellschaft integriert leben, dass sie im Kindergarten integriert werden können, dass sie in der Volksschule integriert werden können, was bereits gegeben ist. Ja, aber warum sperren wir beeinträchtigte Kinder, behinderte Kinder aus dem Schulsystem aus, wenn die Kinder etwa in die Berufsschule gehen wollen, wenn sie ausgebildet werden sollen? – Da soll die Integration nicht mehr stattfinden. Oder hört die Behinderung in diesem Altersbereich etwa auf? – Ich glaube, dass man den Mut haben sollte, weitere Schritte im Integrationsleben zu setzen.

Ich komme kurz noch zu den Verhaltensvereinbarungen. Ich frage mich, Frau Ministerin – vielleicht können Sie uns darauf eine Antwort geben, für mich habe ich die Antwort –: Wer braucht diese Verhaltensvereinbarungen? (Ruf bei der ÖVP: Die Lehrer, die Eltern und die Schüler!) Wer will die Kinder in besonderer Weise disziplinieren? – Der gute engagierte Lehrer kommt mit den Kindern ohnehin zurecht, der braucht keine Rohrstaberlmethode. Wer will diese Verhaltensvereinbarungen? (Bundesrat Dr. Maier: Sie haben die falsche Rede mit, Herr Kollege!)


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Frau Ministerin! Mir tut das ausgesprochen Leid. Wir haben engagierte Lehrer, die über diese Gesetzesnovelle nur den Kopf schütteln. Wir haben engagierte Eltern, die mit solchen Methoden nichts anzufangen wissen. Ich kenne aus meiner vorhergehenden beruflichen Tätigkeit auch hervorragende Beamte im Ministerium, die drei Kilometer weiter sind als diese politische Klasse, die heute das Sagen hat. Ich erinnere mich zurück an Bundesminister Scholten, einen Visionär, der zum Beispiel von der Schulautonomie gesprochen hat, der Wege beschritten hat in diese Richtung, der erstmals versucht hat, den Integrationsgedanken breit in die Bevölkerung hineinzutragen.

Heute sind wir so weit, dass die Bundesregierung, die Frau Bundesministerin verwaltet, aber dafür ist mir ein Ministergehalt zu viel, dafür würde ein Buchhalter reichen. Ich hoffe, dass die Schulpolitik in Zukunft reformfreudiger wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Saller. Ich erteile es ihm.

13.39

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss eingangs schon einige Anmerkungen zu meinem Vorredner, Herrn Kollegen Würschl, machen, denn es ist geradezu eine Kunst, dass man etwas so Gutes derart umdrehen kann und eine solche Sichtweise findet.

Es ist schon so, dass die weitreichenderen Vorschläge unserer Frau Ministerin von der SPÖ, von der sozialdemokratischen Fraktion gekürzt worden sind – nicht wir haben sie gekürzt!

Ich bin eigentlich froh, dass ich mich nach dem Schulunterrichtsgesetz zu den guten, wahren, schönen und religiösen Werten bekennen kann, und ich schäme mich dafür nicht.

Ich möchte aber noch zu etwas anderem sprechen. Im Rahmen dieser Novellen werden heute viele Dinge behandelt und beschlossen, und ich möchte, weil sie hier auch angesprochen worden ist, auch etwas zur Integration sagen, weil ich glaube, dass auch da die sozialdemokratische Fraktion einem großen Irrtum aufsitzt. Integration ist in der Pflichtschule etwas besonders Wichtiges. Wir bekennen uns dazu. Sie stellt die Betroffenen, Kinder, Schule und Eltern, aber auch vor große Herausforderungen, und ich glaube, man braucht dazu eine gute Partnerschaft, Verständnis und natürlich auch entsprechend ausgebildete Lehrer.

Integration ist dort wichtig, wo sie für Betroffene sinnvoll ist. Zwangsbeglückungen haben, so glaube ich, keinen Sinn, das muss man ganz klar sagen. Im Mittelpunkt hat der betroffene Schüler zu stehen. Und dann hat man zu befinden und zu beurteilen: Ist die Integration das Richtige oder ist der Besuch einer Sonderschule für den Betroffenen besser?

Ich habe mir die im Nationalrat gehaltenen Reden zu diesem Thema angesehen, und ich möchte von dieser Stelle aus auch ein Bekenntnis zur Sonderschule ablegen. Wir haben ein ausgezeichnetes System der Sonderschulen. Dort leisten ausgebildete Lehrkräfte qualifizierte Arbeit, und ich verwahre mich dagegen, wenn, wie ich zum Beispiel gelesen habe, die Grünen im Nationalrat die Abschaffung der ASO verlangen, Rechtsansprüche und so weiter fordern. Das lehne ich ab, das hat auch keinen Sinn.

Ich darf schon daran erinnern, dass es gerade Frau Ministerin Elisabeth Gehrer in ihrer ersten Amtsperiode war, die die entscheidenden Schritte und Meilensteine bezüglich Integration in der Sekundarstufe gesetzt hat. Das muss man auch einmal klar und deutlich sagen.

Interessant wird jetzt, dass im Ablauf der Integration in der Pflichtschule gerade das neunte Jahr fehlt, die Polytechnische Schule. Es wäre eigentlich völlig logisch gewesen, auch hier einzugreifen und das auf das Regelschulwesen auszuweiten. Es ist für mich nicht verständlich und nicht nachvollziehbar, wenn seitens der Sozialdemokratischen Partei von der zehnten, elften Stufe, von der Berufsschule, gesprochen wird, über die man reden kann, aber genau das neunte Schuljahr, die Polytechnische Schule, ausgeklammert wird. Das ist mir eigentlich nicht ganz klar,


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denn gerade die Polytechnische Schule ist eine wichtige Schule der Berufsvorbereitung. Es hat in diesem Bereich große Veränderungen und eine rasante Entwicklung gegeben, und sie wird heute all den modernen Anforderungen gerecht.

Gerade im letzten Pflichtschuljahr, in der Polytechnischen Schule, sind die gesellschaftliche und berufliche Integration und der wohl vorbereitete Übergang in die Berufswelt besonders wichtig. Das darf nicht außer Acht gelassen werden!

Auf Grund dieses Verhaltens allein macht die SPÖ sicherlich keinen Schritt vorwärts, sondern rückwärts. Und so sind wir froh, dass Frau Bundesministerin Dr. Gehrer wenigstens im Zuge der Schulversuche weiterhin gewährleistet, dass es diese Möglichkeit gibt. Dafür sind wir ihr wirklich dankbar.

Abschließend möchte ich noch ein paar kurze Sätze zu den Verhaltensvereinbarungen sagen; meine Nachredner werden das noch genauer ausführen. Ich möchte aus meiner Sicht, als Leiter einer Sporthauptschule sagen: Anstatt dass die Sozialdemokratische Partei nach vorne blickt, hat sie zwei Salti rückwärts gemacht. Unsere Autonomie ist derzeit schon so weit entwickelt, und diesen Schritt zu machen wäre wieder ein Stück dieses Weges gewesen. Es wären alle Partner, Lehrer, Schüler, Eltern, gleichberechtigt miteinbezogen worden. All dieses Gerede vom Rohrstaberl und so weiter ist ein Unsinn, sondern wenn wir gemeinsam auf diesem Weg vorangeschritten wären, wäre es zu einer weiteren Qualitätsverbesserung und Demokratisierung gekommen.

In diesem Sinne ist das Nein der SPÖ für mich nicht nachvollziehbar. Aber Gott sei Dank hat auch hier die Frau Bundesministerin einen Weg gefunden, dass man in den Schulen entsprechende Vereinbarungen schließen kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.45

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte.

13.46

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kollegen! In der Vielzahl und auch der Vielfarbigkeit der Debatten um diese so genannte Schulreform fällt mir auf, dass auch bei dieser heutigen Debatte – mit einer oder einer halben Ausnahme – der Ansatz zum Nachdenken, was Reform in Wirklichkeit bedeutet, eigentlich fehlt. Das heißt, mit dem, was jetzt im Nationalrat beschlossen wurde, sind schlichtweg modifizierte oder schon ziemlich praktizierte Gegebenheiten nachvollzogen worden. Das heißt, eine Reform ist das nicht.

Ich wähle einen anderen Ansatz, weil es mir um politische Auseinandersetzung und auch Gesprächskultur geht. Ich wähle den anderen Ansatz zu sagen, warum daraus keine Reform geworden ist, und zwar ganz einfach deshalb, weil Frau Bundesministerin Gehrer dem allgemeinen Sparmaßnahmenerlass – wir müssen für die Zukunft sparen, für unsere Kinder! – unterworfen ist und sich dem auch offensichtlich untergeordnet hat. Ich habe einmal bei einem Fernsehauftritt die Augen zugemacht und mir gedacht, was wäre, wenn Frau Bundesministerin Gehrer, die selbst Pädagogin war – das kann man nicht wegschalten, auch wenn man Politikerin wird –, eine Investition für unsere Jugend und für die Bildung unserer Jugend, von der auch ihr Bundeskanzler spricht, fordern und sagen würde: Ich fordere für eine qualitative Verbesserung der Ausbildung unserer Jugendlichen das, das und das!? Ich glaube, das wäre eine der größten Demonstrationen von Menschen, Jugendlichen, Eltern und auch Lehrern geworden, und vielleicht hätten wir auf diese Weise – man muss es aussprechen – das erforderliche Budget gemeinsam erkämpft.

Das haben wir nicht gemacht, sondern wir müssen jetzt eine Anpassung an Gegebenheiten der Schule als Reform verkaufen. Frau Bundesministerin! Ich kann das nachvollziehen, wie es einem dabei geht, wenn man selbst weiß, dass das keine Reform ist.


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678. Sitzung / Seite 74

Wenn es Konflikte und Auseinandersetzungen gibt – Dieter Antoni arbeitet mit, und ich kann mir vorstellen, dass er dagegen nichts hat – und eine andere Gruppe kommt und sagt, wir stimmen dem nicht zu, dann ist das ein ganz normaler politischer Diskurs innerhalb von Gruppen, von Klubs und dergleichen. Und dann macht man natürlich Wirbel.

Frau Bundesministerin! Sie werden mir erlauben, am Schluss etwas zur Handschlagsqualität und Qualität der Unterschrift zu sagen – obwohl Sie meine Chefin sind, aber ich denke, in der Demokratie sollten untergeordnete, zugeordnete Beamtinnen und Beamte, Lehrerinnen oder Lehrer auch dort, wo es um die politische Auseinandersetzung geht, den Mut und das Engagement haben, das beim Namen zu nennen, was auch meine Frau Ministerin beim Namen genannt hat. Wie gesagt, ich komme am Schluss meiner Ausführungen darauf zu sprechen.

Frau Bundesministerin! Sie haben alle Unterstützung, wenn Sie sagen – ich sage jetzt das Tirolerische oder das Kärntnerische nicht davor –: Um eine Verbesserung der Qualität der Ausbildung unserer Jugendlichen zu gewährleisten, brauche ich mehr Budget! – Punkt. Das wäre vielleicht, würden Sie zum Vorwurf bekommen, phantasielos.

Wir wissen, Frau Bundesministerin, dass wir eine Reduzierung der Klassenschülerhöchstzahlen brauchen. Wir haben unter der vorigen und der vorvorigen Regierung in der Handelsakademie und in den höheren Schulen eine Klassenschülerhöchstzahl von 30 Kindern gehabt. Da ist seinerzeit immer dabeigestanden: plus 20 Prozent Toleranzgrenze. Faktum ist, dass wir in den ersten Klassen der Handelsschule, der Handelsakademie, des Gymnasiums 36 Kinder haben. Ich sage dazu, dass die Kinder mittlerweile in wunderschönen neuen Schulen mit Schulklassen untergebracht sind, die eigentlich für 20 bis 25 Schüler und nicht für 36 Schüler konzipiert sind.

Jeder von uns weiß das, wenn wir Politikerinnen und Politiker inhaltliche Arbeit leisten wollen und jemand referiert, organisiert oder vermittelt, dann stellt eine Gruppe von 36 Leuten nicht die beste Arbeitssituation dar.

Wir sollten daher von Seiten der Politik über bessere Arbeitsmöglichkeiten, effizientere Arbeitsmöglichkeiten für Schüler und Lehrer nachdenken. Ein Team von 36 Menschen, das 50 Minuten lang miteinander arbeitet, bietet nicht die beste Arbeitssituation. Das wissen wir aus unserem Job, und dasselbe gilt natürlich auch für die Schule, weil die Schule nicht "Lernen fürs Leben" ist, sondern reales Leben, das heißt die Arbeitswelt der Schüler, darstellt.

Zweiter Punkt: Politische Bildung in der achten Klasse oder sonst wo. Ja, aber was mir fehlt, ist die Auseinandersetzung mit der Frage: Was bedeutet Politische Bildung? – Ich mache aus meinem Herzen gar keine Mördergrube, denn ich habe das seinerzeit schon immer gefordert, weil wir in unseren Schulen die Gegenstände Staatsbürgerkunde, Rechtslehre, Geschichte und dergleichen haben und unsere Jugend über Staat, Verfassung und Demokratie trotzdem nicht ausreichend informiert ist. Aber wenn ich mir jetzt die Debatten auf politischer Ebene anhöre, was Mann und Frau unter Politik verstehen, nämlich die Meinung der Regierenden hat zu gelten, alles andere – früher hat es Kritik und Opposition geheißen – ist Österreich-zerstörend und nicht akzeptabel, ... (Bundesrat Ledolter: Bitte, wer sagt denn das? Wer sagt denn das, Frau Kollegin?) Ich werde es an meiner Tochter erleben, wie diese Form der Politischen Bildung ausschaut.

In Wirklichkeit ist das Unterrichtsprinzip Politische Bildung nicht so gelebt, gelehrt, unterrichtet und im Team erarbeitet worden, wie das Unterrichtsprinzip seit vielen Jahren eigentlich schon in allen Gegenständen besteht. Würde man das hervorragend machen, dann könnten wir uns das andere entweder schenken oder vielleicht noch ergänzend dazu vorsehen.

Aber – ich sage es heute schon – es wird heftige Auseinandersetzungen geben, das kann ich Ihnen prophezeien, wenn ich mir Aussagen von Politikern in den Medien und im Parlament anhöre, was sie unter Politik verstehen: Politik ist nicht Parteipolitik! Das wird hier, in diesem so genannten Hohen Haus, auch ausgesprochen. Ja, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, was mache ich dann außer Partei ergreifen? – Egal, wie dieses Ding Partei heißt, wenn ich Partei ergreife für Menschen, für Entrechtete oder für das Kapital, dann ist das Parteinahme, und dann ist das Parteipolitik!


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Wenn diese Sprache jetzt in unseren Schulen Einzug halten soll, dann hoffe ich, dass meine Tochter diese Form der Politischen Bildung nicht mehr miterleben muss, aber es wird ihr nicht erspart bleiben, denn mit 13 muss sie noch einige Jahre in die Schule gehen. Wir werden sehen. Jedenfalls: Politische Bildung hat einen News-Wert ohne Inhalt.

Der dritte Punkt ist die Integration. Der Kollege vor mir hat das ausgesprochen, was das schlechte Gewissen dieser Gesellschaft und auch der Politik ist. Sie, Herr Kollege, haben gesagt, Integration solle gemacht werden, aber es solle keine Zwangsbeglückung geben. Sie wissen nicht, was das heißt! Sie wissen wirklich nicht, was das heißt!

Wir haben an meiner Schule, in meiner Handelsschulklasse – um das auch aufzuklären: ich habe eine 40-prozentige Lehrverpflichtung –, das Wagnis auf uns genommen, einen Schüler, der nicht behindert ist, also kein ASO-Sternderl oder sonst irgendetwas hat, in unserer Schule aufzunehmen. Er hat bloß ganz kleine Probleme in der Konzentration, im händischen Umsetzen, das heißt bei Steno, Maschinschreiben und ein bisschen am PC. Sofort wird mein Direktor gefragt, warum wir behinderte Kinder in der Handelsschule aufnehmen, sofort wird davon gesprochen, dass die Eltern das Kind zwangsbeglücken. Wissen Sie, was der Punkt ist? – Ob es Zwangsbeglückung ist, ob das Kind in dieser oder jener Schule gut oder nicht gut untergebracht ist, das ist nicht alleinige Entscheidung der Eltern, der Kinder, sondern das ist auch ein Versuch. Das heißt, eine eindeutige Zuordnung gibt es weder für hyperintelligente Kinder noch für so genannte verhaltensgestörte Kinder – das Wort ist mittlerweile auch missbraucht –, noch für körperlich oder anders behinderte Kinder.

Das heißt, Integration muss maximalen Freiraum für gute Arbeitsmöglichkeiten bieten, und bei der Integration ist es so wie bei der Schule: Man muss den Mut haben, etwas zu versuchen und zu probieren.

Zum letzten Punkt, zur Handschlagsqualität: Frau Ministerin! Ich hätte es nicht angesprochen, wenn Sie – ziemlich unüblich für Ihre sonstige Form der Präsentation – hier nicht gesagt hätten – Sie haben es sehr vermieden, dabei in Richtung der SPÖ-Opposition zu schauen –: Wo bleibt bei der Opposition die Handschlagsqualität?

Frau Ministerin! Sie werden sich an Ihren Satz erinnern, den Sie vor der Nationalratswahl gesagt haben. Ich versuche ihn jetzt zu finden, aber ich kann ihn, so glaube ich, auswendig, ansonsten werden Sie mich korrigieren. Als Sie und Ihr Bundeskanzler gefragt wurden, was die ÖVP machen werde, wenn sie nicht als zweitstärkste Kraft in diesem Lande aus der Wahl hervorgehe, haben Sie gesagt – ich kann jetzt nicht im Original zitieren, weil mir der Zettel abhanden gekommen ist –: Da halten wir es so wie im Sport: Wenn man ein paar hundertstel Sekunden später im Ziel ist, dann steht man nicht auf dem Stockerl! Das heißt, wenn die ÖVP um ein paar Tausendstel verliert, sind Sie in der Opposition. (Bundesrat Würschl: Die Christen vergessen leicht!)

Das meine ich jetzt gar nicht böse, sondern ich denke, Frau Ministerin, Sie sollten so viel Toleranz für die Opposition haben, dass Sie nicht aus Kritik plötzlich einen Vorwurf der Destruktion machen. Wenn Sie das Recht gehabt haben, inklusive Ihres Parteivorsitzenden Schüssel, es sich nach vielen Monaten wieder zu überlegen und zu sagen, das gilt nicht, was wir vorher gesagt haben, wir gehen jetzt in die Regierung, dann sollten Sie so viel Toleranz für Demokratie haben, dass Sie Opposition auch in Würde ertragen, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werfen der Opposition, insbesondere der SPÖ, vor – die Grünen bleiben Gott sei Dank oder Grün sei Dank davon verschont –, die Sozialdemokratie leide unter dem Machtverlust. Frau Ministerin! Sehen wir das ganz locker! Wenn Sie früher verbale Steine gegen die Opposition werfen, dann haben Sie doch so viel Verständnis, dass Sie sich auf die Oppositionsbank setzen und überlegen: Wie will ich, dass mit mir umgegangen worden wäre, hätte ich mein Wort gehalten?! – Nicht mehr und nicht weniger verlange ich als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, in einer Oppositionsrolle, in der ich mich sehr wohl fühle. – Freundschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

13.57


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 76

Präsident Ing. Gerd Klamt:
Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.

13.57

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn man zitiert, sollte man richtig zitieren. Ich bin gefragt worden, ob man Dritter ist, wenn man gleich viel Stimmen hat. Darauf habe ich gesagt: Auch im Sport ist es so: Wenn es nur ein paar tausendstel Sekunden sind, ist man Dritter. Dritter ist Dritter!

Ich möchte Folgendes zu dieser ganzen Frage festhalten: Die Qualität des Schulwesens in Österreich ist eine hoch stehend. Das hat die OECD vor kurzem in ihrer Studie bestätigt.

Zweitens: Wir investieren 110 Milliarden Schilling in Bildung und liegen damit in der OECD-Rangliste fast an der Spitze. Das heißt, wir investieren viel Geld in die Bildung. Das ist gut so, das ist die Zukunft.

Wir müssen aber dazuschauen, dass wir dieses Geld richtig verteilen. Deswegen haben wir mit dem alten Gießkannensystem-Denken, mit dem alten Verschwendungs-Denken ein Ende gemacht. Es ist richtig und notwendig, die Budgetmittel im Bildungsbereich, die vielen Gelder, die wir für die qualitativ hoch stehenden Schulen ausgeben, gut zu positionieren – und das tun wir.

Wir setzen Weiterentwicklungen nach modernen Herausforderungen, und diese Weiterentwicklungen haben sich in dieser Gesetzesvorlage niedergeschlagen: die Weiterentwicklung zur Politischen Bildung – eine langjährige Forderung aller Schülervertreterinnen und Schülervertreter, aller Lehrervertreterinnen und Lehrervertreter. Ich stelle ganz klar und deutlich fest, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer, egal, wohin sie politisch gehören, die Qualität haben, diesen Unterricht nach objektiven Kriterien zu geben, und darüber bin ich sehr froh. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich lasse der Lehrerschaft gerade in dieser Richtung nichts unterstellen. Das ist mir wirklich ein großes Anliegen.

Zum Bereich der Integration: Es ist traurig, dass von der Sozialdemokratischen Partei verhindert wurde, dass wir die Möglichkeit der Integration im gesamten Bereich der allgemein bildenden Pflichtschule festschreiben können. Das wäre eine sehr gute, logische Weiterführung dieser Möglichkeit gewesen.

Für mich steht bei all diesen Diskussionen immer das Kind im Mittelpunkt. Die Frage ist: Was ist die beste Ausbildung, was ist das beste Angebot für den jungen Menschen, der eine Behinderung hat? – Das zu klären, ist Aufgabe der Schulbehörde. Und egal, ob diese Kinder integrativ oder in unseren guten Sonderschulen, in unseren guten Förderklassen betreut werden, immer werden sie nach einem für sie adaptierten System, nach eigenen Lehrplänen unterrichtet. Kinder, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, werden in der Hauptschule nach den sonderpädagogischen Lehrplänen unterrichtet und schließen auch diese sonderpädagogische Ausbildung ab.

Ich meine, dass wir gerade bei Kindern, die ein Defizit haben, sehr sensibel sein müssen, ihnen die bestmögliche Chance geben müssen und in eine berufliche Tätigkeit einzusteigen. In diesem Zusammenhang würde ich mir wünschen, dass von gewissen Sozialpartnern endlich die Möglichkeit der Anlehre mitgetragen wird, damit wir diesen jungen Menschen, die ein Defizit haben, auch eine Anlehre zukommen lassen können. – Wir werden versuchen, mit Schulversuchen diese wichtige Maßnahme der Integration in der Polytechnischen Schule weiter abzusichern.

Verhaltensvereinbarungen sind eine moderne Weiterentwicklung für jene Schulen, die es möchten. Was leider auch verhindert wurde, ist, dass die Verhaltensvereinbarungen nur mit einer Zweidrittelmehrheit in den Schulpartnerschaftsgremien beschlossen werden können.


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Jetzt ist es so, dass die Schulen schuleigene Verhaltensvereinbarungen beschließen können, allerdings steht die Zweidrittelmehrheit, die wir so gerne gehabt hätten – damit die Eltern, die Lehrer und die Schülerinnen und Schüler abgesichert und partnerschaftlich mitarbeiten –, leider nicht im Gesetz.

Trotzdem ist es ein ungeheuer guter Reformschritt, dass wir diese Verhaltensvereinbarungen in das Bewusstsein gerufen haben und dass wir dazu aufrufen, dass alle Schulpartner an der Schule mitarbeiten, dass die Schule getragen wird von der Mitarbeit der Eltern, der Lehrer und der Schüler. Ich bedanke mich bei allen, die diese moderne Form der Pädagogik auch in die Tat umsetzen, und bei allen, die in der Schulpartnerschaft wirklich tätig sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.03

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Peter Böhm. – Bitte.

14.03

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich versuche, nach der Polemik meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Trunk, wieder zur Sache zurückzukommen.

Zur Beschlussfassung liegt uns heute ein Paket an Schulgesetzen vor, das nach meiner Überzeugung durchaus Meilensteine setzt. Leider ist einer davon unterwegs verloren gegangen – wir haben ja schon gehört, wen die politische Schuld daran trifft.

Mit den Änderungen des Schulorganisationsgesetzes wäre nämlich die volle Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch in der Polytechnischen Schule ermöglicht worden. In Schulversuchen hat sich das bereits voll bewährt. Damit wäre das Ziel erreicht worden – die Frau Bundesministerin hat es schon erwähnt –, diese Integration in das Regelschulwesen in allen Schularten der allgemeinbildenden Pflichtschulen zu gewährleisten. Zugleich wäre dadurch künftig der gemeinsame Schulbesuch von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und jenen ohne einen solchen in so genannten Integrationsklassen auch noch in der neunten Schulstufe als Regelschulform eröffnet worden.

Über die allgemeine Schulpflicht hinaus würden Schüler mit Beeinträchtigungen in diesem Rahmen berufsorientierende und berufsvorbereitende Kenntnisse vermittelt. Dass das ihren Eintritt in das Arbeitsleben erheblich erleichtern könnte, versteht sich wohl von selbst. Nach Schätzungen würden etwa 40 Prozent der heute etwa 1 700 Integrationsschüler der achten Schulstufe in der Polytechnischen Schule, also auf der neunten Schulstufe, zu integrieren sein. Aber, wie gesagt, die Sozialdemokratie hat diese Lösung verhindert.

Eine zum Glück erzielte Änderung erhöht die Durchlässigkeit des Bildungssystems. Für Absolventen der ersten Klasse einer berufsbildenden mittleren Schule entfällt fortan die Aufnahmsprüfung in die berufsbildende höhere Schule. Ebenso werden die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schule adaptiert und dadurch für Absolventen der Polytechnischen Schule mit besonderen Leistungen geöffnet.

Nicht zuletzt wird "Politische Bildung" in der Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schule als Pflichtgegenstand verankert – diesbezüglich haben wir ja allseitigen Konsens –, allerdings ist das im berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesen bereits heute schon der Fall. In der AHS hätte man zwar die Vermittlung solcher Inhalte schon bisher im Zusammenhang mit dem Unterrichtsfach Geschichte, aber auch Rechtskunde, erwarten können, aber offensichtlich war das in der Praxis nicht immer zureichend der Fall. Insofern kann man als der demokratischen Republik und dem freien Rechtsstaat verpflichteter Parlamentarier diese neue Schwerpunktsetzung nur vorbehaltlos begrüßen.

Eine nicht minder bedeutsame Weiterentwicklung des Schulprogramms bringt die Änderung des Schulunterrichtsgesetzes mit sich. Mit ihr wird der Erziehungsauftrag der österreichischen


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Schulen konkretisiert. Zugleich sollen so genannte Verhaltensvereinbarungen die heute zunehmend belastete Schulkultur verbessern. Je mehr Aufgaben nämlich in Bezug auf Erziehung und Persönlichkeitsbildung durch die gesellschaftliche Entwicklung auf die Schulen abgewälzt werden, desto mehr sind alle Schulpartner – ob Lehrpersonal, Schüler oder Elternschaft – gefordert, an der Erfüllung dieses Auftrages eigenverantwortlich mitzuwirken.

Im Einzelnen soll es dem Schulforum beziehungsweise dem Schulgemeinschaftsausschuss künftig ermöglicht werden, schuleigene Verhaltensvereinbarungen festzulegen. Verstärkt geht es dabei darum, in Erziehungsfragen zu beraten, in Konfliktsituationen Hilfe zu gewähren und schulspezifische Konfliktlösungsformen zu entwickeln.

All das kann in der autonomen Schulordnung verankert werden. Der zuständige Bundesminister gibt dafür bloß eine Rahmenregelung vor. Er hat durch Verordnung die näheren Vorschriften über das Verhalten in der Schule, bei Schulveranstaltungen, bei schulbezogenen Veranstaltungen, über Maßnahmen zur Sicherheit der Schüler in der Schule bei Schulveranstaltungen sowie zur Ermöglichung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebes unter Bedachtnahme auf das Alter der Schüler, die Schulart sowie die der Schule obliegenden Aufgaben zu erlassen.

In der auf dieser Grundlage erstellten autonomen Schulordnung kann das Schulforum beziehungsweise der Schulgemeinschaftsausschuss ein schulpartnerschaftliches Gremium zur Beratung, Hilfestellung und Konfliktbearbeitung einrichten. In diesem Gremium müssen Lehrer, Erziehungsberechtigte und Schüler ab der neunten Schulstufe im gleichen Verhältnis vertreten sein.

Unerfindlich bleibt nach all dem, wie es möglich war, ein dermaßen liberales, konsensuales, auf Kooperation angelegtes und die Autonomie der Schulgemeinschaft stärkendes Modell zur Regelung des inneren Schulbetriebes als "Rohrstaberl-Pädagogik" und somit als autoritär abzuqualifizieren.

Wenn eine solche Verzerrung von Tatsachen und Regelungsintentionen der sozialdemokratischen Fraktion im Nationalrat anzulasten ist, so lässt sich das nur mit völliger ideologischer Voreingenommenheit oder undifferenzierter Fundamentalopposition erklären. Das ist umso mehr zu bedauern, als eine Zustimmung der SPÖ – angesichts der Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit in diesem Bereich der Schulgesetzgebung – eine noch liberalere und noch konsensualere Regelung, nämlich die schon angesprochene Entscheidung mit Zweidrittelmehrheit ermöglicht hätte. Eine solche zu verhindern kann doch wohl nicht Ihre politische Zielvorstellung gewesen sein, meine Damen und Herren von der SPÖ! Mit gutem Grund hat sich daher sogar der Schulsprecher der Grünen um eine parteiübergreifende Lösung bemüht, das sei vorbehaltlos anerkannt.

Positiv ist nicht zuletzt noch hervorzuheben, dass ein Frühwarnsystem – analog jenem auf die Schulleistung bezogenen – die Eltern rechtzeitig auf kritische Verhaltenssituationen hinweisen soll und gegebenenfalls pädagogisch sinnvolle Begleitmaßnahmen auslösen kann.

Alles in allem bewegen sich diese neu geschaffenen oder ausgebauten Instrumente daher meines Erachtens der Zeit entsprechend auf dem letzten Stand der Schuldidaktik und der schuleigenen Konfliktkultur. Deshalb wird meine Fraktion beiden Vorlagen aus sachlicher Überzeugung gerne ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.10

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

14.10

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Mein Vorredner hat es angeführt: Die Grünen haben sich in den letzten Wochen sehr um einen Kompromiss in dieser Frage bemüht – ich betone, um einen Kompromiss, denn es geht immer noch in letzter Konsequenz um die Schülerinnen und die Schüler. Wenn uns zum Beispiel Appelle von Schülervereinigungen an den Nationalrat – ich nehme an, dass dabei auch


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der Bundesrat gemeint ist – erreichen, in denen wir gebeten werden, nach bestem Wissen und Gewissen für eine moderne Schule zu entscheiden, dann denke ich, sind wir den Schülerinnen und Schülern gegenüber verpflichtet, dass das, was wir in der Politik tun, für sie auch verständlich ist. Denn vieles, was die Politik für sie entscheidet, ist für viele Schülerinnen und Schüler in der Form gar nicht nachvollziehbar.

Wir diskutieren heute über mehrere Schulgesetze. Ich habe mich als Pro-Redner zu Wort gemeldet, obwohl ich einem Gesetzentwurf nicht die Zustimmung geben werde. Ich werde aber allen anderen Vorlagen meine Zustimmung erteilen, und zwar auch dem vorhin diskutierten Kärntner Minderheiten-Schulgesetz. Auch da gibt es eine Verbesserung in der Sache, obwohl man seit 1989 gewusst hatte, dass das nicht verfassungskonform ist. Aber auch hier fehlt sozusagen ein letzter Schritt: ein letzter Schritt in der Qualität. Es wäre nämlich das System der Abmeldung besser als das der Anmeldung. Auch das würde einen Schritt weiter in eine moderne, offene und innovative Schule bedeuten.

Das Fach "Politische Bildung" wird eingeführt. Ja, das muss sein, und die Schüler sind daran interessiert, sowohl geschichtlich als auch in der Gegenwart. Allerdings hätten wir uns dieses Fach nicht erst ab der siebten und achten Schulstufe gewünscht, denn die Schüler und Schülerinnen fragen, konfrontieren die Eltern wesentlich früher mit diesen Themen.

Nun wurde das Fach "Sozialkunde" in "Politische Bildung" umbenannt. – Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, ein erster Schritt, es in der siebten und achten Schulstufe einzuführen, aber ich denke, für die Frau Ministerin wird dieses Gesetz, dem wir heute hier mehrheitlich oder fast einstimmig die Zustimmung erteilen werden, auch Folgen haben, nämlich im Zusammenhang mit dem Lehrplan, der Lehrplanfestsetzung und auch der Ausbildung. Ich bin schon sehr neugierig, was auf Grund dieser gesetzlichen Beschlussfassung seitens des Ministeriums auf uns zukommen wird.

Zum Punkt Integration: Heute ist hier ein Wort gefallen, dessen Erwähnung ich sehr bedauere. Ich bedauere das insofern, weil ich auch persönlich, in meiner Familie, stark mit diesem Thema konfrontiert bin. – Das Wort "Zwangsbeglückung" ist wohl das schlechteste Wort, das im Zusammenhang mit der Integration von behinderten Menschen fallen kann.

Es ist keine Frage, dass Sonderschulen richtig und wichtig sind, aber sie sind eben Sonderanstalten. Es muss das oberste Ziel sein, überall dort, wo dies möglich ist, behinderte Kinder, Kinder, die sozialpädagogische Förderung brauchen, zu integrieren. Wir dürfen hier den Begriff "Behinderungen" nicht über einen Kamm scheren. Es gibt sehr viele Formen von Behinderungen.

Es muss das Ziel sein, behinderten Kindern die Chance zu geben, möglichst an allen Formen des ganz normalen Schulsystems teilzunehmen. Und da ist es egal, ob es das Regelschulsystem, das Pflichtschulsystem oder ein darüber hinausführendes Schulsystem ist. Wir haben dazu die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.

Ich bedauere sehr, dass das gescheitert ist, was den Polytechnischen Lehrgang betrifft. Aber ich bin froh darüber, dass es im Parlament eine Entschließung gab, mit der die Ministerin aufgefordert wird, das in Schulversuchen weiterzuführen. Das ist wichtig.

Letzter Punkt: die lange Diskussion über die Verhaltensvereinbarungen. Ich bedauere, dass die Diskussion hier im Vorfeld ein bisschen in die falsche Richtung gegangen ist, nämlich in Richtung Disziplinierungsmethoden. Ich gebe schon zu, das Wort "Verhaltensvereinbarungen" kann dies in einer anderen Auslegung vermuten lassen, keine Frage. Aber hier ist für uns von ganz besonderer Wichtigkeit, dass die Schülerinnen und Schüler in einem gemeinsamen Prozess mit den Eltern und den Lehrern eingebunden werden, für diese Verhaltensregeln Mitverantwortung zu tragen, und auch die Möglichkeit haben, ein Veto dagegen einzulegen, und dass diese Verhaltensregeln für alle drei Bereiche gelten, nämlich für die Lehrer, für die Eltern und für die Schüler, und dass sie nicht nur von zwei dieser Gruppen für eine andere Gruppe gemacht werden. Das nennt man heute auch eine neue Form des "partizipativen Miteinanders". Die Schülerinnen und Schüler sollen dafür selbst Verantwortung mit übernehmen.


