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736. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 6. Juli 2006

 

 


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736. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 6. Juli 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 6. Juli 2006: 9.04 – 16.07 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Öster­reich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

4. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungs­ge­setz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994, das Heeresgebühren­gesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Waffengebrauchs­ge­setz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisationsgesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungsdokumen­tationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechtsbereinigungs­gesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006)

6. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Miet­rechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geän­dert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006)


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736. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energie­ausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG)

9. Punkt: Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwen­dende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

10. Punkt: Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht

11. Punkt: Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang

12. Punkt: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinar­ge­setz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeres­versor­gungsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 – WRÄG 2006)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geän­dert wird

18. Punkt: Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich

19. Punkt: Bundesgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“ (Ingenieur­gesetz 2006 – IngG 2006)

20. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006)


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736. Sitzung / Seite 3

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahn­gesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesell­schaft“ geändert werden

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Gottfried Kneifel ............................................. 12

Erklärung des Landeshauptmannes von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR zum Thema „Zukunftschance Föderalismus aus der Sicht Oberösterreichs“ – Bekanntgabe                16

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 GO-BR ....................... 15

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer .................................................................... 16

Debatte:

Johann Kraml................................................................................................................ 20

Mag. Bernhard Baier..................................................................................................... 22

Dr. Ruperta Lichtenecker............................................................................................. 23

Ing. Siegfried Kampl..................................................................................................... 26

Harald Vilimsky............................................................................................................. 26

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Fragestunde (122.)

Bildung, Wissenschaft und Kultur ............................................................................. 29

Ewald Lindinger (1520/M-BR/06); Martina Diesner-Wais, Elisabeth Kerschbaum, Peter Mitterer

Josef Saller (1515/M-BR/06); Maria Mosbacher, Dr. Ruperta Lichtenecker

Eva Konrad (1518/M-BR/06); Adelheid Ebner, Günther Köberl

Ana Blatnik (1521/M-BR/06); Michaela Gansterer, Stefan Schennach

Dr. Andreas Schnider (1516/M-BR/06); Dr. Erich Gumplmaier, Stefan Schennach

Ing. Siegfried Kampl (1519/M-BR/06); Eva Konrad, Erwin Preiner, Franz Wolfinger

Maria Mosbacher (1522/M-BR/06); Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg, Stefan Schennach

Karl Bader (1517/M-BR/06); Helmut Wiesenegg, Dr. Ruperta Lichtenecker, Harald Vilimsky

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 41


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736. Sitzung / Seite 4

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 42

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 42

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesund­heitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1414 d.B. und 1495 d.B. sowie 7539/BR d.B. und 7601/BR d.B.) ................................................................................... 43

Berichterstatter: Dr. Erich Gumplmaier ...................................................................... 43

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1430 d.B. und 1496 d.B. sowie 7602/BR d.B.)              ............................................................................................................................... 43

Berichterstatter: Dr. Erich Gumplmaier ...................................................................... 43

Redner/Rednerinnen:

Edgar Mayer................................................................................................................... 43

Ing. Reinhold Einwallner.............................................................................................. 47

Dr. Ruperta Lichtenecker............................................................................................. 50

Mag. Wolfgang Erlitz..................................................................................................... 51

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 55

Sissy Roth-Halvax......................................................................................................... 56

Mag. Gerald Klug.......................................................................................................... 57

Antrag der Bundesräte Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärzte­gesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechts­änderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006), (1414 d.B. und 1495 d.B. sowie 7539/BR d.B. und 7601/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Abstimmung erübrigt sich .... 47, 59

Antrag der Bundesräte Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheits­förde­rungsgesetz geändert werden (1430 d.B. und 1496 d.B. sowie 7602/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Abstimmung erübrigt sich ................................................  47, 59

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vor­lie­gen­den Beschluss des Nationalrates einen begründeten Einspruch zu erheben ............................................... 59


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736. Sitzung / Seite 5

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­gen­den Beschluss des Nationalrates einen begründeten Einspruch zu erheben ............................................... 59

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (822/A und 1545 d.B. sowie 7603/BR d.B.) ........ 59

Berichterstatter: Edgar Mayer ....................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Manfred Gruber............................................................................................................. 60

Martina Diesner-Wais................................................................................................... 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 61

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1329 d.B. und 1547 d.B. sowie 7604/BR d.B.) ...... 62

Berichterstatter: Edgar Mayer ....................................................................................... 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 62

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechts­vorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungs­ge­setz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994, das Heeresgebühren­gesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allge­meine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Ausschreibungs­gesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Arbeitsmarktförderungs­gesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisationsgesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflicht­gesetz 1985, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz geändert werden (Deregulierungs­gesetz 2006 – DRG 2006) (1410 d.B. und 1549 d.B. sowie 7584/BR d.B.) .................. 62

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ......................................................................... 62

Redner:

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 64

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll (1355 d.B. und 1474 d.B. sowie 7586/BR d.B.) ..................... 65

Berichterstatter: Edgar Mayer ....................................................................................... 65

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss


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736. Sitzung / Seite 6

des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen ......................................... 65

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1183 d.B. und 1530 d.B. sowie 7587/BR d.B.) ...................................................................................... 65

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug .............................................................................. 66

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bun­desgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energie­ausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG) (1182 d.B. und 1531 d.B. sowie 7588/BR d.B.) ............................................................................................................................... 66

Berichterstatterin: Martina Diesner-Wais ..................................................................... 66

Redner/Rednerinnen:

Helmut Kritzinger.......................................................................................................... 66

Gabriele Mörk................................................................................................................ 68

Stefan Schennach......................................................................................................... 70

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 72

Elisabeth Kerschbaum................................................................................................. 75

Wolfgang Schimböck................................................................................................... 75

Berichterstatter Mag. Gerald Klug (Schlusswort) ..................................................... 78

Antrag der Bundesräte Helmut Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Land­pachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006), (1183 d.B. und 1530 d.B. sowie 7587/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Abstimmung erübrigt sich .......................  68, 79

Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen im österreichischen Wohnrecht – Annahme (E 215-BR/06)           76, 79

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates einen begründeten Einspruch zu erheben ............................................... 79

Antrag der Bundesräte Helmut Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG), (1182 d.B. und 1531 d.B. sowie 7588/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Abstimmung erübrigt sich ............  68, 79

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, hinsichtlich des Beschlusses des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungs­objekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG), (1182 d.B. und 1531 d.B.


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736. Sitzung / Seite 7

sowie 7588/BR d.B.), gemäß § 51 Abs. 1 GO-BR zur Tagesordnung über­zugehen – Annahme .................................  69, 79

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slo­wenien und der Slowakischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuld­verhältnisse anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (1162 d.B. und 1525 d.B. sowie 7589/BR d.B.) ............................................................. 79

Berichterstatterin: Gabriele Mörk ................................................................................. 79

Redner/Rednerinnen:

Ing. Siegfried Kampl..................................................................................................... 80

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 81

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 81

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (1345 d.B. und 1526 d.B. sowie 7590/BR d.B.) .................. 82

Berichterstatterin: Gabriele Mörk ................................................................................. 82

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend Zivil­rechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang (1330 d.B. und 1527 d.B. sowie 7591/BR d.B.) ............................................................. 82

Berichterstatterin: Gabriele Mörk ................................................................................. 82

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Hand­lungen (1163 d.B. und 1528 d.B. sowie 7592/BR d.B.)               ............................................................................................................................... 82

Berichterstatterin: Gabriele Mörk ................................................................................. 82

Redner/Rednerinnen:

Johann Giefing.............................................................................................................. 83

Dr. Franz Eduard Kühnel.............................................................................................. 84

Stefan Schennach......................................................................................................... 86

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 3. dem Beschluss des National­rates im Sinne des Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 4. gegen den Beschluss


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des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staats­vertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben        ............................................................................................................................... 89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 90

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird (760/A und 1552 d.B. sowie 7582/BR d.B. und 7598/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 90

Berichterstatter: Johann Giefing .................................................................................. 90

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Muni­tions­lagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeres­versor­gungsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 – WRÄG 2006) (828/A und 1553 d.B. sowie 7583/BR d.B. und 7599/BR d.B.) ........................................................ 90

Berichterstatter: Johann Giefing .................................................................................. 90

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach......................................................................................................... 91

Günther Köberl.............................................................................................................. 91

Bundesminister Günther Platter ................................................................................ 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 95

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 95

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechts­ge­setz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrver­pflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1417 d.B. und 1550 d.B. sowie 7585/BR d.B.) ................................................................................................................. 95

Berichterstatter: Franz Perhab ...................................................................................... 95

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 96

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1364 d.B. und 1480 d.B. sowie 7593/BR d.B.)      ............................................................................................................................... 96


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736. Sitzung / Seite 9

Berichterstatterin: Ana Blatnik ...................................................................................... 96

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (1392 d.B. und 1481 d.B. sowie 7581/BR d.B. und 7594/BR d.B.) ................................................................................................................. 96

Berichterstatterin: Ana Blatnik ...................................................................................... 96

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 97

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 97

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Ge­walttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich (1445 d.B. und 1478 d.B. sowie 7595/BR d.B.) ............................................................. 97

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................... 97

Redner/Rednerinnen:

Waltraut Hladny............................................................................................................. 97

Franz Wolfinger............................................................................................................. 98

Eva Konrad.................................................................................................................... 99

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek ....................................................................... 100

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegen­ständ­lichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben....................................................................................................................................... 101

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bun­desgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“ (Ingenieurgesetz 2006 – IngG 2006) (1431 d.B. und 1454 d.B. sowie 7596/BR d.B.) ............................................................................................................... 101

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 102

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen (1390 d.B. und 1455 d.B. sowie 7597/BR d.B.) ....................................................................................................................................... 102

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechts­gesetznovelle 2006) (1356 d.B. und 1488 d.B. sowie 7600/BR d.B.) ............................................................................................................... 103

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg .......................................................................... 103

Redner/Rednerinnen:

Martina Diesner-Wais................................................................................................. 103

Maria Mosbacher......................................................................................................... 104

Ing. Siegfried Kampl................................................................................................... 106

Elisabeth Kerschbaum............................................................................................... 107


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Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 109

Antrag der Bundesräte Martina Diesner-Wais, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechts­gesetz­novelle 2006), (1356 d.B. und 1488 d.B. sowie 7600/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Abstimmung erübrigt sich  104, 110

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates einen begründeten Einspruch zu erheben ............................................................................. 109

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1412 d.B. und 1501 d.B. sowie 7605/BR d.B.)           ............................................................................................................................. 110

Berichterstatterin: Maria Mosbacher .......................................................................... 110

Redner/Rednerinnen:

Helmut Kritzinger ..............................................................................................  110, 115

Karl Boden................................................................................................................... 111

Edgar Mayer................................................................................................................. 112

Elisabeth Kerschbaum............................................................................................... 114

Werner Stadler............................................................................................................. 116

Dr. Franz Eduard Kühnel............................................................................................ 118

Stefan Schennach....................................................................................................... 118

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 121

Antrag der Bundesräte Helmut Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bun­desgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1412 d.B. und 1501 d.B. sowie 7605/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Abstimmung erübrigt sich ............................................  118, 124

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates einen begründeten Einspruch zu erheben ............................................................................. 124

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Infrastrukturoffensive der ÖBB (2416/J-BR/06)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die betriebliche Gesundheitsvorsorge (2417/J-BR/06)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend den AIST-Standort (2418/J-BR/06)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend den Stellenwert der Kreativwirtschaft (2419/J-BR/06)


Bundesrat
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Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Zusammenlegung der Dritten Klassen des Schuljahres 2006/07 an der Volksschule Reutte (2420/J-BR/06)

Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe Reutte (2421/J-BR/06)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 53 Abs. 3a Sicherheits­polizei­gesetz SPG (2204/AB-BR/06 zu 2400/J-BR/06)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umorganisationen im Gesundheitswesen“ (2205/AB-BR/06 zu 2399/J-BR/06)


09.04.28


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich eröffne die 736. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 735. Sitzung des Bundesrates vom 9. Juni 2006 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Verhindert sind heute die Mitglieder des Bundesrates Mag. Neuwirth, Molzbichler und Einwallner.

09.05.02Antrittsansprache des Präsidenten

 


9.05.03

Präsident Gottfried Kneifel: Sehr geschätzter Herr Landeshauptmann Dr. Josef Püh­ringer! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Liebe Gäste! Sitzungen wie die heutige sind für Oberösterreich nicht alltäglich: Nach viereinhalb Jahren wird die Präsidentschaft im Bundesrat wieder an unser Bundesland übergeben. Für mehrere Mitglieder in diesem Haus ist dieser Wechsel schon Routine, für die an Dienstjahren Jüngeren ein seltenes Ereignis. Für mich ist dies ein festliches, ein freudiges und jedenfalls ein Ereignis von besonderer Qualität.

Mein Dank gilt vor allem dem Landeshauptmann von Oberösterreich und Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz Dr. Josef Pühringer, der heute ins Parlament gekom­men ist und zum Thema „Zukunftschance Föderalismus aus der Sicht Oberösterreichs“ sprechen wird. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Landeshauptmann, unser gemeinsamer Empfang gestern in der Säulenhalle war ein starkes Zeichen der Präsenz unseres Bundeslandes Oberösterreich und ein unübersehbares Signal des Föderalismus, ein Lebenszeichen der Bundesländer in unserem Bundesstaat. Ich bedanke mich auch namens aller Bundesrätinnen und Bundesräte für die gestrige Teilnahme an diesem Fest. Ihnen allen einen herzlichen Dank!

Der Bundesrat, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht nur formal Bestand­teil und eine starke Säule der österreichischen Verfassung, sondern auch wichtiger Ausdruck und Symbol des Föderalismus in Österreich. Föderalismus heißt: ja zur Subsidiarität, ja zur Gewaltenteilung, ja zu mehr Wettbewerb, ja zum Prinzip der Regionalität, ja zu mehr Identität, ja zum positiven Heimatbegriff, ja zu Patriotismus und vor allem ja zu mehr Bürgernähe!

Der Bundesrat ist stets in Diskussion und wird immer wieder in Frage gestellt, und das nicht immer nur von außen, sondern auch durch Debatten, die wir selbst initiiert haben, so beispielsweise durch den Prozess im Österreich-Konvent.

Es soll in Erinnerung gerufen werden, dass es die Bundesländer waren, die die Re­publik nach dem Krieg wieder aufgebaut und belebt haben und schon vor der Grün­dung der Republik Bestand und lange Tradition hatten. Die Regionen, die Bun­desländer haben bereits vor der Gründung der Republik die politischen Bedürf­nisse und Anliegen ihrer BürgerInnen geregelt.

Das Zweikammersystem ist deshalb von den Gründervätern der Republik und dem Gestalter unserer Verfassung Hans Kelsen nach deren Willen festgeschrieben und beschlossen worden, weil sie dokumentieren wollten, dass in unserer Republik Länder und Bund eine Einheit bilden; was unter anderem auch durch das Anbringen der Flagge des jeweiligen Vorsitzlandes auf diesem Gebäude symbolisiert werden soll. Allein durch seine Existenz weist der Bundesrat ständig auf die neun Bundesländer


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hin. Allein durch die Existenz des Bundesrates werden viele Gesetze föderalistischer, weniger zentralistisch und somit bürgernäher formuliert.

Freilich kann und muss man über alles in der Demokratie diskutieren, etwa darüber, wie viele Abgeordnete zum Nationalrat, wie viele Mitglieder des Europäischen Parla­ments, wie viele Landtagsabgeordnete und wie viele Mitglieder im Bundesrat not­wendig sind, eines allerdings steht fest: Eine repräsentative Demokratie braucht Repräsentanten; der Staat braucht auch Gesichter, möglichst hochwertige und mög­lichst gut qualifizierte. Der Bürger und die Bürgerin stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit, deren Interessen, Sorgen, Hoffnungen, Sehnsüchte und Wünsche sind Anlass, Ziel und eigentlicher Sinn unserer Arbeit als Abgeordnete in diesem Haus oder anderen Häusern.

Zugegeben, wir sind nur Teil und Etappe im Prozess der österreichischen Gesetz­gebung. Es ist aber doch eigenartig, dass Kritiker des Bundesrates, gewollt oder ungewollt, ausschließlich die Arbeit hier in diesem Saal hinterfragen, negativ bewerten oder überhaupt in Frage stellen. Die Arbeit in der Gesetzgebung ist ja nur der Abschluss eines längeren Prozesses, eines Prozesses, dem immer eine Informations- und Bewertungsphase vorangegangen ist.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht, aber ich glaube, dass Sie ähnlich denken. Die Arbeit eines Abgeordneten beginnt keineswegs beim Eingang ins Parlament durch die Sicherheitsschleuse und endet keineswegs beim Ausgang durch dieselbe. Abge­ordneter und damit Repräsentant dieses Staates in seiner demokratischen Ausformung ist jeder von uns, und das zumeist rund um die Uhr.

Ebenso sind wir als Bundesräte Sensoren für Themen, die unsere Wählerinnen und Wähler in den Ländern, Regionen, in den Bezirken, im Wahlkreis oder in der jeweiligen Heimatgemeinde bewegen. Jeder gute Abgeordnete ist Vermittler, Interpret, Bewerter, Problemlöser, oft auch Antreiber – jedenfalls immer Begleiter im demokratischen Prozess. Jeder und jede von Ihnen in diesem Hause ist auch Brückenbauer zwischen Vereinen oder Einzelpersonen, zwischen Verbänden, Institutionen, Kammern und Interessenvertretungen und der Gesetzgebung im Parlament.

Als Mitglieder des Bundesrates sind wir Repräsentanten des demokratischen Staates bei bilateralen und multilateralen offiziellen Kontakten, Konferenzen und Tagungen, als Vorsitzende von Ausschüssen oder als einfache Mitglieder in demokratischen Gremien. Wir sind Interpreten der Politik, Aufklärer von vermeintlich schwierigen Zu­sam­menhängen und Sachverhalten, ja oft auch Vortragende für Staatsbürgerkunde, wenn ich nur an die zahlreichen Führungen im Parlament bei Veranstaltungen, Ver­sammlungen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Anlässen denke.

Als Mitglieder des Bundesrates sind wir auch Repräsentanten des Staates, auch als Vertreter von Regierungsmitgliedern oder des jeweiligen Landeshauptmannes bei Veranstaltungen etwa. Bei all diesen Anlässen ist mir noch nie die Frage gestellt worden – und ich glaube, auch Ihnen nicht –, ob Österreich zu viele Abgeordnete hat. Als Mandatare, im konkreten Fall als Mitglieder des Bundesrates, überbringen wir den Dank der Republik, des zuständigen Regierungsmitgliedes, des Bundes oder des Landes an die Körperschaften und Vereine, an zahllose ehrenamtlich Tätige, beispiels­weise beim Roten Kreuz, bei der Feuerwehr, bei sozialen, kulturellen, karitativen Organisationen und anderen Initiativen.

Als Mitglieder des Bundesrates sind wir sowohl in den Landtagsklubs und im jeweiligen Landtag als auch im Nationalratsklub und somit in der Bundesgesetzgebung stark verankert und über die aktuellen Themen und Gesetzesmaterien sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene ausreichend informiert.


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Diese Liste der umfassenden Arbeit von Mitgliedern des Hauses – willkürlich aus­gewählt – entspringt meiner eigenen politischen Tätigkeit, die nach einem Vortrag des legendären ÖVP-Bildungssprechers, Leiters des Bildungshauses Puchberg bei Wels und seinerzeitigen Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Josef Gruber, bei einer Schüler­veranstaltung in dem einst auch von mir besuchten Gymnasium im Stift Kremsmünster 1966 begonnen hat.

Ja, es stimmt, der Bundesrat hat seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahre 1995 zusätzliche Aufgaben, und an dieser Stelle sei die selbstkritische Frage erlaubt, ob wir diese neue Kompetenz in Europafragen in der Vergangenheit auch mit dem erforderlichen Engagement wahrgenommen haben.

Wer kann diese Vermittlungs- und Drehscheibenfunktion des Bundesrates sowohl als Kollegialorgan als auch als Einzelmandatar besser wahrnehmen als ein Mitglied dieses Hauses? Stichworte dazu sind: Subsidiarität, Wettbewerb der Regionen und die ver­gangene Konferenz „Europa fängt zu Hause an“. Zu einem gemeinsamen friedlichen Europa gibt es eigentlich keine ernst zu nehmende Alternative.

Wir haben als Mitglieder des Bundesrates eine Schlüsselfunktion bei der Bildung von Vertrauen, bei der Herstellung von mehr Verlässlichkeit und bei der Übermittlung von Qualitätsinformationen, bei der Weiterentwicklung unseres Kontinents Europa. Sind wir bisher dieser Verantwortung in vollem Ausmaß gerecht geworden? Haben wir alles getan, um unsere Bürgerinnen und Bürger zu informieren und aufzuklären, um mit­zuhelfen, ihnen eine friedliche, chancenreiche und vor allem sozial abgesicherte Zukunft auf dem lebenswertesten Kontinent der Welt, nämlich Europa zu erhalten?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb ist es ein wichtiges Ziel meiner Präsidentschaft, eine österreichische Europa-Konferenz einzuberufen. Dazu werde ich alle Akteure der Europapolitik in Österreich einladen: die zuständigen Abgeordneten aus Nationalrat und Bundesrat, alle österreichischen Mitglieder des Europäischen Par­laments, die Vorsitzenden der EU-Ausschüsse, der Landtage, die mit Europa-Agenden befassten Mitglieder der Landesregierung, die österreichische EU-Kommissarin, die Bundesministerin für Europa-Angelegenheiten, um nur die wichtigsten zu nennen.

Ziel dieser nationalen österreichischen Europa-Konferenz ist es, über das aktuelle zukünftige Programm der Kommission zu informieren, den gemeinsamen öster­reichischen Nenner und Mehrwert für unser Land zu definieren und schließlich eine gemeinsame Strategie zu erarbeiten, damit jeder Akteur der Europapolitik in Österreich seine Rolle für unser Land noch besser erfüllen kann. (Allgemeiner Beifall.)

Gerade nach der erfolgreichen EU-Ratspräsidentschaft sollen der Schwung und die Dynamik für Europa weitergeführt werden. Gegenseitige Abstimmung, die Information über zukünftige Schwerpunkte der Arbeit der EU-Kommission, Ermutigung und Moti­vation und Ausarbeitung einer gemeinsamen österreichischen Strategie in der Euro­papolitik sind Schwerpunkte dieser Europa-Konferenz.

Zweites Ziel meiner Präsidentschaft ist das Thema „Nachbarschaftspolitik“ als per­sonelle Ergänzung zum Thema „Europa“. Kontakte mit Nachbarn bedürfen ständiger Wartung und intensiver Pflege, so wie dies auch im kleinen Bereich, von Haus zu Haus, von Wohnung zu Wohnung, von Ortschaft zu Ortschaft, sinnvoll ist. Das soll keineswegs eine Abwertung von Kontakten mit Nachbarn in anderen Kontinenten oder anderen Politikschwerpunkten sein, aber ich will bewusst Prioritäten setzen.

Drittes Ziel meiner Präsidentschaft ist es, die Ergebnisse des Verfassungs-Konvents, Fragen der Verwaltungsreform, des Bürokratieabbaus zu aktualisieren und zu the­matisieren mit dem Ziel, neue Spielräume für aktuelle Herausforderungen für Bund, Länder und Gemeinden zu gewinnen und in weiterer Folge auch Potentiale für die


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Entlastung von Bürgern, Betrieben, Pendlern, Arbeitnehmern zu erhalten. Das alles kann aber nur über eine neue Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden erreicht werden. Sie alle wissen, dass die Ergebnisse des Konvents der­zeit in der Tischlade ruhen; ich glaube, dass nach dem Wahltermin im Herbst neue Chancen für eine Belebung dieses Paketes bestehen, und dafür sollten wir gerüstet sein.

Es ist das Verdienst meiner Vorgängerin, Präsidentin Sissy Roth-Halvax, dass sich die Mitglieder des Bundesrates quer durch alle Fraktionen zu einer ganztägigen Arbeits­klausur zusammengefunden haben. Dabei wurden beachtliche Perspektiven und Chancen für unsere zukünftige Arbeit als Mandatare dieses Hauses erarbeitet. Jetzt geht es darum, diese Vorschläge zu reihen, Prioritäten zu setzen und weitgehend zu verwirklichen, denn es gilt auch hier der Grundsatz: Erfolgreich ist, wer umsetzt! – Auch dieser Aufgabe will ich mich in den nächsten Monaten widmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer! Das sind Grundzüge meines Programms für die kommenden sechs Monate. Ich werde es nicht leicht haben, die Qualitäts- und Quantitätsstandards, die meine Vorgängerin Sissy Roth-Halvax vorgegeben hat, zu erreichen. Ein herzliches Dankeschön an meine Vorgängerin Sissy Roth-Halvax für ihre Leistungen auf diesem Gebiet! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie, unabhängig vom jeweiligen Parteistandpunkt, herzlich zur Zusammenarbeit ein. Bemühen wir uns, unabhängig von den unterschiedlichen Programmen, bei der handwerklichen Tätigkeit als Mandatare Qualitätsarbeit zu leisten – zum Wohle unserer BürgerInnen, unserer Länder, unserer Republik, zum Wohle eines gemeinsamen Europas gemäß dem Satz, den uns ein oberösterreichischer Uhrmacher auf der Rückseite eines Ziffernblattes einer Turmuhr überliefert hat: Sind wir gut, sind die Zeiten gut!

Bemühen wir uns also, als Mandatare gute Arbeit zu leisten, dann werden auch die Zeiten für unsere Wählerinnen und Wähler gut. – Ich danke Ihnen herzlich. (Allge­meiner Beifall.)

9.20

Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes von Oberösterreich gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich gebe bekannt, dass mir der Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer mitgeteilt hat, am Beginn der Sitzung – vor der Fragestunde – eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bun­desrates zum Thema „Zukunftschance Föderalismus aus der Sicht Oberöster­reichs“ abgeben zu wollen.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann das Wort erteile, gebe ich weiters bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an diese Erklärung eine Debatte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich diesem entsprechen.

Ich erteile nunmehr dem Herrn Landeshauptmann das Wort.


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09.21.00Erklärung des Landeshauptmannes von Oberösterreich zum Thema „Zukunftschance Föderalismus aus der Sicht Oberösterreichs“

 


9.21.36

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerne mache ich von meiner Möglichkeit Gebrauch, heute aus Anlass der Amtsübernahme von Gottfried Kneifel als Präsident des Bundesrates zu Ihnen zu sprechen.

Ich überbringe zu dieser festlichen Stunde der Amtsübernahme die Grüße des Landes Oberösterreich und freue mich, dass einige Persönlichkeiten aus Oberösterreich mit mir als Gäste an dieser Bundesratssitzung teilnehmen. Es sind dies der Präsident der Bundeswirtschaftskammer Österreichs, auch ein Oberösterreicher, Dr. Christoph Leitl, die frühere Präsidentin des Bundesrates Barbara Pühringer und der frühere Abge­ordnete zum Nationalrat Hans Hofer.

Ganz besonders begrüße ich unter den Zuhörern aber auch die Kinder und Schwieger­kinder des Präsidenten Gottfried Kneifel, die an dieser Sitzung teilnehmen. (Allge­meiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein großer Oberösterreicher, der frühere Bun­despräsident Rudolf Kirchschläger, hat die österreichische Verfassung einmal „die Selbstdarstellung der Nation“ genannt. Zu unserer Selbstdarstellung gehört ganz selbstverständlich das föderative Prinzip, das Bekenntnis zu starken Bundesländern mit eigener Gesetzgebungskompetenz und auch das Bekenntnis zum Bundesrat als Teil der Bundesgesetzgebung.

Ich freue mich daher, dass ich anlässlich der Vorsitzübernahme des Bundeslandes Oberösterreich in der österreichischen Länderkammer durch Präsident Gottfried Kneifel hier im österreichischen Bundesrat als Landeshauptmann von Oberösterreich nun bereits zum fünften Mal das Wort ergreifen darf.

Vorweg darf ich dir, sehr geehrter Herr Präsident, lieber Freund und langjähriger Weg­gefährte, für deine Zeit der Vorsitzführung alles Gute und viel Erfolg an der Spitze der Länderkammer wünschen.

Hohes Haus! Ich bin überzeugt davon, dass Föderalismus und Subsidiarität aktueller denn je sind. Europaweit ist nicht nur ein neues Selbstbewusstsein der Regionen zu beobachten, auch die Zahl der Staaten nimmt zu, die den Föderalismus ausbauen. Denken wir an Italien im Jahr 2001, denken wir an Spanien, das jetzt begonnen hat, sich vom starken Zentralstaat der Franco-Jahre zu trennen, um föderale Strukturen einzuführen.

Österreich gehört gemeinsam mit Belgien und der Bundesrepublik Deutschland zu jenen EU Mitgliedstaaten, in denen die föderale Struktur am stärksten ausgeprägt ist, wobei die drei Föderalismusvorreiter in Europa auf sehr unterschiedliche Weise, das sei hier angeführt, zu diesem Architekturprinzip der Verfassung gekommen sind.

Belgien ist ein Sonderfall. Dort ist der Föderalismus eine unabdingbare Notwendigkeit, um einen Staat aus zwei verschiedenen Volksgruppen, den Flamen und den Wallonen, zusammenzuhalten.

Deutschland hat sich mit dem Grundgesetz 1949 starke föderale Strukturen gegeben. Das wurde den Deutschen aber in Wirklichkeit von den Westalliierten als Lehre aus der Geschichte aufgezwungen, eine Abkehr vom Zentralstaat.

Österreich dagegen hat sich völlig freiwillig für den Föderalismus entschieden. Auf­bauend auf einem Entwurf einer Expertengruppe unter Hans Kelsen und den Län-


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derkonferenzen von Linz und Salzburg wurde am 17. Oktober 1919 vereinbart, die Republik Österreich als Bundesstaat einzurichten.

Wir haben daher nicht nur eine große föderale Tradition, sondern wir haben die föderalen Strukturen auch selbst gewählt. Wir sind damals einen Weg gegangen, der heute in vielen anderen europäischen Ländern ebenfalls diskutiert und gegangen wird. Zu Recht hat Herr Präsident Kneifel darauf hingewiesen, dass es die Länder, und zwar zwei Mal, waren, die durch freiwilligen Zusammenschluss die Republik Österreich letztlich gegründet haben. Das noch einmal zu unterstreichen bin ich in diesem Hause auch meinem Rechtslehrer an der Universität Linz, Professor Schambeck, schuldig, der diesem Hause nicht unbekannt ist.

Meine Damen und Herren! Dass der Föderalismus in Europa zu immer mehr Ansehen kommt, hängt auch mit jener Entwicklung zusammen, die die Welt in den letzten Jahren genommen hat. Wir waren und sind inmitten einer großen Globalisierung. Das Leben der Menschen wird heute mehr denn je von internationaler Vernetzung geprägt. Und gerade in diesen Jahren der zunehmenden Globalisierung, in denen von jedem von uns Weltoffenheit gefordert wird, wird gleichzeitig ein anderes Bedürfnis der Menschen deutlich spürbar: der Wunsch nach Verwurzelung, nach Beheimatung, nach Identität.

Das Bedürfnis der Verwurzelung als Gegenprogramm zur Globalisierung bedeutet aber auch, dass das Interesse der Menschen für ihren eigenen Lebensraum, für ihre Region wieder steigt und dass möglichst viele Entscheidungen auch auf der regionalen Ebene getroffen werden müssen.

Wir brauchen daher den Föderalismus, um bei den Bürgern Akzeptanz für die Politik zu schaffen. Entscheidungen, die auf die Ebene von Gemeinden und Ländern herun­tergebrochen werden, werden eher verstanden und auch eher akzeptiert als Ent­scheidungen zentraler Instanzen. Föderalismus und Subsidiarität sind damit ein wir­kungsvolles Mittel gegen Politikverdrossenheit unserer Zeitgenossen.

Globalisierung und gemeinsamer europäischer Markt bringen aber noch ein weiteres Phänomen mit sich: Wirtschaftsräume werden vergleichbarer und treten zueinander in Konkurrenz. Der dienstälteste Regierungschef Europas, Jean-Claude Juncker, der Luxemburger Premierminister, hat bereits Ende der neunziger Jahre darauf hin­gewiesen, dass der wirtschaftliche Wettbewerb im 21. Jahrhundert in erster Linie ein Wettbewerb der Regionen Europas sein wird.

Für diesen Wettbewerb haben jene Regionen die besseren Voraussetzungen, die mög­lichst große Spielräume zur Attraktivierung des eigenen Wirtschaftsstandortes haben. Es wäre nämlich ein fataler Irrtum zu glauben, jede eigenständige Wirtschaftspolitik würde sich aufhören, weil durch den Euro die nationale Geldpolitik nicht mehr existent ist, weil die Spielräume bei der Fiskalpolitik durch Maßnahmen wie etwa den Stabili­täts­pakt immer kleiner werden. Darauf eine klare Antwort: Dann hört Wirtschaftspolitik nicht auf, sondern dann fängt sie erst an und wird umso wichtiger!

Wirtschaftspolitik wird – wie bereits in den letzten Jahren auch – künftig in erster Linie Standortpolitik sein. Wir müssen alles tun, um die Qualität des eigenen regionalen Wirtschaftsraumes zu verbessern. Dafür sind viele kleine Schritte notwendig, und sie sind auch möglich.

Wir in Oberösterreich gehen diesen Weg bereits seit vielen Jahren. Gleichzeitig ist uns aber auch bewusst, dass man diese Aufgabe nie endgültig erledigen kann, dass das ein Dauerprozess ist. Die Standortpolitik – ich meine hier insbesondere die um­fassende Infrastruktur, vom Verkehrsbereich bis zur Bildungslandschaft, bis zu For­schung und Entwicklung – muss laufend weiter optimiert werden.


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Hier haben Regionen in Staaten mit föderaler Struktur einen klaren Standortvorteil. Mit anderen Worten: Hier wird Föderalismus zum ganz konkreten Vorteil für die Bürger, denn Standortpolitik heißt Arbeitsplatz- und Wohlstandssicherung.

Föderalismus ist kein Luxus, auch das muss einmal ganz deutlich gesagt werden, weil immer wieder mit den Kosten argumentiert wird. Föderalismus ist kein Luxus, den sich manche Staaten leisten und manche nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Darauf hat der ehemalige Leiter des Wifo, Professor Kramer, wiederholt hingewiesen: dass letztlich immer zentrale Lösungen teurer sind als föderalistische Lösungen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Adressaten des föderalen Prinzips sind aber nicht nur die Länder, sondern auch der Bund und seine Organe. Bund und Länder bilden, wie bereits einleitend gesagt, eine historisch gewachsene Schicksals­gemein­schaft. Die Entscheidung zum Föderalismus ist bereits in den Jahren 1919 und 1920 gefallen und wurde 1945 aus freien Stücken erneuert – hier bedarf es keiner Grund­satzdebatte mehr.

Im gemeinsamen Haus müssen aber Fragen der Einrichtung und Fragen der Raum­verteilung immer möglich sein. Ich bedauere daher, dass im Zuge des Österreich-Konvents für eine Neugestaltung des föderalen Systems noch kein Konsens gefunden werden konnte. Das darf aber nicht das Ende der Diskussion sein!

Auch in Deutschland – ich erinnere daran – ist im Jahr 2004 eine Föderalismus-Reform gescheitert, und dennoch: Nach langen Verhandlungen haben es dort die derzeitigen Regierungsparteien nach den Wahlen geschafft, eine solche Reform durchzusetzen. Es ist gelungen, zahlreiche Kompetenzfelder klarer zuzuordnen und so den Ländern, aber auch der Bundesregierung wieder mehr Spielraum zu geben und Behinderungen und Blockademöglichkeiten abzuschaffen.

Diese notwendige Debatte sollten auch wir in Österreich nicht aus den Augen verlieren, und ich schlage vor – als ersten Schritt –, dass man jene Ergebnisse, über die hier in diesem Saal im Konvent Einvernehmen erzielt wurde, die außer Streit stehen, unmittelbar nach den Wahlen in einem ersten Paket als Sofortmaßnahme umsetzt. Ich nenne zum Beispiel die Einführung der Briefwahl oder die fünfjährige Legislaturperiode des Nationalrates als durchaus konsensuale, sinnvolle Maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Mir ist es wichtig, die länger als ein Jahr dauernde intensive Arbeit des Konvents nicht einfach zu den Akten zu legen, sondern nach den Nationalratswahlen einen neuen Anlauf zu nehmen. – Dazu gehört auch die Zukunft des Bundesrates.

Ich wiederhole hier meine Forderung, dass der Bundesrat mehr als bisher als Länderkammer verstanden werden muss, denn nur dann hat er im Gesetz­gebungsverfahren eines föderalen Staates eine wirklich wichtige Funktion. Eine reine zweite Kammer ohne Prüfungsaufgaben aus föderaler Sicht wäre als Aufgabenprofil auf Dauer sicher zu wenig. Gerade in Zeiten der Globalisierung sollten Föderalismus und Subsidiarität ein wichtiges Prüfungskriterium darstellen.

Die Länder sind aber nicht nur aufgerufen, ihre Interessen auf der bundesstaatlichen Ebene einzufordern, sondern auch gegenüber der europäischen Ebene. Auch hier muss das Verhältnis zwischen den Ländern als Vertreter der Bürger und der Union neu geregelt werden.

Bekenntnisse zu einem Europa der Bürger gibt es genug. Das älteste ist übrigens heuer exakt 30 Jahre alt. Es war das Konzept zur Umwandlung der Gemeinschaft in eine Europäische Union, verfasst vom damaligen belgischen Premierminister Tinde­mans. Darin befindet sich ein bemerkenswerter Satz, den ich zitieren möchte:


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Die Öffentlichkeit in unseren Ländern wünscht kein technokratisches Europa. Die Europäische Union muss im täglichen Leben fühlbar werden und bürgernah sein. – Ende des Zitats. 30 Jahre alt und höchst aktuell!

Den ambitionierten Bekenntnissen sind aber keine ausreichenden Taten gefolgt. Die Folge war, dass die Europäische Integration bei Volksabstimmungen immer wieder mit Niederlagen rechnen musste. Ich erinnere an die Ablehnung des Maastricht-Vertrages durch die Dänen 1992, ich erinnere an die gescheiterten Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden im letzten Jahr. Uns muss bewusst sein, dass es dabei vielen Wählern gar nicht um eine Abstimmung über die einzelnen Paragraphen der Verfassung gegangen ist, sondern vielmehr um den Protest gegen undurchsichtige Entscheidungsabläufe und die anonyme Brüsseler Bürokratie.

Wir fordern daher weiterhin als Bundesländer das Klagerecht für den Ausschuss der Regionen beim Europäischen Gerichtshof, wie es in der Verfassung bereits fest­geschrieben wurde, die aber durch die negativen Referenden nicht in Geltung trat.

Wir fordern weiters eine Aufwertung der Regionen mit eigener Gesetz­gebungs­kom­petenz in Europa. Wir haben in Brüssel bereits ein informelles Netzwerk der Regionen geschaffen.

Bürgernähe heißt, die kleinen Einheiten – also die Regionen – entsprechend aufzu­werten und deren Anliegen ernst zu nehmen, denn daran hängt letztlich auch die Akzeptanz des europäischen Einigungswerkes. Ganz im Sinne des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl, der bereits 1988 vor dem Europäischen Parlament gesagt hat: Europa wird nur in dem Maß Gestalt annehmen, als sich seine Bürger mit ihm identifizieren.

Meine Damen und Herren! Im Zuge der Konvents-Diskussion wurde von Seiten vieler Verfassungsjuristen immer wieder festgestellt, dass es trotz des in der Verfassung festgeschriebenen Föderalismus ein deutliches Ungleichgewicht zugunsten der Bun­desebene bei den Kompetenzen gibt. Als Vertreter der Länder sind wir daher aufgerufen, hier für einen kontrollierenden Ausgleich zu sorgen.

Ein Ausgleich ist dabei der Bundesrat, ein weiterer die Landeshauptleutekonferenz. – Auch wenn unsere Verfassung letzteres Gremium nicht kennt, ist es ein wichtiger politischer Player. Ich weise deshalb darauf hin, weil ich am 1. Juli den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernommen habe. Es ist mein dritter Vorsitz. Er fällt in eine spannende Zeit, denn in diesem Halbjahr werden sowohl Nationalratswahlen als auch die Bildung der Bundesregierung stattfinden. Gerade in Zeiten einer Regie­rungsbildung hat es in Österreich gute Tradition, dass die Länder einer neuen Bundesregierung ihre Vorstellungen in Form eines Forderungspaketes vorlegen.

Ich werde mich bemühen, dass die Tagesarbeit trotz Wahlkampf unter den Bun­desländern gut koordiniert läuft. Im letzten Halbjahr haben wir unter niederöster­reichischem Vorsitz wichtige Entscheidungen, etwa über die Verteilung der Mittel aus der EU-Regionalförderung und die Festlegung der Fördergebiete, auf die Wege gebracht.

Zu den nächsten wichtigen Fragen wird aus meiner Sicht der Themenkomplex Asyl und Grundversorgung gehören. Der momentan deutliche Rückgang der Zahl der Asylwerber sollte es möglich machen – und ich betone das –, dass alle Bundesländer ihre diesbezüglichen Pflichten in dieser Frage solidarisch und anständig erfüllen.

Natürlich werden wir, wie immer zwischen Bund und Ländern, auch Finanzierungs­fragen zur Debatte stehen haben. Ich werde darauf aufmerksam machen, dass der Finanzausgleich nicht durch einseitige Bundesaktivitäten unterlaufen werden darf,


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indem man den Ländern neue Aufgaben zuordnet, ohne für die entsprechende Dotierung zu sorgen.

Ich werde während meiner Vorsitzführung mit dem Bundesrat und insbesondere dem Präsidenten des Bundesrates in all diesen Fragen gut zusammenarbeiten.

Hohes Haus! Ich komme zum Schluss und darf dir, lieber Freund Gottfried Kneifel, noch einmal für deine Präsidentschaft hier im Bundesrat alles Gute wünschen. Du hast als langjähriger Kommunalpolitiker und als Kenner und Fachmann der Landespolitik beste Voraussetzungen, ein guter Präsident der Länderkammer zu werden. Ich wünsche es dir von Herzen – und dem österreichischen Bundesrat eine gute Zukunft! (Allgemeiner Beifall.)

9.39


Präsident Gottfried Kneifel: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kraml. Ich erteile es ihm.

 


9.40.07

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich so, eine neue Präsidentschaft ist immer ein erhebender Augenblick. Da ich auch schon einige Jahre in diesem Haus bin, erlebe ich jetzt mit Präsidentem Kneifel den vierten oberösterreichischen Präsidenten. Du hast Recht gehabt, als du in deiner Antrittsansprache gesagt hast, dass an dich große Anforderungen gestellt werden. Ich habe heute gehört, dass du gestern von Präsidentem Leitl einen Sattel bekommen hast, was, wie ich annehme, sicherlich Symbolcharakter hat.

Herr Landeshauptmann, ich habe mir bei der Vorbereitung für die heutige Debatte auch Ihre Reden im Bundesrat aufmerksam durchgelesen und auch jene Wort­meldungen, wo es nicht um die Präsidentschaft gegangen ist, sondern wo es um Themen für Oberösterreich gegangen ist. Ich erinnere nur an Temelín oder an die Voest. Und ich rechne es Ihnen hoch an, dass Sie jeweils bei diesen Problemen hier im Bundesrat auch Stellung für Oberösterreich bezogen haben. Dass Sie dann natürlich von Ihren Freunden in der Bundesregierung kläglich im Stich gelassen worden sind, das ist ein anderes Problem, mit dem müssen Sie aber selber fertig werden.

Herr Landeshauptmann, mir hat heute auch gefallen, dass Sie den Föderalismus und Europa angesprochen haben, weil ich glaube, dass es etwas ganz Wichtiges ist, dass wir dieses Thema auch einmal auf die europäische Bühne heben. Es ist das alles nicht so einfach, und wir wissen, jedes halbe Jahr gibt es die Äußerungen dahin gehend, wie sich der Bundesrat entwickeln soll. Ich meine, dass es gut so ist, weil wir immer wieder daran erinnert werden, dass der Bundesrat in der öffentlichen Debatte öfters nicht jenen Stellenwert hat, wie wir ihn uns vorstellen würden.

