Stenographisches Protokoll

705. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Freitag, 13. Feber 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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705. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 13. Feber 2004

Dauer der Sitzung

Freitag, 13. Feber 2004: 9.01 – 18.40 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebühren­gesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Gebäude- und Woh­nungsregister (GWR-Gesetz) geschaffen und das Vermessungsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001

4. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem im Konsumentenschutzgesetz Bestimmungen über den Heimvertrag eingeführt werden (Heimvertragsgesetz - HVerG)

6. Punkt: Bundesgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit während des Aufenthalts in Heimen und anderen Pflege- und Betreuungseinrichtungen (Heimaufent­halts­gesetz - HeimAufG)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2004)

8. Punkt: Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie

9. Punkt: Kündigung des Übereinkommens über die behördliche Zuständigkeit, das an­zuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindesstatt

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Versicherungs­auf­sichtsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden

12. Punkt: Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (EUROPOL-Übereinkommen), und des Protokolls über die


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Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stell­ver­tre­tenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL

13. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“

14. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen

15. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen

16. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staats­grenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik

17. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staats­grenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unter­abschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem)

18. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen

19. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützen­vereinigun­gen und Sportschützen

20. Punkt: Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern, und der Re­publik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, Sektion III, Her­rengasse 7, A-1010 Wien, betreffend die Gründung und den Betrieb des „International Center for Migration Policy Development (ICMPD)“ in Wien

21. Punkt: Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD)

22. Punkt: Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien

23. Punkt: Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien

24. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2001 )


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25. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2002 )

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Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Jürgen Weiss ................................................... 13

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Schüssel betreffend Nominierung eines stellvertretenden Mitgliedes des Ausschusses der Regionen gemäß § 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz ........... 35

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Schüssel betreffend Nominierung von Mit­gliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Ausschusses der Regionen gemäß § 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz                36

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Ordnungsruf ................................................................................................................. 161

Fragestunde (99.)

Auswärtige Angelegenheiten...................................................................................... 15

Hans Ager (1295/M-BR/04); Ing. Gerd Klamt, Eva Konrad, Dr. Elisabeth Hlavac

Roswitha Bachner (1300/M-BR/04); Ludwig Bieringer, Dr. Renate Kanovsky-Win­termann, Dr. Ruperta Lichtenecker

Engelbert Weilharter (1304/M-BR/04); Stefan Schennach, Karl Boden, Helmut Kritzinger

Gottfried Kneifel (1296/M-BR/04); Christoph Hagen, Dr. Ruperta Lichtenecker, Albrecht Konecny

Johanna Schicker (1301/M-BR/04); Ferdinand Tiefnig, Mag. John Gudenus, Elisabeth Kerschbaum

Stefan Schennach (1299/M-BR/04); Dr. Elisabeth Hlavac, Josef Saller, Ing. Gerd Klamt

Herwig Hösele (1297/M-BR/04); Mag. John Gudenus, Eva Konrad, Albrecht Konecny

Karl Boden (1302/M-BR/04); Christine Fröhlich, Engelbert Weilharter, Stefan Schennach

Ludwig Bieringer (1298/M-BR/04); Christoph Hagen, Elisabeth Kerschbaum, Al­brecht Konecny

Günther Kaltenbacher (1303/M-BR/04); Mag. Harald Himmer, Mag. John Gude­nus, Stefan Schennach


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Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .................................................................... 35, 37

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 37

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend neueste Entwicklungen in der so genannten „Causa Grasser“ (2151/J-BR/04) ......... 122

Begründung: Albrecht Konecny ................................................................................. 122

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 129

Debatte:

Ewald Lindinger ......................................................................................................... 144

Gottfried Kneifel ......................................................................................................... 146

Stefan Schennach ...................................................................................................... 148

Engelbert Weilharter .................................................................................................. 152

Reinhard Todt ............................................................................................................. 154

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 155

Ing. Gerd Klamt .......................................................................................................... 157

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 158

Helmut Kritzinger ....................................................................................................... 160

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 161

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das All­ge­mei­ne Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebühren­gesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert wer­den (252 d.B. und 382 d.B. sowie 6959/BR d.B. und 6961/BR d.B.) ............................ 38

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ................................................. 38

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungs­register (GWR-Gesetz) geschaffen und das Vermessungsgesetz geändert wird (309/A und 383 d.B. sowie 6960/BR d.B. und 6962/BR d.B.)             ............................................................................................................................... 38

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ................................................. 38

Redner:

Johann Giefing ............................................................................................................. 39

Herwig Hösele .............................................................................................................. 40

Eva Konrad ................................................................................................................... 43

Staatssekretär Franz Morak ........................................................................................ 44

Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................ 46

Manfred Gruber ............................................................................................................ 48

Dr. Andreas Schnider .................................................................................................. 49

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 51

Stefan Schennach......................................................................................................... 53


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705. Sitzung / Seite 5

Annahme des Antrages des Berichtserstatters zu Punkt 1, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 55

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Enspruch zu erheben ................................................................... 55

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001 (III-236-BR/2002 d.B. sowie 6963/BR d.B.) ................................................................................................................................ 55

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 55

4. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002 (III-249-BR/2003 d.B. sowie 6964/BR d.B.) ................................................................................................................................ 55

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 55

Redner:

Josef Saller ................................................................................................................... 56

Wolfgang Schimböck .................................................................................................. 56

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 58

Stefan Schennach ........................................................................................................ 60

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 62

Volksanwältin Rosemarie Bauer ................................................................................ 64

Volksanwalt Mag. Johann Ewald Stadler .................................................................. 66

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer .................................................................... 69

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, den Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001 zur Kenntnis zu nehmen ............................................ 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, den Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002 zur Kenntnis zu nehmen ............................................ 70

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Konsumentenschutzgesetz Bestimmungen über den Heimvertrag eingeführt werden (Heimvertragsgesetz - HVerG) (202 d.B. und 377 d.B. sowie 6965/BR d.B.) .................................................... 70

Berichterstatterin: Anna Schlaffer ................................................................................ 71

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­desgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit während des Aufenthalts in Heimen und anderen Pflege- und Betreuungseinrichtungen (Heimaufenthalts­gesetz - HeimAufG) (353 d.B. und 378 d.B. sowie 6966/BR d.B.)    ............................................................................................................................... 71

Berichterstatterin: Anna Schlaffer ................................................................................ 71

Redner:

Ilse Giesinger ................................................................................................................ 71

Günther Kaltenbacher ................................................................................................. 72

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann ............................................................................ 73

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 75

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer .................................................................... 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 78


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705. Sitzung / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 78

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2004) (294 d.B., 309 d.B. und 379 d.B. sowie 6967/BR d.B.) .................................................. 78

Berichterstatterin: Johanna Auer .................................................................................. 78

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (18 d.B. und 380 d.B. sowie 6968/BR d.B.) ............................. 78

Berichterstatterin: Johanna Auer .................................................................................. 79

Redner:

Ferdinand Tiefnig ......................................................................................................... 79

Anna Schlaffer .............................................................................................................. 80

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 81

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 82

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer  ................................................................... 85

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 86

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 86

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem Be­schluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 3. gegen den Beschluss des Na­tionalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staats­ver­trag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ...................................................................... 87

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend die Kündigung des Übereinkommens über die behördliche Zuständigkeit, das anzu­wendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindesstatt  (53 d.B. und 346 d.B. sowie 6969/BR d.B.)                   87

Berichterstatterin: Johanna Auer .................................................................................. 87

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 88

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (291/A und 347 d.B. sowie 6970/BR d.B.) ............. 88

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ....................................................................... 88

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 88

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Versicherungs­aufsichts­ge-


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705. Sitzung / Seite 7

setz und das Pensionskassengesetz geändert werden (348 d.B. sowie 6971/BR d.B.) ....................................................................................... 88

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ....................................................................... 88

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 89

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Euro­päischen Polizeiamts (EUROPOL-Übereinkommen), und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stell­vertretenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL (194 d.B. und 354 d.B. sowie 6972/BR d.B.)      ............................................................................................................................... 89

Berichterstatter: Mag. Berhard Baier ........................................................................... 89

Redner:

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 90

Ernst Winter .................................................................................................................. 90

Bundesminister Dr. Ernst Strasser ........................................................................... 91

Christoph Hagen .......................................................................................................... 92

Stefan Schennach ........................................................................................................ 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 94

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bo­den­see“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ (5 d.B. und 358 d.B. sowie 6973/BR d.B.) ..... 94


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705. Sitzung / Seite 8

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 96

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschecho­slowa­ki­schen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen (91 d.B. und 359 d.B. sowie 6974/BR d.B.)                        94

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier (Druckfehlerberichtigung) ............................... 96

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen (118 d.B. und 360 d.B. sowie 6975/BR d.B.) .......................................... 94

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 96

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik (6 d.B. und 361 d.B. sowie 6976/BR d.B.) ...................................................... 94

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 96

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterab­schnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem) (7 d.B. und 362 d.B. sowie 6977/BR d.B.) ................................................................................................................................ 94

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 97

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Än­derungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staats­grenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen (44 d.B. und 363 d.B. sowie 6978/BR d.B.) ...................................................................................................... 94

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 97

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schuss­waffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereini­gun­gen und Sportschützen (9 d.B. und 364 d.B. sowie 6979/BR d.B.)                  95

Berichterstatter: Mag. Berhard Baier ........................................................................... 97

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern, und der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, Sektion III, Herrengasse 7, A-1010 Wien, betreffend die Gründung und den Betrieb des „International Center for Migration Policy Development (ICMPD)“ in Wien (219 d.B. und 365 d.B. sowie 6980/BR d.B.)                   95

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 97

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) (220 d.B. und 366 d.B. sowie 6981/BR d.B.) ............................ 95

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 97

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Öster­reich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien (221 d.B. und 367 d.B. sowie 6982/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 95

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier (Druckfehlerberichtigung)................................ 97

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Öster­reich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des „International


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705. Sitzung / Seite 9

Centre for Migration Policy Development“ in Wien (222 d.B. und 368 d.B. sowie 6983/BR d.B.)               95

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier (Druckfehlerberichtigung)................................ 98

Redner:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 98

Christine Fröhlich ........................................................................................................ 99

Werner Stadler .............................................................................................................. 99

Christoph Hagen ........................................................................................................ 100

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 101

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem Beschuss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 16, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 21, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 22, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 23, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2001 ) (III-238-BR/2002 d.B. sowie 6984/BR d.B.) ...................................................................... 104

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 104

25. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2002 ) (III-248-BR/2003 d.B. sowie 6985/BR d.B.) ...................................................................... 104

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 104


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705. Sitzung / Seite 10

Redner:

Johanna Schicker ....................................................................................................... 104

Dr. Franz Eduard Kühnel ........................................................................................... 108

Stefan Schennach ...................................................................................................... 109

Christoph Hagen ........................................................................................................ 112

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 116

Reinhard Todt ............................................................................................................. 119

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 24, den Bericht zur Kennt­nis zu nehmen          ............................................................................................................................. 121

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 25, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen          ............................................................................................................................. 122

Eingebracht wurden

Bericht ........................................................................................................................... 37

III-254/BR: Kulturbericht 2002

Anfragen der Bundesräte

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vernachlässigung der Wirtschaftsinteressen Österreichs durch Mitglieder der Bundesregierung (2140/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vernachlässigung der Wirtschaftsinteressen Österreichs durch Mitglieder der Bundesregierung (2141/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vernachlässigung der Wirtschaftsinteressen Österreichs durch Mitglieder der Bundesregierung (2142/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Vernachlässigung der Wirtschaftsinteressen Österreichs durch Mitglieder der Bundesregierung (2143/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vernachlässigung der Wirtschaftsinteressen Östereichs durch Mitglieder der Bundesregierung (2144/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend völlig unkooordiniertes Auftreten Österreichs im Ausland (2145/J-BR/04)

Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vorantreiben des Atom­ausstiegs in Europa (2146/J-BR/04)

Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Haftung bei Nuklear­unfällen (2147/J-BR/04)


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Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Haftung bei Nuklearunfällen (2148/J-BR/04)

Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verlagerung der Notstandshilfe (2149/J-BR/04)

Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend dringend erforderliche Übernahme der Träger­schaft für die HTL-Traun durch den Bund (2150/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend neueste Entwicklungen in der so genannten „Causa Grasser“ (2151/J-BR/04)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Vereine, die keinen ideellen Zwecken dienen (2152/J-BR/04)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen (1946/AB-BR/03 zu 2123/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weis, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen (1947/AB-BR/03 zu 2124/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1948/AB-BR/03 zu 2122/J-BR/03)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1949/AB-BR/04 zu 2125/J-BR/03)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1950/AB-BR/04 zu 2127/J-BR/03)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1951/AB-BR/04 zu 2126/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1952/AB-BR/04 zu 2130/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen (1953/AB-BR/04 zu 2132/J-BR/03)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen (1954/AB-BR/04 zu 2131/J-BR/03)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1955/AB-BR/04 zu 2133/J-BR/03)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen (1956/AB-BR/04 zu 2129/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1957/AB-BR/04 zu 2139/J-BR/03)


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des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1958/AB-BR/04 zu 2135/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1959/AB-BR/04 zu 2137/J-BR/03)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger, Kolleginnen und Kollegen (1960/AB-BR/04 zu 2138/J-BR/03)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen (1961/AB-BR/04 zu 2134/J-BR/03)



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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Jürgen Weiss: Ich eröffne die 705. Sitzung des Bundesrates.

Antrittsansprache des Präsidenten

 


9.01

Präsident Jürgen Weiss: Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Halbjahr fällt der Vorsitz im Bundesrat und in der Landes­hauptleute­konferenz dem Bundesland Vorarlberg zu. Ich entbiete Ihnen allen den herzlichen Gruß unseres Landes!

Gestern hat in diesem Haus ein beeindruckendes wissenschaftliches Symposion zu den Februarkämpfen des Jahres 1934 stattgefunden. Es hat gezeigt, wie notwendig Parlamente für eine Kultur der Dialogfähigkeit sind und welche Verantwortung darauf lastet, den letzten Gesprächsfaden niemals abreißen zu lassen.

Angesichts dessen, dass jede Zeit und jede Gesellschaft ihre eigenen Versuchungen hat, sind solche Gedenktage unabhängig von der Aufarbeitung von Verantwortung ein wichtiger Beitrag, Wachsamkeit zu üben. Den Opfern jener unseligen Zeit gilt unser respektvolles Gedenken.

Um dem Klischee der nüchternen Alemannen Rechnung zu tragen, ist das heute der Form nach eine ganz schlichte Vorsitzübernahme. Das fällt mir deshalb sehr leicht, weil es für mich keine Premiere ist. Ich sehe meine Aufgabe tatsächlich auch in erster Linie darin, die Bürde der vorsitzführenden Koordination der Ländermitwirkung an der Bundesgesetzgebung zu übernehmen. Die Würde des Amtes hat dabei eine dienende Funktion.

Der im letzten Jahr eingerichtete Österreich-Konvent befasst sich naturgemäß auch mit der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung im Allgemeinen und mit der Stellung des Bundesrates im Besonderen. Die bisherigen Beratungen machen deutlich, dass sich in beiden Bereichen an der bis in das Jahr 1920 zurückreichenden Gegen­sätzlichkeit der Konzepte noch nichts Wesentliches geändert hat.

Anders als damals lassen sich die unterschiedlichen Standpunkte heute allerdings nicht mehr schematisch politischen Lagern zuordnen. Sie sind in allen Interessen­grup­pen bis hin zu den Ländern selbst breit gestreut. Es ist daher noch nicht absehbar, ob und welche Reformvorstellungen Übereinstimmung finden werden. Sie beschränkt sich derzeit offenkundig darauf, dass die bisherige Ländermitwirkung an der Bundesgesetz­gebung auch weiterhin durch einen Bundesrat als zweite parlamentarische Kammer erfolgen soll. Das mag vor allem für jene wenig erscheinen, die ihr Konzept auf die For­mel „Reformieren oder abschaffen“ beschränken und dabei mit Schalmeientönen einer angeblich gewaltigen Einsparung locken. Ich halte beides für einen Trugschluss, weil einerseits das Einsparungsvolumen maßlos überschätzt wird und auch für eine Aus­dünnung von Gewaltenteilung und parlamentarischer Kontrolle letztlich ein hoher Preis zu zahlen ist. Andererseits bekämen die Länder damit keine wirkungsvollere, sondern wohl überhaupt keine parlamentarische Einflussmöglichkeit auf die Bundesgesetz­ge­bung.

Dazu kommt, dass nach dem in diesem Punkt unbestrittenen Verfassungsentwurf der Europäischen Union die Landtage von den neuen Mitwirkungsrechten in der Subsidi­aritäts­prüfung und vom Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof nur im Wege eines nationalen Parlaments, in unserem Fall des Bundesrates, Gebrauch machen können.


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Natürlich gibt es zahlreiche gute Vorschläge, wie die verfassungsrechtliche Stellung des Bundesrates in wünschenswerter Weise verbessert werden könnte. Bei näherer Betrachtung – ich erwähne nur das oft übersehene, aber bereits seit 1985 bestehende absolute Vetorecht bei wichtigen Verfassungsänderungen – ist diese Stellung aber keineswegs so schwach, dass sie der Kern des Problems wäre. Es liegt vielmehr darin, dass die Länder in der Regel eine große Unentschlossenheit zeigen und letztlich der Auseinandersetzung lieber ausweichen, als die im Wege des Bundesrates verfügbaren Einflussmöglichkeiten auch tatsächlich zu nutzen. Es entspricht den Gesetzen der Physik, dass sich ein solches Vakuum füllt, im konkreten Fall mit den Interessen bundespolitischer Gruppierungen, denen die Mitglieder des Bundesrates natürlich auch angehören.

Mein Hinweis auf die bereits vorhandenen Möglichkeiten betrifft nicht zuletzt den ver­meintlichen Reformvorschlag, Mitglieder der Landesregierung oder Landtagsabgeord­nete in den Bundesrat zu entsenden. Dafür gibt es bei aller Würdigung anderer Ge­sichtspunkte durchaus gute Gründe. Da eine solche Entsendung nach der Bundes­verfassung aber seit jeher möglich ist, handelt es sich dabei letztlich um einen Appell an die Landtage, bei manchen Exponenten der Reformvorstellungen demzufolge sogar an sich selbst.

Aber auch wir haben manche Vorschläge an uns selbst zu richten. Ich erwähne nur die Notwendigkeit einer im Allgemeinen zügigen, aber hinsichtlich der Länderinteressen besonders gründlichen parlamentarischen Arbeit, die für mich ein gering scheinendes, aber wichtiges Anliegen ist.

Gleiches gilt für das notwendige Bemühen, unsere innerstaatlichen Mitwirkungsrechte an der Willensbildung in der Europäischen Union den Ländern wirkungsvoller zugäng­lich zu machen und sie auch selbst stärker wahrzunehmen.

Wie alle anderen bisherigen Präsidentinnen und Präsidenten kann ich mich bei der Vorsitzführung auf ein gutes Team stützen. Das gilt zunächst für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesratsdienstes im Besonderen und der Parlamentsdirektion im Allgemeinen. Dankbar bin ich für die gute Zusammenarbeit mit den unmittelbaren Vorgängern Hans Ager und Herwig Hösele sowie mit den Vorsitzenden der vier Bun­desratsfraktionen, den Schriftführerinnen und Ordnern. Dass ausgerechnet im Vorarl­berg-Halbjahr des Vorsitzes mit Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach und Vize­präsident Mag. Harry Himmer drei Präsidiumsmitglieder einen Wohnsitz in Wien ha­ben, mag eine kleine Ironie der Geschichte sein. Sie haben die Zahl „drei“ durchaus richtig verstanden. Ich selbst habe nämlich seit vielen Jahren immerhin einen Zweit­wohnsitz in der Bundeshauptstadt. Das halte ich für ein gutes Signal eines partner­schaftlichen und vorurteilsfreien Zusammenwirkens der Bundesländer, um das ich Sie im kommenden Halbjahr alle bitte. (Allgemeiner Beifall.)

9.08

*****

Das Amtliche Protokoll der 704. Sitzung des Bundesrates vom 18. Dezember 2003 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Dr. Robert Aspöck, Karl Bader, Adelheid Ebner, Dr. Erich Gumplmaier, Johann Kraml, Harald Reisenberger und Helmut Wiesenegg.


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Fragestunde

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun, um 9.08 Uhr, zur Fragestunde. Ich be­ginne mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 1. Anfrage, 1295/M, an die Frau Bun­desministerin für auswärtige Angelegenheiten.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ager, um die Formulierung der Anfrage.

 


Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Meine Fra­ge lautet:

1295/M-BR/2004

„Wie beurteilen Sie als Außenministerin den Ausbau des EUMC in eine Menschen­rechts­agentur?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die Entscheidung des Europäischen Rates vom 13. Dezember 2003 in Brüssel, dem österreichischen Anliegen zu folgen und das Mandat der in Wien ansässigen Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu erweitern und diese in eine Menschen­rechts­agentur umzuwandeln, stellt einen großen Erfolg der österreichischen Europapolitik dar.

Es ist dies aus zwei Gesichtspunkten äußerst positiv: Zum einen hat Österreich als Sitz­staat internationaler Organisationen eine weitere wichtige Institution in unsere Hauptstadt gebracht. Zum Zweiten ist es besonders erfreulich, dass mit Fug und Recht auch von einer Anerkennung der Bemühungen in der internationalen Menschen­rechts­politik gesprochen werden kann. Und schließlich möchte ich anmerken, dass gerade diese Institution, die mich während der Sanktionszeit nicht einmal eingeladen hatte, obwohl wir im Außenministerium diese Organisation hergeholt und auch bezahlt haben, heute von mir in eine Menschenrechtsorganisation umgewandelt wird. Ich glau­be, auch daran sieht man, wie Versöhnungspolitik aussehen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Für Sie waren Kinder immer ein besonderer Schwerpunkt. Im letzten Jahr wurden sogar Kinder als Schwerpunkt im Entwicklungs­hilfegesetz verankert. Welche Schwerpunkte konnten Sie bei Kindern setzen?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Es sind drei konkrete Maßnahmen, die ich erwähnen kann: Über meine Initiative wur­den im Rahmen der EU-Arbeitsgruppe Menschenrechte Leitlinien für den Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten erarbeitet und vom EU-Rat im Dezember verab­schiedet.

Zweitens: Kinderrechte als Schwerpunktthema des Vorsitzes für Human Security Network – des Netzwerkes der menschlichen Sicherheit. Diese Leitlinien waren


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ebenfalls vom Schutz der Kinder in bewaffneten Konflikten inspiriert. Wir haben ein Strategiepapier zur Stärkung der Kinderrechte in bewaffneten Konflikten ausgearbeitet.

Ich darf drittens sagen, dass bereits 2003 Kinder gesetzlich als Zielgruppe unserer EZA verankert waren, ich denke, zugunsten von Kindersoldaten in Norduganda; gegen die Verstümmelung von Kindern in Sierra Leone; gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen in vielen Ländern. Aber eine der bekanntesten Maßnahmen ist auch mein Einsatz für Kinder im Irak gewesen, die ja in besonders trauriger Weise vom Krieg betroffen waren, wo wir zusammen mit den Slowenen und den Jordaniern auch zusätzlich ein Zentrum für kriegstraumatisierte Kinder aufbauen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Ing. Klamt gewünscht. – Bitte.

 


Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sie haben international hohe Anerkennung für Ihre Vorsitzführung im Hu­man Security Network erhalten. Was haben Sie für die Menschenrechtserziehung tun können?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Es ist vor allem gelungen, etwas ganz Konkretes nach dem Vorsitz zu haben, und das ist ein Werk über Menschenrechtserziehung. Wir haben ein Handbuch geschaffen, das gleich in englischer Sprache aufgelegt wurde und nun bereits in viele Sprachen, unter anderem ins Chinesische, ins Spanische, ins Französische und natürlich auch ins Deutsche, übersetzt wurde. Es wird bereits von den Ministern – speziell von Minister Strasser, aber auch von anderen – eingesetzt.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie beurteilen Sie den so genannten Antisemitismus-Bericht des EUMC?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich kann sagen, dass generell jeder Bericht, der den Antisemitismus herausstellt, wich­tig und richtig ist, denn tatsächlich gibt es in Europa noch Antisemitismus, obwohl ich dazu sagen darf, dass gerade wir in Österreich gezeigt haben, dass wir eigentlich auf einem sehr guten Wege sind. Viele Bekämpfungsmaßnahmen haben bereits Wirkung gezeigt.

 


Präsident Jürgen Weiss: Letzte Zusatzfrage dazu? – Frau Bundesrätin Dr. Hlavac, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Frau Bundesministerin! Die Um­wand­lung der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremden­feindlichkeit in eine Agentur ist zweifellos positiv zu sehen. Allerdings hat sich Öster­reich um den Sitz mehrerer Agenturen beworben, und zwar der Chemikalienagentur, des Seuchenamtes und der Polizeiakademie. Wir sind dabei leider leer ausgegangen. Das finde ich sehr enttäuschend, und ich möchte wissen, was die Gründe dafür waren.

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! Wir sind nicht leer ausgegangen, sondern es wurde eben die Rassismusbehörde in eine Menschenrechtsagentur umgewandelt. Das ist das, was Österreich zugeteilt wurde, und das war auch unser größtes und wichtigstes Anliegen.


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Es gab tatsächlich einige interessante Kandidaturen, aber Österreich hat sich eben dafür ausgesprochen. Wir freuen uns, dass uns das zugesprochen wurde.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1300/M. Ich bitte die Fra­gestellerin, Frau Bundesrätin Bachner, um die Formulierung der Anfrage.

 


Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1300/M-BR/2004

„War die Teilnahme an den verschiedenen Events in der Zeit vom 24.1. bis 27.1.2004, die Sie eindrucksvoll auf Ihrer Homepage beschreiben, der einzige Grund, warum Sie nicht an dem vom Bundespräsidenten geleiteten Staatsbesuch im Iran teilnahmen?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Bundesrätin! Ich darf Ihnen sagen, meine Teilnahme war zu keiner Zeit vorge­sehen, da schon lange, bevor die Besuchsvorbereitungen für den Iran begonnen hat­ten, feststand, dass am 26.1.2004 – zum Zeitpunkt des Staatsbesuches – ein Rat Allgemeine Angelegenheiten stattfinden würde. Sie wissen, dass daran der Außen­minister beziehungsweise die Außenministerin teilzunehmen hat, noch dazu, wo es dabei um den für den Nettozahler so wichtigen Punkt des Statutes für die EU-Abge­ordneten ging sowie um das erste Gespräch über das Follow-up zum Europäischen Rat.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat Bie­ringer, bitte.

 


Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Bundesministerin! Sie kommen ja selbst aus der Privatwirtschaft und haben bei zahlreichen Auslandsreisen Impulse für die österreichische Exportwirtschaft gesetzt. Wie hat sich die österreichische Ex­portwirtschaft in den letzten Jahren entwickelt?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, sie hat sich ausgezeichnet entwickelt. Zum ersten Mal hat es ja einen positiven Handelsbilanzsaldo gegeben. Ich selbst habe von Anfang an – sowohl in meiner Tätigkeit als Staatssekretärin als auch dann in meiner Tätigkeit als Außen­ministerin – immer mit der Wirtschaft zusammengearbeitet. Mein letzter großer Besuch mit einer Wirtschaftsdelegation hat China gegolten, einem Land, wo bereits Milliarden­geschäfte für die heimische Wirtschaft abgeschlossen wurden, wo zahlreiche Nieder­las­sungen österreichischer Firmen gegründet sind und wo wir natürlich aber auch dem heimischen Tourismus durch enge persönliche Kontakte Türen öffnen können.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Österreich hat im Bereich Spenden eigentlich schon Tra­dition. Wenn man schon sagt, dass Österreich fallweise als Weltmeister im Spen­den bezeichnet wird, würde mich interessieren, welche Maßnahmen Österreich insge­samt gesetzt hat, um bei der jüngsten Erdbebenkatastrophe im Iran zu helfen, rasch zu helfen und zu spenden.

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 



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Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Zuerst darf ich anführen, dass wir sehr rasch reagiert haben und auf die gesetzten Maßnahmen durchaus stolz sein können: 120 Mann des österreichischen Bundeshee­res, Rettungshundestaffeln, Vertreter des Roten Kreuzes, aber auch der Betriebs­feuerwehr Kapfenberg mit Hundeführern haben sich am internationalen Rettungsein­satz beteiligt. Dies kann als ein weiteres hervorragendes Beispiel für viele humanitäre Einsätze angesehen werden.

Zweitens darf ich sagen: Von mir, von meinem Ressort, wurde veranlasst, dass sich der österreichische Konsul in Teheran aktiv in die Koordination vor Ort einschaltet. Es gab großes Leid, denn unter anderem war auch ein österreichischer Staatsbürger unter den Trümmern. Er konnte durch eine rasche Aktion herausgeholt und somit gerettet werden. Er wurde zuerst in ein Spital nach Bam und dann von Bam nach München, wo er lebt, gebracht. Damit konnte dieses Menschenleben sehr schnell gerettet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Frau Ministerin! Sie haben als neuen Schwerpunkt auch die Entwicklungszusammenarbeit gewählt. Wäre es aus Ihrer Sicht nicht wichtig gewesen, in den Iran mitzureisen, gerade als führende Frau in einem Land wie Österreich entsprechende Signale an die Reformer und Reformerinnen im Iran zu setzen und sich zum Beispiel mit der Friedensnobel­preis­trägerin zu treffen?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich darf dazu sagen: Ich war eine der ersten Ministerinnen, die in den Iran gereist sind, und zwar vor zwei Jahren. Es hat dann auch der Bundeskanzler eine Reise unter­nommen. Wenn ich eine Gelegenheit gehabt hätte, dann wäre ich selbstverständlich ger­ne mitgereist. Aber man muss auch sagen, dass mein Haus von Anfang an beim Bun­despräsidenten in die Vorbereitung der Reise eingebunden war. Wir haben sogar Wert darauf gelegt, dass diese Reise zu dem Zeitpunkt stattfindet, zu dem der Iran offiziell auf Massenvernichtungswaffen verzichtet hat, vor allem durch die Unterschrift des Zusatzprotokolls. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 3. Anfrage, 1304/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Weilharter, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1304/M-BR/2004

„Welche Initiativen hat Österreich in seiner Funktion als Schutzmacht in jüngster Zeit im Hinblick auf Südtirol gesetzt?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich darf dazu sagen, dass die Bemühungen der Bundesregierung in der Frage eines möglichen EU-Verfahrens wegen einer wesentlichen Bestimmung der Südtirolau­to­nomie ersten Erfolg gezeigt haben. Die Europäische Kommission hat auf das Schrei­ben von Bundeskanzler Schüssel hin das Vorhaben zur Einleitung eines Vertrags­ver­letzungsverfahrens vorerst auf Eis gelegt. Ich glaube aber trotzdem, dass nach wie vor


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Vorsicht angebracht ist. Wir wissen nicht mit letzter Bestimmtheit, was die Kommission und vor allem der zuständige Kommissar Bolkestein hier vorhat. Deshalb verfolgen wir die Angelegenheit genauestens.

Wir waren bisher auch in unserer Schutzfunktion für Südtirol immer erfolgreich. Ich freue mich, dass die österreichische Minderheit in ihrem ethnischen, in ihrem kulturel­len, wirtschaftlichen und sozialen Bestand gesichert ist und dass sich das Zusam­men­leben der verschiedenen Volksgruppen in Südtirol friedlich und gedeihlich gestaltet.

Vor allem nach dem dynamischen Ausbau der Autonomie in den Jahren nach dem Pa­ketabschluss 1992 liegt nun das Hauptaugenmerk der Südtiroler im Verhältnis zu Rom auf dem Erhalt des aktuellen Umfangs der Autonomie.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Bundesministerin! Unterstützen Sie das Konzept einer Region Tirol?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Es ist eigentlich ein ganz wesentlicher Aspekt unserer Südtirolpolitik, die Europaregion Tirol, die so genannte EUREGIO, zu fördern. Das ist ganz klar. Daher haben Öster­reich und Italien, vor allem um auch eine bessere Rechtsgrundlage für die Zusam­men­arbeit zu schaffen, das Erste Zusatzprotokoll zum Madrider Abkommen über grenz­überschreitende Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften unterzeichnet, damit ein zusätzliches Operationsinstrument möglich ist.

Auf unserer Seite ist das Ratifikationsverfahren abgeschlossen, und ich habe entspre­chende Schritte gesetzt, um auch das Zweite Zusatzprotokoll zu unterzeichnen, das eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch zwischen den direkt angrenzenden Gebietskörperschaften ermöglicht.

 


Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Bundesministerin! Finden Sie nach der Streitbeilegung, nach dem Zusammenwachsen im gemeinsamen Haus Eu­ropa den Begriff „Schutzmacht“ nicht etwas zu martialisch?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: In „Schutzmacht“ sehe ich nichts Martialisches, sondern im Gegenteil, das sind Begriffe, die geprägt sind durch die wichtigen Paketabschlüsse und natürlich auch durch die Verträge, die völkerrechtlich auch abgesichert sind. Ich glaube, es ist ganz wichtig, immer wieder zu zeigen, Österreich steht bereit, um für Südtirol einzutreten, und ich habe das immer ganz klar auch versprochen – und werde das auch so halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Boden, bitte.

 


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Frau Bundesministerin! Konnten Sie sicherstellen, dass die Europäische Kommission definitiv von der Einleitung eines Ver­tragsverletzungsverfahrens gegen Italien im Zusammenhang mit dem Südtiroler Auto­nomie­statut absehen wird?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 



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Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich habe genau auf diese Frage vorhin geantwortet. Ich habe gesagt, dass es wichtig ist, dass die Kommission von diesem Vertragsverletzungsverfahren abgesehen hat. Ich habe aber auch dazu gesagt, dass Vorsicht weiterhin geboten ist und dass wir die Situation laufend beobachten.

 


Präsident Jürgen Weiss: Letzte Zusatzfrage dazu? – Herr Bundesrat Kritzinger, bitte.

 


Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Frau Minister! Südtirol wurde in den letz­ten Jahren international immer als Musterbeispiel für den Umgang mit Minderheiten herangezogen. Was haben Sie in diesem Bereich konkret unternehmen können?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Seit vielen Jahren, eigentlich seit ich in die Außenpolitik eingetreten bin, bin ich voll eingebunden gewesen in die Südtirolpolitik, habe an den Südtirol-Besprechungen teil­genommen oder sie selbst einberufen und geleitet. Ich denke etwa daran, dass ich am 19. Mai 2001 Südtirol einen offiziellen Besuch abgestattet habe, und am 11. Juni 2002 habe ich einen Festakt für 10 Jahre Abschluss des Südtirolpaketes und Streitbeilegung in Wien veranstaltet.

Bei all diesen Kontakten, möchte ich auch sagen, habe ich immer auch auf eine rasche Lösung der Frage der Begnadigung ehemaliger Südtirolaktivisten hingewiesen. Weiters habe ich mich jetzt in der Verfassungsfrage bezüglich Europa mit meinem ungarischen Kollegen für die Aufnahme der Minderheitenrechte in die geplante EU-Verfassung aus­gesprochen und eingesetzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 4. Anfrage, 1296/M. Ich bitte den Anfra­gesteller, Herrn Bundesrat Kneifel, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Meine Frage lautet:

1296/M-BR/2004

„Welche Position vertreten Sie in der Frage des MEP-Statuts inklusive deren Bezüge?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Wir schätzen natürlich das Europäische Parlament als einen wichtigen Baustein für eine funktionierende Demokratie auf europäischer Ebene. Deshalb wünschen wir uns natürlich auch ein einheitliches Statut für die Abgeordneten. Aber dem vorliegenden Vorschlag des Europäischen Parlaments, der bereits wesentlich verbessert wurde, konnte Österreich ebenso wie Deutschland, Frankreich und Schweden beim Rat „All­gemeine Angelegenheiten“ am 26. Jänner nicht zustimmen. Österreich ist Nettozahler, und wir wollen auch Fairness.

Zwei Gründe waren ausschlaggebend: Der erste Grund war die Frage, woher die Finanzierung für die neue Regelung kommt. Bisher wurden ja die Entschädigungen analog zu den nationalen Abgeordnetenentschädigungen und damit aus dem na­tionalen Budget bezahlt. In Hinkunft würden sie aus dem Gemeinschaftsbudget und konkret aus dem Budget des Europäischen Parlaments bezahlt. Hier wollte Österreich so wie die anderen Nettozahler sicherstellen, dass dies im Rahmen der Finanzvor­schau möglich ist, denn dann würden die Zahlungen aus Umschichtungen und Ein­sparungen im Parlamentsbudget geleistet. Dies hat uns das Europäische Parlament


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zwar zugesichert, aber keine konkreten und aktualisierten Übersichten und Sparan­sätze vorgelegt.

Der zweite Punkt war die Höhe der Entschädigung. Ich habe beim Rat darauf hinge­wiesen, dass viele Abgeordnete durchaus auch zu einem Überdenken der Höhe der Entschädigung bereit waren. Die Präsidentschaft hat dann vorgeschlagen, eine Dis­kussion auf Basis von 50 Prozent des Gehalts eines Richters des Europäischen Ge­richtshofes zum Zeitpunkt der Annahme des Statuts, also 2003, zu führen. Das heißt, das Resultat kam schon unseren Vorstellungen entgegen, da wir immer für eine vergleichbare Höhe der Entschädigung von Abgeordneten zum Nationalrat und von österreichischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments eingetreten sind, aber die Summe war eben nicht fix im Entwurf festgeschrieben, und es hätte sich durch die Anpassung 2004 die Summe deutlich erhöht. Daher konnte ich im Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ hier nicht zustimmen. Zuerst muss geklärt sein, dass das Plenum des Europäischen Parlaments in seiner Mehrheit wirklich hinter der ursprünglichen Summe steht und dies auch im Statut klargestellt wird.

Die Präsidentschaft hat daher beim Rat festgestellt, dass keine qualifizierte Mehrheit für den Entwurf in seiner jetzigen Form gegeben ist.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Frau Bundesministerin! Ich danke Ihnen für Ihren großen Einsatz auch zu Gunsten der österreichischen Steuer­zahler in dieser Frage. Mich würde interessieren: Wie geht es jetzt weiter mit dem MEP-Statut?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: In diesem Bereich kommt jetzt vor allem dem Europäischen Parlament das Recht zu, einen Entwurf auszuarbeiten beziehungsweise diesen Entwurf zu verändern und dann die Zustimmung des Rates einzuholen.

Die irische Präsidentschaft hat die Position des Rates gegenüber dem Europäischen Parlament, und zwar dem Plenum, am 28. Januar dargestellt. In einer ersten Reaktion haben die beiden Hauptakteure im Europäischen Parlament, nämlich Präsident Cox und Berichterstatter Rothley, gesagt, dass derzeit keine weiteren Vorschläge ange­kündigt sind. Da auch die irische Präsidentschaft auf weitere Initiativen verzichten will, ist mit einem neuen Vorschlag, so wie ich das jetzt sehe, erst durch das neue Euro­päische Parlament nach seiner Konstituierung im Juli 2004 zu rechnen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Hagen, bitte.

 


Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Bundesministerin! Zum Verhandlungsverlauf in Brüssel würde ich gerne wissen: War die österreichische Position ausschlaggebend für das Verhalten oder für das Verhandlungsergebnis in Brüssel?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Wir haben es hier mit einem sehr komplexen Gesetzgebungsverfahren zu tun. Wie ge­sagt, das Statut wird vom Europäischen Parlament ausgearbeitet, und dann, nach An­hörung der Kommission, muss der Rat seine Zustimmung erteilen. Der Rat beschließt dabei mit qualifizierter Mehrheit, über die Steuerregelungen allerdings einstimmig. Der Rat konnte daher nur den Vorschlag des Europäischen Parlaments formal insgesamt entweder annehmen oder ablehnen.


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Nach einer längeren Debatte zwischen der Präsidentschaft, Deutschland und Öster­reich schloss sich dann die Präsidentschaft unserer Auffassung an, wonach über das Statut mit Ausnahme der Steuerregelungen mit qualifizierter Mehrheit und über letztere dann in einem eigenen Verfahren mit Einstimmigkeit abzustimmen war.

Österreich und Deutschland haben aber dann die Bedenken im AStV mehrmals mit größtem Nachdruck ausgedrückt. Damit haben wir dazu beigetragen, dass auch Schweden und Frankreich den Entwurf nach einer genauen Analyse letztlich abgelehnt haben. So konnten wir eine Annahme des Entwurfes mit qualifizierter Mehrheit verhindern.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Warum hat Österreich zuvor bei der Bezügeregelung im Rat, bei der Stän­digen Vertretung der AußenministerInnen die Zustimmung signalisiert beziehungs­wei­se auch gegeben und dann gemeinsam mit der „Kronen Zeitung“ den Schwenk voll­zogen?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Also die eine Sache ist das, was die Beamten vorbereiten, und die zweite Sache ist eine Entscheidung des Ministers oder der Ministerin. Ich habe die Entscheidung getroffen, und daran haben sich die Beamten zu halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Letzte Zusatzfrage hiezu: Herr Bundesrat Professor Ko­necny, bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Bundesminister! Es hat nach dem faktischen Scheitern des Statuts Überlegungen gegeben, die Bezüge- und die Spesenregelungen zu entkoppeln, also einen Teilvorstoß im Parlament auf der Ebene der Spesenregelungen zu unternehmen. Wie sehen Sie diese Überlegungen?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich kann nur allgemein sagen, dass es gut ist, dass grundsätzlich jetzt eine Spesen­regelung eintritt. (Bundesrat Konecny: Was heißt „eintritt“?) Andererseits war ein Ge­samtstatut notwendig, und aus diesem Grund konnte eine eigene Spesenregelung jetzt nicht eintreten, obwohl ich grundsätzlich diese Spesenregelung für eine gute Sache halte.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 5. Anfrage, 1301/M. Ich bitte die Frage­stellerin, Frau Bundesrätin Schicker, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Meine Frage lautet:

1301/M-BR/2004

„Warum ist Österreich noch nicht dem Nord-Süd-Zentrum beigetreten?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Das Nord-Süd-Zentrum des Europarates wurde ja mit dem Ziel gegründet, dem Euro­parat auch eine Nord-Süd-Dimension zu geben. Und hinter dem Ziel steht Österreich


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natürlich ganz klar. Aber bei der Frage des Beitritts zum Zentrum muss man natürlich wieder differenzieren. Wie immer achte ich darauf, dass die Mittel, die uns für die Ent­wicklungszusammenarbeit zur Verfügung stehen, möglichst in den Zielländern selbst ankommen. Und wenn es um Infrastrukturkosten für Einrichtungen geht, bin ich stets zurückhaltend.

Neben dem offensichtlichen europapolitischen Aspekt, der zweifellos vorhanden ist, muss daher auch die Frage nach der Kosten/Nutzen-Relation eines Beitritts zum Zen­trum gestellt werden. Laut Auskunft der Finanzabteilung des Europarates müsste Österreich derzeit rund 3,8 Prozent der Gesamtkosten tragen – das entspricht in etwa 44 000 € jährlich. Deshalb habe ich dem Generalsekretär des Europarates Dr. Walter Schwimmer gegenüber geantwortet: Wie so oft hängt manches am Geld und im konkreten Fall an den Mitgliedsbeiträgen. Ich muss mir also die Finanzierung hier sehr genau ansehen. Dann steht natürlich der Konkretisierung eines österreichischen Bei­tritts nichts im Wege, aber das müssen wir uns noch sehr genau anschauen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Frau Bundesministerin! Sie haben es ja selbst schon erwähnt: Nicht nur der Generalsekretär des Europarates, Herr Dr. Schwimmer, sondern auch der Präsident des Europarates, Herr Peter Schie­der, und selbst auch unser Bundespräsident Dr. Klestil haben sich für einen Beitritt ausgesprochen. Es ist unverständlich, warum Sie hier so zurückhaltend sind, denn diese Summen, die Sie jetzt genannt haben, sind ja wirklich nicht so überdimensional, dass wir Österreicher uns das nicht leisten könnten.

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Wie immer – ich habe eigentlich auch diese Frage mit der ersten Frage schon implizit beantwortet – ist es mir sehr wichtig, dass ich sehr sorgsam mit den Geldern, auch der Entwicklungszusammenarbeit, umgehe. Infrastrukturkosten muss man sich eben zwei­mal ansehen, während Projekte der Entwicklungszusammenarbeit, die direkt in den Ländern einen Effekt schaffen, selbstverständlich das sind, was wir eigentlich wollen. Aber Sie können versichert sein, wir werden hier eine genaue Prüfung durchführen, die noch nicht abgeschlossen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Tiefnig, bitte.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Wie allgemein bekannt, waren Ihnen die Nord-Süd-Beziehungen immer ein großes Anliegen. Das beweist auch der gute Kontakt zu Nelson Mandela und zu Mutter Theresa. Meine Frage lautet daher: Welche Erfolge gab es im Bereich der Entwick­lungs­zusammenarbeit?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Wir haben gestern einen Entwicklungszusammenarbeits-Unterausschuss gehabt, aber ich möchte ganz kurz die wesentlichen Dinge nochmals erwähnen: Unsere Ent­wick­lungszusammenarbeit wird besser organisiert, ist kohärenter, und das Projekt-Budget 2004 wird substantiell höher dotiert.

Wir haben konkret erreicht:

Erstens: das Entwicklungszusammenarbeitsgesetz 2002. 15 Jahre lang wurde es dis­kutiert – ich habe nicht einmal ein Jahr gebraucht, um es auszuverhandeln und um­zusetzen. Wir haben hier neue Maßstäbe gesetzt. Die wichtigsten Ziele sind auch die Ziele, die mit dem Millenniumsziel der Vereinten Nationen vereinbar sind. Das sind


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Armutsbekämpfung, Friedenssicherung, Umweltschutz. Die Kohärenzklausel verlangt, dass diese Ziele jetzt auch bei allen von in Österreich verfolgten Bundespolitiken, die die Entwicklungsländer betreffen, berücksichtigt werden. Hier haben wir eine Koordi­nationsfunktion.

Zweitens: die Entwicklungszusammenarbeits-Finanzierung. Seit Bundeskanzler Kreis­ky wurde von 0,7 Prozent geredet. Ich habe durchgesetzt, dass es jetzt ein Regie­rungsprogramm gibt, wo eine konkrete Erhöhung vorgesehen ist, nämlich 0,33 Prozent bis 2006, ein Budgetprogramm der Bundesregierung, das diese Pläne niederschreibt, und einen ersten Schritt zu dieser Erhöhung. (Beifall bei der ÖVP.)

Und drittens: Es gibt jetzt eine neue Durchführungsstruktur für die Entwicklungs­zusam­menarbeit, die so genannte ADA, Austrian Development Agency, die eine schlanke und effiziente Durchführungsstruktur für die EZA bringt und bessere Möglichkeiten für die Nicht-Regierungsorganisationen, Rückflüsse aus Brüssel zu erzielen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mag. Gudenus, bitte.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesminister! Ihr Ein­satz für die Ärmsten der Armen ist allgemein bekannt und hat sich in einer sehr er­freulichen Budgetentwicklung niedergeschlagen. Gab es schon einmal ein höheres Budget für bilaterale Projekte der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Noch nie wurden für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und Osthilfeprojekte mehr Mittel budgetiert als im Jahr 2004. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Letzte Zusatzfrage hiezu: Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Frau Ministerin! Das Nord-Süd-Zentrum war bis jetzt immer wichtig für die entwicklungspolitische Bildungs­arbeit. Ich möchte jetzt gerne wissen, ob diese entwicklungspolitische Bildungsarbeit ebenfalls von der ADA übernommen wird.

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Grundsätzlich ist es vorgesehen, dass auch die europäische und entwicklungs­politi­sche Bildungsarbeit selbstverständlich von der ADA übernommen wird. Das ist ja einer der Punkte im Gesamtkonzept der ADA, die auch gestern im Entwicklungs­zusam­men­arbeits-Unterausschuss vorgestellt wurden.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1299/M. Ich bitte den An­fragesteller, Herrn Bundesrat Schennach, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1299/M-BR/2004

„Von welchen Firmen oder Institutionen sollen die nun zusätzlich privat aufgebrachten Mittel für die ADA (Austrian Development Agency) fließen?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 



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Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Bei der Gesetzesbestimmung, die Finanzierung durch Dritte zulässt, handelt es sich um eine Generalklausel, die sich übrigens ähnlich auch in anderen Ausgliederungs­ge­setzen wieder findet, zum Beispiel § 11 des Bundesumweltamt-Gesetzes. Der Zweck der Bestimmung ist völlig eindeutig. Wenn von Entgelten für Leistungen an Bund oder an Dritte gesprochen wird, dann meinen wir mit „Dritten“ beispielsweise die Euro­päische Union, denn das ist ja einer der wichtigen Zwecke für die Ausgliederung ge­wesen.

Die Generalklausel „sonstige öffentliche Leistungen“ oder „private Zuwendungen“ oder „sonstige Einnahmen“ hat einfach den Zweck, niemanden auszuschließen. Wir wollen auch vermeiden, alle potentiellen künftigen Finanzquellen aufzuzählen; das können wir auch noch gar nicht.

Die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit bekommt zum Beispiel Gelder von priva­ten Stiftungen, und wir glauben, dass wir diese Möglichkeit grundsätzlich nicht aus­schließen sollten. Jedenfalls wird ein transparentes Finanzmanagement von der ADA vorgesehen, so wie das auch das Gesetz über die GesmbH vorschreibt.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Nachdem ich zehn Jahre in der Ent­wicklungszusammenarbeit tätig war, hat mich diese Formulierung etwas mit Sorge erfüllt. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sagen: private Institutionen. Das heißt, Sie sind der Meinung, dass Firmen zwecks Geschäftsanbahnungen nicht eine Vorab­spen­de an die ADA leisten sollten?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich habe keineswegs jetzt hier Firmen angesprochen, sondern ganz bewusst Stiftun­gen erwähnt, aber wir müssen hier auf der einen Seite offen sein, denn wir wollen ja mehr Entwicklungszusammenarbeit, aber selbstverständlich wollen wir finanziell totale Transparenz. Ich will alles andere, als dass hier womöglich irgendeine Korruption er­möglicht werden könnte. Es gibt ja auch eine Prüfung von unabhängigen Wirtschafts­prüfern, vom Rechnungshof und vom Finanzministerium, aber auch von anderen Minis­terien, die im Aufsichtsrat sind. Also ich glaube, da kann man beruhigt sein. – Danke.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Dr. Hlavac, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Frau Bundesministerin! Sie haben die notwendige Transparenz bereits angesprochen. Ich glaube, dass das wirklich eine sehr wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist. Sie haben aber nichts gesagt über eine parlamentarische Kontrolle, und wenn ich „parlamentarische Kontrolle“ sage, mei­ne ich nicht nur den Nationalrat und seinen Unterausschuss, sondern auch den Bun­desrat. In welcher Weise wird der Bundesrat die Möglichkeit haben, diese Geldflüsse zu kontrollieren?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich kann nur sagen, dass das Budget natürlich vom gesamten Nationalrat zu be­schließen ist und dass natürlich auch das Entwicklungszusammenarbeits-Drei-Jahres-Programm vorgelegt wird. Das ist dann eine Frage des Parlamentes, aber auf jeden Fall ist die Transparenz sehr wohl gegeben. (Bundesrätin Dr. Hlavac: Sie haben die Frage nicht beantwortet!)

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächste Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Saller, bitte.

 



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Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Frau Bundesministerin! Noch nie ist eine Ausgliederung so schnell und reibungslos über die Bühne gegangen, wie dies bei der ADA der Fall war. Nur ein halbes Jahr hat die Umsetzung gedauert. Wie wird die Arbeit der ADA von den Nicht-Regierungsorganisationen beurteilt?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich darf sagen, dass zum Beispiel die Leiterin von „Horizont 3000“, einer der größten Entwicklungsorganisationen Österreichs, vor einiger Zeit in einem Interview gesagt hat: Nun gibt es endlich klare Strukturen, die Entscheidungen sind weitgehend nachvoll­zieh­bar, und sie erwartet ein sehr transparentes Arbeiten in der ADA.

Und gestern im Entwicklungszusammenarbeits-Unterausschuss habe ich auch sehr positive Kommentare zum jetzigen Arbeiten dieser neuen ADA gehört, die ja erst sechs Wochen alt ist.

 


Präsident Jürgen Weiss: Die letzte Zusatzfrage hiezu: Herr Bundesrat Ing. Klamt, bitte.

 


Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! In einer SPÖ-Presseaussendung vom 2. Juli 2003 ist im Hinblick auf die ADA von schwarz-blauem Postenschacher die Rede. Das war eine wahrhaft „visionä­re“, eine aus meiner Sicht wirklich überzogene Feststellung, denn zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine einzige ADA-Personalentscheidung. Wie wird eigentlich von Seiten der Nicht-Regierungsorganisationen die Personalauswahl bei der ADA beurteilt?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Auch dazu gibt es bereits Aussagen von NGOs, die die Personalauswahl als sehr kompetent ansprechen. Auch gestern wurde gesagt, dass hier grundsätzlich sehr gut gearbeitet wurde, denn es sind ja erfahrene Experten aus dem NGO-Bereich, die hier Seite an Seite mit ehemaligen Mitarbeitern des Außenministeriums arbeiten. Ich glaube, dieser überzeugende Mix wird von den NGOs auch ganz ausdrücklich aner­kannt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 7. Anfrage, 1297/M. Ich bitte den Anfra­gesteller, Herrn Professor Hösele, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Hoch geschätzte Frau Bundesminis­terin! Würden Sie uns bitte über folgende Frage Auskunft geben:

1297/M-BR/2004

„Wie wird es mit der Regierungskonferenz weitergehen?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Es herrscht natürlich Enttäuschung nach dem Europäischen Rat von Brüssel, aber es ist sicher kein endgültiges Scheitern. Ich glaube, besser später gute Ergebnisse als zu einem frühen Zeitpunkt hinkende Kompromisse. Ich freue mich sehr, dass die irische Präsidentschaft die Fäden engagiert wieder in die Hand genommen hat und aktiv bilaterale Gespräche mit den einzelnen Mitgliedstaaten sucht.