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Ich bin froh, dass auf Initiative der Grünen dieser Gedanke in der Vorlage enthalten ist. Mein Kind geht in eine Schule, in der zum Beispiel gemeinsam beschlossen wurde: In unserer Schule, im gesamten Areal, im gesamten Gebäude, dürfen weder Eltern, Lehrer noch Schüler rauchen. – Es gibt ein absolutes Rauchverbot im gesamten Bereich für alle Schulpartner. Diese haben das vereinbart, noch ohne das Gesetz zu haben, und das gilt! Und die Schüler wissen, das gilt auch für die Lehrer, und die Lehrer leiden genauso wie wir. Manchmal leiden übrigens die Eltern noch mehr als die anderen beiden Gruppen.

Aber im vorliegenden Gesetzentwurf fehlt der Punkt der Beteiligung der Schüler. Diese Verankerung fehlt mir, und das ist der Punkt, bei dem ich sage, das ist jetzt ein Rückschritt, eine Abkehr von einem Fortschritt, den wir schon gehabt haben. Ich hoffe sehr auf eine diesbezügliche Änderung, und ich höre, dass die Bemühungen, sich noch einmal an den Runden Tisch zu setzen, weitergehen. Die Gräben können nicht so tief sein, dass sie nicht auch überwunden werden können, denn da geht es um die Schule von morgen, um eine wichtige Chance im Bildungssystem.

Die Frau Ministerin hat zwar in ihrer Erklärung gesagt, wie hoch die Ausgaben sind und wie die Schule in Österreich im internationalen Vergleich bewertet wird, aber es gab Sparprogramme, Frau Bundesministerin, und Sie wissen das. Es gab empfindliche Sparprogramme, gerade in jenem Bereich, in dem die Lust der Schülerinnen und Schüler auf die Schule gefördert wurde, nämlich im weiterführenden Bereich, in den Interessenbereichen, die so wichtig für die Motivation sind und den Schülern vermitteln sollen, dass Schule nicht nur harte Arbeit ist.

Wir sollten nie vergessen, dass wir unseren Schülerinnen und Schülern vielfach mehr zumuten, als wir laut Arbeitsverfassungsgesetz den Beschäftigten zumuten, weil nämlich Schule mehr als eine Acht-Stunden-Tätigkeit ist. Die Schüler haben keine 38-Stunden-Woche, sondern sehr oft eine 50-Stunden-Woche. Schülerinnen und Schüler erbringen also eine harte Leistung! Leider wurden ihnen aber einige Felder in jenen Bereichen gestrichen, in denen sie einen kleinen Ausgleich zu dieser harten Leistung gehabt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer. Ich erteile es ihr.

14.18

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wenn man die Redebeiträge einiger Vorredner so ernst nimmt, wie sie gesagt worden sind, dann hat man das Gefühl, uns trennen wirklich Welten, und ich möchte fast einem Zwischenrufer bei einem der vorherigen Punkte Recht geben, der gesagt hat, es ist schade um die Zeit. Trotzdem glaube ich, wir sollten nicht aufhören, miteinander zu reden. Vielleicht kommen wir doch einmal zu einem Konsens und auf einen gemeinsamen Nenner und können den jeweils anderen ein bisschen besser verstehen.

Was ich nicht verstehen kann, ist, dass man einer Regelung, einem guten, richtigen und wichtigen Schritt deshalb nicht zustimmt, weil man sich vielleicht noch mehr erwartet hätte. Das ist doch kein sachlicher Grund für eine Ablehnung!

Ich möchte, nachdem Herr Professor Böhm bereits auf den Inhalt des Schulunterrichtsgesetzes eingegangen ist, bei dieser Novelle aufzeigen, worum es uns dabei geht.

Einige von Ihnen sind vielleicht heute mit dem Auto zum Parlament gekommen und haben dabei hoffentlich die Straßenverkehrsordnung beachtet. Wenn Sie das nicht tun, wenn Sie etwa bei Rot über die Kreuzung fahren, wenn Sie einen Vorrang missachten oder wenn Sie sich alkoholisiert ans Steuer setzen, dann kann das für Sie und andere ganz schlimme Folgen haben.

Hier im Bundesrat regelt eine Geschäftsordnung den Ablauf der Sitzungen, damit ein geordneter Ablauf möglich ist. Wir beschließen im Parlament gemeinsam Gesetze, die letztlich doch Regeln für das Zusammenleben in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft darstellen. Solche Regeln


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sind notwendig. Ich denke, vielleicht haben Sie solche Regeln auch in Ihrer Familie. Man muss klären: Wer bringt in der Früh die Kinder in den Kindergarten? (Ruf: Ich!) Wer holt sie von der Schule ab? Wer geht einkaufen? Wer kocht?, und so weiter. – Auch das sind Vereinbarungen, damit die Abläufe in der Familie funktionieren. Und ich denke, je größer eine Gemeinschaft ist, umso notwendiger sind Regeln.

Natürlich gibt es in der Schule auch jetzt schon Regeln, auch was den Erziehungsauftrag der Schule betrifft. Aber wenn man das Gesetz liest und schaut, was den Lehrern derzeit an Erziehungsmitteln zur Verfügung steht, dann findet man nur: Lob, Ermunterung, Zurechtweisung und Tadel. Und damit hat es sich schon. – Das sind zwar sicherlich notwendige Dinge im erziehlichen Bereich, aber offensichtlich zunehmend nicht mehr ausreichend.

Wir haben in Oberösterreich unter den Pflichtschullehrern vor längerer Zeit zwei Befragungen in einem Abstand von etwa vier Jahren durchgeführt und haben dabei unter anderem jene Faktoren hinterfragt, die die Lehrer als Belastung empfinden. Wir haben bei der zweiten Befragung klar ersehen können, dass sich Lehrer an die meisten Belastungen gewöhnen und sie nach einiger Zeit als nicht mehr so schlimm empfinden. Aber bei einer Frage haben sie eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es da schlimmer für sie geworden ist, nämlich in der Frage der erziehlichen Probleme.

Es war also wirklich hoch an der Zeit, dass man darüber nachgedacht hat, welche Hilfen man der Schule geben kann, damit das Zusammenleben in der Schule wieder besser funktioniert. Frau Ministerin Gehrer hat daher im Ministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet. In dieser Arbeitsgruppe waren auch Vertreter der Eltern, der Lehrer und der Schüler mit dabei. Und das Ergebnis der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe hat man versucht, als Regierungsvorlage im Nationalrat einzubringen.

Von Anfang an hat es bei dieser Diskussion große Schwierigkeiten gegeben, weil – das ist heute schon ein paar Mal zum Ausdruck gekommen – Vorwürfe erhoben wurden wie, da handele es sich um eine Rohrstaberlpädagogik, um einen Rückschritt in die Steinzeitpädagogik.

Die vorliegende Lösung – auch die, die wir jetzt beschließen, aber vor allem die, die wir gerne im Nationalrat zur Beschlussfassung gehabt hätten – stellt sicherlich keinen Rückschritt dar, sondern ganz im Gegenteil einen Fortschritt, eine Weiterentwicklung der schulischen Autonomie, indem eben Spielregeln nicht von oben verordnet, sondern an der Schule selbst vereinbart werden. Das heißt – die Frau Ministerin hat es, so glaube ich, auch schon gesagt –, jede Schule kann selbst entscheiden, ob sie so etwas überhaupt braucht oder nicht, und wenn ja, welche Vereinbarungen sie abschließt.

Es ist verständlich, dass vor allem die Schülervertreter mit der nunmehr vorliegenden Lösung nicht sehr glücklich sind. Denn die ursprüngliche Fassung hätte ja abgesichert, dass in jeder Kurie, also in jener der Schüler, in jener der Eltern und in jener der Lehrer, jeweils eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre, damit es zu einer Vereinbarung hätte kommen können.

Diese Lösung war im Nationalrat nicht machbar, daher ist es zu einer anderen Regelung gekommen, und bei dieser könnte es theoretisch passieren, dass Eltern und Lehrer die Schüler überstimmen. Aber ich denke, wenn der Grundgedanke dieser Verhaltensvereinbarungen eine neue Schulkultur ist, dann ist, für mich zumindest, schwer vorstellbar, dass das in der Praxis wirklich so laufen wird, selbst wenn es möglich wäre. Denn ich glaube, dass jedem, der von diesem Instrumentarium Gebrauch macht, auch bewusst ist, dass Regeln, die man gemeinsam erarbeitet und beschließt, eher Akzeptanz finden als jene, die vorgegeben oder vielleicht sogar aufgezwungen werden. Daher habe ich trotz allem die Hoffnung, dass das gut funktionieren kann.

Wenn man nach Beispielen an Schulen sucht, an denen derartige Vereinbarungen schon gang und gäbe sind, wenn man fragt, was denn da so zwischen den Schulpartnern vereinbart wird, dann hört man zum Beispiel: Wir wollen pünktlich sein. Wir wollen unsere Klasse in Ordnung


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halten oder darauf achten, dass das Mobiliar nicht beschädigt wird. Oder: Wir wollen nicht rauchen. – Das wäre übrigens die richtige Schule für mich, da würde ich gerne hingehen!

Dabei denke ich mir, das ist doch eigentlich verwunderlich, denn das sind meiner Meinung nach lauter Dinge, die doch eigentlich selbstverständlich sein sollten. Die Tatsache, dass sie es nicht sind, zeigt, wie notwendig es in der Schule bereits ist, durch Vereinbarungen diese Dinge wieder bewusst zu machen – ich betone ausdrücklich noch einmal: bewusst zu machen  –, weil es dabei nicht darum geht, Regeln aufzustellen, um bestrafen zu können, sondern darum, bewusst zu machen, worauf es bei uns in der Gemeinschaft beim Zusammenleben ankommt. Man muss sich wieder fragen: Wo soll ich Rücksicht nehmen? Wonach soll ich mich richten, damit es gut funktioniert? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Regeln helfen, ein geordnetes Zusammenleben in einer Gemeinschaft zu ermöglichen. Ich glaube, sie sind notwendig, damit man sich daran orientieren kann und damit es Rahmenbedingungen gibt, auf die man sich als Einzelner der Gemeinschaft auch verlassen kann. Sie zeigen auch Grenzen, nämlich dort, wo ein Verhalten vom Akzeptablen abweicht und dadurch der Gemeinschaft schadet. Das ist in jeder Gemeinschaft, in allen Bereichen des Zusammenlebens so.

Lehrer werden vielfach, besonders jetzt, vor den großen Ferien, um ihren Beruf beneidet. Zunehmend hört man aber schon von vielen Leuten: Ich könnte oder möchte niemals Lehrer sein! – Dabei werden jene Zustände in der Schule angesprochen, unter denen viele Lehrer leiden.

Ich bitte Sie: Schaffen wir doch wieder Rahmenbedingungen, die letztlich allen in der Schule, dem Schulklima und dem Auftrag der Schule zugute kommen und die auch das Lehrersein wieder zu einem erstrebenswerten und einem beneidenswerten Beruf machen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Köberl. Ich erteile es ihm.

14.28

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Nach dem wichtigen Bereich der Sicherheit steht der nicht weniger wichtige Bereich der Schule und der Bildung am Beginn der heutigen Tagesordnung dieser Bundesratsitzung.

Für mich persönlich ist dieses Thema von besonderer Bedeutung, da ich in meinem Beruf als Hauptschullehrer damit zu tun habe. Ich darf dazu ein bisschen auf die Ausführungen meiner Vorredner eingehen.

Frau Kollegin Mag. Trunk ist leider im Augenblick nicht da. Ich hätte ihr gerne etwas zu der durchschnittlichen Klassenschülerhöchstzahl gesagt, die sie angesprochen hat. Ich zitiere aus einer Studie der OECD. Darin heißt es, dass sich Österreich durch eine sehr niedrige Verhältniszahl zwischen Lehrern und Schülern auszeichnet. So liegen die österreichischen Volksschulen mit einer Durchschnittsrate von 14,5 bereits an führender Stelle. Im Sekundarbereich 1, gemeint ist damit die Hauptschule und die Unterstufe der AHS, ist das Verhältnis sogar das niedrigste in der OECD.

Zu Kollegen Würschl darf ich sagen: Diese "ach so verstaubten" Werte, die für mich auch in einer neuen Zeit ihre Gültigkeit nicht verloren haben, verdienen eigentlich Platz für weitreichende Diskussionen. Aber ich habe von Ihnen keine Gegenvorschläge gehört. Daher wird das "ach so Verstaubte" – davon bin ich überzeugt – auch in Zukunft in einer guten Form weiterbestehen können.

Es macht mir Freude, zu unterrichten – das möchte ich hier klarstellen, und ich unterrichte auch in einer Integrationsklasse –, um damit junge Menschen auf die kommenden Aufgaben


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vorzubereiten. Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen zehn und vierzehn Jahren sind von ihren Anlagen und Entwicklungsstufen her sehr unterschiedlich. Letzten Endes sind aber alle sehr dankbar, wenn ein flexibel gestalteter Unterricht ihr individuelles Leistungspotenzial verbessert und die erbrachten Leistungen auch objektiv bewertet und benotet werden.

Im Unterricht geht es längst nicht mehr nur um reine Wissensvermittlung. Wer, wie ich es heute gehört habe, von "Rohrstaberlpädagogik" spricht, hat vom aktuellen Schulwesen keine Ahnung, oder er denkt, wie in manchen Einzelfällen, an eine späte Abrechnung mit eigenen negativen Erfahrungen aus vergangenen Zeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Zusammenspiel von Schülern, Eltern und Lehrern in Form der Schulpartnerschaft ist in den meisten Fällen längst umgesetzt – und erfolgreich umgesetzt. Die Aufgaben der Schule gehen in der Praxis weit über den reinen Bildungsauftrag hinaus und haben in den letzten Jahren an Umfang und Komplexität immer mehr zugenommen. Nach meiner Erfahrung ist der größte Teil der Lehrerschaft bereit, sich den aktuellen Anforderungen zu stellen und neue Aufgaben, die früher von Erziehungsberechtigten erfüllt wurden, zu übernehmen, und dies oftmals auch unbezahlt und außerhalb der Dienstzeit. Jawohl: unbezahlt und außerhalb der Dienstzeit – das muss man auch einmal sagen.

Für mich persönlich zählt zu den schönsten Erfahrungen in meiner Tätigkeit als Lehrer – und das sind immerhin auch schon 15 Jahre – die Aussage eines schwierigen Schülers aus dem Polytechnischen Lehrgang, den ich nach vielen Jahren bei einer Veranstaltung wieder getroffen habe und der zum Abschluss unseres Gespräches gesagt hat: Aber bei Ihnen haben wir etwas gelernt – auch Wichtiges, was nicht in den Büchern gestanden ist! – Ich glaube, da geht es um Dinge, die man jungen Menschen beibringen kann und auch beibringen sollte.

Geschätzte Damen und Herren Bundesräte! Die Vorgeschichte zur Beschlussfassung des so genannten Schulpaketes – im Wesentlichen der Änderung des Schulorganisations- und des Schulunterrichtsgesetzes – bietet weniger Grund zur Freude: Hier wurde Sachpolitik im Interesse von Schülern, Eltern und Lehrern einer kurzsichtigen und demonstrativen Oppositionspolitik geopfert. Ein Großteil der Anträge der Regierungsparteien wurde am 7. Juni beschlossen. Das angestrebte Schulpaket, für das eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre, konnte nach einem "Umfaller" der SPÖ nicht umgesetzt werden.

Ich darf darauf noch näher eingehen. So haben die Damen und Herren um Cap und Gusenbauer durch die Zurücknahme eines am 6. Juni schriftlich fixierten und vom Bildungssprecher Antoni unterschriebenen Abänderungsantrages die Regelung über die Verhaltensvereinbarungen blockiert. Damit hat nicht nur der SP-Bildungssprecher seine Glaubwürdigkeit verloren. Ich darf hier auch aus einer APA-Meldung zitieren, weil sie in diesem Zusammenhang sehr verwunderlich erscheint:

"Als ,sehr erfreulichen Erfolg‘ für die SPÖ bezeichnete SPÖ-Bildungssprecher Dieter Antoni am Mittwoch" – sprich dem 6. Juni – "Abend gegenüber dem SPÖ-Pressedienst die erzielte Einigung bei den sogenannten Verhaltensvereinbarungen. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer habe sich mit seinem Kompromissvorschlag voll durchgesetzt, betonte Antoni." – Soweit ein Zitat vom 6. Juni.

Damit hat auch der Wert von Unterschriften von SPÖ-Mandataren einen neuen Stellenwert bekommen. (Bundesrat Gasteiger: Passt schon!) Hier liegt mir dieser unterschriebene, im Original gezeichnete Abänderungsantrag vor. (Bundesrätin Schicker: Wir kennen ihn!) Es möge sich jeder darüber ein Bild machen. (Bundesrat Gasteiger: Passt schon!)

Was am Vortag von den Klubobleuten und Bildungssprechern vereinbart und von allen Beteiligten als tragbarer Kompromiss im Bereich der Verhaltensvereinbarungen bezeichnet wurde, hatte am nächsten Tag seine Gültigkeit verloren. (Bundesrat Gasteiger: Alles erzählen, wie es gewesen ist!) Der als "Shootingstar" der SPÖ geltende Klubobmann Dr. Cap forderte Nachbesserungen, Einstimmigkeit bei Sanktionen und erklärte überdies, "man werde entweder


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allen Punkten zustimmen oder alle ablehnen" – auch ein APA-Zitat vom 7. Juni um 10.45 Uhr vormittags.

Zu ihrem Wort, ist gleich Unterschrift, standen und stehen die Grünen – ich darf das hier auch lobenswert erwähnen –, und deren Bildungssprecher Dieter Brosz betonte den guten ausverhandelten Kompromiss. Nachbesserungen wären nicht nötig, da im Bereich der schulpartnerschaftlichen Gremien eine Zweidrittelmehrheit einen guten Schutz bietet.

Um trotzdem eine rechtlich abgesicherte Möglichkeit für Verhaltensregeln zu einem besseren Miteinander zu schaffen, wurde nach dem unrühmlichen Ausstieg der SPÖ mit einfacher Mehrheit folgende Regelung beschlossen – sie wurde heute bereits mehrmals erläutert, ich darf sie aber trotzdem noch einmal ganz kurz zusammenfassen –: Auf der Grundlage einer Hausordnung können die Schulpartner schuleigene Verhaltensvereinbarungen für Schüler, Lehrer und Erziehungsberechtigte als Schulpartnerschaft beziehungsweise auch Maßnahmen zur Förderung der Schulqualität festlegen.

Damit wurde im Gesetzestext präzisiert, was ohnehin schon bisher weitgehend möglich war. Eine Regelung, die zum Beispiel ein Überstimmen der Schülervertreter verhindert hätte – gemeint ist diese Zweidrittelmehrheit –, konnte durch die Ablehnung der SPÖ keine Gültigkeit erlangen.

Dass auch der designierte SPÖ-Klubobmann einen Rückzieher von seiner Aussage "alles oder nichts" machen musste, erscheint daher nicht mehr verwunderlich, und es ist – ich sage: Gott sei Dank! – die "Politische Bildung" in der siebenten und achten Klasse der AHS mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat beschlossen worden. Ich gehe davon aus, dass das auch hier der Fall sein wird.

Damit kommt man nicht nur der langjährigen Forderung der Bundesschülervertretung nach, sondern erhält auch Zeit und Platz für eine objektive Darstellung der politischen Zusammenhänge in unserem Staat.

Der ursprünglichen Forderung der SPÖ-Vertreter, Politische Bildung schon ab der ersten Klasse AHS beziehungsweise Hauptschule einzuführen, stehe ich persönlich auf Grund meiner Erfahrungen im Unterricht mit Zehn- bis Zwölfjährigen skeptisch gegenüber, aber ich glaube, es ist eine grundsätzliche Diskussion darüber doch möglich.

Zur Problematik der Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf – ich betone nochmals, ich unterrichte auch an einer solchen Hauptschule – danke ich Herrn Kollegen Saller für seine Ausführungen aus der Praxis. Ich danke im Interesse der Betroffenen auch Frau Bundesministerin Gehrer für ihre Bemühungen, dass auch nach dem Ausstieg der SPÖ Lösungen gefunden werden konnten, die den Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen weiteren Schulbesuch an Polytechnischen Schulen ermöglichen, damit sie eine praxisgerechte Vorbereitung auf das Berufsleben erfahren. Die landauf, landab von SPÖ-Kreisen verbreitete Mär, dass der Bildungsbereich "kaputtgespart" werde und in diesem Land absolut nichts mehr gehe, lässt sich leicht als haltlose Oppositionspropaganda von konzeptlosen Bildungspolitikern entlarven, meine Damen und Herren!

Jede Investition in die Bildung ist eine Investition in die Zukunft unseres Landes, und dafür wurden heuer – Sie kennen die Zahlen – 110 Milliarden Schilling beschlossen, mehr als jemals zuvor! Mit den neuen zur Beschlussfassung vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen wird ein weiterer, wenn auch nicht so großer Schritt in der Weiterentwicklung der Qualität des erfolgreichen österreichischen Schulsystems gesetzt, dem wir, die Vertreter der Österreichischen Volkspartei, gerne zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
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14.38

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als nächste Rednerin hat sich Frau Bundesrätin Germana Fösleitner zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

14.38

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in meinem Redebeitrag auf die Änderungen im Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetz eingehen.

Eine gediegene Ausbildung und ständige Weiterbildung sind heute Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches und geglücktes Berufsleben. Auch die Landwirtschaft ist mit rasanten Veränderungen und mit großen Herausforderungen konfrontiert. Neben einer bodenverbundenen und doch weltoffenen Bäuerlichkeit sind fachliches Wissen und Können, aber auch Flexibilität und Ideenreichtum gefragt.

Unsere landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen und auch hauswirtschaftlichen Fachschulen bieten eine solide Grundausbildung und begleiten ihre Absolventinnen und Absolventen auch nach der Schule mit interessanten Weiterbildungsangeboten. Diese Schulen sind zu Lebensschulen, ja zu Bildungsnetzwerken – ich denke, man kann sogar sagen, zu Bildungsdrehscheiben – im ländlichen Raum geworden. Mit einer Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten und Spezialisierungen, fachlichen Auffächerungen werden sie den Anforderungen einer der heutigen Zeit entsprechenden Landwirtschaft gerecht und eröffnen auch die Chance einer Berufsausbildung beziehungsweise einer Berufskombination. Auch die Beratungskräfte in unseren Bezirksbauernkammern, Landwirtschaftskammern stehen den Bäuerinnen und Bauern bei der Bewältigung ihrer Probleme mit Rat und Tat zur Seite.

Nur so kann die Landwirtschaft, kann die Bauernschaft die enormen Probleme, die auf sie zukommen, die sie zu bewältigen hat, auch bewältigen.

All dies erfordert aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch Fachkräfte, Fachlehrkräfte, Beratungskräfte, die immer am neuesten Wissensstand sind, die es verstehen, Wissen und Können praxisgerecht weiterzugeben und die auch Werte vermitteln. Dies wurde heute auch schon in den vorhergehenden Debatten erwähnt, und ich muss Ihnen sagen, ich stehe dazu, dass es ganz wichtig ist, dass wir unseren jungen Menschen auch Werte vermitteln und sie damit in der Entfaltung und Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützen. Wir brauchen also Lehrkräfte und Beratungskräfte, die Zusammenhänge erkennen, die vorausschauend und verantwortungsbewusst handeln und eben auch die Persönlichkeitsentfaltung fördern.

Auf Grund der guten Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Fachschulen, mit den Beratungskräften in meinem Bundesland Oberösterreich weiß ich, dass diese Lehr- und Beratungskräfte hervorragende Arbeit leisten. Ich möchte Ihnen daher von dieser Stelle aus herzlich für die gute Arbeit, die sie in ihrem Bereich leisten, danken und möchte ihnen auch meine Anerkennung dafür aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Unsere Fachschullehrer und Beratungskräfte genießen eine sehr gediegene Ausbildung, die sie auch befähigt, ihre Aufgabe hervorragend zu erfüllen. Neben der fachlichen Ausbildung wird aber zunehmend die pädagogische Ausbildung wichtig und bedeutend. Und in dieser Gesetzesänderung wird dieser Forderung Rechnung getragen. Es geht hier um eine Anpassung der Bestimmungen des Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes, die mit dem Akademie-Studiengesetz von 1999 nicht mehr im Einklang stehen. Es geht konkret um eine Anhebung der pädagogischen Ausbildungsdauer an land- und forstwirtschaftlichen Akademien von vier Semestern auf sechs Semester.

Das Bundesseminar für das land- und forstwirtschaftliche Bildungswesen in Wien, Ober St. Veit, umfasst die einzige öffentliche land- und forstwirtschaftliche berufspädagogische Akademie und das einzige öffentliche land- und forstwirtschaftliche berufspädagogische Institut Österreichs. Im Studienjahr 2001/02 werden die letzten Absolventen die bisherige viersemestrige Ausbildung abschließen, sodass im Studienjahr 2002/03 in Folge der Sechssemestrigkeit keine Absolventen zur Verfügung stehen werden und erstmals im Studienjahr 2003/04 mit Absolventen der sechssemestrigen Ausbildung zu rechnen ist.


Bundesrat
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Ich sehe in dieser Gesetzesänderung einen weiteren Schritt für eine professionelle Lehrer- und Beraterausbildung. Meine Fraktion wird dieser Novelle ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.44

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen . (Bundesrat Freiberger und Bundesrätin Schicker: Einstimmig! – Bundesrat Dr. Aspöck: Falsch! Marizzi hat nicht aufgezeigt! – Rufe: Es haben nicht alle aufgezeigt! – Ruf bei der SPÖ: Einstimmig! Das passt schon!) – Das war, ganz eindeutig feststellbar, die Stimmenmehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird (553 und 646/NR sowie 6373/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nunmehr zum 7. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. – Bitte.


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Berichterstatter Franz Wolfinger:
Ich bringe den Bericht des Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über begleitende Regelung zur EMAS-Verordnung II (Umweltmanagementgesetz).

Der Inhalt dieses Gesetzes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer. Ich erteile es ihr.

14.49

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Ministerialentwurf zur Änderung des Immissionsschutzgesetzes-Luft ist ein ganz guter Ansatz zur Verbesserung des Standards für die Luftqualität. Der Regierungsvorlage aber sieht man bereits den Einfluss des Wirtschaftsministers und Exumweltministers Bartenstein auf die Festsetzung von Grenzwerten an, da insbesondere die Grenzwerte für Stickstoffoxid, die im Jahr 1997 mit der Erlassung des Immissionsschutzgesetzes-Luft unter dem Industriellen- und Umweltminister Bartenstein festgesetzt wurden, gelockert wurden.

Damals aber wurden neben dem zulässigen Halbstundenmittel keine zulässigen Tagesmittelwerte festgelegt, obwohl die Österreichische Akademie der Wissenschaften darauf hingewiesen hat, dass wiederholt auftretende Spitzenbelastungen mit Stickstoffoxid die Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen herabsetzen. Dieser Tagesmittelwert war im Ministerialentwurf enthalten, in der Regierungsvorlage ist er aber nicht mehr zu finden.

Zu nachhaltigen Verbesserungen der österreichischen Luftqualität hätte die Regierungsvorlage in ihrer Gesamtheit trotzdem das Potenzial – aber dieses Potenzial hätte auch schon das bestehende Immissionsschutzgesetz-Luft gemeinsam mit dem Smogalarmgesetz gehabt, wenn nicht das schon bestehende Immissionsschutzgesetz-Luft seit dem In-Kraft-Treten im Jahr 1997 totes Recht wäre. Es wurden doch in den Ballungszentren Wien, Graz, Linz und anderen Zentren wiederholt Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffoxid und Staub gemessen.

Noch ärger ist die Situation in Bezug auf Ozon, denn der Zielwert für Ozon ist bei vielen Messstellen überschritten, und immerhin sind das 110 Messstellen. Dass diese Ozonspitzen in den Reinluftgebieten, wo die Erholung suchende Bevölkerung vermeintlich frische und gesunde Luft atmen will, durch Stickstoffoxid-Verfrachtungen aus den Ballungsräumen hervorgerufen werden, ist wissenschaftlich erwiesen.

Letztendlich wurde der Herr Bundesminister in einer parlamentarischen Anfrage aufgefordert, anzugeben, ob er bereit wäre, den Landeshauptleuten die Verpflichtung aufzuerlegen, einen Maßnahmenkatalog zu erstellen oder eine entsprechende Verordnung zu erlassen. Entsprechend seiner Antwort, dass er keine Weisungen zur Erstellung solcher Maßnahmenkataloge erteilen werde, ist bis heute auch von keinem Bundesland ein solcher erstellt worden. Man sagt, all dies wäre mit erheblichem Zeit- und Materialaufwand verbunden und könnte daher nicht in kürzester Zeit umgesetzt werden. Es entsteht eher der Eindruck, dass der Herr Bundesminister keinesfalls mit Wirtschaftsfunktionären und den zuständigen Landesregierungen Schwierigkeiten haben möchte.

Die in Verhandlung stehende Novelle ist im Großen und Ganzen eine europäische Vorlage und grundsätzlich auch nützlich und notwendig. Es ist jedoch im Sinne einer nach vorne gerichteten


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678. Sitzung / Seite 88

Umweltschutzpolitik bedauerlich, dass diese erwähnte Veränderung der Regierungsvorlage im Vergleich zum Ministerialentwurf vorgenommen wurde.

Wir Sozialdemokraten verlangen von verantwortlicher Umweltpolitik jedenfalls eine Verbesserung von Situationen und nicht die Aufweichung von Grenzwerten. Umweltpolitik muss sich hohe ökologische Ziele setzen und darf keinesfalls von bereits vorgegebenen Standards abweichen. Das aber wurde in dieser Vorlage getan. Wir werden diesem Entwurf daher nicht unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Anna Höllerer zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.54

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Bundesrätin Auer, die Sie vor mir gesprochen haben! Ich möchte Ihnen nur mitteilen, dass der Tagesmittelwert für NO2 sehr wohl in der Anlage 5 dieses Gesetzes enthalten ist, allerdings nicht als Grenzwert, sondern als Zielwert. Aber ich denke, dass der Gesetzgeber hier sehr klar signalisiert, dass es einen Wert gibt, der in diesem Zusammenhang als Ziel zu sehen ist.

Betreffend Ozon wäre zu sagen, dass eine diesbezügliche Neuregelung deshalb nicht in diese Richtlinienumsetzung aufgenommen worden ist, weil einerseits die Ozon-Tochterrichtlinie der Europäischen Union und andererseits die Richtlinie über die nationalen Emissionsgrenzen abzuwarten sind. Die entsprechenden Bestimmungen sollen aber noch im heurigen Jahr adaptiert werden, und damit wäre dann auch dieser Aspekt abgedeckt.

Die Bestimmungen im Immissionsschutzgesetz-Luft dienen vor allem der Umsetzung der EG-Richtlinien zur Luftqualität hinsichtlich der Grenz- und Alarmwerte, aber auch der Erstellung von Alarmplänen, wie Sie ganz richtig erwähnt haben, die bei Überschreitung von Alarmwerten schlagend werden sollen. Es beinhaltet auch Abänderungen hinsichtlich der Anwendbarkeit der Genehmigungsvoraussetzungen von Straßenbauten und Heizungsanlagen.

Aus Sicht der Umweltpolitik ist es aber ein ganz besonders großer Fortschritt, dass in diesem Gesetz erstmals eine Grenzwertmessung für Feinstaub geregelt ist. Das heißt, dass die kleinsten Staubpartikel mit einem Messwert von unter 10 Mikrometer erfasst werden sollen. Dieser Staub ist letztendlich der Luftschadstoff, der die größte Belastung für die menschliche Gesundheit darstellt. Sie haben ganz richtig gesagt, dass es besonders in den Ballungszentren zu sehr hohen Staubkonzentrationen kommt, und es ist, wie gesagt, ein sehr großer Fortschritt, dass das in Zukunft messbar sein wird und letztlich auch reduziert werden kann.

Natürlich sind in diesem Gesetz auch die Ziele festgeschrieben, die dazu beitragen, den dauerhaften Schutz der Gesundheit des Menschen, der Tiere und der Pflanzenwelt zu gewährleisten. Es wird vor allem auch eine Verringerung der Immission von Luftschadstoffen und die Bewahrung der Luftqualität in den Gebieten, in denen ohnehin eine bessere Luftqualität gegeben ist, aber vor allem auch eine Verbesserung in jenen Gebieten, die eine schlechtere Luftqualität aufweisen, angestrebt. In diesem Gesetz wird erstmals eine Zielbestimmung formuliert, die als eines ihrer Elemente auch ein Verbot einer Verschlechterung enthält.

Österreich ist in Sachen Umweltpolitik Vorreiter in der EU, und dies auch im Hinblick auf die Luftreinhaltung – das geht auch aus dem Immissionsschutzbericht hervor –, denn es konnte zum Beispiel eine gewaltige Reduktion von Schwefeldioxid erreicht werden. Da es in den letzten Jahren zu keiner Überschreitung der Alarmwerte der Stufe 1 gekommen ist und eine solche nach Ansicht der Experten auch in Zukunft nicht zu erwarten ist, sind ganz wesentliche Teile des Smogalarmgesetzes obsolet geworden. Das ist ein gewaltiger Erfolg der Luftreinhaltepolitik der letzten Jahre, und diesen Erfolg sollte man auch hier in Redebeiträgen nicht schmälern. (Beifall bei der ÖVP.)


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Aber auch durch die Übernahme und das Einfügen von Grenzwerten und Alarmschwellen bezüglich Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid in dieses Gesetz ist es gelungen, das Smogalarmgesetz endgültig aufzuheben. Das Gesetz wird schlicht und einfach nicht mehr gebraucht, und es kommt durch diese Aufhebung zu keinem Nachteil für den Schutz unserer Umwelt.

Selbstverständlich ist es auch in der nächsten Zukunft dringend notwendig, alle alternativen Energieformen zu forcieren, und als Niederösterreicherin darf ich behaupten, dass dieses Bundesland eine Vorreiterrolle für die Windenergie einnimmt, denn es ist gelungen, eine Aufstockung durchzusetzen. Aber auch die Energie aus nachwachsenden Rohstoffen sollte zunehmend an Bedeutung gewinnen, denn ein vermehrter Einsatz von Biodiesel würde in Zukunft beachtliche Reduktionen an Luftschadstoffen bringen.

Es liegt also hier ein Gesetz vor, das nicht nur die EU-Vorgaben erfüllt, sondern in manchen Bereichen weit darüber hinausgeht. Es ist ein Immissionsschutzgesetz-Luft, das einen Fortschritt bedeutet und einen weiteren Beitrag zur Verbesserung der Luftreinhaltung in Österreich leistet. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Thomas Ram zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

15.00

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Meine beiden Vorrednerinnen haben eigentlich schon sehr viel Grundlegendes über dieses Gesetz gesagt. Ich möchte aber trotzdem noch ein bisschen auf die Ausführungen von Frau Kollegin Auer eingehen und Folgendes dazu anmerken: Umweltschutz ist immer etwas Relatives. Es geht immer um die Fragen, wie weit soll er gehen, wie tief sind die Grenzwerte, und was ist richtig. Darüber kann man streiten. Selbstverständlich müssen immer Kompromisse gefunden werden, und das war auch in diesem Fall so.