Ich denke, dass wir auch selber schuld sind an dieser Situation, weil wir eigentlich sehr oft, wenn wir es halt notwendig finden, auch selber Äußerungen machen, die dem Bundesrat insgesamt nicht gut tun, sei es, weil sich der eine oder andere profilieren will oder es eben aus persönlichen Gründen passiert.

Ich meine aber auch, dass es sehr viele und ganz profunde Wortmeldungen zum Bundesrat gegeben hat. Die haben dann leider nicht den entsprechenden Widerhall in den Medien gefunden. Es ist halt wesentlich einfacher, einen flotten Sager in die Zeitungen zu bringen, als sich mit dem Thema Bundesrat echt auseinander zu setzen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 21

Mir hat heute auch gefallen, dass Präsident Kneifel die Arbeit der Abgeordneten an­gesprochen hat. Ich glaube, das ist auch etwas ganz Wichtiges. Es stimmt schon, wenn wir bei der Schleuse hinausgehen, ist für uns der Tag nicht beendet. Dann kommt das Wochenende, und jeder von uns weiß, wie viel Arbeit noch zu erledigen ist. Mich hat draußen eigentlich noch niemand angesprochen und gefragt: Was machen Sie denn eigentlich im Bundesrat?, sondern es kommen eher Leute und sagen: Du, ich war im Bundesrat und habe gesehen, wo du sitzt. – Es herrscht also schon Interesse in der Bevölkerung. Da müssen wir, wie ich meine, alles unternehmen, dass wir die Aufwertung des Bundesrates auch so hinbringen, wie wir uns das vorstellen.

Die Räume werden größer, haben wir heute gehört, und auf der anderen Seite herrscht in der Bevölkerung das Bedürfnis, dass die Entscheidungen möglichst nahe fallen.

Da bin ich auch beim Herrn Landeshauptmann, wenn wir über die finanzielle Aus­stattung der Gemeinden reden, denn es kann nicht so sein, dass sich der Bund verschiedener Dinge entpflichtet und die Länder dann das Geld in die Hand nehmen müssen oder auch die Gemeinden. Das ist zu einfach, wie sich das sehr viele vorstellen.

Wenn wir in den Regionen die Entscheidungen wollen – wir brauchen sie, das haben wir gemeinsam festgestellt –, dann glaube ich auch, dass wir so weit sein müssen, dass wir sagen, das kostet auch etwas. Wenn wir sagen, der Bundesrat braucht eigentlich mehr Macht, dann muss ich diese von irgendwo herbekommen, denn das ist ja nicht automatisch da. Wenn es da wäre, dann hätten wir es schon lange. Also muss es Institutionen geben, die Macht, wenn man es so bezeichnen kann, einfach nicht abgeben und daher den Bundesrat als „zahnlosen Tiger“, wie er auch immer wieder bezeichnet wird, herumlaufen lassen. Wenn wir das durchspielen, dann haben wir in den Gremien des Nationalrates, in den Gremien des Landtages, in den Gemeinden und im Bundesrat danach zu suchen, wie wir die Regionen vertreten.

Und da meine ich auch, dass es zu wenig ist, dass der Bundesrat zwar jedes Gesetz auf der Tagesordnung hat oder jedes Gesetz beschließt, seine Mitwirkung allerdings bei den ganz wichtigen Dingen, zum Beispiel beim Budget, ausgeschlossen ist. Das ist etwas, was ich seit vielen Jahren nicht verstehen kann, dass der Bundesrat in diesem Fall eigentlich kein Mitspracherecht hat.

Ich halte auch nichts von der Diskussion, dass der Bundesrat bei der gesamten Gesetz­gebung und Gesetzeswerdung im Nationalrat sozusagen als Paarläufer dabei sein soll, denn dann brauche ich ja den Bundesrat nicht mehr, wenn ich alle meine Forderungen schon in den Ausschüssen eingebracht habe. Wofür mache ich dann noch einen Extrabeschluss? Ich meine, der Bundesrat braucht wirklich andere Aufgaben, die, wie heute schon angekündigt oder angeführt worden ist, auch in die Regionen gehen.

Insgesamt gesehen, darf ich sagen, bin ich stolz, ein Bundesrat zu sein, und wenn wir alle miteinander diesen Stolz auch in die Öffentlichkeit hinaustragen, dann wird der Bundesrat auch anders gesehen werden. Wir sollten auch nicht – vielleicht gelingt uns das – jeder Kamera nachlaufen, denn wir müssen doch wissen, dass, wenn uns ein Journalist fragt, nicht immer das kommt, was wir eigentlich besten Wissens und Gewissens sagen, sondern andere Dinge einfach weit wichtiger sind.

Wie gesagt, ich glaube, dass der Bundesrat auf einem sehr guten Weg ist, wenn wir uns alle bemühen, uns neuen Herausforderungen zu stellen. Dann brauchen wir uns, wie ich meine, um den österreichischen Bundesrat keine Sorgen zu machen. – In diesem Sinne ein Glückauf dem Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

9.47



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 22

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich erteile ihm dieses.

 


9.47.45

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Hohes Haus! Es ist zwar nicht meine vierte oder fünfte Vorsitzübernahme durch einen Vertreter Oberösterreichs hier im Bundesrat, aber es ist auch nicht meine erste Rede. (Bundesrat Bieringer: So alt bist du ja noch nicht!) Dennoch ist es heute doch etwas Besonderes, als oberöster­reichisches Mitglied der Bundesregierung anlässlich der Vorsitzübernahme unseres Bundeslandes sprechen zu dürfen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Natürlich Vorsitz­übernahme im Bundesrat.

Vorweg möchte ich im Namen der ÖVP-Fraktion und auch im eigenen Namen im Bun­desrat die Gelegenheit nutzen, um vor allem und zuerst dem Präsidenten des Bundesrates im zweiten Halbjahr 2006, Herrn Gottfried Kneifel, zu seiner Vorsitz­übernahme herzlich zu gratulieren und ihm vor allen Dingen alles Gute und viel Erfolg in dieser Funktion zu wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Schon der gestrige Empfang in der Säulenhalle des Parlaments hat gezeigt, dass es nicht nur eine starke Präsentation meines Heimatbundeslandes Oberösterreich hier in Wien war, sondern vor allem auch ein starkes Zeichen der Länderkammer hier in Wien.

Dies zeigt aber auch, dass das Bewusstsein für den Bundesrat eben in den Ländern beginnen muss, damit auch klargestellt ist, welche Bedeutung die zweite Kammer für die Bundesländer besitzt – ein Bewusstsein, das immer wieder neu erkämpft und auch errungen werden muss, denn noch immer – und so sind mein Eindruck und meine Wahrnehmung – verbergen sich hinter einigen Türen auch in der Bundeshauptstadt Zentralisten, die darauf warten, den Föderalismus aushöhlen und zurechtstutzen zu können.

Sowohl die Erklärung des Herrn Landeshauptmannes als auch die Antrittsrede von Präsidentem Gottfried Kneifel haben gezeigt, dass Oberösterreich mit dem klaren Bekenntnis zum föderativen Prinzip diesen Vorsitz startet.

Als erstes klares Zeichen dafür kann schon die heutige Erklärung unseres Landes­hauptmannes in diesem Haus angesehen werden. Denken wir nur daran, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Es hat auch in jüngster Vergangenheit bedauer­licher­weise auch von Landeshauptleuten immer wieder Rufe in Richtung Abschaffung der Länderkammer gerade als wesentlichen Bestandteil des Föderalismus in Österreich gegeben.

Daher bedanke ich mich auch an dieser Stelle bei Herrn Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer für dieses Bekenntnis und diesen klaren Ausspruch heute hier am Beginn dieser Sitzung. Herzlichen Dank dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Ein weiteres Zeichen hat der Präsident des Bundesrates gleich zu Beginn der ober­österreichischen Vorsitznahme selbst gesetzt. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Nationalrates wurde am Dach des Parlaments auch die Flagge des Vorsitz führenden Bundeslandes gehisst. Damit zeigt sich erstmals nach außen, was im Inneren dieses Hauses auch Realität ist, dass nämlich die Länder und deren Vertreter im Bundesrat ein fixer Bestandteil des österreichischen Parlamentarismus sind, ein Bestandteil, der in einer modernen Demokratie eben nicht mehr wegzudenken ist.

Und es war wohl auch die richtige Antwort auf die jüngsten Vorschläge zur Reform der Länderkammer. Wer eine radikale Verkleinerung dieser Kammer nach amerikanischem Vorbild wünscht, übersieht die Tatsache, die heute schon mehrmals betont wurde, dass die Mitglieder dieses Hauses auch eine wichtige Tätigkeit im politischen Alltag


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 23

unserer Republik leisten, indem sie nämlich dem Bürger die parlamentarische Arbeit auf Bundes- und Landesebene näher bringen, weit über ihren Sitz hier in diesem Hause hinaus. Das ist gelebte Bürgernähe und politische Vertretungsarbeit, während für mich persönlich das amerikanische System nicht als Vorbild dient.

Vorbildhaft hingegen sind die Bilanzen der Länder, auch als Ausdruck gelebter Subsidiarität. Insbesondere möchte ich auf die Bilanz des Landes Oberösterreich in zwei Punkten hinweisen.

Bevor ich das tue, möchte ich aber noch ein Wort zum Kollegen Kraml sagen, weil er zu Beginn seiner Ausführungen die Voest angesprochen hat. Kollege Kraml! Ich habe den Eindruck, dass Sie da ein wenig im Stich gelassen worden sind mit Ihrer Argu­mentation, da nämlich genau diese Panikmache, die Sie rund um die Privatisierung der Voest im Bundesland Oberösterreich betrieben haben, grundlos war und sich das Unternehmen, der Leitbetrieb und das Leitunternehmen des Landes und auch der Republik, wenn man so will, in hervorragender Weise entwickelt hat. Wenn Sie die Zahlen und Fakten objektiv betrachten, dann werden Sie sehr schnell feststellen, dass Sie im Stich gelassen worden sind, nämlich von der tatsächlichen Realität in Bezug auf die Voest. (Beifall bei der ÖVP.)

Zurück aber zu meinem ursprünglichen Ansatz. Zwei Punkte: Vorbildhaft in zwei Punk­ten: Oberösterreich. Gerade die aktuelle Arbeitsmarktsituation im Monat Mai 2006 mit einer Arbeitslosenquote von 3,3 Prozent macht klar, in welch hervorragender Weise Verantwortung im subsidiären System, im föderativen System wahrgenommen wird.

Der zweite Punkt, den ich besonders hervorstreichen möchte, ist die Bilanz der Patent­anmeldungen im Bundesländervergleich. Das ist etwas, was vielleicht nicht so in der Öffentlichkeit und nicht so in der öffentlichen Diskussion steht. Daher möchte ich das heute sagen. Erstmals lag Oberösterreich bei diesem Indikator für Kreativität und Innovation in Wissenschaft und Forschung an erster Stelle aller Bundesländer. Dies zeigt, wie gut und dynamisch sich unser Bundesland entwickelt und wie verantwor­tungsvoll alle mit ihren Funktionen in diesem Bundesland umgehen und welche Leistung für die Menschen dort erbracht wird.

Beide Punkte sollen auch zeigen, welche konkreten Ausprägungen unsere föderalen Strukturen in unserer Republik zu leisten imstande sind, und dies deshalb, weil die Verantwortung und die Leistung der kleineren Einheiten nicht nur Lippenbekenntnisse unseres politischen Systems sind, sondern eben eine Erfolgsgeschichte.

Das föderative System in Österreich ist daher von einem Traum weniger in den Jahren 1919 und 1920 des letzten Jahrhunderts über die Hoffnung vieler zur Notwendigkeit aller geworden. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der Grünen sowie des Bundesrates Mitterer.)

9.56


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile es ihr.

 


9.57.03

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Werte Gäste aus Oberösterreich, die ich hiermit auch begrüßen möchte! Für mich ist es das erste Mal heute, eine Vorsitzübernahme im Bundesrat durch Oberösterreich erleben zu dürfen, und ich freue mich darüber und möchte dir, lieber Gottfried, seitens unserer Fraktion, der Grünen, alles Gute für die Vorsitzführung wünschen. Auf eine erfolgreiche Amtszeit, da es doch sehr bewegte Zeiten sein werden!


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736. Sitzung / Seite 24

Wir haben heute von allen Rednern hier über Strukturprobleme im Bundesrat, Reform­ansätze und so weiter gehört. Wie die Tatsache, dass nach dem Herbst der Winter kommt, im Gebet das Amen folgt, so überkommt uns immer wieder diese Debatte über den Bundesrat.

Jetzt muss man sich das genauer anschauen. Es ist nicht nur die Debatte über den Bundesrat, sondern es ist sehr wohl eine Debatte über die Länder, über die Landtage und den Bundesrat, über deren Aufgaben und Kompetenzen. Das ist ein wesentlich weiteres und breiteres Feld.

Und wenn wir uns die Bundesländer anschauen, so unterschiedlich sie sind, sei es kulturell, sei es teilweise sprachlich, von der Wirtschaftsstruktur her, auch land­schaf­tlich, all das betrachtend, so gibt es doch einen wesentlichen Punkt, der alle Bun­desländer eint und trifft. Was wird das wohl sein? – Es sind die Finanzen, ein Thema, das alle Bundesländer ins Herz trifft. Wenn es ums Geld geht, werden die Dinge heikel, wie wir wissen. Die Aufgaben der Länder sind sehr umfangreich, sehr kostenintensiv in den verschiedenen Bereichen der Gesundheit, der Bildung und vieles mehr.

Konfrontiert sind die Bundesländer mit den knappen Kassen. Die Korsette für diese Finanzen werden immer enger geschnürt, und es stellt sich die Frage, ob die Gefahr besteht, dass den Ländern die Luft weg bleibt. Und es ist ja auch ein wesentlicher Faktor für die Lebensqualität der Menschen in den Bundesländern, genau diese Aufgaben in den Bereichen Bildung, Forschung, Gesundheit, Kultur gut wahrnehmen zu können. Und das ist auch ein wichtiger Beitrag zum Thema Wirtschafts- und Standortpolitik.

Seitens der Länder gilt es, die Einnahmenbasis sicherzustellen, und da stellt sich immer die Frage nach den Steuer- und Abgabenquoten, die auch jetzt wieder in Diskussion sind dahin gehend, ob es der richtige Weg ist, diese perspektivisch auf 38 Prozent zu senken. Das trifft vor allem die Länder und die Gemeinden und damit unsere föderale Struktur.

Wenn man sich die Zahlen anschaut und immer singulär von Steuer- und Abgaben­quoten spricht, so ist das nicht der richtige Weg. Man muss es im Zusammenhang mit Arbeitslosenraten, Armutsgefährdungsquoten, Wachstumsraten des Bruttoinlandspro­dukts sehen. Wenn man zwei Länder vergleicht, etwa Dänemark und die Slowakei, sieht man, dass Dänemark eine Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent und eine Armuts­gefährdungsquote von 11 Prozent hat, also relativ niedrig, aber eine Steuer- und Abgabenquote von fast 50 Prozent. Im Vergleich dazu die Slowakei: Die Slowakei hat eine Arbeitslosenquote von fast 17 Prozent. 17 Prozent! Es ist fast ein Viertel der Menschen armutsgefährdet. Und was haben sie für eine Steuer- und Abgabenquote? – 29 Prozent!

Die Senkung der Steuer- und Abgabenquote als Ziel per se ist für mich kein Ziel, sondern es sind die Aufgaben zu definieren und die Ressourcen, die man dafür braucht, um diese Aufgaben auch zu erfüllen. Und hier geht es ganz klar auch um die Interessen der Länder, darum, die Spielräume zu sichern. Das heißt auch, dass man von Seiten der Länder und auch des Bundesrates genau diesen Bereich im Auge behalten soll und dafür Sorge tragen muss, die finanzielle Basis und die Grundlagen zu sichern.

Die Forderung der Senkung der Abgaben- und Steuerquoten kann leicht zum Eigentor werden, was wir so nicht wollen.

Und ich sehe ein weiteres Problem in der tagtäglichen Arbeit. Es ist diese klare Aufteilung der Kompetenzen zwischen den Ländern und dem Bund, wo es immer


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 25

wieder Probleme gibt. Es geht hier auch ganz zentral darum, die budgetäre Macht und die Entscheidungsmacht zusammenzuführen. Viele gesetzliche Regelungen auf Bun­desebene werden beschlossen, ohne daran zu denken, wie die Länder das finanzieren werden.

Ein aktuelles Beispiel sind die Klassenschülerhöchstzahlen. Es ist erfreulich, dass man endlich dazu steht, diese zu senken. Aber man kann jetzt nicht die Länder mit der Finanzierung alleine lassen. Man muss überlegen, was das konkret bedeutet, und dafür gilt es auch zu kämpfen.

Oder: Der Bund verabschiedet sich von vielen Aufgabenbereichen und überlässt diese den Ländern. Weil es den Ländern wichtig ist, hier gute Arbeit zu leisten, sozial­ökonomische Betriebe weiter zu fördern, springen sie eben ein, aber das kann es letztlich nicht sein.

Wir haben in Oberösterreich sehr gute Arbeitslosenzahlen, wenngleich auch noch immer zu hoch. Aber dennoch, das ist erfreulich und ist natürlich auf viele Maßnahmen zurückzuführen, vom Forschungsbereich bis zur Standortpolitik und natürlich auch auf den Einsatz der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik in Oberösterreich, die direkt vom Land kommen. Es gibt kein Land in Österreich, das so viel investiert wie Ober­österreich. Damit übernimmt Oberösterreich sehr wohl eine Bundesaufgabe, denn der Bund hat seit Jahren die Mittel gekürzt, bis auf das legendäre Wahljahr heuer, und das kann auch nicht die Regel werden.

Der zweite Bereich: Mir liegt sehr daran, die Länder zu stärken. Europa ist ein Europa der Regionen, und starke Regionen machen auch die Stärke Europas aus. Der Föderalismus ist ein wichtiger Baustein für eine lebendige Demokratie und ein Zeichen für Bürgernähe. Für uns Grüne gibt es ein klares Ja zum Föderalismus, ein klares Ja zum Bundesrat, dennoch wissen wir, in bewegten Zeiten wie jetzt geht es sehr wohl auch darum, Reformschritte zu setzen, nämlich einerseits das Mitwirkungsrecht des Bundesrates bei Fragen, die in direkter Form die Länderinteressen betreffen, zu stärken, aber andererseits geht es natürlich auch um die effektive Mitwirkung des Bundesrates bei Entscheidungen, die wesentliche finanzielle Folgen für die Länder nach sich ziehen, so zum Beispiel bei Finanzausgleichsverhandlungen oder bei der Steuerreform – ein wichtiger Bereich.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eine Kette ist so stark wie ihre Glieder. Ein Glied sind die Länder, ein Glied ist der Bundesrat als Länderkammer, und wir müssen gemeinsam für die Stärke dieser Glieder sorgen und die Interessen der Länder stark und effizient vertreten. Das bedeutet auch eine Stärkung der Kompetenzen der Länder.

Herr Landeshauptmann, ich möchte Ihnen als Bundesrätin aus Oberösterreich zwei Anliegen mitgeben. Das eine ist: Sorgen Sie dafür, dass das Ziel 38 Prozent Abgaben­quote nicht in dieser Form durchgesetzt werden kann! Gerade in Oberösterreich haben wir viele Reformen im Bereich des Spitalswesens gesetzt, wir setzen Reformen in Bereichen der Verwaltung, alles wird effizienter – und dennoch sind wir mit steigenden Kosten konfrontiert. Um die Aufgaben korrekt zu erfüllen, braucht es daher ent­sprechende Finanzmittel. – Das ist das erste Anliegen.

Mein zweites Anliegen an Sie ist: Sie sind ein Föderalist. Sie sind immer zum Bun­desrat gestanden und dazu, das in dieser Form weiterzuführen. Setzen Sie sich bei der Wiederaufnahme der Konventsdebatte, der Verfassungsdebatte, dafür ein, dass diese Mitwirkungsrechte, dass die Kompetenzen dieses unseres Bundesrates gestärkt werden. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

10.06



Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 26

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kampl. Ich erteile es ihm.

 


10.06.30

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Landeshauptmann! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Landeshauptmann, Herr Präsident, ich darf euch sehr herzlich zur neuen Funktion gratulieren und auch im Namen meines Kollegen, Präsident Mitterer, viel Erfolg wünschen.

Zu Ihrem Vorsitz, Herr Landeshauptmann, in der Landeshauptleutekonferenz gibt es sicher viele Wünsche. Nur: Bürgermeister haben auch Sorgen, und Bürgermeister sind unmittelbar an der Front, und ich glaube, sie sollten ihre Probleme auch unmittelbar ihren vorgesetzten Stellen kundtun.

Herr Landeshauptmann, die kleinen Gemeinden und die ländliche Bevölkerung haben drei Sorgen, die wir nicht übersehen sollten.

Es ist dies erstens einmal die Sorge im Zusammenhang mit dem abgestuften Bevöl­kerungsschlüssel. Der hat sich ein bisschen gebessert, aber, Herr Landeshauptmann, es muss doch möglich sein, dass in Österreich alle Bürger, ganz gleich, wo sie wohnen, gleich viel wert sind.

Das Zweite, Herr Landeshauptmann, ist, glaube ich, die Kommunalsteuer. Wir kennen die Kommunalsteuer in Österreich als eine Steuer, die notwendig ist, die wir sicher alle brauchen, aber dort, wo der Arbeitsplatz ist, kommen 100 Prozent der Steuer, der Kommunalsteuer, hin, und die Wohngemeinden haben nichts davon. Und damit wir überhaupt unsere Agenden aufrechterhalten können, Herr Landeshauptmann, sollte man auch einen Ausgleich 50 : 50 oder so ähnlich schaffen.

Und drittens – ich bin gleich fertig; ich weiß, Sie haben auch sehr viel zu tun, Sie führen ein erfolgreiches Bundesland –: Es gibt in Österreich ein ländliches Wegenetz, insge­samt 75 000 Kilometer. Herr Landeshauptmann, hier gibt es gravierende Unterschiede und Nachteile. Es gibt Bundesländer, die für ihre Bürger in entlegenen Bereichen zu 100 Prozent die Wege machen, die Schneeräumung sichern, und es gibt solche, wo 15 Prozent dieser Kosten von denjenigen, die dort wohnen, getragen werden müssen. Ich würde Sie bitten, dass Sie als Landeshauptmann einmal diese Punkte auf die Tagesordnung setzen, um auch die Interessen der 2 200 kleinen Gemeinden – von den 2 350 Gemeinden sind 2 200 kleinere Gemeinden, die diese Nachteile in Kauf nehmen müssen, die das alles aber auch für ihre Bevölkerung sicherstellen wollen – zu berücksichtigen.

Herr Landeshauptmann, ich danke Ihnen und wünsche Ihnen viel Erfolg. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

10.09


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Vilimsky. Ich erteile es ihm.

 


10.09.35

Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bun­desräte! Auch ich möchte als Vertreter der FPÖ dem neu gewählten Präsidenten zur Übernahme des Vorsitzes gratulieren und ihm dafür alles Gute wünschen.

Im Zuge des Wechsels in der Vorsitzführung hört man immer sehr viele lobende, sehr viele huldvolle Worte. Das erinnert mich ein bisschen an den Film: „Und täglich grüßt das Murmeltier“, denn seit ich in der Politik bin – und das ist in verschiedenen Ebenen


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736. Sitzung / Seite 27

doch schon mehr als zehn Jahre der Fall –, wird über die Aufwertung des Bundesrates diskutiert. Da werden sehr, sehr viele Vorschläge in eine gemeinsame Debatte eingebracht, aber in der Sache selbst hat sich aus meiner Sicht nichts verändert.

Es ist schön, wenn man hier von Föderalismus, von Subsidiarität hört, aber: Welchen Stellenwert haben diese zwei wichtigen Prinzipien, wenn man davon ausgehen muss, dass heute schon an die 80 Prozent der Gesetze nicht mehr in Österreich, sondern zum gut Teil in Brüssel entstehen?

Ich wäre froh, wenn man aus Brüssel wieder mehr an Gesetzgebungskompetenz in die Mitgliedstaaten verlagern könnte, wieder mehr unter rot-weiß-rote Obhut brächte und damit auch mehr die Prinzipien des Föderalismus und der Subsidiarität leben könnte.

Ich frage mich: Wie vertragen sich Föderalismus und Subsidiarität damit, dass wir immer noch über eine europäische Super-Verfassung diskutieren, über die die Österreicherinnen und Österreicher hierzulande nicht einmal abstimmen dürfen und wodurch in weiterer Folge noch mehr an Handlungsspielraum und Entscheidungs­räumen nach Brüssel ausgelagert werden würden?

Ich bekenne mich als Vertreter der FPÖ zur Wichtigkeit des Bundesrates, zu einer zweiten Kammer im Hohen Haus, in der die Länderinteressen auch tatsächlich durch­gesetzt werden können. Zurzeit ist es ein bisschen spannend, weil eine Oppo­sitionsmehrheit im Bundesrat einer Regierungsmehrheit im Nationalrat gegen­übersteht. Das belebt ein bisschen, das bringt ein bisschen Salz in die politische Suppe. – Ab Herbst wird es damit vorbei sein. Man kann damit rechnen, dass eine stabile Regierungsmehrheit, die sich wahrscheinlich aus ÖVP und SPÖ formieren wird (Heiterkeit bei der ÖVP – Bundesrat Gruber: Oder umgekehrt!), im Nationalrat sitzen wird und sich das Theater, das es derzeit zwischen Rot und Schwarz in der politischen Debatte gibt, in ein großes Einvernehmen wandeln wird. Das heißt, dass ab Herbst der Bundesrat wieder in einen Dornröschenschlaf zu fallen droht.

Ich hätte mir gewünscht, dass heute Vertreter der ÖVP und auch der SPÖ nicht nur Lippenbekenntnisse ablegen, sondern dass man den Mitgliedern des Bundesrates tatsächlich das Versprechen gibt, dass man bereit ist, konkrete Schritte zur Aufwertung des Bundesrates in der kommenden Gesetzgebungsperiode tatsächlich umzusetzen.

Alle Bundesräte sprechen sich für die Aufwertung des Bundesrates aus, der Öster­reich-Konvent möchte das, die Präsidentenkonferenz der Landtage möchte das. Es gibt viele Reformvorschläge, und konsensfähig sollte zumindest der Vorschlag sein, der Zweiten Kammer des Hohen Hauses, dem Bundesrat, echte Mitwirkungs­befugnisse zu übertragen, und zwar vor allem dort, wo Länderinteressen massiv bedroht sind, sowie eine möglichst frühzeitige Einbindung des Bundesrates in die Gesetzgebung dort sicherzustellen, wo finanzielle Interessen der Länder berührt sind. Vielleicht kann man da einen Konsultationsmechanismus entwickeln, der auch tatsächlich die Verschränkung der beiden Kammern im Hohen Haus zur Sicherung der Länderinteressen gewährleistet. Man sollte auch reden über ein echtes Veto des Bundesrates, etwa beim Finanzausgleich.

Ich würde mir auch wünschen, einmal eine Debatte über die Geschäftsordnung des Bundesrates und eine wirkliche Demokratisierung durchzuführen. Wenn ich nämlich die Verhältnisse des Nationalrates und der dort geltenden Geschäftsordnung zu der hier im Bundesrat geltenden Geschäftsordnung in Bezug setze und mir beispielsweise vor Augen führe, dass 183 Nationalratsmandatare im Nationalrat sitzen und fünf bereits einen Klub bilden können, im Bundesrat aber bei 62 Bundesräten ebenfalls fünf Mandatare für die Bildung eines Klubs erforderlich sind, so denke ich doch, dass das eine gewisse Schieflage ist.


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Ich will jetzt nicht im Interesse der Grünen sprechen, aber ich denke mir, man sollte als Vier-Personen-Fraktion nicht auf das Wohlwollen der anderen angewiesen sein, hier Klubstatus zuerkannt zu bekommen, sondern das sollte etwa schon bei zwei oder drei Personen der Fall sein. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ich bin gerührt über Ihre Sorgen! – Heiterkeit.) Sie sehen, ich kümmere mich auch um Sie.

Ich denke auch, dass wir darüber reden sollten, ob nicht die Landtagsmandatare Vertreter im Bundesrat sein können. Ich kann hier nur aus der Sicht der Bun­deshauptstadt sprechen, wo man mit viel Krampf versucht, vier bis fünf Landtags­sitzungen im Jahr zusammenzuzimmern und irgendeine künstliche Tagesordnung zu basteln. Der Landtagsmandatar hat in der heutigen politischen Arbeit so wenig zu tun, dass es durchaus gerechtfertigt wäre, auch im Bundesrat die entsprechenden Agenden wahrzunehmen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Im Gemeinderat ist er auch!)

Selbstverständlich! Ich spreche aber nur von seiner Funktion als Landtags­abgeord­neter. Wir können auch die anderen acht Landtage hernehmen, wo ebenfalls die Tagesordnungen nicht wirklich überfrachtet sind und sich auch die Zahl der Sitzungen wirklich sehr in Grenzen hält. (Ruf bei der ÖVP: Elf Sitzungen! Plenarsitzungen!) Elf Plenarsitzungen? – Sie sehen an der Bundeshauptstadt, dass die Tagesordnungen dieser Sitzungen sehr, sehr dünn sind und dass dieser eine Sitzungstag des Bun­desrates, denke ich, auch den Landtagsabgeordneten zugemutet werden kann.

Ich sage, wenn man die Rechte der Länder stärken will, muss man sich auch ohne Wenn und Aber wieder für mehr Rot-Weiß-Rot in diesem gemeinsamen Europa einsetzen. (Bundesrätin Zwazl: Es wäre auch schön gewesen, wenn Sie zur Klausur gekommen wären! Da haben wir das alles diskutiert! – Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Es tut mir Leid.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Da Sie mich weder bei irgendwelchen Terminfragen konsultieren, noch die Mitglieder hier mich irgendwo konsultieren, ob irgendwelche Reisen gerechtfertigt sind oder nicht und was diese Reiseziele sind, sehe ich mich außerstande, jedem von Ihnen vorgegebenen Termin auch tatsächlich Folge leisten zu können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich denke mir, man muss die Mitglieder ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Hören Sie zu oder kommen Sie selbst nachher heraus! Diese Unkultur der Zwischen­rufe aus der ÖVP-Fraktion ist nicht wirklich dem Ruf des Hohen Hauses zuträglich. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Das ist Demokratie! Gelebte Demokratie!)

Ich denke, man muss den Mitgliedern der Europäischen Union wieder mehr Rechte rücküberantworten, damit diese in ihren Spielräumen wieder mehr Rechte den Regionen, bei uns auch den Ländern und damit dem Föderalismus geben können. Der Zug, wie er zurzeit fährt, ist meiner Ansicht nach in einer falschen Richtung unterwegs. Jeder jammert über weniger Rechte für die Länder – Sie alle machen das –, und es wäre gut, wenn man dafür kämpft, Rot-Weiß-Rot in diesem gemeinsamen Haus Europa zu stärken, den Ländern wieder mehr Rechte zurückzugeben und damit Föde­ralismus auch tatsächlich leben zu können. – Ich danke Ihnen.

10.17


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich danke dem Herrn Landeshauptmann von Oberösterreich für seine Teilnahme und wünsche eine gute Heimreise. (Allgemeiner Beifall.)


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10.17.56Fragestunde

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur Fragestunde. Ich beginne jetzt, um 10.17 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an die Frau Bun­desministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Lindinger, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1520/M-BR/2006

„Wie vielen Lehrerinnen und Lehrern werden ab dem kommenden Schuljahr die Dienstverträge nicht mehr verlängert?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Bei dieser Frage muss man zwischen Bundeslehrern und Landeslehrern unterscheiden. Im Bundeslehrerbereich haben wir mehr Schülerinnen und Schüler, denn der Trend zur höheren Bildung hält an. Wir haben im Bundesbereich daher auch mehr Lehrerinnen und Lehrer, und zwar um 1,4 Prozent mehr nach derzeitigem Anmeldungsstand an den weiterführenden Schulen, an den Oberstufen der Gymnasien.

Die Anstellung von Pflichtschullehrern fällt in die Kompetenz der Länder. Derzeit ist es so, dass davon ausgegangen wird, dass 633 968 Schülerinnen und Schüler in unseren Pflichtschulen sein werden. Allerdings werden die tatsächlichen Zahlen erst im Herbst feststehen, denn die verändern sich auch immer wieder. Derzeit wird davon aus­gegangen, dass etwa 18 035 Schülerinnen und Schüler weniger sein werden, verteilt auf die verschiedensten Bundesländer. Durch Pensionierungen und durch zusätzliche Angebote, wofür man Lehrerdienstposten braucht, wie Tagesbetreuung, besteht die Hoffnung, dass es ziemlich ausgeglichen sein wird.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Könnte man diese Lehrer, die vielleicht gekündigt beziehungsweise deren Dienstverträge nicht verlängert werden, nicht zur Senkung der Klassenschülerzahlen beziehungsweise in Ganztagsschulen einsetzen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Lehrer und Lehrerinnen werden für die Tagesbetreuung eingesetzt. Dadurch wird sich auch die Möglichkeit ergeben, dass der Lehrerstand ungefähr gleich bleibt.

Betreffend Senkung der Klassenschülerhöchstzahl muss eine neue Vereinbarung im Rahmen des Finanzausgleichs getroffen werden; das wird ja derzeit auch mit den Ländern diskutiert.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Diesner-Wais, bitte.

 



Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 30

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Frau Ministerin! Wie viele Lehrerdienstposten stellen Sie im Pflichtschulbereich zusätzlich zu den im Finanzausgleich mit den Ländern vereinbarten Dienstposten für das Schul­jahr 2006/2007 zur Verfügung?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es wurden in den letzten Jahren zusätzliche Dienstposten für das Minderheiten­schul­wesen, für Kliniken und Spitäler, für Glaubensgemeinschaften, für Besuchschullehrer, für Realschulen, für den Zuzug in Wien und für Sprachförderkurse zur Verfügung gestellt. Das sind allein 330 Dienstposten ab kommendem Herbst. Und wir haben im Finanzausgleich 12 Millionen € zusätzlich für die Aufrechterhaltung der kleinen Schulstandorte und für Förderbedürfnisse erreicht. Das sind noch einmal 355 Plan­stellen. Insgesamt werden zu den 57 891 Planstellen, die wir vorläufig für das nächste Schuljahr geplant haben, noch einmal 2 408 Lehrerposten zur Verfügung gestellt.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Es gibt auch Prognosen, die bis zum Jahr 2010/2011 einen Rückgang um 12 500 PflichtschullehrerInnen-Dienstposten vorhersagen.

Wie viele arbeitslose LehrerInnen werden Sie in Kauf nehmen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ers­tens kenne ich diese Prognosen nicht, zweitens nehme ich überhaupt nichts in Kauf, sondern mir ist es ein großes Anliegen, dass wir den jungen Menschen, die Lehramt an den Pädagogischen Akademien studiert haben, natürlich später an den Pädagogischen Hochschulen Chancen geben. Meinen Informationen nach pendeln sich die Geburten auf dem Niveau, das wir derzeit haben, ein.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mitterer gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Welche konkreten Maßnahmen werden Sie auf Grund der stetig rückläufigen Schülerzahlen in der Berechnungsmethode der Lehrer­plan­stellen setzen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir werden zusammen mit den Ländern überlegen, wie wir die Berechnungsmethode verändern können. Das ist ein Vertrag, der mit den Ländern abgeschlossen wurde. Mir wird sehr recht sein, wenn wir diese Zahlen so verändern können, dass wir vor allem die kleinen Schulstandorte noch besser erhalten können.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Saller, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 31

1515/M-BR/2006

„Welche Maßnahmen setzen Sie in Ihrem Ressortbereich zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf?“

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 32

Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir haben zwei Maßnahmen gesetzt. Zuerst die Ausweitung der Tagesbetreuung. Geplant sind jährlich 10 000 Tagesbetreuungsplätze mehr. Derzeit ist es so, dass für das Schuljahr 2006/2007 57 500 Kinder für Tagesbetreuung angemeldet sind. Das ist eine Steigerung von 70 Prozent gegenüber dem Jahr 2000.

Wir haben zweitens die Fünf-Tage-Woche eingeführt. Auch das kommt den Familien und den berufstätigen Eltern zugute.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Wie beurteilen Sie, Frau Bundesministerin, die Diskussion um eine verpflichtende Tagesbetreuung?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Eltern entscheiden sollen, ob sie ihre Kinder am Nachmittag selber erziehen, selber betreuen wollen – oder ob sie eine Tagesbetreuung in Anspruch nehmen. Das heißt: Wir fördern, was gefordert ist. Dort, wo es notwendig ist, wird die Tagesbetreuung angeboten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 33

Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mosbacher.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Minister, warum schaffen Sie nicht die notwendigen zusätzlichen 100 000 Ganztagsschulplätze bis zum Jahr 2010?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ers­tens darf ich daran erinnern, dass die SPÖ in ihrem Plan hat, bis zum Jahr 2010 insgesamt 100 000 Plätze zu schaffen – und nicht zusätzliche.

Zweitens: Wir schaffen das, was die Eltern wünschen. Wenn die Eltern im nächsten Schuljahr wieder 10 000 Plätze oder mehr für ihre Kinder brauchen, so wird das verwirklicht. Sie werden vor Ort von den Lehrern und Lehrerinnen mit den Gemeinden und mit den Städten verwirklicht. Ich glaube, dass das eine sehr gute Lösung ist.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Frau Ministerin! An den Universitäten herrscht die Situation, dass es sehr wenige Professorinnen gibt, in etwa 3 Prozent.

Ein Teil der Begründung dafür ist natürlich auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie wissen, wie und in welchen Intensitäten wissenschaftliche Karrieren verlaufen.

Welche Schritte haben Sie gesetzt, damit es künftig für Frauen möglich – besser möglich – ist, in wissenschaftlichen Karrieren ihren Weg zu gehen und diese Ziele auch zu erreichen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es gibt Kindergärten an den Universitäten, es gibt die Zusammenarbeit mit Kindergärten außerhalb der Universitäten. Wir haben vor allem das Netzwerk UniKid geschaffen, wo die Möglichkeit für jene, die Kinderbetreuung suchen, gegeben ist und eine Vernetzung stattfindet. Meinen Informationen nach arbeitet dieses Netzwerk an der Universität in Wien sehr gut. Es könnte ein Best-practice-Modell auch für alle anderen Universitäten sein. Dort wird wirklich von einer Stelle aus die notwendige Betreuung organisiert, wo sich auch diejenigen melden können, die bereit sind, Kinderbetreuung – nämlich zu ungewöhnlichen Zeiten – zu übernehmen. Das ist ja die große Herausforderung. Wenn man von einer wissenschaftlichen Karriere redet, ist es auch notwendig, dass man manchmal bis spät in die Nacht arbeitet, dass man auch über das Wochenende arbeitet. Und über das Netzwerk UniKid werden solche Betreuungsmöglichkeiten geschaffen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, und ich bitte Frau Bundesrätin Konrad um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1518/M-BR/2006

„Welche Vorteile sehen Sie in einer Begrenzung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: In der allgemeinen Diskussion ist ja schon mehrfach festgestellt worden, dass man sich, wenn es weniger Schüler gibt, vermehrt um den einzelnen Schüler kümmern kann – was ja an und für sich ein logischer Schluss ist.

Ich meine, dass wir sehr ernsthaft dahin gehend daran arbeiten und uns überlegen müssen: Muss das überall sein? Was können wir tun? Wir können einen Richtwert festlegen. Ich darf daran erinnern, dass auch die Zukunftskommission festgestellt hat, dass es Richtwerte geben soll, aber wir sollen den Schulen die Möglichkeit geben, selber die Entscheidung zu fällen, ob sie eine Klasse mit 26 Schülern teilen wollen – oder ob sie sagen, sie wollen lieber nur in den Hauptgegenständen Gruppen bilden und wollen in den anderen Gegenständen beieinander bleiben, damit sie Zusatz­angebote machen können. Ich halte viel von Autonomie. Diese Frage muss ernsthaft diskutiert und auch mit den Ländern geregelt werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Wie schon Lehrer zu diesem Thema bemerk­ten: Autonomie darf aber dann nicht heißen, dass sich die Schule das zwar selbst aussuchen kann, aber keine zusätzlichen Geldmittel hat, denn dann wird die Ent­scheidung wohl relativ klar ausfallen.

Werden Sie auch die zusätzlichen Finanzmittel, die nötig sind, zur Verfügung stellen, um diese Entscheidungsfreiheit zu garantieren?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die zusätzlichen Finanzmittel müssen in einem Finanzausgleich mit den Ländern verhan­delt werden; das werde ich anstreben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Ebner.

 


Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Warum werden die Klassen­schülerzahlen nicht schon ab dem kommenden Schuljahr 2006/2007 abgeändert?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wer die Realität an den Schulen kennt, weiß, dass man derartige Maßnahmen nur auf­steigend machen kann. Man kann nicht bestehende Klassen auseinander reißen. Man kann nicht Schüler und Schülerinnen von ihren Lehrern und Lehrerinnen trennen – das wissen Sie ganz genau. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Wir haben einen Finanzausgleich, den die Landeshauptleute unterschrieben haben. Wir werden uns in Ruhe anschauen, wie wir diesen Finanzausgleich abändern müssen und werden an der Richtzahl 25 festhalten.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Köberl, bitte.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Bundesminister! Wie ist denn die derzeitige Situation an Österreichs Schulen betreffend die durchschnitt­lichen Klassenschülerzahlen überhaupt?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Öster­reichweit ist es so, dass wir derzeit an den Volksschulen eine durchschnittliche Klas­senschülerzahl von 20 haben, an den Hauptschulen von etwa 23. In der AHS-Unterstufe haben wir eine durchschnittliche Klassenschülerzahl von etwa 25 bis 25,5. Wir werden diese Zahlen zu Beginn des kommenden Schuljahres wieder sehr genau erheben, damit wir wissen, wie hoch die Kosten sein werden, wenn man einen Richtwert einzieht.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesminister.

Wir kommen nun zur 4. Anfrage, die Frau Bundesrätin Blatnik stellt. Ich bitte um Ver­lesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Frau Bundesministerin! Gospa ministrica! Zuerst möchte ich feststellen, dass die SPÖ 100 000 Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich fordert.

Zur Frage:

1521/M-BR/2006

„Haben Sie im Sinne des ÖVP-/BZÖ-Entschließungsantrages Gespräche mit den Gebietskörperschaften über eine Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl geführt?“

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Entschuldigung, wenn ich kurz widerspreche, aber es gibt insgesamt 67 005 Lehrer und Lehrerinnen. Man kann jetzt kaum 100 000 Lehrer und Lehrerinnen mehr fordern, denn das geht an und für sich nicht. Frau Kollegin Mosbacher hat von Tages­betreuungsplätzen und nicht von Lehrern und Lehrerinnen gesprochen. (Bundesrat Konecny: Das wäre schön!) Also eine Forderung nach 100 000 Lehrern mehr ist unrealistisch! Das wird auch nicht gebraucht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 34

Zu Ihrer Anfrage ist zu sagen, dass wir diesen Entschließungsantrag bereits an die Verbindungsstelle der Bundesländer mit der Bitte weitergeleitet haben, ihn auf die Tagesordnung der nächsten Landeshauptleutekonferenz zu setzen. Wir haben die Landesschulräte und die zuständigen Ämter der Landesregierung angewiesen, dass sie uns bis zum 1. Oktober eine tatsächliche Schülerzahl bringen, auch eine tat­sächliche Übersicht über die Klassenzahl geben, damit wir Berechnungen anstellen können, was das kostet, weil ja im Jahre 2007 die Verhandlungen für den Finanz­ausgleich beginnen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Wird der Bund laut Bundesverfassung zur Gänze seiner Finanzierungsverpflichtung für Lehrerinnen und Lehrer nachkommen?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Im Rahmen des Finanzausgleiches, der alle vier Jahre erstellt wird, kommt der Bund seinen Finanzierungsverpflichtungen zu 100 Prozent nach.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesminister.

Nächste Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Gansterer, bitte.

 


Bundesrätin Michaela Gansterer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Wie liegt Österreich im internationalen Vergleich in Bezug auf die Klassen­größe?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Im internationalen Vergleich liegt Österreich in Bezug auf die Klassengröße besser, als der OECD-Durchschnitt ist. Wir liegen im Durchschnitt bei etwa 20 Schülern, der OECD-Durchschnitt ist 21,4. In Deutschland ist der Durchschnitt 22. In der AHS-Unterstufe liegen wir bei etwa 24, 25. Da liegt Deutschland mit 24,7 auch deutlich darüber. 

