Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

 

782. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 11. März 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

782. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 11. März 2010

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 11. März 2010: 9.06 – 12.39 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Bundes­finanzgesetz 2010 geändert werden

2. Punkt: Bericht an den Bundesrat betreffend Patientenverfügungs-Gesetz

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Heimaufenthalts­gesetz und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (Unterbringungs- und Heimauf­enthaltsnovelle 2010 – Ub-HeimAuf-Nov 2010)

4. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatz­mitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundeskanzlers Werner Faymann gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bun­des-Verfassungsgesetz betreffend Nominierung des österreichischen Richters am Gericht der EU ................. 33

4. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948                          61

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................... 5

Fragestunde (149.)

Wirtschaft, Familie und Jugend .................................................................................... 5


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 2

Mag. Bettina Rausch (1736/M-BR/2010); Waltraut Hladny, Elmar Podgorschek, Elisabeth Kerschbaum

Maria Mosbacher (1733/M-BR/2010); MMag. Barbara Eibinger, Monika Mühlwerth, Peter Zwanziger

Cornelia Michalke (1732/M-BR/2010); Ferdinand Tiefnig, Juliane Lugsteiner, Efgani Dönmez, PMM

Sonja Zwazl (1737/M-BR/2010); Elisabeth Grimling, Johann Ertl

Monika Kemperle (1734/M-BR/2010); Josef Steinkogler, Elmar Podgorschek, Peter Zwanziger

Efgani Dönmez, PMM (1731/M-BR/2010); Waltraut Hladny, Cornelia Michalke, Peter Zwanziger

Dr. Magnus Brunner, LL.M. (1738/M-BR/2010); Erwin Preiner, Johann Ertl, Peter Zwanziger

Wolfgang Sodl (1735/M-BR/2010); Franz Wenger, Monika Mühlwerth, Stefan Schennach

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .............................................................. 33

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 34

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 34

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Februar 2010 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Bundesfinanz­gesetz 2010 geändert werden (600 d.B. und 604 d.B. sowie 8284/BR d.B.) ...................................................................................................... 34

Berichterstatterin: Juliane Lugsteiner .......................................................................... 34

Redner/Rednerinnen:

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 35

Ewald Lindinger ...................................................................................................... ..... 37

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 38

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 41

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ..... 42

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 45

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 46

2. Punkt: Bericht des Bundesministers für Gesundheit an den Bundesrat betref­fend Patientenverfügungs-Gesetz (III-385-BR/2010 d.B. sowie 8286/BR d.B.) ....................................................... 46

Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................... 46


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 3

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 46

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 48

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 50

Josef Saller .............................................................................................................. ..... 51

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ..... 52

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-385-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................... 53

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. Februar 2010 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Heimaufenthaltsgesetz und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (Unterbringungs- und Heimaufent­halts­no­vel­le 2010 – Ub-HeimAuf-Nov 2010) (601 d.B. und 608 d.B. sowie 8285/BR d.B.) ................................................................................................................. 53

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher ...................................................................... 53

Redner/Rednerinnen:

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 54

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ..... 55

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 56

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 57

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................... 59

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 61

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Mag. Michael Hammer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Zukunft der Mühlkreisbahn und eines zeitgemäßen und leistungsfähigen öffentlichen Verkehrs für das Mühlviertel (2741/J-BR/2010)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend kriminelle Verwendung von österreichischen Mobiltelefonen (2742/J-BR/2010)

Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kol­legen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft betreffend Verwaltungsreform – Synergieeffekte durch Vermeidung von Parallelstrukturen (2743/J-BR/2010)

Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verwal­tungsreform – Synergieeffekte durch Vermeidung von Parallelstrukturen (2744/J-BR/2010)

Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Ver­waltungsreform – Synergieeffekte durch Vermeidung von Parallelstrukturen (2745/J-BR/2010)

Dr. Magnus Brunner, LL.M., Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betref­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 4

fend Verwaltungsreform – Synergieeffekte durch Vermeidung von Parallelstrukturen (2746/J-BR/2010)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Denkmalschutz (2528/AB-BR/2010 zu 2735/J-BR/2010)


09.06.03


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

 


Präsident Peter Mitterer: Ich eröffne die 782. Sitzung des Bundesrates und darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren, herzlich begrüßen.

Das Amtliche Protokoll der 781. Sitzung des Bundesrates vom 18. Februar 2010 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist Frau Bundesrätin Adelheid Ebner.

09.06.34Fragestunde

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf in Vertretung des Ministers Frau Staatssekretärin Christine Marek herzlich be­grüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1736/M, an den Bun­desminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, in diesem Fall an die Frau Staats­sekre­tärin.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mag. Rausch, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Mag. Bettina Rausch (ÖVP, Niederösterreich): Frau Staatssekretärin, meine Frage lautet:

1736/M-BR/2010

„Warum soll aus Ihrer Sicht der Jugendschutz in Österreich vereinheitlicht werden?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin, ich habe dieses Ziel der einheitlichen Jugend­schutz­bestimmungen selbst bei den Regierungsverhandlungen gemeinsam mit dem Koalitionspartner im Regierungsprogramm verankert. Tatsache ist, dass einheitliche Bestimmungen den Jugendschutz verbessern. Gerade junge Menschen in Österreich haben natürlich eine deutlich höhere Mobilität, die sich nicht auf ein Bundesland be­schränkt. Jetzt gibt es neun unterschiedliche Regelungen der Fragen: Wie lange darf jemand fortgehen, in welchem Alter? Wie sieht es mit Alkoholkonsum aus? Es würde natürlich eine deutlich bessere Orientierung bringen, wenn in allen neun Bundes­ländern die Regelungen auf einem einheitlichen Niveau wären.

Es würde auch der Alltagsrealität der Jugendlichen in Österreich viel, viel besser ent­sprechen als heute, wenn mit der Überschreitung der Landesgrenze nicht auto­matisch andere Regelungen, Richtwerte und Zeiten gültig wären. Gerade dem Jugendminister Reinhold Mitterlehner war und ist es daher ein wichtiges Anliegen, das jetzt gemein­sam mit den Ländern anzugehen – wohl wissend, dass es eine durchaus große


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 6

Herausforderung ist, in der 100-prozentigen Länderkompetenz Jugendschutz und Jugend­schutzbestimmungen im Rahmen einer Artikel-15a-Vereinbarung einheitliche Werte, einheitliche Zeiten und einheitliche Standards zu erreichen.

Am 3. März dieses Jahres hat es sozusagen eine Auftakt-Enquete gegeben, im Rahmen derer der Bundesminister die Repräsentantinnen und Repräsentanten der Länder ins Ministerium eingeladen hat, die zusammen mit vielen Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland die Regelungen und das, was denkbar ist, diskutiert haben. Es wurde auch auf die Notwendigkeit einer österreichweit einheitlichen Rege­lung hingewiesen. Es hat auch Gespräche mit den Ländern gegeben beziehungsweise finden solche jetzt laufend statt. Auch auf Beamtenebene wird es noch weitere Gespräche geben. Das war ein Startschuss dafür, die Regelungen zu vereinheitlichen, und es werden jetzt zahlreiche weitere Gespräche geführt werden.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Mag. Bettina Rausch (ÖVP, Niederösterreich): Es ist wichtig, die De­batte in einem größeren Zusammenhang zu sehen und auch die Zielsetzungen des Ministeriums zu kennen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Zielsetzungen des Jugendschutzes im Allgemeinen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Ich habe einen Teil bereits angesprochen. Es geht einerseits um einheitliche Standards, was die Ausgehzeiten für Jugendliche betrifft, um Klarheit für Jugendliche im Landesgrenzen überschreitenden Bereich zu schaffen.

Im Wesentlichen geht es aber darum, junge Menschen vor ganz wesentlichen Gefahren zu schützen. Es heißt ja Jugendschutz, und noch nicht erwachsene junge Menschen sollen dahin gehend geschützt werden, dass sie ihre körperlichen, geistigen und auch sozialen Fähigkeiten entsprechend entwickeln können. Das heißt, es darf in dieser Beziehung keinerlei Beeinträchtigungen geben.

Ganz wichtig ist mir und dem Herrn Minister auch, dass wir im Rahmen der Jugend­schutzbestimmungen auch die Eigenverantwortlichkeit fördern und forcieren und es ermöglichen, dass die Erziehungskompetenz der Eltern entsprechend gestärkt wird, weil die Eltern-Kind-Beziehung gerade bei pubertierenden jungen Menschen ganz wichtig ist.

Die unterschiedlichen Jugendschutzbestimmungen sind sachlich nicht zu rechtfertigen, sie sind historisch in den einzelnen Bundesländern gewachsen. Es ist gerade für Jugendliche und junge Menschen unverständlich, dass man zum Beispiel als 15-Jäh­riger in Wien, Niederösterreich und im Burgenland bis ein Uhr früh fortgehen darf, während es in der Steiermark nur bis 23 Uhr möglich ist – um nur ein Detail anzu­sprechen.

Auch die Regelungen betreffend Alkohol- und Tabakkonsum sind teilweise nicht wirk­lich praktikabel, aber auch ganz unklar in der Formulierung. Zum Beispiel gibt es für Jugendliche ab 16 in Kärnten eine Promillegrenze für den Alkoholkonsum, während in Oberösterreich der übermäßige Alkoholkonsum verboten ist. Es gibt also wirklich völlig unterschiedliche und nicht ganz klare Regelungen.

Auch was die Klassifizierung jugendgefährdender Gegenstände betrifft, gibt es ganz unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern. Das kann dann auch dazu führen, dass das, gerade wenn es um die Freigabe von Gewaltvideos und Computerspielen geht, in den Ländern höchst unterschiedlich beurteilt wird. Ich denke, dass das ein ganz wesentlicher Aspekt sein wird.

 



BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 7

Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Hladny.

 


Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, Sie haben schon sehr viel angesprochen, ich möchte Sie trotzdem fragen: Wie sehen die Eckpunkte des von Ihnen gewählten Modells aus?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Sie meinen, in welcher Form rechtlich? (Bundesrätin Hladny: Ja!) Es wird realistischerweise in Form einer Artikel-15a-Vereinbarung mit den Ländern erfol­gen. Nach den ersten Gesprächen mit den Ländern sehen wir keine Chance, ein Bun­desgesetz für den österreichweiten Jugendschutz mit einheitlichen Standards zu schaffen und im Parlament zu verabschieden. Es wird, realistisch gesehen, eine Artikel-15a-Vereinbarung sein, wobei die Eckpunkte gemeinsam mit den Ländern definiert und besprochen werden, die dann in den Landesgesetzen entsprechend nach­zuvollziehen sind.

Die weiteren Gespräche sind auf Beamtenebene zu führen. Es hat ja mit Landesräten aus den Bundesländern schon die ersten Gespräche gegeben. Wir stehen ganz am Anfang der Verhandlungen mit den Ländern, aber das Ziel wird eine Artikel-15a-Vereinbarung sein.

 


Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesrat Podgorschek wird die nächste Zusatzfrage stellen. – Bitte.

 


Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Es freut mich, dass Sie heute anwesend sind und den Herrn Bundesminis­ter vertreten, dennoch hätte ich meine Frage gerne an ihn gestellt, wobei ich allerdings sehr froh bin, als Sie die Frage, die ich stellen wollte, bereits beantwortet haben, nämlich mit der Artikel-15a-Vereinbarung. Denn auch ich glaube, dass das die einzige Möglichkeit sein wird, dass man mit den Ländern einen gemeinsamen Nenner findet und dass die länderspezifischen Besonderheiten im Bedarfsfall beibehalten werden können.

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Bundesrätin Kerschbaum hat sich zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Was werden Sie im Zusammenhang mit dem Jugendschutz gegen das Ausufern von Internetwettspielen und Automatencasinos unternehmen?

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Staatssekretärin, bitte.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Das ist das kleine Glücksspiel. Wir sind gerade  (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.) Na ja, in Wirklichkeit geht es um das kleine Glücksspiel, denke ich. Staatssekretär Lopatka, der im Finanzministerium dafür zuständig ist, ist im Gespräch mit den Ländern – denn das ist ja Länderkompetenz –, um gerade im Jugendschutz Verbesserungen zu erreichen.

Ganz wichtig ist mir aber auch, dass in der Vollziehung in den Bezirksbehörden, in den Ländern stärker darauf gedrängt wird, dass der Jugendschutz in vielen Bereichen nicht länger totes Recht ist – denn das ist er leider, und genau das ist das Problem.

Das heißt, es wird auch Bestandteil der Gespräche mit den Ländern zur Artikel-15a-Vereinbarung sein, in der Vollziehung des Jugendschutzes – und das betrifft natürlich auch diesen Bereich ganz massiv – Verbesserungen zu erreichen.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 8

Umgekehrt sind wir auch, was Internet, aber auch Videospiele, Computerspiele und so weiter betrifft, mit unserer Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Videospielen sehr bemüht, das Bewusstsein zu schärfen – auch mit den Eltern; die Eltern sind da ein ganz wichtiger Faktor –, um gemeinsam Verbesserungen zu er­reichen.

Im Rahmen der Verhandlungen zur Artikel-15a-Vereinbarung sollen auch, wenn es um Gewalt- und um Computerspiele geht, einheitliche Standards und dann in Abstimmung mit der Jugendinfostelle unseres Ministeriums und der Bundesstelle für die Positiv­prädikatisierung, der BuPP, Verbesserungen in zahlreichen Gesprächen erreicht wer­den.

 


Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1733/M.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mosbacher, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Staatssekretärin! Meine Frage an Sie beziehungsweise an den Herrn Minister lautet:

1733/M-BR/2010

„Welche Maßnahmen haben Sie bisher umgesetzt, damit Frauen in der Wirtschaft für die gleiche Arbeit endlich den gleichen Lohn erhalten?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin! Das Ziel, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, ist ja eines der zentralen Ziele nicht nur dieser Bundesregierung, sondern generell unserer politischen Arbeit.

Eingangs möchte ich festhalten, dass der zentrale Bestandteil das Gleichbehand­lungs­gesetz ist, für das, wie Sie wissen, der Sozialminister zuständig ist. Aber wir sind natürlich in enger Abstimmung mit ihm für weitere Maßnahmen.

Ich bin überzeugt davon, dass wir gerade in diesem Bereich konkrete Maßnahmen in Kooperation mit der Wirtschaft umsetzen können. Die Wirtschaft ist ja ein ganz wesent­licher Partner, auch im Rahmen der Bewusstseinsbildung und der Anreiz­systeme, die wir gemeinsam mit der Wirtschaft erarbeiten müssen.

Was flankierende Maßnahmen in diesem Bereich betrifft, haben wir uns an Schweden und Norwegen orientiert. Das ist auch Bestandteil des Nationalen Aktionsplans für Gleichstellung, den wir ja im Regierungsprogramm verankert haben. Eine der Maß­nahmen basiert auf dem norwegischen Female Future Project, bei dem es darum geht, Frauen in Führungspositionen zu forcieren und eine echte Ausgewogenheit der Geschlechter in Unternehmen – gerade auch in Führungspositionen – zu erreichen. Denn wir wissen aus zahlreichen Studien – wir bereiten gerade mit dem IHS eine Studie vor, die das auch für Österreich repräsentativ nachweisen soll –, dass es für Unternehmen keine Frage der sozialen Verantwortung ist, Frauen und Männer gleichermaßen in Entscheidungsfunktionen – ich spreche hier bei Weitem nicht nur von Aufsichtsratsfunktionen, sondern von Managementfunktionen – zu haben, sondern schlichtweg eine Frage der ökonomischen Intelligenz. Es zahlt sich, wie wir aus vielen Studien wissen, für Unternehmen einfach aus, wenn Männer und Frauen gleicher­maßen in Entscheidungs- und Managementfunktionen sind.

Das Female Future Project in Norwegen, das vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurde, dient dazu, Frauen nicht nur entsprechend auf die Aufgabe, Managementfunk­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 9

tionen zu übernehmen, vorzubereiten, sondern die Idee ist auch, dass Unternehmen die Partner des Programms sind.

Wir haben das gemeinsam mit der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer aufgesetzt und werden Anfang April mit einer großen Enquete starten. Es ist – identisch mit dem norwegischen Modell – ein einjähriges Programm, für das Unter­nehmen, die Partner des Programms sind, ihre weiblichen High Potentials, die eben im Unternehmen auch Karriere machen werden, nominieren. Die Frauen sollen im Rah­men eines Mischprogramms – es ist ein Netzwerk, ein Coaching, ein Mentoring, aber auch ein Weiterbildungsprogramm – nicht nur – unter Anführungszeichen – „fit“ ge­macht werden. Die Qualifikationen sind ja hervorragend, es hilft nur nichts, wenn Frauen sich das oft selbst nicht zutrauen. Das ist ein Teil des Ganzen. Und dieses Programm soll den Frauen auch Mut machen, sich das zuzutrauen.

Die norwegischen Zahlen sind hervorragend. Innerhalb der letzten vier Jahre haben 1 100 Frauen dieses Programm absolviert. Ein Drittel hat innerhalb des ersten Jahres einen Karrieresprung gemacht, und ein weiteres Drittel hat ein Aufsichtsratsangebot bekommen, genau in diese Ebenen zu kommen.

Ziel ist es auch, dass es dann eine Datenbank gibt, in die sich Frauen, die das Pro­gramm absolviert haben, freiwillig aufnehmen lassen können, um auch anderen Unter­nehmen für Aufsichtsratstätigkeiten zur Verfügung zu stehen, denn diesfalls ist klar, dass sie topqualifiziert sind. In Norwegen sagen viele Frauen, die das Programm absolviert haben, dass sie sich das überhaupt erst zugetraut haben, nachdem sie dieses Programm gemacht haben. – Das ist nur ein Beispiel von dem, was wir tun.

Ein ganz wichtiges Ziel wird auch weiterhin sein, eine echte Selbstverpflichtung im Rahmen des Corporate Governance Kodex für die Unternehmen zu erreichen. Im Corporate Governance Kodex ist ab 1. Jänner 2009 erstmals die gerechte Verteilung beziehungsweise Repräsentanz beider Geschlechter enthalten, allerdings leider nur als Empfehlung, wie ich hinzufügen möchte. Das bedeutet, dass Unternehmen im Rahmen der Bilanz tatsächlich erklären und begründen müssen, wenn sie diese Ausgewogen­heit nicht erreicht haben, warum sie diese nicht erreicht haben. – Ich denke, eine Selbstverpflichtung ist ein viel stärkeres und durchaus probates Mittel, um die Reprä­sentanz beider Geschlechter zu erreichen.

Die Studie habe ich bereits angesprochen. Es ist aber auch ganz wesentlich für Lohn­gerechtigkeit, dass im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zahlreiche Maßnahmen weiter forciert werden. Wir haben hier ganz wesentliche Schritte bei der Weiterentwicklung in Richtung einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld gesetzt, was natürlich gerade in gut qualifizierten Bereichen Möglichkeiten und Verbesserungen bringt. Dabei ist auch der Väteraspekt ganz wichtig. Kinderbetreuung und Familien­arbeit sind nicht mehr ausschließlich Frauenaufgabe, und wir gehen davon aus, dass es mit dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld, der Verkürzung der Min­dest­inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgelds und auch der Flexibilisierung der Zuverdienstgrenze zu deutlichen Verbesserungen gerade im Bereich der Väter kommt, was sich natürlich auch für die Frauen positiv auswirken wird.

Ganz wesentlich ist auch der weitere Ausbau bei Kinderbetreuungsangeboten. Wir investieren in diesen Bereich von Seiten des Bundes bis 2013 sehr viel Geld. Wir haben einerseits mit der 15a-Vereinbarung, aber auch mit dem Gratiskindergarten zahlreiche Maßnahmen gesetzt.

Ganz wichtig sind natürlich auch Programme, wie etwa w-fFORTE, bei denen es um Frauen in Wissenschaft und Forschung geht. Es gibt in diesem Bereich massive Defizite, und wenn es mehr Forscherinnen gibt und die Chancen für Frauen, eine


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 10

Forscherkarriere zu machen, steigen, haben wir natürlich auch ein weiteres Ziel er­reicht.

Ganz wesentlich sind auch die Laura Bassi-Zentren, auf die wir ganz stolz sind. Auch in diesem Zusammenhang geht es ganz gezielt um Forscherinnen und um deren verstärkte Kompetenzen im Rahmen von Forschungszentren, die so wie die Christian Doppler-Gesellschaften aufgesetzt sind. Der starke Fokus liegt dabei auf der Stärkung der Kompetenzen der Frauen, und das soll dann auch evaluiert und weiter ausgebaut werden.

Das ist also eine ganze Reihe von Puzzlesteinen. Dieses Problem ist nämlich sehr viel­schichtig, und es kann nicht einfach mit einem Gesetz alles geändert werden. –Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen Überblick über einen wesentlichen Teil unserer Tätig­keiten in diesem Bereich geben!

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Welche Gründe hindern Sie an der raschen Umsetzung der Einkommenstransparenz in Betrieben ab 25 MitarbeiterIn­nen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Erstens, Frau Bundesrätin, haben wir im heutigen Gleichbehand­lungs­recht sehr viele Möglichkeiten, um Einblick in die Gehälter zu nehmen. Wie Sie wissen werden, hat die Arbeitnehmervertretung gemäß Arbeitsverfassungsgesetz in den Betrieben jedes Recht und jede Möglichkeit, Einsicht in die Gehälter der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter zu nehmen und im Gespräch mit der Geschäftsführung Ungerechtigkeiten und Intransparenz aufzuzeigen. Ich selbst war lange Jahre Betriebs­ratsvorsitzende in einem großen Unternehmen der Privatwirtschaft, und ich denke, dass die Arbeitnehmervertretung dadurch ein sehr starkes Mittel hat, gemeinsam Gleichbehandlung zu erreichen und der Intransparenz entsprechend entgegen­zuwir­ken.

Aus meiner Wahrnehmung und wie ich aus vielen Unternehmen höre, ist das aber leider derzeit totes Recht, das in vielen Fällen nicht in Anspruch genommen bezie­hungsweise nicht gelebt wird. Ich meine daher, dass man sich anschauen sollte, was derzeit rechtlich schon möglich ist, und dann die Frage stellen sollte, was weiter zu tun ist.

Ich war im letzten Jahr nicht nur in Norwegen, sondern auch in Schweden, habe mir dort die Frage der Einkommenstransparenz angesehen und konnte durchaus erstaun­liche Erkenntnisse gewinnen. Ich war auch bei der in Schweden zuständigen Gleich­behandlungsombudsfrau, die etwa mit der österreichischen Gleichbehandlungsanwalt­schaft vergleichbar ist, und wir haben sehr lange über dieses Thema gesprochen.

Seit dem Jahr 2001 oder 2003 ist es in Schweden gesetzliche Verpflichtung, dass die Gehälter transparent gemacht werden. Tatsache ist aber, dass das weder veröffentlicht noch im Unternehmen kommuniziert werden muss. Das heißt, das ist ein Mittel für das Unternehmen, selbst allfällige Ungerechtigkeiten bei der Entlohnung von Männern und Frauen zu identifizieren. Das wird mit der Arbeitnehmervertretung, mit der Gewerk­schaft, gemeinsam erarbeitet. – Dieses Instrument könnten wir in Österreich auch nutzen, weil wir die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür haben

Ich habe unterschiedliche Organisationen, das Frauenministerium, das Gleichstel­lungs­minis­terium, die Ombudsschaft, aber auch die Arbeitgeberorganisation und die zuständigen Stellen bei den Gewerkschaften, darauf angesprochen, dass das in Öster­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 11

reich als wesentliches Mittel zum Schließen der Einkommensschere diskutiert wird. Damit bin ich interessanterweise allerdings überall auf Erstaunen gestoßen! Man hat mir seitens dieser Organisationen gesagt, dass das nicht das geeignete Instrument, ist, um ungleiche Gehälter zu begradigen und die Einkommensschere zu schließen. Die­ses Instrument dient zwar der Erkenntnisgewinnung für die Unternehmen, dass es Ungerechtigkeiten gibt. Wesentliche andere Aspekte, wie es gelingt, die Einkommens­schere zu schließen, habe ich bei der Hauptfragebeantwortung bereits erläutert. Für mich war es eine wesentliche Erkenntnis, dass die Umsetzung der Einkommens­trans­parenz auch für die Unternehmen einen sehr großen Aufwand bedeutet, das Problem dabei aber ist, dass der Nutzen nicht erkennbar ist.

Wie Sie wissen werden, gliedert man die Einkommensdifferenzen in Schweden in zwei Teile: Einerseits gibt es den erklärbaren Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen, bei dem die Ursachen in der Ausbildung und in der Berufswahl von Männer und Frauen liegen. Relevant dafür sind natürlich auch die Teilzeitfrage, die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die damit zusammenhängenden Erziehungsphasen und Elternphasen und so weiter. Bezüglich dieses erklärbaren Teils gibt es vergleichbare Probleme in Schweden. Andererseits gibt es Einkommens­unterschiede, die auf Grund rationaler Aspekte nicht erklärbar sind. Dieser nicht erklärbare Teil lag in Schweden im Jahr der Einführung des Gesetzes bei 8 Prozent und lag im Jahr 2008 und auch im Laufe des Jahres 2009 ebenfalls bei 8 Prozent.