Sie haben gesagt: Diese Gesetzesänderung ist ein guter Ansatz. Daher stellt sich für mich die Frage: Warum stimmt Ihre Fraktion diesem guten Ansatz nicht zu? – Sie haben gesagt: Dieser gute Ansatz geht Ihnen nicht weit genug. Da ist der Streitpunkt zu sehen: Stimme ich dem nicht zu, weil es mir nicht weit genug geht, oder stimme ich dem nicht zu, weil es eine fundamentaloppositionelle Einstellung gibt, obwohl dies eine Verbesserung darstellt? – Sie haben eindeutig gesagt, dass Sie der Meinung sind, dass diese Änderung ein guter Ansatz sei. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ebenso verwundert mich bei der SPÖ, wie sich ihre Einstellung gegenüber Herrn Minister Bartenstein geändert hat. Minister Bartenstein war unter einer SPÖ-geführten Regierung Umweltminister und hat seine Arbeit, wie wir gehört haben – auch meiner Meinung nach –, relativ gut gemacht, was auch diverse Ergebnisse zeigen. Jetzt ist dieser Minister Bartenstein nicht mehr Umweltminister, sondern – das entzürnt die SPÖ sicher noch mehr – Wirtschaftsminister unter einem ÖVP-Kanzler, und jetzt ist dieser Minister Bartenstein auf einmal der Böse und vertritt nur mehr die Interessen der Wirtschaft und nicht mehr die Interessen der Umwelt. Dieser Standpunkt ist für mich nicht nachvollziehbar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unserer Meinung nach ist diese Gesetzesänderung eindeutig ein Fortschritt, vor allem auch deswegen, weil endlich ein Grenzwert für Feinstaub eingeführt wird. Viele Kommunalpolitiker unter Ihnen wissen, mit welchen Problemen wir in den einzelnen Kommunen durch diesen Feinstaub konfrontiert sind. Daher ist es wichtig, dass es endlich zu Richtwerten kommt, und diesbezüglich haben wir eine Verbesserung erzielt.

Diese Gesetzesänderung verschärft auch die Grenzwerte bei Benzol und Blei, was wiederum ein Vorteil ist.


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Zusätzlich sollte man auch erwähnen, dass diese Gesetzesänderung auf die Umsetzung einer Tochterrichtlinie der EU zurückgeht und die EU-Vorgaben nicht nur erfüllt werden, sondern in einigen Bereich auch darüber hinausgehen.

Meine Damen und Herren! Das halte ich für ganz wichtig, weil wir Österreicher punkto Umweltschutz eine Vorreiterrolle in der EU spielen. Das haben wir auch unter vorherigen Regierungen gespielt, das möchte ich gar nicht unter den Tisch kehren. Diese Vorreiterrolle sollten wir weiterspielen, und wir sollten weiterhin Vorbild für andere Länder innerhalb der EU, aber auch für Länder, die in die EU möchten, sein.

Fortschritte in der Vergangenheit wurden besonders bei der Luftreinhaltung erzielt. Auch da sind die Fortschritte nicht nur auf Österreich zurückzuführen, sondern auch auf ein Umdenken in den Nachbarstaaten, wobei auch Österreich und österreichische Unternehmen einen großen Anteil daran geleistet haben, was sehr wichtig ist und auch in Zukunft immer wichtiger sein wird.

Wir sollten bei dieser Diskussion auch eines nicht vergessen: Immer, wenn es um Luft geht, wenn es um Umwelt geht, wenn es um unsere Lebensqualität geht, halte ich es für besonders wichtig, das Umweltbewusstsein in den Nachbarländern zu verstärken. Wir haben jetzt die aktuellen Diskussionen betreffend Temelin und der anderen schrecklichen Kernkraftwerke, die meiner Meinung nach abgeschaltet werden und ein Punkt sein sollten, der auf jeden Fall nicht vergessen werden sollte, verfolgt. Im Gegenteil: Ein Abschalten dieser Kernkraftwerke sollte meiner Meinung nach die Bedingung dafür sein, mit diesen Staaten Beitrittsverhandlungen für die Europäische Union zu führen, denn das Umweltbewusstein, die Schadstoffe und die sonstigen Gefahren kennen keine Grenzen, daher ist eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit unbedingt notwendig. Auch diesbezüglich sind gewisse Fortschritte von uns durchzusetzen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Alles in allem sei gesagt: Ich sehe es wie Sie, dieses Gesetz ist ein guter Ansatz, ist eine Verbesserung. Selbstverständlich kann man immer mehr fordern und kann man immer mehr hoffen. Aber dieser gute Ansatz sollte dahin gehend unterstützt werden, dass wir diesem Gesetz zustimmen, und das wird meine Fraktion gerne tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer das Wort. – Bitte.

15.05

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Von der ersten Debattenrednerin wurde verlangt, dass vom zuständigen Kollegen, Umweltminister Molterer, Weisungen bezüglich der Erlassung eines Maßnahmenkataloges an die Länder gegeben werden sollen.

Meine Damen und Herren! Das ist wieder dieses Denken des alten Zentralismus. Wir sehen die Länder als Partner an, mit denen wir gemeinsam diesen Maßnahmenkatalog erarbeiten. Deshalb ist Umweltminister Molterer auch derzeit mit den Ländern in Kontakt, um nach den Ländergebenheiten diesen Maßnahmenkatalog gemeinsam zu erarbeiten, und das ist, so glaube ich, der richtige Weg.

Dieses Gesetz ist ein wichtiges Gesetz im Umweltbereich. Österreich hat im Umweltbereich schon immer besondere Positionen bezogen, und in diesem Gesetz, das seit 1998 gilt, werden verbindliche Grenzwerte für die wichtigsten Luftschadstoffe festgelegt. Es hat Bestimmungen, die der Vorsorge zur Vermeidung von Überschreitungen dienen, und es legt auch Maßnahmen fest, die im Fall von Grenzwertüberschreitungen zu ergreifen sind.

Dieses Gesetz wurde noch in einer Zeit geschaffen, als es noch die alte Koalition gab, und war damals nach den Aussagen aller ein sehr gutes Gesetz. Nun wird es den EU-Richtlinien angepasst. In diesem Zusammenhang möchte ich etwas, was für mich ganz wichtig ist, herausheben: Dabei bleiben einerseits geltende österreichische Bestimmungen, die strenger als die


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Regeln in der EU sind, aufrecht, und es werden andererseits Grenzwerte eingeführt, die über die EU-Vorgaben hinausgehen. Damit ist meinem Kollegen, Umweltminister Mag. Molterer wieder ein verantwortlicher Schritt dahin gehend gelungen, den bestmöglichen Schutz der österreichischen Bevölkerung im Umweltbereich zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.08


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Von der Berichterstattung wird ein Schlusswort gewünscht. – Bitte.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Ich bitte um Entschuldigung, ich habe mich zu korrigieren. Der Bericht hat richtigerweise zu lauten: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird. Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte um Entschuldigung, ich habe leider den falschen Bericht erwischt.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Somit ist klargestellt, dass sich der ursprüngliche Bericht auf einen anderen Gesetzesbeschluss bezogen hat.

Der diesen Gesetzesbeschluss betreffende Antrag des Ausschusses wurde nun vorgetragen, und ich denke, dass nachträglich Klarheit über den Gegenstand der Debatte geschaffen wurde.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (435/A und 647/NR sowie 6374/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tageordnung: Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Keuschnigg übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Hohes Haus! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird, vortragen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Johanna Auer das Wort. – Bitte.

15.09

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag geht es um die bessere finanzielle Abwicklung von großen Sanierungsfällen im Bereich der Altlastensanierung, wie zum Beispiel der bereits immer wieder zitierten Fischerdeponie in der Mitterndorfer Senke.

Es steht außer Zweifel, dass das auch ein Anliegen von unserer Seite ist. Weiters steht aber auch noch außer Zweifel, dass mit der vorliegenden Änderung eine bereits erfolgte Änderung lediglich erweitert werden soll beziehungsweise erweitert wird.

Wir vertreten nach wie vor die Meinung, dass der von den Regierungsparteien eingeschlagene Weg nicht zielführend, zu wenig verursachergerecht ist und insgesamt zu kurz greift.

Fachleute lassen uns im Zusammenhang mit der Änderung des Altlastensanierungsgesetzes wissen, dass wir in den nächsten 20 Jahren, also in einer Zeit, in der unsere Nachfahren aufwachsen werden, für rund 2 500 Altlasten, die nach bereits gesicherten Erkenntnissen zumindest zum Teil grundwassergefährdende Altlasten sind, zirka 50 Milliarden Schilling aufbringen müssen, um sie sanieren zu können.

Der Antrag der SPÖ, welcher zum Gegenstand eingebracht wurde, ist daher sehr wohl notwendig. Die Bundesregierung wird darin ersucht, bis 31. 12. 2001 ein Konzept zur langfristigen Sicherung der Finanzierung der Altlastensanierung in Österreich vorzulegen. Es wäre sinnvoll gewesen, wenn alle Abgeordneten diesen Antrag unterstützt hätten.

Die Abwanderung der Kompetenz betreffend die Mittel für Ersatzvornahmen bei der Altlastensanierung vom Bundesministerium für Inneres zum Bundesministerium für Landwirtschaft und Umweltschutz berechtigen keinesfalls, die Finanzierung der Altlastensanierung in Frage zu stellen. Ein Betrag in der Höhe von zirka 300 Millionen Schilling für die Jahre 2001 und 2002, der aus dem Altlastensanierungsfonds zur Verfügung gestellt wird, reicht bei weitem nicht aus, die Sanierung zu sichern.

Auch wir Sozialdemokraten bekennen uns zur Sanierung von Altlasten, aber das Finanzierungsmodell ist nicht in unserem Sinn. Es ist kurzlebig. Deshalb fordern wir, unserem Antrag zuzustimmen und ein Konzept zur langfristigen Sicherung der Finanzierung der Altlastensanierung in Österreich vorzulegen. – Dem vorliegendem Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird, stimmen wir nicht zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile ihm das Wort.

15.13

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zur vorliegenden Änderung des Altlastensanierungsgesetzes darf ich grundsätzlich Folgendes anmerken: Mittels dieser Änderung ist es möglich, bei großen Projekten, bei großen Sanierungen das Management zur Entlastung der regionalen Behörde zum Beispiel an das Land auszulagern beziehungsweise ist es auch möglich, kurzfristige Anstellungen zu tätigen, um diese Projekte auch ordentlich abwickeln zu können.

Derzeit kommen, wie meine Vorrednerin erwähnt hat, etwa 900 Millionen Schilling jährlich an laufenden Beiträgen herein und stehen zur Verfügung. Das Volumen beträgt insgesamt 50 Mil


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liarden Schilling. Ich glaube, es ist dies ein sehr sinnvolles Gesetz, mit dem mittels bester Projektmanagementtätigkeit und größtmöglicher Effizienz diese Ziele verwirklicht und umgesetzt werden können.

Frau Kollegin Auer! Ich darf noch erwähnen, dass dieses Sanierungsgesetz auch international Anerkennung findet. Ich verweise nur darauf, dass zum Beispiel die Schweizer dieses Modell sehr genau betrachten und auch in wesentlichen Teilen dieses nachahmen. Deshalb findet meine Fraktion dieses Gesetz für sehr sinnvoll, und wir werden die Zustimmung dazu erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile ihr das Wort.

15.15

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! In den letzten zehn Jahren wurden in Österreich etwa 10 Milliarden Schilling für die Sanierung von Altlasten ausgegeben. Der Finanzbedarf wird steigen, die Einnahmen gehen aber spätestens mit dem Jahr 2004 rapid zurück. Es ist daher von großer Notwendigkeit, dass der zuständige Minister den Ländern und den Gemeinden, die sich dafür verantwortlich zeigen, unter die Arme greift, und das wird durch die Verabschiedung dieses Gesetzes gewährleistet.

Zwischen 1989 und dem ersten Quartal 2001 wurden 187 Deponien und industriell sowie gewerblich genutzte Standorte als sanierungsbedürftige Altlasten ausgewiesen. Davon sind zwischenzeitlich 53 saniert und gesichert. Weitere 57 derartige Maßnahmen sind gerade im Gange.

Finanziert wurden diese umweltpolitisch wichtigen Maßnahmen zum Teil durch die Einnahmen aus dem so genannten Altlastensanierungsbeitrag, der auf deponierte Abfälle eingehoben wird. Das Aufkommen betrug im Jahr 1990 weniger als 200 Millionen Schilling und stieg dann progressiv an.

Letztes Jahr wurde die Milliardengrenze überschritten. Für heuer und die nächsten beiden Jahre werden etwa 1,2 Milliarden Schilling prognostiziert. Spätestens mit der Umsetzung der Deponieverordnung – diese untersagt das Ablagern von unbehandeltem Restmüll – im Jahr 2004 werden die Einnahmen etwa auf die Hälfte zurückgehen.

Wie eine aktuelle Untersuchung des Umweltbundesamtes ergab, ist nach Abschluss der Erhebungen im Bundesgebiet mit etwa 2 500 Altlasten zu rechnen. Auf Grund des durch die Erfahrung optimierten Wissensstandes sowie verbesserter technischer Verfahren steigt der Finanzbedarf für die Sanierungsmaßnahmen nicht proportional zur Anzahl der Altlasten. Er wird realistisch mit 50 Milliarden Schilling veranschlagt. Ein Teil dieses Betrages wird – wie auch schon bisher – von den Verursachern, soweit diese heute noch greifbar sind und hoffentlich wirklich greifbar sind, zu tragen sein.

Alle Fakten liegen also auf dem Tisch, meine Damen und Herren! Die weitere Entwicklung ist sowohl hinsichtlich der Finanzmittel als auch des Bedarfs klar ersichtlich. Es war daher keine Zeit zu verlieren, um dieses Gesetz zu verabschieden. Der zuständige Minister darf aber trotzdem keine Zeit verlieren und muss weiter Wege prüfen, die auch über das Jahr 2004 hinaus die effiziente und rasche Sanierung der Altlasten ermöglichen. Das ist die Forderung meiner freiheitlichen Kollegen nach einer langfristigen Mittelbewirtschaftung. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


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678. Sitzung / Seite 94

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (587 und 637/NR sowie 6361 und 6375/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird (585 und 638/NR sowie 6376/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (586 und 639/NR sowie 6362 und 6377/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird (584 und 640/NR sowie 6378/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 9 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 9 bis12 hat die Vorsitzende des Ausschusses Frau Johanna Schicker übernommen. – Bitte.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird.


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Da Ihnen dieser Bericht schriftlich vorliegt, kann ich mich auf den Beschlussantrag beschränken.

Der Finanzausschuss hat die Beratung des gegenständlichen Gesetzesbeschlusses am 19. Juni 2001 vertagt und stellt nach neuerlicher Beratung der Vorlage am 21. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird. Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird. Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird. Auch hier gilt das vorher Gesagte.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Peter Marizzi das Wort. – Bitte.

15.21

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute ein paar Anmerkungen über BSE und die Finanzierung der Folgekosten einerseits und über die gesamte Problematik der Tiermehlverwertung andererseits anbringen.

Ich will auch kein Öl ins Feuer gießen angesichts der unterschiedlichen Meinungen der Landeshauptleute in Fragen der Folgekosten und deren Beseitigung, die es im Vorfeld dieser Gesetzwerdung gab. Ich will sie auch nicht exhumieren. Ich glaube, in der Koalition sind sie gelöst. Daher möchte ich eines sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich möchte mich auf einen Punkt konzentrieren, der mir sehr wichtig ist.

Österreich ist BSE-frei. Gott sei Dank! Schicksale wie in anderen Ländern zum Beispiel in der Türkei und Großbritannien sind uns erspart geblieben. Warum ist das entstanden? – Durch falsche, ungesunde Ernährung, durch – wenn man das verkürzt sagt – Kannibalismus bei den Tieren sowie durch Massentierhaltung und Hormoncocktails. Hormoncocktails gab es auch in Österreich.

Ich glaube, ich sollte Ihnen ein Beispiel erzählen. Ich habe in meinem Bekannten- und Kollegenkreis einmal einen Jakob Creutzfeldt-Fall gehabt. Das hat sich, wenn Sie mir das gestatten, folgendermaßen abgespielt: Im ersten Monat waren die motorischen Nerven zerstört, und er hat im Büro beim Kaffeehäferl daneben gegriffen. Im zweiten Monat ist er mit dem Stock gegangen, im dritten Monat hatte er Sprachschwierigkeiten. Im vierten Monat ist er im Spital gelegen und konnte nicht mehr reden und sich nicht mehr bewegen – aber alles in vollem


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Bewusstsein, das heißt, dass die normalen Nerven und Gedanken waren da. Das heißt, er hat bewusst bemerkt, wie sein Körper zu Grunde geht.

Ich habe ihn einige Male besucht. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war schrecklich. Sie werden sich jetzt sicher fragen, warum ich Ihnen all das erzähle – weil hauptsächlich BSE diese Krankheit hervorruft, und durch diese Krankheit entsteht meistens Jakob Creutzfeldt.

Da kann man jetzt über alles reden, über Folgekosten und so weiter. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) – Moment, Moment! Genau darauf habe ich gewartet, dass Sie sich melden. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Da redet man über Marktausfälle, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Schicksale in England und in der Türkei anschaut und dann sagt, sehr geschätzter Herr Kollege, man sollte wieder Tiermehl verfüttern, dann haben Sie diese ganze Problematik nicht verstanden! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrat Dr. Nittmann. ) Oder es ist Ihr wahres Gesicht!

Wer einen solchen Realitätsverlust hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, und Tiermehl an die eigene Rasse verfüttert ... (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler .)

Sagen Sie einmal, verstehen Sie Ihren eigenen Landwirtschaftsminister nicht? – Ich lobe Willi Molterer! Er hat gesagt, er steht dafür, dass in Österreich ... (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Dann kommen Sie mit einem Realitätsverlust – ich könnte etwas anderes sagen – daher und sagen, jetzt sollten wir wieder Tiermehl verfüttern, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da möchte ich Sie warnen: Entweder stimmt bei der ÖVP das Reden und das Handeln nicht überein, meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwischenrufe bei der ÖVP) – geh bitte! –, oder Sie haben keine Ahnung!

Sie fordern, dass Tiermehl wieder verfüttert gehört oder die Hormoncocktails wieder aktualisiert gehören! Gehen Sie in Ihr Bergdorf zurück, sperren Sie sich ein, aber man sollte Sie nicht mehr auf die Bevölkerung loslassen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Germana Fösleitner das Wort. – Bitte.

15.26

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Das Thema BSE hat natürlich mit diesen Materien, die wir hier verhandeln, einen ganz engen Zusammenhang. Aber, Herr Kollege Marizzi, wir haben Gott sei Dank – da werden Sie mir alle beipflichten – in Österreich keinen BSE-Fall – trotz 90 000 Tests. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Der Kollege bemüht sich ja darum!)

Ich denke, dass wir die heutige Sitzung doch dazu verwenden könnten, uns auch einmal über die positive Seite zu freuen und nicht wieder mit neuen negativen Aspekten zu kommen. (Bundesrätin Schicker: Das hat unser Kollege gesagt! – Bundesrat Konecny: Das müssen Sie dem Kollegen drüben erklären, da er das nicht verstanden hat! – Bundesrat Marizzi: Dann haben Sie es nicht verstanden! Vielleicht habe ich ungarisch gesprochen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass die europäische BSE-Krise unsere Bauern hart und völlig schuldlos und zu Unrecht getroffen hat. Österreich hat keinen BSE-Fall! Freuen wir uns darüber!

Wir haben eine schwere Zeit erlebt. Wir Bauern – ich spreche als praktizierende Bäuerin, Rinderbäuerin – haben eine Durststrecke durchgemacht, und sie ist noch nicht zu Ende. Die Konsumenten waren stark verunsichert, die Nachfrage nach Rindfleisch war am Tiefpunkt. Die Einkommensverluste der Rinderbauern waren existenzbedrohend. Es ist nur den vielen vertrauensbildenden Maßnahmen, den enormen Anstrengungen von vielen Seiten in unserem


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Land und auch den Maßnahmen zur Entlastung des Marktes zu verdanken, dass das Vertrauen der Konsumenten weitgehend – wenn ich das positiv ausdrücke – wieder zurückgewonnen werden konnte. Und dennoch, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, erholt sich der Markt nur mühsam.

90 000 negative Tests zeigen auf – darüber können wir uns sehr freuen –, dass in Österreich eine verantwortungsvolle und eine vorausschauende Agrarpolitik betrieben wird. Ich erinnere mich zurück: Seit Beginn der neunziger Jahre gibt es ein umfassendes BSE-Vorsorgeprogramm. Dieses umfasste nicht nur das allseits erwähnte und bekannte Tiermehlfütterungsverbot für Rinder, sondern auch ein spezielles Testprogramm für Rinder und Futtermittel.

Österreichs Landwirte wirtschaften in kleinen Strukturen, erfüllen strenge Qualitäts- und Herkunftskontrollen und haben eine nachvollziehbare Produktion von der Geburt bis zur Schlachtung, ja eigentlich bis auf den Tisch der Verbraucher. Ich möchte daran erinnern, dass es seit 1998 die Rinderdatenbank gibt, in der alle Rinder erfasst sind und wichtige Informationen gespeichert werden. Auch das österreichische Importverbot für Rinder aus Ländern mit BSE und das Importverbot für Embryonen, für Samen waren oder sind eine wichtige Vorsorgemaßnahme.

Auch bei der Tierkörperverwertung hat Österreich durch die hohen Standards, die wir angestrebt haben, Vorbildwirkung. Ich darf schon sagen, dass auch unser Bundesminister Mag. Molterer einen großen Teil dazu beigetragen hat, ja dass er maßgeblich daran beteiligt war, dass auch in der Europäischen Union Maßnahmen zur Stabilisierung des Rindermarktes beschlossen wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! An Österreich – das können wir mit Fug und Recht sagen – können sich viele europäische Staaten ein Beispiel nehmen. Österreich ist zum Qualitätsbegriff für Lebensmittel in Europa geworden. Ich denke, dass wir uns alle, so wie wir hier gemeinsam Politik machen, darüber freuen können. Wir können auf unseren Landwirtschaftsminister stolz sein, der in schwierigen Zeiten, oft nicht bejubelt, die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Wir können auf unsere Bauernschaft stolz sein, die hervorragende Qualität erzeugt, die den Tisch der Österreicherinnen und Österreicher mit einer Vielfalt an Lebensmitteln deckt und die durch die Pflege der Landschaft Österreich zu einem wunderschönen Land macht. Dank gebührt aber auch dem Gesundheitsminister für seine rasche und auch richtige Handlungsweise.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines hat die BSE-Krise aber auch gezeigt, nämlich dass hochqualitative landwirtschaftliche Produkte nicht zu Schleuderpreisen und vor allem nicht als Lockartikel angeboten werden können. Billig gekauft ist teuer gekauft. Auch der Bauer muss etwas erwirtschaften, damit er für seine Familie sorgen, seinen Hof erhalten und ihn dann an die nächste Generation weitergeben kann.

Mit den uns hier vorliegenden Novellierungen werden Regelungen getroffen, die die Finanzierung der finanziellen Folgen der BSE-Krise und die Sicherheit der landwirtschaftlichen Produktion garantieren. Ich freue mich, dass auch aus dem Katastrophenfonds erhebliche Mittel dafür zur Verfügung stehen. Ich bedanke mich dafür sehr herzlich, und ich freue mich auch, dass es eine Einigung über die Aufteilung dieser Kosten gegeben hat, dass es auch von Seiten der Länder die Zustimmung dazu gibt.

Entscheidend ist, dass auch in Zukunft der Bauer darauf vertrauen kann, dass Futtermittel nach einwandfreien, qualitätssichernden Kriterien erzeugt werden, und dass den Konsumenten eine Qualitätsgarantie gegeben wird.

Das oberste Ziel der österreichischen Agrarpolitik war schon bisher, das Vertrauen der Konsumenten zu erhalten und damit auch den Landwirten ein entsprechendes Einkommen im Interesse aller zu ermöglichen. Denn – ich glaube, da stimmen Sie mir zu – ein Land ohne Bauern wäre wohl auch ein Land ohne Zukunft. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Bundesrätin Schicker. )

15.35


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 98

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Reinhard Todt das Wort. – Bitte.

15.35

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Zum großen Glück – ich sage das etwas anders – ist der österreichischen Bevölkerung ein BSE-Fall erspart geblieben. Ob es so bleibt, liegt in der Verantwortung von Landwirten, die die Rinderzucht betreiben.

Es gibt einerseits eine überwiegend große Zahl von landwirtschaftlichen Betrieben, die sich ihrer Verantwortung gegenüber den Konsumenten voll bewusst sind. Auf der anderen Seite gibt es Bauernvertreter, die neuerlich das Verfüttern von Tiermehl fordern.

Kollege Steinbichler erhob diese Forderung als ÖVP-Bundesratsmitglied. Mich erschüttert diese Forderung von Herrn Bundesrat Steinbichler gerade deswegen, weil sich viele Landwirte bemühen, ökologisch zu wirtschaften und den Bedürfnissen der Konsumenten nach gesunden Produkten entgegenzukommen.

Aber nun zu den BSE-Folgekosten: Bund und Länder haben sich nun über die Aufteilung geeinigt – trotz einer Aussendung des Herrn Landeshauptmannes Haider nach der Landeshauptleute-Konferenz, dass es weitere Verhandlungen geben muss. Offensichtlich haben sich der Herr Finanzminister und der Herr Landeshauptmann am Rande des Abfangjägergipfels nun doch über die BSE-Folgekosten geeinigt.

Nun zu den Kosten: Da forderte Herr Landwirtschaftsminister Molterer noch im Jänner BSE-Gebühren – also eine Abwälzung auf die Konsumenten. Die Landwirtschaftskammer forderte die Einführung und die Erhöhung der Mehrwertsteuer, also wieder eine Abwälzung auf die Konsumenten. Landeshauptmann Haider hat einen BSE-Schilling gefordert; zuerst hat er gefordert, die EU möge die Kosten tragen. BSE-Schilling bedeutet also wieder die Abwälzung auf die Konsumenten.

Gesundheitsminister Haupt hat gemeint, der Handel solle die Kosten für BSE tragen – wieder eine Abwälzung auf die Konsumenten. Letztlich tragen die Steuerzahler die Kosten und nicht die Verursacher. Auch die Konsumenten tragen Kosten, nämlich durch die höhere Inflationsrate. Die Inflationsrate beträgt 2001 3,4 Prozent. Einen großen Anteil an dieser hohen Inflationsrate haben die Fleischpreise. Allein 8 Prozent macht das bei den Fleischpreisen aus, und zwar tragen das auch wieder die Konsumenten.

Wenn schon höhere Fleischpreise bezahlt werden müssen, dann haben die Konsumenten auch ein Anrecht, qualitativ hochwertige Waren geliefert zu bekommen. Dafür haben österreichische Landwirte zu sorgen. Ich verstehe daher die Forderung von Herrn Bundesrat Steinbichler überhaupt nicht, die Tiermehlfütterung wieder zu erlauben.

Für uns ist eine konsumentenorientierte, umweltgerechte Landwirtschaftspolitik von großer Bedeutung. Tiere sind keine Ware, mit der beliebig verfahren werden kann. (Beifall bei der SPÖ, dem Grünen und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die Landwirtschaft muss auf eine umweltorientierte Agrarproduktion umgestellt werden. Österreich sollte eine gentechnikfreie Zone bleiben. Viehhaltung muss auf eine tiergerechte Haltung umgestellt werden, und Tiertransporte müssen eingeschränkt werden, nämlich auf das notwendige Maß. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es! – Bundesrat Dr. Aspöck: So ist es! – Bundesrat Marizzi: Sehr gut!)

Leistungssteigernde Medikamente und Antibiotika müssen verboten werden, und es darf nicht, wie es Herr Bundesrat Steinbichler fordert, die Zulassung von Tierarzneien erleichtert werden. (Bundesrat Marizzi: Das ist ein Skandal!) Es kann daher österreichweit nur einheitliche Stan


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dards bei der Lebensmitteluntersuchung geben. Es darf nicht sein, dass die Lebensmittel in den Bundesländern unterschiedlich untersucht werden.

Um gleich auf die Argumentation betreffend Föderalismus einzugehen: Die Wiener essen auch Fleisch aus Vorarlberg, das in Vorarlberg untersucht wird, und die Niederösterreicher essen Gemüse, das in Wien produziert und auch in Wien untersucht wird. Daher muss es einheitliche Standards bei den Lebensmitteluntersuchungen geben. Es darf nicht so sein, wie es vorgesehen ist, dass alles auf die Länder abgewälzt wird.

Es beunruhigt mich, dass die Kapazität der Lebensmitteluntersuchungsanstalten durch die Personalreduktion eigentlich eingeschränkt wird, denn die Konsumenten haben ein Anrecht auf gute Produkte und auf eine gute Untersuchung dieser Produkte. Wenn das aber eingeschränkt wird, werden sie solche Produkte nicht bekommen, denn damit werden Schlupflöcher eröffnet.

Ich weiß, dass sich mit meiner Argumentation die Mehrheit im Bundesrat nicht ändern wird. Trotzdem werde ich weiter für eine ökologische Produktion von Lebensmitteln und für eine wirksame Kontrolle der Lebensmittel im Interesse der Konsumenten eintreten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

15.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. (Bundesrat Marizzi: Der wird es jetzt dem Steinbichler sagen!) – Bitte.

15.41

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Hinter diesem Gesetz, das wir heute hier beschließen wollen, steckt eine große Tragik für alle, die davon betroffen waren und betroffen sind. Natürlich ist dies die große Mehrzahl der Bauern europaweit, es sind aber auch die Bauern in Österreich, weil diese durch die aufgetretene Seuche – so möchte ich fast sagen – hierzulande stark betroffen waren. Und Kollege Marizzi hat richtig bemerkt: Wenn man im eigenen Bekanntenkreis jemanden hat, der dieser Krankheit zum Opfer fällt, erreicht die Dramatik ihren Höhepunkt.

Ich muss daher, so schwer es mir fällt – aber so schwer fällt es mir auch wieder nicht, Kollege Steinbichler wird es mit Würde tragen –, Kollegen Steinbichler widersprechen: Es hat absolute Vorsicht bei der Tierhaltung zu gelten – im Sinne der Tiere, aber insbesondere der Menschen, Herr Kollege Steinbichler! Es fällt mir auch leicht, meinen lieben Freund Marizzi hier hervorzuheben: Er hat Recht! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie bei der SPÖ. – Bundesrat Marizzi: Es gibt auch noch andere Koalitionen!)

Kollege Marizzi hat Recht: Wie können wir ständig Gesetze in erster Linie für Menschen machen, wenn wir andererseits Gesetze für Tiere nicht so vollständig machen, dass die Menschen dadurch auch geschützt werden? – Wir müssen es so machen, Herr Kollege Steinbichler, lieber Freund! Es geht nicht anders!

Es ist völlig richtig, wenn Frau Kollegin Germana Fösleitner den Herrn Bundesminister lobt, denn er ist auch dafür, dass dieses Gesetz eingeführt wird, mit dem die Verfütterung von Tiermehl nicht nur auf ein halbes Jahr, sondern auf längere Zeit – wenn möglich auf Dauer – verboten wird. Es gibt nur ganz wenige in Europa, die diese, ich möchte fast sagen: fortschrittliche Überlegung haben. Zunächst einmal ist das, wie Sie wissen, die deutsche Landwirtschaftsministerin, Frau Künast, die dieses Anliegen mit Vehemenz und fast alleine auf weiter Strecke vertritt. Aber es gibt auch noch ein paar andere Länder – ganz allein steht sie nicht da! Als Erster zur Seite steht ihr Österreich mit Molterer, der auch schon zugegeben hat – nicht zugegeben, er hat schon bekannt gegeben! –, dass er dafür ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Sie brauchen nur in der "Agrar-Europe" vom 18. Juni, also von vor ein paar Tagen, nachzulesen, dass Molterer für eine Beibehaltung eines ständigen Verbots der Verfütterung von Tiermehl ist.

Wir wissen, dass das auch eine Härte für die Bauern bedeutet – das ist unbestritten! –, aber ist nicht eher zu überlegen, die Fleischpreise dort zu "packen", wo sie sich wirklich bilden? – Sie bilden sich nämlich nicht beim Bauern. Die Preise für den Konsumenten sind völlig unelastisch,


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weil die Anbieter des Fleisches, die beiden Großmarkt-Ketten, die Bauern ausnehmen und nebenbei auch den Konsumenten schädigen – das sei hier einmal ganz klar gesagt! Diese haben nichts davon gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Würschl: Raiffeisen gehört noch dazu!)

Aus diesem Grund fällt es mir sehr leicht – auch wenn es Überlegungen gibt, die in deine Richtung, lieber Freund Steinbichler, gehen –, diesem Gesetz zuzustimmen.

Ein Kollege hat heute so im Vorbeigehen die Tiertransporte erwähnt. – Einen Tiertransport in einem Eisenbahnwaggon zu sehen, heißt eigentlich – wenn man seelisch normal strukturiert ist –, Weinkrämpfe bekommen zu müssen. Und ständig rollen solche Waggons durch Europa! Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, als ein argentinischer Manager namens Klima hier in Österreich Verkehrsminister war und uns Bemühungen zugesagt hat, den Tiertransport auf Schiene und Straße in den Verhandlungen mit der EU weitestgehend einzuschränken, wenn möglich sogar zu verhindern. Er hat mir treu in meine noch treueren Augen geblickt und mir gesagt: Gudenus, das machen wir! – Aber vielleicht gelingt ihm das jetzt in Argentinien. Hier in Österreich werden wir selbst darum kämpfen müssen!

Wer war denn das, der heute den Tiertransport hier schon erwähnt hat? – Auf jeden Fall: Wir werden auch für die Einschränkung des Tiertransports – des Lebendtiertransports! – eintreten, aber irgendwie muss das Fleisch zum Verbraucher kommen. Der Lebendtiertransport ist ebenso abzulehnen wie alle Möglichkeiten, dass durch eine unvorsichtige Fütterung BSE nach Österreich gelangen könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

15.46

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Bundesrat Gudenus vermutet Minister Molterer immer so stark in der europäischen Front gegen all diese Schäden, diese Zivilisationsschäden, diese Perversion, die wir hier bekämpfen. Ich frage mich aber: Warum hat er eigentlich EU-Kommissar Franz Fischler mit seinem rigorosen Maßnahmenpaket im Regen stehen gelassen? – Da habe ich Herrn Molterer nicht auf der Seite des Herrn Fischler gesehen! Sie wissen das!

Wenn wir dann noch einbeziehen, dass die Christdemokraten im Europäischen Parlament erst unlängst für die Abschaffung der Obergrenze von 90 Rindern eingetreten sind, dann frage ich mich: Hat man aus einer Zivilisationskrise nichts gelernt?