Wir hatten am 22. Jänner den irischen Europaminister Roche in Wien, der uns dazu informierte, und vor kurzem beim Rat „Allgemeine Angelegenheiten“, den ich vorhin zitiert habe, auch eine Aussprache zu Mittag mit den Ministern, wo klar wurde, dass


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allgemein das Bestreben vorhanden ist, hier zu einer gemeinsamen Lösung zu kom­men. Allerdings muss ich sagen, es wird wahrscheinlich mindestens bis Mai dauern, bis das möglich ist. Es sind einige Wahlen zu schlagen. Es sind Wahlen in Spanien, jetzt im März, es sind aber auch bestimmte Wahlen in Frankreich. Ich glaube, erst dann wird ein neuer Anlauf möglich sein.

Beim nächsten Europäischen Rat wird jedenfalls die Präsidentschaft einen eigenen Bericht abliefern und uns informieren, wie das Ergebnis der Sondierungen ist. Ziel sollte sein, die Verhandlungen jedenfalls vor dem Ende des Jahres 2004 und im aller­optimistischsten Falle vor den europäischen Parlamentswahlen einer Einigung zuzu­führen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Österreich hat sich meinen Informa­tionen zufolge in der Regierungskonferenz sehr für den Rechtsschutz eingesetzt. Konnte Österreich in der Regierungskonferenz hier weitere Verbesserungen im Zu­sam­menhang mit dem Verfassungsentwurf erzielen?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich möchte sagen, durchaus, denn zum Beispiel wird die Grundrechtscharta in den Verfas­sungsvertrag integriert – das ist ein Wunsch von uns seit vielen Jahren. Oder: Die Sonderbestimmungen zur Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes im Be­reich der dritten Säule entfallen jetzt. Weiters werden die Klagsmöglichkeiten Einzelner gegen Rechtsakte der Union erweitert – auch ein österreichisches Anliegen. Zu all dem haben wir ganz besonders engagiert beigetragen.

Allerdings haben wir im Konventsentwurf auch eine wesentliche Lücke beim Rechts­schutz festgestellt. Wir haben bei der Regierungskonferenz von Anfang an darauf beharrt, dass die mangelnde Anfechtbarkeit bindender Beschlüsse des Europäischen Rates – das war nämlich ursprünglich gegeben – behoben werden muss. Und hier, meine ich, können wir stolz sein, dem Rechtsschutz wieder um einiges weitergeholfen zu haben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mag. Gudenus, bitte.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesminister! Warum wurde das durch die Osterweiterung neu zu gestaltende EU-Budget nicht vor der Entscheidung über die Erweiterung der EU vorgelegt?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Die derzeitige finanzielle Vorausschau ist im März 1999 durch den Euro­päischen Rat von Berlin für die Periode bis 2006 beschlossen worden. Damit wurde bereits angenommen, dass im Jahr 2002 sechs Staaten neu beitreten werden. Man kann also sagen, bereits in Berlin wurde die erste Vorausschau beschlossen, in der die Kosten der Erweiterung enthalten sind.

Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen hat sich dann gezeigt, dass sich die vom Eu­ropäischen Rat von Berlin eingeplanten und durch die Erweiterung bedingten Zusatz­ausgaben der EU durchaus als realistisch erweisen. Die Bundesregierung hat daher mit Recht im Rahmen der Ratifizierung des Beitrittsvertrages darauf hingewiesen, dass die Finanzierung für die Erweiterung für die Periode 2004 bis einschließlich 2006 gesichert ist.


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Es war in den letzten Jahren üblich, siebenjährige finanzielle Vorausschauen zu leisten. Von dieser Praxis ist man hier nicht abgegangen. Daher wurde nun routine­mäßig auch ein neuer Vorschlag vorgelegt. Dass die finanziellen Vorstellungen der Kommission ziemlich hoch sind, das ist nicht neu, das kennen wir auch aus der Ver­gangenheit, aber wir werden eben in den nächsten 18 Monaten darüber intensiv spre­chen müssen. Daher würde ich sagen: business as usual.

 


Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Frau Bundesministerin! Ist nach dem Schei­tern der Regierungskonferenz der Konventsentwurf nicht doch die bessere Grundlage für eine gesamteuropäische Verfassung?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Wie wir beim Europäischen Rat in Brüssel, aber auch in Neapel beim Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ gesehen haben, ist es so, dass sehr viele Artikel, die wir verhandelt haben, eigentlich von allen als positiv gesehen werden. Daher ist es für uns vorrangig, sozusagen einen Besitzstand zu wahren, und wir werden darauf Wert legen. Das war auch der Tenor, würde ich sagen, vieler Wortmeldungen dieser letzten Sitzung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“, von dem ich gesprochen habe, wo die Iren erst­mals eine offene Diskussion durchgeführt haben. Gerade für uns Österreicher wäre das wichtig – ich denke nur an die vielen positiven Regeln, die wir hier durchbringen konnten, zum Beispiel, um nur eines anzusprechen, die Daseinsvorsorge.

 


Präsident Jürgen Weiss: Letzte Zusatzfrage: Herr Bundesrat Professor Konecny, bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Nach dem vorläufigen Scheitern der Regierungskonferenz sind die öffentlichen Stimmen lauter geworden, die eine Aufspal­tung der EU gefordert beziehungsweise gewarnt haben vor einem Zerfall der Union in eine Kerngruppe und ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, Herr Kollege, ich kann sprechen, ich muss nicht vorlesen, ich kann das! – Das ist sicherlich eine bedenkliche Entwicklung aus meiner Sicht, auch wenn ich Haltungen verstehe, die sagen, wenn, dann ist es sicherlich nicht unsere Rolle, am Rand zu stehen. Inzwischen sind einige Monate vergangen. Wie schätzen Sie die Entwicklung in diesem sehr heiklen Feld auf Grund Ihrer Erfahrungen ein?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Bundesrat! Ich habe es vorhin schon angedeutet, aber ich sage es gerne noch einmal: Für mich ist sehr wichtig, dass wir gerade in dem Moment, in dem Europa sich wirklich erweitert, indem wir am 1. Mai die zehn neuen Mitgliedstaaten dazube­kom­men, gemeinsam mit einer gemeinsamen Verfassung vorgehen, was im Übrigen auch für uns wichtig wäre. Wir haben ein gutes halbes Jahr in einer Regierungs­konferenz vieles verhandelt, was für Österreich wichtig ist. Es wäre wirklich schade, wenn das scheitern würde, und ich hege doch Hoffnung, dass es uns zumindest inner­halb dieses Jahres gelingen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 8. Anfrage, 1302/M. Ich bitte den Frage­steller, Herrn Bundesrat Karl Boden, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Meine Frage lautet:


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1302/M-BR/2004

„Frau Außenministerin, weshalb haben Sie heuer nicht an dem von Ihrem Ressort organisierten Schitag für die in Wien akkreditierten Botschafter teilgenommen?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Der Diplomaten-Schitag ist eine Einladung des Außenministeriums, das ist ein gesell­schaftliches Ereignis, das wir den Botschaftern und den Ehegatten anbieten. Mein Ministerium war hochrangig durch meinen Vertreter, nämlich durch den General­sek­retär Botschafter Dr. Hans Kyrle, vertreten. Damit wurde auch die Wahrnehmung der Kontakte, die notwendig sind zwischen den ausländischen Diplomaten und den Beam­ten meines Hauses, bestens erfüllt.

 


Präsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Stimmen die Medienberichte, wo­nach Ihr Ehemann bei diesem Schitag eine Rede gehalten hat? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte dies?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Offi­ziell hat mich selbstverständlich der Generalsekretär vertreten. Aber es ist richtig, dass mein Mann dabei war, und er hat mich, wie sich das gehört bei einer gesell­schaft­lichen Veranstaltung, wenn man höflich ist, entschuldigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Fröhlich, bitte.

 


Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Ministerin! Es ist Ih­nen durch intensive diplomatische Kontakte gelungen, den Erhalt des UN-Sitzes in Wien zu sichern. So konnte beispielsweise die UNIDO in Wien erhalten werden. Was bringen uns die internationalen Organisationen in Wien in wirtschaftlicher Hinsicht? (Bundesrat Konecny: Zusatzfrage! Zusatzfrage!)

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich glaube, ich verstehe, wie Sie das meinen: Die internationalen Kontakte sind selbst­verständlich wichtig, um auch den UN-Sitz zu erhalten, und ich kann sagen, sowohl die Internationale Atomenergieorganisation als auch die CTBTO, als auch die UNIDO, als auch die OPEC und die OSZE tragen natürlich wirtschaftlich sehr zum Standort Wien bei. Wir haben einmal Analysen angestellt: Es gibt eine direkte und eine indirekte Nach­frage nach Gütern und Dienstleistungen im Ausmaß von – und das ist wirklich viel – 800 Millionen € sowie ein Steueraufkommen von jährlich 52 Millionen €. Dazu kommen noch Sozialversicherungsbeiträge im Ausmaß von 7,6 Millionen €. Das heißt, insgesamt kann man von einer Wertschöpfung von zirka 529 Millionen € für den Groß­raum Wien ausgehen, das heißt von 1 Prozent der Wertschöpfung für die gesamte Region. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage – die aber schon in einem inhalt­lichen Zusammenhang mit der Hauptfrage stehen sollte – stellt Herr Bundesrat Weil­harter. – Bitte.

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Vorrednerin hat den wirtschaftlichen Aspekt dieser Organisa-


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tionen angesprochen. Ich frage Sie aber trotzdem: Was bringen diese Organisationen für Wien im Hinblick auf den Beschäftigungseffekt?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Soviel wir laut den Analysen wissen, sind es über 10 000 direkt oder indirekt geschaf­fene Arbeitsplätze, die mit den internationalen Organisationen verbunden sind. (Bun­des­rat Konecny: Deshalb hat ja die ÖVP ein Volksbegehren dagegen gemacht!)

 


Präsident Jürgen Weiss: Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wenigstens die nächste Zusatzfrage in einem sachlichen Zusammenhang mit der Hauptfrage steht. (Heiterkeit.) – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Für mich ist die Nichtteilnahme an einem Schitag nicht unbedingt ein Gegenstand des Interpellationsrechtes, aber eine Frage habe ich doch, die mich sehr betrübt: Die ADA ist doch eines Ihrer wichtigen „Kinder“. Warum haben Sie an der feierlichen Präsentation, praktisch an der „Taufe“ der ADA nicht teilgenommen?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Die ADA ist natürlich ein wichtiges „Kind“ von mir, aber ich habe eben sehr viele Ver­pflichtungen, und leider ist es mir auf Grund meiner Verpflichtungen nicht ausge­gan­gen, daran teilzunehmen. Aber ich stehe voll dahinter, und ich werde alles tun, damit die ADA wirklich floriert und damit dieses Kind auch laufen lernt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 9. Anfrage, 1298/M. Ich bitte den Anfra­gesteller, Herrn Bundesrat Bieringer, um die Formulierung der Frage.

 


Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1298/M-BR/2004

Wie hat sich die regionale Partnerschaft in jüngster Zeit entwickelt?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Die von mir vor beinahe jetzt schon drei Jahren initiierte regionale Partnerschaft darf heute schon als ein echter Erfolg betrachtet werden. Das Konzept wird immer mehr von den Partnern nicht nur akzeptiert, sondern auch angewendet. Sie erinnern sich, ich habe immer von zwei Phasen gesprochen: der ersten Phase, der Phase während der Verhandlungen, wo ich wusste, dass wir langsam erst diese intensivierte Nachbar­schaft aufbauen können, und der zweiten Phase, der Phase der gemeinsamen De­finition von Interessen.

Ich darf sagen, dass zum Beispiel in meinem Bereich Außenpolitik die regionale Part­nerschaft eine ganz wichtige Rolle spielt und schon gespielt hat im Rahmen der euro­päischen Verfassung und der Verhandlungen. Aber auch die anderen Minister haben auf meine Bitte hin diese Partnerschaft aufgegriffen – ich denke da etwa an die Sicher­heitspartnerschaft, an die Wirtschaftspartnerschaft oder aber auch an die Partnerschaft zum Beispiel im Kulturbereich, was wir „culture for enlargement“ nennen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 



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Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Bundesministerin! Wer sich Freun­de dann sucht, wenn es brenzlig wird, kommt meistens zu spät. Ich danke Ihnen daher sehr herzlich für Ihre vorausschauende Initiative der regionalen Partnerschaft.

Ich darf Sie fragen: Welche Rolle spielt die regionale Partnerschaft bei der EU-Regie­rungs­konferenz?

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Frau Minister.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich habe das schon anzudeuten begonnen. Ich möchte sagen, wir haben uns beim vierten Außenministertreffen der regionalen Partnerschaft im vergangenen Juli in Buchlovice darauf geeinigt, in Prag eine erste Abstimmung unter den gleich gesinnten Staaten, unter den like-minded Staaten herzustellen. Das war sehr wesentlich, um dann ähnliche oder gemeinsame Positionen in der Regierungskonferenz zu vertreten. Ich halte das in einer größer werdenden Europäischen Union für sehr wichtig, denn es gibt immer mehr Gruppierungen. Deshalb, glaube ich, ist es wichtig, dass auch wir gemeinsam Interessen vertreten, die uns allen wesentlich sind.

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Hagen, bitte.

 


Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Österreich ist wie viele andere europäische Staaten vom Schlepperunwesen stark betroffen. Genau in diesem Bereich ist die internationale Zusammenarbeit beson­ders wichtig.

Meine Frage: Welchen Erfolg brachte die regionale Partnerschaft im Bereich der inne­ren Sicherheit?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Auch vorhin habe ich schon erwähnt, dass der Innenminister diese Sicherheits­part­nerschaft aufgegriffen hat, und ich kann sagen, das so genannte Salzburger Forum, das jetzt sogar alljährlich im Sommer vom Innenminister mit den Partnerländern durch­geführt wird, hat einen sehr weit reichenden Koordinationsmechanismus beziehungs­weise umfasst Punkte, die dann auch auf der EU-Agenda beschlossen werden. Und da gehören natürlich diese Fragen der Kriminalität, die Sie angesprochen haben, und die Bekämpfung dieser Probleme ganz besonders dazu – ich denke dabei etwa an illegale Grenzübertritte, importierte Kriminalität oder Schmuggel.

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Kollegin Kerschbaum stellt die nächste Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte gerne wissen, ob Ihrer Meinung nach die Zukunft der österreichi­schen Außenpolitik in einer eigenständigen Außenpolitik der Länder liegt und ob Sie künftig immer wieder Landeshauptmänner wie unseren Landeshauptmann Pröll bei Ih­ren Reisen mitnehmen möchten?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Absolut, ich habe überhaupt nichts dagegen. Ich glaube, es ist wichtig, gerade was die Grenzregionen betrifft. Wir müssen ja die Grenzregionen öffnen, und wir müssen eine möglichst gute Zusammenarbeit bis hinunter zu den Bürgermeistern – das heißt selbst­verständlich auch mit den Landeshauptleuten – zwischen Tschechien, der Slowakei und auf der anderen Seite Oberösterreich, Niederösterreich, Burgenland und natürlich auch Kärnten, Steiermark und Slowenien und in der Zukunft auch Kroatien durch­führen. Ich halte daher alle diese Projekte für sehr positiv, und wo immer ich sie unter-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 32

stützen kann, werde ich das tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Letzte Zusatzfrage: Herr Professor Konecny, bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Bundesminister! Sie haben be­richtet, dass im Rahmen der regionalen Partnerschaft die Teilnehmerstaaten ihre Hal­tung im Rahmen der Regierungskonferenz abgesprochen haben. Heißt das, dass die nicht außerordentlich konstruktive Haltung Polens mit Ihnen abgesprochen war?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Das heißt nicht, dass wir in jedem einzelnen Punkt, Herr Abgeordneter Konecny, ganz genaue Übereinstimmungen hatten, aber wir haben selbstverständlich miteinander diskutiert. Sie kennen die österreichische Haltung dazu, die eine ganz andere als die polnische ist; ich muss sie Ihnen noch einmal darlegen – ich sage sie Ihnen gerne –: Wir sind einerseits durchaus bereit, mit Nizza zu leben, wir sind aber andererseits genauso bereit, die doppelte Mehrheit anzuerkennen. Wir wissen auch, dass hinter den Kulissen viele Verhandlungen laufen, wo es um die Frage geht, wie die Stimm­ge­wichtung erfolgt, bei der es auf der einen Seite um die Staaten und auf der anderen Seite um die Bevölkerungen geht.

Das heißt also nicht, dass in jedem Fall jede Position genau abgestimmt wäre. Das habe ich auch nicht gesagt, sondern ich habe gesagt, dass wir uns selbstverständlich konzertiert haben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur letzten Anfrage, Anfrage 1303/M-BR/2004. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Kaltenbacher, um die Formulie­rung der Frage.

 


Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1303/M-BR/2004

„Auf welchem politischen Beschluss beruht Ihre Aussage beim Rat Allgemeine Ange­legenheiten am 26. und 27. Jänner 2004, Österreich erwarte, dass bei der Beurteilung der Fortschritte Kroatiens eine ,gewisse Flexibilität‘ an den Tag gelegt werde?“

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Mit meinen Ausführungen beim Rat Allgemeine Angelegenheiten am 26. Jänner habe ich mich vor allem an die Europäische Kommission gewandt, die ja derzeit den Avis zu dem im Februar letzten Jahres eingebrachten EU-Beitrittsantrag Kroatiens ausarbeitet. Die Vorlage des Avis ist im Laufe dieses Frühjahrs zu erwarten. Im Avis werden vor allem der Stand der Erfüllung der politischen Kriterien von Kopenhagen und ein ge­wisses kritisches Maß der wirtschaftlichen Kriterien beurteilt.

Nun, vom Inhalt des Avis wird maßgeblich das weitere Beitrittsverfahren abhängen. Der Europäische Rat trifft dann die Entscheidung über die Aufnahme von Beitritts­verhandlungen sowie die Zuerkennung des Status „Beitrittskandidat“.

Mit dem Begriff „gewisse Flexibilität“ wollte ich insbesondere auf die Notwendigkeit hin­weisen, das Beitrittsverfahren mit Kroatien in terminlicher Hinsicht flexibel zu hand­haben. Sie wissen ja, dass für Rumänien und Bulgarien grundsätzlich 2007 als Bei­tritts­datum in Aussicht genommen ist. Ich glaube, dass Kroatien, wenn nur irgend


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 33

möglich, zu dieser Gruppe aufschließen sollte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­räten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mag. Himmer, bitte.

 


Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es ist ja nicht nur Österreich, sondern es sind auch immer wieder österreichische Persön­lichkeiten, die eine wichtige Rolle in Südosteuropa spielen. Wie sehen Sie die Rolle von Erhard Busek als Koordinator des Stabilitätspaktes?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Der Stabilitätspakt für Südosteuropa ist, wie Sie sich erinnern werden, im Juni 1999 als eine Initiative der Europäischen Union ins Leben gerufen worden, um vor allem dieser krisengeschüttelten Region eine langfristige, eine Konflikt vermeidende Strategie zu geben. Zu Jahresbeginn 2002 hat dann Erhard Busek das Amt des Sonderkoordinators übernommen. Ich bin stolz darauf, dass es mir gelungen ist, in der damals noch sehr schwierigen außenpolitischen Lage Österreichs, Ende 2001, der Kandidatur Erhard Buseks innerhalb der EU zum Erfolg zu verhelfen, sie zum Erfolg zu führen und damit auch einen Österreicher in solch eine Spitzenposition zu bringen.

Ich sage, Erhard Busek hat in den zwei Jahren seit seiner Bestellung den Sta­bilitätspakt nicht nur zu einem unumstrittenen, überaus erfolgreichen Instrument der regionalen Zusammenarbeit gemacht, sondern er hat eine Vielzahl konkreter Ergebnis­se vorzuweisen – und wir unterstützen diesen Stabilitätspakt natürlich nach Kräften! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mag. Gudenus, bitte.

 


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesminister! Wie weit wurden durch Kroatien Ihres Wissens die im Zusammenhang mit den AVNOJ-Be­stimmungen stehenden Entschädigungsgesetze umgesetzt?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Minister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Nun, wer als österreichischer Staatsbürger enteignet worden ist, der erhielt ja bereits Entschädigungen – oder wäre berechtigt gewesen, diese zu beantragen. Aber für all jene, die zum Zeitpunkt der Enteignung nicht Österreicher waren, wurde das kroati­sche Entschädigungsgesetz aus dem Jahre 1996 im Sommer 2002 novelliert. Damit sind nun grundsätzlich auch diese Österreicher restitutionsberechtigt.

Aber vor einer effektiven Antragsberechtigung ist ein entsprechendes bilaterales Ab­kom­men abzuschließen. Dazu wurden bereits zwei österreichisch-kroatische Ge­sprächs­runden abgehalten, und eine weitere ist noch im Frühjahr geplant.

Da die Gleichstellung österreichischer Staatsbürger mit den kroatischen bereits ver­einbart ist und auch Kroatien einen baldigen Abkommensabschluss anstrebt, gehe ich davon aus, dass dieses Abkommen im Laufe des heurigen Jahres abgeschlossen werden kann. Und ich stehe natürlich in diesen Fragen mit dem kroatischen Amtskol­legen, aber auch mit der Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft in laufendem Kon­takt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Gudenus: Bravo!)

 


Präsident Jürgen Weiss: Die allerletzte Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 34

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Ich werde mich bemühen, mich auch an der Hauptfrage zu orientieren. – Sehr geehrte Frau Außenministerin! Zweifels­ohne – ich glaube, da sind wir ja alle einer Meinung – ist ein weiteres Enlargement in Richtung Süd- und Südosteuropa eine der entscheidenden Fragen für die Europäische Union, auch was ihre künftige Erweiterungspolitik betrifft.

Glauben Sie, dass es zielführend ist, wenn wir die verbliebenen Staaten des früheren Jugoslawien mit ungleichen Geschwindigkeiten einer solchen Erweiterungspolitik zuführen? Bekommen dadurch nicht radikale Kräfte Oberwasser, nämlich von jenen Teilen, die später oder derzeit überhaupt nicht dabei sind?

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Es haben ja alle Staaten Südosteuropas eine europäische Perspektive bekommen. Für diese europäische Perspektive muss jedes Land ein Stabilisierungs- und Assoziie­rungsabkommen abschließen und natürlich auch umsetzen. Insofern hat grundsätzlich jeder Staat von Südosteuropa die Möglichkeit, in Richtung Europa zu gehen.

Aber man muss schon sagen, dass natürlich, gerade was die Wirtschaft anbelangt, Kroatien sehr viel weiter ist als manche andere Länder. Es hängt auch an den Kri­te­rien: Es sind die Kopenhagener Kriterien für alle in gleicher Weise einzuhalten. Das muss die Kommission mit ihren Fortschrittsberichten überprüfen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Die Fragestunde ist hiemit beendet.

Einlauf

 


Präsident Jürgen Weiss: Hinsichtlich der eingelangten, entsprechend vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 1946/AB bis 1961/AB beziehungsweise jenes eingelangten Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt, sowie der Schreiben des Bundes­kanzlers betreffend Nominierungen gemäß Artikel 23c Abs. 4 B-VG verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 unserer Geschäfts­ordnung, die dem Stenographischen Protokoll der Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Bundesrat

Liste der Anfragebeantwortungen

1946/AB-BR/2004, Dr. Dieter Böhmdorfer, 2123/J-BR/2003, Aktualität der Wohnsitz­angabe im Grundbuch

1947/AB-BR/2004, Maria Rauch-Kallat, 2124/J-BR/2003, Verbesserungen bei den Unter­suchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes

1948/AB-BR/2004, Hubert Gorbach, 2122/J-BR/2003, Maßnahmen gegen den zuneh­menden Flugverkehr über Vorarlberg

1949/AB-BR/2004, Günther Platter, 2125/J-BR/2003, Abfangjäger bzw. Jagdbomber

1950/AB-BR/2004, Dr. Benita Ferrero-Waldner, 2127/J-BR/2003, exorbitante Ver­schwendung von Steuergeldern für die Bewerbung der Außenministerin

1951/AB-BR/2004, Dr. Wolfgang Schüssel, 2126/J-BR/2003, Steuergeldverschwen­dung für persönliche Fotografen von Mitgliedern der Bundesregierung

1952/AB-BR/2004, Hubert Gorbach, 2130/J-BR/2003, Österreichisches Radwegenetz


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 35

1953/AB-BR/2004, Maria Rauch-Kallat, 2132/J-BR/2003, Aufwertung der Gesund­heits­vorsorge an Schulen und der Schulärzte

1954/AB-BR/2004, Dr. Benita Ferrero-Waldner, 2131/J-BR/2003, Verankerung des Tourismus im Aufgabenkatalog der EU

1955/AB-BR/2004, Elisabeth Gehrer, 2133/J-BR/2003, Aufwertung der Gesundheits­vorsorge an Schulen und der Schulärzte

1956/AB-BR/2004, Dr. Martin Bartenstein, 2129/J-BR/2003, Fördergelder des Arbeits­markt­service (AMS)

1957/AB-BR/2004, Hubert Gorbach, 2139/J-BR/2004, Neugestaltung der Wege­kos­tenrichtlinie

1958/AB-BR/2004, Dr. Ernst Strasser, 2135/J-BR/2003, Masernepidemie im Flüch­tlings­lager Traiskirchen

1959/AB-BR/2004, Hubert Gorbach, 2137/J-BR/2004, Eisenbahntunnel durch den Pfänder

1960/AB-BR/2004, Dr. Ernst Strasser, 2138/J-BR/2004, Personalsituation bei der Vorarlberger Gendarmerie

1961/AB-BR/2004, Maria Rauch-Kallat, 2134/J-BR/2003, Masernepidemie im Flüchtlingslager Traiskirchen

*****

Beschluss des Nationalrates,

der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG

nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2002 (III-44 und 332/NR der Beilagen)

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes

betreffend Nominierungen

gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG

Anlage 1

Anlage 2

*****

Dr. Wolfgang Schüssel

Bundeskanzler

 

An den

Präsidenten des Bundesrates


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 36

Herrn Hans AGER

Parlament

1017 Wien

Wien, am 18. Dezember 2003

GZ 405.013/019-IV/5/2003

Sehr geehrter Herr Präsident!

Nach dem Ausscheiden von Herrn Landesrat a.D. Komm.-Rat Josef FILL als stell­vertretendes Mitglied im Ausschuss der Regionen war für die verbleibende Amts­periode bis 2006 ein Nachfolger zu ernennen.

Gemäß Artikel 23c Absatz 5 B-VG kann ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung bei ihrer Sitzung vom 16. Dezember 2003 beschlossen hat, aufgrund eines gemäß Artikel 23c Absatz 4 B-VG erfolgten Vorschlags des Landeshauptmanns des Landes Oberösterreich, Herrn Landesrat Viktor SIGL als stellvertretendes Mitglied des Aus­schusses der Regionen zu nominieren.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Schüssel

Beilagen

*****

Dr. Wolfgang Schüssel

Bundeskanzler

 

An den

Präsidenten des Bundesrates

Herrn Jürgen WEISS

Parlament

1017 Wien

Wien, am 30. Januar 2004

GZ 405.013/002-IV/5/2004

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 23c Absatz 5 B-VG kann ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung bei ihrer Sitzung vom 27. Januar 2004 beschlossen hat, in Folge entsprechender ge­mäß Artikel 23c Absatz 4 B-VG erfolgter Vorschläge des Österreichischen Städte­bun­des und des Österreichischen Gemeindebundes, Herrn Vizepräsidenten Bgm. Bernd VÖGERLE als Mitglied sowie Herrn Bürgermeister Dipl.-Ing. Markus LINHART und Herrn Gemeinderat Mag. Andreas SCHIEDER als stellvertretende Mitglieder des Ausschusses der Regionen für die verbleibende Amtsperiode bis 2006 zu nominieren.

Die Nominierung der österreichischen Kandidaten für den Ausschuss der Regionen obliegt gemäß Artikel 23c Absatz 1 B-VG der Bundesregierung. Auf Grund der Ver­einbarung des Österreichischen Städtebundes mit dem Österreichischen Gemeinde­bund, die eine Änderung des Mehrheitsverhältnisses der Delegierten alle zwei Jahre


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 37

vorsieht, erfolgt jeweils zur Halbzeit der Mandatsperiode des Ausschusses der Re­gionen ein Wechsel in der Mandatsverteilung der Delegierten und Stellvertreter innerhalb der österreichischen Delegation. Für die zweite Halbzeit der Funktionspe­riode des Ausschusses der Regionen ab 2004 kommt dem Österreichischen Städte­bund das Nominierungsrecht für ein Mitglied und zwei Stellvertreter sowie dem Öster­reichischen Gemeindebund das Nominierungsrecht für zwei Mitglieder und einen Stellvertreter zu.

Die Geschäftsleitung des Österreichischen Städtebundes hat beschlossen, per am 13. Januar 2004 eingelangtem Schreiben gemäß Artikel 23c Absatz 4 B-VG, Herrn Bürgermeister Dipl.-Ing. Markus LINHART und Herrn Gemeinderat Mag. Andreas SCHIEDER für die Funktion als neue stellvertretende Mitglieder des Ausschusses der Regionen vorzuschlagen. Herr Bürgermeister Dr. Heinz SCHADEN soll weiterhin die Funktion eines Mitglieds des Ausschusses wahrnehmen. Frau Abg. z. NR Helga MACHNE als Mitglied und Herr Gemeinderat Ernst WOLLER als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses der Regionen scheiden aus.

Der Österreichische Gemeindebund hat per am 19. Januar 2004 eingelangtem Schreiben in Abstimmung mit dem Österreichischen Städtebund gemäß Artikel 23c Absatz 4 B-VG bekannt gegeben, keinen personellen Wechsel der durch ihn vorgeschlagenen Vertreter vorzusehen, jedoch einen der bisher nominierten Stell­vertreter als Delegierten vorzuschlagen. Demnach wird vorgeschlagen, das bisherige stellvertretende Mitglied des Ausschusses der Regionen, Herrn Vizepräsidenten Bgm. Bernd VÖGERLE, nunmehr als Mitglied zu nominieren. Herr Vizepräsident Bgm. a.D. Prof. Walter ZIMPER soll weiterhin die Funktion eines Mitglieds des Aus­schusses sowie Herr Präsident Bgm. Helmut MÖDLHAMMER soll weiterhin die Funktion eines stellvertretenden Mitglieds wahrnehmen.

Frau Abg. z. NR Helga MACHNE als Mitglied und Herr Gemeinderat Ernst WOLLER als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses der Regionen haben bereits ebenso schriftlich ihre Rücktritte erklärt wie der bisher als Stellvertreter Fungierende und nunmehr als Delegierter Nominierte, Herr Vizepräsidenten Bgm. Bernd VÖGERLE.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Schüssel

 

Beilagen

*****

Zuweisungen

 


Präsident Jürgen Weiss: Den eingelangten Kulturbericht 2002 der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur habe ich dem Kulturausschuss zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Eingelangt und von mir zugewiesen sind jene Beschlüsse des Nationalrates sowie jene Vorlagen der Bundesregierung beziehungsweise der Volksanwaltschaft, die Gegen­stand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen hierüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet. Ich habe diese Vorlagen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 38

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Jürgen Weiss: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsich­tige ich, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 5 und 6, 7 und 8, 13 bis 23 sowie 24 und 25 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Jürgen Weiss: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend neueste Entwicklungen in der so genannten „Causa Grasser“ an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Im Sinne der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sit­zung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwal­tungs­verfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden (252 d.B. und 382 d.B. sowie 6959/BR d.B. und 6961/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister (GWR-Ge­setz) geschaffen und das Vermessungsgesetz geändert wird (309/A und 383 d.B. sowie 6960/BR d.B. und 6962/BR d.B.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 1 und 2 ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schnee­burg. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf aus dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus berichten, der sich mit dem Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird, beschäftigt hat. Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat sich auch mit dem Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 39

desgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geschaffen und das Vermes­sungsgesetz geändert wird, beschäftigt.

Er stellt nach eingehender Beratung dieser Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Giefing das Wort.

 


10.16

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Grundsätzlich bin ich natürlich der Meinung, dass eine moderne öffentliche Verwaltung auch vor dem Einsatz moderner Kommunikationstechnologien nicht Halt machen darf. Für mich ergeben sich in diesem Zusammenhang jedoch einige Fragen: Welche Kosten hat hierfür in Zukunft der Bürger zu tragen? Was kostet es vor allem die Gemeinden? Was sind insbesondere die Einsparungseffekte im Bund?

Es mag richtig sein, dass dieses Gesetz den Kontakt zwischen Bürger und Staat verbessern kann. Einige Problemkreise gilt es jedoch besonders zu beachten: einerseits den Datenschutz und die Datensicherheit und andererseits den einfachen und gleichen Zugang für alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrem Le­bensraum – egal, ob sie auf dem Land oder in einer Stadt leben.

Die Gemeinden werden ab dem Jahr 2008 verpflichtet, das E-Government-Gesetz in ihrem Bereich zu vollziehen. Da müsste es, wie viele andere Male auch schon, heißen: Wer anschafft, zahlt! – Hier ist es aber wieder einmal so, dass derjenige, der anschafft, nicht zahlt.

Einsparungen für den Bürger kann ich in diesem Zusammenhang keine erkennen. Der Bürger zahlt für den Kartenleser 10 €, er zahlt 10 € für die Signatur, und er wird 70 € für die Karte zahlen – insgesamt also in etwa 90 €. Wenn er sich bei einer Abfrage dann 48 Cent erspart, heißt das, dass er einige hundert Abfragen machen muss, um den Einsatz von 90 € hereinzubringen. Also von Einsparung für den Bürger keine Spur!

Ich behaupte weiters, dass dieses Gesetz nicht verstanden wird. Es ist sehr kompli­ziert. Meiner Meinung nach genügt es nicht, ein Gesetz zu machen, sondern es muss auch akzeptiert werden. Es wurden von unabhängigen Professoren, welche dieses Gesetz geprüft haben, auch verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Es greift auch in die Länder- und Verwaltungsorganisation und somit auch in die Länderkompetenzen ein. Daher sind verfassungsrechtliche Bedenken gegeben, wenn diese Regelung in einem Bundesgesetz erfolgt und nicht in eine Verfassungsbestimmung aufgenommen wird.

Das Risiko der Zustellung wird von den Verwaltungsbehörden auf den Einzelnen abge­schoben. Weiters ist ungeklärt, wer in diesem Zusammenhang für die Beschwerden der Bürger verantwortlich sein soll. Ist dies derselbe Beamte oder dieselbe Beamtin, die für die Stammzahlenregisterbehörde zuständig ist und die dann gleichzeitig eine eventuelle Beschwerde erledigt?

Ich habe auch ein Problem mit dem Datenschutz. Ich gehe davon aus, dass sich alte Menschen Dritter bedienen müssen. Wir haben gehört, dass Gemeinden angewiesen sind, Einrichtungen zu installieren, damit die Menschen dorthin gehen können. Dass man dabei Dritte ins Vertrauen ziehen muss und so die eigenen Daten preisgeben muss, hat man anscheinend hierbei nicht bedacht. Oder wollte man das?


Bundesrat
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Die Verknüpfung von Bankomatkarten- und Bürgerkartenfunktion ist für uns ein echtes Problem. Der Wirtschaft wird es ermöglicht, Bürger zu zwingen, alle Daten mit nach­gewiesener Richtigkeit offen zu legen. Hat der Bürger umgekehrt die Chance, auch alle Daten des Unternehmens, mit dem er ein Rechtsgeschäft abwickelt, zu kontrollieren? Wissen wir auch, dass bei Rechtsgeschäften der Hauptwohnsitz preisgegeben werden soll? – Das hat, wie wir wissen, bisher anders stattgefunden.

Hier wird der Weg zum gläsernen Menschen in den Vordergrund gestellt. Warum sind zum Beispiel Einwendungen des Landes Salzburg, des Landes Oberösterreich und weiterer Bundesländer nicht in das Gesetz eingeflossen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns geht es einerseits um Datensicherheit, aber andererseits auch um den Zugang. Es darf nicht zu einem „Digital Divide“ kom­men. Es geht darum, dass es leicht und einfach für den Bürger ist.

Dieses Gesetz entspricht diesen Anforderungen nicht! Wir können daher dieses Gesetz in der vorliegenden Form nicht befürworten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desrätin Konrad.)

10.21

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Hösele. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.21

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei allen Dingen, die Fortschritt bedeuten, gibt es immer zwei Betrachtungsweisen. Die eine Betrachtungs­weise ist die ängstlich abwehrende, die andere ist die in die Zukunft gerichtete. Ich bin bar jeder Fortschrittseuphorie, denn man muss alle Aspekte berücksichtigen, und inso­fern ist es auch gut, wenn es kritische Bemerkungen gibt und die Entwicklungen von einer kritischen Haltung begleitet werden, weil das auch eine gewisse Dialektik des Fort­schritts ausmacht.

Nur: Wenn ich sozusagen vor lauter Problemen nicht die Möglichkeit sehe, wie ich besser in die Zukunft komme, dann wird es schwierig und dann kommt es zu Blockade- und Bremshaltungen, die in Wahrheit für den gesellschaftlichen Fortschritt – in einem umfassenden Sinne und nicht nur in einem sehr technologischen Sinne – sehr negativ sind.

Wir haben solche Haltungen zu allen Zeiten erlebt und in Bezug auf die verschie­densten Entwicklungen – beginnend von der Eisenbahn über das Auto, das Fernsehen bis hin zur Mobiltelefonie. Heute ist das alles sehr weit und gut genutzt.

Immer wieder stellt sich auch die Frage des Datenschutzes und des gläsernen Menschen. Man muss nur immer auch ehrlich zu sich selbst sein und sich vor Augen halten, wenn wir uns der Mobiltelefonie bedienen, wie viele Möglichkeiten es da gibt, die in keiner Weise mehr in Frage gestellt werden, in Bezug auf die es aber immer die notwendigen gesetzlichen Regelungen geben muss, um das ordentlich abzusichern.

So ähnlich stellt sich das auch in der Frage des E-Government-Gesetzes dar. Ich bin sehr froh, dass Sie hier auch den Begriff des „Digital Divide“ angesprochen haben. Es darf natürlich keine neue soziale Spaltung und keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben. Nicht zuletzt deshalb sind ja auch durch die Verwaltungsreform der Bun­des­regierung in den letzten Jahren sehr viele Vorkehrungen getroffen worden, und zwar insofern, als die Bezirkshauptmannschaften wesentlich aufgewertet wurden, als es ein „One Stop Shop“-Prinzip gibt und als die Gemeinden überhaupt die bürgernähesten Servicecenter der Republik sind. Und so soll es auch bleiben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 41

E-Government dazu – das ist der zweite Punkt – bietet die großartige Chance einer Win-to-win-Situation für Bürger und Verwaltung. Es kann durch raschere, rund um die Uhr mögliche Abwicklung eine wesentlich schnellere Erledigung erfolgen. Es kann wesentlich kostengünstiger sein. – Die Zahlen, die Sie genannt haben, stimmen ganz sicher nicht. Das wissen wir, und ich nehme an, der Herr Staatssekretär wird das auch richtig stellen können, falls er sich zu Wort meldet. Ich möchte daher gar nicht im Detail darauf eingehen.

Insgesamt ist die Haltung, die daraus hervorgeht, eine Abwehrhaltung, die mich sehr besorgt macht, denn – das sage ich ganz ehrlich – damit bleiben wir weit zurück. Man muss da auch den internationalen Vergleich sehen. Dazu gibt es eine Studie des Be­ratungsunternehmens Cap Gemini Ernst & Young über die Fortschritte bei der Ein­führung der elektronischen Verwaltung in 18 europäischen Ländern, und ich sage Ihnen: Die elektronische Verwaltung wird in Wahrheit in den nächsten Jahren in ihrer wirklichen Ausprägung die größte Verwaltungsreform und Verwaltungsrevolution seit Jahrhunderten mit sich bringen!

Ich bin ein Proponent des Österreich-Konvents, aber ich muss sagen: Die elektro­nische Verwaltung wird eine viel größere Verwaltungsreform darstellen als jene, die wir hier in diesem Saale alle paar Wochen im Österreich-Konvent erörtern! – Dabei geht es doch darum, dass wir für den Bürger den größtmöglichen Nutzen haben. Es kann doch nicht sein, dass wir damit zuwarten, bis wir die Letzten sind, die das einführen. Es ist doch wichtig, dass wir in dieser Frage weit vorne sind.

Österreich hat sich nach dieser Studie von Rang 11 im Vorjahr und Rang 13 vor zwei Jahren auf Rang 4 nach vorne entwickelt, und mit der Bürgerkarte gehen wir auch wieder einen neuen sehr guten Weg. Es wurde hier der Begriff des „Digital Divide“ erwähnt, und ich sehe das ganz eindeutig, dass wir hier keine Zweiklassengesellschaft schaffen dürfen – das habe ich vorhin bereits angesprochen –, aber eines muss man auch sehen: Heute haben bereits 36 Prozent der österreichischen Haushalte einen Internet-Zugang, es gab einen Anstieg von fünf Prozent innerhalb eines Jahres, und 90 Prozent der 16- bis 24-Jährigen sind User – bei den Älteren ist die Situation natürlich eine andere. Das heißt, wir können nicht so tun, als fände diese Entwicklung nicht statt, wir können nicht die Augen davor verschließen!

Vor ein paar Jahren konnte sich niemand vorstellen, dass man mit einer Kreditkarte rund um die Uhr Bankgeschäfte erledigen oder Bargeld abheben kann. Das hat die Bankkunden furchtbar geärgert, dass es um 16 Uhr mit dem Bankservice aus war. – Das ist jetzt anders, und diese Entwicklung setzt sich auch durch die Bürgerkarte, die in diesem Zusammenhang ganz wesentliche Möglichkeiten bietet, fort, wobei durch Vorkehrungen sichergestellt wird, dass die Daten verschiedener Bereiche nicht über eine einzige Nummer verknüpft werden können, womit der Datenschutz gesichert ist. Darauf soll man auch vertrauen, das soll man sich anschauen und immer vor Augen halten.

Zweiter Punkt: elektronische Zustellung. Der Bürger muss nicht mehr auf das Postamt pilgern, und die Verwaltung kann dadurch auch Zustellkosten einsparen.

Dritter Punkt: Standarddokumentenregister. Dieses wurde von den Bundesländern be­reits seit längerem gefordert. Wenn der Bürger das wünscht, braucht er in Zukunft Meldezettel, Geburtsurkunde und Staatsbürgerschaftsnachweis nicht mehr bei sich zu Hause zu suchen. Sie werden sich alle noch erinnern – mir ist es selbst auch oft so ergangen –: Man hat sich gefragt: Wo ist der Staatsbürgerschaftsnachweis schon wieder, den ich in der Dokumentenmappe zu Hause wieder nicht finde? – Das alles kann ich mir in Zukunft, wenn ich diese Möglichkeiten nütze, ersparen. Aber da würde ich doch nicht immer nur die ganz großen Sorgen sehen, sondern es gilt auch, die


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Möglichkeiten zu nützen und zu gestalten! – Das ist meiner Meinung nach ein ganz wichtiger Punkt, den wir in diesem Zusammenhang ansprechen sollen.

Ich habe die internationale Positionierung Österreichs angesprochen. Es liegt ganz wesentlich am politischen Willen der Bundesregierung, von Herrn Bundeskanzler Dr. Schüssel und von Herrn Staatssekretär Morak, der ihn heute hier vertritt, und der Landesregierungen und auch an der Leistung hervorragender österreichischer Fach­leute, dass wir so weit voran sind und dass wir hier in einem guten internationalen Spitzenfeld liegen.

Wir Steirer sind besonders stolz auf unsere Landsleute: Der Herr Staatssekretär ist ein Steirer, aber auch der Chief Information Officer des Bundes, Herr Professor Posch, ist ein Steirer. Ein weiterer Steirer hat ganz wesentlich am E-Government-Masterplan Österreichs mitgearbeitet, nämlich Herr Dipl.-Ing. Grandits. So können wir auch einen Beitrag dazu leisten.

Ich möchte auf noch etwas hinweisen: Durch das E-Government sind nicht nur eine wesentliche Verbesserung des Zugangs des Bürgers zum Recht und ein rascherer Zugang dazu möglich, sondern es eröffnen sich letztlich durch die elektronischen Möglichkeiten, durch den gesamten E-Mail-Verkehr inklusive E-Voting, auch fas­zinierende Perspektiven für stärkere direktdemokratische Partizipationsmöglichkeiten.

Die in vielerlei Hinsicht – Datenschutz et cetera – zum Ausdruck gebrachten Bedenken sind ernst zu nehmen, dürfen aber nicht als Bremse und Blockade missbraucht wer­den, sondern sollen konstruktiv und im Sinne besonderer Verantwortung und Sensi­bilität wahrgenommen werden.

Ich darf abschließend aus einem an die Adresse der Bedenkenträger gerichteten Kommentar von Conrad Seidl zitieren. Conrad Seidl ist Kommentator im „Standard“, der gewiss nicht im Verdacht steht, das offiziöse Zentralorgan der Bundesregierung zu sein, aber doch ein unverzichtbares kritisches Qualitätsblatt ist. (Vizepräsidentin Ha­selbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich zitiere: „Es gibt Anwendungen von engmaschigen Computernetzwerken, die unser­eins ohne großes Nachfragen nutzt: Handys fallen in diese Kategorie, das Internet sowieso.“ – Ich habe sie teilweise schon genannt.

Und weiters: „Auch die Abhebung mit Bankomatkarte und PIN-Code ist weitest gehend akzeptiert –, dass man allenfalls mit Tausenden Euro dafür haften muss, wenn es einem Dieb gelingt, den Code auszuspähen und anschließend die Karte zu stehlen, haben die meisten Bankkunden verdrängt. Die Bürgerkarte ... ist da in ganz anderem Maße suspekt: Geht einem da nicht gleich die ganze Identität verloren, wenn die Karte abhanden kommt?

Nein, nicht wirklich: Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Dieb mit der gestohlenen Karte dem Bestohlenen die Mühe der Steuererklärung abnimmt oder sich einen Straf­registerauszug beschafft, der dann doch den Namen des Bestohlenen trägt.

Natürlich gibt es Missbrauchsmöglichkeiten: Überall dort, wo man bisher mit einer Unterschrift einen Vertrag, einen Antrag oder sonst ein Dokument für verbindlich erklärt hat, kann das mit Bürgerkarte und elektronischer Signatur ebenfalls gemacht werden – so wie man bisher Unterschriften fälschen konnte, kann man Karten und zugehörige elektronische Schlüssel entwenden und missbrauchen. Es wird aber viel, viel aufwändiger.“ – So weit das Zitat von Conrad Seidl.

Das heißt, es ist in diesem Zusammenhang dann sogar eine viel größere Sicherheit gegeben, daher mein abschließender Appell: Nehmen wir alle Probleme und Kritik­punkte – etwa bezüglich Datenschutz oder „gläserner Mensch“ – ernst, aber nützen wir


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auch und vor allem die Chancen, die E-Government bietet – im Interesse der Bürge­rinnen und Bürger dieses Landes!

Seitens unserer Fraktion gibt es ein klares Ja zum E-Government-Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

10.32

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Konrad zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.32

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen vor einer altbekannten Situation: Im Grunde sind wir uns alle einig, dass es ein gutes Prinzip wäre, E-Govern­ment zu haben, über die Ausführung allerdings werden wir uns auch in diesem Fall wahrscheinlich nicht einig werden können.

Im Prinzip ist E-Government eine wunderbare Sache. Ich freue mich über jeden Schritt, denn ich nicht physisch machen muss, sondern den ich am Computer erledigen kann, das bedeutet massive Zeitersparnis. Es ist, glaube ich, schon lange nötig, dass es Maß­nahmen im Bereich E-Government gibt, die den Bürgerinnen und Bürgern den Alltag erleichtern. Die moderne Technik bietet sehr viele Möglichkeiten. Warum sollten wir diese nicht nutzen? Wenn Urkunden elektronisch verfügbar sind und nicht jedes Mal gesucht werden müssen – dieses Problem kennen ja wohl wirklich alle –, ist das eine massive Erleichterung. Gleiches gilt, wenn die Öffnungszeiten der Behörden nicht mehr meine Amtswege bestimmen.

Das Problem an diesem Gesetz ist allerdings Folgendes: Es dient nicht in erster Linie dieser Vereinfachung von Behördenwegen für Bürgerinnen und Bürger, sondern es konzentriert sich zu einem sehr hohen Maß auf die Bürgerkarte. Diese Bürgerkarte ist aber nur das Instrument und kann nicht der Hauptzweck sein. Es drängt sich schon ein wenig der Verdacht auf, dass die Transparenz, die im Zusammenhang mit E-Go­vernment so oft strapaziert wird, doch eher auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger und nicht auf Seiten der Behörden – wo sie sehr nützlich und sehr notwendig wäre – stattfinden soll.

Ein Problem bei der Bürgerkarte ist, dass es für die Bürgerinnen und Bürger zwar die Wahlmöglichkeit gibt, die Amtswege weiterhin „real“ zu absolvieren oder das mit der Karte zu tun, allerdings wird es mit Mehrkosten verbunden sein, wenn man diese Karte nicht sofort annimmt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist schon angesprochen worden: Das Gesetz ist relativ unver­ständlich und kompliziert geschrieben. Ich sehe das jetzt nicht so sehr als ein Problem, dass die breite Masse bewegen wird; es lesen sich, ehrlich gesagt, sehr wenige Men­schen wirklich das Gesetz, in dem diese Behördenwege geregelt werden, durch. Aller­dings wäre es schon sinnvoll, ein Gesetz, das der Vereinfachung dienen soll, auch ver­ständlicher abzufassen. Gleichzeitig werden sehr viele wichtige inhaltliche Punkte im Gesetz nicht ausgeführt, sondern per Verordnungsermächtigung an den Minister oder die Ministerin delegiert.

Problematisch ist weiters, dass die Datenschutzkommission gleichzeitig mit der opera­tiven Verwaltungstätigkeit betraut ist und auch die Kontrollinstanz darstellt. Im schlimmsten Falle müsste sie gegen sich selbst ermitteln können. Das stellt sicherlich einen Interessenkonflikt dar.

All diese Punkte möchte ich aber nur am Rande streifen. Meiner Meinung nach ein sehr großes Problem und für mich absolut unverständlich ist: Warum müssen die Home­pages nicht gleich bei ihrer Einführung behindertengerecht gestaltet sein? – Es


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gibt eine Übergangsfrist bis 2008, mir ist nicht klar, wozu es diese gibt. Es ist absolut kein Aufwand, diese Homepages gleich direkt bei ihrer Erstellung behindertengerecht zu gestalten. Gerade Menschen mit Behinderungen können am meisten von elektro­nischen Behördenwegen profitieren. Gerade für Menschen mit Behinderungen wären all die Vorteile, die diesem Gesetz zugeschrieben werden, eine unwahrscheinliche Er­leich­terung. Wenn also diese Auswirkungen so positiv sind, wie wir immer hören, dann ist es doch geradezu zynisch, sie ausgerechnet jenen vorzuenthalten, die in ihrer Mo­bilität am meisten beeinträchtigt sind. Und wenn, wie ebenfalls des Öfteren ausgeführt wird, ein behindertengerechter Zugang ohnehin ehebaldigst möglich sein soll, wozu braucht man dann die lange Übergangsfrist bis 2008? Dieser Punkt stört mich wirklich sehr!

Zum Abschluss: Das E-Government sollte eine Erleichterung für Bürgerinnen und Bürger darstellen, es sollte die Transparenz steigern und einiges andere mehr. Es sollte sehr viele Möglichkeiten bieten, wie Staat und Verwaltung einerseits und Bürge­rinnen und Bürger andererseits einander näher kommen. Wenn all das der Fall wäre, dann würden wir auch gerne für dieses Gesetz stimmen, denn im Prinzip sind wir von einer solchen Erleichterung überzeugt.

Leider sehen wir beim vorliegenden Gesetz nicht, dass all diese Punkte ausreichend erfüllt werden, also werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.36

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staats­sekretär Morak. – Bitte.

 


10.36

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon erwähnt worden, dass wir uns auf dem Wege befinden, eine grundsätzliche Veränderung in der Verwaltung herbeizuführen – was uns noch stärker an die Spitze der europäischen Entwicklung bringt.

Es ist klar, dass die Opposition – manchmal auch nicht ganz selbst davon überzeugt – vor lauter Problemen den Fortschritt nicht sieht, aber glauben Sie mir: Es ist ein Fortschritt!

Im Bereich E-Government handelt es sich in Österreich um eine wirklich beispielhafte Erfolgsgeschichte. Österreich hat es geschafft, sich innerhalb des Angebotenen in die­sem Bereich an die europäische Spitze zu setzen. Untermauert wird das nicht nur dadurch, dass wir bei all den so genannten Wettbewerben im E-Government-Bereich an der Spitze liegen – denken Sie an Como, denken Sie an Genf! –, sondern dass dadurch mittlerweile bereits 70 Prozent der Firmen und 30 Prozent der Online-Nutzer E-Government-Applikationen nutzen.

Es ist in den Diskussionen, die ich mitverfolgen durfte, sehr oft die Rede davon ge­wesen, dass es ein Gesetz für die Behörden sei. Und ich habe dazu immer gerne und leidenschaftlich gesagt: Ja! Es ist ein Gesetz für die Behörden! Aber, meine Damen und Herren, ich sage auch: Für mich sind Behörden nicht irgendwelche Menschen von einem anderen Stern, sondern jene Menschen, die diesen Staat verwalten sollen. Wenn diese dadurch eine Erleichterung in der Verwaltung haben, dann ist das gut. Es ist aber auch und vor allem gut für die Verwalteten, also für uns, für die Bürger.