In Anbetracht dessen stelle ich mir ganz pragmatisch und praktisch die Frage, ob der Nutzen wirklich so groß ist, um diesen Aufwand zu rechtfertigen. – Ich denke, wir soll­ten geltendes Recht zum Leben erwecken und dieses erst nutzen, bevor wir weitere Schritte überlegen!

Aber wie gesagt: Wie ich von Seiten des Sozialministers höre, ist eine Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz in Ausarbeitung. Das, was ich Ihnen geschildert habe, sind meine Erkenntnisse auch mit der ganz praktischen Sicht, und ich denke, dass ich hier durchaus unverdächtig bin, wenn ich sage: Es ist mir ein ganz wesentliches Anliegen, politisch eine deutlich schnellere Schließung der Einkommensschere zwischen Män­nern und Frauen zu bewirken, als das bisher der Fall war, weil es in Wirklichkeit uner­träglich ist, wenn es zwischen Männern und Frauen bis heute so starke Unterschiede in der Bezahlung für gleiche Leistung gibt.

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Eibinger.

 


Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Eine Thematik, die hier auch stark hineinspielt, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Daher meine Frage: Wie können Betriebe zu familienfreundlichen Maßnahmen motiviert werden?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Wir haben in den letzten Jahren sehr viele diesbezügliche Maßnah­men gesetzt und weiter ausgebaut. Ein ganz wichtiger Anreiz ist, dass man auch den Nutzen sieht. Tatsache ist nämlich, dass Unternehmen keine Sozialbetriebe sind. Unternehmen müssen Gewinn erwirtschaften, und wenn der Nutzen für ein Unter­nehmen ganz klar erkennbar ist, dann wird sich auch im Verhalten etwas ändern.

Wir haben hier mit dem Audit „Familie & Beruf“ seit Jahren ein wirklich hervorragendes Mittel, um konkret und individuell in den Unternehmen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu setzen. Unternehmen werden in diesem Zusammenhang ganz konkret begleitet.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 12

Ein wichtiges Marketing-Tool ist, Unternehmen vor den Vorhang zu bitten und den frauen- und familienfreundlichsten Betrieb in einem Wettbewerb zu ermitteln. Es gibt diesen Wettbewerb in den Bundesländern, und es gibt auch einen Bundeswettbewerb. Bei Letzterem gibt es nun einen Staatspreis, weil dieser für ein Unternehmen natürlich einen anderen Wert hat. Das Erringen eines Staatspreises ist ganz wesentlich für ein Unternehmen. Dieser Staatspreis für den familienfreundlichsten Betrieb wird heuer im Rahmen eines großen Galaabends das erste Mal verliehen werden.

Ganz wichtig ist auch – ich habe es eingangs gesagt –, die Vorteile aufzuzeigen. Wir haben mit einer externen Unternehmensberatung 100 als familienfreundlich ausge­wiesene Unternehmen befragt, die entweder Wettbewerbe gewonnen haben oder auditierte Unternehmen waren und sind. Mir war es immer wichtig, diese Vorteile auch in Zahlen zu gießen. Zweifler und kritische Unternehmen wollen nämlich immer, dass dieser Vorteil in Zahlen gegossen wird, denn das zählt in der Wirtschaft. Dabei haben wir festgestellt, dass die Vorteile gerade für die Wirtschaft sehr eklatant waren und sind.

Ein starkes Argument dabei ist zum Beispiel natürlich die Zahl der Krankenstandstage, denn wir alle wissen, dass Krankenstandstage die Unternehmen viel Geld kosten. Wir haben zum damaligen Zeitpunkt bei der Befragung der Unternehmen sehr viel Wert auf ein wirklich repräsentatives Bild gelegt. Das heißt, wir haben einen starken Fokus auch auf KMU in ländlichen Regionen, wo es einfach schwieriger ist, gelegt: Die Kran­kenstandstage bei den befragten Unternehmen betrugen durchschnittlich 4,9 Tage pro Jahr und Mitarbeiter/Mitarbeiterin.

Um Ihnen einen Vergleich zu geben: Der Durchschnitt lag zu diesem Zeitpunkt öster­reichweit bei 12 Tagen pro Jahr. – Das bringt also wirklich viel Geld beziehungsweise hilft, viel Geld zu sparen!

Eine weitere Schlüsselzahl war die Fluktuation: Gemessen an einer Vergleichszahl, die uns nach einer Studie im Bereich TRIGOS genannt wird, gibt es im Bereich der ge­nannten Unternehmen nicht einmal die Hälfte der Fluktuation. Bis 15 Prozent ist sogar wünschenswert. Tatsache ist aber, dass es viel Geld kostet, qualifizierte Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter zu ersetzen. In meinem früheren Unternehmen war es etwa ein Mann-Jahr an Kosten und Stunden, die mit Suchen, Rekrutierung und Einarbeitung aufgewendet werden müssen, wenn ein qualifizierter Mitarbeiter oder eine qualifizierte Mitarbeiterin das Unternehmen verlassen, bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin dort sind, wo der Vorgänger oder die Vorgängerin beim Ausscheiden aus dem Unter­nehmen waren. – Auch in diesem Bereich spielt der ganz wesentliche Faktor eine Rolle, dass Familienfreundlichkeit Geld spart.

Ein dritter Punkt war die Frage der Rückkehrquote nach der Karenz. In den befragten Unternehmen kehrten 91 Prozent der in Karenz befindlichen Männer und Frauen – im Wesentlichen waren es natürlich Frauen – nach der Karenz wieder ins Unternehmen zurück, und es ist ganz wesentlich, die Ressourcen, die eine qualifizierte Frau oder einen qualifizierten Mann für ein Unternehmen bedeuten, später wieder im Unter­nehmen zu haben. – 71 Prozent waren es zum damaligen Zeitpunkt im Österreich­durch­schnitt. Es findet sich also auch hier ein 20-prozentiger Unterschied.

Abgesehen davon sind bei diesen Unternehmen auch steigende Loyalität und eine viel stärkere Mitarbeitermotivation festzustellen, und bekanntlich sind gerade in wirt­schaftlich schwierigen Zeiten die Motivation und die Loyalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Unternehmen ein ganz wesentlicher Aspekt, weil die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter die Unternehmen auch durch die Krise durchtragen müssen. Man muss zusammenrücken, und wenn die Mitarbeiter motiviert sind und das in einem menschlich sehr positiven Umfeld vor sich geht, es auch entsprechende Rahmen­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 13

bedingungen gibt und der Arbeitgeber schlichtweg akzeptiert, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch ein privates Umfeld haben, das immer in irgendeiner Form auch ins Unternehmen mitgenommen wird, dann ist das ein Erfolgsfaktor für die Unter­nehmen.

Für uns ist interessant, dass wir jetzt in der Krise um 20 Prozent mehr Anfragen von Unternehmen für das Audit „Familie & Beruf“ haben als vorher. Das heißt, die Unter­nehmen erkennen zunehmend, dass das ein Faktor ist, der gerade in Krisenzeiten wichtig ist. Wir werden das natürlich weiterhin forcieren und gemeinsam mit den Unter­nehmen daran arbeiten, und zwar auch auf Gemeindeebene mit dem Audit „Familien­freundliche Gemeinde“, denn auch im Rahmen der Gemeinde sind die Unternehmen ein wichtiger Faktor. Wir sind bestrebt, in diesem Bereich gemeinsam mit den Gemein­debund die Rahmenbedingungen zu verbessern.

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, Sie haben bei der Hauptfrage durchaus Sympathien für Quoten, wenn es um Aufsichts­räte geht, erkennen lassen und festgestellt, dass Sie das durchaus befürworten könnten.

Staatsnahe Betriebe wären natürlich sehr geeignet, mit gutem Beispiel voranzugehen und das zu tun.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die staatsnahen Betrieben hier einmal mit gutem Beispiel vorangehen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Ich denke, dass es wichtig ist, Frauen auf allen Ebenen zu forcieren, gerade in Entscheidungsfunktionen. Mir ist die Diskussion um die Aufsichtsratfunk­tionen viel zu kurz gegriffen, denn es kann doch nicht sein – um das jetzt ein bisschen überspitzt zu formulieren –, dass wir dafür kämpfen, dass Frauen verstärkt das kon­trollieren, was Männer in Managementfunktionen leisten und tun.

Tatsache ist, dass wir daran arbeiten müssen, dass auf allen Ebenen Frauen deutlich besser repräsentiert sind. Aber ich gebe Ihnen recht: Auch ich meine, dass die öffent­liche Hand dort, wo sie zum Teil oder zur Gänze Eigentümer von Unternehmen ist, eine besondere Verantwortung hat. Es darf nämlich nicht sein, dass wir einerseits die Wirtschaft in die Verantwortung nehmen, andererseits aber selbst nicht bereit sind, diesbezüglich in diesem Bereich etwas zu leisten, wo wir auch Verantwortung tragen.

Es ist ganz wesentlich, dass auch in diesen Unternehmen Verbesserungen erzielt wer­den. So freue ich mich etwa sehr, dass es gelungen ist, im ORF-Gesetz entsprechende Klauseln zum Thema Gleichbehandlung und Förderung von Frauen aliquot zum Bun­desgleichbehandlungsgesetz zu verankern. Dabei erhebt sich natürlich die Frage, ob es besser ist, in staatsnahen Betrieben mit Zwang oder auch mit tatsächlichen Anrei­zen vorzugehen. Ich meine, dass die zuständigen Regierungsmitglieder durchaus gefordert sind, sich dafür einzusetzen. In welcher Form das geschieht, ist mir egal. Jedenfalls tragen wir dafür aber eine wesentliche Verantwortung. Wir müssen in diesem Bereich auch Vorbild für die Wirtschaft sein. Wir können von der Wirtschaft nicht etwas verlangen, was wir selbst zu tun nicht bereit sind!

Tatsache ist – und das gilt für die Privatwirtschaft ebenso wie für den öffentlichen beziehungsweise halböffentlichen Bereich –: Niemand kann glauben, nachhaltig wirt­schaftlich erfolgreich zu sein, wenn man seine Talente ausschließlich aus weniger als 50 Prozent der Bevölkerung rekrutiert!

 



BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 14

Präsident Peter Mitterer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Zwanziger.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Schönen guten Morgen, Frau Staatssekretärin! Was werden Sie unternehmen, damit Frauen in höher bezahlten Branchen Fuß fassen können? Sie haben heute schon relativ viel beant­wortet, und ich bitte Sie, nun dazu noch Stellung zu nehmen.

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Guten Morgen, Herr Bundesrat! Das ist ein vielschichtiges Problem.

Das Hauptproblem ist nach wie vor die Berufswahl der Frauen. Wie Sie wissen, gibt es, wenn wir uns die Ausbildungswege ansehen, in der Lehre nach wie vor die Top-3-Berufe, und das ist für mich eigentlich das Erschütternde. Das verhält sich so trotz vieler Initiativen im Lauf der Jahre auch vonseiten des Arbeitsmarktservice im Bereich der Bildungspolitik in unterschiedlichen Bereichen. Offensichtlich sind diese Bemühun­gen aber nach wie vor unzureichend, denn nach wie vor ergreifen 50 Prozent der Mädchen einen Lehrberuf im Bereich der Top-3-Berufe: Friseurin, Einzelhandelskauf­frau und Bürokauffrau. In diesen Berufen gibt es klarerweise nur entsprechende Einkommenschancen und auch eine entsprechende Einkommensentwicklung.

Diese Tendenz setzt sich auch in der mittleren und höheren Schulbildung und bei der universitären Laufbahn fort. An den Universitäten beträgt etwa bei der Elektrotechnik der Anteil der weiblichen Studentinnen unter 5 Prozent, bei den Geisteswissenschaften beträgt der Frauenanteil hingegen deutlich über 70 Prozent, obwohl Frauen bei den Erstabsolventen insgesamt mittlerweile fast 60 Prozent an unseren Universitäten ausmachen, und wir wissen leider, wie die Einkommenschancen in der Wirtschaft in diesem Bereich sind!

Das heißt, es liegt nicht nur daran, eine höhere Ausbildung zu absolvieren, sondern es geht auch darum, welches Fach studiert wird. Es geht also auch darum, nach welchen Kriterien der Beruf ausgewählt wird. Ganz wesentlich wird es daher sein, in der sieben­ten und achten Schulstufe die Berufsorientierung deutlich zu forcieren, um tradierte Rollenbilder, die Mädchen haben, zu durchbrechen. Das wir sehr wichtig sein, weil nach wie vor gewisse Rollenbilder bei der Berufswahl vorherrschen.

Ganz wichtig wird auch sein, bereits in der Frühkindpädagogik und ganz am Anfang, solange die Kinder noch klein sind, gerade im Kindergarten, die Neugier für Naturwis­senschaften, für Technik entsprechend zu wecken und das auch breiter zu verankern und die Neugier der Kinder hier auch zu forcieren. – Das ist das eine.

Und ganz wesentlich wird es natürlich auch darum gehen – das habe ich mit dem „Zukunft.Frauen“, basierend auf dem Female Future program nach norwegischem Vorbild zum Ausdruck gebracht –: Tatsache ist, man muss eine Frau dreimal fragen, damit sie Ja sagt, wenn es um eine Chance geht, wenn es um einen Top-Job geht, um eine Führungsfunktion, weil Frauen sich das oft nicht nur aufgrund entsprechender Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die dann eben doch nicht so vorhanden sind, wie sie notwendig sind, nicht zutrauen, sondern es ist auch oft so, dass Frauen sich selbst viel stärker hinterfragen.

Wir haben hier mit der Karmasin-Meinungsforschung/Motivforschung eine Befragung mit Fokusgruppen durchgeführt, wo auch Personalisten und Personalrecruiter befragt wurden: Wie ist denn das Bewerbungsverhalten von Männern und Frauen? – Und das war leider der Klassiker, den wir auch gewusst haben, der uns schon bekannt war: Je höher ein Job ist, umso weniger Frauen bewerben sich überhaupt erst dafür. Das ist das Problem. Das heißt, es geht hier auf verschiedenen Ebenen darum, Frauen zu


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 15

motivieren, sich auch für Top-Jobs zu bewerben und diese dann auch tatsächlich anzunehmen, wenn sich die Chance bietet, also hier den Rücken zu stärken.

Tatsache ist auch: Frauen geben es oft zu billig. Das ist auch etwas, das ich aus vielen Gesprächen mit Personalberatern, mit Recruitern, höre. Diese sagen, dass eine Frau in der Regel, wenn sie gefragt wird, was ihre Gehaltsvorstellung ist, in vielen Fällen etwa 20 Prozent weniger fordert als ein Mann. Frauen sind viel realistischer in der Eigeneinschätzung, beziehungsweise sie sind zu bescheiden. Das sind Männer absolut nicht. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber sie bekommen das höhere Gehalt!) Daher: Weniger Bescheidenheit, mehr Mut und mehr Rückenwind für die Frauen, das wird da auf verschiedensten Ebenen notwendig sein, aber leider auch, an dieser Situation auf verschiedenen Ebenen zu arbeiten und dafür natürlich auch Bewusstsein zu schaffen.

Deswegen ist mir der Corporate Governance Kodex mit einer echten Selbstver­pflich­tung so wichtig, damit wir auch für jene, die das noch nicht als notwendig erachten, die heute im Management, in Personalverantwortung, in solchen Funktionen sind, einen entsprechenden Druck aufbauen und sagen: Wenn du es nicht schaffst, musst du es in der Bilanz erklären, warum du es nicht geschafft hast! – Und ich denke, dass das dann, zumal Bilanzen bekanntlich veröffentlicht werden müssen, natürlich ein entsprechen­des Mittel ist, um hier den Druck zu forcieren. Ich bin überzeugt, dass es auch genug Organisationen und Personen gibt, die diese veröffentlichten Bilanzen dann ent­sprechend durchsehen und genau hier auch den Finger auf die Wunde legen. Ich denke, das wird auf breiter Basis auch weiterhin notwendig sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 3. Anfrage, 1732/M.

Ich ersuche die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Michalke, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin! Meine Frage lautet:

1732/M-BR/2010

„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie in den nächsten Monaten treffen, um die massive Benachteiligung heimischer Betriebe infolge der mit 1. April 2006 in der Schweiz wirksam gewordenen Regelungen betreffend die grenzüberschreitenden Hand­werks­dienstleistungen zu beseitigen?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin! Ich weiß, dass das ein wirkliches Sorgenthema ist, das gerade in Vorarlberg wirklich die Wogen hochgehen lässt. Ich war auch selbst, noch mit Bundesminister Bartenstein, bei einem Gespräch mit der zuständigen Bun­desrätin Leuthard aus der Schweiz, die hier in Wien zu Besuch war, mit dabei, und da ist das Thema auch immer wieder auf den Tisch gekommen.

Es hat diesbezüglich im Rahmen des trilateralen Dialogs der Wirtschaftsminister – Deutschland, Schweiz und Österreich – schon mehrere Gespräche gegeben. Dieses Dreiertreffen am 16. Mai im Jahr 2008 wurde vereinbart, weil das Thema einfach schon ein sehr, sehr schmerzhaftes auch für die Vorarlberger Betriebe, die hier grenzüber­schreitend tätig sind, war. Diese trilaterale Arbeitsgruppe wurde dann nach diesem Dreiertreffen der Wirtschaftsminister, also nach dem Mai 2008 eingerichtet. Hier hat man sich die Aufgabe gestellt, im Rahmen der bestehenden schweizerischen Regelun­gen Erleichterungen und vor allem mehr Transparenz im Vollzug für die Unternehmen,


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 16

für die deutschen und österreichischen Unternehmen zu schaffen und hier gemeinsam Erleichterungen, Verbesserungen auch umzusetzen.

Es gab also diese Arbeitsgruppe. In ihr waren das BMWFJ, unser Haus, vertreten, das Außenministerium, die Vorarlberger Landesregierung, die Wirtschaftskammer Öster­reich und auch die Vorarlberger Wirtschaftskammer, und im Frühjahr 2009 wurde dann auch ein Bericht über die Ergebnisse der Gespräche vorgelegt.

Die Schweiz hat bekanntlich dann auch in einer Reihe von Punkten Verbesserungen für die grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringer zugesagt. Das Problem, das wir allerdings haben – das sage ich auch ganz offen –, ist, dass wir aufgrund der beste­henden Kompetenzlage keine Druckmittel der Schweiz gegenüber in der Hand haben, um entsprechende Regelungen beim Vollzug des Schweizer Entsendegesetzes zu forcieren, und – so weh mir das selbst auch tut – vom Wohlwollen der Schweizer abhängig sind.

Es hat dann ein weiteres Dreiertreffen der Wirtschaftsminister im letzten Jahr, nämlich am 26. Juni gegeben. Dort wurde vereinbart, dass im Rahmen eines Follow-up-Tref­fens der Arbeitsgruppe, die im Jahr davor gegründet wurde und die auch getagt und gearbeitet hat, im Frühjahr 2010 dann die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen evaluiert wird, dass man sich ansieht: Hat das denn tatsächlich etwas gebracht, hat das gegriffen, und wie ist das gewesen?

Diese Frage wird sicher – davon bin ich überzeugt – auch beim heurigen trilateralen Treffen der Wirtschaftsminister wieder ein Thema sein.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Im Prinzip haben Sie das jetzt bereits vorweggenommen, aber: Mehrere Gutachten und Analysen haben ja bereits aufgezeigt, dass die entsprechenden bilateralen Abkommen aus 2002 mit der Schweiz von Schweizer Seite nicht eingehalten und grob verletzt werden.

Was gedenken Sie in dieser Richtung zu tun, und wie könnten diese Abkommen bes­ser kontrolliert werden, beziehungsweise wie könnte da ein bisschen Druck ausgeübt werden?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Ein ganz wesentlicher Teil wird sein, im Dialog über die Europäische Union vorzugehen, weil natürlich die Europäische Union beziehungsweise die Kom­mis­sion da einen ganz anderen Druck der Schweiz gegenüber ausüben kann, als Deutschland oder Österreich alleine beziehungsweise diese beiden Länder alleine dies der Schweiz gegenüber tun können. Österreich hat diesbezüglich auch bei der Euro­päischen Union Beschwerde eingelegt und das Thema auch wiederholt in den jeweils zuständigen Ratsgruppen auf den Tisch gebracht und hat auch sehr nachhaltig die Behandlung dieser Frage und den Einsatz der Europäischen Union und der Kommis­sion ad personam eingefordert.

Wir haben das in direkten Gesprächen mit der Schweiz auch immer wieder deponiert und auch gegenüber der Europäischen Union die Forderung vertreten, dass flankie­rende Maßnahmen konform zum Personenfreizügigkeitsabkommen erarbeitet werden müssen, weil hier natürlich die Europäische Union und die Kommission sehr wohl Druck­mittel gegenüber der Schweiz haben, weil es hier nicht um eine Einbahnstraße, sondern durchaus um eine Zweibahnstraße geht. Auch die Schweiz hat großes Interesse an einer guten Zusammenarbeit mit und in der Union. Und die Europäische Kommission hat nicht zuletzt auf großen Druck Österreichs, aber natürlich auch


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 17

Deutschlands, diese Forderungen übernommen und die Schweiz aufgefordert, ent­sprechende Anpassungen vorzunehmen.

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Tiefnig, bitte.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Aufgrund der umfassenden Beantwortung, die Sie schon vorgenommen haben, erübrigt sich meine Zusatzfrage.

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Lugsteiner, bitte.

 


Bundesrätin Juliane Lugsteiner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Welche Maßnahmen werden Sie setzen, mit denen kleinen und mittleren Unternehmen, den sogenannten KMUs, trotz der administrativen Hürden der Markt­zugang in der Schweiz erleichtert wird?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Das ist das, was in der Arbeitsgruppe auch entsprechend vereinbart wurde. Ich kann Ihnen einen Überblick darüber geben, was hiezu konkret erarbeitet wurde und worauf wir im Rahmen unserer Zuständigkeit als Wirtschaftsministerium natürlich auch sehr achten, einerseits im direkten Gespräch mit der Schweizer Bundesrätin Leuthard, die in den nächsten Tagen auch wieder in Wien sein wird und der gegenüber ich das auch deponieren werde.

Es geht um eine ganz wesentliche Harmonisierung der Vollzugspraxis in den Kan­tonen. Eines der Schmerzthemen für die kleineren Unternehmen – und es geht ja im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr im Wesentlichen um die kleinen Unter­nehmen –: dass Meldungen, die unter Nichteinhaltung der achttägigen Voranmelde­frist – die eigentlich das Kernstück ist – bei den zuständigen kantonalen Behörden eingegangen sind, mittels Meldebestätigung beantwortet werden. Das bedeutet also eine wesentliche Erleichterung. Es geht auch um eine Präzisierung in der Vollzugs­praxis der Schweizer, dass acht Tage acht Kalendertage – also inklusive Sonn- und Feiertagen – sind. Auch das war unklar.

Es geht um eine Abweichung von der Einhaltung der achttägigen Voranmeldefrist bei definierten Notfällen, weil es in Einzelfällen immer wieder so war, dass es dann bei Unternehmen, wenn es Notfälle gab, so quasi hieß, auch bei einer nachträglichen Änderung von Meldungen: Hast halt Pech gehabt!

Das heißt also, dass diese achttägige Voranmeldefrist nicht erneut zu laufen beginnt, was für die Unternehmen sehr schwierig ist, eben bei Verschiebung des Einsatzdatums auf später, wenn sich Termine nach hinten verschieben, etwa bei Verkürzung oder auch bei Verlängerung, wenn Einsätze länger dauern, aber eben auch bei einer Unter­brechung der Arbeiten – aus welchem Grund auch immer –, bei Meldung eines ande­ren Mitarbeiters, wenn zum Beispiel der ursprünglich gemeldete Mitarbeiter er­krankt ist und ein anderer für die Erbringung dieser Dienstleistung einspringen muss, aber auch wenn zusätzliche Mitarbeiter gemeldet werden müssen oder Arbeiten nach erfolgter Unterbrechung oder mit Folgearbeiten wieder aufgenommen werden, und zwar fürs gleiche Projekt.

Es gibt Gutschriften – das ist das, was vereinbart wurde – für nicht gearbeitete Tage, das heißt, dass diese für die Unternehmen sozusagen nicht verloren sind. Auch was das Informationsangebot im Internet betrifft, wurden entsprechende Verbesserungen vereinbart, samt einem Rechenmodell für den Mindestlohnvergleich, was zwar unver­bindlich ist, aber zweifelsohne eine wesentliche Hilfestellung darstellt.

Es wird für die Unternehmen Transparenz in Bezug auf Sanktionen geben, was ganz, ganz wichtig ist, aber auch Nachvollziehbarkeit. Und hinsichtlich dessen, dass bei


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 18

Verstößen eine Publikation im Internet erfolgt, wurde vereinbart, dass dies nur noch bei schweren Fällen erfolgt – die Schweiz wollte das bisher für alle Fälle –, die mit einer Dienstleistungssperre verbunden sind, was für die Unternehmen natürlich eine ganz, ganz schwere Sanktion darstellt.

Was Vollzugskostenbeiträge anlangt, ist künftig die Berechnung pro rata temporis – statt wie bisher eine Jahrespauschale. Für 2009 und 2010 ist das ein dreimonatiger Beitrag, und ab dem Jahre 2011 wird das ein monatlicher Beitrag sein.