Wir haben – das ist die Perversion – Pflanzenfresser zu Kannibalen gemacht! Heute stehen wir vor einer Situation, die wir auf europäischer Ebene nur schwer in den Griff bekommen und für die die Steuerzahlerinnen, die Steuerzahler, die KonsumentInnen zahlen müssen. Es geht um 700 Millionen – auch aus dem österreichischen Budget: von den Ländern, vom Bund!

Meine Damen und Herren! Ich denke ... (Ruf bei der ÖVP: Wer sind "wir"!)  – Na, "wir" sind wir alle! Was wir brauchen, ist meiner Ansicht nach eine BSE-Qualitätskontrollabgabe für Tiermehl – also für Futtermittel, die geprüft Tiermehl-frei sind. Das würde einerseits vor allem die kleinen Betriebe und jene, von denen Sie vorhin gesprochen haben – die ökologisch wirtschaftenden Betriebe –, unterstützen, die ihre Futtergrundlagen selbständig im Betrieb erwirtschaften, also extensiv und nicht intensiv wirtschaftende Betriebe sind.

Ich gebe zu: Die Einkommenseinbußen der österreichischen Rinderbauern sind unverschuldet. Das muss man hier ganz klar sagen! Das, was wir brauchen, ist eine Anti-Dumping-Regelung für den Fleischmarkt, aber wir brauchen auch eine Regelung, die nach dem Verursacher-Prinzip vorgeht. Jene 133 Millionen Schilling, die wir nun zur Krisenbewältigung ausgeben, stammen aber aus einem Budgetposten, der an sich für qualitätsverbessernde und produktionslenkende Maßnahmen – zum Beispiel wurde damit die österreichische Bergbauernvereinigung gefördert – vorgesehen ist. Sie verwenden also Mittel aus der Vorsorge für die Symptombekämpfung.


Bundesrat
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Kommen wir zur Tiermehlverbrennung: Die Tiermehlverbrennung, die Anfang dieses Jahres angelaufen ist, läuft zurzeit in Versuchsbetrieben. Timelkam, Riedersbach, St. Andrä, Zementwerk Kirchdorf, dann Mellach, Retznei – all diese Versuchsbetriebe haben dafür keine ordentliche Genehmigung! Und jetzt nehmen Sie in dieser Novelle zur Tierkörperverwertung das Tiermehl aus dem Abfallbegriff überhaupt heraus!

Sie wissen, was da drinnen ist: BSE-Risikomaterial – Rückenmark, Gehirn –, und das wird jetzt ... (Bundesrat Steinbichler: Wo ist das drinnen?)  – Das Risikomaterial? – Na im Tiermehl. (Bundesrat Steinbichler: Wo ist das drinnen? – Bundesrat Marizzi: Bei Ihnen nicht! Gehirn ist bei Ihnen nicht drinnen!)  – Tiermehl! Sie sagen nun, das sei kein gefährlicher Abfall.

86 000 Jahrestonnen an Tiermehl werden in 70 Nicht-Abfallanlagen verbrannt. Das ist eine Versuchssituation, mit hohem Risiko für die Umwelt und für die Gesundheit der Bevölkerung. Machen wir hier ordentliche, abfallrechtliche Genehmigungen und nicht eine missbräuchliche Anwendung des Versuchsbetriebes! Dafür ist der zuständige Minister als oberste Aufsichtsbehörde und für die Anlagengenehmigungen sind auch die Landeshauptleute verantwortlich. Es kann doch nicht sein, dass jetzt 86 000 Tonnen in solchen nicht dafür geeigneten Betrieben verbrannt werden!

Noch einmal: Ja zu einem unbefristeten und generellen Tiermehlverfütterungsverbot!

Nein zu den Tiertransporten! Ich habe dem, was Herr Gudenus und Herr Todt gesagt haben, nichts hinzuzufügen.

Nein – ein bedingungsloses Nein – zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft! Keine Abwälzung dieser Kosten auf die Konsumenten, für die eine industrialisierte Landwirtschaft in den letzten Jahren so hohe Profite verzeichnen konnte!

Ja zu einer Ökologisierung der Landwirtschaft! Ja – das hängt auch mit diesem Thema zusammen – zu einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.52


Bundesrat
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678. Sitzung / Seite 102

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Alfred Finz das Wort. – Bitte.

15.52

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Vizepräsident! Hoher Bundesrat! Ich glaube, mit der dauerhaften Regelung ist eine angemessene Lösung gefunden worden. Wir gehen davon aus, dass jährlich Kosten von 700 Millionen Schilling anfallen werden, wobei die Aufteilung folgendermaßen erfolgt: 200 Millionen Schilling aus allgemeinen Bundesmitteln, 150 Millionen aus Mitteln des Katastrophenfonds, 100 Millionen aus Mitteln der Länder und 250 Millionen durch Erhöhung der sektorbezogenen Gebühren.

Selbstverständlich sind diese 700 Millionen Schilling eine Belastung, die Gesamtösterreich trifft. Mit dieser Regelung wird nun versucht, diese Kosten so gut wie möglich aufzuteilen. Ideal wäre natürlich, das – sagen wir – verursachergerecht weiterzuwälzen auf EU-Mitteln zum Beispiel. Allerdings wäre das eine Scheinlösung. Denn was würde das bedeuten? – Es käme eine Lösung heraus, wonach auch andere Länder irgendwelche Ansprüche stellen würden, und letztlich würden wir als Nettozahler uns das wieder selbst finanzieren, weil wahrscheinlich eine Regelung entstehen würde, derzufolge wir mehr bezahlen müssten als bei der vorliegenden Lösung.

Ich finde diese Lösung der Situation angemessen. Selbstverständlich war es für ein nicht von uns verschuldete Situation, und wir mussten darauf reagieren. Ich glaube, die Bundesregierung hat eine gute Lösung gefunden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber das Wort. – Bitte.

15.54

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal hätte ich eine Frage an Herrn Bundesrat Schennach, der gesagt hat, wir hätten die Pflanzenfresser zu Kannibalen gemacht. (Bundesrat Marizzi: Recht hat er!) Mich würde interessieren: Wer sind "wir"? – Denn wir in Österreich haben schon mehr als zehn Jahre ein Tiermehlverbot, wir haben auch keinen BSE-Fall, deswegen können wir das nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Konsultationsmechanismus im Sinne des Föderalismus ist ziemlich ins Gerede gekommen. Wir haben gestern im Vorfeld der Friesacher Burghofspiele noch einen großen Gipfel in Kärnten gehabt, danach ist ein Fax vom Landeshauptmann von Kärnten nach Wien gekommen, und deswegen können wir heute die Änderung des Katastrophenfondsgesetzes beschließen. (Bundesrätin Schicker: Aber nicht nur deswegen! Nicht nur der Kärntner, auch zwei andere!) Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gut so!

Österreich steht in Sachen BSE hervorragend da. Ich möchte sagen, dank Minister Molterer und Minister Haupt hat es bereits über 90 000 Untersuchungen gegeben; meine Vorrednerin hat das schon gesagt. Wir haben keinen einzigen BSE-Fall, das haben wir heute auch schon des Öfteren gehört. Wir haben eine verantwortungsvolle Agrarpolitik.

Die Abgeltung der BSE-Folgekosten sind wir den Rinderbauern schuldig. Die Rinderbauern haben Einkommensverluste in der Höhe von über einer Milliarde Schilling. Die Gewährleistung der seuchensicheren Beseitigung von tierischen Abfällen – die so genannten TKV, für uns Bauern ein großer Vorteil, muss ich sagen! – wird immer teurer. Früher – das ist heute schon angesprochen worden – wurde Tiermehl nicht an die Rinder, sondern an Schweine und Geflügel verfüttert, heute wird es verbrannt!

In Wietersdorf, in einer Zementfabrik, im Görtschitztal, hat man zuerst versucht, Tiermehl zu verbrennen. Dann ist man draufgekommen, das damit kein Geschäft zu machen ist. Hierauf hat es einen Pilotversuch für Müllverbrennung gegeben, Landeshauptmann Haider hat das genehmigt. Jetzt gibt es dort also eine Müllverbrennung – ich muss sagen, die Bürgerinitiative und Bundesrat Gruber werden weiter dagegen ankämpfen.

Zum Fleischuntersuchungsgesetz ist zu sagen: Das Ziel ist die Sicherstellung der BSE-Untersuchungen – über 90 000 Proben sind Beweis genug. Dass die Amtstierärzte nicht mehr Fleischuntersuchungstierärzte sein sollen und können, das finde ich auch gut so.

Einen Satz vielleicht noch zum österreichischen Tiergesundheitsdienst: Herr Staatssekretär und die Herren Verantwortlichen der Ministerien! Ich bitte aus Kärntner Sicht, dies noch einmal zu überarbeiten.

Das Tiermehl-Gesetz – damit kommen wir zum Hauptpunkt – geht mit der EU konform, das haben wir ja, so glaube ich, alle mitbekommen. Ein EU-weites Tiermehlverbot bleibt – so steht es leider im Gesetz – vorerst in Kraft. (Bundesrat Dr. Aspöck: Gott sei Dank!) Österreich drängt ... (Bundesrat Marizzi: Gott sei Dank!)  – Ja, ich sage ja, leider. (Bundesrätin Schicker: Schon wieder "leider"!) Österreich dringt (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus ) – nein, Herr Gudenus! – so wie Frankreich, Spanien und Deutschland auf ein unbefristetes Verbot, aber wir konnten uns leider nicht durchsetzen!

Herr Staatssekretär! Ich muss vielleicht noch hinzufügen: Es kann nicht so sein, dass in anderen EU-Ländern das Tiermehlverbot vielleicht aufgehoben wird, bei uns aber bestehen bleibt und die österreichischen Bauern dadurch wiederum höhere Belastungen haben. Da muss man sich etwas einfallen lassen! Die Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen der österreichischen Bauern ist jetzt schon gegeben, weil praktisch alle Betriebsmittel bei uns in Österreich teurer


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sind als im EU-Raum. (Bundesrat Würschl: Dank Raiffeisen! – Bundesrat Mag. Gudenus: Raiffeisenverband!) Ich glaube, da müssen wir etwas machen. Eine neuerliche Verzerrung können wir uns sicherlich nicht leisten!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht noch eine Anmerkung zum Genmais. In den heutigen Zeitungen steht: Kärntens Image, der "Feinkostladen Europas", ist in Gefahr! Der Landeshauptmann von Kärnten hat gesagt, der Genmais werde vernichtet, die Bauern bekämen eine Entschädigung. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das hat er nicht gesagt!) Das war schon am 12. Juni, als er das bekannt gegeben hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das hat er überhaupt nicht gesagt!) Er hat gesagt, er hat das mit Minister Molterer praktisch schon abgesprochen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das stimmt nicht!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde sagen, beschwören wir keinen Skandal herauf! (Bundesrat Konecny: Er ist schon da!) Es handelt sich hier nur um – unter Anführungszeichen – "Verunreinigungen". 104 Säcke sind davon betroffen. Wir sollten über die Größenordnung der Verunreinigung diskutieren, denn 0,1 Prozent ist wahrlich nicht sehr viel. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Zum Schluss kann ich sagen: Wir begrüßen die angeführten Regelungen. Die neue Regierung ist sicherlich ein Garant für die Interessen der Produzenten und der Konsumenten. Wir wollen nicht, dass auf Kosten einer Berufsgruppe Stimmung gemacht wird. (Bundesrätin Mag. Trunk und Bundesrat Konecny: Wer ist "wir"?)  – "Wir" ist die neue Bundesregierung. (Heiterkeit und Beifall der Bundesrätin Mag. Trunk.  – Bundesrat Konecny: Den Eindruck konnte ich heute nicht gewinnen!)

Herr Konecny! Unser Vorschlag – das möchte ich noch an die Adresse des grünen Bundesrates Schennach sagen –, die Prämie an die Obergrenze von 90 Tieren zu koppeln, was auch im EU-Parlament eingebracht worden ist, ist von der SPÖ und von den Grünen abgelehnt worden. Jetzt wissen Sie, wer der Garant des ländlichen Raumes ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ. Halleluja! Zugabe! – Bundesrat Konecny: Was ist mit der Regierung? Gerade so gelobt worden!)

16.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile ihm das Wort.

16.02

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin irrsinnig dankbar für die Tipps der Kollegen Marizzi und Todt. Ich bin auch sehr beruhigt angesichts der Sorgen, die man sich um die bäuerliche Landwirtschaft hier in diesem Gremium macht. Das gibt mir für die Zukunft in meiner Tätigkeit als Bundesrat sowie als Bezirksbauernkammerobmann die Zuversicht, dass vernünftige Regelungen im Sinne der Bauern geschaffen werden.

Ich darf noch einige Anmerkungen machen. Vielleicht vorweg die gute Nachricht: Kollegin Fösleitner hat äußerst qualifiziert argumentiert und die Probleme aus bäuerlicher Sicht vorgetragen. Ich möchte das nachdrücklich wiederholen: 90 000 Tests wurden durchgeführt! Sich dann hier über die Kosten der Tests zu beschweren, die wir in Österreich auf freiwilliger Basis flächendeckend gemacht haben, das ist nicht sehr fair, wenn man sich gleichzeitig so um die Konsumenten und um die Lebens- und Nahrungsmittelsicherheit sorgt. (Bundesrat Todt: Das zahlt der Steuerzahler und der Konsument! Nicht Sie zahlen es!) – Herr Kollege! Ich habe Ihnen auch zugehört! (Bundesrat Konecny: Nicht sehr!) Bitte Ruhe! 90 000 Tests – und Gott sei Dank sind alle negativ!

Ich weiß, wie krampfhaft manche Medien auf ein positives Testergebnis gewartet haben. Ich weiß, wie in Linz vor dem Institut, in dem die Tests gemacht worden sind, bis Mitternacht die Journalisten mit den Kameras mit der Beleuchtung gestanden sind, um endlich einen ordentlichen Bericht über einen positiven Test machen zu können. Wir wissen, welche Blöße der so genannte Tiroler BSE-Fall ausgelöst hat.


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Herr Kollege Marizzi! Ich habe das Gefühl, dass deine Emotion manchen Argumentationsnotstand nicht übertünchen kann. Ich habe in deiner Aufregung schon gemerkt, dass du bei diesem Thema doch nicht so sattelfest bist, wie du vorgegeben hast.

Ich darf weiter Folgendes anmerken, Herr Kollege Marizzi und Herr Kollege Todt: Wo ist denn der Konsumentenschutz? Wo sind denn die Spezialisten? (Bundesrat Konecny: Man muss kein Rindvieh sein, um über BSE reden zu können!) Herr Konecny! Wo sind denn die Spezialisten, die in der ersten heißen Phase der Krise empfohlen haben, wir sollten von Rindfleisch auf Krokodil-, Känguru- und Klapperschlangenfleisch ausweichen? – Diese sehr “qualifizierten” Experten sind schon wieder verdächtig still geworden.

Ich darf hier eines festhalten, was gar nicht so durchkommt: Wir reden nur von den Testkosten. Wer spricht von den Milliardenverlusten, die unsere Rinderbauern erlitten haben? Wer spricht von diesen Einkommenseinbußen, die in weiterer Folge letztlich der Wirtschaft fehlen werden? Wer wird darstellen, wie viele Bauern, die am Rand der Entscheidung gestanden sind, ihren Betrieb zu schließen, jetzt leider diesen wirklich schließen mussten?

Diese Materie ist mir wirklich zu ernst, um damit Polemik zu betreiben. Bedenken wir, welche Auswirkungen diese ganzen Diskussionen haben!

Jetzt darf ich noch einige Aspekte zu diesem verpönten Tiermehl darlegen, das bis vor einem halben Jahr einer der wertvollsten Eiweißträger in den Futterrationen der Nichtwiederkäuer war. Ich darf schon festhalten, dass – natürlich sind das, Herr Kollege Schennach, Leistungen der Agrarpolitik – zehn Jahre lang die Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer in Österreich verboten war. Das ging bis zu dem Zeitpunkt, bis medial die "so genannte BSE-Krise" nach Österreich hereingetragen wurde. Anstatt vorne mit der Fahne zu gehen und zu sagen: Wir sind stolz auf unsere Bauern, wir haben ordentlich gewirtschaftet, wir haben ordentliches Tiermehl erzeugt – an dieser Stelle sei auch ein Dank an unsere Tiermehlverarbeiter gesagt –, wurde das Gegenteil gemacht.

Nach Dafürhalten von Direktor Baumann von der Tierkörperverwertungsanstalt Regau – so nebenbei erwähnt: 120 Arbeitsplätze – ist einer der Hauptgründe dafür, warum Österreich BSE-frei geblieben ist, dass wir beim Tiermehl im eigenen Land Spitzenqualität erzeugt haben. Das heißt: 5 Millimeter Teilchengröße, auf 130 Grad bei 3 Bar Druck erhitzt. Wir waren kein Zukaufsland. Die so oft glorifizierte Schweiz hat leider dieses riesige Problem, weil sie sich auf dem Weltmarkt bedient und anscheinend von England kein ordentliches Tiermehl gekauft hat.

Bleiben wir doch bei der Sache! Ich denke, dieses Thema ist viel zu essentiell, um hier Polemik hineinzubringen. Ich glaube, unter diesem Aspekt muss man die ganze Diskussion sehen.

Herr Kollege Marizzi! Ganz alleine bin ich mit meinem Standpunkt nicht. Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass es einen Europaabgeordneten von der SPD, Heinz Kindermann, gibt, der folgende Meinung vertritt – ich zitiere –: Nach Meinung des SPD-Europaabgeordneten Heinz Kindermann müssen tierische Nebenprodukte, die für die menschlich Ernährung geeignet sind, nach entsprechender Behandlung auch weiterhin als Tierfutter verwendet werden dürfen. Es ist für mich unverständlich, diese wertvolle Eiweißquelle dauerhaft verbieten zu wollen. – Zitatende.

Damit wir Klarheit und Ruhe in die Diskussion bringen: Wir sprechen von Lebensmitteln, bitte schön! Wir sprechen von Separatorenfleisch, das vor einem halben Jahr noch in die Wurst gegeben wurde. Und das darf jetzt das Tier nicht mehr fressen?

Herr Kollege Todt! Schauen Sie doch gelegentlich "Universum" an, dann werden Sie sehen, wie der Kreislauf in der Natur funktioniert! Ich bin stolz darauf, dass ich in einem Bergbauerndorf, es heißt Aurach am Hongar, wohne. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Ihnen fehlt wohl der Blick für die Realität, aber der Realitätsverlust ist viel größer, weil man nur aus den Medien "ernährt" wird, Herr Kollege Konecny!

Ich sage hier eines ganz klipp und klar und nachhaltig ... (Bundesrat Konecny: Die Folge, wo die Rindviecher andere Tiere überfallen und bis auf die Knochen abgenagt haben, die muss ich


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verpasst haben!)  – Ja, man sieht es, dass Sie Probleme haben mit dem Zuhören! Ich habe erwähnt, dass es zehn Jahre lang in Österreich verboten war, an Wiederkäuer – Rindviecher sind Wiederkäuer, Paarhufer laut Fachliteratur – Tiermehl zu verfüttern. Wir sprechen hier von Hühnern. Fragen Sie die Kleintierschutzverbände! Wir hatten eine landesweite Versammlung in Neukirchen an der Vöckla, bei der ein deutscher Referent gesprochen hat. (Bundesrat Konecny: War der so qualifiziert wie unser SPD-Kollege?) Er hat gesagt: Es ist unverständlich, das für unsere Kleintiere so notwendige Eiweiß zu verbrennen. Wir brauchen es nötigst.

Man muss ein bisschen vom landwirtschaftlichen Bereich zum Tierschutzbereich – am Rathausplatz ist heute Tierschutztag –, ein bisschen mehr auch in die Nähe der Hobbytierhaltung und Heimtierhaltung kommen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schennach! Ich darf Folgendes festhalten: Diese 90-GVE-Grenze wurde auch von der grünen Ministerin Künast im benachbarten Deutschland nicht unterstützt.

Kollege Todt und Kollege Marizzi! Ich bin dankbar für eine positive Willensäußerung in künftigen Diskussionen und für eine Unterstützung bei der Entschädigungen für die hilflos in Not geratenen Rinderbauern. Ich freue mich schon auf die Diskussionen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Peter Marizzi. Ich erteile ihm das Wort.

16.09

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Kollege Steinbichler! Du hast anscheinend die Sache noch immer nicht verstanden, denn da geht es nicht um Parteipolitik, da geht es nicht um Schwarz, Blau, Grün oder Rot, sondern da geht es um Rot-Weiß-Rot! Die Ursache dafür war, dass du gefordert hast, dass das Tiermehl und entsprechende Cocktails wieder auf den Markt kommen sollen. Das war dein Vorschlag! (Bundesrat Steinbichler:  ... Original-Presseaussendung, Herr Kollege!)  – Ich habe es dort liegen! Ich habe jetzt auch zugehört! (Bundesrat Steinbichler: Dann lesen Sie es den Kolleginnen und Kollegen vor, damit sie wissen, wovon wir reden!) Genau das, was ich gesagt habe, steht da drinnen. Ich bin des Lesens kundig.

Genau das ist das Problem, Kollege Steinbichler. Wenn du mir zugehört hast, dann weißt du, dass ich gesagt habe, Minister Molterer hat verspätet, aber doch gehandelt. Ich habe gesagt: Gott sei Dank ist Österreich BSE-frei gewesen! Und jetzt kommt Kollege Steinbichler und sagt: Dieses Tiermehl könnten wir wieder auf den Markt bringen und könnten wieder Kannibalismus bei den Wiederkäuern erzeugen. Der nette Kollege Steinbichler hat gesagt, wenn dieses Tiermehl wieder auf dem Markt ist und wir vielleicht einen BSE-Fall in Österreich bekommen, dann ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

"Wir": Das ist die Agrargesellschaft, die sich eben so entwickelt hat, wie man es eigentlich gar nicht wollte, nämlich hin zu Großtierhaltung und zur Massentierhaltung. Sie kennen all das besser. Ich bin kein gelernter Bauer. Ich bin ein sehr kritischer Konsument, der sich all das anschaut.

Es geht um Lebensmittel. Teilen Sie das Wort "Lebensmittel" einmal: "Lebens"-"Mittel"! Bauern haben große Verantwortung. Wenn die Bauern nicht die Lebensmittel in Ordnung halten, dann ist der Markt kaputt, dann sind die Bauern kaputt, und dann ist unser Land kaputt! Allen Leuten, die sich mit dem Bauernmanifest fotografieren lassen, kreide ich das an. Das Bauernmanifest ist durchaus in Ordnung, wenn man sagt, die Landwirtschaft muss uns etwas wert sein, wir brauchen eine sehr gute Landwirtschaft, wir müssen auch gute Preise zahlen. – Damit bin ich auch einverstanden. Das darf aber nicht zu Billigsdorferpreisen verhökert werden.


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Man soll dann zumindest nicht so wahnsinnig sein – verzeihen Sie mir den Ausdruck –, dass man jetzt wieder das Tiermehl und Ihre "netten" Cocktails auf den Markt bringt, Kollege Steinbichler! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Jetzt hörst du mir zu! Die Landwirtschaft geht uns alle an. Wir wollen eine gute Landwirtschaft. Wir wollen eine ökologische Landwirtschaft, und wir wollen eine gerechte Landwirtschaft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Bravo! Super!)

Wenn du gescheit wärst und nachdenken würdest, dann würdest du sagen: Okay, wir haben einen Fehler gemacht, wir ziehen das zurück. – Fangt nicht wieder auf Umwegen an, Spiralen zu ziehen, um die Tiermehlverfütterung wieder salonfähig zu machen! Darum ist es mir heute gegangen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Stefan Schennach das Wort. – Bitte.

16.13

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Nur eine kurze zweite Wortmeldung, da zwei Mal die Grenze von 90 Rindern angesprochen wurde. Zwei Sachen sind richtig: Die christdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament will die Aufhebung der 90 Rinder-Grenze. Ich bin fair: Die Vertreter der ÖVP haben innerhalb der Christdemokraten dagegen gestimmt. Aber sie haben sich innerhalb ihrer Fraktion nicht durchgesetzt.

Richtig ist weiters, dass die Grünen die Aufhebung in der Form ändern wollten und einen Abänderungsantrag gestellt haben – ich glaube, Sie wissen das, Sie haben es nur nicht dazu gesagt –, der eine Änderung des Förderungssystems vorsieht: Nicht die Menge der Rinder , sondern die Arbeitskraft soll auf die Agenda genommen werden, damit wir die Förderung der Betriebe auch nach sozialen Gesichtspunkten und nicht nur nach der Anzahl der Rinder bewerten. Das ist die Änderung. Deshalb haben wir gesagt, da muss eine komplette Systemänderung erfolgen. Das nennt man auch, sozialpolitische Maßnahmen auf die Agenda in der Landwirtschaft zu setzen.

Zum Schluss noch eine Information, die auch nicht uninteressant zu diskutieren ist: Wissen Sie, wie viele Tiere wir nach der österreichischen Tierprämienverordnung aus dem Jahr 2000 fördern dürfen? – Nicht 90, sondern 200! 200 sind es in Österreich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von


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Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen .

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001 (562 und 602/NR sowie 6379/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden (Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001) (590 und 603/NR sowie 6363/BR und 6380/BR der Beilagen)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden (4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle) (567 und 604/NR sowie 6381/BR der Beilagen)


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16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG) (589 und 605/NR sowie 6382/BR der Beilagen)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend einen Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (554 und 607/NR sowie 6383/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank (591 und 606/NR sowie 6384/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001,

ein Euro-Steuerumstellungsgesetz,

eine 4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle,

ein Produktpirateriegesetz,

Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften, und

ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Herbert Würschl übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Herbert Würschl: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001.

Der Text liegt Ihnen vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch zum Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz


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1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden, liegt Ihnen der Text vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden, liegt Ihnen ebenfalls der Text vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Text des Berichtes des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden, liegt ebenfalls vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend einen Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften liegt der Text vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ein weiterer Bericht des Finanzausschusses betrifft den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfond der Asiatischen Entwicklungsbank. Auch hier liegt Ihnen der Text vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiß: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Hans Ager das Wort. – Bitte.

16.21

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Mit den Punkten 13 bis 18 behandeln wir heute sechs Punkte zusammengefasst, die man im Wesentlichen als Euro-Umstellung bezeichnen kann. Es ist gar nicht so einfach, alle Punkte zu behandeln, weil sie nicht so wahnsinnig gut zusammenpassen, aber ich habe mich bemüht, das in relativ kurzer Fassung zu machen, ansonsten würde das vielleicht sogar verwirrend sein.

Zum Ersten: Zur Verwendung des Euro als tägliches Zahlungsmittel braucht es entsprechende Begleitmaßnahmen. Dazu gehört die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001, das heißt, der 31. Dezember, an dem die Kreditinstitute geschlossen haben, wird hinsichtlich der Zahlungsfristen mit Samstagen und Sonntagen, Feiertagen und Karfreitagen gleichgestellt.

Die Teilnahme unseres Landes an der Wirtschafts- und Währungsunion bedeutet für Österreich eine große Chance, an einem leistungsfähigen Währungs- und Wirtschaftsraum teilzunehmen und dadurch zu profitieren. Das vorrangige Ziel des Euro-Systems ist nach nunmehr fast zweieinhalb Jahren mit einer Preisstabilität und einer gesicherten Kaufkraft durchaus mit Erfolg gekrönt. Eine erhöhte Preistransparenz und verschwindende Wechselkursrisiken werden speziell


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der Exportwirtschaft, dem Handel und im Besonderen auch dem Tourismus zugute kommen. Wir in Tirol erinnern uns immer wieder an die Vergleiche mit Südtirol, mit Italien. Bei Lirebeträgen mit sehr vielen Nullen hinten dran war der Vergleich nicht sehr gut möglich.

Der Schilling war eine stabile Währung, und ich habe die Hoffnung, dass es auch der Euro sein wird. (Bundesrat Grissemann: Ja, hoffentlich!) Einem gewissen Gefühl der Unsicherheit, speziell bei der älteren Generation, die bei vergangenen Währungsreformen draufgezahlt hat, sollte man mit seriöser Aufklärung begegnen. Das Finanzministerium hat bereits eine Erklärung abgegeben, dass es sich dafür verbürgt, dass es im Zuge der Euro-Umstellung zu keinen Preissteigerungen und Belastungen für die Bürger kommen wird.

Beim Steuerumstellungsgesetz – das ist das nächste Gesetz – hat der Finanzminister versprochen, dass Rundungen zugunsten des Steuerpflichtigen ausfallen und es auch da zu keinem Körberlgeld für den Finanzminister kommt. Im Gegenteil: Die Steuern und Abgaben werden um 250 bis 300 Millionen Schilling verringert.

Zum nächsten Gesetz, zur 4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle, wäre zu sagen, dass die Zollverwaltung der Wirtschaft wieder so genannte Hausbeschauen anbietet, allerdings müssten diese kostendeckend sein. Mit dem Einsatz von EDV und Verzollungen auch außerhalb der Amtsstunden wird es eine Erleichterung für die Wirtschaft geben.

Zum Produktpirateriegesetz – das ist das nächste Gesetz – ist zu sagen dass weltweit eine immense Zunahme von schwerwiegenden Delikten zu verzeichnen ist. Zu den häufigsten Herkunftsländern von gefälschten Produkten zählen Hongkong, China, Thailand und die Ukraine, und zu den herkömmlichen Fällen von gefälschter Markenbekleidung, wie wir sie von früher kennen, kommen immer häufiger Uhren und Schmuck, CDs und Computersoftware sowie Parfümeriewaren und Kosmetika dazu. Weltweit beträgt der Schaden durch Produktpiraterie über 250 Billionen Euro im Jahr. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!

Diese Gesetzesnovelle, die meiner Meinung nach sehr wichtig ist, schafft für die Zollbehörde ein Instrumentarium im Kampf gegen die Produktpiraterie, mindert finanziellen Verlust für Unternehmen, hilft Arbeitsplätze sichern und dient langfristig der Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Ferner hat der Europäische Rat in seiner Sitzung in Berlin 1999 unter anderem festgehalten, dass das System der EU-Eigenmittel gerecht, transparent, kostenwirksam und auf Kriterien gestützt sein soll. Die EU, die sich nicht verschulden kann, legt daher zuerst die Ausgaben fest, daraus ergibt sich dann die Höhe der Einnahmen. Ein Bestandteil davon ist die Mehrwertsteuer. Jedes Mitgliedsland errechnet sich eine Basis. Von dieser Grundlage wurde bisher 1 Prozent abgeführt, für 2002 und 2003 sind es 0,75 Prozent, ab dem Jahr 2004 0,5 Prozent. Die ärmeren Mitgliedsländer profitieren nun von dieser Abschwächung. Insgesamt wurde durch geschicktes Verhandeln ein gutes Ergebnis für Österreich erzielt.

Nun komme ich zum letzten Gesetz, zum Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds der Asiatischen Entwicklungsbank. Dieser Fonds, den fast alle reichen Länder speisen, hat in den letzten Jahren über 200 Millionen Dollar in Entwicklungen in ärmeren Regionen Asiens investiert. Hier sollte Österreich meiner Meinung nach auch in der Zukunft eine Art Solidaritätsbeitrag leisten. Wir haben eine ganze Menge großer Firmen, die nach Asien exportieren und auch umgekehrt mit Asien Handel treiben. Ich glaube, das würde diesen Firmen auch gut tun.

Zum Schluss möchte ich noch sagen: Der europäische Binnenmarkt umfasst derzeit 360 Millionen Einwohner. Über 300 Millionen werden in näherer Zukunft den Euro verwenden. Wir von der ÖVP werden daher für diese Gesetze stimmen. Sie sollten es auch tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Dr. Aspöck. )


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16.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Peter Marizzi. Ich erteile ihm das Wort.

16.28

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Ich teile in weiten Bereichen und auf weiten Ebenen die Ausführungen meines Vorredners, Kollegen Ager. Die Euro-Umstellung rückt immer näher und wird Realität. Es ist ein großes währungs- und wirtschaftspolitisches Projekt. Wir haben dazu beigetragen. Ich möchte nicht verhehlen, dass andere immer ein bisschen kritisch waren.

Es geht darum, dass es in zwölf Ländern eine einheitliche Währung gibt. Das ist etwas, was wir eigentlich vielleicht nur so nebenbei erahnen, aber wenn man sich das als Wirtschaftsprojekt und als Währungsprojekt anschaut, dann muss man sagen, ist das eines der größten Projekte der Nachkriegszeit. 90 Prozent des BIPs der Europäischen Union werden in der Euro-Zone erwirtschaft.

Wir als Sozialdemokraten waren immer positiv für diesen Euro unterwegs. Wir haben es auch nicht immer leicht gehabt – ich muss das auch sagen –, denn ältere Menschen haben da Berührungsängste, ebenso kleinere Betriebe – Herr Staatssekretär, Sie wissen das –, daher ist es meiner Meinung nach auch notwendig, dem Bürger mehr Informationen zu geben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Herr Staatssekretär! Glauben Sie mir, der 1. Jänner beziehungsweise der 1. März ist schneller da, als wir alle glauben. Wenn Sie vielleicht bei Diskussionen sind – das ist wahrscheinlich der Fall –, dann werden Sie merken, dass der Bürger mehr Information bekommen sollte. Ich glaube, es wäre sinnvoller – fassen Sie das jetzt bitte nicht als polemisch auf –, dass man weniger in Imagekampagnen der Regierung steckt, sondern mehr in Informationskampagnen über den Euro. (Beifall bei der SPÖ.) Das sollte jetzt wirklich nicht polemisch sein, sondern Sie wissen ganz genau, wie das gemeint ist.

Ich freue mich auch und verhehle das auch nicht, dass der Finanzminister gemeint hat, dass er nach unten runden wird. Das ist gut so, das ist auch richtig so, aber wir werden uns das natürlich als Opposition – das können Sie sich vorstellen – genau anschauen, ob das tatsächlich so ist. Das ist auch gut so, weil die Bevölkerung, vor allem der Konsument, Vertrauen in diese Euro-Umstellung bekommen soll.

Wenn ich von Vertrauen spreche, dann möchte ich auch anmerken, dass das Wirtschaftswachstum in den Euro-Zonen-Ländern jetzt schon gut ist. Die Inflationsraten in den anderen zukünftigen Euro-Zonen-Ländern gehen – trotz Energiepreissteigerungen – nach unten, die Budgets entwickeln sich Richtung normale Stabilisierung, aber in Österreich, Herr Staatssekretär, ist das anders.

Ich gebe zu, dass es bei der Arbeitslosenrate stimmt, ich gebe zu, dass es bei der Budgetsanierung – das werden wir erst sehen – vielleicht stimmen mag, aber Sie werden sich daran erinnern, dass wir Sie gewarnt haben. Wir haben diese Bundesregierung gewarnt – ich verkürze das jetzt –: Fahrt nicht so rein! Fahrt nicht so drauf! Lasst nicht die so genannten kleinen Leuten die ganzen Lasten einer Budgetsanierung tragen!