Ein zweites Momentum ist mir aufgefallen: Als das Gesetz erstellt wurde, war im Grun­de auch das Medium die Botschaft im Gesetzwerdungsprozess, sprich: Bis in die letzte Gemeinde hinunter wurde der Diskussionsprozess geführt, über einen Zeitraum von zwei Jahren. Es waren die Städte, die Länder, die Gemeinden und selbstverständlich


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der Bund in einem beispiellosen Prozess der Erarbeitung dieses Gesetzes eingebun­den.

Ich haben soeben den Vier-Jahres-RTR-Bericht gelesen und darin das Kapital über die asymmetrische Kryptographie, auf der die digitale Signatur beziehungsweise das ganze Signaturgesetz beruht. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Dagegen ist das Gesetz, das Ihnen heute vorliegt, so einfach zu lesen wie ein „Karl May“.

Wir haben aber eine komplexe Materie, die es gilt, im Detail komplex zu regeln, um auch all jene Dinge, die wir haben wollen, zum Beispiel den Datenschutz, hineinzu­bringen.

Meine Damen und Herren! Wichtig in diesem Zusammenhang war auch die frühe Er­kenntnis der Bundesregierung, dass es nicht der Industrie oder ihren Anbietern über­las­sen werden kann, welche Systeme hier zur Anwendung gelangen, und daher von der Stabsstelle IKT ein klares Konzept ausgearbeitet wurde, nach welchem nun die Maßnahmen Punkt für Punkt durch die Bundesregierung unter Federführung des Herrn Bundeskanzlers, des BKA, umgesetzt wurden.

Die Parameter des Gesetzes – ich glaube, sie wurden schon ausgeführt – beruhen auf der Bürgerkarte, auf der bereichsspezifischen Personenkennzeichnung – die zwar die exakte Identifikation zulässt, aber unter den Erfordernissen des korrekten Daten­schut­zes –, dem Standarddokumentenregister, der Amtssignatur und der Aktenvorlage bei elektronischen Akten.

Wie Sie bei einigem guten Willen sehen können, handelt es sich bei diesem Gesetz um eine klare Verbesserung im Sinne der Bürgerfreundlichkeit. Ich werde dann noch einige Beispiele dafür bringen, möchte in diesem Zusammenhang allerdings, weil das hier auch besprochen wurde, auf eine in einem Abänderungsantrag enthaltene beson­dere Initiative für sehbehinderte Menschen hinweisen. Aber nicht nur für diese ist das Gesetz von Vorteil: Die Möglichkeit, mit der Verwaltung zu kommunizieren, stellt selbstverständlich auch für gehbehinderte Menschen eine wesentliche Verbesserung dar, da zahlreiche Amtswege von zu Hause aus gemacht werden können.

Durch dieses Gesetz erfahren aber auch Bürgerinnen und Bürger, die über keinen Internetzugang verfügen, keine Benachteiligung, da hier ausdrücklich geregelt wird, dass auch bei Gemeinden oder Bezirksverwaltungsbehörden – unabhängig von ihrer sachlichen oder organisatorischen Zuständigkeit – eigens ermächtigte Organwalter für Betroffene auf deren Verlangen Anträge im bürgerkartentauglichen Verfahren stellen können. Selbstverständlich können die Erledigungen auch weiterhin in Papierform erfolgen.

Positiv ist das Gesetz natürlich für alle Bewohner des ländlichen Raums, für Pendler und so weiter, denn sie können die Amtswege nun von zu Hause aus erledigen.

Beim Experten-Hearing, das wir im Parlament durchgeführt haben, sind mir einige Stellungnahmen sehr positiv aufgefallen, weil sie sehr plausibel waren und im Grunde dieses komplexe Gesetz auf den Alltag heruntergebrochen haben.

Das eine ist hier schon angedeutet worden: Das Zertifikat für eine sichere Signatur inklusive Bürgerkartenfunktion kostet zirka 10 € bis 12 €, der Kartenleser 20 € – das wird mit 50 Prozent von der Bundesregierung gefördert –, Endkundenpreis im Jahr 2004 daher 10 €, einmalige Registrierungsgebühr 10 €.

Was das andere betrifft – es wurde gesagt, es gebe zu wenige Anwendungen, es gebe zu wenige Bürgerkarten und so weiter –: Mitte 2004 werden 3,4 Millionen Bankkarten ausgetauscht; ein solcher Austausch erfolgt alle drei Jahre, um möglichst immer auf


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dem neuesten Stand der Technik zu sein. Diese Bankkarten werden nun alle mit einer schlummernden, sicheren Signatur und Bürgerkartenfunktion ausgestattet. Bis zum Jahr 2006 werden das in etwa sieben Millionen Karten sein.

Der Bürger braucht mit dieser Karte nur zur Registrierungsstelle zu gehen. Wie ich heute – ganz aktuell! – gehört habe, findet diesbezüglich unter den Banken schon ein Wettbewerb statt, jede Bank möchte die Erste sein. Möglichkeiten zur Registrierung bieten beispielsweise die Bankgeschäftsstellen, die Notare, die Rechtsanwälte, die Telekom-Shops, eventuell auch die Post und die Wirtschaftskammer Österreich.

Wir haben dazu folgenden Fall ausgearbeitet, der ganz plausibel erklärt, worin die Vor­teile liegen:

Meldebestätigung herkömmlich: erstens Bürger: schriftlicher Antrag oder Erscheinen bei der Behörde, zweitens Meldeamt: Suche im Meldekataster – Papierablage – Ergeb­nis aus Meldekataster – Meldebestätigung nach zirka vier Wochen; Kosten 15,10 €.

Meldebestätigung neu: Online mit Bürgerkarte auf zum Beispiel das Portal der Stadt Wien – elektronische Auskunft aus dem ZMR, dem Zentralen Melderegister – signierte Meldebestätigung zwei Minuten später; Kosten 3 €.

Eine weitere Rechnung wurde an mich herangetragen, nämlich von der Gemeinde Weikersdorf, wo durch Wasserstandszählermeldungen per Handy Verwaltungseinspa­rungen von jährlich 150 Stunden erzielt werden können. Oder: Das Magistrat Steyr bietet schon jetzt beinahe alle Formulare mit Signatur an.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf eine Frage eingehen, die hier auch ange­schnitten wurde, nämlich betreffend verfassungsrechtliche Bedenken! Diese wurden im Verfassungsausschuss des Nationalrates diskutiert. Der Vorwurf, es würden damit organisatorische Regelungen für Länder und Gemeinden getroffen, muss im Lichte der Judikatur des VfGH relativiert werden, da bei der vorliegenden Materie der Gesichts­punkt der Regelung des Verfahrens sowie der Gesichtspunkt des Datenschutzes im Vordergrund stehen, welche wiederum Bundesangelegenheit sind.

Einem Vorwurf, der beim erwähnten Experten-Hearing hier in diesem Saale erhoben wurde, nämlich dass in § 30 Zustellgesetz eine vergaberechtliche Regelung getroffen worden sei, wurde durch einen Abänderungsantrag in zweiter Lesung Rechnung getra­gen.

Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang an die Ein­führung der Mautgebühr in Österreich erinnern. Wir nehmen solche Sachen immer als gottgegeben hin, wenn sie funktionieren. Stellen Sie sich vor, was passiert wäre, wenn das nicht funktioniert hätte! Wir hätten wochenlang Schlagzeilen mindestens auf der Seite 1 gehabt. Das Funktionieren von Anfang an ist einfach so hingenommen worden, als wäre es selbstverständlich.

Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, diese Bundesregierung agiert profes­sionell auch im Bereich des E-Government, das ist der Alltag, den wir setzen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Frei­heitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.)

10.46

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

 


10.46

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesrat Herwig Hösele hat in seinem Debattenbeitrag sehr viel Enthusiasmus gezeigt. Daran


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möchte ich anschließen: Auch in mir kommt nämlich immer wieder Begeisterung auf, wenn es um technische Neuerungen, um technische Entwicklungen geht. Und ich finde, es ist bedenklich, wenn die Verwaltung der technischen Entwicklung nachhinkt. Je später man einsteigt, desto schwieriger ist es.

Diese raschen Entwicklungen in der elektronischen Kommunikation verändern ganz einfach unser Leben, bieten neue Chancen und beinhalten natürlich auch Risiken. Aufgabe der Gesetzgebung ist es daher, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, die Vorteile der technischen Entwicklung für die Bürger zu optimieren und die Nachteile zu minimieren.

Genau das machen wir mit dem heute zur Beschlussfassung anstehenden E-Govern­ment-Gesetz. Meine Generation hat die Revolution im Bereich der Kommunikations­tech­nologien sowohl im Berufsleben als auch im Privatleben hautnah miterlebt. Die Kraft der Veränderungen hat uns immer wieder mitgerissen. Und die Vielfalt der neu gewonnenen Möglichkeiten hat uns immer wieder überzeugt.

Wenn man so wie ich in den letzten Jahren berufsbedingt international vernetzt war und auch viel mit Behörden im Inland zu tun hatte, dann erkennt man blitzschnell, welches Potential in der Entfaltung neuer elektronischer Kommunikationsformen liegen kann. Man erkennt aber ebenso, dass viele Beamte die neuen Möglichkeiten wirklich nutzen wollen, aber nicht nutzen können, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind. So wie in vielen anderen Bereichen ist auch auf dem Gebiet der neuen Kommunikationstechnologien in der Zeit der großen Koalition ein legistischer Reformstau entstanden, der nun abgebaut werden muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo gehobelt wird, da fallen eben Späne. Nur dort, wo nicht gearbeitet wird, passieren keine Fehler. Trotzdem ist es besser, sich Herausforderungen zu stellen, als den Kopf in den Sand zu stecken. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir in den Zeiten der großen Koalition zu lange erlebt.

In diesem Sinne werden wir erkennen müssen, dass in unserer schnelllebigen Zeit Rahmenbedingungen, die über Jahre hinweg ohne Veränderungen bestehen bleiben können, zur Ausnahme werden. Die Möglichkeit der schnellen Adaptierung und An­passung muss bei neuen Gesetzen bereits vorgesehen sein und quasi zur Regel werden.

Die Opposition wird natürlich immer ein Haar in der Suppe finden. Das darf uns aber nicht von der Arbeit abhalten, denn die Chancen, die das heute vorliegende E-Go­vernment-Gesetz für die Verwaltung, für die Modernisierung der Verwaltung im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher bietet, sind nicht zu übersehen. Allein die Möglichkeit – wie heute schon erwähnt wurde –, den Staatsbürgerschaftsnachweis, die Geburtsurkunde und den Meldenachweis einmal abspeichern zu lassen und damit bei weiteren Behördengängen nicht mehr in Papierform mitführen zu müssen, erscheint mir als großer Vorteil.

Natürlich muss der Datenschutz Priorität haben. Aber: Hand aufs Herz, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hat es nicht auch in früheren Zeiten Datenmissbrauch gegeben? Konnte man vor Beginn der neuen Kommunikationstechnologien den Daten­schutz definitiv gewährleisten? Hat es nicht auch früher schon die Möglichkeit der Aneignung geschützter Daten in Form von Duplikaten, von Kopien et cetera gegeben?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir sind in der neuen Zeit „durch­sich­tiger“ geworden, wir sind „transparenter“, wir sind „gläserner“ geworden. Aber das gilt im elektronischen Zeitalter auch für jene, die Übles wollen. Ich bin in diesem Zusam­men­hang sehr optimistisch. Für mich überwiegen eindeutig die Vorteile des Einsatzes


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der neuen Datenübertragungsmöglichkeiten im Bereich der Behörden. Die Verwaltung wird moderner, sie wird schlanker und für den Bürger schneller erreichbar.

Erst die Einführung elektronischer Akten macht die effiziente Umsetzung des One-Stop-Shops möglich, und starre Amtsstundenregelungen gehören nunmehr der Ver­gangenheit an. Mit E-Government sind die Behörden zukünftig rund um die Uhr, sieben Tage pro Woche verfügbar. Das ist schon eine wirkliche Qualitätsverbesserung!

Im Bereich der Online-Dienstleistungen bewegen wir uns mit diesem Modernisie­rungs­schub im europäischen Vergleich im Spitzenfeld – das wurde heute auch schon er­wähnt.

Es tun sich Einsparungspotenziale auf, die nur genutzt werden müssen! Bund, Länder und Gemeinden werden näher zusammenrücken. Die Vorteile des Datenverbundes können in Extremsituationen wie zum Beispiel Katastrophenfällen et cetera voll ausgeschöpft werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem heutigen Beschluss zum E-Go­vern­ment-Gesetz kommen wir auf dem Weg zu einem modernen und zukunfts­orien­tierten Österreich einen großen Schritt weiter. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bun­desräten der ÖVP.)

10.53

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Manfred Gruber. – Bitte.

 


10.53

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Klamt, wir haben nicht das berühmte Haar in der Suppe gefunden, wir sind vielmehr der Meinung, es handelt sich um ein sehr „haariges“ Gesetz! (Beifall bei der SPÖ.) Ich möchte auch nicht den Enthusiasmus des Kollegen Hösele einbremsen, ihn aber zumindest re­lativieren.

Meine Damen und Herren! Mir geht es wie den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Auch wir sind der Meinung, dass ein modernes E-Government-Gesetz unbe­dingt notwendig ist. Wir glauben jedoch, dass dieses Gesetz leider nicht jene Stan­dards aufweist und jenen Anforderungen entspricht, die wir uns erwartet hätten, um es auch mittragen zu können.

Es ist schade, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dass Ihre Kol­legen im Nationalrat auf die wirklich sehr fundierten Einwände der Experten nicht Be­dacht genommen haben. Die Bedenken und Empfehlungen der Experten wurden einfach ignoriert. Und Sie von der Regierungsseite haben nicht einmal den Versuch unternommen, sich damit ernsthaft auseinander zu setzen.

Wir von der SPÖ lehnen dieses Gesetz daher ab. Lassen Sie es mich durch Folgendes auf den Punkt bringen:

Erstens: Es ist ein Gesetz, das in seiner Kompliziertheit fast nicht mehr zu übertreffen ist und daher bei den Bürgern und bei uns keine Akzeptanz finden wird.

Zweitens: Mitbürger und Mitbürgerinnen, die einmal oder zweimal im Jahr mit der Be­hörde in Kontakt treten, können das nur über einen professionellen elektronischen Zu­steller. Wir kennen jedoch die Kosten dafür noch nicht, und wir wissen auch noch nicht, wie das funktionieren wird.

Drittens: Die Übertragung des Risikos bei der Zustellung von der Behörde auf den Einzelnen wird von uns als absolut bürgerfeindlich angesehen.


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Viertens: Welche Rechtssicherheit hat ein für die Zukunft wichtiges Gesetz, bei dem nicht einmal EU-Richtlinien eingehalten wurden? – Es muss mit Bedauern festgestellt werden, dass der Zugang für behinderte Menschen praktisch nicht möglich ist. Ich frage mich, wo da die Behindertensprecher der Parteien im Nationalrat geblieben sind.

Ein weiterer wichtiger Grund unserer Ablehnung dieses Gesetzes ist – fünftens – die Rolle des Innenministeriums. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert, wenn das In­nen­ministerium zum Dienstleister bestimmt wird. Warum endet der Weg nicht im jeweils zuständigen Ministerium? Oder: Warum bedient man sich nicht eines privaten Dienstleistungsunternehmens? – Fragen, die leider nicht beantwortet wurden.

Sechstens: Warum wurde den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht Rechnung ge­tragen? Dieses Gesetz greift nämlich ganz massiv in Länder- und Gemeinde­kom­petenzen ein.

Siebtens: Warum wurden die Einwendungen der Länder Salzburg und Oberösterreich einfach ignoriert?

Achtens: Dieses Gesetz bürdet den Ländern und Gemeinden weitere finanzielle Lasten auf.

Aus all diesen von mir genannten Gründen lehnen wir dieses Gesetz ab. Es gewähr­leistet nicht den Schutz des Bürgers, es belastet die Länder und Gemeinden in finan­zieller Hinsicht zusätzlich und dient vor allem – in der vorliegenden Form – nicht den Interessen des Bürgers, sondern ausschließlich den Interessen der Verwaltung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

10.57

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.

 


10.57

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Woran sollen wir uns orientieren? Im Grunde gibt es eine positive Entwicklung in dieser Gesellschaft. Und das eine oder andere gilt es, sehr sorgsam zu verfolgen.

Wenn wir uns das – gerade im Zusammenhang mit dem Umgang mit Elektronischem in unserer Gesellschaft – genauer anschauen, dann passiert an allen Ecken sehr, sehr viel – ob das jetzt der elektronische Zahlungsverkehr ist, ob das das elektronische Einkaufen, das E-Learning ist oder ob das auch, wie schon erwähnt wurde, das elektronisch gesteuerte Parken und Parkgebührsystem ist.

Das heißt: Ein bestimmtes Rad, das läuft, lässt sich nicht einfach aufhalten, weil man da oder dort in erster Linie immer nur die Probleme sieht.

Und was hätten wir hiebei zu tun? Was haben wir hiebei zu tun? – Wir müssen ganz konkrete Fundamente schaffen, Fundamente, damit notwendige Infrastrukturen – nicht nur Asphaltautobahnen, sondern auch Datenautobahnen – ermöglicht werden.

Seien wir doch ehrlich: All diese elektronischen Wege werden sehr rasch von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern genützt, oft schon, bevor wir hier in diesem Hohen Haus überhaupt draufkommen, was sich auf diesem Sektor alles abspielt.

Das heißt: Wir können über das eine oder andere natürlich diskutieren, können das eine oder andere in Frage stellen. Aber etwas möchte ich schon dazu sagen: Es gibt jene zwei Wege, die schon Herwig Hösele angesprochen hat – man kann ängstlich sein, oder man kann in gewisser Weise auch sehr innovativ in die Zukunft schauen. Wir wollen uns dem Zweiteren anschließen!


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Auf der einen Seite ist ja zu sehen, dass all das, was mit der elektronischen Signatur zu tun hat, eine große Diskussion in juridischen Kreisen auslöst. Es wird gefragt: Wie sicher und wie echt ist denn das?

Auf der anderen Seite erleben wir es jetzt in Zusammenhang mit der Bürgerkarte: Ist sie ein sicherer, ein geschützter Nachweis der eigenen Identität? – Ich sage hier: Ja! Wenn man sich die anderen elektronischen Bereiche ansieht, dann kann man sehr wohl erkennen, dass bereits wichtige Sicherheitsmaßnahmen in anderen Bereichen getroffen wurden und wir hier eigentlich ein Stückchen hinten nachziehen.

Aber was brauchen wir, damit dieses Gesetz überhaupt wirksam werden kann? – Ers­tens, dass es eine Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften und allen öffent­lichen Stellen gibt. Wenn diese sich nicht miteinander abstimmen, dann können wir hier noch so viel in Gesetze fassen, es wird nicht funktionieren. Das Zweite ist – und das ist auch ganz wesentlich –: Wenn man davon nicht Gebrauch macht, wird man es nie lernen, und man wird es nie erleben. Ich glaube, dass man das eine oder andere selbst erleben muss, damit man auch darüber reflektieren und damit man eine Entwicklung weiterverfolgen kann.

Ich hoffe, dass die Bürgerinnen und Bürger wirklich davon Gebrauch machen. Wenn ich es richtig im Kopf habe, steht im Gesetz nichts von einem Zwang, sondern es steht darin, dass man hineinwächst und dass man deshalb auch Möglichkeiten gibt, die mehrere Jahre lang andauern können, um eben hineinwachsen zu können.

Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder hoffen wir auf das generationsübergreifende Prin­zip, dass das Enkelkind der Großmutter und dem Großvater den Umgang damit erklärt, oder wir ergreifen ganz bestimmte Maßnahmen, damit es möglich wird, schaf­fen Räume, zu denen jeder einen Zugang hat. Ich denke, da sind wir alle ange­sprochen. Ich möchte hier nicht Beispiele aus unserem Land nennen, die ich schon bei einer vorangegangenen Debatte erwähnt habe, aber es gibt genug einfache und kos­tengünstige Möglichkeiten, damit alle Bürgerinnen und Bürger – auch jene, die zu Hause keinen Internetzugang haben – einen Zugang haben und dort auch betreut werden.

Ich bin bei einem letzten wichtigen Punkt, den ich ansprechen möchte. Es kommt mir auch bei diesem Thema so vor, dass uns teilweise nicht bewusst wird, dass wir uns auf ein neues Denken einlassen müssen und dass uns dieses neue Denken da oder dort noch Probleme bereitet. Keine Frage! Ich glaube, dass sollten wir auch wirklich ernst nehmen. Man sieht hier auch, dass es etwas mit Bildung zu tun hat. Das ist nicht irgendein Seitenpfad, den ich jetzt hier trete, denn wenn ich die Gesellschaft nicht auch dementsprechend bilde, das heißt, wenn wir uns nicht darauf einlassen, dass wir überlegen, wie heute Bildungsbereiche neu ausschauen müssen, wie man neue Räume und Zeiten dafür schaffen müsste, dann werden wir genau mit diesen neuen Möglichkeiten nicht zurechtkommen. So glaube ich, dass Reformen auch in dieser Hinsicht wichtig sind.

Ich möchte an dieser Stelle um Folgendes bitten: Wir haben schon ein bisschen mit­einander diskutiert. Ich glaube, es wäre hochinteressant, wenn sich der Bundesrat des Themas Bildung – und auch schulischer Fragen – mehr annimmt, als es – sichtlich – der Nationalrat tut.

Das hat viel mit dem Thema zu tun, denn ich glaube, dass wir genau an diesem Thema ersehen, dass Lernen und Bilden sowie Umgang mit Daten und Informationen heute anders passieren müssen als vor dreißig, vierzig Jahren. Da werden Themen ange­sprochen wie: Wie gehen wir mit Lernen und Zeit um? Wie gehen wir mit Lernen und Räumen um? – Genau bei diesen Themen möchte ich Sie und euch alle hier bitten, dass wir vielleicht als Bundesrat gemeinsam über alle Fraktionen hinweg eine Initiative


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setzen und sagen: Wir nehmen uns dieses Themas an. Es gibt nämlich immer mehr Themen, die wir debattieren, die sehr eng mit Bildung und im engeren Sinn auch mit Schule zu tun haben.

Ich bin der Ansicht, da wären wir dem Nationalrat – warum er es nicht tut, weiß ich nicht – um Etliches voran. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheit­lichen und der Grünen.) Ich glaube, er tut es deshalb nicht, weil wir hier im Bundesrat unsere Ohren als Länderkammer näher bei den Bürgerinnen und Bürgern haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der Grünen.)

11.05

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster hat sich Herr Präsident Weiss zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.05

 


Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Redebeiträgen der Herren Kolle­gen Giefing, der jetzt allerdings nicht mehr da ist, und Gruber konnte man den Eindruck haben, dieses Gesetzeswerk werde hier auf der Grundlage eines Dissenses mit den Bundesländern beschlossen. – Das Gegenteil davon ist wahr!

Die Länder waren in einer geradezu vorbildlichen Weise in das Zustandekommen die­ses Projektes eingebunden, das Zustandekommen dieses Gesetzes wurde von den Ländern geradezu ausdrücklich gefordert. Dass es natürlich im Begutachtungs­verfah­ren um das Ringen um die beste und praxisgerechteste Lösung unterschiedliche Anre­gungen und Betrachtungsweisen gegeben hat, ist völlig klar und auch Zweck einer solch ausführlichen Begutachtung. Da Sie das Bundesland Salzburg zitiert haben: Ich war kürzlich bei einer Besprechung, bei der sich der Vertreter des Landes Salzburg aus­drücklich damit zufrieden gezeigt hat, wie mit den vom Land vorgebrachten Be­denken etwa hinsichtlich der Kostenfolgen und so weiter umgegangen wurde, weil es eben auch die notwendigen Klarstellungen dazu gegeben hat.

Herr Kollege Gruber hat am Schluss seiner Rede die Auffassung vertreten, es handle sich um ein Gesetz, das der Verwaltung diene. Er hat offenkundig gemeint, dass es nur oder in erster Linie der Verwaltung diene. Ich will nicht weiter ausführen, was bereits ge­sagt wurde, aber ich meine, dass es letztlich auch sehr dem Bürger und der Ver­einfachung seiner Kontakte mit der Behörde dient. Das heißt aber natürlich auch, dass es den Landesverwaltungen und auch den Gemeindeverwaltungen dient.

Der Konsens, der mit den Ländern erzielt werden konnte, reicht auch so weit, einige verfassungsrechtliche Unschärfen in Kauf zu nehmen, weil wir mit der bestehenden Zuständigkeitsverteilung keinen tauglichen Maßstab mehr haben, den man an solche neue zuständigkeitsübergreifende Entwicklungen anlegen könnte. Auch diese Fragen sind im Konsens mit den Ländern verhandelt worden.

Herr Kollege Giefing hat die Auffassung vertreten, die Gemeinden seien angewiesen, dem Bürger beispielsweise bei der Erledigung elektronischer Anträge zu helfen, und der Bürger sei dadurch veranlasst, seine Daten am Gemeindeamt preiszugeben.

Nun ist zunächst festzuhalten, die Gemeinden und auch die Bezirkshauptmann­schaf­ten sind keineswegs dazu verpflichtet, dieses Service zu bieten – jedenfalls nicht durch das Gesetz. Sie sind dazu ermächtigt, hier einen sinnvollen Beitrag für die Bürger zu leisten, indem sie auch jenem Bürger, der keine Bürgerkarte hat, der über keinen Inter­netzugang verfügt, die Möglichkeit eröffnen können, ebenfalls zu den Vorteilen etwa hinsichtlich der Gebührenfrage des E-Government zu kommen, indem sie nämlich für ihn einen Antrag signieren und damit nichts anderes tun, was der Gemeindesekretär einer Gemeinde bisher in der Regel ja auch getan hat. Die Bürger sind ja zu ihm


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gekommen und haben gesagt: Ich habe ein Anliegen!, und dieser hat dann auf der Schreibmaschine das Formular ausgefüllt und hat den Angaben des Bürgers die erfor­derlichen Eintragungen entnommen. Der Bürger hat dabei selbstverständlich seine Daten beim Gemeindeamt preisgegeben.

Hiemit geschieht also nichts anderes, als schon bisher bewährte Praxis war, übersetzt auf die neuen Herausforderungen. Dadurch erübrigt sich auch die Sorge, dass jene Bürger, die nicht E-governmentfähig wären, einen Gebührennachteil zu tragen hätten. Wenn sie, was nahe liegt, die Dienste des Gemeindeamtes oder der Bezirkshaupt­mannschaft in Anspruch nehmen, bekommen auch sie diesen Gebührenvorteil.

Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, es handle sich um ein kompliziertes Ge­setz. Frau Kollegin Konrad hat ja auch klargestellt, dass das in gewisser Weise zwangsläufig so ist, weil es ein Gesetz von Fachleuten für Fachleute ist. Es ist etwa vergleichbar mit dem, was in der EDV im Hintergrund abläuft. Der Bürger soll davon ein möglichst praxisgerechtes und einfaches Verwaltungsverfahren haben. Dass das Gesetz in manchen Fragen so kompliziert ist, hat auch damit zu tun, dass wir einen hohen Maßstab in puncto Datenschutz anlegen. Man könnte das Gesetz wesentlich einfacher machen, wenn man ihm nicht einen so hohen Stellenwert einräumte.

Selbstverständlich gibt es auch über das ausreichende Maß der Berücksichtigung von Datenschutz unterschiedliche Meinungen, aber es ist keineswegs so, dass die Ex­perten schlechthin Einwände hätten. Es gibt auch sehr viele Experten, die dieses Gesetz für international geradezu vorbildlich halten.

Österreich nimmt – darauf ist schon hingewiesen worden – international nicht nur mit diesem Gesetz, sondern auch in vielen anderen Anwendungsfällen von E-Government, eine Spitzenstellung ein. Ich weise nur daraufhin, dass wir nun seit mehr als zehn Jahren ein elektronisch geführtes Grundbuch haben, etwas, das in der Europäischen Union nach wie vor eher die Ausnahme als die Regel ist.

Wir haben aber auch auf Gemeinde- und Landesebene in vielen Bereichen durchaus kleine Fortschritte, die von den Bürgern angenommen werden. Ich erwähne nur, dass die Stadt Dornbirn, die größte unseres Bundeslandes, dem Bürger seit etwa einem Vierteljahr die Möglichkeit bietet, den gesamten Wasserverbrauch elektronisch zu ad­mi­nis­trieren: Zählermeldung, Gebührenzahlung, Kontoeinsicht und dergleichen mehr. Und nach etwa einem Vierteljahr nimmt bereits jeder fünfte Haushalt in dieser großen Stadt diese Möglichkeit wahr. Das ist ein einfaches, handgestricktes Programm, wie es auch in vielen anderen Gemeinden angenommen wird, das aber sehr deutlich zeigt, dass die Bürger durchaus Interesse haben, gemeinsam mit der Verwaltung auf diesem neuen Weg voranzuschreiten.

Ein wichtiger Punkt in der Diskussion waren der barrierefreie Zugang und die dies­be­zügliche Übergangsfrist bis zum Jahre 2008. Ich glaube, dass die Entwicklung diese zugegebenermaßen etwas großzügig bemessen Frist sehr rasch obsolet werden lässt, weil die neuen Softwaresysteme, wie man Internetangebote befüllt, schon sehr stark auf diese Möglichkeit ausgerichtet sind. Es gibt auch schon zahlreiche Länder und Ge­meinden, die das zur Gänze umgesetzt haben. Es wird auch gerne in Anspruch ge­nommen. Alle Internetangebote in Vorarlberg sind seit etwa einem Jahr barrierefrei, sie sind nach den entsprechenden internationalen Richtlinien gemacht, und wir stellen fest, dass wir eine monatliche Zugriffszahl von 73 000 Zugriffen auf diese barrierefreien Zu­gangsmöglichkeiten haben. Das zeigt also, hier besteht tatsächlich ein Bedürfnis. Ich bin sicher, dass man diese Übergangsfrist nicht ausschöpfen muss.

Sie ist auch deshalb so im Gesetz geblieben, weil es bei einem Abänderungsantrag ein Überschießen des Anliegens in der Weise gegeben hat, dass man gemeint hat, es müsse jede geänderte Seite sofort barrierefrei gemacht werden. Das war natürlich


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eine etwas merkwürdige Verwechslung mit einer Loseblattsammlung, wo man ein altes Blatt herausnimmt und ein neues hineinnimmt. Ein Internetangebot etwa einer Ge­meinde ist ein viel komplexeres System, und es nützt ja nichts, eine einzelne Seite barrierefrei zu machen, es müssen alle damit zusammenhängenden und vorgeschal­teten Seiten auch so bearbeitet werden. Daher war das vor allem für die Gemeinden ein überschießender Lösungsversuch.

Zum Schluss: Das Gesetz und sein rasches In-Kraft-Treten ist auch ein wichtiger Im­puls für die Produktentwicklung in der Industrie, weil es natürlich derzeit noch nicht sehr bürgerfreundlich ist, wie man mit einem Lesegerät, einer Karte, aber auch mit dem Handy umgehen müsste. Richtig angenommen wird das wahrscheinlich erst, wenn auf dem Handy ein Button ist, wo es heißt: „signiere“, und wenn beim Laptop oder beim PC eine Aufforderung zur Signatur kommt, die so einfach zu handhaben ist wie das Ein­stecken einer Bankomatkarte.

Das Gesetz leistet zu diesen wünschenswerten Dingen einen wesentlichen Beitrag. Daher gibt es, so glaube ich, aus der Sicht der Länder jedenfalls keinen Grund, dem Gesetz nicht zustimmen zu wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.13

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.13

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident Weiss! Ihre Rede hat mich dazu veranlasst, mich doch noch kurz zu Wort zu melden. Alles, was Sie sagen, hat immer eine große Gewichtung, und ich schätze Ihre Debattenbeiträge hier im Haus in ganz besonderer Weise. Aber Sie haben soeben lapidar gesagt, wir hätten eine ganze Reihe verfassungsrechtlicher Probleme, die hier noch zu behandeln sind. (Bundesrat Weiss: „Probleme“ habe ich nicht gesagt!) – Oder Schwierigkeiten. Also, ich bin ja nicht taub! (Staatssekretär Morak: Unschärfen“!) – „Unschärfen“! Gut! Unschärfen sind für mich immer Problemfelder, die es langfristig zu behandeln gilt, denn wir wollen ja doch gerade im Gesetzeswesen Klarheit haben. Herr Professor Böhm als Jurist wird sagen: Ja, wir brauchen auch Klarheiten.

Deshalb sind Unschärfen gerade in dieser Materie besonders heikel. Und aus dem­selben Grund, lieber Herr Präsident Weiss, hat dieser Gesetzentwurf von wohlmei­nenden Personen und Institutionen so viel Kritik einstecken müssen wie selten ein Gesetzentwurf zuvor. Alle, die sich an diesem Verfahren beteiligt haben, waren für E-Government, waren für die neue Technologie und waren für diese neuen, auch wirtschaftlichen Bereiche. Und trotzdem ist hier eine Summe an Kritik herausge­kom­men, die ich jetzt im Einzelnen nicht anführen will und die ja auch in der Debatte angebracht worden ist. Aber worum es mir geht, ist das, was Sie mit den „ver­fassungsrechtlichen Unschärfen“ meinen.

Dazu gehört sicherlich einmal die Behördenunvereinbarkeit. Die Datenschutzkom­mis­sion, die wir in diesem Bereich haben, auch noch zu einer Kontrollbehörde zu machen, heißt, die falsche Kommission mit dieser Aufgabe zu betrauen. Sie verliert dadurch ihre eigentliche Unabhängigkeit. Datenschutzprobleme bestehen ja auch in einer ganzen Reihe von Fällen, wenn wir zum Beispiel den verfassungsrechtlichen Eingriff in die Kompetenz der Länder sehen. Sie sagen, es wurde alles akkordiert, aber letztlich zwin­gen wir die Länder, sich in ein Kommunikationssystem einzufügen. Es ist eine Unter­ordnung.


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Auch im gesamten Bereich des Beschaffungswesens ist die Frage der Stammzah­lenverwaltung und die Zustellung in kompetenzrechtlicher Hinsicht problematisch, wie das Zustellgesetz überhaupt. Aber dazu würde ich sagen: Gut, diese Unschärfe wer­den wir noch ein paar Jahre mit uns schleppen. Wir hatten ja auch in der Präsidiale die Diskussion über die Stenographischen Protokolle, über die Sicherheit, dass sie zu­gestellt wurden, und dass auch Korrekturen als solche registriert werden. Das betrifft den Bereich des Zustellens. Wir werden sehen, wie wir damit hier im Haus klar­kommen, auch wenn wir das E-Government haben.

Nun zu den Datenschutzproblemen. Es soll für unterschiedliche Bereiche der öffent­lichen Verwaltung unterschiedliche bereichspezifische Personenkennzeichen geben. Aber die Abgrenzung dazu fehlt. Das wäre jedoch wichtig gewesen, auch wichtig ge­we­sen für eine Zustimmung der Grünen, weil es eine unserer Aufgaben als Opposition ist, die Gefahren zu erkennen. Und eine Gefahr, die darin liegt, ist, dass eine weitge­hende Verknüpfung von Daten dadurch möglich ist. (Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Morak.) – Aber die Gefahr, Herr Staatssekretär! Wir haben immer ein gutes Gesprächsklima. Sie sagen jetzt nein, aber das ist nicht im Sinne eines gegenseitigen Zuhörens. Ich nehme Ihr Nein zur Kenntnis. Aber nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass ein kritischer Mensch und eine Fraktion, die immer wieder Probleme sieht, gerade, was die Verknüpfung von Daten betrifft, hiemit ein Problem haben.

Oder die Signaturstandards. Diese werden jetzt unterschritten. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Es werden Signaturstandards unterschritten, auch wenn wir eine Über­gangslösung für jene Verfahren haben. Und nun kommt dazu, dass die Datenschutz­kommission an sich personell ohnedies klagt und an Arbeitsüberlastung leidet. Sie bekommt jetzt eine Reihe von Aufgaben dazu. Da wäre es für mich natürlich schon interessant, noch vielleicht vom Herrn Staatsekretär zu hören, was da auch personell an­gedacht ist. Ich glaube, da stimmen wir alle – zumindest jene, die mit der Materie vertraut sind – überein, dass das Klagen dieser Datenschutzkommission auch tat­sächlich richtig ist.

Der letzte Punkt ist noch der Sicherheitsaspekt. Der Sicherheitsaspekt reduziert sich derzeit auf diesen einheitlichen, komplexen Mechanismus. Aber je einheitlicher und je einfacher Dinge sind, umso korruptionsanfälliger sind sie natürlich auch. Der Über­wachungs­prozess ist leichter. Deshalb – lassen Sie mir meine kritische Ader! – finde ich es richtig, dass das E-Government-Gesetz in dieser Form kommt – das ist ein Meilenstein –, aber wie es ausgeführt wurde, dabei gibt es einfach zu große Bedenken.

Nehmen Sie unser Nein als ein kritisches Nein, aber nicht als ein ablehnendes Nein! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Bieringer: Bedingtes Nein! Sie sagen ein bisschen nein!) – Als ein bedingtes Nein.

Aber das geschieht gerade aus der Sorge, Herr Kollege Himmer, gerade aus der Sorge dieser Datenschutzelemente, dieser verfassungsrechtlichen Elemente und der Sorge, dass wir nicht allzu gläsern werden wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.20

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse getrennt erfolgt.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche nunmehr jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004, mit dem ein Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetz geschaffen und das Vermessungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

3. Punkt

Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001 (III-236-BR/2002 d.B. sowie 6963/BR d.B.)

4. Punkt

Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002 (III-249-BR/2003 d.B. sowie 6964/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Ich freue mich, dass die Volksanwälte bei uns eingetroffen sind und begrüße sie ganz herzlich.

Berichterstatter zu den Punkten 3 und 4 ist Herr Bundesrat Höfinger. Ich bitte ihn um die Berichte.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­me und Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Bundesrates!

Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001. Dieser Bericht liegt Ih­nen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bringe den zweiten Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002. Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2002 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Vielen Dank für die Berichte bezie­hungsweise für die Antragstellung.


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Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


11.24

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte vorsitzende Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Ich danke Ihnen zuerst sehr herzlich für die Berichterstattung. Die Berichte sind ausgezeichnet, informativ und übersichtlich. Ich möchte namens der Fraktion auch einen Dank für die unbürokratische Hilfestellung für unsere Bürgerinnen und Bürger in unserem Staat aussprechen. Viele kommen dadurch zu ihrem Recht oder erhalten zumindest eine Rechtsauskunft. Es gibt daher eine große Akzeptanz in der Bevölkerung und der „klei­ne Mann“, sozusagen vor Ort, attestiert Ihnen politische Unabhängigkeit und ein offenes Ohr für seine Sorgen.

Gewaltig ist auch die Steigerung der Anlassfälle von 9 032 im Jahr 2001 auf 14 851 im Jahr 2002. Allerdings wird ein Drittel aus Nichtzuständigkeit zurückgewiesen. Diese Quote wäre sicher zu hinterfragen und es wäre zu prüfen, ob es eventuell mit der medialen Präsenz zu tun hat, dass viele Beschwerdeführer ihre Anliegen oder Streitfälle bereits automatisch von Ihnen vertreten sehen oder dies auch annehmen.

Bemerkenswert sind auch die 7 410 abgeschlossenen Prüfungsverfahren im Jahre 2002, da in diesem Jahr eigentlich nur 6 896 Verfahren angefallen sind. Offenbar wur­de da ein Rückstand aus dem Vorjahr abgearbeitet. In lediglich 642 Fällen war also die Beschwerde berechtigt. Das sind ganze 8,7 Prozent.

Im Bericht werden auch die Bürger- und Behördenkontakte, wie Vorsprachen, Sprech­tage, Schriftverkehr und so weiter erörtert. Nun ist die Volksanwaltschaft seit 1. April 1997 über E-Mail erreichbar. Weiters steht ja ein Online-Beschwerdeformular zur Ver­fü­gung. Da würde mich interessieren, wie es mit der Häufigkeit der Kontakte im Online­betrieb ausschaut, da es in diesem Bericht keine Hinweise darauf gibt.

Ein wichtiges Kapitel sind auch die legistischen Anregungen. Von den 137 Anregungen wurden, großzügig gerechnet, 15 Prozent aufgegriffen. Da wären durchaus Erweiterun­gen denkbar oder auch wünschenswert.

In den Grundrechten gibt es für viele Menschen in unserem Land Wissensdefizite. Es wird ihnen nicht immer die notwendige Beachtung geschenkt. Im 25. Bericht der Volks­an­waltschaft wurde in dankenswerter Weise ein eigener Grundrechtsteil aufgenom­men. Dies betrifft Fälle wie zum Beispiel Freiheit und Sicherheit, Erwerbsfreiheit, Da­ten­schutz, Minderheitenrechte, Hausrecht, Verfahrensfreiheit und vieles andere mehr. Diesem Grundrechtsverständnis ist sicher weiterhin besonderes Augenmerk zu schenken. Es ist also die Aufnahme dieser Dinge in Ihren Bericht besonders zu be­grüßen.

Abschließend darf ich sagen, es handelt sich um einen sehr positiven Bericht und ich danke der Volksanwaltschaft nochmals sehr herzlich für die bürgernahe Tätigkeit. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen.)

11.27

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Schim­böck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.28

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Unsere Vizepräsidentin Haselbach hat ein­mal gemeint, dass die Aufgaben der Landesverwaltung und der mittelbaren Bun-


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desverwaltung insgesamt in der Regel derart administrativ verwoben sind, dass es für den einzelnen Bürger oft nur mehr schwer nachvollziehbar ist, wo jetzt der richtige Behördenweg zu finden ist. Und in dieser Hinsicht ist unserer Volksanwaltschaft wirk­lich zu gratulieren. Es gelingt Ihnen Jahr für Jahr wieder, zahlreichen Menschen beim Umgang mit den Behörden behilflich zu sein.

Ich möchte mich heute als Vertreter der Wirtschaft kurz zwei Bereichen zuwenden, die von Ihnen abgehandelt wurden und wo, glaube ich, ein großes Defizit in puncto Rechtsdurchsetzung besteht, wo sich aber auch große Probleme für den recht­suchen­den Bürger ergeben, der den Weg in die Selbständigkeit wählt. Alleine in jenem Bundesland, aus dem ich komme, waren das im Vorjahr etwa 5 000 überwiegend auch junge Menschen.

Sie haben sich in Ihren Berichten vieler Problemen wie jener der Zahntechnik, aber auch jener junger Menschen, die sich einer Meisterprüfung unterzogen haben, ange­nommen. Dabei stößt man natürlich auf die Reform der Gewerbeordnung, die Sie ganz dezidiert in Ihrem Bericht ansprechen, die Gewerbeordnungsnovelle 2002, die sich ja eigentlich fast als eine Gesamtreform der Gewerbeordnung dargestellt hat. Dem widmen Sie sich hier besonders.

Es war Zielsetzung dieser Novelle, eine Liberalisierung, einen vereinfachten Gewerbe­zugang zu erreichen. Das wurde auch von meiner Fraktion gefordert. Ihren Berichten muss ich allerdings entnehmen, dass sich dieser vereinfachte Gewerbezugang vielfach in das Gegenteil verkehrt hat. Die so genannten Nachsichten, die früher von der Lan­desbehörde erteilt wurden, wurden jetzt an die Bezirkshauptmannschaften und Magis­trate in den Städten mit eigenem Statut delegiert, und das bringt eine Vielzahl von Problemen mit sich, weil die Magistrate nur sehr vereinzelt mit Fällen konfrontiert wurden, die davor bei einer Stelle in jedem Bundesland angesiedelt waren.

Zum Beispiel findet im Falle einer Meisterprüfung wirklich ein Hürdenlauf eines jungen Menschen statt. In diesem Zusammenhang wurden von der Volksanwaltschaft Anre­gungen an die Legistik, an den Gesetzgeber gegeben, die unbedingt beachtet werden sollten.

Ein weiterer Fall, der von der Volksanwaltschaft angesprochen wird und der bei der letzten Gewerberechtsnovelle nicht entsprechend berücksichtigt wurde, betrifft den Bereich der Zahntechniker. In allen skandinavischen Ländern wird von den gewerb­lichen Zahntechnikern eine Reihe von Arbeiten durchgeführt, die bei uns nur von Ärzten durchgeführt werden dürfen. Das würde insgesamt eine große Verbilligung im Gesundheitssektor zur Folge haben und würde dieses Gewerbe, wo es eine entspre­chende Ausbildung gibt, auch um einiges aufwerten. Ich glaube, da ist ein großer Aufholbedarf gegeben.

Ich möchte Ihnen gratulieren, dass Sie immer wieder diese sicherlich sehr kontro­versiell zu diskutierenden Bereiche aufgreifen und da wirklich große Hartnäckigkeit an den Tag legen.

Es gibt zwei Prüforgane des Nationalrates, und da möchte ich vor allen Dingen der Volksanwaltschaft zu einem gratulieren: in welch ökonomisch vorbildlicher Weise sie tätig wird! Ich habe mir das einmal durchgerechnet und darf sagen: Man kann nicht einmal mehr in Promillen messen, wie bescheiden sich eigentlich die Aufwendungen seitens des Bundeshaushalts für die beiden Kontrollorgane des Nationalrates, den Rech­nungshof und die Volksanwaltschaft, ausnehmen. Es wird in der Volks­anwalt­schaft mit großer Effizienz gearbeitet, und das trotz Ansteigen der Zahl der Fälle. Man kann Ihnen dazu wirklich nur gratulieren!


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Noch eine Bitte: Ich habe eine kleine Umfrage in meinem Bereich gemacht und kam zu dem Ergebnis, dass noch mehr Öffentlichkeitsarbeit angesagt ist. Es sollten noch mehr Menschen in dieser Republik darauf hingewiesen werden, dass sie die Institution Volksanwaltschaft in Anspruch nehmen können.

Ich bringe abschließend ein Zitat: Es hat in diesem Hohen Haus anlässlich eines run­den Geburtstages der Volksanwaltschaft der damalige Präsident des Verfassungs­gerichtshofes Adamovich gemeint:

„Es ist eine Tatsache, dass auch der perfekteste Rechtsstaat nicht immer geeignet ist, dem Bürger die Angst vor dem übermächtigen Apparat der Verwaltung zu nehmen. Ein perfektes Rechtsschutzsystem kann nicht ohne Formalismus funktionieren; das bedingt eine gewisse Kälte, die die Menschen schreckt.“

Meine Damen und Herren! In einer Zeit, in der den Problemstellungen vieler Bevölke­rungsgruppen mit einer sehr großen Kälte begegnet wird, bedarf es einer Institution wie der Ihren, also der Volksanwaltschaft, mehr denn je. – Ich danke für Ihre Aufmerk­sam­keit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.34

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

 


11.34

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Volksanwalt! Werte Herren Volksanwälte! Auch ich darf vorweg den Dank an die Volksanwaltschaft namens meiner Fraktion aussprechen für die Tätigkei­ten, die Sie als Institution Volksanwaltschaft in Form von Bürgerservice durchführen. Man könnte sagen: Sie werden damit dem gesetzlichen Auftrag gerecht.

Meine Damen und Herren! Man sollte bei einer Debatte über eine Prüfinstanz, über eine Prüfeinrichtung aber auch nicht verschweigen, dass es neben dem gesetzlichen Auftrag eine sehr wichtige Komponente gibt, nämlich die menschliche Komponente, und diese menschliche Komponente hat sicherlich in der Volksanwaltschaft einen hohen Stellenwert. Es gibt nämlich viele Anliegen, für die die Volksanwaltschaft nicht zuständig ist, wo die Rechtsgrundlagen nicht oder nur teilweise gegeben sind, aber die Volksanwaltschaft ist immer für den Beschwerde- oder Klageführer unterstützend und beratend sowie informierend tätig.

Gerade bei der menschlichen Komponente sind – und das muss einem immer bewusst sein – vor allem Gefühl und Sensibilität gefordert. Da ist das Handeln, das ja auf Freiwilligkeit beruht, oft sehr schwierig.

Meine Damen und Herren! Insbesondere im so genannten Graubereich hat die Volks­anwaltschaft Gefühl bewiesen, und zwar für beide Seiten: sowohl für den Beschwer­deführer als auch für den so genannten Beklagten, also für jenen, gegen den Be­schwer­de geführt wird.

Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, weil diese Komponente im Bericht der Volksanwaltschaft keine Erwähnung findet, der Institution Volksanwaltschaft aber dafür Applaus und Dank gebühren.

Meine Damen und Herren! Natürlich könnten die gesetzgebenden Körperschaften immer auf das Ergebnis der Prüfberichte reagieren und alles sofort in Normen und Ge­setze kleiden. Gerade bei dieser Diskussion kann es zu unterschiedlichen Auffas­sungen und zu unterschiedlichen Positionen zwischen der gesetzgebenden Körper­schaft und der Prüfinstanz, also der Volksanwaltschaft, kommen.


Bundesrat
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Es kommt ja auch bei der Diskussion von Prüfberichten und Feststellungen durch eine Prüfinstanz innerhalb der parlamentarischen Fraktionen zu unterschiedlichen Positio­nen, und ich würde das unter dem Titel: Das ist gelebte Demokratie!, abtun, aber es muss für eine Prüfinstanz deprimierend sein, wenn zwar Rechtsnormen in ausreichen­dem Maß gegeben sind, die Vollziehung dieser Rechtsnormen beziehungsweise die Umsetzung dieser Rechtsnormen aber nicht entsprechend erfolgt, wenn gelinde gesagt den Rechtsgrundlagen beziehungsweise Rechtsnormen nicht entsprochen wird.

In diesem Zusammenhang nenne ich nun ein Beispiel aus dem Bericht, das dies tref­fend aufzeigt, und zwar den Fall der so genannten Schanigarten-Verordnung in Graz. Es regelt, wie wir alle wissen, die Gewerbeordnung – im weitesten Sinne im Wege der Betriebsstättengenehmigung – die so genannten Öffnungszeiten in der Gastro­nomie und beim Betreiben der Schanigärten.

Es wird sinnvollerweise den Landeshauptleuten die Möglichkeit einer so genannten individuellen Lösung eingeräumt. Das macht auch Sinn, weil die Betriebsstrukturen unterschiedlich sind. Es gibt Saisonbetriebe, unterschiedliche Standorte und ähnliche Dinge mehr. Aber wenn schon der Gesetzgeber diesen Spielraum in der Vollziehung den Ländern gibt, dann sollte es doch nicht wie bei der besagten Schanigarten-Ver­ordnung in Graz zu einem so genannten Generalbescheid kommen, wonach hin­sichtlich der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Sonderregelung nicht differen­ziert wird!

Wenn man sich aber zu einer Generallösung wie bei dem so genannten General­bescheid bekennt, dann sollte die Genehmigung nicht auf Bescheidwege erfolgen, sondern dann sollte dies eigentlich schon der Gesetzgeber im Gesetz so regeln.

Meine Damen und Herren! Generalbescheide sehe ich insofern problematisch, als dabei einerseits der individuelle gestalterische Spielraum, der erforderlich ist, einge­schränkt wird und andererseits die Gesetzgebung selbst dadurch in Frage gestellt wird. Wenn ein Generalbescheid oder ein Generalerlass für das Land erforderlich ist, dann sollte man es in einer Rechtsnorm verankern beziehungsweise im Gesetz regeln.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns zur Volksanwaltschaft und zu deren Tätigkeit bekennen, dann sollten wir die Feststellungen der Prüfinstanz, in diesem Fall der Volksanwaltschaft, diskutieren und uns damit auseinander setzen, dann sollten wir entweder die entsprechenden Regulative in Form von Rechtsnormen schaffen oder eben erklären, dass wir diese Normen nicht wollen. Wir sollten aber nicht, wie in dem von mir zitierten Beispiel aus der Steiermark, Anregungen und Feststellungen der Prüf­instanz Volksanwaltschaft dazu verwenden, die Rechtsnorm zu umgehen, denn damit wird nicht nur das Problem nicht gelöst, sondern damit stellen wir auch die Volks­anwaltschaft und uns selbst, nämlich die Gesetzgebung, in Frage.

Dieses Infragestellen, meine Damen und Herren, kann nicht Aufgabe und Ziel einer gesetzgebenden Körperschaft sein, sondern wir sollten im Sinne der Volksanwalt­schaft, im Sinne des Auftrages einer gesetzgebenden Körperschaft danach trachten, dass wir zufriedene Menschen haben, dass wir Menschen haben, die an die Gesetz­gebung und an die normative Kraft der Gesetze glauben. Das würde nicht nur der Institution Volksanwaltschaft, sondern der Politik insgesamt gut tun. – Noch einmal herzlichen Dank der Volksanwaltschaft für ihre Tätigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.41

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 



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11.42

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Auch von meiner Seite kommt ein großes Kompliment für Ihre Tätigkeit, aber auch für die beiden heute in Beratung stehenden Berichte.

Noch einmal: Es tut mir Leid, dass wir im Ausschuss nach einer sehr interessanten Debatte auf Grund der Überschneidung von Ausschüssen einen Abbruch des Ge­spräches mit Ihnen hinzunehmen hatten – einen Abbruch nicht im Sinne von Abbruch, sondern die Beratungen mussten wegen zu wenig anwesender Bundesräte unterbro­chen werden, es musste auch ein anderer Ausschuss beschickt werden. Ich hoffe, dass das in Zukunft vermieden werden kann. Ich danke Ihnen ganz besonders, dass Sie selbst gekommen sind und dass daher die Erörterung und Befassung der Berichte in einer ganz anderen Weise und Qualität möglich war, als das bei so manchen Minis­terien der Fall ist.

Neben der finanziellen, rechtlichen und politischen Kontrolle im Staat hat sich die Volks­anwaltschaft seit ihrem Bestehen als wahrscheinlich die bürger- und bürge­rinnennäheste Kontrollmöglichkeit und auch Erstanlaufstelle etabliert, und die Zahlen der Anbringungen sind beeindruckend. Vom Jahre 2000 auf das Jahr 2002 gab es nahezu eine Verdoppelung von 8 000 auf über 14 000 Anbringungen. Das ist schon eine sehr beachtliche Entwicklung.

