News in einfacher Sprache 19.08.2024, 17:08

#MehralseinKreuzerl: Wie sich das Wahlrecht verändert hat

Das Wahlrecht in Österreich

Das jetzt in Österreich geltende Wahlrecht war nicht immer so. Schon ein Blick ins Vorjahr bestätigt das. Zuletzt wurde Anfang 2023 eine Novelle beschlossen.

Für diese Änderung im Jahr 2023 brauchte es einen Mehrheitsbeschluss im Parlament. Damit das Wahlrecht überhaupt in Österreich eingeführt werden konnte, brauchte es eine Revolution. Das war im Jahr 1848. Bürger:innen, Studenten und Arbeiter:innen forderten damals eine Verfassung und eine gewählte Volksvertretung. Zu dieser Zeit herrschte der Kaiser absolut. Es gab keine Beteiligung des Volkes.

Das Wahlrecht war an Besitz und Steuerleistung gebunden.

Die ersten Wahlen

Die Revolutionär:innen erkämpften die indirekte Wahl eines konstituierenden Reichstags.

Indirekt bedeutet: Die Wähler bestimmten Wahlmänner, die dann für die Abgeordneten im Reichstag stimmten. Unter diesen Wählern waren keine Frauen, Arbeiter, "Dienstleute" und Arme. Doch schon bald wurde der Reichstag wieder aufgelöst und Kaiser Franz Joseph I. regierte dann absolut.

Erst in den 1860er-Jahren gab es eine Volksvertretung, auch auf Gemeindeebene. Bis zu den ersten direkten Wahlen dauerte es aber noch.

1873 wurden Abgeordnete direkt gewählt

Zu dieser Zeit war das Wahlrecht an Besitz und Steuerleistung gebunden. Wahlberechtigt waren auch Personen aus sogenannten "Intelligenzberufen". Dazu zählten zum Beispiel:

  • Priester
  • Universitätsprofessoren

Das Geschlecht war dabei unwichtig, und so waren auch Gutsherrinnen wahlberechtigt.

Diese Ungleichbehandlung der Frauen untereinander blieb nicht lange bestehen. 1907 wurde das allgemeine, gleiche und direkte Männerwahlrecht durch die Reichsrats-Ordnung eingeführt: Damit wurden alle Frauen generell von der Wahl ausgeschlossen.

11 Jahre später – im November 1918 – wurde schließlich das allgemeine und gleiche Frauen-Wahlrecht in der Verfassung verankert.

1919 durften die Frauen erstmals wählen. Ausgeschlossen waren die Prostituierten. Das änderte sich erst 1923.

Frauen-Wahlrecht: Unterschiedliche Stimmzettel und Wahlpflicht

Das Frauen-Wahlrecht brachte unterschiedliche Stimmzettel. 

Das Frauen-Wahlrecht hatte weitere Änderungen zur Folge. Eine davon war die Wahlpflicht. Grund dafür war: Man war sich nicht sicher, ob nicht nur die Arbeiterinnen wählen gehen würden und die bürgerlichen Frauen eher zuhause bleiben würden.

Politikwissenschaftlerin Tamara Ehs erklärt das im Gespräch mit der Parlamentskorrespondenz so: Die Diskussion zur Einführung einer Wahlpflicht in der Ersten Republik ging auf die Christlich-Soziale Partei zurück. Denn das Frauen-Wahlrecht stand schon seit 1892 im Programm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Daher hatten vor allem die Konservativen Sorge, dass die "brave" christliche Frau das Wählen dem Mann überlassen und die "rebellische", sozialdemokratische Frau hingegen bestimmt wählen gehen würde.

Man einigte sich auf eine Wahlpflicht: Die einzelnen Bundesländer konnten sie freiwillig einführen:

  • Das machten Tirol und Vorarlberg 1919.
  • 1949 folgte auch die Steiermark.
  • Erst 1986 entschloss sich Kärnten dafür.
  • 1992 wurde die Wahlpflicht bei Nationalratswahlen für alle Bundesländer aufgehoben.

Weil man mehr über das Stimmverhalten der Frauen herausfinden wollte, wurden verschiedenfarbige Stimmzettel oder Kuverts eingeführt. Oder es gab zwei Urnen - eine für Männer, eine für Frauen. Das wurde erstmals bei den Wahlen 1927 durchgeführt.

In der Zweiten Republik wurde diese Regelung nicht mehr aufgenommen, sondern blieb den Bundesländern überlassen.

Begriffe einfach erklärt

Die Arbeit im Parlament ist sehr umfangreich und vielfältig. Es gibt viele Fachbegriffe. Diese Begriffe werden auf der Parlaments-Website einfach verständlich erklärt: 

Begriffe einfach erklärt

Alkohol ausschenken vor der Wahl stand unter Strafe

Eine längst nicht mehr geltende Besonderheit ist das "Schankverbot" vor Wahlen.

  • 1918 wurde Wirt:innen verboten, "geistige Getränke" am Wahltag auszuschenken.
  • Ab 1923 wurde gestraft.
  • Wenn jemand die Geldstrafe nicht bezahlen wollte oder konnte, drohten 14 Tage Gefängnis.

Auch am Beginn der Zweiten Republik war das Ausschenken von Alkohol nicht erlaubt. Der Zeitraum dafür wurde sogar noch weiter gefasst:

  • Von 20 Uhr am Tag vor der Wahl
  • Bis 20 Uhr am Wahltag

Erst bei der Wahl 1969 wurde das Verbot gelockert: Schon eine Stunde nach dem Schließen des örtlichen Wahllokals durften alkoholische Getränke an die Gäste ausgegeben werden.

Das Verbot des Alkoholausschanks für Wirt:innen galt noch bis 1979.