Ich könnte Ihnen jetzt die Liste jener Faktoren vortragen – Sie kennen sie ganz genau –, die diese Inflation hinauftreiben. Wir haben Sie gewarnt vor den Ambulanzgebühren, wir haben Sie gewarnt vor der Kfz-Besteuerung und der Energiebesteuerung. Herr Staatssekretär! Nun haben wir die höchste Inflationsrate seit acht Jahren! Sie haben sicherlich genauso wie ich und viele andere – ich nehme jetzt nur eine Zeitung her – den "Kurier" vom 19. Juni gelesen. In diesem steht zu lesen, dass die hohe Inflation die Nettoeinkommen beträchtlich schmälert. Wir haben die höchste Inflationsrate seit acht Jahren.

Herr Staatssekretär! Der kleine, fleißige Sparer, der sein Geld auf das Sparbuch legt, hat durch diese hohe Inflationsrate in Wirklichkeit jetzt – ich sage es einmal pointiert – ein Nettodefizit. Diese Inflation ist hausgemacht, denn wenn man vergleicht, kann man feststellen, dass andere EU-Länder – zum Beispiel auch jene, die die Euro-Umstellung durchführen – keine solchen Inflationsraten haben. Sie können sich vorstellen, dass diese hohe Inflationsrate von 3,4 Prozent bei all den Belastungen, die jetzt diese Bundesregierung macht, vor allem die Realeinkommen


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der unselbständig Erwerbstätigen beträchtlich schmälert. Allein durch die Einführung der Ambulanzgebühren, Herr Staatssekretär, wird jeder Haushalt mit einer Inflationsrate von 0,12 Prozent belastet

Warum erzähle ich Ihnen all das, und warum sage ich all das? – Wir stehen der Euro-Umstellung positiv gegenüber. Es ist nicht so, dass wir immer nur eine blindwütige Opposition sind, die gegen alles ist, was diese Regierung da vorbereitet, aber wenn es darum geht, tektonische Belastungstests bei der Bevölkerung und eine ungerechte, unsoziale Umverteilung zu machen, dann haben Sie uns zum Gegner.

Herr Staatssekretär! Die Euro-Umstellung mag positiv sein. Sie haben das gut vorbereitet, das kann man sagen; wir wollen nicht alles als schlecht bezeichnen, so wie Sie von den Regierungsparteien das immer machen, indem Sie uns vorwerfen, wir hätten alles schlecht gemacht. Wir wollen uns jetzt nicht herstellen und sagen, wir haben das in den Jahren unserer Regierungstätigkeit gut vorbereitet, Sie wissen selbst genau, dass solch ein Euro-Projekt langfristig vorbereitet werden muss. Aber nehmen Sie Folgendes mit in das Finanzministerium: Acht Jahre lang hatten wir nicht solch eine hohe Inflationsrate! Wenn die Euro-Umstellung kommt, dann soll der Konsument – zumindest der, der das vielleicht nicht so erkennt wie wir – nicht gleichzeitig eine hohe Inflationsrate und eine Euro-Umstellung haben und damit letztendlich das Vertrauen in den Euro verlieren. – Ich danke Ihnen herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

16.35

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Verehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich möchte, da eine Euro-Diskussion und eine Diskussion um Inflationsfragen entstanden ist, die Gelegenheit wahrnehmen, kurz hiezu Stellung zu nehmen.

Wir machen gemeinsam mit der Nationalbank eine vom Informationsgehalt her zum 1. Jänner immer mehr ansteigende Kampagne. Was meine ich mit ansteigender Informationskampagne? – Sie wird immer detaillierter, je näher sie zum 1. Jänner geht. Es hat nicht viel Sinn, dass man jetzt Detailinformationen gibt, zum Beispiel darüber, wie eine Euro-Banknote ausschaut, denn bis dorthin wird das wieder vergessen. Die Information ist auch genau zielgruppenorientiert. Es gibt für die Senioren eine eigene Informationskampagne, für die Schüler, für die Lehrer und für die Klein- und Mittelunternehmungen, es wird also genau nach Berufsgruppen unterschieden. Ich glaube, da liegen wir sehr gut.

Es ist dann die Frage aufgetaucht: Ist der Euro eine harte Währung? Geben wir jetzt mit dem Schilling eine harte Währung auf? – Dazu möchte ich Folgendes ergänzen: Wir haben im Verhältnis, in der Relation zum Dollar eine schlechte Situation. Das ist richtig. Das hat sich aber deshalb ergeben, weil die amerikanische Wirtschaft zehn Jahre – und zwar atypisch für einen Konjunkturzyklusverlauf; leider ist das jetzt in Abschwächung begriffen – Hochkonjunktur hatte. Die USA hatten ein Wirtschaftswachstum, das weit über dem europäischen Schnitt lag. Und nach der klassischen Lehre der Nationalökonomie schlägt sich ein derartiges unterschiedliches Wachstum in der Wertigkeit der einzelnen Währungen nieder.

Außerdem kommt natürlich ein psychologischer Faktor noch dazu: Eine Währung, die noch nicht benützt wird – wir haben sie de facto seit 1. 1. 1999 als Verrechnungseinheit, aber wir haben noch unsere nationalen Währungen –, eine Währung, über die noch nicht verfügt wird, hat halt psychologisch im Außenwert einen geringeren Wert. Aber woran haben wir immer die Härte unseres Schillings gemessen? – An der Verknüpfung zur D-Mark. Es hat auch in der Vergangenheit unterschiedliche Bewertungsverläufe gegenüber dem amerikanischen Dollar gegeben. Das hat uns alle nicht gestört oder nur begrenzt gestört. Uns war immer die Bindung zur D-Mark wichtig, die wir mit dem fixen Umrechnungskurs hatten.

Ich glaube, mit dem 1. 1. 2002 – ich danke, dass das auch von den Bundesräten aller Couleurs hier praktisch anerkannt wird – haben wir den Binnenmarkt dann vollendet. Durch den Wegfall


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von Umrechnungen, durch den Wegfall von Kosten werden Wachstumselemente von dieser neuen Währung ausgehen, und das wird sich positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Man schätzt, dass sich 0,2 Prozent Wachstumsfaktor allein aus der Umstellung auf eine einheitliche Währung ergeben werden. Es wird wahrscheinlich noch mehr sein, weil gewisse Wirtschaftshemmnisse wegfallen. Denken Sie an den Tourismus! Wenn ich noch umwechseln muss, tue ich es ein paar Tage vor der Abreise nicht mehr. Außerdem wird der Preisvergleich im Grenzverkehr viel leichter möglich und auch faktisch umsetzbar sein. All das kommt gerade angesichts dieser Wirtschaftssituation äußerst richtig gelegen.

Nun zur Budgetkonsolidierung: Sie alle wissen – ich habe es hier schon oft gesagt –, wir haben mit der Budgetkonsolidierung ein schweres Erbe übernommen. Im Bundesbereich mussten wir bei einem 800 Milliarden-Gebarungsvolumen allein 100 Milliarden Schilling an Zinsen übernehmen. Wenn man das abbauen will im europäischen Gleichklang, muss man massive Maßnahmen setzen. Das haben wir versucht, aber wir müssen einen Überschuss von 100 Milliarden für die Zinsen gewinnen, und das ist eine harte Last. Wenn wir nicht diese Schulden übernommen hätten, wir hätten keine Diskussion um Ambulanzgebühren, hätten wir keine Diskussion um Invaliditätsrenten. All das hätten wir nicht, wenn wir nicht diese 100 Milliarden Zinsen finanzieren müssten.

Das ist unsere harte Last, und das hat natürlich gewisse Belastungen für alle Teile der Bevölkerung gebracht. Das hat auch – das gebe ich schon zu – eine gewisse Mitschuld an der Inflation. Nur: Die österreichische Inflation liegt noch immer unter dem europäischen Schnitt, und der Haupttreiber der Inflation sind, bitte, die hohen Benzinpreise, die hohen Ölpreise, die nicht durch Österreich bedingt sind. (Bundesrat Mag. Hoscher: Na, schon auch!) Also nennen wir doch die wahren Verursacher, und reden wir uns nicht aus!

Zu den Ambulanzgebühren möchte ich schon festhalten: Die so genannte Selbstverwaltung, die in Eigenverwaltung mit den Mitteln wirtschaft, hat ein Gesamtdefizit in der Höhe von 5 Milliarden!

Jetzt kommt sie zum Staat und verlangt Beitragserhöhungen und dergleichen mehr. Sie verlangt, dass jetzt quasi der Staat Mittel bereitstellt oder technische Möglichkeiten gibt, dass dieses Defizit, dieser Abgang in der Höhe von 5 Milliarden gedeckt wird. Legen wir doch die Ursachen bloß, wo etwas entstanden ist!

Außerdem geht es bei der Beibehaltung in Wirklichkeit natürlich um die Finanzierung von Gesundheitskosten. Wir wollen diese Mittel auch dazu benützen, dass unser hoher Standard bei der Finanzierung der Gesundheitskosten auch weiterhin beibehalten wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Aspöck. – Bitte.

16.40

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich habe angenommen – das ist beim ersten Vorredner schon geschehen –, dass auf die einzelnen Gesetze ohnehin eingegangen wird und nicht alles noch einmal heruntergeplappert werden soll.

Zum Zweiten können wir davon ausgehen, dass über den ganzen Block Einstimmigkeit herrscht, und ich möchte daher zu ein paar allgemeinen Dingen, allgemeinen Betrachtungen der gesamten Problematik kommen, vor allem auch im Lichte dessen, was Herr Kollege Marizzi gesagt oder kurz bemerkt hat, nämlich dass es manche gegeben hat, die der ganzen Entwicklung mitunter etwas kritischer gegenüber gestanden sind, und ich werde auch darlegen, warum dem so war.

Ich war bereits in meiner Jugend unter anderem auch in der Freiheitlichen Partei aktiv tätig, folgerichtig war ich schon in meiner Jugend ein begeisterter Anhänger einer europäischen Einigung. Nicht zuletzt habe ich diese Einstellung auch von meinen damaligen politischen


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Vorbildern in der FPÖ – ich nenne nur Namen wie Broesigke, als Salzburger vor allem auch Gustav Zellinger – vermittelt erhalten.

Die damalige Mehrheit in der österreichischen Politik war freilich, wie ich meine, jedenfalls viel zu lange der Meinung, dass die EFTA der einzige für Österreich gangbare Weg sei. Das späte Reagieren hat in Österreich freilich auch später noch eine gewisse Tradition gehabt. Ich erinnere mich da zum Beispiel an ein Fernsehinterview eines Regierungschefs, der dem erstaunten Reporter und wohl auch den erstaunten Zusehern zu einem Zeitpunkt, da der freie Westen bereits das Ende der kommunistischen Ostblockdiktaturen feierte, mitteilte, dass sich zum Zeitpunkt des Interviews – es war irgendwann in den frühen Abendstunden – an den Ansprechpartnern im Ostblock nichts geändert habe. Ich glaube, jeder erinnert sich an dieses damals katastrophale Interview.

Zurück zum Thema: An der positiven Einstellung der Freiheitlichen zu Europa hat sich seit der Gründung dieser Partei nie etwas geändert. Das Einzige, was uns Freiheitliche von anderen in der Frage Europas stets unterschieden hat, war die kritische Hinterfragung des jeweils geplanten Schrittes. Das war so bei unserem Beitritt zur EU, das war so beim Beschluss über die Einführung des Euro, das war so bei den völlig zu Unrecht verhängten und auch unrechtmäßigen Sanktionen, und das ist so bei den heute anstehenden Problemen, insbesondere der Osterweiterung. Das heißt aber nicht, dass wir Freiheitlichen keine Europäer und keine Befürworter wären. Wir wollen nur kritisch hinterfragen.

Dass der politische Mitbewerber uns Freiheitliche wegen unserer kritischen Haltung in manchen Dingen in seiner Propaganda als Anti-Europäer darzustellen versucht, ist für mich – ich möchte sagen: als alten Polithasen – logisch. Propaganda lebt nun einmal davon, der anderen Partei alle möglichen Grauslichkeiten zu unterstellen.

Ich möchte aber an dieser Stelle nicht nur für meine Fraktion hier im Bundesrat, sondern für alle meine Parteifreunde feststellen, dass wir Freiheitlichen stets ein klares und eindeutiges Bekenntnis zu Europa abgegeben haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So steht es nicht nur im Regierungsprogramm – es hätte auch durchaus keiner gesonderten, schriftlichen Erklärung anlässlich der Regierungsbildung bedurft –, sondern auch ein Blick in das Parteiprogramm unserer Partei hätte genügt. Dort steht es nämlich ebenso seit vielen Jahrzehnten.

Lassen Sie mich auf einige zuvor erwähnte kritische Haltungen der FPÖ in manchen Punkten zurückkommen, zum Beispiel beim Beitritt. Ich unterstelle keinem der Verhandler böse Absicht, sondern gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte, dass damals voller Einsatz und voller Idealismus bei den Verhandlungen vorhanden waren. Ich kann mich auch noch gut an die Veranstaltung, die wir Freiheitlichen machten, mit der Einladung des damaligen Außenministers Mock und der Staatssekretärin Ederer, erinnern, mit welchem Idealismus beide, aber ganz besonders doch der ältere und erfahrenere Mock, auf dieser Veranstaltung aufgetreten sind, und wie sehr viele von uns damals auch tatsächlich beeindruckt waren.

Aber zurück zur kritischen Hinterfragung: Ich behaupte ebenso, dass man damals bei all diesem Idealismus, bei all diesem Eifer manches Kapitel besser hätte verhandeln und vorbereiten können. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Tiroler Landeshauptmann über den Abschluss des Kapitels Verkehr aus heutiger Sicht noch sehr begeistert ist. Wir hören das tagtäglich von ihm. Wir haben zwar glücklicherweise, wie wir heute schon gehört haben, keine BSE-Seuche, dafür aber eine sich seuchenartig über ganz Österreich ausbreitende Verkehrshölle. Und das ist ein Beispiel dafür, wo wir kritisch hinterfragen.

Wir reden heute von der Verlagerung auf die Schiene und wissen zugleich, dass die ÖBB derzeit gar nicht in der Lage sind, eine solche Verlagerung aufzunehmen, und dazu verschweigen wir auch noch, dass die ÖBB-LKW-Flotte eine der größten Österreichs ist.

Beispiel Euro: In den Hartwährungsländern haben die Finanzminister seinerzeit, bei der Beschlussfassung, der Bevölkerung aus sehr durchsichtigen Gründen quasi eine Garantie für


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einen harten Euro gegeben. Man ist nicht müde geworden, immer wieder dieselben Fachleute – ich stelle sie bewusst nicht unter Anführungszeichen, um sie nicht zu beleidigen – zur Bestätigung dieser Garantie vor den Vorhang und vor die Kamera zu rufen. Es hat namhafte Fachleute gegeben, die anderes behauptet haben, andere Fachleute, die aber nicht vor den Vorhang gerufen wurden. Die aus heutiger Sicht richtigeren Prognosen wurden einfach totgeschwiegen oder milde belächelt.

Die wahren Hintergründe, Herr Staatssekretär – und da möchte ich ganz konkret auf das Beispiel mit dem Dollar eingehen –, hat man meines Erachtens der Bevölkerung in diesen Hartwährungsländern grundsätzlich verschwiegen, nämlich die Tatsache, dass Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland praktisch seit dem Zweiten Weltkrieg eine Tradition der Weichwährungspolitik haben und dass von Anfang an klar war, dass sich diese Staaten mit ihrer bisherigen Politik auch in der Europäischen Union sicherlich durchsetzen wollen und auch werden. Es ist kein Zufall, meine Damen und Herren, dass der Nachfolger Duisenbergs Franzose ist.

Der Hinweis, Herr Staatssekretär, auf die Bocksprünge des Dollars in den letzten 30, 40 oder 50 Jahren geht insofern ins Leere, denn wenn man sich andere Wechselkurse ansieht, dann kommt man drauf: Das ist nicht nur die Stärke des Dollars. – Schauen wir auf die Kursveränderungen zum Yen, auch zum Zloty in jüngster Zeit, 35 Prozent, und auch der Schweizer Franken ist nicht gerade billig. Der Hinweis auf die Stabilität der Kurse in dem Raum, in dem gesetzlich festgelegt ist, um welchen Kurs – 13,7603, bis auf die vierte Dezimalstelle bei den Groschen – umgewechselt wird, ist eigentlich logisch. Aber das andere stimmt nicht.

Ich werde mir erlauben, ein, wie ich doch glaube, sehr bekanntes Fachblatt, den "Zürcher Trend", das sicher eines der besten Wirtschaftsblätter ist, heute zu zwei kurzen Zitaten – erschlagen Sie mich nicht, wenn sie etwas zu lange sind, aber sie sind wirklich interessant – heranzuziehen.

"Zürcher Wirtschaftsbrief" vom 6. 6. 2001, das war kurz nach den Äußerungen Duisenbergs – ich zitiere –:

"Der Euro hat seinen Dolchstoß erhalten. Anders sind die katastrophalen Äußerungen von EZB-Chef Duisenberg vergangene Woche nicht zu deuten. Fast gleichgültig verwies er angesichts der erneuten Schwäche der Währung darauf, dass der Wechselkurs des Euro für ihn keine Sorge darstelle" – die gängige Argumentation nunmehr bei uns –, "solange die Inflationsrate im Euro-Raum davon nicht tangiert werde. Der Mann wird sich wundern, denn:

Neue Tiefstkurse des Euro nähren unweigerlich eine importierte Inflation. Rutscht der Euro in den nächsten Monaten in die Bandbreit 0,75 bis 0,80 Dollar, ergibt das ca. 2,5 bis 4 % Inflation in der Euro-Zone."

Sie, Herr Staatssekretär, haben gerade vorhin unseren Kollegen Marizzi darauf hingewiesen, dass doch der Großteil der bereits jetzt etwas angezogenen Inflationsrate auf den Ölpreis zurückzuführen ist. Und der wird bekanntlich weltweit in Dollar bezahlt.

Es heißt weiter: "Die kommen dann so schnell zustande, dass die EZB gar nicht umhin kommen wird, sehr rapide die Zinsen just zu dem Zeitpunkt anzuziehen, da die europäische Konjunktur genau des Gegenteils bedarf. Die Reaktion des EZB Chefs signalisiert Folgendes:

Duisenberg hat offensichtlich resigniert. Teils vor dem Hintergrund des politischen Drucks aus Paris, der ihn zu Zinssenkungen drängt, teils auch aufgrund auch der laufenden Diskussionen um seine Nachfolge. Eine solch unvorsichtige und nachlässige Haltung gegenüber der Währung übernimmt kein Notenbank-Chef, der sich noch lange im Amt sieht. So verständlich das ist, so schädlich ist es für die Glaubwürdigkeit der EZB und so negativ für den Verlauf der Währung.

Unsere Prognose neuer Tiefstkurse im Euro wird schneller eintreten als erwartet. Mit 0,85 Dollar liegt er nur noch 3 Cent über seinem bisherigen Tief bei 0,8250. Im Laufe des Sommers wird dieses Niveau nicht nur getestet, sondern auch unterschritten werden. Viele Investoren sichern


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sich nun über den Terminmarkt gegen einen weiter fallenden Euro ab und verstärken dadurch gleichzeitig den Druck auf die Währung. Im Prinzip hat die EZB den Euro zum Abschuss freigegeben."

Jetzt kommt das Wesentliche: "Nicht alle bedauern diese Entwicklung. Angesichts der nachlassenden Konjunktur-Dynamik ist eine abwertende Währung für Frankreich, Italien und Spanien die logische Konsequenz, um die Wirtschaft wieder zu beleben. Dies war stets die Grundthese ihrer Geldpolitik in den letzten 40 Jahren mit der Folge, dass ihre Währungen permanent abwerteten und zu den weichsten Europas wurden. Die großen Verlierer sind die Deutschen und die Österreicher, die nie eine Abwertungsstrategie betrieben, sondern ihre Geldpolitik unabhängig vom Konjunkturverlauf gestalteten. Also:

Der entscheidende Schritt zur Weichwährung ist vollzogen. Echten Widerspruch gibt es aus Berlin zu diesem Thema nicht. Wirklich problematisch wird es aber nun für die europäische Konjunktur, denn angesichts dieser Entwicklung sind niedrige Kapitalmarktzinsen nicht mehr möglich. Selbst wenn die EZB, aus welchem Grund auch immer, nochmals die kurzen Zinsen senken sollte, wird das lange Zinsende deutlich steigen, um die Inflationsentwicklung vorab zu diskontieren. Eine stärkere Bremswirkung auf die Konjunktur gibt es kaum. Es ist unverständlich, wie sich die EZB in eine solche Situation hat manövrieren lassen und mit welcher Leichtigkeit sie der Abwertung des Euro zusieht."

Ich möchte mit diesem Zitat natürlich auch betonen, dass es sich hier um Entwicklungen handelt, für die man die österreichische Bundesregierung und den Herrn Staatssekretär und den Herrn Finanzminister sicherlich nicht, ja überhaupt nicht verantwortlich machen kann, aber ich komme dann eben beim Reden mit der Bevölkerung, beim Erklären, darauf, dass man den Leuten eben viel mehr sagen sollte.

Kurz noch zur kritischen Hinterfragung der Unrechtssanktionen und zur Osterweiterung.

Die Frage nach der italienischen Wahl, ob jetzt auch Sanktionen gegen Italien verhängt werden, wurde gestellt. Brüssel hat sie deutlich beantwortet: Nein! a) Italien ist Gründungsmitglied der EU. b) Italien ist ein großes Land.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns spätestens bei diesem Punkt nicht von ganz links draußen bis ganz rechts draußen in einem Boot befinden, dann weiß ich nicht, wohin es mit unserem Österreich gehen soll. Solche Aussagen in einer Europäischen Union, die Begründung, dass man über Italien nicht herfällt, weil es ein großes Land ist, signalisieren doch deutlich, wie man mit kleineren Ländern – wir haben es erlebt – umzugehen beliebt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch einmal, aber jetzt wesentlich kürzer, Herr Staatssekretär, zum "Zürcher Trend", und zwar vom 30. 5. Da geht es einerseits um die Zuschüsse, die die amerikanische Wirtschaft über die Steuererleichterung eben aus den Überschüssen, die sie haben, erhält, und um die Europäer. Und da komme ich zur Osterweiterung, und auch hier, glaube ich, müsste man nur viel mehr aufklären. Man müsste mit der Bevölkerung reden, sie in Entscheidungen mit einbinden.

"Die Europäer geben 770 Milliarden DM aus, die sie gar nicht haben. So viel kostet nach jüngster Schätzung die EU Osterweiterung – mit 10 statt 4 Staaten – in den kommenden 12 Jahren. Finanziert wird dies (wie üblich) über die EU-Partnerländer. Deutschland allein trägt 30 %. Die Eurostaaten wiederum werden sich über eine EU-Steuer bei den Bürgern refinanzieren."

Haben Sie in den letzten Tagen aufmerksam zugehört, dass diverse Ideen zumindest einmal angedacht wurden?

"Das Modell des Solidarzuschlages" – es kann gar nicht anders gehen –, "wie er zur Finanzierung der deutschen Einheit bis heute erhoben wird, gilt als abgemachte Sache, wenngleich es keine offizielle Stellungnahme dazu gibt. Unstrittig ist auch, dass, wiederum wie bei der deutschen Einheit die genannten Schätzungen zu niedrig ausfallen. 1990" – man weiß das gar


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nicht mehr, wenn man es nicht wieder liest – "wurden die Kosten für die Einheit auf 800 Milliarden DM taxiert, inzwischen ist man schon bei 1 400 Milliarden DM, ohne dass ein Ende absehbar wäre. Der gravierende Unterschied:" – in dem Fall zu Amerika –

"Die Steuersenkungen und auch die erhöhten Ausgaben in den USA sind wachstumswirksam, die Ausgaben in der EU reine Subvention. 80 % der genannten Summe fließen nämlich in Landwirtschaft und Infrastruktur, liefern also praktisch keine Rendite auf das eingesetzte Kapital. Es entstehen, wie damals in Deutschland auch, wunderschöne blühende Landschaften ohne eigene Wirtschaftsdynamik. Im Gegenzug freuen sich die Europäer aber über politische Stabilität."

In diesen letzten Worten – jetzt komme ich auf eine andere Schiene – finde ich jedoch auch hier den positiven Ansatz und gehe noch einen Schritt weiter, nicht nur um des politischen Friedens willen, sondern ganz einfach, weil das Schaffen eines Smetana und eines Bartók ebenso unverzichtbarer Bestandteil europäischer Kultur ist wie die Werke eines Grieg, Händel, Vivaldi, Bach oder Mozart. Aber Behutsamkeit ist angesagt. Dass die osteuropäischen Staaten in dieses Europa gehören, versteht sich von selbst, aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass Konfliktgefahren verborgen sein können, wenn man den Beitrittsländern Dinge in Aussicht stellt, die man später nicht einhalten kann.

Ebensolches Konfliktpotenzial birgt aber auch das Verschweigen von diversen Umständen gegenüber der eigenen Bevölkerung. Europa kann nicht ausschließlich von Staats- und Regierungschefs und Kommissionen getragen werden. Europa muss von der Bevölkerung getragen werden (Beifall bei den Freiheitlichen)  – von der Bevölkerung, die in dieser Union lebt, wenn es auf Dauer bestehen will. Und hiezu bedarf es auch insbesondere eines starken Parlaments zur Vertretung der Interessen dieser Bevölkerung, wovon derzeit noch nicht sehr viel zu merken ist.

Aus den zuvor genannten Gründen sind wir Freiheitlichen auch für die volle Einbindung der Bevölkerung in diese Entscheidungsprozesse, weil ein Europa gegen dessen Bevölkerung niemals möglich sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Spätestens seit der irischen Volksabstimmung und dem Gipfel von Göteborg muss allen Beteiligten klar sein, dass die selbstgefällige Selbstdarstellung bei den Gipfeln nicht ausreicht, um die Bevölkerungen in Begeisterungsstürme ausbrechen zu lassen.

Diese Tatsache hat unsere Regierung dankenswerterweise bereits erkannt, und sie hat zumindest auch schon begonnen, entsprechend zu reagieren. Das sei hier ganz groß anerkannt.

Die Selbstdarstellung auf diesen Gipfeln hat mich schon immer fatal an die letzte Szene in Wagners "Rheingold" erinnert: Während die Götter feierlich in Walhall einziehen, hört man im Hintergrund – das verstehen nur die Wagnerianer – die Stimmen der Rheintöchter, die den Raub des Rheingoldes beklagen. Über Auftrag Wotans, der dieses Klagen als lästige Störung seiner feierlichen Zeremonie empfindet, ruft Loge, der Listige und Sarkastische, den Rheintöchtern zu, sie mögen sich nach dem Verlust des Goldes im Rhein künftig in der Götter hellem Glanze sonnen. – Das Ende der Geschichte in der "Götterdämmerung", also im vierten Teil, ist von mir als bekannt vorausgesetzt.

Wie ich schon gesagt habe: Nicht ohne und nicht gegen, sondern mit der Bevölkerung ist dieses Europa zu bauen, über Schattenseiten und Risken ist ebenso zu informieren wie darüber, dass Europa vor der einmaligen Chance steht, im Wege eines fairen Miteinander Großer und Kleiner, Stärkerer und Schwächerer einen friedlichen Kontinent zu schaffen, auf dem die Kriege vergangener Jahrhunderte endgültig nur mehr der Geschichte angehören. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


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Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bundesgesetz vom 19. Mai 1976 über die Umsatzsteuervergütung an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bewertungsänderungsgesetz 1987, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz und das Glücksspielgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Prokuraturgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend einen Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (573 und 650/NR sowie 6360/BR und 6385/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Grissemann übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Wilhelm Grissemann: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden.

Der schriftliche Ausschussbericht liegt Ihnen vor. Ich verzichte auf die Verlesung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich darf ergänzen – auch das finden Sie im schriftlichen Bericht –: Artikel 3 des gegenständlichen Beschlusses unterliegt gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Schicker. – Bitte.

17.09

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt zu diesem Gesetz mindestens genauso lange reden, wie es Kollege Aspöck gerade gemacht hat. (Bundesrat Ing. Polleruhs: Bitte, bitte, mach es nicht!) – Danke für die Anregung, ich werde es auch nicht machen (demonstrativer Beifall bei der ÖVP), weil ich die Ablehnung durch meine Fraktion auch in wenigen Sätzen sagen und argumentieren kann.

Erster Punkt: Unfallrentenbesteuerung. Herr Bundesminister! Ich muss sagen, die jetzige Regierung musste wie schon so oft in dieser Legislaturperiode – wir haben es erlebt – wieder


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einmal die Notbremse ziehen und auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, bedingt durch den öffentlichen Druck, aber vor allem auch durch den politischen Druck und eben durch eine Klage beim Verfassungsgerichtshof die Besteuerung der Unfallrenten mildern.

Dieser Umstand des Zurücknehmens wird sich heuer – dessen bin ich mir sicher, es zeichnet sich schon ab – noch etliche Male wiederholen, denn Sie haben nicht nur durch diese voreilige Beschlussfassung über die Besteuerung der Unfallrenten Chaos erzeugt, sondern Sie haben auch bei anderen Gesetzesbeschlüssen unter dem Motto "Speed kills!" Vertrauensgrundsätze gebrochen, was so einfach nicht hinnehmbar ist!

Das soziale Gewissen gegenüber diesen Benachteiligten der Gesellschaft war hier in keiner Weise spürbar, nicht einmal im Ansatz spürbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Die Erhöhung der Ausgleichstaxe für die Nichteinstellung von Behinderten um 30 Prozent auf nunmehr 2 700 S ist zwar begrüßenswert – und wenn man "30 Prozent" hört, so denkt man: ein wirklich sehr hoher Prozentsatz! –, aber der Betrag, der dahinter steht, ist in Relation sehr niedrig.

Wir alle sind uns, so glaube ich, darin einig, dass auch diese erhöhte "Freikaufssumme" – ich nenne es einfach so – nicht dazu beitragen wird, dass auch nur ein Behinderter mehr eingestellt werden wird. Denn was bedeutet, Herr Bundesminister, ein Betrag in der Höhe von 2 700 S für eine Firma, für eine Gesellschaft, für eine Institution? – Das ist ein solch minimaler Betrag, dass ihn sich jede Firma locker pro Monat leisten kann. Es wird damit kein Budget, keine Bilanz außergewöhnlich belastet. Darin sind wir uns alle, so glaube ich, einig.

Beschäftigungswirksam werden würde wahrscheinlich erst eine Ausgleichstaxe – ich weiß, das ist derzeit überhaupt nicht spruchreif – in der Höhe von 20 000 S und mehr, denn dann würde die Einstellung eines behinderten Menschen je nach beruflicher Qualifikation und/oder nach Arbeitszeit wirklich billiger kommen, als diese Ausgleichstaxe zu bezahlen.

Dritter Punkt: Dass im Tausch für diese Ausgleichstaxenerhöhung eine Verlängerung der Probezeit bei der Einstellung behinderter Menschen innerhalb der Koalition ausgehandelt wurde, spricht für die tatsächliche Einstellung dieser Regierung zu den Behinderten.

Ich habe fast das Gefühl, dass man gar nicht haben möchte, dass mehr Behinderte in Beschäftigung kommen, denn diese so genannten Bemühungen sind für mich eine Augenauswischerei – ich sage das ganz offen.

Herr Bundesminister! Sie haben vor einigen Tagen – ich habe es im "Standard" gelesen – den Vorschlag gemacht, dass Frühpensionisten oder Invaliditätspensionisten voll dazuverdienen können sollten, denn wir haben einen Fehlbedarf an Beschäftigten in der IT-Industrie, und diese Personengruppe könnte da sozusagen einspringen. Ich denke, es gibt sehr viele Behinderte, nicht zerebral Behinderte, sondern einfach nur körperlich Behinderte, Gebrechliche, die diese Positionen geistig auch erfüllen könnten. Sie könnten natürlich nicht alle diese offenen Stellen ausfüllen, aber ich glaube, wir könnten auch hier ansetzen, sodass Behinderte vermehrt in diesem Bereich Arbeit finden könnten. Das ist meine Anregung dazu.

Da im vorliegenden Gesetz davon nichts spürbar ist, muss ich sagen, dass meine Fraktion aus den vorgenannten Gründen diesem Gesetz nicht die Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

17.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

17.14

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zuerst eine Anmerkung zu


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den Ausführungen meiner Vorrednerin: Man kann natürlich die Ausgleichstaxe beliebig erhöhen, auf 20 000 S, 30 000 S, 40 000 S, aber, Frau Kollegin Schicker, Sie werden dadurch keinen einzigen zusätzlichen Behinderten in einem Betrieb einstellen. (Bundesrätin Schicker: Wenn es mehr ausmacht, als der Behinderte kostet, schon!) Sie können damit vielleicht Geld sammeln, aber Sie werden damit keinen einzigen zusätzlichen Behinderten-Arbeitsplatz oder Arbeitsplatz für einen Menschen, der eine Behinderung hat, gewinnen. Das ist, so glaube ich, das Dilemma und zugleich auch der Hauptkritikpunkt, dass wir weniger mit Zwangsmaßnahmen, mit Regulierungen, sondern mehr mit konkreten Vorschlägen und Förderungen an dieses Thema herangehen sollten.

Nicht nur die Wirtschaft, Frau Kollegin, sondern die gesamte Gesellschaft bekennt sich zum Ziel einer optimalen Eingliederung von Menschen mit Behinderung, nicht nur in die Gesellschaft, sondern in die Arbeitswelt (Bundesrätin Schicker: So ist es!), und zwar gemäß dem Grundsatz: faire Chancen für Menschen mit Behinderungen, Chancengleichheit und Gleichberechtigung.

Es ist in den letzten Jahren viel geschehen, auch unter der Regierung, der die SPÖ angehört hat; selbstverständlich ist viel geschehen. Das ist auch sinnvoll. Es ist auch unter der neuen Regierung auf dieser Basis sehr viel weitergearbeitet worden. Ich denke dabei beispielsweise nur an die Bereitstellung der Behindertenmilliarde, an konkrete Initiativen des Bundessozialamtes und so weiter.

Ich glaube auch, dass die Neuregelung des Kündigungsschutzes für Menschen mit Behinderungen ein Schritt in die richtige Richtung ist – in Zukunft besteht er erst nach sechs Monaten und nicht wie bisher schon nach drei –, weil sich der Kündigungsschutz zum Bumerang für die Menschen mit Behinderung entwickelt hat. Ich kann Ihnen dafür ein Beispiel nennen.

Ein Linzer Unternehmen, und zwar ein Massagebetrieb mit fünf Bediensteten in Linz-Urfahr, hat einen blinden Lehrling aufgenommen und ausgebildet, und der hat ausgelernt. Und jetzt ist folgende Situation – ich zitiere aus den "OÖN" –: So sind alle zufrieden, noch, denn im Herbst lernt Ewald – der 19-jährige Lehrling – aus, und dann gibt es das nächste Problem, denn einerseits möchte der Masseur – Rimser heißt er – den Lehrling Ewald unbedingt weiter im Team haben, weil er sich bewährt hat, doch andererseits hat er auch Angst davor.