 


Präsident Peter Mitterer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Dönmez.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Frau Staatssekretärin, können Sie ausschließen, dass die Dienstleistungsrichtlinie dazu führt, dass umwelt­politische Bescheide als automatisch erlassen gelten?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Diese Frage kann ich Ihnen hier aus dem Stegreif nicht beantworten, aber selbstverständlich werde ich die Beantwortung dieser Frage schriftlich nach­reichen.

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 4. Anfrage, und ich ersuche Frau Bundesrätin Zwazl um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Staatssekretärin, meine Frage lautet:

1737/M-BR/2010

„Welche Beschäftigungseffekte und weitere Verbesserungen erwarten Sie sich durch das Lehrberufspaket 2010, das Sie bei der Regierungsklausur Anfang März angekün­digt haben?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin, Sie wissen, die Ausbildung von Lehrlingen stellte beziehungsweise stellt für die vorhergehende Bundesregierung ebenso wie für die jetzt amtierende ein wesentliches Anliegen dar. Wir kämpfen Seite an Seite und gemeinsam mit der Wirtschaft darum, für junge Menschen in Österreich einerseits die Ausbildung optimal zu gestalten, aber andererseits auch für die Unternehmen die Ausbildung über das duale Ausbildungssystem als erstrebenswert zu erhalten beziehungsweise abzusichern, mit maximalem Nutzen eben auch für die Unternehmen.

Gott sei Dank konnte trotz der Wirtschaftskrise – das sage ich ganz offen – die Zahl der Lehrlinge relativ konstant gehalten werden; was die Zahl der Lehrlinge in Aus­bildung betrifft, so ist diese im Vergleich zum Vorjahr nur minimal rückläufig. Was die Zahl der Lehrlinge in Österreich anlangt, und zwar Ende Februar dieses Jahres, so konnte diese mit knapp 127 000 gehalten werden, allerdings waren es zum Vergleichs­zeitpunkt 2009 etwas über 127 000 Lehrlinge. Es handelt sich dabei um ein Minus von 0,3 Prozent. Das heißt, wir haben gut daran getan, darauf zu setzen, diesen Standard zu halten; das wird ganz wesentlich für die Zukunft sein.

Was die Ausbildung anlangt, ist eben ständig zu hinterfragen, ob die Ausbildung mo­dern und zeitgemäß ist, ob es das ist, was die Unternehmen in ihrer Wirtschaftstätigkeit tatsächlich brauchen, wobei es in diesem Zusammenhang eben laufende Anpassun­gen geben muss. In diesem Zusammenhang darf ich auf den sehr konstruktiven Dialog auf Sozialpartnerebene hinweisen, einen Dialog, den es seit vielen Jahren gibt.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 19

Mit dem aktuellen Lehrberufspaket wurden fünf Berufsbilder von Einzellehrberufen neu gestaltet – dabei geht es um die Berufe Bäcker, Sattler, Metallgießer, Gießereitech­niker sowie Steinmetz. Drei Berufsbereiche wurden als Modullehrberufe gestaltet, was eine wesentliche Verbesserung in den neuen Modullehrberufen darstellen wird. Es ist dies etwa Bekleidungsgestaltung, wobei da bisher acht Einzellehrberufe zusammen­gezogen wurden. Was die Glasbautechnik betrifft, kommt es zu Modernisierungen, sodass durch Weiterentwicklungen traditionelle Branchen für Jugendliche attraktiver werden. Tatsache ist, dass sich in sehr vielen, auch für die Unternehmen sehr zu­kunfts­weisenden Lehrberufen oft keine jungen Menschen zur Ausbildung melden und manchmal monatelang Lehrlinge gesucht werden müssen.

Der neugeschaffene Lehrberuf Elektrotechnik ist das Kernstück dieses Lehrberufs­paketes. Wir haben da dem Wunsch auch der Unternehmer nach moderner Ausbildung Rechnung getragen. Da gab es bisher sechs Einzellehrberufe mit rund 10 000 Lehrlin­gen österreichweit. Das bedeutet also auch da: deutliche Attraktivierung.

Dazu gibt es auch den neuen Lehrberuf Hufschmied. Es handelt sich dabei um eine Wiedereinführung – ein altbekannter Beruf! – eines bereits ausgelaufenen, nicht mehr existenten Lehrberufes, durch den bei insgesamt – und das war für mich durchaus erstaunlich – 280 Betrieben österreichweit bis zu 50 Lehrlinge ausgebildet werden kön­nen. Also auch hier wird durchaus Bewährtes neu aufgestellt und modernisiert.

Die Modularisierungen sind, glaube ich, ein ganz wesentlicher Aspekt, weil man hier ein einheitliches Grundmodell mit einer stark verbesserten Durchlässigkeit innerhalb der Branchen möglich macht. Ganz wichtig ist es hier, die Attraktivität der Lehraus­bildung in diesen Bereichen deutlich zu steigern, damit sie einerseits für die Betriebe wieder attraktiver wird und andererseits auch starke, junge Menschen für diese Ausbildung gewonnen werden können, und damit auch den guten Standard in der Lehrlingsausbildung, was die Zahlen und auch die Qualität betrifft – wir sind diesbe­züglich Vorzeigeland innerhalb der Europäischen Union –, entsprechend auszubauen und zu sichern.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird von der Anfragestellerin eine Zusatzfrage ge­wünscht? – Das ist nicht der Fall.

Weitere Zusatzfragen? – Bitte, Frau Bundesrätin Grimling.

 


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Frau Staatssekretärin, inwiefern haben Sie im Lehrberufspaket Maßnahmen berücksichtigt, die sicherstellen, dass Mädchen in Zukunft signifikant weniger in traditionelle Mädchenlehrberufe einsteigen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin! Wichtig ist mir auch, zu sagen – ich habe es bereits gesagt –, wir müssen vorher schon ansetzen, weil es natürlich ganz wesentlich ist bei den Unternehmen, auch Bewusstsein dafür zu schaffen, dass auch Mädchen aufgenommen werden. Hier hat es im Rahmen des Berufsausbildungspaketes, das im vorletzten Jahr bereits in Kraft getreten ist, entsprechende Schwerpunktförderungen gegeben für Betriebe, die Mädchen in Berufen ausbilden, die als nicht als für Mädchen traditionelle, herkömmliche Berufe gelten, sodass diese Betriebe einen entsprechen­den Bonus bekommen. Da besteht natürlich nach wie vor in manchen Bereichen eine gewisse Hemmschwelle. Es sind dann auch oft gewisse Maßnahmen notwendig, wenn es etwa um die Errichtung zusätzlicher Toiletten, Sanitäranlagen und so weiter geht. Das heißt, man muss hier auch gewisse Anreize für die Unternehmen setzen.

Aber es geht hier schon auch darum, dass sich die Mädchen für nichttraditionelle Berufe überhaupt erst bewerben. Ganz wichtig ist es hier auch, diese Role Models, die


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 20

als Mädchen in unterschiedlichen nicht-traditionellen Bereichen tätig sind, vor den Vor­hang zu bitten. Ich denke, dass es für die Mädchen und für die jungen Frauen ein wesentlicher Aspekt ist, dass ihnen mit Initiativen wie „Mädchen und Frauen in die Technik“, die vom AMS seit vielen Jahren gefördert wird, und mit anderen Initiativen diese Berufe schmackhaft gemacht werden, dass ihnen vor Augen geführt wird, dass auch nichttraditionelle Berufe sehr weiblich und sehr attraktiv auch für Frauen sein können. Es muss aber auch bei den Betrieben das Bewusstsein dafür geschaffen wer­den, dass es auch für sie ganz interessant ist, Mädchen und Burschen auszubilden, weil viele Betriebe auch von positiven Entwicklungen berichten können, wenn in den Teams Mädchen und Burschen, Männer und Frauen gemeinsam arbeiten. Das bringt sofort eine andere Kultur der Zusammenarbeit, einen anderen Teamgedanken.

Da müssen wir auf anderen Ebenen sehr stark ansetzen. Was möglich ist im Bereich der Lehrlingsförderung, der attraktiven Angebote für die Unternehmen, ist ein Bonus für Unternehmen, aber das ist halt nur ein kleiner, kleiner Teil des Ganzen.

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Durch die überbetrieblichen Lehrwerkstätten, in die sehr viel Geld gepumpt wird, haben Lehr­linge zwar eine Ausbildung, aber die Ausbildung in diesen Lehrwerkstätten wird anscheinend von vielen Betrieben nicht anerkannt. Es bleiben somit sehr viele aus­gebildete Lehrlinge nach ihrer Ausbildung ohne Job.

Wie hoch ist, gemessen an einem ordentlichen Lehrvertrag bei einem Unternehmer, die Vermittlungsquote von Jugendlichen, die eine Ausbildung in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte absolviert haben?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Diese Frage ist an den zuständigen Arbeitsminister zu stellen, der für das AMS zuständig ist und damit auch für die Lehr­werkstätten beziehungsweise die überbetrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten.

Was mir aber ganz wichtig ist: Wir haben im Berufsausbildungsgesetz 2008, das ich gerade angesprochen habe, dem Fokus auch ganz stark auf die Förderung von Aus­bildungsverbünden gerichtet, darauf, dass in Kooperation mit den Unternehmen, in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen, in Lehrwerkstätten junge Menschen eine Berufsausbildung in einem Lehrberuf erhalten. Die Qualitätskontrolle – das weiß ich vom zuständigen Arbeitsminister – ist hier ganz, ganz wichtig. Es geht immer wieder um entsprechende Qualitätsverbesserungen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, denn es bringt ja nichts, wenn man vorprogrammierte Arbeitslose ausbildet.

Genau das ist es, was ich von vielen Unternehmen höre, nämlich dass die Qualität nicht schlecht ist, dass es hier wirklich sehr, sehr starke Weiterentwicklungen in die richtige Richtung gibt. Dass natürlich eine betriebliche Ausbildung direkt im Betrieb immer eine andere ist als eine in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte, ist klar, aber hier haben wir uns im Rahmen der Ausbildungsgarantie dazu bekannt – und ich glaube, dass das auch ganz wichtig ist –, Jugendlichen, jungen Menschen eine Aus­bildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr zu geben, mit dem klaren Ziel, dass auch die Durchlässigkeit bei der Ausbildung gegeben ist. Das heißt, wenn junge Menschen in eine überbetriebliche Einrichtung kommen und dort einen Lehrberuf erlernen, soll es während dieser Lehrzeit auch möglich sein, in eine betriebliche Ausbildung zu wechseln und dann genau diesen Praxiszugang zu haben.

Ganz wichtig ist aber auch, dass diese Ausbildungsverbünde – ich habe es erwähnt – entsprechend forciert werden. Hier hat sich in den letzten zwei Jahren wirklich sehr,


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 21

sehr viel getan, weil es natürlich auch für die Unternehmen attraktiv ist, mit öffentlicher Unterstützung da und dort Lehrlinge, die nicht als eigene Lehrlinge angestellt sind und ausgebildet werden, aber trotzdem im Betrieb integriert sind, mit auszubilden, weil das die Qualität deutlich forciert. Hier haben wir massive Qualitätsverbesserungen erzielen können. Dass man nie 100 Prozent überall schaffen wird, ist klar, aber wir haben an so vielen Stellen auch Controlling-Instrumente eingebaut und an Qualitätsverbesserungen im Sinne der Qualität für die Ausbildung der Jugendlichen, für Zukunftsperspektiven und echte Chancen gearbeitet, dass wir hier, glaube ich, auf einem sehr, sehr guten Weg sind.

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 5. Anfrage, und ich ersuche Frau Bundesrätin Kemperle um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Frau Staatssekretärin, meine Frage lautet:

1734/M-BR2010

„Österreich wird medial als Subventions-Europameister dargestellt. – Werden Sie die Empfehlungen des WIFO, im Bereich der Unternehmensförderungen signifikante Kür­zungen vorzunehmen, umsetzen?“

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin! Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, dass ich, wenn ich eine Studie sehe, einmal grundsätzlich nachfrage: Welches Zahlenmate­rial ist dazu verwendet worden, was ist die Basis der Erhebung, was wurde hinein­gerechnet? Das mache ich grundsätzlich immer, so auch bei der vorliegenden WIFO-Studie, die gerade erst vor kurzem präsentiert wurde, ganz konkret am 22. Feber, worin es um Optionen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in Österreich geht. Da ist ein kurzfristiges Sparpotenzial im Bereich Unternehmensförderungen von 900 Mil­lionen € drinnen. Die Transfers an Unternehmen in Prozent des BIP werden hier nach Eurostat-Zahlen, die die Basis waren, in Österreich mit 5,5 Prozent ausge­wiesen. Das sind insgesamt rund 15 Milliarden €, im EU-15-Vergleich – und ich denke, das ist der probate Vergleich in diesem Fall – sind es 2,4 Prozent.

Die Frage ist nur, was in der WIFO-Studie als direkte Unternehmensförderung tat­sächlich herangezogen worden ist, und dieser Begriff ist tatsächlich sehr weit gefasst. Das sehen wir, wenn wir uns diese Studie näher ansehen, was wir getan haben. Hier sind Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderungen im engeren Sinn drinnen – als solche sind praktisch 1,67 Milliarden € zu sehen, also 11,5 Prozent der gesamten 15 Milliar­den –, in diesen 15 Milliarden sind unter anderem aber auch Zuweisungen an die ÖBB im Ausmaß von rund 2 Milliarden € enthalten, ebenso Zuweisungen an Krankenhäuser und sonstige Einrichtungen im Ausmaß von etwa 4 Milliarden € und an die Land­wirtschaft im Ausmaß von 700 Millionen €. Das heißt, es ist die Frage, ob das wirklich als direkte Unternehmensförderung zu sehen ist. Das möchte ich einfach einmal hinterfragen.

Wie wir bei der reinen Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderung sehen, haben wir hier einen absolut begrenzten Spielraum. Zum Vergleich: Die jährlichen Fördersummen in unserem Bereich sind etwa rund 18 Millionen € KMU-Förderungen, die über die AWS an die Unternehmen ausgeschüttet und weitergegeben werden. Im Bereich der Touris­mus­förderung – und das ist ein ganz wesentlicher Faktor, weil der Tourismus eine wesentliche Säule der österreichischen Wirtschaft ist – werden über die ÖHT rund


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 22

25 Mil­lionen € ausgeschüttet und 40 Millionen € über die unternehmensbezogene Ar­beitsmarktförderung in den Jahren 2009 und 2010.

Natürlich wird man im Rahmen des Konsolidierungskurses im Bereich der Wirtschafts­förderung gerade vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung Effizienz und Einsparungsmöglichkeiten prüfen müssen. Die Basis dafür wird sicher auch die Transparenzdatenbank sein, wo wir gemeinsam vereinbart haben, dass hier auch Unternehmensförderungen, Wirtschaftsförderungen entsprechend transparent gemacht werden sollen beziehungsweise einbezogen werden sollen.

Das WIFO selbst sieht die Einsparungsschwerpunkte gar nicht bei der Wirtschafts­förderung im engeren Sinn, sondern in Bereichen wie etwa Subventionen für staats­nahe Betriebe, und hier ist auch wieder die ÖBB als Hauptpunkt angesprochen. Auch im Bereich der Wohnbauförderung sieht das WIFO einen Hauptschwerpunkt, ebenso im Bereich der Kultur-, Freizeit- und Sportförderung, aber auch bei nationalen Agrarför­derungen. Das sind die laut WIFO genannten Schwerpunkte für die Einsparungen.

Im Bereich der klassischen Unternehmensförderungen, die ich auch genannt habe, wo es sehr stark auch um die KMU-Unterstützungen geht, wie sie eben auch von der AWS zum Beispiel ausgeschüttet und abgewickelt werden, wird es nur sehr maßvoll Sinn machen, entsprechende Einschränkungen vorzunehmen, weil es schon sehr kritisch zu sehen ist, wenn wir in einem beginnenden Aufschwung diese Förderungen, die mög­licherweise entscheidend sind für Investitionen, für die Absicherung von Arbeitsplätzen, zurücknehmen. Ich glaube, dass das etwas ist, was sehr maßvoll und mit sehr viel Augenmaß entsprechend geprüft werden müsste.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Welche Maßnahmen wird Ihr Ressort setzen, um die Effizienz der direkten und indirekten Steuervorteile bei Unternehmens­förderungen zu prüfen? Sie haben vorhin die Transparenzdatenbank zwar ange­sprochen, aber welche Möglichkeiten und welche Voraussetzungen gibt es noch?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin, ich meine – ich kann nur für das Wirtschafts­ministerium sprechen –, für steuerliche Rahmenbedingungen ist, wie Sie wissen, das Finanzministerium zuständig, aber ich denke, dass die Transparenzdatenbank hier schon eine ganz wesentliche Grundlage für allfällige weitere Diskussionen sein wird. Ganz wichtig ist mir aber auch bei den steuerlichen Rahmenbedingungen und allfäl­ligen Vorteilen beziehungsweise Bewegungsspielraum in der Steuer, dass wir immer den Vorteil auch für den Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort Österreich sehen müs­sen. Es ist wichtig, dass wir sämtliche Mittel und Maßnahmen, die dazu dienen und die dazu notwendig sind, Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen und abzusichern – und ich rede hier von hochqualifizierten Arbeitsplätzen –, entsprechend prüfen und dass wir sehr, sehr vorsichtig und maßvoll sein müssen, wenn wir hier Einschnitte vornehmen würden, weil es dann mit den Konsequenzen immer entsprechend dramatisch sein kann, wenn Unternehmen dann erst gar nicht mehr nach Österreich kommen, wenn der Standort Österreich dann kein attraktiver mehr ist. Wir haben in der Vergangenheit schon sehr schmerzhafte Abwanderungen von großen Unternehmen auch gehabt, daher haben wir hier entsprechend maßvoll und mit der notwendigen Sorgfalt und mit der notwendigen Verantwortung vorzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Steinkogler.

 



BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 23

Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin, wie hoch ist die Förderleistung des Austria Wirtschaftsservice für das Wirtschafts­minis­terium?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Das AWS hatte im Jahr 2009 insgesamt 4 529 För­de­rungsfälle; das ist ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hier hat es natürlich mit den Konjunkturpaketen entsprechende Aufstockungen gegeben. Im Jahr 2008 waren es knapp 4 000 Förderungsfälle, genau 3 947.

Die gesamte Förderleistung umfasste ein Volumen von rund 982 Millionen € – womit dann ein weiteres Investitionsvolumen von 3,1 Milliarden € ausgelöst wurde, das heißt, ein echter Multiplikatoreffekt – bei dazugehörenden Förderungsbarwerten in Höhe von 193 Millionen €.

97 Prozent der Förderzusagen – und ich denke, es ist ganz, ganz wesentlich, das auch zu sagen – ergingen an kleine und mittlere Unternehmen, die ja in Wirklichkeit das Herzstück der österreichischen Wirtschaft sind.

Um Ihnen ein paar Beispiele, das Wirtschaftsressort betreffend, zu geben: Wir haben etwa 556 Millionen € an ERP-Krediten vergeben, weiters 99 Millionen € im Bereich der KMU-Haftungen – und Haftungen sind ja gerade jetzt in der Krise auch ganz, ganz wesentlich für die Unternehmen, wenn es darum geht, Kredite von den Banken zu ver­nünftigen Konditionen zu kriegen – und 29 Millionen € Zuschüsse an KMU- und Tech­nolo­gieförderungsprogramme, wo es auch darum geht, entsprechende weitere Ent­wicklungen auszulösen und abzusichern und damit auch hochqualifizierte Jobs in und für Österreich in den Unternehmen abzusichern.

 


Präsident Peter Mitterer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Podgorschek.

 


Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Österreich hat bereits jetzt eine der höchsten Abgabenquoten in Europa. Diese werden teilweise durch Unternehmensförderungen kompensiert. Wenn Förde­rungen gekürzt werden, sollen die Unternehmen dann zum Ausgleich, zum Beispiel durch Reduzierung der Lohnnebenkosten, entlastet werden?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Das ist etwas, worüber man im Rahmen der Ge­spräche in den nächsten Monaten auch wird sprechen müssen. Sie wissen, wir haben einen sehr schwierigen Budgetkonsolidierungskurs entsprechend zu vollziehen. Das wird für unser Haus genauso wie für alle anderen Ministerien eine große Heraus­forde­rung sein.

Ich denke, dass es ganz wichtig ist für die Unternehmen, gerade auch im Verwaltungs­bereich attraktivere Rahmenbedingungen zu gestalten, denn gerade im Bereich der Ver­wal­tungskosten, des Verwaltungsaufwandes stehen Unternehmen oft vor sehr schwierigen Herausforderungen. Da gibt es auch einiges, was wir entsprechend effizienter gestalten werden können. Das werden wir aber gemeinsam in der Bundes­regierung mit den Sozialpartnern diskutieren müssen.

Ich sage nur ganz offen: Ich sehe in der derzeitigen Situation nicht die Möglichkeit, die Lohnnebenkosten für die Unternehmen deutlich zu reduzieren. Es wird einfach die Herausforderung sein, hier die Rahmenbedingungen weiter attraktiv zu gestalten. Ich sage aber auch ganz offen, dass wir in den letzten Jahren sehr, sehr starke Verbes­serungen für die Unternehmen im steuerlichen Bereich durchgeführt haben. Sie wis­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 24

sen, dass in den letzten Jahren sehr viel passiert ist, hier ist sehr viel auch an Entlastungsmaßnahmen passiert, und ich denke, dass wir diesen Weg sicher erfolg­reich weitergehen werden, wenn es darum geht, für die Unternehmen die besten Rah­menbedingungen vorzubereiten und zu erarbeiten.

In der jetzigen Situation müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen, und wir wer­den sehen, wo wir entsprechende Schritte setzen können, um für die Unternehmen auch die Arbeitsplätze, die Jobs entsprechend zu sichern und attraktiv genug zu bleiben, damit Jobs auch tatsächlich abgesichert sind, denn darum geht es ja im Wesentlichen und im Endeffekt.

 


Präsident Peter Mitterer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Zwanziger.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Frau Staats­sekretärin, wie gliedert sich nach Branchen die Vergabe von Förderungen in Ihrem Zu­ständigkeitsbereich?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Diese Information kann ich Ihnen hier leider jetzt akut nicht geben, aber wir werden das nachreichen und werden es Ihnen schriftlich zukommen lassen.

 


Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 6. Anfrage, und ich ersuche Herrn Bundesrat Dönmez um deren Verlesung.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin, Sie haben in der Anfragebeantwortung der Frau Kollegin Rausch meine Frage zum Bundesjugendschutzgesetz schon ausführlichst beantwortet. Sie haben gesagt, dass eine Reaktionsmöglichkeit darauf ist, eine Artikel-15a-Vereinbarung der Bundesländer zu erzielen.

Jetzt ist meine Frage dahin gehend – und erlauben Sie mir, dass ich hier eine kleine Abänderung der Hauptfrage vornehme –:

1731/M-BR/2010

„Wie und in welchem Rahmen wollen Sie als Jugendminister erreichen, im Jahr 2010 ein einheitliches Bundesjugendschutzgesetz zu verabschieden?“

Und zwar dann, Frau Bundesminister, wenn man im Vorfeld schon weiß, dass zwei Bundesländer höchstwahrscheinlich nicht mitziehen werden beziehungsweise im Vor­feld schon abgewunken haben?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat, ich weiß, dass die Situation schwierig ist, aber auch ich habe mit den Ländern, gerade was den Kindergarten für die Fünfjährigen betrifft, sehr intensive Gespräche geführt. Ich habe in den Gesprächen mit den beiden ange­sprochenen Bundesländern, nämlich Vorarlberg und Tirol, auch durchaus wahrgenom­men, dass ihnen der Jugendschutz ein ganz wesentliches Anliegen ist und hier auch sehr hohes Engagement da ist. Ich bin schon optimistisch, dass es, wenn man weitere Gespräche führt, hier zu Annäherungen kommen kann.

Politik ist, gerade wenn es um den Föderalismus und hier um einheitliche Rahmen­bedingungen und Standards geht, immer eine Frage auch von möglichen und notwen­digen Kompromissen. Aber ich denke, im Sinne des Jugendschutzes wird es wichtig


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 25

und notwendig sein, gemeinsame Gespräche zu führen und auch zu versuchen, Annäherungen herbeizuführen. Wir haben ja gerade erst gestartet mit den Ge­sprächen, und hier zeigt wirklich auch der Herr Bundesminister ein ganz wesentliches Engagement. Also ich bin durchaus optimistisch, dass in den Gesprächen, für die wir uns ja doch Zeit nehmen können, durchaus noch einiges an Bewegungsspielraum drin­nen ist.

Vielleicht fällt uns in den Gesprächen – und das ist meine Erfahrung, die ich immer gemacht habe – noch etwas ein. Wenn man mit den Expertinnen und Experten in den jeweiligen Bereichen viele Gespräche führt, kann man auch gemeinsam Ansätze der Lösungen erarbeiten, die vielleicht am Anfang gar nicht sichtbar waren, die jedoch für alle Beteiligten akzeptabel sind und im Endeffekt das, was das Ziel dieser ganzen Initiative ist, erreichen lassen, nämlich die bestmöglichen Rahmenbedingungen und auch Schutzmechanismen für die jungen Menschen in Österreich zu schaffen. Viel­leicht gibt es ja dann kreative Mittel und Wege, wie wir hier gemeinsam auch diesen Rahmen weiterbauen können, ohne dass wir neun unterschiedliche Gesetze und Rah­menbedingungen in unserem kleinen Österreich haben werden.