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Bundesministerin! Die Klassen­schülerhöchstzahlen dürften heute ein heißer „Brenner“ werden. Es ist interessant, dass Sie dazu einen Entschließungsantrag von ÖVP und BZÖ brauchen.

Sie haben gesagt, 2 408 Lehrer und Lehrerinnen werden es im Herbst mehr sein. Dann müssten Sie diese Stellen eigentlich jetzt im Juli ausschreiben, damit die Lehrer auch tatsächlich kommen. Wie viele von den 2 408 sollen die Länder in der Finanzierung übernehmen?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Bundesrat! Das ist ein Missverständnis. 2 408 Lehrer und Lehrerinnen werden insge­samt mehr vorhanden sein, davon sind aber schon etliche da, etwa für den Unterricht in den Kliniken. Es ist wichtig, dass Kinder, die schwer krank sind, weiter normalen Unterricht bekommen. Das sind lauter Zusatzdienstposten, die wir den Ländern geben.

Was jetzt tatsächlich dazukommt, das sind 330 Dienstposten; diese müssen die Länder ausschreiben. Wir bezahlen die gesamten 2 400 Dienstposten und zusätzlich jene Dienstposten, die sich aus dem Finanzausgleich ergeben.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur 5. Anfrage, die Herr Bundesrat Schnider stellt. – Ich bitte um Verlesung.

 


Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Ich bin erstaunt, was manchmal in Bildungsprogrammen von Parteien drinnen steht. Deshalb möchte ich jetzt konkret wissen:

1516/M-BR/2006

„Was würde es bedeuten, wenn die Vorschläge der SPÖ zur Berufsausbildung umgesetzt werden sollten?“

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Man muss in diesem Bildungsprogramm „Startklar“ nach­schlagen, das Herr Dr. Gusenbauer während seiner „Startklar-Tour“ durch Österreich überall verteilt hat. (Die Rednerin hält ein Schriftstück mit dem Titel „Startklar für Österreich“ in die Höhe. – Bundesrat Schennach: Das haben Sie zufällig dabei?!) – Das habe ich immer bei mir. Das habe ich schon im Nationalrat gezeigt. (Bundesrat Konecny: Das kann ich nicht glauben, Frau Bundesministerin!) Das habe ich immer bei mir, denn da drinnen steht ganz deutlich ... (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ein hervorragendes Programm, um die Unterschiede ... (Neuerlicher demons­trativer Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Es ist ein Beweis, um die Unterschiede zwischen einer SPÖ-Bildungspolitik und einer FPÖ-Bildungspolitik (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) – ÖVP-Bildungspolitik aufzu­zeigen. Da steht ganz klar drinnen, die SPÖ möchte die guten Oberstufen der Gymnasien mit den berufsbildenden höheren Schulen in einem Modulsystem zusam­menlegen. – Wir wollen das nicht! Wir wollen unsere guten HTLs, unsere guten Handelsakademien, unsere guten landwirtschaftliche Schulen weiterhin in der Form belassen. Wir wollen die Schulen nicht zusammenlegen. Wir wollen die Berufsaus­bildung weiter erhalten.

Zweitens. Die SPÖ möchte die gute Lehrausbildung verschulen. Das können Sie hier drinnen nachlesen. Eine Ganztagsschule soll anstelle des Unterrichts in den Berufs­schulen und der Ausbildung im Betrieb erfolgen. – Wir wollen das nicht! Wir wollen die gute Lehrausbildung aufrechterhalten – und wir werden sie auch in Zukunft auf­rechterhalten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Den Umstand betreffend, dass es gerade bei den Älteren ab 15 aufwärts sehr differenziert zugehen soll, stellt sich für mich die Frage: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Stärkung und Attrak­tivierung der Lehre gesetzt?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Bundesregierung hat gerade für die Lehrberufe und zur Aufrechterhaltung der Lehr­berufe eine Lehrlingsausbildungsprämie, eine Senkung der Lohnnebenkosten für Lehr­linge sowie die integrative Berufsausbildung eingeführt. Dabei möchte ich betonen, dass das ein besonders erfolgreiches Modell für junge Menschen ist, die sich schwerer tun. Das ist unser Weg der Individualisierung und der speziellen Förderung für junge Menschen. Wir haben 1 940 Lehrlinge im Bereich der integrativen Berufsausbildung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 36

Wir haben eine Lehrlingsoffensive im öffentlichen Dienst gestartet. Danke an alle Länder und an alle Gemeinden, die mitgemacht haben! Manche haben leider ausge­lassen. Wir haben weiters den „Blum-Bonus“ geschaffen; dadurch wurden 3 307 Lehr­linge mehr angestellt. Wir sorgen dafür, dass die jungen Menschen eine gute Ausbildung bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier, bitte.

 


Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Es ist bedauerlich, dass Herr Bundesrat Schnider Sie hier veranlasst hat, Wahlkampfpolemik einzuführen. Ich frage Sie ... (Bundesrat Dr. Schnider: Was ist da Polemik? Ich habe objektiv gefragt! – Bundesrat Dr. Kühnel – in Richtung Bundesrat Dr. Gumplmaier –: Sie sind der Polemisierer!)

Ich frage Sie: Bleiben Sie auf Grund der Verdoppelung der absoluten Zahlen bei der Jugendarbeitslosigkeit dabei, Ihre Politik auch in der nächsten Periode fortzusetzen?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wer die Zahlen richtig lesen kann, sieht, dass die Jugendarbeitslosigkeit zurückgegangen ist. (Ruf bei der SPÖ: Wo?) Ich sage Ihnen, wir bilden die jungen Menschen gut aus. Die jungen Menschen haben Möglichkeiten auf Positionen in der Wirtschaft. Und Sie wissen auch ganz genau, dass in Finnland, wo es die Gesamtschule und kein differen­ziertes Schulsystem gibt, die Jugendarbeitslosigkeit doppelt so hoch ist. Wir werden unser gutes differenziertes Schulsystem weiter ausbauen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Zuerst noch eine Bemerkung. Herr Kollege Kühnel, Sie können ja vielen in der Opposition Polemik vorwerfen, aber das ausgerechnet dem Kollegen Gumplmaier gegenüber zu tun, da würde ich Sie bitten, doch noch einmal nachzudenken. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, Sie haben vorhin vom „Blum-Bonus“ gesprochen. Ich nehme an, Sie sprechen damit den Regierungsbeauftragten für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung Egon Blum an. Dieser hat im Februar 2006 eine Reihe von Zukunftsperspektiven für Jugendliche vorgelegt, insbesondere im Bereich der Berufs­schulausbildung. Wann werden Sie dies, jenseits des „Blum-Bonus“, durch konkrete Maßnahmen in die Tat umsetzen beziehungsweise welchen Bereichen wollen Sie sich da überhaupt annähern?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: In der Berufsschulausbildung ist man ständig bemüht, die neuesten Entwicklungen in die Lehrpläne einfließen zu lassen. Sie wissen, es gibt einen Bundesausbildungsbeirat, es gibt Landesausbildungsbeiräte, die die Lehrpläne ständig überprüfen.

Ein Ziel ist, dass wir den Lehrlingen an den verschiedenen Berufsschulen in Österreich auch die Vorbereitung auf eine Berufsreifeprüfung anbieten. Die Berufsreifeprüfung muss dann allerdings in einer maturaführenden Schule abgelegt werden, aber das ist eine weitere Ausbaustufe. Es ist interessant, dass mir Betriebe gesagt haben, sie haben zuerst Angst gehabt vor der Berufsreifeprüfung, weil sie gemeint haben, es gehen dann die Lehrlinge weg, wenn sie fertig sind – jetzt sehen sie aber, dass


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 37

dadurch der Lehrberuf aufgewertet wird. Deswegen ist das ein sehr positiver Ansatz, und es gibt über 8 000 junge Leute, die sich auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wir kommen zur nächsten Anfrage, die Herr Bundesrat Kampl stellen wird. Ich bitte um die Verlesung.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­te Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister!

1519/M-BR/2006

„Welche Vorteile bringt das von der Regierung und der Rektorenkonferenz unter­zeichnete Milliardenpaket 2007 bis 2009 für die Universitäten und Studenten?“

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir haben eine große Aufgabe vor uns. Die Universitäten haben derzeit ein Gesamtbudget von 2 Milliarden €. Wir haben für die nächsten drei Jahre dieses Budget um 525 Millionen € erhöht. Wir müssen das jetzt gerecht auf die Universitäten verteilen. Damit haben die Universitäten die Chance, sich zu positionieren, Schwerpunkte zu setzen, neue Schwerpunkte zu setzen. Und mit den 500 Millionen € für den Ausbau werden die Universitäten in Österreich saniert.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Welche Entwicklung zeigt das Universitätsbudget in den vergangenen Jahren, und wie wird es sich künftig entwickeln?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Das Universitätsbudget hat sich seit dem Jahr 2000 um 15,6 Prozent gesteigert, und wir werden zügig diese Erhöhung des Budgets weiterführen. Die Universitäten in Öster­reich haben die einmalige Möglichkeit, auf drei Jahre zu wissen, welches Budget mit Steigerungen von über 11 Prozent sie erhalten. Das haben alle anderen Universitäten in Europa nicht.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundes­rätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Was werden Sie unternehmen, um die Globalbudgets der Universitäten auf das Niveau von sehr erfolgreichen Staaten wie Finnland oder Schweden anzuheben?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich meine, dass eine Budgeterhöhung um über 11 Prozent ein gewaltiger Schritt ist. Alles Weitere wird in der nächsten Legislaturperiode zu besprechen sein. (Bundesrat Konecny: Nau?! Abgeschasselt!)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Preiner, bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 38

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Frau Bundesministerin! Warum schaf­fen Sie die unsozialen Studiengebühren und die Studienbeschränkungen nicht ab?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ers­tens: Die Studienbeiträge sind nicht unsozial! Wer ein Sozialstipendium erhält, bekommt den Studienbeitrag zurück, bezahlt also de facto keinen. Über 40 000 Stu­dierende erhalten diese Stipendien in Österreich und zahlen de facto keinen Studien­beitrag.

Wir sehen, dass sich in den letzten Jahren die Zahl der Erstsemestrigen, die Zahl der Absolventen erhöht und die Studiendauer verkürzt hat. Es ist also eine sehr vernünftige Maßnahme, die wir auch weiter beibehalten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Noch eine Zusatzfrage? – Herr Bun­desrat Wolfinger, bitte.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werden Sie, wie in einer Entschließung der SPÖ und der Grünen im Bundesrat gefordert, die Forschungsschwerpunkte des „Institute of Science and Technology – Austria“ in Klosterneuburg festlegen?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich halte jede Festlegung für ein Exzellenzzentrum durch die Politik für falsch. Deswegen ist das Kuratorium beauftragt, diese Festlegungen zu treffen, und ich werde es auch so halten. Es wurde ja auch vom SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal gefordert, dass die Forschung vollkommen frei sein muss. Ich finde das auch – und sie wird frei sein! (Beifall des Bundesrates Konecny. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Ich weiß nicht, warum Sie ihm die falschen Fragen zum Stellen geben!)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur nächsten Anfrage, die Frau Bundesrätin Mosbacher stellt. Ich bitte um Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Ministerin, meine Frage:

1522/M-BR/2006

„Was waren die wesentlichsten Ergebnisse der Konferenz ,Kulturelle Bildung in Europa. Ein Beitrag zu Partizipation, Innovation und Qualität‘ vom Juni 2006 im Hinblick auf eine darauf Bezug nehmende Vertagung des SPÖ-Antrages zur kulturellen Bildung am 5.4.2006 im Kulturausschuss des Nationalrates?“

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wer mich kennt, der weiß, dass ich sehr viel Wert auf musisch-kreative Bildung, auf kulturelle Bildung lege. Diese Konferenz hat aufgezeigt, wie wichtig die musisch-kreative Bildung zur Förderung der Innovation ist. Diese Konferenz hat auch auf­gezeigt, welche grenzüberschreitenden Projekte es gibt. Diese Konferenz hat auch festgestellt, dass gerade mit musisch-kreativer Bildung, mit kultureller Bildung sehr viele Schlüsselkompetenzen verbunden sind.

Wir haben damals auch überlegt, ob wir nicht auf europäischer Ebene anregen könnten, dass man ein „Jahr der Musik“ macht. Es gibt so viele „Jahre“, und man könnte auch einmal ein „Jahr der Musik“ machen. Das haben wir als Ergebnis dieser Konferenz der Europäischen Kommission mitgeteilt.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Gehe ich richtig in der Annahme, dass dies die nächsten Aktionen sein werden, die Sie setzen werden?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir haben eine sehr gute musisch-kreative Bildung an unseren Schulen, und wir werden das sicher weiter im Auge behalten, dass gerade dort die Innovation der Kinder in besonderem Maße gefördert wird, und deswegen wird auch dieser Unterricht in Zukunft sehr wichtig sein.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die nächste Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg gestellt. – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Welche Initiativen setzt Ihr Ministerium im Bereich kulturelle Bildung?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Da wir der musisch-kreativen Bildung einen sehr großen Stellenwert geben, gibt es zahlreiche Schulaktionen, wie zum Beispiel „Kulturelles Erbe. Tradition mit Zukunft“, das Österreichische Jugendsingen, die Chorwettbewerbe, „Prima La Musica“, die „Stimm­bogen“-Initiative. Ich meine, dass wir auch in Zukunft gerade diesen Projekten die notwendige Aufmerksamkeit schenken müssen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Hat sich in den letzten Jahren die Anzahl der Unterrichtsstunden für Musik und Bildnerische Erziehung österreichweit verringert? Ich weiß nicht, ob Sie die Daten dazu da haben. Sollten sie sich verringert haben: in welchem Ausmaß?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Nach meiner Information haben sich diese Stunden nicht verringert, im Gegenteil. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Zusatzangebote es an den Schulen, an den Haupt­schulen, an den Gymnasien, ja sogar an den HTLs, diesbezüglich gibt: Spielen von Musikinstrumenten, Chorsingen, Musizieren in einer Musikgruppe, in einem Blas­orchester. Es ist wirklich unglaublich, was da alles gemacht wird.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur nächsten Anfrage, die Herr Bundesrat Bader stellt. Ich bitte um Verlesung.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1517/M-BR/2006

„Wie beurteilen Sie die derzeit vorliegenden Vorschläge zur Senkung der Klassen­schülerhöchstzahl?“

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 40

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich meine, dass es eine sehr wichtige Diskussion ist, denn da muss es auch eine Meinungsbildung geben, gemeinsam mit den Landeshauptleuten. Es ist so, dass wir sehr genau überlegen müssen, ob es wirklich so sein soll, dass das 26. Kind die Klasse teilt, denn es kann ja manchmal so sein, dass die Schule eine andere Ent­scheidung fällen möchte und sagt, mit 26 Kindern geht es sehr gut, aber wir möchten zusätzliche Angebote machen.

Das heißt, wir müssen erstens genau schauen, wie es im Herbst ausschaut, und müssen dann zweitens schauen, wie es sinnvoll ist. Sinnvoll ist es meiner Meinung nach, wenn wir einen Richtwert haben, es aber der Schule selber überlassen, wie sie dann die Einteilungen macht. So wird es in Finnland gemacht, so hat es die Zukunfts­kommission vorgeschlagen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Ich wollte eigentlich noch fragen, welchen Vorschlag die Zukunftskommission dazu gemacht hat.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Zukunftskommission hat gesagt, dass wir einen Richtwert festlegen sollen, dass wir es aber in der Autonomie der Schule belassen sollen. Die Schule bekommt die Res­sourcen – und das ist die große Frage, die wir mit den Landeshauptleuten diskutieren müssen – und kann sich selber ihre Klassen, ihre Gruppen und ihre zusätzlichen Angebote einteilen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Wiesenegg, bitte.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzte Frau Minister! Ich stelle vorher klar, dass die Sozialdemokraten nicht 100 000 Lehrer gefordert haben, sondern 100 000 Ganztagsschulplätze. – Das ist die eine Korrektur.

Die zweite ist: Sie haben vor einigen Minuten erklärt, dass es Ihnen wichtig, nicht während der Schulzeit oder während eines Schulrahmens die Schülerzahlen zu ver­ändern, Klassen zusammenzulegen, auseinander zu reißen. – Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Ihre Schulbehörde macht das in meinem Bezirkshauptort Reutte. Sie werden das jetzt konkret nicht beantworten können, aber: Wie stehen Sie generell dazu?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ob es gemacht wird, darüber reden wir, lieber Herr Bundesrat, im September. Die Planungen sind oft ein Aufreger – und am Schluss schaut es dann manchmal ganz anders aus. Deswegen sind wir mit den einzelnen Ländern auch in Verhandlungen, auch bezüglich der zusätzlichen Angebote, damit man Härten vermeiden kann.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Frau Dr. Lichtenecker, bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Frau Ministerin! Die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl ist eine sehr löbliche Sache. Die Frage stellt sich aber für die Länder: Wie soll die Finanzierung der Aufstockung des Lehrkörpers und so weiter tatsächlich geschehen? Übernimmt das der Bund, sollen das die Länder machen? Was, denken Sie, soll da vonstatten gehen?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 



Bundesrat
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Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wenn die Länder dieselbe Meinung haben, dann wird man sich im Finanzausgleich darauf einigen. Dann wird der Bund selbstverständlich seinen Anteil oder seine Aufgaben, nämlich die Pflichtschullehrer zu bezahlen, übernehmen, wenn es eine Einigung im Finanzausgleich gibt. Was es ansonsten an Notwendigkeiten gibt, ist vom jeweiligen Schulerhalter zu tragen. Das muss ich klar sagen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Vilimsky, bitte.

 


Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wenn man das Thema Klassenschülerhöchstzahl von der anderen Seite her betrachtet, ist man beim Thema der Klein- und Kleinstschulen, die ja zurzeit massiv von Schließungen bedroht sind – Stichwort Steiermark, Vorarlberg, Kärnten. Da gibt es eine große Debatte. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Linz!) Dieses Thema wird auch immer wieder im Zusammenhang mit der Klassenschülerhöchstzahl diskutiert. Für das Jahr 2007 ist abermals eine Absenkung um 1 000 Schüler für diese Klein- und Kleinstschulen prognostiziert; das war unlängst den Medien zu entnehmen. Sie selbst haben sich immer massiv für den Erhalt dieser wichtigen Schulen, vor allem im dünn besiedelten ländlichen Raum, eingesetzt.

Was ist Ihr Rezept zur Sicherung dieser Klein- und Kleinstschulen?

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ein Rezept gibt es nicht! Wenn keine Kinder mehr da sind, dann gibt es keine Schule mehr. Die Frage ist: Bei wie vielen Kindern erhalte ich einen Schulstandort noch aufrecht? Und die Frage ist auch: Ist es sinnvoll, die Kindergartenkinder in einen anderen Ort zu führen, aber die Schulkinder nicht?

Diese Fragen müssen vor Ort geklärt werden. Ich plädiere dafür, dass man bei allen Entscheidungen langfristig denkt. Wenn die Zahl der Geburten wieder zunimmt, dann halte ich es für gerechtfertigt, dass man auch bei einer sehr kleinen Schülerzahl den Standort noch aufrechterhält. Wenn es aber mit der Geburtenrate immer weiter ab­wärts geht, dann muss man sich überlegen, wo die Kinder besser den Unterricht erhalten können. Wir haben als Regelzahl ungefähr zehn; diese kann aber auch unterschritten werden. Dafür gibt es aus dem 12-Millionen €-Topf zusätzliche Dienstposten.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Zahl der Geburten so ansteigt, dass wir die Kleinschulen alle aufrechterhalten können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Wiesenegg.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesminister.

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Ich mache jetzt einige Mitteilungen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der Bundeskanzler hat über eine Ent­schließung des Bundespräsidenten die Mitteilung gemacht, dass die Bundes­ministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner am 5. und 6. Juli 2006 durch den Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek vertreten wird.


Bundesrat
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Weiters hat der Bundeskanzler über Entschließung des Bundespräsidenten die Mitteilung gemacht, dass die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat am 6. Juli 2006 durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer vertreten wird.

Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Hinsichtlich der eingelangten, verviel­fältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2204/AB und 2205/AB (Liste der Anfrage­beantwortungen s. S. 11) verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Steno­graphischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Der eingelangte Erste Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt vom Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wurde dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zugewiesen.

Darüber hinaus ist der Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen eingelangt, der dem Finanzausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Weiters ist der Entschließungsantrag 154/A(E)-BR/2006 der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von kulturellen Veranstaltungen und volkskundlichen Veranstaltungen beziehungsweise solchen Veranstaltungen, die der Pflege der eigenen Geschichte dienen, in der Sicher­heitsgebühren-Verordnung eingelangt, der dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ebenso eingelangt ist der Entschließungsantrag 155/A(E)-BR/2006 der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Ing. Kampl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung der österreichischen Wasserkraft, der dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Diese Verhandlungsgegenstände sind auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt worden.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages ist beabsichtigt, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, 7 und 8, 10 bis 12, 13 und 14, 16 und 17 sowie 19 und 20 unter einem zu verhandeln.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Auch das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.


Bundesrat
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10.58.271. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärzte­gesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheits­rechts­änderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1414 d.B. und 1495 d.B. sowie 7539/BR d.B. und 7601/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bun­desinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheits­förderungs­gesetz geändert werden (1430 d.B. und 1496 d.B. sowie 7602/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen jetzt in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung zu den Punkten 1 und 2 hat Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier übernommen. Ich ersuche um die Berichte.

 


10.59.04

Berichterstatter Dr. Erich Gumplmaier: Ich bringe den Bericht des Gesund­heitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuran­stalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesund­heitsrechtsänderungsgesetz 2006).

Die Beratungen haben zum Ergebnis geführt, dass der Gesundheitsausschuss den Antrag stellt, der Bundesräte möge beschließen, gegen den Beschluss des National­rates betreffend das erwähnte Bundesgesetz mit der schriftlich vorliegenden Begrün­dung Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den ersten Bericht. Darf ich um den zweiten bitten.

 


11.00.10

Berichterstatter Dr. Erich Gumplmaier: Ich bringe weiters den Bericht des Gesund­heitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungs­gesetz geändert werden.

Das Ergebnis der Beratungen hat zu folgendem Antrag geführt: Der Bundesrat wolle beschließen, gegen den Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben. – Die Begründung liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor, und es wurde vereinbart, auf eine Verlesung zu verzichten.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte und die Antrag­stellungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


11.01.14

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Bundesgesetz über die Gesundheits-GmbH –


Bundesrat
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zu diesem Punkt werde ich sprechen – wird der Bund verpflichtet, ein „Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen“ einzurichten. Das ist auch eine Anpassung an EU-Recht, weil die Rechtsgrundlage des ÖBIG nicht den EU-rechtlichen Vorgaben in Bezug auf Vergabe- und Beihilfenrecht entspricht.

Hauptanliegen ist jedoch die im öffentlichen Interesse gelegene Nutzung der fachlich-inhaltlichen Synergieeffekte, die sich durch das Zusammenwirken der drei einander ergänzenden Geschäftsbereiche ergeben. Die neue Gesellschaft wird also in der Lage sein, nicht nur alle wesentlichen Daten zum Gesundheitswesen zu sammeln und wis­sen­schaftlich auszuwerten, sondern kann durch die Geschäftsbereiche „Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen“ und „Fonds Gesundes Österreich“ auch gleich auf eine eventuell sichtbar werdende Disparität reagieren und die erforderlichen Maßnahmen in Bezug auf Qualitätssicherung und Gesundheitsförderung setzen. – So weit, so gut.

Ich möchte aber auf Ihre unqualifizierten Äußerungen im Gesundheitsausschuss des Bundesrates zurückkommen. (Bundesrat Kraml: Was heißt „unqualifiziert“?!) Frau Kollegin Ebner – sie ist leider im Moment nicht im Saal anwesend – hat behauptet, dass mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung das Gesundheitssystem ablehne und gegen die Politik von Bundesministerin Rauch-Kallat sei. Frau Bun­desrätin Ebner stützte sich dabei auf Aussagen aus ihrer Gemeinde, aus ihrem Bezirk. – Dann haben Sie wohl vergessen, Ihre MitbürgerInnen über dieses Gesund­heitssystem in Österreich, über die Reformen im Gesundheitssystem, zum Beispiel die Gesundheitsreform 2005 mit den fünf Handlungsfeldern Gesundheitsförderung, Inno­vation, Qualitätssicherung, Strukturverbesserung und Finanzierung zu informieren! (Bundesrat Kraml: Aber die Leistungen werden immer geringer!)

Herr Kollege Kraml, ich komme dann auch auf das zu sprechen, was hier alles ge­schehen ist, wobei ich da noch einen Kernpunkt herausgreifen möchte: den öster­reichischen Strukturplan Gesundheit, der die bisher getrennte Finanzierung im Gesund­heitswesen zusammenführt, und zwar mittels der Bundesgesundheitsagentur und der Gesundheitsplattformen in den Ländern.

Das sind Meilensteine der Gesundheitspolitik! Oder auch die Medikamentenversorgung im urbanen Raum beziehungsweise im ländlichen Raum mit den Hausapotheken. – Haben Sie das alles vergessen? Oder waren Sie etwa nicht anwesend, als wir diese Erfolge der österreichischen Gesundheitspolitik in den letzten Wochen und Monaten diskutiert haben? Dann geben wir Ihnen natürlich gerne Nachhilfeunterricht, Frau Kollegin


Bundesrat
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(Bundesrat Konecny: Helfen Sie lieber dem ... Gesundheitssystem wieder auf die Füße!), und die Frau Gesundheitsministerin wird gerne bei Ihnen in der Gemeinde oder im Bezirk vorbeikommen und da eine kleine, aber feine und angenehme Schulung durchführen, damit Sie nicht so vergesslich sind.

Übrigens gibt es auch einen Bericht der EU über die Zufriedenheit der Bevölkerung, und da liegt Österreich, was das Gesundheitssystem anlangt, an zweiter Stelle! Und wenn Sie diesem Bericht der EU-Kommission nicht glauben, dann gibt es auch noch eine Gesundheitsbilanz des World Competitiveness Report, und dieser besagt, Österreich liegt an erster Stelle in der Welt! – Und da behaupten Sie von der SPÖ, das österreichische Gesundheitssystem werde von der Bevölkerung abgelehnt?! Das ist doch paradox! Ich kann Ihnen nur sagen, liebe Frau Kollegin Ebner, und auch dem Professor Konecny: Ihre Aussagen entbehren jeglicher Grundlage! (Bundesrat Kraml: Das stellen Sie fest! Sie können das feststellen!)

Ich habe eine Empfehlung aus der Bibel für Sie: Es ist zwar schade, aber streuen Sie Asche über Ihr Haupt und tun Sie Buße, liebe Kollegin! Das muss ich Ihnen empfehlen. (Bundesrat Konecny: An Feststellungen der Bibel zur Gesundheitspolitik kann ich mich nicht erinnern!)

Das ist eben Ihre große Problematik, Herr Professor Konecny: Sie können ausge­zeichnete Leistungen nicht akzeptieren, sondern reden sie immer schlecht. Es wäre an der Zeit, dass Sie einmal eine neue Platte auflegen. (Bundesrat Gruber: Herr Kollege Mayer! Zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung fürchten um ihre Gesund­heitsversorgung! – Das ist eine aktuelle IMAS-Umfrage!)

Das wird wahrscheinlich wieder einer der berühmten Berichte aus Ihrer „Startklar“-Vision sein, die im Prinzip ein Fehlstart ist, lieber Herr Kollege Gruber. (Bundesrat Gruber: Nein, das ist es wirklich nicht!) Sie müssen also aus Ihren gesundheitlichen Ideologien hier nichts erzählen. (Bundesrat Gruber: Aber Sie sollen sich einmal mit den Fakten auseinander setzen – und nicht nur schönreden und Lobhudelei machen!)

Wir haben etwas geleistet im Gesundheitssystem (Bundesrat Gruber: Sie sind ein Schönredner!) – das, was Sie jahrelang verabsäumt haben. (Bundesrat Konecny: Sie haben „sicher“ etwas geleistet!) Wir haben sehr viel geleistet! (Bundesrat Konecny: Sie haben sicher „viel“ geleistet!) Das kann ich Ihnen hier einmal ganz klar und genau erklären. Und die Gesundheitsreform ist eine Erfolgsreform, lieber Herr Kollege Gruber! (Bundesrat Gruber: Zwei Drittel der Österreicher fürchten um ihre Gesund­heits­versorgung! Das ist der „Erfolg“!)

Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Schauen Sie in den Spiegel, Herr Kollege Gruber, dann werden Sie sehen, dass Ihre Aussage einfach falsch ist! (Bundesrat Konecny: Wir reden mit den Leuten! – Sie schauen in den Spiegel und sind stolz auf sich!)

Ich kann Ihnen auch nicht ersparen, dass wir Ihren vorliegenden Antrag auf Einspruch gegen das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH ablehnen. Dieser ist nicht nur parteipolitisch motiviert und polemisch, sondern ist auch noch inhaltlich falsch, wie wir im Gesundheitsausschuss gehört haben. Aber das wollen Sie ebenfalls nicht zur Kenntnis nehmen. Sie zitieren hier Experten, die offensichtlich keine sind – aber das sind wir ja inzwischen von Ihnen gewohnt, dass Sie immer schlecht beraten sind.

Sie schreiben in diesem Antrag – ich zitiere Ihren eigenen Schriftsatz –:

„Ein besonderes Beispiel für die kalte Umsetzung von Machtpolitik ist der Beschluss des Nationalrates ...“

Weiters: „... die ÖVP-Behauptungen, dass die bisherigen Rechtsgrundlagen des ÖBIG nicht den EU-rechtlichen Vorgaben in Bezug auf Vergabe- und Beihilfenrecht ent­sprechen, sind in diesem Zusammenhang unglaubwürdig.“

Das ist unrichtig, was Sie hier schreiben! Im Ausschuss wurde von den Experten ganz klar festgestellt, dass diese nicht EU-rechtswidrig sind, sondern EU-Recht ent­sprechen! Die Professoren der juridischen Fakultät haben das auch ganz klar bestätigt! (Bundesrat Kraml: Ja ja, ja ja!)

Weiters schreiben Sie: „Die ÖVP-Gesundheitsministerin Rauch-Kallat schafft sich eine ,Machtbasis mit vollem Durchgriffsrecht‘ auf das bisher unabhängige Bundesinstitut ...“ (Bundesrat Konecny: Ja! – Bundesrat Gruber: Jawohl! Genau so ist es!) – Ja bitte, welche Wortwendungen sind denn das? – Herr Professor Konecny, da ist Ihnen offensichtlich die politische Kultur abhanden gekommen! Das möchte ich Ihnen hier


Bundesrat
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wirklich mit auf den Weg geben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Na, die kommt eher Ihnen noch abhanden! – Bundesrat Kraml: Werden Sie nicht beleidigend!)

Herr Kollege Kraml, wissen Sie, wir sind da nicht beleidigt (Bundesrat Konecny: Oh ja! – Bundesrat Gruber: Sie werden beleidigend!), aber wenn eine derart ausge­zeich­nete Reform gemacht wird, dann soll man das entsprechend würdigen, anstatt es schlechtzureden in einem zehn- oder zwölfseitigen Schriftsatz, der jeder Grundlage entbehrt.

Die Länder haben sich, zugegeben, in der Begutachtungsphase in ihren Stellung­nahmen sehr kritisch zu diesem Gesetz geäußert. (Bundesrat Gruber: Aus gutem Grund!) So hat das Land Vorarlberg die Zusammenfügung des Fonds ÖBIG und des FGÖ abgelehnt. (Bundesrat Konecny: Ja!) Hiezu haben jedoch weitere Gespräche stattgefunden, und wie unser Gesundheitslandesrat Dr. Hans-Peter Bischof erklärt hat, wird Vorarlberg auf Grund einiger Nachbesserungen seine Zustimmung mit Vorbe­halten geben. (Bundesrat Kraml: „Mit Vorbehalten“! – Lebhafte ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.  Bundesrat Konecny: Herr Kollege, ... lächerlich! – Bundesrat Gruber: Das sagt eh alles!)

Gerade aus dieser Sicht – und jetzt komme ich auf Sie zu sprechen – ist es für unsere Fraktion und für mich als Föderalisten überhaupt nicht nachvollziehbar (Bundesrat Kraml: Sie sind ein richtiger „Föderalist“!), dass Sie dem Antrag unserer Fraktion auf Vertagung dieser beiden in Diskussion stehenden Tagesordnungspunkte und auf Ladung von Experten und politisch Verantwortlichen aus den Ländern nicht zuge­stimmt haben. Damit hätten wir ein authentisches Bild bekommen, wie sich die Dinge in den Ländern entwickelt haben oder ob es Nachbesserungen und Gespräche gege­ben hat. Das haben Sie jedoch abgelehnt!

Ich frage Sie nun, Frau Kollegin Ebner oder Frau Kollegin Lichtenecker: Sind wir Ländervertreter (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ich schon!) – das kommt mir nicht so vor, gerade bei Ihnen! –, oder sind wir keine Ländervertreter? (Bundesrat Gruber: Fragen Sie sich einmal selber! Da würde ich einmal in den Spiegel schauen, Herr Kollege!) Das, was Sie in dieser Sache hier praktiziert haben, ist reine Parteipolitik, Herr Kollege Gruber (Bundesrat Gruber: Schauen Sie einmal in den Spiegel!) – und das ist abzulehnen! –, ohne dass Sie auch nur einen einzigen Funken von Län­derinteressen hier mit eingebracht haben. Sie praktizieren oder strapazieren die Geschäftsordnung des Bundesrates nur dann, wenn sie zu Ihrem eigenen Vorteil ist, wenn Sie daraus politisches Kapital schlagen können! – Ein weiterer Beweis Ihrer unsinnigen Verzögerungs- und Verschleppungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Gerade Sie, Frau Kollegin Lichtenecker, wo Sie heute so einen euphorischen Start erlebt haben mit der Übernahme der oberösterreichischen Präsidentschaft (Bundes­rätin Dr. Lichtenecker: Ich bin jetzt noch in Trance!), hätten sagen sollen: Ich bin eine Föderalistin, Ländervertreterin mit Leib und Seele, und da stimme ich jetzt einmal mit der ÖVP (lebhafte ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny), denn dieser Antrag war sehr vernünftig! – Aber Vernünftiges wollen Sie eben nicht nachvollziehen.

Aus Vorarlberger Sicht – um nochmals darauf zurückzukommen – werden wir dem Gesetz zustimmen. Wir erwarten jedoch, dass die unsererseits aufgezeigten Themen ernst genommen werden, und hoffen, dass ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand, hin­sichtlich dessen es ja Bedenken gegeben hat, nicht eintreten wird.

Ich darf deshalb zu den beiden vorliegenden und in Diskussion stehenden Gesetzen folgende Anträge einbringen:


Bundesrat
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Antrag

gem. § 43 GO-BR

der Bundesräte Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1414 d.B. und 1495 d.B. sowie 7539/BR d.B. und 7601/BR d.B.), keinen Einspruch zu erheben (TOP 1)

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrats vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechts­änderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1414 d.B. und 1495 d.B. sowie 7539/BR d.B. und 7601/BR d.B.), wird kein Einspruch erhoben.

*****

Antrag

gem. § 43 GO-BR

der Bundesräte Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bun­desgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Ge­sund­heitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1430 d.B. und 1496 d.B. sowie 7602/BR d.B.), keinen Einspruch zu erheben (TOP 2)

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungs­gesetz geändert werden (1430 d.B. und 1496 d.B. sowie 7602/BR d.B.), wird kein Einspruch erhoben.

*****

Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.11


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Sie haben die beiden Anträge gehört. Sie sind genügend unterstützt und stehen demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Einwallner. – Bitte.

 


11.11.51

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Als Vorarlberger kenne ich ja Kollegen Mayer ein bisschen besser als manch anderer hier. Wenn er hier


Bundesrat
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so aufgeregt und hektisch am Rednerpult agiert, dann weiß ich, dass er eine schlechte Vorlage schönreden muss – und genau das hast du hier versucht, lieber Kollege Mayer! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich werde in meinem Debattenbeitrag auf die Gesundheit Österreich GmbH eingehen.

„Gesundheit Österreich GmbH“, meine Damen und Herren – sprechen wir es einfach aus: Gesundheit Österreich – eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Ja!) – Das ist offenbar das Ergebnis der Regie­rungspolitik! Das scheint es zu sein.

Es gab in diesem Land lange Zeit einen Grundsatz: dass man bei wesentlichen The­men – und die Gesundheitspolitik ist einer der wesentlichsten Bereiche unserer Gesellschaft – möglichst breiten Konsens erzielt und alle Partner einbindet in Verhand­lungen; dass man alle Partner einbindet (Bundesrat Perhab: ... staatstragende Partei!) und auch Meinungen und Bedenken achtet und entgegennimmt. – Genau das wurde in diesem Fall jedoch nicht gemacht! Die ÖVP hat diesen Weg verlassen, und sie ignoriert alle Bedenken – von den verschiedensten Stellen –, die zu diesen Gesetzen angemeldet wurden; ich werde im Laufe meines Debattenbeitrages noch weiter darauf eingehen.

Wenn wir von zukunftsfähiger und zukunftsorientierter Gesundheitspolitik sprechen, müssen aus meiner Sicht nicht nur die Leistungen an die Bedürfnisse der Menschen von morgen angepasst werden – da gibt es viele Bereiche zu beachten: die demo­graphische Entwicklung, die gesteigerten Bedürfnisse im Pflegebereich, auch die weiteren technischen Entwicklungen, die es gibt –, sondern es wird auch wichtig sein, eine moderne und flexible Organisationsform zu entwickeln, die einerseits die Qualität des vorhandenen Systems sicherstellt, aber auch die Möglichkeit gibt, dieses System gut und richtig weiterzuentwickeln. Und es muss auch möglich sein, vorhandene Kosteneinsparungspotentiale zu nutzen.

Es ist mir wichtig – und das sage ich hier auch ganz klar, dass ich davon überzeugt bin –, dass sich Österreich als eines der reichsten Länder eine hochwertige, qualitativ gute Gesundheitsversorgung leisten kann und leisten muss: Es muss ein Zugang zu moderner, qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung für jede Österreicherin und jeden Österreicher möglich sein, und das müssen wir gewährleisten.

Eines wird das aber voraussetzen: dass es eine breite Zusammenarbeit gibt – eine Zusammenarbeit aller Partner: der Sozialversicherungen, der Anbieter der Gesund­heitsleistungen und natürlich auch der Politik.

Leider hat die ÖVP – und das ist leider Machtpolitik, was hier betrieben wird! – mit diesen Grundsätzen gebrochen. Und ein weiteres Beispiel dieser falschen Vorgangs­weise sind die beiden Gesetze, die hier heute behandelt werden.

Die Frau Ministerin schafft sich mit der Gesundheits-GmbH ein Durchgriffsrecht in ein bisher unabhängiges Bundesinstitut für Gesundheitswesen, und dieses Institut war zum Beispiel für den Strukturplan Gesundheit zuständig. Was bedeutet das jetzt im Klartext? – Dass in Zukunft die Ministerin allein politisch steuern wird, wo es welche Spitalsabteilungen gibt, welche Qualitätskriterien gelten werden, wie viel Personal dort vorhanden sein wird – das wird nur mehr allein von der Ministerin gesteuert werden!

Dass diese Gesellschaft natürlich dann auch eine neue Geschäftsführung braucht, liegt auf der Hand. Und wenn man weiß, wie in den letzten Jahren Posten beschickt wurden, dann darf man wahrscheinlich schon einem braven ÖVP-Parteisoldaten zu einem neuen Job gratulieren, denn so, wie die ÖVP in diesem Land in den letzten Jahren umgefärbt hat, wird auch da wahrscheinlich das Ergebnis sein, dass ein braver


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ÖVP-Parteigänger einen neuen Geschäftsführer-Posten bekommt. (Bundesrat Höfinger: Wenn etwas umgefärbt wird, muss es schon eingefärbt gewesen sein!)

Es haben heute schon alle Fraktionen viel vom Föderalismus gesprochen – und dieses Gesetz ist ein „Super“-Beispiel: Der Bund ist jetzt zu 100 Prozent Gesellschafter. Und die Mitsprache der Länder? – Hoppala! Da fehlt doch irgendetwas!

Jetzt wird es nämlich interessant: Mitsprache der Länder, wo gibt es die noch? – In der Institutskonferenz, beratend! – Na, bravo! Beratende Stimme in der Institutskonferenz, das ist doch eine „tolle“ Mitsprachemöglichkeit der Länder! (Beifall bei der SPÖ. – Die Bundesräte Kraml und Gruber: Das ist „Föderalismus“!)

Also da müsste die Länderkammer aufstehen, und da müssen wir als Ländervertreter uns dagegen wehren!

Ich habe mich gewundert, lieber Kollege Mayer, dass du als Kontraredner hier her­außen standest. Da hast du offenbar die Stellungnahmen des Landes nicht gelesen (Bundesrat Gruber: Dein eigenes Bundesland!), denn das Land Vorarlberg wehrt sich ebenfalls zu Recht gegen diese beiden Gesetze – zu Recht! (Bundesrat Gruber: Das weiß der Kollege noch nicht!)

Als vom Land Vorarlberg entsandter Bundesrat darf ich hier noch einmal kurz zusam­menfassen, was die größten Bedenken des Landesrates Bischof und seiner Abteilung waren. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Nein, nein! Das willst du nur nicht hören! (Bundesrat Gruber – in Richtung des Bundesrates Mayer –: Das willst du nicht hören! „Föderalist“! Großer „Föderalist“!)

Meine Damen und Herren! Es hat zwei Stellungnahmen des Landes Vorarlberg gegeben, und in der zweiten – in der späteren – finden sich folgende Punkte:

Durch die Zusammenführung ergeben sich keine Mehrwertpotentiale, durch die Zusam­menführung ergeben sich keine Einsparungspotentiale; bei der Verwendung der Mittel muss ein ausreichendes Mitspracherecht vorgesehen werden – und das ist nicht der Fall. – All das kritisiert das Land Vorarlberg nach wie vor!

Wenn du, Kollege Mayer, sagst, es hat vom Land Vorarlberg leichte Bedenken gegeben, aber trotzdem kannst du unter Vorbehalt zustimmen, dann muss ich dich aufrufen, als Bundesrat hier dagegen zu stimmen und diesen Einspruch mit uns zu beschließen! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

Das Land Vorarlberg lehnt diese Konstruktion ab. Das Land Vorarlberg steht aber mit dieser Kritik nicht alleine da: Es gibt eine ganz ähnliche Stellungnahme aus dem Land Tirol – auch da gibt es auf Seiten des Landes Tirol starke Bedenken.

Das sind nur ein paar Punkte der Stellungnahmen aus den verschiedensten Ländern. Aber wenn man sich die Stellungnahme des Landes Vorarlberg, der Vorarlberger Lan­desregierung anschaut, sieht man ganz klar, Frau Ministerin, dass Ihre Arbeit nicht einmal von Ihren ÖVP-Parteifreunden goutiert und gutgeheißen wird. Wie gesagt, auch nach diesem Begutachtungsverfahren noch eine sehr kritische Stellungnahme des Landes Vorarlberg.

Und nicht nur die Länder haben protestiert: Es gab auch eine sehr negative Stellung­nahme des Rechnungshofes; die Österreichische Ärztekammer weist auf große Bedenken hin, ebenso der Hauptverband. – Sie sehen also: Wir stehen mit unserer Kritik nicht alleine da, sondern haben breite Unterstützung von all jenen, die von dieser falschen Politik betroffen sind.

Ich denke, Frau Ministerin, das ist keine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik, son­dern Machtpolitik, und zwar auf dem Rücken des österreichischen Gesundheits-


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systems, Machtpolitik auf dem Rücken der Österreicherinnen und Österreicher! Da machen wir von der SPÖ nicht mit!

Verantwortungsvolle Gesundheitspolitik braucht aus unserer Sicht eine Einbindung aller Partner. Gesundheitsplanung und Qualitätssicherung im Gesundheitswesen an den Sozialversicherungen und an den Ländern vorbei ist zum Scheitern verurteilt.