Er meint: Als Behinderter ist mein Lehrling – Ewald – unkündbar. Wenn nun mein Geschäft nachlässt – das kann bei einem Betrieb mit vier, fünf Beschäftigten leicht passieren –, traue ich mir einfach als kleiner Unternehmer nicht zu, ihm ewig eine Beschäftigung zu garantieren. – Das bewirkt nämlich dann der Kündigungsschutz, der ähnlich ist wie der Kündigungsschutz für einen Betriebsrat.

So gedenkt Rimser, der Inhaber dieses Betriebes, sich mit seinem Problem brieflich an den Bundeskanzler zu wenden. – Das wird wenig nützen. (Bundesrat Freiberger: Bei dem Bundeskanzler!)

Unterstützt wird der Unternehmer dabei vom Hauptbetroffenen selbst – und jetzt kommt es –, und der, der blinde Lehrling, der dort ausgebildet wurde, sagt: Ich brauche keine Garantie auf meine Beschäftigung, ich will nur ein ganz normales Arbeitsverhältnis, so, wie es jedem anderen Menschen auch zusteht. – Ende des Zitates. – Das sagt der behinderte Lehrling!

Ich meine, es sollte uns zu denken geben, wenn Menschen mit Behinderungen selbst diese Forderung äußern, aber auch Behindertenverbände. Wir sollten diesem Gedanken nähertreten, das Ziel sollte die Normalität sein und nicht, den Behinderten zu einem betreuten Fall werden zu lassen. Da wird der überzogene Kündigungsschutz einfach zum Einstellungshindernis für die Betriebe, wie auch dieser Fall zeigt.

Der genannte Betrieb ist in diesem Fall gar nicht ausgleichstaxzulagenpflichtig – Sie haben gesagt, man solle das auf 20 000 S im Monat erhöhen. Das könnte der kleine Betrieb gar nicht leisten. (Bundesrätin Schicker: Der braucht es nicht zu zahlen mit fünf Beschäftigten! Der braucht es ja nicht zu zahlen!)


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Es gibt viele Betriebe, vor allem Kleinbetriebe, die, obwohl sie unter der 25-Bediensteten-Grenze liegen, bereit sind, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Ich denke, das sollte man fördern, anerkennen, weil das auch ein konkreter Beitrag zur Lösung dieses wichtigen Problems ist.

Ich glaube, dass wir auch an der Reform des Behinderten-Begriffes und an der Feststellung der Behinderten-Eigenschaft arbeiten sollten. Die Feststellung der Behinderten-Eigenschaft erfolgt derzeit nach einer schon mehr als 30 Jahre alten Richtsatzverordnung nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz. Gott sei Dank gibt es immer weniger Kriegsopfer, die Zeit der Nachkriegsära ist vorbei. Damals war der klassische Behinderte derjenige, der im Krieg verwundet wurde, eine Verletzung erlitten hat. Jetzt gibt es vorwiegend zivile Invalide, und man sollte das System diesen neuen Anforderungen der Gesellschaft anpassen, so wie das auch in der Unfallversicherung gemacht wird. Heute gibt es auch völlig andere Methoden.

Das ist reformbedürftig, denn die Einschätzungskriterien sind andere als in der Nachkriegszeit, und die Medizin hat in der Zwischenzeit große Fortschritte gemacht.

Vor 30, 40 Jahren war mit einem Hüftleiden noch eine dauernde Behinderung verbunden – heute werden Gelenke ausgewechselt. Die Medizin hat eben Fortschritte gemacht. Das sollte man auch in diesem Bereich zur Kenntnis nehmen und neue Maßstäbe anlegen, um eben den Behinderten-Begriff neu zu formulieren.

Es ist also auch die dazu erforderliche Verordnung noch immer ausständig. Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, in dieser Richtung tätig zu werden, um zu einer Besserstellung der Behinderten und zu einer Aktualisierung des Behinderten-Begriffes zu kommen.

Ich habe schon das Problem von Betrieben, die unter der 25-Mitarbeiter-Grenze liegen, die also nicht ausgleichspflichtig sind, angesprochen. Aber auch diese Betriebe haben diesen Kündigungsschutz zu tragen, obwohl sie eigentlich unter dieser Grenze liegen; ich habe das Beispiel schon genannt.

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit dem Behinderten-Einstellungsgesetz ist die Wirtschaftsförderung von Behinderten-Werkstätten. Ich bin dafür, dass man, wenn sozusagen alle Stricke am normalen Arbeitsmarkt reißen, auch Behinderten-Werkstätten fördert. Das sollte aber die letzte Maßnahme sein. Ich bin aber dagegen, dass Behinderten-Werkstätten reine Handelsbetriebe sind und dass dort keine Wertschöpfung erfolgt. Das führt dann nämlich zu einer Wettbewerbsverzerrung der Betriebe, die anders kalkulieren können, und ich glaube, wir erweisen damit auch den Menschen mit Behinderungen keinen guten Dienst, weil sie eigentlich um ihre Arbeit betrogen werden, wenn in diesen Betrieben keine Wertschöpfung erfolgt. Das, so glaube ich, sollte man auch beachten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es gibt noch vieles zu verändern und zu verbessern. Ich glaube, man sollte einmal eine Umfrage unter den Betrieben starten und fragen, wie viele Unternehmen Menschen mit Behinderungen aufnehmen würden und warum sie es bisher nicht getan haben, um einmal einen Befund, eine Analyse als Basis, auf der man aufbauen kann, zu haben.

Ich glaube, dass man auch eine Job-Börse für Menschen mit Behinderungen einrichten könnte. Vorrangiges Ziel ist die Vermittlung von Beschäftigung im primären Arbeitsmarkt und nicht die Unterbringung im sekundären Arbeitsmarkt. Es geht um Dauer-Arbeitsplätze für Behinderte, aber um auch zeitlich befristete. – Warum nicht, wenn solche Plätze zur Verfügung stehen?

Ich sehe eine große Möglichkeit auch im Bereich der Informationstechnologie: Die neue Infor-mationstechnologie bietet auch Menschen mit Behinderungen Chancen der Beschäftigung und der Arbeit. Ich sehe ein großes Betätigungsfeld auch noch in der Beratung, im Erfahrungsaustausch, in der Information. Ich merke auch immer wieder, dass Klein- und Mittelbetriebe gerne bereit wären, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, wenn sie mehr Informationen über diesen Bereich hätten.


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Ich glaube weiters, dass es auch ganz gut wäre, Betriebe, die da vorangehen, die Menschen mit Behinderungen anstellen, auch als behindertenfreundliche Betriebe auszuzeichnen oder ihnen eine entsprechende Anerkennung zu geben.

Für uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Würde des Menschen unantastbar und unabhängig vom Alter, vom Leistungs- oder Gesundheitszustand. Eine Gesellschaft, die Behinderungen aus ihrem Bewusstsein verdrängt, verliert ihren humanen Charakter und ihr menschliches Gesicht, und das wollen wir, so glaube ich, alle nicht. Menschen mit Behinderungen sind Teil unserer Gesellschaft, und sie haben daher das Recht, von ihr voll unterstützt zu werden – und zwar nicht als Betreuungsobjekte, sondern als gleichberechtigte Partner!

Ziel unserer Politik muss es auch in Zukunft sein, Menschen mit Behinderungen so zu fördern, dass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Der Isolation behinderter Menschen muss in allen gesellschaftlichen Bereichen wirksam begegnet werden. Hiefür ist es erforderlich, dass nicht nur Wirtschaft, sondern auch Staat und Gesellschaft, aber darüber hinaus jeder einzelne Staatsbürger in seinem Verantwortungsbereich darauf achten, dass Menschen mit Behinderungen faire Chancen und offene Zukunftsperspektiven vorfinden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

17.25

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Johanna Schicker hat gemeint, dass das Behindertengesetz dieser Bundesregierung in der Sache vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden wäre. – Ich darf Sie darauf hinweisen, dass das falsch ist. Die Aufhebung ist ausschließlich aus formalen Gründen im Zusammenhang mit einer Abstimmungspanne im Nationalrat erfolgt.

Es ist von Ihrer Fraktion, der sozialdemokratischen Fraktion im Nationalrat, eine Verfassungsklage anhängig, die derzeit vom Verfassungsgerichtshof behandelt wird und die auch heute Gegenstand einer mündlichen Verhandlung im Verfassungsgerichtshof war. Ich darf Sie darüber informieren, dass der Verfassungsgerichtshof im Rahmen dieser Verhandlung in einer mehrstündigen Debatte die Bundesregierung zu Stellungnahmen für das weitere Procedere des Verfahrens aufgerufen hat. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Heeres-Fürsorge und die in diesem Bereich Beschäftigten, und es wird nachgefragt, wie es in diesem Zusammenhang mit Transferleistungen des Bundes und der Steuerfreiheit aussieht.

In der Sache selbst ist also damit zu rechnen, dass, nachdem in einer Woche die derzeitige Sitzungsperiode des Verfassungsgerichtshofes endet, vermutlich erst am Ende dieses Jahres ein oberstgerichtliches Erkenntnis vom Verfassungsgerichthof zu erwarten ist. Dann werden wir sehen, ob Sie mit Ihrer Bemerkung Recht haben. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es auf jeden Fall richtig, dass es eine Anfechtung gibt, sicherlich aber nicht richtig, dass es bis dato in der Sache eine Änderung gegeben hätte und eine Aufhebung erfolgt wäre.

Ich glaube, dass es auf der einen Seite das Bemühen der Bundesregierung gibt, gleiche Steuertatbestände auch steuerlich gleich zu behandeln, und es auf der anderen Seite durch diese Gleichbehandlung im Steuerrecht zu gewissen Härten gekommen ist. Es ist aber sicherlich Angelegenheit Ihrer Fraktion, zu verantworten, dass Mittel zur Behebung dieser Härtefälle in der Höhe von 600 Millionen Schilling von Ihnen nicht mitgetragen werden. Auch das möchte ich hier ganz klar sagen.

Die Härtefälle, die in den Bereichen bis 20 000 S beziehungsweise 23 000 S brutto im Monat auftreten, werden in der ersten Kategorie zur Gänze ausgeglichen, in der zweiten Kategorie einschleifend ausgeglichen, und darüber hinaus wird auch die Möglichkeit bestehen, für Härtefälle, die es darüber hinaus in höheren Einkommenskategorien gibt, Vorkehrungen über die Bundessozialämter zu treffen. Die entsprechende Abwicklung ist derzeit im Gange, sodass


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ich davon ausgehe, dass im vierten Quartal dieses Jahres auch tatsächlich die Auszahlungen erfolgen werden, sodass die Härten dann weitestgehend behoben wären. Man darf auch nicht vergessen, dass sich in den ersten beiden Kategorien mehr als 60 Prozent der Behinderten befinden.

Zum Zweiten haben Sie gemeint, Frau Bundesrätin, dass sich diese Bundesregierung angeblich nicht um die behinderten Menschen kümmere. – Ich darf Sie schon darauf hinweisen, dass mit 1 Milliarde – für diese Legislaturperiode vereinbart, aber nicht nur einmal jährlich, sondern mehrmals – der Versuch unternommen wird – ich glaube, der taugliche Versuch unternommen wird –, die Behinderten primär in der ersten Arbeitswelt in Beschäftigung zu bringen. Zu diesem Schluss komme ich, wenn ich aus der Sicht meines Amtes die bisher eingetroffenen Anträge auf Landes- und Bundesebene und das gesamte Umfeld der Umsetzung der Behindertenmilliarde betrachte.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass die Arbeitsmarktdaten, die bis dato zur Verfügung stehen, im heurigen Jahr besonders erfreulich sind, weil daran deutlich wird, dass auch für die behinderten Menschen schon ein besserer Zugang zur Arbeitswelt gefunden werden konnte. Es wird anhand der Studien auch deutlich, dass bei den behinderten Menschen, die in Arbeit gebracht werden, eine deutliche Verbesserung für Frauen mit Behinderungen eingetreten ist. Ein Vergleich der diesbezüglich aus der Vergangenheit vorliegenden statistischen Daten zeigt dies deutlich auf.

Ich glaube daher, es ist ein ambitioniertes Vorhaben der Bundesregierung, mit der Behindertenmilliarde den behinderten Menschen nicht nur die Möglichkeit zu eröffnen, Arbeit und damit Eigenleistung, eigene Absicherung und eigene Altersvorsorge zu haben, sondern darüber hinaus auch ein gewisses Sozialprestige zu gewinnen und in der Gesellschaft integriert zu sein. Ich halte das für einen wichtigen Aspekt für die behinderten Menschen, und ich halte das auch für ein gutes Programm.

Sie haben auch die Diskussion um die 2 700 S Ausgleichstaxenzahlung eröffnet. – Ich glaube, man sollte nicht übersehen, dass die derzeitige 30-prozentige Erhöhung das Gleiche ist, was in einem Abschnitt von acht bis zehn Jahren an Valorisierungen zu erwarten wäre.

Ich glaube, damit ist auch klar, warum beim Kompromiss für die nächsten zwei Jahre auf eine weitere Valorisierung verzichtet worden ist und dann erst wieder der Valorisierungsmechanismus einsetzt.

Um es klar zu sagen: Wir wissen – Ihre Fraktion hat das in einem anderen Zusammenhang bei der Valorisierung deutlich moniert –, dass die Rezeptgebühren, die im November valorisiert worden sind, im Jänner nochmals valorisiert worden sind, und dass das von Ihrer Fraktion als unnötige Nachvalorisierung in kurzen Zeiträumen gesehen worden ist. Wir wollten den gleichen Fehler nicht machen und haben daher einen Zwischenraum gelassen.

Wenn wir die Frage der Ausgleichstaxen insgesamt betrachten, so ist es, glaube ich, auch hilfreich, sich die Einkommenssituation der behinderten Menschen, die in Beschäftigung stehen, anzusehen. Sicherlich gibt es da einige Spitzenwerte, nämlich dort, wo es keine intellektuellen, sondern sonstige Behinderungen gibt, aber generell beträgt der Durchschnittswert zwischen 15 000 S und 17 000 S brutto. Wenn man also von 15 000 S bis 17 000 S brutto ausgeht, und wenn man die von Seiten der Wirtschaft vertretene Meinung, dass die behinderten Menschen, die in der Vergangenheit in Beschäftigung gewesen sind, durchschnittliche Arbeitsleistungen von 65 Prozent – das ist der unterste Wert – bis 80 Prozent – das ist der beste Wert – erbringen, einbezieht, dann liegen wir meines Erachtens mit den 2 700 S an Ausgleichstaxe im obersten Ausgleichsbereich.

Wünschenswert wäre es – das sage ich auch dazu – selbstverständlich, durch die Ausgleichstaxe einen Ausgleich in der Form zu erreichen, dass der geringere Arbeitswert in entsprechender Form aufgewogen wird. Wir sind auf dem Weg dorthin, und ich glaube, dass wir auf diesem Weg jetzt einen großen Schritt nach vorne getan haben – einen größeren Schritt, als die vorangegangenen Regierungen je gemacht haben.


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Nunmehr zur Barriere der drei Monate und sechs Monate betreffend Zugang zur Arbeitswelt: Für jene, die langfristig in Beschäftigung sind – darüber werden wir uns einig sein –, ist diese Veränderung unerheblich. Erheblich ist sie nur für jene, die in Beschäftigung kommen und derzeit arbeitslos sind. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass im Rahmen der Behindertenbeschäftigung von Seiten der Wirtschaft in erheblicher Weise Möglichkeiten genutzt worden sind, behinderten Menschen Zeitverträge zu geben, die den Kündigungsschutz und all diese Dinge quasi ausgehebelt haben. Ich glaube daher, dass es durchaus auch im Interesse der behinderten Menschen ist, nicht nur mit temporären Beschäftigungsverhältnissen rechnen zu können, sondern die Möglichkeit zu erhalten, auch in langfristige Beschäftigungsverhältnisse übernommen zu werden.

Ich glaube auch, dass es nicht einfach negiert werden kann, dass von sehr wichtigen Branchen, die für Behinderteneinstellung in Frage kommen, immer moniert worden ist, dass die Drei-Monate-Frist zu kurz sei, um sich im Auf und Ab des Wirtschaftsjahres dort, wo es einerseits saisonale Belastungsspitzen und dann wieder normale, ausgeglichene Arbeit gibt, ein endgültiges Bild über die Beschäftigungssituation machen zu können, vor allem aber auch, ob der Behinderte beispielsweise dann, wenn die Maschinen schneller laufen, wenn die Maschinen mehr Takt vorgeben, diese auch so beherrscht, dass er nicht von sich aus seinen Arbeitsplatz verliert.

Das Argument, dass eine zu kurze Frist zur Verfügung gestanden ist, um den Arbeitseinsatz behinderter Menschen zu beurteilen, und daher von einer Einstellung abgesehen worden ist, kam immer wieder. Auch wenn die Aufnahmegespräche mit der Firma gut waren und der Behinderte von vornherein als solcher nicht erkenntlich war, weil seine Behinderung, auch wenn sie erheblich war, für den normalen Betrachter oft nicht sichtbar wurde und er nach Eingehen eines Arbeitsverhältnisses auf Grund des Arbeitsrechtes mitteilen musste, dass er in den Kreis der bevorzugten Behinderten gehört, war dann plötzlich oftmals das Aufnahmeverfahren beendet. Und ohne Angabe von Gründen fand sich der Behinderte wieder auf der Straße, enttäuscht und arbeitslos.

Daher habe ich schon frühzeitig mit den Behindertenorganisationen, mit den Dachorganisationen darüber gesprochen. Sie haben durchaus Verständnis gezeigt, und ich glaube daher auch, dass das nicht als reines Abkaufen zu betrachten ist, sondern dass es auch aus der Sicht der Behinderten, die um Arbeit ansuchen, ein durchaus verständliches Bemühen ist, Menschen von der Arbeitslosigkeit weg in Arbeitsverhältnisse zu bringen.

Nach meinem Dafürhalten ist das als flankierende Maßnahme zur Behindertenmilliarde und zu den Bemühungen zu sehen, behinderte Menschen verstärkt in Arbeit zu bringen. Ich glaube nicht, dass es zulässig ist, das als illegales Abtauschgeschäft der Koalition zu sehen, sondern Sie wissen, dass sich diese Diskussion schon über einige Jahre hinzieht. Ich glaube auch, dass die derzeitige Vollbeschäftigung in vielen Regionen Österreichs und die derzeitige besondere Förderung durch die Behindertenmilliarde und sehr viele ausgeklügelte Projekte, die von sehr vielen Seiten eingebracht worden sind, besondere Rahmenbedingungen bieten, um dieses Vorhaben jetzt umzusetzen.

Ich darf Ihnen auch mitteilen, wie es mit der Behindertenmilliarde aussieht. Es wurden insgesamt 400 Projekte eingereicht, die, wenn sie alle genehmigt werden, Gesamtkosten in der Höhe von 635 Millionen für das erste Jahr verursachen werden. Bei den Individualförderungen haben wir Gesamtkosten in der Höhe von 295 Millionen Schilling zu verzeichnen. Die Behindertenmilliarde ist also von der Summe her durchaus erreicht.

Die Integrationsbeihilfen sind bei 1 090 Teilnehmern an den Individualförderungen die höchsten Arbeitsplatzsicherungsbeihilfen: 510, Arbeitsplatzadaptierungen: 550, Ausbildungsbeihilfen: 420. Ich darf auch hier hinzufügen, dass es gelungen ist, auch dort, wo es Schwierigkeiten am Arbeitsplatz gibt, eine erfolgreiche Aktion des Arbeitsmarkservices durchzuführen, nämlich vor Ort zwischen Betrieb und Behinderten ein Monitoring zu machen, um durch Adaptierungen des Arbeitsplatzes, durch Beitragsleistungen in diesem Bereich Behinderte, die schon vor der Kündigung gestanden sind, wieder in den Betrieb zu integrieren und ihnen durch ein besseres


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Umfeld am Arbeitsplatz, durch eine bessere Ausgestaltung des Arbeitsplatzes deutlich bessere Chancen zu geben, im Erwerbsleben zu verbleiben.

Auch das ist eine flankierende Maßnahme dieser Bundesregierung, die erfolgreich umgesetzt wird. Kollegen Bartenstein und dem AMS ist es gelungen, für diesen Bereich zusätzliche Mittel aus der Europäischen Union in Höhe von 150 Millionen Schilling zu lukrieren. Ich glaube daher, dass Ihre Position, dass sich diese Bundesregierung der behinderten Menschen nicht annimmt, vielleicht doch überdacht werden sollte.

Es gibt in diesem Bereich auch 123 Projekte für Jugendliche. Betreffend den Schwerpunkten "Spezielle Schwierigkeiten" gibt es 201 Projekte, betreffend den Schwerpunkten "Begleitende Maßnahmen" 30 Projekte und betreffend den Schwerpunktfeldern "Soziales Umfeld" 46 Projekte. Es ist also auch bei den derzeit in Begutachtung stehenden Projekten in Österreich eine große Vielfalt festzustellen.

Es sind auch die geschützten Betriebe angesprochen worden: Für sehr viele Menschen, die jahrelang in Arbeitslosigkeit waren, die nicht am Arbeits- und Erwerbsleben teilnehmen konnten, da sie behindert sind, sind diese Behindertenarbeitsplätze oft wichtig, um sich aus dem Zustand der Arbeitslosigkeit schön langsam und sukzessive an die erste Arbeitswelt heranzuarbeiten. Ich glaube daher, dass es auch unzulässig ist, einen Gegensatz zwischen den geschützten Arbeitsplätzen und jenen der primären Arbeitswelt zu sehen, sondern dass wir gerade im Behindertenwesen darauf angewiesen sind, das System durchlässig zu gestalten und vor allem zwei Dinge zu tun: einerseits Menschen mit Behinderungen, die so gravierend sind, dass sie die erste Arbeitswelt nicht erreichen, wenigstens dort in Beschäftigung zu bringen, und andererseits jenen Menschen, die auf dieser Stufe aufbauend in die erste Arbeitswelt kommen können, den Weg in die erste Arbeitswelt zu erleichtern.

Frau Bundesrätin! Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass die von mir angesprochenen Personen, die heute in Pension oder in vorzeitiger Alterspension sind und mit Arbeitsverbot belegt sind, ausschließlich aus der Gruppe derer kommen, die krank waren und deswegen vorzeitig in Pension gegangen sind, die Arbeitsunfälle und Behinderungen gehabt haben und daher vorzeitig in die Pension gewechselt sind, weil sie an der Arbeitswelt nicht mehr teilhaben konnten. Der Vorwurf, dass ich mich nicht um die behinderten Menschen kümmere, ist, wenn man sich ansieht, um welche Gruppen es sich handelt, glaube ich, nur schwer aufrechtzuerhalten.

Invaliditätsrentner, Bezieher vorzeitiger Alterspensionen auf Grund von Krankheit sind mit Sicherheit nicht Menschen, die sich ohne Handicap in der Pension befinden, sondern Menschen, die gerade deshalb, weil sie ein Handicap haben, die Arbeitswelt vorzeitig verlassen mussten und daher oftmals auf Grund der fehlenden Jahre auch in finanziell schlechten Verhältnissen stehen und mit Zuerwerb sehr gerne ihre fiskalische und Einkommenssituation verbessern wollen.

Ich glaube nicht, dass das Hauptargument sein sollte, Arbeitskräfte zu lukrieren, wo sie noch gerade vorhanden sind, sondern das Hauptargument sollte sein, den Menschen, die die entsprechenden Fähigkeiten erworben haben, auch in der neuen IT-Zeit diese Möglichkeiten zu eröffnen, und zwar wenn sie in ihrem ursprünglichen, angestammten Beruf, in manuellen Berufen, in Berufen am Bau, in Berufen als Tischler, als Dachdecker und was weiß ich sonst noch, nicht die Möglichkeit haben, tätig zu werden. (Bundesrätin Schicker: Ich habe es nur als Beispiel genannt! Es war ja kein gegenseitiges Ausspielen! Da bin ich missverstanden worden!)

Wenn man alles betrachtet, was dahinter steckt, kann man es so oder so sehen. Ich sehe Gott sei Dank, dass das, was ich ausgeführt habe, auch bei Ihnen in der Form nicht unbestritten ist. Ich hoffe auch darauf, dass das bei den weiteren Ausführungen mit berücksichtigt wird. Mir geht es darum, den behinderten Menschen einen besseren Zugang zur Arbeitswelt und einen längeren Erwerb zu ermöglichen, damit sie endlich einen Schlussstrich ziehen können zwischen den Almosenbeziehern des vorigen Jahrhunderts und Menschen, die gerechterweise eigene


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Ansprüche, eigene Chancen und ein eigenes Sozialprestige in unserer Gesellschaft nicht nur erwerben, sondern auch genießen.

Ich glaube daher, dass all diese Maßnahmen im Interesse der Behinderten erfolgen und ausgewogen sind. Ich bitte Sie daher, vielleicht doch dem gesamten Maßnahmenpaket Ihre Unterstützung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ram. – Bitte.

17.42

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Unser Minister hat in gewohnter Art und Weise kompetent und durchsichtig seine Beweggründe für diese Gesetzesänderungen vorgetragen, sodass mir leider gar nicht mehr viel zu sagen bleibt, außer vielleicht einigen Punkten, warum meine Fraktion hier gerne zustimmen wird.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ziel dieser Gesetzesänderung war es, die sozialen Härten bei der Besteuerung der Unfallrenten auszugleichen, die vermehrte Information der Öffentlichkeit über die Lage der behinderten Menschen zu gewährleisten und Verbesserungen der Integrationschancen auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen.

Ich glaube – wir haben es schon vom Herrn Minister gehört –, dass das mit der vorliegenden Novelle zum Großteil sehr gut gelungen ist. Erstmals, meine Damen und Herren, gibt es die Behindertenmilliarde, welche ein Meilenstein in der Behindertenpolitik ist. Rund 1 200 persönliche Integrationshilfen sind bereits ebenso wie 500 Arbeitsplatzsicherungsbeihilfen gewährt worden. Über 500 Arbeitsplatzadaptierungen sind dabei durchgeführt worden. 3 000 behinderten Mitmenschen in unserem Land ist bereits unmittelbar geholfen worden. Schwerstversehrte bekommen 50 Prozent zu ihrer Versehrtenrente. Der Bezug des Pflegegeldes wird für behinderte Kinder ab Geburt ermöglicht. Die Qualitätssicherung in der Pflegevorsorge wird im Gesetz aufgenommen. Es gibt eine Verbesserung im Versorgungsrecht in maßgeblicher Art und Weise.

Wichtig für mich ist – es ist schade, dass die Frau Kollegin nicht mehr da ist –, dass jetzt gewährleistet ist, dass Jahreseinkommen in der Höhe von bis zu 230 000 S nicht mehr besteuert werden. Diese Reparatur der Unfallrentenbesteuerung war sicherlich notwendig, und hier gilt unser Dank allen Beteiligten, die diese Reparatur möglich gemacht und einen sozialen Ausgleich geschaffen haben. Vor allem danke ich Ihnen, Herr Minister, dass Sie das ermöglicht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Auch die Ausgleichstaxenerhöhung ist eine Maßnahme zugunsten der Behinderten. Die Ausgleichstaxe wird um 700 S angehoben.

Aber leider kann selbst das beste Gesetz der Welt die Menschlichkeit im Umgang mit Behinderten nicht regeln. Wer selbst nicht betroffen ist und in seinem Freundes- und Bekanntenkreis keinen Behinderten hat, kann meist gar nicht beurteilen, welch einfache Dinge des täglichen Lebens zu manchmal unlösbaren Problemen führen. Hier sind vor allem manche öffentliche Einrichtungen und deren Repräsentanten gefordert, mehr Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen.

Bei allen Diskussionen, die wir auch heute wieder rund um das Geld gehabt haben, sollten wir eines nicht vergessen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Behinderte Menschen brauchen nicht nur Geld, sondern auch Liebe, Zuneigung und Verständnis. Es liegt an uns allen, behinderten Menschen in unserer Umgebung das Leben einfacher und angenehmer zu gestalten, aber – und das ist das Wichtige; ich glaube, das ist auch bei den Ausführungen des Herrn Ministers klar zu Tage getreten – es ist auch unsere Aufgabe, nicht nur ihnen das Leben zu gestalten, sondern im Gegenteil den behinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und selbst zu gestalten. Dafür wollen wir mit dieser


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Gesetzesänderung die Voraussetzung schaffen. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

17.46

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Einen Vorwurf mache ich Ihnen nicht, denn dazu kenne ich Ihr Wirken im Rahmen des Sozialausschusses im Haus schon lange genug: Sie kennen sicherlich die Probleme der Behinderten, und die Behindertenpolitik ist Ihnen sicherlich in all diesen Jahren ein Anliegen gewesen. Das weiß ich, und deshalb bin ich erst recht perplex, dass Sie nach Ihrer überraschenden Ministerernennung drei Bereiche vorgefunden haben: Ich habe mir Ihre ersten Wortmeldungen sehr genau angehört und auch immer wieder die Zwischentöne gehört, die Sie sehr gekonnt eingespielt haben, und glaube, dass Sie hinter diesen Maßnahmen, die Sie hier heute zu vertreten haben, nicht so stehen, weder im Bereich der Behinderten noch im Bereich der Unfallrenten noch im Falle Sallmutter – aber das hat heute hier nichts zu suchen.

Sie sind ein bisschen zum Exekutor einer Regierungspolitik gemacht worden, die bereits vorgezeichnet war. Ich nehme Ihnen im Bereich der Behindertenpolitik Ihre ernsten und ehrlichen Bemühungen wirklich ab, nur jene Maßnahmen, die Sie jetzt hier vorschlagen – die Rede des Kollegen Kneifel hat 90 Prozent Kritik beinhaltet; ich bin schon sehr neugierig, wie er abstimmt –, sind meiner Meinung nach falsch gesetzt. Mit der Ausdehnung der Probezeit auf sechs Monate werden Behinderte zu Lückenbüßern im Falles eines Arbeitsstaus, oder es kommt zu einer neuen Art KAPOVAZ: kapazitätsorientierte Arbeitszeit für Behinderte. Zu behaupten, dass das zu einer Verbesserung führen wird, ist zynisch.

Zu den Ausgleichstaxen: Ich weiß, Sie haben gleich bei Ihrer Ernennung zum Minister gesagt, die Ausgleichstaxen werden erhöht, und ich habe gehofft, dass es zu einer Erhöhung kommt, die auch spürbar ist. Die jetzige Erhöhung ist niedrig. Die Freikaufspraxis wird aufrecht bleiben. Das Schlimme ist: Diese Freikaufstaxen sind nach wie vor Abschreibeposten! Und wenn ich nur 4 700 S zahlen muss und das abschreiben kann, dann werde ich diese Abschreibemöglichkeit auch immer wieder in Anspruch nehmen.

Ich hätte mir zumindest eines erwartet: Wenn schon die Ausgleichstaxen so geringfügig erhöht werden, dass Sie dann zumindest eine Bestimmung machen, die eine Ungleichbehandlung festschreibt, nämlich eine Ungleichbehandlung in der Form, dass diese schändliche Freikaufstaxenpraxis für die gesamte öffentliche Hand verboten wird. Die öffentliche Hand muss hier als Unternehmer mit gutem Beispiel vorangehen, denn diese Freikaufstaxenpraxis passiert im öffentlichen Bereich genau so.

Positiv ist – wir haben es seit 1993 in unzähligen Anträgen gefordert –, dass es nun endlich den Pflegegeldanspruch von Geburt an gibt. Positiv ist auch Ihre Ankündigung – noch ist sie nicht Realität –, dass es zu einer Valorisierung des Pflegegeldes kommt, was eine Uraltforderung ist.

Positiv möchte ich auch die Forderung von Kollegen Kneifel aufgreifen, einen Ausbau der Förderung für Behinderten-Werkstätten vorzunehmen.

Jetzt kommen wir zur Behindertenmilliarde. Wenn die Behindertenmilliarde eine echte Milliarde wäre, die wirklich in der gesamten Höhe aus dem Budget genommen worden wäre, dann wäre das nur zu begrüßen. Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir doch sagen, da sind andere Gelder, zum Teil nur mit einem anderen Mascherl, hineingekommen, etwa die Förderungsgelder aus dem AMS. Die finanziellen Mehrleistungen aus diesem Titel müssen Sie erst noch beweisen, Herr Minister, denn hier wurden doch einige andere Positionen gestrichen.

Kommen wir nun zu jenem Bereich, von dem ich glaube, dass Minister Haupt nicht damit einverstanden war, als er sein Amt angetreten hat, und den er jetzt als Minister dieser Regierung rechtfertigen muss: Das ist der Bereich der Besteuerung der Unfallrenten. Sie haben eine


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"Unfallsteuer" eingeführt. Menschen, die einen gesundheitlichen Schaden haben, werden jetzt zur Bezahlung einer Unfallsteuer gebeten. Der Verfassungsgerichtshof hat die Regelung aus formalen Gründen aufgehoben – das Verfahren läuft. Aber Sie haben jetzt eine Milderung eingezogen, eine Milderung bis zu einem Einkommen in der Höhe von 20 000 S und bis 3. 6. Aber alle, die später Opfer werden, werden weiterhin bestraft. Sie werden doppelt bestraft: Schaden und "Unfallsteuer".

Erinnern Sie sich noch an den Bericht zur sozialen Treffsicherheit? – In diesem wurde genau diese Maßnahme von den Experten abgelehnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Lassen Sie doch Ihren ÖVP-Seniorenbund nicht im Regen stehen! (Bundesrat Steinbichler: Keine Angst, der ist gut behütet!) Der ÖVP-Seniorenbund hat auch diese Regelung, die heute am Tisch liegt, scharf kritisiert. Er hat von einer Ungleichheit und Ungleichbehandlung gesprochen. Und das wird der Grund sein, warum die Verfassungsklage wahrscheinlich auch positiv ausgehen wird und das Gesetz, das heute hier noch einmal bestätigt wird, letztlich als verfassungswidrig aufgehoben werden wird. (Bundesrat Dr. Nittmann: Reines Wunschdenken!) Na einmal ist es schon geschehen, und heute erleben wir das Ziehen einer Notbremse.

Weiters kommt hinzu, dass Sie einen Sozialfonds einrichten, mit dem Sie jetzt jemand, der ohnedies einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat, auch noch auf die Almosenebene schicken: "Zuwendungen nach Maßgabe der Mittel". Das heißt, wenn Geld da ist, wird gezahlt, wenn kein Geld da ist, hat die Person Pech gehabt.

Meine Damen und Herren! Aus dieser Regelung sprechen soziale Kälte und soziale Härte. Ich ersuche Sie, dieser Reparatur heute hier nicht die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

17.53

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Herrn Bundesrat Schennach entgegenhalten, dass diese Bundesregierung im eigenen Bereich, indem sie die Ausgleichstaxenzahlungen nunmehr den jeweiligen einzelnen Ministerien zugewiesen hat, durchaus auch Erfolge in Richtung mehr Beschäftigung für behinderte Menschen zu verzeichnen hat. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Bundesregierung im Nationalrat einen Antrag liegen hat, die Anzahl der Behindertenplanposten von 600 auf 650 zu erhöhen.