Nur: Die Volksanwaltschaft hat zu Recht festgehalten, dass dadurch ein erhöhter Res­sourcenbedarf gegeben ist. Es wurde zwar der sachliche Ressourcenbedarf abge­deckt, aber es gibt ja auch einen personellen. Wenn es doppelt so viele Fälle gibt wie vorher, dann wird das im personellen Bereich nicht mit demselben Personalstand zu bewältigen sein, auch wenn die Zahlen der Volksanwaltschaft zeigen, dass relativ rasch und auch sehr unbürokratisch reagiert wird. Ich hoffe also, dass es zu einer besseren Ausstattung der Volksanwaltschaft auch in personeller Hinsicht kommt, damit man dieser wahren Flut von Anbringungen seitens der Bürgerinnen und Bürger Herr werden kann und den Anliegen der Bevölkerung Rechnung trägt, denn da ist das Geld für eine gute Sache ausgegeben.

Lassen Sie mich noch auf zwei, drei Punkte eingehen. Herr Kollege Saller hat gemeint, es sei wichtig, dass auch ein Grundrechtsteil im Bericht der Volksanwaltschaft ent­halten ist. Ich sage: Das ist sogar ein Quantensprung! Das war mehr als nur wichtig! Erstmals gibt es ein eigenes Kapitel zu Grundrechtsfragen.

In der politischen Praxis unseres Landes ist es nämlich so, dass es schon jahr­zehntelang eine ganz verkorkste Grundrechtsdebatte gibt. Man weiß gar nicht mehr, wer aller eine Grundrechts-Enquetekommission eingerichtet hat. Jetzt widmet die Volks­anwaltschaft in ihrem Bericht 2001 erstmals Grundrechtsfragen ein eigenes Kapitel. Dafür gebührt der Volksanwaltschaft wirklich ein großes Kompliment. Damit hat sie unserer Republik einen großen Dienst erwiesen.

Das ist auch insofern sehr positiv, als es nun einen Überblick über die grundrechtlich problematischen Gesetze und Vollzugsakte in Österreich gibt. Ich habe schon im Ausschuss gesagt, was für mich dabei besonders interessant war, nämlich dass immer wieder das Grundprinzip der Rechtsstaatlichkeit bei den Dauerbrennern der sozialen Debatte angesprochen wird, etwa bei der vorläufigen Einstellung der Notstandshilfe, bei der Einstellung der Familienbeihilfe, bei den Ambulanzgebühren, wo es eine unklare Rechtslage gab – das kennen wir zwar schon, das haben wir sehr lange diskutiert, aber das war für den Bericht 2001 noch von Wichtigkeit –, bei der Invaliditätspension oder bei der Ermittlung des Arbeitslosengeldanspruches. Dort, wo in diesem Land vielfach eine falsche Schmarotzer-Debatte geführt wird, wird in


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Wirklichkeit immer wieder der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gefährdet. Es sind hier viele Fälle dokumentiert, in welchen Bezugsempfänger und -empfängerinnen zu Recht Klage geführt haben.

Was meiner Meinung nach besonders wichtig ist – dabei möchte ich aber nicht in einzelne Fälle eingehen, denn dazu ist der Ausschuss da und weniger die Plenar­debatte –, das ist die Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft. Seit drei Jahren gibt es geradezu eine Lawine an Ausgliederungen und Auslagerungen ganz großer Bereiche, und immer wieder wird mit beschlossen, dass das nicht mehr in den Kompetenzbereich der Volksanwaltschaft fällt. – Das ist eine bedauerliche Entwicklung!

Meine Damen und Herren! Dass die ausgegliederten Rechtsträger nicht mehr unter die Kompetenz der Volksanwaltschaft fallen, ist zutiefst bedauerlich.

Herr Kühnel, Sie schauen so traurig drein, aber Sie sind es doch, die das beschließen! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Ich kann da nichts machen! Bei den Bundesforsten ist das „hopp, hopp!“ gegangen, und alle waren draußen, ja sogar der Rechnungshof ist draußen, und auch die Volksanwaltschaft ist draußen. Sie müssen bei der Ausgliederung ein bissel mehr aufpassen und dürfen nicht immer nur hurra schreien! Sie müssen darauf achten, wer eigentlich damit ausgeschlossen wird. Die drei Volksanwälte, die Dame und die beiden Herren, sind dadurch ausgeschlossen. Aber auch die Bürger und Bürgerinnen mit ihren Bedürfnissen und ihren Beschwerden sind eigentlich von dieser Kontrolle ausgeschlossen.

Eine wichtige Weiterentwicklung für die Volksanwaltschaft wäre die Möglichkeit der Erhebung einer Amtsbeschwerde bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechtes zur Wahrung des Gesetzes. Wichtig für die Volksanwaltschaft wäre auch die Möglichkeit, ein Normprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof zu veranlassen. Damit könnte die Volksanwaltschaft in eine andere rechtliche Position gehoben werden. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Was ich auch für wichtig halte, Herr Kühnel, das ist, dass es, wenn die Volks­anwaltschaft ein Prüfungsverfahren durchführt, eine Hemmung bei den Verjährungs­fristen gibt. Das wäre ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung der Volksanwalt­schaft. Wichtig wäre auch die Möglichkeit der Fristsetzung bei der Abgabe von Stel­lungnahmen und auch bei den Akten, die die Volksanwaltschaft anfordert. (Bundesrat Dr. Kühnel: Der Konvent ...!)

Wissen Sie, der Konvent wird zum absoluten Nebelwerfer für alles. Kaum steht man hier heraußen, hört man von irgendwo den Ruf: Kommt in den Konvent! Also der Konvent ist ja schon tot alleine auf Grund der Zwischenrufe „Kommt in den Konvent!“. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage das hier als einer, der sich für den Konvent ausgesprochen hat. Ich habe immer gesagt, das, was der Herr Hösele initiiert hat, ist gut und richtig, aber bitte, bitte, bitte: Äpfel bleibt bei den Äpfeln und geht nicht zu den Birnen! Der Konvent kann das alles nicht schaffen, aber natürlich ist auch da ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Herr Kühnel, Sie haben natürlich Recht: Es ist auch ein Thema des Konvents, aber man muss entsprechend Druck machen! Aber man muss hier auch sagen, an die Adresse des Gesetzgebers gerichtet: Die Volksanwaltschaft hat hervorragende Arbeit geleistet, sie wird von der Bevölkerung akzeptiert, und das seit Jahrzehnten, es gibt nun eine Verdoppelung der Zahl der Anbringungen, aber aus der Perspektive von Jahr­zehnten kann man sagen: Sie braucht diese und diese Kompetenzen!

Ob der Konvent in seiner großen Erhabenheit und Allwissenheit das dann auch umsetzt, ist eine andere Frage. Aber für den Gesetzgeber, für den Nationalrat und für


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den Bundesrat, ist es wichtig, der Volksanwaltschaft jene Mittel der Weiterentwicklung zu geben, die sie braucht.

Ich glaube, dass in den Bereichen, die ich hier angerissen habe, auch von den Volks­anwälten die Meinung vertreten wird, dass diese Kompetenzen der Volksanwaltschaft gegeben werden müssen, aber nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag, im Konvent, wo wir vielleicht auf ein Begräbnis erster Klasse warten dürfen – wie bei so mancher Petition, die in den Ausschuss kommt und dann nie mehr gesehen wird. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.51

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm. – Bitte.

 


11.51

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Volksanwältin! Meine sehr geehrten Herren Volksanwälte! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorweg erscheint es auch mir angebracht, Dank zu sagen – Dank nicht nur einmal mehr für den wieder so professionell wie inhaltlich informativ und anspruchsvoll erstellten Bericht, sondern vor allem auch Dank der Volksanwaltschaft im Ganzen und den einzelnen Volksanwälten im Besonderen für ihr hohes Engagement für den rechtssuchenden Bürger und ihr erfolgreiches Wirken in diesem Zusammenhang; das haben ja auch meine Vorredner und -rednerinnen schon angesprochen. Ich stehe auch nicht an zu sagen, dass Sie uns Politikern ein Vorbild an gelebter Bürgernähe darstellen.

Nun zum Unerfreulichen, das ich dem Bericht selbst entnehme.

Als Rechtslehrer in einem mit der Rechtspflege eng verbundenen Fachgebiet schmerzt es mich besonders, dass gerade Missstände im Bereich der Justiz eine leider relativ hohe Zahl der Beschwerdefälle ausmachen. Zwar ist mir klar – es macht es allerdings nur noch schlimmer –, dass die Rechtssprechung im engeren Sinne schon im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit und das Prinzip der Gewaltenteilung der auf die Verwaltung bezogenen Prüfungskompetenz der Volksanwaltschaft grundsätzlich ent­zogen ist. In allen Fällen, in denen sich die Volksanwaltschaft daher für unzuständig er­klären muss, ist sie aber doch anerkennenswerterweise bemüht, nicht nur auf die für Rechtsberatungen zuständigen Stellen hinzuweisen, sondern auch selbst die nötigen Rechtsaufklärungen zu erteilen.

Aber so absolut unzuständig ist die Volksanwaltschaft ja gar nicht, denn der Haupt­anlass der Beschwerden, nämlich die in vielen Fällen überlange Verfahrensdauer, müss­te ja an sich zu entsprechenden Maßnahmen der Dienstaufsicht der dafür zustän­digen Justizverwaltungsbehörden führen. Die Justizverwaltung und das Funktionieren der ihr aufgetragenen Dienstaufsicht unterliegen dann aber durchaus der nachprüfen­den, ja auch begleitenden Kontrolle durch die Volksanwaltschaft.

Leider besteht bezüglich der Verfahrensdauer vielfach allzu berechtigter Grund zur Kritik. Gewiss gibt es dafür vielfältige Ursachen. Sie reichen von unzureichender Infor­mationsaufnahme der Parteienvertreter über bewusste Verschleppungstendenzen, ins­besondere der beklagten Parteien und ihrer Anwälte, über die objektive Notwendigkeit zeitraubender, grenzüberschreitender Rechtshilfe im Beweisverfahren und die über­lange Dauer der Erstellung von Gutachten überlasteter, vielleicht auch allzuviel be­schäf­tigter Sachverständiger von einem Jahr und längeren Zeiträumen bis hin zu bedauerlichen Defiziten in der Prozessleitung der erkennenden Gerichte.

Dafür sind zum Teil auch Krankenstände, Richterwechsel, Überlastung einzelner Rich­ter, personelle Engpässe, also institutionelle Defizite, außer Evidenz geratene Akten –


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das sollte es nicht geben – mit verantwortlich. Leider ist aber auch die Rede davon, dass es unentschlossene oder zögerliche Arbeitsweise des zuständigen Richters gibt oder fehlende Zielstrebigkeit in der Verfahrensführung durch den Richter. Davon ist explizit die Rede – auch in den Beantwortungen seitens der Justizverwaltungsorgane.

Lassen Sie mich Einzelnes aus dem Bericht herausgreifen: Im 26. Bericht der Volks­anwaltschaft für das Jahr 2002 wird etwa ein Umweltstrafverfahren angeführt, das erst nach sage und schreibe mehr als zwölf Jahren abgeschlossen werden konnte, und das nach mehrmaligem Einschreiten der Volksanwaltschaft!

Besonders skandalös erscheint mir aber die Behandlung einer von der Staatsanwalt­schaft Wien im Jahre 1994 eingebrachte Ehenichtigkeitsklage – ich betone: einer Ehenichtigkeitsklage!; Sie wissen, da geht es um den gültigen Bestand einer Ehe –, die bis zum Zeitpunkt der Erstattung des Berichtes 2002 nicht erledigt worden ist – ich hoffe, dass es inzwischen geschehen ist –, und das wegen gravierender Untätigkeit sowohl der antragstellenden Staatsanwaltschaft als auch des befassten Gerichtes, in diesem Fall konkret des Bezirksgerichts Hietzing. Die für die Dienstaufsicht zustän­digen Organe nahmen selbst diese untragbaren Verfahrensstillstände nicht etwa zum Anlass, geeignete Maßnahmen zu setzen. Auch da bedurfte es mehrmaligen Ein­schrei­tens des zuständigen Volksanwaltes.

Bewusst habe ich die wegen überlanger Verfahrensdauer festgestellten Missstände herausgegriffen, weil sie ja zugleich einen schweren Verstoß gegen das im Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf eine angemessene Verfahrensdauer bedeuten. Umsomehr ist es zu begrüßen – auch das ist heute zu Recht anerkennend hervorgehoben worden –, dass sich die Volksanwaltschaft aus eigenem Antrieb dazu entschlossen hat, seit dem 25. Bericht in ihren laufenden Jahresbericht einen so genannten Grundrechtsteil einzubauen, der offen legt, inwieweit die staatliche Vollziehung, aber auch die Gesetzgebung ihrer verfassungsrechtlichen Grundrechtsbindung entspricht oder nicht entspricht.

Gerade die im Bericht aufgezeigten und von mir kritisierten Verfahrensverzögerungen legen es dringend nahe, einer zentralen rechtspolitischen Forderung der Volksanwalts­chaft zu entsprechen. So fordert sie – meines Erachtens zu Recht –, ihr die Antrags­legitimation zur Einbringung eines Fristsetzungsantrages im Sinne des § 91 Gerichts­orga­nisationsgesetz einzuräumen. Eine solche Antragsbefugnis der Volksanwaltschaft als Amtspartei – natürlich auszuüben im Einvernehmen mit der betroffenen Verfahrens­partei – scheint mir nicht minder gerechtfertigt als etwa eine Verbandsklage im Interes­se des Konsumentenschutzes.

Wir stehen auch hinter zahllosen anderen Anliegen der Volksanwaltschaft. Abgesehen von der besseren Ausstattung mit sachlichen und personellen Ressourcen – das ist natürlich ganz vordringlich –, liegt es uns auch daran, die Volksanwaltschaft darin zu unterstützen, dass sie ein Normenkontrollverfahren einleiten und gegebenenfalls auch eine Amtsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einbringen kann.

Ein ganz besonderes Anliegen ist uns natürlich auch die Ausdehnung der Prüfungs­kompetenz auf ausgegliederte Rechtsträger analog zur Prüfungstätigkeit des Rech­nungs­hofes. Ich habe Gelegenheit im Konvent – und ich werde sie wahrnehmen, auch wenn ihn Kollege Schennach nicht für sehr erfolgversprechend hält –, in den Arbeitskreisen, in denen ich tätig bin, entsprechend darauf hinzuwirken.

Die Steigerung der leider dem Bundesministerium für Justiz zuzuordnenden Beschwer­defälle und sonstigen Eingaben von über 60 Prozent bedeuten eine bemerkenswerte Steigerung des Aufwandes. Freilich umfassen diese auch Anrufungen der Volksanwalt­schaft, die Ersuchen um Rechtsauskünfte darstellen.


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Letztlich denke ich, dass die generell steigende Zahl der Beschwerdefälle auch ein klares Indiz für eine Erfolgsgeschichte darstellt, die sich in der Entwicklung der Volks­anwaltschaft zeigt. Diese Steigerung erklärt sich insgesamt wohl auch aus der erhöhten Publizität dieser Rechtsschutzeinrichtung auf Grund der regelmäßigen Fern­seh­sendungen der Volksanwälte in ORF 2, nämlich der ORF-Bürgerrechtssendung „Volksanwalt – Gleiches Recht für alle“. Diese Sendereihe wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen.

In diesem Sinne wünsche ich der Volksanwaltschaft weiterhin erfolgreiches Wirken und erkläre abschließend, dass meine Fraktion den Bericht der Volksanwaltschaft mit voller Anerkennung zur Kenntnis nimmt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.00

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Volksan­wältin Rosemarie Bauer. – Bitte.

 


12.00

Volksanwältin Rosemarie Bauer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren Bundesräte! Lassen Sie mich als derzeitige Vorsitzende einige grundsätzliche Bemerkungen zu unserem Bericht machen. Es freut mich, dass wir Ihnen die Berichte über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft in den Jahren 2001 und 2002 vorlegen können.

Von einzelnen Bundesräten ist das erhöhte Beschwerdeaufkommen angesprochen worden. Schon im Bericht 2001 werden Sie einen Anstieg der Zahl der Beschwerden bemerkt haben. Das ist auch dadurch erklärbar, dass nach 25 Jahren zum ersten Mal wieder drei Volksanwälte zur gleichen Zeit das Amt übernommen haben. Das hat in den Medien einige Aufmerksamkeit erregt, es hat unser Jubiläumsjahr einige Aufmerk­samkeit erregt, und ab 1. Jänner 2002 haben wir die wöchentliche von Bundesräten bereits angesprochene Fernsehsendung, die uns die Möglichkeit bietet, auch der Bevölkerung unsere Arbeit vorzustellen und darauf hinzuweisen, wofür wir zuständig sind.

Besonders wichtig ist uns auch, der Bevölkerung nicht nur Wege aufzuzeigen, sondern einfach auch das Funktionieren der Verwaltung. Das soll dazu beitragen, vielleicht eigene Fehler zu vermeiden, in einigen Punkten besonders sensibel zu sein und sich automatisch oder schnell genug an Behörden zu wenden und Auskünfte einzuholen.

Dieser erhöhte Bekanntheitsgrad hat, wie gesagt, zu diesen erhöhten Quoten geführt. Ich kann Ihnen sagen, dass sich diese erhöhten Quoten im Jahr 2003 zwar stabilisiert haben, allerdings auf diesem hohen Niveau.

Wenn die nichtberechtigten Beschwerden hier offensichtlich zu Irritationen geführt ha­ben, dann kann ich nur aufklärend sagen: Wir haben den verfassungsgesetzlichen Auftrag, jeder Beschwerde nachzugehen, und wir können erst nach Prüfung fest­stellen, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Das bedeutet für uns nicht weniger Arbeit. Erst wenn die Beschwerde berechtigt ist, stellen wir fest, ob es sich um einen Missstand handeln könnte, oder wenn man noch etwas ändern kann, dann könnten wir eine Empfehlung geben. Das ist der Ablauf unserer Arbeit. (Vizepräsident Mag. Him­mer übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann jetzt nicht sagen, wie viel Prozente der Leute sich in welcher Form an uns wenden. Es gibt aber eine breite Palette von Kommunikationsmöglichkeiten mit der Volksanwaltschaft. Es besteht die Möglichkeit, sich via Internet an uns zu wenden, wobei ich nur sagen kann, dass diese in immer stärkerem Maße genutzt wird. Es besteht auch die Möglichkeit, uns das Problem zu faxen, telefonisch oder schriftlich


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mitzuteilen oder im Rahmen einer persönlichen Begegnung bei den Sprechtagen. Sie sehen, es gibt eine breite Palette von Möglichkeiten, von denen eine je nach Situation, manches Mal auch nach Dringlichkeit oder vermuteter Dringlichkeit von den Beschwer­deführern einfach gewählt wird.

Wenngleich nicht alle unsere Wünsche – wir sind damit auch an Sie herangetreten – hinsichtlich Budget- und Personalaufstockung vom Nationalrat erfüllt wurden, ermög­lichen uns doch die budgetäre Ausstattung und auch die Tatsache, dass ein Teil unserer Personalwünsche erfüllt worden ist, unseren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.

Schon angesprochen wurde der Konvent. Auf Seite 12 unseres Berichtes finden Sie unsere Wünsche und Forderungen an den Österreichischen Konvent. Es wird wirklich eine große Frage sein, welche Veränderungen der Verfassung beziehungsweise auch des Staatsaufbaues dieser Konvent bringen wird. Dies betrifft unter den Kontroll­organen nicht nur die Volksanwaltschaft, sondern natürlich auch den Rechnungshof.

Ich möchte hier trotz eher negativer Betrachtung des Konvents sagen, dass wir Hoff­nungen in diesen Konvent haben. Ich bitte hier gleich all jene, die im Konvent sind, auch Stimmung bei den anderen Konventsmitgliedern dahin gehend zu machen, dass unsere berechtigten Anliegen – ich danke herzlich, dass das auch festgestellt wurde – auch erfüllt beziehungsweise ernst genommen werden. Wir können sie in unseren Berichten auch tatsächlich untermauern.

Auch der Grundrechtsteil wurde dankenswerterweise hoch anerkannt. Es geht uns dabei insbesondere darum, dass wir eine gewisse Sensibilisierung der Verwaltung erreichen, weil gerade die Verwaltung oft auf legistische Änderungen wartet oder auch die Judikatur der Höchstgerichte abwartet. Wir werden diesen Grundrechtsteil auch in die Länderberichte – das darf ich speziell hier im Bundesrat sagen – aufnehmen.

Ich möchte noch auf etwas hinweisen, was nicht in den beiden Berichten steht, was mir aber ein besonderes Anliegen und, wie ich meine, auch Ihnen, nämlich auf die Be­wältigung der Hochwasserkatastrophe 2002, wo wir einen enormen Arbeitsauftrag erwartet haben, wo wir schon Bedenken hatten, ob wir auch personell und budgetär für diese Aufgaben gerüstet sein werden.

Ich darf Ihnen heute sagen, dass ich der Landes- und auch Kommunalverwaltung aller vier betroffenen Bundesländer – nämlich Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Burgenland – wirklich großes Lob und Anerkennung aussprechen muss. Wir haben zwei amtswegige Prüfungsverfahren betreffend die Gleichbehandlung der Betroffenen generell, was die Beträge und Schadensschätzung betrifft, beziehungsweise ob auch ein Kontrollorgan, eine Beschwerdestelle eingerichtet wurde, wo eben jene, die nicht zufrieden sind, dann auch ihr Recht finden, durchgeführt. Es wurde geprüft, ob das Ganze dokumentiert worden ist, ob die Betroffenen auch gewusst haben, welche Mög­lichkeiten sie haben. Wir können hier den Behörden nur große Achtung und Anerken­nung aussprechen. Nicht nur das Verwaltungshandeln war in Ordnung, sondern es ist auch ersichtlich, dass offensichtlich auch großer persönlicher Einsatz der einzelnen Menschen, die diese Behörden letztendlich auch ausmachen, gegeben war, was ich als wirklich vorbildlich bezeichnen möchte. Wir haben auch gesehen, was die Ver­waltung in einer zweifellos extremen Situation wie in diesem Fall wirklich zu leisten im­stande ist.

Es gab in allen vier Bundesländern lediglich zwölf Individualbeschwerden, was uns sehr verblüfft hat. Wir haben mit einem größeren Auftrag gerechnet. Ich muss Ihnen auch sagen, dass keine dieser zwölf Beschwerden berechtigt war. Das zeigt noch einmal, dass dort gut gearbeitet wurde.


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Ihnen allen möchte ich ein herzliches Danke sagen. Ich nehme gerne die Dankes- und Anerkennungsworte entgegen und werde sie an die Mitarbeiter unseres Hauses weitergeben, sie haben sie wirklich redlich verdient. Ihnen kann ich nur versichern, dass wir mit gleicher Kraft und Stärke für eine gute Verwaltung, letztendlich aber für die Bevölkerung weiterarbeiten werden. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

12.08

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Mag. Stadler. – Bitte.

 


12.09

Volksanwalt Mag. Johann Ewald Stadler: Herr Vorsitzender! Hoher Bundesrat! Mei­ne Damen und Herren! Ich möchte auf die an mich gerichteten Fragen aus dem Bericht des Jahres 2002 der Reihe nach eingehen.

Zunächst hat Herr Bundesrat Schimböck die Problematik der Gewerbeordnung hinsichtlich der Befugnisse der Zahntechniker angesprochen, wobei ich nicht verhehle, dass mir das Ganze schon zu lange dauert, weil es eine relativ einfache Frage zu klären gälte, nämlich die Frage, darf ein Zahntechniker nur in Anwesenheit eines Zahn­arztes einem Patienten in den Mund fahren und dabei einen Abdruck vornehmen oder nicht. Selber habe ich als Patient diese Erfahrung gemacht, der Zahnarzt stand da­neben, der Zahntechniker hat den Abdruck vorgenommen, was er genau genommen nicht dürfte.

An sich sollte er das auch dürfen, wenn der Zahnarzt nicht daneben steht. – Das ist die Auffassung der Volksanwaltschaft. Wir glauben, dass das einfach eine wirklich zu restriktive Regelung ist, die das Ganze zu kompliziert und auch zu schwerfällig macht.

Bei den Kontaktlinsenoptikern hat man eine Regelung gefunden, wonach der Optiker einen derartigen Eingriff in die Körpersphäre des Patienten machen darf. Dort gibt es nicht das Problem, dass der Augenarzt daneben stehen muss, wenn er diese Tätigkeit vornimmt, sondern wenn der Optiker dabei einen vom Arzt zu behandelnden Defekt feststellt, dann hat der Kontaktlinsenoptiker das nachweislich dem Patienten zur Kenntnis zu bringen und ihn an einen Arzt weiter zu verweisen.

Meine Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Ich frage: Warum geht das bei den Zahntechnikern nicht? Dies geht in manch anderen europäischen Staaten, aber in Österreich geht dies bis zur Stunde nicht. Ich habe noch keine Stellungnahme des zuständigen Ressortleiters bekommen, wie man in Zukunft diese relativ einfache Problematik zu lösen gedenkt.

Die zweite Frage, die Herr Bundesrat Schimböck gestellt hat, betrifft die vereinfachten Verfahren der Gewerbeordnung. Meine Damen und Herren! Die Volksanwaltschaft hat seit Jahren immer wieder auf das Problem des fehlenden Anrainer- und Nach­barschutzes im vereinfachten Verfahren hingewiesen. Das ist einer der Gründe, warum die Volksanwaltschaft gerade in diesem Segment so stark von Beschwerdeführern auf­gesucht wird. Es gibt keine formelle Möglichkeit, sich gegen Emissionen und Beläs­tigungen durch gewerbliche Anlagen im Verfahren selber hinreichend zur Wehr zu setzen, weil dort die Behörde von sich aus das Anrainerinteresse zu wahren hätte. Sie können davon ausgehen, dass der Anrainer oder der Nachbar nicht immer mit der Interessenwahrung seitens der Behörde im vereinfachten Verfahren einverstanden und damit zufrieden ist.

Bundesrat Weilharter hat die Problematik der Schanigärten-Verordnung, insbesondere der Steiermark, angeschnitten. Die Schanigärten-Verordnung des Landes Steiermark beziehungsweise der Frau Landeshauptmann von Steiermark ist von der Volksan­waltschaft beim Verfassungsgerichtshof angefochten worden. Der Verfassungs-


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gerichts­hof hat sich noch nicht auf dieses Verfahren eingelassen, es behängt also noch. Wir wissen nicht, wie es ausgehen wird. Wir hoffen allerdings, dass der Verfas­sungsgerichtshof eine grundsätzliche Erwägung in der Hinsicht trifft, dass er klärt, ob die im Gesetz, in der Gewerbeordnung, vorhandenen Determinanten ausreichen, um der zuständigen Behörde, in diesem Fall dem zuständigen Landeshauptmann, klarzu­machen, dass er ein Ermittlungsverfahren durchzuführen hat.

Um das Problem darzustellen: Die Gewerbeordnung trifft eine generelle Aussage über die Öffnung, das heißt über Sperrzeiten bei gewerblichen Anlagen „Schanigärten“. Die­se ist generell mit 23 Uhr begrenzt. Der Landeshauptmann hat aber die Möglichkeit, davon abzugehen, wenn er dabei allerdings vorher die touristischen Interessen und die Interessen des Anrainerschutzes, des Nachbarschutzes, und der betroffenen Wohn­bevölkerung gegen einander abwägt.

Meine Damen und Herren! Und das geschieht nicht. Zum Teil geschieht es deswegen nicht, weil der Aufwand dafür unglaublich hoch wäre, und zum anderen, weil man sich damit abfindet, dass sich etwa der innerstädtische Bereich, vor allem in Graz, zuneh­mend entvölkert. Ob das eine bevölkerungspolitisch wünschenswerte Entwicklung ist, das lasse ich dahingestellt. Aber für jene Wohnbevölkerung, die insbesondere in den Sommermonaten vor allem in Innenhöfen davon betroffen ist und keine Nachtruhe mehr findet, ist die Situation seit Jahren akut.

Daher haben wir zunächst einmal im Prüfverfahren erreicht, dass man davon abgegan­gen ist, das Land Steiermark generell zum Verordnungsgebiet zu erklären, wie das nämlich die Gewerbeordnung nicht vorsieht. Die Gewerbeordnung sieht vielmehr vor, das heißt, im Gesetz ist schon vorgesehen, dass man das auf die jeweiligen Grätzel, auf die jeweiligen Stadtteile, ja sogar auf die jeweiligen Straßenzüge begrenzen sollte und dafür ein Ermittlungsverfahren durchzuführen hätte.

Man ist in der Steiermark zumindest so weit gegangen, dass man jetzt die Gemeinden fragt, ob sie überhaupt wollen, dass man die Sperrzeiten verlängert. Früher hat man ge­nerell das gesamte Landesgebiet in den Sommermonaten in diese Sperrzeiten­verordnung einbezogen. Das hat dann dazu geführt, dass sich in Graz beispielsweise nicht nur Krankenhäuser, nicht nur Anrainer bei uns beschwert haben, sondern sogar die Mitglieder des Franziskanerklosters in Graz, die auf Grund dieser Sperrzeiten­verordnung ihrer Kontemplation auch nicht mehr nachgehen konnten.

Meine Damen und Herren! Die Situation ist ernst. Für die betroffene Wohnbevölkerung in diesen touristischen Gebieten stellt sich die Frage, ob sie Ruhe in der Nacht und somit die entsprechende Erholung findet oder nicht. Wir sind guter Dinge, dass der Verfassungsgerichtshof unserer Argumentation in diesem Verfahren folgen wird.

Die nächste Frage des Herrn Bundesrates Schennach und des Herrn Bundesrates Professor Böhm bezieht sich auf Angelegenheiten der Justizverwaltung. Meine Damen und Herren! Es ist ein offenes Geheimnis, und wenn Sie die Berichte der Volks­anwaltschaft der vergangenen Jahre Revue passieren lassen, dann werden Sie fest­stellen, dass es mit einer gewissen Regelmäßigkeit Beschwerden darüber gibt, dass die Gerichtsverfahren nach wie vor einfach zu lange dauern. Das ist nur zum Teil auf die komplizierten verfahrensrechtlichen Regelungen zurückzuführen. Nur zum Teil! Es ist auch – das hat Herr Bundesrat Professor Böhm gesagt – auf Richterwechsel, auf Personalmanagementdefizite, aber auch auf fehlende, also nicht vorhandene Courage zurückzuführen, darauf, dass der zuständige Richter einfach zögert durchzugreifen, vor allem wenn es um die Säumigkeit von Sachverständigen geht.

Meine Damen und Herren! Ich habe Fälle, wo Unternehmen ruiniert wurden, weil das Gericht nichts weitergebracht hat, Gewerbebetriebe kaputtgegangen sind, ja ganze Familien in den Ruin getrieben worden sind, weil es bei Gericht einfach nicht weiter-


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ging, weil der Sachverständige nicht weitergetan hat, weil der Richter keinen anderen Sachverständigen ernannt hat und weil er den Sachverständigen bei den Fristset­zungen nicht entsprechend unter Druck gesetzt hat.

Diese Problematik wäre natürlich von der Dienstaufsicht zu kontrollieren. Allerdings gibt es dort natürlich im Zuge der Berichterstattung durch die zuständigen Richter alle möglichen triftigen Gründe, warum der Sachverständige gerade keine Zeit hat und warum man nicht mehr Druck gemacht hat. Natürlich wäre das auch eine Angele­genheit, die von Visitatoren dann zu überprüfen ist. Aber das alles ist erst dann der Fall, wenn der Schaden beim betroffenen Rechtssuchenden bereits eingetreten ist.

Meine Damen und Herren! Besonders dramatisch ist die Verfahrensverzögerung in dem Bereich, der die menschlichste Seite des Rechtssuchenden betrifft, nämlich im Bereich der Außerstreitsachen, vor allem in Pflegschaftsangelegenheiten. Mein Appell ist, dass dort in Zukunft mit besonderem Augenmerk darauf geachtet wird, dass es zu entsprechenden Verfahrensbeschleunigungen kommt.

Erinnern Sie sich an das Ergebnis dieses spektakulären Falles, der sich jetzt in Salz­burg abgespielt hat, wo sich dann durch die lange Verzögerung plötzlich eine völlig andere familiäre Situation in der Eltern-Kind-Beziehung ergibt, wo plötzlich Entschei­dungen vorhanden sind, die zu vollstrecken sind, obwohl sich in der Zwischenzeit die emotionalen Verhältnisse zwischen dem betroffenen Elternteil und den Kindern völlig verändert haben.

Meine Damen und Herren! Dort ist Verfahrensbeschleunigung ein Gebot der Stunde, weil dort in den sensibelsten menschlichen Bereich, nämlich jenen der Eltern-Kind-Beziehung, eingegriffen wird. Dieser Bereich ist oft Spielwiese nicht nur für Anwälte, sondern auch für ehemalige Ehegatten, ehemalige Lebenspartner, wo dann die Leid­tragenden zumeist die Pflegebefohlenen, nämlich die Kinder, sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Daher mein Appell, besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass es speziell dort in Zukunft zu Verfahrensbeschleunigungen kommt.

Herr Bundesrat Schennach! Der Vorschlag, der offensichtlich im Konvent beraten wer­den soll, dass wir die Möglichkeit bekommen sollen, einen Fristsetzungsantrag zu stel­len, den an sich der Rechtsanwalt stellen könnte, aber aus vielen Gründen, die auch mit der Interessenlage zwischen Rechtsanwalt und betroffenem Richter zu tun hat, nicht stellt, ist evident.

Meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie um Unterstützung dieses Wunsches, weil es im Bereich der Justizverwaltung natürlich Widerstand gibt, der Volksanwaltschaft eine derartige Befugnis einzuräumen. Es ist durchaus nicht systemwidrig, wenn man der Volksanwaltschaft eine derartige Möglichkeit zur Einbringung von Fristsetzungs­anträgen einräumt. Das würde uns unsere Aufgabe im Bereich der Justiz sehr erleich­tern, wenn wir eine Verfahrensbeschleunigung herbeiführen könnten. Derzeit sind wir darauf angewiesen, an den Herrn Justizminister eine Missstandsfeststellung zu richten, damit im Rahmen der Dienstaufsicht dann entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Aber das einfachste Instrumentarium, nämlich durch einen Fristsetzungs­an­trag zur Verfahrensbeschleunigung beizutragen, haben wir bedauerlicherweise noch nicht.

Ich weiß nicht, wie weit die beiden von Ihnen angesprochenen Verfahren sind. Ich habe soeben einen Zettel bekommen. Ein Verfahren betraf Ehenichtigkeitsangelegen­heiten, wo die Staatsanwaltschaft Jahre gebraucht hat, um überhaupt die entsprechen­den Verfahrensschritte zu setzen. Wir haben in beiden Fällen Missstandsfeststellungen an den Herrn Bundesminister für Justiz gerichtet. Ich gehe davon aus, dass der eine


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Fall, so wird mir berichtet, abgeschlossen ist und dass wir im zweiten Fall noch eine Anfrage an das Bundesministerium laufen haben, wie weit dort der Verfahrensstand ist. Eine weitere Verfahrensverzögerung ist nicht mehr hinnehmbar. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. (Allgemeiner Beifall.)

12.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


12.20

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Da­men und Herren des Bundesrates! Der Zufall will es, dass ich als Nächster in der Tagesordnung dran bin, und die Geschäftsordnung lässt es zu, dass ich kurz das Wort ergreife. Ich mache das gerne, weil ich das, was Herr Volksanwalt Stadler gesagt hat, was ich mithören konnte, im Prinzip vorbehaltlos unterstütze. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Phänomen der Verfahrensverkürzung ist eines, das mich ganz besonders be­schäf­tigt. Die Wirkung von kurzen Verfahren wurde bisher weitestgehend auch von Vollprofis, wenn ich das so salopp formulieren darf, unterschätzt. Ich habe vor wenigen Monaten Berechnungen in Auftrag geben lassen, und zwar von dritter Stelle. Seitens des Kreditschutzverbands wurde über mein Ersuchen errechnet, welcher Vermögens­zuwachs für die Volkswirtschaft entstehen könnte, wenn alle strittigen Zivilprozesse innerhalb eines Jahres beendet werden könnten. – Ich wette, dass niemand von Ihnen diese Zahl erraten würde, würde er sie nicht schon kennen. Die frühere Eröffnung sinnlos verschleppter Konkurse hätte einen Zugewinn der Volkswirtschaft um eine Milliarde € jährlich zur Folge.

Jetzt kommt das Phänomen, das die Sache überhaupt zum Phänomen macht: Der Investitionsschub würde bedeuten, dass wir mehr Richter benötigen würden. Wir haben zunächst einmal geschätzt, 200 Richter würden wir dafür benötigen. Diese Zahl ist weit überschätzt. Wir berechnen die notwendige Aufstockung jetzt genauer. Es würden deutlich weniger sein. Die Investition würde lediglich 10 bis 15 Millionen € betragen, das heißt, für 10 bis 15 Millionen € Investition im Personalbereich könnte man nach den Berechnungen des Kreditschutzverbandes der Volkswirtschaft eine Milliarde € Verluste ersparen, weil es dann nämlich zu einer deutlich niedrigeren Anzahl an verschleppten Konkursen kommen würde. In dieser Zahl von einer Milliar­de € ist noch nicht der Betrag enthalten, der dem Finanzministerium zufließen würde, weil ja auch der Finanzminister durch verspätete Konkurseröffnung Abgaben-, Steuern- und Gebührenausfälle verzeichnet. Ich habe diese Fakten bereits öffentlich bekannt gegeben. Im Moment gibt es Beratungen mit den Richtern. Auch der Bundesregierung habe ich dieses Projekt berichtet. Und das wird jetzt diskutiert.

Wenn Herr Volksanwalt Mag. Stadler sagt, dass es Einzelfälle gibt, wo Firmen ruiniert wurden und Familien durch zu lange Verfahren ruiniert wurden, dann tut mir das zutiefst weh, aber ich benötige die Unterstützung aller, um zu einer sinnvollen Ver­fahrensverkürzung zu kommen. Wenn Sie das unterstützen, dann unterstützen Sie damit auch mich, abgesehen davon, dass ich jede Kritik des Volksanwaltes in unserem Justizministerium sehr, sehr ernst nehme. Das war auch in der Vergangenheit so. Ich bin dankbar für diese stringente, strikte und ernsthafte Prüfung. Ich bin dankbar für jeden Hinweis, den wir bekommen, und ich glaube, dass wir die Anfragen der Volks­anwaltschaft auch sehr ehrgeizig und ausführlich beantworten. – Das ist das eine.

Noch kurz zum Fall Christian in Salzburg. Das neue Außerstreitgesetz, mittlerweile vom Nationalrat beschlossen, sieht vor, dass in Fällen, in denen Gewaltanwendung


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notwendig wäre oder die Exekution – entschuldigen Sie das unnette Wort Exekution –, also die Kindesübergabe dramatische Entwicklungen annimmt und das dem Wohl des Kindes zuwiderläuft, die Exekution abgebrochen werden muss. Das war bisher Judi­katur und steht jetzt erstmals ausdrücklich im Gesetz. Solche Bilder, wie wir sie aus Salzburg kennen, möchten wir alle – ich glaube, da sind wir einer Meinung – nie mehr wieder sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Über die gewünschte Möglichkeit eines Fristsetzungsantrages bitte ich mit Vertretern der Wissenschaft zu diskutieren. Die Volksanwaltschaft ist in den Zivilprozessen nicht Prozesspartei. Nach Auffassung österreichischer Verfassungsrechtler können nur Parteien solche Fristsetzungsanträge stellen, diese können also nicht von dritter Seite gestellt werden. Ich bitte die Volksanwaltschaft, diese Diskussion auf wissenschaft­licher Ebene fortzusetzen. Wir überprüfen jetzt die Möglichkeit, über die Revisoren solche Überprüfungen durchzuführen. Das ist aber im Prüfungsstadium. Der Gedanke an sich ist also akzeptiert. Er muss nur verfassungsmäßig durchführbar sein. Und er sollte auch im Konsens mit der Richterschaft, die ja auch an Verfahrenskürzungen interessiert ist, durchgedacht werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.25

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht von der Berichterstattung jemand ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Berichte der Volksanwaltschaft erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Bericht über die Tätigkeit der Volks­anwaltschaft im Jahr 2001.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Bericht über die Tätigkeit der Volks­anwalt­schaft im Jahr 2002.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Konsumentenschutzgesetz Bestimmungen über den Heimvertrag eingeführt werden (Heimvertragsgesetz – HVerG) (202 d.B. und 377 d.B. sowie 6965/BR d.B.)


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6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit während des Aufenthalts in Heimen und anderen Pflege- und Betreuungseinrichtungen (Heimaufenthaltsgesetz – HeimAufG) (353 d.B. und 378 d.B. sowie 6966/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Schlaffer. Ich bitte um ihre Berichte.

 


Berichterstatterin Anna Schlaffer: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem im Konsumentenschutzgesetz Bestimmungen über den Heimvertrag eingeführt werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Feber 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Des Weiteren erstatte ich den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit während des Aufenthalts in Heimen und anderen Pflege- und Betreuungseinrichtungen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor und macht daher eine Ver­lesung nicht notwendig.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Feber 2004 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

 


12.28

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Bei diesen zwei Gesetzen ist es gut, dass der Bund nun im Rahmen seiner Kompetenzen ein Heimvertrags- und Heimaufenthalts­gesetz regelt. Wichtig ist meiner Meinung auch, dass durch dieses Bundesgesetz nicht in die Kompetenz jener Länder eingegriffen wird, die bereits ein Landesheimgesetz haben. Mit diesem Bundesgesetz ist vielmehr ein effizientes Zusammenwirken zwi­schen Bund und Ländern möglich. Ebenso wird bei diesen Gesetzen nicht in die Kom­petenz der Länder für die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb von Pflegeheimen eingegriffen.

Die wichtigsten Punkte im Heimvertragsgesetz sind die Informationspflicht über Verlan­gen des Interessenten, das heißt Informationen über den Vertragsabschluss, die Unter­kunft sowie über die Betreuung und Pflege, der Inhalt und die Form des Heim­vertrages, wie Dauer des Vertragsverhältnisses, die Wohnverhältnisse, allgemeine Verpflegung, Leistungen, Höhe des Entgeltes und eventuelle Sonderleistungen.


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Weiters sind die Persönlichkeitsrechte, wie zum Beispiel das Recht auf die Entfaltung der Persönlichkeit, Selbstbestimmung, Wahrung des Briefgeheimnisses, Recht auf zeit­gemäße medizinische Versorgung, Recht auf persönliche Kleidung, auf eigene Ein­richtungsgegenstände und so weiter, geregelt. Der Heimbewohner oder die Heimbe­woh­nerin kann auch eine Vertrauensperson namhaft machen.

Die Pflichten der Heimbewohner bei gröblicher Verletzung des Vertrages sind ebenfalls in diesem Gesetz geregelt; auch eine Entgeltminderung bei Abwesenheit von mehr als drei Tagen, die Kündigung und die Kaution.

Das Heimaufenthaltsgesetz regelt den Schutz der persönlichen Freiheit, den Geltungs­bereich sowie die Voraussetzungen für eine Freiheitsbeschränkung. Diese darf jedoch nur dann vorgenommen werden, wenn der Bewohner oder die Bewohnerin psychisch krank oder geistig behindert ist und wenn im Zusammenhang damit das Leben und die Gesundheit von ihm oder ihr selbst oder von anderen ernstlich und erheblich gefährdet ist. Der Grund, die Art sowie die Dauer der Freiheitsbeschränkung, die nur von gewis­sen Personen vorgenommen werden darf, müssen schriftlich dokumentiert werden, wobei auch ärztliche Zeugnisse beigelegt werden müssen.

Der bestellte Vertreter oder die Vertrauensperson des Heimbewohners ist berechtigt, die Einrichtung jederzeit unangemeldet zu besuchen. Der Heimbewohner oder die Heim­bewohnerin kann zusätzlich zum Sachwalterverein auch einen persönlichen Vertreter bestimmen – dies ist im Nationalratsausschuss zusätzlich mehrheitlich abge­stimmt worden –, weiters regelt das Heimaufenthaltsgesetz die gerichtliche Überprü­fung all dieser Vorgänge.

Positiv zu bemerken ist, dass im Nationalrat bis Ende 2006 ein Bericht über die Erfah­rungen mit der Anwendung dieses Heimaufenthaltsgesetzes vom Justizminister er­stattet werden muss. Dies bedeutet, dass gerade in diesem sehr sensiblen Bereich die praktische Durchführbarkeit dieses Gesetzes überprüft wird. Ich nehme an, dass dann auch eventuell notwendige Änderungen durchgeführt beziehungsweise Konsequenzen gezogen werden.

Abschließend möchte ich bemerken, dass diese beiden Gesetze natürlich ein Kom­promiss zwischen den Vorstellungen des Bundes und der Länder sind, zum Beispiel auch des Landes Vorarlberg. Mit dem Kompromiss können wir aber leben, daher werde ich diesem Gesetz auch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.33

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Kaltenbacher. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.33

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Pflege und Betreuung alter, behinderter und chronisch kranker Menschen hat in unserer Gesellschaft einen sehr hohen Stel­lenwert und wird auf Grund der demographischen Entwicklung zusehends an Bedeu­tung gewinnen. In zirka 800 Altenheimen werden derzeit in etwa 70 000 Men­schen versorgt und betreut.

Der körperliche und psychische Zustand mancher der in diesen Einrichtungen betreu­ten Menschen erfordert bisweilen freiheitsbeschränkende Maßnahmen. Bis dato agier­ten die Träger beziehungsweise Heimverantwortlichen in einer Grauzone oder teilwei­se auf nichtgesetzlicher Basis. Mit dem Heimaufenthaltsgesetz / Heimvertragsgesetz wird diesem Umstand Rechnung getragen. Leider war es nicht möglich, beide Gesetze in eine für alle Beteiligten verständliche Form zu gießen. Vielleicht kommt es noch dazu, man sollte darüber diskutieren.


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Generell ist aber festzustellen, dass der Anteil der zu Betreuenden auf Grund der be­reits erwähnten demographischen Entwicklung stetig im Steigen begriffen ist. Die Alten­betreuungsheime in den Bezirken schießen aus dem Boden. Daher ist es umso wichtiger, dass – wie bereits von der Kollegin angesprochen – die gesetzliche Basis in gewisser Form geschaffen worden ist.

Derzeit kommt auf 36 Erwerbstätige ein zu Pflegender. Es ist zu bedenken, dass sich dies in den nächsten Jahrzehnten drastisch erweitern wird und dass dann 18 Erwerbs­tätige einen zu Pflegenden quasi werden finanzieren müssen. Einerseits gibt es schon jetzt Probleme beim Pflegepersonal, andererseits wird die Finanzierung immer schwieriger. Ich glaube, es wird da unsere Pflicht sein und aller unserer Anstrengungen bedürfen, entsprechende Visionen zu entwickeln, aber auch entsprechende gesetz­liche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit für die Betroffenen, sprich Älteren, die zu betreuen sind, entsprechende Heime geschaffen werden, aber natürlich auch die entsprechenden Bundesgesetze. Da sind wir, glaube ich, alle gefordert, künftig ein einheitliches Gesetz zu schaffen.

Wir werden dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.36

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Dr. Kanovsky-Wintermann.

 


12.36

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Herr Bun­des­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! „Du bist wichtig, einfach weil du bist. Du bist bis zum letzten Augenblick deines Lebens wichtig. Und wir werden alles tun, damit du nicht nur in Frieden sterben, sondern auch leben kannst – bis zuletzt.“

Diese Worte hat Cicely Saunders ausgesprochen, die Ihnen als Begründerin der Hospizbewegung bekannt sein dürfte. Sie meinte damit, dass wir alles tun müssen, um den Menschen, die besonders schutzwürdig sind – das sind alte Menschen, das sind gebrechliche Menschen, das sind Behinderte –, Lebensqualität zu geben.

Mit diesen Gesetzen, die wir heute beschließen werden, haben wir meiner Ansicht nach ein Stückchen dazu beigetragen, die Lebensqualität wirklich zu erhöhen und auch die Worte von Cicely Saunders inhaltlich mit Leben zu erfüllen. Es ist über den Inhalt der Gesetze schon einiges gesagt worden. Ich darf noch das eine und andere ergänzen, einige Punkte, die mir wichtig zu sein scheinen.

Zum einen ist es für mich wichtig, dass es sich um bundeseinheitliche Regelungen handelt. Ich meine, dass ein besserer Schutz der Betroffenen gegeben ist – oder gegeben sein sollte –, wenn diese Regelung einheitlich ist. Ich bin auch sehr glücklich darüber, dass damit einer langjährigen Forderung von unterschiedlichen Verbänden und Vereinigungen Rechnung getragen worden ist, einer Forderung zum Beispiel des Vereins für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft oder auch verschiedener Pensionistenvereine, die alle jahrelang, ich möchte fast schon sagen jahrzehntelang, gesagt haben: Bitte schafft endlich einmal Gesetze, um aus dieser Grauzone heraus­zukommen! – Damit ist vor allem das Heimaufenthaltsgesetz gemeint gewesen.

Das Heimvertragsgesetz gefällt mir insofern besonders gut, als es da zu einer Ein­bindung ins Konsumentenschutzgesetz kommt. Jeder, der sich mit dem Konsumenten­schutzgesetz beschäftigt hat, weiß, dass darin für den „Konsumenten“ – unter Anführungszeichen, das ist in diesem Fall derjenige, der im Heim seinen Aufenthalt hat – besondere Schutzmaßnahmen vorgesehen sind. Diese Schutzmaßnahmen rei­chen, wie teilweise schon erwähnt, von der Informationspflicht vor Vertragsunter-


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fertigung über besondere Kündigungsschutzmaßnahmen bis hin zu einem Punkt, den ich auch für sehr wichtig halte – er wird im gesamten Konnex vielleicht nicht so gesehen, obwohl er für den Betroffenen oft wesentlich ist –, nämlich der Entgeltmin­derung, wenn sich der Betroffene für einige Tage oder Wochen aus dem Haus entfernt. Es ist immer wieder vorgekommen, dass Menschen sehr traurig und betroffen waren; sie haben dann gesagt: Ich bin drei Wochen auf einer Kur oder im Krankenhaus, und trotzdem muss ich im Heim den gesamten Betrag weiterzahlen.

Das sind doch Dinge, die meiner Ansicht nach für eine sehr sensible Behandlung die­ses Themas sprechen. Ich möchte mich beim zuständigen Minister ganz herzlich dafür bedanken, dass er sich all dieser Details angenommen hat. Wie man auf diese Ein­zelheiten eingeht, ist nämlich etwas, was in einem solchen Fall letztlich die Mensch­lichkeit ausmacht.

Es wurde schon gesagt, dass die Ausfertigung des Vertrages schriftlich zu erfolgen hat. Bestimmte Mindestinhalte müssen im Vertrag selbst vorhanden sein, und es muss auch eine bestimmte Angebotspalette vorhanden sein, beziehungsweise diese lässt sich wieder in Grundbedürfnisse und zusätzliche Angebote einteilen.

Zum Heimaufenthaltsgesetz ist zu sagen, dass dies ein besonders sensibles Thema ist. Überall dort, wo in Grundrechte eingegriffen wird, ist besondere Vorsicht geboten. Daher ist es wirklich wichtig, dass wir hier eine gemeinsame Lösung gefunden haben. Es hat nicht nur der Fall Lainz, sondern es haben auch verschiedene andere Bereiche in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass es da Grauzonen gegeben hat. Das heißt, Menschen sind aus verschiedenen Gründen tatsächlich in Heimen freiheits­beschränkenden Maßnahmen unterzogen worden, allerdings nicht, wie es ja schon möglich ist, in Psychiatrien – dort gibt es eigene Anhalte- und Unterbringungs­maß­nahmen nach dem Unterbringungsgesetz –, sondern eben in Heimen, in Altenheimen und Pflegeheimen.

Hier gibt es nun diese Neuordnung, dass ebenfalls nur unter bestimmten Vorausset­zungen eine freiheitseinschränkende oder ‑aufhebende Maßnahme vorgenommen werden kann. Es muss eine Dokumentation erfolgen, es müssen formale Vorausset­zungen vorhanden sein, es gibt Bewohnervertreter und – besonders wichtig – auf An­suchen von Betroffenen oder von deren Vertrauensleuten auch die Überprüfung durch das Gericht. Hier werden wirklich auch Kontrollmaßnahmen eingeführt, die ausgespro­chen positiv sind. Wenn damit auch zusätzliche Kosten verbunden sind, so sind, glau­be ich, diese Kosten positiv zu bewerten.

Ich darf noch kurz auf die Ausführungen meines Vorredners eingehen, der die demo­graphische Entwicklung angesprochen hat. Das kann ich nur unterstreichen. Es ist eine Tatsache, dass die Bevölkerung zwar immer älter wird, aber leider nicht gesünder älter wird und dass die entsprechenden Maßnahmen auch in stationären Institutionen not­wendig sein werden. Genauso wie wir den Ausbau der mobilen Kranken- und Alten­betreuung brauchen, werden auch die Institutionen Alten- und Behindertenheime in Zukunft wahrscheinlich noch mehr an Bedeutung zunehmen müssen.

In Kärnten – das darf ich vielleicht erwähnen – haben wir dieser demographischen Ent­wicklung ebenfalls bereits Rechnung getragen, indem wir einen Sozialbaufonds errichtet haben. Derzeit werden fünf Altenheime, im Regionalbereich belassen, errich­tet; dies ist deshalb etwas Besonderes, weil wir wirklich versuchen, die Heime in den Regionen zu belassen. Das heißt, wir wollen, dass die alten Menschen dort in ein Heim kommen können, wo sie ihre Verwandten haben, wo sie ihr ganzes Leben verbracht haben, und wir wollen die Errichtung von solchen Bauten nicht in den Städten zen­tralisieren. Natürlich brauchen wir dort genauso Altenheime, das ist klar, diese werden auch gebaut, aber wir wollen hier ein Zeichen setzen und den Menschen, die schon


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„ewig“ in Oberkärnten oder im Lavanttal gelebt haben, die Möglichkeit geben, in Würde dort auch alt zu werden.