Wir Sozialdemokraten lehnen diese Entwürfe ab, verlangen die Beibehaltung der Unab­hängigkeit von ÖBIG und Fonds Gesundes Österreich sowie die Gründung eines unabhängigen Qualitätsinstitutes. Daher werden wir gegen beide Gesetzesbeschlüsse Einspruch erheben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.21


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


11.21.11

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum ersten Punkt, zum Gesundheitsrechtsänderungsgesetz: Da gibt es das Problem, dass eine Menge an Materien – zu unserem großen Bedauern – in einem abgehandelt wurden. Ich möchte heute und hier einen Appell an alle hier vertretenen Parteien richten, sich dafür einzusetzen, dass in der neuen Legislaturperiode von so etwas Abstand genommen wird! Wir thematisieren das jetzt schon zum wiederholten Mal, weil wir denken, dass es durchaus Sinn macht, manche Gesetze einstimmig zu beschließen und nicht beein­spruchen zu müssen, um damit grenzüberschreitende Kooperationen nicht zu behindern. Wir bedauern sehr, dass diese Verquickung der Materien durchgeführt wird, obwohl diese sachlich und gesetzlich nichts miteinander zu tun haben. – Das sei vorausgeschickt.

Beim ersten Bereich sehen wir folgendes Problem: Es ist nicht einzusehen, dass geistig abnorme Rechtsbrecher in der Allgemeinpsychiatrie untergebracht werden sollen. Diese Menschen haben Recht auf beste Betreuung und Versorgung. So, wie diese Psychiatrien momentan ressourcenmäßig und inhaltlich ausgestattet sind, ist nicht zu sehen, dass das in dieser Form gewährleistet werden kann.

Der nächste Punkt betrifft den Solidaritätsfonds, der eingerichtet werden soll. Ich denke, die Frau Ministerin wird gute Gründe gehabt haben, Überlegungen anzustellen, einen Gesetzentwurf zu machen. Ich spreche der Frau Ministerin den guten Willen nicht ab, aber das geht aller Wahrscheinlichkeit nach am Ziel und an den guten Absichten vorbei. Es ist fraglich, ob man tatsächlich eine Kollektivhaftung aller Ärzte für ein Fehlverhalten einzelner herbeiführen kann. Es gibt zwischenzeitlich auch ein Rechtsgutachten des Verfassungsjuristen Univ.-Prof. Dr. Öhlinger, in dem Bedenken geäußert werden. Insofern ist es gut und klug, das noch einmal zu überlegen und zu schauen, was das im Konkreten bedeutet. Es ist uns wichtig, dass es eine Nachdenkpause gibt; daher werden wir dem Antrag auf Beeinspruchung zustimmen.

Zum zweiten Bereich, zum ÖBIG, zum Fonds Gesundes Österreich, zum Bundes­institut für Gesundheitswesen und deren Zusammenführung: Kollege Mayer, was ich wirklich eigentümlich finde, ist der ewige Anspruch der Bundesräte der ÖVP, die einzigen, die alleinigen Föderalisten zu sein und die Länder zu vertreten. (Bundesrat Mayer: Das sind wir auch! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Das ist nicht die Wahrheit! Das ist eigentlich eine unglaubliche Geschichte, die hier gern in der Regel auch von dir verbreitet wird – und dagegen verwahre ich mich wirklich heftig! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Zusammenlegungen können durchaus positive Aspekte haben. Ich als oberöster­reichische Bundesrätin habe auch nach dem Begutachtungsverfahren aus Oberöster­reich noch immer die Stellungnahme übermittelt bekommen, dass die sachliche, dass die rechtliche Erforderlichkeit der Gründung einer GmbH dem vorliegenden Gesetz­entwurf nicht entnommen werden kann. Die derzeitige Rechtsform habe sich bewährt und so weiter, heißt es da. Das ist durchwegs eine Stellungnahme, die das in keinster Weise begrüßt! Zum Beispiel heißt es weiter, die Konstruktion der unabhängigen weisungsfreien Fonds sollte daher bestehen bleiben. – Und so geht die Begründung weiter.

Der zweite Aspekt betrifft die Wirtschaftskammer Österreich, Frau Kollegin Zwazl. (Bundesrätin Zwazl: Ich warte!) Auch dort gibt es Bedenken. Ich zitiere:

„Bedenken bestehen jedoch im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der GmbH; im Entwurf sind bedenkliche Sonderbestimmungen enthalten, die von uns ausdrücklich abgelehnt werden.“ – Ausdrücklich abgelehnt: von der Wirtschaftskammer Österreich! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Bravo!)

Ich zitiere weiters: „Im Detail werden abgelehnt:

1. Die Gesellschaftsstruktur der Gesundheit Österreich GmbH mit einem Übergewicht des Bundes“

„2. Fehlende Gewährleistung des Grundrechts der ‚Freiheit der Wissenschaft‘“

Kollege Einwallner hat dazu die Ausführungen Vorarlbergs schon angesprochen. Mich verwundert dieses Verhalten sehr! Vorarlberg betont explizit, dass es sich eine Beteiligung in einem Drittel Bund, einem Drittel Länder und einem Drittel Hauptverband gewünscht hätte. Das ist jedoch nicht eingetreten! Das war eine zentrale Forderung, aber du, Kollege Mayer, stellst dich hier her und hältst ein Plädoyer dafür! Ich verstehe dich nicht! (Bundesrat Mayer: Sie haben ja nicht zugehört!) Wo ist deine Län­dervertretung? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrat Mayer: Wir haben eine Mitsprache ...!)

Seitenweise geht es so dahin mit Stellungnahmen aus den Ländern! Aus fast allen Bundesländern gibt es negative Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf.

Als Länderkammer sollten wir unser Recht und unsere Pflicht wahren, einen neuen Diskussionsprozess einleiten und das Ganze zurückschicken. Neue Nachdenkphase und neue Überlegungen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.27


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Erlitz. – Bitte.

 


11.27.11

Bundesrat Mag. Wolfgang Erlitz (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Meine Damen und Herren! Ich schließe nahtlos an die Reden meiner Vorrednerin und meines Vorredners an, denn auch ich beziehe mein Motiv dieser Ablehnung aus den heutigen Wortmeldungen. Herr Landeshauptmann Pühringer hat gesagt: Bekennt­nis zu starken Bundesländern ist starke Länderkammer! Herr Präsident Kneifel hat gesagt: Bundesrat als Säule des Föderalismus heißt auch mehr Bürgernähe! Das heißt, mehr zuzuhören, was die Institutionen, die Menschen sagen. – Genau das tun wir hier.

Ich nehme heute meine klassische Aufgabe als Mitglied des Bundesrates, als Mitglied der Länderkammer, als Interessensvertreter meines Bundeslandes wahr, und ich würde mir auch von den anderen steirischen Vertretern erwarten, hier ähnlich aufzutreten. Das Amt der steiermärkischen Landesregierung – die Fachabteilung 8A –


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lehnt in seiner Stellungnahme das vorliegende Bundesgesetz, mit dem die Gesundheit Österreich GmbH errichtet wird, ab, und zwar mit Nachdruck! (Bundesrat Mag. Klug: Jawohl!)

Ich erinnere mich: Vor Kurzem hat die damalige Frau Präsidentin Roth-Halvax zu einer Klausur nach Baden geladen. Da gab es kleine Gesprächsrunden, und da wurde zumindest in den Gesprächsrunden, in denen ich vertreten war, darüber gesprochen, was die eigentlichen Aufgaben des Bundesrates seien und welche Funktion man eigentlich wahrnehmen sollte. Dabei hat sich meiner Meinung nach herauskristallisiert, dass der Bundesrat in erster Linie Länderinteressen – auch parteiübergreifend! – wahrnehmen soll! Das hat sich dort so ergeben. Es wurde gesagt, man solle nicht immer Parteidisziplin halten müssen, eigentlich gehe es darum, die Länderinteressen zu vertreten. Da sollten sich die Ländervertreter auch hier zusammen ... (Bundesrat Bieringer: Die Worte hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!)

Das war so, da waren auch Sie dabei! Das war das Substrat so mancher Gesprächs­runde. Wie auch immer: Diese Gesetzesmaterie wäre jetzt ein probates Mittel, die Nagelprobe durchzuführen, ob es von den Kolleginnen und Kollegen ernst gemeint war, parteiübergreifend Länderinteressen wahrzunehmen. Es wäre gar nicht so schwer, denn es gibt eine breite Ablehnungsfront gegen dieses vorliegende Gesetz – wie schon gesagt wurde – von Seiten der Bundesländer Tirol, Vorarlberg, aber auch von anderen namhaften Institutionen wie Ärztekammer, Hauptverband, Arbeiter-, Wirt­schaftskammer und so weiter.

Interessanterweise hat heute auch jemand – ich denke, es war der Herr Landes­hauptmann – gesagt: Der Gesetzesbeschluss ist der Abschluss eines langen Pro­zesses. – Und dieser lange Prozess wird hier abgelehnt! Sie lehnen es ab, mit diesen Personen und Institutionen, die sich gegen diese Gesetzentwürfe richten, noch einmal zu sprechen! Sie lehnen das Gespräch ab! Am Ende des Prozesses steht dann der Gesetzesbeschluss. Das passiert hier offensichtlich nicht. Das heißt, da widersprechen Sie sich von Seiten der ÖVP.

Es handelt sich hier tatsächlich um ein recht fragwürdiges Konstrukt. Die Begrün­dungen einer zum Teil vernichtenden Kritik ziehen sich wie ein roter Faden durch die Expertisen im Begutachtungsverfahren. Der Hauptkritikpunkt der Länder ist eben ein dramatisch reduzierter Einfluss der Länder auf das gesamte Gesundheitswesen und seine weitere Entwicklung. Ähnliche Befürchtungen äußern auch Wirtschafts- und Arbeiterkammer. Sie wissen, dass da eine GmbH vorgesehen ist. Dies hat letztlich zur Folge, dass diese Neuinstitution nicht unabhängig, sondern in hohem Maße vom Bund abhängig ist. Da auch bei einer Beteiligung der Länder und der Sozialversicherung durch Kapitalerhöhung zumindest – wie da drinnen steht – 51 Prozent der Gesellschaft im Eigentum des Bundes zu verbleiben haben, hat der Bund die absolute Mehrheit und somit die Entscheidungshoheit.

Es ist schon gesagt worden: Die Frau Ministerin allein wird künftig steuern können, wo es welche Spitalsabteilungen gibt, welche Qualitätskriterien dort vorliegen, welches und wie viel Personal dort arbeiten wird. Das heißt, den Ländern und den Sozial­versicherungen würde bei einer Beteiligung ein gleichwertiges Mitspracherecht ver­wehrt werden.

Darin liegt ein schwer wiegender Stilbruch, der folgenschwere Konsequenzen zum Nachteil der Patientinnen und Patienten in diesem Lande mit sich bringen würde, denn – und das muss ich schon sagen – es stimmt schon, Herr Kollege Mayer, wir haben immer noch ein gutes Gesundheitssystem in Österreich, aber es knirscht schon in sehr vielen Bereichen. Das muss man auch dazusagen!


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Dieses noch immer gute Gesundheitssystem wurde von einem Grundkonsens ge­tragen, der durch die Zusammenarbeit aller Player in diesem Bereich, aller betroffenen Segmente im Gesundheitswesen – der Sozialversicherung, der Ärzte, der Politik und so weiter – begründet ist. Dieser angepeilte Paradigmenwechsel – nämlich weg von der Zusammenarbeit, weg von der Kooperation und hin zum Durchgriffsrecht –, der einzig und allein durch machtpolitische Maßnahmen motiviert und begründet ist, würde, so meine ich, die bisherige Qualität im Gesundheitswesen, die durch diese kon­sensuale Zusammenarbeit begründet wurde, sehr stark gefährden.

Wir haben ein gutes Gesundheitssystem in Österreich, aber es muss festgestellt werden, dass das Vertrauen in dieses Gesundheitssystem immer mehr schwindet: Nicht nur die Kunden, nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch die Anbieter, die Ärzteschaft, sind schon zunehmend unzufrieden mit dem System. Die Frau Ministerin wird das wissen.

Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher haben Angst, sich das Kranksein quasi nicht mehr leisten zu können. Zwei Drittel der Bevölkerung meinen überhaupt, dass nur derjenige eine adäquate und optimale Betreuung bekommt, der es sich leisten kann, der das Geld hat. – Das wollen wir nicht! Wir wollen jedem Menschen die bestmögliche medizinische Versorgung sicherstellen. (Beifall bei der SPÖ.) Wir wollen nicht jedem so viel Versorgung geben, wie er Geld im Geldbörsel hat, sondern wie er benötigt, um optimal versorgt zu werden! Der medizinisch-technische Fortschritt soll jedem zugute kommen – nicht nur demjenigen, der es sich leisten kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Klug: Das liegt alles am Tisch!)

Wir wissen, dass es kostentreibende Faktoren gibt. (Ruf bei der ÖVP: Finanzierbar!) – Finanzierbar, das sage ich Ihnen auch. Lesen Sie Martin Remmele!

Seit 25 Jahren hat sich die Entwicklung im Gesundheitswesen gegenüber dem wirtschaftlichen Wachstum etwa gleich entwickelt. Es gibt keine „Kostenexplosion“; das ist ein Märchen! Es gibt eine Leistungsexplosion, das mag schon sein. Es gibt kostentreibende Faktoren – das ist der medizinisch-technische Fortschritt. Die Medizin kann heute mehr als vor 20 oder 25 Jahren. Heute kann man Leukämie heilen! Daran erkrankte Kinder können heute geheilt werden, vor 15 oder 20 Jahren war das nicht möglich! Das kostet viel Geld, gar keine Frage, aber das wollen wir doch jedem Kind zugute kommen lassen, oder? Oder nur jenen Kindern, die Eltern haben, die Geld im Geldtascherl haben? (Beifall bei der SPÖ.) Allen wollen wir das zugute kommen lassen! Das kostet Geld, aber das verursacht keine „Explosion“.

Auch die demographische Entwicklung ist ein kostentreibender Faktor. Wir werden immer älter. Das ist kein Problem, seien wir froh, dass wir älter werden. Wir wollen aber gesund älter werden. Es ist nicht die Frage, wie alt man wird, sondern wie man alt wird. Das kostet Geld.

Es ist aber nicht eine Frage des Ausgebens, sondern eine Frage des Einnehmens. Es gibt eine Einnahmenserosion – das ist das Problem! –, nicht eine Ausgabenexplosion! Die Einnahmen erodieren. Wir wissen, das geschieht auf Grund der großen Arbeitslosenquoten, der atypischen Beschäftigungsverhältnisse und dergleichen mehr. Das ist das Problem! (Bundesrat Mag. Himmer: Ja! Ja!) – Na, selbstverständlich! Das heißt, wir müssen uns um neue Einnahmen bemühen – ob wir die Höchst­beitrags­grundlage erhöhen, ob wir uns um wertschöpfungsorientierte Abgaben bemühen: neue Einnahmen! (Bundesrat Mayer: Neue Steuern!) Aber eines ist sicher falsch ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Eines ist sicher der falsche Weg: wenn mit einer Erhöhung der Selbstbehalte darauf reagiert wird. Das ist kontraproduktiv. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Die Botschaft ist nämlich dann: Gehe nicht zum Arzt! Und wir sehen, dass die Länder mit den höchsten Selbstbehalten auch die höchsten Gesundheitsausgaben haben und bei weitem nicht die besten sind – siehe USA und siehe Schweiz! Wir liegen weit vor diesen Ländern, was die Qualität anlangt. Diese haben die höchsten Selbstbehalte. (Bundesrat Mayer: Die haben Sie eingeführt!) Das wäre der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

Bezüglich der Finanzierung haben wir eine Grenze erreicht, die Finanzierungslast wird noch vom öffentlichen Sektor hin zum privaten abgewälzt werden. Wir haben da Grenzen erreicht! Wir geben jetzt vom öffentlich-rechtlichen Sektor 68 Prozent für die gesamten Gesundheitsausgaben aus. Vor 20 Jahren waren es noch 76 Prozent! Das heißt, es gibt schon eine starke Überwälzung vom öffentlich-rechtlichen Sektor hin zum privaten Sektor. Das heißt, da haben wir die Grenzen erreicht. Wir können einfach nicht sagen: Wer krank ist, hat Pech gehabt und muss sich seine Versorgung selbst bezahlen! – 15 Prozent der Menschen nehmen 85 Prozent der gesundheitlichen Leis­tungen in Anspruch! Wir sollen diese 15 Prozent 85 Prozent der medizinischen Leistun­gen selbst bezahlen können? Das geht nur, wenn wir weiterhin beim Solidaritätsprinzip bleiben – und nicht in Selbstbehalte flüchten. Und zu dem stehen wir. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas: Die rote Lampe hier leuchtet schon, weil die Frau Ministerin da ist. Jetzt muss ich ein bisserl Öl ins Feuer gießen, Frau Ministerin. Bei der nächsten Präsidentenkonferenz werden Sie mir das wahrscheinlich wieder zurückzahlen, aber ich muss jetzt schon noch etwas sagen. Da gibt es nämlich eine Parallele, die mir auffällt. Es geht um Machtpolitik. Es geht um Durchgriffsrecht. Und es gibt so ähnliche Vorgangsweisen dieser Bundesregierung, wenn es darum geht, Macht auszubauen, zu manifestieren: Man strapaziert zunächst EU-rechtliche Vorgaben; die EU erfordere das; auf Grund der EU müssten wir das tun! Es gibt dann immer irgendwelche Maß­nahmen. Jedenfalls heißt es: Die EU wolle es, und deswegen müssen wir auch zu Neukonstruktionen kommen! So wie in dem Fall auch. Da gäbe es ja auch so EU-rechtliche Vorgaben, sagt man. Die EU verlange das, und deswegen müsse man so etwas Neues konstruieren wie eine GmbH.

Am Ende des Prozesses liegt dann immer eine Konstruktion vor, die dem jeweiligen Minister – der Ministerin in diesem Falle – ein völliges Durchgriffsrecht ermöglicht. Ich denke da beispielsweise an die Pädagogische Hochschule; dort ist es ähnlich. Wir geben Pädagogische Akademien auf, wir geben Pädagogische Institute auf – diese werden beseitigt, weil die EU das wolle Sie brauchen einen Bach.-Päd. oder was auch immer, obwohl es in der ganzen Lehrerausbildung kein Master- oder Bachelorstudium gibt, aber dort brauchen wir es halt. Wie auch immer: Die EU verlangt es – wir beseitigen Akademien, wir beseitigen Institute, machen eine Pädagogische Hoch­schule, inhaltlich ist es das gleiche, es ist nur Etikettenwechsel.

Eines hat man dabei geschafft: Man hat einen Hochschulrat geschaffen, der der Frau Ministerin Möglichkeiten gibt, durchzugreifen, denn alles, was da beschlossen wird, geht schlechtestenfalls für die Frau Ministerin mit 3 : 2 aus. Hervorragend! Damit ist wieder Machtpolitik manifestiert, aber man hat Gutes beseitigt. – Das sind so Pa­rallelen, die mir auch im Gesundheitssystem auffallen.

Meine Damen und Herren, ich möchte meine Redezeit nicht länger strapazieren, jedenfalls: Es gibt genug Gründe, diese vorliegende Gesetzesmaterie abzulehnen. Wir lehnen jedenfalls Machtpolitik auf Kosten von Qualität durch Beseitigung von part­nerschaftlicher Zusammenarbeit grundsätzlich ab – und deswegen auch diese Gesetzesmaterie. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.39



Bundesrat
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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesministerin Gehrer, Sie haben das Wort.

 


11.40.06

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Zum Ersten möchte ich zur letzten Ausführung des Herrn Bundesrates Erlitz Folgendes feststellen: Er verwechselt Machtpolitik mit Verant­wortungsübernahme! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Der Bund hat die Verantwortung für die Ausbildung der Lehrer und Lehrerinnen an den Pflichtschulen – und er trägt sie auch. Das Ministerium hat die Verantwortung, dass wir die beste Lehrer- und Lehrerinnenausbildung anbieten – und wir sind bereit, diese Verantwortung zu übernehmen. Wir ermöglichen unseren Pflichtschullehrern und Pflichtschullehrerinnen mit den Pädagogischen Hochschulen eine Ausbildung im tertiären Bereich. Das war der Wunsch aller Fraktionen! Das haben wir umgesetzt, und ab dem Jahre 2007 werden die Pädagogischen Hochschulen ihre Arbeit aufnehmen.

Zum Zweiten: Es ist hier dargelegt worden, wie schlecht das Gesundheitswesen in Österreich sei (Bundesrat Wiesenegg: Sie haben das gute schlecht gemacht!), und es ist gesagt worden, dass von Ihnen, von der Opposition ... (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bringe jetzt zwei Beispiele, um das Gegenteil zu beweisen: Meine 83-jährige Tante hat eine neue Hüfte gebraucht. Sie ist nicht zusatzversichert. Sie hat sie in kürzester Zeit anstandslos in einem unserer guten Krankenhäuser bekommen. Versuchen Sie, Derartiges in einem anderen Land zu finden! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Wer hat für die Tante interveniert?)

Wissen Sie, dazu bedarf es keiner Intervention! Jeder, der eine Hüfte braucht, be­kommt auch eine in Österreich! So ist es! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Kraml: Aber wann? – Bundesrat Gruber: Manche bekommen sie zu spät!)

Schauen Sie sich in den Kliniken und in den Krankenhäusern um: In der Kinderabteilung wird jedem Kind geholfen – ganz egal, ob es zusatzversichert ist oder nicht; das spielt überhaupt keine Rolle!

Ich möchte ganz eindeutig und klar feststellen: Österreich hat ein ausgezeichnetes Gesundheitssystem, eines auf höchstem Niveau! Die österreichische medizinische Schule ist eine in der ganzen Welt anerkannte. Und in unseren Krankenhäusern, Spitälern und Arztpraxen wird beste Krankenversorgung geleistet! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun einige Bemerkungen zu der Behauptung, dass es eine Erosion bei den Ein­nahmen gebe. – Es dürfte Ihnen entgangen sein, dass wir einen Höchststand an Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Österreich haben. (Bundesrat Kraml: Geh, bitte!) Es gab noch nie so viele Beschäftigte in Österreich, wie das jetzt der Fall ist. Wir haben seit dem Jahre 2000 etwa 130 000 neue Jobs, neue Stellen geschaffen. (Bundesrat Gruber: Teilzeitbeschäftigte!) Wir haben mehr Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen, als diese Republik jemals zuvor hatte. Das ist der Erfolg dieser österreichischen Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun auch ein Wort zu den Gesetzesbeschlüssen, die Sie hier beeinspruchen wer­den. – Natürlich gibt es bei jedem Gesetzwerdungsprozess eine Begutachtung. Im Rahmen der Begutachtung werden Stellungnahmen gemacht, und dann erfolgen Weiterentwicklungen. Ich halte es nicht für richtig, die bei der Begutachtung gemachten Stellungnahmen als Maßstab zu nehmen, sondern meiner Meinung nach ist das Ergebnis der Regierungsvorlage zur Diskussion zu stellen.


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Nach der Begutachtung wurden in zahlreichen Besprechungsrunden mit den Bun­desländern die Gesetzesvorlagen weiterentwickelt. Auch Sie wissen, dass beim der­zeitigen „Fonds Gesundes Österreich“ die Länder nur ein Drittel der Kosten zu tragen haben und der Bund den Rest. Bei der neuen Gesundheits-GmbH wird die Aufteilung folgendermaßen sein: ein Drittel die Länder, ein Drittel die Krankenanstalten, ein Drittel der Bund.

Noch etwas: Die Arbeit dieser neuen GmbH dient der Vorbereitung, der Beratung und der wissenschaftlichen Grundlagenbeschaffung. Die Entscheidungen über Entwicklun­gen werden dann in der Bundesgesundheitskommission gefällt. Das ist eine Vorgangs­weise, die ein höchstmögliches Maß an Föderalismus ermöglicht, die aber auch sicherstellt, dass auf wissenschaftlicher Grundlage grundlegende Konzeptionen erar­beitet werden.

Ich würde es deswegen für sehr wichtig halten, dass diese Gesetzesmaterien heute nicht beeinsprucht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

11.45


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Roth-Halvax. – Bitte.

 


11.45.10

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Es ist mir ein Bedürfnis, mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort zu melden, weil ich das Gefühl habe, dass die Hälfte der Redner nicht weiß, was in dieser Ausschusssitzung geschehen ist. Daher möchte ich mich jetzt auf die Vorgangsweise in der Sitzung des Gesundheitsausschusses beschränken und nicht auf das Inhaltliche des Gesetzes eingehen.

Wir haben uns bei der Klausur überfraktionell dazu bekannt, dass wir eine Verbes­serung der Qualität der Ausschussarbeit wünschen, und zum Ausdruck gebracht, dass wir mit dem Formalismus der Abstimmungsmaschinerie unzufrieden sind. Meine Art, Politik zu machen, ist es, und zwar nicht nur als Bürgermeisterin – und diese Art der Politik wünsche ich mir bei allen Politikern –, dann, wenn wir zu Erkenntnissen gelangen, diesen auch Taten folgen zu lassen, diese auch umzusetzen beziehungs­weise dementsprechend auch etwas zu ändern. So wollte ich es auch handhaben in der Ausschusssitzung des Gesundheitsausschusses.

In dieser Sitzung haben wir zum Tagesordnungspunkt 2 einen Antrag vorgelegt bekom­men, der aus 12 Seiten bestand, und einen Antrag zum Tagesordnungspunkt 3, der neun Seiten umfasste. Dazu muss ich Ihnen sagen: Ich kann in der Kürze der Zeit, die in einem Ausschuss zur Verfügung steht, nicht in seriöser Weise beurteilen, ob das, was in einem Antrag drinnen steht, auch richtig ist. Ich möchte mich damit näher befassen, um zu wissen, ob ich das mittragen kann, ob ich das befürworten kann. Das kann ich in der mit zur Verfügung stehenden Zeit nicht tun.

Es wurde zuerst zum 2. Tagesordnungspunkt ein neun Seiten umfassender Antrag ausgeteilt, und schon nach den ersten zwei Seiten, also schon, nachdem ich nur ein Viertel davon gelesen habe, konnte ich feststellen: So geht das nicht! So schaffen wir das nicht!

Es steht zum Beispiel auf der zweiten Seite – ich beziehe mich jetzt rein auf die Aus­drucksweise –: „Die Bundesräte“. Da entdecke ich eine gewisse Hybris, denn es sind nicht alle Bundesräte. Daher fehlt da das Wort „unterzeichneten“. Das ist einfach falsch ausgedrückt, das ist schlampig! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ja, es ist so! (Bundesrat Gruber: Oberlehrer!) Na, Entschuldigung! (Bundesrat Gruber: Das war oberlehrerhaft!) Seien Sie vorsichtig, Herr Bundesrat, Sie wollen Vorsitzender werden!


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(Bundesrat Konecny: Jetzt reicht es langsam! – Bundesrat Gruber: Das ist oberlehrerhaft!) Nein! Ich meine ... (Bundesrat Konecny: Frau Kollegin, bitte!) Ich bitte Sie auch! (Bundesrat Konecny: Das ist unerhört, so oberlehrerhaft zu reden!) Ich bitte Sie, mich ausreden zu lassen! – Es ist einfach falsch, wenn hier steht: „Die Bun­desräte“. Das ist eine falsche Ausdruckweise; das stimmt nicht.

Weiters heißt es hier: „Wir kommen zu den Stellungnahmen des Landes“. – Das ist mir wichtig, da lese ich nicht drüber, sondern da ist jetzt zu klären: Ist das die Stellung­nahme auf Grund des Begutachtungsverfahrens? Hat sich jetzt etwas geändert? Das konnte ich in dieser Ausschusssitzung nicht klären. Es war für mich notwendig, dass ich weitere Recherchen unternehme. Das hab ich gestern auch getan und erfahren, dass hier sehr wohl Adaptierungen durchgeführt wurden. (Bundesrat Mag. Klug: Aber wann!) Ich konnte es gestern erst in Erfahrung bringen.

Die Konsequenz, die ich daraus gezogen habe, war, dass ich in dieser Ausschuss­sitzung um eine Vertagung und um die Ladung der Ländervertreter gebeten habe, um feststellen zu können, ob sich jetzt die Meinung geändert hat, ob etwas eingearbeitet worden ist oder nicht. Aus diesem Grunde kann ich all den Vorrednern nicht zustimmen, die gesagt haben, es sei scheinheilig, dass wir über Föderalismus reden, aber Länderinteressen nicht berücksichtigen.

Ich muss Ihnen jetzt sagen: Ich finde es scheinheilig, wenn ich verlange, im Interesse des Bundeslandes, das ich vertrete ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich betone: Ich bin kein Handlanger irgendeiner Organisation, ich habe ein freies Mandat, ich will mir meine eigene Meinung bilden können, und diese hätte ich mir bilden können, wenn Sie einer Vertagung zugestimmt hätten, im Rahmen welcher ich dann die Vertreter der Länder und Fachleute hätte laden können, um mir als Bundesrat eine eigene Meinung bilden zu können. Es hat mit unserem Selbstverständnis und mit unserem Selbst­bewusstsein als Bundesräte zu tun, dass wir das nicht in den Nationalrat zurück­schicken, sondern dass wir sagen: Wir müssen uns selbst eine Meinung bilden! Diese können wir uns nur dann bilden, wenn wir als Bundesrat Selbstbewusstsein beweisen und Fachleute laden.

Sie haben bewiesen, sehr geehrte Kollegen, die Sie im Ausschuss waren, dass Sie den Bundesrat nicht stärken wollen, sondern die Meinungsbildung an den Nationalrat zurückgeben wollen. So werden wir als Bundesrat nie stärker werden!

Herr Kollege Kraml, Sie haben das richtig erkannt, indem Sie sagten: Wir sind ... (Zwischenruf des Bundesrates Wiesenegg.) – Kraml habe ich gesagt – du bist der Wiesenegg! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Kraml hat gesagt: Wir sind teilweise selbst schuld!

Genau das haben Sie bewiesen! Ich bitte Sie daher, beim nächsten Antrag darauf Bedacht zu nehmen und unserem Ersuchen, das letztlich auch dem Bestreben, unsere Interessen, unser Selbstwertgefühl als Bundesrat zu stärken, dient, stattzugeben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.50


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


11.50.42

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe nur noch einen Aspekt zur inhaltlichen Abhandlung dieser Debatte: Mit äußerst prägnanten Worten hat Bundesrat Wolfgang Erlitz von unserer Fraktion zum Ausdruck gebracht, wofür sozialdemokratische Gesund­heitspolitik tatsächlich steht. Besser formulieren in diesem Zusammenhang


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kann man das nicht, denn es war das eine klare Ansage für den Zugang aller Österreicherinnen und Österreicher zu einer perfekten guten medizinischen Gesund­heitsvorsorge und ‑versorgung, und zwar unabhängig vom Einkommen! (Bundesrat Ing. Haller: Wer wird ausgeschlossen?)

Ich betone: unabhängig vom Einkommen! – Eine klare Ansage gegen die Zwei-Klassen-Medizin, gegen das Programm dieser Bundesregierung, das seit 2000 umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es in diesem Zusammenhang – bedauerlicherweise – eine polemische Antwort aus der ÖVP-Fraktion zu Finanzierungsfragen gibt, dann muss ich sagen: Das gleiche Niveau dieser Antwort hätte der Verweis auf die europäische Kulturtechnik des Lesens, und an dieser Stelle möchte ich auf das SPÖ-Programm für eine sozial gerechte Gesundheitsreform in unserem Lande hinweisen.

All jene Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Finanzierungsfragen auseinander­setzen, möchte ich auffordern: Reden Sie mit Ihren Funktionären in der Kranken­versicherung und beobachten Sie bitte genau jene Maßnahmen seit dem Jahre 2000, die zu Lasten der sozialen Krankenversicherung und damit zu einer unglaublichen Bürde der Versicherten im Bereich der Gesundheitsvorsorge geführt haben! An diesen Themen kann man, wenn man in seriöser Weise vorgeht, nicht vorbeireden!

Der zweite Grund meiner Wortmeldung bezieht sich auf die Ausschussberatungen, und ich darf in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Kollegen Mayer und der Kollegin Roth-Halvax verweisen und sagen: Der Vorwurf im Ausschuss war aus meiner Sicht unbegründet, und ich verstehe ihn auch heute noch nicht. Aber vielleicht kann man es aufklären und ausreichend diskutieren.

Ich gebe Ihnen Recht, Frau Kollegin Roth-Halvax, wenn Sie sagen, Sie tun sich schwer beziehungsweise es sei Ihnen nicht möglich, binnen weniger Minuten der Sitzungs­unterbrechung die genauen Ausführungen des Einspruches einer antragstellenden Fraktion zu lesen. Eine Zwischenbemerkung in diesem Zusammenhang: Für die Vor­sitzführung im Ausschuss war die SPÖ-Fraktion nicht zuständig!

Eine zweite Anmerkung. (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.) Frau Kollegin, ich verstehe, nur: Nach meinem Informationsstand waren die uns heute vorliegende Gesetzesmaterie und der Gesetzwerdungsprozess in diesem Fall klar. Die inhaltlichen Veränderungen und die Stellungnahmen, die wir heute schon diskutiert haben, und auch der Zeitpunkt der Einflussnahme waren für alle ersichtlich.

Bei der vorliegenden Materie behandelten wir im Ausschuss eine vertagte Materie von Anfang Juni heurigen Jahres. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Selbstverständlich! Wieder­aufnahme nach der Vertagung vom 7. Juni – Ausschussanmerkung im Sitzungsproto­koll. Es war der 4. Juli, und zu diesem Zeitpunkt hat es nach meinem Informations­stand bei der vorliegenden Materie keine Korrekturen gegeben.

Frau Kollegin Roth-Halvax, ich bin gemäß dem Gebot der Fairness der Letzte, der das in der Plenarsitzung strapazieren will, aber ich muss sagen: Es war das schon im Ausschuss nicht verständlich, aber wenn gegen die SPÖ-Fraktion auch heute Vorwürfe erhoben werden, dann muss man verstehen, dass wir darauf reagieren. Wir haben keinesfalls verzögert, wir haben vertagt, um alle Beratungen durchführen zu können, weil die Stellungnahmen der Länder – und auch andere Stellungnahmen, worauf schon aufmerksam gemacht wurde – äußerst kritisch waren, damit auch wir uns ein Bild machen können, wie die Dinge tatsächlich liegen.

Wie gesagt, es war eine Wiederaufnahme der Verhandlungen vom 7. Juni; es war schon einmal vertagt worden. Das war eine – unter Anführungszeichen – „alte Ge­schichte“. Wir sind gemäß dem Gebot der Fairness die Letzten, die eine ausreichende


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Beratung nicht haben wollen, aber am 4. Juli war es knapp einen Monat her, und es gab seither keine einzige inhaltliche Veränderung.

Ich bin der Meinung – ich bitte, das zu verstehen –, dass es nicht von einzelnen Worten in der Begründung einer antragstellenden Fraktion abhängen sollte, ob man als Mitglied des Bundesrates weiß, ob man eine Gesetzesmaterie unterstützen kann oder dieser die Zustimmung verweigert – sprich: einen Einspruchsantrag unterstützt.

Dafür fehlt mir jedes Verständnis! Es gab ausreichend Zeit, und in diesem Zusam­menhang ist der Vorwurf der ÖVP-Fraktion an die SPÖ-Fraktion wirklich ungerecht­fertigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.57


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Beschlüsse ge­trennt erfolgt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Mayer, Kolle­ginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenem Begründung Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Mayer, Kolle­ginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

11.59.523. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (822/A und 1545 d.B. sowie 7603/BR d.B.)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 60

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mayer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


12.00.13

Berichterstatter Edgar Mayer: Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ich berichte über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme deshalb sogleich zum Antrag.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Gruber. – Bitte.

 


12.01.04

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle zum Epidemiegesetz war aus mehreren Gründen notwendig. Zunächst war sie notwendig, weil es neue Krankheitsbilder gibt, die im Epidemiegesetz nicht taxativ aufgezählt sind. Es sind neue Bestimmungen ins Gesetz hineingekommen, um auch auf diese neuen Krank­heitsbilder zugreifen zu können, und auch darüber, wie wir damit umgehen. (Vize­präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Weiters werden veraltete Krankheitsbezeichnungen dem heutigen Stand der wissen­schaftlichen Erkenntnis angepasst. Auch die Verordnungsermächtigung zur Einbe­ziehung weiterer Krankheitsbilder unter das Regime des Epidemiegesetzes wurde aktualisiert.

Neu aufgenommen wurden lediglich Erkrankungen an Röteln; dies vor dem Hinter­grund, dass Österreich am Masern- und Röteln-Eliminierungsprogramm der WHO teilnimmt.

Wichtig erscheint uns, dass gemäß einem Abänderungsantrag des Gesund­heitsausschusses die Meldepflicht für Labors explizit ins Gesetz aufgenommen wurde.

Neu und ganz besonders wichtig ist, dass in Zukunft der Sicherheitsdienst zur Durch­setzung von notwendigen Maßnahmen zur Unterstützung der Gesundheitsbehörde herangezogen werden kann. Dafür werden jetzt die Rechtsgrundlagen geschaffen. Durch diese Maßnahmen bekommt das Epidemiegesetz eine neue Qualität.

Hinzuweisen ist noch auf die möglichen Anordnungsbefugnisse der Bezirksverwal­tungs­behörden, die eine Behandlungspflicht, jedoch keine Zwangsbehandlung bein­halten. Bei Verweigerung gibt es die Konsequenzen, dass, wenn es fachlich erfor­derlich ist, Quarantänemaßnahmen verhängt oder Verwaltungsstrafverfahren einge­leitet werden.

Aufklärungsbedarf besteht unserer Meinung nach über die von den Landes­sanitätsdirektoren geäußerte Kritik bezüglich der Meldemoral der Ärzte. Ausdrücklich bedauern wir Sozialdemokraten, dass ein weiterer Entschließungsantrag im Gesund­heitsausschuss betreffend die Wasserqualität von Hausbrunnen neuerlich vertagt wurde.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 61

Dem Epidemiegesetz in der vorliegenden Form werden wir unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.03


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


12.03.54

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine verbliebenen Damen und Herren des Bundesrates! Ich denke, Gesundheit ist wirklich das wichtigste Gut des Menschen. Gerade die Epidemien sind etwas, was die Menschen in große Sorgen und Ängste versetzt.

Ich selbst bin stolz darauf, dass ich in Österreich lebe, denn wir haben, wie ich meine, wirklich ein hervorragendes Gesundheitssystem, das jedem – egal, ob jung oder alt oder aus welcher sozialen Schicht – den Zugang zu unseren Gesund­heitsein­richtungen und Operationen ermöglicht.

Ich denke, gerade unsere Gesundheitspolitik ist sehr verantwortungsvoll. Auch durch die Gesundheitsreform und die neuen Akzente in der Gesundheitsvorsorge/Prävention ist ein wichtiger Grundstein dafür gelegt worden, dass die Versorgung aller Menschen in Österreich auch künftig finanziert werden kann. Dafür möchte ich Frau Bun­desminister Rauch-Kallat herzlichen Dank aussprechen!

Im Epidemiegesetz werden anzeigepflichtige Krankheiten, die bisher durch Verordnung geregelt waren, neu ins Gesetz aufgenommen, Krankheiten wie die Vogelgrippe oder SARS. Neu hinzu kommen die Röteln – das wurde schon angesprochen –, denn wir nehmen am Programm der WHO teil, um ansteckende Krankheiten zu verringern.

Neu in diesem Gesetz ist auch die Meldepflicht für Labors. Jeder Verdacht auf eine anzeigepflichtige Krankheit ist bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Die Behörde kann daraufhin Veranstaltungen absagen oder andere Verbote aussprechen.

Es besteht auch neu die Möglichkeit, eine Behandlungspflicht auszusprechen. Wird diese verweigert, dann kommt es zu Verwaltungsverfahren. Neu ist auch, dass zur Durchführung der angeordneten Maßnahmen Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes herangezogen werden können.

Ich bin der Meinung, dass all die Dinge in diesem Gesetz uns die Schutzbedürfnisse unserer Bevölkerung in Bezug auf Epidemien bestmöglich erfüllen lassen. Daher ist auch unsere Fraktion der Meinung, dass wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.06


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 62

12.06.554. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1329 d.B. und 1547 d.B. sowie 7604/BR d.B.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mayer. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


12.07.15

Berichterstatter Edgar Mayer: Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Ich berichte über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betref­fend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf deshalb sogleich zum Antrag kommen.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

12.08.085. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bun­des aufgehoben sowie das Publizistikförderungsgesetz 1984, das Arbeitneh­merIn­nenschutzgesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Strafvollzugs­gesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisationsgesetz, die 7. Schul­organisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschul­gesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schul­­unterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungsdokumen­tations­gesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechts­bereini­gungsgesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006) (1410 d.B. und 1549 d.B. sowie 7584/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Baier.

 


Präsident Gottfried Kneifel (den Vorsitz übernehmend): Ich ersuche um die Bericht­erstattung.

 


12.08.23

Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur weite­ren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungsgesetz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 63

1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungs­hilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Aus­schreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Arbeitsmarktförde­rungs­gesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisationsgesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundes­rechtsbereinigungsgesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher sogleich zum Antrag kommen.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Weiss. Ich erteile es ihm.

 


12.10.38

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich das Bundeskanzleramt bei einem gesamtstaatlich wichtigen rechtspolitischen Anliegen erfolgreiche Mühe macht, wäre es undankbar, dies nicht in einem kurzen Redebeitrag für alle Fraktionen gemein­sam zu würdigen.

Die Unzufriedenheit mit Umfang und Intensität von Rechtsvorschriften ist so alt wie das menschliche Zusammenleben. So klagt beispielsweise – das wüsste Frau Kollegin Knoll am besten – bereits der Prophet Jesaja in Kapitel 10, Vers 1: „Weh denen, die unheilvolle Gesetze erlassen und unerträgliche Vorschriften machen.“ (Heiterkeit. – Bundesrat Gruber: So ist es!)

Die von der Verwaltung leistbare Überarbeitung des Rechtsbestandes hat im Wesent­lichen drei Ansatzpunkte: erstens die Entfernung sozusagen abgestorbenen Rechts­bestandes, der nur noch auf dem Papier steht, aber inhaltlich durch spätere oder höherrangige Regeln unwirksam gemacht wurde; zweitens das Abwerfen von Regelungsballast, der nicht mehr benötigt wird; und drittens die Straffung und syste­matische, auch sprachliche Bereinigung des Rechtsbestandes.

Im Bereich des Verfassungsrechts steht die bereits lange vor dem Österreich-Konvent in Angriff genommene Bereinigung und Neukodifikation noch bevor. Sie ist von großem Konsens begleitet und auf gutem Wege, sodass man Hoffnung haben kann, dass sie als eines der ersten Reformwerke der nächsten Gesetzgebungsperiode umgesetzt werden kann.

Dieser beabsichtigte Schritt ist auch keineswegs so klein, wie das bei uns oft darge­stellt wird. Wesentlich mehr hat auch die Schweiz in einem ersten Schritt ihrer Verfassungsreform nicht zustande gebracht. Die ursprünglich angestrebte Totalrevision ist auch dort wegen Überfrachtung stecken geblieben.

Der vorliegende Gesetzesbeschluss setzt die sowohl auf Bundes- als auch auf Lan­desebene seit einigen Jahren unternommenen Bemühungen fort. Er ist ja auch nicht der erste dieser Art.

An der Diskussion, ob es nicht eigentlich eher „Rechtsbereinigungsgesetz“ als „Deregulierungsgesetz“ heißen sollte – das Ausscheiden ohnedies unwirksamen


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 64

Rechtsbestandes ist ja keine Deregulierung im engeren Sinne –, werden die Grenzen dessen sichtbar, was der Verwaltung selbst an Deregulierung möglich ist. Ohne Bewusstseinswandel bei den gesetzlichen und damit politischen Vorgaben bleibt das alles Sisyphusarbeit unter der erschwerten Bedingung eines immer größer werdenden Steines, denn es ist evident, dass der Rechtsbestand trotz aller Deregulierung ständig zunimmt.