 


Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Ich mache nur darauf aufmerksam, dass mit der ursprünglich gestellten Frage ein Zusammenhang bestehen muss. – Bitte.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Ich werde mich darum bemühen.

Welche Schritte werden Sie setzen, um den übermäßigen Nikotinkonsum und den Alkoholkonsum von Jugendlichen einzudämmen beziehungsweise das generelle Rauch­verbot in Lokalitäten umzusetzen?

 


Präsident Peter Mitterer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Das generelle Rauchverbot in Lokalitäten ist, wie Sie wissen, im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsministers, der hier die hundert­pro­zentige Kompetenz hat. Ich denke aber, dass es wichtig ist, das auch mit der Wirtschaft gemeinsam zu sehen, gerade wenn es um Rechtssicherheit für Investitionen geht. Das ist natürlich ein hochemotionales Thema gerade auch in der Wirtschaft, in der Gastronomie, in den Tourismusbetrieben, auch im Sinne der Betriebe und des Nichtraucherschutzes, denn in meiner Wahrnehmung ist das auch der Wirtschaft ein ganz wesentliches Anliegen, hier einen vertretbaren Weg zu gehen.

Aber wie gesagt, mangels Kompetenz erzähle ich Ihnen von meiner Meinung, nicht von dem, was wir als Ressort tun, weil wir einfach nicht zuständig sind.

Was den Alkohol- und den Tabakkonsum junger Menschen, Jugendlicher betrifft, müs­sen wir, glaube ich, sehr stark auch auf bewusstseinsfördernde Maßnahmen setzen.

Diesbezüglich haben wir immer wieder Gespräche mit einzelnen Jugendorganisationen und mit der Bundesjugendvertretung geführt, die ja im Rahmen des Bundesjugend­förderungsgesetzes von unserem Ressort entsprechend gefördert werden, um gemein­sam Initiativen mit Schwerpunktprogrammen für die Jugendlichen zu erarbeiten und auch Aufklärungsarbeit sowie Gesundheitsprävention zu leisten.

Ich möchte gar nicht so gerne über das Koma-Saufen sprechen, weil ich denke, dass das einzelne Ereignisse sind, die aber natürlich in den Medien ihren Niederschlag finden. In diesem Bereich werden mit den Jugendlichen, mit den Jugendorgani­sa­tionen – dazu gibt es auch die Idee der Zusammenarbeit mit der Ärztekammer –, mit den Jugendvertretern gemeinsam Initiativen und Kampagnen vorbereitet, um das Be­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 26

wusstsein zu schärfen, dass es einfach uncool ist, Alkohol zu trinken und Zigaretten zu rauchen, wenn man sehr jung ist.

Ich glaube, in diesem Bereich wird es ganz wesentlich sein, dranzubleiben, natürlich auch mit Gesundheitsprävention, Vorsorgeuntersuchungen beziehungsweise mit der gesundheitlichen Versorgung der Jugendlichen und jungen Menschen. Es wird wesent­liche Schritte geben müssen, aber auch da muss ich mangels Zuständigkeit auf den Gesundheitsminister verweisen.

Auch was die Schulen betrifft, wird wahrscheinlich Sensibilisierung und Bewusstseins­förderung ein wichtiger Aspekt sein. Da wäre die enge Kooperation gerade mit der Unterrichtsministerin und mit den Lehrerinnen und Lehrern ein ganz wesentlicher Aspekt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Peter Mitterer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Hladny.

 


Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, welche Verbesserungen für das Kindes- und Jugendwohl erwarten Sie sich durch das von Ihnen geplante Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz, welches ja von den NGOs massiv kritisiert wird?

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Staatssekretärin, bitte.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin, es geht um die Berechenbarkeit, es geht darum, dass sich der Lebensmittelpunkt junger Menschen, die ja heute viel mobiler im länder­übergreifenden, im grenzüberschreitenden Leben sind, nicht immer nur in einem ein­zigen Bundesland abspielt, sondern dass es durchaus notwendig und sinnvoll ist, Harmonisierungen durchzuführen.

Ich verstehe auch die Kritik der NGOs nicht, die Sie angesprochen haben, wenn eben die einheitlichen Regelungen kritisiert werden, weil diese schon Sinn machen. Ich habe das auch bei der ersten Frage zu diesem Thema ganz klar gesagt: Es geht darum, zu fragen: Kann ich die bestehenden Bestimmungen überhaupt nachvollziehen, sind sie praxisnahe?

Wenn ich zum Beispiel in einem Bundesland den übermäßigen Alkoholkonsum für junge Menschen verbiete, frage ich: Wer entscheidet denn objektiv, was „übermäßiger“ Alkoholkonsum bedeutet? – Für den einen ist „übermäßig“ schon eine sehr geringe Menge, für den anderen ist „übermäßig“ sehr viel. Auch für die Gastronomiebetriebe, die ja hier auch in der Ziehung sind, weil sie Alkohol nach dem jeweiligen Landes­ge­setz an Jugendliche nicht oder eben nur eingeschränkt ausschenken dürfen, muss es eine Nachvollziehbarkeit der Regelungen geben. Und das ist etwas, was ich auch in vielen Gesprächen mit Jugendlichen – ich habe selber einen 16-jährigen Sohn – immer wieder gesehen habe, nämlich wie wichtig es ist, dass Gesetze, gerade wenn es um Regelungen für Jugendliche geht, transparent und klar verständlich sind, dass man nicht eine juristische Ausbildung braucht beziehungsweise irgendwelche Urteile, um diese Regelungen interpretieren zu können.

Ich glaube, das ist der ganz klare Nutzen für junge Menschen, dass man entsprechend bewusstseinsbildend tätig sein kann, weil die Bestimmungen der Länder bis jetzt oft so abweichend sind, dass man das rational und sachlich überhaupt nicht erklären kann. Beim Tierschutzgesetz war es überhaupt kein Thema, dass alle gesagt haben: Ein bundesweit einheitlicher gesetzlicher Rahmen ist notwendig und sinnvoll! Auch beim Bundesjugendschutzgesetz soll es einheitliche Standards geben, weil einfach teilweise so große Unterschiede, wenn man über die Landesgrenze fährt, vorherrschen.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 27

Bei den Jugendlichen soll das dann nicht der Fall sein? – Ich denke, umso mehr muss es bei Jugendlichen der Fall sein, gemeinsam einheitliche Regelungen zu schaffen. Die Kritik daran verstehe ich nicht und finde ich auch eigentlich sehr an den Haaren herbeigezogen.

 


Präsident Peter Mitterer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Michalke.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin, wie wir schon mehrfach gehört haben, gibt es die Artikel 15a-Vereinbarung die neuen Jugendschutzbestimmungen betreffend. Wir wissen auch, dass es in den Bun­desländern unterschiedliche Jugendschutzbestimmungen gibt.

Wie wollen Sie bei einer Vereinheitlichung des Bundesjugendschutzgesetzes sicher­stellen, dass es zu keiner Verschlechterung beziehungsweise Nivellierung der hohen Schutzstandards in den einzelnen Bundesländern kommt?

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Staatssekretärin, bitte.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Frau Bundesrätin! Die Verbesserung der Rahmenbedingungen ist das Ziel, nicht die Verschlechterung von einzelnen Standards. Genau das wird Be­standteil der Gespräche sein, die ja gerade erst beginnen. Es ist auch nicht wahnsinnig seriös den verhandelnden Personen und Ländern gegenüber, das jetzt hier auf diese Art und Weise auszurichten. Ich denke, das wird gemeinsam erarbeitet und sicher­gestellt werden.

 


Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Zwan­ziger gestellt. – Bitte.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Frau Staats­sekre­tärin! Werden Sie im Jahr 2011 die Mittel für die Bundesjugendförderung kürzen?

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Staatssekretärin, bitte.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass die Höhe der Bundesjugend­förderung für die im Bundesjugendförderungsgesetz genannten Jugendorganisationen gesetzlich genau definiert ist. Es bräuchte eine Gesetzesänderung, um die Mittel dafür zu kürzen, und das macht es entsprechend schwierig.

 


Präsident Peter Mitterer: Damit kommen wir zur 7. Anfrage, und ich ersuche Herrn Bundesrat Dr. Brunner um deren Verlesung.

 


Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. (ÖVP, Vorarlberg): Frau Staatssekretärin, in diesen Minuten wird die neue „Energiestrategie Österreich“ von den Bundesministern Mitterlehner und Berlakovich präsentiert.

Meine Frage daher:

1738/M-BR/2010

„Welche Erwartungen setzen Sie in die neue Energiestrategie in Österreich?“

 


Präsident Peter Mitterer: Frau Staatssekretärin, bitte.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass das gegenwärtige Energiesystem, das wir in Österreich haben, sehr stark von tendenziell steigendem Energiebedarf be­einflusst und geprägt ist. Leider gibt es noch ein nicht vorhandenes Bewusstsein betreffend Energiesparmaßnahmen in der Bevölkerung. Österreich ist sehr importab­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 28

hängig, was den Energiebedarf betrifft, und wir sind auch mit volatilen Energiepreisen konfrontiert. Es besteht eine zunehmende Abhängigkeit Europas und Österreichs von Öl- und Gasimporten aus teilweise politisch instabilen Regionen.

Es gibt Konflikte mit der Ukraine, von denen wir unmittelbar betroffen waren. Auch die Frage der Versorgungssicherheit stellt sich immer wieder. Insgesamt wird der Energie­preis voraussichtlich steigen, was natürlich durch weltweite Nachfragesteigerungen hervorgerufen wurde. Es gibt auch eine allgemeine Verknappung der Ressourcen, was jetzt die Energiequellen betrifft. Das heißt, es ist gerade aus diesen vielen Aspekten heraus notwendig, eine gesamthafte Konzeption der Energie- und Umweltpolitik zu entwickeln und auch mittelfristig gemeinsam mit allen Stakeholdern umzusetzen.

Das Ziel der „Energiestrategie Österreich“ – Sie haben es angesprochen, sie wird in diesen Minuten von den beiden zuständigen Ministern Mitterlehner und Berlakovich vorgestellt; das ist auch der Grund, warum ich hier im Bundesrat bin – ist, strategische Schwerpunkte zu setzen und Maßnahmen in dieser Strategie aufzuzeigen, auch die Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems zu ermöglichen. Man soll durch die erneuerbaren Energien nicht mehr so abhängig von Ressourcen sein, die immer knapper werden.

Energiedienstleistungen für den Privatkonsum sowie für die Unternehmen sind Be­stand­teil der Energiestrategie. Sie sollen natürlich auch in Zukunft in verbesserter Quali­tät zur Verfügung stehen. Wir müssen uns gleichzeitig innerhalb der EU-Vor­gaben bewegen, um diese Strategie zu realisieren. Wir haben hier eine sehr ambitionierte Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz. Das ist ein ganz wesent­licher Aspekt, wo auch die breite Bevölkerung aktiv mit eingebunden sein muss. Es geht um den engagierten Ausbau der erneuerbaren Energien.

Nur so gibt es eine Chance, dass Österreich tatsächlich seine Klimaschutzziele erreichen kann, dass auch die Abhängigkeit von Energieimporten drastisch vermindert werden kann. Es geht um die Berechenbarkeit der zur Verfügung stehenden Energie für Wirtschaft und Beschäftigung, damit wir einen kräftigen Schub nach vorne bekom­men. Es ist ganz klar – und das ist etwas, was die Grünen ganz besonders immer wieder ansprechen –, dass die Kompetenz der österreichischen Wirtschaft im Bereich der Unwelt- und Klimatechnologien ausgebaut gehört, was auch als Beschäf­tigungs- und Wirtschaftsfaktor für den Standort Österreich von Bedeutung ist.

Wir haben da sozusagen ein Dreierziel, die Oberziele, das E-Zieldreieck, die drei E: die konsequente Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau der erneuerbaren Ener­gien und die langfristige Sicherstellung der Energieversorgung in der aktuell präsen­tierten Energiestrategie.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer (den Vorsitz übernehmend): Wird eine Zusatz­frage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. (ÖVP, Vorarlberg): Wie und vor allem auch in welchem Zeitraum soll diese Energiestrategie umgesetzt werden?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat! Die heutige Präsentation der Energiestrategie ist nicht als Schlusspunkt dieser Entwicklungen zu sehen, sondern sie ist in Wirklichkeit der Startschuss für einen langfristigen Prozess, der natürlich auch von einem laufen­den Monitoring begleitet wird, denn nur so macht es Sinn.

Das gut evaluierte Maßnahmenpaket soll in weiterer Folge vom Bund und von den Ländern – es funktioniert nur, wenn beide mit im Boot sind und an einem Strang


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 29

ziehen, unter Beachtung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung; das zeigt einmal mehr den Föderalismus in Österreich – unter Befassung der Stakeholder im Detail ausgestaltet und umgesetzt werden, und zwar mit einem laufenden Monitoring – das ist mir, wie gesagt, wichtig –; das ist also ein Prozess, der nachhaltig zu gestalten ist.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Preiner.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Wie werden die Wechselwirkungen zwischen den vorgeschlagenen Maßnahmen im Alternativenergiebereich evaluiert?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Wie? – Diese Information liegt mir nicht vor, Herr Bundesrat. Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir die Antwort schriftlich nachreichen werden.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Treten Sie für die Aufhebung der Deckelung im Rahmen eines neuen Ökostrom­ge­setzes ein?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat, die aktuelle Diskussion dazu kenne ich nicht. Da kann ich nur um Verständnis dafür ersuchen, dass der Herr Bundesminister Ihnen dazu eine schriftliche Stellungnahme zukommen lässt.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Zwanziger.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Wo liegen Ihre persönlichen Präferenzen bei erneuerbaren Energien beziehungsweise welche erachten Sie als besonders zukunftsfähig?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat, ich bitte um Verständnis dafür, dass Sie hiezu eine ausführliche schriftliche Stellungnahme erhalten werden.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, und ich er­suche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Sodl, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, meine Frage lautet:

1735/M-BR/2010

„Das WIFO empfiehlt für das Jahr 2010 ein Impulsprogramm in der Höhe von etwa 1 Milliarde €. – Welche Maßnahmen in welcher finanziellen Höhe planen Sie für 2010 zur Schaffung neuer Arbeitsplätze?“

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat, Sie wissen, die Bundesregierung hat, als sich die


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 30

Entwicklungen auf dem internationalen Wirtschaftsmarkt abgezeichnet haben, sehr rasch auf die Einbrüche im Konjunkturbereich reagiert – das wurde auch mit sehr viel Interesse beobachtet –, und hat bereits im Herbst 2008 begonnen, mehrere Maßnah­menpakete umzusetzen, etwa die Konjunkturpakete I und II.

Aber auch mit der Steuerreform, mit den beiden Arbeitsmarktpaketen und mit anderen Maßnahmen haben wir ganz wesentliche Schritte gesetzt – vor allem zeitgerecht und in vielerlei Hinsicht deutlich früher als andere Länder –, und es ist uns damit gelungen, die massiven Einbrüche, gerade in der Beschäftigung, doch deutlich abzuschwächen, auch wenn die Entwicklung nach wie vor Besorgnis erregen mag. Österreich hat also deutlich schwächere Einbrüche erlitten, als dies in anderen Ländern der Fall war, weil wir rechtzeitig Vorsorge getroffen haben.

Wir haben ein Volumen von rund 1,8 Prozent des BIP pro Jahr für Konjunktur­maß­nahmen zur Verfügung gestellt. – Da sind wir Spitzenreiter unter den Ländern der Europäischen Union: An jeweils zweiter Stelle waren wir 2009 hinter Spanien und 2010 hinter Deutschland, also über beide Jahre insgesamt das Top-Land in der Euro­päischen Union. Zum Vergleich: In der EU wurden im Jahr 2009 insgesamt 1,1 Prozent des BIP und im Jahr 2010 0,7 Prozent des BIP für konjunkturfördernde beziehungs­weise konjunktursichernde Maßnahmen zur Verfügung gestellt.

Die österreichischen Konjunkturpakete waren von Anfang an auf zwei Jahre ausge­richtet, weil wir wussten, diese zwei Jahre sind jene, in denen es die meisten Schwie­rigkeiten geben wird und in denen die Unternehmen vor großen Herausforderungen stehen.

Für das Jahr 2010 steht genauso viel an Konjunkturunterstützung zur Verfügung wie für das vergangene Jahr 2009. Ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Aspekt ist. Auch heuer sind das nämlich wieder 1,8 Prozent des BIP, und das liegt, wie gesagt, deutlich über dem EU-Schnitt. Aus derzeitiger Sicht sehe ich daher auch gar keine Notwendigkeit, bereits jetzt wieder zusätzliche Mittel vorzusehen, weil ja die schon laufenden Konjunkturpakete greifen und mit dem Budget und mit den Mitteln, die in den Konjunkturpaketen und Arbeitsmarktpaketen entsprechend eingesetzt wurden, laufend weitere Maßnahmen gesetzt werden.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Die thermische Sanierung von Woh­nungen und Häusern schafft umweltfreundliche Arbeitsplätze, muss aber für alle leist­bar werden.

Warum setzen Sie keine neuen Initiativen bei der thermischen Sanierung für einkom­mensschwächere Haushalte, indem Sanierungsmaßnahmen zum Beispiel mittels zins­freier Kredite mit Haftung der öffentlichen Hand finanziert werden?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Ist das eine Aussage oder eine Frage? (Bundesrat Sodl: Eine Frage!) – Herr Bundesrat, ich habe Ihnen vorhin Beispiele dafür genannt, was im Rah­men der AWS an Haftungsübernahmen erfolgt ist und an anderen Initiativen gesetzt wird.

Ich denke, dass wir hier ein breites Spektrum an Angeboten, an Haftungsübernahmen, an Kleinkrediten haben. Und Sie wissen, dass hier die maximale Kredithöhe für KMUs deutlich nach oben gesetzt wurde. Ich denke, dass gerade im Bereich der Investitions­anreize und Unternehmensförderung wichtige Maßnahmen gesetzt werden.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 31

Wenn es um den Sozialbereich beziehungsweise um einkommensschwache Haushalte geht, bitte ich Sie, mit dem zuständigen Sozialminister zu sprechen. Wir können hier im Rahmen der Wirtschaftsförderung Maßnahmen setzen, und das, glaube ich, tun wir auch in einem sehr breiten Umfang.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Wenger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sie haben soeben ausführlich die Impulsprogramme der Regierung der vergangenen Jahre und auch für 2010 erläutert. Im Hinblick darauf, dass diese Programme finanziell dermaßen hoch ausgestattet sind, frage ich Sie: Gibt es auch Schätzungen zu den Arbeitsplatzeffekten dieser Investitionen beziehungsweise dieser Programme?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Ja, die gibt es ganz konkret, Herr Bundesrat. Wir haben im letzten Jahr das WIFO beauftragt, genau diese Schätzungen zu erheben und entsprechend zu evaluieren. Diese Studie nennt sich „Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen der Konjunk­turpakete I und II und der Steuerreform 2009“, denn auch das muss in die Betrach­tungen miteinbezogen werden. Im Sommer 2009 wurde diese Studie veröffentlicht. Es gibt einen BIP-Effekt durch die Konjunkturpakete und die Steuerreform inklusive der Bundesländerpakete, die natürlich mitzubetrachten sind.

Zur Wirkung ausländischer Konjunkturmaßnahmen auf Österreich hat das WIFO ge­sagt, es handelt sich für 2010 als kumulierter BIP-Effekt um 2,2 Prozentpunkte. Es werden mehr als 40 000 Arbeitsplätze gesichert. Das heißt, da haben wir wirklich wichtige Schritte gesetzt.

Allein für die Bundesmaßnahmen hat das WIFO im Rahmen dieser Studie geschätzt, dass die kumulierten Beschäftigungseffekte 2009 und 2010 – also für beide Jahre – plus 19 000 Beschäftigte bringen, das heißt, fast 20 000 Jobs zusätzlich. Auch das ist ein Beweis dafür, dass wir mit unseren Initiativen richtig liegen und lagen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Zu einem Impulsprogramm gehört die Förderung kleinster und kleiner Betriebe und auch eine Förderung von Neugründungen von Unternehmen, weil das durchaus in unserem Interesse sein muss.

In ihrem jüngsten Bericht hat die OECD aber kritisiert, dass der administrative Aufwand bei Firmenneugründungen zu groß sei und auch die Kosten zu hoch seien. Welche Erleichterungen können Sie sich diesbezüglich vorstellen?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Wir sind in Kooperation gerade mit der AWS – und die AWS ist ja unsere Wirtschaftsförderbank vonseiten des Wirtschaftsministeriums – ständig bemüht, für die Unternehmen den administrativen Aufwand so gering wie möglich zu gestalten und in laufenden Gesprächen auch Verbesserungen zu erzielen. Das heißt, das ist ein laufender Prozess, der für uns auch ganz wichtig ist, um dann auch immer wieder mit


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 32

einem entsprechenden Feedback vonseiten der Wirtschaft gemeinsam Maßnahmen, die notwendig sind, zu setzen beziehungsweise die notwendigen Verwaltungsschritte zu evaluieren und auch zu schauen: Wo können wir noch effizienter sein, wo können wir Synergien gemeinsam nutzen?

Wir haben zum Beispiel beim Lehrlingspaket vereinbart, dass die Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammern diese Förderungen entsprechend auszahlen. Das hat sich durchaus bewährt. Hier ist man sowohl bei den Betrieben als auch bei den Kammern, bei den Länderkammern der Wirtschaft, zufrieden. Das heißt, wir sind hier laufend be­müht, die Rahmenbedingungen zu verbessern und den Aufwand für die Unternehmen so klein wie möglich zu halten.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, es wurde vorhin gelächelt, als Herr Kollege Podgorschek gemeint hat, die Lohnneben­kostensenkung wäre ein wichtiges Ziel, auch um die Arbeitsplätze zu halten unter diesem Druck. Wenn wir auf der Energieseite erhöhen und damit umlenken und nicht unbedingt das Geld in Emission Trading, in Strafe zahlen stecken, ist das eine sehr sinnvolle und wichtige Maßnahme, die Lohnnebenkosten zu senken.

Ich glaube, Frau Präsidentin Zwazl wird nichts dagegen haben, dass das so ist, aber es wurde hier so allgemein belächelt, was ich ein bisschen kurios gefunden habe.

Frau Staatssekretärin, das WIFO empfiehlt ja nicht nur dieses Impulsprogramm mit 1 Milliarde, sondern das WIFO sagt, gerade jetzt, wo die Konjunktur und die Kaufkraft nach wie vor nicht greifen, ist es besser, an vermögensbezogenen Steuern anzusetzen als an Massensteuern. Welche Massensteuererhöhung schließen Sie aus?

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Bundesrat, hier schließe ich weder etwas aus, noch werde ich mir einen Kommentar dazu entreißen lassen. Sie wissen, die Diskussion läuft derzeit. Es wird über eine Bankensteuer, eine sogenannte Bankensteuer, diskutiert. Es ist hier einiges an Diskussionen zu führen. Bis zum Herbst ist hier natürlich auch im Rahmen des Budgetkonsolidierungsplanes einiges zu diskutieren, und hier bin ich weder zu­ständig, noch maße ich mir in diesem Rahmen Spekulationen an. Die Meinung können wir gerne dann bilateral diskutieren, Herr Bundesrat. (Heiterkeit.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Die Fragestunde ist beendet.

10.42.59Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortung 2528/AB beziehungsweise jenes Schreibens des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 B-VG sowie der Mitteilung des Minister­ratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Dr. Beatrix Karl am 10. und 11. März 2010 innerhalb eines EU-Mitgliedstaates verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographi­schen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 33

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Anfragebeantwortung (siehe S. 4)

*****

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierung gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:

                                                                                            „BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

                                                                                                                                  WERNER FAYMANN

                                                                                                                                       BUNDESKANZLER

An Herrn

Bundesratspräsidenten

Peter MITTERER

Parlament

Dr. Karl Renner Ring 3

1010 Wien                                                                                                                                                         

                                                                                                                        Wien, am 24. Februar 2010

Wiedernominierung von Herrn Kammerpräsident Dr. Josef AZIZI zum österreichischen Richter am Gericht der EU - Beschluss des Ministerrates am 23. Februar 2010 – Information des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG kann ich Ihnen mitteilen, dass der Ministerrat ent­sprechend den diesbezüglich stattgefundenen Konsultationen mit den im Hauptaus­schuss des Nationalrates vertretenen Parteien in seiner Sitzung vom 23. Februar 2010 gemäß Art. 23c Abs. 2 B-VG beschlossen hat, die Herstellung des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates vorausgesetzt, das bisherige österreichische Mitglied des Gerichts erster Instanz, Herrn Dr. Josef AZIZI, als Kandidaten für die am 1. September 2010 beginnende sechsjährige Funktionsperiode des Gerichts der EU zu nominieren.