Herr Kollege Schennach! Ich darf des Weiteren auch darauf hinweisen, dass im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, die Maßnahmen des AMS unter anderen Ministerien zur Begleitung und Verbesserung der Arbeitssituation von behinderten Menschen weitergehen und nicht in dieser Behindertenmilliarde integriert sind. Wir werden dann Ende des Jahres sehen, wie viele der Behindertenprogramme tatsächlich abgewickelt worden sind. Aus der jetzigen Sicht und nach der jetzigen Vergabe gehe ich davon aus, dass die Behindertenmilliarde auch eine Behindertenmilliarde wird und nicht eine Behindertenhalbmilliarde, wie wir es seinerzeit bei der Kindergartenmilliarde in der ersten Umsetzungsphase erlebt haben, ehe dann in der zweiten Phase der Rahmen aufgemacht werden musste, um auch bestehende Kindergärten hineinzunehmen und nicht nur neu zu schaffende. Sie wissen das selbst aus Ihrer langjährigen Tätigkeit hier im Hause. Ich glaube daher, dass wir die Endbetrachtung dann vorzunehmen haben werden.

Ich stehe aber auch in der Verpflichtung, genau darauf zu achten, dass die Steuerschillinge selbstverständlich auch dafür verwendet werden, wofür sie gedacht sind, nämlich weitestgehend für den ersten Arbeitsmarkt und dann noch für die restlichen Rahmenbedingungen, die verabschiedet worden sind: Verbesserung der Wohnsituation von Behinderten, Verbesserungen hinsichtlich der Beschäftigung, Verbesserung der Mobilität und Verbesserung anderer Bereiche.

Ich glaube, dass durchaus anzuerkennen ist, dass sich innerhalb der öffentlichen Verwaltung, für die ich als Bundesminister zuständig bin, nämlich im Bundesministerium für soziale Sicher


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heit und Generationen, die Situation im Hinblick auf die Behinderteneinstellung verbessert hat, zwar nicht sehr viel, aber immerhin, und dass es in meinem Ministerium – schon unter meinen Amtsvorgängerinnen, aber auch unter mir – eine deutliche Übererfüllung der Verpflichtungen in diesem Bereich gibt. Es ist eine Reihe von behinderten Menschen in meinem Ministerium tätig, denen es Gott sei Dank so geht, dass sie zu Gunsten jener, die es notwendig haben, auf die Behindertenarbeitsplätze verzichtet haben, um denen, die es notwendiger haben, einen größeren Arbeitsschutz zu ermöglichen als jenen, den sie auf Grund ihrer Dienststellung ohnehin hätten. Ich glaube also, dass in diesem Bereich doch sehr vieles geschieht.

Ich glaube, man sollte bei der Steuergerechtigkeit, auch im Hinblick auf das heute hier zur Diskussion stehende neue Besteuerungsfeld, nicht übersehen, dass dann, wenn gegen Dritte Invaliditätsleistungen vor Gericht in der Haftungsfrage erstritten wurden, diese selbstverständlich zu besteuern waren und dass dann, wenn sie krank genug waren oder leider so krank waren, um die Beschäftigung verlassen zu müssen und in die Invaliditätspension zu gehen, diese selbstverständlich auch besteuert wurden. Ich darf Sie insofern korrigieren, als die Steuergerechtigkeit auch von Professor Mazal nicht bestritten war, aber darauf hingewiesen worden ist, soziale Härten auszugleichen.

Ich hätte mir gewünscht, dass wir die sozialen Härten gleichzeitig hätten ausgleichen können. Aber ich glaube, wir sind auf gutem Wege, das, was an sozialen Härten aufgetreten ist und von Mazal auch befürchtet worden ist, wenigstens jetzt auszugleichen. Daher danke ich allen, die an den Verhandlungen beteiligt waren, um das in entsprechender Form zu erreichen, und auch den Damen und Herren Bundesräten, die das durch ihre Zustimmung ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.57


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (574 und 653/NR sowie 6386/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002) (575 und 658/NR sowie 6387/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 und 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 20 und 21 hat Herr Bundesrat Reisenberger übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Harald Reisenberger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Da der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird, schriftlich vorliegt, erspare ich uns die Verlesung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. (Präsident Ing. Klamt übernimmt den Vorsitz.)

Da der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden, schriftlich vorliegt, erspare ich uns ebenfalls die Verlesung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Paul Fasching. Ich erteile es ihm.

18.00

Bundesrat Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 1. Juli 1993 ist in Österreich eine umfassende neue Regelung der Vorsorge für pflegebedürftige Personen in Geltung. Wir haben erstmalig in unserer Gesellschaft Verantwortung für das Risiko, pflegebedürftig zu sein oder pflegebedürftig zu werden, angenommen. Dieses Pflegegeldgesetz wurde damals als eines der dringlichsten sozialpolitischen Anliegen der Gegenwart bezeichnet, und ich glaube, diese Aussage ist noch heute aktuell. Es gibt mehr als 270 000 Bundespflegegeldbezieher in ganz Österreich.

Eine der wichtigsten Änderungen in dieser Regierungsvorlage ist der Entfall der Altersgrenze. In Zukunft soll die Zuteilung von Pflegegeld mit Rechtsanspruch bereits ab der Geburt ermöglicht werden, dies war bislang nur im Wege eines Härteausgleiches möglich. Wir wollen, dass die betroffenen Personen nicht Bittsteller sind, sondern dass klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, wer wann und in welchem Ausmaß ein Pflegegeld erhält.

Die Regierung verbessert laufend unser Sozialsystem, und trotzdem spricht die Opposition von Sozialabbau. Der Wegfall der Altersgrenze ist unbestritten eine soziale Verbesserung vor allem


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für jene Familien, die das Geld dringend benötigen. Ich glaube, dem müssen auch Sie zustimmen. Die Neuerung beinhaltet auch die Regelung zur Qualitätssicherung. Die Sinnhaftigkeit der legistischen Einführung einer zusätzlichen Qualitätssicherung kann wohl von niemandem ernsthaft in Frage gestellt werden. Die Entscheidungsträger haben die Möglichkeit, in Form von Hausbesuchen zu überprüfen, ob eine den Bedürfnissen der pflegebedürftigen Personen entsprechende Pflege gegeben ist. In der Vergangenheit gab es in der rechts- und sozialpolitischen Diskussion immer erhebliche Bedenken gegen die Sinnhaftigkeit der Vergabe von Geldleistungen zur Bewältigung des Risikos Pflegebedürftigkeit.

Der Kern, meine Damen und Herren, lag in der Sorge, dass das Pflegegeld vielfach seinen Zweck nicht erreichen würde, sondern anderweitig – sei es zur Deckung normaler Haushaltsausgaben, sei es für Zuwendungen an Angehörige oder gar zur Vergrößerung des späteren Nachlasses – verwendet wird. Das Pflegegeld ist nicht dazu da, dass das Enkerl mit 18 Jahren ein Auto bekommt. Daher, meine Damen und Herren, macht es Sinn, die Zweckmäßigkeit und die Verwendung des Pflegegeldes auch zu kontrollieren.

Es besteht daher die Möglichkeit, Pflegegeld, wenn es nicht zweckentsprechend verwendet wird, zu entziehen oder durch Sachleistungen zu ersetzen. Diese Möglichkeiten sollten jedoch immer als letztes Mittel betrachtet werden.

In den meisten Fällen wird mit umfassender Beratung und Information das Auslangen gefunden werden. Dazu ist es notwendig, dass flächendeckend Pflegeeinrichtungen angeboten werden. In vielen Bundesländern ist dies bereits der Fall. Es besteht aber sicher noch nach wie vor Aufholbedarf. Die pflegenden Personen sollten auch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung bekommen. Dies ist für mich ein entscheidender positiver Schritt in die richtige Richtung.

Eine gezielte und gute Betreuung der pflegebedürftigen Menschen wird Verschlechterungen des Gesundheitszustandes hintanhalten und dadurch eine Einreihung in eine höhere Pflegestufe verhindern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zeigt die Tendenz, dass § 4a Diagnose beziehungsweise Einstufung durch Analogieschlüsse erweitert wird. Die Neufassung des § 4 Abs. 1 des Bundespflegegeldgesetzes ist zu begrüßen. Die Änderung dient der Klarstellung und der Rechtssicherheit.

Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Änderungen im Bereich des Bundespflegegeldgesetzes sind Verbesserungen und zeigen, dass wir in Österreich eine herzeigbare Sozialpolitik haben und kein Sozialabbau stattfindet. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.05

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.05

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr verehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vorweg feststellen, dass wir seitens der sozialdemokratischen Fraktion den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen unsere Zustimmung geben werden. Wir geben unsere Zustimmung vor allem deshalb, weil wir wissen, dass dies vielen betroffenen Personen eine Verbesserung ihrer Lebenssituation bringen wird.

Dass beide Gesetze letztendlich jedoch nicht zufrieden stellen können, liegt darin, dass viele in der Praxis aufgetretene Probleme, und zwar besonders im Bereich der Pflegevorsorge, ungelöst bleiben. Wenn es auch begrüßenswert ist, dass es nunmehr keine Altersgrenze mehr geben wird und die Zuerkennung des Pflegegeldes nicht in Form eines Gnadenaktes, sondern mit Rechtsanspruch ab der Geburt ermöglicht wird, und wenn wir es darüber hinaus äußerst erfreulich finden, dass sich die Ausnahmebestimmung vom Ruhen des Pflegegeldes auch auf Pflegepersonen erstreckt, die nach § 16a ASVG selbst versichert sind, so bedauerlich finden wir es aber, dass es verabsäumt wurde, das Taschengeld bei stationärer Unterbringung auf jenen Be


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trag zu erhöhen, der es Pflegebedürftigen ermöglichen würde, zusätzliche Leistungen einzukaufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn pflegebedürftige Menschen in Heimen leben, heißt das nicht, dass die Betreuung im Heim alle pflegebedingten Bedürfnisse befriedigt. Im Gegenteil, oft ist die Pflegesituation auf Grund von Personalmangel auf die Erfüllung von Grundbedürfnissen ausgerichtet. Da das Taschengeld den Pflegebedürftigen die Möglichkeit verschaffen sollte, jene Pflegeleistungen zu besorgen, die von der Institution nicht angeboten werden, muss ich sagen, dass mit dem derzeit gültigen Satz ein Zukauf in einem sinnvollen Ausmaß nicht möglich ist. Ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin gerade bei älteren Menschen immer wieder erlebt, dass es insbesondere hilfebedürftigen Menschen schwer fällt und sie es zudem auch oft als beschämend erleben, Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen, für die sie sich nicht erkenntlich zeigen können.

Als genauso wichtig wie eine ausreichende Anhebung des Taschengeldes erachtet meine Fraktion auch die Wiedereinführung der jährlichen Valorisierung des Pflegegeldes. Die in den letzten Jahren feststellbaren steigenden Kosten sowohl der stationären als auch ambulanten Pflegeeinrichtungen stellen gerade jene Personen, die sämtlichen Pflegebedarf mit ihrem Pflegegeld abdecken müssen, vor große Probleme.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP- und FPÖ-Fraktion! Wenn Sie uns Sozialdemokraten schon bei jeder Gelegenheit unsere eigenen Versäumnisse vorwerfen, dann muss ich sagen, haben Sie jetzt die Gelegenheit versäumt, es besser als wir zu machen. Genauso wie diese Bundesregierung beim Bundespflegegeldgesetz bewiesen hat, dass sie es doch nicht besser kann, hat sie auch beim Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 eine zufrieden stellende Lösung verhindert.

Herr Bundesminister! Sie haben selbst in der Sitzung des Nationalrates vom 6. Juni 2001 für den Bereich des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes Ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass die Gruppe jener Personen, die bei den Westalliierten in Kriegsgefangenschaft waren und Zwangsarbeit leisten mussten, von einer Entschädigungsleistung ausgenommen wurde. Gleichfalls haben Sie zugegeben, dass dafür kein Geld zur Verfügung steht, Geld, das auf der anderen Seite für weniger sinnvolle und wenig durchdachte Aktionen sehr wohl und in weitaus höherem Betrag vorhanden zu sein scheint.

Vermutlich hätten die vielen Millionen Schilling, die diese Bundesregierung für eine Imagekampagne in eigener Sache aufwendet, schon ausgereicht, um dieses Unrecht beseitigen zu können. (Beifall bei der SPÖ.) Zumindest hätte dieses Geld eine sinnvolle Verwendung gehabt.

Mit der Hoffnung, dass beiden Gesetzen eine baldige Novelle mit den entsprechenden Verbesserungen folgen wird, geben wir diesen Gesetzen unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. – Bitte.

18.10

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Tagesordnungspunkt 20 wurde von meinem Vorredner sehr intensiv behandelt. Folglich beschränke ich mich auf Tagesordnungspunkt 21.

Dazu möchte ich sagen: Kolleginnen und Kollegen! Es erfolgt kein Sozialabbau! – Diese Bemerkung ist immer wieder zu hören, wenn freiheitlich dominierte FPÖ- und ÖVP-Regierungsmitglieder charakterisiert und kritisiert werden. Es erfolgt kein Sozialabbau!

Eher – nicht nur eher – ist das Gegenteil zu bemerken. Wir merken eine ständige soziale Verbesserung. Die Probleme dieser Bundesregierung, die soziale Verbesserung nicht in großen Schritten durchführen zu können (Bundesrat Würschl: Für Herrn Prinzhorn!) – Herr Kollege, ich


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sage es Ihnen schon –, liegen in den Versäumnissen, um nicht zu sagen im Verschulden der vorangegangenen Bundesregierung, der zwar auch die ÖVP angehörte, die aber doch wesentlich von der SPÖ dominiert war, und zwar im Sozialbereich und im Finanzbereich. Das muss einmal klar gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und dieses Nachhängen wird noch einige Zeit dauern. Man kann nicht innerhalb von einem Jahr von einem freiheitlichen Finanzminister und einem freiheitlichen Sozialminister ein Wunder verlangen. So weit sind wir noch nicht.

Geben wir uns mit kleinen Schritten zufrieden, und bezeichnen wir die kleinen Schritte nach aufwärts nicht als sozialen Abbau! Das ist ungerecht und geht an der Sache polemisch vorbei. Das wissen Sie – ich weiß es aus kleinen Gesprächen mit Ihnen auch –, dass diese Bundesregierung in diesen Fällen sicherlich nicht zu kritisieren ist.

Die Leistungsverbesserungen sind gerade beim Versorgungsrechts-Änderungsgesetz wirklich gegeben. Bei stationärem Krankenhaus- und Kuraufenthalt ruhen grundsätzlich Pflege- und Blindenzulage. Die bisher hiefür vorgesehenen Ausnahmen sollen aber erweitert werden. So wird es in Zukunft möglich sein, pflegebezogene Leistungen nicht nur bis zum Beginn der fünften Woche des Aufenthalts, sondern unter bestimmten Voraussetzungen bis zur Dauer von drei Monaten weiter zu beziehen. Das ist doch eine wesentliche Verbesserung, und ich wollte, man könnte noch besser werden. Aber aus den vorher genannten Gründen – Sie wissen es genauso gut wie ich – ist das nicht möglich.

Oder für die Berechnung von einkommensabhängigen Leistungen sollen Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft in Hinkunft nach dem insgesamt günstigeren System der Sozialversicherung berücksichtigt werden. Oder: die Erweiterung des Anspruchs auf Witwengrundrente für Witwen von schwer kriegsbeschädigten Kriegsopfern und Heeresbeschädigten, die Pflegegeld oder eine sonstige pflegebezogene Leistung bezogen haben. Bisher war eine 60-prozentige Behinderung auf Grund von Kriegsbeschädigung erforderlich. Nun – Kollegen und Kolleginnen, ist das ein sozialer Rückschritt? – besteht bereits bei einer 50-prozentigen Behinderung der Anspruch auf eine einkommensunabhängige Grundrente in der Höhe von 2 273 S, und das schon ab 1. 1. 2001.

Erweiterung der Anspruchsberechtigung im Bereich der Heeresversorgung: Bei Unfällen von Heeresangehörigen werden nun zusätzlich Bereiche im Gesetz berücksichtigt, bei denen eine Transferleistung wie bei der Kriegsopferversorgung gewährleistet ist. Neu sind zum Beispiel Präsenzdienst im Ausland, beim Kinderbetreuungswesen für Frauen im Milizdienst, auf dem Weg zur Kaderausbildung, bei der Vorauswahluntersuchung betreffend Tauglichkeit.

Auch beim Impfschadengesetz gibt es Verbesserungen. Zum Beispiel werden zinsenfreie Darlehen im Falle von Schäden oder auch im Rahmen des Verbrechensopfergesetzes gewährt.

Ich habe hier nur einige Punkte aufgezählt und möchte zum Schluss auch auf die Ausführungen von Frau Kollegin Schlaffer eingehen, die hier die Worte von Herrn Minister Haupt betreffend Kriegsgefangenenentschädigung zitiert hat. Diese Bundesregierung, diese blau-schwarze Bundesregierung ist es, die diesen Opfern des Zweiten Weltkrieges das erste Mal die Möglichkeit gibt, eine kleine – und das gibt auch der Herr Bundesminister zu –, Rente in Form einer Anerkennung – es ist keine Rente – zukommen zu lassen. (Bundesrat Freiberger: Schimpfen Sie nicht so! Wir stimmen ohnehin zu! – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

55 Jahre hat es gedauert – die Mehrzahl dieser 55 Jahre waren von roten Bundeskanzlern geprägt, und in diesem Fall möchte ich sagen, man muss es bedauern –, bis Kriegsgefangene eine kleine Rente bekommen. 55 Jahre hat es gedauert – das gehört zwar nicht zum heutigen Thema, aber ich erwähne es –, bis auch andere Opfer der schrecklichen Zeit zwischen 1938 und 1948, um es in Zehnerjahren auszudrücken, ihre Milliardenrenten bekommen, die sie vorher nicht erhalten haben. Es ist diese Bundesregierung, die soziale Größe zeigt, und es waren nicht die vorangegangenen Bundesregierungen.

Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen natürlich, dass das Gesetz verbesserungsfähig ist, auch in den nächsten Jahren. Das muss so sein. Ich und viele meiner Freunde gehen von der Forde


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rung nicht ab, dass auch jene Österreicher, die eine Kriegsgefangenschaft im Westen erdulden mussten, zu einer Anerkennung kommen. Der Herr Bundesminister hat es deutlich erklärt, dass dies auf Grund der Finanzsituation nicht möglich ist.

Derzeit bekommen rund 24 000 Ostkriegsgefangene eine jahresbudgetierte Anerkennung in der Höhe von rund 80 Millionen Schilling. Würden wir noch die 50 000 Westkriegsgefangenen dazurechnen, müsste man ungefähr weitere 130 Millionen Schilling budgetieren. Das ist unmöglich, aber nicht, weil der Herr Bundesminister und der Herr Finanzminister nicht wollen, sondern weil die Finanzsituation nach Ihrer Kanzlerschaft und Ministerschaft so desaströs ist. (Bundesrat Freiberger: ÖVP!) Das muss doch klar gesagt werden. Nehmen Sie es nicht als polemisch! Es ist eine Tatsachenfeststellung, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Thumpser: Da kannst du nur polemisch sein!)

Ich weiß schon, dass andere Opfer – ich nannte sie schon – Entschädigungen in Milliardenhöhe durch unsere Bundesregierung bekommen haben. (Bundesrat Freiberger: Sagen Sie es Bieringer!) Aber wir werden nicht zögern, auch diesen Opfern, die ich eben genannt habe, den Westkriegsgefangenen, endlich eine Anerkennungsrente zukommen zu lassen. Die Zukunft wird es bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.18

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Germana Fösleitner. Ich erteile es ihr.

18.19

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist ein soziales Land mit einem funktionierenden sozialen Netz für alle, die Unterstützung und Hilfe brauchen.

Behinderte und Kranke, Pflegebedürftige brauchen die Hilfe ihrer Mitmenschen im Besonderen. Sie sind auf die Hilfe und auf die Unterstützung angewiesen, und meist ist die Pflege auch mit hohen finanziellen Aufwendungen und Belastungen verbunden. Ich sehe die Einführung des Pflegegeldes als einen Meilenstein in der Sozialpolitik unseres Landes.

Vorarlberg hat als erstes Bundesland diese großartige und wichtige Sozialleistung eingeführt, gefolgt von Oberösterreich, und seit 1993 – das wurde heute schon erwähnt – wurde auch auf Bundesebene das Bundespflegegeldgesetz beschlossen.

Rund 18 Milliarden Schilling werden dafür aufgewendet. Das ist eine große soziale Leistung, aber das Geld ist bestens investiert. Sie gibt unserer Gesellschaft ein menschliches Antlitz. Ich bin sehr froh, dass es diese finanzielle Unterstützung gibt, weil sie gerade durch diese Novellierung eine Qualitätssicherung in der Pflege bringt und weil die Qualitätssicherung erstmals auf eine sehr solide Basis gestellt und gesetzlich verankert wird.

Die Novelle bringt aber auch eine Verbesserung der Position der Pflegebedürftigen, insbesondere der pflegebedürftigen Kinder mit sich. Durch die Senkung der Altersgrenze bekommt man das Pflegegeld schon ab der Geburt des Kindes. Damit wurde einer langjährigen Forderung von Eltern behinderter Kinder, von Sozialpolitikern und Behindertenverbänden Rechnung getragen. Künftig besteht für diese Leistungen ein Rechtsanspruch.

Die Gesetzesänderung bringt aber auch – und darüber freue ich mich – eine Verbesserung der sozialen Absicherung der Pflegepersonen, indem Regelungen geschaffen werden, durch die jene Personen, die freiwillig pensionsversichert sind, weil sie eben einen Angehörigen pflegen, für die Zeit des Ruhens des Pflegegeldes, etwa durch einen Krankenhausaufenthalt, vom Staat die Leistungen für die Pensionsversicherung bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind in Österreich in der glücklichen Lage, dass die Pflege größtenteils in den Familien geleistet wird, und das in einer sehr guten Qualität, wie eine Umfrage bestätigt. Der Pflegebedürftige ist in seiner gewohnten Umgebung im Familienkreis geborgen. Mehr als 80 Prozent der Pflegepersonen sind Frauen, die meist neben ihrem


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Beruf, neben ihrer Familie, neben ihrem Haushalt die Pflege leisten, und mitunter kommt – wir sehen das aus der Praxis – die Pflegeaufgabe unerwartet auf diese Menschen zu und überfordert sie.

Es ist daher wichtig – das wurde heute von meinem Kollegen Paul Fasching schon angesprochen –, dass dem Pflegenden eine entsprechende Aus- und eine wertvolle Weiterbildung angeboten wird, wenn nötig auch eine psychologische Unterstützung, und dass auch Entlastungshilfen angeboten werden. Eine wertvolle Hilfe leisten dabei die mobilen Dienste, die es in vielen Bundesländern schon gibt.

Die Pflege, die in den Familien geleistet wird, ist nicht nur für den Gepflegten von großem Wert, sie erspart auch der Öffentlichkeit hohe Kosten. Frauen und Männer, die in der Pflege tätig sind, egal, ob im Familienbereich oder in den Pflegeanstalten, leisten großartige und wertvolle Arbeit, ja oft Schwerstarbeit. Ihnen gebührt Dank, Anerkennung und große Wertschätzung!

Die Valorisierung des Pflegegeldes ist ein vielfach geäußerter Wunsch. Wie ich gelesen haben, soll dies der nächste Schritt, die nächste Verbesserung im Bereich des Pflegegeldes sein, weil von den sozial Verantwortlichen der Länder grünes Licht für diese Leistung gegeben würde. Ich denke, der Herr Bundesminister wird in seinen Ausführungen sicherlich noch darauf eingehen.

Die Novelle des Bundespflegegeldgesetzes beinhaltet auch eine Euro-Umstellung und schafft damit Rechtssicherheit für die Betroffenen sowie die Sicherheit, dass durch die Euro-Umstellung nicht weniger Geld zu den Betroffenen kommt. Eigentlich gibt es durch die Glättung sogar mehr Geld. Es sind etwa 600 000 S mehr, die dann für die Betroffenen zur Verfügung stehen.

Österreich kann sich in Europa und in der ganzen Welt mit seinen Sozialleistungen sehen lassen! Wir sind mit dieser Novelle wieder einen Schritt voraus und auch beispielgebend. Daher wird die ÖVP dieser Novelle ihre Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

18.25

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Hoher Bundesrat! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte hier noch etwas mit in die Diskussion einbringen, was mir auch wichtig ist, und zwar, dass es auch im Zusammenhang mit dem Pflegegeld und dem Pflegegeldbezug in der vorliegenden Novelle möglich ist, Qualitätskriterien für die Zukunft zu entwickeln und auszuarbeiten.

Sie wissen, dass in der breiten Diskussion in Österreich immer wieder von manchen bezweifelt worden ist, ob gerade in den Familien die Pflege ausreichend sei, und es wurde der Standpunkt vertreten, dass ausschließlich hoch qualifiziertes Personal hiefür herangezogen werden kann. Daher scheint es mir wichtig zu sein, darauf hinzuweisen, dass eine erste Sichtung im Bereich der Familien ergeben hat, dass wir innerhalb der Familien durchaus gute Pflegeleistungen auf hohem Niveau haben und dass wir nunmehr dabei sind, nicht nur die Qualitätssicherung in allen Bereichen zu evaluieren, sondern in Zukunft auch mit Hilfestellungen jeweils dort rechtzeitig einzugreifen, wo das eine oder andere Defizit trotz guter und umfassender Pflege festgestellt wird.

Damit meine ich nicht nur den zuerst apostrophierten Familienbereich, sondern auch den Bereich der privaten Pflegevorsorge in Einrichtungen und darüber hinaus in öffentlichen Einrichtungen, weil es auch da sehr viele Kritikpunkte gibt.

Ich darf vielleicht noch hinzufügen, dass derzeit insgesamt 325 000 Personen in Österreich Pflegegeld beziehen, davon 50 000 durch die Länder und 274 966 durch die unterschiedlichsten Einrichtungen wie Pensionsversicherung, Bundesbahnen, KOVG, Heeresversorgungsgesetz, OFG und andere, um das einmal insgesamt zu erwähnen.


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Anfang letzten Monats hat es eine Sozialreferenten- und -referentinnentagung aller Bundesländer gegeben, bei der erfreulicherweise endlich auch Konsens mit den Bundesländern darüber erzielt werden konnte, dass alle Bundesländer nunmehr der Meinung sind, dass das Pflegegeld in der Form angepasst werden soll, sodass ich – auch gestützt durch die Regierungserklärung dieser Bundesregierung – der Meinung bin, dass in dieser Legislaturperiode auf Grund einer Einmalzahlung dem Mangel der sistierten Valorisierung des Pflegegeldes durch die vorangegangene Regierung abgeholfen werden soll, und ich nunmehr auf Grund der Verhandlungen mit dem Finanzminister hoffe, dass wir in dieser Legislaturperiode nicht nur eine Einmalzahlung, sondern auch – mit Unterstützung und Interesse der Länder – eine Valorisierung für diesen Bereich durchsetzen, aber auch finanziell bedecken können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass wir auch in Zukunft darauf achten sollten, dass die soziale Gesetzgebung keine legistischen Maßnahmen vollzieht, die nicht pro futuro auch in entsprechender Form abgesichert sind. Ich darf auch darauf hinweisen, dass gerade diese Bundesregierung etwa im Bereich der versprochenen, zukünftigen Pensionsleistungen für pflegende Angehörige im Familienbereich, aber auch für alle anderen, jetzt mehr als 10 Milliarden Schilling an die Pensionsversicherungen überwiesen hat, um eben die Versprechungen der Jahre 1995 und 1996 einmal halbwegs abzudecken und die Gebarung der Pensionsversicherungen für die Zukunft auch sicher zu gestalten, womit dann auch die entsprechenden Ansprüche verbessert werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren! So sehr wir uns als Sozialpolitiker auch alle wünschen, das, was besser und umfassender ist, möglichst heute zu erledigen, müssen wir im Gesamtinteresse des Staates doch zunächst jenen Spielraum herstellen, der budgetär sowohl in den Ländern als auch im Bund, als auch in den Gemeinden notwendig ist, um darauf aufbauend bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des gesamten Staatswesens ausgleichend tätig sein zu können. Und erst dann, in der zweiten Stufe, können wir das, wovon sehr viele Redner heute gesprochen haben, nämlich eine zusätzliche Verbesserung zu jenen, die wir heute vornehmen, ins Auge fassen.

Ich bitte daher um Verständnis. Aber ich werde auch nicht auf das vergessen, was ich seinerzeit im Nationalrat ausgeführt habe, nämlich auch für die Westgefangenen eine Entschädigungsleistung vorzusehen. In diesen Fragenkomplex fallen auch jene Zivilpersonen, die noch nicht berücksichtigt worden sind (Beifall bei den Freiheitlichen) und in den entsprechenden westeuropäischen Bereichen Zwangsarbeit leisten mussten. Wir sollten sie in jenem Ausmaß entschädigen, in dem wir auch im Ausland Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeiter aus diesem Bereich getätigt haben. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sehr gut!)

Ich finde, man sollte hier nicht das eine gegen das andere abwägen. Gerade in diesen Tagen hat der amerikanische Präsident Bush Österreich wegen seiner Leistungen bei den Reparationszahlungen gelobt.

Ich denke daher, dass wir nunmehr positiv daran gehen können, das, was im innerstaatlichen Bereich noch nicht erledigt ist, nunmehr ebenfalls einer Erledigung zuzuführen, damit hier Gerechtigkeit über alle Generationen hinweg und auch Gerechtigkeit hinsichtlich in- und ausländischer Personen stattfindet, weil auch der Export dieser Leistungen für den einen oder anderen österreichischen Staatsbürger, der Zwangsarbeit geleistet hat und heute woanders als im Inland wohnt, ein Anliegen ist.

Wenn Sie die Werbemaßnahmen dieser Bundesregierung in den Raum stellen und beziffern, dann weise ich darauf hin, dass allein in meinem Bereich des Konsumentenschutzes meine Amtsvorgängerin von der SPÖ im Jahr 1999 18 Millionen Schilling für Werbemaßnahmen für die damalige Wahlbewegung – anders kann ich es nicht bezeichnen – ausgegeben hat, die uns heute etwa bei der BSE-Krisenbewältigung abgehen. Ich wäre froh gewesen, wenn ich das Geld in meinem Ministerium nicht umschichten hätte müssen, sondern einen Konsumentenschutz vorgefunden hätte, der ausreichend dotiert und auch ausreichend mit Mitarbeitern ausgestattet gewesen wäre, und nicht 23 Mitarbeiter einstellen hätte müssen, um der Seuchenbewältigung in entsprechender Form gerecht zu werden.


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Ich finde, wir brauchen uns nicht gegenseitig unsere Werbemaßnahmen vorzuhalten, sondern wir sollten durchaus anerkennen, dass gewisse Werbemaßnahmen für jede Bundesregierung notwendig sind, um der Bevölkerung Vorkommnisse, die gesetzt werden, zu erläutern, transparent und auch in entsprechender Form zugänglich zu machen.

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass zunächst bezüglich der Mitversicherung von Frauen von Seiten der Sozialversicherungsträger heftig gegen die gesetzliche Änderung polemisiert worden ist. In einzelnen Medien bin ich dann dafür kritisiert worden, kostengünstigere Maßnahmen der Selbstversicherung dort, wo es geringfügige Beschäftigungen gibt, mit Pauschbeträgen, und dort, wo man selbständig beschäftigt ist, durch freiwillige Weiterversicherungen in Anspruch zu nehmen. Das ist mir als Verschwendung von Geldern der Sozialversicherung ausgelegt worden. – So unterschiedlich kann der Zugang zu Gesetzesmaterien und zu Informationen sein.

Ich glaube, dass eine Bundesregierung verpflichtet ist, allen Staatsbürgern, egal, welcher Schicht und welcher Partei sie angehören, die gleichen Informationen über Gesetzesmaterien zur Verfügung zu stellen. Daher betrachte ich die Maßnahmen der Bundesregierung nicht als Werbekampagne, sondern als notwendige Informationskampagne. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.33

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann. – Bitte.

18.33

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Einige Gedanken noch zum Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz: Auch ich habe gehofft, dass schon bei dieser Novellierung eine Angleichung der Ansprüche für jenen Personenkreis, welcher bei Kriegsende in Gefangenschaft der Westalliierten geriet, möglich ist. Auch die Zwangsarbeit in französischen Kohlengruben war hart, und willkürliche, brutale Übergriffe waren auch dort gang und gäbe.

Frau Kollegin Schlaffer! Darin sind wir einer Meinung, dass wir trachten sollten, diese Lücke möglichst rasch zu schließen, und der Herr Bundesminister – ich habe es heute mit großer Freude gehört – arbeitet schon daran.

Tatsache ist aber auch, dass es die frühere Regierung verabsäumt hat, solche Regelungen zu schaffen. Kollege Gudenus hat schon darauf hingewiesen.

Die Probleme liegen natürlich auch im Detail. Ich habe heute gehört, Herr Bundesminister, man will jetzt auch eine Regelung für die Zivil-Internierten schaffen. Ich kann über einen derartigen Fall aus Tirol berichten.

Es geht um eine typische Kriegshochzeit in Stettin 1944. Ein Tiroler heiratet eine Frau, die er kennen und lieben gelernt hat. Das Kriegsende trennt beide brutalst. Er gerät in jahrelange russische Kriegsgefangenschaft. Sie wird von Polen verschleppt und jahrelang festgehalten, bis ihr die Flucht gelingt und sie sich nach Imst durchschlagen kann.

Solche Fälle gibt es genug. Ich habe diesen Akt selbst gesehen. Das Bundessozialamt Innsbruck hat nur den Bescheid geben können, dass eine Entschädigung angeblich nicht möglich ist, aber ich werde mir diesen Fall noch genauer anschauen. Eine zynische Bemerkung im Akt hat mir weniger gefallen, und zwar steht neben dem Geburtsdatum: geboren in Stettin, in Klammern: Polen. – Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Ich meine, als Beamter sollte man doch etwas mehr Fingerspitzengefühl haben.

Erwähnt wird auch, dass die Frau bei Eintritt der Verschleppung deutsche Staatsbürgerin war. Na ja, wenn sie einen Tiroler geheiratet hat, dann muss man sagen, damals waren alle deutsche Staatsbürger. Einiges liegt da auch im Ermessen der Beamten, und mir kommt vor, da liegt eine


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typische kaltschnäuzige Behandlung eines Falles durch einen österreichischen Beamten vor. – Das sei nur nebenbei bemerkt. Ich maße mir diese subjektive Bewertung an, weil der Fall und die Lage dieses Falles ein bisschen darauf schließen lassen. Ich will damit aber nicht die Beamten generell beleidigen.

Wie gesagt – und das ist wieder so eine typische Sache –: Mehr Fingerspitzengefühl wäre bei der Behandlung gerade solcher Fälle wirklich angebracht. Ersparen Sie mir übrigens, zu berichten, was die Frau in diesen Jahren in polnischer Gefangenschaft mitgemacht hat. Das ersparen Sie mir bitte lieber! Ich möchte Ihnen den heutigen Abend nicht verderben.

Beim Durchblättern der Protokolle des Nationalrates zu diesem Tagesordnungspunkt bin ich auf einige unglaubliche Äußerungen gestoßen, und ich möchte sie Ihnen nicht vorenthalten, weil ich glaube, dass sie typisch für die Gedankenwelt einiger Mandatare unseres Hauses sind.

