Fachinfos - Fachdossiers 04.09.2024

Was passiert am Anfang einer Gesetzgebungsperiode?

Dieses Fachdossier wurde am 14.10.2019 erstveröffentlicht und am 04.09.2024 aus Anlass der bevorstehenden Neuwahl am 29. September 2024 aktualisiert.

Am 29. September 2024 werden die Wahlen zum Nationalrat stattfinden. Damit der neu gewählte Nationalrat seine Arbeit aufnehmen kann, sind einige Schritte zu beachten, die insbesondere im Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) und im Geschäftsordnungsgesetz 1975 (GOG-NR) geregelt sind.

Beginn des Mandats

Wenn die endgültigen Bundeswahlergebnisse feststehen (diesmal wird das am 14. Oktober 2024 sein), beginnt zum einen die vierwöchige Frist für die Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu laufen. Zum anderen stellt die bzw. der Bundesminister:in für Inneres den gewählten Abgeordneten einen Wahlschein aus, der in der Parlamentsdirektion hinterlegt werden muss (§ 1 GOG-NR). Dieser Wahlschein ist die Mitteilung, dass die Abgeordneten gewählt wurden und berechtigt sie dazu, Mitglieder des Nationalrates zu werden (§ 9 GOG-NR). In der parlamentarischen Praxis werden die Wahlscheine von der Bundeswahlbehörde direkt an die Kanzlei des Nationalrates übermittelt. Mit Beginn der konstituierenden Sitzung sind die neu gewählten Abgeordneten dann Mitglieder des Nationalrates, die parlamentarische Immunität beginnt ebenfalls damit (VfGH, VfSlg. 12.116/ 1989).

Tritt ein:e Abgeordnete:r erst später – also während einer laufenden Gesetzgebungsperiode – in den Nationalrat ein, weil zum Beispiel ein:e andere:r Abgeordnete:r das Mandat zurücklegt, beginnt die Mitgliedschaft der bzw. des neuen Abgeordneten im Nationalrat mit der Hinterlegung des Wahlscheins in der Parlamentsdirektion (§ 9 GOG-NR).

Konstituierende Sitzung

Die Gesetzgebungsperiode endet diesmal durch Zeitablauf, das heißt, sie dauert volle fünf Jahre (siehe zur vorzeitigen Beendigung der Gesetzgebungsperiode das Fachdossier "Wie regelt die Bundesverfassung Neuwahlen und Regierungs(um)bildung?"). Der Wahltag musste daher so festgelegt werden, dass der erste Zusammentritt des Nationalrates gemäß Art. 27 Abs. 2 B-VG "am Tag nach dem Ablauf des fünften Jahres" der Gesetzgebungsperiode zusammentreten kann. Zwischen den Wahlen und der ersten – konstituierenden – Sitzung des Nationalrates dürfen maximal 30 Tage liegen. Diese Sitzung wird von der bzw. vom Bundespräsident:in einberufen.

Die Konstituierung erfolgt durch das "Zusammentreten" des neuen Nationalrates. Die XXVIII. Gesetzgebungsperiode wird mit der Sitzung am 24. Oktober 2024 eröffnet. Dann beginnt die neue Gesetzgebungsperiode zu laufen. Bis dahin ist der "alte" Nationalrat im Amt.

Die Eröffnung der Sitzung übernimmt der Präsident des Nationalrates aus der XXVII. GP. Er führt auch solange den Vorsitz, bis ein bzw. ein neue:r Präsident:in gewählt worden ist (§ 3 GOG-NR).

Zu Beginn dieser Sitzung werden die Abgeordneten angelobt. Dabei versprechen sie der Republik unverbrüchliche Treue, die stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten (§ 4 GOG-NR). Mit der Angelobung entsteht auch der Anspruch auf Auszahlung von Bezügen (§ 4 BBezG).

Nach ihrer Angelobung wählen die Abgeordneten aus ihrer Mitte die oder den neue:n Präsident:in sowie die bzw. den Zweite:n und Dritte:n Präsident:in (Art. 30 Abs. 1 B‑VG). Diese Wahlen gelten für die ganze Gesetzgebungsperiode (§ 5 GOG-NR), eine Abwahl ist nicht vorgesehen. In der parlamentarischen Praxis der Zweiten Republik ist es seit 1983 üblich, dass die drei stimmstärksten Klubs die drei Präsident:innen in der Reihenfolge ihrer Klubgröße stellen.

