19.00

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Debatte, die wir heute führen, ist ein erfolgreicher Abschluss intensiver Verhandlungen, das muss man ganz klar feststellen. Es entsteht aber doch, denke ich, ein falscher Eindruck, was Parteien und Vereine betrifft, deswegen möchte ich einmal ganz klar festhalten, dass die Vielfalt der Parteien eine Säule unserer repräsentativen Demokratie ist und dass die Existenz und die Vielfalt dieser politischen Parteien wesent­liche Bestandteile unserer demokratischen Ordnung sind und sie deswegen auch im Verfassungsrang stehen. – Das ist das eine.

Das andere ist, dass die Vereine und die Organisation in Vereinen aber auch eine wesentliche Säule des zivilgesellschaftlichen Engagements darstellen. Die Mitglieder übernehmen Verantwortung und gestalten damit ihr Lebensumfeld und auch die Ge­meinschaft und die Gesellschaft, und das in den verschiedensten Vereinen, die es gibt, unter anderen wahrscheinlich auch in denjenigen, die hier angeführt worden sind. Aus diesem Grund möchte ich einmal all denen, die sich freiwillig engagieren, ein herzliches Dankeschön aussprechen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), egal ob Blasmusik, Sportvereine, Jugendvereine, Rettungs- und Hilfsorganisationen bis hin, ja, zum Seniorenbund, auch wenn er als Verein organisiert ist. Diese Menschen, die sich da freiwillig engagieren, leisten eine hervorragende Arbeit, und das gibt vielen Sinn und Halt in ihrem Leben.

Die Kombination Verein auf der einen Seite und Partei auf der anderen Seite hat möglicherweise dazu geführt, dass das Engagement in Parteien, aber auch das freiwillige Engagement in Vereinen in Verruf geraten ist, weil bewusst oder unbewusst der Eindruck erweckt wird, dass Vereine als Vehikel zur verdeckten Parteienfinanzierung gegründet werden. Das schadet dem freiwilligen Engagement und das schadet auch dem Ruf der Parteien. Ich denke, das kann nicht in unser aller Sinn sein. Deshalb wird mit diesem neuen Parteiengesetz, das wir heute beschließen werden, die Transparenz hinsichtlich Finanzierung politischer Parteien und vor allem auch die Kontrolle durch den Rechnungshof verbessert.

Zum Begriff der nahestehenden Organisation: Eine Organisation oder ein Verein gilt nach der aktuellen Regelung dann als einer Partei nahestehend, wenn die Unterstützung der Partei oder die Mitwirkung an der Willensbildung in den Satzungen des Vereins oder der Organisation festgelegt ist. Bei den NEOS ist es eher so, dass sie nahestehend so definiert haben wollen, dass dafür Kriterien wie eine Namensgleichheit, ein gemein­samer Sitz, die überwiegende Identität der Personen in Leitungsfunktionen – also wenn eine gewisse Anzahl von Personen sowohl im Verein als auch in der Partei sind – ausschlaggebend sind, wenn sich der Verein nicht ausschließlich politikfernen Zielen widmet. Das ist ein spannender Punkt, denn die Frage ist schon, was ein politikfernes Ziel oder was überhaupt Politikferne ist. Im weitesten Sinne, so denke ich, ist jedes Handeln, auch in Vereinen, das auf die Gestaltung der Gemeinschaft, der Gesellschaft, auf die Gestaltung des Lebensumfeldes ausgerichtet ist, politisches Handeln. Damit gibt es nur sehr wenige Bereiche, die tatsächlich politikfern sind.