Ich darf Herrn Kollegen Öllinger zu diesem Tagesordnungspunkt auszugsweise zitieren. Er sagte: "Ich halte es für ungehörig und unpassend, wenn auf der einen Seite Kriegsverbrecher eine Entschädigung erhalten und das dadurch kompensiert oder irgendwie aufgewogen werden soll – ich weiß nicht –, dass auch überzeugte Demokraten, die als Freiwillige – etwa im Spanischen Bürgerkrieg – gekämpft haben, diese gleiche Entschädigung erhalten sollen." – Zitatende.

An anderer Stelle heißt es: " ... das nach der Art der Geschichtsvertuschung gestrickt wird und mit dem ein einheitlicher grauer und brauner Schleier über die Kriegsgefangenschaft drübergelegt wird." – Ende des Zitats.

Ich weiß nicht, ich kann mich in die Gedankenwelt des Herrn Öllinger nicht ganz hineinversetzen. Jedenfalls ist das, wie ich meine, eine unglaubliche Beleidigung jener Hunderttausender Männer, die um ihre besten Jahre gebracht wurden.

Ich weiß nicht, ob sich der junge Herr Kollege Öllinger überhaupt in die Gedankenwelt dieser Männer hineinversetzen und vorstellen kann, was diese Männer bei solchen Aussprüchen empfinden. Er hat aber auch noch Kollegen Feurstein sozusagen kurz eins übergezogen, indem er gesagt hat – ich zitiere –: "Es ist auch das Vermächtnis dieser Zweiten Republik, dass sie von ihrer nationalsozialistischen Erblast offensichtlich noch nicht Abstand genommen hat, Herr Kollege Feurstein!" – Zitatende.

Ich muss an dieser Stelle sagen, mir tut Kollege Öllinger Leid. Solche Äußerungen sind krank! Anders kann ich so etwas nicht werten.

Ich komme zum Schluss. Wie ein roter Faden – im wahrsten Sinne des Wortes – zieht sich diese Haltung durch die Debattenbeiträge vor allem – ich muss das feststellen – der grünen Fraktion. Auch die unrühmliche Wehrmachtsausstellung beweist das. Von dieser Seite kommt immer größtes Misstrauen gegen jene Hunderttausende österreichische Männer, die um ihre besten Jahre – ich sage es noch einmal – betrogen wurden.

Ich sage auch, und das ist meine persönliche Meinung, meine Damen und Herren von der linken Seite: Die österreichische Bevölkerung wird kein Verständnis für diese Haltung aufbringen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.39

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Anna Höllerer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

18.39

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist nun zum neuen Pflegegeldgesetz schon fast alles gesagt worden, und es sind alle positiven Punkte entsprechend bewertet worden. Ich kann vielleicht noch einiges ergänzen und vor allem den finanziellen Aspekt und die finanziellen Auswirkungen hervorstreichen.


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Selbstverständlich ist es möglich – nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich –, dass sich aus dem Rechtsanspruch auf Zuerkennung des Pflegegeldes ab der Geburt eines Kindes finanzielle Auswirkungen ergeben, aber es ist nicht zu erwarten, dass damit ein sehr hoher zusätzlicher finanzieller Aufwand verbunden ist, da es auch jetzt bereits möglich war, oder sogar gang und gäbe war, dass im Zuge des Härteausgleichs all diese besonderen Fälle berücksichtigt wurden, sodass Mehrkosten in beträchtlichem Ausmaß nicht wirklich zu erwarten sind.

Was hingegen die Qualitätssicherung betrifft, so bin ich schon der Überzeugung, dass diese Mehrkosten verursachen wird, sodass sich diese Maßnahmen, die hier getroffen werden müssen, im finanziellen Bereich doch entsprechend niederschlagen werden. Trotzdem muss man hiezu anmerken, dass es mittelfristig gesehen dadurch zu Einsparungseffekten kommen wird, da ein Mehr an professioneller Pflege, ein Mehr an Pflegequalität sicherlich auch bedeutet, dass die zu pflegende Person länger in einem gewissen Pflegezustand gehalten werden kann und nicht in einen schlechteren Zustand, der mehr Pflegeaufwand bedeutet, abrutscht.

Natürlich ist, wie wir bereits gehört haben, durch diese Glättung im Zusammenhang mit der Euro-Umstellung ein finanzieller Mehraufwand in der Höhe von 600 000 S zu erwarten, wobei wir im Bereich des Pflegegeldes von einem Gesamtvolumen von 18 Milliarden Schilling auszugehen hatten.

Ich befürworte es sehr und freue mich darüber, dass ein Konsens mit den Ländern gefunden werden konnte und dass es zu einer Valorisierung des Pflegegeldes zumindest einmal in Form einer Einmalzahlung in dieser Legislaturperiode kommt. Ich möchte aber auf jeden Fall dafür plädieren, unbedingt auch eine jährliche Valorisierung anzustreben.

Es sind die Frauen, die den Hauptanteil der Pflegearbeit in den Familien zu leisten haben, es sind die Frauen, denen mit dieser neuen Gesetzesregelung hinsichtlich der Qualitätssicherung eine enorme Hilfestellung gegeben wird. Es sind aber auch überwiegend die Frauen, die durch die Pflege einer hohen psychischen Belastung ausgeliefert sind. Es muss daher möglich sein, dass man auch diesbezüglich Unterstützung und Hilfe anbietet, denn die Hilfe, die den Frauen zugute kommt, kommt letztendlich den Familien zugute und natürlich auch den zu pflegenden Personen.

Besonders hervorheben möchte ich aber auch noch die gemeinnützigen Einrichtungen und Organisationen, die im Pflegebereich Leistungen von sehr hohem gesellschaftspolitischem Wert erbringen. Ich denke hier vor allem an die freiwillige Tätigkeit im Hospizdienst. Wenn Sie gestatten, Herr Bundesminister, möchte ich Sie in diesem Zusammenhang auch um die Zusage Ihrer Unterstützung der Arbeit in Richtung Hospizdienst bitten, und zwar durch Forcierung der Einführung einer Pflegekarenz für die Pflegenden von sterbenden Angehörigen. Ich weiß nicht, ob auf Grund der derzeit bestehenden Regelungen eine solche Pflegefreistellung nicht schon möglich wäre, aber auf jeden Fall scheint es auf lange Sicht im Sinne der Menschlichkeit und im Sinne der Familienzusammengehörigkeit unbedingt notwendig zu sein, diese Möglichkeit zu schaffen, um den Pflegenden auf diese Weise die bestmögliche Unterstützung angedeihen zu lassen.

Meine Fraktion steht also 100-prozentig hinter diesen Verbesserungen, die durch dieses neue Pflegegesetz geschaffen werden, und ist überzeugt, dass die Bundesregierung, dass der Herr Bundesminister alles, was er heute versprochen und angekündigt hat, in der nächsten Zeit auch umsetzen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

18.44

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Mag. Herbert Haupt zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.44

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich darf noch kurz zu den Ausführungen von Frau Kollegin Höllerer Stellung nehmen. Es ist für mich überhaupt keine Frage, dass eine Pflegekarenz für die pflegenden Angehörigen ein erstrebenswertes Ziel ist. Ich möchte aber auch hinzufügen, dass – da die Mediziner auch nicht immer jene


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Götter in Weiß sind, als die sie in den Filmen oft dargestellt werden – die Einschätzungen über die Pflegedauer oft sehr unterschiedlich sind. Gerade bei – Gott sei Dank – funktionierenden palliativmedizinischen Einrichtungen folgt auf die Rückkehr in den Haushaltsverband dann oft die Rückkehr in die medizinischen Einrichtungen und dann wieder die Rückkehr in den Haushaltsverband, was sich oft über mehrere Wochen und Monate hinziehen kann.

Daher stellt die Pflegekarenz alleine für mich zwar eine Besserstellung in der arbeitsrechtlichen Situation – für die Kollege Bartenstein zuständig ist – dar; darüber hinaus wird aber auch noch zu überlegen sein, welche flankierenden Maßnahmen notwendig sind, um in dieser Zeit dem Pflegenden auch eine entsprechende finanzielle Situation zu gewährleisten und es dadurch nicht nur jenen, die über genügend Eigenvermögen verfügen, zu gestatten, eine Pflegefreistellung in Anspruch zu nehmen, sondern auch sozial Schwächeren. Ich habe hiezu in den Medien einmal die Meinung geäußert, dass es vielleicht sinnvoll wäre, hiefür Zinsenkredite zu stützen, um auch anderen Menschen über fünf oder sechs Wochen kontinuierlich Mittel zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise auch im Einkommensbereich flankierende Maßnahmen zu setzen.

Ich darf darüber hinaus auch feststellen, dass wir anlässlich der Eröffnung der palliativmedizinischen Abteilung im Zusammenhang mit dem onkologischen Department der Universitätsklinik Graz gemeinsam mit Frau Kollegin Gehrer übereingekommen sind, in Österreich das umzusetzen, was in Aachen in Deutschland bis dato nicht gelungen ist, nämlich die Einrichtung eines Ordinariats, einer Professur für Palliativmedizin, weil wir der Hospizbewegung, der Schmerztherapie und der Palliativmedizin eine hohe Unterstützung gewähren.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass im ÖKAP 2001 nunmehr für 30 000 Einwohner ein palliativmedizinisches Bett zur Verfügung steht. Wir hoffen, dass auch die Länder die Schaffung dieser Einrichtungen in den Landeskrankenanstalten und in den Bezirkskrankenanstalten umsetzen und dass diese Einrichtungen im Rahmen der Zurverfügungstellung von Mitteln in den LKF-Fonds der einzelnen Länder auch mit Punkten, und damit dann mit Geldwert, ausgestattet werden, weil wir ganz einfach glauben, dass wir aus Gründen der Menschlichkeit diese Einrichtungen dringend brauchen.

Den Weg der Sterbehilfe, den Holland beschritten hat, wollen in Österreich Gott sei Dank alle vier Parlamentsparteien nicht gehen. Daher haben alle vier Parlamentsparteien auf Landes-, Bundes- und Gemeindeebene die hohe Verpflichtung, die Rahmenbedingungen für sterbende Menschen möglichst bald so zu gestalten, dass sie in diesen schwierigen Lebenssituationen nicht unsere verbale Unterstützung erfahren, sondern dass wir für sie auch helfend tätig werden.

18.47

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfür


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sorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Kriegsopferfondsgesetz, das Bundesgesetz betreffend Abänderung und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG) (593 und 659/NR sowie 6388/BR der Beilagen)

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden (594 und 660/NR sowie 6389/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zu den Punkten 22 und 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz und

ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz) geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 22 und 23 hat Herr Bundesrat Harald Reisenberger übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Harald Reisenberger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Da der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden, schriftlich vorliegt, erspare ich mir eine Verlesung.


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678. Sitzung / Seite 143

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Da der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden, ebenfalls schriftlich vorliegt, erspare ich mir auch hier eine Verlesung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.


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Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit (426 und 661/NR sowie 6390/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen im Bereich der sozialen Sicherheit liegt Ihnen allen schriftlich vor. Ich erspare mir deshalb die Verlesung und stelle nur den Beschlussantrag:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (473 und 662/NR sowie 6391/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss des Nationalrates Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.


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678. Sitzung / Seite 145

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung) (480 und 663/NR sowie 6392/BR der Beilagen)

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen (481 und 664/NR sowie 6393/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 und 27 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

die Kündigung des Übereinkommens über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe und

die Kündigung des Übereinkommens über die Nachtarbeit der Frauen.

Die Berichterstattung über die Punkte 26 und 27 hat Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Dr. Klaus Peter Nittmann: Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nacharbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung) liegt Ihnen schriftlich vor. Ich verzichte daher auf den Vortrag.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit für Frauen liegt Ihnen ebenfalls vor. Ich verzichte daher auch hier auf die Verlesung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Roswitha Bachner. Ich erteile es ihr.


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678. Sitzung / Seite 146

19.00

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute ein Gesetz, das vor 82 Jahren, nämlich im Jahr 1919, eingeführt wurde: Es geht um die Abschaffung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen.

Jedem von uns in diesem Raum ist bewusst, dass dies geschehen muss, um eine EU-konforme Gesetzeslage herbeizuführen. Was jedoch von Seiten der sozialdemokratischen Fraktion nicht verstanden wird – oder vielleicht doch, wenn man sich die bisherige Vorgangsweise der FPÖ/ÖVP-Regierung vor Augen führt –, ist Folgendes: Immer dann, wenn es um Rechte oder um Schutzbestimmungen der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer geht, ist man bemüht, schnell Gesetze zu beschließen oder sie abzuschaffen, ohne vorher geeignete Schutzbestimmungen einzuführen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass jedem hier in diesem Raum bekannt ist, dass die Nachtarbeit große Gesundheitsrisiken in sich birgt, und zwar für Männer und für Frauen; darüber gibt es ausreichende Untersuchungen und Statistiken. Es ist, so glaube ich, in diesem Raum aber auch unbestritten – oder ich hoffe es zumindest –, dass die Nachtarbeit für Frauen noch viel schädlicher ist. Letzteres ist auf den Umstand zurückzuführen, dass die Frauen in unserer Gesellschaft nach wie vor im überwiegenden Ausmaß für die Kinderbetreuung, für die Haushaltsführung und für die familiären Belastungen zuständig sind. Allein dadurch besteht eine Doppel- und Dreifachbelastung für die Frauen.

Ich habe im Zuge meiner Tätigkeit sehr viel mit Frauen zu tun, und ich will gar nicht leugnen, dass es Frauen gibt, die eine Chance in der Nachtarbeit sehen. Man muss sich mit diesen Frauen dann nur genauer unterhalten und hinterfragen, worin sie denn eine Chance sehen, und wenn man ins Detail geht, dann merkt man, dass es sich in Wahrheit nicht um Chancen, sondern oft um die einzige Möglichkeit handelt. Es wird mit der Begründung argumentiert: Wenn ich in der Nacht arbeite, kann ich meine Kinder unter Tags besser betreuen. – Wir haben es nämlich vor allem im ländlichen Raum noch immer nicht geschafft, geeignete Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. (Bundesrätin Giesinger: Das stimmt ja gar nicht! – Bundesrat Konecny: Gerade auf Vorarlberg trifft das zu!) Doch, das stimmt, Frau Kollegin! Fragen Sie nur viele Kolleginnen in Niederösterreich, die keiner Ganztagsbeschäftigung nachgehen können, weil es keine durchgehende Kindergartenbetreuung gibt! (Zwischenruf der Bundesrätin Giesinger. )

Ich habe auch nicht gesagt, dass es überall der Fall ist, sondern dass Kinderbetreuungseinrichtungen noch immer nicht in dem Ausmaß vorhanden sind, wie es die Frauen benötigen würden. – Das war meine Aussage, nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt aber auch immer noch Frauen, die eine Chance in der Nachtarbeit nur deshalb sehen, weil sie unter Tags keine Ganztagsbeschäftigung mehr bekommen und in atypische Dienstverhältnisse gedrängt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. )

Keiner – keiner!; ich nehme sowieso keinen aus – in dieser Regierung hat sich Gedanken darüber gemacht, obwohl das die Verpflichtung dieser Regierung wäre, wie Frauen, zum Beispiel Alleinerzieherinnen, die niemanden haben, der in der Nacht ihre Kinder betreut, einer Nachtarbeit nachgehen oder wie diese Frauen in der Nacht zu ihrem Arbeitsplatz kommen können, wenn es keine geeigneten Transportmöglichkeiten gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch glaube ich kaum, dass man sich viele Gedanken darüber gemacht hat, dass die Nachtarbeit – obwohl bekannt ist, dass vermehrte Gesundheitsrisiken damit verbunden sind – eine zusätzliche Belastung für das österreichische Gesundheitssystem bedeuten wird. Ich nehme allerdings an, dass das sowieso niemanden von der Regierung stört, denn man belohnt die Leute sowieso, indem man ihnen die Ambulanzgebühr abnimmt! (Bundesrat Dr. Böhm: Sehr polemisch!) Ja, das ist polemisch, aber das ist Tatsache! Die Regierung hat die Grundlage für diese Polemik geboten! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Wir wollen etwas über Androsch hören!) – Da müssen Sie sich mit ihm selbst unterhalten! Ich bin mit ihm weder be


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kannt noch verwandt. Unterhalten Sie sich also selbst mit ihm, ich werde mich eher auf mein Konzept konzentrieren! (Bundesrat Schöls: Unter Genossen ist das doch einfach! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe mit dir kein Problem! Ich unterhalte mich mit dir blendend! Ich habe mit dir auch keine Schwierigkeiten! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es hat schon Situationen gegeben, in welchen du lieber auf der Seite gestanden bist als auf der! (Rufe und Gegenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Präsident Ing. Klamt gibt das Glockenzeichen.)

Als bekannt wurde, dass in Österreich bestehende Nachtarbeitsverbote für Frauen mit einer Übergangsfrist bis 2001 dem EU-Recht anzupassen sind, haben wir im ÖGB begonnen, über geeignete Schutzmaßnahmen nachzudenken, zum Beispiel, um nur einige anzuführen, über die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von Nachtarbeiterinnen und Nachtarbeitern und die weiter gehende Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von Nacht-SchwerarbeiterInnen, über Ausgleichsmaßnahmen bei ausnahmsweiser Überschreitung der Begrenzung beziehungsweise die Versetzung von Nachtarbeiterinnen bei gesundheitlicher Gefährdung, über die Betreuung eines Kindes unter 12 Jahren oder pflegebedürftiger Angehöriger oder die maßgebliche Behinderung auf einem Tagesarbeitsplatz. Weiters haben wir die Regelung ausgearbeitet, dass eine Zeitgutschrift von 10 Prozent pro Nachteinheit zu gewähren ist und dass es ein Benachteiligungsverbot zugunsten von NachtarbeiterInnen geben muss und so weiter und so fort. Bei der Beschlussfassung über die Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen hat diese Regierung jedoch keine einzige Schutzmaßnahme eingeführt, obwohl dieser Regierung sehr wohl bekannt ist, dass in der Richtlinie 93/104/EG sehr wohl Schutzbestimmungen für die nationale Ebene vorgeschrieben sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierung negiert nicht nur EU-Bestimmungen, sondern sie negiert auch die Gesundheit der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Mit dieser Beschlussfassung hat diese Regierung wieder einmal bewiesen, wie wertvoll ihr die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer in Österreich sind, und zwar Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen wesentlichen Beitrag durch ihre Arbeitsleistung erbringen, damit wir Wohlstand und eine stabile Wirtschaftslage in Österreich haben. Sie treten die Rechte dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Füßen, indem Sie sie nicht schützen! Das werfe ich der Regierung vor. (Bundesrat Winter: So schaut es aus! – Bundesrätin Giesinger: Was Sie sagen, stimmt ja gar nicht!) Sie können mir gerne das Gegenteil beweisen, indem Sie Schutzmaßnahmen einführen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verspreche Ihnen, dass ich, wenn dies stattfindet, die Erste bin, die sich hier im Namen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Ihnen bedankt. Jetzt habe ich noch keinen Grund dazu, und deshalb wird die sozialdemokratische Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Margarete Aburumieh zu Wort gemeldet. – Ich erteile es ihr.

19.09

Bundesrätin Margarete Aburumieh (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Für uns ÖVP-Frauen bedeutet Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt Gleichbehandlung von Frauen und Männern hinsichtlich des Zugangs zur Berufsbildung, zur Beschäftigung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Die derzeitige österreichische Rechtslage gewährleistet diese Gleichstellung in Bezug auf die Nachtarbeit nicht und widerspricht auch – wie Sie gesagt haben – der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, der ein grundsätzliches Frauennachtarbeitsverbot als gleichheitswidrig ansieht.

Österreich hat in der Vergangenheit – das hat die Kollegin erwähnt – zwei Übereinkommen der IAO ratifiziert, und zwar das Übereinkommen Nummer 4 aus 1919 über die Nachtarbeit der Frauen und die Neufassung, die immerhin aus dem Jahr 1948 stammt.

Wir alle wissen, dass durch dieses Nachtarbeitsverbot unbestritten Frauenarbeitsplätze verloren gegangen sind, auch solche Arbeitsplätze, die neu geschaffen wurden und für Frauen absolut interessant und attraktiv sind, aber ausschließlich von Männern besetzt werden konnten. Diese


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bestehende Diskriminierung wurde durch eine Unmenge von innerstaatlichen Ausnahmeregelungen für eine Reihe von Berufsgruppen immer wieder durchlöchert.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! In diesem Zusammenhang darf ich Sie daran erinnern: Als Exfinanzminister Androsch die Investitionen am Standort Leoben für die AT & S von der Nachtarbeit der Frauen abhängig machte und auch der SPÖ-Bürgermeister von Leoben dies wollte, da hat mir der Ruf nach einem Nachtarbeitsverbot gefehlt, da wurde diese bestehende Diskriminierung durchlöchert. Wir alle haben allerdings sehr positiv festgestellt, dass die Frauenarbeitslosigkeit in dieser Region schlagartig zurückging.

In Anbetracht dessen ist mir etwas unverständlich, wie es sich mit dem Ruf der sozialdemokratischen Gewerkschafterinnen nach Schutzmaßnahmen eigentlich verhält: Einmal ist er laut, einmal ist er leise, und er ist sogar aussetzbar. Daher bitte ich Sie: Wenn Sie die Nachtarbeit ablehnen, dann schlafen Sie ruhig weiter, verbieten Sie aber den Frauen nicht, selbst zu bestimmen, was sie arbeiten wollen, denn das hängt auch davon ab, wann sie arbeiten wollen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Frauen des 21. Jahrhunderts lassen sich nicht durch Verbote schützen. Frauen des 21. Jahrhunderts brauchen statt Diskriminierung faire Bedingungen, und die jetzige Bundesregierung gewährleistet diese Bedingungen. Frau Kollegin Bachner! Sie wissen wahrscheinlich nicht, dass der von der Bundesregierung und den Sozialpartnern akkordierte Entwurf für eine Reform, Neuregelung und Aufwertung des Arbeitnehmerschutzes diese Woche in Begutachtung geht. Das ist das, wofür Sie zum Pult kommen und sich bedanken wollen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ein zweiter Punkt in Ihre Richtung: Kinderbetreuung. – Ich bin Niederösterreicherin. (Bundesrätin Bachner: Ich bin auch Niederösterreicherin! Ich kenne das Land sehr gut!) Bei uns ist der Kindergartenbesuch gratis. Wir haben eine bestorganisierte Tagesmütteraktion. Ich hoffe, dass Sie diese zusätzlich zum Gratiskindergarten gut funktionierende Tagesmütteraktion kennen! Wien ist anders. Da kostet es sehr viel. (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. ) Ich kenne die Aktion, ich bin selbst Betriebsleiterin einer Sozialstation, Herr Kollege! Wenn Sie Details wissen wollen, nenne ich sie Ihnen gern im Anschluss!

Es hat unzählige Diskussionen zur Aufhebung der Nachtarbeit gegeben. Ich konnte die Protokolle verfolgen und habe immer wieder vertagte Anträge zum Thema Frauennachtarbeit gefunden: Es gab nie eine Einigung, sondern man wartete immer wieder die nächste Möglichkeit zur Kündigung ab, nämlich zwölf Monate nach dem 27. Februar 2001, beziehungsweise die mit uns im EU-Beitrittsvertrag vereinbarte Übergangsfrist mit Ende des Jahres 2001. Wir sind gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, diese Übereinkommen zu kündigen, und zwar beide, denn wenn wir das Übereinkommen Nummer 89 kündigen, dann würde das Übereinkommen Nummer 4 aktuell werden. Daher bitte ich Sie, der Kündigung der beiden Abkommen zuzustimmen!

Ich möchte aber trotzdem ausdrücklich darauf hinweisen, dass die nach dem IAO-Übereinkommen Nummer 144 festgelegte dreigliedrige Beratung zur Förderung und Durchführung internationaler Arbeitsnormen in den maßgebenden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden auch hier berücksichtigt wurde. Die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung, die Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund wurden vor Einleitung des Verfahrens zur gegenständlichen Kündigung informiert, und es gab keine Einwände.

Wir sind somit bereit, die völkerrechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung einer auf Grund veränderter Technologien nicht mehr zeitgemäßen Schutzbestimmung für Frauen, die zu einer Diskriminierung der Frau im Arbeitsleben geführt hat, endgültig zu beseitigen. Für uns ist das ein Schritt nach vorn auf dem Weg zur Gleichstellung von Mann und Frau, einer Gleichstellung, die bedeutet, dass Frauen und Männer bei voller Akzeptanz ihrer Verschiedenheit gleiche Bedingungen vorfinden sollen, dass Frauen und Männer in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber in der Arbeitswelt gleichermaßen präsent und kompetent und daran beteiligt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.16


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Präsident Ing. Gerd Klamt:
Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mares Rossmann. – Bitte.

19.16

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte daran erinnern, dass die Einführung dieses Gesetzes ursprünglich sehr wohl noch eine Abmachung der alten Koalitionsregierung unter Beteiligung eines sozialistischen Sozialministers war und dass die Übergangsfrist bis Ende 2001 gilt und nicht länger.

Prinzipiell bin ich inhaltlich der Auffassung von Frau Bundesrätin Bachner: Selbstverständlich ist Nachtarbeit gesundheitsgefährdend, darüber gibt es viele Studien. Sie ist aber für Männer und Frauen gleich gesundheitsgefährdend.

Nachtarbeit ist oft auch die einzige Möglichkeit der Frauen, auch in diesem Punkt gebe ich Ihnen Recht. Sie haben aber vergessen zu sagen, dass oft auch die einzige Chance für Frauen darin steckt, und diese Chance wollen wir den Frauen mit dieser Anpassung jetzt ermöglichen.

Außerdem kann ich Sie beruhigen: Sie irren, wenn Sie glauben, dass es nicht parallel dazu Anpassungen geben wird. Das neue Gesetz betreffend die Ermöglichung der Nachtarbeit für Frauen tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft, und wir haben bis dahin Zeit, parallel dazu begleitende Maßnahmen mit gleichem Stichtag einzuführen. Ich kann Ihnen versichern, dass das der Fall sein wird. Spätestens im Jänner 2002 können Sie hier am Rednerpult Ihr Versprechen einlösen. (Bundesrätin Bachner: Das werde ich tun!) Ich werde Sie daran erinnern!

Wir arbeiten an einer genauen Definition der Nachtarbeit, an einer Beschränkung der Arbeitszeit und an der Schaffung der Möglichkeit der Versetzung auf einen Tagesarbeitsplatz bei Gesundheitsgefährdung beziehungsweise auf besonderen Wunsch. Und ich füge hinzu: Es wird dringend notwendig sein, auch auf betrieblicher Ebene einiges zu regeln, damit es auch im Betrieb für die Nachtarbeit Akzeptanz gibt, denn es ist im Sinne eines jeden Arbeitsgebers, in Zukunft motivierte und zufriedene Mitarbeiterinnen und auch Mitarbeiter zu haben.

Aus Erfahrung kann ich sagen, dass viele Frauen auf solche Arbeitsplätze warten. Es gibt noch viele Bereiche, in welchen die Frauen auf diese Möglichkeit warten und auf diese Weise wirklich die einzige Chance haben.

Wir werden Sie also beschämen, und ich freue mich schon auf die Diskussion im Jänner! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Bachner: Es ist für mich nicht beschämend, wenn Arbeitnehmer geschützt werden!)

19.19

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile es ihr.

19.19

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wo bleibt Ihre Erinnerung an den Tag X, als eine Regierung mit einem sozialdemokratischen Regierungschef ohne Wenn und Aber zum raschest möglichen Beitritt zur EU gedrängt und diesen Beitritt unüberlegt schnell vollzogen hat?

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Damals wäre es an Ihnen gelegen, Gesetze, die Ihnen als EU-widrig erschienen oder von der EU nicht akzeptiert wurden, zu reklamieren. Sie hätten damals aufschreien sollen, als Sie erfuhren, dass das Nachtarbeitsverbot für Frauen aus Sicht der EU diskriminierend war. (Zwischenruf der Bundesrätin Bachner. ) Sie fangen sehr spät zu denken an, Frau Kollegin Bachner!

Meine Damen und Herren! Jetzt reparieren wir letztlich einen Diskriminierungsparagraphen. Sie wollen die Frauen von der Tätigkeit in der Nacht abhalten. Man hätte schon damals auf die EU-


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Widrigkeit mancher Gesetze hinweisen müssen. Die Aufhebung solcher Gesetze – wie auch des Gesetzes betreffend die Getränkesteuer –, die auch den Wegfall von Einnahmen bewirken, hätte auch zur Sanierung des Budgets, das wir übernommen haben, beigetragen.

Es gibt europaweit die einheitliche Vorgangsweise, dass mit 1. Jänner 2002 generell auch Frauen in der Nacht tätig sein dürfen. Es wäre Ihrer damaligen Regierung in den letzten Jahren gut angestanden, die Freiheitliche Partei in deren Forderung "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" zu unterstützen! Oder sind Sie nicht die Arbeitnehmerpartei? Ihre Partei muss jedoch die Verantwortung dafür tragen, dass die Frauen immer weniger bei immer mehr Arbeit verdient haben!

Mit dem Wegfall des Nachtarbeitsverbotes wird eine langjährige Forderung der freiheitlichen Frauen realisiert. Mit dieser Aufhebung werden Frauen bessere Beschäftigungsmöglichkeiten und -chancen geboten. Eine überwiegende Mehrheit der Frauen ist für den Wegfall des Nachtarbeitsverbotes und lehnt dieses Verbot mit dem Argument der Chancengleichheit und des Wettbewerbes ab.

Bisher arbeiten bereits 113 000 Frauen als Kellnerinnen, Köchinnen, Taxifahrerinnen, Krankenschwestern, bei der Polizei und Gendarmerie, aber auch beim Militär per Ausnahmeregelung auch in der Nacht. Im Produktionsbereich mit Schichtarbeit war es für Frauen bislang jedoch nicht möglich, Geld zu verdienen. Der Wegfall dieses Nachteils stellt zusätzliche Berufschancen für viele Frauen dar.

Die Chancengleichheit muss sich aber vor allem auch beim Lohnniveau niederschlagen. Finanzielle Anreize und Zuschläge für Frauen, die in der Nacht tätig sind, müssen geboten werden. (Bundesrat Marizzi: Ihr seid ja in der Regierung! Ihr könnt das ändern!) In diesem Zusammenhang muss klar das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gelten! Das ist unser Ziel bis 2002. Fordern wir doch die Interessenvertreter auf, mit den Arbeitgebern dahin gehend zu verhandeln, dass sich die längst überfällige arbeitszeitrechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern auch auf dem Konto der Frauen bemerkbar macht, was in Ihren Zeiten jahrzehntelang nicht der Fall war! Niedrige Frauenlöhne für die gleiche Arbeit können jedenfalls nicht mehr akzeptiert werden und müssen endlich der Vergangenheit, insbesondere Ihrer sozialistischen Vergangenheit, angehören! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist die freiheitliche Frauenpolitik, gleiches Recht für Frauen zu erarbeiten und allen Frauen die Möglichkeit der freien Arbeitszeitwahl zu geben. Wieder einmal ist mit dieser Auflösung des Nachtarbeitverbots etwas erreicht worden: Es wird der Frau und der Familie allein die Entscheidung überlassen, ob die Frau Nachtarbeit annimmt oder nicht. Wie beim Karenzgeld ist die Freiheit der Entscheidungsfindung der Frau und der Familie zu überlassen. Der Staat und die Bundesregierung müssen nur die entsprechenden Gesetze schaffen, um diese Freiheit zu ermöglichen und Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Das ist das Ziel dieser Regierung!

Selbstverständlich sind für uns Freiheitliche familien- und frauenfreundliche Arbeitszeiten wichtige Eckpfeiler einer Politik mit Herz und Verstand. Dafür stehen wir Freiheitlichen auch in Zukunft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zuschläge für Frauen, die in der Nacht tätig sind, besonderer Gesundheitsschutz und die Einrichtung eigener Ruheräume für Frauen müssen in Zukunft natürlich gewährleistet werden. Wir erwarten von den Arbeitnehmervertretern, dass die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit in entsprechenden neuen Kollektivverträgen endlich beseitigt werden. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Das wäre jahrelang schon Ihre Aufgabe gewesen!

Es gibt in diesem Bereich noch sehr viel zu tun. (Bundesrat Marizzi: Richtig!) Die Gleichbehandlung von Mann und Frau, von der Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, immer gesprochen haben, wird von der jetzigen Regierung vollzogen. Ihre Kollegin im Nationalrat, Frau Prammer, hat als Frauenministerin versagt! (Bundesrat Marizzi: Das ist mir neu! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie sagte zu diesem Thema im Nationalrat: "Über Familien wird ja nicht heute gesprochen, über Familien sprechen wir morgen." – Ich sage Ihnen: Wir Freiheitlichen und diese Regierung reden von der Familie heute. (Bundesrat Konecny: Ja, Sie reden!)


Bundesrat
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Wir handeln auch heute, siehe Karenzgeld! (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Ing. Klamt gibt das Glockenzeichen.) Wir handeln im Interesse einer freien Familienpolitik und einer freien Frauenpolitik mit der Möglichkeit, dass die Frauen über ihr Leben und das Leben der Familie selbst und frei entscheiden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.27

Präsident Ing. Gerd Klamt: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend die Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens (Supplementary Agreement for the Application of the Convention beziehungsweise Accord complémentaire pour l’application de la Convention) (566 und 665/NR sowie 6394/BR der Beilagen)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung: Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2001 betreffend eine Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens ist Ihnen schriftlich zugegangen und liegt Ihnen vor.

Ich erspare mir daher die Verlesung und konzentriere mich auf den Beschlussantrag.


Bundesrat
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Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

29. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2001

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir gelangen nun zum 29. Punkt der Tagesordnung: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2001.

Mit 1. Juli 2001 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Land Niederösterreich über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erste Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Alfred Schöls.

Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten

Präsident Ing. Gerd Klamt: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist Stimmenmehrheit.


Bundesrat
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Der Vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl gerne an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist somit angenommen. Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Schriftführer

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen und -räte Hedda Kainz, Ilse Giesinger und Christoph Hagen für das 2. Halbjahr 2001 zu Schriftführern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Ein Einwand wurde nicht erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Frau Bundesrätin Hedda Kainz.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Ich bin ermächtigt, im Namen der Bundesrätin Kainz zu erklären, dass sie die Wahl annimmt.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Frau Bundesrätin Ilse Giesinger.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl gerne an und danke für Ihr Vertrauen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke.

Herr Bundesrat Christoph Hagen.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl ebenfalls gerne an und danke für das Vertrauen.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Danke schön.

Wahl der Ordner

Präsident Ing. Gerd Klamt: Wir kommen nun zur Wahl der Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesräte Ing. Walter Grasberger, Ferdinand Gstöttner und Engelbert Weilharter für das 2. Halbjahr 2001 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Herr


Bundesrat
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Bundesrat Ing. Walter Grasberger.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Ich danke Ihnen und nehme die Wahl gerne an.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Herr Bundesrat Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich danke für die Zustimmung und nehme die Wahl an.

Präsident Ing. Gerd Klamt: Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zehn Anfragen, 1818/J bis 1827/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 19. Juli 2001, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 17. Juli 2001, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.37 Uhr