Gleichzeitig darf ich noch sagen, dass wir in Kärnten auch im Ausbildungsbereich neue Wege gehen. Wir haben derzeit ungefähr 1 070 Schülerinnen und Schüler im Bereich Altenpflege und Behindertenpflege, das sind um zirka sechs Klassen mehr, als wir noch vor drei Jahren hatten. Das heißt, wir haben jetzt fast 150 Schüler mehr aufge­nom­men. Es ist uns bewusst, dass auch das wieder mit Mehrkosten verbunden ist. Aber das ist uns wichtig, wir wollen damit auch ein Zeichen setzen, weil wir wissen, dass die Altenpflege, die Behindertenpflege in Zukunft noch wichtiger wird, als dies jetzt ohnehin schon der Fall ist.

Wir würden uns nur noch wünschen – das ist eine Aufforderung an alle Verant­wort­lichen, obwohl jetzt die Sozialreferenten der Länder natürlich nicht hier sind –, dass wir in diesem Bereich endlich zu einem einheitlichen Berufsbild und zu einheitlichen Kol­lektivverträgen kommen. Es kann wirklich nicht so sein, dass ein Altenpfleger, der in Oberösterreich arbeitet, eine höhere Wertigkeit hat als einer, der in der Steiermark arbeitet. Da erwarte ich mir endlich einmal eine Lösung. Es liegen ja schon Vorschläge vor, aber es muss auch ein entsprechender Vertrag – 15a, glaube ich – beschlossen werden.

In diesem Sinne freue ich mich, dass diese Gesetze so gut ausgefallen sind. Dies ist nicht ein Lob der FPÖ für den eigenen Minister, sondern ich zitiere hier den Geschäfts­führer des Vereins für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft Peter Schlaffer, der davon spricht, dass es sich bei diesen zwei Gesetzen um einen Meilenstein für die Rechte der Heimbewohner handelt. Ein besseres Schlusswort hätte auch ich nicht finden können.

Wir werden daher diesen Gesetzen sehr gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.45

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lich­tenecker. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


12.45

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Heimvertragsgesetz / Heimaufenthaltsgesetz ist sicher ein Bereich, der eine sehr sensible Materie in unserer Gesellschaft, in unserem Leben betrifft. Wir werden heute den beiden Vorlagen zu­stimmen. Nur gibt es natürlich auch Punkte, die nach wie vor verbesserungswürdig und ‑fähig sind, und auf diese möchte ich kurz eingehen.

Beim Heimvertragsgesetz fehlt es uns immer noch an der Transparenz der Leistungen, an einer genauen Auflistung, die tatsächlich einen Fortschritt mit sich bringen würde. Es fehlen auch die Musterheimverträge. Da ist ganz klar, dass die Vorgehensweise mit den Ländern geklärt sein müsste, aber gleichzeitig würde dies sowohl für die privaten als auch für die öffentlichen Anbieter eine Erleichterung ihrer Arbeit darstellen.

Ein Problem sehen wir ferner im mangelhaften Kündigungsschutz. Ich denke, das ist ein Bereich, den man nach einer bestimmten Zeit sicherlich evaluieren muss, so wie das gesamte Paket. Da wird man schauen müssen, was man verändern und verbes­sern kann.

Sie haben vorhin die Reduktion der Kosten für Zeiten, in denen man nicht im Heim ist, angesprochen. Das ist tatsächlich ein Fortschritt, doch ist das Ausmaß von 10 Prozent zu gering. Meine Damen und Herren, wenn Sie die Kosten eines Aufenthalts in fixe und variable Kosten teilen, dann können es doch nicht allen Ernstes nur 10 Prozent an


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variablen Kosten sein, die damit wegfallen! Das halten wir einfach für zu wenig. Ich denke, wir müssen uns die Kostenstruktur tatsächlich einmal ansehen, dann ent­sprechende Maßnahmen setzen und eine progressivere Reduktion der Kosten vorneh­men.

Heimbewohner-Vertreterinnen und ‑Vertreter sind sehr gut, sehr recht, sehr schön, nur haben wir die Situation, dass auf 100 000 betreute Menschen 50 Vertreterinnen und Vertreter kommen, und das ist zu wenig. Auch hier gilt es Maßnahmen zu setzen.

Bei Freiheitsbeschränkungen geht es um eine Gratwanderung, das ist völlig klar. Es ist dies ein besonders sensibler Bereich, der ebenfalls mit wirklich großer Obacht und Obsorge zu behandeln ist.

Ich habe eingangs schon gesagt, dass dies einen sehr wichtigen Bereich unserer Ge­sellschaft betrifft. Generell gilt es, sich anzuschauen, was denn Pflege beziehungs­weise Betreuung von alten, kranken und behinderten Menschen heißt. Eines der obers­ten Prinzipien muss in diesem Zusammenhang die Autonomie sein, die Unab­hän­gigkeit und die Selbstständigkeit der Menschen. Dies muss im Vordergrund stehen.

Alter, Krankheit und Behinderung bedeuten in der Regel – oder sehr häufig – auch Isolation, Vereinsamung und in der Folge oftmals Heimaufenthalt. Gerade in solchen Phasen ist es besonders wichtig, dass Familie, Freunde, Nachbarn um diese Men­schen sind, damit für sie Geborgenheit, Sicherheit und viele andere Werte gewähr­leistet werden können. Da ist für uns ein wichtiger Punkt, die Wohnsituation anzu­schauen, beziehungsweise da ist schon vorher anzusetzen: Was bedeutet das auch im Hinblick auf extramurale Pflege? Wie kann diese vor Ort in den bestehenden Wohn­verbänden erfolgen? Welche Systeme kann es in den Regionen geben, die das auch abdecken können, damit nicht nur auf die Heime zu zählen ist?

Wenn wir gleichzeitig versuchen, die Normalisierung einer sehr schwierigen Lebens­lage zu erreichen und die Betroffenheit der Familien und der Verwandten zu sehen, sind auch hier entsprechende Maßnahmen zu setzen. Sie sind oftmals Pflegende und Sorgende, da geht es auch um die Möglichkeit, dass es zeitweise Aufenthalte in sta­tionären Einrichtungen gibt, aber genauso geht es um die soziale Absicherung und Grundsicherung dieser Menschen.

Es ist schon die demographische Entwicklung angesprochen worden. Das ist richtig, die Kosten werden zunehmen. Es gibt genug Studien aus dem nordischen Bereich, die belegen, dass mit einem Mix an Maßnahmen – in der bestehenden Wohnung ver­bleiben zu können, mit guter Pflege von außen, plus den Heimen und modernen anderen Alten- und Behinderteneinrichtungen – tatsächlich Kosten gesenkt werden können. Da ist generell zu fragen: Wie sind die Normvorstellungen, die wir haben? Ist es nicht Zeit, diese ein Stück aufzubrechen und neue Wege zu gehen, neue Wege eines Miteinanders im Alter und auch für einen anderen Umgang mit dem Thema Gesundheit und Krankheit?

Letztendlich geht es auch um neue Ansätze in der Gesundheitspolitik, denn es ist klar – das zeigen auch viele wissenschaftliche Studien –, dass Prophylaxe, Rehabili­tation und so weiter den Alterungsprozess, den Krankheitsprozess hinauszögern. Damit können die Kosten reduziert werden, und es kann auch die Lebensqualität der betroffenen Menschen massiv erhöht werden. Das heißt nichts anderes, als dass es an der Zeit ist, über einen Strukturwandel in der Altenbetreuung nachzudenken und die­sen aktiv mitzutragen, und zwar sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Es ist hier für finanzielle Absicherung und Sicherheit zu sorgen, um auch Würde und Wertschätzung im Alter zu wahren.


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Wir stimmen dem Gesetz zu und fordern in diesem Kontext auch die Evaluierung, um zu sehen, wo es Ansätze gibt, die verbesserungswürdig sind. Dann werden entspre­chende Schritte zu setzen sein.

Abschließend möchte ich auf eine Thematik hinweisen, mit der ich mich in den letzten Tagen und Wochen auf Landesebene intensiv befasst habe: Zu welchen Minderein­nahmen kommt es durch die Steuerreform für das Land Oberösterreich und für die Gemeinden in unserem Bundesland? – Das hat wirklich schwer wiegende Konsequen­zen. Wenn man sich die Periode bis 2009 anschaut, dann sieht man, dass die Fakten sonnenklar sind. Dies sind Fakten, die von Forschungsinstitutionen klar und deutlich auf den Tisch gelegt worden sind. Die Steuerreform, die diese Regierung vorgenom­men hat, wird Mindereinnahmen bei den Ländern und Gemeinden bewirken. Die Pen­sionsreform wird Mehrausgaben bei den Ländern bewirken, und zwar wegen der Ausgleichszahlungen im Altenbereich und so weiter.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie jetzt auch in dieser Form darauf auf­merksam machen, dass die Schere immer weiter auseinander klaffen wird. Es wird immer schwieriger werden, die Bereiche im Sozialen zu finanzieren, und in diesem Kontext auch die Altenbetreuung. Es sollte das Ganze tatsächlich einmal systemisch gesehen werden: Das wird schwer wiegende Konsequenzen auf Länderebene haben! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.53

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kritzinger. (Bundesrat Bieringer: Nicht da! Weiter, Nächster!) – Herr Bundesrat Kritzinger ist nicht anwesend.

Die Rednerliste zu diesen Punkten ist erschöpft. – Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesminister Dr. Böhmdorfer: Die Rednerliste ist erschöpft? Dann melde ich mich ganz kurz!)

Das Wort hat der Herr Bundesminister. – Bitte.

 


12.54

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich möchte mich sehr herzlich für die anerkennenden Worte, die Sie für das Gesetz gefunden haben, bedanken. Ich gebe diesen Dank weiter an die wahren Schöpfer des Gesetzes, Herrn Professor Sek­tionschef Dr. Hopf, Herrn Professor Dr. Kathrein und Herrn Dr. Barth, die alle hier sind und die Debatte natürlich mit Aufmerksamkeit verfolgen. (Allgemeiner Beifall.) Es war ein äußerst schwieriges Unterfangen, diese beiden Gesetze zu machen.

Ich muss Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesrat Kaltenbacher, leicht widersprechen, wenn Sie meinen, die Gesetze könnten zusammengelegt werden. Das ist nicht mög­lich. Das Heimvertragsgesetz ist ein rein privatrechtliches Gesetz im Bereich des Kon­sumentenschutzrechtes, das heißt, dort werden die Verträge zwischen Heimbetreiber und Heimbewohner gestaltet. Das Heimaufenthaltsgesetz ist ein verfas­sungsrechtlich schwieriges Gesetz, weil es Freiheitsbeschränkungen der einzelnen Bewohner regelt. Man musste auch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Zwecke der Kom­petenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern abwarten.

Es war ein sehr schwieriges Unterfangen, und ich habe noch selten erlebt, dass Legisten, nachdem nunmehr klar geworden ist, dass die Zustimmung aller Parteien gegeben wird, so glücklich reagiert haben. Es war wirklich ein großes Erlebnis für uns, dass unsere Legisten dieses Werk beenden konnten. Unter anderen Regierungen ist es nicht gelunen, dieses Projekt umzusetzen. Dafür, dass es einen Konsens in dieser Materie gibt, ist Ihnen allen zu danken. Nochmals vielen Dank, auch im Namen jener


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70 000 Bewohner, die nunmehr eine ordentliche Rechtsgrundlage haben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.56

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Heimvertragsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Heimaufenthaltsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Gerichtsorga­nisa­tionsgesetz, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Strafvoll­zugs­gesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2004) (294 d.B., 309 d.B. und 379 d.B. sowie 6967/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (18 d.B. und 380 d.B. sowie 6968/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 7 und 8 ist Frau Bundesrätin Auer. Ich bitte um ihre Berichte.

 


Berichterstatterin Johanna Auer: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Straf­pro­zessordnung 1975, das Gerichtorganisationsgesetz, das Auslieferungs- und Rechts­hilfegesetz und das Strafvollzugsgesetz geändert werden – Strafrechtsände­rungs­gesetz 2004.

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zum Antrag.


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Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Feber 2004 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Gleichfalls erstatte ich den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme deshalb gleich zum Antrag.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Feber 2004 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben;

2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B‑VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen;

3. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Absatz 2 B‑VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung zu diesen beiden Punkten.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte.

 


13.00

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Für wichtig erachte ich dieses Gesetz, mit dem der Schutz Jugendlicher und Kinder vor Prostitution, Pornographie und Kinderhandel geschaffen und in diesem Zusammenhang ein entsprechender Strafrahmen festgesetzt wird, kann es doch nicht hingenommen werden, dass sich internationale Verbrechen gegen Kinder immer mehr ausweiten und es bisher nur wenige Möglichkeiten gab, solche Verbrecher inter­national zu verfolgen.

Dieses Gesetz ist wirklich sinnvoll, wobei auch besonders wichtig ist, dass das Straf­ausmaß derart erhöht wurde: eben zum Schutze der Kinder. Priorität hat, dass wirklich alle Kinder vor solch schrecklichen Dingen bewahrt werden.

Und in diesem Zusammenhang: Ich glaube, es kann nicht das Thema sein, ob jetzt Priester da miteinbezogen werden oder nicht, weil das ohnehin genau geregelt ist, eben in Bezug auf die Beaufsichtigung von Kindern, die ja ganz genau im Gesetz verankert ist. – Wichtig ist, dass der innerfamiliäre Missbrauch von Kindern, aber auch von Frauen, von Ehegattinnen entsprechend geahndet wird.

Zusammenfassend: ein wichtiges und hervorragendes Gesetz. Ich ersuche daher alle Fraktionen, dem die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.02

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Schlaffer. – Bitte.

 



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13.02

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Werter Herr Bun­des­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle – und damit meine ich: über alle fraktionellen Grenzen hinweg –, jeder Ein­zelne/jede Einzelnen in unserem Bundesratsgremium darin übereinstimmen, dass die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und sexueller Ausbeutung sowie Kinderprosti­tution und Kinderpornographie unser aller Anliegen zu sein hat – und auch ist.

Für meine Fraktion steht daher außer Zweifel, dass die österreichische Gesetzgebung in geeigneter Art und Weise darauf einzuwirken hat, dass einerseits besonders Min­derjährigen bestmöglicher Schutz gewährleistet wird und andererseits Sexualdelikte hintangehalten beziehungsweise Täter einer entsprechenden Strafe zugeführt werden müssen.

Auf Grund meiner langjährigen beruflichen Erfahrung in der Opferarbeit kann ich durchaus festhalten, dass seit Beginn der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine positive Entwicklung der öffentlichen Wahrnehmung und Handhabung von Sexual­delikten zu verzeichnen ist. Nicht zuletzt hat auch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit geführt, und die Bevölkerung lernte zu­nehmend, nicht mehr wegzuschauen, sondern rechtzeitig einzuschreiten.

Erfreulicherweise passte sich auch die Gesetzgebung der geänderten Situation an und stellte vor allem das Opfer in den Mittelpunkt einer verbesserten Rechtsprechung. Anstatt aber diesen effizienten Weg konsequent weiterzugehen, machte sich – bedauerlicherweise! – in der Politik immer mehr die Ansicht breit, durch drastische Strafverschärfungen könnte sexueller Missbrauch eingedämmt werden.

Dass strengere Strafen alleine nicht ausreichen und zu keiner Verringerung der Zahl der Sexualdelikte führen, können wir beinahe tagtäglich den Medien entnehmen. Ich finde es daher besonders schade, dass es bei einem so heiklen Thema nach wie vor nicht möglich zu sein scheint, dass Gesetzesvorlagen auf Basis einer ernsthaften und parteiübergreifenden Zusammenarbeit zustande kommen. Dies machte auch wieder das zur Debatte stehende Gesetz deutlich.

So scheußliche und verabscheuungswürdige Verbrechen wie sexuelle Ausbeutung jeglicher Form, Kinderprostitution und Kinderpornographie sollten weder dem Zweck des politischen Hickhacks noch jenem parteipolitischer Profilierungsversuche dienen.

Meine Damen und Herren! Ich kann verstehen, wenn Anregungen und Einwänden der Opposition weniger Beachtung geschenkt wird, nicht verstehen kann ich jedoch, wenn hervorragende Experten zwar zu einem Hearing eingeladen werden, ihren Aussagen aber nicht ausreichende Bedeutung zugemessen wird.

Wie schon mehrmals in den vergangenen vier Jahren ist es leider auch beim Straf­rechtsänderungsgesetz wieder passiert, dass in wesentlichen Punkten Fachmeinungen unberücksichtigt blieben. Dies reicht von der Warnung einer möglichen Krimi­nalisierung normaler sexueller Handlungen zwischen Jugendlichen bis zur Empfeh­lung, in die Gruppe jener Personen, welche für den Missbrauch eines Autoritätsver­hältnisses in Betracht zu ziehen sind, auch Seelsorger aufzunehmen.

In diesem Punkt muss ich Herrn Bundesrat Tiefnig schon sehr widersprechen: Seel­sorger mit Betreuungspersonal in Einrichtungen gleichzusetzen, vor allem in Einrich­tun­gen, die sich um die Betreuung unmündiger Kinder kümmern, ist nicht ausreichend, sondern wir alle wissen, dass wir da einen anderen Bereich sehr wohl auch anspre­chen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ist es nicht realitätsfremd zu glauben, dass Un­mündige in der Obhut von Seelsorgern weniger gefährdet sind als in der Obhut von


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Ärzten, Physio- oder Psychotherapeuten? Ist es nicht gerade auch im Hinblick auf immer wieder auftauchende erschütternde Berichte aus dem kirchlichen Bereich unsere Aufgabe, ja Pflicht, offensiv gegen nach wie vor gegebene Verschleierungs­versuche gerade im Bereich der katholischen Kirche anzukämpfen? Nirgends sonst mehr herrscht noch so stark das Gefühl vor, dass Täterschutz Vorrang vor Opferschutz hat beziehungsweise die Glaubwürdigkeit eines Opfers derart in Zweifel gezogen wird.

Geschätzte Damen und Herren! Wir dürfen nicht die Augen vor der Tatsache ver­schließen, dass es überall dort, wo Abhängigkeitsverhältnisse gegeben sind, auch potenzielle Täter gibt. Im Gesetz sollte daher jede Person – ungeachtet der gesell­schaftlichen, beruflichen und auch konfessionellen Zugehörigkeit – gleichgestellt sein.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird den vorliegenden Beschlüssen des Nationalrates trotz manch unscharfer sowie auch nicht ausreichend erscheinender Formulierung zustimmen. Wir erwarten uns jedoch, dass künftig – gerade im Hinblick auf das erschreckende Leid der Opfer – Expertenmeinungen mehr Gehör finden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

 


13.09

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004 geht es um die Reform des Sexualstrafrechtes. Wir Freiheitlichen begrüßen diese deutlichere Reaktion der Gesellschaft und der Rechtsordnung auf schwere sexuelle Übergriffe und Missbräuche sehr. Damit wird eine langjährige und durchgängige Forderung freiheitlicher Rechts- und Kriminalpolitik erfüllt und umgesetzt.

Gerade auf diesem Gebiet ist ja nicht nur die Dunkelziffer ziemlich hoch – vor allem gerade in sozialen oder familiären Nahebereichen –, sondern werden Autoritäts- und Abhängigkeitsverhältnisse – um nicht zu sagen: Macht- und Gewaltverhältnisse – leid­voll wirksam. Der damit verbundene schwerwiegende Vertrauensbruch und die oft irreversiblen seelischen Schädigungen und Traumata der Opfer kann man nicht ernst genug nehmen. Daher begrüße ich auch vollinhaltlich die Anhebung des Schutzalters auf 18 Jahre.

Vielfach handelt es sich zudem bei den Tätern oft um psychisch schwer gestörte Rechtsbrecher, bei denen die Freiheitsstrafe – auch abseits von jedem reinen Ver­geltungsgedanken – keine ausreichende Gewähr dafür bietet, dass sie nicht später, nach Entlassung aus der Haft, wieder rückfällig werden.

Das kriminalpolitische Instrumentarium, also nicht nur die Strafverschärfung, wird mit dem vorliegenden Reformwerk wesentlich erweitert und auch in gebotenem Maße inten­siviert. Aus diesem Anlass sei auch die heute zu beschließende Strafbarkeit von Inländern, die sich im Ausland an jugendlichen Opfern schwer vergehen, anerkennend hervorgehoben, gehört doch der so genannte Sexualtourismus, vor allem wenn er sich ausbeuterisch auf Kinder oder minderjährige Opfer bezieht, meiner Überzeugung nach zu den scheußlichsten Untaten auf diesem traurigen Gebiete. Zu hoffen ist nur, dass auch die Heimatstaaten dieser Opfer durch das Fakultativprotokoll zum Übereinkom­men über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinder­prostitution, die Kinderpornographie und die Ausdehnung des Strafanspruches in den Herkunftsländern der Täter selbst ausreichend sensibilisiert werden und gegen solche Missbräuche ihrerseits verstärkt mit aller Schärfe vorgehen.


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Meine Fraktion begrüßt es ferner auch, wenn künftig die gewaltsame Durchsetzung sexueller Bedürfnisse auch innerhalb der Ehe ebenso wie die Vergewaltigung außer­halb der Ehe uneingeschränkt strafbar ist. Solches Unrecht mag früher durch die intime Nähe und überholte Vorstellungen von einer so genannten ehelichen Pflicht zwar begünstigt worden sein, richtig war es aber nie, doch müssen der Respekt vor dem Ehepartner – unser altehrwürdiges ABGB fordert ja schon seit jeher die wechselseitige anständige Begegnung der Ehegatten untereinander – und die Verantwortung ihm gegenüber umso mehr vor entsprechenden Übergriffen abhalten.

Freilich erscheint es mir – das ist eine rein pragmatische Feststellung, ohne etwa eine moralische Pflicht zur Ehescheidung, unter Umständen sogar unter nachteiligen sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen einzumahnen – schwer vorstellbar, die Trennung von einem solchen Ehegatten zu vermeiden oder sich gar mit ihm auszusöhnen, wenn dieser zuvor seiner gerechten Bestrafung zugeführt worden ist.

Ebenso sehr tragen wir die Erweiterung und Verschärfung des Tatbestandes der sexuellen Belästigung mit, denn alle derartigen Übergriffe sind nicht zu entschuldigen. Als freilich auch der Praxis verpflichteter Jurist fühle ich mich doch dazu veranlasst, das Anliegen einzumahnen, dass es angesichts teilweiser unbestimmter Rechtsbegriffe im Gesetzestext – und das ließ sich in diesem Zusammenhang nicht vermeiden – immer korrekter und seriöser Ermittlungen bedarf, um zweifellos nur Ausnahmefälle bildenden, aber vereinzelt doch vorkommenden allzu leichtfertigen Beschuldigungen entgegentreten zu können.

Alles in allem deute ich aber die heute zu beschließende Reform des Sexualstraf­rechtes als signifikanten Ausdruck erhöhter gesellschaftlicher Sensibilität gegenüber den damit erfassten Straftaten. Ich sehe darin auch die rechtsethische Tendenz, dass Sexualdelikte immer weniger als so genannte Unzuchtsdelikte wie früher, sondern heute immer mehr als Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Person erfasst und bewertet werden.

Das bietet in Bezug auf dieses gesellschaftlich äußerst hässliche Phänomen zugleich ein schönes Beispiel für das, was Hegel in seiner Geschichtsphilosophie als „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit“ bezeichnet hat.

Meine Fraktion wird dieser Neuregelung, die aus realistischem Befund trauriger gesell­schaftlicher Entwicklungen heraus geboten erscheint, aus voller Überzeugung von deren Notwendigkeit zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.14

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


13.15

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Strafrechtsänderungsgesetz geht es um sehr viele Punkte. Das fängt an bei Betrug und Fälschung von unbaren Zahlungsmitteln; es geht weiters um sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Ausnutzung von Autoritätsverhältnissen, Menschenhandel, Kinderpor­nographie, Kinderprostitution, und so weiter. Viele dieser Änderungen sind wichtig und sinnvoll und sicherlich sehr nützlich, ja schon lange notwendig. Einige Regelungen jedoch schießen meiner Ansicht nach über das Ziel hinaus, einige andere wiederum sind nicht weitgehend genug.

Zu Betrug und Fälschung von unbaren Zahlungsmitteln will ich – so wie meine Vor­redner – gar nichts sagen, denn das alles ist sicherlich notwendig. Meiner Ansicht nach


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ist auch ein wichtiger Fortschritt, dass eine Ehe/eine Lebensgemeinschaft keinen Grund für einen mildernden Umstand bei einer Vergewaltigung darstellt, und es ist auch sehr wichtig, dass es endlich den § 218 StGB betreffend „sexuelle Belästigung“ gibt. Dieser Paragraph ist jedoch sehr kurz gehalten, und in den Erläuterungen hiezu steht, dass die erwähnten geschlechtlichen Handlungen sehr eng zu sehen sind. – Ich verstehe das so: Der muss schon ordentlich grapschen, damit ich ihn anzeigen kann! Und das finde ich ein bisschen traurig. Es gefällt mir aber trotzdem viel besser als der Ausdruck, der vorher im § 218 StGB gestanden ist, nämlich „öffentliche unzüchtige Handlungen“. Das ist ein Ausdruck, der zu Recht großteils aus diesem Gesetz verschwunden ist.

Im Übrigen werden durch diese Änderung jetzt viele sprachliche Bereinigungen durch­geführt: Das Wort „Unzucht“ ist darin großteils verschwunden – und was mir besonders gut gefällt, ist, dass der Begriff „Sittlichkeit“ durch den Ausdruck „sexuelle Integrität und Selbstbestimmung“ ersetzt worden ist.

Gerade zu diesem Thema habe ich bei einem Punkt Bedenken, nämlich was die Wah­rung sexueller Integrität und Selbstbestimmung betrifft. Im § 207a StGB wird die Strafbarkeit von Herstellung, Vertrieb, Vorführung und Besitz von pornographischen Darstellungen geregelt. – Das ist gut und wichtig und schön. Bisher gab es das auch schon – für unmündige Minderjährige. In der Neuregelung sind auch mündige Minder­jährige betroffen – und das finde ich zum Teil problematisch.

Meiner Rechtsauffassung nach ist es so: Kinder muss man vor jeglicher Art von porno­graphischen Darstellungen in welcher Form auch immer schützen. Bei Jugendlichen – mündige Minderjährige sind für mich Jugendliche, und „mündig“ legt ja auch schon nahe, dass sie wissen, was sie tun – sollte man darüber entscheiden, ob etwas freiwillig oder unfreiwillig geschieht – und das eben je nachdem regeln.

Die missbräuchliche Verbreitung von Fotos im Internet sollte meiner Meinung nach auch bei Erwachsenen strafbar sein. Ich hätte auch keine Freude, wenn irgendjemand ein Foto von mir im Bad oder sonst irgendwo ins Internet stellt. Ich denke, da sollten nicht nur Jugendliche geschützt werden, sondern wohl auch Erwachsene.

Diesbezüglich gab es auch einen Abänderungsantrag von uns Grünen im Nationalrat; dieser hat leider nicht die Mehrheit gefunden. In diesem ist jedenfalls angeführt: Verbot von pornographischen Darstellungen von unmündigen Minderjährigen und der Miss­brauch von pornographischen Darstellungen für alle Menschen.

Pornographische Darstellungen Minderjähriger sind ja oft sehr schwer von erotischen Darstellungen abzugrenzen. Definiert werden sie im Gesetz als „wirklichkeitsnahe Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier“, wirklichkeitsnahe Abbildungen der „Genitalien oder der Schamgegend Minderjäh­riger ..., die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen“ sowie „bildliche Darstel­lungen, deren Betrachtung – zufolge Veränderungen einer Abbildung oder ohne Ver­wendung einer solchen – nach den Umständen den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Abbildung nach Z 1 bis 3“.

Das heißt, die Grenze von einer erotischen Darstellung zu einer pornographischen Darstellung ist doch sehr knapp, und ich habe schon Bedenken, dass erotische SMS oder MMS von einer 17-Jährigen an ihren Freund doch auch strafbar sein könnten.

Für mich ist es wichtig, dass mündige Minderjährige wirklich mündig sind, und das müssen sie schon lernen, bevor sie das entsprechende Alter erreicht haben; das heißt, sie müssen es bereits als Kind lernen. Sie müssen lernen, nein zu sagen, sie müssen lernen, die Konsequenzen abzuschätzen, die ihre Handlungen und Taten nach sich


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ziehen, und sie müssen lernen, mit ihrer Sexualität umzugehen, und zwar eben bevor sie mündig sind.

Es gibt diesbezüglich Programme, die auch an Schulen angeboten werden. Was mir fehlt, ist die staatliche Unterstützung dieser Programme. An der Schule meiner Kinder wurde ein derartiges Programm angeboten. Die Kinder konnten es freiwillig besuchen, und die Eltern mussten einen Kostenbeitrag dafür zahlen. Nicht alle Kinder haben die Möglichkeit dazu, denn nicht alle Eltern haben das Bewusstsein und die nötigen Finanzen, damit ihre Kinder an solchen Programme teilnehmen können. Deshalb ist meiner Meinung nach der Staat gerade hier sehr gefragt.

Ein weiteres Problem. Ich weiß nicht, wie viele Beamte derzeit mit dem Aufspüren von solchen pornografischen Darstellungen im Internet beschäftigt sind. Ich habe irgendwo gelesen, es seien zwei. Wenn es wirklich nur zwei sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass die auch nur mit einem Dorf in Niederösterreich zu Rande kommen würden, ge­schweige denn mit dem World Wide Web. (Bundesrat Hagen: Was unterstellen Sie den Niederösterreichern? – Heiterkeit.) – Das besprechen wir später.

Ein weiterer Punkt, der geregelt wird, ist die Kinderprostitution. Wenn man vor einigen Jahren über dieses Thema gesprochen hat, dann ist es darum gegangen, dass die Leute nach Thailand fliegen, aber letztendlich ist es so, das dieses Problem immer nä­her rückt. Im Vorjahr gab es einen Fernsehbericht über Kinderprostitution in Tsche­chien. Dieser Bericht hat die Leute sehr aufgeschreckt, weil niemand gewusst hat, dass das so nahe ist, dass das sogar in unserer unmittelbaren Nachbarschaft passiert und dass man nichts dagegen unternehmen kann.

Es ist gut und wichtig, dass die Täterschaft nun auch in Österreich strafbar ist. Aber auch da bin ich der Meinung, dass noch viel mehr Augenmerk auf die Prävention gerichtet werden muss, auf die Ausbildung, auf die Erziehung der Kinder, damit sie imstande sind, sich zu wehren.

Ich möchte kurz aus dem Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes, das wir ja heute auch mitbeschließen, zitieren, denn auch dort wird Prävention, vor allem aber auch Nachsorge gefordert. Da steht im Artikel 9: 

„Die Vertragstaaten werden Gesetze, Verwaltungsmaßnahmen sowie sozialpolitische Leitlinien und Programme zur Verhütung der in diesem Protokoll bezeichneten Straftaten beschließen oder verstärken, durchführen und bekannt machen.“

„Die Vertragsstaaten fördern durch Informationstätigkeit mit allen geeigneten Mitteln sowie durch Aufklärung und Schulung das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit, einschließlich der Kinder, in Bezug auf vorbeugende Maßnahmen und schädliche Folgen der in diesem Protokoll bezeichneten Straftaten.“

„Die Vertragsstaaten treffen alle durchführbaren Maßnahmen, um jede geeignete Hilfe für die Opfer solcher Straftaten sicherzustellen, einschließlich ihrer vollständigen so­zialen Wiedereingliederung und ihrer vollständigen körperlichen und physischen Ge­nesung.“

Und: „Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass alle kindlichen Opfer der in diesem Protokoll bezeichneten Straftaten Zugang zu Verfahren haben, die ihnen ermöglichen, ohne Diskriminierung von den gesetzlich Verantwortlichen Schadensersatz zu verlangen.“

Der nächste Punkt, den ich mir aufgeschrieben habe, ist der Missbrauch der Autoritäts­verhältnisse. Das hat Frau Bundesrätin Schlaffer glücklicherweise schon sehr ausführ­lich behandelt, und ich kann ihr darin nur voll zustimmen. Für mich ist es auch nicht


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ersichtlich, warum Beamte und Erzieher aufgezählt werden, aber Seelsorger nicht eigens genannt werden müssen.

Ein weiterer Punkt betrifft den Menschenhandel beziehungsweise den grenzüber­schrei­tende Prostitutionshandel, wie er jetzt heißt. Bekanntlich nimmt dieser in er­schreckendem Ausmaße zu. Die Menschen werden unter der Vorgabe nach Österreich gelockt, dass sie hier als Haushälterinnen oder als Kellnerinnen arbeiten können, aber letztendlich arbeiten sie dann in der Prostitution. Die Änderungen sind wichtig und gut. Das hauptsächliche Problem ist aber doch, dass sich diese Opfer nicht als Zeugen vor Gericht auszusagen trauen oder dass sie nicht die Möglichkeit haben, auszusagen, eben weil sie meistens irgendwo versteckt eingesperrt sind.

Ich habe im Rechtsinformationssystem das Wort „Menschenhandel“ eingegeben, herausgekommen ist das Fremdenrecht. Dort steht drinnen, es darf die Aufenthalts­erlaubnis erteilt werden, wenn eben eine solche Zeugenaussage notwendig ist. Es heißt hier: „es darf“, aber nicht „es muss“. Also wo ist hier der Opferschutz und wo ist die Gewährleistung, dass ein Opfer, das einen Täter anzeigt, dann nicht abgeschoben wird und vor Gericht gar nicht mehr gegen ihn aussagen kann?

Zusammenfassend: Es gibt vieles an diesem Gesetz, das wir für gut befinden, und wir stimmen deshalb auch zu. Es gibt einiges, das fehlt, und manches ist überzogen. Zum Teil werden wir mit Bauchweh zustimmen, aber ich hoffe, dass wir künftig auch so viel Energie in die Prävention und Aufklärung stecken wie jetzt in die Strafverschärfung. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.25

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.25

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Zunächst vielen Dank für die lobenden Worte für diese gesetzlichen Regelungen. Nicht alles, was leicht ausschaut, ist auch wirklich leicht. Es steckt eine hohe legistische Leistung dahinter. Das Straf­recht wird immer schwieriger, weil es auch immer präzise bleiben muss. Es wird von uns auch darauf geachtet, dass das Strafrecht allgemein verständlich bleibt und auch in Harmonie mit dem Bewusstsein der Bevölkerung entsteht.

Ich bedanke mich daher bei Herrn Sektionschef Dr. Miklau und Frau Mag. Cabjolsky für diese hervorragende legistische Leistung. Ich gebe auch den von Ihnen ausge­sprochenen Dank hiemit ausdrücklich weiter. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Ausführungen von Frau Bundesrätin Schlaffer und Frau Bundesrätin Kersch­baum möchte ich, was die Seelsorger, die Sie so aufregen, anbelangt, schon eindeutig sagen: Die Seelsorger sind nicht besser und nicht schlechter gestellt. Dort, wo sie Aufsichtsorgane sind, unterliegen sie der verschärften Strafdrohung, dort, wo sie es nicht sind, wie zum Beispiel die Jugendsporttrainer, unterliegen sie dieser erhöhten Strafdrohung nicht. Diese Argumentation habe ich schon im Ausschuss nicht ver­standen. Sie konnten sich damit nicht durchsetzen, und offen gestanden glaube ich, dass Sie sich aus sachlichen Gründen mit Recht nicht durchsetzen konnten. Seien Sie beruhigt: Wenn man Ihnen zugehört hat, Frau Bundesrätin Kerschbaum, konnte man glauben, die Seelsorger seien überhaupt nicht erfasst. Das stimmt ja nicht. Als Auf­sichtsorgane sind sie sehr wohl erfasst, und das ist gut und richtig so.

Was die mündigen Minderjährigen, also die 14- bis 18-Jährigen, anbelangt, möchte ich das verdeutlichen, was Sie kritisiert haben. Da geht es um Folgendes: Es geht darum,


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dass von Ihrer Seite, also von Sozialdemokraten und Grünen, argumentiert wurde, dass es durchaus im Rahmen des Üblichen, Normalen oder Usuellen liegt, dass Ju­gendliche in diesem Alter von 14 bis 18 Jahren, wenn sie miteinander befreundet sind, von sich selbst Fotos verschicken. Das ist im Prinzip auch in Ordnung, aber wenn diese Fotos pornografisch sind, wollen wir das nicht.

Bedenken Sie, dass gerade diese Bevölkerungsgruppe der 14- bis 18-Jährigen auch viele rechtliche Privilegien hat, zum Beispiel im Jugendstrafrecht – Privilegien deshalb, weil es sich um Personen in einer Entwicklungsphase handelt, die manchmal etwas tun, was sie später bereuen. Diesen sachlich gerechtfertigten Privilegien steht eben ein Schutzobjekt, nämlich dieses jugendliche Alter gegenüber. Nun kann es einem Jugendlichen natürlich, so sehr er verliebt sein mag, Leid tun, wenn er Jahre später jemand anderen heiraten will und der damalige Freund oder die damalige Freundin pornografische Fotos in der Hand hat. Als Antwort auf die Hochzeitsanzeige kommt dann womöglich der Hinweis: Ich habe von dir noch pornografische Fotos.

Das habe ich gestern in einer Mittelschule besprochen, und die Jugendlichen eben die­ses Alters waren im Nu auf meiner Seite. Auch Frau Dr. Perner hat in der „ZiB 3“ in ähnlicher Art und Weise argumentiert. Bitte, das auch so zu sehen! – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.29

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gu­denus. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


13.29

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Ich begrüße die beiden Herren Minister! Ich begrüße den Herrn Präsidenten! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin hat die Themen Pornographie, Kinderpornographie, Kindesmissbrauch betont, und ich möchte in diesem Zusammenhang auf etwas eingehen. Erst redet man von der Freiheit, dann ist die überbordende Freiheit, auch im Sexuellen, erweckt, dann ist der Geist aus der Flasche, und jetzt tun wir uns verhältnismäßig schwer, diesen Geist wieder in diese Flasche, in geordnete Bahnen hineinzubekommen.

Was mich bei diesem Thema etwas stört, ist eine gewisse Scheinheiligkeit. Ich meine zum Beispiel, wir haben hier in diesem Hohen Haus auch über den Fall des kriminellen Otto Muehl gesprochen, der auch als Künstler bezeichnet werden möchte und im Friedrichshof sehr wohl das gemacht hat, was wir auch mit diesem Gesetz abdecken wollen. Aber heuer im Frühjahr wird dieser kriminelle Otto Muehl, Künstler, mit einer Sonderausstellung im Museum für angewandte Kunst geehrt. Das empfinde ich als einen Widerspruch und da erwarte ich, dass auch Sie, die all das so richtig sagen, sich dagegen wehren und nicht im Rahmen der Freiheit der Kunst der Pornographie und dem Kindesmissbrauch das Wort reden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Hier geht es um ein Gesetz!)

13.30

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht von der Berichterstattung jemand ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Strafrechtsänderungsgesetz 2004.


Bundesrat
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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungs­be­reiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Na­tional­rates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend die Kündigung des Übereinkommens über die behördliche Zuständigkeit, das anzuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindesstatt (53 d.B. und 346 d.B. sowie 6969/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu Punkt 9 der Tagesordnung.

Berichterstatterin zu Punkt 9 ist Frau Bundesrätin Auer. Ich bitte sie um den Bericht.

 


Berichterstatterin Johanna Auer: Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend die Kündigung des Übereinkommens über die behördliche Zuständigkeit, das anzuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindesstatt.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme deshalb gleich zum Antrag.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


Bundesrat
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Wünscht von der Berichterstattung jemand ein Schlusswort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (291/A und 347 d.B. sowie 6970/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu Punkt 10 der Tagesordnung.

Berichterstatter zu Punkt 10 ist Herr Bundesrat Schimböck. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Ich bringe den Bericht des Justiz­aus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir ebenfalls keine Wortmeldungen vor. Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Pen­sionskassengesetz geändert werden (348 d.B. sowie 6971/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nunmehr zum 11. Tagesordnungs­punkt.

Berichterstatter zu Punkt 11 ist Herr Bundesrat Schimböck. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Ich bringe den Bericht des Justizausschus­ses über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Jänner 2004 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden.


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 89

Dieser Bericht ist Ihnen gleichfalls in schriftlicher Form zugegangen. Ich komme daher sogleich zum Antrag.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­ra­tes keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Berichterstattung wird wohl auch kein Schlusswort wünschen? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Poli­zeiamts (EUROPOL-Übereinkommen) und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL (194 d.B. und 354 d.B. sowie 6972/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu Punkt 12 der Tages­ordnung.

Berichterstatter zu Punkt 12 ist Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Bericht des Ausschusses für innere Ange­legen­heiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (EUROPOL-Übereinkommen) und des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL.

Es liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich darf daher gleich zum Antrag kommen und möchte zugleich eine Druckfehlerberichtigung vorbringen. Die Antrags­formel im gegenständlichen Ausschussbericht soll folgendermaßen lauten:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss (den Vorsitz übernehmend): Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort. (Bundesrat Schennach: Zu EUROPOL? Nein! Kühnel!) – Umso besser! Hier war als erste Wortmeldung Schennach registriert. (Bundesrat Schennach: Nein! Dr. Franz Eduard Kühnel!)

Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 



Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 90

13.39

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute um ein Ergänzungsabkommen bezüglich des EUROPOL-Abkommens. Es ist zweifelsohne so, dass eine steigende Kriminalität in Europa zu beobachten ist.

Nun gibt es sicher verschiedenste Möglichkeiten, darauf zu reagieren, und damit sind wir im Bereich der philosophischen Betrachtungen zu einem Thema angelangt, über das schon Jahrhunderte nachgedacht worden ist. Die einen plädieren für die Erhöhung der Strafrahmen – Todesstrafe und so weiter –, die anderen meinen, dass der Straf­vollzug entweder streng oder human sein soll, dass die Besserungsabsicht bei den Delinquenten entsprechend gefördert werden soll und so weiter oder dass man bei den vorzeitigen Entlassungen nicht so großzügig vorgehen soll.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Studie zurückgreifen, die Ende Jänner in der „Neuen Zürcher Zeitung“ veröffentlicht worden ist, in der ein einziges wirk­sames Mittel erwähnt wurde, wie die Kriminalität zurückgebunden werden kann, nämlich die Aufklärungsrate zu erhöhen. Wenn ein möglicher Rechtsbrecher den Eindruck hat, dass die Aufklärung in Ordnung ist, dass er schnell ausgeforscht wird, dann ist dies wirklich abschreckend, denn erwischt werden möchte er nicht, auch wenn in Fernsehserien oder Kriminalfilmen des Öfteren suggeriert wird, dass man doch so intelligent ist und nicht erwischt wird.

Was kann man also im Konkreten tun, dass diese Aufklärungsquote erhöht wird, damit eben die Kriminaltouristen immer weniger Chancen bekommen, durchzuschlüpfen? – Ein wichtiger Schritt hiefür ist dieses Ergänzungsabkommen bezüglich EUROPOL. Auch wenn Europa im Zusammenhang mit dem Konvent einen kleinen Stillstand erreicht hat, so sieht man doch, dass in den praktischen Bereichen Bewegung vorhan­den ist und etwas weitergeht.

Was sind nun die zwei wichtigsten Maßnahmen in diesem Ergänzungsabkommen? – Die eine ist die Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen und damit, da international zusammengesetzt, ein erleichterter Informationsaustausch. Die andere sehr wichtige Maßnahme ist, dass in Hinkunft EUROPOL strafprozessliche und strafverfolgende Anregungen geben kann und dass es zu einer intensiven Zusammenarbeit zwischen EUROPOL und Eurojustiz kommt.

Durch diese Maßnahme, die in Europa international ist und eben diese 15er- be­zie­hungsweise in Hinkunft 25er-Gemeinschaft zusammenführt, soll bewirkt werden, dass das Schengen-Abkommen nicht eine Erleichterung für die Touristen ist, sondern er­schwerend. Das ist das Ziel dieser Ergänzung.

Daher ist meine Fraktion mit dieser Maßnahme höchst einverstanden. Wir wissen zwar, dass noch vieles gemacht werden könnte, aber man ist auf einem guten Weg. Wir werden daher diesem Ergänzungsabkommen zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.43

 


Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Winter das Wort. – Bitte.

 


13.43

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten wer­den dieser Änderung des EUROPOL-Übereinkommens, damit europäische Polizei­beam­te gemeinsam mit nationalen Polizeibeamten auch an operativen Ermittlungs­gruppen teilnehmen können, unsere Zustimmung erteilen.


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 91

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass eine verstärkte Zu­sam­menarbeit der europäischen Ermittlungsbehörden im Rahmen von EUROPOL eine besonders wichtige und natürlich auch sinnvolle Maßnahme zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens darstellt. Es muss unser aller Ziel sein, gegen international organisierte Verbrechen, den Drogenschmuggel, den Menschenhandel, den Terroris­mus – um nur einige zu nennen – besser ankämpfen zu können und mit bester techni­scher und auch bester fachlicher Hilfe eine höhere Verbrechensaufklärung zu erzielen.

Wenn die Ermittlungsbefugnisse ausgeweitet werden, muss aber auch eine Kontrolle in den nationalen Parlamenten sichergestellt sein. Weiters ist mir natürlich auch sehr wichtig, dass – keine Rechte ohne Pflichten! – für die europäischen Polizisten, wenn sie in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat, der diesen Vertrag ratifiziert hat, tätig werden, bei ihrer Tätigkeit, bei ihren Amtshandlungen die Immunität aufgehoben ist. Das heißt, dass sie genauso zu behandeln sind wie ein Polizist oder eine Polizistin, der oder die heute schon im Inland amtshandeln. Das, glaube ich, ist ein sehr wichtiger und richtiger Schritt bei diesem Übereinkommen.

Was auch noch wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn es bei Amtshandlungen zu Schäden kommt, so ist auch der Schadenersatz geregelt. Das heißt, dass jene, die durch Amtshandlungen Schaden erleiden, auch abgesichert sind oder schadlos gehalten werden.

Noch etwas ist aus diesem Abkommen herauszulesen. Bei Amtshandlungen der Euro­polizisten ist es in Wirklichkeit nur inländischen Polizisten vorbehalten, Zwangsmaß­nahmen durchzuführen. Die Europolizisten können zum Beispiel nur Verhöre durch­führen, dürfen aber nicht – wenn man das so bezeichnen darf – Handschellen anlegen. Ich glaube, dass auch das sehr wichtig ist, denn die Hoheitsrechte sollen bei der heimischen Exekutive bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der explodierenden Deliktzahlen und der dramatisch sinkenden Aufklärungsrate sagen wir ja zu einer weiteren euro­päischen Zusammenarbeit bei der Verbrechensbekämpfung und natürlich auch zu einer wesentlich verstärkten internationalen Polizei im Rahmen des Krisenmana­ge­ments.

Wir werden unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

13.46

 


Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile nunmehr Herrn Bundesminister Dr. Strasser das Wort.

 


13.46

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich für die Unterstützung bedanken und klar herausstellen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass die Opposition ihre Zustimmung dazu gibt. Ich möchte das auch anerkennen, weil ich glaube, dass gerade in Fragen der Sicherheit diese Zusammenarbeit aller politischen Kräfte an der Tagesordnung sein sollte und notwendig ist.

Da wir hier in diesem Hohen Haus heute Gäste aus Kärnten haben, ist es ganz besonders anzumerken, dass es durch eine enge Zusammenarbeit, sowohl bilateral mit unseren Nachbarn und zukünftigen Partnern als auch mit den europäischen Institutionen, zu einem Mehr an Sicherheit gerade im Bundesland Kärnten gekommen ist, weil sich unsere slowenischen Nachbarn sehr gut entwickelt und dafür gesorgt haben, dass weniger illegale Migrationen aus dem Süden über Slowenien nach


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 92

Kärnten und in die Steiermark erfolgt sind. Auch das ist ein Erfolg dieser bilateralen Zusammenarbeit über die Grenze und der internationalen Zusammenarbeit.

Ich bedanke mich bei den Mitgliedern des Bundesrates, insbesondere bei der Op­position dafür, dass sie dieser guten und wichtigen neuen Möglichkeit, international zusammenzuarbeiten, ihre Stimme geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.48

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Hagen. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.48

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich freue mich sehr, dass Sie Ihre Liebe für Kärnten entdeckt haben, Herr Innenminister. Ob da nicht der bevorstehende Wahlkampf etwas damit zu tun hat? (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ich glaube, dass wir dort einen hervorragenden Landeshauptmann haben, der für die Sicherheit von Kärnten sein Möglichstes tut und dafür eintritt, dass Kärnten ein sicheres Bundesland bleibt, was es derzeit auch ist, und dass dort die motivierte Exekutive, die auch etwas in freiheitlicher Hand – ich will es einmal so bezeichnen – ist, bestens ihre Arbeit leistet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Schennach: Na, hallo! – Bundesrätin Bachner: Wer macht da jetzt Wahlkampf?)

Nun aber zur Änderung des Protokolls betreffend das EUROPOL-Übereinkommen. Hier handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um die Übernahme eines Protokolls in die österreichische Rechtsordnung, das für die Aufklärung von Straftaten von enormer Wichtigkeit ist.

Die Entstehung von mehr Rechten für EUROPOL, die Zusammenarbeit der Polizei auf europäischer Ebene und eine europäische Polizeiorganisation werden helfen, in den europäischen Ländern die Sicherheit zu gewährleisten. Ich glaube, dass es wichtig ist, für die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität mehr Rechte zu schaffen, den Ermittlern mehr Möglichkeiten zu geben, und ich glaube, dass hier das richtige Zeichen gesetzt wurde.

Gerade in einer Zeit, in der sich die EU vergrößert, neue Aufgaben auf die Exekutive zukommen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Exekutive wesentlich stärker sein muss, ist es richtig, hier schon vorzeitig Maßnahmen zu setzen, und das wurde mit diesem Protokoll auch getan.

Es ist gut, dass es EUROPOL gibt. EUROPOL ist eine wichtige Organisation, deren Arbeitsmöglichkeiten verbessert werden sollten. Auch diesbezüglich werden entspre­chende Schritte gesetzt.

Ich kann nur empfehlen – und ich glaube, es wird ein einstimmiger Beschluss sein –, diesem Protokoll die Zustimmung zu erteilen. Meine Fraktion wird selbstverständlich mit großer Freude diesem Protokoll zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.51

 


Präsident Jürgen Weiss: Nun gelangt Herr Bundesrat Schennach zu Wort. – Bitte.

 


13.51

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hagen, in den Februartagen des Jahres 2004 sollte man nicht davon sprechen, dass eine Exekutive in freiheitlicher Hand oder gar in Hand ... (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Wir gedenken nämlich gerade der Ereignisse einer anderen Zeit.


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705. Sitzung / Seite 93

Ich hoffe, der Herr Innenminister hat das gehört. Ich hoffe, dass die Exekutive in Kärnten nicht von der Parteizentrale der Freiheitlichen Partei in Kärnten aus geführt wird, sondern vom Gendarmeriekommando und vom Bundesministerium für Inneres. Alles andere müsste das Abdrehen von EKIS und die Entwaffnung der Kärntner Exekutive zur Folge haben. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Hagen! Das bedeutet „in freiheitlicher Hand“. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir derzeit irgendwo in Österreich bewaffnete Parteitruppen zur Auf­rechterhaltung der inneren Ordnung haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Hagen: Sie haben immer das Gegenteil behauptet!)

Na ja, das klingt schon etwas komisch hier vom Rednerpult aus, die Exekutive sei in freiheitlicher Hand. Es tut mir Leid, dass ich deshalb ein bisschen länger ... (Bundesrat Hagen: Sie haben aber immer das Gegenteil behauptet!) – Das haben Sie gesagt! Wir können uns ja gleich das Protokoll anschauen. Sie haben es gesagt.

In allen Bereichen der Politikfelder gibt es in Europa eine Zusammenarbeit, ganz egal wo, ob das im Verkehrsbereich ist, ob das im Bereich der Bildung ist. Natürlich muss es auch im Bereich der Sicherheitspolitik, und nicht nur im Bereich der militärischen Sicherheitspolitik, sondern auch im Bereich der polizeilichen Sicherheitspolitik eine Zusammenarbeit geben. Es wäre absurd, wenn in Wien die Polizei einen vermutlichen Straftäter nicht über die Bezirksgrenzen hinweg verfolgen oder ermitteln dürfte, oder es wäre zwischen Kärnten und der Steiermark Ende im Falle der Verfolgung eines Flüchtenden.

Das heißt, dass es natürlich neue Formen und eine vertiefte Zusammenarbeit mit EUROPOL geben muss. Das ist eine spannende Sache; ich sage das wie heute beim E-Government-Gesetz, aber der Datenschutz ist hier sicherlich eine wichtige Frage. Was geschieht mit den übermittelten Daten? Wie schauen die Basisgesetze des jeweiligen Staates aus? Was geschieht mit der Benützung? – Wir brauchen hier bald keine Sicherheitsberichte mehr zu diskutieren, wenn zum Beispiel nicht auch bei EUROPOL entsprechende Formen von Kontrollen gefunden werden. Wir brauchen verfassungsrechtliche Kontrollen, Spielregeln, Verfassungsgrundlagen; da sind wir säumig. Es ist gut, dass es EUROPOL gibt, dass die Zusammenarbeit in diesem Protokoll verankert wird, dass auch EUROPOL-Beamte eine gewisse Immunität besitzen in der Ausübung ihrer Pflicht, aber es sind auch die entsprechenden Hausauf­gaben zu machen. Da sind die Spielregeln zu definieren, ebenso die parlamentarische Zuständigkeit, denn wir geben damit ein Stück nationaler Zuständigkeit an eine europäische Zuständigkeit ab.