Mit freundlichen Grüßen

Beilagen: werden nicht veröffentlicht“

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bun­desregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                              Geschäftszahl: 350.200/0036-I/4/2010

                                                                                                                 Abteilungsmail: mrd@bka.gv.at

                                                                                                             Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

                                                                                                  Pers. eMail: Ingeborg.heim@bka.gv.at

                                                                                                                                Telefon: 01/531 15/2217

                                                                                                                                      Datum: 9. März 2010


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 34

An den

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundes­minis­terin für Wissenschaft und Forschung Dr. Beatrix KARL am 10. und 11. März 2010 in Budapest aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Eingelangt ist der Bericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die im Jahr 2008 durch den Bund bei den ÖBB sowie bei den Privatbahnen bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (Ge­mein­wirtschaftlicher Leistungsbericht), der dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Darüber hinaus sind die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Ver­fas­sungsgerichtshofes für das Jahr 2008 eingelangt, die dem Ausschuss für Verfas­sung und Föderalismus zur Vorberatung zugewiesen werden.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüs­se des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte/jener Bericht, die beziehungs­weise der jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Aus­schuss­berichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

10.45.091. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Februar 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008 und das Bundesfinanzgesetz 2010 geändert werden (600 d.B. und 604 d.B. sowie 8284/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelan­gen zum 1. Punkt.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. Ich bitte um den Bericht.

 


10.45.32

Berichterstatterin Juliane Lugsteiner: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekre­tär! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Februar 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichs­gesetz 2008 und das  2010 geändert werden, liegt in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 9. März 2010 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 35

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


10.46.36

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! (Bundesrat Schennach: Aus Sicht der Gemeinde oder aus Sicht der ÖVP und der Wirtschaft?) – Das, Herr Kollege Schennach, versuche ich auch dir in den nächsten fünf Minuten zu erörtern. (Heiterkeit.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Beschluss, der ja im Finanzausschuss einstimmig war, beenden wir, glaube ich, auch in diesem Haus eine 13-jährige Geschichte, die eigentlich seit dem EU-Beitritt Österreichs nicht nur Gerichte, sondern auch Verbände, Interessenvertretungen und politische Parteien intensiv beschäftigt hat.

Ich denke, der heutige Abschluss mit der Rückerstattung der Getränkesteuer auch der letzten Tranche, sage ich einmal, an die Gemeinden, damit die Gemeinden ihre Ver­pflichtung erfüllen können, diese Mittel an die Handelsketten rückzuerstatten, ist gut. Das Ganze war ja von Anfang an von der Konstruktion her umstritten. Das war einfach eine ungerechte Steuer, das darf ich pro domo als Wirt sagen, denn letzten Endes habe ich, wenn ich ein Krügel Bier verkauft habe, vom Endpreis die Getränkesteuer bezahlt, also von oben heruntergerechnet. Wenn man weiß, was ein Rohaufschlag ist: Ich habe für das Service, für das Tischtuch, für mein Glas indirekt Steuer bezahlt, und das kann es ja nicht gewesen sein.

Das war im Handel etwas anders konstruiert, und daher hat auch der Handel dieses Verfahren gewonnen und die Rückerstattung beantragt – was aus meiner Sicht nicht immer gerecht war. Ich weiß nämlich, auch aus meiner Gemeinde, dass große Han­delsunternehmen ihren Getränkeumsatz in die Herkunftsgemeinden der Kunden aufgesplittet und daher in großen Tourismusgemeinden den Tourismusanteil heraus­gerech­net haben und dadurch immer weniger Getränkesteuer an die Gemeinde abge­liefert haben. Sie haben es sich halt ein bisschen mehr richten können als wir Wirte, die natürlich die volle Getränkesteuer zu bezahlen hatten.

Ich habe 1995 weiterhin meine Getränkesteuer an die Gemeinde abgeliefert. Ich hätte heute ein theoretisches Guthaben von 30 000 € bei meiner eigenen Gemeinde. Ich habe das nie zurückgefordert, weil ich als aufrechter Staatsbürger und Unternehmer diese Sache so gesehen habe. Das sage ich jetzt einmal ganz einfach so. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Viele meiner Kollegen, muss ich auch zugeben, haben dies nicht getan. Sie haben ab 1995 überhaupt keine Abgaben mehr an die Gemeinden gezahlt. Sie haben die Kanalabgabe nicht mehr bezahlt, haben das gegenverrechnet, was eine nicht ganz einwandfreie Vorgangsweise war. Letztlich sind aber auch solche wie ich übrig ge­blieben, denn die Gemeinde war nicht in der Lage, auch diese Unternehmer zur Kasse zu bitten und diese Gegenverrechnungen anzufechten und Geld zurückzu­fordern. Das ist meines Wissens in den meisten Gemeinden nicht passiert.

Da dieses Thema natürlich auch weit darüber hinausgeht, in Richtung Gemeinde­finan­zierung, darf ich doch einige Bemerkungen auch zur Situation der Gemeinden und zum Verhältnis der Gemeinden zu ihren Unternehmen im Ort machen.

Ich denke, wir Unternehmer, vor allem auch die Gastwirte, bezahlen auch in einer Durchschnittsgemeinde nach wie vor genügend Abgaben. Wir zahlen Zuschläge zur Müllgebühr, zur Kanalgebühr, es gibt Gewerbetarife, und wir bezahlen zum Beispiel in


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 36

meiner Tourismusgemeinde Zuschläge zu den Nächtigungen. Wir sind also treue und permanente Zahler an unsere Gemeinde, und wir lassen uns da auch von klugen Bür­germeistern nicht auseinanderdividieren.

Ganz anders sieht die Situation aber aus in Gemeinden, die sich nach wie vor Pres­tige­projekte leisten und sich dann darüber beklagen, dass sie mit dem Geld nicht auskommen. Ich will da gar keine Beispiele anführen, aber in der Steiermark haben wir sie zuhauf – zufällig alles SPÖ-geführte Gemeinden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Kaltenbacher: Geh, hör auf!) – Herr Kollege Kaltenbacher, im Bezirk, wo Sie herkommen: Therme Fohnsdorf, Trieben, Köflach. Und Ihr Landes­parteisekretär, selbst ein Bürgermeister, leistet sich einen „Murturm“ als Aussichtsturm! Ursprünglich war dafür von Kosten in der Höhe von 400 000 € die Rede, jetzt kostet er 1,4 Millionen €! Das sind Dinge, die man sich eigentlich gar nicht vorstellen kann. (Bundesrat Mag. Erlitz: Hartberg!)

Hartberg? Hartberg bilanziert nach wie vor positiv! Nach wie vor. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das haben andere Gemeinden auch gemacht. (Bundesrat Mag. Erlitz: Andere ÖVP-Gemeinden auch, richtig!) – Selbstverständlich, aber sie sind noch immer im schwarzen Bereich bei den Finanzen! (Bundesrat Mag. Klug: Im „schwarzen“?) – Im schwarzen, ja. (Lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Erlitz: Im „schwar­zen Bereich“!) – Ja, das sagt Ihnen nichts, Herr Präsident, Sie brauchen keine schwar­zen Zahlen zu schreiben im Landesschulrat. Wenn Sie nach mehr Geld schreien, dann bekommen Sie es – aus Steuermitteln! Ich weiß, damit haben Sie ein Problem.

Da jetzt auch der Herr Staatssekretär hier ist, möchte ich schon eines im Zuge des Budgetpfades und auch der Konsolidierungsphase sagen: Solange es Gemeinden wie die Stadt Wien gibt, die die Pensionsreform nicht durchzieht, die großteils ein 15. Mo­natsgehalt bezahlt ... (Staatssekretär Mag. Schieder: Wo?) – In vielen Gemeinden gibt es versteckte Gehälter, Zuwendungen, ein 15. Gehalt! (Bundesrat Todt: Sie haben jetzt behauptet: 15. Monatsgehalt! Für wen?) – 15. Gehalt! Offiziell ... (Bundesrat Todt: Sie haben das gerade behauptet! Das stimmt nicht!) – Ich nehme die Aussage über ein 15. Monatsgehalt zurück, aber wenn man diese Gelder, die versteckt ausbezahlt wer­den, zusammenzählt, kommt man auf ein 15. Monatsgehalt. Ich habe das in meiner eigenen Gemeinde jahrelang auch gesehen. (Bundesrat Mag. Klug: Franz, als ÖVP-Politiker sollte man bei den Gemeinden wirklich vorsichtig sein!)

Wir sind sehr vorsichtig, Herr Kollege. Wir sind vorsichtig gegenüber Gemeinden, die ihre Wirtschaft in Ordnung haben. (Bundesrat Todt: Wissen Sie, was Sie hier über­haupt sprechen, was Sie unterstellen? Das ist unfassbar, was Sie da reden! Lauter Unterstellungen!) Wir haben in der Steiermark eine Aktion der Wirtschaftskammer, die nennt sich „Goldener Boden“. Da zeichnen wir Gemeinden aus, die ihre Finanzen in Ordnung haben, die wirtschaftsfreundlich agieren und die mit dem Geld der Steuer­zahler ordentlich umgehen. (Bundesrat Kaltenbacher: Judenburg!)

Eine SPÖ-Gemeinde, wie zum Beispiel Leoben, hat diesen Preis bekommen, weil Bürgermeister Konrad meiner Einschätzung nach ein Vorzeigebürgermeister auch auf diesem Gebiet ist. Das ist sage ich auch frei heraus. (Beifall bei der ÖVP.)

Daran sehen Sie, dass ich nicht auf einem Auge blind bin, sondern ich kann sehr wohl abschätzen, welche Bürgermeister für die Wirtschaft etwas tun und welche nicht. Ich denke nur, dass wir bei den Gemeindefinanzierungen in Zukunft zuerst da ansetzen sollten, wo die Haushaltsaufgaben in den Gemeinden selber zu machen sind, und erst zum Schluss sollten wir über neue Belastungen für die Unternehmer, über neue Gemeindeabgaben nachdenken.

Aber der heutige Beschluss ist sicherlich ein Beitrag zur Finanzierung, auch wenn er nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Diese 11 Millionen € fließen über eine sehr


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 37

geschickte finanztechnische Aktion an die Gemeinden zurück. Wir wissen, dass das Volumen 45 Millionen € ausgemacht hat, 30 Millionen € wurden abgedeckt. Die 15 Mil­lionen € sind jetzt mit dem Bundesanteil von 11,4 Millionen € abgedeckt, und ich glaube, damit ist das Kapitel geschlossen.

Trotzdem nochmals mein Appell auch an unsere eigenen Bürgermeister, keine Frage, aber die Österreichische Volkspartei ist die Bürgermeisterpartei der Steiermark. Das wird sich in einer Woche bei den Gemeinderatswahlen wieder bestätigen (Bundesrat Mag. Klug: Hoffentlich!) – hoffentlich aus meiner Sicht.

Ich denke: Kluge Bürgermeister halten die Wirtschaft bei guter Laune, denn letzten Endes ist das untrennbar mit dem Fortkommen der Gemeindebürger verbunden. Es tut jeder Gemeinde gut, möglichst hohe eigenständige Einnahmen zu haben, und nicht bei jeder Kleinigkeit zum Bund oder zum Land gehen und um Bedarfszuweisungen betteln zu müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.55


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Lindin­ger. – Bitte.

 


10.55.19

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Perhab – ahhhh ... (Heiterkeit.) So etwas habe ich überhaupt noch nie über die Gemeinden und über die Bürgermeister gehört. Das ist ja sagenhaft! Du musst aus einer Gemeinde stammen, die wirklich sehr sozial ist. Wie hast du wortwörtlich gesagt? – Eine wirtschaftsfreundliche Gemeinde, weil sie nicht einmal die Abgaben nachgefordert hat. Du hast ja zugegeben, dass die Wirte ihre Abgaben nicht bezahlt haben, und das ist nicht einmal nachgefordert worden!

Sehr sozial war natürlich, dass der Kollege Perhab die Abgaben freiwillig bezahlt hat und sich noch  (Bundesrat Stadler: Er nicht, die Gäste haben es bezahlt!) – Die Gäste, ja. – Und noch dazu beklagt er sich über Verbrauchsabgaben, über Ver­brauchsabgaben wie Wasser, Kanal und Müll. Ja, je größer der Anfall an Müll ist, desto höher ist die Müllgebühr und die Abgabe. Das muss ja bezahlt werden! Je mehr Wasser verbraucht wird, desto mehr Wasser fließt in den Kanal. Das sind doch ver­brauchsabhängige Abgaben, lieber Kollege. Du wirst doch nicht glauben, dass das Geschenke von den Gemeinden an die Betriebe sind, sondern da wird ein Lebens­mittel von den Gemeinden verkauft. Ein Lebensmittel hat einen Wert und hat kon­trolliert zu werden.

Ich kenne einige Betriebe, die eine private Wasserversorgung haben. Die sagen: Bitte, liebe Gemeinde, liebes Wasserversorgungsunternehmen, schließ’ uns an die öffent­liche Wasserversorgungsanlage an! – Und du beklagst dich noch über die Höhe der Abgaben in diesem Bereich!

Aber kommen wir zum Thema. Das EuGH-Urteil aus dem Jahre 2010 hat sehr viele Gemeinden ein wenig geschockt, denn wir wussten damals schon, was auf uns zu­kommt: die vermeintlichen Rückzahlungen, die lange Verfahrensdauer und die Rück­forderungen bis in den Anfang der neunziger Jahre hinein. In Österreich hat das sehr viele Gemeinden betroffen, und das fast 20 Jahre rückwirkend. Elf Jahre haben die Verfahren gedauert, und Rückforderungen hat es bis Anfang der neunziger Jahre gegeben.

Man hat sich jetzt geeinigt, Wirtschaftskammer gemeinsam mit Städte- und Gemeinde­bund, 45 Millionen € an die Wirtschaft zurückzuzahlen. Und da geht es nicht um die Gastwirte, sondern um die Handelsunternehmen, denn bei den Gastwirten hat es fast keine offenen Verfahren gegeben. Dass es Gemeinden gibt, die eine schwache Ver­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 38

waltung haben und wo nicht nachgefordert wird: Das werden wahrscheinlich Gemein­den sein, wo die Bürgermeister keinen Druck auf die Einhebung der Steuern machen. Man müsste auch einmal feststellen, in welchen Gemeinden es noch offene Forderun­gen der Bürger oder von den Betrieben an die Gemeinden gibt.

Ich weiß auch, dass wir Gemeinden den Betrieben sehr entgegengekommen sind, auch in den vergangenen zwei Jahren, wo es zum Teil eine Stundung der Kommunal­abgabe gegeben hat, bis es der Firma wieder besser geht, parallel zur Kurzarbeit in den Betrieben, wo privatrechtliche Vereinbarungen zum Urlaubsabbau getroffen wur­den, Aussetzungsverträge, und, und, und, alles nur mit Betrieben, die das mit der Personalvertretung, mit den Betriebsräten, mit der Gewerkschaft vereinbart haben.

Es gab aber auch andere, die diese Zeit genützt haben, um sich von Arbeit­nehmerin­nen und Arbeitnehmern zu „verabschieden“ und Kosten zu sparen, was zu Lasten der Arbeitnehmer gegangen ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, das hat es schon gegeben! Es hat schon Betriebe gegeben, die auf Kosten der Arbeitnehmer die Wirtschaftskrise genutzt haben und sich von einigen Mitarbeitern verabschiedet haben, Kündigungen ausgesprochen haben. (Bundesrätin Zwazl: Das ist ja Unsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, sicher! Das kennen wir ja, solche Betriebe. (Bundesrätin Zwazl: Ich meine, ich werde doch niemanden freisetzen, wenn ich genug Arbeit habe!) – „Freisetzen“, das ist ja der positive Ausdruck. Man ist dann frei, wenn man keine Arbeit mehr hat. (Bundesrätin Zwazl: Gerade die Klein- und Mittelbetriebe haben ihre Leute gehalten und durchgezogen!) – Ich habe ja gesagt, es hat einige gegeben, aber der Großteil hat Vereinbarungen zur Kurzarbeit getroffen mit der ... (Bundesrätin Zwazl: Der Großteil hat die Leute gehalten!) – Der Großteil hat Vereinbarungen getroffen in der Industrie, Frau Präsidentin.

Herr Kollege Perhab hat ja gesagt, wie wirtschaftsfreundlich die Gemeinden in der Steiermark sind, weil sie keine Steuern einheben. Steuern nicht einheben kann nicht wirtschaftsfreundlich sein, lieber Kollege!

An einem Beispiel möchte ich jetzt noch zeigen, dass die Gemeinden durch die Ab­schaffung der Getränkesteuer auch mit der Ersatzzahlung Einbußen haben und noch immer daran leiden. Ich habe mir wie im Ausschuss schon ein Beispiel herausrechnen lassen: Die eingehobene Getränkesteuer lag in einer Größenordnung von 240 000 € jährlich. Durch die Abschaffung – trotz des Getränkesteuerausgleichs, der Ersatz­zah­lung – entgehen den Gemeinden zwischen 60 000 € und 70 000 € jährlich, also rund eine Million Schilling. Viele Gemeinden sind Abgangsgemeinden und können es natür­lich nicht ausgleichen, wenn sie einen großen Einnahmenentfall haben.

Aber die Gemeinden, die jetzt in den Genuss kommen, erhalten 25 Prozent aus die­sem Topf. Das sind ab und zu kleinere Beträge, aber auch größere Beträge. Zum Beispiel bei einem Aufkommen von 200 000 € jährlich bekommt man einen Ersatz von 10 000 €. 10 000 €, da kann man schon Bildungseinrichtungen wie eine Kindergarten­gruppe ausstatten. Man kann also damit sehr viel machen. Man muss auf die Finanzen der Gemeinden schauen, denn die Gemeinden investieren in der Region und sind ein großer Investor für die Industrie. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.03


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Podgorschek. – Bitte.

 


11.03.07

Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Staats­sekretär, ich bin eigentlich sehr froh, dass wir schon vergangenen Herbst unsere Gemein­deratswahl geschlagen haben, daher kann ich diese Thematik ein bisschen


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 39

lockerer angehen als zum Beispiel der Kollege Perhab, denn die Steiermark steht ja unmittelbar vor einer Gemeinderatswahl.

Grundsätzlich kann ich eines feststellen: dass diese Rückerstattung natürlich äußerst positiv ist, weil die Gemeinden enorm unter der Wirtschaftskrise leiden. Die Kommunal­abgaben sind enorm zurückgegangen und auch die Ertragsanteile dementsprechend gesunken.

Ich selbst kann da durchaus mitreden, bin ich doch schon seit über 20 Jahren Gemein­deratsmandatar in unterschiedlichsten Funktionen. Ich gebe zu, zum Bürgermeister habe ich es nicht gebracht, wahrscheinlich weil ich nicht bei der richtigen Partei bin. Aber wer weiß, das kann auch noch kommen. (Lebhafte Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrat Mag. Klug: Das ist durchaus eine interessante Erkenntnis! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Wir müssen uns unsere Funktionen hart erarbeiten, andere bekommen sie geschenkt. Aber abgesehen davon. (Bundesrat Gruber: Bürgermeister kriegt niemand geschenkt!)

Die Gemeinden, um wieder auf die Thematik zurückzukommen, sind die Impulsgeber für unsere regionale Wirtschaft und bilden vor allem die soziale Infrastruktur unserer Gesellschaft. Und daher ist es wichtig, dass wir die Gemeinden finanziell ausstatten.

Die Situation unserer Gemeinden – ich kann jetzt natürlich nur von Oberösterreich sprechen – ist teilweise als dramatisch zu bezeichnen. Heute morgen habe ich zufällig noch, bevor ich weggefahren bin, in einer Zeitung gelesen, dass 306 Gemeinden von 444 in Oberösterreich mittlerweile Abgangsgemeinden sind, sie können ihr Budget nicht mehr ausgleichen. (Ruf bei der SPÖ: Sind das ÖVP- oder SPÖ-Gemeinden?) – Das Urteil, ob ÖVP oder SPÖ, überlasse ich den anderen beiden Parteien. Das betrifft alle Parteien – zufälligerweise nicht meine Partei, nur so nebenbei gesagt, aber selbst die kämpfen schwerst. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Gruber: Weil Sie bei der falschen Partei sind!) Immerhin haben wir in Oberösterreich auch acht Bürgermeis­ter­gemeinden. So ist es ja nicht. (Bundesrat Stadler: Kollege, da haben Sie aber die Zeitung nicht ganz gelesen!)

Wir haben keine Abgangsgemeinde, aber es ist egal. Das ist nicht das Thema meiner Meinung nach. Unabhängig davon, welche Partei eine Gemeinde regiert, ist die Situ­ation der Gemeinden drastisch.

Sogar in sogenannten reichen Städten wie der fünftreichsten Stadt in Oberösterreich, nämlich meiner Heimatgemeinde – und da kenne ich die Situation sehr gut –, gelingt es auch nur, das Budget beziehungsweise einen ordentlichen Haushalt auszugleichen, indem sie Gewinnentnahmen aus einem gemeindeeigenen Betrieb, der aber mit der Hoheitsverwaltung nichts zu tun hat, vornimmt. (Bundesrat Mayer: Ein ausgelagerter Betrieb kann nie Hoheitsverwaltung sein!)

Der Grund dafür liegt darin, dass einerseits die Pflichtausgaben für die Gemeinden immer mehr steigen. Wir haben immer höhere Ausgaben bei den Sozialhilfeverbänden, die nicht nur um die Inflationsrate steigen, sondern sogar prozentuell. Hat man vor ein paar Jahren noch Anteile von unter 20 Prozent im Budget gehabt, sind es jetzt schon wesentlich mehr. Wir sind schon weit über 20 Prozent. Aber auch die Beiträge zum Krankenanstaltenfonds steigen analog dazu. Das heißt, der Gestaltungsspielraum der Gemeinden wird immer geringer.

Selbst wenn es uns gelingt, diese Wirtschaftskrise zu überwinden, und die Kommunal­abgaben wieder steigen, wird das Problem nicht gelöst sein, weil die finanzielle Decke der Länder, ganz egal, welche Partei ein Land regiert (Bundesrat Konecny: Ganz egal ist das nicht!), in welcher Form und welcher Qualität, letzten Endes erreicht ist.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 40

Es bedarf Überlegungen über eine neue Aufgabenzuteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Leider hört man nichts mehr von einer Verwaltungsreform. Der Öster­reich-Konvent unter der Leitung von Präsident Fiedler ist stillschweigend entschlum­mert. Dabei hätte man bereits mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, wo wir maßgebende Kompetenzen an die EU abgegeben haben, über eine Aufgabenneu­verteilung nachdenken müssen. (Bundesrat Schennach: Nicht bei den Gemeinden!) – Nein, ich sage, bundesstaatlich, gesamtstaatlich gesehen wurden Aufgaben abgege­ben, und auf Gemeinde- und Landesebene hat man alles so belassen, wie es war.

In Oberösterreich führen wir derzeit – die Oberösterreicher wissen das genauer – eine heiße Diskussion über mögliche Gemeindezusammenlegungen, die interessanterweise der Präsident der Industriellenvereinigung vom Zaun gebrochen hat. Er hat nämlich eine Reduzierung der Gemeinden von 444 auf 222 angeregt. Das ist natürlich sofort abgelehnt worden, unisono, weil man behauptet, die Bevölkerung will das nicht. Wenn man mit den Leuten auf der Straße spricht, merkt man, das ist den Leuten ziemlich egal.

Man kann natürlich, dessen bin ich mir bewusst, von oben herab nichts verordnen, da bedarf es auch einer entsprechenden Sensibilisierung der Bevölkerung. Aber ich sehe das trotzdem als Gedankenanstoß, dass zumindest gemeindeübergreifend zusammen­gearbeitet werden muss. (Bundesrat Gruber: Das gibt es ja schon!) Und da gibt es durchaus schon positive Beispiele, das will ich nicht verhehlen. Auch in meiner Region gibt es Gemeinden – obwohl unterschiedlich regiert, von verschiedensten Fraktionen –, die bereit sind zusammenzuarbeiten. Sie legen zum Beispiel die Bauhöfe zusammen. (Ruf bei der ÖVP: Toll!) – Ja, das ist sehr toll, denn da spart man sehr viel ein. (Bun­desrat Gruber: Das gibt es alles schon, das ist ja ein alter Hut! – Bundesrat Konecny: Herr Kollege, das Rad ist schon erfunden!)

Es ist zweifelsohne ein richtiger Schritt, aber es ist noch zu wenig. Und es gibt noch immer Gemeinden, wo gemauert wird, wo man überhaupt keine Chance hat, dass man mit ihnen zusammenarbeitet.

Dann gibt es noch die zweite Entwicklung, dass sich in Ballungszentren die Bevöl­kerung immer mehr in den Randgemeinden ansiedelt. Die Ballungszentren, die Städte müssen für die Infrastruktur aufkommen, vom kulturellen Bereich angefangen bis zum sozialen Bereich, die dann von denjenigen, die in die Randgemeinden ausgewandert sind, in Anspruch genommen wird. Natürlich bekommen diese Gemeinden in den Bal­lungszentren einen höheren Betrag zugesprochen (Bundesrat Gruber: Das ist der berühmte „Speckgürtel“!) – ja, das ist der sogenannte Speckgürtel, das ist richtig –, die bekommen natürlich dementsprechend mehr zugesprochen, aber man muss gegen diese Entwicklung einschreiten. Die Folge sind letztendlich auch eine Zersiedelung unserer Landschaft und vor allem die zunehmende Verdichtung unserer Böden. Des­halb ist in Zukunft sicherlich auch darüber nachzudenken, dass man dieser Entwick­lung durch steuerliche Maßnahmen entgegenwirkt.