Wenn man aber auf die Personenidentität abstellt, dann wird es auch wieder schwierig. Sie werden vielleicht den Askö kennen, vor allem in der SPÖ müsste er bekannt sein, denn er war ja einmal eher SPÖ-nahe oder ist es noch immer. Wenn jetzt im Vorstand Personen mit eher bürgerlichem Hintergrund tätig sind, würde das dann bedeuten, dass der Askö ein der ÖVP nahestehender Verein ist? Oder wäre es dann bei der Sportunion umgekehrt? Im Allgemeinen geht man davon aus, dass das eher ein der ÖVP nahe­stehender – das ist jetzt der falsche Begriff –, ein eher ÖVP-naher Verein ist. Wenn dort jetzt Personen Leitungsfunktionen innehaben, die eher einen sozialdemokratischen Hintergrund haben, wäre das dann ein der SPÖ nahestehender Verein? (Abg. Loacker: Allein schon das Verständnis, dass Sportvereine Parteispenden ...!)

Ich denke, dass es da sehr große Unklarheiten gibt, die wir auch beseitigen wollen. (Abg. Meinl-Reisinger: Sportvereine von Parteien – in anderen Ländern ist das nicht so!) Das ist ganz klar, diese Unklarheiten wollen wir beseitigen, und deshalb bringe ich einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung des Vollzugs betreffend den Begriff ‚nahestehende Organi­sationen‘“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt wird ersucht, auf­bauend auf den Erfahrungen hinsichtlich des Begriffs der nahestehenden Organisatio­nen die Vollzugspraxis der Behörden und Gerichte zu evaluieren und dem Nationalrat darüber zu berichten,“

(Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja eine Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag!)

„ob die Einbeziehung parteinaher Vereine, Vorfeldorganisationen und ähnlicher juris­tischer Personen im Sinn von Rechtssicherheit als auch höchstmöglicher Transparenz von Parteifinanzen ausreichend sichergestellt ist, und gegebenfalls darzustellen, wie eine Ausweitung des Begriffs der nahestehenden Organisation aufgrund klar nachprüf­barer Kriterien wie etwa dem Sitz, der überwiegenden Personenidentität in Leitungs­organen, Namensgleichheit und der Vereinszwecke, die nicht ausschließlich auf politik­ferne Ziele ausgerichtet sind, formuliert werden sollte.“

(Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein peinlicher Antrag!)

„Aufbauend auf dem Ergebnis der Evaluierung wird die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt darüber hinaus ersucht zu prüfen und dem Nationalrat zu berichten, welche besonderen verfahrensrechtlichen Mechanismen zweckdienlich erscheinen, um vorab rechtsverbindlich festzustellen zu können, ob eine Organisation als nahestehend im Sinn des Parteiengesetzes zu qualifizieren ist.“

*****

Wir haben das Problem erkannt und wollen es mit diesem Entschließungsantrag in wei­terer Folge dann auch lösen. (Abg. Meinl-Reisinger: Haha! Bitte, das ist ja wie eine Comedy!) Ich ersuche um breitestmögliche Zustimmung zu diesem Gesetz und dem Entschließungsantrag. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Unselbstständiger

Entschließungsantrag

gemäß § 53 Abs. 1 GOG-NR

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger und Sigrid Maurer

Kollegen und Kolleginnen,

betreffend Evaluierung des Vollzugs betreffend den Begriff „nahestehende Organi­sationen“

eingebracht im Zuge der Debatte (TOP 15) über den Bericht des Verfassungs­aus­schusses über den Antrag 2487/A der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), das Mediengesetz und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG) geändert wer­den sowie über den Antrag 34/A und zu 34/A der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird, über den Antrag 35/A und Zu 35/A der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird und über den Antrag 454/A der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird (1637 d.B.)

Begründung

Die Erfahrungen mit der Anwendung des Parteigesetzes der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es öfters zu Unklarheiten kommt, ob und welche parteinahen Vereine und ähnliche juristische Personen tatsächlich nahestehende Organisationen sind. Durch die mit dem in Verhandlung stehenden Antrag reglementierte Novelle erfolgt eine Aus­weitung der bisherigen Definition der nahestehenden Organisationen dahingehend, dass nunmehr auch „nahestehende Organisationen von nahestehenden Organisationen“ erfasst werden. Gleichzeitig werden auch Spendenobergrenzen und Transparenzbe­stimmungen zu nahestehenden Organisationen ausgeweitet.