Wie das künftig insbesondere im Bereich der Daten ausschaut, ist nicht hinreichend geklärt. Erst jetzt ist wieder ein Prozess ad acta gelegt worden – „Ich gestehe“ –, der ja über Jahre gedauert hat, über den Missbrauch von EKIS-Daten. Wie sieht diese Sicherheit im internationalen Verkehr aus? – Das ist nicht ausreichend beantwortet.

Trotzdem werden wir unsere Zustimmung zu diesem Protokoll geben – im Sinne einer europäischen Zusammenarbeit auch im Bereich der polizeilichen Sicherheit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.55

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 94

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Öster­reich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ (5 d.B. und 358 d.B. sowie 6973/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen So­zialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezem­ber 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen (91 d.B. und 359 d.B sowie 6974/BR d.B.)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Ände­rungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen (118 d.B und 360 d.B. sowie 6975/BR d.B.)

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik (6 d.B. und 361 d.B. sowie 6976/BR d.B.)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem) (7 d.B. und 362 d.B. sowie 6977/BR d.B.)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Un­garischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 95

1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen (44 d.B. und 363 d.B. sowie 6978/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen und Sport­schützen (9 d.B. und 364 d.B. sowie 6979/BR d.B.)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF), Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern, und der Republik Öster­reich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, Sektion III, Herren­gasse 7, A-1010 Wien, betreffend die Gründung und den Betrieb des „Inter­national Centre for Migration Policy Development (ICMPD)“ in Wien (219 d.B. und 365 d.B. sowie 6980/BR d.B.)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) (220 d.B und 366 d.B. sowie 6981/BR d.B.)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien (221 d.B. und 367 d.B. sowie 6982/BR d.B.)

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrags über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien (222 d.B. und 368 d.B. sowie 6983/BR d.B.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 23 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Berichterstatter zu Punkt 13 sowie zu den folgenden Punkten ist Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich bitte ihn um die Berichte. – Ich würde Ihnen vorschlagen, den jewei­ligen Punkt der Tagesordnung zu benennen und den Antrag des Ausschusses zu


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 96

referieren, ohne den Wortlaut der betreffenden Bestimmungen ausführlich zu wieder­holen.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Ich werde mich bemühen.

Der Bericht zu Tagesordnungspunkt 13: Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zur Antragstellung kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu Punkt 14, womit der Wortlaut der Vereinbarung hinreichend definiert ist. Bitte den Antrag des Ausschusses zu referieren!

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betref­fend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird samt Anlagen:

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf noch folgende Druck­fehlerberichtigung vorbringen: Die Antragsformel im gegenständlichen Ausschussbe­richt soll heißen: Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum Bericht über den Tagesordnungs­punkt 15. Es genügt, den Antrag des Ausschusses zur Kenntnis zu bringen.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Auch der Bericht zum Tagesordnungs­punkt 15 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf gleich zum Antrag des Aus­schusses kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Danke. – Zu Punkt 16.

 



Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 97

Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten zu Tagesordnungspunkt 16 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Danke. – Zu Punkt 17, bitte.

 



Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 98

Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Zu Punkt 18, bitte.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum An­trag kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Zu Punkt 19, bitte.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Auch dieser Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Zu Punkt 20.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Auch dieser Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Punkt 21, bitte.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Zu Punkt 22.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen und darf noch folgende Druckfehlerberichtigung vorbringen:

Die Antragsformel im gegenständlichen Ausschussbericht soll lauten:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Bitte zu Punkt 23.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen und darf folgende Druckfehlerberichtigung vorbringen:

Die Antragsformel im gegenständlichen Ausschussbericht soll lauten:

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich für die speditive Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster Redner hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


14.05

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Ludwig Bieringer! Es ist natürlich sehr schön, dass sich in Tschechien ein Haus jetzt nicht mehr auf geteiltem Staatsgebiet befindet, dass sich durch den heutigen Beschluss nicht mehr der eine Teil in Tschechien und der andere Teil in Österreich befindet. Aber der Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe, ist der Tagesordnungspunkt 19.

Wir machen jetzt einmal so etwas wie eine lebendige Demokratie, lieber Kollege Lud­wig Bieringer, und wir verwenden jetzt das Prinzip erste Lesung – zweite Lesung. In der ersten Lesung haben wir das im Ausschuss abgelehnt. Aber um allen Ehren­kom­mandanten und Schützenbataillonsoffizieren und Angeschossenen hier im Raum ... (Heiterkeit.) – Das heißt so! Kollege Bieringer wird das erklären. Es ist ein Ehren­anschießen. Und Herr Bieringer ist einer der Angeschossenen hier im Raum. (Neuer­liche Heiterkeit.)

Wir werden also heute quasi in zweiter Lesung – obwohl es das bei uns ja nicht gibt – diesem Antrag unsere Zustimmung geben. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Moment! Wir vereinbaren mit dem Kollegen Bieringer in seiner Eigenschaft als Schützenehrenkommandant ein Gegengeschäft: dass die ÖVP uns zum Beispiel im Bereich des Tierschutzes in bestimmten Punkten in einer ähnlichen Weise in der Form näher tritt, wie wir das heute hier tun. (Ruf bei der ÖVP: Ein unmoralisches Angebot!)

Es ist kein unmoralisches Angebot, aber wir wollen nicht dazu beitragen, dass die Schützen des Walsertales, wo ja Herr Hagen, wie wir jetzt wissen, Kommandant oder Ehrenkommandant oder Ehrenmajor ist (Bundesrat Bieringer: Das gibt es nicht!), jedes Mal ein aufwendiges Verfahren durchlaufen müssen, um Bayern zu durchqueren und das Ländle wieder zu betreten. Das wollen wir nicht. Das verstehen wir, auch wenn wir meinen, dass die Trachtenverbände mit Knallfröschen sicher besser beraten wären – es ist ja kein Wettschießen von Schützenkompanien, sondern das sind Ehrensalute –, wenn das jede Kompanie in ihrem eigenen Land macht und Munition und Waffen nicht mit herumschleppt.

Insofern ist es ja ganz sinnvoll, dass das zwischen Südtirol und Nordtirol weiterhin getrennt geregelt bleibt. Aber im Sinne einer lebendigen Demokratie werden wir, anders als im Ausschuss, heute diesem Antrag unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen, bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Bieringer: Danke schön!)

14.07

 



Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 99

Präsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Kollegin Fröhlich das Wort. – Bitte.

 


14.08

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bin natürlich dafür, dass die Schützen über das Außerfern nach Garmisch, nach Bayern fahren dürfen. Ich begrüße das neue Abkommen, das die Mitnahme von Waffen in den Freistaat Bayern und auch von Bayern nach Österreich regelt. Die Traditionspflege zwischen Bayern und Tirol wird damit uneingeschränkt möglich. Dieses Abkommen muss deshalb als ein wichtiger Schritt und vor allem als große Erleichterung für die traditionellen Schützenverbände angesehen werden.

Bisher war den 15 000 aktiven Tiroler Schützen das Tragen der Waffe in Bayern nur mit einer Sondergenehmigung sowie für Halter eines europäischen Waffenpasses möglich. Mit diesem Abkommen ist es den Mitgliedern traditioneller Schützenvereini­gungen und Sportschützen ermöglicht worden, ohne unnötige bürokratische Hürden an den gegenseitigen Treffen mit Schützen des jeweils anderen Staates teilzunehmen.

Liebe Kollegen! Ich möchte erwähnen, dass sich am Waffengesetz von 1996 nichts geändert hat. Egal, wo sich die Schützen befinden, ob in Deutschland oder in Österreich, es gilt das jeweilige Waffengesetz, und die Waffen haben sorgfältig ver­wahrt und strengstens gesichert zu sein.

Bereits vor 28 Jahren hat es eine Plattformgründung der Schützen der Alpenregion gegeben, und bei allen Treffen hat sich große Verbundenheit gezeigt. Über Jahrhun­derte gibt es eine gemeinsame Geschichte zwischen Tirol und Bayern, und es wird von vielen politischen Vertretern festgehalten, wie wichtig die Gemeinsamkeit der Schützen in dieser Region ist.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in Zeiten der Globalisierung muss man beachten, dass der Mensch nicht globalisierbar ist, sondern dass er die Heimat braucht. Und dieser Begriff „Heimat“ hat bei den Schützen wieder neue Karriere gemacht. Die Schützen haben durch all ihre Aktivitäten einen ganz wichtigen Beitrag dazu geleistet, dieses jahrhundertealte Brauchtum zu sichern.

Die Schützen sehen sich als verbindendes Element zwischen den Menschen und der Region, aber auch zwischen den Kulturen. Und die Schützen sorgen dafür, dass die­ses jahrhundertealte Brauchtum weiterentwickelt wird und nicht in Vergessenheit gerät, und sie sorgen vor allem dafür, dass die nächste Generation eine intakte Heimat vorfindet und dieses Brauchtum erhalten bleibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Schluss meiner Ausführungen möchte ich mich bei unserem Bundesminister, der die Wertigkeit des Schützentums erkannt hat, bedanken. Er hat dieses Abkommen mit dem deutschen Innenminister zustande gebracht. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Minister, für die schnelle, aber gelungene Initiative im Namen der Schützen im Alpenraum, insbesondere im Namen der Tiroler Schützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.12

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stadler. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.12

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Als geborener Innviertler, Nachbar von Bayern, werde ich sicher auch noch ein paar Worte zu den Schützen sagen, aber ich


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 100

glaube, in diesen vielen Punkten, die wir da heute in einem diskutieren, sind noch andere Dinge enthalten, die auch sehr wichtig sind.

Ich möchte vorerst einmal zum Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwick­lung, kurz ICMPD, ein paar Worte sagen.

Diese Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wanderungspolitik sowie der Migrationsforschung zu fördern, wurde 1993 von den Ländern Österreich und der Schweiz unter dem damaligen Innenminister Franz Löschnak gegründet. Dieses Institut leistet seit der Gründung wirklich sehr gute und vor allem auch für die österreichische Innenpolitik sehr wichtige Arbeit. Es untersucht die jeweils aktuelle politische Situation in den Herkunftsländern von Migranten sehr genau und prüft auch Möglichkeiten zur besseren Erkennung und Kontrolle sich abzeichnender Wanderungsbewegungen.

Ein wichtiger Schwerpunkt der Tätigkeit des Institutes ist die breite transnationale Zusammenarbeit. Wie erfolgreich und anerkannt diese Organisation in ihrem Bereich ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass neben den beiden Gründungsländern, Öster­reich und der Schweiz, mittlerweile auch Ungarn, Slowenien, Tschechien und Schwe­den der Organisation beigetreten sind und weitere Länder ihren Beitritt dazu vorbe­reiten.

Wie bereits erwähnt hat diese Organisation speziell für die österreichische Innenpolitik schon konkrete Ergebnisse gebracht, nämlich in Form des ersten „Österreichischen Migrations- und Integrationsberichtes“ 2003, welcher auf Initiative dieser Einrichtung entstanden ist. Dieser Bericht stellt einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Zuwanderung nach Österreich und der gesell­schaftlichen Integration der in Österreich lebenden ausländischen Wohnbevölkerung dar.

Ein Teil der Arbeit dieser Organisation liefert auch eine bedeutende Entscheidungs­grundlage für die europäische Innenpolitik.

Mit der heute anstehenden Ratifizierung wird erstens aus dem ursprünglichen Verwal­tungsvertrag ein Staatsvertrag, wird zweitens die Befristung aufgehoben und wird drittens Wien als Hauptsitz dieser Organisation sichergestellt.

Es ist daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dieser Ratifizierung heute zuzustimmen. Unsere Fraktion wird dies auch tun.

Abschließend noch kurz zu den Schützen, ein Thema, das in der Gegend, in der ich lebe, durch die Nähe zu Bayern natürlich auch sehr wichtig ist. Wir Innviertler haben bis vor 225 Jahren noch zu Bayern gehört. Es sind dort natürlich Freundschaften und Patenschaften entstanden, und dies natürlich auch von Schützenvereinigungen und Schützenverbänden. Daher ist es sicher ein wichtiger Schritt, dass diese gegenseitigen Treffen, diese Feierlichkeiten, diese Turniere jenseits des Inn problemlos und ohne irgendwelche bürokratische Hürden stattfinden können. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.16

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesrat Hagen. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.16

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Hohes Haus! Auch ich möchte zum Tagesord­nungs­punkt 19 sprechen, bei dem es um die Schützen geht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 101

Herr Kollege Schennach – leider ist er nicht mehr im Saal – hat sich offenbar von meiner Argumentation im Ausschuss umstimmen lassen und wird heute hier zustim­men, was mich sehr freut. Man sieht, mit guten Argumenten kann man auch bei anderen Fraktionen etwas bewirken, wenn sie nicht zu stur sind. Das möchte ich einfach einmal feststellen.

Auch ich bin nicht Kommandant einer Schützenkompanie, sondern Leutnant der Fronleichnamsschützenkompanie Hörbranz, die heuer ihr 225-Jahr-Jubiläum feiert. Ich bin sehr stolz darauf. Wir transportieren zwar nicht Munition, sondern Vorderlader­gewehre und Vorderladerkanonen. Bei uns wird das also wirklich noch so vollzogen, dass mit diesen Geräten geschossen wird. Die Munition wird selbst hergestellt und besteht aus Papier und Pulver – mehr ist da nicht drinnen – und einem Käpsele zum Abfeuern. Also: Munition müssen wir nicht transportieren.

Aber – Kollege Schennach hat das schon angesprochen – problematisch ist die Situ­ation natürlich für die Vorarlberger Gemeinden im Kleinwalsertal, die, wenn sie zu ei­nem Schützentreffen ins Innerland kommen, deutsches Staatsgebiet durchfahren müs­sen. Bisher haben sie immer Ausnahmegenehmigungen beantragen müssen. Das ist natürlich ein riesiger Bürokratieaufwand und ist meiner Ansicht nach mit nichts zu begründen. In einer Europäischen Union, wo alles offener wird, wo alles freier wird, ist es der richtige Weg, wenn man hier entsprechende Abkommen schließt, die diese Bürokratie abbauen.

Hier sind wir auf einem guten Weg, Herr Innenminister, und dazu muss ich Ihnen gratulieren. Das freut mich sehr.

Vielleicht eine kleine Anregung: Die Combat-Schützen oder Exekutivschützenklubs und was es da alles gibt, die natürlich europaweit in der Europäischen Union auf Wett­bewerbe gehen, müssen, obwohl Exekutivbeamte natürlich mit der Waffe und in Bezug auf deren Handhabung gut ausgebildet sind und natürlich den Transport und all das zur vollsten Zufriedenheit erledigen, diese Bürokratie mit dem europäischen Waffen­pass noch in verschiedenen Staaten durchmachen. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, eine Verbesserung nach diesem Beispiel, nach diesem Muster zu erreichen. Ich würde mich darüber sehr freuen.

Alles in allem kann ich Ihnen nur gratulieren und freue mich sehr, dass dieses Gesetz heute hier beschlossen wird – im Sinne der Traditionspflege, im Sinne der Sportaus­übung der Schießklubs, der Schützenvereine, Schießvereine und was es hier alles gibt. Ich kann Ihnen hiezu nur noch einmal gratulieren, und ich freue mich sehr darüber. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.19

 


Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist offenbar nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 13: Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundes­republik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Inn­winkel“.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 102

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechi­schen Republik, mit dem der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tsche­choslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 geändert und ergänzt wird, samt Anlagen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechi­schen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze samt Anlagen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 103

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse nunmehr über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jän­ner 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem).


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
705. Sitzung / Seite 104

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 29. April 1987 samt Anlagen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundes­republik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützen­vereinigungen und Sportschützen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich betreffend die Gründung und den Betrieb des „International Center for Migration Policy Development“ in Wien.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag über die Dritte Änderung des Vertrages über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung und Verlängerung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrages über die Gründung und den Betrieb des International Centre for Migration Policy Development in Wien.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Jänner 2004 betreffend einen Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft, der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Änderung des am 1. Juni 1993 in Wien unterzeichneten Vertrages über die Gründung und den Betrieb des „International Centre for Migration Policy Development“ in Wien.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

24. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heitsbericht 2001) (III-238-BR/2002 d.B. sowie 6984/BR d.B.)

25. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heitsbericht 2002) (III-248-BR/2003 d.B. sowie 6985/BR d.B.)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Höfinger. – Ich bitte um den Bericht, zunächst zum Tagesordnungspunkt 24.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2001).

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Danke. – Ich bitte, gleich den Bericht zum Tagesordnungs­punkt 25 anzuschließen.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Bericht des Ausschusses für innere Angelegen­heiten über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2002):

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Februar 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die unter einem abgeführt wird.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Schicker das Wort. – Bitte.

 


14.27

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute die Sicherheitsberichte 2001 und 2002 debattieren, so ist dies – und ich entschuldige mich für diesen Ausdruck – eigentlich verlorene Liebesmüh’ – so sagen wir in der Steiermark –, denn in der Zwi­schenzeit – von 2001 bis 2004 – hat sich natürlich vieles geändert, aber leider nicht vieles zum Guten, sondern zum Nachteil der Bevölkerung.

Wenngleich die beiden Berichte – Sie haben sie ja alle bekommen – sehr umfangreich und umfassend sind, wofür natürlich den damit befassten Beamtinnen und Beamten in


Bundesrat
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Ihrem Ressort, Herr Bundesminister, wirklich unser Respekt gebührt, so müssen wir uns doch der zwischenzeitlich erfolgten Änderungen bewusst werden. Meines Wissens hat man es damit aber nicht zustande gebracht, zum Beispiel die Aufklärungsraten bei kriminellen Handlungen zu erhöhen, und auch nicht, das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu heben beziehungsweise zu stärken.

Im Gegenteil, Herr Bundesminister! Auch wenn Sie immer und überall mit Zahlen und Fakten aufwarten, die uns etwas Positiveres vermitteln sollen: Das subjektive Sicher­heitsgefühl der Österreicherinnen und Österreicher ist ein anderes, und das kommt ja auch nicht von ungefähr. Im Vorfeld ist ja einiges passiert, zum Beispiel durch die Schließungen beziehungsweise Zusammenlegungen von Gendarmerie­pos­ten und durch die sprichwörtliche Ausdünnung des ländlichen Raumes. – Darüber haben wir hier ja schon des Öfteren debattiert.

Ich wurde vor kurzem bei einer Diskussion von einem Bezirksbürgermeister der ÖVP angesprochen, der mir vorgeworfen hat, wir hätten im Bundesrat nichts gegen die Ausdünnung getan. – Da sagte ich: Lieber Herr Bürgermeister, das müssen Sie uns nicht sagen! Wir von der Opposition haben es oft genug aufgezeigt. Das müssen Sie Ihre Bundesräte und Ihre Abgeordneten im Parlament fragen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Aber er hat es uns unterstellt, und Kollege Weilharter weiß das. Du warst Zeuge. Wir haben im Rahmen der jetzt geführten Diskussion im Konvent auch über den Bundesrat debattiert, und zwar im Stift St. Lambrecht, und du kannst bestätigen, dass wir damals angegriffen wurden, gegen die Ausdünnung des ländlichen Raumes nichts getan und nichts gesagt zu haben. – Wir haben etwas gesagt! Wir sind dagegen aufgetreten! Ich wollte Ihnen nur einmal zur Kenntnis bringen, dass wir als Opposition von den ÖVP-Bezirksbürgermeistern darauf angesprochen wurden. – Das finde ich schon irgendwie merkwürdig, denn das sollten diese Bürgermeister auch ihren eigenen Bundesräten und Abgeordneten sagen.

Herr Bundesminister! Deswegen haben auch viele Menschen das Gefühl, nicht be­schützt zu sein. – Ich sage es einmal so. Der Gendarm, der Polizist stellt bei einer Übertretung beziehungsweise Abstrafung immer quasi ein Feindbild dar – das ist halt so –, aber andererseits ist er eben auch der Hüter der Sicherheit. Wenn diese Beamten nicht mehr so oft auf der Straße gesehen werden – nicht unbedingt nur als Abstrafer, sondern wenn sie ihre Patrouillenfahrten oder -gänge infolge von Personalknappheit nicht mehr wahrnehmen können –, kommt automatisch das subjektive Gefühl der Ungeschütztheit auf.

Dass die Schlepperbanden zunehmen, dass sie sich immer brutalerer Methoden bedie­nen, ist ein Faktum, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich habe das Gefühl, dafür gibt es im Moment seitens des Innenministeriums auch noch keine zufrieden stellende Lösung. Es ist auch nicht einfach – das gebe ich schon zu –, da meistens ja nur die Geschleppten über die Grenze kommen, die Schlepper selbst hingegen schon vorher im Nachbarland das Weite suchen beziehungsweise abspringen. Jetzt liest man, dass Kinder als Schutzschilder verwendet werden. Das ist eine Situation, mit der auch die erfahrensten Beamten an der Grenze umzugehen lernen müssen. Es sind also wirklich keine einfachen Aufgaben, die auf die Beamten im Grenzschutz zukom­men.

Herr Bundesminister! Es wurden zwar zwischenzeitlich Sicherheitspartnerschaften mit den Beitrittsländern Ungarn, Slowenien, der Slowakei, Tschechien und Polen abge­schlossen, um es für die Schlepper schon in diesen Ländern durch verschärfte Grenz­kontrollen schwieriger zu machen, überhaupt nach Österreich zu gelangen – was ja


Bundesrat
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gutzuheißen ist –, aber die Realität zeigt etwas anderes. Da schaut das Bild etwas anders aus.

Ich möchte noch auf die Situation im Flüchtlingslager Traiskirchen hinweisen. Sie haben heute früh im Radio, glaube ich, auch dazu Stellung genommen. Ich habe es nur ganz kurz im Auto gehört. Wir konnten alle in der Vorwoche im „Report“ mitverfolgen, welch katastrophale Zustände dort herrschen. Ich habe das Gefühl, die zuständige Betreiberfirma ist nicht nur überfordert, sondern, so denke ich, auch personell nicht richtig ausgestattet. Man spricht dort von vielen Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen, was ja an sich gut wäre. Man weiß aber, dass die entsprechenden Personen in Wirklichkeit vorher im Gastgewerbe tätig waren, was ja nichts Unmora­lisches ist, aber sie haben nicht die psychologische Ausbildung, die für die Arbeit mit Flüchtlingen notwendig wäre. Ich denke, da zuzuschauen, bis es wieder zu einer Eska­lation kommt, das kann man nicht gutheißen, Herr Bundesminister!

Sie haben heute ja die Gemeinden aufgerufen, sie mögen sich melden. Ich denke, Sie müssten auch die Länder mehr in die Pflicht nehmen, und zwar jene Länder, die bisher schon ihren Quotenanteil an Flüchtlingen nicht übernommen haben, zum Bei­spiel Kärnten. Hängt das mit den kommenden Landtagswahlen zusammen? – Heute haben wir ja schon gehört, alles wird auf die Landtagswahlen geschoben. Hängt es mit den kommenden Landtagswahlen zusammen, dass Sie beim Kärntner Landes­hauptmann noch nicht vorstellig geworden sind? Kärnten hat ja die Quote noch nicht ausgeschöpft beziehungsweise zugeteilt bekommen, die es eigentlich haben sollte. Herr Bundesminister! Ich denke, Sie müssen jetzt handeln, bevor es – wie gesagt – wieder zu einer Eskalation in Traiskirchen kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber auch die Kleinkriminalität – das so ge­nannte Taschelziehen – nimmt wirklich Besorgnis erregende Ausmaße an. Wir lesen es jeden Tag in der Zeitung, und ich selbst wurde vor kurzem wieder einmal – schon das dritte Mal in den letzten 17 Jahren, seit ich nach Wien pendle – im berüchtigten so genannten D-Wagen vom Südbahnhof in die Josefstadt Opfer eines solchen Diebes.

Ich weiß nicht, wie man sich dagegen wehren soll. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, Herr Bundesminister! Ich bin halt so erzogen worden, dass ich Auskunft gebe, wenn ich gefragt werde. Das letzte Mal, vor einigen Wochen, hat mich jemand im D-Wagen auf Französisch angesprochen, und ich habe bereitwillig gesagt, nein, wir sind noch nicht am Schwarzenbergplatz, Sie müssen bei der nächsten Station aussteigen. Im Hotel angekommen bemerkte ich, dass ich meines Geldbörsels verlustig war.

Das ist kein persönlicher Vorwurf an Sie. Ich sage nur, diese Kleinkriminalität nimmt zu. Man kann sich ja nicht die Taschen zunähen! Auch dafür müsste mehr Personal da sein, Herr Kollege! Eine Woche später konnte man ja darüber lesen: Ein Straßen­bahnführer des D-Wagens hat dann wegen eines solchen Vorfalles rigoros die Türen geschlossen. Man weiß ja in der Zwischenzeit, in welchen Straßenbahnen sich diese Kleinkriminellen aufhalten. Auch hier wären zum Beispiel Stichproben mit Beamten in Zivil angebracht.

Herr Bundesminister! Es tut mir auch Leid, dass ich gerade heute nichts Positiveres berichten kann, denn ich halte heute meine letzte Rede im Bundesrat. Ich würde wirklich gerne andere Sachen berichten, aber das gehört einfach dazu. Es muss einfach gesagt werden, dass es mit der derzeitigen Sicherheitslage in Österreich nicht zum Besten steht.

Damit komme ich natürlich schon zum nächsten Thema, zu meinem Abschied. Herr Präsident! Wenn Sie mir kurz einige Sätze erlauben: Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen – vor allem auch meiner Fraktion! Ich habe 17 Jahre diesem Bundesrat ange­hört, und mein besonderer Dank gilt natürlich heute – Sie werden das verstehen –


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meinem Klubobmann Professor Konecny, meiner Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach, aber auch Ihnen, lieber Herr Präsident Weiss, und Ihnen, lieber Herr Klubobmann Bieringer. Ich glaube, wir fünf Genannten sind die Dienstältesten in dieser Bundesratsfamilie. Ich möchte mich aber natürlich auch bei Professor Böhm bedanken, der erst später zu uns gestoßen ist, und bei Herrn Schennach.

Und wenn ich „Bundesratsfamilie“ sage, dann meine ich dies auch so. Wir haben, so glaube ich, trotz vieler unterschiedlicher Positionen und trotz aller Gegensätzlichkeiten nie die Form der politischen Kultur vergessen. Diese 17 Jahre waren für mich insofern eine spannende Zeit, als im Dezember 1986, als ich angelobt wurde, ja gerade die neue SPÖ-ÖVP-Koalition wieder erstanden ist. Der Bundesrat hat aus zwei Fraktionen bestanden, und es war für mich eigentlich gar nicht spannend, denn es hat zu diesem Zeitpunkt keine Pro- und keine Kontra-Redner gegeben. (Bundesrat Schennach: Bitter, bitter!) Wir haben ja alles gemeinsam beschlossen, daher waren die Debatten­beiträge damals auch nicht so spannend, meine ich.

Erstmals spannend ist es im Jahre 1989 geworden, als für die FPÖ Frau Dr. Schmidt hier eingezogen ist. Sie hat dann – was sie sich sicher nicht verdient hat! – all das abbekommen, was wir vorher nicht angebracht haben. Sie war ja die Einzige in Opposition, und ich muss von dieser Stelle aus sagen: Ich schätze Frau Dr. Heide Schmidt sehr. Sie war und ist eine blendende Rhetorikerin und hat eben damals noch die Position der FPÖ hier vertreten. Diese Fraktion ist dann ständig gewachsen, es hat sich das Mandatsverhältnis verändert, und durch den Einzug der Grünen mit Herrn Schennach im Jahre 2001 waren wir dann eigentlich meines Ermessens hier im Bundesrat erst richtig vollzählig, weil ab dann die vier größten Parteien Österreichs auch hier in der Länderkammer vertreten waren.

Ich denke, jetzt ist im Bundesrat eigentlich erst echter Parlamentarismus eingezogen. Wie es Ihnen in den nächsten Jahren ergehen wird, weiß ich nicht. Es wird wieder Mandatsveränderungen geben, zu wessen Gunsten oder Lasten auch immer. Es wird auch für euch weiter spannend bleiben. Auf alle Fälle wünsche ich Ihnen für die Zukunft persönlich alles Liebe und Gute und möchte aber trotzdem noch Folgendes dazu sagen:

Ich stehe heute noch immer unter dem Eindruck der gestrigen Gedenkfeiern aus An­lass des Bürgerkrieges in Österreich vor 70 Jahren. In Leoben gab es eine ganz tolle Aufführung von Schauspielern des Schauspielhauses Graz, eine Theatercollage über die Verurteilung von Koloman Wallisch, dem großen Arbeiterführer. Ich nehme das zum Anlass für einen Wunsch: Mögen alle noch so unterschiedlichen Standpunkte zwischen den Parteien nicht dazu führen, dass jemals wieder Österreicher auf Österreicher schießen. (Allgemeiner Beifall.)

Ihnen persönlich wünsche ich, wie gesagt, alles erdenklich Gute und dem Bundesrat insgesamt, dass er aus dem zurzeit tagenden Österreich-Konvent gestärkt hervor­geht. – Danke. (Anhaltender allgemeiner, teilweise stehend dargebrachter Beifall.)

14.42

 


Präsident Jürgen Weiss: Frau Kollegin Schicker, Sie haben vorhin mit Bedauern erwähnt, dass Sie zum Sicherheitsbericht nichts Positives sagen können. Über Ihre Tätigkeit hier im Haus können wir Positives berichten. Sie haben nicht nur als enga­gierte Debattenrednerin, sondern auch als Ausschussvorsitzende, als Schriftführerin und als Teilnehmerin an der Beratenden Versammlung des Europarates großes Enga­ge­ment gezeigt, in einer angenehm streitbaren Weise, die um einen klaren Standpunkt nie verlegen war. Das ist sehr zu schätzen und gehört auch mit zur Diskussionskultur dieses Hauses. Wir werden Sie in guter Erinnerung behalten und wünschen Ihnen für


Bundesrat
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Ihren weiteren Lebensweg alles Gute. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrätin Schicker: Danke, Herr Präsident!)

Nächster Redner in der Debatte ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


14.43

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abschiedsrede der Frau Bundesrätin Schicker, die jetzt wieder als Schriftführerin auf dem Präsidium sitzt, hat eine gewisse feierliche Stimmung ins Haus gebracht, und ich werde mir daher erlauben, auf die Argumente, die sie im Bereich der Sicherheit angebracht hat, nicht einzugehen, sondern ich möchte allgemein über den Sicherheits­bericht 2001 und 2002 sprechen.

Er ist eine wahre Fundgrube, und man muss dem Herrn Bundesminister und seinen Beamtinnen und Beamten, Vertragsbediensteten und allen, die dazu beigetragen haben, ganz besonders gratulieren, dass so ein profunder, aufschlussreicher Bericht sowohl dem Nationalrat als auch dem Bundesrat zur Verfügung gestellt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass aus diesen Berichten dann entsprechende Schlüsse gezogen werden, ist bei der Effizienz des Herrn Bundesministers selbstverständlich. Jetzt auf Kriminalität und so weiter einzugehen, ist sicher legitim, aber es wurden und werden entsprechende Maßnahmen eingeleitet, damit man das in den Griff bekommt.

Ich möchte aber auch eine etwas kritischere Anmerkung machen, nämlich in der Richtung, dass einerseits die verschiedenen Vertretungskörper immer wieder Berichte über Berichte anfordern, aber ob sie dann auch wirklich gelesen werden, das ist eine andere Sache. Man muss aber auch berücksichtigen, was das den Steuerzahler kostet, wenn diese Berichte überhand nehmen, weil immer mehr von den Vertretungs­körpern gefordert wird.

Ich frage mich, ob es nicht sinnvoller wäre, die eine oder andere Kapazität, die in das Berichtswesen investiert wird, nicht vielleicht doch für andere Aufgaben heranzuziehen. Das betrifft sicher nicht nur das Innenministerium, sondern auch viele andere. – Wir werden ja heute ab 16 Uhr in einer Dringlichen Anfrage wahrscheinlich wieder merken, was hinter den Kulissen alles an Arbeit geleistet werden musste, um dieses und jenes zu beantworten.

Ich möchte aber auch etwas erwähnen, das eine Besonderheit dieses Berichtes dar­stellt, nämlich dass das Bundesministerium für Inneres den Bericht gemeinsam mit dem Justizministerium erstellt hat. Das drückt einerseits einmal die Gemeinsamkeit aus, aber andererseits auch, dass das eine ohne das andere im Grunde genommen nicht existieren beziehungsweise nicht effizient arbeiten kann.

Nun ein paar kleine Anmerkungen zur steigenden Kriminalität: Sicher kann man der Meinung sein, es müsse unbedingt etwas geschehen. Dieses Problem ist aber sicher nur dann lösbar, wenn wir versuchen, auch mittel- und langfristig zu denken. Da be­steht einmal das Problem der Zivilcourage. Ist unsere Bevölkerung heute nicht auf Grund verschiedener Vorbilder und verschiedener mangelnder Erziehungsmaßnahmen einfach nicht mehr couragiert genug, um einzugreifen? – Es wird immer wieder bemän­gelt, dass weggesehen wird, dass man sich „davontrollt“.

Zweitens wurde von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Sommer vorigen Jahres angeregt, auch über die Werte einmal entsprechend zu reden. Dazu gehört auch, dass das Geschicktsein, das Kriminellsein und so weiter nicht unter Umständen einen positiven Wert darstellen, sondern klar verurteilt werden müssen.


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Weiters wird unsere Gesellschaft auch nicht ohne gewisse Selbstschutzmaßnahmen auskommen. Dazu gehört eben, dass man versucht, alles am Körper zu tragen, wenn der Taschendiebstahl überhand nimmt. Wenn man ein Auto hat und seinen Laptop – vielleicht auch noch das neueste Modell – auf die Rückbank legt, dann zieht man eventuell jemanden an, der einem dann die Scheibe einschlägt. Das ist natürlich nicht zu tolerieren – das ist vollkommen klar –, aber man könnte den Laptop vielleicht doch mitnehmen oder ihn einfach nicht auf den Rücksitz legen. – Das nur als kleines Beispiel.

In meiner früheren Rede über EUROPOL habe ich schon davon gesprochen, dass die Aufklärung die größte Abschreckung ist. Es wird intensiv daran gearbeitet, auch aus dem Bericht herauszufiltern, dass die Aufklärungsquote gesteigert werden muss, damit eine entsprechende Abschreckungswirkung erzielt werden kann.

Ich möchte schließlich noch auf Folgendes hinweisen: Es wird ja immer wieder gesagt, dass Kriminelle typischerweise aus bestimmten Ländern kommen. Es wird immer wieder davon gesprochen, dass die Rumänen, die Moldawier, die Transnistrier, die Weißrussen und so weiter besonders anfällig sind. Dann waren wir ganz überrascht, als beim Überfall auf den Juwelier Wagner in der Kärntner Straße plötzlich Esten die Täter waren. – Für mich war es zumindest überraschend. Erfreulich war aber, dass sie eigentlich nach sehr kurzer Zeit aus dem Verkehr gezogen wurden, auf Grund auf­merksamer Polizeibeamter einerseits in Österreich, aber auch – und das darf man nicht außer Acht lassen – auf Grund dessen, dass die Bayern ihr Scherflein dazu beigetragen haben.

Es wird immer wieder über die Visumspflicht diskutiert, wobei sich die Frage stellt, ob sie uns im weitesten Sinne hilft oder ob sie nur eine Art Placebo-Effekt haben würde. Die Bandenkriminalität ist nämlich ein Faktum. Man kann sie sicherlich nur dann bekämpfen, wenn nicht Zustände wie früher in Sizilien oder Apulien eintreten, sondern wenn es uns hier im EU-Raum gelingt, die Aufklärungsquote so hinaufzutreiben, dass die entsprechende Abschreckung gegeben ist.

In diesem Sinne darf ich berichten – was natürlich nicht verwunderlich ist –, dass meine Fraktion diese Berichte 2001 und 2002 zustimmend zur Kenntnis nimmt und weiß, dass die inneren Angelegenheiten im Allgemeinen und all das, was mit Polizei und Gendarmerie zusammenhängt, beim Herrn Bundesminister in besten Händen sind. Ich danke dir für deinen Einsatz! (Beifall bei der ÖVP.)

14.50

 


Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.50

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Kollege Kühnel! Ich glaube, das Studium zum Ethnolo­gen würden Sie nicht ganz schaffen, denn ich habe noch nie gehört, dass es eine genetische Veranlagungskomponente für Kriminalität gibt, dass der Moldawier mehr zu Kriminalität neigt als der Este oder der Bayer weniger zu Kriminalität neigt als der Rumäne. Das sind ja schauerhafte Geschichten, die Sie hier verbreiten.

Richtig ist, dass es eine Bandenkriminalität gibt und dass es eine organisierte Krimi­nalität gibt. Minister Strasser bemüht ja auch immer wieder in der Argumentation den Begriff der organisierten Kriminalität. Ich glaube, es gibt über alle Fraktionen hinweg Übereinstimmung darüber, dass gerade diese Banden- und organisierte Kriminalität zu bekämpfen ist, denn sie bringt auch sehr viel Leid. Sie hat Strukturen und weist


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Ausbeutungsverhältnisse auch innerhalb der Gruppen auf, die es an den Wurzeln zu bekämpfen gilt.

Das ist einer der Punkte, warum ich jetzt hier als Kontra-Redner stehe, denn genau dieser Bereich, Kriminalprävention und organisierte Kriminalität, fehlt in beiden Berich­ten. Darüber wundere ich mich schon, wenn ich mir zum Beispiel den Bereich der Kriminalprävention im benachbarten Deutschland anschaue; dazu gibt es Berichte von mehreren hundert Seiten, nur zu kriminalpräventiven Maßnahmen, die jederzeit vom Bundeskriminalamt in Deutschland abrufbar sind. Ich habe hier einen Bericht mit 275 Seiten. Ich werde ihn nicht zur Gänze vorlesen, aber ein bisschen etwas daraus. – Und was passiert in Österreich? – Dass zum Beispiel der Link „Prävention“ auf der Home­page des Innenministeriums verschwunden ist. Das Kapitel „Prävention“ – schauen Sie nach auf der Homepage des Innenministeriums! – gibt es nicht mehr.

Dabei gibt es eine „Entschließung des Rates vom 21. Dezember 1998 zur Prävention organisierter Kriminalität im Hinblick auf die Ausarbeitung einer umfassenden Strategie zu deren Bekämpfung“. Da gibt es den Aktionsplan der Europäischen Union: „... in Anbetracht der Bedeutung eines stärkeren Bewusstseins der Gefahren organisierter Kriminalität für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, für Freiheit, Menschenrechte und Selbstbestimmung – Werte, die die raison d’être jeden Kampfes gegen organisierte Kriminalität sind, ...“. Aus dieser gemeinsamen Entschließung des Rates sind dann verschiedene Aktionspläne, Präventivmaßnahmen entstanden.

Es gibt unterschiedliche Präventivmaßnahmen, es gibt zum Beispiel den Bericht aus Deutschland. Alleine die Projekte, die zwischen den deutschen Bundesländern und dem Bund gemeinsam gemacht werden, sind beachtenswert, das ist auch für den Bundesrat interessant. Was das Kapitel „Drogen/Sucht“ in dem Bericht betrifft, ist für mich sehr interessant gewesen, dass die Drogenprävention in Deutschland bereits im Kindergarten beginnt. Ein weiteres Kapitel in dem Bericht beschäftigt sich mit der „Eigentumskriminalität“. Unter dem Kapitel „Gewalt“ findet man ein „Anti-Gewalt-Training“, „Cool statt gewalttätig“ oder „Das schaffst Du – Jungenförderung gegen Angst und Gewalt“ und vieles mehr. Unter dem Kapitel „Jugendkriminalität“ findet sich „Fit for life“, ein Training für soziale Kompetenz für Jugendliche.

Sehr interessant für mich ist, dass die Polizei in Deutschland eine ganze Reihe von Einrichtungen betreibt, wie zum Beispiel Skateranlagen, Puppentheater und so weiter und so fort, die alle in diesen Präventivbereich mit hineingenommen werden.

Weiters gibt es die Bereiche „Kinder/Primärprävention“, „Nachbarschaft/Wohnumfeld“, darunter zum Beispiel „Sport mit Aussiedlern“. Die Polizei errichtet Schutzhütten. Das ist auch interessant. Unter dem Abschnitt „Opferhilfe/Opferschutz“ findet sich „Arbeits­bereich ,Sekten/Okkultismus’ im Polizeipräsidium München“, unter „Sexueller Miss­brauch“ „Projekt ,Bull-Kids’“, „Spot gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jun­gen im Tourismus“. Weitere Kapitel sind „Sicherheitsgefühl“ und „Städtebauliche Prävention“. Immer wieder kommt die „soziale Stadt“. Eine Stadt, abhängig davon, wie sie gebaut wird, schafft auch Kriminalität. Hier gilt es, präventiv tätig zu werden. Wei­tere Bereiche sind „Straftaten gegen Frauen“, „Straftaten gegen Senioren“, „Zeugen- und Helferverhalten“ und so weiter und so fort.

Ich könnte Ihnen jetzt 255 Seiten vortragen, das tue ich nicht. Dazu ist vielleicht auch schon die allgemeine Müdigkeit zu weit fortgeschritten. Aber genau das – das, was auch Innenminister Strasser in Pressekonferenzen öffentlich erklärt – fehlt in diesen Berichten. Und wenn „Prävention“ schon auf der Homepage fehlt und auch die langjährige Leiterin der Präventionsstelle im Bundesministerium nicht gerade auf freundliche Weise gegangen wurde, frage ich mich, welche Wertigkeit dieser Bereich in Ihrer Politik hat.


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Weiters ist mir aufgefallen, als ich mir den Bericht angeschaut habe, dass gewisse Kapitel verschwunden sind, zum Beispiel das Kapitel Rassismus. Es war Tradition der sicherheitspolitischen Berichte, dass rassistische, fremdenfeindliche, antisemitisch motivierte Straftaten auf Grund ihrer Bedeutung in einem eigenen Kapitel ausgewiesen wurden. Dieses Kapitel ist gestrichen.

Interessant ist, dass aber gerade in diesen Bereichen die Zahl der Vorfälle gestiegen ist, zum Beispiel im Bereich von Antisemitismus von 3 auf 20 – das ist eine Ver­vielfachung – oder im Bereich fremdenfeindlicher Straftaten in Österreich von 31 auf 45. Das mag jetzt vielleicht nicht so ein dramatischer Anstieg sein, aber das fehlt. Im Ausschuss hat man uns dann gesagt, dieses Kapitel als Überschrift fehlt. Nur, wenn das Kapitel als Überschrift fehlt, dann frage ich mich: Fehlt vielleicht das Bewusstsein dafür, dass das ein ganz besonders wichtiges Gebiet ist, das man in einem Sicher­heitsbericht, so wie im Verfassungsschutzbericht, extra ausweisen sollte? – Auch der Bereich Rechtsextremismus kommt in dem Sinn nicht mehr im Verfassungs­schutz­bericht vor. Auch das war ein eigener Bereich.

Meine Damen und Herren! Es ist aber Tradition der Grünen, dass sie sich beim Minister, beim Ministerium, bei den Beamten für das Zusammentragen der Daten, für die Berichte an sich bedanken, weil da wahnsinnig viel Arbeit dahintersteckt – das sehen wir auch so –, und ein solcher Bericht ist ein wichtiges und gutes Nach­schlage­werk. Nur: Diese neuen Berichte haben einen „spin“: Es fehlen hier ganz wesentliche Politik- oder Sicherheitsbereiche, auf die wir hier hinweisen.

Interessant ist natürlich auch – und diesen Schluss muss man schon ziehen –, dass wir einen gesellschaftlichen Konsens hatten – das zeigen die Berichte –, dass das Ein­sperren von Tatverdächtigen immer das letzte Mittel war. Wenn ich jetzt diesen Sicher­heitsbericht lese, dann muss ich sagen, es gibt eine Zunahme von Straftaten, es gibt geringere Ermittlungsquoten, aber es gibt eine Vervierfachung der Haftzahlen. Und das ist irgendwo ein gesellschaftlicher Bruch, dass viel leichter und viel schneller einge­sperrt, in Haft genommen wird. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, Herr Kolle­ge Kühnel, dass man dann wieder sagt: Der Moldawier und der Transnistrier sind krimineller als vielleicht der Este. Gerade bei fremden Tätern ist die Hemmschwelle, schneller zu inhaftieren, niedriger. (Bundesrat Hagen: Fluchtgefahr nennt man das!) Nein, Herr Kollege Hagen, weil man da weniger soziale Rücksicht nehmen muss!

Herr Kollege Hagen! Der Vorarlberger ist nicht krimineller als der Wiener, und der Tiroler ist auch nicht krimineller als der Niederösterreicher. Trotzdem haben wir Haft­zahlen, die in Wien bei 135 Prozent Gefängnisbelag liegen und zum Beispiel in Tirol knapp die 80 Prozent überschreiten.

Herr Kollege Hagen! Sie werden jetzt wieder dann nach mir kommen und dieses Bild der Fremden und ihrer Bedrohung in Österreich zeichnen. Der Ausländer ist auch nicht krimineller in Österreich als der Inländer. Das möchte ich nur einmal gesagt haben. (Bundesrat Hagen: Das stimmt aber nicht!) Das sagt ja auch der vorliegende Bericht. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) – Was stimmt nicht? Von 189 000 sind 7 980 Fremde, Diebstahl: 155 000, davon 6 003 Fremde. Herr Kollege, das können Sie nachlesen, Sie können sich vom Herrn Innenminister gern den Bericht ausborgen. Sie können in diesen beiden umfangreichen Berichten nachlesen, dass der Fremde nicht krimineller ist als der Einheimische.

Wissen Sie, Herr Kollege aus Tirol, wer in Tirol bei den Straftaten die Statistik anführt? Das sind deutsche Staatsbürger! Aber Kollege Hagen würde niemals sagen – da würde er sich vorher die Zunge abschneiden –, der Deutsche könnte krimineller als der Moldawier sein. Das geht nicht, weil das ethnologisch nicht möglich ist. Nur in Tirol sind halt mehr Deutsche auf Urlaub, und es werden dort auch kleinere Taschendiebstähle


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begangen. Das können durchaus auch einmal deutsche oder italienische Staatsbürger, ja könnten sogar Schweizer Staatsbürger gewesen sein, weil es ethnologisch nicht feststellbar ist. (Bundesrat Ing. Klamt: Sie wollen es nicht wahrhaben!)

Aber ich komme jetzt zu den erfreulichen Dingen. Erfreulich ist, dass in Kärnten auf einmal die Uhren anders gehen. Auf einmal führt Kärnten im Einbürgerungsbereich den Reigen in Österreich an. Zu 57,9 Prozent wird eingebürgert. Vielleicht hofft Herr Dr. Haider hier doch auf einen Zustrom an Wählerstimmen, während anderswo Wäh­lerstimmen verloren gehen. Aber man muss sagen, das ist ein absoluter Spitzenwert aus Kärnten: 57,9 Prozent. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Was mich als Ehrenamtlicher im Justizbereich hier besonders erfreut, ist, dass die Zahl jugendlicher Tatverdächtiger leicht zurückgegangen ist, während wir bei den Tat­verdächtigen in der Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen in Bezug auf die Delikte gegen Leib und Leben leider Gottes ein Plus von 31 Prozent zu verzeichnen haben. Das heißt, wir haben ein sozial härteres Klima, auch im Bereich der Jugendlichen, und deshalb ist es umso notwendiger, auf genau das, was sich unter den Überschriften findet, die ich Ihnen aus dem Bericht aus Deutschland über Kriminalprävention präsen­tiert habe – das ist einer von vielen –, Rücksicht zu nehmen, zum Beispiel bei der Stadtplanung und so weiter und so fort.

Insofern trotzdem ein Kompliment an die Beamten und an Sie, Herr Minister, für das, was Sie an umfangreicher Arbeit hier vorgelegt haben. Aber Sie müssen verstehen, dass wir im Hinblick auf die Entschließung des Rates von 1998, was Prävention betrifft, im Hinblick auf die großen schwarzen Flecken, die in diesem Bericht sind, wie zum Beispiel Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, dem Bericht nicht unsere Zustimmung geben werden.

Laut Sicherheitsbericht gibt es einen Rückgang an Straftaten im Bereich des Rechts­extremismus. Das darf ja wohl nicht zur Folge haben, dass am 2.4. 400 Kriminal­beamte ausgemustert werden, sogar auch welche in Traiskirchen, weil man in der Politik so effizient war, dass die Straftaten zurückgegangen sind. Staatspolizei braucht man in dem Sinne dann nicht mehr in diesem Bereich. (Bundesrat Kritzinger: Wir haben viel zu wenig, was die Polizei anbelangt! Viel zu wenig!) Ihr Minister mustert 400 aus! Das müssen Sie dann mit ihm besprechen. Wenn er Ihnen den Bericht gibt, wird er Ihnen erklären, warum er 400 am 2.4. ausmustert. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.05

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

 


15.05

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Vize­präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Die Worte des Kollegen Schen­nach können nicht unwidersprochen bleiben. Nachdem er ja speziell mich angespro­chen hat, muss ich ihm doch ein bisschen Aufklärung geben. Er hat immer von den kriminellen Ausländern gesprochen, die es nicht geben soll. (Bundesrat Schennach: O ja! Es gibt aber auch kriminelle Inländer!) Sie haben vielleicht ganz vergessen, dass der kriminelle Ausländer in der Statistik natürlich nicht erfasst ist, dass unbekannte Täter den Österreichern zugeordnet werden. Sie haben den Fall in Wien mit dem Schau­fenster angesprochen. Diese lettische Bande konnte dann Gott sei Dank mit Hilfe der deutschen Kollegen gefasst werden, der Fall konnte aufgeklärt werden. Auch diese Straftat fällt jetzt diesen Ausländern zu. Wäre der Fall nicht aufgeklärt worden, wäre er den Österreichern zugeordnet worden, dann wären es die Wiener gewesen, und ich glaube nicht, dass dem so ist.


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Sie wissen sicherlich, wenn Sie sich damit befasst haben, dass sehr viele der Straf­taten, die von reisenden Tätern begangen werden, natürlich schwer zu klären sind, in der Aufklärung sehr aufwendig sind und dass hier natürlich vieles im Dunkeln bleibt. Schon deswegen ist die Ausländerstatistik hier vielleicht nicht so hundertprozentig 1 : 1 zu übernehmen. Aber es ist Tatsache, dass in den Karteien der Exekutive die aus­ländischen Namen weitaus mehr vertreten sind als die inländischen. Das kann ich Ihnen versichern, dass dem so ist. Ich glaube, der Herr Innenminister kann Ihnen das auch bestätigen. (Bundesrat Schennach: Konecny ist auch ein ausländischer Name! Wo ordnen Sie ihn zu?) – Wir sollten schon am Boden bleiben. Wenn Sie mit den Leuten reden, dann werden Sie das bestätigt bekommen. Bleiben wir am Boden! Ich glaube, dass ich da sehr wohl die Erfahrung habe, hier sagen zu können, dass es sich hier ganz klar um Ausländer oder um Gastarbeiter handelt und nicht um den Wiener oder den Vorarlberger. Das möchte ich hier noch einmal festhalten.

Die Kollegin Schicker und auch Kollege Schennach haben die Flüchtlinge in Kärnten angesprochen und gesagt, dass die Zahl der Einbürgerungen hinaufgegangen ist. Sie haben sicher das Schreiben vom Bundesministerium für Inneres bekommen, das klarlegt, weshalb diese Zahl gestiegen ist. Faktum ist, dass auf Grund des Bürger­krieges in Jugoslawien sehr viele Flüchtlinge in Kärnten gelandet sind, Asyl bekommen haben, dort den Aufenthaltstitel gehabt haben und jetzt ihre Familien nachholen bezie­hungsweise die Familien jetzt nachträglich eingebürgert werden. Deshalb diese Steige­rung. In Kärnten war die Einbürgerungsquote immer sehr, sehr gering, und der Um­stand, dass jetzt die Zahl der Familieneinbürgerungen zugenommen hat, verfälscht natürlich die Statistik, welche nun einen sehr hohen Zuwachs ausweist. So viel dazu.

„Flüchtlinge in Kärnten“, ein Beispiel, das mir letzthin in einer Zeitung untergekommen ist, ich glaube, es war die „Kronen Zeitung“. Ich habe sie leider heute nicht da, weil ich nicht gewusst habe, dass wir heute über Flüchtlinge diskutieren, sonst hätte ich sie dabei. In diesem Artikel habe ich gelesen, dass ein ganzer Familienclan – es handelt sich um Asylwerber aus Weißrussland – von Graz nach Kärnten hätte verlegt werden sollen. Sie waren mit der Unterkunft nicht zufrieden, obwohl sie tadellos war. Es han­delte sich um ein ehemaliges Hotel, soviel ich gehört habe, jedoch gab es kein Sat-TV. Diese Unterkunft war diesen Herrschaften also zu minder, weshalb sie einen Protest initiiert und eine Busblockade organisiert haben. Ich glaube, wenn man im eigenen Land wirklich verfolgt wird und in einem anderen um Asyl ansucht, sollte man sich auch dementsprechend benehmen und nicht mit solchen Aktionen auffallen. Diese Familie ist bereits in einer anderen Unterkunft negativ aufgefallen, weil ihr das Essen nicht geschmeckt hat. Also das ist für mich Asylmissbrauch und nicht Asylwerben. Das muss ich ganz klar festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch ein kleines Beispiel zu den Asylwerbern. In den letzten Wochen hat es in Vorarlberg sehr viele schwere Straftaten gegeben. Und welch ein Zufall: Die Raub­delikte sind alle von Asylwerbern begangen worden. Das ist kein Zufall, das ist Faktum. Das möchte ich hier nur festhalten, damit das auch einmal dokumentiert ist.

Nun aber zum Sicherheitsbericht 2001/2002. Ich muss auch sagen, dass es sich hier um ein sehr umfangreiches Werk handelt. Ich möchte mich auch bei den Beamten, die dieses Konvolut erstellt haben, recht herzlich bedanken. Es ist sehr übersichtlich, sehr umfangreich, in manchen Teilbereichen fast zu umfangreich, sodass die Berichte mit anderen Berichten aus früheren Jahren nicht mehr ganz vergleichbar sind. Ich ver­stehe, dass es in gewissen Bereichen Änderungen geben muss, die auch gemacht werden, aber dadurch sind sie mit Berichten aus früheren Jahren nicht mehr völlig vergleichbar. Vielleicht diese kleine Kritik dazu.