Die Wahl der Präsident:innen erfolgt geheim, das heißt die Abgeordneten wählen mit einem Stimmzettel und üblicherweise in einer Wahlzelle. Als gewählt gilt, wer eine unbedingte Mehrheit (50% der Stimmen plus eine Stimme) erhält. Erreicht niemand diese Mehrheit, wird ein zweiter Wahlgang durchgeführt. Ein zweiter Wahlgang wurde etwa in der konstituierenden Sitzung der XX. GP bei der Wahl des Dritten Präsidenten durchgeführt (Sten. Prot. des NR, XX. GP, 1 (15.01.1996), S. 20 ff.). Geht auch aus diesem Wahlgang kein eindeutiges Ergebnis hervor, wird in einer "engeren Wahl" zwischen jenen beiden Abgeordneten gewählt, die in der zweiten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben. Sollten in der engeren Wahl beide Abgeordnete Stimmengleichheit erzielen, entscheidet das Los (§ 87 GOG-NR). Es ist üblich, dass in der Präsidialkonferenz die Abhaltung einer Debatte vor den Wahlen vereinbart wird. In dieser Debatte melden sich traditionell die Abgeordneten, die für ein Präsident:innenamt kandidieren, nicht zu Wort.

Im Anschluss werden die Schriftführer:innen und Ordner:innen (§ 5 Abs. 2 GOG-NR) sowie zumindest die verfassungsgesetzlich vorgesehenen Ausschüsse gewählt (Haupt-, Budget-, Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss). Andere Ausschüsse können ebenfalls gleich oder auch zu einem späteren Zeitpunkt gewählt werden.

Für den Ablauf der konstituierenden Sitzung der letzten Gesetzgebungsperiode siehe Sten. Prot. des NR, XXVII. GP, 1 (23.10.2019), S. 16 ff.

Diskontinuitätsprinzip

Der konstituierte Nationalrat beginnt seine Arbeit grundsätzlich neu. Er setzt also nicht die Beratungen der letzten Gesetzgebungsperiode fort. Unerledigte Gesetzesvorschläge "verfallen" daher. Um behandelt werden zu können, müssten sie neu eingebracht werden. In einigen Ausnahmefällen schließt der neue Nationalrat aber an die Arbeit des früheren Nationalrates an: Volksbegehren, Bürgerinitiativen, Berichte des Rechnungshofes, Bundesrechnungsabschlüsse und Berichte der Volksanwaltschaft, die in der letzten Gesetzgebungsperiode eingebracht, aber nicht erledigt wurden, müssen nicht neu eingebracht werden. Sie bleiben Verhandlungsgegenstände (Art. 28 Abs. 4 B‑VG, § 21 Abs. 1a GOG-NR) und nur die Debatte beginnt von Neuem. Anders verhält es sich bei schriftlichen Anfragen von Abgeordneten: Diese sind bei einem Wechsel der Gesetzgebungsperioden zwar weiterhin zu beantworten, können aber vom neuen Nationalrat nicht mehr besprochen werden. Zur Auswirkung auf Untersuchungsausschüsse siehe das Fachdossier "Wann enden Untersuchungsausschüsse?".

Klubbildung

Um einen Klub bilden zu können, müssen sich mindestens fünf Abgeordnete zusammenfinden. Das ist ab der konstituierenden Sitzung des Nationalrates bis spätestens einen Monat danach möglich. Wird ein neuer Klub gebildet, muss das der bzw. dem Präsident:in des Nationalrates unverzüglich schriftlich mitgeteilt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt können Abgeordnete nur mehr aus einem Klub austreten oder einem anderen Klub beitreten, aber keinen neuen Klub mehr gründen. Auch solche Veränderungen an einem Klub sind unverzüglich schriftlich mitzuteilen (§ 7 GOG-NR).

Der Weg zur konstituierende Sitzung des National­rates

Mit der konstituierenden Sitzung des Nationalrates endet eine Gesetzgebungsperiode und eine neue Gesetzgebungsperiode beginnt. Mit dieser Sitzung beginnen auch die Mandate der neugewählten Abgeordneten. Alle Verhandlungsgegenstände der alten Gesetzgebungsperiode "verfallen", außer Volksbegehren, Bürgerinitiativen, Berichte des Rechnungshofes, Bundesrechnungsabschlüsse und Berichte der Volksanwaltschaft.

Die nachfolgende Grafik zeigt die wichtigsten Daten und notwendigen Schritte vom Wahltag (29. September 2024) bis hin zur konstituierenden Sitzung des Nationalrates am 24. Oktober 2024.

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