Im Begutachtungsverfahren wurde in einigen Stellungnahmen bemängelt, dass partei­nahe Vereine, die nicht statutarisch im Sinne des ParteienG mit der Partei oder nahe­stehenden Organisationen verknüpft sind, weiterhin nicht erfasst werden. Das mitunter vorgeschlagene Abstellen auf eine „tatsächliche Unterstützung“ erscheint jedoch insofern problematisch, als nach der künftigen Rechtslage von Beginn eines Abrech­nungsjahres an Klarheit über die nahestehenden Organisationen herrschen muss, da diese in laufende Meldepflichten und Abrechnungen einbezogen werden müssen. Eine nachträgliche Klärung durch Ermessensübung von Rechnungshof und UPTS bzw. BVwG erst bei Prüfung der Rechenschaftsberichte käme daher zu spät.

Zu denken wäre daher an ein Abstellen auf alternative weitere objektive Kriterien, die eine Beurteilung im Vorhinein ermöglichen sollen. In Frage kommen dabei etwa über­einstimmende Geschäftsanschriften, Namensidentitäten und Personenidentitäten von mehr als der Hälfte der Mitglieder Leitungsorganen. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass nicht auf Grund dieser Kriterien irrtümlich juristische Personen miterfasst werden, die nach ihrer Zweckbestimmung tatsächlich keine Parteinähe aufweisen (z.B. lokale Sportvereine, etc.).

Die Erarbeitung einer entsprechenden Definition bedürfte daher erst noch einer ein­gehenden Analyse auf sachlicher Ebene, insbesondere auch der bisherigen Spruch­praxis der zuständigen Behörden und der öffentlich bekannt gewordenen Fallkonstel­lationen. Da gleichzeitig jedoch eine rasche Beschlussfassung der vorliegenden Novelle erforderlich ist, um eine rechtzeitige Vorbereitung der politischen Parteien und Behörden auf die neue Rechtslage ab 1.1.2023 zu ermöglichen, kann diese Analyse derzeit nicht abgewartet werden.

Für die Durchführung einer solchen Analyse und die Erstellung eines darauf basierenden Gesetzesentwurfs wäre die Kompetenz des im Bundeskanzleramt angesiedelten Ver­fassungsdienstes und allfälliger weiterer zuständiger Fachabteilungen von größtem Nut­zen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt wird ersucht, auf­bauend auf den Erfahrungen hinsichtlich des Begriffs der nahestehenden Organi­sationen die Vollzugspraxis der Behörden und Gerichte zu evaluieren und dem Natio­nalrat darüber zu berichten, ob die Einbeziehung ‚parteinaher‘ Vereine, Vorfeldorgani­sationen und ähnlicher juristischer Personen im Sinn von Rechtssicherheit als auch höchstmöglicher Transparenz von Parteifinanzen ausreichend sichergestellt ist, und gegebenfalls darzustellen, wie eine Ausweitung des Begriffs der nahestehenden Organi­sation aufgrund klar nachprüfbarer Kriterien wie etwa dem Sitz, der überwiegenden Personenidentität in Leitungsorganen, Namensgleichheit und der Vereinszwecke, die nicht ausschließlich auf politikferne Ziele ausgerichtet sind, formuliert werden sollte.

Aufbauend auf dem Ergebnis der Evaluierung wird die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt darüber hinaus ersucht zu prüfen und dem Nationalrat zu berichten, welche besonderen verfahrensrechtlichen Mechanismen zweckdienlich erscheinen, um vorab rechtsverbindlich festzustellen zu können, ob eine Organisation als ‚nahestehend‘ im Sinn des Parteiengesetzes zu qualifizieren ist.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag. Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.