Um der nationalen Volksvertretung Einfluss auf die Gestaltung der europäischen Gesetzgebung zu sichern, wurde bereits im Zuge des EU-Beitritts Österreichs Vorkehrung getroffen, dass das Parlament auf die Verhandlungs- und Abstimmungsposition österreichischer Regierungsmitglieder Einfluss nehmen kann. Die nationalen Regierungsvertreterinnen und Vertreter sind im Rat der EU und im Europäischen Rat verhandlungs- und stimmberechtigt.
Durch eine Stellungnahme haben Nationalrat und Bundesrat die Möglichkeit, bei ihnen wichtig erscheinenden Themen in der Phase der Verhandlungen im Rat der EU bzw. im Europäischen Rat der zuständigen Bundesministerin oder dem Bundesminister bzw. der Bundeskanzlerin oder dem Bundeskanzler eine Verhandlungsposition und sogar eine Abstimmungsposition vorzugeben. Dadurch wurde dem Parlament ein starkes Mitwirkungsrecht in EU-Angelegenheiten eingeräumt. Es kann schon aktiv werden, bevor die Entscheidung auf EU-Ebene fällt.
Eine solche Stellungnahme kann auch verbindlich sein. Dann darf die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler bzw. die zuständige Bundesministerin oder Bundesminister nur aus zwingenden außen- oder integrationspolitischen Gründen davon abweichen und muss Rücksprache mit dem Parlament halten.
Voraussetzung einer verbindlichen Stellungnahme im Nationalrat ist:
- Sie wird zu einem EU-Vorhaben, das auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsakts gerichtet ist, erstattet.
- Dieser verbindliche Rechtsakt würde sich auf die Erlassung von Bundesgesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken.
Wenn die zuständige Bundesministerin oder der Bundesminister bzw. die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler von der Stellungnahme abweichen will, muss sie bzw. er den Nationalrat neuerlich befassen.
Wenn die Auswirkungen bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen betreffen, darf die zuständige Bundesministerin oder der Bundesminister nur abweichen, wenn der Nationalrat dieser Abweichung innerhalb angemessener Frist nicht widerspricht.
Voraussetzung einer verbindlichen Stellungnahme im Bundesrat ist:
- Sie wird zu einem EU-Vorhaben erstattet, das auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsakts gerichtet ist.
- Dieser verbindliche Rechtsakt würde die Erlassung bundesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen erfordern, durch die die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingeschränken würde.
Die zuständige Bundesministerin oder der Bundesminister bzw. die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler darf nur abweichen, wenn der Bundesrat dieser Abweichung nicht widerspricht.