Daher ist eine gemeindeübergreifende Koordination nötiger denn je, sowohl was die Infrastruktur als auch den Finanzausgleich anbelangt. Das betrifft gemeinsame Gewer­begebiete, Wohngebiete im Grünraumbereich.

Was auch noch passiert, ist, dass die Sozialausgaben unserer Gemeinden immer mehr erhöht werden, und zwar dadurch, dass vom Land Beschlüsse gefasst werden, die dann von den Gemeinden kofinanziert werden müssen. Auch da stehen die Gemein­den oft mit dem Rücken zur Wand und können das nicht mehr kofinanzieren.

Ich verhehle auch nicht, dass es Gemeinden gibt, die durchaus selbst auch Fehler machen. Kollege Perhab hat es ja heute schon gesagt. Es gibt zum Beispiel die Richtlinie, dass man 15 € pro Einwohner für Subventionen ausgeben soll, aber da gibt


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 41

es Gemeinden – das kann man in Landeseinschauberichten durchaus lesen –, die geben bis zu 75 € aus! Da besteht meiner Meinung nach akuter Handlungsbedarf.

Abschließend darf ich an alle Verantwortlichen – ganz egal, in welcher Funktion sie auf Gemeindeebene tätig sind, oder im Bundesrat, Nationalrat oder sonst wo – appellieren, dass man wieder an einer vernünftigen Verwaltungsreform zu arbeiten beginnt, und dies vor allem ohne Tabus und Grenzen, ansonsten werden langfristig unsere Gemein­den sterben. (Beifall bei der FPÖ.)

11.12


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.12.34

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Kollege Perhab, ich muss ehrlich sagen, Ihre Rede hat mich wirklich entsetzt. Ich habe Sie, als Sie da herausgegangen sind, nicht umsonst gefragt: Sind Sie da als Wirtschaftstreibender oder als Gemeindepolitiker? Die Frage haben Sie selbst beantwortet, indem Sie hier gebrüllt haben, dass die Gemein­den ein Hort von Nepotisten und von Korruptionisten sind, denen die Wirtschafts­trei­ben­den halt nichts zahlen wollen. Das verstehe ich ja: Sie wollen in Ihren Gemeinden Geld verdienen und möglichst wenig Abgaben zahlen. Das ist schon klar. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Das ist die Marke des Kollegen Perhab, die er hier als „Duftnote“ in die Debatte gesetzt hat, und das ist schon einigermaßen erschütternd. Das war eine bemerkenswerte Duftnote sogar, das muss man schon sagen.

Man muss eines sagen, fernab jeglicher Wirklichkeit: Ich würde dem Herrn Gemeinde­bundpräsidenten Mödlhammer dringend raten, ein Nachhilfeseminar beim Wirtschafts­bund zu geben (Zwischenrufe bei der ÖVP), weil man offensichtlich nicht weiß, welche Qualität die Gemeinde hat, die nämlich älter ist als die Republik, älter als die Erste Republik. (Bundesrätin Zwazl: Einen Nachhilfeunterricht brauchen wir nicht! Das kannst du dir sparen!) Die Gemeinde war überhaupt unser allererster Schritt in die Demokratisierung einer modernen Gesellschaft. Die Kommune ist tausend Jahre älter als das, was wir als Gemeindegesetz ... (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Wenn heute in der Politik gesagt wird, Frau Präsidentin Zwazl, wir schaffen Arbeits­plätze und so weiter, so gibt es eine einzige Ebene, die das wirklich und berechtigt in den Mund nehmen kann, und das sind die Gemeinden, denn die Gemeinden schaffen Nachfrage, die Gemeinden sind lokaler Motor, und die Gemeinden schaffen tatsächlich Arbeitsplätze, ganz im Gegensatz zu denen, die es oft sagen, wie der Bund oder die Länder. Die Gemeinden sind der wirkliche Motor. (Bundesrätin Zwazl: Die Bevölkerung schafft auch Arbeitsplätze!) Natürlich schafft die Wirtschaft Arbeitsplätze, aber ich bin ja jetzt auf unseren Verwaltungs- und politischen Ebenen und nicht auf der Wirtschafts­ebene.

Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema. Lügen haben natürlich immer kurze Beine. Ich finde, das, was wir heute hier beschließen, ist richtig, denn den Gemeinden geht es heute wirklich schlecht. Es geht ihnen ökonomisch, es geht ihnen budgetär schlecht. Sie bekommen immer mehr Aufgaben, und sie müssen immer mehr Leistun­gen erbringen. Und im Bereiche des Finanzhaushaltes ist der Rock immer etwas weiter weg als das Hemd, und da sind halt oft die Gemeinden der Rock und die Länder das Hemd. Es gibt hier keine gerechte Verteilung, nämlich verglichen mit den Leistungen, die die Gemeinden erbringen. Deshalb ist es richtig, dass wir diesen Ersatz, diese Refundierung oder, besser gesagt, diese Form einer Bedarfszuweisung an die Ge­mein­den vornehmen.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 42

Aber eines muss man schon auch sagen, und manchmal haben eben Lügen wirklich kurze Beine, wie man sieht, wenn man die Diskussion rund um den EU-Beitritt nach­liest, wo damals gesagt worden ist, was alles ausgeschlossen und alles garantiert wird: Der Schilling bleibt bis in den Tod! Die Sparbuchsteuer, lieber Kollege Mayer, ist überhaupt kein Thema! (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Lesen Sie es einmal nach, was da erklärt worden ist von den Parteien, die heute die Bundesregierung stellen! Es wurde gesagt: Die Getränkesteuer ist überhaupt kein Problem, das ist alles mit der EU besprochen, die Finanzierung der Gemeinden ist gesichert! (Bundesrat Perhab: Lacina war das!)

Damals haben einige gesagt: Das stimmt nicht! Und jetzt arbeiten wir von dieser Schubkarre von Unwahrheiten die letzten Stücke ab, und das sind jetzt noch die Auswirkungen der Getränkesteuer. Immerhin hat es 70 000 Verfahren gegeben. 70 000 Verfahren – man muss sich einmal vorstellen, was das gekostet hat, auch die Gemeinden gekostet hat – mit einem Gesamtstreitwert von 1,2 Milliarden €! Und alles nur, weil man gesagt hat: Kein Thema, wir haben alles gut verhandelt, alles ist unter Kontrolle.

Die Ökopunkte-Regelung für den alpenquerenden Transitverkehr ist auch so ein „Bauchfleck“ der Sonderklasse gewesen.

Wir helfen euch, wir werden dem zustimmen, weil die Gemeinden dieses Geld brauchen, aber es zeigt sich einmal mehr, dass jede Debatte, die mit Augenzwinkern geführt wird, sich später einmal rächt. (Beifall bei den Grünen.)

11.18


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Schieder. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


11.18.43

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank, dass ich heute angesichts dieser Debatte nicht nur zur Kernfrage Stellung nehmen kann, sondern auch zu den anderen in der Debatte angesprochenen Themen, die ja ein weites Feld auch meiner Tätigkeit umrissen haben. Aber zuerst zum Bundesrat Perhab, weil Sie angesichts meiner Anwesenheit – wie Sie das formuliert haben – über Wien gesprochen haben. Da stellt sich mir schon die Frage: Hätten Sie angesichts der Anwesenheit meines Kollegen Lopatka dann über Hartberg ge­sprochen? (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Für jeden Staatssekretär eine eigene Rede!)

Um es hier ganz offen zu sagen: Ich habe großes Verständnis für die Anliegen der Gemeinde und auch für die Aufgaben, die die Gemeinden für die Bürgerinnen und Bürger erfüllen. Und gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise, wo es um die Frage Arbeitsplätze, Wirkung von Investitionen in Arbeitsplätze geht, sind die Gemeinden die lokalen Umsetzer von Investitionsvorhaben, jene, die ein sehr gutes Verhältnis Inves­titionseuro zu Arbeitsplatz haben, meistens auch verknüpft mit lokaler, direkter Wert­schöpfung.

Wir haben genau aus diesem Grund die Ausschreibungsgrenze auf 100 000 € ange­hoben, sodass Gemeinden und lokale Gebietskörperschaften noch intensiver auf die lokale Wertschöpfung und Beschäftigungswirkung schauen können. Ich höre oft in meinen Gesprächen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, dass sie Finan­zierungsschwierigkeiten bei ihren Aufgaben haben, und ich sehe nicht nur die Schwierig­keiten, sondern auch die Notwendigkeit dieser Aufgaben, zum Beispiel Kin­derbetreuungsaufgaben, Investitionsaufgaben, soziale Aufgaben, aber auch die Frei­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 43

willigen Feuerwehren – manchmal auch die Berufsfeuerwehren – und so weiter. Das sind Aufgaben, für die wir alle höchstes Verständnis haben.

Leider ist es aber so, dass die Ertragsanteile geringer werden, weil auch die Staats­einnahmen geringer werden und quasi die Länder wegen des steuerföderalen Aufbaus in Österreich in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir sehen aber manchmal auch, dass die Länder nicht alles direkt an die Gemeinden weitergeben, sondern dass bei den Bedarfszuweisungen überproportionale Kürzungen vorgenommen werden und Vergaben manchmal sehr stark asymmetrisch sind.

Ich glaube, dass wir uns zum Beispiel mit der Frage der Haftungsgrenzen für Länder, aber auch für Gemeinden beschäftigen müssen. Wir müssen uns auch mit Veranla­gungs­regeln beschäftigen. Hier hat der Gemeindebund zum Beispiel auf die vor einem oder eineinhalb Jahren aufkeimenden Spekulationsprobleme in einigen Gemeinden gut, richtig und schnell reagiert, muss man ganz offen sagen. Wir müssen, glaube ich, auch über die Prüfkompetenz von Bundes- und Landesrechnungshof für alle Gemein­den ganz intensiv sprechen.

Es wurde Wien angesprochen, und ich möchte auf dieses Detail – die Bundes­hauptstadt Wien kann nie ein „Detail“ in einer Rede sein, sondern wenn, dann nur „zentraler Bestandteil“ – eingehen. Es gibt in Wien natürlich kein 15. Gehalt, und es gibt auch kein verstecktes 15. Gehalt. Diese Aussagen waren schlichtweg falsch. (Zwischenruf der Bundesräte Perhab und Mag. Klug.)

Wenn Sie sich die Pro-Kopf-Verschuldung der Länder und Gemeinden in Österreich anschauen, dann werden Sie erkennen, dass Wien die niedrigste hat, was daran liegt, dass in Wien in den letzten Jahren sehr gut gewirtschaftet wurde, der Landes- und Stadthaushalt in Ordnung gebracht und gehalten wurde, und dass daher jetzt in der Krise auch der finanzielle Handlungsspielraum besteht, gegenzusteuern. Das ist eine vernünftige Ausgaben- und Finanzpolitik einer Stadt und Gemeinde, die ich löblich und positiv finde. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Dazu kommt, dass die Stadt Wien sich nicht nur um sich selbst und die Wienerinnen und Wiener kümmert, sondern auch sehr viele Umlandgemeinden mitversorgt (Bun­desrat Podgorschek: „Speckgürtel“!) – mit Strom, Wasser –, manchmal bis weit in die Steiermark hinein, und die betroffenen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sehr, sehr froh darüber sind. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie können den Kopf schütteln, wie Sie wollen, es ist so. (Bundesrätin Kerschbaum: Das Wiener Wasser ist ja auch nicht alles aus Wien, oder?) – Es sind Wiener Gründe, wenn Sie sich das ansehen. – Auch Wiener Strom wird in steirische Dörfer geliefert.

Herr Bundesrat Podgorschek hat die Verwaltungsreform angesprochen und auch den „Speckgürtel“. Diesen kenne ich nur zu gut, weil meine politische Heimat der 14. Wie­ner Gemeindebezirk ist, der sich nicht nur dadurch auszeichnet, dass er den besten österreichischen Fußballverein beheimatet und einen Skilift hat (allgemeine Heiterkeit – Ruf bei der SPÖ: Na ja! Na ja!), sondern auch eine dieser Randlagen ist, in der Pendelverkehr und Versorgungsfragen wichtige Themen sind. Wir nennen das nicht „Speckgürtel“, sondern „WUTUs“, weil das im Straßenverkehr meistens die Autos mit den Kennzeichen WU und TU sind.

Das sind natürlich übergeordnete Raumordnungsfragen, und die föderale Struktur Österreichs hat uns leider noch nicht ausreichend Werkzeug an die Hand gegeben, diese auch vernünftig zu diskutieren und zu lösen. Es gibt zwar die Planungs­gemein­schaft Ost, im östlichen Österreich, die das übergeordnet diskutiert, aber das ist nicht genug, glaube ich.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 44

Damit komme ich auch schon zu der von Ihnen angesprochenen Verwaltungsreform. Ich bin sehr froh – ganz ernsthaft –, dass hier im Bundesrat, der ja die Länderkammer des österreichischen Parlamentarismus ist, angesprochen wurde, dass wir mit dem EU-Beitritt eine Ebene dazubekommen haben – nämlich die europäische, die übrigens auch noch eine parlamentarische Ebene hat, eine Regierungsebene und eine föderale Ebene über den Ausschuss der Regionen –, aber im österreichischen Staatenaufbau unsere Struktur unverändert gelassen haben. Das heißt, es gibt eine bürokratische Ebene mehr, aber im Innerstaatlichen wurde nichts verschlankt oder neu strukturiert.

Aus diesem Grundproblem entsteht die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform. Ich bin sehr froh, dass es auch im Bundesrat hierzu eine offene Diskussion gibt, weil bei vielen Fragen gerade die Länder jene Institutionen sind, die vielleicht sogar blockieren oder manchmal aus ihrer Interessenlage heraus nicht jeden Verwaltungsreformschritt ausreichend unterstützen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ich darf Ihnen aber sagen, Politik besteht darin, die Dinge zu diskutieren und zu lösen, das heißt, nicht primär die Probleme zu sehen, sondern die Lösungen in den Vorder­grund zu stellen und zu schauen, dass man, wenn vielleicht auch nur einen kleinen Schritt, den jedenfalls weiterkommt. Wir haben uns in der Verwaltungsreform-Arbeits­gruppe elf Kapitel vorgenommen, sechs dieser elf Kapitel sind bereits eröffnet, in Arbeit und teilweise sogar schon abgeschlossen, das heißt, die Arbeit in der Verwaltungs­reform-Arbeitsgruppe geht voran. Es ist auch so, dass genau in dem Bereich, in dem mehrere Institutionen – Bund, Länder, Gemeinden – betroffen sind, nicht immer sofort eine Lösung zustande kommt, sondern dass man manchmal mehrere Probleme ne­ben­einanderstellen muss, um sie dann in einem Schlussakkord – vielleicht auch auf einmal – einer Lösung zuzuführen.

Lassen Sie mich aber zum Schluss noch zum Kernthema kommen. Im Mai 2008 ist den Gemeinden zugesagt worden, dass bei der Körperschaftsteuer ein einmaliger Vorwegabzug in der Höhe von 7,5 Millionen € zur Finanzierung dieser Bedarfszuwei­sung an die Gemeinden vorgesehen ist. Das war mit den Fragen rund um die Körperschaftsteuer und Getränkesteuer verbunden, und es war auch Teil der Finanz­aus­gleichsverhandlungen – nicht im protokollierten Ergebnis, aber natürlich in den Diskussionen während der Verhandlungen. Somit kann man sagen, dass diese Zusage, die natürlich ein Entgegenkommen des Bundes gegenüber den Gemeinden war, auch schon bei den Finanzausgleichsverhandlungen – zum Teil jedenfalls – eine Grundlage war.

Inhaltlich hatten wir allerdings später das Problem, dass sich Gemeindebund und Städtebund bezüglich der Höhe nicht ganz im Klaren waren und noch zu diskutieren hatten. Es waren damals 7,5 Millionen € ausdrücklich zugesagt, wobei aufgrund der höheren Rückzahlungsbeträge der Gemeindebund und der Städtebund – nicht fälsch­licherweise, sondern aus fundierter argumentativer Kraft heraus – gesagt haben, dass es jetzt die richtigen 11,47 Millionen € sind, wenn man den Anteil nimmt.

Diese Diskussion hat eine Zeit gedauert, deswegen liegt auch erst heute hier im Bundesrat dieser Vorschlag vor. Ich halte es aber aus mehreren Gründen für richtig – auch aufgrund der vorhin angesprochenen unbefriedigenden Einnahmensituation der Gemein­den und angesichts der endgültigen Rückzahlungsbeträge –, dass Herr Finanz­minister Pröll und ich als Staatssekretär Verständnis für die Forderung des Gemeinde- und Städtebundes haben und daher diese Erhöhung der Bedarfszuweisung in unserer gesetzformulierenden Tätigkeit vorgesehen haben.

Damit kann nach dem Nationalrat heute auch dem Bundesrat der Vorschlag vorgelegt werden, dass es eine Bedarfszuweisung in der Höhe von 11,473 Millionen € für die Gemeinden gibt. Ich glaube, dass diese Summe – wenn man sich die Aufteilung auf


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 45

die Bundesländer ansieht – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Gemeinden durchaus hilft, einige ihrer wichtigen Aufgaben finanziell besser abzudecken oder zusätzliche notwendige Aufgaben zu finanzieren. Daher hoffe ich, dass dieses Gesetz die Zustimmung des Bundesrates findet. Es wird im Sinne der Gemeinden und des Bundes sein. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)

11.29


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


11.29.29

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie viel­schich­tig sich die Getränkesteuer letztlich entwickeln kann, hat auch mich überrascht. Ich gebe das ganz offen und ehrlich zu, möchte aber trotzdem bei dieser Gelegenheit mein Bedauern darüber ausdrücken, auf welche Art und Weise das von einzelnen steiri­schen ÖVP-Politikern missbraucht wird, um nicht nur einzelne Gemeinden im Allge­meinen, sondern auch das eigene Bundesland in Wien in den Schmutz zu ziehen.

Ich bin zutiefst enttäuscht, dass eine derartige Gelegenheit eines an sich vernünftigen Beschlusses hier im Bundesrat offensichtlich mit einem Gemeinderatswahlkampf verwechselt wird.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Probleme der Gemeinden, unabhängig davon welcher Fraktion die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister angehört, sind derart vielschichtig – der Staatssekretär hat schon einige angesprochen –, dass wir in Zukunft noch gute politische Zeit verwenden werden müssen, um uns diesen Anforderungen zu stellen. Herr Staatssekretär Schieder hat insbesondere die Entwicklung der einzelnen Sozialbudgets – Stichwort „Pflege“ in diesem Zusammenhang – als besondere Herausforderung der Zukunft durchaus treffend angeführt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man aber die Getränkesteuer über die Ver­waltungsreform bis hin zu der kommunalen Selbstverwaltung unter diesem Tagesord­nungspunkt subsumiert, dann wäre es schön gewesen, wenn ein steirischer Politiker zumindest einmal (Bundesrat Hensler: Das sind Gemeindefinanzen, Herr Kollege!) – ich komme jetzt zur Zukunft der Gemeinden – ein gemeinsames steirisches Projekt in Erinnerung gerufen hätte.

Im Zuge der Präsidentschaft von Wolfgang Erlitz war unser Landeshauptmann Mag. Franz Voves hier im Bundesrat und hat das Projekt „Regionext“, die zukünftige Entwicklung der Gemeinden, hervorgehoben und breit erläutert. Ich sage in diesem Zusammenhang, dass es dankenswerterweise auch viele ÖVP-Politikerinnen und ÖVP-Politiker, viele ÖVP-Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – klarerweise auch sozialdemokratische – gibt, die diesem Projekt „Regionext“ sehr aufgeschlossen ge­genüberstehen, und dass viele Probleme, die die Gemeinden derzeit haben, damit bewältigt werden können.

Es wäre schön, Kollege Perhab, wenn wir die Debatte über die Zukunft der Gemeinden nicht auf dem Niveau einer fortgeschrittenen Wirtshausdiskussion führen. Es mag schon sein, dass es im Zusammenhang mit dem Gemeinderatswahlkampf irgendwann um halb zwei Uhr in der Früh an der Theke nach 17 G’spritzen zustimmendes Nicken gibt, im Bundesrat – das halte ich ausdrücklich fest – halten wir von einem derartigen Niveau überhaupt nichts, und wir tragen letztlich auch selbst die Verantwortung dafür, in welcher Form die Politik Ansehen genießt oder nicht. – Glückauf! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

11.33



BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 46

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.33.402. Punkt

Bericht des Bundesministers für Gesundheit an den Bundesrat betreffend Patientenverfügungs-Gesetz (III-385-BR/2010 d.B. sowie 8286/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Hensler. Bitte um den Bericht.

 


11.33.52

Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Bericht betreffend Patientenverfügungs-Gesetz.

Der Bericht gliedert sich in drei Abschnitte: empirischer Teil, rechtlicher Teil, ethischer Teil.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 9. März 2010 den Antrag, den Bericht betreffend Patientenverfügungs-Gesetz (III-385-BR/2010 d.B.) zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.34.35

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Bericht auf Basis einer Entschließung des Bundesrates vom April 2006, und ich darf in diesem Zusammenhang sagen, dass das ein Bericht aufgrund eines sehr jungen Gesetzes ist. Ich darf dir, sehr geehrter Herr Bundesminister Stöger, für die Unterstützung des Berichtes sehr herzlich danken. Es ist an sich ein Gesetz, das vor deiner Ministerzeit zustande gekommen ist; insofern zählt es ein bisschen zur politischen Erbmasse. (Bundesrat Konecny: Was Besseres wurde dir leider nicht hinterlassen!)

Ich darf mich namens unserer Fraktion auch ausdrücklich beim Institut für Ethik und Recht in der Medizin sehr, sehr herzlich bedanken, weil das ein toller Bericht ist, der uns eine gute Basis für die Beratungen im Gesundheitsausschuss geboten hat, und ich schließe in meine Danksagung zu Beginn auch den Bereichsleiter, Herrn Dr. Aigner, ein. Herzlichen Dank für die sehr konstruktiven Diskussionen und Informationen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gestehe zu Beginn gerne, dass dieser Bericht für die sozialdemokratische Fraktion eine wunderbare Gelegenheit ist, im Nachhinein zu kontrollieren, ob die Kritik zum Patientenverfügungs-Gesetz aus dem Jahr 2006, die wir nachlesbar geäußert haben, sich als zutreffend erwiesen hat und durch die ersten Jahre der Entwicklung bestätigt wurde oder nicht.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 47

Ich möchte ganz zu Beginn ausdrücklich festhalten, dass wir das Patientenverfügungs-Gesetz auch heute noch als einen positiven Fortschritt in dieser Thematik betrachten – als einen positiven Fortschritt im Sinne der Patientenautonomie, als einen positiven Fortschritt im Bereich der Rechtssicherheit, im Bereich der Auseinandersetzung mit dem Sterben im Allgemeinen, aber auch mit dem Tod in einer durchaus schwierigen Lebensphase, und auch im Bereich der Ethik im Allgemeinen. Ich möchte das ganz bewusst voranstellen.

Nun zu den beiden damals geäußerten zentralen Kritikpunkten. Der erste Kritikpunkt betraf unsererseits im Wesentlichen die Kosten dieser Patientenverfügung. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Jahr 2006 angemerkt, dass wir Bedenken haben, wie sich diese Kosten entwickeln werden und wie diese Kosten auf die Patien­tinnen und Patienten wirken werden. Wir halten drei Jahre danach unsere Kritik auf­recht, und wir möchten die Frage der Kosten noch immer als einen wesentlichen Kritikpunkt ins Treffen führen.

Ich sage in diesem Zusammenhang auch ganz kurz und ganz bewusst in der Länder­kammer, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir uns anschauen, wo und wie diese Patientenverfügungen in der Praxis bisher wirken – vier Prozentpunkte ist noch keine besonders großartige Zahl, aber sie ist im Wachsen –, dann ist es, wie wir auch im Ausschuss gemeinsam festgestellt haben, ein erstrebenswertes gesundheitspolitisches Ziel, diese Stellen in allen Ländern insofern zu vereinheitlichen, als die Patientenan­waltschaft in den Ländern durchaus einen richtigen inhaltlichen Anknüpfungspunkt dar­stellen würde.

Ich ersuche um Verständnis seitens des Bundes dafür, dass wir – was diese Res­sourcen betrifft – in den Ländern immer ein bisschen vorsichtig sind, weil eine qualitativ hochwertige Beratung im Zuge der verbindlichen Patientenverfügungen nach den Erfahrungen der Praxis rund eine Stunde bis eineinhalb Stunden in Anspruch nimmt und in den Ländern dazu ja auch Ressourcen vorhanden sein müssen. Sollte die Qualität hoch sein – was wir uns alle wünschen, auch als Gesetzgeber –, ist die Patientenanwaltschaft mit Sicherheit eine gute Adresse.