Herr Kollege Kühnel hat angesprochen, dass die Kriminalität im Steigen begriffen ist. Das stimmt, sie wird noch viel mehr steigen, wenn wir uns die Vorfälle der letzten


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Wochen vor Augen führen. Mit der Erweiterung der EU wird vom Osten, von den neuen EU-Mitgliedsstaaten einiges auf uns zukommen. Dessen müssen wir uns klar sein, das ist auch unbestritten. Aus diesen Ländern kommen heute schon sehr viele Banden, die in Österreich aufhältig sind und hier Straftaten verüben. Das werden wir nur sehr schwer in den Griff bekommen. Hier wird die Exekutive voll gefordert sein. Sowohl das Personal müsste aufgestockt werden als auch mehr Geld für die Exekutive vom Finanzminister bereit gestellt werden. Das muss ich festhalten.

Die Aufklärungsrate ist etwas gesunken. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass die Beamten in den letzten Jahren, muss man schon fast sagen, etwas verun­sichert waren auf Grund von ständigen Sparpaketen. Das hat 1996 angefangen und hat sich bis heute durchgezogen. (Bundesrat Schennach: Wer macht denn die Spar­pakete?) 1996 war es noch ein roter Innenminister, jetzt ist es ein schwarzer Innen­minister. Erst war es eine rot-schwarze Regierung, jetzt eine schwarz-blaue. Das ist richtig, da gebe ich Ihnen Recht. Ich glaube, hier muss in der Regierung einmal umge­dacht werden, dass im Sicherheitsbereich zu sparen der falsche Weg ist. Hier möchte ich für Sie eine Lanze brechen, Herr Innenminister, und hoffe, dass der Herr Finanz­minister und der Herr Bundeskanzler hier einsichtig sind und Ihnen mehr Geld zur Verfügung stellen. Letztes Jahr hat man ein Zusatzbudget beschlossen, das sehr er­reulich war. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft so sein wird. (Bundesrätin Schicker: Herr Kollege! Sie stellen immer die schriftlichen Anfragen an den Herrn Bundes­minister, was mit dem Personal in Vorarlberg ist! Also sind Sie auch nicht zufrieden, denke ich mir!)

Ich bin im Moment sehr zufrieden. Der Herr Innenminister hat uns einige Kurse ge­nehmigt, die schon lange fällig gewesen wären, und zwar seit mehreren Jahren, schon bevor Dr. Strasser Innenminister war, das muss ich auch dazusagen. Es ist diese Sache damals schon verschleppt worden. Jetzt wurde einiges aufgeholt. Natürlich müssen wir dieses Personalloch, das durch diese lange Zeit entstanden ist, wieder stopfen. Wir sind aber hier auf dem besten Wege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Visumpflicht wurde angesprochen. Der Herr Kollege Kühnel ist jetzt leider nicht da. Die Visumpflicht erscheint mir schon sehr wichtig, gerade für die Bereiche, von denen bekannt ist, dass sehr große Täterbanden unterwegs sind. Ich möchte hier beispiels­weise Rumänien ansprechen. Hier vielleicht auch ein kleines Beispiel. Wir wissen, Ungarn tritt mit 1. Mai der EU bei. Die Ungarn haben eine Minderheit in Rumänien und werden natürlich die Grenzen zu dieser Minderheit nicht dicht machen. Hier ist es sicherlich zweckmäßig, wenn für Rumänen eine Visumpflicht eingeführt wird, um den Durchzug von Straftätern etwas zu erschweren und auch die Ungarn in die Pflicht zu nehmen. So viel dazu.

Nun aber zu einem anderen Thema, das aber auch mit Sicherheit und Exekutive zu tun hat. Also wie gesagt, mit dem Bericht selbst bin ich recht zufrieden. Dieses Thema betrifft „Team 04“. Ich habe mir dieses Papier sehr genau angeschaut und möchte hier als Exekutivbeamter schon sagen, dass ich mit 80 Prozent dessen, was in diesem „Team 04“-Bericht steht, konform gehen kann. 80 Prozent davon sind gut, das wird Ihnen jeder Beamte bestätigen. 80 Prozent kann man sicher sofort unterschreiben, das sind vernünftige Maßnahmen, vernünftige Aktionen, die vorgesehen sind. Hier sind wir, glaube ich, auf dem richtigen Weg.

Aber 20 Prozent müssen sicher noch durchdiskutiert werden. Der Herr Innenminister reist durch die Lande, hört sich an, was die Kollegen zu sagen haben, und ich hoffe, dass er diese Kritikpunkte auch einfließen lässt und dass es hier noch zu einer Verbes­serung kommt.


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Es ist einfach wichtig, dass wir eine zufriedene Exekutive haben. Das schlägt sich natürlich auch auf die Arbeit der Beamten nieder: Wenn ich zufrieden bin, dann leiste ich eine bessere Arbeit. Das ist in jedem Wirtschaftsbetrieb so. Wenn die Arbeiter und Angestellten zufrieden sind – das kann man mit Leistungsprämien machen, aber auch mit anderen Aktionen –, dann leisten sie mehr, weil sie sich in dieses Unternehmen mehr einbringen und mit diesem zusammenwachsen.

Hier möchte ich ein kleines Beispiel anführen: Ein ÖBB-Bediensteter im Hilfsdienst, also ein normaler Hilfsarbeiter ohne Qualifikation, verdient beim Eintritt in die ÖBB 400 € brutto mehr als ein Exekutivbeamter mit 18 Dienstjahren. Ich glaube, das sollte uns zu denken geben in Bezug auf die Zufriedenheit der Exekutive. (Ruf bei der ÖVP: Deswegen haben wir die ÖBB-Reform gemacht!)

Da gibt es sicherlich wichtige Punkte, die angegangen werden müssen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle einen freiheitlichen Vorschlag für ein Exekutivdienstgesetz unter­breiten, das die Beamten zufrieden machen würde, das speziell für sie geschaffen wird und auf ihren harten Wechsel-, Nacht- und Außendienst abgestimmt ist. Diesen Vor­schlag möchte ich hier jetzt kundtun, es ist eine Premiere. Ich glaube, der Herr Innen­minister hat das Papier noch nicht, aber er wird es dann von uns noch bekommen.

Ich möchte Folgendes vorschlagen:

Punkt 1: ein angemessenes Grundgehalt für Exekutivbeamte mit nur wenigen Zulagen. Dieses Gehalt sollte brutto mindestens 2 000 € betragen, ohne Zulagen. Ich habe heute im Alter von 35 Jahren mit 14 Dienstjahren einen Brutto-Grundgehalt von rund 1 400 €. Das ist für einen Exekutivbeamten wirklich nicht gerade ... (Ruf bei der SPÖ: Ohne Zulagen!) – Brutto, ohne Zulagen, ja. Nachtdienst und anderes kommt noch dazu. (Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.) Du kannst Dich nachher noch melden.

Punkt 2: nur mehr ein Gehaltsschema mit entsprechenden Zulagen für dienstführende Beamte und leitende Beamte. Dabei sollte nicht das Alter ausschlaggebend sein, sondern die Bezahlung sollte sich nach der Funktion des Funktionsträgers richten. Heute ist das anders: Wenn du Postenkommandant bist, bekommst du mit 35 Jahren ein ganz anderes Gehalt für die Funktion als mit 55 Jahren. Das kann es nicht sein, denn unserer Ansicht nach sollte dieselbe Arbeit eigentlich mit demselben Lohn abgegolten werden.

Punkt 3: ein eigenes Berufsbild der Exekutivbeamten analog der B-Wertigkeit. Ich glaube, dass zwei Jahre Schule mit Gesetzesstudium und laufende Fortbildungen – es werden ja laufend Kurse gemacht – dementsprechend anerkannt werden sollten. Derzeit sind Exekutivbeamte als Hilfsdienste der Behörden und Gerichte eingeteilt. Ich glaube, dass das nicht in Ordnung ist, wenn Gerichtsanzeigen bei der Bundespolizei von Juristen und bei der Gendarmerie von kleinen Gendarmeriebeamten bearbeitet werden. Ich meine, dass das auch entsprechend honoriert werden sollte.

Punkt 4: Einstufung als Nacht- und Schwerarbeiter ab dem 48. Nachtdienst im Jahr. Mindestens fünf zusammenhängende Nachtdienststunden zwischen 19 und 7 Uhr sollten hier herangezogen werden.

Punkt 5: frühere Pensionierung für Beamte mit 48 Nachtdiensten im Jahr. Beispiel Holland: Da ist es so, dass die Exekutivbeamten pro Jahr Wechseldienst mit sehr vielen Nachtdiensten 1,2 Versicherungsjahre angerechnet bekommen. Das heißt, es gibt einen früheren Pensionsantritt für diese Beamten, weil sie körperlich mehr aus­gebrannt sind. Das sollte man vielleicht auch für andere Bereiche wie die Kranken­pflege einmal andenken.

Punkt 6: Wochenenddienstzulage von 50 Prozent. Derzeit ist es so, dass man für die Arbeit am Wochenende im Prinzip überhaupt nichts bekommt. Wir schaffen am


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Wochen­ende ganz normal zu Werktagsstunden, am Samstag zum Beispiel. Das muss man auch einmal klar sagen, denn ich glaube, das wissen viele Leute gar nicht.

Punkt 8: 100 Prozent Zuschlag für am Sonn- und Feiertag geleistete Stunden. Derzeit ist es so, dass man uns mit – ich weiß es jetzt nicht genau – 23 S brutto pro Wochenendstunde, also pro Sonntagsstunde abspeist. Ob es Tag oder Nacht ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Punkt 9: Zusatzpension für Nebengebührenwerte. – Das heißt, dass die Nebengebüh­renwerte von den Überstunden abgezogen und auf ein gewisses Konto gelegt werden. Heute machen diese Nebengebührenwerte 20 Prozent Zulage zu der Pension aus, und zwar von 80 auf 100 Prozent bei den Beamten. Wenn die volle Höhe der Neben­gebührenwerte erreicht ist, zahlt man allerdings zwar ein, bekommt aber nichts mehr dafür. In Anbetracht dessen wäre es fair, dass man das umrechnet, also zum Beispiel pro tausend Punkte 43 € als Zusatzpension rechnet. Das wäre eine zweite Säule. Man sollte einmal andenken, auch im sozialen Bereich etwas zu tun.

Punkt 6 bis Punkt 8 sind übrigens zu 95 Prozent so wie in der Privatwirtschaft in den Kollektivverträgen geregelt.

Punkt 10: Steuerbefreiung nach der Regelung für Schicht‑ und Schwerarbeiter in der Höhe von 550 € monatlich.

Punkt 11: Spezielle Zulagen für Aus- und Weiterbildung, Spezialisierung im Sinne des Leistungsprinzips, Kriminaldienst, KKD, Verkehrsdienst, Einsatzeinheit und so weiter.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, dass heute bei­spielsweise der Mitarbeiter des Bezirkskriminaldienstes, der die Spurensicherung in den Bezirken macht und den Kollegen draußen die Arbeit wesentlich erleichtert, nichts bekommt. Wenn er das Telefon mit nach Hause nimmt, um erreichbar zu sein, dann bekommt er nicht einmal eine Bereitschaftsgebühr! Der Einsatzwille ist da, und ich meine, man verhält sich diesen Leuten gegenüber nicht ganz fair! Ich glaube, dass für diese Leute, die sich bereit halten, um unter Umständen in der Nacht per Telefon aufgeweckt zu werden und in den Einsatz zu gehen, die am Wochenende also Dienst haben beziehungsweise bereit sind, ihren Kollegen unter die Arme zu greifen, dement­sprechend auch finanziell etwas herausschauen sollte. Ich meine, diesen Beamten müsste man eine Leistungsprämie einfach zugestehen.

Bei der Einsatzeinheit und auch in anderen Bereichen, wo man den Kopf in brenzligen Situationen hinzuhalten hat, gibt es keinen Cent zusätzlich. Ich glaube, diese Leistun­gen sollten einmal abgedeckt werden! Dafür sollte ein zusätzliches Budget im Sicher­heitsbereich herangezogen werden.

Herr Innenminister! Ich hoffe, Sie leiten diese Forderung an die zuständigen Stellen weiter. Ich werde Sie mit allen Kräften unterstützen und würde mich freuen, wenn Sie uns Ihrerseits unterstützen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.22

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Schimböck. – Bitte.

 


15.22

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich hatte meine eigenen Eindrücke, als ich dieses dicke Paket an Berichten durchgelesen habe. – Ich muss aber sagen: Ich habe vielleicht weniger Respekt vor dem vielen Papier als vor den Menschen, vor Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Herr Bundesminister, die sich mit diesen vielen Straftaten befassen müssen, die mit


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der Arbeit, die hinter diesen Zahlen steht, tagtäglich befasst sind und die im Außen­dienst arbeiten, sei es bei der Gendarmerie, im kriminalpolizeilichen Dienst oder bei der Sicherheitswache.

Wenn man sich angehört hat, was der Vorredner gesagt hat, dann wird einem klar, dass es dort von der Motivation her eigentlich gar nicht so toll ausschaut. Deshalb glaube ich, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innenressort, egal, welche Uniform in welcher Farbe – das wird ja bald vereinheitlicht werden – sie jetzt tragen, den großen Respekt dieses Hauses und sicherlich aller Bundesrätinnen und Bundes­räte wirklich verdient haben.

Wenn man meinem Vorredner aufmerksam zugehört hat, konnte man feststellen, dass es von der monetären Motivation her eher schlecht aussieht. Fairerweise muss man sagen, dass dort nicht einmal die Bedingungen gelten, die ein Arbeitnehmer in der Wirt­schaft üblicherweise vorfindet. Kollege Hagen hat zum Beispiel erwähnt, dass es für einen Sonntagsdienst lediglich irgendeine Pauschalabgeltung gibt.

Ich glaube, an dieser Stelle muss man zur Ehrenrettung der Mitarbeiter der Österrei­chischen Bundesbahnen doch sagen, dass es diesen um keinen Deut besser geht. Ganz im Gegenteil! Ich habe in diesem Haus einmal eine Berechnung angestellt: Würde man gemäß dem Kollektivvertrag der Metallarbeiter in der Linzer Hauptwerk­stätte der Österreichischen Bundesbahnen bezahlen – es hat einmal ernsthafte Ab­sich­ten beim Siemens-Konzern gegeben, diese Hauptwerkstätte sozusagen mit Mann und Kegel zu übernehmen, weil dort so hervorragend gearbeitet wird –, dann gäbe es einen Gehaltszuwachs, der sich zwischen 30 und 50 Prozent brutto bewegt.

Zurück zu unserem Bericht. – Herr Bundesminister! Ich glaube, es hat seinen Sinn, dass Sie diesen Bericht gemeinsam, gebunden in einem Werk, mit dem Justizressort herausgeben. Im Hinblick darauf stelle ich mir vor, dass man eigentlich von der praktischen Arbeit her auch die ganze Kriminalitätsentwicklung einer ganzheitlichen Betrachtung unterziehen müsste. Wenn man nämlich mit Mitarbeitern des Justiz­bereichs spricht, dann erfährt man, dass gerade im strafrechtlichen Bereich leider Gottes sehr viele Rückfallstäter anfallen. Daher müsste man, wie ich glaube, bei der Prä­vention dort ansetzen, dass man sich auch mit ehemaligen Tätern befasst und diesen Menschen wirklich eine Chance gibt, wieder in ein geordnetes, rechtschaffenes Leben einzutreten. Ich sehe aber, dass sich unsere Exekutive, aber leider Gottes auch die Bewährungshilfe nur mehr zu einer Art Notfallsstation entwickelt, so dass nur mehr reagiert werden kann.

Dieser Bericht gibt zwar viel Einblick, aber sehr, sehr wenig Ausblick. Wenn ich mir die Zahlen ansehe, dann kann ich feststellen, dass sich sehr viel bewegt hat, aber leider Gottes nicht zum Guten! Die Zahl der Delikte, die uns wirklich alle sehr betroffen machen, nämlich jener gegen Leib und Leben, ist in diesem Berichtszeitraum im Ver­gleich von 2001 auf 2002 von 80 247 auf 84 221 Delikte, also gerundet um 5 Prozent, gestiegen.

Herr Bundesminister! Die Kollegin hat vorher aus eigener Anschauung beziehungs­weise aus eigenem Erleben schon erwähnt, dass es im Bereich der Vermögensdelikte noch schlimmer steht. Ich komme aus Oberösterreich, also aus Ihrem Nachbar­bundes­land. Niederösterreich war bisher eher ein Bundesland mit hervorragender Sicher­heitslage, jetzt steht Ihr Heimatbundesland auf dem Stockerl aber schon auf Platz 3!

Bei uns schaut es so aus, dass die Zahl der Vermögensdelikte im Vergleichszeitraum von 2001 auf 2002 um 16 Prozent gestiegen ist. Auch Niederösterreich bewegt sich leider in diesem Schnitt, dort stieg die Zahl konkret von 368 392 auf 427 730. – Ich glaube, da müssen wirklich andere Wege beschritten werden! Nachdem Ihnen diese


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Zahlen bereits Ende 2002 bekannt waren, hätte ich mir damals schon erwartet, dass es da jetzt wirklich konkrete Maßnahmen gibt.

Was durften wir aber eigentlich erleben? – Es hat unter Ihrer Ministerzeit, wie ich sa­gen muss, ein wahrer Versetzungs- und Absetzungsorkan in Ihrem Ressort eingesetzt. Wir wurden im Oktober 2003 damit konfrontiert, dass von mehr als 70 Spitzenbeamten, die abgesetzt beziehungsweise versetzt wurden – und das ist wirklich eine Rekord­ziffer! –, Beschwerden bei der Versetzungskommission eingebracht wurden, und dieser unabhängige Senat ist bekanntlich nicht irgendwer, sondern ich traue diesem Gremium wirklich ein höchstes Maß an Objektivität zu. Dieses ist mit Richtern des Wiener Oberlandesgerichts besetzt, und mir sind nur zwei Fälle bekannt, Herr Bundesminister, denen dort nicht stattgegeben wurde.

Ich meine, man konnte im Innenressort auf eine hervorragende Führungsmannschaft aufbauen. Was davon noch übrig ist, entzieht sich hier jetzt unserer Kenntnis. Auf jeden Fall wurden aber nur zwei Fälle von dieser Kommission abgelehnt. Darunter waren auch Spitzenmitarbeiter, die inzwischen in die Privatwirtschaft abgewandert sind, Herr Bundesminister, die sogar von Ihren eigenen Teams an die erste Stelle ge­reiht worden waren, was dann aber wieder verändert wurde.

Ich glaube, dass das für einen Mitarbeiter, der als Führungskraft engagiert ist, in einem privaten Unternehmen undenkbar ist und wirklich nicht goutiert werden kann. Es ist einfach nicht motivierend, wenn man in dieser Weise mit den Mitarbeitern umgeht.

Wenn Kollege Hagen heute angesprochen hat, dass es mit der Besoldung in der Sicherheitsexekutive nicht zum Besten steht, dann wundert mich auch, dass ich jetzt von der Gewerkschaft höre, dass das neue Dienstsystem – Kollege Hagen hat das zuerst offenbar geflissentlich nicht erwähnt oder überspielt oder weiß es vielleicht auch gar nicht – durch ein neues Zulagensystem Einbußen von 300 € bis 400 € bringen würde, dass allerdings, wie Sie versichert haben, Herr Bundesminister, 150 € davon wieder ausgeglichen werden.

Wir haben zuerst über die Grundgehaltsstruktur gehört, und im Hinblick darauf muss ich sagen, dass mich diese Beträge wirklich ein bisschen bedenklich stimmen. Sie werden sicherlich nicht dazu beitragen, dass die Sicherheitsexekutive in unserem Land, vor deren schwieriger Arbeit gerade wir in unserer Fraktion großen Respekt ha­ben, nicht weiter verunsichert wird.

Herr Bundesminister! Im Vorjahr hat es eine Anfrage gegeben – und ich glaube, auch das wirkt sich nicht sehr gut auf das Klima in Ihrem Ressort aus –, was sich eigentlich an der Spitze abspielt. Konkret wurden die Dienstreisen an der Ressortspitze ange­sprochen, die natürlich im Sicherheitsbericht keine Erwähnung gefunden haben. Ich war verwundert über diese Angelegenheit. Wenn in dieser Anfragebeantwortung im De­zember versichert wurde, dass mit all diesen Dienstreisen der Zweck verfolgt wurde, mit anderen Ländern, EU-Staaten gemeinsame Abkommen vorzubereiten, und im Jahr 2002 202 995 € für Flugreisen, Diäten und Nächtigungen angefallen sind, dann war das noch irgendwie hinzunehmen. Aber dass diese Zahl im Jahr darauf noch einmal um fast die Hälfte auf 284 864,93 € angestiegen ist, das stimmt uns doch bedenklich! Das ist nicht ganz nachvollziehbar. Teilweise war da ein Tross von 12 Mit­arbeitern unterwegs, dann scheinen wiederum eine oder zwei „sonstige Personen“ – wer immer das sein mag – auf. Das hat uns sehr verwundert!

Dasselbe gilt, wenn man sich die Ausstattung der Sicherheitsexekutive ansieht. – Ich weiß, Sie haben vor, da jetzt einiges zu investieren, Herr Bundesminister, und das findet, wie ich glaube, allgemein auch große Zustimmung, denn es gibt überall Bedarf, angefangen vom Fuhrpark bis zum technischen Equipment. Was aber ist an der Spitze


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des Ressorts geschehen? – Ein Audi A 6 und ein BMW 520 i wurden angekauft. All das ist, wie ich glaube, nicht sehr dazu angetan, Ihre Mitarbeiter zu motivieren.

Sie waren jetzt in Oberösterreich, und es hat dort einen Sicherheitsgipfel gegeben. Zum allgemeinen Erstaunen meiner Landsleute wurde angekündigt, dass 180 Beam­tinnen und Beamte ab Sommer zusätzlich auf den Straßen sein sollen. Wenn ich mir die oberösterreichische Sicherheitsakademie, also die fusionierte Gendarmerie- und Polizeischule, ansehe, dann kann ich nicht feststellen, dass dort Schüler in dieser An­zahl abgehen werden. Es konnte also eigentlich niemand wirklich nachvollziehen, wo diese 180 zusätzlichen Beamtinnen und Beamten laut gestriger Zeitungsmeldung her­kommen sollen. Im Moment sind wir vielmehr damit konfrontiert, dass zum Beispiel im Landesgendarmeriekommando Oberösterreich, das immerhin 2 261 Beamte haben sollte, lediglich 2 171, also minus 90, Dienst machen. Und das zieht sich durch. In der kleinen Polizeidirektion Steyr fehlen 19 Planstellen, und in Wels sieht es nicht viel besser aus.

Herr Bundesminister! Da besteht sicherlich auch ein enger Zusammenhang zur Arbeit der Exekutive und zur Aufklärungsquote. Ich meine, die Fairness würde gebieten, Herr Bundesminister, wenn Zahlen veröffentlicht werden, dass man den Hintergrund ein bisschen beleuchtet. Denn es hat natürlich nicht unbedingt zur Seriosität der Bericht­erstattung Ihres Ressorts beigetragen, dass zuerst erklärt wurde, dass man jetzt 12 000 Eigentumsdelikte aufgeklärt hat, und man dann bei einer Rückfrage erfahren hat, dass im zweiten Wiener Gemeindebezirk eine Autowerkstätte ausgehoben wurde, bei welcher es nachweislich tausende Fälle von Verfälschungen von Fahrzeugpapieren und dergleichen mehr gegeben hat.

Herr Bundesminister! Um zum Ende zu kommen: Ich glaube, wir sollten wirklich ge­meinsam an eine positive Sicherheitspolitik für dieses Land herangehen. Ich bin völlig bei Herrn Dr. Kühnel: Prävention ist sicherlich auch Sache des einzelnen Bürgers, überhaupt keine Frage! Ich glaube aber, wir sollten wirklich sehr ehrlich an diese Dinge herangehen.

Es sollte keine Diskriminierung von Mitarbeitern in Ihrem Haus geben, weil sie vielleicht irgendeiner politischen Gruppierung angehören, die gerade nicht passt. Ich meine, es trifft nicht zu – wie immer wieder durchklingt –, dass dieses Ressort umgefärbt werden musste. Es gab nämlich unter Ihren Vorgängern diesbezüglich keinerlei Probleme. Ich kann mich erinnern: In meinem Bundesland hat es immer einen Sicherheitsdirektor gegeben, der so wie Sie, Herr Bundesminister, ÖAAB-Mitglied war. Es hat zwischen den drei Polizeidirektoren, dem Landesgendarmeriekommandanten und Herrn Hofrat Siegel, aber auch seinem Vorgänger, wie ich glaube, nie irgendein Problem gegeben. Damals stand immer die Sache im Vordergrund, und die Sache ist ganz einfach, wirklich entschieden der Kriminalität entgegenzuwirken und gemeinsam mit dem im Bericht benachbarten Justizressort gemeinsam an wirklich sinnhaften präventiven Maßnahmen zu arbeiten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.34

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

 


15.35

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Sicherheits­berichte sind kein Ruhmesblatt für die Regierungsparteien! Sie offenbaren schlimme und ernst zu nehmende Ergebnisse Ihrer Politik.


Bundesrat
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705. Sitzung / Seite 120

Der Sicherheitsbericht 2002 liefert alarmierende Zahlen. Die Zahl der in Österreich bekannt gewordenen Straftaten ist im Jahr 2002 auf über 591 000 angestiegen. Das ist ein Anstieg von über 13 Prozent innerhalb eines einzigen Jahres!

Meine Damen und Herren! Das bedeutet, dass täglich in Österreich 1 620 Straftaten begangen werden. Das bedeutet, dass jede Minute in Österreich eine Straftat ge­schieht. Allein diese Bilanz ist schon schlimm genug! Es kommt aber noch dazu, dass gleichzeitig auch die Aufklärungsquote in Österreich dramatisch sinkt. Im Jahr 2002 wurden nur mehr 40,8 Prozent aller Straftaten in Österreich aufgeklärt. Fast 60 Prozent aller Straftaten in Österreich bleiben unaufgeklärt. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit, in Österreich bei einer Straftat in Österreich nicht erwischt zu werden, steht 60 zu 40.

Meine Damen und Herren! Das ist kein gutes Signal an jene, die sich in unserem Land nicht an Recht und Gesetz halten wollen.

Die Aufklärungsquote ist damit innerhalb von nur drei Jahren um mehr als 10 Prozent zurückgegangen. Noch 1999 erreichte die Aufklärungsquote in Österreich 51,4 Prozent und war damit die höchste seit 1988. 1999 war die Wahrscheinlichkeit, in Österreich bei einer Straftat erwischt zu werden, höher, als nicht erwischt zu werden. Heute ist es leider genau umgekehrt.

Wer dafür die Verantwortung trägt, ist eindeutig. Es ist derjenige, der in den letzten Jahren Gendarmerie- und Polizeiposten geschlossen und dafür parteipolitische Posten besetzt hat. Herr Innenminister! Das sind Sie! Sie, Herr Minister, tragen die Verant­wortung dafür, dass Österreich in den letzten Jahren unsicherer geworden ist! Sie sind dafür verantwortlich, dass die Zahl der Straftaten in Österreich deutlich gestiegen ist! Sie sind dafür verantwortlich, dass die Aufklärungsquote drastisch zurückgegangen ist! Sie sind dafür verantwortlich, dass Sicherheitskräfte in Österreich ihre Aufgaben nicht mehr im erforderlichen Ausmaß erfüllen können! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Herr Minister! Sie haben Österreich durch Ihre falsche Sicherheitspolitik unsicherer ge­macht. Sie haben sich mehr um parteipolitische Posten als um Gendarmerie- und Polizei­posten gekümmert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundes­rätin Roth‑Halvax. –Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie, Herr Minister, haben sich mehr um Ihre Partei gekümmert als um die Sicherheit der Bevölkerung! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Sicherheitsbericht 2002 offenbart das ganz einfach schonungslos. Sie haben Ihre Aufgabe nicht erfüllt, für mehr Sicherheit in Österreich zu sorgen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie sollten eigentlich Ihr Amt einem Kompetenteren überlassen, der das besser kann! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Ing. Haller: Etwa gar Herrn Bundesrat Todt?)

Meine Damen und Herren! Besonders stark ist die Zahl der Straftaten im Jahr 2002 ge­stiegen. Die Zunahme in Wien beträgt über 17 Prozent. Ebenso ist die Aufklärungs­quo­te in Wien gesunken. Wien leidet wie andere Bundesländer und Städte unter der fal­schen Sparpolitik dieser Bundesregierung. Wir haben den Innenminister immer wieder gewarnt, nicht bei der Sicherheit zu sparen. Bisher hat er nicht auf uns gehört. Er hat in Wien Hunderte Polizistinnen und Polizisten eingespart und hat höchst bewährte Po­lizei­kräfte aus parteipolitischen Motiven entfernen lassen. Jetzt liegen die Ergebnisse dieser falschen Politik in Zahlen in den Sicherheitsberichten 2001 und 2002 scho­nungs­los vor. (Bundesrat Dr. Böhm: In Wirklichkeit werfen Sie uns jetzt Amtsmiss­brauch vor!) Das steht alles im Sicherheitsbericht, Herr Kollege! Das steht so im Sicherheitsbericht! Ich zeige nur auf, was in diesem steht und wie man damit auch umgehen könnte.


Bundesrat
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Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sie auch hier, wie in so vielen anderen Bereichen, schwere unver­zeih­liche Fehler gemacht haben. Die Sicherheitskräfte in Wien sind nicht mehr im erforderl­ichen Maß in der Lage, für Sicherheit in Wien zu sorgen, weil Sie ihnen nicht die nöti­gen Mittel dazu geben.

Wir verlangen: Geben Sie uns unsere Polizisten zurück! Geben Sie uns 1 000 Polizis­tinnen und Polizisten, die notwendig sind, um die Sicherheitsaufgaben der Bundes­hauptstadt erfüllen zu können! Beenden Sie Ihre Politik gegen Wien! Sie schaden den Menschen in Wien und deren Sicherheit!

Besonders schändlich ist, dass Sie die Menschen und deren Sicherheit zum Spielball Ihrer parteipolitischen Interessen machen. Die Menschen erkennen das, und deshalb schwindet auch das Vertrauen zur Bundesregierung. Die Menschen erkennen, wer sich tatsächlich um ihre Interessen und um ihre Sicherheit kümmert. Auch die jüngsten Ergebnisse der Personalvertretungswahlen bei der Wiener Polizei – die Sie ja ken­nen – bestätigen den dramatischen Vertrauensverlust dieser Regierung innerhalb der Wiener Polizei. (Bundesrat Dr. Böhm: Nennen Sie einmal die Personalpolitik Ihrer Bun­desminister!)

Herr Böhm! Zu der Zeit ... (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm.) Schau­en Sie! Es verhält sich ganz einfach so, dass bei den Personalvertretungswahlen besonders Ihre Fraktion sehr stark verloren hat! (Bundesrat Dr. Böhm: Wir haben auch nicht Parteipolitik gemacht, wie Sie es jahrzehntelang getan haben!) Natürlich hat auch der ÖAAB verloren. Das ist Vertrauensverlust! Wenn man bei den Personalvertretungs­wahlen verliert, dann ist das Vertrauensverlust! Das ist schlicht und einfach so und nicht anders! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Böhm! Ich kann Ihnen und auch der FPÖ einen Vorwurf nicht ersparen: Die FPÖ war in der Vergangenheit sehr, sehr laut und hat immer wieder mehr Polizisten ver­langt. Sie hat immer gerufen: Mehr Polizisten! Mehr Polizisten! Sie hat auch damals nach mehr Polizisten gerufen, als die Kriminalitätsrate noch wesentlich geringer und die Zahl der Polizisten wesentlich höher war. Die FPÖ ist allerdings sehr, sehr leise ge­worden, seit sie in dieser Regierung ist, sehr, sehr leise! (Bundesrat Dr. Böhm: Nein!)

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie auf: Sorgen Sie für mehr Sicherheit in Österreich, sorgen Sie für mehr Sicherheit in den Bundesländern, sorgen Sie für mehr Sicherheit in Wien! Beenden Sie das falsche Sparen bei der Sicherheit in unserem Land! Machen Sie Österreich wieder sicherer, oder treten Sie ab, wenn Sie dieser Aufgabe nicht gewachsen sind! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

15.42

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Berichte, die getrennt erfolgt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Sicherheitsbericht 2001.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­gen­ständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Sicherheitsbericht 2002.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegen­ständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend neueste Entwicklungen in der so genannten „Causa Grasser“ (2151/J-BR/2004)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Konecny als erstem Anfragesteller zur Begründung der An­frage das Wort.

 


15.44

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Nachdem uns der Herr Minister selbst die Ehre eines Dreißigsekundenauftrittes – er hat offenbar mit dem Herrn Innenminister Budgetverhandlungen geführt – geschenkt hat, werden wir uns freuen, uns mit Ihnen zu unterhalten. (Bundesrat Bieringer: Er kommt sofort!) Kommt er? Okay. (Bundesrat Bieringer: Er ist schon im Haus!) Das habe ich gesehen! Aber ob er uns auch die Ehre gibt? Wir freuen uns auch, Herr Staatssekretär, wenn Sie uns als in diesem Fall nicht unbeteiligter Dritter Auskünfte geben.

Die Republik steht – und das seit mehr als einem halben Jahr – auch unter dem Ein­druck einer politischen Auseinandersetzung, die mehr ist als die Diskussion darüber, ob sich ein konkreter Minister in einem konkreten Einzelfall richtig verhalten hat. Viel­mehr ist es auch eine Auseinandersetzung über den politischen Stil und die politische Arbeitsweise, die es in diesem Land geben kann oder geben soll.

Den einen Standpunkt hat – ironisch, wie ich doch stark annehmen darf – Hans Rau­scher im heutigen „FORMAT“ auf den Punkt gebracht, indem er geschrieben hat: Die Industriellenvereinigung sollte Karl-Heinz Grasser klagen wegen mangelnder Vertrags­erfüllung.

Genau das ist die Frage: Gehört es zur politischen Kultur dieses Landes, dass man einem Politiker – einem unbeteiligten Dritten naturgemäß – finanzielle Mittel zur Verfü­gung stellt und sich davon etwas erwartet? Ist das so, dann ist das, so muss ich ehrlich sagen, der eigentliche politische Skandal in dieser Frage! Oder aber gehört es zu den Selbstverständlichkeiten des politischen Lebens in diesem Land, dass Geld fließt und eigentlich damit schon gar keine Verpflichtung mehr verbunden ist?

Ich habe hier einen interessanten Text, und ich zitiere daraus: „Es ist bekannt“ – so heißt es in diesem Text –, „dass im Geschäftsleben Geschenke häufig mit dem


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Hintergedanken gemacht werden, eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Machen Sie daher durch Ihr Verhalten deutlich, dass Sie Korruption weder dulden noch unterstützen, lehnen Sie Geschenke und Vorteile konsequent ab!“

Das Interessante an diesem Text ist, dass die beiden anwesenden Herren, Herr Minis­ter Grasser und Herr Staatssekretär Finz, diesen unterzeichnet haben und dass er den Bediensteten der Finanzverwaltung unter dem Titel „Antikorruption-Infor­ma­tionsbro­schüre“ vorgelegt wurde. Ich würde einmal meinen, die beiden Unterzeichner hätten guten Anlass, nota bene der Herr Minister, sich diesen Text einmal wirklich zu Herzen zu nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es tut mir Leid, dass der Herr Innenminister schon den Saal verlassen hat und ich ihn nicht darauf aufmerksam gemacht habe, dass hier ganz offensichtlich ein Rechts­bereich des Landes in einer ziemlich abenteuerlichen Art und Weise missbraucht wird. Ich kann es nicht anders nennen! – Das österreichische Vereinsrecht normiert aus­drück­lich, dass es für ideelle Vereine gilt. Da besteht eine gewisse Bandbreite, keine Fra­ge, und wir wissen auch, dass es da und dort zur Selbstbedienung von Funk­tionären oder allem Möglichen missbraucht wird. Ob es sich aber bei der Errichtung und dem Betrieb einer Homepage für Mag. Karl-Heinz Grasser, wie angeblich – Me­dien haben es berichtet – im Statut dieses Vereins als Vereinszweck angeführt wird, tat­sächlich um einen ideellen Zweck handelt, der von § 1 des Vereinsgesetzes umfasst ist, möchte ich doch sehr intensiv in Zweifel ziehen.

Ich habe eine schriftliche Anfrage – Sie brauchen den Herrn Minister nicht zu warnen, Kollege Bieringer – an den Herrn Innenminister gerichtet: Es würde mich interessieren, ob das Innenministerium, die Vereinspolizei, auch den Vereinszweck „Verabreichung qualitativ hochwertiger Speisen an Herrn Konecny“ (Heiterkeit der Bundesrätin Schicker) als ideell genehmigen würde. – Es ist unvorstellbar, um das ganz deutlich zu sagen, ... (Bundesrat Bieringer: Aber beim „Konsum“ haben wir das gehabt!) – Der „Konsum“ war kein Verein, sondern er war eine Genossenschaft. Da gibt es ein eige­nes Gesetz, lieber Kollege! (Bundesrätin Bachner: Ja, so ist es!) Falscher Witz! (Bun­desrätin Bachner: Schuss ins Knie!)

Nein, der ideelle Zweck ist ein ganz klar definierter Begriff. Wir haben ein neues Ver­einsgesetz, weil wir manches klarer zu definieren hatten. Und ich bezweifle, dass die materielle Unterstützung einer konkreten Person ein ideeller Vereinszweck ist, und frage mich, ob es eben nicht vielmehr nur die höflich statutarische Umschreibung einer in dieser Form in diesem Land unzulässigen politischen Unterstützung ist.

Das ist eine zweite Ebene, aber es ist mir wichtig, das in diesem Zusammenhang anzumerken. Da können wir ja das ganze Steuerrecht aushebeln: Jeder von uns grün­det einen Verein, dessen ideeller Zweck in der Darreichung des Lebensunterhaltes der betreffenden Person besteht! Dann besteht offensichtlich keine Steuerpflicht mehr – womit wir schon beim Thema Steuer wären.

Seit mehr als einem halben Jahr, ich sagte es schon, beschäftigt dieser Skandal – und es ist einer – die Republik. Es blieb Herrn Staatssekretär Finz vorbehalten, innerhalb weniger Tage zu wissen, dass das alles in Ordnung ist. – Auch das würden sich Ange­hörige dieses Volkes wünschen: dass Steuerverfahren und Steuerprüfungen in ein paar Tagen abgewickelt werden, dass ihre besten Freunde mit zu den Experten gehö­ren, die da zu Rate gezogen werden und die Entscheidung vorbereiten, und dass der Herr Staatssekretär selbst dann – offensichtlich ohne auch nur annähernd das gekannt zu haben, was inzwischen auch der Öffentlichkeit bekannt ist – versichert, natürlich habe da keine Steuerpflicht bestanden.

Nun gehen wir einmal ein bisschen ins Detail, und ich entschuldige mich beim Herrn Bundesminister, dass wir in den Fragen ziemlich ins Detail gegangen sind; aber bei


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seiner permanenten Auskunftsverweigerung gegenüber der Öffentlichkeit und seinem Versuch, immer dann, wenn er etwas gefragt wird, von etwas anderem zu reden, kann eine Aufklärung – und das ist der Sinn des parlamentarischen Kontrollrechts – nur dann erfolgen, wenn man sehr, sehr konkret und daher auch vielfach nachfragt.

Das Ganze stellt sich also in der Weise dar, dass es weit reichende Pläne der Indus­triellenvereinigung im Zusammenhang mit diesem Verein gegeben hat. Mehr als 280 000 € sind tatsächlich geflossen. Wir haben in den letzten Tagen ergänzend erfahren, dass eine weitere Million Schilling, rund 70 000 €, bereits überwiesen waren. Das war dann angeblich ein Irrtum der Buchhaltung. – Also ich würde mir ein paar solche Geschäftspartner wünschen, die mir auf Grund eines Irrtums der Buchhaltung 1 Million Schilling, sei es auch nur leihweise, auf das Konto überweisen.

Ich kann mir natürlich die wirkliche Vorgangsweise sehr gut vorstellen: Diese Über­weisung erfolgte zu dem Zeitpunkt, wo das Ganze an die Öffentlichkeit kam. Und da haben die Herren in der Industriellenvereinigung kalte Füße bekommen – oder auch andere Körperteile können betroffen gewesen sein; einen kühlen Kopf aber haben sie sicher nicht gehabt, die haben sicher einen sehr roten Schädel gehabt! – und haben das Geld sehr schnell zurückverlangt.

Es gehört zu den Merkwürdigkeiten dieses ganzen Falles, dass eine anerkannte Ins­titution zwar behauptet, sie habe alle Geldflüsse dieses Vereines veröffentlicht, aber den Eingang von 1 Million Schilling und deren Rücküberweisung hat man Ihnen ent­weder nicht gezeigt oder, was ich nicht glauben kann, ... (Bundesminister Mag. Gras­ser: ... ist dargestellt im Bericht!) Nicht in dem, was Sie veröffentlicht haben, nicht in dem, was Sie den Medien zur Verfügung gestellt haben! – Wenn es im Bericht drinnen ist, dann spricht das für die Kanzlei, die das gemacht hat.

Diese weit reichenden Pläne sind dann nicht in dem für mich unbekannten Umfang weitergeführt worden, aber es hat intensivste Bemühungen gegeben – nach dem Motto: Wenn das Geld schon da ist, dann muss es ja auch irgendwie wieder weg­kommen! –, einen Kreis von Personen nachhaltig zu beteilen. Auch da: Ich weiß nicht mehr als das, was alle zeitungslesenden Österreicher sich in den letzten Tagen an Informationen besorgen konnten – wenn sie mehr als eine Tageszeitung lesen, zugegebenermaßen –, aber das allein ist schon ein bemerkenswertes Sittenbild.

Da wird also eine Firma, an deren Spitze zu diesem Zeitpunkt – so wurde unwider­sprochen behauptet – ein Schulfreund des Herrn Ministers steht, mit der Erarbeitung einer Homepage beauftragt, wobei offensichtlich von Anfang an klar war, dass diese Firma zu einem beträchtlichen Teil nur als Drehscheibe dienen soll, während beträcht­liche Geldmengen an andere, vorher definierte Auftragnehmer gehen sollen.

Und dann wird dieser Firma der Auftrag weggenommen. Ihr Kabinettschef und Vereins­obmann Matthias Winkler stellt sich, als dieser Tatbestand bekannt wird, ins Fernsehen und behauptet einmal kühl, das sei deshalb der Fall gewesen, weil die Firma am Zusammenbruch war, und man war so großzügig, dass man das Geld von dieser nicht mehr leistungsfähigen Firma erst gar nicht zurückverlangt hat, sondern es halt bleiben lassen hat und einen anderen Auftragnehmer beauftragt hat.

Bei Ausverkäufen gibt es häufig die Aktionen: „Nimm zwei, zahl einen!“ – Sie haben beziehungsweise Ihr Verein hat die Dinge nach dem Motto „Zahl zwei, nimm eine Homepage!“ geregelt.

Nun hat aber der derzeitige Geschäftsführer dieser Firma sehr heftig widersprochen und – was nachvollziehbar ist – darauf hingewiesen, dass die Firma zu keinem Zeit­punkt im Ausgleich oder konkursbedroht war. Es war aber zu diesem Zeitpunkt etwas ganz anderes! Er sagte – ORF, „Zeit im Bild“ vom 10. Februar –: Ich würde sagen,


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dass das Ausscheiden unseres damaligen Vorstandes Mag. Dieter Jandl aus dem Vorstandsmandat und aus dem Unternehmen der wesentliche Grund war.

Also anders ausgedrückt: Herr Jandl war mit von der Partie, ganz egal, wo er tätig war. Und wenn er dort nicht mehr tätig ist, dann ist eben die Firma nicht mehr mit von der Partie. Und was immer da gelaufen ist: Zu Herrn Jandl haben Sie Vertrauen gehabt, zur Firma FirstInEx ganz offensichtlich nicht.

Der ORF hat dann Herrn Oßberger noch gefragt: Was hat das mit der Firma zu tun, dass Herr Jandl als Vorstand ausgeschieden ist? – Und ich fürchte, dass die Antwort, die Herr Oßberger gegeben hat, korrekt ist. Er sagte: Mit der Firma hat das nichts zu tun, mit dem Karl-Heinz Grasser wahrscheinlich sehr viel, da die beiden ja doch Schulfreunde und auch jetzt noch sehr eng befreundet sind.

Sie haben dann im Zusammenhang damit eine Reihe von Firmen mit Aufträgen oder Gutachten beteilt – viele davon sind der Öffentlichkeit aus anderen Funktionen oder aus anderen Verbindungen mit Ihnen bekannt –: Ex-Kollege Meischberger: 410 000 S für eine inhaltlich kreative Beratung. Es ist, wie immer, auch die Agentur beziehungs­weise ein Teil des Firmenkomplexes Hochegger als Auftragnehmer in Erscheinung ge­treten.

Es ist also hier um einen Betrag, der bekanntlich jeden Branchenkenner – zu denen ich mich nicht zähle – in tiefe Verblüffung gestürzt hat, eine Homepage erstellt worden, die nicht einmal besonders originell ist, die, wie man so sagt, „nicht besonders viel kann“, aber immerhin ein Vermögen gekostet hat, wo jeder, der in dieser Branche tätig ist, sagt: Das, was die kann, hätte man locker auch mit einem Zwanzigstel oder einem Zehntel des Geldes bewerkstelligen können.

Nochmals: Das ist die Frage, die der Verein mit seinen Geldgebern – dem einen Geld­geber, den es offensichtlich gab – auszumachen hat und die für die Öffentlichkeit nur insofern interessant ist, als sie natürlich den Charakter eines Sittenbildes hat.

Zu diesem Sittenbild gehört auch, dass sich die Firma FirstInEx natürlich gegen diese geschäftsschädigende Behauptung, sie sei am Rande des Konkurses entlanggewan­delt, mit einer Klage zur Wehr setzen will. Und ich würde mir das schon sehr zu Herzen nehmen, Herr Finanzminister, wenn mir der Rechtsvertreter dieser Firma ausrichten lässt, Sie, Herr Minister, habe er nur deshalb nicht geklagt, weil er Sie als Zeugen ein­vernehmen möchte, denn da stehen Sie wenigstens unter Wahrheitspflicht. Ich würde es mir schon sehr überlegen, welches Bild Sie in diesem halben Jahr der Öffentlichkeit geboten haben, dass man Sie nur mehr unter Wahrheitspflicht vernehmen möchte und nicht als Beklagter.

Die zweite Sache, die gründlich überprüft werden muss – und auch dazu haben wir eine Reihe von Fragen gestellt, auf die ich um eine detaillierte Antwort bitte –: Dieser Verein setzt sich dort, wo die Funktionäre bekannt sind, im Wesentlichen aus Ihren Mitarbeitern – und diese Mitarbeiter sind im Finanzministerium angesiedelt – zusam­men. Sein Vorsitzender ist Ihr Kabinettschef. – Ich wünsche Ihnen, Herr Minister, dass es tatsächlich so ist, dass Herr Winkler auf die Minute genau unterscheiden kann, wann er als Ihr Kabinettschef und wann er als Vereinsobmann tätig ist. Bei den Aus­sen­dungen, die er gemacht hat, ist das nicht so eindeutig, denn die waren in den letzten Wochen stets mit der Rückfrage-Nummer des Finanzministeriums ausgestattet. Wenn Vereinsobmann Winkler sich gegen angeblich unrichtige Beschuldigungen mit Pres­seaussendungen zur Wehr setzt, dann sollte man annehmen, dass man Rückfragen an denselben auch außerhalb der Dienstzeit und nicht unter der Nummer des Finanzministeriums richten sollte. – Das hat er nicht so gehalten.


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Aber es gibt auch andere Verknüpfungen: Da gibt es Herrn Schöndorfer. Herr Schön­dorfer war Leiter des Kärntner Landespressedienstes, und er ... (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber nicht inkriminierend!) – Das ist als solches nicht inkriminierend. Er hat aber gleichzeitig die Texte dieser Homepage produziert – ich hoffe im Interesse einer ord­nungsgemäßen Personalgestion des Landes Kärnten, dass ihm sein Dienstvor­ge­setzter, Herr Landeshauptmann Haider, die Aufnahme dieser Nebenbeschäftigung ord­nungsgemäß genehmigt hat und dass es darüber einen Akt gibt.

Dann ist Herr Schöndorfer allerdings übersiedelt, nämlich in das Finanzministerium, und hat dort – so sagt Herr Winkler – weiterhin die Texte für die Homepage verfasst. Originalton Winkler: Es ist durchaus möglich, dass Schöndorfer an dem einen oder an­deren Text gearbeitet hat, aber nicht in seiner Dienstzeit und nicht in seinem Büro. – Zitatende.

Also wann immer aktualisierte Texte erforderlich waren, ist der Herr Redakteur in ein nahe gelegenes Kaffeehaus geeilt – und hat vorher mit der Stechuhr seine Dienstzeit unterbrochen –, um die Texte für die Homepage aufzuarbeiten. – Es muss ja wohl so gewesen sein, denn was man der Homepage nicht vorwerfen kann, ist, dass sie nicht hochaktuell war. Audio-Meldungen mit Ihren Pressekonferenzen waren üblicherweise wenige Minuten nach Ende derselben darin enthalten – da muss er sich schon sehr ins Kaffeehaus beeilt haben, um mit dieser Umstellung oder Bereicherung der Homepage zurechtzukommen.

Wenn ich noch einmal diese kluge Broschüre zur Hand nehmen darf, die Sie Ihren Bediensteten unterbreitet haben, so lese ich darin unter dem Zwischentitel „Trennen Sie Dienstliches und Privates!“: Hier steht geschrieben:

„Bevorzugen Sie im Rahmen Ihrer dienstlichen Tätigkeit weder Verwandte noch Freun­de und Bekannte.“ Und: „Offenbaren Sie keine dienstlichen Angelegenheiten, über die Sie zum Stillschweigen verpflichtet sind.“ – Sehen Sie, und damit sind wir bei einer der Kernfragen, die die Akteure dieses Dramas bisher sehr unterschiedlich beantwortet haben:

Was ist das eigentlich für eine Homepage? – Die Vereins-Homepage ist es offensicht­lich nicht, denn der Verein ist darauf nie in Erscheinung getreten. Es ist die Home­page – so lautet auch die entsprechende Namenszeile – Karl-Heinz Grassers. Die Frage ist eben: Wer hat jetzt Recht, der Herr Staatssekretär oder der Herr Minister? Ist es eine private Homepage, auf der der Politiker Grasser seine Politik unterstützt, oder ist es eine dienstliche Homepage, wie der Herr Staatssekretär behauptet hat? – Ich gehe gerne aus dem Raum; Sie, Herr Minister, und Sie, Herr Staatssekretär, können sich dann die Antwort ausmachen. Ich nehme dann eine Antwort gerne zur Kenntnis, aber Sie sollten irgendwann einmal eine Entscheidung treffen – gerne jene, die steuer­lich und sonst wie für Sie die günstigere ist, aber eine wäre schon ganz schön!

Das ist ja nicht dasselbe: Wenn es die Homepage des Finanzministeriums ist – nein, ich meinte: des Finanzministers; nicht des Ministeriums, das hat eine eigene, und diese hat ja auch nur ungefähr ein Zehntel oder ein Zwanzigstel davon gekostet –, wenn es die Homepage des Finanzministers, also eine dienstliche, ist, dann ist es überhaupt kein Problem, wenn Herr Schöndorfer Texte dafür schreibt. Warum denn nicht? Er ist ja Mitarbeiter dieses Hauses! (Bundesrätin Bachner: Da braucht er auch nicht ins Kaffeehaus zu gehen! Da kann er ruhig im Büro bleiben!) Er braucht auch nicht ins Kaffeehaus zu gehen, er kann das Telefon benützen, und er kann an seinem Schreibtisch sitzen bleiben. Die Frage ist nur, ob sich der Finanzminister von einem Dritten – in diesem Fall einem höchst beteiligten Dritten, Herr Finanzminister, nämlich dem Verein – eine Homepage zahlen lassen darf oder ob es hier nicht um den Fall der Geschenkannahme geht – ganz einfach.


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Wenn es aber die private Homepage der politischen Person Karl-Heinz Grasser ist, dann muss der Kollege hinuntereilen ins Kaffeehaus, das eigene Handy benützen, mit der Stechuhr seine Dienstzeit unterbrechen – alles sehr anstrengend. Dann kann man wieder darüber diskutieren, wie das mit der privaten Finanzierung ist. Aber Sie sollten sich überlegen, wie die Antwort auf diese Frage aussieht.

Mehr noch: Sie haben in den vielen verwirrenden und verschleiernden Äußerungen, die Sie in der Öffentlichkeit gemacht haben, nie darauf hingewiesen, dass Sie der einzige Nutznießer der Aktivität dieses Vereins sind. Nochmals: Wenn der Herr Innen­minister, was er mir noch auf schriftlichem Weg mitteilen wird, der Meinung ist, dass das vom Begriff des ideellen Vereinszwecks abgedeckt ist – okay, dann ist diese Seite in Ordnung. Dann sollte man rasch zu einer Gesetzesänderung schreiten – aber das ist eine andere Frage – oder eben die bereits erwähnten Vereine zur Bestreitung unseres individuellen Lebensunterhaltes gründen.

Aber wenn dieser Verein unter Ihren Augen, geleitet von Ihrem Kabinettschef, bestückt mit Menschen, die Sie tagtäglich im Büro treffen, mit Auftragnehmern, die alle zu Ihrem persönlichen Freundeskreis gehören, agiert, und dann sagen Sie, Herr Bundesminis­ter, Sie seien ein unbeteiligter Dritter, dann frage ich mich ernsthaft, ob Sie der Me­inung sind, dass die Mehrheit der Österreicher mit ihrem Intelligenzquotienten unter 60 liegt.

Jedes Protokoll, das bisher die Öffentlichkeit erreicht hat, weist darauf hin, dass Sie zwar naturgemäß nicht die Kontoüberweisungen unterschrieben haben, aber über jeden Schritt der Erstellung dieser Homepage – es war ja auch Ihre! – informiert waren, dass die Kollegen, die dort als Vereinsvorstand zusammengetreten sind, in jedem Ein­zelfall gesagt haben: Da müssen wir den Grasser fragen! Am nächsten Wochenende treffe ich den Grasser, da werde ich das mit ihm klären und besprechen. – Herr Bun­desminister, Sie sind kein unbeteiligter Dritter! Sie stehen, ohne Mitglied des Vereins zu sein – das nehme ich einmal an –, mitten drinnen, und Sie haben über jeden ein­zelnen Schritt Kenntnis gehabt, zumindest soweit es die Homepage anlangt; über die finanziellen Dinge sind bisher der Öffentlichkeit keine entsprechenden Informationen zugegangen.

Das Dritte, was zu erwähnen ist, ist der Rauchvorhang, der hier pausenlos errichtet wird. Ich erinnere mich an die Äußerung, dass alle diese Tätigkeiten im Zusam­men­hang mit der Homepage von Mitgliedern des Vereins, die nicht im Finanzministerium tätig sind, erledigt werden. – Der Öffentlichkeit ist bisher außer dem illustren Kreis von Vereinsfunktionären kein einziges Vereinsmitglied bekannt, und schon gar keines, das nicht im Finanzministerium beschäftigt ist!

Also, wir könnten ja einmal eine Werbeaktion für den Verein machen! Vielleicht finden sich in meiner Fraktion ein paar Freiwillige, die dann ... (Ruf bei der SPÖ: Die Roswitha vielleicht!) – Bitte? (Bundesrätin Bachner: „Die Roswitha“, hat er gesagt!) – Okay, bitte. – Also wir könnten das einmal überprüfen. Und vielleicht machen die dann auch etwas an dieser Homepage – vielleicht nicht ganz das, was Sie erwarten. (Bundesrätin Bachner: Das ist anzunehmen, ja! – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Herr Kollege Kühnel, hier wird pausenlos – und jetzt sage ich es so, damit die Frau Prä­sidentin nicht in die Gefahr gerät, mir einen Ordnungsruf erteilen zu müssen – so knapp neben der Wahrheit entlanggeschrammt, dass man davon, wenn man auch nur zuschaut, schon seine Verletzungen davonträgt, auch als unbeteiligter Dritter.

Es gibt diese Mitglieder ganz offensichtlich nicht, die aufopfernd und begeistert diese Homepage basteln. Sie sind eine Fiktion, sie sind Teil des Rauchvorhanges! Der „unbeteiligte Dritte“ kommt in jedem Vereinsprotokoll als Gesprächspartner vor. Auch


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das ist Teil des Rauchvorhangs, dass er sich zurückzieht und als unbeteiligter Dritter gibt.

Und deshalb – nicht wegen des Betrages, sondern deshalb – ist es wirklich ein politi­sches Sittenbild, das der Aufklärung bedarf: mit parlamentarischen Mitteln – die der Bundesrat nicht zur Verfügung hat – in der Öffentlichkeit, durch den Rechnungshof und dort, wo es angebracht ist – ich gebe dazu keine Prognosen ab –, durch die Finanz­behörde und durch die Justiz. Es kann nicht sein, dass es zu den undiskutierbaren Grundelementen unserer Republik gehört, dass diese Vermischung von interessierten und absolut nicht unbeteiligten Geldgebern, politischen Interessen, einer ganz offen­sichtlich auch Selbstbedienungs-Gruppierung von wirtschaftlich und politisch Agieren­den und einem Minister, der sich als unabhängig darstellt, einfach übergangen wird.

Ich möchte noch ein Letztes anschließen: Dieser Verein hat einen Betrag von 10 000 € – was ja ganz offensichtlich eher nicht von seinen Statuten umfasst ist – an den Sozialfonds des – in diesem Fall wirklich beteiligten – Herrn Ministers Grasser überwiesen. Ob das die Industriellenvereinigung so gemeint hat, geht mich nichts an. Aber offensichtlich mussten diese Mittel aufgebracht werden, damit der lange ange­kündigte Fonds des Herrn Ministers endlich die magische Grenze von 40 000 € erreicht. Wenn man sich die veröffentlichte Liste derer, die sonst noch dazu beigetra­gen haben, anschaut, dann findet man darunter den Herrn Minister selbst mit 1 000 € – was ich nicht wirklich berückend finde, im Interesse der Kinder, die da gefördert werden. (Bundesminister Mag. Grasser: Geben Sie auch tausend!) – Ich mache das selber! Wie man so schön sagt: Ich gebe lieber direkt, Herr Minister. Ich brauche auch keinen Fonds dazu. (Bundesminister Mag. Grasser: Aber Sie tun es!) Ich tue es, keine Frage. (Bundesrat Schennach: Aber tausend ist knausrig!) Also wenn ich so viel Wind darum mache, dann ist es knauserig. (Ruf: Nicht für Sie! Er hat gemeint, für den ...!) Jaja, das habe ich auch gemeint. (Bundesminister Mag. Grasser: Ich werde bei Ihnen dann sammeln gehen für den Fonds!)

Sehen Sie – ich bin bei dieser Verknüpfung –: Und dann gibt es also die Spender. Mir ist da einer ganz besonders aufgefallen, und das ist Herr Plech. Also, 5 000 € ist ja auch nicht wirklich großzügig, aber wenn es sich dabei um jemanden handelt, den es erst in diesem Geschäft gibt, seit es manche Mitglieder – keineswegs alle, aber manche Mitglieder – dieser Bundesregierung gibt, der sich zu einem der Großen der Branche entwickelt hat (Bundesrat Schennach: In nur drei Jahren!) – in nur drei Jahren –, weil er wichtige Gerichte von einem zentralen an einen ziemlich ungeeig­neten Standort übersiedeln darf, weil er die Außenanlagen, sprich, in diesem Fall, die landwirtschaftlichen Grundstücke – das war erst vor kurzer Zeit – einer Strafanstalt veräußern darf und dafür eine Provision bekommt, die allein das Fünffache seiner Spende an Ihren Fonds ausmacht, sehen Sie, dann kribbelt es bei mir in der morali­schen Magengrube. So möchte ich – völlig unabhängig davon, wer die handelnden Personen sind und welche Parteien sie vertreten oder nicht vertreten – Politik in die­sem Land nicht gemacht sehen! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ und Beifall bei den Grünen.)

Ich sage zum Schluss: Herr Bundesminister, wir haben uns bemüht, Ihnen Fragen zu stellen, die so konkret sind, dass Ihre Antworten darauf zur Herstellung eines logisch nachvollziehbaren Gebäudes – ob es die Wahrheit ist, ist eine andere Frage – beitra­gen können. Es steht Ihnen in der Anfragebeantwortung selbstverständlich frei, auch in globaler Weise Ihre Meinung zu diesem ganzen Komplex zum Ausdruck zu bringen – das ist selbstverständlich. Aber ich darf Sie und den Herrn Staatssekretär – ich nehme an, der Herr Staatssekretär wird die Fragen, wo der Herr Minister über den Herrn Staats­sekretär gefragt wird, nicht selbst beantworten oder nicht beantworten wollen; das verstehe ich schon – um konkrete Antworten bitten.


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Und ich bitte Sie darum, zu respektieren, dass wir viele Fragen nicht gestellt haben, die uns auch gedrängt hätten, aber wo klar ist, dass es sich nicht um Gegenstände der Vollziehung des Finanzministers handelt. Das, was wir Sie gefragt haben, ist nach gründlicher Prüfung übrig geblieben. Und sagen Sie uns bitte nicht, dass es nicht Recht des Bundesrates ist, Sie darüber so zu befragen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.19

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


16.19

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Hoher Bundesrat! Sehr geehrter Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss Ihnen sagen, Herr Professor Konecny, ich fasse es schön langsam als Kompliment auf: Es ist fast ehrenhaft, wenn man von der vereinigten Opposition zum Angriffsziel Nummer eins auserkoren wird. Ich denke, dass jeder, der die politische Welt kennt, auch nach­vollziehen kann und versteht, warum das so ist: Offensichtlich ist die Bundesregierung so erfolgreich unterwegs (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), ist die Leistungsbilanz der Bundesregierung im Jahr 2004 bereits mit Steuerreform, mit niedrigerem Defizit 2003 und anderen Dingen so gut, meine Damen und Herren, dass die Opposition sich so bedrängt fühlt (Bundesrat Konecny: Ja, ja!), dass man sagt, man muss ganz tief in die Schublade greifen und in einer politischen Kampagne weitermachen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher wird es Sie nicht verwundern, Herr Professor, wenn ich wieder einmal aufs Neue die unhaltbaren Vorwürfe, die auch Sie mir heute wieder präsentiert haben, auf das Schärfste zurückweise. Es fehlt diesen Vorwürfen jede Grundlage. Ich möchte neuer­lich betonen, dass meine Amtsführung nicht nur völlig korrekt, sondern auch vorbildlich ist. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Das täte ich schon an­dere beurteilen lassen!) Ich möchte empfehlen und darum ersuchen, dass wir den zuständigen Behörden gegenüber Vertrauen haben sollten, sowohl den Finanz­be­hörden als auch den Justizbehörden und der Staatsanwaltschaft. Warten wir ab, was bei deren Untersuchungen herauskommt. Ich sage Ihnen aus voller Überzeugung: Am Ende des Tages wird die persönliche Integrität und die Wahrheit siegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Ko­necny.)

Meine Damen und Herren! Es wird nämlich am Ende des Tages nichts anderes als eine wirklich ziemlich schlichte und leicht durchschaubare politische Kampagne, die Sie da machen, sein. Auch wissen Sie selbst, Herr Professor, dass es kein Geringerer als Alfred Gusenbauer war, der eine Studie bei Dr. Katzmair in Auftrag gegeben hat. Das Ergebnis dieser Studie: Was die Sozialdemokratie tun muss, damit sie wieder ein bisschen Tritt fasst, ist die systematische Diskreditierung von einigen Personen, die im Zentrum der Politik in Österreich stehen. (Rufe bei der ÖVP: Hört, hört!)

Leider Gottes wurde auch ich in diese Studie miteinbezogen. Systematische Diskre­ditierung war das Ziel dieser Studie. Ich betone: Es ist wirklich sehr leicht durch­schaubar, denn jede Woche verlautet die Sozialdemokratie – leider auch die Grünen –, dass man zur Staatsanwaltschaft gehe, eine Sachverhaltsdarstellung mache. (Bundes­rat Bieringer: Irgendetwas wird schon hängen bleiben!) Dann schreiben die Medien drüber. Und danach verkünden Sie: Wir gehen jetzt ins Parlament, wir gehen in den Nationalrat, wir gehen in den Bundesrat, wir machen Dringliche Anfragen, wir machen Misstrauensanträge – weil ja die Staatsanwaltschaft ermittelt. – Welch Wunder! Die


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Staatsanwaltschaft ermittelt, ja, aber weil sie jede Woche Anzeigen von der vereinigten Opposition bekommt.

Meine Damen und Herren! Genauso könnten auch wir vorgehen, wenn wir wollten. Genauso könnten wir eine Anzeige nach der anderen einbringen. Aber ich kann Ihnen mitteilen: Das ist nicht unser Stil, auch weil wir wissen, dass die Bevölkerung die Politik an ihrer Leistungsbilanz misst. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Und diese Leistungsbilanz ist eine großartige für Österreich. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe des Bundesrates Konecny sowie Gegenrufe des Bundesrates Bieringer.)

Herr Professor Konecny, ich nenne Ihnen nur drei Beispiele, da sonst die Liste zu lang wird.

Sehen Sie sich die Finanzpolitik an! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grü­nen.) Meine Damen und Herren! Alfred Finz und ich – diese Bundesregierung –, wir mussten im Jahr 2000 Schulden in der Höhe von 133 Milliarden € übernehmen. (Oje-Rufe bei der SPÖ und den Grünen.) – Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, aber Sie müssen sich das vorstellen: 133 000 Millionen €! (Bundesrätin Bachner: Das ist ja schon dabei! Sie haben ja eh alles ...!) Sie haben uns Schulden und dazugehörende Zinszahlungen von 6,6 Milliarden € übergeben! (Ruf bei der SPÖ: Alte Hüte!) Sie haben uns außerbudgetäre Schulden in der Höhe von 19,5 Milliarden € übergeben! (Bundesrat Konecny: Die zahlt jetzt der Verein zurück?!)

Ich glaube schon, dass Sie das nicht gerne hören, denn ich darf Ihnen sagen, ich erinnere mich nur zu gut daran, wie Alfred Finz und ich im Jahr 2000 zum Ecofin, zum Rat der Finanzminister, nach Brüssel gefahren sind. Dort hat man uns wieder zurück nach Hause geschickt und gesagt: Eure Finanzpolitik ist inakzeptabel, sie lässt sich nicht mit den europäischen Vorgaben in Übereinstimmung bringen. Fahrt zurück! Macht es besser! Macht es neu!

Meine Damen und Herren! Vor drei Wochen waren wir in Brüssel und haben dort un­sere Finanzpolitik präsentiert. Zum erste Mal, seit Österreich Mitglied der Union ist, sind wir jetzt unter den Top-4-Ländern! Österreich eines der besten vier Länder, was die Finanzpolitik in Europa betrifft. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in vier Jahren das zustande gebracht, was Sie in keinem einzigen Jahr in den letzten 25 Jahren zustande gebracht haben. (Bundesrätin Schlaffer: ... warten auf den 7. März!) Jeder Budgetvollzug, den wir gemacht haben, hat bessere Ergebnisse erbracht, als Sie sie jemals zustande bringen konnten. (Bundesrat Konecny: Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie nie! Das haben Sie zustande gebracht!) Ich sage Ihnen: Das ist eine Politik, die Vertrauen verdient! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine Politik, die Vertrauen verdient, eine Politik, die Voraussetzung für eine ganz wichtige Entlastung war, denn wir haben uns gesagt: Ziel ist, nicht den skandinavischen Weg weiterzugehen; Ziel ist, nicht weiter den Einfluss des Staates um jeden Preis in jeder Lebensphase der Bevölkerung zu forcieren; Ziel ist nicht die Belastung der Bevölkerung mit Abgabenquoten um 45 Prozent (Bundesrat Konecny: Das haben Sie aber erreicht!), sondern unser Ziel ist eine nachhaltige Entlastung!

Und wenn wir es jetzt schaffen, mit den zwei Etappen der Steuerreform, 2004 und 2005, eine 3-Milliarden-€-Entlastung zustande zu bringen, wenn wir es schaffen, 2 550 000 Lohn-/Einkommensteuerpflichtige aus dieser Steuerpflicht herauszuführen – sie zahlen keine Steuern mehr! (Bundesrat Ing. Franz Gruber – in Richtung SPÖ –: Ihr


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habt ja 30 Jahre Zeit gehabt!) –, wenn wir es schaffen, dass Österreich als Wirtschafts- und Arbeitsstandort einen riesigen Sprung macht, wenn wir es schaffen, für die Wirtschaft und damit – sozial ist, was Arbeit schafft – auch für unsere Beschäftigten einen riesigen Sprung zu machen, dann ist es eine Entlastung, die zu den seit Jahren niedrigsten Abgabenquoten führen wird, nämlich zu 42,3 Prozent im Jahr 2005.

Das ist eine Politik, die Vertrauen verdient, eine Politik, die wichtig für unsere Bevöl­kerung ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit ich Sie mit der Leistungsbilanz der Bundesregierung nicht ganz vorführe – denn Sie haben, aus Sicht der Opposition klugerweise, nicht die Leistungsbilanz der Bundesregierung hinterfragt, sondern wollten sich auf andere Themen konzentrieren (Bundesrat Konecny: Ich habe etwas über die Homepage gefragt, nicht über die behaupteten ... der Leistungsbilanz!) –, hier noch ein drittes und letztes Beispiel. Bei unserem Start war die Republik Österreich in puncto Wettbewerbs­fähigkeit die Nummer 7 in Europa. Es war das Ziel des Bundeskanzlers und des Vize­kanzlers (Bundesrat Konecny: Welches?), unter die Top 3 zu kommen, von der Wett­bewerbsfähigkeit her eines der drei besten Länder in Europa zu sein. Mit dem Fort­schrittsbericht der Kommission sind wir soeben das drittbeste Land in Europa gewor­den, das drittbeste Land, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft, was auch für die Beschäftigung und für die Wirtschaft einen riesigen Erfolg bedeutet! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Damit möchte ich zum durchsichtigen Teil der Kampagne kommen und auf die Fragen des Herrn Abgeordneten Konecny eingehen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Professor, ich akzeptiere natürlich Ihre Entschuldigung, dass die gestellten Fragen sehr detailliert und sehr ausführlich sind, bitte aber auch Sie um Entschuldigung dafür, dass ich besonders ausführlich sein möchte und so Ihren Wissensdurst zu stillen versuchen werde.

Zu den Fragen 1 bis 6:

Einleitend möchte ich zu der Passage über den „unbeteiligten Dritten“ feststellen: Der Finanzminister ist kein unbeteiligter Dritter. Ich präzisiere das gerne für Sie, ausgehend davon, was genau gesagt worden ist, damit Sie einmal eine authentische Interpretation haben. Ich habe gesagt, ich bin ein unbeteiligter Dritter, was den Verein betrifft. Das ist so zu verstehen, wie es ja auch Sie bestätigt haben, nämlich dass ich kein Mitglied des „Vereins zur Förderung der New Economy“ war oder bin, dass ich dort keine Funktion innehatte und dass ich daher auch nicht an den Entscheidungen des Vereins beteiligt war oder sie beeinflusst habe.

Ich habe aber natürlich immer gesagt: Mir war bekannt, dass sich dieser Verein unter anderem die Entwicklung einer Homepage als Leitprojekt vorgenommen hat; ich bin damals von den Vereinsorganen gefragt worden, ob ich sozusagen als Sinnbild für die Förderung der New Economy auf der einen Seite und als Leitperson für diese Home­page auf der anderen Seite zur Verfügung stehe. (Ironische Heiterkeit bei Bun­desräten der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.) Und daher bin ich in dieser Beziehung selbstverständlich kein unbeteiligter Dritter. (Bundesrat Schennach: Sind wir jetzt beim Villacher Fasching, oder was?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Professor Konecny hat gefragt: Wer hat Recht? Ist es Alfred Finz oder ist es ... (Bundesrat Konecny: Entschuldigung, Herr Minister! War das die Antwort auf die Frage 1?) – Nein, ich gehe ja weiter. Hören Sie nur zu! (Bundesrat Bieringer – in Richtung des Bundesrates Konecny –: Ruhig bleiben!) Ich habe die Fragen 1 bis 6 zusammengefasst und sage Ihnen gerne, wann ich dann zum nächsten Fragen- beziehungsweise Antwortenkomplex komme. Alles, was ich jetzt sage, betrifft die Fragen 1 bis 6.


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Sie fragten: Wer hat Recht? Ist es Alfred Finz oder Karl-Heinz Grasser? – Ich sage Ihnen natürlich aus voller Überzeugung: Beide! Beide haben Recht. (Ironische Heiter­keit bei Bundesräten der SPÖ.) Und ich erkläre Ihnen auch, warum beide.

Ich habe gesagt, die Homepage ist privat. Inwiefern privat? – Weil sie logischerweise die Homepage eines privaten Vereins ist. Ich habe aber nie gesagt: Es ist meine private Homepage. Und Sie werden sicherlich erkennen, dass es ein deutlicher Unter­schied ist, ob man sagt, das ist eine private Homepage – eben weil sie einem privaten Verein gehört (lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen) –, oder ob man sagt, das ist die private Homepage des Karl-Heinz Grasser. (Bundesrat Todt: Un­fassbar! – Bundesrat Ing. Franz Gruber: ... versteht ja die SPÖ nicht! – Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) – Es wäre ein ganz wichtiger Kärntner Beitrag, vielleicht dann in einer Rede darzulegen, was der Unter­schied zwischen privat und staatlich ist, da die Überbetonung des staatlichen Ein­flusses in Österreich zu einer Schwächung des Bewusstseins dafür, wie privat funk­tioniert, geführt haben könnte.

Herr Professor Konecny hat klugerweise gesagt: Sagen Sie uns nicht, dass das nicht Gegenstand der Vollziehung ist. – Herr Professor, ich möchte Sie nur darauf hinwei­sen –, damit ich das auch gesagt habe, die Fragen beantworte ich ja dann trotzdem –, dass gemäß Artikel 52 Bundes-Verfassungsgesetz und § 90, 1. Satz des Geschäfts­ord­nungsgesetzes 1975 der Nationalrat – natürlich auch der Bundesrat – unter ande­rem befugt ist, „die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mit­glieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Aus­künfte zu verlangen.“ (Bundesrat Dr. Böhm: Richtig!)

Da ein guter Teil der Fragen, die Sie gestellt haben, weder die Vollziehung noch Ange­le­genheiten der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes betrifft – da Sie sagen, Sie hätten sich das genau angeschaut: diese Rechtsansicht wird auch vom Verfassungs­dienst des Bundeskanzleramtes in einem Gutachten bereits vom 23. Juli 2003 be­stätigt –, braucht es normalerweise meine Beantwortung eines Gutteils Ihrer Fragen nicht. Nachdem jedoch Ihre Kampagne begonnen hat, haben sowohl der Verein als auch Karl-Heinz Grasser, also ich selbst (neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), gesagt, wir wollen von Beginn an alles ganz offen und transparent darstellen.

Wir haben vor den zuständigen Behörden bereits im Sommer 2003 alles offen gelegt, also sowohl vor den Finanzbehörden als auch vor den Justizbehörden, und das, obwohl kein Euro an Steuergeld in diesen Verein geflossen ist. Zu guter Letzt hat sich der Verein dazu entschlossen, auch nach außen hin maximale Information und maxi­male Transparenz zu gewähren, indem er – obwohl er gesetzlich überhaupt nicht dazu ver­pflichtet ist – sich dazu entschieden hat, eine Prüfung vornehmen zu lassen, und zwar von zwei Wirtschaftsprüfern von Ernest & Young, also einer der Top 4-Kanzleien der Welt. Diese zwei Wirtschaftsprüfer haben das gemacht, mit der höchsten Prüf­qualität, und deren Ergebnisse wurden auch veröffentlicht.

Ich sage Ihnen daher: Die Ergebnisse sind voll zugänglich. (Zwischenrufe der Bundes­räte Binna und Schlaffer.) Sie sind der breiten Öffentlichkeit voll zugänglich, sie sind dargelegt worden. Ich würde mir wünschen, dass jene, die auch Steuergeld in ihrer Ingerenz, in ihrer Verantwortung haben, wie zum Beispiel Parteien und ihre Parteifinan­zen oder ... – Wie schaut es zum Beispiel mit dem Streikfonds der Gewerkschaften aus, mit den Arbeiterkammerbeiträgen für die Arbeiterkammer? (Bundesrätin Bachner: Das sind ja keine Steuergelder!) – Schauen Sie, für mich hat das schon Relevanz, wenn ein Arbeiterkammermitglied ... (Bundesrätin Bachner: Sie als Finanzminister müssten das schon wissen, wie sich ein Streikfonds zusammensetzt!) – Liebe Frau Bundesrätin, ich sage Ihnen nur: Wenn Sie von einem Verein, der gesetzlich nicht dazu


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verpflichtet ist, aber durchaus bereit ist, zu sagen, dass ihn sogar Wirtschaftsprüfer prüfen und das Ergebnis veröffentlichen sollen, volle Transparenz verlangen, dann wünschte ich mir diese Transparenz auch von anderen Institutionen. Und es wäre sicherlich interessant, was dabei herauskommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich glaube auch, dass die Sozialdemokratie und die Sanierung der Parteifinanzen der Sozialdemokraten ein sehr interessantes Thema wäre (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen), aber ich verstehe, dass Sie das nicht in der Öffentlichkeit darstellen wollen. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Was die angesprochene steuerliche Seite der Zuwendungen der Industriellen­vereini­gung an den Verein New Economy betrifft, so möchte ich auf die von Staatssekretär Dr. Finz präsentierte Auskunftserteilung der zuständigen Finanzämter verweisen. Ich führe es dann auch noch näher aus, erinnere jedoch in diesem Zusammenhang daran, dass die Finanzämter nicht von sich aus tätig geworden sind, sondern deswegen, weil ich selbst und der Verein immer pro-aktiv tätig waren und gesagt haben: Wenn es Unterstellungen, wenn es Inkriminierungen gibt, dann ersuchen wir von uns aus die zuständigen Behörden um eine Darlegung ihrer Einschätzung der Sachlage.

Die Ergebnisse dieser abgabenbehördlichen Untersuchungen sind rasch dargestellt, ich tue das auch gern:

Tätigt ein Verein Zuwendungen im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben, dann unterliegen diese mangels des Vorliegens einer Schenkung nicht der Schenkungs­steuer. Nach diesem Prinzip ist die österreichische Finanzverwaltung seit Jahrzehnten vorgegangen. Daran können auch Stellungnahmen deutscher und österreichischer Fachleute, die etwas anderes behaupten, nichts ändern. Ich lasse es auch dahin­gestellt, meine Damen und Herren, ob es diese Stellungnahmen, ob es die Präsen­tation dieser Auffassungen durch die Opposition geben würde, wenn man andere Fälle zu beurteilen gehabt hätte. Alfred Finz hat hiezu Beispiele genannt. Ich nenne Ihnen ein Beispiel eines Kulturvereins, das Beispiel eines Sozialhilfevereins, der seiner Sat­zung gemäß Fördermittel zugewendet hat. Bei Ihrer Rechtsauffassung, meine Damen und Herren von der Opposition, würde dann bei den von der Zuwendung dieses Sozialvereins, dieses Kulturvereins Betroffenen eine Steuerpflicht entstehen. (Bundes­rat Konecny: ... nicht gemeinnützig!) Diese Auslegung kann doch nicht Sinn und Zweck dieser rechtlichen Bestimmung sein! Das heißt nämlich: Nach Ihrer Inter­pretation wären derartige Zuwendungen steuerlich zu erfassen.

Es wird dann zwar, um irgendwie die Kurve in der rechtlichen Argumentation zu kratzen, in Bezug auf gemeinnützige Vereine dahin gehend argumentiert, dass man eine Bestimmung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes heranziehen könnte: das hat Ihr Kollege Matznetter gemacht. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Das ist der, der einen Jeep Cherokee fährt!) Das ist schon allein deshalb unrichtig, weil die zuvor erwähnte Bestimmung nur für Schenkungen unter Auflagen gilt.

Andererseits gibt es jene Bestimmung, auf die Sie sich berufen, erst seit dem Jahr 1996. Das heißt: Selbst wenn man diese Bestimmung für eine Befreiung als tragfähig erachtete – was aber nicht der Fall ist –, stellt sich die Frage, was dann vor dem Jahr 1996 gewesen wäre. Hätte man dann sämtliche satzungsgemäßen Vereins­zuwen­dungen – begonnen bei Kulturvereinen, über Sportvereine, endend bei hu­manitären Vereinen – Ihrer Ansicht nach besteuern sollen? Ich sage Ihnen, geschehen ist das nicht. Sie können alle meine Amtsvorgänger befragen: Das ist nicht unsere Innovation, das war und ist die herrschende Verwaltungspraxis der Finanz in Öster­reich. Das war unter anderen Ressortleitungen so, und das ist auch jetzt so, weil völlig klar ist, dass es keinen Sinn machen würde und auch völlig inakzeptabel wäre, wenn


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derartig Betroffene – wie ich es dargestellt habe – dann steuerpflichtig wären. Nichts anderes war auch das Ergebnis des Auskunft erteilenden Finanzamtes.

Was die Finanzierung der Homepage durch den Verein New Economy anlangt, halte ich zunächst fest, dass die Homepage eben nicht meinem Privatvergnügen dient. Die Homepage ist kein persönliches Hobby, daher eben auch nicht meine private Home­page, sondern gibt die politischen Positionen des Finanzministers der Republik Österreich wieder. Auch in Homepages einer Reihe anderer Politiker wird deren politische Ausrichtung entsprechend dargestellt. Oder: Sehen Sie sich Plakatwer­bun­gen, sehen Sie sich Zeitungswerbungen, sehen Sie sich dort verankerte politische Aus­sagen an! Ich denke, es gibt da kaum einen Unterschied zu einer politischen Home­page, lediglich das Medium ist ein anderes.

Sie haben betreffend Spende des Vereins an den Sozialfonds gesagt, es kribble Sie in der Magengrube, wenn Sie sehen, dass Ernst Karl Plech diesem Sozialfonds 5 000 € gespendet hat. – Meine Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen, ich bin erschüttert darüber, dass es Sie als Sozialdemokraten in der Magengrube kribbelt (Bundesrat Konecny: Wenn jemand Millionen zugeschanzt kriegt!), wenn jemand 5 000 € einem Sozialfonds spendet. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber.) Ich sage Ihnen: Ernst Karl Plech hat, seit ich ihn kenne, jeden Euro, jeden Cent, den er als Tan­tieme für seine Aufsichtsratstätigkeit im Dienste der Republik und der Bevölkerung be-kommen hat, für soziale Zwecke gespendet. 5 000 € davon hat er in den Sozial­fonds, der von mir für Kinder, die in Not geraten sind, initiiert worden ist, fließen lassen.

Meine Damen und Herren! Es ist das ein Sozialfonds, in dessen Kuratorium ein Franz Klammer sitzt (Ruf bei der SPÖ: Ja, ja!), in dessen Kuratorium ein Dr. Weißmann, der ehemalige Präsident der Notariatskammer, sitzt, in dessen Kuratorium ein Prof. Fried­rich, ein sehr bekannter Kinderpsychologe, der Ihnen auch aus der medialen Debatte der letzten Wochen bekannt ist, sitzt und noch einige andere Leute, die für Ihr soziales Engagement bekannt sind.

Ich hätte mir alles erwartet, nur nicht, dass Sozialdemokraten das soziale Engagement eines Ministers kriminalisieren und angreifen. Ich weise das auch entschieden zurück! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Daher sage ich Ihnen: Der Verein hat offensichtlich eine Summe in der Größenordnung von 10 000 € von einem insgesamt verfügbaren Budget von 283 000 € gespendet; das sind – wenn Sie nachrechnen – ungefähr 4 Prozent des Gesamtbudgets. Ich danke dem Verein, dass er das getan hat. Ich danke auch den anderen etwa 60 Spendern, dass sie das getan haben, und freue mich, dass einige von Ihnen gesagt haben, Spen­den um die 1 000 €, aber auch um 5 000 €, seien sehr gering, da könnte man mehr spenden. Daher werde ich mir erlauben, Ihnen die Kontonummer des Sozialfonds zur Verfügung zu stellen, und mir dann ansehen, wer tatsächlich für Kinder in Not spendet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Bei Ihnen sicher nicht! – Bundesrat Bieringer – in Richtung des Bundesrates Ko­necny –: Ein Tausender ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor! Ich komme nun zum nächs­ten Fragenteil, zu

Zur Frage 7:

Sie fragen, ob ich dem Verein meine Kinderfotos überlassen habe. – Ja, ich habe das getan, und zwar weil ich darum ersucht wurde. Ich darf darauf hinweisen, dass Per­sonen, die in der Öffentlichkeit stehen – und dazu zählen Politiker, Regierungs­mit­glieder zweifellos –, immer wieder Anfragen nach ihrem Lebenslauf, nach Fotos, nach ihrem beruflichen Werdegang und so weiter erhalten. Diese Anfragen kommen von


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Printmedien, von elektronischen Medien und anderen. Ich habe mir diesbezüglich etwas angeschaut, was Sie vielleicht interessieren wird, weil sich ja die Sozial­de­mo­kratie und die Fraktion der Grünen so über meine Kinderfotos lustig gemacht haben.

Ich habe mir nichts dabei gedacht, bin auf die Homepage des Alfred Gusenbauer ge­gangen, und wissen Sie, was ich dort gefunden habe? – Ein Kinderfoto des Alfred Gusenbauer! (Rufe bei der ÖVP: Na geh! – Der Redner hält einen Ausdruck des entsprechenden Fotos in die Höhe.) Es hat mich ein bisschen überrascht, dass es in der Zwischenzeit nicht gelöscht wurde. (Ruf bei der SPÖ: Er war ja ein schönes Kind! – Weitere Rufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei der ÖVP.)

Etwas besonders Interessantes, weil ja Kärnten heute in der Diskussion mitmacht: Sie kennen alle Peter Ambrozy, den Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten in Kärnten. Dieser hat zum Beispiel ein tolles Wasserski-Foto auf seiner Homepage, was aber an sich noch nicht so interessant ist. Besonders geglückt hingegen finde ich dieses Foto von Peter Ambrozy (der Redner hält neuerlich den Ausdruck eines Fotos in die Höhe) das sich auf seiner Homepage findet. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desräten der Freiheitlichen.) Peter Ambrozy ist offensichtlich ein besonders humo­ristischer Mensch und tritt daher so im Nachtkleid – in Weiß, nicht in Rot – auf. Es gibt zum Schluss auch ein besonders interessantes, nettes und herziges Kinderfoto, das Peter Ambrozy darstellt, als er noch herzig und nett war.

Ich glaube daher, meine Damen und Herren (Bundesrat Ing. Franz Gruber: ... Was­serski fahren? – Heiterkeit bei der ÖVP), wir sollten uns nicht zu ausführlich über Kinderfotos unterhalten. Ich finde nichts daran, wenn man Politiker so darstellt, wie sie eben sind, denn wir alle waren einmal jünger und werden dann älter – Gott sei Dank –, daher kann man das als Teil einer Person durchaus auf Homepages darstellen. Ich habe nie etwas daran gefunden, und daher zähle ich das auch bei anderen so.

Wenn Sie mich fragen, was der Unterschied zwischen der Homepage, die der „Verein zur Förderung der New Economy“ erstellt hat, und anderen Homepages ist, dann denke ich, ein Unterschied ist, dass der Großteil der anderen Homepages offen­sicht­lich mit Steuergeld zustande gekommen ist (Bundesrat Konecny: Nein!), das heißt, in diese hat man Steuergeld investiert (Bundesrat Konecny: Wie kommen Sie auf die Idee?), in diese hat man das Geld der österreichischen Bevölkerung investiert. Und dem gegenüber war es immer die Idee dieser Vereins-Homepage, zu sagen: Wenn man sich ersparen kann, etwas mit Steuergeld ins Leben zu rufen (Bundesrat Ko­necny: Warum haben Sie vom Finanzministerium ... eine Homepage?), sondern das über eine entsprechende Spende der Industriellenvereinigung an diesen Verein tut – das war die Überlegung, die im Hintergrund gestanden ist (Bundesrat Konecny: Dort ist sie ja auch geblieben: weit im Hintergrund!) –, dann habe ich das gut gefunden, dass man hier kein Steuergeld investiert.

Zur Frage 8:

Was die Beurteilung der Abgabenpflicht betrifft, Herr Professor, so darf ich Ihnen sa­gen, dass es absolut üblich ist, dass sowohl die Finanzämter als auch die Finanz­landes­direktionen, aber auch Abgabenpflichtige in bestimmten Rechtsfragen direkt an die Sektionsleitung herantreten. In schwierigeren Rechtsfragen ist es gemäß den Auf­gabenstellungen eines Sektionsleiters immer wieder notwendig, eine Rechtsmeinung zu äußern. Es werden im BMF keinerlei Statistiken über die Zahl der Fälle der Äuße­rungen einer Rechtsmeinung seitens der Sektionsleitung geführt. Es ist daher nicht möglich, Ihnen für das Jahr 2003 eine konkrete Anzahl zu nennen. Da ich aber anneh­me, dass Sie auf Grund Ihrer Ausführungen in der Einleitung mit dieser Anfrage kon­kret auf Sektionschef Nolz Bezug nehmen, möchte ich, wie ich das auch im Plenum des Nationalrates schon getan habe, nochmals ausdrücklich feststellen, dass Sektions-


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chef Nolz nicht mit dieser Angelegenheit befasst war und dass es selbstverständlich weder eine rechtliche Beurteilung der Abgabensache des Vereins noch jener meiner eigenen Person (Bundesrat Konecny: Was, Sie haben auch ein Steuerverfahren? Das habe ich ja gar nicht gewusst!) durch Sektionschef Nolz gegeben hat, weil wir größten Wert darauf gelegt haben, dass erstens ich selbst nicht durch Nolz beurteilt werde, weil klar war, dass er Rechnungsprüfer des Vereins war, und zweitens auch Alfred Finz größten Wert darauf gelegt hat, dass das Ganze unabhängig, objektiv und völlig unbeeinflusst beurteilt wird.

Zur Frage 9:

Auch dazu gibt es keinerlei statistische Aufzeichnungen. Es ist durchaus üblich, deut­sche Kommentare (Bundesrat Konecny: Veraltete!) für die Beurteilung von Rechts­fra­gen heranzuziehen. Kommentarmeinungen sind wohl nur dann als veraltet anzu­sehen, wenn sich die zu Grunde liegende Rechtslage geändert hat. Wenn das nicht der Fall ist, dann sind natürlich auch ältere Kommentarmeinungen im Rahmen des Ausle­gungs­spektrums einer Gesetzesbestimmung von Relevanz. Über die Anzahl des Heranziehens ausländischer Kommentarmeinungen gibt es, wie bereits bemerkt, keine Statistiken.

Zur Frage 10:

Ich kann mich nicht erinnern, dass ein deutscher Rechtsprofessor eine derartige Äuße­rung getätigt hat. (Bundesrat Konecny: Wir stellen sie Ihnen gerne zu!) – Ich freue mich darauf.

Faktum ist, dass die angesprochene Auslegung von einem Kommentator stammt. Wenn Sie damit Professor Troll meinen sollten, der gar nicht mehr am Leben ist, so war dieser Kommentator daher gar nicht in der Lage, Ableitungen seiner Auffassung rechtlich zu beurteilen. Sie behaupten, er habe ein Gutachten gemacht, aber leider Got­tes ist er schon dahingeschieden. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Herr Konecny! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Nein, nein! Der lebt schon noch!) Wenn Sie, Herr Professor, aber den Richter am österreichischen Verwaltungs­gerichtshof Professor Fellner gemeint haben sollten, dann muss ich Ihnen sagen, der ist kein Deutscher, sondern ein Österreicher. Ich habe jetzt nur versucht, nachzu­vollziehen, wen Sie gemeint haben könnten. Das war nicht ganz leicht bei dieser Anfrage. (Bundesrat Konecny: Sie kriegen es noch!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen aber dazu noch etwas sagen, weil es so dargestellt worden ist, als gäbe es auf der einen Seite die Finanzämter, und alle anderen seien anderer Meinung.

Es hat sich zum Beispiel Professor Lang in der Öffentlichkeit sehr klar geäußert. Er hat gesagt, es sei völlig korrekt und gemäß der herrschenden Lehre, wie das die Finanz­ämter beurteilt haben. Es hat Ernest & Young ein Gutachten erstellt, es gibt weitere drei Gutachten von Professoren, die sagen, dass die Auslegung selbstverständlich der herrschenden Lehre entspricht, wie in Österreich in der Verwaltungspraxis bisher entschieden worden ist.

Insofern bin ich zutiefst davon überzeugt, dass die Finanzämter in den angesproche­nen Fällen das gemacht haben, was sie in den letzten Jahren auch in vielen anderen Fällen entschieden haben.

Zur Frage 11:

Ich würde die zusammenfassende Darstellung der Rechtsmeinung der Abgaben­be­hörden als Ihnen eigentlich bekannt unterstellen, Sie fragen aber hier noch einmal da­nach. Alfred Finz hat, wie Sie wissen, am 11. Juli 2003, um 10 Uhr, im Bundes-


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amtsgebäude in der Radetzkystraße 2 im dritten Bezirk eine zusammenfassende Dar­stellung präsentiert. (Bundesrat Konecny: Nach der habe ich nicht gefragt!) – Sie fragen: „Wie lautet die steuerrechtliche Beurteilung, die von Staatssekretär Finz im Ergebnis der Öffentlichkeit präsentiert wurde, im Wortlaut?“ Daher ist sehr klar, dass Sie danach fragen, was Alfred Finz gesagt hat. (Bundesrat Konecny: Nein! Das steht in diesem Satz nicht drin!) Ich sage Ihnen das sehr gerne.

Erstens hat Alfred Finz dort die Chronologie der Ermittlungen dargestellt: Am 23. be­ziehungsweise 24. Juni 2003 hat es ein Auskunftsersuchen des „Vereins zur För­derung der New Economy“ an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern gegeben. Am 23. und 24. hat es ein Auskunftsersuchen des Herrn Bundesministers Grasser an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern sowie an das Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk gegeben. Den Auskunftsersuchen wurden jeweils zwei voneinander unabhängige Rechtsgutachten beigelegt, welche übereinstimmend zu dem Ergebnis kamen, dass keine steuerrechtlichen Verfehlungen vorliegen. Am 27. Juni 2003 ist ein umfassender Vorhalt seitens des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk mit dem Zweck eingegangen, ergänzende Informationen betreffend den „Verein zur Förderung der New Economy“ zu erhalten.

Am 2. Juli 2003 wurde der Vorhalt beantwortet, unter Anschluss von zahlreichen Be­legen. Vom 2. Juli bis zum 10. Juli 2003 hat es eine Prüfung der Sach- und Rechtslage durch die Mitarbeiter der bereits angeführten Finanzämter unter Beiziehung von Fach­bereichsleitern der Finanzlandesdirektionen gegeben. Am 11. Juli 2003 hat es dann die Zustellung an den „Verein zur Förderung der New Economy“ und an den Bundes­minister für Finanzen gegeben.

Zweitens hat Alfred Finz damals die Ermittlungsergebnisse laut Auskunftserteilung, also wie das damals von den Finanzämtern gekommen sind, dargestellt. Die Beur­teilung der Abgabenbehörden erfolgte völlig eigenständig. Es wurden die Argumente der Gutachten zwar rechtlich ausgewertet, unter Berücksichtigung der zusätzlich ab­ver­langten und vorgelegten Unterlagen deckt sich die rechtliche Beurteilung der Abga­benbehörden aber nicht in allen Punkten mit jener in den Gutachten.

Hinsichtlich des „Vereins zur Förderung der New Economy“ wurde in Bezug auf die Schenkungssteuer Folgendes festgehalten: Der „Verein zur Förderung der New Economy“ ist auf Grund der Statuten und der tatsächlichen Geschäftsführung nicht gemeinnützig, die Zuwendungen der Industriellenvereinigung wären daher nicht von der Schenkungssteuer befreit. Weiters wird ausgeführt: Es liegt allerdings weder eine Schenkung noch eine freiwillige Zuwendung vor, weil es an der Schenkungsabsicht fehlt. Diese fehlt deshalb, weil die Industriellenvereinigung die Zuwendung im Rahmen ihres Statutenauftrages getätigt hat. Im Ergebnis besteht daher keine Schenkungs­steuerpflicht.

Zur Körperschaftssteuer wird in diesem Überprüfungsergebnis ausgeführt: Grundsätz­lich ist der „Verein zur Förderung der New Economy“ mangels Gemeinnützigkeit kör­perschaftssteuerpflichtig. Die Zuwendung der Industriellenvereinigung an den Verein ist allerdings nicht steuerpflichtig, weil der Verein der Industriellenvereinigung keine Gegenleistung erbracht hat. Sonstige körperschaftssteuerpflichtige Tätigkeiten des Vereins konnten nicht festgestellt werden.

Dritter Punkt: die Umsatzsteuer. Der „Verein zur Förderung der New Economy“ ist grund­sätzlich auch umsatzsteuerpflichtig, besagt das Ergebnis. Die hier geflossenen Zuwendungen sind jedoch mangels Vereinbarung einer Gegenleistungen nicht um­satzsteuerpflichtig. Dem Verein steht auch kein Vorsteuerabzug zu. Das heißt, die für die Erstellung der Homepage dem Verein berechneten Kosten sind von diesem brutto


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zu tragen. Sonstige umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten des Vereins konnten nicht fest­gestellt werden.

Zu meiner Person besagt das Ergebnis der Finanzämter Folgendes:

Einkommensteuer: Bei Herrn Bundesminister Grasser liegt in der Nutzungsmöglichkeit der dem Verein gehörenden Homepage ein Vorteil aus seinem Dienstverhältnis vor. Es ist dabei nicht von Bedeutung, dass ihm dieser Vorteil nicht vom Dienstgeber, sondern von dritter Seite, also vom Verein, zukommt, es ist allerdings zu betonen, dass die Nut­zung der Homepage durch die Person Karl-Heinz Grasser als Bundesminister und Politiker erfolgt. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die Homepage ein Hobby im privaten Lebensbereich des Herrn Bundesministers darstellt.

Ein derartiger Vorteil aus dem Dienstverhältnis ist daher im Ergebnis beim Politiker Grasser nicht steuerpflichtig, weil dem Vorteil aus dem Dienstverhältnis Werbungs­kosten gegenüberstehen. Anders wäre es zu beurteilen gewesen, wenn es sich um einen privaten Vorteil handelte. Ähnlich ist es bei einem Fahrzeug, das der Arbeitgeber einem Angestellten zur Nutzung überlässt. Fährt der Angestellte damit nur beruflich, dann ist die Fahrzeugnutzung kein steuerlicher Sachbezug, darf er dagegen auch privat fahren, liegt ein steuerpflichtiger Sachbezug vor.

Zu den damaligen Schlussfolgerungen: Die Abgabenbehörden kommen zum Schluss, dass weder dem „Verein zur Förderung der New Economy“ noch Herrn Bundesminister Grasser abgabenrechtliche Verfehlungen anzulasten sind. Und dieses Ergebnis ist in einem Verfahren zu Stande gekommen, bei dem ich selbst – selbstverständlich! – von Beginn an gesagt habe, dass ich alle Weisungsbefugnisse in diesem Zusammenhang zurücklege und Alfred Finz ersuche, den Kontakt mit den Behörden zu machen. Alfred Finz hingegen hat mehrfach erklärt, dass er den Behörden nur den Auftrag gegeben hat, das im Detail, umfassend und objektiv zu prüfen, ihn gar nicht in diese Prüfung einzubinden, ihm auch nicht darüber zu berichten, sondern ihm erst am Ende das Ergebnis auf den Tisch zu legen.

Ich nehme das einfach für die ungefähr zehn Mitarbeiter und die zwei Finanzämter in Anspruch, dass man sagt, wir sollten doch das Vertrauen in die Behörden, in diese zwei Finanzämter, in diese zehn Mitarbeiter haben – auch dann, wenn Ihnen das Ergebnis nicht passt. Hier hat man korrekt geprüft, hier ist man im Detail vorgegangen. Das Ergebnis ist: Es ist kein steuerliches Vergehen.

Ich bitte, dass man, falls Sie auch an dieses Ergebnis nicht glauben sollten, eine solche Sache nicht völlig unkoordiniert angeht. Selbstverständlich habe ich, als mir der Verein sagte, wir wollen eine Homepage machen und wir wollen dich dabei als Leit­person haben, dem Verein gesagt: Prüft das in allen rechtlichen Fragen auf und nieder, damit völlig klar ist, dass hier zu 100 Prozent rechtlich korrekt gehandelt wird! Des­wegen hat mich auch das Ergebnis überhaupt nicht überrascht, weil von Beginn an klar war, dass man hier absolut korrekt vorgegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Zu den Fragen 12 und 13:

Ich hoffe, Herr Professor, dass es Ihnen nicht Leid tut, dass Sie so detailliert gefragt haben. Ich bitte um Verständnis, dass ich so ausführlich bin, aber ich habe gedacht, da man im Nationalrat den Eindruck hatte, ich sei nicht besonders auskunftsfreudig, ich sage Ihnen heute alles bis ins letzte Detail. (Bundesrat Konecny: Sie haben uns schon viel verraten! Das ist hoch interessant! Bitte weiter so! Bleiben Sie so detailliert!) – Es freut mich sehr, wenn ich Sie hier gut unterhalten kann. (Bundesrat Konecny: Das glaube ich nicht!)


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Also zu den Fragen 12 und 13: Anlässlich der Beantwortung der Fragen 19 bis 22 der Dringlichen Anfrage vom 17. Juni 2003, Nummer 535/J, sowie der schriftlichen Anfrage vom 17. Juni 2003, Nummer 536/J, Fragen 5 bis 7, und der Dringlichen Anfrage vom 23. Juni 2003, Nummer 2075/J/BR, Frage 10, habe ich zu diesem Themenkreis schon einiges ausgeführt. Sie sehen, ich stehe nicht zum ersten Mal zur Beantwortung einer Dringlichen Anfrage hier. Ich bekomme eine gewisse Routine. (Bundesrat Konecny: Ich war nicht ganz unschuldig daran! Ich weiß!) – Ja, aber von der Anfragedichte her hätten Sie da durchaus mehr machen können. (Bundesrat Konecny: Wenn Sie Be­schwerden haben, Herr Minister, sie werden angenommen!) – Ich stehe Ihnen immer gerne zur Verfügung, Herr Professor.

Ich darf das noch einmal zitieren: Es ist die Aufgabe meiner Kabinettsmitarbeiter, politische Arbeit zu leisten, wie dies auch bei meinen Amtsvorgängern der Fall war. Ich sehe keinen Unterschied darin, ob sie dies in der Form tun, dass sie einen Artikel für ein Printmedium verfassen oder einen Beitrag in einem neuen zukunftsweisenden Medium wie dem Internet erarbeiten.

Nach § 48 f Abs. 2 Z 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 sind Mitarbeiter im Kabinett eines Bundesministers, sofern sie Beamte sind, vom Großteil der ein­schränkenden Dienstzeitbestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes aus 1979 insoweit ausgenommen, als diese den Besonderheiten der Tätigkeit im Büro eines Bundesministers zwingend entgegenstehen. Das bedeutet also, dass sie keinem fixen Dienstplan unterliegen. Somit ist auf diese Bediensteten auch nicht die generelle Dienst­zeitregelung des Ressorts anwendbar.

Das bedeutet, wie ich schon in meiner Beantwortung der Dringlichen Anfrage im Na­tionalrat am 17. Juni 2003 dargelegt habe, dass die Mitarbeiter meines Büros ihre Arbeitsleistung je nach Arbeitsanfall erbringen und nicht zu bestimmten Uhrzeiten.“

Ich füge hinzu: Sie können sicher sein, dass sie ziemlich eingespannt sind und sehr viel zu tun haben.

„Diese Regelungen unterscheiden sich nicht von jenen meiner Amtsvorgänger oder jenen, die in anderen Ministerbüros in Geltung stehen.“

Ich hoffe, dass Sie mit diesen Ausführungen mit den Hinweisen auf die anderen Beantwortungen zufrieden sind.

Zu den Fragen 14 und 15:

Selbstverständlich gilt die Amtsverschwiegenheit der Mitarbeiter des BMF auch gegenüber privaten Vereinen. Gemäß § 46 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes ist der Beamte „über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt­gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffent­lichen Rechts zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amts­ver­schwiegenheit).“ – Das ist ein sehr einfach gefasster Text, wie Sie merken.

Da der „Verein zur Förderung der New Economy“ als Leitprojekt – wie ich gesagt ha­be – unter anderem die Entwicklung einer Homepage zum Inhalt hatte – mit der Leitperson meiner Wenigkeit –, ist es nur natürlich, dass er Tätigkeiten und Erfolge des Bundesministers für Finanzen beschreibt.

Wenn Sie sich die Homepage anschauen, sehen Sie dort Informationen zur Steuer­reform, zum Nulldefizit, zur Kapitalmarktpolitik und zu vielen anderen Dingen mehr


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dargestellt. Mir ist nicht bekannt, dass der Verein jemals etwas veröffentlicht hätte, was im öffentlichen Interesse geheim gehalten werden müsste, sondern dass er nur Dinge beschreibt, deren Verbreitung im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit des Bundsministe­riums für Finanzen ist. Aus diesem Grund sind auch keine Maßnahmen zu setzen.

Zu den Fragen 16 und 17:

Da auf der Homepage des Vereins keine Originaltöne von Pressekonferenzen des Bundesministeriums für Finanzen enthalten sind, kann ich ausschließen, dass Mitarbeiter des Bundesministeriums für Finanzen derartige Mitschnitte gemacht haben. Es sind daher keine Kosten für den Steuerzahler angefallen. Die von Ihnen erwähnten Originaltöne kommen so zustande, dass ein Mitglied des Vereins mit mir regelmäßig Interviews abhält, mir ein Mikrophon unter die Nase hält, ich etwas dazu sage und das Ganze dann in elektronischer Form auf die Homepage gebracht wird. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. – Bundesrat Konecny: Denselben Text wie bei der Pressekon­ferenz! – Bundesrat Schennach: Ein nettes Vereinsleben!) – Wenn Sie einen kon­struktiven, sachlichen Beitrag haben, Herr Professor, lade ich Sie ein, auch einmal einen O-Ton für die Homepage abzugeben, wenn das in Ihrem Interesse ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Bachner: Das ist ein interessanter Aspekt!)

Ich müsste allerdings mit den Vereinsmitgliedern sprechen, ob das auch in deren Inter­esse ist. Aber ich denke, dass die politische Pluralität in jedem Fall gegeben sein wird.

Zu den Fragen 18 bis 24:

Bezug nehmend auf die OTS-Aussendungen, die unter der Kennung des Bundes­ministeriums für Finanzen betreffend die KHG-Homepage und den „Verein zur För­derung der New Economy“ ausgesendet wurden, möchte ich Folgendes mitteilen: Im Zeitraum vom 21. November 2002 bis einschließlich 28. Jänner 2004 wurden 18 OTS-Aussendungen mit insgesamt 345 Zeilen versen