Im Jahre 2001 wurde im Zuge der damaligen Verwaltungsreform ein eigenes, kurzes Deregulierungsgesetz beschlossen, das eigentlich einen ganz klaren Auftrag enthält. Ich zitiere: „Anlässlich einer geplanten Änderung eines Bundesgesetzes ist insbe­sondere zu prüfen, ob das zu ändernde Gesetz oder einzelne Bestimmungen ... noch notwendig und zeitgemäß sind oder ob die angestrebten Wirkungen nicht auch auf andere Weise erreicht werden könnten. Insbesondere ist bei der Vorbereitung der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft darauf zu achten, dass die vorgegebenen Standards nicht ohne Grund übererfüllt werden. ... Alle mit der Vorbereitung von Akten der Bundesgesetzgebung betrauten Organe haben darauf Bedacht zu nehmen, die wesentlichen Auswirkungen von Gesetzen in finanzieller, wirtschafts-, umwelt- und konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht abzu­schätzen. Ebenso ist zu prüfen, ob der Vollzug der in Aussicht genommenen Regelung keinen übermäßigen Aufwand in der Verwaltung nach sich zieht.“ – So weit das nach wie vor in Kraft stehende Deregulierungsgesetz 2001.

Es bedarf keiner ausführlichen Erörterung, dass dieser Auftrag an die Regierung und die Selbstbindung des Gesetzgebers häufig unbeachtet bleiben, ja oft geradezu unbe­kannt sind. Das ist auch kein Wunder, weil der Wunsch nach Deregulierung rechts­politisch abstrakt und jener nach immer noch genaueren und umfassenderen Regelungen politisch sehr konkret ist. Wenn, wie vor einiger Zeit in einer Anfrage im Nationalrat geschehen, Abgeordnete eine eigene gesetzliche Regelung für das Recht auf Grabpflege fordern – der Hintergrund war, dass sich die Gattin und die Freundin eines Verstorbenen zunächst in die Blumen und dann in die Haare geraten waren (Heiterkeit bei der ÖVP) –, dann wird die Zwiespältigkeit aller Deregulierungsgelübde besonders gut sichtbar.

Der Verfassungsgerichtshof hat vor einigen Jahren an einer gesetzlichen Regelung bemängelt, dass ihr Sinn nur mit archivarischem Fleiß und einer Lust am Lösen von Denksportaufgaben erschlossen werden konnte. Beides war auch, diesmal im posi­tiven Sinne, bei der Erarbeitung des vorliegenden Deregulierungsgesetzes erforderlich. Dafür sagen wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungs­dienstes herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

12.15


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm. (Ruf bei der ÖVP: Er ist nicht hier!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 65

12.16.366. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppel­besteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll (1355 d.B. und 1474 d.B. sowie 7586/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Toth. Ich bitte um den Bericht.

Da der Berichterstatter nicht anwesend ist, bitte ich Herrn Bundesrat Mayer in seiner Eigenschaft als stellvertretenden Vorsitzenden um den Bericht.

 


12.17.29

Berichterstatter Edgar Mayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Ich berichte über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungs­protokoll. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme deshalb sogleich zum Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist angenommen.

Ich lasse nun über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Einstimmigkeit. Der Antrag ist angenommen.

12.19.247. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Land­pachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
736. Sitzung / Seite 66

(Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1183 d.B. und 1530 d.B. sowie 7587/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Be­stand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG) (1182 d.B. und 1531 d.B. sowie 7588/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 7 und 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu Punkt 7 ist Herr Bundesrat Mag. Klug. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


12.19.40

Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des National­rates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Woh­nungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden, die so genannte Wohnrechts­novelle 2006.

Die komprimierte Zusammenfassung dieser äußerst umfassenden Materie im Bereich des Wohnungseigentumsrechts und des Mietrechts liegt dem Hohen Haus in schriftlicher Form vor. Ich darf daher sogleich zur Antragstellung überleiten.

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Vorlage im Ausschuss beraten und stellt den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006), mit der beigegebenen Begründung Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Berichterstatterin zu Punkt 8 ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


12.20.58

Berichterstatterin Martina Diesner-Wais: Ich erstatte den Bericht des Justizaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag.

Der Ausschuss hat dazu beraten.

Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Kritzinger.

 


12.21.42

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Frau Minister! Hoher Bundesrat! Diese Wohnrechtsnovelle beinhaltet Änderungen, die sowohl dem Mieter wie dem Vermieter zugute kommen, und ich möchte da einige Beispiele aufzählen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 67

Erstens: Künftig muss ein Vermieter eine Wohnung sanieren, wenn die Gesundheit des Mieters gefährdet ist, zum Beispiel bei defekten Elektroinstallationen oder bei defekten Wasserleitungen.

Zweitens: Wenn jemand eine Investition tätigen muss, weil Heizthermen oder Was­serboiler zu Bruch gegangen sind, kaputt geworden sind, so hat auch der Mieter dafür Ersatzleistungen zu erbringen.

Ich möchte noch einen dritten Punkt anführen, der die Kündigung betrifft: Eine Kün­digung, und da bringt dieses Gesetz eine ganz erhebliche Erleichterung für Mieter und Vermieter, muss nicht mehr gerichtlich erfolgen. Es kann ein normaler Brief diese gerichtliche Kündigung ersetzen. Erreicht eine Kündigung den Vertragspartner mit Verspätung, so ist diese nicht wie bisher wirkungslos, sondern wird beim nächst­möglichen Termin wirksam. Übersieht der Vermieter den vereinbarten Kündigungs­termin, so entsteht nicht mehr ein nichtauflösbares, unbefristetes Mietverhältnis, sondern der Mietvertrag verlängert sich einmalig um drei Jahre. Diese Regelung war schon lange überfällig, und ich möchte das auch anhand eines Beispieles, von dem ich Kenntnis erlangt habe, erläutern.

Es hat sich Folgendes zugetragen: Eine Frau hat ein Haus in Kufstein geerbt. Sie war in Innsbruck wohnhaft. Sie wollte das Haus ihrer Tochter geben, damit sie dort wohnen kann, aber das war für die Tochter nicht gleich möglich. Sie hat noch studiert. Dann ist ein Bekannter zu ihr gekommen, der von dieser Begebenheit wusste, und hat die Hausbesitzerin gebeten, sie möchte ihm das Haus für kurze Zeit vermieten. Er wird sich als Gegenleistung auch um die Instandhaltung des Hauses kümmern. Die Frau wohnt in Innsbruck, und das ist eine Autostunde, 70 km entfernt. Sie hat dem Ansinnen also im guten Glauben für einen kurzen Zeitraum zugestimmt, sonst wäre das Haus ja leer gestanden. Sie hat auch vorausgesetzt, dass dieser Mieter sein – so möchte ich sagen – Versprechen einhält. Er wollte etwas bauen und hat ihr etwas von einer Wohnung erzählt. Jedenfalls hat sie ihm das Haus zu einem ganz günstigen Mietzins gegeben, also mit einer symbolischen Miete.

Drei Tage vor Ablauf dieses Mietvertrages ist er zu ihr gekommen und hat gesagt: Bitte, ich möchte auf Urlaub fahren. Wäre es denkbar, dass ich den Mietvertrag nach dem Urlaub verlängere? Die Frau hat gutgläubig gesagt: Ja natürlich. – Sie war völlig ahnungslos. – Das können wir machen. Er soll nach seinem Urlaub kommen.

Nach dem Urlaub sind Wochen vergangen. Dann hat ihn die Frau angerufen. Es ist ein Gendarm in Kufstein gewesen und ist es noch. Sie hat gesagt: Ja, was ist denn jetzt mit dem Mietvertrag? Darauf hat er gesagt: Der Mietvertrag, den wir abgeschlossen haben, der ist jetzt unbefristet verlängert. Er sagte, er braucht nichts mehr weiter zu tun. – Damit war für ihn der Fall erledigt.

Die Frau hat dann das Gericht angerufen. Das Gericht hat das natürlich abgelehnt und hat gesagt: Eine dringende Notwendigkeit für die Frau oder für die Tochter, das Haus zu beziehen, besteht nicht. Im Gegenteil! Der Mann hat dann sogar verlangt, sie müsse das Haus auch noch sanieren. Er hat das Gericht damit befasst. Dieses Verfahren ist noch ausständig.

Solche Sachen würden kaum mehr vorkommen oder nicht mehr vorkommen. Daher ist es dringend notwendig, dass man auf diesem Gebiet etwas macht, und ich finde, dass die Novellierung dieses Gesetzes unbedingt notwendig war. Ein automatisch unbe­fristet verlängerter Mietvertrag ist ein Beispiel einer außergewöhnlichen Regelung, so möchte ich sagen. Eine automatische unbefristete Verlängerung des Mietvertrages ist falsch. Ich würde sogar sagen, dass man in besonderen Härtefällen sogar rückwirkend etwas einsetzen müsste, damit solche Fälle nicht mehr vorkommen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 68

Das Gerüst des Mietgesetz selbst, wie wir es heute haben, stammt aus dem Jahr 1917, als vom Balkan der riesige Flüchtlingsstrom nach Wien gekommen ist. Viele junge Wiener waren damals als Soldaten eingerückt. Es war also eine besondere Not­lage gegeben, und da hat man damals dieses Gesetz beschlossen. Eine Novellierung und Auflockerung ist dringend notwendig.

Ich möchte daher folgenden Antrag stellen:

Antrag

gemäß § 43 der GO-BR

der Bundesräte Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des National­rates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Woh­nungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006), keinen Einspruch zu erheben

Der Bundesrat möge beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006), wird kein Einspruch erhoben.

*****

Das ist der Antrag. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

12.30


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die erwähnten Anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mörk. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.30.09

Bundesrätin Gabriele Mörk (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt leider meinem Vorredner doch widersprechen. Wie Arbeit und Gesundheit ist auch Wohnen ein Grundbedürfnis der Menschen. Wohnen muss leistbar und qualitativ hochwertig sein. Die Menschen sollen sich Wohnen nach ihren jeweiligen Bedürfnissen leisten können und in ihren Wohnverhältnissen gesichert sein. Diese Novelle ist aber die konsequente und logische Fortsetzung der Wohnungspolitik dieser Bundesregierung, denn sie ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein Ausdruck der konsequenten, stückweisen und andauernden Verschlechterung der Rechtsposition von Mietern und Mieterinnen.

Insgesamt wurden in den letzten sechs Jahren 15 Novellen beschlossen, und dabei hat diese Bundesregierung immer ihr Ziel, nämlich die Demontage des Wohnrechts und die Abschaffung der Wohnsicherheit, verfolgt. Beweise dafür gibt es genug, etwa das Außerstreitverfahren. Mit der Einführung des Kostenersatzprinzips wurde der Rechts­zugang für Mieter und Mieterinnen zu einer Frage des Geldes. Mit der Freigabe von Befristungsmöglichkeiten und Kettenmietverträgen erfolgte ebenfalls eine Verschlech­te­rung für die Mieter und Mieterinnen; ebenso bei der Aufhebung des Kündi­gungs­schutzes von Mieter und Mieterinnen von Ein- und Zweifamilienhäusern. Diese Liste ließe sich lange fortsetzen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 69

Auch bei der Wohnrechtsnovelle 2006 zeigt sich das gleiche Bild – wieder ein Stück von Mieterschutz zugunsten einiger weniger Immobilienmakler geopfert. Der richtige Grundsatz, unbefristete Mieten sollen der Normalfall, befristete nur die Ausnahme sein, wird durch diese Novelle weiter in sein Gegenteil verkehrt, und die Befristungen werden weiter ausgebaut. Bisher war es so, dass ein befristeter Mietvertrag, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt wurde, das heißt, das Befristungsende vom Vermieter oder von der Vermieterin vergessen und die Miete weiter kassiert wurde, in einen unbe­fristeten Mietvertrag übergegangen ist. Damit ist jetzt Schluss! Dieses Versäumnis soll jetzt dazu führen, dass die Befristungen auf weitere drei Jahre verlängert werden. Pech für die Mieterinnen und Mieter mit befristeten Verträgen – Freude bei den Vermie­terinnen und Vermietern.

Mietzinsüberprüfungsrechte sollen eingeschränkt werden. Hebt der Vermieter oder die Vermieterin die Miete an und wehrt sich der Mieter oder die Mieterin nicht bezie­hungsweise nicht fristgerecht, hat er oder sie Pech gehabt. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass die Wohnkosten weiter steigen werden, und in weiterer Folge bedeutet dies auch eine Mehrbelastung bei den Wohnbeihilfen für die Länder.

Wen wundert es da noch, dass zum Beispiel die Rügepflicht bei unbrauchbaren Wohnungen eingeführt wird. Bisher war es einfach, bei Unbrauchbarkeit der Wohnung einen Antrag auf Herabsetzung des Mietzinses zu stellen. Nun muss zuerst gerügt werden. Der Vermieter, die Vermieterin hat drei Monate Zeit, diesen Aufforderungen nachzukommen, und erst dann kann der Mieter oder die Mieterin, wenn dies nicht geschehen ist, eine Herabsetzung des Mietzinses beantragen. – Freude bei den Vermieterinnen und Vermietern, aber nicht bei den Mieterinnen und Mietern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine vorausschauende, verantwortungsvolle und sozial gerechte Wohnungspolitik schaut anders aus. Die wahren Probleme im Wohn­rechtsbereich bleiben auch weiterhin völlig ungelöst. So hat diese Bundes­regierung gegen exorbitant gestiegene Wohnkosten überhaupt nichts gemacht. Die Wohnungsmieten sind um 6,4 Prozent gestiegen, die Inflationsrate nur um 2,5 Prozent, und dies in nur einem Jahr. Die Richtwertmieten sind seit 1994 um fast 25 Prozent angestiegen, nämlich von 3,66 € auf 4,57 € pro Quadratmeter. Dazu kommen noch die hohen Maklergebühren sowie die Kautionen.

Für diese Bundesregierung stellt das aber leider keinen Grund zum Handeln dar. Von den SPÖ-Nationalratsabgeordneten wurden im Justizausschuss diverse Anträge einge­bracht wie etwa die Beschränkung befristeter Verträge, klare und nachvoll­ziehbare Mietzinsbegrenzungen, Beschränkungen bei Kautionen, Kautionsrück­zahlun­gen im Mietrecht, Verjährung von Ablösen im Mietrecht, verstärkte Berücksichtigung von Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen. Aber dies alles wurde von den Regierungsparteien abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns erwartet, dass die Kosten­entwicklung beim Wohnen durch das Wohnrechtspaket beschränkt wird. Es wäre die Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, Maßnahmen zu setzen. Die Rechte der Mieterin­nen und Mieter wären zu stärken und nicht zu schwächen gewesen. Die Rechte aller Nutzerinnen und Nutzer unabhängig von ihrem Rechtsstatus gegenüber den Ver­waltungen wären zu stärken und auszubauen gewesen. Diese Regierung hat das nicht gemacht. Sie hat auch nicht für mehr Gerechtigkeit im Wohnrecht gesorgt. Daher werden wir gegen diese Gesetzesvorlage Einspruch erheben.

Auch der Regierungsvorlage bezüglich des Energieausweis-Vorlage-Gesetzes können wir nicht unsere Zustimmung erteilen, da vor allem unklar ist, wer die Kosten des Ausweises über die Gesamtenergieeffizienz zu tragen hat. Im Gegensatz zur Wohnrechtsnovelle erheben wir da jedoch keinen Einspruch. Es liegt jedoch ein


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Antrag auf Übergang zur Tagesordnung vor, um die Achtwochenfrist ablaufen zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.36


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach.

 


12.36.55

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Die vorliegende Materie zum Wohnrecht hätte ein großer Wurf werden sollen, aber der Ausgang der Initiative ist der, dass wir heute in einem Punkt einen Einspruch erheben müssen, ja gezwungen sind, einen Einspruch zu erheben, und im anderen eine Möglichkeit einräumen, da wir im Prinzip das Energieausweis-Gesetz für eine sehr wichtige Maßnahme auf dem Weg zur Erfüllung des Kyoto-Protokolls halten und es als eine Maßnahme des Klimaschutzes betrachten.

Schon im Titel dieses Gesetzes heißt es – man muss das einmal wörtlich aufneh­men –: Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage ... Die Pflicht zur Vorlage bleibt aber ohne jede Sanktion. Wer wird denn einer Pflicht zur Vorlage Folge leisten, nämlich einer doch etwas aufwendigen – Energieausweis pro Gebäude –, wenn die Nicht-Vorlage ohnehin sanktionslos bleibt? Wer wird denn dafür Geld ausgeben, wenn es ohnehin sanktionslos ist?

Dieser Schönheitsfehler des Gesetzes, dass es nämlich keine Möglichkeit der Sanktion und der tatsächlichen Herbeiführung der Pflichteinlösung hinsichtlich dieses Ausweises gibt, haben wir kritisiert. Frau Bundesministerin! Da wir unsere Kritik auch mit Maß und Ziel einsetzen, gibt es hier durch den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung doch die Möglichkeit, die acht Wochen ... Wir haben das Thema jedoch ins Plenum gebracht, um es noch einmal ... – Ich sage das Wort „Chuzpe“ dazu, etwas im Gesetzestext als Pflicht zu benennen, aber nicht auch zu versuchen, die Einlösung dieser Pflicht auch zu sichern, indem man beispielsweise sagt: Wenn du dem nicht nachkommst, dann gibt es Sanktionen.

Das Ganze ist ein Paradebeispiel für den gesamten Umgang der Bundesregierung mit dem Kyoto-Protokoll, mit dem Klimaschutz. Es gibt viel, viel Schall und Rauch und Weihwasser und Sonntagsheiligkeit. Was aber die einzelnen Maßnahmen betrifft, die zur Umsetzung notwendig sind, dagegen ist dann ein Pudding eine Betonsäule. Sie können sich auch gerne einen anderen Vergleich aussuchen, aber bitte, die öster­reichische Politik zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls ist wirklich eine Schande, und dieses Gesetz reiht sich nur in diese Wackelpudding-Politik ein.

Deshalb – wir sagen es hier noch einmal –: Für dieses Gesetz – vielleicht finden sich dann doch einige, die das freiwillig machen, ein Hoch auf jene Freiwilligen – wird in Wirklichkeit eine Novellierung notwendig sein, damit man diese Ausweise tatsächlich umsetzt.

Nun kommen wir zu jenem Teil, der das Mietrecht und das Wohnungsgemein­nützig­keitsgesetz betrifft. Wir haben schon im Ausschuss mit dem zuständigen Beamten gesprochen, aber ich lasse nicht locker. Ihr zuständiger Beamter hat zwar sicherlich treffend geantwortet, und ich kann mir auch vorstellen, dass das aus der Sicht eines Gesetzwerdungsprozesses durchaus verständlich ist. Ich verschließe ja meine Ohren nicht vor den Argumenten, aber trotzdem – ich sage das einmal als Prinzip –: Im Prinzip sollte sich hinsichtlich Wohnen keine Lücke im Gesetz finden, die die Beein­trächtigung der Gesundheit auch nur irgendwie akzeptiert.

Vielleicht wird mich Ihr zuständiger Beamter jetzt wieder kleinlich finden, wenn ich wieder darauf herumreite, aber ich bin irgendwie fassungslos, dass man ein Gesetz hat, das sagt, dass man nur erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner


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beseitigen soll. Nur erhebliche! Bitte, warum sollen wir denn akzeptieren, dass man beim Wohnen auch eine Gefährdung in Kauf nimmt? Irgendwie sollte doch Wohnen zur Freude der Menschen und zur Sicherung der Gesundheit dienen. Wir sollten weder Schimmelpilze noch Bleirohre akzeptieren müssen. (Zwischenruf des Bundesrates Kritzinger.) Ich weiß nicht, Herr Kritzinger, wovon Sie geredet haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Kritzinger.) Ja, Herr Kritzinger, Sie haben gesagt, es ist ein Segen für die Vermieter, ah, für die Mieter. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Kritzinger.) Ja, ich habe mich versprochen, denn ich komme schon auf den Schluss zu.

Es ist ein Segen für die Vermieter. Sie haben da zwar nette Geschichten erzählt, aber in Wirklichkeit ist dieses Gesetz eine sehr glückliche Sache für die Vermieter.

Nehmen wir einmal das Verfassungsgerichtshoferkenntnis über die steuerrechtliche Schlechterstellung der Vermieter. Das wird Sie ja interessiert haben. Aber nirgendwo sagt der Verfassungsgerichtshof, dass das mietrechtlich zu reparieren ist. Das kann man steuerrechtlich, aber nicht mietrechtlich reparieren. Und wenn ich etwas miet­rechtlich repariere, wer zahlt die Zeche, Herr Kritzinger? – Das sind die Mieter, von denen Sie gesagt haben, dass ein Füllhorn des Segens über sie kommt mit diesem Gesetz. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Das Nächste: diese unendliche Geschichte der Makler und Kautionen. Wo ist das? – Das hätte man hier in einer anderen Form regeln und eine Transparenz herbeiführen können. Wir ersuchen doch nur, endlich einmal bei der Miethöhe um Transparenz bei den Zuschlägen beziehungsweise bei den Abschlägen. Nein, nichts ist da.

Das Nächste: Das zwingende Eigenkonto hat sich bewährt, Herr Kritzinger, und etwas, was sich bewährt hat, sollte man auch nicht verlassen, gerade wenn es für die Mieter auch hier um Transparenz geht.

Oder was wir immer wieder fordern: Es geht um die effektive Begrenzung der Haupt­mietzinsen im Oberbereich. Wo ist das?

Ich denke auch daran, dass wir in Österreich jährlich mehr Wohnungen haben, der Wohnbestand erhöht sich jährlich, aber es gibt immer weniger Wohnungen, weil nicht gegengesteuert wird durch ein Gesetz, sodass man im Anwendungsbereich zu einer klareren Gegensteuerung käme. Das heißt, dass man zwar immer mehr Wohnbestand hat, aber weniger Wohnungen. Das ist ja absurd! Hier muss eigentlich eine moderne und fortschrittliche Politik im Sinne der Mieter und nicht nur immer im Sinne der Vermieter gegensteuern.

Generell, Frau Bundesminister, unterstelle ich Ihnen gar nichts – Ihnen unterstelle ich gar nichts, das wissen Sie, ich unterstelle Ihnen gar nichts –, aber vielleicht nehmen Sie sich in einer stillen Stunde – die gibt es ja vielleicht jetzt im Juli (Bundesrätin Bachner: Nicht mehr lange!); nicht mehr lange, also vor dem fröhlichen Ereignis – noch einmal jenen Teil des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vor; nicht einmal eine Stunde, nur eine halbe Stunde. Legen Sie Sudoku-Rätsel zur Seite und versuchen Sie nur, diese Sätze zu verstehen, die da drinnen sind. Jede Denksportübung ist ein Lercherl dagegen, wenn Sie versuchen, dieses Gesetz und den Sinn der Sätze zu verstehen. Es ist nicht möglich.

Ich habe es im Ausschuss schon gesagt, ich habe das sechs Juristen vorgelegt. Sie sind jetzt meine siebente. Rufen Sie mich an, wenn Sie sagen können, Sie sind draufgekommen, was das heißt. Es ist nicht möglich. All diese sechs Leute haben gesagt, es tut uns Leid, wir können den Sinn dessen, was man hier legistisch auszudrücken versucht, nicht erfassen. Also viel Spaß auch für jene Höchstgerichte,


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die da jetzt versuchen sollen, in einer Art Orakelstube der Sinnerfassung eines Ge­setzes zu entscheiden. Aber dieses Gesetz wird hier vorgelegt.

Wir haben immer gesagt, gerade auch die ÖVP ist immer angetreten und besonders eine steirische Abgeordnete war es, die immer gesagt hat: Bitte, macht die Gesetze lesbar. Jetzt weiß ich schon, Mietrecht ist keine Dutzendmaterie, aber ein bisschen konsumentenfreundlicher sollte so ein Gesetz schon sein, wenn wir so eine große Novellierung machen. Und das ist es leider nicht.

Aber wenn die Juristen schon die Probleme haben, wie sollen das die Vermieter herausfinden, die alleine von sich aus einmal versuchen, darüber zu rätseln: Bin ich jetzt Wohnungsbesitzer zweiter Klasse? Denn das ist ja auch in diesem Gesetz enthalten, dass wir veredeltes Wohnungseigentum und irgendwie Second-Hand-Wohnungseigentum haben.

All das, liebe Frau Bundesministerin, führt dazu, dass wir einfach dem zuständigen Aus­schuss des Nationalrates eine zweite Chance geben, sich das anzuschauen, eine zweite Chance auch für die Mieter und Mieterinnen in diesem Land. Das Ener­gieausweisgesetz wird in Kraft treten, aber das Angebot gilt: Wenn Sie sich das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz noch einmal ganz in Ruhe angeschaut haben und sagen, Sie kommen auf jeden Sinn darauf, rufen Sie mich an. Ich widerrufe hier an diesem Tisch alles, was ich gesagt habe. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.47


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun ohnedies die Frau Bundes­ministerin.

 


12.47.43

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es tut mir natürlich persönlich sehr Leid, dass es einen Einspruch zum Wohnungspaket geben wird. Das hat sich ja schon im Nationalrat abgezeichnet. Mir persönlich tut es Leid, denn Sie wissen ja alle, dass es gerade im Bereich des Miet- und Wohnrechtes und auch des Wohnungs­gemeinnützigkeitsgesetzes immer wieder sehr spannungsgeladene Diskussionen gibt. Und hier wirklich einen Konsens zu erreichen, ist – das ist mir schon auch bewusst – sehr, sehr schwierig.

Ich habe es bei all meinen Vorrednern gesehen, dass wir hier immer wieder vor der Problematik stehen, dass es ganz andere Ansätze gibt, wie man gerade den Bereich des Mietrechtes einer Regelung zuführen will. Ich glaube sogar, dass der Bereich des Wohnungseigentumsgesetzes weniger strittig ist, denn wie Sie ja wissen, ist diese Änderung, die wir hier eingeführt haben, durchaus eine Novelle, die von der Praxis wirklich herbeigesehnt wird. So gesehen ist daher ein Teil drinnen, der, glaube ich, die breite Zustimmung auch der Opposition finden könnte, aber auf der anderen Seite sehe ich auch, dass hier, sagen wir einmal so, unterschiedlichste Auffassungen gerade im Bereich des Mietrechtes aufeinander prallen, kann man sagen. Ich empfinde das auch persönlich als ein Aufeinanderprallen.

Ich habe mir in der Vorbereitung zur heutigen Bundesratssitzung natürlich auch den Einspruch und die Begründung des Einspruches sehr genau durchgelesen und auch, wo Sie die Knackpunkte Ihres Einspruches sehen. Das waren ja im Wesentlichen das Befristungsrecht, dann die Einschränkung des Anwendungsbereichs des Mietrechts­gesetzes und die Rügepflicht des Mieters. Das waren so im Wesentlichen die Punkte.

Gerade beim Befristungsrecht ist es so, dass es nicht Intention dieser Bundesregierung und schon gar nicht des Justizministeriums war, von diesem allgemeinen Grundsatz


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der unbefristeten Mietverträge abzuweichen. De facto ist es so, dass das ein Problem ist, das aus der Praxis auf uns zugekommen ist. Der Herr Bundesrat hat es ja schon sehr eindrücklich gesagt. In der Praxis ist es gerade bei den kleineren Vermietern – es geht nicht einmal um die großen Vermieter; die großen Vermieter haben eine gute Organisation, die großen Vermieter haben diese ganzen Terminvormerkungen und Ähnliches – oft so, dass es wirklich zu einem Übersehen der Frist kommen kann.

Es war zunächst auch im Gespräch, dass man die Frist nur auf ein Jahr verlängert. Aber wir haben gesagt, nein, das geht nicht, da muss man drei Jahre machen, denn man muss auch dem Mieter eine gewisse Zeit lassen, dass er sich umorientieren kann, und innerhalb von drei Jahren weiß man dann auch, ob man eine neue Wohnung findet oder nicht. Es kann ja durchaus auch sein, dass nach diesen drei Jahren aus diesem Mietverhältnis ein unbefristetes Mietverhältnis wird.

Was wir auch nicht vergessen dürfen – ich bin selbst Mieterin, wir haben selbst eine Wohnung gemietet, und ich fühle mich eigentlich nicht schlecht dabei; ich weiß nicht, wie ich sagen soll, ich meine, vielleicht ist es, weil ich juristisch vorgebildet bin, dass ich mir leichter tue und dass ich da weniger Scheu habe –: Im Grunde genommen ist Schutz für Mieter schon etwas sehr Wichtiges, nur will ich nicht so überbehütet werden, dass ich praktisch dann das Gefühl habe, nicht frei steuern zu können. Denn ich als Mieterin weiß sehr wohl, warum ich einen befristeten oder warum ich einen unbe­fristeten Mietvertrag abschließen will. Das kann ich mir auf dem Wohnungsmarkt ja aussuchen.

Ich habe aber oft den Eindruck, dass gerade im Mietrechtsbereich die Mieter wirklich oft überbehütet werden. Ich meine, es sind doch im Grunde genommen alles Menschen so wie Sie und ich, die sehr wohl wissen, was sie tun. Gewiss braucht es einen Schutz, weil natürlich große Vermieter oft andere Zugänge haben oder es auch Missstände gibt, aber im Großen und Ganzen soll es doch so sein, dass auch im Bereich des Wohnungsmarktes bis zu einem gewissen Grad – mit Schutz des Miet­rechtes – doch auch der Markt gewisse Sachen regeln kann.

Was mir auch wichtig ist, ist die Einschränkung des Anwendungsbereiches des Miet­rechtes. Sie haben richtigerweise festgestellt, dass es beim Dachbodenausbau bereits derzeit unterschiedliche Vorschriften gibt, die verschiedene Mietobjekte, also Wohnungen, in einem Haus betreffen können. Das ist derzeit schon so der Fall. Wir haben das jetzt ausgeweitet auf Zubauten und Aufstockungen. Hier geht es uns vor allem auch darum, dass wir Wohnraumschaffung nicht behindern wollten.

Und was auch ganz wichtig ist: Es ist für mich so der Eindruck entstanden, als ob jetzt davon ausgegangen würde, dass gar kein Schutz des Mietrechtes mehr eintritt. Das stimmt nicht, sondern es ist jetzt so vorgesehen, dass wir hier sehr wohl den Teilan­wendungsbereich des Mietrechtes zur Anwendung bringen wollen. Das war genau der Weg, den wir hier gegangen sind.

Wir glauben, dass wir damit sehr wohl dazu beitragen werden, dass Objekteigentümer ihre Objekte sanieren, weiter ausbauen und damit auch die Wirtschaft beleben können. Denn es kann ja nicht nur so sein, dass ich jetzt ein Objekt habe und dann mit diesem meinem Eigentum in weiterer Folge nichts mehr anfangen kann, weil ich durch den Gesetzgeber im Grunde genommen in der Ausübung meines Eigentumsrechtes total behindert werde.

Das ist immer genau die Balance, die es hier zu finden gilt, und das macht es ja so schwierig, verstehen Sie? Ich glaube, eine allgemeine Lösung wird es nicht geben, aber wir haben eben wirklich versucht, hier eine Lösung herbeizuführen, die beiden Teilen gerecht wird.


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Zur Rügepflicht des Mieters: Hier hat es natürlich auch heftige Diskussionen gegeben, und natürlich waren, wie Herr Bundesrat Schennach richtig ausgeführt hat, auch Bleirohre im Gespräch und Ähnliches. Wir haben uns für ein System entschieden, wonach der Mieter rügen muss und der Vermieter de facto herrichten muss. Ich glaube, das ist der richtige Weg, denn es kann ja einem Mieter nicht zugemutet werden, dass er dann praktisch, auch wenn er eine Kategoriemietzinsherabwertung hat, in einer Wohnung lebt, die gesundheitsbeeinträchtigende Folgen für ihn hat. Ich meine, das ist ja bitte nicht im Sinne des Gesetzgebers, dass wir sagen: Du kannst billiger leben, dafür kannst du deine eigene Gesundheit gefährden.

Das war unser Ansatz, weshalb wir diesen Weg gewählt haben, und ich glaube auch, das es der richtige Weg ist, der auch ins System des ABGB passt, weil natürlich auch bei Dauerschuldverhältnissen nach dem Gewährleistungsrecht die Verbesserung grundsätzlich Vorrang vor der Preisminderung hat.

Ich möchte auch sagen – auch das ist ja von meinen Vorrednern schon angesprochen worden –, dass durchaus auch einige Verbesserungen für die Mieter und Mieterinnen enthalten sind: eben die Erweiterung der Erhaltungspflicht des Vermieters hinsichtlich gesundheitsgefährdender Mängel, die Einführung eines Investitionsersatzanspruches des Mieters für die Erneuerung einer Heiztherme oder eines Wasserboilers – was es ja bis dato auch nicht gegeben hat und wo es durchaus in der Praxis auch schon oft zu sehr unerfreulichen Lösungen für die Mieter gekommen ist –, dann die Erleichterung der Durchsetzung von Investitionsersatzansprüchen oder die Erleichterung der Kündi­gung eines Mietvertrages durch den Mieter, weil wir jetzt nicht mehr die gerichtliche Kündigung vorsehen. – Ich glaube, da sind doch einige Verbesserungen enthalten, die durchaus auch den Mietern und Mieterinnen in Österreich zugute kommen.

Hinsichtlich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes: Das schaue ich mir gerne an, Herr Bundesrat Schennach. Wenn Sie mir noch sagen, welcher Paragraph das im Detail ist, schaue ich es mir auch gerne an. (Bundesrätin Kerschbaum macht Bundes­rat Schennach darauf aufmerksam, dass er angesprochen ist.) Ich schaue mir das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gerne an. Sagen Sie mir nur noch, welcher Paragraph da für besondere Unklarheiten sorgt. Ich schaue mir das gerne an, obwohl das in den Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums fällt, aber ich glaube, die Experten werden mir das sicherlich erläutern können, wie das dann im Detail ausschaut. Also ich schaue mir das wirklich sehr gerne an.

Beim Energieausweis-Vorlage-Gesetz ist es so, dass wir, wie Sie ja alle wissen, hier eine EU-Richtlinie zur Umsetzung bringen müssen, das ist die Gebäuderichtlinie. Wir haben hier einen sehr – sagen wir einmal so – intensiven Diskussionsprozess im Bereich der Begutachtung gehabt. Sie wissen ja, dass sich hier nach dem Begut­achtungsverfahren einiges geändert hat und wir uns nach dem Begutachtungs­verfahren entschlossen haben, im Bereich des Energieausweis-Vorlage-Gesetzes keine verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen vorzusehen, wie wir das ursprünglich vorgehabt haben, wie das im Ursprungsentwurf vorgesehen war, weil es nämlich gerade auch aus der Praxis heraus als überschießend empfunden wurde.

Wir haben stattdessen den Weg gewählt, nach den allgemeinen Gewährleistungs­bestimmungen ein Sanktionssystem vorzusehen. Das heißt, es gibt jetzt Sanktionen im Bereich des Zivilrechtes. Wir haben zudem insbesondere im § 5 dieses Energie­ausweis-Vorlage-Gesetzes eine Sonderregelung eingeführt, was praktisch die Konsequenzen sind, wenn dieser Energieausweis nicht vorgelegt wird.

Ich bin sehr froh, dass es hier zumindest dazu kommt, dass Sie diese achtwöchige Frist abwarten und dass dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann, weil wir ja wirklich auch verpflichtet sind, diese Richtlinie umzusetzen.


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Ich hoffe, dass die Zukunft zeigen wird, dass es sehr viele Menschen in Österreich geben wird, die sehr wohl auf freiwilliger Basis die großen Vorteile, die dieses Energieausweis-Vorlage-Gesetz mit sich bringt, dann auch in der Praxis anwenden werden, und wir dadurch einen kleinen Schritt weiterkommen, um unsere Kyoto-Ziele erreichen zu können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

12.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


12.57.52

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! – Frau Ministerin, ich möchte Ihnen nur für die stille Stunde noch zwei Details mitgeben, und zwar zur Wohnrechtsnovelle. Da gibt es eben diese Abwendungspflicht für erhebliche gesund­heitliche Gefährdungen, die aber im Detail im Gesetz nicht beschrieben sind, sondern nur in der Erläuterungen. In den Erläuterungen steht etwas von Blei und von Asbest, was aber in den Erläuterungen fehlt, was in Österreich endlich dringend notwendig wäre, ist eine Bezugnahme auf Radon. Es gibt in Oberösterreich, Niederösterreich, in vielen Gebieten Österreichs sehr hohe Überschreitungen der Radon-Werte.

Vor kurzem erst ist vom Lebensministerium und vom Gesundheitsministerium gemein­sam eine nette Broschüre zum Thema Radon herausgegeben worden, in der drinnen steht, dass es hohe Überschreitungen gibt und wie gefährlich Radon ist, es sind nur keine Maßnahmen enthalten, die gesetzt werden. Es ist gar nicht so schwierig, Radon-Maßnahmen zu setzen, und es ist auch nicht so teuer, aber es ist einfach notwendig, dass man es einmal gesetzlich irgendwo festhält.

Punkt zwei: zum Energieausweis-Vorlage-Gesetz. In der EU-Richtlinie steht drinnen, dass auch öffentliche Gebäude einen Energieausweis erstellen und aushängen müs­sen. Im Gesetz fehlt dieser Hinweis beziehungsweise steht in den Erläuterungen, es ist dann 2009 möglicherweise irgendwann einmal zu machen, umzusetzen. Es wäre aber laut Richtlinie doch jetzt schon umzusetzen.

Mich würde interessieren, woran es scheitert. Die Richtlinie ist im Jahr 2002 im Rat beschlossen worden. In der Zwischenzeit müsste für Bund, Länder und Gemeinden eigentlich Zeit genug gewesen sein, sich um Experten zu kümmern, die diesen Energieausweis erstellen können. Ich denke, gerade in Bezug auf die Vorbildwirkung bei öffentlichen Gebäuden wäre es besonders wichtig, dass man das vorzieht und nicht erst 2009 umsetzt. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck.

 

 


13.00.02

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde bereits einiges gesagt, und Fakt ist, dass zwei Wohnrechtsnovellen dieser Bundesregierung die Situation der Mieterinnen und Mieter in dieser Republik schlicht­weg sehr verschlechtert haben.

Sie, Frau Bundesminister Gastinger, haben vorhin gesagt, als Sie auf Wohnungssuche waren, haben Sie sehr wohl gewusst, ob Sie einen befristeten oder einen unbefristeten Mietvertrag abschließen. Aber: Sie, Frau Bundesminister, haben eine Ausbildung als Juristin genossen – die überwiegende Zahl der Menschen in dieser Republik erfüllt diese Voraussetzung nicht! Daher bin ich völlig einer Meinung mit Kollegem Schen­nach, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Recht schon verständliche


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Formulierungen finden sollten und vor allen Dingen auch Wege, die entsprechenden Rechtsschutz gewähren.

Ich komme jetzt zu einem Bereich, der wirklich langsam dramatische Ausmaße annimmt: Ihre Bundesregierung, Frau Bundesminister, hat Zehntausende Wohnungen auf den Markt geworfen, die vorher eingebettet waren in sehr korrekte, ordentliche gemeinnützige Wohnungsgesellschaften. Durch den Verkauf der WAG, durch den Verkauf der BUWOG gingen diese Wohnungen an private Anleger über, die jetzt natürlich versuchen, ein Maximum aus diesem Wohnbestand zu lukrieren. Das heißt, man schaut, wo es nur möglich ist, aus den Betriebskosten ein Maximum heraus­zuholen, jede Mieterhöhung, die nur irgendwie gangbar ist, rechtlich durchzuziehen. – Und das ist natürlich eine sehr tragische Geschichte.

Wenn Sie sagen, es sei doch nicht alles so schlimm, dann wird, so denke ich, die Mieter­vereinigung gerne bereit sein, Ihnen ein entsprechendes Privatissimum zu gewähren. Sie können sich dann vor Ort von der Sachlage überzeugen. Ich selbst komme aus dem wirtschaftlichen Bereich und kann sagen – und das wird mir Kollegin Zwazl bestätigen, vielleicht auch Kollege Ager, obwohl in Tirol die Situation ein bisserl anders ist –, dass die überwiegende Zahl von Gewerbebetrieben in der Gastronomie in einem Objekt eingemietet ist, dass die Mieten ständig gestiegen sind, die Umsatz­rendite dieser Unternehmungen aber nicht. – Auch das ist eine tragische Situation.

Wir haben uns daher gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Grünen dazu entschlossen, hier und heute folgenden Entschließungsantrag, der, mit den ent­sprechenden Unterschriften versehen, dem Herrn Präsidenten übergeben wurde, einzubringen:

 Entschließungsantrag

der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Stefan Schennach, Gabriele Mörk, Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen im österreichi­schen Wohnrecht

Die unterfertigten Bundesräte stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, Gesetzesvorlagen auszuarbeiten und dem Parlament zuzuleiten, welche das Ziel verfolgen, nachfolgende Forderungen in geeigneter Weise umzusetzen:

1. Der Anwendungsbereich – und damit der Preisschutz – des Mietrechtsgesetzes soll auf andere Mietverhältnisse ausgedehnt werden.

2. Durch die Begrenzung der Zuschläge auf max. 25 Prozent vom Richtwert und einen Katalog der erlaubten Zu- und Abschläge soll der Zuschlagedschungel eingegrenzt werden.

3. Die Richtwerthöhe soll durch die jeweilige Landesgesetzgebung beschlossen werden und damit der politischen Verantwortung unterliegen.

4. Der Lagezuschlag soll höhenmäßig auf max. 10 Prozent des Richtwertes begrenzt werden.

5. Die Mietzinshöhe soll ohne Verfristung jederzeit überprüft werden können.


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6. Ein gesetzlicher Indexsprung von fünf Prozent an Wertanpassungen soll für alle Mieten gelten, um die jährlichen Mietensteigerungen zu verhindern.

7. Der unbefristete Vertrag soll wieder zur Regel werden. Befristungen ziehen hohe Umzugskosten nach sich und verhindern die Durchsetzung von Mieterrechten.

8. Vermietete Ausstattungskriterien müssen zwingend in die Erhaltungs- und Erneue­rungspflicht des Vermieters fallen.

9. Ein klarer Mietzinsminderungskatalog soll Rechtssicherheit schaffen.

10. Die Herausnahme der Grundsteuer (als Vermögenssteuer des Hauseigentümers) und der Versicherungsprämien (Risikoabwälzung des Vermieters) aus dem Betriebs­kostenkatalog und

11. MieterInnen sollen ein Minderungsrecht des Verwaltungshonorars und des Reinigungs­entgelts erhalten, wenn die entsprechenden Pflichten nicht erfüllt wurden.

12. Beschränkung der Kaution auf max. zwei Bruttomonatsmieten, zwingende Mindest­verzinsung der Kaution und erleichterte Rückforderung im Außerstreitverfahren.

13. Kostenteilung der Vergebührung des Mietvertrages zwischen MieterIn und VermieterIn.

14. Maklergebühren sollen nur noch vom Auftraggeber bezahlt werden.

15. Mietzinsvorauszahlungen sollen zum gesetzlichen Zinssatz verzinst und auf die Laufzeit berechnet werden.

16. Vertragserrichtungskosten sollen nicht mehr auf MieterInnen überwälzt werden können.

17. Heizkosten sollen als Nebenkosten des Wohnens dem begünstigten Umsatz­steuersatz unterliegen.

18. Keine ausschließliche Überwälzung von Errichtungs- und Instandhaltungskosten von Heizanlagen bei Contractingverträgen.

19. Alle Rechte und Pflichten aus dem Wohnrecht sollen ohne Kostenrisiko im Außer­streit­verfahren durchgesetzt werden können.

20. Auch WohnungseigentümerInnen sollen ihre Rechte schon bei den Schlichtungs­stellen durchsetzen können.

*****

Sie sehen, Frau Bundesminister, wir haben einiges getan, um auch den formellen Rechtszugang für die Mieterinnen und Mieter einzufordern.

Ich meine, wenn die Kollegen von der ÖVP-Fraktion und von den Blau/Orangen aufmerksam zugehört haben, dann ist das doch Anlass genug, diesem Ent­schließungsantrag auch beizutreten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. (Bundesrat Mag. Klug: Schlusswort!) – Bitte, Herr Mag. Klug, Entschuldigung.

 



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13.06.37

Berichterstatter Mag. Gerald Klug (Schlusswort): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Ich begründe mein Schlusswort als Berichterstatter mit der Ergänzung der schriftlich äußerst komprimierten Zusammenfassung des Berichtes zur Wohnrechts­novelle 2006. Ich habe das schon zu Beginn der Debatte bei der Berichterstattung kurz erwähnt und ausdrücklich darauf hingewiesen. Die Ergänzung der schriftlichen Unterlage möchte ich deshalb vornehmen, weil ein Aspekt in dieser politischen Debatte, der sehr wohl im Ausschuss diskutiert wurde, aus meiner Sicht als Bericht­erstatter unterbeleuchtet war.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Klug, ich bitte Sie, sich darauf zu beschränken, den Sachverhalt, der die Ausschussberatungen referieren soll, wiederzugeben. (Bundesrat Konecny: Ja, das tut er gerade! Hat er ja gesagt!)

 


Berichterstatter Mag. Gerald Klug (fortsetzend): Die Ausschussberatungen haben letztlich zu einem Beschluss geführt, und Teil des Beschlusses sind klarerweise auch der Einspruch und der Inhalt, wo es unter anderem um die Befristung geht. Ich ergänze ohne eigene Wertung des Verhandlungsgegenstandes die Beratungen im Ausschuss im Zusammenhang mit der Befristungsproblematik aus dem Zivilrecht: Das wurde diskutiert, das wurde beraten und das wurde beschlossen, nur finden wir es letztlich im Ausschussbericht nicht!

Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns im Mietrecht in der allgemeinen Materie ...

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (neuerlich das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Klug, was im Ausschussbericht zu lesen oder nicht zu lesen ist, hängt nicht zuletzt vom Berichterstatter ab. (Bundesrat Konecny: Er ergänzt ihn jetzt!)

 


Berichterstatter Mag. Gerald Klug (fortsetzend): Das ist schon richtig, aber es kann sein, dass es Auffassungsunterschiede gibt. Selbstverständlich kommt der schriftliche Bericht in Zusammenarbeit und im Einklang mit dem Vorsitzenden und dem Schrift­führer beziehungsweise dem Berichterstatter zustande, aber es widerspricht der Geschäftsordnung nicht, wenn es im Schlusswort des Berichterstatters eine Ergänzung zum Bericht ohne eigene Wertung gibt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nein, ich habe noch keine gemacht, und ich mache auch keine.

Ich bin dem Vertreter des Ministeriums äußerst dankbar für die umfassenden Bera­tungen in diesem Zusammenhang, sie waren sehr aufschlussreich. Im Zivilrecht gibt es an sich zur Problematik Befristung/Unbefristung einen Grundsatz: Wenn in dieser allgemeinen Disziplin die geeignete Handlung in einem befristeten Vertragsverhältnis eines der Partner unterlassen wird, wird – eine klare Regelung! – aus dem befristeten Vertragsverhältnis ein unbefristetes. Und wenn man jetzt über die allgemeine Norm des Zivilrechtes auf die Spezialnorm im Mietrecht geht, dann ist nichts Ungewöhnliches daran, dass man einen Systembruch macht und sagt: Wir regeln das anders! Aber der Systembruch in diesen Spezialdisziplinen wird immer begründet (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier) – ich komme gleich dazu –, begründet nämlich zum Schutze des Schwächeren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn in der besonderen Norm des Mietrechtes, die Spezialdisziplin im Bestandsverhältnis, der Mieter oder der Vermieter belastet wird, dann überlasse ich es den Damen und Herren im Bundesrat, zu beurteilen, ob im Bestandsverhältnis der Mieter oder der Vermieter der Schwächere ist. Jetzt wird eine bewusste Regelung getroffen, die dann zu einer weiteren Befristung führt. Da mir als Berichterstatter keine inhaltliche Wertung zusteht, darf ich es den Damen und Herren des Hauses selbst überlassen, für sich zu entscheiden, wer im Mietverhältnis der


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Stärkere und wer der Schwächere ist – der Mieter oder der Vermieter. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend eine Wohnrechts­novel­le 2006.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen, keinen Einspruch zu erheben.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Schimböck, Schennach, KollegInnen auf Fassung einer Entschließung betreffend notwendige Änderungen im österreichischen Wohnrecht vor.

Ich lasse über diesen Antrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 215-BR/06.)

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Energieausweis-Vorlage-Gesetz.

Es liegt mir hiezu ein Antrag der Bundesräte Konecny, Schennach, Kolleginnen und Kollegen vor, hinsichtlich dieses Beschlusses zur Tagesordnung überzugehen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Übergang zur Tages­ordnung ist somit angenommen.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

13.12.08 9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Repu­blik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slo­wakischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzu­wendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Ge­meinschaften (1162 d.B. und 1525 d.B. sowie 7589/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Gabriele Mörk. – Bitte.

 


13.12.41

Berichterstatterin Gabriele Mörk: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Überein­kommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen


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Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Über­einkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorbringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf mich daher auf die Antrag­stellung beschränken.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


13.14.04

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Im Zusammenhang mit der Regierungsvorlage zu Punkt 9 betreffend Aufnahmeübereinkommen der zehn neuen Mitgliedstaaten sollten wir, glaube ich, schon ein bisserl darüber reden, wie es eigentlich wirklich ausschaut.

Am 19. Juni 1980 haben die damaligen Mitgliedsländer mit einem 23-Seiten-Vertrag mit 28 Artikeln ein Beitrittsübereinkommen abgeschlossen. Das waren damals Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande und Großbritannien.

Am 10. April 1984 erfolgte die erste Erweiterung mit Griechenland, am 18. Mai 1992 die Erweiterung mit Spanien und 1996 die Erweiterung mit Österreich, Finnland und Schweden.

Am 25. Mai 2005 wurden erstmals im Justizausschuss des Nationalrates bezüglich der weiteren Aufnahme der zehn Länder Tschechien, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakischen Republik Diskussionen und Gespräche geführt.

Die 28 Artikel haben einen umfangreichen Anwendungsbereich. – Meiner Meinung nach sehr gut, wir sollten dazu stehen; für die betroffenen Länder, für die Menschen sicher sehr, sehr wichtig. Sie regeln den Personalstand, die Anerkennung für Testa­mente, Rechte für Vereine, Gesellschaften und Organe, die Anwendung für Rechts- und Nicht-Rechtsstaaten, Arbeitsverhältnisse, Arbeitsrechte.

Eine Frage, Frau Bundesministerin, stellt sich für mich in diesem Zusammenhang, nämlich in Artikel 10 Abs. 1 lit. d, anzuwendendes Recht im Besonderen maßgebend: „die verschiedenen Arten“ – ich habe den gesamten Akt da, ich habe ihn angefordert – „des Erlöschens der Verpflichtungen sowie die Verjährung und die Rechtsverluste, die sich aus dem Ablauf einer Frist ergeben“. – Mehr steht nicht drin, Frau Bundes­ministerin.

Meine Frage daher konkret: Wie ist das mit den Mitgliedstaaten? Für alle ist das Übereinkommen normal anzuwenden; was gilt für Slowenien bezüglich der AVNOJ-Beschlüsse und für Tschechien bezüglich der Beneš-Dekrete? Wie werden die 28 Artikel des Beitrittsübereinkommens ausgelegt?

Selbstverständlich werden wir zustimmen, keine Frage, aber gewisse Bedenken habe ich dabei schon, weil die Auslegung für einige Staaten Folgen haben könnte, die


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rechtlich nicht richtig verständlich gemacht wurden. Ich werde aber meine Zustimmung geben. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

13.17


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.

 


13.17.56

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte auf die Frage des Bundesrates Kampl ad hoc antworten.

Das Übereinkommen Rom I regelt Vertragsverhältnisse mit Auslandsbezug, welches Recht anzuwenden ist. Nicht mehr und nicht weniger! Das ist eine wichtige Angele­genheit, damit es nämlich nicht zu einem Forum-Shopping kommen kann. Wenn es einen Rechtsstreit gibt zwischen zwei Vertragsparteien, die in unterschiedlichen Mitglied­staaten ihren Wohnsitz haben, soll es nicht dazu kommen können, dass man sich aussuchen kann, ob man zum Beispiel in Italien mit der italienischen Rechts­ordnung besser aufgehoben ist als etwa in Österreich, und sich deshalb dann für das italienische Recht entscheidet.

Das ist im Wesentlichen und sehr einfach dargestellt die Grundintention dieses Übereinkommens. Es regelt nicht mehr und nicht weniger. Ich bin jetzt überfragt, was Beneš-Dekrete und AVNOJ-Bestimmungen betrifft, das muss ich mir noch im Detail anschauen und werde das auch gerne tun, kein Problem.

Ich möchte den Bundesrat auch darüber informieren, dass wir auf Ebene der Euro­päischen Union, also in unserem Rat, auch daran arbeiten, eine neue Verordnung Rom I auszuarbeiten, die dieses Übereinkommen in weiterer Folge dann ersetzen soll.

Es ist uns ja gelungen, während unserer Präsidentschaft die außervertraglichen Schuldverhältnisse, also Rom II, auf Verordnungsweg einer Regelung zuzuführen, und wir werden die vertraglichen Schuldverhältnisse jetzt im Rat auch ganz intensiv weiterbehandeln, sodass in absehbarer Zeit auch damit zu rechnen sein wird, dass dieses Übereinkommen auf Ebene der Europäischen Union durch diese Verordnung ersetzt werden wird.

Der Rechtsakt, den wir hier nun setzen, ist notwendig geworden, damit die neuen Mitglied­staaten diesem Übereinkommen ebenfalls beitreten und damit wir auch im Zivilrecht eine gemeinsame Rechtsgrundlage haben. – Danke vielmals. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit und der ÖVP.)

13.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke, Frau Bundesministerin.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke, das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


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13.20.2510. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (1345 d.B. und 1526 d.B. sowie 7590/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend Zivilrechtsüber­einkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staaten­gruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Ein­richtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang (1330 d.B. und 1527 d.B. sowie 7591/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen (1163 d.B. und 1528 d.B. sowie 7592/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 10 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu diesen drei Punkten ist Frau Bundesrätin Mörk.

 


13.21.01

Berichterstatterin Gabriele Mörk: Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Tagesordnungspunkt 10 bringe ich den Bericht des Justiz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf daher sogleich den Antrag stellen:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 11 erstatte ich den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang.

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich darf mich daher auf die Antragstellung beschränken:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

3. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,


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4. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen.

Auch hier liegt der Bericht vor, und ich beschränke mich auf die Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Giefing. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.23.46

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir schaffen heute ein Rechtsmittel für den Europarat betreffend das Zivilrechtsübereinkommen über Korruption.

In den Jahren 1998 und 1999 wurden die Strafrechtskonvention und die Zivilrechts­kon­vention in einem Rahmenabkommen zur Korruptionsbekämpfung ins Leben gerufen. Alle Mitgliedstaaten – derzeit sind es 40 Mitgliedstaaten – müssen nun bestimmte Mindeststandards bei den Regeln bezüglich Korruption aufweisen.

Österreich und Italien sind die letzten beiden EU-Mitgliedstaaten, die diese Resolution noch nicht umgesetzt haben – in Wirklichkeit ist das seit 1999 doch schon etwas spät; aber nun kommt es ja vielleicht doch dazu.

Im vorliegenden Übereinkommen wird Korruption definiert und werden klare Richtlinien im Zusammenhang mit Schadenersatz geschaffen. Eine eigens eingerichtete Staaten­gruppe gegen Korruption – kurz: GRECO – wird die Einhaltung der aus dem Übereinkommen resultierenden Verpflichtungen überwachen.

Leider müssen wir mit ansehen, dass sich in einigen Mitgliedstaaten des Europarates die Korruption nicht verringert, sondern eklatant ansteigt. Das bedeutet eine besondere Bedrohung für die Demokratien, für die Rechtsstaatlichkeit und zuletzt auch für die Menschenrechte. Anvertraute Macht wird dabei zum eigenen Vorteil missbraucht. Gegensteuern kann man meiner Meinung nach mit Transparenz und Offenlegung.

Die Weltbank spricht davon, dass jeder Mensch durchschnittlich 7 Prozent seiner Arbeitsleistung für Korruptionsschäden aufbringt. Österreich befindet sich – Sie hören richtig! – unter den 159 untersuchten Staaten der Welt auf Platz 10. Das bedeutet, dass auch in unserem Land, in Österreich, Korruption vorhanden ist. Der immaterielle Schaden führt zu großem Vertrauensverlust der Menschen in diesen Ländern. Der materielle Schaden ist letztendlich von den Steuerzahlern zu zahlen.

Ich durfte heuer in diesem Haus ein Gespräch mit dem bulgarischen Justizminister führen und habe dabei das Problem mit den minderjährigen Kindern angesprochen, die mit Bussen nach Österreich gekarrt und hier auf Diebestouren geschickt werden. Ihm war das Problem natürlich bekannt. Er sagte, dass es sich dabei hauptsächlich um Roma-Kinder handelt, und er sprach auch davon, dass Rumänien und Bulgarien große Anstrengungen unternehmen und bei der Bekämpfung von Korruption große Fortschritte erzielen. Es wird zum Beispiel die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten gestärkt, was natürlich auch auf den Druck der Europäischen Union zurückzuführen ist.


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Der wahre Grund, der Kern von Korruption, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist jedoch in der wirtschaftlichen Schwäche von Ländern zu suchen. Ich denke hier zum Beispiel an Bangladesch, Turkmenistan oder den Tschad. In wirtschaftlich starken Ländern wie zum Beispiel Finnland, Island, Neuseeland und Dänemark gibt es auch Korruption, aber in einem wirklich verschwindend geringen Ausmaß.

Wir setzen heute eine positive Maßnahme, aber es gibt in diesem Zusammenhang natürlich noch sehr viel Arbeit.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit – in aller Kürze – auch den Punkt betreffend Inter­nationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen an­sprechen.

International gesehen bestehen einige Rechtsinstrumente zur Bekämpfung von Terrorismus. Im Speziellen wird jedoch das Problem mit dem Nuklearterrorismus nicht ausdrücklich angesprochen. Die Entwicklung zeigt uns, dass auch hier Handlungen gesetzt werden müssen. Ich möchte an ein Szenario eines möglichen Angriffes auf ein Atomkraftwerk gar nicht denken.

Mit dieser Vorlage sollen nuklearterroristische Handlungen kriminalisiert werden und die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung von Personen, die in den Anwendungs­bereich des Übereinkommens fallen, festgelegt werden.

Meine Fraktion wird den Beschlüssen des Nationalrates gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

13.29


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.29.15

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch meine Fraktion wird den jetzt in Behandlung stehenden Anträgen die Zustim­mung erteilen. Ich möchte aber trotzdem kurz auf die Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht eingehen, weil es wichtig ist, dass hier endlich ein entsprechender Beschluss gefasst wird, damit auch die Europäische Union Mitglied werden kann, denn für die Rechtsharmonisierung in Europa ist eine Mitgliedschaft bei der Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ganz besonders wichtig.

Kollege Giefing ist ausführlich auf Korruption eingegangen, daher kann ich mir hier einiges ersparen, ich möchte aber grundsätzlich festhalten, dass Korruption wahr­scheinlich nicht zur Gänze auszuschließen ist, aber: In entwickelten Staaten sollte man immer darauf schauen, dass Bedienstete der Polizei, der Anklagebehörden, die Richter, aber auch die Politiker entsprechend bezahlt werden, sodass sie nicht in die Versuchung kommen, korrupt zu werden.

Ein System, auf das ich kurz eingehen möchte, das sich nicht in Europa befindet, ist Indien. Dort gelten zumindest 80 Prozent der Politiker als korrupt. Wenn Sie sich allerdings die Gehälter anschauen, die diese dort erhalten, können Sie nur sagen: Ein gewisses Maß an dezentem Verständnis ist dafür da!

Als Nächstes möchte ich auf das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen eingehen. Kollege Giefing hat gemeint, er möchte an dieses Szenario gar nicht denken, aber im Hinblick auf unsere ausführlichen Diskus­sionen im Landesverteidigungsausschuss bezüglich Abfangjäger möchte ich vor allem


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der sozialdemokratischen und der grün-alternativen Fraktion (Zwischenruf der Bundes­rätin Dr. Lichtenecker) in Erinnerung rufen, dass diese Art von Terrorismus unter anderem auch eine effektive Luftraumüberwachung nicht nur mit Radarschirmen, -sensoren und so weiter benötigt, sondern auch Abfangjäger, die dazu erforderlich sind, dass man dem Nuklearterrorismus entgegentreten kann. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Das glauben Sie aber nicht wirklich!)

Bitte, glauben Sie mir das, Frau Kollegin, Sie können das nicht wegdiskutieren, denn es könnte sein, dass ein Flugzeug die Absicht hat, ein Atomkraftwerk an der Grenze Österreichs zu bombardieren, und Österreich überfliegt. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Wir müssten uns dann fürchterliche Vorwürfe machen, wenn wir keine Abfangjäger hätten, vor allem Sie, denn wie man so hört, treten wir ja, wenn Sie, Rot-Grün, an die Regierung kommen sollten, vom Kaufvertrag für die Abfangjäger zurück. (Rufe bei der SPÖ: Ja!) Dann haben wir zwar einen Haufen Geld ausgegeben ... (Bundesrat Reisenberger: Es gibt gescheitere Alternativen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das haben Sie gesagt – ich erinnere mich daran –, dass wir dann zurücktreten. Dann haben wir zwar einen Haufen Geld ausgegeben, aber wir haben keine entsprechenden Flugzeuge. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.)

Weiters möchte ich kurz darauf eingehen, dass es nicht nur den Nuklearterrorismus gibt, sondern dass theoretisch auch mit biologischen und chemischen Waffen Attacken durchgeführt werden können. Die biologischen und die chemischen Waffen sind im Umweltstrafrecht abgedeckt, nur der Nuklearterrorismus konnte bisher nicht entsprechend geahndet werden.

Ich darf kurz darauf hinweisen, dass es im Grunde genommen, ähnlich wie bei der Korruption, wieder um die Staaten an sich geht, darum, ob die Staaten effektiv sind, ob es nicht nur ein Staatsgebiet, Staatsvolk und eine Staatsgewalt gibt, sondern ob die Staatsgewalt vor allem auch in der Lage ist, nicht nur in der Hauptstadt nach dem Rechten zu sehen, sondern im gesamten Staatsgebiet entsprechende Durchsetzungs­möglichkeiten hat. Denn diesem Abkommen liegt unter anderem die Erkenntnis zu­grunde, dass zum Beispiel der Pakistaner Khan mit Zentrifugen gehandelt hat, mit der Ausrüstung für Atomforschung intensiv Handel betrieben hat.

Wieso ist man draufgekommen? – Er hat auch Handel mit Libyen durchgeführt. Gaddafi ist vor einigen Jahren, wenn man so sagen kann – wenn auch der Ausdruck momentan nicht ganz richtig ist, verwende ich ihn trotzdem –, zu Kreuze gekrochen und hat versucht, sich wieder in die internationale Staatengemeinschaft einzugliedern. Das ist ihm gelungen, und er hat einiges an Informationen, zum Beispiel über Herrn Khan aus Pakistan, bekannt gegeben.

Das Nächste, was meiner Ansicht nach bei Nuklearterrorismus auch sehr wichtig ist, ist die Strafverfolgung. Und diese Strafverfolgung ist auch wieder nur möglich, wenn entsprechende Effizienz der Staatsorgane im weitesten Sinne gegeben ist.

Daher: Mittel- bis langfristig wäre es notwendig, wenn diese Abkommen auch wirklich umgesetzt werden, zu versuchen, die Mitglieder der Vereinten Nationen in gehobenere Kategorien zu befördern, denn bestenfalls ein Drittel der Staaten auf der Erde ist in der Lage, diese Abkommen entsprechend umzusetzen. Die anderen Länder tun sich, aus welchen Gründen auch immer, schwer, daher spricht man gelegentlich von „failed states“, die nicht in der Lage sind, das durchzusetzen, nämlich was die Ermittlungs­behörden, die Gerichtsbarkeit und den Strafvollzug betrifft. Darunter ist zu verstehen, dass solche Leute auch tatsächlich in den Gefängnissen verwahrt werden und nicht aus irgendeinem Grund entfleuchen.


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Als Nächstes und Letztes möchte ich noch erwähnen, dass es leider Organisationen auf der Erde gibt, die Interesse an Nuklearwaffen haben, vor allem an solchen kleinerer Natur. Das sind Al Kaida, die sich jetzt hoffentlich nicht in Somalia einnisten wird, die Aum-Sekte, die schon in Japan ihr Unwesen getrieben und auch bekundet hat, dass sie an Taschenbomben Interesse hat, und auch die Tschetschenen, die ihren Abwehr­kampf mit Russland führen, aber in Russland ist sicher auch nicht alles immer so sicher verwahrt, dass man sagen kann, das kommt nicht in Umlauf.

In diesem Sinne hoffe ich, dass das Abkommen in Kraft gesetzt wird und dass sich auch alle Staaten bemühen, es entsprechend umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

13.36


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


13.36.37

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich stimme ja mit meinem Vorredner des christlich-sozialen Lagers überein ... (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Er weiß auch nicht, wie wir heißen. Ich weiß jetzt auch nicht, wie er heißt. Ich versuche es seit sechs Jahren, aber er ist immun gegen manche Dinge. Ist doch egal, lassen wir es so.

Ich habe eine pädagogische Grundausbildung, aber manchmal denke ich mir, ich hänge sie einfach an den Nagel, denn das bringt nichts. Aber es stimmt, Kollege Kühnel, betreffend die Haager Konferenz, dass wir eine Lex EU machen. Dass die EU jetzt der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht beitreten kann, ist sehr gut. Auch all die Ausführungen, die hier bisher über die Korruption getätigt wurden, sind richtig. Für Österreich ist das nur in einem Punkt wirklich relevant, weil die öster­reichische Rechtslage all diesen Standards, oder in 99 Prozent der Fälle, entspricht: dass wir mit der Ratifikation nun Teil jener Staatengruppe werden, die auch die Einhaltung des Übereinkommens überwacht. Ich finde das sehr positiv; das ist auch eine Verinnerlichung.

Kommen wir nun aber zum letzten Punkt, wo ich Herrn Dr. Kühnel sagen möchte: Ich weiß nicht, wofür diese armen, verhunzten, noch nicht zusammengebauten Abfang­jäger noch herhalten müssen. Einmal werden sie nur für die Olympiade angeschafft, eigentlich werden sie nur für den Sport angeschafft, aber jetzt werden sie auch noch für Dukovany, Mochovce, Bohunice, Paks angeschafft.

Ich weise zurück, lieber Kollege Kühnel, dass in Österreich Flieger mit terroristischer Absicht aufsteigen, in den grenznahen Atomkraftwerken irgendwelche terroristischen Akte zu setzen. Solche Maschinen werden in Österreich nicht aufsteigen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Und wenn sie woanders aufsteigen, dann sind das alles NATO-Länder, die mitnichten auf diese österreichischen Flieger angewiesen sind.

Herr Kollege Kühnel, Sie müssen einen Strategiekurs des Bundesheeres besuchen, eine Art Auffrischung. Dieses Gesetz hier macht gar nichts gegen Nuklearterrorismus, außer dass es ihn unter Strafe stellt – sonst nichts! (Präsident Kneifel übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es ist natürlich notwendig, eine entsprechende Politik in Gang zu setzen, denn alles, was Streitkräfte in einem bewaffneten Konflikt betrifft, was nukleare Fragen betrifft, ist explizit nicht drinnen. Es wird auch in Artikel 4 Abs. 4 klargestellt, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des Einsatzes beziehungsweise der Drohung mit Kernwaffen nicht


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Gegenstand dieser Sache ist. Damit werden lediglich Handlungen des Nuklearterroris­mus unter Strafe gestellt.

Es ist ja eigentlich verwunderlich, dass das nicht eine Selbstverständlichkeit ist. Aber im Zusammenhang damit, dass wir Handlungen des Nuklearterrorismus unter Strafe stellen, brauchen wir Abfangjäger? Wir brauchen ein Gesetzbuch dafür, aber keine Abfangjäger.

Wir brauchen eine Politik, die sehr wohl klarmacht, dass wir an unseren Grenzen – das ist übrigens außerhalb unseres Hoheitsgebietes, von wegen Flieger herumschicken – außerhalb unseres staatlichen Hoheitsgebietes sehr wohl eine Politik überlegen müssen. Was hier passiert, ist nämlich Folgendes: Im Artikel 8 dieses Überein­kom­mens legen die Vertragsstaaten klar, zur Verhütung nuklearterroristischer Straftaten geeignete Schutzmaßnahmen für radioaktives Material – dort sind wir nämlich, das ist unser Thema – zu treffen.

Und jetzt gibt es einen Hinweis, Frau Bundesministerin, wo ich sagen muss – jetzt nicht vom Juristischen, vom Juristischen ist das völlig in Ordnung –, von nuklearpolitischer Seite ist dieser Artikel 8 die größte Schwäche. Er verweist nämlich auf die Empfeh­lungen der IAEO, wo eigentlich nichts drinnen steht. Und das macht das Überein­kommen in diesem Punkt so zahnlos, weil gerade die Internationale Atomenergie­behörde bei ihren Empfehlungen, auf die hier verwiesen wird, was geeignete Schutz­maßnahmen und so weiter betrifft, eigentlich sehr, sehr ideenlos war und keine geeigneten Maßnahmen gesetzt hat.

Insgesamt: Alle drei Gesetze gehen in die richtige Richtung; wir werden ihnen gerne zustimmen.

Jetzt weiß ich nicht, Frau Bundesministerin, ob das die letzte Materie ist, bei der wir Sie hier haben. Wenn nicht, möchte ich Ihnen nur sagen: Ich habe heute die Zeugnis­verteilung an die österreichische Innenpolitik gesehen. Sie haben die Bestnote der Regierung. Ich darf mich dieser Wertung der Journalisten und Journalistinnen gerne anschließen – Sie haben es verdient. (Allgemeiner Beifall.)

13.42


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


13.42.35

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zuerst einmal herzlichen Dank für die Glückwünsche. Es hat mich natürlich gefreut, gebe ich zu. Ich stehe nicht an, das zuzugeben.

Wir haben heute hier drei Übereinkommen in Beratung. Es wurde ja zu allen Überein­kommen schon einiges ausgeführt. Ich wollte Sie nur auch darüber informieren, welchen Umsetzungsbedarf diese Übereinkommen in weiterer Folge für Österreich haben. Ich kann Ihnen sagen, dass alle drei Übereinkommen bereits in Österreich um­gesetzt sind.

Beim Haager Übereinkommen geht es ja darum – das wurde bereits von meinen Vorrednern dargelegt –, dass die Europäische Gemeinschaft der Haager Konferenz beitreten und dort aktiv mitarbeiten kann. So gesehen ist für Österreich kein weiterer Handlungsbedarf gegeben, der über diese Ratifizierung hinausgeht.

Beim Zivilrechtsübereinkommen über Korruption ist es so, dass wir uns verpflichten, einen bestimmten Mindeststandard an zivil- und zivilverfahrensrechtlichen, arbeits- und amtshaftungsrechtlichen Regelungen vorzusehen. Dafür haben wir in Österreich bereits vorgesorgt, sodass auch da kein weiterer Handlungsbedarf besteht.


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Ich glaube aber auch – und das wurde auch von den Vorrednern schon ange­sprochen –, dass wir natürlich auch in Österreich – Gott sei Dank nicht in dem Umfang wie viele andere Staaten, aber vielleicht doch auch in minimalem Ausmaß – von Korruption betroffen sein könnten. Und deswegen sage ich auch, dass es hier besonders wichtig ist, dass wir die Augen offen halten und uns gemeinsam dem Kampf gegen die Korruption anschließen und alle notwendigen Maßnahmen auch wirklich setzen.

Wichtig ist mir auch, dass wir nicht die Letzten sind – es ist fast peinlich genug, dass wir die Vorletzten sind –, die dieses Übereinkommen ratifizieren, muss ich auch sagen. Ich bin schon froh, dass es uns gelungen ist, wenigstens Vorletzter zu sein. Ruhmesblatt ist es keines, aber ich bin froh, dass wir beitreten und dass wir dieses Übereinkommen ratifizieren.

Es ist vor allem auch ein ganz wichtiges politisches Signal in Richtung Europarat. Wir wurden bereits mehrfach darauf angesprochen, warum dieser Beitritt, diese Ratifizie­rung noch nicht erfolgt ist. Und ich bin sehr froh und dankbar, dass wir nunmehr – da sich abzeichnet, dass es hier die Zustimmung auch des Bundesrates geben wird – praktisch auch sagen können, wir sind ein Teil des Teams und wir werden mitarbeiten und mitkämpfen – das freut mich besonders.

Zum Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlun­gen ist einmal grundsätzlich auszuführen, dass dies ein UNO-Übereinkommen ist, das dreizehnte dieser Art im Zusammenhang mit dem Kampf gegen terroristische Hand­lungen in Summe. Herr Bundesrat Schennach hat schon sehr deutlich ausgeführt, dass es wirklich nur darum geht, Handlungen des Nuklearterrorismus unter Strafe zu stellen, das hat einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich. Und auch da ist es so, dass wir in Österreich bereits Vorsorge getroffen haben: Wir haben ja das Strafrechts­änderungsgesetz 2006 auch hier im Bundesrat beschlossen. Auch da haben wir bereits in Vorausschau die nötigen Regelungen, also die nötigen strafrechtlichen Bestimmungen geschaffen, um das Übereinkommen erfüllen zu können.

Ich gebe meinen Vorrednern auch insoweit Recht, dass dieses Übereinkommen erst dann mit Leben erfüllt werden wird, wenn tatsächlich sehr viele Staaten beitreten – das ist einmal das Erste, was wichtig ist – und vor allem auch wenn die in diesem Übereinkommen vorgesehene Kooperation der Strafverfolgungsbehörden tatsächlich mit Leben erfüllt wird, wozu es natürlich auch wieder sehr vieler Beitritte und auch der Umsetzung bedarf.

Also in der derzeitigen Phase sind wir unter den Ersten, die hier beitreten, da brauchen wir uns nicht zu genieren, das ist wirklich etwas, wo wir in einem sehr frühen Stadium beitreten. Es wird natürlich auch an den Strafverfolgungsbehörden liegen, diese Kooperation zu forcieren. Auf Ebene der Europäischen Union passiert das ja, weil das sicherlich auch eine der Hauptprioritäten, also ganz generell Kampf gegen Terroris­mus, im Rat ist und wir sicherlich auch mit der Innenministerin sehr intensiv daran arbeiten, dass wir – zumindest im Bereich der Europäischen Union – diese Zusam­menarbeit noch verstärken können, wobei wir dies natürlich auf viele andere Staaten ausdehnen wollen.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir diese drei Übereinkommen ratifizieren und unterzeichnen können. Ich bedanke mich ausdrücklich auch dafür, dass es hier auch die Zustimmung des Bundesrates geben wird. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)

13.46


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


Bundesrat
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Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend eine Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Ent­schließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz. Die im Artikel 14 enthal­tene Bestimmung des vorliegenden Staatsvertrages ist zudem verfassungsändernd, weshalb er gemäß Artikel 50 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 44 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz ebenfalls der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle nun die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbin­dung mit Artikel 44 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit unter Berück­sichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegen-


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ständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Ein­spruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der vorliegende Beschluss ist somit in Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklear­terroristischer Handlungen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.51.5913. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird (760/A und 1552 d.B. sowie 7582/BR d.B. und 7598/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebüh­rengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslager­gesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 – WRÄG 2006) (828/A und 1553 d.B. sowie 7583/BR d.B. und 7599/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 13 und 14 ist Herr Bundesrat Giefing. Ich bitte um die Berichte.

 


13.52.30

Berichterstatter Johann Giefing: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Ausfertigung vor.

Ich stelle daher sogleich den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebühren­ge­setz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Danke für die Berichte.


Bundesrat
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Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


13.54.02

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Militärbefugnisgesetz, das nun gerade hier im Bereich des Rechtsschutzbeauftragten verändert, novelliert wird, ist ein Schritt, auf den wir von Anfang an sowohl beim Sicherheitspolizeigesetz als auch beim Militär­befugnisgesetz gedrängt haben. Aber das Prinzipielle ist nach wie vor die strukturelle Konzeption dieses Rechtsschutzbeauftragten in beiden Gesetzen. Der Grund dafür, dass wir heute zu beiden Gesetzen nein sagen im Gegensatz zu allen anderen hier im Hohen Haus, ist genau diese strukturelle Konzeption des Rechtsschutzbeauftragten. Bei den einschlägigen Regelungen des Militärbefugnisgesetzes zeigt sich auch, dass offensichtlich nach wie vor ein tiefes institutionelles Misstrauen im Bereich der Kontrolle nachrichtlicher Tätigkeiten vorherrscht.

Wir hätten uns tatsächlich gewünscht, dass nicht der Minister einen Rechtsschutz­beauftragten ernennt. Es ist auch nicht der Rechtsschutzbeauftragte des Verteidi­gungs­ministers. Wir wollen auch keinen Rechtsschutzbeauftragten des Innenministers. Wir haben hier eine ganz andere Konstruktion verhandelt, vorgeschlagen, verhandelt, vorgeschlagen, verhandelt. Da kommen wir ganz offensichtlich nicht durch, da haben sich die großen Lager gefunden, dass das der Innenminister und der Verteidigungs­minister machen und dass es dabei eine Zweidrittelmehrheit gibt. Wir hätten diese Funktion dem Parlament gegeben und nicht einem einzelnen Minister. Das ist das, wo wir sagen, diese grundsätzliche Rechtskonstruktion des Rechtsschutzbeauftragten macht uns Sorge. Das passt nicht hinein.

Wir haben diese beiden Gesetze, das Sicherheitspolizeigesetz und auch das Militär­befugnisgesetz, schon in der Vergangenheit kritisiert, und in beiden Fällen mussten Sie auf Grund dessen, was wir auch schon bei der Beschlussfassung gesagt haben, diese Gesetze, durch den Verfassungsgerichtshof bemängelt, korrigieren, korrigieren, korri­gieren. Sie glauben, diese Variante sei jetzt wasserdicht. Wir werden sehen. Möglicher­weise ist auch das wieder zu korrigieren.

Herr Bundesminister! Nur: Hätten Sie von Anfang an diese Mahnungen, die ich auch heute noch sage, trotz Ihrer Novellierung, die Sie jetzt vornehmen, befolgt, dann hätten wir uns viel unnötigen Umweg erspart und bereits frührer diese jetzt schon halbwegs akzeptable Form gehabt.

Trotzdem, es geht um die prinzipielle Konstruktion, und deshalb sagen die Grünen zu beiden Gesetzen nein. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Bieringer: Nichts Neues! – Bundesrat Schennach: Dein Ja ist auch nichts Neues!)

13.57


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Köberl. Ich erteile es ihm.

 


13.57.22

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kurz zu den Ausführungen meines Vorredners. Kollege Schennach, Sie haben die grundsätzlichen Überlegungen Ihrer Fraktion zur Bestellung des Rechtsschutz­beauf­tragten dargebracht, und zwar – ich muss Ihnen das Kompliment machen – in sehr sachlicher Weise. Ich habe mir die Ausführungen des Nationalratsabgeordneten Pilz im Nationalrat dazu herausgeholt. Da ist es wesentlich hitziger hergegangen. Er hat sich gewünscht, dass die Grünen in Zukunft mehr Verantwortung bei der militärischen Landesverteidigung Österreichs übernehmen mögen. – Ich warne davor.


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Zurück zu den Fakten. Es geht beim Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 eigentlich gemeinsam mit dem Militärbefugnisgesetz doch auch um zwei, drei, vier andere Punkte. Was sind denn die wesentlichen Kernpunkte, die ich hier auch ansprechen darf, meine Damen und Herren? – Es geht um die Bestellung und Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten mit verfassungsrechtlicher Verankerung, wie schon ge­nannt. Es geht aber auch um die Einführung einer Militäranerkennungsmedaille für besondere Verdienste auf militärischem oder zivilem Gebiet. Es geht um die Umbe­nennung der Bundesheer-Beschwerdekommission in eine so genannte jetzt Parla­mentarische Bundesheer-Beschwerdekommission, und es geht weiters um die Bestellung eines Milizbeauftragten. Darüber hinaus enthalten sind in den beschlossenen Gesetzesänderungen im gesamten Wehrrecht zudem umfangreiche Formalentlastungen der jeweiligen Gesetzestexte im Sinne der legistischen Richtlinien.

Zu den einzelnen Punkten. Zur Bestellung und Weisungsfreistellung des Rechts­schutzbeauftragten mit verfassungsrechtlicher Verankerung seien die Fakten festge­halten. Es ist der wichtigste Punkt. Gemeint ist hier die Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten plus dessen beider Stellvertreter mit Verfassungsbestim­mung. Es werden nun durch den Bundespräsidenten – und das darf ich betonen – auf Vorschlag der Bundesregierung nach Anhörung der Nationalratspräsidenten sowie der Präsidenten des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsschutz­beauftragten bestellt. Die Bestellungsdauer beträgt fünf Jahre. Eine Wiederbestellung ist zudem möglich.

Ich darf noch einmal den Punkt herausheben, der mir von besonderer Bedeutung zu sein scheint, nämlich: dass Einschränkungen der Rechte der Rechtsschutz­beauf­tragten nur mit einer Zweidrittelmehrheit möglich sind, das heißt, dass die Tätigkeiten und Aufgaben der Rechtsschutzbeauftragten breit und im Verfassungsrang abgesichert sind.

Zum nächsten Punkt: Einführung der militärischen Anerkennungsmedaille für beson­dere Verdienste auf militärischem oder zivilem Gebiet. Mit der durch den Bundes­minister für Landesverteidigung zu verleihenden Militär-Anerkennungsmedaille sollen in bewusster Ergänzung zum bereits bestehenden Militär-Verdienstzeichen besondere Leistungen im Rahmen der militärischen Landesverteidigung, die sowohl auf militä­rischem als auch auf zivilem Gebiet unterhalb der protokollarischen Schwelle des Militär-Verdienstzeichens erbracht werden, entsprechend gewürdigt werden können.

Was heißt das in der Praxis? – Durch diese Regelung, die heute beschlossen werden soll, ist es letzten Endes machbar, dass zivilen Angestellten und Bediensteten der Heeresverwaltung diese Auszeichnung ebenfalls gegeben wird. Es ist wichtig, dass diese Anerkennung gegeben werden kann, wenn großartige Leistungen für die Republik Österreich erbracht werden. Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf die letzten Einsätze im Zuge der Hochwasserkatastrophen beziehungsweise auch auf die Schneeeinsätze in unserer Region, im Salzkammergut, im heurigen Jahrhundert­winter.

Die Umbenennung der Bundesheer-Beschwerdekommission in „Parlamentarische Bun­desheer-Beschwerdekommission“ mag als etwas Selbstverständliches erscheinen. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Vorsitzenden der Beschwerdekommission vom Nationalrat bestellt werden und die weiteren Mitglieder durch die im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen politischen Parteien entsendet werden, soll mit der vorgeschlagenen Umbenennung der gesamten Beschwerdekommission in „Parlamen­tarische Bundesheer-Beschwerdekommission“ eine ausdrückliche Anregung der Beschwerdekommission umgesetzt werden, mit der deren formale Stellung als ein außerhalb des Bundesheeres stehendes Organ hervorgehoben werden soll. Materielle Änderungen sind damit nicht verbunden.


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Es ist wichtig, dass es die Einrichtung der Bundesheer-Beschwerdekommission auch jetzt schon gegeben hat. Sie wird vom Parlament gewählt, und deshalb war es für mich auch klar, dass es überhaupt kein Problem sein kann und darf, dass die Bezeichnung dieser Kommission nunmehr mit „Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekom­mis­sion“ neu festgelegt wird.

Nun zum Milizbeauftragten. Mit der geplanten Einführung eines Milizbeauftragten im § 32a soll die Miliz als ein integraler Bestandteil des Bundesheeres künftig auch eine organisatorische Entsprechung im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung finden. Damit soll nicht nur die Bedeutung der Miliz für das Bundesheer unterstrichen werden, sondern, meine Damen und Herren, mit dieser Maßnahme soll auch sichergestellt werden, dass mit der verstärkten Einbindung des Milizbeauftragten in die gesamtheitliche Aufgabenerfüllung des Bundesheeres die Interessen der Miliz bestmöglich wahrgenommen werden können.

Was den Milizbeauftragten betrifft, so ist es für mich ganz, ganz wichtig, dass dieser auch wirklich geschaffen wird. Die Miliz ist ein wesentlicher Träger unseres Bun­desheeres. Vergessen Sie nicht, dass die Personalaufbringung bei Auslandseinsätzen fast zu 50 Prozent über die Miliz erfolgt. Somit wäre eigentlich der internationale Einsatz des österreichischen Bundesheeres ohne diese Milizkomponente kaum möglich. Die Schaffung einer Person, welche die Wünsche, Anregungen und Bitten der Miliz direkt dem Bundesminister vorträgt, war seit langem notwendig, und ich bin daher froh, dass dies jetzt gelungen ist.

Ein paar Worte noch zur generellen Reform des österreichischen Bundesheeres, die man durchaus als Erfolgsgeschichte bezeichnen kann. Ich darf auch hier festhalten: Die bisherigen Maßnahmen wurden in einem breiten Konsens über die Bühne gebracht. In der Bundesheerreformkommission haben dem alle ihre Zustimmung erteilt, in der Bundesregierung und im Nationalen Sicherheitsrat haben alle Parteien dem ihre Zustimmung erteilt.

Faktum ist darüber hinaus, dass die Umsetzung Schritt für Schritt erfolgt, ohne dass wir hier Verzögerungen erleben. Schauen Sie sich den Zeitplan an, geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen, der geliefert wurde, und schauen Sie sich die Ergebnisse an!

Ich darf eine persönliche Anmerkung an den Schluss setzen: Beim Thema Sicherheit ist kein Platz für Experimente und plakative Effekthascherei.

Ich danke für den breiten Konsens in den parlamentarischen Gremien, aber mein besonderer Dank gilt vor allem allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim öster­reichischen Bundesheer. Und mein persönlicher Dank geht auch an dich, Herr Bundesminister, dass du hier wirklich in einem ausgewogenen, breiten Konsens die bisherigen Schritte gesetzt hast, auch wenn sie nicht immer leicht waren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

14.05


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Platter. Ich erteile es ihm.

 


14.05.24

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Vorsit­zender! Meine Damen und Herren Bundesräte! Es werden heute hier zwei wichtige Gesetzesmaterien diskutiert und abgestimmt, die für die österreichische Sicherheits- und Verteidigungspolitik von ganz besonderer Bedeutung sind. Ich bin froh darüber, dass wir bisher alle Schritte im Bereich der Reform des österreichischen Bundesheeres einhellig über die Bühne gebracht haben, dass über die Parteigrenzen hinaus sehr


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intensiv zusammengearbeitet wurde, dass letztlich auch die Eckpunkte dieser Reform im Nationalen Sicherheitsrat von allen Parteien mitgetragen wurden.

Diese beiden Materien, die heute hier behandelt werden, sind ein Teil davon. Durch die Rechtsstellung des Rechtsschutzbeauftragten können wir sozusagen eine gewisse Klarheit erzielen, was bisher noch nicht möglich war. Ich bin froh darüber, dass, wie wir das letztlich auch im Nationalrat festgestellt haben, eine Verfassungsmehrheit zustan­de gekommen ist, dass die Rechtsstellung des Rechtsschutzbeauftragten klar geregelt ist, dass diese Weisungsfreiheit durch eine Verfassungsmehrheit möglich war, wobei natürlich die Weisungsfreiheit von mir schon gewährt wurde – selbstverständlich gewährt wurde –, denn es wäre ja absurd, wenn Rechtsschutzbeauftragte weisungs­gebunden wären. Trotzdem ist es sehr, sehr wichtig, dass das nun letztlich im Verfas­sungsrang geregelt ist.

Ich wundere mich – und deshalb habe ich mich auch zu Wort gemeldet – über Herrn Bundesrat Schennach, und ich habe das auch im Nationalrat gesagt: Mit allen Parteien hat man gut verhandeln können. Man hat versucht, einen Konsens zu finden, aber je näher der Wahltermin kommt, umso mehr verabschieden sich die Grünen von der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Lesen Sie bitte das Gesetz – ich sage das ganz bewusst. Wenn Sie sagen, dass Sie deswegen dagegen sind, weil die Ernennung des Rechtsschutzbeauftragten durch den Verteidigungsminister erfolgt, dann sage ich: Lesen Sie diese Vorlage!, denn die Bestellung erfolgt durch den Herrn Bundespräsidenten.

Das dann als Argument zu verwenden, um nicht die Zustimmung zu geben, ist eigent­lich schon absurd. Lesen Sie die Protokolle nach, dann werden Sie mir letztlich Recht geben müssen! (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Ing. Kampl.)

Darüber hinaus ist das eine Beschlussfassung, die die Schaffung eines im Gesetz klar definierten Milizbeauftragten möglich macht. Damit haben wir auch im Sinne der Bundesheerreform eine klare Verankerung in der Form, dass der Milizbeauftragte alle Schritte mit berücksichtigt, aber auch mit begleitet, was die Miliz betrifft. Ich bin der Überzeugung, dass wir hier einen sehr, sehr guten Weg gehen.

Es wurde bereits erwähnt, dass wir diese sichtbaren militärischen Auszeichnungen nun auch zivilen Persönlichkeiten geben können. Ich möchte ein Beispiel nennen, wie das abläuft, damit sich jene, die nicht die Zustimmung erteilen, Gedanken darüber machen.

Wir haben im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe vor einigen Wochen in Niederösterreich die militärischen Personen auf Grund der großartigen Leistungen, die dort erbracht wurden, ausgezeichnet. 1 500 Soldatinnen und Soldaten waren im Interesse der dortigen Bevölkerung im Einsatz und haben geholfen, wo andere nicht mehr helfen konnten. Es waren aber auch viele zivile Heeresbedienstete mit dabei, und diese konnte ich nicht auszeichnen. Jetzt, durch diese gesetzliche Möglichkeit, ist es machbar, auch den zivilen Bediensteten diese Auszeichnung zu verleihen. Dass man dem nicht die Zustimmung erteilen kann, verstehe ich nicht, aber ich muss es letztlich zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Bundesheer-Beschwerdekommission betrifft, so haben wir auch hier einen gemeinsamen Weg gefunden. Ich war ja selbst sechs Jahre Abgeordneter im Nationalrat, und für mich war eigentlich schon klar: Wenn der Nationalrat die Mitglieder der Bundesheer-Beschwerdekommission wählt, dann soll diese Kommission auch „Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission“ heißen. Sie ist dadurch natürlich auch vom Stellenwert her höher angesiedelt.

Ich möchte heute hier schon sagen, dass wir eine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Bundesheer-Beschwerdekommission haben, weil wir versuchen, in den verschie-


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densten Bereichen einen Weg im Interesse des österreichischen Bundesheeres, aber auch im Interesse der Betroffenen zu gehen. Deshalb wurde auch die Bezeichnung „Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission“ gewählt.

Zum Schluss: Ich wünsche und hoffe, dass es hier im Bundesrat ebenfalls breite Zustimmung geben wird, und ich würde die Grünen wirklich ersuchen, sich die Materien genau anzuschauen und nicht nur deshalb, weil man prinzipiell dagegen sein will, die Zustimmung zu verweigern. Wir sind eine Zeit lang einen sehr, sehr guten Weg gegangen, auch mit dem Abgeordneten Pilz, wir haben versucht, in der Bundesheer-Reformkommission gemeinsame Wege zu gehen. Jetzt ist das aber anscheinend nicht mehr machbar, und das ist für mich eine klare Verabschiedung von der öster­reichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik von Seiten der Grünen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Ing. Kampl.)

14.11


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend Wehrrechtsänderungsgesetz 2006.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.12.2915. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ver­trags­bedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wachebediens­teten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pen­sionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1417 d.B. und 1550 d.B. sowie 7585/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nun kommen wir zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Perhab. Ich bitte um den Bericht.

 


14.12.53

Berichterstatter Franz Perhab: Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Plenum! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbe­diens­tetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt-


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schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungs­gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf mich daher auf die Antragstellung beschränken.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Gottfried Kneifel: Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.14.2516. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1364 d.B. und 1480 d.B. sowie 7593/BR d.B.)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (1392 d.B. und 1481 d.B. sowie 7581/BR d.B. und 7594/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nun gelangen wir zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 16 und 17 ist Frau Bundesrätin Blatnik. Ich bitte um die Berichte.

14.15.10

 


Berichterstatterin Ana Blatnik: Herr Präsident! – Gospod president! Herr Staats­sekretär! – Gospod državni sekretar! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Beschluss des National­rates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­menten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Deswegen komme ich auch hier gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wortmeldungen liegen nicht vor.


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Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozial­versiche­rungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergän­zungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.17.4718. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vor­behalt und Erklärung der Republik Österreich (1445 d.B. und 1478 d.B. sowie 7595/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Da sowohl die vom Ausschuss gewählte Berichterstatterin als auch die Ausschuss­vorsitzende verhindert sind, die Berichterstattung vorzunehmen, bestimme ich Frau Bundesrätin Ebner zur Berichterstatterin. Ich bitte um den Bericht.

 


14.18.29

Berichterstatterin Adelheid Ebner: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Absatz 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hladny. Ich erteile es ihr.

 


14.20.10

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Europäische Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten wird unter anderem von der Erwägung


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geleitet, sich mit der Lage der Opfer vorsätzlicher Gewalttaten, die eine Körperver­letzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, sowie der unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen der infolge solcher Straftaten verstorbenen Opfer zu befassen.

Dieses Übereinkommen berücksichtigt auch Menschen aus so genannten Drittstaaten. Österreich verpflichtet sich gemeinsam mit mittlerweile 20 Staaten des Europarates, die diese Regelung ratifiziert haben, Entschädigungen für Verdienstausfall, Heilbe­hand­lungskosten, Krankenhauskosten, Arztkosten, Bestattungskosten, aber auch, was ganz wichtig ist, Unterhaltskosten für Hinterbliebene zu leisten.

Als Voraussetzung muss gegeben sein, dass die Straftat auf österreichischem Hoheitsgebiet, in einem österreichischen Flugzeug oder auf einem österreichischen Schiff begangen worden ist. Meine Damen und Herren, mir ist es sehr wichtig zu erwähnen, dass ein Entschädigungsanspruch auch dann gegeben ist, wenn der Täter – egal, aus welchen Gründen – nicht verfolgt oder bestraft werden kann.

Ziel des Europarates ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbei­zuführen. Diese Zusammenarbeit ist beim Thema Menschenhandel besonders wichtig. Laut Schätzungen der UNO werden weltweit zwischen 700 000 und 2 Millionen Mädchen und Frauen verschleppt und zur Prostitution gezwungen.

Frauenhandel wurde mittlerweile ein kriminellerer Akt als Drogen- oder Waffenhandel. Frauenhandel bringt weltweit 13 Milliarden US-Dollar ein – 13 Milliarden aus Sklaverei erpresst, denn Frauenkörper kann man mehrmals verkaufen, Drogen und Waffen in der Regel nur einmal.

Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Ende Juni ging die österreichische EU-Präsi­dentschaft zu Ende. Europaparlamentarierinnen haben sich über Parteigrenzen hinweg zusammengetan und in einer Pressekonferenz Maßnahmen gegen Frauen­handel gefordert. Es wurde vom EU-Parlament ein Internationaler Tag gegen Frauenhandel verabschiedet. Aus Österreich gab es keine Stimme der Frauen­ministerin zu diesem so überaus wichtigen Thema.

Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass Opfer von Gewalttaten einer besonderen Aufmerksamkeit und Betreuung bedürfen. Es gibt sehr viele Gründe – einige konnte ich aufzählen –, um diesem Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten die Zustimmung zu erteilen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen sowie des Bundesrates Mitterer.)

14.23


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wolfinger. Ich erteile es ihm.

 


14.23.16

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat schon sehr vieles vorweggenommen, was in diesem Übereinkommen steht. Ich möchte trotzdem kurz noch einmal auf den Inhalt dieses Übereinkommens eingehen.

Das Europäische Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten erfüllt zahlreiche wesentliche Grundsätze, wobei die im Übereinkommen angeführten Entschädigungsleistungen schon in der Stammfassung des Verbrechensopfergesetzes seit Jahrzehnten vorgesehen waren. Das österreichische Verbrechensopfergesetz geht aber über dieses Übereinkommen weit hinaus, da darin alle Drittstaatenangehörigen aufgenommen sind – und nicht nur jene, die aus den Staaten des Europarates kom­men.


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Der Leistungskatalog des Verbrechensopfergesetzes, wie Sie bereits angeführt haben, verpflichtet die Mitgliedstaaten, je nach Lage des Falles, zumindest Verdienstausfall, Heilbehandlungs- und Krankenhauskosten sowie Bestattungskosten und den Ausfall von Unterhalt abzudecken.

Die Bestimmungen enthalten auch Regelungen, die es ermöglichen, Entschädigungs­ober- und -untergrenzen festzusetzen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antrags­tellers sind ebenfalls zu berücksichtigen, Kürzungs- und Ausschließungsgründe vorzusehen und andere Entschädigungsleistungen anzurechnen, aber auch beim Täter Regressanspruch zu stellen. Es werden zirka 20 Fälle mehr als bisher erwartet.

Festzustellen ist auch, dass das Übereinkommen für Personen, die nicht Unionsbürger oder Staatsangehörige von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, nur dann Anwendung findet, wenn die Straftat gegen sie nach dem 30. Juni 2005 in Österreich, auf einem österreichischen Schiff oder in einem österreichischen Luftfahrzeug – unabhängig davon, wo sich dieses befindet – begangen wurde und wenn sie sich dort zum Tatzeitpunkt aufgehalten haben.

Als zentrale Behörde ist das Bundessozialamt für die Durchführung des Ver­brechensopfergesetzes zuständig.

Unsere Fraktion wird daher dieser Gesetzesvorlage gerne die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

14.25


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile es ihr.

 


14.25.45

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Europäische Überein­kommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten gibt es bereits seit 1988. Man könnte sich jetzt fragen, warum es so lange gedauert hat, bis auch Österreich dieses Übereinkommen ratifiziert. Tatsache ist, dass der Stand in Österreich im Verbrechensopfergesetz eigentlich einen noch besseren, noch weiteren Schutz beinhaltet, dass aber zumindest die alte Regelung Drittstaatsangehörige nicht erfasst hat. Das wurde durch das Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2005 geändert und somit war es jetzt Österreich möglich, auch diesem Übereinkommen beizutreten. Es ist aber nicht so, dass in der Vergangenheit der Standard in Österreich niedriger gewesen wäre, sondern ganz im Gegenteil.

Über den Inhalt des Gesetzes hat schon meine Vorrednerin berichtet. Der Mindest­umfang der Leistungen, die nach diesem Übereinkommen zu gewähren sind, enthält zum Beispiel Dienstausfall, Heilbehandlungs- und Krankenhauskosten, Bestattungs­kosten oder eben den Ausfall von Unterhalt. Der Leistungskatalog im österreichischen Verbrechensopfergesetz geht darüber hinaus.

Ein Punkt, der hier enthalten ist, ist mir besonders wichtig. In diesem Übereinkommen steht eine Informationspflicht, das heißt, Behörden haben die Opfer von Verbrechen darüber zu informieren, dass sie eventuell Anspruch auf Entschädigung haben. Diese Informationspflicht ist in Österreich bereits Gesetzestext. Allerdings: Wenn Sie den Bericht der Volksanwaltschaft aus dem Jahr 2005 lesen, dann sehen Sie, dass genau dieser Punkt als eine wesentliche Schwachstelle des Verbrechensopfergesetzes bezeich­net wird, denn es sind zwar nach § 14 die Sicherheitsbehörden und die Gerichte angehalten, Verbrechensopfer zu informieren, es ist aber nachweislich so, dass dies in sehr vielen Fällen nicht oder nicht ausreichend geschehen ist.


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736. Sitzung / Seite 100

Man muss sich Folgendes vorstellen: Wenn jemand Opfer eines Verbrechens wurde, dann ist diese Person in einem Schockzustand. Und wenn jetzt in der ersten halben Stunde nach der Anzeigeerstattung zum Beispiel die Information kommt, man sei im Übrigen anspruchsberechtigt, kann es sehr gut sein, dass diese Information zu der Zeit einfach sinnlos ist, weil man zu diesem Zeitpunkt andere Dinge im Kopf hat.

Es gibt jetzt Anstrengungen, diese Situation zu verbessern, indem eine Weisung an alle Behörden ergangen ist, Verbrechensopfern eine Broschüre zu übergeben, damit sie etwas in der Hand haben, worin sie nachher noch nachlesen können, dass sie eventuell Anspruch auf Entschädigung haben. Jedenfalls ist diese Informationspflicht, auch wenn sie schon Gesetzestext ist, noch nicht weit reichend genug erfüllt.

Es ist aber besonders wichtig, dass die Information erfolgt und dass die betreffenden Personen dann auch rechtzeitig ihre Ansprüche geltend machen. Wenn es zum Beispiel um die Abdeckung von Verdienstentgang geht, dann ist es sehr wichtig, dass dieser Anspruch sofort erhoben wird und nicht erst Jahre später, denn er wird erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ausbezahlt.

In diesem Zusammenhang regt die Volksanwaltschaft an, an einen Härte­aus­gleichsfonds für genau solche Fälle zu schaffen, wenn eine Person nachweislich nicht informiert wurde und es dadurch nicht möglich ist, den vollen Umfang des Schaden­ersatzanspruches abzugelten, dass also über diesen Härteausgleichsfonds eine Hilfestellung geleistet werden soll.

Die Volksanwaltschaft hat noch zwei weitere Vorschläge, um das österreichische Verbrechensopfergesetz zu verbessern. Sie sagt zwar, dass das Versorgungsrechts-Änderungsgesetz schon einige Verbesserungen gebracht hat, fordert aber weiterhin die Einführung von Schmerzengeld und auch die Möglichkeit einer Übernahme, zumindest teilweisen Übernahme des Prozesskostenrisikos. Momentan ist es oft so, wenn jemand einen Schadenersatzprozess führt, dass das Opfer zwar Recht erhält, aber auf Grund der finanziellen Situation des Täters letztendlich auf den Prozesskosten sitzen bleibt. So kann es nicht sein, dass jemand Opfer eines Verbrechens wird und dann auch noch den gewonnenen Prozess selbst zu bezahlen hat.

Die Volksanwaltschaft macht auch Vorschläge, wie das ganze finanziell zu bedecken sei, nämlich über die Einnahmen aus gerichtlich verhängten Strafgeldern. Da werden bisher nur 10 Prozent dieser Strafgelder für Maßnahmen nach dem Verbrechens­opfergesetz verwendet. Die restlichen 90 Prozent gehen in die Ausgabendeckung des Bundes.

Im Bericht der Volksanwaltschaft wird das gut zusammengefasst: Die Täter leisten zwar einen finanziellen Beitrag zur Ausgabendeckung des Bundes, aber das Geld wird nicht dort verwendet, wo es sinnvoll wäre, nämlich um den Opfern eine gewisse Entschädigung zukommen zu lassen.

Abschließend: Wir Grüne stimmen dieser Vorlage zu, hoffen aber sehr, dass die Vorschläge der Volksanwaltschaft aufgenommen werden und dass es weitere Verbes­serungen im Verbrechensopferschutzgesetz geben wird. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

14.30


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dolinschek. – Bitte.

 


14.30.43

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Dieses Europäische Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von


Bundesrat
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Gewalttaten – also von Verbrechen wie Raufhandel, die ab einem Strafrahmen von einem halben Jahr vorsätzlich begangen wurden; Verkehrsunfälle sind davon natürlich ausgenommen – beinhaltet, dass Opfer durch den Staat zu entschädigen sind, in dessen Hoheitsgebiet die Tat begangen wurde. Mit eingeschlossen sind, wie Sie richtig bemerkt haben, auch Schiffe und Flugzeuge des jeweiligen Staates, unabhängig davon, wo sich dieses Schiff oder Flugzeug zum Zeitpunkt der strafbaren Handlung aufhält; allerdings muss es sich zum Zeitpunkt der strafbaren Handlung rechtmäßig in einem anderen Gebiet aufgehalten haben, damit das rechtswirksam wird.

Die Opfer von strafbaren Handlungen, die dort begangen wurden, erhalten eine Ent­schädigung in vollem Umfang, sofern sie nicht aus anderen Quellen eine Entschä­digung erhalten. Die Entschädigung ist an Staatsangehörige von Vertragsstaaten – also Staaten dieses Übereinkommens – und Mitgliedstaaten des Europarates gebun­den und an diese zu leisten, die ihren ständigen Aufenthalt in dem Staat, in dem Hoheitsgebiet haben, in dem die Straftat begangen wurde.

Entschädigungszahlungen an Verbrechensopfer wurden in Österreich bisher nur an EU-Bürger bezahlt, seit vorigem Jahr – genau seit 30. Juni 2005 – auch an Bürger von Drittstaaten. Österreich erfüllt jetzt – mit der Aufnahme dieser Regelung in das Verbrechensopfergesetz – sozusagen die Vorgaben dieses Übereinkommens.

Über weitere Verbesserungen, wie über Vorschläge der Volksanwaltschaft, wird man in der nächsten Legislaturperiode beraten und entscheiden müssen. Ich bin diesbezüglich auch zuversichtlich, dass man ständig an Verbesserungen arbeiten muss – und so soll es auch sein.

Ich danke Ihnen, dass Sie dieser Gesetzesnovelle Ihre Zustimmung geben und hier­über Einstimmigkeit herrscht. (Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer sowie bei der ÖVP.)

14.33


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist damit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegen­ständ­lichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.34.1519. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“ (Ingenieurgesetz 2006 – IngG 2006) (1431 d.B. und 1454 d.B. sowie 7596/BR d.B.)


Bundesrat
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20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Groß­herzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durch­führungsbestimmungen (1390 d.B. und 1455  d.B. sowie 7597/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir kommen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 19 und 20 ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Ich bitte um die Berichte.

 


14.35.02

Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Standes­bezeichnung „Ingenieur“.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juli 2006 in Verhandlung genommen und stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates vom 22. Juni 2006 keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe zum Tagesordnungspunkt 20 den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juli 2006 in Verhandlung genommen und stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Ingenieurgesetz 2006.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Juni 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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14.37.4021. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetz­novel­le 2006) (1356 d.B. und 1488 d.B. sowie 7600/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Ich bitte um den Bericht.

 


14.38.07

Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Was­serwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft hat den gegenständlichen Be­schluss des Nationalrates in seinen Sitzungen vom 7. Juni und 4. Juli 2006 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der von den Bundesräten Reinhard Todt und Elisabeth Kerschbaum eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates begründeten Einspruch zu erheben, mit Stimmenmehrheit angenommen. Die Begründung liegt Ihnen ebenfalls vor.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft somit den Antrag, der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetz­novelle 2006), mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


14.39.14

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Wasser ist lebensnotwendig. Wir in Österreich sind in der glücklichen Lage, dass wir genug Wasser – und das in bester Qualität! – vorfinden. 99 Prozent unserer Bevölkerung können mit Grund- und Quellwasser versorgt werden – und das ist etwas Schönes.

Österreich ist das Wasserland Nummer 1 in Europa, und wir sind, so glaube ich, auch ... (Bundesrat Konecny: Dank der ÖVP-Regierung!) – Wir sind bestrebt, dies auch weiterhin zu bleiben und treffen dazu die besten gesetzlichen Vorkehrungen.

Unser Wasser ist nicht nur ein kostbares Trinkwasser ... (Bundesrat Boden: Für das Hochwasser waren Sie aber nicht zuständig!) – Nein, für das Hochwasser waren wir nicht zuständig! Aber wir treffen für diese Fälle trotzdem die besten Vorkehrungen, dass alles in geregelten Bahnen verläuft. – Unser Wasser ist nicht nur Trinkwasser für die Menschen, für Tiere und Pflanzen, sondern ist auch ein wichtiger Rohstoff für die Energieerzeugung. Mit der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat erstmals ein Gesamtdenken eingesetzt, sodass im Zusammenhang mit Wasser nicht nur innerhalb der Grenzen, sondern auch über die Grenzen hinaus gedacht wird. Wir in Österreich haben diesbezüglich unsere Hausaufgaben bereits gemacht.

Zentraler Punkt dieser Wasserrechtsgesetznovelle ist es, eine Verwaltungsver­ein­fachung zu erzielen und damit auch eine Verfahrensbeschleunigung und größere


Bundesrat
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Bürgernähe. Somit ist eine Straffung des Behördenverfahrens ohne Qualitätsverlust in der Wasserpolitik zu erreichen.

Zukünftig soll es so sein, dass es für gewisse Erdwärmepumpen ein Anzeigeverfahren gibt und die wasserrechtliche Bewilligungspflicht entfällt. Für die Behörden gibt es auch die Möglichkeit, dass bei bestimmten Anlagen die letztmalige Überprüfung von Erlöschensvorkehrungen entfallen können. Dies ist wirklich eine wesentliche Entlas­tung für unsere Behörden.

Um die Wasserreserven, die wir haben, bestmöglich zu schützen, haben wir Wasser­schutzgebiete eingerichtet, für die es besondere Auflagen gibt, wie zum Beispiel die Einschränkung von Düngung, Weideverbote, das Verbot der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln. Diese Auflagen halten unsere Bauern und Bäuerinnen durch ihr nachhaltiges Wirtschaften wirklich ein, und daher ist der Schutz für die Zukunft garantiert.

Neu bei den Schutzgebieten ist, dass Bewilligungswerber künftig verstärkt in das Verfahren mit einbezogen werden sollen, und die Schutzgebietanordnung soll in Hinkunft gleichzeitig mit der wasserrechtlichen Bewilligung der Wasserversor­gungs­anlage getroffen werden.

Ziel dieser Novelle ist es, wenn ich es zusammengefasst sagen darf, eine rasche, verwaltungsvereinfachte Abwicklung von wasserrechtlichen Verfahren mit dem besten Schutz für unser Wasser.

In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, diesem Gesetz die Zustimmung zu geben, und möchte noch folgenden Antrag einbringen:

Antrag

der Bundesräte Martina Diesner-Wais, Kolleginnen und Kollegen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechts­gesetz­novelle 2006) (1356 d.B. und 1488 d.B. sowie 7600/BR d.B.), wird kein Einspruch erhoben.

*****

(Beifall bei der ÖVP.)

14.43


Präsident Gottfried Kneifel: Der von den Bundesräten Martina Diesner-Wais, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, nämlich gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mosbacher. Ich erteile es ihr.

 


14.43.31

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich muss leider meiner Kollegin, die hier eine heile Welt der geplanten Wasserrechtsgesetznovelle gezeichnet hat, widersprechen. Ich möchte Klarheit und Verständlichkeit in dieses


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Haus bringen in Bezug darauf, warum der Einspruch im Ausschuss gefasst wurde, und Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, nochmals die Begründung meiner Fraktion für den Einspruch gegen diese Novelle darbringen.

Die vorliegende Wasserrechtsgesetznovelle wurde am 16. Mai 2006 im Landwirt­schaftsausschuss breit und heftig diskutiert. Besonders heftige Kritik gab es an der gänzlichen Bewilligungsfreistellung von Leitungen, bei denen die Gemeinden nunmehr zivilrechtliche Verträge abschließen müssen.

Betreffend die Ausschussdebatte zu diesem Tagesordnungspunkt besonders hervorzu­heben ist die Tatsache, dass alle Fraktionen mit der Regierungsvorlage nicht einverstanden waren und Änderungsbedarf anmeldeten. Schließlich verständigten sich die Ausschussmitglieder darauf, die offenen Fragen bis zur Abstimmung im Plenum in Vier-Parteien-Gesprächen zu lösen.

Als Ergebnis der Debatte kann festgehalten werden, dass alle Ausschussfraktionen der Meinung waren, dass diese Regierungsvorlage in wesentlichen Punkten gefährlich schwammige Definitionen enthält, die Anwälten zwar Spielraum geben, aber Rechtssicherheit nicht jenen, die das Gesetz vollziehen müssen. Die Konsequenz wäre eine Aufgabenabschiebung an die Gemeinden, ohne diesen zusätzliche Mittel dafür bereit zu stellen. Die Verantwortung wird dabei auf Zivilingenieure, die Kosten auf Gemeinden und Einreicher abgeschoben.

Die im Ausschuss einvernehmlich festgehaltene Zielsetzung, dass die offenen Fragen bis zur Plenardebatte parteiübergreifend geklärt werden sollten, wurde nicht einge­halten.

Die Plenardebatte im Nationalrat war aber aus zwei Gründen besonders bemer­kenswert. Erstens war kein einziger Redner der beiden Regierungsfraktionen in der Lage, die Verwaltungsvereinfachung durch die vorliegende Wasserrechtsgesetznovelle zu erklären. Besonders hervorzuheben ist zweitens die Rede des ÖVP-Abgeordneten Jakob Auer – Obmann des Budgetausschusses und, wie er in seiner Rede festhielt, das 30. Jahr Bürgermeister –, der, die kritischen Stellungnahmen seitens des Stei­rischen Wasserversorgungsverbandes, des Österreichischen Gemeindebundes und des Oberösterreichischen Gemeindebundes zitierend, händeringend seine Rede folgendermaßen schloss:

„Ich bitte daher dringend, Herr Bundesminister, Entbürokratisierung oder schlanken Staat nicht so zu verstehen, dass Bund und Länder Aufgaben an die Gemeinden abgeben – wobei sie ihnen aber meistens keine zusätzlichen Mittel dafür geben –, ...“

Weiters sagte Herr Abgeordneter Auer: „Herr Bundesminister, bitte berücksichtige dringend den Vorschlag des Gemeindebundes, der im Interesse der Gemeinden ist und letztlich auch eine kostengünstige Lösung für die Wasserbezieher genauso wie für die Wasserversorger darstellt – da gibt es genossenschaftliche, private und auch öffentliche Versorger –, damit hier vernünftig vorgegangen wird und man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet.“

Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, auf Grund dieser Aussagen Ihres Kollegen Auer können Sie ruhig dem Einspruch zustimmen. Somit wird dem National­rat die Gelegenheit gegeben, die von allen, auch von der ÖVP geforderten Verbesserungen und dem Wunsch des Gemeindebundes nachzukommen. Es ist dies auch die letzte Chance vor der Wahl, die vorliegende Wasserrechtsgesetznovelle 2006 zu verändern.


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Werte Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, wenn Sie dem Einspruch nicht zustimmen, tun Sie den Bürgermeisterinnen und den Bürgermeistern absolut nichts Gutes! (Beifall bei der SPÖ.)

14.48


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm.

 


14.48.31

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich bin Bürgermeister und stehe voll und ganz zu dieser Novelle, die die Bundesregierung zu machen bereit ist. Meine Damen und Herren, wir haben schon lange genug gewartet! Das hätten wir ja schon länger haben sollen! Die Zustände der österreichischen Wasserwirtschaft erfordern das: Die Wasserqualität nimmt doch ab – und nicht zu! Wir sollten uns alle der großen Bedeutung des Wassers bewusst sein! Heute ermessen wir es vielleicht noch gar nicht, welche Verantwortung wir dafür zu tragen haben.

Durch diese Novelle werden den Bürgermeistern Möglichkeiten für ein einfaches Ver­fahren eingeräumt. Einfache Anzeigeverfahren, einfache behördliche Verfahren sind dadurch möglich. Eine Befristung auf 25 Jahre ist möglich.

Wie gesagt, wir haben für das Wasser eine sehr große Verantwortung, auch ange­sichts dessen, dass der Wassermarkt in Europa enorm zunimmt. Die EU-25 hat bereits die 150-Milliarden €-Umsatzgrenze überschritten.

Für uns alle ist das von Seiten der EU bezüglich des Wassers eine positive Ent­wicklung, sozusagen eine Entlastung für Österreich. Wir waren nämlich schon in Sorge, Herr Bundesminister, dass das Wasser liberalisiert wird, was einen Zugriff auf das österreichische Wasser betrifft. Gott sei Dank wird das jetzt hintangehalten, und, Herr Bundesminister, ich hoffe, dass das auch so bleibt – mit Ihrer Unterstützung bin ich davon überzeugt.

Wasser ist als Lebensmittel notwendig und unverzichtbar, meine Damen und Herren! Wissenschafter haben festgestellt, dass 80 Prozent aller Krankheiten, etwa jährlich 3,3 Milliarden Erkrankungen und ein Drittel oder 5,3 Millionen Todesfälle im Süden der Welt auf unreines, unzureichendes und unhygienisches Wasser zurückzuführen sind.

Die Hauptverantwortung für die Wasserversorgung – liebe Kollegin, Sie haben es gesagt – tragen die Gemeinden und die Städte, und es soll auch so sein.

Wir haben in Österreich – verglichen mit ganz Europa – einen der günstigsten, billigsten und für den Konsumenten erschwinglichsten Preise für gesundes und bestes Wasser, das wir dem Konsumenten anbieten.

Der derzeitige Wasserverbrauch – 70 Prozent Landwirtschaft, 20 Prozent Industrie, 10 Prozent Haushalte – ist nicht stagnierend, sondern steigt. Angesichts dessen sollten wir uns schon überlegen, wie wir den sparsamen Umgang mit dem Wasser den Menschen in Zukunft mehr ins Bewusstsein rufen können.

23 Prozent der Weltbevölkerung haben kein sauberes Wasser – derzeit. Man rechnet damit, dass im Jahre 2025 50 Prozent der Weltbevölkerung kein sauberes Wasser haben werden.

Daher, meine Damen und Herren: Die Bundesregierung ist bereit, mit der uns heute vorliegenden Wasserrechtsgesetznovelle Verantwortung zu übernehmen, und ich


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würde allen empfehlen, dieser Vorlage die Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

14.52


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kersch­baum. Ich erteile es ihr.

 


14.52.42

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kritzinger, Sie haben ein wahres Wort gesagt: Die Wasserqualität nimmt ab und nicht zu. Und das ist einer der Gründe, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen können. (Bundesrat Mitterer: Kampl war das! – Bundesrat Ing. Kampl: Ich war das!) – Habe ich „Kritzinger“ gesagt? Entschuldigung! Jetzt bin ich schon ganz verwirrt. Ent­schuldigung! Kampl, ja – das hätte ich mir aufschreiben müssen. Jetzt habe ich ihn gar nicht angeschaut. Er kann es nicht gewesen sein. (Heiterkeit.)

Herr Kollege Kampl hat ein wahres Wort gesagt, nämlich dass die Wasserqualität ab- und nicht zunimmt. (Bundesrat Ing. Kampl: Weltweit!) Weltweit – und leider auch in Österreich. (Bundesrat Ing. Kampl: Nein, in Österreich nicht!)

Beim Trinkwasserschutz gibt es zwei Interessenseiten: Auf der einen Seite gibt es denjenigen, der die Schutzgebietsanordnung befolgen muss, und auf der anderen Seite gibt es den Wasserversorger. Dass das entgegenstehende Interessen sind, das ist, glaube ich, klar und logisch. Dass da großteils kommunale Interessen land­wirtschaftlichen Interessen gegenüberstehen, ist logisch und normal. Was nicht logisch und normal ist, ist die Stoßrichtung der Bundesregierung, die bei einem Gesetz, das dem Umweltministerium zusteht, eindeutig in Richtung Landwirtschaft geht, ist, dass die Verantwortung von der Wasserrechtsbehörde zum Wasserversorger und zum Wasserentnehmer verschoben wird. Das ist für mich ein Grund, dieses Gesetz abzulehnen.

Es gibt aber noch einige andere Gründe. Einiges hat ja schon Frau Kollegin Mosbacher erzählt, was die Belastung der Gemeinden betrifft. Prinzipiell ist diese Novelle ent­standen mit dem Ziel, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Offensichtlich hat man nicht darüber nachgedacht, dass man alternativ dazu auch die Wasserrechtsbehörde besser mit Personal ausstatten könnte, denn die Wasserrechtsbehörde hat Aufgaben, die in Zukunft wichtiger werden, wie den Trinkwasserschutz, und sie sollte neue Auf­gaben übernehmen, die leider noch nicht abgedeckt sind. Ich denke etwa an den Hochwasserschutz, über den zwar viel geredet wird, von dem man aber leider nicht viel merkt und wo ich das Gefühl habe, es geht nicht schnell genug, es gibt da sehr viel Handlungsnotstand.

Wir haben im Umweltausschuss schon über dieses Kartenwerk betreffend das Hoch­wasserrisiko gesprochen, das seit neuestem auf der Homepage des Lebens­ministeriums abrufbar ist. Es geht um Karten, die die so genannten Gefahren­zonenpläne ausweisen. Das Problem bei diesen Karten ist, dass sie nicht ganz vollständig sind. Es gibt einige Bundesländer, bei denen die Hochwasserrisikogebiete schon ausgewiesen sind. Es gibt aber zum Beispiel Niederösterreich, wo, glaube ich, nur 30 Prozent der Hochwasserrisikogebiete ausgewiesen sind.

Ich habe mir das Gebiet um Korneuburg angeschaut, weil ich da zu Hause bin. Da gibt es einen Teil im Norden, da besteht für gewisse Ortsteile ein Hochwasserrisiko, das ist auch eingezeichnet, aber genau dort, wo die Karte aus ist und die nächste anfängt, gibt es plötzlich kein Hochwasserrisiko mehr. Gibt es jetzt das Risiko nicht mehr, oder ist man nur mit der Karte nicht fertig geworden? Ich finde es nicht ganz verständlich, dass


Bundesrat
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man unvollständige Kartenwerke ins Internet stellt. Es sind Karten drinnen, die einfach so nicht stimmen und nicht vollständig sind. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Haller.) – Schau dir einmal genau die Karte an! Ich gebe dir dann den Link.

Ein weiterer Punkt, auf den ich in den letzten Wochen gestoßen bin, betrifft St. Andrä-Wördern. Da läuft derzeit ein Widmungsverfahren, bei dem es darum geht, ob dieser Bereich in der roten Zone liegt oder nicht. Das Land legt in diesem Zusammenhang einen anderen HQ100 fest als der Bund. Und jetzt kann sich die Gemeinde aussuchen, wonach sie sich richtet, wer Recht hat, welche Durchflussmenge nun wirklich stimmt. Sie können sich in der Gemeinde St. Andrä-Wördern bezüglich dieses derzeit bestehenden Problems erkundigen.

Was diese Hochwasserrisikogebiete betrifft, ist es so, dass sehr viele Gefahren­zonenpläne noch nicht vorhanden sind, und solange sie nicht vorhanden sind, kann man dort Bauland widmen, so viel man will. Gibt es diesen Gefahrenzonenplan, hat er den großen Nachteil, dass er in keinster Weise verbindlich ist. Das ist leider Lan­desgesetzgebung. Das heißt, selbst dann, wenn feststeht, das ist rote Zone, kann man dort bauen. Das ist leider unverbindlich.

Ein besonderes Problem stellen Gebäude dar, die bereits in einer roten Zone sind. Da gibt es überhaupt noch keine Lösungsvorschläge, was man in diesen Fällen macht. Es gibt Einbauten und Brücken und sonstige Anlagen, die auf ein geringeres Hochwasser ausgelegt sind, als passieren kann, wie man jetzt weiß. Es ist auch ein Problem, dass der Klimawandel, der sich nachweislich auch auf das Hochwasser auswirkt, derzeit noch nicht wirklich Beachtung findet. Es gibt keine Regelung, wie das bei der Berech­nung der Hochwassergrenzen berücksichtigt wird. Und es gibt eben leider ver­schiedene Berechnungen von Bund und Land, die offensichtlich nicht miteinander koordiniert sind. Und darüber muss man meiner Meinung nach dringend nachdenken, wie man das koordinieren kann.

Leider können wir nicht in die Landesgesetzgebung eingreifen, da können wir nichts tun, es ist aber doch so, dass § 38 des Wasserrechtsgesetzes eine notwendige Voraus­setzung für ein Verbot von Anlagebauten implizieren könnte. Das haben wir auch beantragt. Und es gibt meines Wissens auch ein Schreiben von Landes­hauptmann Pühringer und von Herrn Landesrat Anschober: In Oberösterreich ist das bereits in der Raumordnung verankert, und er hätte gern auch im Wasser­rechts­gesetz die Umsetzung dieser Anregung.

Noch einmal zurück zu den roten Zonen. Privatversicherer übernehmen in Gefahren­zonen keine Deckung mehr. Aber Bundesmittel aus dem Katastrophenfonds werden auch für Hochwasseropfer ausbezahlt, die in einer Gefahrenzone gebaut haben. Private Versicherer machen da schon einen Unterschied – der Bund, das Land und auch die Gemeinden offensichtlich nicht.

Es gibt keine Sanktionen, wenn Bürgermeister in den Gefahrenbereichen eine Bauge­nehmigung erteilen, und die Zonierung gibt es erst für etwa 65 Prozent Österreichs.

Es besteht dringender Handlungsbedarf in diesem Bereich, dies wurde aber leider mit der Wasserrechtsgesetznovelle überhaupt nicht berücksichtigt. Wir brauchen jetzt schon fast jährlich Geld für Überschwemmungskatastrophen aus dem Katastrophen­fonds, und daher wäre es meines Erachtens wirklich notwendig, auch einmal beim Schutz anzusetzen und den Opfern nicht immer erst Geld zukommen zu lassen, wenn sich die Katastrophe schon ereignet hat. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Dass die Hochwässer höher werden und häufiger auftreten, ist, glaube ich, ein bekanntes Problem, und dieses Problem müsste man grundlegend angehen, und zwar


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nicht durch Einsparungen in der Verwaltung, wie es in diesem Gesetz vorgesehen ist, sondern durch Personalaufstockungen im Wasserrechtsbereich. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.00


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister Pröll, Sie haben das Wort. – Bitte.

 


15.00.53

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zu den Fragen betreffend die Novelle zum Wasser­rechtsgesetz: Wo kommt sie her? Wo wurde sie diskutiert? Warum ist sie notwendig? – Ich möchte dazu feststellen, dass ich jetzt viel über Hochwasserschutz gehört habe und auch die Frage gestellt wurde, ob die Wasserqualität jetzt besser wird.

Ich komme gerade aus dem Umweltausschuss, der unterbrochen wurde, damit ich hierher kommen kann. Dort haben wir das auch diskutiert. – Österreich hat betreffend Wasserqualität eine einzigartige und herausragende Stellung in Europa. Das ist die Realität. Wir haben betreffend Flüsse und Seen, betreffend das Grundwasser und auch das Quellwasser eine einzigartig positive Situation, weil wir erstens genug von der Ressource selbst haben und weil wir zweitens in den letzten Jahrzehnten Millionen um Millionen eingesetzt haben, um in der Siedlungswasserwirtschaft die richtigen Antwor­ten zu geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Novelle, die heute zur Diskussion steht, ist eine Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Wir haben auch im Rahmen der Verwaltungsreform II gemeinsam mit dem Gemeindebund, dem Städtebund und allen Gebietskörperschaften diskutiert, wie wir die zu erwartenden Mehrkosten und den Mehraufwand aus der Wasserrahmenrichtlinie in einer Wasserrechtsgesetznovelle zugunsten der verschiedenen Behörden umsetzen können, um effizienter vorzugehen als in der Vergangenheit, und wir haben schließlich diese Wasserrechtsgesetznovelle vorgelegt.

Sie gehört zu den Bemühungen in der Wasserrechtsgesetzgebung, die Wasserqualität in Österreich erfolgreich zu verteidigen und positiv weiterzuentwickeln. Das ist die gegenwärtige Lage, und ich denke, das muss auch gesagt werden, weil hier einige Themen aufgeworfen wurden, die mit dieser Novelle überhaupt nichts zu tun haben. (Beifall bei der ÖVP.)

15.02


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 110

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Diesner-Wais, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

15.03.5722. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft" geändert werden (1412 d.B. und 1501 d.B. sowie 7605/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mosbacher. – Ich bitte um den Bericht.

 


15.04.20

Berichterstatterin Maria Mosbacher: Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Prä­sidentin! Der Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundes­bahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor.

Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie den Antrag, der Bundesrat wolle beschließen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisen­bahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 


15.05.36

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird das Eisen­bahnsystem, aber auch der Bau des Brenner Basistunnels wieder um einen gewaltigen Schritt nach vorne getrieben.

Die Eisenbahn ist heute das Beförderungsmittel, das die wenigsten Umweltschäden verursacht. Im Gütertransport auf der so genannten "rollenden Landstraße" waren in den ersten vier Monaten des heurigen Jahres um die Hälfte mehr Laster unterwegs als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Ein Grund dafür liegt natürlich in der Ver­kehrsdichte auf dem Brenner, wo es oft ganz gewaltige Staus gibt, und ein weiterer Grund ist darin zu erblicken, dass die Preise der ÖBB günstiger geworden sind.

Der Staat fördert diese "rollende Landstraße" jährlich mit 40 Millionen €. Es werden da also gewaltige Förderungsgelder investiert.

Aus der Perspektive Tirols haben wir dem Brenner, wie ich schon einige Male betont habe, allerhöchste Aufmerksamkeit zu widmen, weil es hiebei um Maßnahmen geht, die für die Bevölkerung des Landes nicht nur im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort notwendig und wichtig sind, sondern vor allem auch aus Umweltgründen.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 111

Seit 20 Jahren beschäftigt man sich mit der Notwendigkeit des Baus dieses Tunnels, und wenn Professor Kummer jetzt eine Studie veröffentlicht hat, in welcher er gegenteilige Ansichten vertritt, dann muss man sich schon ein bisschen wundern. Er hätte schon lange Zeit gehabt, sich dazu zu äußern!

Etwas irritiert haben wir auch die Medienberichte gelesen, wonach die EU in Hinkunft die Schiene nicht mehr vorrangig fördern wird, sondern alle Verkehrsträger gleich­rangig behandeln will. Diesbezüglich hat es in Tirol einige Verwunderung und Ent­rüstung gegeben. Kurz danach hat man allerdings aus Brüssel gehört, dass in sensiblen Regionen wie den Alpen Umweltauswirkungen und Stau-Risiken in die Mautberechnung mit einbezogen werden können.

Das wäre für uns jedenfalls ein gewisser Vorteil, denn wir haben die billigste Maut: Sie ist bei uns wesentlich billiger als in der Schweiz, Italien will die Maut nicht erhöhen, und bei uns soll da jetzt eine Tür aufgemacht werden.

Wir haben diese Verbindung als ganz wichtige Route offen zu lassen. Da gibt es keine andere Möglichkeit, denn die Brennerstrecke war schon immer ein ganz wichtiger Übergang.

Ich darf daran erinnern – denn viele im Hause werden sich damit wahrscheinlich nicht befasst haben –, dass allein im Mittelalter 46 Kaiser mit ihrem Gefolge über diesen Pass nach Rom gezogen sind. Kaiser Maximilian ist, wie wir im gestrigen Vortrag gehört haben, bis Bologna gezogen, aber auch über den Brenner.

Es ist dies ein Übergang auf etwas mehr als 1 300 Meter Seehöhe, und dieser war früher nicht ungefährlich, aber man wählte eben diese Verbindung, weil sie die güns­tigste ist. Als man vor 150 Jahren die Eisenbahn gebaut hat, dachte man, dass die Eisenbahn die Straße endgültig ausstechen wird. Bereits im Jahre 1867 konnte man von Kufstein über den Brenner nach Bozen bis Verona fahren, und zwar zweigleisig. Die Arlbergbahn hat man 20 Jahre später gebaut; sie war eingleisig und ist heute noch eingleisig. Damit möchte ich die Bedeutung des Brenners als wichtige Nord-Süd-Verbindung unterstreichen.

Man rechnet damit, dass sich der Transitverkehr über den Brenner in den nächsten zehn Jahren beinahe verdoppeln wird. Um diesem Ansturm gerecht zu werden, würde man eine dritte Autobahnspur brauchen, und das würde wiederum größere Belas­tungen der Umwelt und der Bevölkerung bedeuten. Das kann der Bevölkerung nicht zugemutet werden, und daher ist der Brenner Basistunnel unsere einzige Hoffnung. Ich bin froh, dass es keine Kritik zuwege bringt, dieses Projekt zu verhindern! (Beifall bei der ÖVP.)

15.12


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Boden. – Bitte.

 


15.12.41

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Kritzinger! Du hast uns jetzt sehr viele schöne Dinge erzählt. Deine Wortmeldung hat jedoch mit der gegen­ständlichen Gesetzesmaterie überhaupt nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Baier: Das ist ein Standardspruch der SPÖ!)

Kollege Baier! Du hast dich heute vor dem Bundesrat als Bundesregierungsmitglied erklärt. (Bundesrat Bieringer: Man kann sich versprechen!) Das bedeutet noch immer nicht, dass du auch über die Eisenbahn Bescheid weißt! (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.)


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 112

Geschätzte Damen und Herren! Kommen wir zur Materie. Im Eisenbahnbetrieb sind folgende drei Punkte in Reihenfolge am wichtigsten: Das Erste ist die Sicherheit, das Zweite ist die Pünktlichkeit, und das Dritte ist die Wirtschaftlichkeit. Für die Wirt­schaftlichkeit ist das Unternehmen zuständig, für die Pünktlichkeit sind die Mitarbeiter zuständig, ferner spielen dabei das Wagenmaterial, die Schienen, der Oberbau und der Fahrplan eine Rolle. Und für die Sicherheit, meine Damen und Herren, ist die Gesetzgebung zuständig.

Zur Sicherheit: Entgegen den derzeitigen Vorgaben in der Sicherheitsrichtlinie, die mit der Gesetzesvorlage umgesetzt werden soll, fehlen im Regierungsentwurf behördliche Kontroll- und Überwachungsorgane, die für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes zuständig sind. Dieses grundlegende und gravierende Problem kann nur durch die Schaffung einer eigenen Eisenbahnsicherungsbehörde mit ausreichendem Personal mit entsprechenden Kontroll- und Strafbefugnissen, die gemäß der Richtlinie aus­drücklich nicht an Fahrwegbetreiber, Eisenbahnunternehmen oder Beschaffungs­stellen übertragen werden dürfen, beseitigt werden.

Für die Schaffung einer derartigen Behörde muss es so rasch wie möglich eine geeignete Gesetzesvorlage geben. Es kann nicht sein, dass die Liberalisierung so weit geht, dass auf Österreichs Schienen Züge unterwegs sind, deren Personal die Vor­schriften der Österreichischen Bundesbahnen nicht kennt, die entsprechenden Prüfungen für den Betrieb von Eisenbahnlinien nicht abgelegt hat und womöglich nicht einmal der deutschen Sprache mächtig ist.

Weiters regelt § 28 die Einstellung von öffentlichen Eisenbahnen wegen wirt­schaftlicher Unzumutbarkeit neu. Diese kann nur durch den Betreiber in Frage gestellt werden. – Es kann doch nicht sein, dass ausschließlich der Bahnbetreiber über die Einstellung von Eisenbahnlinien, die nicht wirtschaftlich geführt werden können, ent­scheidet! Dazu müssen auch der Bund, das Land und die Gemeinden ihren Beitrag leisten, indem sie Vorschläge betreffend Finanzierung oder Fahrplangestaltung unter­breiten, damit solche Linien weiter aufrechterhalten werden können. Einige Linien wurden bereits eingestellt, aber man musste nachher feststellen, dass das ein grober Fehler gewesen ist.

Weiters regelt § 65c die Priorisierung verschiedener Verkehre bei Trassenknappheit.. Das heißt, wenn heute der Personenverkehr zu dicht ist und dem Güterverkehr nicht Platz gemacht wird, dann soll in Zukunft entschieden werden, welche Züge wann verkehren. Bei diesem Paragraphen stört uns, dass aus dem Entwurf nicht hervorgeht, wer wann darüber zu entscheiden hat.

Meine Damen und Herren! Wozu die Privatisierung von British Railway in England unter Margret Thatcher geführt hat, ist allseits bekannt. In England musste die Priva­tisierung von Strecken letztlich wieder zurückgenommen werden. – Ich hoffe, dass das in Österreich nicht passiert! (Beifall bei der SPÖ.)

15.18


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


15.18.29

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Das Land Vorarlberg hat sich zur Änderung des Eisenbahngesetzes und zur Änderung des Bundesbahngesetzes kritisch geäußert und wegen der befürch­teten finanziellen Auswirkungen dieser Gesetze sogar Verhandlungen in einem Konsultationsgremium verlangt.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 113

Im Konkreten geht es um § 65 Abs. 3, der regelt, welchen Zügen bei überlasteter Schieneninfrastruktur der Vorrang einzuräumen ist. Derzeit sind, sofern keine Zuschläge nach § 67 Abs. 2 eingehoben werden, jene vorrangig zu berücksichtigen, welche die Zuweisung von Zugtrassen zur Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verkehrs­dienste zum Gegenstand haben. Mit der geplanten Änderung soll die Vorrangstellung der gemeinwirtschaftlichen Verkehrsdienste auf Leistungen in den Hauptverkehrszeiten eingeschränkt werden.

Welche  Auswirkungen hat das? – Gemeinwirtschaftliche Verkehrsdienste sind vor allem die von den Ländern mitfinanzierten Regionalverkehre, für die im Regelfall Taktfahrpläne bestehen. Wird diesen Verkehren die Vorrangstellung genommen oder eingeschränkt, ist verstärkt auch mit Taktbrüchen zu rechnen, die sich sehr nachteilig auf die Anbotsqualität auswirken, auch außerhalb der Hauptverkehrszeiten. Dies gilt ganz besonders für Systeme mit engmaschiger Vernetzung von Bahn- und Buslinien, wie sie in Vorarlberg in den letzten Jahren mit großer finanzieller Beteiligung von Land und Gemeinden eingerichtet wurden.

Die Gewährleistung von Umsteigeanschlüssen ist außerhalb der Hauptverkehrszeiten bei weniger dichten Angeboten, entsprechend langen Wartezeiten bis zum nächsten Zug oder Bus nicht weniger wichtig. Die Anpassung von Anschlusskursen an nicht taktkonform verkehrende Züge ist bei betrieblich optimierten Buseinsätzen häufig deshalb auch gar nicht möglich. Die Gewährleistung der Anschlüsse erfordert in solchen Fällen aufwendige Zusatzleistungen.

Die daraus zu erwartenden finanziellen Auswirkungen lassen sich nur schwer ab­schätzen, dürften angesichts der hohen Aufwendungen, die das Land und die Gemeinden für den öffentlichen Verkehr in Vorarlberg tragen, aber doch erheblich sein. Unter der Annahme, dass diese Kosten für die Vorarlberger Land-, Stadt- und Ortsbusse durch schwierigere Anschlussbedingungen um bis zu 2 bis 3 Prozent steigen, ergeben sich jährliche Zusatzbelastungen in der Größenordnung von zirka 1 Million €.

Dazu kommen die Einnahmenausfälle, die bei Angebotsverschlechterungen zu erwar­ten sind. Taktbrüche machen den öffentlichen Verkehr nicht attraktiver und wirken sich vor allem mittel- bis längerfristig nachteilig auf seine Inanspruchnahme aus.

Der Motivenbericht erwähnt hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen lediglich jenen Mehraufwand, der aus der Umsetzung der Sicherheitsrichtlinie resultiert. Im Übrigen wird nicht erwähnt, dass das Vorhaben beträchtliche Kostenfolgen nach sich ziehen kann.

Vorarlberg wird deshalb der Entwicklung dieser Bestimmung großes Augenmerk schenken und dies auch entsprechend dokumentieren.

Wir werden aber im Hinblick darauf, dass in dieser Materie das Gesetz zur Errichtung der Brenner Basistunnel AG mit eingebunden ist, unsere Zustimmung erteilen, weil es hier zu keinen längeren Verzögerungen mehr kommen sollte. Dieses Projekt ist von großer verkehrstechnischer Bedeutung für den Transit für Tirol und somit für ganz Europa, und wir werden auch zunehmend unglaubwürdig, wenn wir immer davon predigen, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlegen, und dann gegen ein derartig wichtiges Infrastrukturprojekt wie den Brenner-Basistunnel stimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.22


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 



Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 114

15.22.36

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kritzinger – diesmal stimmt’s – und Herr Kollege Mayer, ich weiß nicht: Waren Sie nicht im Ausschuss? Ich kann mich erinnern, ich habe gefragt: Wozu die Änderung des Brenner Basistunnel-Gesetzes? Und die Antwort war: Es geht darum, dass wir die ÖBB-Infrastruktur Bau AG und die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG in die Gesellschaft mit hineinnehmen wollen, damit sie uns in der Leistungserstellung bei der Planung unterstützen.

Da frage ich mich: Was würde die Unterstützung jetzt verhindern? Wenn es wirklich nur darum geht, dass sie da mitarbeiten und ihre Weisheiten einbringen können, braucht man sie doch nicht in die Gesellschaft mit hineinzunehmen. Ich befürchte vielmehr, dass es doch irgendwann einmal dazu kommen wird, dass die ÖBB-Infrastruktur Bau AG und die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG auch bezahlen sollen für den Brenner-Basistunnel, und zwar auf Kosten aller anderen Bahnfahrer.

Ich habe prinzipiell nichts gegen dieses Projekt an sich, wenn es nebenbei läuft. Aber ich sehe eigentlich nicht ein, dass alle Mittel für den Schienenbau, oder zumindest ein sehr großer Teil dieser Mittel, derzeit in diesen Brenner-Basistunnel laufen sollen.

Herr Kollege Kritzinger hat gesagt, die Autobahn müsste dreispurig ausgebaut werden, und das wäre ein Umweltrisiko. – Ich bin ganz Ihrer Meinung. Bei uns in Korneuburg ist die Autobahn schon dreispurig ausgebaut worden. Es hat nicht einmal ein UVP-Verfahren dazu gegeben, denn es ist ja „kein Umweltrisiko“. – Das war selbiges Ministerium! Offenbar gibt es da also zwei verschiedene Maßstäbe.

Wie gesagt: Prinzipiell ist es schon wichtig, dass man den Verkehr von der Straße auf die Schiene bekommt – auch im Fall des Brenners –, es gibt aber Studien, dass das auch auf eine andere Art und Weise möglich wäre. Und es gibt vor allem Studien, die besagen, dass das nur dann möglich ist, wenn weiter gehende Maßnahmen gesetzt werden. Wenn nur der Tunnel allein gebaut wird und sonst nichts passiert, wird sich an dem Verkehr auf der Straße nichts ändern – leider.

Aber jetzt zum eigentlichen Inhalt des Gesetzes, denn die Änderung des Brenner Basistunnel-Gesetzes, auf die Sie offenbar das Hauptaugenmerk legen, ist in Wirklichkeit, vom Text her, ja nur eine ganz kleine Änderung.

Im Prinzip geht es um die Umsetzung der Sicherheitsrichtlinie der EU. Im Ausschuss wurde uns gesagt, dass alle Richtlinien umgesetzt wurden, dass vielleicht nicht alles perfekt umgesetzt wurde, aber dass alles umgesetzt wurde. Dann frage ich mich schon: Wie kann es dann dazu kommen, dass es laut diesem Gesetz bei uns keine zur Kontrolle fähige Sicherheitsbehörde geben soll? Ich denke mir, die Sicherheit zu überprüfen, das gehört auch zu den Sicherheitsstandards dazu – und wenn ich dazu keine Behörde habe, wird es wahrscheinlich schwierig werden.

Es gibt Verfahrensänderungen, die in erster Linie den Gutachtern nützen, die den Schienenunternehmen viel Geld kosten werden, aber für die Bahnkunden nicht wirklich Verbesserungen mit sich bringen könnten.

Es gibt des Weiteren wieder, wie gehabt – oder wie schon sehr häufig gehabt –, eine Vorgangsweise bei diesem Gesetzesbeschluss, die für sich spricht, nämlich bezüglich der Überlegtheit dieses Gesetzes. Es ist nämlich direkt in der Nationalratssitzung ein Abänderungsantrag eingebracht worden. In diesem Abänderungsantrag wurde eine ganze Menge von Dingen halb repariert, halb nicht repariert; Übergangsregelungen und Fristerstreckungen wurden dazugeflickt, und letztlich ist das Ganze ein Flickwerk geblieben.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 115

Frau Kollegin Roth-Halvax hat heute Kritik daran geübt, dass die Opposition ihre Einsprüche zu spät vorgelegt hätte. – Bei der Regierung ist es offenbar gang und gäbe, dass man im Nationalrat erst in der Plenarsitzung die Abänderungsanträge einbringt, die dann durchgeboxt werden.

Ein wichtiger Punkt, bei dem sich zwar laut Aussagen im Ausschuss fast nichts ändert – ich habe nämlich die Auskunft dieses Beamten, dass sich da keine Änderung ergibt, nicht ganz verstanden, denn wozu hätte man dann das Gesetz ändern müssen? –, sind die Einstellungsverfahren für öffentliche Bahnen wegen wirtschaft­licher Unzumutbarkeit.

Das Problem – ich habe es auch im Ausschuss schon angesprochen – ist, dass man das rein von der betriebswirtschaftlichen Seite her betrachtet, dass meiner Meinung nach aber öffentlicher Verkehr sehr wohl auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen hat. Dieser ist aber in diesem Gesetz überhaupt nirgends berücksichtigt.

Es kommt, glaube ich, wenn eine Landesstraße zu wenig befahren ist, niemand auf die Idee, zu sagen: Gut, reißen wir die Straße weg! – Das habe ich noch nie gehört und noch nie erlebt. Bei den Nebenbahnen ist das regelmäßig der Fall, dass man sagt: Oh, trägt sich nicht, ist jetzt vielleicht ein paar Jahre nicht gut gelaufen, reißen wir halt die Schienen weg!

Bei der Straße gibt es offenbar andere Maßstäbe. Wenn man es bei den Straßen so machen würde, dass nur diejenigen, die sich sozusagen tragen würden und effizient wären, erhalten blieben, dann würden letztendlich wahrscheinlich nur Autobahnen überbleiben. Und wenn wir nur Autobahnen hätten – das wissen wir alle –, kämen wir auch nicht weiter, denn es braucht doch auch Zubringer. – Und genau diese Zubringer braucht es auch bei der Bahn, und genau deshalb ist der volkswirtschaftliche Nutzen auch der Nebenbahnen einfach wichtig und sollte nicht zerstört werden.

Vielmehr wäre es deshalb auch wichtig, dass man Nebenbahnen zu attraktivieren versucht, dass man versucht, Konzepte zur Verbesserung des Angebots zu schaffen. Bekanntlich ist es ja so: Nur wenn ein vernünftiger Takt hergestellt wird, nur wenn ein vernünftiges Angebot vorhanden ist, wird dieses auch angenommen. Wenn ich nur zwei Züge pro Tag habe, dann werde ich wahrscheinlich kaum damit fahren.

Letztendlich ignorieren Sie mit diesem Gesetz weiterhin den volkswirtschaftlichen Nutzen des öffentlichen Verkehrs. Mit dieser Verkehrspolitik setzen Sie die nächsten Schritte von der Schiene Richtung Straße – und nicht umgekehrt. Und bei diesem Spiel spielen wir nicht mit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.29


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 


15.29.07

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Meine Damen und Herren! Kollege Boden hatte nicht ganz Unrecht – vielleicht muss ich etwas ein wenig mehr herausstreichen: Kollege Boden ist ja Eisenbahner, nicht wahr? – Ja. Und gerade das, glaube ich, wäre ein Grund, diesem Gesetzespaket unbedingt die Zustimmung zu geben!

Sie müssen nämlich wissen – für jene Kollegen, die da nicht so genau Bescheid wissen, möchte ich Folgendes erklären –: Es war so, dass von den Anteilen an dieser Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft Österreich die eine Hälfte und Italien die andere Hälfte bekommen hat; und Österreich hat eine Hälfte Tirol gegeben, Italien hat eine Hälfte Südtirol gegeben.


Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 116

Und jetzt hat die Bundesregierung – und das ist in diesem Gesetzespaket enthalten – den ÖBB einen Teil dieser Anteile gegeben. (Bundesrat Boden: Da geht es um Sicherheitsfragen! Da geht es um die Sicherheit!)

Ich glaube, damit wertet man die ÖBB auf, und das ist ein ganz springender Punkt: Nur durch Tüchtigkeit kann die ÖBB wieder an Terrain gewinnen! (Bundesrat Boden: Da geht es um die Sicherheit!) Jeder Eisenbahner müsste doch begeistert diesem Gesetzespaket zustimmen. – Das wollte ich sagen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

15.30


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


15.31.00

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Herr Kollege Kritzinger, am Rednerpult steht wieder ein begeisterter Eisen­bahner – der aber auch nicht mit Begeisterung dieser Gesetzesvorlage zustimmen wird, sondern für den Einspruch stimmen wird. Das muss ich hier ganz ehrlich sagen. Ich glaube, Sie haben verkannt, dass es in dieser Vorlage – Kollegin Kerschbaum hat das ja, genauso wie Kollege Boden, schon ausgeführt – nicht nur um den Brenner-Basistunnel geht, sondern dass darin auch noch andere Sachen enthalten sind, die sehr wohl Auswirkungen auf die ÖBB haben und denen wir – ich rede jetzt vom Kollegen Boden und von mir – mit Begeisterung nicht zustimmen können, wenn wir uns die Hintergründe dieser Bestimmungen ansehen.

Nur kurz ein Punkt, weil mir die Rollende Landstraße am Herzen liegt und Sie von der Rollenden Landstraße gesprochen haben: Es stimmt und es erfreut auch die Eisen­bahner, aber nicht nur die Eisenbahner, dass der Verkehr der Rollenden Landstraße über den Brenner um 50 Prozent gestiegen ist. Aber ich habe selbst fast fünf Jahre lang im Container-Terminal beziehungsweise im Bahnhof der Rollenden Landstraße in Wels gearbeitet, und dort ist der Verkehr beziehungsweise die Annahme um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Es kam da also zu einer Umschichtung, und dieses Angebot wird – leider, muss ich sagen – nicht so gut angenommen. Es wäre besser für uns alle, wenn dieser Verkehr nicht nur im Brenner-Basistunnel beziehungsweise auf der Brenner-Route steigen würde, sondern im gesamten Bereich des Eisenbahn­verkehrs, damit wir diese Fahrzeuge von der Straße wegbringen.

Wenn man diese Debatte hört, muss man sagen, es ist wirklich interessant, welche Vorgangsweise die Regierungsparteien an den Tag legen, wenn es um verkehrs­politische Maßnahmen, um die ÖBB geht. Auf die Vorlage, mit der wir uns heute hier beschäftigen, ist ja von meinen Vorrednern schon umfassend eingegangen worden. Diese Änderungen des Eisenbahngesetzes spiegeln das wider, was diese Regierung als Eigentümer der ÖBB gemacht hat, seit sie im Amt ist. Sehr viele nicht nach­vollziehbare verkehrspolitische Maßnahmen – von der Regierung oft liebevoll „Refor­men“ genannt – haben teilweise sehr starke negative Auswirkungen auf das Unter­nehmen und natürlich in weiterer Folge auf die Bürgerinnen und Bürger, auf die vielen Pendlerinnen und Pendler gehabt.

Angesichts der heute vorliegenden Novellierung kann man leider nur feststellen: Fortsetzung folgt. – Daher werden wir, wie schon gesagt, gegen diese Vorlage Ein­spruch erheben.

Ich möchte einen Punkt dieser Vorlage ansprechen, bei dem es um den öffentlichen Nahverkehr und um die Nebenbahnen geht.

Meine geschätzten Damen und Herren, gerade von den Regierungsparteien! Lieber Herr Staatssekretär! Bei dieser Gelegenheit möchte ich schon eines anmerken: Sie


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736. Sitzung / Seite 117

betonen zwar immer, den ländlichen Raum zu unterstützen und zu schützen, machen in Ihrer täglichen Arbeit aber genau das Gegenteil. Diese Bundesregierung verab­schiedet sich – und das sieht man ja auch an dieser Vorlage – immer mehr von der Wahrnehmung ihres Versorgungsauftrages. So stehen zum Beispiel bereits jetzt 28 Nebenbahnen von insgesamt 74 in Österreich auf einer Abschussliste. Es wird zwar immer behauptet, auch vom Herrn Staatssekretär, es gebe keine solche Liste – man kann das glauben oder auch nicht. Aber man kann annehmen, dass es eine gibt, und leider hat sich ja in der Vergangenheit bei unseren Annahmen, zu denen es zunächst immer geheißen hat, das sei nur Polemik unsererseits, letztendlich sehr oft das Gegenteil herausgestellt – nicht wahr, Herr Staatssekretär? –, sodass wir dann immer Recht bekommen haben.

Herr Staatssekretär! Auch meine Region ist von diesen Einsparungsplänen betroffen, und sehr viele Pendlerinnen und Pendler, Schülerinnen und Schüler machen sich schon Sorgen angesichts dieses Vorschlags beziehungsweise dieser Meldungen. Es soll nämlich die Strecke Schärding – Ried – Attnang eingestellt werden. Und für einen Bezirk wie den Bezirk Schärding, wo fast 68 Prozent der Menschen auspendeln müssen, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen, und sehr viele Schülerinnen und Schüler in den benachbarten Bezirk Ried pendeln müssen, um das Angebot der Schule annehmen zu können, ist das wirklich eine schlimme Sache. Ich zitiere in diesem Zusammenhang das „Rieder Schärdinger Magazin“ vom 13. Juni, in dem das als eine verkehrspolitische Wahnsinnstat bezeichnet wird.

Ein Unternehmen wie die ÖBB kann man nicht attraktiver machen, Herr Staatssekretär, indem man Nebenbahnen einstellt und Privaten zum Kauf anbietet, indem man ein Unternehmen filetiert, in Einzelgesellschaften zerteilt und indem man Personalabbau betreibt. Es muss vielmehr das Angebot attraktiver gestaltet werden, denn dann wird das attraktive Angebot auch von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen!

Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Es ist zu wenig, immer nur zu sagen, ich bin ein Eisenbahnfreund, weil ich sehr oft mit dem Zug von A nach B fahre, oder immer nur in Sonntagsreden – Herr Kollege Mayer hat es schon ange­sprochen, wir werden auf diese Weise unglaubwürdig – zu sagen: mehr weg von der Straße, mehr auf die Schiene!, und dann machen wir nichts. Das ist zu wenig! Sinnvolle Rahmenbedingungen wären gefragt. Sie haben auf Seiten der Bundes­regierung die Aufgabe gehabt, Sie waren gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Unternehmen ÖBB die Möglichkeit geben, ein attraktives Angebot zu machen, Sie haben mit Ihrer Politik aber das Gegenteil gemacht.

Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren von den Regierungs­parteien! Sinnvolle Verkehrspolitik, sinnvolle Rahmenbedingungen, das bedeutet nicht, nur immer Personalabbau zu betreiben, Strecken zu schließen, Nebenbahnen einzu­stellen, wie gesagt, und im Managerbereich Postenschacher zu betreiben. Das genügt nicht! Verkehrspolitik ist etwas anderes!

Ihre Verkehrspolitik, geschätzte Damen und Herren, Herr Staatssekretär, gibt Anlass dazu, dass die Werbeabteilung der ÖBB den sicher allen hier Anwesenden bekannten Slogan „Die Bahn lebt“ bald ergänzen können wird wie folgt: „Die Bahn lebt, aber nicht mehr lange!“ – Und als ein zu 100 Prozent motivierter ÖBBler, der seit über 30 Jahren in diesem Unternehmen arbeitet, bin ich traurig, dass ich diesen Satz zum Schluss meiner Rede anführen muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

15.39


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 



Bundesrat
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736. Sitzung / Seite 118

15.39.11

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht, dass Sie jetzt glauben, dass ich vielleicht auch noch ein Spezialist auf dem Gebiete der ÖBB und so weiter wäre (ironische Heiterkeit des Bundesrates Boden – Bundesrat Gruber: Das sind Sie sicher nicht!), aber aus einem rein formalen Grund erlaube ich mir, folgenden Antrag gemäß § 43 der Geschäftsordnung des Bundesrates einzubringen:

Antrag

der Bundesräte Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen

gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bun­desgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1412 d.B. und 1501 d.B. sowie 7605/BR d.B.), keinen Einspruch zu erheben (TOP 22)

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1412 d.B. und 1501 d.B. sowie 7605/BR d.B.), wird kein Einspruch erhoben.

*****

Dieser Antrag ist entsprechend unterstützt, und ich darf ihn der Frau Präsidentin überreichen. – Ich danke. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

15.40


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Der Antrag der Bundesräte Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen ist genügend unterstützt, wie uns auch Herr Bundesrat Dr. Kühnel schon mitgeteilt hat, und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schennach zu Wort. – Bitte.

 


15.40.27

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das ist eine Joberweiterung für einen Ordner, parla­mentarische Pannen direkt und persönlich ganz schnell zu bereinigen. – Sehr elegant, wir werden das aufgreifen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich möchte zu all dem, was bisher gesagt wurde, nicht Stellung nehmen, sondern mir geht es darum, nochmals in die Tiefe der gesetzlichen Materie einzudringen und zu fragen: Was tun Sie eigentlich mit diesem Gesetz? Was für eine Unsicherheit schaffen Sie damit? Was für eine Situation schaffen Sie damit – sowohl für die Projektwerber als auch für die Behörden?

Ich gehe jetzt relativ ausführlich nur auf den § 31 ein. – Das ist das eisenbahn­rechtliche Baugenehmigungsverfahren. Mit diesem Gesetz verzichtet die Behörde auf die Bestellung von Sachverständigen und überträgt die Feststellung der Ausführungs­eignung an den Projektwerber. Das heißt, der muss nun feststellen, ob das Ganze dem Stand der Technik entspricht.


Bundesrat
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Mit diesem Gesetz übertragen Sie einen wesentlichen Teil der bisher behördlichen Verantwortung von der Behörde auf den Projektwerber. Dabei rutscht aber die Haftungsfrage mit, wobei prinzipiell gar nicht geklärt ist, wie weit Sachverständige überhaupt haften. Sie übertragen dies aber jedenfalls auf den Projektwerber.

Indem Sie das tun, nehmen Sie der Behörde zweitens die Möglichkeit, im Rahmen des Verfahrens Auflagen zu erteilen. Die Behörde beschäftigt ja keinen Sachverständigen mehr, und das bedeutet in einem solchen Projekt einen enormen Abstimmungsbedarf zwischen dem Gutachter und der Behörde. Das wiederum bedeutet – und das werden Sie ja nicht wollen, das will ja niemand – einen enormen Zeitverlust für die Planung.

Der dritte Punkt, den Sie ändern: Bisher gab es eine Teilung der Baugenehmigung nach § 36 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3. Das heißt: Man muss sich die Welt der ÖBB und ihrer Planungen so vorstellen, dass man zuerst nach § 36 Abs. 1 die Lage festgestellt hat, dann die Brücken und die Hochbauten gemäß § 36 Abs. 2 genehmigt wurden und zuletzt die Streckenausrüstung wie zum Beispiel die Fahrleitung nach § 36 Abs. 3.

Mit dem, was Sie hier vorlegen, versuchen Sie diesen sehr moderaten Vorgang in ein Genehmigungsverfahren hineinzuplanen, damit alles bis zur Streckenausrüstung in einem eingereicht wird. Dieses Vorhaben bedeutet genau die Umkehrung dessen, was Sie wollen: Es wird nichts schneller, sondern es verlängert den Planungsprozess enorm. Die Änderungen in einem Projekt – zum Beispiel auf Grund von technischen Innovationen, von Bürgerdiskussionen oder auch von zwischenzeitlichen Gesetzes­änderungen – können nicht mehr berücksichtigt werden, weil von diesem dreiteiligen, den Bau und das Genehmigungsverfahren eigentlich sehr fördernden Prozess zu einer sehr komplizierten Vorgehensweise übergegangen wird und man dadurch eigentlich nicht mehr reagieren kann.

Das Nächste: Projektänderungen gegenüber der Einreichung können nicht mehr lau­fend, sondern erst mit der Betriebsbewilligung durchgeführt werden. Zu diesem Zeitpunkt ist die Anlage aber schon gebaut. – Das kostet Geld, das kostet Zeit.

Herr Staatssekretär! Ich weiß gar nicht, ob Ihnen Folgendes klar ist: Würden wir das Gesetz heute beschließen, gäbe es eine Legisvakanz: In diesem Gesetz machen Sie eine ganze Reihe von Tatbeständen genehmigungsfrei. – Bisher war das der § 14 samt seinen Verordnungen. Diese Genehmigungsfreiheit wird nun ausgeweitet, aber die Verordnung liegt nicht vor. Das wäre also nun ein Gesetz, das eine Verordnung braucht, während diese Verordnung derzeit aber gar nicht vorliegt.

Wenn Sie also wirklich die Absicht haben, auf diesem Gesetz im Nationalrat zu beharren, dann nützen Sie wenigstens die Zeit, die wir Ihnen heute schenken, um die Verordnung auszuarbeiten, die dazu notwendig ist!

Das Nächste: Es befindet sich derzeit eine Reihe von Eisenbahnprojekten in Bau­genehmigungsverfahren. Es gibt bei dem, was heute hier vorliegt, keine brauchbaren Übergangsbestimmungen. Lediglich jene Projekte, die bereits eingereicht wurden, können nach alter Gesetzeslage behandelt werden. Meine Damen und Herren! Eisenbahnprojekte werden aber nicht innerhalb von Monaten geplant! Derzeit gibt es eine ganze Reihe von Eisenbahnprojekten, die seit fünf Jahren in Planung sind. Diese Planungen sind dann auf gut deutsch „für die Fisch’“.

Weiters: Mit der Verschiebung der Sachverständigentätigkeit in den Bereich des Projektwerbers sollte eine Verkürzung der Verfahrensdauer erreicht werden. Welche Prüfungsaufgabe aber nun im Genehmigungsverfahren die Behörde noch innehat, ist komplett unklar.

Der nächste Punkt wird die Herren und Damen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen interessieren: Standortgemeinden gelten nach dem Eisenbahngesetz nicht als Partei.


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Das heißt, die Behörde hat gemäß § 31 zu entscheiden, ob Interessen der Gemeinden verletzt werden oder ob diese gegenüber dem Vorteil für die Öffentlichkeit zurück­stehen müssen.

Die Gemeinde hat aber ein Stellungnahmerecht zum Bauvorhaben, das jedoch schwam­mig formuliert ist. Das heißt, es ist für manche Gemeinden überhaupt nicht anwendbar, zum Beispiel für die Gemeinde Wien: Das Stellungnahmerecht ist für die Gemeinde Wien in diesem Verfahren ein absolutes Unding. Wer soll eine Stellung­nahme der Gemeinde Wien abgeben? Die Magistratsdienststellen? Die im Gesetz stehenden Fachgebiete? Der Bürgermeister? Oder wer soll das machen?

Das Nächste, was ich zum Teil als wirklich schweren Anschlag auf die Tauglichkeit der bisherigen Baugenehmigungen sehe, ist, dass Sie das Vorprüfungsverfahren, das es bisher gegeben hat, streichen. Alle Herren und Damen Bürgermeister hier, die mit solchen Verfahren zu tun haben, kennen den Prozess: Man führt eine Vorprüfung durch, das spart Geld, bringt Konfliktpartner zusammen und schafft kürzere Wege zwischen den involvierten Menschen. – Sie streichen dieses Vorprüfungsverfahren komplett!

In diesem Vorprüfungsverfahren hat die Behörde die Möglichkeit, auf einen Projekt­werber im Freundlichen, im Guten Einfluss zu nehmen und eine vereinfachte Vorprüfung zu ermöglichen. Mit dem Wegfall dieses Vorprüfungsverfahrens erschwe­ren Sie die Arbeit der Behörde und verzögern die Prozesse. – Offensichtlich wollen Sie den Eisenbahnausbau verzögern! Etwas anderes kann man hinter dieser Maßnahme nicht erkennen.

Nun kommt die Schildbürger- beziehungsweise die Diffus-Ebene ins Spiel, denn es gibt einen völlig ungeklärten Konnex zum UVP-Gesetz. Während Sie im eisen­bahn­rechtlichen Baugenehmigungsverfahren den Gutachter zum Projektwerber hinüber­schicken, müssen Sie bei allen UVP-pflichtigen Projekten einen Gutachter bestellen. Das heißt, jetzt haben wir zwei Gutachter: Zum einen muss die Behörde den UVP-Gutachter bestellen, und zum anderen muss der Projektwerber einen Gutachter bestellen. Wer nun in der Frage der Haftung zum Zuge kommt, ist ungeklärt.

Dabei gibt es ja in den Bereichen Lärm, Erschütterungen, konstruktiver Ingenieurbau und so weiter noch dazu Verschränkungen dieser beiden Begutachtungsmaterien. Da gibt es einen Abstimmungsaufwand unter den Gutachtern, den jene, die dieses Gesetz niedergeschrieben haben, offensichtlich überhaupt nicht bedacht haben.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Mit dem Einspruch geben wir Ihnen die Möglichkeit, das nochmals zu überdenken. All diesen von mir erwähnten Punkte liegen Recherchen aus der Praxis zugrunde. Bitte setzen Sie sich doch mit den Leuten zusammen, die derzeit im Bereich der Planung von Eisenbahnbauprojekten zu tun haben und solche Gutachten für Großprojekte erstellen!

Ich möchte Ihnen daher auch sieben Punkte mitgeben, die noch eine Möglichkeit zur Verbesserung dieses Gesetzes darstellen – sieben Punkte, an den Verkehrsausschuss des Nationalrates gerichtet:

1. die Möglichkeit einer fakultativen Gliederung des Baugenehmigungsverfahrens in Grundsatz- und Detailgenehmigung.

2. eine fakultative Gliederung des Baugenehmigungsverfahrens nach Gewerken – ganz wichtig!

3. die Beibehaltung der Voranmeldemöglichkeit eines Projekts zur – amikalen oder fachlichen – Festlegung eines Umfanges, im Zuge derer der Genehmigungswerber dann auch die Fachgutachten beizubringen hat.


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4. eine Abstimmung zwischen dem Eisenbahngesetz und dem UVP-Gesetz.

5. eine Klarstellung, dass nur Gutachten zu den Eisenbahnmaterien beizubringen sind.

6. eine Ergänzung zu den Übergangsbestimmungen, die derzeit nicht vorhanden sind, vor allem zu jenen Projekten, die derzeit schon seit drei, vier oder fünf Jahren in Planung sind und die unter diese Übergangsbestimmung fallen sollten, da die bisher geleisteten Planungsarbeiten sonst reif für den Reißwolf sind. – Wollen Sie den Projektwerbern einen solchen Schaden zumuten?

7. eine Klärung der Haftung der Behörde.

Meine Damen und Herren! Ich habe nur diese beiden Bereiche herausgegriffen – das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren sowie die Folgen dieses Gesetzes und den Konnex zur UVP-Prüfung. Allein diese beiden Bereiche, die ich jetzt versucht habe, in ihre verschiedenen Aspekten und Details zu gliedern, zeigen, wie wichtig und wie notwendig dieser Einspruch hier und heute ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Kukacka, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.

 


15.53.45

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich möchte jetzt keine Grundsatzdiskussion mehr führen. Es ist der letzte Tages­ordnungspunkt, und wir haben über diese Themen lange genug gesprochen. Ich möchte nur auf einige Dinge eingehen, die einfach unrichtig dargestellt wurden, und sie richtig stellen. Insofern sind doch auch ein paar grundsätzliche Ausführungen nötig.

Herr Kollege Stadler hat generell unsere Regierungspolitik in Sachen Bundesbahnen in Frage gestellt und gemeint, die ÖBB werden das nicht lange überleben. (Bundesrat Stadler: Richtig!) Ich sage Ihnen aber: Diese Regierung hat in vier Jahren mehr für die Österreichischen Bundesbahnen und für die Zukunft der Österreichischen Bundes­bahnen getan als 30 Jahre sozialdemokratische Verkehrsminister. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl. Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. Bundesrat Stadler: Eine subjektive Meinung!)

Es sind noch nie so viele klare, zukunftsorientierte Konzepte erstellt worden wie in diesen vier Jahren. (Bundesrat Schennach: Jetzt müssen Sie aber selber schmun­zeln!) Es ist noch nie so viel Geld investiert worden wie in diesen vier Jahren. (Bundesrat Kraml: Wo?) Prüfen Sie die Investitionen des Staates in den Eisenbahn-Infrastrukturbereich, dann werden Sie feststellen, dass seit 30 Jahren nie so viel in die Österreichischen Bundesbahnen und in den Ausbau der Infrastruktur investiert wurde wie gerade in diesen letzten zwei oder drei Jahren, meine Damen und Herren! – Das möchte ich festhalten.

Sie waren es, die dafür gesorgt haben, dass die Betriebsmittel der ÖBB, die Ausstattung mit Waggons, total veraltet sind, weil 30 Jahre nichts in diesen Bereich investiert wurde, sondern alles mühsam zusammengeflickt wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir – diese Regierung – sind darangegangen und gehen daran, ein umfassendes Inves­titionsprogramm auch für die Betriebsmittel zu entwickeln, damit die Bundes­bahnen wieder einen modernen Standard bekommen und sich im internationalen Wettbewerb und auch gegenüber dem Individualverkehrsmittel in Zukunft behaupten


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können. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Stadler: Ein Scherz ist das! Das ist ein Scherz, nicht die Wahrheit!)

Herr Kollege Stadler hat auch gesagt, die Regionalbahn Schärding – Ried – Attnang werde zugesperrt. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Unterstellungen haben. (Bundesrat Stadler: Ha, ha! „Unterstellung“! Bundesrat Kraml: Das steht in jeder Zeitung!) Sie sind jedenfalls unrichtig, und Sie können da auf kein Papier oder Konzept der Bundesregierung oder der ÖBB verweisen, weil es kein solches gibt.

Ich sage Ihnen im Gegenteil, dass gerade diese Strecke umfassend analysiert wird, dass Umlaufoptimierungen vorgenommen werden, denn gerade auf dieser Strecke, auf der Sie offensichtlich auch zu Hause sind, ist in den letzten 30 Jahren ganz besonders wenig geschehen. Weil dort kein Zugleitbetrieb vorhanden ist, sind die Betriebs­führungskosten sehr hoch. Daher gibt es dort auch enorme Personalkosten: Es gibt dort zum Beispiel 35 Fahrdienstleiter und 20 Stellwerke.

Wir werden dort also mit rund 20 Millionen € in einen modernen Zugleitbetrieb investieren, damit sich die Betriebsführungskosten um vier Fünftel reduzieren. Diese Investitionen in den Zugleitbetrieb werden sich dann schon in drei bis fünf Jahren amortisieren, meine Damen und Herren.

Sie sehen also, diese Regierung nimmt sich ganz besonders dieser Strecken an, die Sie offensichtlich dramatisch vernachlässigt haben und die heute so weit nachhinken. (Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Stadler: Offensichtlich!)

Frau Kollegin Kerschbaum hat gemeint, wir beachten den volkswirtschaftlichen Nutzen der Bahn zu wenig. Ich sage Ihnen: Diese Regierung investiert jedes Jahr mehr als 4 Milliarden € in die Bahn. Das ist erstens mehr als je zuvor und zweitens: Denken Sie doch daran, dass gerade die Neben- und Regionalbahnen im Regelfall nur 5 bis 10 Prozent Kostendeckungsgrad haben. Das heißt, 90 Prozent davon bezahlt der Steuerzahler – entweder der Bund und teilweise auch das Land durch die verschie­denen Verkehrsbestellungen, die da vorgenommen werden.

Also sagen Sie doch nicht, das ist uns volkswirtschaftlich nichts wert, wenn der Steuer­zahler, wenn der Staat, wenn der Bund und die Länder 90 Prozent in die Regional- und Nebenbahnen investieren, damit sie überhaupt aufrechterhalten werden können! (Bundesrätin Kerschbaum: Was ist mit den Gemeindestraßen und den Landes­straßen?)

Meine Damen und Herren! Ihre Ausführungen sind einfach nicht zutreffend, und sie zeigen auch nicht, dass Sie sich sehr mit dieser Materie beschäftigt haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Herr Kollege Schennach hat sich offensichtlich ein bisschen zu viel mit der Materie beschäftigt. – Ich glaube, dass Sie sich in der Frage zu viel zugemutet haben. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich gehe davon aus – aber ich kann mich auch täuschen! –, dass Sie nicht unbedingt ein Experte für Eisenbahn-Genehmigungsverfahren sind. Das ist eine ganz komplizierte Materie. Meine Damen und Herren! Ich bin auch kein Experte. (Bundesrat Stadler: Das haben wir schon oft bemerkt! Ruf bei der SPÖ: Das können wir bestätigen!) Wir haben uns umfassend mit Verfahrensexperten auseinander gesetzt und versucht, die besten Lösungen dafür zu finden.

Ich denke aber, es ist nicht Aufgabe des Plenums, dass wir in Details der Verfah­renskompetenzen der Bau- und UVP-Verfahren eingehen. Es wäre der Sache nützlicher gewesen, Herr Kollege Schennach, hätten Sie als grüne Fraktion uns und dem Ministerium das, was Sie jetzt gesagt haben, im Stellungnahmeverfahren


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mitgeteilt. Dann hätten wir schon rechtzeitig Rücksicht nehmen können und das allenfalls auch prüfen und aufnehmen können. Machen Sie nicht jetzt im nachhinein im Plenum des Bundesrates Vorschläge, die wir überhaupt nicht in der Lage sind, zu untersuchen und zu prüfen!

Ich halte noch einmal fest: Generell ist es das Ziel, in Zukunft ein gesamtes Eisen­bahnprojekt – jetzt sage ich einmal: Neubau des Bahnhofes Wien Mitte – in einem Verfahren abzuhandeln und nicht in fünf oder zehn Einzelverfahren, wie das bisher der Fall war. Es geht also darum, die Dinge zu beschleunigen und nicht zu verlangsamen, eine Vielzahl von Verfahren einzusparen. Änderungen sind trotzdem im Zuge der Verfahren ständig möglich.

Im Übrigen: Sie haben hier die Bürgermeister aufgerufen. Noch einmal, das ist Ihnen vielleicht auch entgangen, aber an der Position, an der Stellung der Gemeinden hat sich im Gesetz überhaupt nichts geändert. Genau dieselbe Rechtsstellung, die sie vorher in den Verfahren hatten, haben sie auch jetzt – es hat sich überhaupt nichts zu Ungunsten der Gemeinden geändert, meine Damen und Herren. Ich denke, es ist nicht sehr gerechtfertigt, was Sie hier diesbezüglich gesagt haben.

Generell halte ich fest: Wir haben insbesondere bei den Verfahren darauf geachtet, dass vermehrt in die Sicherheit im Eisenbahnbereich investiert wird. Wir haben das schon damit klargestellt, dass wir vor einem Jahr eine eigene unabhängige Unfalluntersuchungsbehörde für die Bahn geschaffen haben, denn früher war es so, dass die Bahn immer auch ihre eigene Behörde war, ihre eigenen Genehmigungen ausgestellt hat und ihre eigenen Untersuchungen durchgeführt hat. Jetzt sorgen wir dafür, dass externe Gutachter und Prüfer bewirken, dass Objektivität in diese Ver­fahren kommt.

Ich weise darauf hin, dass wir zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt haben, verpflichtende Audits, Zertifizierungen, Schaffung von zertifizierten Sicherheitsmanage­mentsystemen in den einzelnen Bahnunternehmen und die Überprüfung aller EVUs alle fünf Jahre durch die Behörde.

Ich denke, es geht zu weit, wenn wir jetzt auch noch eine Brenner-Debatte führen, aber uns zu unterstellen, wir ändern jetzt das Brenner-Basistunnel-Gesetz damit der Brenner-Basistunnel verzögert wird oder nicht gebaut werden kann oder was auch immer, was Sie uns hier unterstellen, zeigt nur, dass Sie nicht realisiert haben, worum es hier geht: Dass nämlich der Anteil des Bundes in der Gesellschaft – Frau Kersch­baum, das sagten Sie! – in Zukunft durch die Bahn wahrgenommen werden soll, weil dort die Experten sitzen. (Bundesrätin Kerschbaum: Nein, das hab’ ich nicht gesagt! – Bundesrat Konecny: Das war der Kritzinger! Dorthin schauen!) Es ist nicht nur bei den Italienern so, wo auch die italienische Eisenbahn in der Brenner Basistunnel Gesell­schaft sitzt, sondern es ist notwendig, dass auch in Österreich die Experten des Bahnbaus und des Bahnbetriebes – die ÖBB Bau AG und ÖBB Betriebs AG – nicht nur Eigentümer oder Miteigentümer bei der BBT sind, sondern dass sie auch in den zuständigen Organen sitzen, im Vorstand, im Aufsichtsrat, in den entsprechenden Beiräten, damit sie ihr Fachwissen einbringen können – denn es geht ja letztlich auch darum, dafür zu sorgen, dass die richtigen Betriebssysteme ausgewählt und beschlos­sen werden – und wir dort im Interesse Österreichs die richtigen und notwendigen Entscheidungen treffen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das ist ganz genau überlegt und – so denke ich – sehr richtig und konzeptiv durchgeführt. Sie können sicher sein, dass die Eisenbahnpolitik auch in Zukunft bei dieser Regierung in guten Händen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

16.05



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736. Sitzung / Seite 124

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Die Tagesordnung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist damit erschöpft.

16.06.46 Einlauf

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sechs Anfragen – mit der Zahl 2416/J bis 2421/J – eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 27. Juli 2006, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 25. Juli 2006, ab 13 Uhr vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

16.07.55Schluss der Sitzung: 16.07 Uhr

 

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