Ich sage in diesem Zusammenhang vielleicht als Anstoß für einen Nachdenkprozess – kollegial gemeint, nicht arrogant, Kolleginnen und Kollegen –: Bemühen wir uns vielleicht einmal gemeinsam, in den Ländern nachzuschauen, ob das für alle kostenlos sein muss oder ob die soziale Bedürftigkeit der richtige Anknüpfungspunkt und Zugang ist – wie es bisher in zwei Ländern, unter anderem auch in meinem eigenen Bundes­land, gehandhabt wird –, wenn es die öffentliche Hand finanziert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der zweite Kritikpunkt unsererseits ist die Frage der Registrierung. Es ist ungeheuer wichtig, dass, wenn es eine verbindliche Patienten­verfügung gibt, diese auch gefunden wird. Das klingt jetzt etwas banal, aber wenn es eine Verfügung gibt, und man findet sie nicht, dann ist sie sinnlos. Ich weiß, wir haben damals über die Rechtsanwaltskammer, die Notariatskammer und Registrierungs­fra­gen diskutiert. Insofern sage ich an dieser Stelle, dass es meines Erachtens zu wenig ist – auch laut Auskunft des Hauptverbandes –, uns darauf zu verlassen, dass die e-card dafür geeignet ist; das mag sein.

Es ist meines Erachtens auch keine zufriedenstellende Erkenntnis, wenn wir heute zu dem Ergebnis gelangen, dass dies eine klassische Anknüpfung für den elektronischen Gesundheitsakt sein kann. Das mag ja so sein, aber wenn mir die Praktiker sagen, dass wir vielleicht noch drei bis zehn Jahre brauchen, bis die ELGA steht, dann ist das nicht unbedingt befriedigend.

Daher sage ich, liebe Kolleginnen und Kollegen: keine Kritik ohne Lösungsvorschlag! Meines Erachtens wäre im Bereich der Registrierung eine mittelbare Überbrückung


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 48

dringend geboten. In diesem Zusammenhang möchte ich entweder das Österreichi­sche Rote Kreuz vorschlagen – eine durchaus interessante Variante – oder das Wider­spruchsregister. Aber wenn wir uns dafür entscheiden, dann nur bei einer Stelle, sonst müssen wir wieder suchen gehen und finden diese verbindlichen Patienten­verfügun­gen ebenso nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Fraktion nimmt den Bericht selbstverständlich zur Kenntnis. Wir danken noch einmal für die Übermittlung und die hervorragende Aufbereitung. Die beiden Kritikpunkte möchten wir in diesem Zusammenhang aufrecht­erhalten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundes­rates Zangerl.)

11.41


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.41.28

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Kollege Klug schon ausgeführt hat, ist das Patientenverfügungs-Gesetz im Jahr 2006 in Kraft getreten. Ich denke, es war durchaus eine sinnvolle Initiative, hiezu eine Entschließung zu fassen und zu sagen, dass wir das nach drei Jahren überprüfen. Diese Studie hatte insgesamt auch drei Jahre gedauert. Ich denke, es ist wirklich ein ausgezeichneter Bericht auf mehr als 90 Seiten, der die Problematik sehr gut aufarbeitet und natürlich auch – wenn auch nur ganz wenige – Kritikpunkte äußert. Das ist wirklich das Überraschende am Gesetz.

Bezüglich der Kosten wird sich mit Ihnen dann noch Kollege Saller kurz unterhalten. Ich möchte dem Institut für Ethik und Recht in der Medizin für die geleistete Arbeit ein besonderes Dankeschön aussprechen. Ich denke, dass wir mit dem Bericht in diesem Bereich doch einiges weiterbringen können. Natürlich, es besteht auch die Proble­matik, dass es nur 4 Prozent sind, die das nutzen. Wir sind da vielleicht noch zu wenig bei der Bevölkerung, das wurde auch im Ausschuss angesprochen. Ich habe da kurz angeregt, vielleicht eine Kampagne durchzuführen, um das mehr publik zu machen.

Herr Minister, vielleicht kann man es doch aufgreifen, dass man im Zuge einer Kam­pagne des Ministeriums auch auf diese Möglichkeiten wieder einmal aufmerksam macht. Wenn es schon als Erbmasse bezeichnet wurde, so bezeichne ich das als nicht schlechte Erbmasse. Es gibt ja durchaus auch gute Erbmasse, die man verwenden und übernehmen kann. Also ich denke, das Problem wird nicht in diesem Bereich liegen.

Ganz kurz einiges aus dem Bericht: Er gliedert sich ja in einen empirischen, einen recht­lichen und einen ethischen Teil. Es wurden auch Erfahrungen der betroffenen Stellen zusammengetragen. Was für mich natürlich überraschend und interessant ist: Kein einziges Verfahren ist bis zu den Höchstgerichten gegangen, es gibt also keine höchstgerichtliche Beurteilung – das spricht vielleicht auch für die Qualität dieses Gesetzes.

Im empirischen Teil wird deutlich gemacht, dass das Patientenverfügungs-Gesetz im Alltag, also bei den Patienten, angekommen ist, aber, wie ich gesagt habe, durchaus noch bekannter werden könnte. In der österreichischen Bevölkerung gibt es derzeit knapp 4 Prozent, die eine solche Patientenverfügung errichtet haben, knapp ein Drittel davon hat einen verbindlichen Status.

Die Patientenverfügung wird dabei von den Errichtenden als Kommunikationsinstru­ment angesehen, das am Lebensende im Sinne der Patienten, die Arzt-Patienten-


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 49

Kom­munikation fortsetzen soll. Dabei spielt bei einer großen Gruppe das würdevolle Sterben eine ganz besondere Rolle, was auch interessant ist. Die juristische Betrach­tung zeigt, dass die gesetzliche Regelung der zuvor nur in der Rechtssprechung aner­kannten Patientenverfügung ein Mehr an Rechtssicherheit gebracht hat. Nur wenige Gesetzesvorhaben haben in einer so kurzen Zeitspanne von drei Jahren eine ver­gleichbar reichhaltige Auseinandersetzung in der juristischen Fachliteratur ausgelöst.

Wie der Bericht klar aufzeigt, treten immer wieder bewusste Missachtungen des Patientenwillens auf, die auf mangelnder Information oder Irrtum beruhen. Dies ist freilich nicht dem Gesetz als solchem zuzurechnen und nicht mit Mitteln staatlicher Rechtsetzung zu bewältigen. Vielmehr bedarf es da einer umfassenden Information und Aufklärung der Rechtsanwender. Die Defizite, die in diesem Gesetz aufgeführt sind, beschränken sich also wirklich auf wenige Punkte. So gibt es, wie schon angesprochen, keine zentrale und rechtlich geordnete Registrierung.

Wir haben das, wie erwähnt, im Ausschuss diskutiert, und Herr Dr. Aigner hat das auch ausgeführt, Danke dafür. Ich denke schon, dass es im Rahmen der ELGA, der elektronischen Gesundheitsakte, hiezu Möglichkeiten gibt, nur sollte man, dieser Meinung bin auch ich, eine raschere Möglichkeit finden. Wenn es dann auch das Rote Kreuz sein sollte, so ist eine vorübergehende Lösung sicher machbar. Aber wir sollten wirklich versuchen, in einem rechtlich geordneten Rahmen eine Registrierung herzu­bringen.

Es gibt auch noch einige Unklarheiten im Rahmen des grenzüberschreitenden Verfah­rens bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sowie Unsicherheiten hinsichtlich der Voraussetzungen eines gültigen Widerrufes. Es gibt also in Summe eigentlich wenige Kritikpunkte, wenn man vielleicht auch die Kosten anführen möchte.

Im Bereich der Ethik legt die Analyse dar, dass dem Gesetzgeber mit dem Patienten­verfügungs-Gesetz „ein weiterer wesentlicher Schritt zur Stärkung der Patientenauto­nomie“ gelungen ist. „Mit Blick auf die empirischen Ergebnisse geht es nun vor allem darum, den Geist des Gesetzes umzusetzen. Darüber hinaus zeigen verschiedene Überlegungen auch die Grenzen des Wunschs nach Eindeutigkeit durch eine Patien­ten­verfügung“ auf.

Der Interpretationsbedarf des Willens eines Patienten bei vielen Verfügungen, zum Beispiel „bei der Frage, ob lebensbejahende Aussagen Demenzkranker als Widerruf zu deuten sind, machen deutlich, dass in der Praxis im Einzelfall Entscheidungs­spiel­räume bestehen bleiben und die Patientenverfügung die Kommunikation zwischen Arzt und Patienten nicht ersetzen kann.“ – Auch das ist für mich ein ganz entscheidendes Merkmal dieser Studie.

Sehr verehrte Damen und Herren, die Studie spricht von „drei Deutungsvarianten der Patientenverfügung“. Erstens: die „Patientenverfügung als Instrument zur Absiche­rung“, zweitens „als Abwehrinstrument“ und drittens als „Instrument zum schönen Sterben“, wenn man das so bezeichnen kann. Die Patientenverfügungen werden also von den Errichtenden sehr unterschiedlich verstanden und auch genutzt.

Die erste Gruppe nutzt die Patientenverfügung zur Absicherung. Die Errichtenden möchten Klarheit darüber herstellen und die Dinge, die sie betreffen, auch ent­sprechend regeln. Der zweite Typ, also derjenige, der das als Abwehrinstrument sieht, entsteht vor allem vor dem Hintergrund schlechter Erfahrungen. Hierbei spielt die erlebte Kommunikation mit Ärzten eine wesentliche Rolle. Diese Personen wollen sich zur Wehr setzen und eine sogenannte Schranke gegen Übergriffe von ärztlicher Seite einziehen, gegen ärztliche Entscheidungen, die ihren eigenen Willen ignorieren.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 50

Diejenigen, die die Patientenverfügung als „Instrument zum schönen Sterben“ sehen, sind die dritte und größte Gruppe. Sie sehen in der Patientenverfügung ein Instru­ment – das muss man wirklich in Anführungszeichen setzen – zum „schönen Sterben“. Die Patientenverfügung wird von dieser Gruppe dafür eingesetzt, sich auch mit der Gestaltung der Sterbephase auseinanderzusetzen. „Es geht darum, Sterben nicht unnötig zu verlängern und therapeutische Maßnahmen zu unterbinden, die nur zu einer Lebensverlängerung führen, aber nur als eine Verlängerung des Leidens eingeschätzt werden würden.“

Es ist dies insgesamt ein sehr praktikables Gesetz. Ich begrüße nochmals ganz aus­drücklich die Initiative des Bundesrates. In diesem Bereich könnte man öfter derart tätig werden, das möchte ich ganz klar deponieren. Ich kann den Bericht leider nicht in seiner Gänze vorlesen, das würde den heutigen Rahmen sprengen, aber verdient hätte er es allemal.

Ich darf mich nochmals herzlich bei Ihnen, Herr Minister Stöger, bedanken, auch im Namen meiner Fraktion, und stellvertretend für alle, die mitgearbeitet haben, bei den Projektleitern Professor Dr. Ulrich Körtner und Dr. Maria Kletecka-Pulkerfür diesen höchst aufschlussreichen und bestens umgesetzten Bericht. – Danke schön. (Allge­meiner Beifall.)

11.49


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte.

 


11.50.01

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es ist ja schon sehr vieles gesagt worden. Inhaltlich kann ich mich dem Kollegen Klug zu 99,9 Prozent anschließen.

Auch ich bin der Meinung, dass dieser Bericht ausgesprochen interessant ist, und ich würde mir wünschen, dass dieser Bericht nicht nur dem Bundesrat vorgelegt wird, sondern ich denke, er ist auch für die KollegInnen im Nationalrat interessant. Da ja darin sehr viele Anregungen enthalten sind und in erster Linie von der SPÖ Verbes­serungen vorgeschlagen worden sind, könnte ich mir vorstellen, dass das vielleicht jetzt mit einem SPÖ-Minister noch einmal diskussionswürdig wäre.

Die Probleme sind großteils schon angesprochen worden. Es geht einerseits um die Finanzierung, wobei mir im Bericht diesbezüglich bestimmte Informationen abgehen. Es steht zwar drinnen, es kostet zwischen 0 und 800 €, aber wie viel es tatsächlich gekostet hat, was diesbezüglich festgestellt worden ist – wie viele 0 € und wie viele 800 € zahlen –, das steht in der Studie leider nicht, es wäre jedoch schon noch inter­essant.

Neben den Kosten geht es um die Auffindbarkeit der Patientenverfügung, wobei ich auch nicht ganz verstehe, warum das nicht über die e-card möglich ist. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass das Rote Kreuz eine Variante sein könnte. Es geht ja nicht nur um die Auffindbarkeit der Patientenverfügung, sondern auch um einen eventuellen Widerruf, wo ich mir vorstellen könnte, dass die Regelung mit Kopien et cetera noch problematischer ist. Ich denke, das sind Dinge, die man schon bereinigen könnte – und vor allem möglichst bald bereinigen sollte.

Ein Problem, das vielleicht noch nicht angesprochen worden ist, das ich aber schon herausgelesen habe, ist die Akzeptanz in der Ärzteschaft. Ein Teil der Ärzteschaft steht dem sehr positiv gegenüber, während ein anderer das eher ablehnt. Möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass es eben nur 4 Prozent sind, die bis jetzt so


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 51

eine Patientenverfügung errichtet haben. Vielleicht könnte man auch daran arbeiten und die Ärzteschaft besser aufklären.

Es ist ja auch schon angesprochen worden, dass da möglicherweise einiges über die Patientenanwaltschaft funktionieren könnte.

Ich habe im Ausschuss hinsichtlich dieser Patientenverfügung das Problem ange­sprochen, was passiert, wenn einem im Ausland etwas zustößt: wie man dort zur Patientenverfügung kommt und wie man dort entziffern kann, was jemand verfügt hat. Eine Antwort wäre, ob man nicht möglicherweise auf EU-Ebene Ansätze schaffen könnte, damit das zentral und auffindbar wird. Der Ansatz ist nämlich offensichtlich, dass das zwar jetzt das Ergebnis der Studie war, aber dass diesbezüglich kein spezieller Handlungsbedarf gesehen wird.

Ich denke, es würde ja nichts kosten, das auf EU-Ebene auch einmal zum Thema zu machen und darüber zu reden. Es handelt sich ja nicht immer um einen finanziellen Aufwand, sondern es ist wichtig, dass die Politik in dieser Hinsicht auch handelt.

Wie gesagt, ich würde mir wünschen, dass Sie diese Studie auch dem Nationalrat zugänglich machen, auch wenn der Bundesrat diese Studie durch eine Entschließung damals sozusagen – unter Anführungszeichen – „bekommen“ hat. Ich würde mir wün­schen, dass wir so eine Studie oder so eine Evaluierung von Gesetzen des Öfteren hier im Bundesrat beantragen oder dass das vielleicht allgemein zur Usance wird, weil ich meine, es ist schon interessant, nach drei Jahren nachzulesen, wie sich etwas entwickelt hat und welche Bedenken, welche Befürchtungen eingetreten sind und welche nicht. Das hat Herr Kollege Klug ohnehin schon angesprochen.

Der Bericht ist sehr informativ, und ich für meinen Teil habe ihn meiner Nationalrats­fraktion schon zugesandt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.53


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Saller. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.54.06

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich schließe mich den Dankesworten von Kollegem Mayer an. Herzlichen Dank an alle, die daran mitgearbeitet haben, für den Bericht.

Das Aufsetzen einer Patientenverfügung ist eine besonders wichtige Entscheidung im persönlichen Leben. Es ist eine Willenserklärung eines Patienten, mit der er eine bestimmte medizinische Behandlung für den Fall ausschließt, dass er zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr imstande ist, seine Wünsche zu artikulieren und zu äußern. Das heißt also, eine bestimmte Behandlung wird vorweg abgelehnt.

Patientenverfügungen sind im Gesamtkonzept der Bemühungen zur Verbesserung der Situation schwer kranker Menschen in der letzten Lebensphase zu sehen. Dabei muss man sich im Vorfeld Gedanken über das eigene Sterben machen. Das ist also nicht so einfach.

Besondere Hilfe leisten dabei die Patientenanwaltschaften – diese möchte ich beson­ders hervorheben –, die den Menschen in den österreichischen Bundesländern kosten­los mit Rat und Tat zur Seite stehen. So hat etwa die niederösterreichische Patienten­anwaltschaft eine eigene Mappe geschaffen, die versucht, alle offenen Fragen zu diesem Thema zu beantworten. Die meisten Menschen wissen ja nicht, wie man das macht, und brauchen daher Hilfe. Es fehlt hie und da durchaus an aktiver Informa­tionsarbeit, speziell in dieser Lebensphase.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 52

In sieben von neun Bundesländern ist ja die Erstellung einer Patientenverfügung bei der Patientenanwaltschaft kostenlos. Es müsste eine Forderung sein, möglich zu machen, dass das in allen Bundesländern so ist. Das größte Problemfeld sind die Kosten beim Arzt und beim Rechtsanwalt. Die ärztliche Beratung zur Errichtung einer Patientenverfügung wird ja von der Krankenkasse nicht bezahlt, ein umfassendes Aufklärungsgespräch ist aber durchaus zu empfehlen. Ist der Inhalt mit dem Arzt festgelegt, dann ist ja der nächste Schritt jener zum Anwalt, zum Notar oder zur Patientenanwaltschaft. Diese Dienste sind natürlich auch wieder je nachdem mit Kosten in unterschiedlicher Höhe verbunden.

Ein weiteres Problem ist auch, dass die Ärzte nicht verpflichtet sind, herauszufinden, ob eine Verfügung des Patienten vorliegt. Also auch hier sollte künftig durchaus über­legt werden oder verpflichtend sein, in neu zu schaffenden Registern nachzusehen, ob es eine Verfügung gibt.

Bei allem Positiven zu diesem Thema gibt es durchaus einige offene Fragen, und diese sollte man zielstrebig angehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.57


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.57.34

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bedanke mich bei Ihnen für die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema der Patientenverfügung, weil es doch zeigt, dass es notwendig ist, gerade in der letzten Lebensphase Klarheit und Rechtssicherheit zu bekommen. Es ist ein ethisch sehr anspruchsvolles Thema, mit dem wir uns da auseinandersetzen müssen.

Ich danke auch, dass der Hohe Bundesrat entschieden hat und uns auch dazu aufge­fordert hat, diese Studie zu erarbeiten, und bedanke mich bei allen, die daran mitge­wirkt haben, weil damit ein Beitrag zur Rechtsentwicklung, aber auch zur Überprüfung, wie Gesetze in der Praxis tatsächlich wirken, geleistet worden ist.

Diese Studie ist sehr umfassend gestaltet. Im empirischen Teil können wir feststellen, dass ein Drittel der Personen, die eine Patientenverfügung machen, diese verbindlich gestalten und dass die Patientenverfügung für Sondersituationen eingerichtet wird und weniger als ein Vorsorgeinstrument gedacht ist. Sie bringt vor allem auch zum Ausdruck, dass es ein Kommunikationsinstrument für Patientinnen und Patienten ist, dieses Thema, das in dieser Gesellschaft sehr oft verdrängt wird, mit Ärzten, auch mit der Familie zur Diskussion zu stellen. Es geht letztendlich darum, würdevolles Sterben in dieser Gesellschaft auch zu ermöglichen.

Der juristische Teil beschäftigt sich damit, Rechtssicherheit zu schaffen, Klarheit für die Berufsgruppen zu schaffen. Ich denke, es ist eine reichhaltige juristische Auseinan­dersetzung im Rahmen dieses Berichtes zustande gekommen.

Es geht auch darum, dass die Autonomie von Patientinnen und Patienten gestärkt wird, ist es doch eine persönliche Sache: Wie geht man mit Behandlungen um? Habe ich das Recht, eine Behandlung auch abzulehnen? Wie möchte ich mein Lebensende mit gestalten? – Die Patientenverfügung dient als Orientierungshilfe und dient auch dazu, die Entscheidungsspielräume, die Entscheidungsmöglichkeiten aufrecht zu lassen.

Insgesamt ist das Thema schon angesprochen worden: Wie geht man damit um, wie bekommt man die Information? – Ich denke, wir sollten die Vorarbeiten in diese Richtung verstärken, dass im Rahmen des elektronischen Gesundheitsaktes auch eine Patientenverfügung abgespeichert und zugänglich gemacht werden soll. Ich bin auch


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 53

gerne bereit, darüber nachzudenken, ob wir Übergangsphasen in diesem Bereich ein­richten können. Das ist notwendig und wichtig.

Ich denke auch, es ist ein zentrales Thema, welche Kosten mit einer Patienten­ver­fügung vor allem für Patientinnen und Patienten entstehen. Auch in diesem Feld ist der eine oder andere Handlungsbedarf gegeben.

Insgesamt ziehe ich folgendermaßen Bilanz: Dieses Gesetz bringt eine Auseinander­setzung mit sich, eine Auseinandersetzung über ein würdevolles Sterben in unserer Gesellschaft, aber auch konkret eine Auseinandersetzung für Patientinnen und Patien­ten in ihren Familien: Bin ich bereit, eine solche Patientenverfügung zu errichten beziehungsweise abzugeben? – Das heißt, es ist eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Es werden daher auch Umdenkprozesse eingeleitet. Es wird über die eigenen Bedürf­nisse nachgedacht, und es werden die Menschen im Gesundheitssystem zur Kom­muni­kation mit Patienten gezwungen, auch dazu, die Nähe zu Patientinnen und Patien­ten zu verbessern.

Insgesamt ist meiner Ansicht nach auch die Anregung aufzugreifen, dass die Mög­lichkeiten der Information der Bevölkerung über dieses Instrument zu verbessern sind. Ich denke auch, dass diese Studie öffentlich zugänglich sein soll, und ich gehe davon aus, dass sie öffentlich über unsere Homepage zugänglich ist. Das heißt auch, dass die interessierten Teile der Bevölkerung auf diese Studie zugreifen können.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für Ihre Entscheidung, diesen Bericht zu fordern, und herzlichen Dank auch für Ihre Auseinandersetzung mit diesem Thema! (Allge­meiner Beifall.)

12.03


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.03.383. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. Februar 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Heimaufenthaltsgesetz und das Straf­voll­zugsgesetz geändert werden (Unterbringungs- und Heimaufenthaltsno­vel­le 2010 – Ub-HeimAuf-Nov 2010) (601 d.B. und 608 d.B. sowie 8285/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zum 3. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Bitte um den Bericht.

 


12.03.57

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. Februar 2010 betreffend ein Bundes­


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 54

gesetz, mit dem das Unterbringungsgesetz, das Heimaufenthaltsgesetz und das Straf­voll­zugsgesetz geändert werden – Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle 2010.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 9. März 2010 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


12.04.53

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines stelle ich fest: Wir haben heute eine Schulklasse hier, die besonders lange verweilt und sich einmal die verschiedensten Tagesordnungspunkte anhört, was eben der Bundesrat in einer aktuellen Plenarsitzung so zu tun hat. (Allgemeiner Beifall.)

Beim jetzigen Tagesordnungspunkt geht es um die Novellierung von drei Gesetzen, nämlich dem Unterbringungsgesetz, dem Heimaufenthaltsgesetz und dem Strafvoll­zugs­gesetz. Wir haben bereits seit dem 18. Jahrhundert Vorschriften über freiheitsent­ziehende Maßnahmen an psychisch kranken Menschen – da sieht man, dass sich Österreich mit diesem Problem schon sehr, sehr lange beschäftigt.

Das Unterbringungsgesetz stammt aus dem Jahre 1990. Man kann also sagen, dass es aus heutiger Sicht schon sehr lange Bestand hat, aber aufgrund der verschiedenen Entwicklungen auf jeden Fall gewisse Adaptionsmaßnahmen braucht.

Es hat daher 15 Jahre nach diesem Gesetz eine Art Enquete gegeben, in der man sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob sich dieses Gesetz in der Praxis bewährt hat und ob es Änderungsbedarf gibt. Man ist zu dem Schluss gekommen, dass sich die Anwendungspraxis als vernünftig herausgestellt hat, aber eben gewisse kleinere An­passungen notwendig sind, denn das Rechtsleben geht aufgrund des Artikels 18 unse­rer Bundesverfassung weiter und weiter: Wir produzieren immer neue Bestimmungen, und es muss dann irgendwann einmal versucht werden, diese zu harmonisieren.

Im Justizministerium hat es daraufhin zwei Arbeitsgruppen gegeben, die entsprechend gearbeitet haben. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet, und das Ergebnis davon ist eben die heutige Novelle. Daher einerseits der Dank an das Bundesministerium für Justiz, andererseits aber auch an die beiden Arbeitsgruppen, die da Wesentliches geleistet haben!

Nun zum Unterbringungsgesetz: Hier hat es verschiedene Vorgaben gegeben, einer­seits das Bundesverfassungsgesetz bezüglich der persönlichen Freiheit, dann – was mich als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sehr freut –, dass auch die Europäische Menschenrechtskonvention entsprechend zu berücksich­tigen ist und dass diese auch berücksichtigt wurde, und natürlich eine UNO-Konvention über die Rechte von behinderten Menschen, und dass man auch versucht hat, das Verhältnismäßigkeitsprinzip einzuarbeiten und zu verankern.

Ziel der Novelle ist es vor allem, dass psychisch kranke Patienten nicht zu früh entlassen werden. – Auch weitere wesentlichen Bestimmungen sind im Unterbrin­gungsgesetz verankert.

Darin geht es einerseits darum, dass man die Änderungen betreffend die Unterbrin­gung von psychisch Kranken – nämlich nicht nur in Sonderanstalten, sondern auch in psychiatrischen Abteilungen diverser Krankenhäuser – berücksichtigt.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 55

Das Zweite ist: mit zwei Fachärzten. – Es hat sich herausgestellt, dass nicht immer gleich zwei Fachärzte vorhanden sind, daher hat es gewisse Verzögerungen gegeben. Es ist jetzt auch möglich, dass ein Facharzt ein Gutachten abgibt. Wenn Bedarf bestehen sollte, wird eventuell noch ein zweiter beigezogen, damit das Vier-Augen-Prinzip sichergestellt ist, aber dies ist nicht mehr in allen Fällen vorgeschrieben.

Bewährt hat sich der Patientenanwalt. Es hat sich aber in der Zwischenzeit so entwickelt, dass auch Vereine gewisse Möglichkeiten haben, die Rechte des Patientenanwalts wahrzunehmen. – Auch das ist berücksichtigt worden.

Ein großes Problem hat sich mit der sogenannten Drehtürpsychiatrie ergeben. Darun­ter versteht man, dass jemand entlassen wird, dann unter Umständen wieder eine strafbare Handlung setzt und danach neuerlich irgendwo einsitzt. Dazu gibt es eine Statistik aus dem Jahre 2008: Damals waren zirka 15 000 Personen untergebracht, und von diesen 15 000 Personen sind innerhalb des Kalenderjahres zirka 1 100 mehr als drei Mal wieder in eine psychiatrische Anstalt gebracht worden!

Da will man jetzt versuchen, dass, wenn ein Patient scheinbar stabilisiert worden ist, dieser nicht unter Umständen – weil er ja in Wirklichkeit noch nicht stabilisiert ist – wieder zu einer strafbaren Handlung schreitet, sondern man möchte ihn länger halten. Hier ist aber auch dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen worden.

Der langen Rede kurzer Sinn: Da alle Fraktionen für dieses Gesetz sind, darf ich artikulieren, dass meine Fraktion keinen Einspruch erheben wird, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

12.10


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


12.10.25

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Bundesräte! Wie mein Vorredner schon gesagt hat, wurde dieses Gesetz vor 19 Jahren notwendig, weil wir uns schon sehr, sehr lange mit der Unterbringung von psychisch Kranken befassen. Es wurde vor 19 Jahren auch notwendig, weil es zu dieser Zeit zu immer mehr Zwangseinweisungen kam und diese Zwangseinweisungen nur mit Aussagen von Ehemännern begründet waren, die ihre Ehefrauen in gesicherte Anstalten abschieben wollten.

Daher wurde das vor 19 Jahren mit Recht als Erfolg gefeiert, aber durch die Verän­derungen, die die Zeit so mit sich bringt, und auch die Veränderung der Rahmen­bedingungen – wir gehen von einer Zentralisierung weg und dezentralisieren – ist es notwendig geworden, eine Novellierung durchzuführen.

Diese Novellierung wurde in einer sehr guten Art und Weise vorbereitet und wurde auch sehr lange diskutiert. Vonseiten der Ärzte hört man aber noch immer Klagen darüber, dass Personalmangel immer wieder zu Problemen führt.

Die Bestimmungen im Heimaufenthaltsgesetz sind immer wieder zu evaluieren, zu überprüfen und anzupassen. Da es manche in diesem Bereich nicht als Verpflichtung für die Menschen sehen, kranke Menschen zu pflegen, den Menschen wieder ihre Würde zurückzugeben, sie wieder gesund zu machen, sondern das nur als Geschäft betrachten, kommt es in diesem Bereich immer wieder zu Missständen, die aufgezeigt und abgestellt gehören.

Ein großer Fortschritt in dieser Novelle ist, dass der Bewohnervertreter jederzeit – wirklich jederzeit! – Zutritt zu diesen Institutionen haben muss, ihm dieser Zutritt ge­währt werden muss, ihm nicht verwehrt werden darf und er auch die Möglichkeit hat,


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 56

sowohl mit Patienten als auch mit Angestellten – Pflegern, Ärzten – Gespräche aufzunehmen. Wir wissen auch vonseiten der Arbeiterkammer, dass es da immer wieder zu Problemen unter anderem bezüglich des Konsumentenschutzes kommt, weil Verträge nicht eingehalten und einseitig abgeändert werden. Auf diesen Umstand muss man besonderes Augenmerk legen!

Es wurde vorhin gesagt, dass, wenn dies notwendig ist, ein zweites Gutachten ge­macht werden soll oder kann. – Ich glaube, in der Novellierung steht nicht: wenn es notwendig ist, sondern es steht: wenn der Patient es verlangt! Es ist also eine Verpflichtung und nicht so, dass irgendjemand bestimmt, ob es notwendig ist oder nicht. – Ich finde, dass das ein wirklich großer Schritt ist!

Es war zwar im vorigen Gesetz enthalten, dass zwei Gutachten verpflichtend sind, aber aufgrund des Personalmangels erstellt man jetzt nur mehr ein Gutachten, hat aber die Rechte der Menschen so gewahrt, dass auf Verlangen ein zweites Gutachten ange­fertigt werden muss.

Es wurde auch schon angesprochen, dass sich Patienten immer wieder nach kurzer Zeit in derselben Institution wiederfinden. – Ich glaube, es wurde auch aufgrund der langen Beratungszeit wirklich gut gelöst und auch erkannt, dass man die Behand­lungszeiträume verlängern muss, um diesen Effekt des raschen Zurückkehrens aufzu­halten und hintanzustellen.

Gesetze können aber nur so gut sein, wie sie auch mit Leben erfüllt und angewandt werden. Unter anderem gehört zum Vollzug eines Gesetzes auch die personelle Aus­stattung. Es gab schon einige Fälle, bei denen es zu Verletzungen des Personals kam, bei denen es auch zu Verletzungen von Menschen mit Erkrankungen kam. Das ist nicht zuletzt auch auf den Personalmangel zurückzuführen.

Die zuständigen Ministerien sind aber dazu verpflichtet und aufgefordert, das notwen­dige Personal zur Verfügung zu stellen und auch dafür zu sorgen, dass die Planposten zur Verfügung stehen und richtig besetzt werden. Nur zu sparen führt eigentlich dazu, dass alle Anstrengungen des Gesetzgebers nichts fruchten. Wer sollte das über­nehmen, wenn wir hier zwar ein Gesetz erlassen, es aber niemanden gibt, der dieses Gesetz auch vollziehen kann?

Es ist eine gute Novelle, die aber nur durch Kontrolle und auch den ordentlichen Voll­zug zu einem Erfolg werden kann. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

12.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­des­rat Ertl. – Bitte.

 


12.16.56

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Das Unterbringungsgesetz regelt den zwangsweisen Aufenthalt psychisch Kranker in psychiatrischen Anstalten beziehungsweise in psychiatrischen Abteilungen. „Untergebracht“ ist, wer in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer psychiatrischen Abteilung in einem geschlossenen Raum angehalten oder sonst welchen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit unterworfen ist.

Für den Begriff Unterbringung nicht entscheidend ist die räumliche Frage der Bewe­gungsbeschränkung. Die Beschränkung auf ein gesamtes Areal ist ebenso eine Unterbringung wie die Anwendung mechanischer Beschränkungen innerhalb eines Raumes, zum Beispiel durch ein Netzbett oder die Anwendung einer Schutzjacke.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 57

Jemand darf nur dann in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden, wenn der Betroffene psychisch krank ist, wenn der Erkrankte eine ernste Gefahr für Leben oder Gesundheit für sich oder andere darstellt, bei Selbst- und Gemein­gefähr­dung und wenn andere ausreichende Behandlungs- und Betreuungsmög­lich­keiten fehlen. – Diese Voraussetzungen müssen vorliegen.

Das neue UbG regelt Folgendes. Erstens: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip wird im Gesetz verankert, um die sogenannte Drehtürpsychiatrie zu vermeiden. Wie meine Vorredner schon angeführt haben, bedeutet das, dass nicht ausreichend stabilisierte Patienten entlassen werden und innerhalb kürzester Zeit wieder in der Anstalt landen.

Zweitens: Der zunehmenden Dezentralisierung psychiatrischer Stationen wird durch die Möglichkeit Rechnung getragen, dass die Vertretung der Patienten durch den örtlich zuständigen Verein für Patientenanwaltschaft wahrgenommen werden kann. Außerdem wird eine Generalklausel eingefügt, durch die die Kontrolle von bisher nicht im Gesetz geregelten Rechtsbeschränkungen möglich ist.

Drittens: Im Heimaufenthaltsgesetz wird unter anderem die Befugnis zur Anordnung von Freiheitsbeschränkungen neu geregelt. In beiden Gesetzen ist ausdrücklich die Überprüfung einer bereits aufgehobenen Unterbringung vorgesehen.

Wir sind aus folgenden Gründen für diese Regierungsvorlage: Seit zwei Jahrzehnten ist das Unterbringungsgesetz in Österreich in Kraft, das die Unterbringung von psychisch erkrankten Personen regelt. In dieser Zeit haben sich die gesellschaftlichen Zustände vielfach geändert. Daher ist die Änderung notwendig und sinnvoll. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

12.19


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


12.20.23

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben es hier zweifelsohne mit einer sehr gravierenden Gesetzesänderung zu tun, weil es um die individuellen Rechte und den Schutz der persönlichen Freiheit von Menschen geht, die besonderer Fürsorge bedürfen.

Ich habe auch die Debatte mitverfolgt und bin zufrieden – mit dem Ergebnis allerdings etwas weniger als mit dem Verlauf. Ich werde gleich erläutern, wo meiner Ansicht nach Verbesserungsmöglichkeiten bestehen, aber erlauben Sie mir, zunächst Folgendes kurz festzuhalten: Der Verlauf der Diskussion war sehr fair. Die Debatte war nicht untergriffig, und ich hatte das Gefühl, dass den Beteiligten wirklich das Wohlergehen aller Betroffenen am Herzen lag. Diese Aufrichtigkeit vermisse ich bei manch anderen Themenbereichen wie zum Beispiel bei der Migrations- und Asylpolitik. (Ironische Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth.)

Frau Kollegin Mühlwerth, Sie werden sich jetzt, wie ich annehme, die Frage stellen: Was hat das mit diesem Thema zu tun? (Bundesrat Hensler: Mir ist das auch nicht klar!) Ich kann ganz kurz einen Konnex herstellen: Im Bereich Migrations- und Asylpolitik geht es um Menschen, die aufgrund ihrer Flucht traumatisiert sind – und wenn das nicht aufgrund ihrer Flucht geschehen ist, dann werden sie hier trau­matisiert, weil sich das jahrelange Zuwarten und erzwungene Nichtstun auch auf die Psyche niederschlägt.

Wenn man sich dann ansieht, welche Zugangsmöglichkeiten diese traumatisierten Personen zum Gesundheitssystem haben  insbesondere zum Beispiel beim Verein EXIT-sozial, der ja speziell Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen betreut –,


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 58

dann sieht man, dass diese Personengruppe, die es wirklich am notwendigsten hätte, de facto keinen Zugang hat, weil die Tagsätze sehr hoch sind.

Eine andere in der Praxis nachweisliche Tatsache ist, dass Asylwerber, die trauma­tisiert sind und in eine psychiatrische Klinik eingeliefert werden, sofern sie überhaupt aufgenommen werden, eine viel kürzere Verweildauer haben als unsereiner. (Bundes­rätin Mühlwerth: Wenn wir nicht so viele Scheinasylanten hätten, bräuchten wir über das gar nicht reden!) Das wird aber nicht erhoben, darum kann ich da nur aus der beruflichen Praxis berichten.

Eine Verbesserung sehe ich ganz klar in der flexiblen Gestaltung der Anhalte­mög­lich­keiten von Patientinnen und Patienten. Die Behandelnden können mittel- und lang­fristig an der Verbesserung des Gesundheitszustandes der Patientinnen und Patienten arbeiten, wenn sie nicht ständig durch kurze Aufhebungen der Anhaltung unterbrochen werden. Kollege Kühnel hat das vorhin schon kurz mit dem Stichwort „Drehtür­psychiatrie“ angesprochen. Ich nehme an, dass das mit dieser Vorlage ein Ende finden wird.

Ob sich diese Korrektur wirklich zum Wohle der Patientinnen und Patienten auswirkt, muss man sich anschauen, das wird die Zeit zeigen. Ich bin froh, dass sich der Nationalrat mehrheitlich unserem Vorschlag angeschlossen hat, alle zwei Jahre eine umfassende Evaluierung durchzuführen, denn Ziel ist es, die Zahl der Personen, die in der Psychiatrie angehalten werden, nicht massiv zu steigern, aber trotzdem die Qua­lität der Behandlung zu erhöhen.

Um dies bewerkstelligen zu können, müssen die Möglichkeiten der ambulanten Be­handlung ausgebaut werden. Da setzt meine Kritik an, denn in Österreich gibt es in diesem Bereich noch einen großen Verbesserungsspielraum. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten haben wir in Österreich nämlich präventive Einrichtungen wie Tagesklini­ken, Ambulanzen oder Halfway-Häuser stark vernachlässigt, obwohl wir in Österreich eine der höchsten Suizidraten haben. Jährlich begehen mehr Menschen Suizid, als im Straßenverkehr ums Leben kommen; 1 400 sind es an der Zahl. Da drängt sich die Frage auf, ob wir uns nicht in den nächsten Jahren noch viel intensiver Gedanken machen müssen, wie wir diese bedenklich hohe Rate senken können.

Aber wenigstens wurden die zehn großen Anstalten nun angehörigenfreundlich dezen­tralisiert. Da sind wir den Angehörigen und den PatientInnen schon einen Schritt entgegengekommen.

Bei der Auseinandersetzung mit dieser Thematik musste ich weiters feststellen, dass es schwierig ist, sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen. Wie in vielen anderen Bereichen schlägt auch im Gesundheitswesen leider Gottes die Negativseite des Föderalismus zu Buche. Übrigens ist das ja nicht nur eine Kritik der Grünen, sondern auch der Rechnungshof und die WHO haben die unzureichende Koordination zwischen Bund und Ländern angeprangert.

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit einer umfassenden Bundesstaatsreform im Gesundheitsbereich, aber auch in allen anderen Ressorts effizienter arbeiten werden und arbeiten müssen, denn die aufgebrachten Mittel müssen effizienter eingesetzt werden. Wir werden in diesem Sektor jeden Cent benötigen.

Die Zahl der Demenzkranken wird aufgrund der demographischen Entwicklung in Zukunft nicht sinken, sondern steigen. Auch das muss ein Thema sein. Wir müssen sorgfältige politische Entscheidungen im Sinne der Betroffenen fällen, und ich bin zuversichtlich, dass sich die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung – in erster Linie der Gesundheitsminister und Sie, sehr geehrte Frau Justizministerin – dieses Themas bald annehmen werden.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 59

Abschließen möchte ich mit einem sensiblen Punkt dieser Reform – auch meine Vorredner beziehungsweise meine Vorrednerin, es hat heute nur eine Kollegin ge­sprochen, haben das erwähnt –: Das Vier-Augen-Prinzip, das der Kollege schon angesprochen hat, wird durch diese Novelle meines Erachtens relativiert. Das bedeu­tet, dass eine zweite ärztliche Meinung, die bisher in jedem Fall verpflichtend war, nur mehr auf Verlangen des Patienten/der Patientin eingeholt wird.

Wir müssen uns die Frage stellen, was denn der Grund für diese Vereinfachung ist. Worum geht es da eigentlich? Geht es um Kosteneinsparung? Ist der Grund Personal­mangel oder die unzureichende Ausstattung oder schlichtweg das Faktum, dass sich das zweite Gutachten in der Praxis zu 95 Prozent mit dem Erstgutachten gedeckt hat? Da tauchen also noch Fragen auf.

Meines Erachtens haben wir in Österreich zu wenige Psychiaterinnen und Psychiater. Dem Vorschlag, dass klinische Psychologinnen und Psychologen mit einer Entschei­dungs­befugnis ausgestattet werden, kann ich persönlich, ehrlich gesagt, wenig abge­winnen, denn ärztliche Entscheidungen sollten auch Ärzte und Ärztinnen treffen.

Wenn wir in Österreich zu wenig Ärzte und Ärztinnen haben, dann müssen wir uns die Frage stellen, ob wir mit der Politik, die wir betreiben, auf dem richtigen Weg sind, denn die Frage, die sich selbst Leuten, die nicht in dieser Materie zu Hause sind bezie­hungsweise tagtäglich damit zu tun haben, berechtigterweise aufdrängt, ist: Auf der einen Seite haben wir Zugangsbeschränkungen an den Universitäten, wo es hohe Drop-out-Quoten und Knock-out-Prüfungen gibt, und auf der anderen Seite mangelt es an Fachpersonal. Das ist meiner Auffassung nach ein klassischer Fall von verfehlter Politik. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.– Wie bitte? (Bundesrat Mayer: Das war zu einfach! – Bundesrat Mag. Himmer: Da einen Zusammenhang ...!) – Hättest du es gerne komplizierter?

Dass wir in diesem Bereich Fachpersonal benötigen, ist, wie ich meine, unbestritten. Das sagen uns die vorliegenden Expertisen. Dass wir aber auf der anderen Seite Studenten/Studentinnen haben, die  (Bundesrat Dr. Kühnel: Das Falsche studie­ren!) – Nein, nicht das Falsche! Liebe Kollegen, wir sind in einer Bildungsgesellschaft! Anstatt uns Gedanken darüber zu machen, wie wir Bildung für die Jugend noch attraktiver gestalten können, machen wir uns Gedanken darüber, wie wir den Zugang zur Bildung behindern. (Bundesrat Dr. Kühnel: Zu bestimmten Studienrichtungen, nicht zur Bildung! Elektroingenieure können jederzeit ...!)

Das ist der „innovative“ Weg, wie wir für Österreich in der Zukunft handeln! – Das ist sicher nicht der Weg, den wir teilen werden, aber darüber können wir ein anderes Mal debattieren.

Nichtsdestotrotz geht es uns und mir darum, dass den Betroffenen der substanzielle Rechtsschutz nicht verweigert wird und dass sie Rechtsschutz beanspruchen können. Wir werden dem Gesetz natürlich zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.30


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte.

 


12.30.16

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren Bundesräte! Durch die Novelle des Unterbringungs- und Heimaufenthaltsgesetzes werden Erfahrungen aus der Anwen­dungs­praxis berücksichtigt und in die bestehenden Gesetze eingebaut. Dem Ganzen ist schon vor längerer Zeit eine Enquete vorangegangen. Auch von meiner Seite ein


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 60

großes Dankeschön an die Juristinnen und Juristen im Bundesministerium für Justiz, die wieder einmal sehr professionell einen Entwurf gebastelt haben.

Was wird sich ändern? – Es ist schon mehrmals erwähnt worden, ich werde es noch einmal ganz kurz thematisieren: Das Unterbringungsverfahren ändert sich insofern, als man jetzt nur mehr ein Gutachten benötigt. Das hat vor allem den Grund, dass es zu wenige Psychiater gibt, die Gutachten erstellen können, und die sind meistens in den Ballungszentren zu finden, aber die Unterbringung wird ja immer mehr dezentralisiert. Das ist auch gut so, und es ist, glaube ich, in unser aller Interesse, dass die Leute in der Nähe ihrer Familie, in der Nähe ihrer sozialen Einbettung untergebracht sind. Aber bei Bedarf wird auf Antrag ein zweites Gutachten eingeholt.

Der Rechtsschutz für alle Patienten wird erweitert, und zwar durch die Aufnahme einer neuen Generalklausel: Es wird gesetzlich vorgeschrieben, dass Untergebrachte ihre Privatkleidung verwenden, tragen dürfen, persönliche Gegenstände gebrauchen dür­fen, sich regelmäßig im Freien aufhalten dürfen. Es werden also auch die Rechte der Untergebrachten erweitert.

Und die – das ist auch ein wesentlicher Punkt – heute schon oft genannte „Dreh­türpsychiatrie“ soll verringert werden. Es soll verhindert werden, dass jemand schnell wieder sozusagen rückfällig wird und wieder untergebracht werden muss. Die Aushei­lung soll gefördert werden.

Was ändert sich im Heimaufenthaltsgesetz? – Die wichtigste Änderung ist, dass die Befugnis zur Anordnung von Freiheitsbeschränkungen der jeweils kompetenten Berufsgruppe zugeordnet werden soll, also entweder Ärzten, dem Pflegepersonal oder Pädagogen.

Außerdem gibt es auch da eine neue Generalklausel, diese behandelt die gerichtliche Überprüfung von allen möglichen Freiheitsbeschränkungen. Die Terminologie im Heim­aufenthaltsgesetz wird gleichfalls verändert und modernisiert.

Zum Abschluss eine gute Nachricht: Dieses Gesetzesvorhaben ist für den Bund kostenneutral und bringt den Ländern in ihrer Funktion als Träger der Krankenanstalten sogar eine Entlastung. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

12.33


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Mag. Himmer. – Bitte.

 


12.33.30

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf es ganz, ganz kurz machen: Unser Kollege Dönmez ist ja immer auf der Seite der Guten (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja nicht schlecht, oder?) – das würde mich ja sehr freuen, würde es nicht immer implizieren, wer dann auf der Seite der Bösen ist. Und in diesem Zusammenhang möchte ich auf zwei Punkte ganz kurz Bezug nehmen.

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Wenn man die ernste Problematik der Traumatisierung von Menschen, die aus ihrer Heimat haben flüchten müssen, in einen Topf wirft damit, dass es auf der anderen Seite natürlich auch Asylmissbrauch gibt, dann eignet sich das zwar zum Polemisieren sehr, sehr gut, hat aber miteinander überhaupt nichts zu tun. (Bundesrat Dönmez: Wo war da die Polemik? – Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.) Das ist immer so der Versuch, in Gute und Schlechte zu unterteilen. In der Politik muss man sich aber sozusagen an den Fakten, die es gibt, zumindest zu orientieren versuchen, während du andere Politiker, andere politische Parteien manchmal salopp über einen Kamm scherst.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 61

Den zweiten Vergleich habe ich putzig gefunden – wie war das?, das war super –, nämlich: weil wir nicht genug Betreuung haben für Menschen, die psychische Erkran­kungen haben, einen Zusammenhang mit den Studienbeschränkungen herzustellen, weil wir auf der anderen Seite sozusagen Zugangsbeschränkungen an den Univer­sitäten machen. Ich finde es fast nobelpreisverdächtig, da einen Zusammenhang herzustellen

Ich möchte hier nur noch einmal Folgendes zum Ausdruck bringen, damit es da kein Missverständnis gibt – auch wenn es jetzt nicht Bestandteil dieser Materie ist –: Zu­gangs­beschränkungen sind so etwas von simpel, weil es während des ganzen Lebens Zugangsbeschränkungen gibt! Man kann heute sagen: Jeder darf alles studieren und darf zehn Jahre herumforschen, was er möchte!, aber er wird keinen Beruf finden (Bundesrat Dönmez: 80 Prozent der Studierenden ...!), wo er dann auch anklopfen und sagen kann: Bitte, freier Zugang zum Unternehmen X, freier Zugang zum Beruf Y! (Ruf bei der ÖVP: Freier Zugang zum AMS!) – Das ist einfach der Punkt, um den es dabei geht und den ich nicht in dieser Polemisierung untergehen lassen wollte. Deswegen wollte ich das ganz sachlich sagen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat ... auch gesagt, und jetzt quälen Sie ihn ...!)

Wir werden dieser Materie selbstverständlich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Kerschbaum: ... zur Behebung des Mangels?)

12.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.37.074. Punkt

Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und von Ersatzmit­glie­dern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Aufgrund der Neuwahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates durch den Wiener Landtag sind ein Mitglied und zwei Ersatzmitglieder neu zu wählen, wobei diese von der SPÖ für die entsprechende Wahl vorzuschlagen sind.

Nach § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 sind das Mitglied und die Ersatzmitglieder vom Bundesrat direkt zu wählen, wobei sowohl bei den Mitgliedern als auch bei den Ersatzmitgliedern jedes Bundesland vertreten sein muss.

Der entsprechende Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion liegt mir vor. Dieser lautet auf das Mitglied Josef Kalina aus Wien und die Ersatzmitglieder Wolfgang Beer aus Wien und Waltraut Hladny aus der Steiermark.

Sofern sich kein Einwand erhebt, werde ich die Abstimmung über diesen Wahlvor­schlag unter einem vornehmen und durch Handzeichen abstimmen lassen.


BundesratStenographisches Protokoll782. Sitzung / Seite 62

Ich bitte also jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Wahlvor­schlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmen­einhellig­keit. Das genannte Mitglied beziehungsweise die genannten Ersatzmitglieder sind somit mit Stimmeneinhelligkeit gewählt. – Ich gratuliere.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

12.38.28Einlauf

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sechs Anfragen mit den Nummern 2741/J bis 2746/J eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Freitag, 9. April 2010, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 6. April 2010, ab 13 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

12.39.05Schluss der Sitzung: 12.39 Uhr

 

 

 

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien