Geschäftsordnung des National­rates

Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975)

IX. Allgemeine Bestimmungen über die Geschäftsbehandlung in den Sitzungen des National­rates

§§ 53 bis 68 des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975)

§ 53 [Durchführung der Debatten; Abänderungs- und Zusatzanträge; Vertagung; Rückverweisung; Übergang zur Tagesordnung]

(1) Die Debatte über einen Verhandlungsgegenstand, der in einem Ausschuß vorberaten ist, wird durch den Berichterstatter oder im Falle dessen Verhinderung durch den Ausschußobmann oder – wenn auch dieser verhindert ist – durch einen Obmannstellvertreter eröffnet. Im Falle eines Verzichtes auf die Berichterstattung oder einer Verhinderung aller im ersten Satz bezeichneten Personen, wird die Debatte durch die Worterteilung an den ersten zum Wort gemeldeten Redner eröffnet.

(2) Der Präsident kann bestimmen, daß Teile der Vorlage für sich zur Verhandlung kommen. Hiebei hat er den Grundsatz zu beobachten, daß eine solche Teilung der Debatte und Abstimmung nur in einer die Übersichtlichkeit der Verhandlung fördernden Weise erfolge. Wird eine Einwendung erhoben, entscheidet der Nationalrat ohne Debatte.

(3) Abänderungs- und Zusatzanträge können von jedem Abgeordneten zu jedem einzelnen Teil der Vorlage, sobald die Debatte über ihn eröffnet ist, beziehungsweise zu jedem vom Nationalrat zu fassenden Beschluß gestellt werden und sind, wenn sie von mindestens fünf Abgeordneten einschließlich des Antragstellers unterstützt werden, in die Verhandlung einzubeziehen. Die Unterstützung erfolgt, wenn die Anträge nicht von fünf Abgeordneten unterfertigt sind, auf die Unterstützungsfrage des Präsidenten durch Erheben von den Sitzen.

(4) Diese Anträge sind dem Präsidenten schriftlich zu überreichen und in der Regel von einem der unterfertigten Abgeordneten zu verlesen. Auf Anordnung des Präsidenten kann jedoch die Verlesung auch durch einen Schriftführer erfolgen. Bei der Einbringung von umfangreichen Abänderungsanträgen kann der Präsident zur Straffung der Verhandlungen die Vervielfältigung bzw. die Verteilung an die Abgeordneten verfügen, sofern einer der unterfertigten Abgeordneten in seinen Ausführungen die Kernpunkte des Antrages mündlich erläutert hat. Diese Abänderungsanträge sind dem Stenographischen Protokoll beizudrucken.

(5) Dem Nationalrat steht das Recht zu, jeden solchen Antrag an den Ausschuß zu verweisen und bis zur Erstattung eines neuerlichen Ausschußberichtes über die Vorlage die Verhandlung zu vertagen.

(6) Der Nationalrat kann nach Erschöpfung der Rednerliste beschließen,

1. die Verhandlung zu vertagen,

2. den Gegenstand nochmals an den Ausschuß zu verweisen oder

3. zur Tagesordnung überzugehen.

Im Fall der Z 3 ist die Verhandlung erledigt.

(7) Auf Vorschlag des Präsidenten kann der Nationalrat die Verhandlung über einen Gegenstand auch während der Debatte über denselben mit Zweidrittelmehrheit vertagen. Dieser Beschluß wird ohne Debatte gefaßt.

(8) Für den Fall, daß bei einer mehrere Tage dauernden Verhandlung über eine Vorlage eine Teilung der Debatte und Abstimmung erfolgt, kann der Nationalrat nach Verhandlung jedes Teiles beschließen, die Verhandlung über diese Vorlage zu vertagen, um eine oder mehrere Sitzungen zur Verhandlung anderer Gegenstände einzuschieben.

§ 54 [Fristsetzung bei Rückverweisung an den Ausschuss]

Wird eine Rückverweisung an den Ausschuß beschlossen, so kann der Nationalrat auf Vorschlag des Präsidenten oder auf Antrag eines Abgeordneten dem Ausschusse zur neuerlichen Berichterstattung eine Frist setzen, nach deren Ablauf die Verhandlung im Nationalrat fortgesetzt wird, auch wenn ein schriftlicher Ausschußbericht nicht vorliegen oder der Ausschuß keinen Berichterstatter für den Nationalrat gewählt haben sollte.

§ 55 [Unselbständige Entschließungsanträge]

(1) Entschließungen, in welchen der Nationalrat seinen Wünschen über die Ausübung der Vollziehung Ausdruck gibt (Art. 52 Abs. 1 B‑VG) oder durch welche der Nationalrat der Bundesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder das Vertrauen versagt (Art. 74 Abs. 1 B‑VG), können auch im Zuge der Debatte über einen Verhandlungsgegenstand im Nationalrat beantragt werden, sofern sie mit diesem in inhaltlichem Zusammenhang stehen. Werden gegen den inhaltlichen Zusammenhang Einwendungen erhoben, so entscheidet der Präsident.

(2) Solche Entschließungsanträge sind, wenn sie von mindestens fünf Abgeordneten einschließlich des Antragstellers unterstützt werden, in die Verhandlung einzubeziehen. Die Unterstützung erfolgt, wenn die Anträge nicht von fünf Abgeordneten unterfertigt sind, auf die Unterstützungsfrage des Präsidenten durch Erheben von den Sitzen. Zu solchen Entschließungsanträgen können weder Abänderungs- noch Zusatzanträge gestellt werden.

(3) Diese Entschließungsanträge sind dem Präsidenten schriftlich zu überreichen und von einem der unterfertigten Abgeordneten zu verlesen. Auf Anordnung des Präsidenten kann die Verlesung auch durch einen Schriftführer erfolgen. § 53 Abs. 4 dritter und vierter Satz gelten sinngemäß.

(4) Die Abstimmung über Entschließungsanträge gemäß Abs. 1 beziehungsweise § 27 Abs. 3 erfolgt bei Gesetzesvorschlägen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 5 sowie des § 67 Abs. 1 und 3 nach der dritten Lesung, bei allen übrigen Vorlagen nach der letzten Abstimmung über die Vorlage selbst, bei Verhandlungsgegenständen, über die keine Abstimmung stattfindet, nach dem Schluß der Debatte.

(5) Wird bei der zweiten Lesung eines Gesetzesvorschlages die Spezialdebatte in Teilen abgeführt, so kann die Abstimmung über Entschließungsanträge bereits nach Abstimmung über den jeweils in Verhandlung stehenden Teil der Vorlage erfolgen. Werden Einwendungen erhoben, so entscheidet der Nationalrat ohne Debatte.

§ 56 [Antrag auf Schluss der Debatte]

(1) Der Antrag auf Schluß der Debatte kann, nachdem wenigstens zwei zum Wort gemeldete Abgeordnete gesprochen haben, jederzeit, jedoch ohne Unterbrechung eines Redners, gestellt werden und ist vom Präsidenten ohne Debatte sofort zur Abstimmung zu bringen.

(2) Wird der Antrag auf Schluß der Debatte angenommen, so kommen die eingeschriebenen Redner nicht mehr zum Wort, jedoch kann jeder Klub noch einen Redner melden.

(3) Abgeordnete, die einen Abänderungs- oder Zusatzantrag stellen wollen, können, falls Schluß der Debatte beschlossen wurde, ihren Antrag sogleich dem Präsidenten übergeben, der ihn mitteilt und in diesem Fall, wenn der Antrag nicht von fünf Abgeordneten unterfertigt ist, die Unterstützungsfrage stellt.

(4) Nach Annahme des Antrages auf Schluß der Debatte dürfen außer den von den Klubs gemäß Abs. 2 gemeldeten Rednern nur der Berichterstatter (§ 63 Abs. 3) und bei einem Selbständigen Antrag von Abgeordneten der Antragsteller beziehungsweise einer der Antragsteller das Wort nehmen.

§ 57 [Redezeit]

(1) Jeder Abgeordnete darf in den Debatten des Nationalrates – unbeschadet aller anderen Bestimmungen über Redezeiten – grundsätzlich nicht länger als 20 Minuten sprechen. Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz kann der Präsident dem Nationalrat auch einen Vorschlag für längere Redezeiten bei besonders bedeutsamen Debatten unterbreiten.

(2) Die Redezeit jedes Abgeordneten in einer Debatte, oder, wenn diese in Teilen durchgeführt wird, in jedem Teil derselben, darf auch auf weniger als 20, aber nicht auf weniger als fünf Minuten beschränkt werden, wenn dies

1. der Nationalrat spätestens vor Eingang in die Debatte beschließt oder

2. der Präsident nach Beratung in der Präsidialkonferenz – auch während der Debatte – anordnet.

(3) Der Präsident kann nach Beratung in der Präsidialkonferenz vor Eingang in die Tagesordnung oder spätestens vor Beginn einer Debatte

1. anordnen, daß die Gesamtredezeit der Abgeordneten desselben Klubs in einer Debatte oder, wenn diese in Teilen durchgeführt wird, in jedem Teil derselben, ein bestimmtes Ausmaß nicht überschreiten darf, oder

2. dem Nationalrat einen Vorschlag über Gestaltung und Dauer der Debatte zu einem oder mehreren Verhandlungsgegenständen oder zur gesamten Tagesordnung zur Beschlußfassung unterbreiten.

(4) Die Gesamtredezeit der Abgeordneten desselben Klubs im Sinne des Abs. 3 Z 1 kann nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz auch spätestens vor Beginn der Debatte beschlossen werden, wobei in diesem Fall die Redezeit für die Redner eines Klubs nicht weniger als 20 Minuten betragen darf und bei der Aufteilung der Gesamtredezeit auf die Klubs auch auf deren Stärke Bedacht zu nehmen ist. Dies gilt nicht für zusammengefaßte Debatten gem. § 49 Abs. 4.

(5) Die Gesamtredezeit der Abgeordneten desselben Klubs kann nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz auch spätestens vor Eingang in die Tagesordnung für die Debatten mehrerer oder aller Tagesordnungspunkte einer Sitzung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden, wobei in diesem Fall die Redezeit für die Redner eines Klubs nicht weniger als 30 Minuten und die Gesamtredezeit nicht mehr als zehn Stunden betragen darf. Bei der Aufteilung der Gesamtredezeit der Abgeordneten auf die einzelnen Klubs ist auch auf deren Stärke Bedacht zu nehmen.

(6) Wurde eine Anordnung gemäß Abs. 3 Z 1 getroffen oder ein Beschluß gemäß Abs. 3 Z 2, Abs. 4 oder 5 gefaßt, ist eine Beschränkung der Redezeit gemäß Abs. 2 Z 1 nicht mehr zulässig.

(7) Im Rahmen einer Anordnung bzw. eines Beschlusses gemäß Abs. 3, 4 oder 5 beträgt die Redezeit eines Abgeordneten, der keinem Klub angehört, für die gesamte Tagesordnung höchstens die Hälfte der Gesamtredezeit des an Mandaten kleinsten Klubs. Darüber hinaus kann die Redezeit eines Abgeordneten, der keinem Klub angehört, auf nicht weniger als fünf Minuten je Debatte beschränkt werden.

(8) Spricht ein Mitglied der Bundesregierung oder ein Staatssekretär in einer Debatte, die einer Redezeitbeschränkung gemäß Abs. 3, 4 oder 5 unterliegt, länger als 20 Minuten, kann jeder Klub, der eine abweichende Meinung zum Ausdruck bringen will, zusätzliche Redezeit im Ausmaß der Überschreitung in Anspruch nehmen.

(9) Über Beschränkungen der Redezeit findet keine Debatte statt.

§ 57a [Kurze Debatten]

(1) Kurze Debatten über

a) die schriftliche Beantwortung einer an die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder gerichteten Anfrage (§ 92),

b) einen Fristsetzungsantrag (§ 43) sowie

c) den Antrag oder ein Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (§ 33)

werden von einem Antragsteller bzw. einem Abgeordneten, der ein diesbezügliches Verlangen unterzeichnet hat, eröffnet, wobei dessen Redezeit zehn Minuten beträgt. Danach kann jeder Klub einen Redner melden, dessen Redezeit auf fünf Minuten beschränkt ist. Bei gleichzeitiger Wortmeldung richtet sich die Reihenfolge der Worterteilung nach der Stärke der Klubs.

(2) Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder im Sinne des § 19 Abs. 1 zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als zehn Minuten dauern.

(3) Die Bestimmungen über die tatsächliche Berichtigung (§ 58) finden keine Anwendung.

(4) Debatten gemäß Abs. 1 lit. a und b finden nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt. Ist für denselben Tag eine Dringliche Anfrage oder ein Dringlicher Antrag verlangt worden, finden die Debatten im Anschluß an diese statt. Debatten gemäß Abs. 1 lit. c finden nach Erledigung der Tagesordnung statt. 

§ 57b [Kollisionsnorm für Debatten]

(1) An jedem Sitzungstag kann nur eine Dringliche Anfrage oder ein Dringlicher Antrag zum Aufruf gelangen. Ist eine Dringliche Anfrage oder ein Dringlicher Antrag für eine Sitzung verlangt worden, so kann nur eine Debatte gemäß § 57a Abs. 1 lit. a oder b zum Aufruf gelangen.

(2) Wird hinsichtlich mehrerer Anfragen die dringliche Behandlung verlangt, so gelangt die Anfrage jenes Klubs zum Aufruf, bei dem die letzte aufgerufene Dringliche Anfrage länger zurückliegt.

(3) Abs. 2 gilt für den Fall einer Kollision mehrerer Verlangen auf dringliche Behandlung eines Antrages bzw. für den Fall einer Kollision von Dringlichen Anträgen und Dringlichen Anfragen sinngemäß. Abs. 2 findet auch sinngemäße Anwendung bei der Entscheidung der Frage, welche Debatte gemäß § 57a Abs. 1 lit. a oder b nach einer Dringlichen Anfrage oder einem Dringlichen Antrag aufgerufen wird.

(4) In einer Sitzung gem. § 46 Abs. 6 und 7 1. Fall gelangt abweichend von Abs. 2 und 3 der Dringliche Antrag bzw. die Dringliche Anfrage der Abgeordneten jenes Klubs zum Aufruf, dem die Abgeordneten, die diese Sitzung verlangt haben, angehören bzw. mehrheitlich angehören.

(5) Wird für eine Sitzung weder die dringliche Behandlung einer Anfrage noch eines Antrages verlangt, so gelangen alle Debatten gemäß § 57a Abs. 1 lit. a oder b zum Aufruf. Hinsichtlich der Reihenfolge findet § 60 Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäße Anwendung, daß Debatten gemäß § 57a Abs. 1 lit. a vor jenen gemäß § 57a Abs. 1 lit. b aufgerufen werden.

§ 58 [Tatsächliche Berichtigung und Erwiderung auf eine solche]

(1) Wenn sich im Laufe einer Debatte ein Abgeordneter zu einer tatsächlichen Berichtigung zum Worte meldet, hat ihm der Präsident in der Regel sofort, jedoch ohne Unterbrechung eines Redners, spätestens aber unmittelbar nach Schluß der Debatte über den Verhandlungsgegenstand, das Wort zu erteilen.

(2) Eine tatsächliche Berichtigung hat mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und hat dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen.

(3) Eine Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung ist nur durch einen Abgeordneten möglich, der in die Darlegung des berichtigten Sachverhaltes gemäß Abs. 2 persönlich einbezogen wurde; er hat sich bei seiner Wortmeldung auf die Sachverhaltsdarstellung zu beschränken.

(4) Verstößt ein Redner gegen die Bestimmungen des Abs. 2 oder 3, ist ihm durch den Präsidenten das Wort zu entziehen.

(5) Eine tatsächliche Berichtigung sowie eine Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung dürfen die Dauer von zwei Minuten nicht überschreiten. Der Präsident kann diese Redezeit auf Ersuchen des Redners ausnahmsweise erstrecken.

§ 59 [Anträge und Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung; Debatte darüber]

(1) Anträge zur Geschäftsbehandlung brauchen nicht schriftlich überreicht zu werden. Sie bedürfen keiner Unterstützung und werden, sofern der Nationalrat nicht gemäß Abs. 3 die Durchführung einer Debatte beschließt, vom Präsidenten sogleich zur Abstimmung gebracht.

(2) Meldet sich ein Abgeordneter, ohne einen Antrag zu stellen, zur Geschäftsbehandlung zum Wort, so ist der Präsident berechtigt, ihm das Wort erst am Schlusse der Sitzung zu erteilen.

(3) Auf Vorschlag des Präsidenten oder auf Antrag eines Abgeordneten kann der Nationalrat beschließen, daß eine Debatte stattfindet. In einer solchen Debatte kann der Präsident die Redezeit der Abgeordneten bis auf fünf Minuten beschränken.

§ 60 [Wortmeldungen und Reihenfolge der Debattenredner]

(1) Jene Abgeordneten, die zu einem in der Sitzung zur Verhandlung kommenden Gegenstand zu sprechen wünschen, haben sich bei einem vom Präsidenten zu diesem Zweck bestimmten Bediensteten der Parlamentsdirektion mit der Angabe, ob sie "für" oder "gegen" sprechen werden, zu melden. Diese Meldung kann auch durch einen vom Klub hiezu bestimmten Abgeordneten erfolgen. Wortmeldungen werden ab Beginn der Sitzung entgegengenommen.

(2) Die gemeldeten Abgeordneten gelangen in der Reihenfolge der Anmeldung zum Worte, wobei der erste "Gegen"-Redner beginnt und sodann zwischen "Für"- und "Gegen"-Rednern abgewechselt wird.

(3) Bei gleichzeitiger Anmeldung zweier oder mehrerer "Für"-Redner oder zweier oder mehrerer "Gegen"-Redner bestimmt der Präsident die Reihenfolge, in der sie zum Worte kommen, in der Weise, daß die verschiedenen Standpunkte zu einem Verhandlungsgegenstande gebührend zur Geltung kommen sowie auf Klubstärke und Abwechslung zwischen den Rednern verschiedener Klubs Bedacht genommen wird.

(4) In der ersten Lesung eines Gesetzesvorschlages, in der Debatte über den Gegenstand einer dringlichen Anfrage sowie in der Aktuellen Stunde wird, abweichend von den Bestimmungen der Abs. 1 bis 3, zwischen "Für"- und "Gegen"-Rednern nicht unterschieden.

(5) Jedem Redner steht es frei, seine Wortmeldung zurückzuziehen oder diese an einen anderen Abgeordneten abzutreten; doch darf das Wort einem Redner, welcher über den Gegenstand schon zweimal gesprochen hat, nicht abgetreten werden.

(6) Wer, zur Rede aufgefordert, nicht anwesend ist, verliert das Wort.

(7) Der vom Ausschuß für den Nationalrat gewählte Berichterstatter (§ 42 Abs. 1) kann zu diesem Gegenstand nicht als "Für"- oder "Gegen"-Redner das Wort nehmen. Dies gilt nicht, wenn der Berichterstatter auf die Erstattung seines mündlichen Berichtes verzichtet hat.

(8) Von der Redeordnung gem. Abs. 1 bis 3 kann nach Beratung in der Präsidialkonferenz längstens für die laufende Gesetzgebungsperiode abgegangen werden.

§ 61 [Präsident als Debattenredner]

Läßt sich einer der Präsidenten in die Rednerliste eintragen, so übernimmt er in der Regel erst nach Erledigung des Gegenstandes wieder den Vorsitz.

§ 62 [Rednerplätze]

(1) Die Berichterstatter, Schriftführer und zum Wort gemeldeten Abgeordneten sprechen von den für sie bestimmten Rednerpulten aus. Nur in Angelegenheiten der Geschäftsbehandlung sowie in besonderen Fällen, in denen der Präsident die Erlaubnis hiezu erteilt, sprechen die Abgeordneten von den Saalmikrofonen in den Bankreihen.

(2) Die Mitglieder der Bundesregierung beziehungsweise der Präsident des Rechnungshofes sowie die Mitglieder der Volksanwaltschaft sprechen, wenn sie sich gemäß § 19 beziehungsweise § 20 zum Wort melden, von der Regierungsbank aus.

§ 63 [Redner; Schlusswort des Berichterstatters]

(1) Kein Abgeordneter darf innerhalb einer Debatte öfter als zweimal sprechen.

(2) Auf Wortmeldungen von Mitgliedern der Bundesregierung und der Staatssekretäre beziehungsweise des Präsidenten des Rechnungshofes sowie von Mitgliedern der Volksanwaltschaft finden die Bestimmungen des § 19 beziehungsweise § 20 Anwendung.

(3) Liegen keine Wortmeldungen mehr vor, schließt der Präsident die Debatte und erteilt dem Berichterstatter auf dessen Verlangen das Schlußwort. Dem Berichterstatter gemäß § 44 Abs. 4 beziehungsweise § 45 steht ein Schlußwort nur zur Behebung von Schreib- und Druckfehlern sowie sprachlichen Mängeln zu.

§ 64 [Ausübung des Stimmrechtes]

(1) Alle Abgeordneten haben ihr Stimmrecht persönlich auszuüben.

(2) Die Abgabe der Stimme hat durch Bejahung oder Verneinung der Frage ohne Begründung zu erfolgen.

(3) Bei Stimmengleichheit wird die Frage als verneint angesehen.

§ 65 [Reihung der Abstimmungen; Einwendungen dagegen; getrennte Abstimmung]

(1) Der Präsident verkündet in der Regel nach Abschluß der Beratung den Eingang in das Abstimmungsverfahren. Liegen jedoch umfangreiche oder kurzfristig eingebrachte Anträge gemäß § 53 Abs. 3 oder Verlangen bzw. Beschlüsse gemäß § 65 Abs. 5 oder § 66 Abs. 3 oder 4 vor und reicht eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmung nicht aus, kann der Präsident die Abstimmungen auf einen späteren Zeitpunkt (längstens bis an den Schluß der Sitzung) verlegen und einstweilen in der Erledigung der Tagesordnung fortfahren.

(2) Der Präsident hat den Gegenstand, über den abgestimmt wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Abstimmungen sind so durchzuführen, daß die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt.

(4) Es sind daher in der Regel die abändernden Anträge vor dem Hauptantrag, und zwar die weitergehenden vor den übrigen, zur Abstimmung zu bringen.

(5) Jeder Abgeordnete kann – wenn dies der Klarheit des Abstimmungsvorganges beziehungsweise des Ergebnisses der Abstimmung dient – vor Eingang in das Abstimmungsverfahren verlangen, daß über bestimmte Teile eines Gegenstandes getrennt abgestimmt wird.

(6) Der Präsident hat bekanntzugeben, in welcher Weise er die Abstimmung durchzuführen beabsichtigt, insbesondere, über welche Teile des Gegenstandes er unter Berücksichtigung gestellter Abänderungs- und Zusatzanträge abstimmen lassen beziehungsweise inwieweit er einem allfälligen Verlangen auf getrennte Abstimmung Rechnung tragen und in welcher Reihenfolge er die Fragen zur Abstimmung bringen wird.

(7) Gegen diese Ankündigung des Präsidenten kann jeder Abgeordnete Einwendungen erheben, über die, falls der Präsident ihnen nicht beitritt, der Nationalrat ohne Debatte zu entscheiden hat.

(8) Darüber hinaus kann jeder Abgeordnete, jedoch ohne Unterbrechung des Abstimmungsvorganges, nur noch die Berichtigung oder Klarstellung der vom Präsidenten ausgesprochenen Fassung der Fragen beantragen. Tritt der Präsident dem Antrag nicht bei, ist sofort und ohne Debatte darüber abzustimmen.

(9) Es steht dem Präsidenten frei, sofern er es zur Vereinfachung oder Klarstellung der Abstimmung oder zur Beseitigung unnötiger Abstimmungen für zweckmäßig erachtet, vorerst eine grundsätzliche Frage zur Beschlußfassung zu bringen.

§ 66 [Art und Weise der Abstimmungen; namentliche und geheime Abstimmung]

(1) Die Abstimmung findet in der Regel durch Aufstehen und Sitzenbleiben statt.

(2) Sofern eine elektronische Abstimmungsanlage zur Verfügung steht, kann sich der Präsident bei Wahlen und Abstimmungen dieser Anlage bedienen und mit ihrer Hilfe das Wahl- oder Abstimmungsergebnis feststellen. Das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten wird bei der elektronischen Abstimmung ersichtlich gemacht. Jeder Abgeordnete erhält auf Verlangen einen Ausdruck des Abstimmungsprotokolls. Wenn dies vom Präsidenten vor der Abstimmung angeordnet oder von wenigstens 20 Abgeordneten schriftlich bis zum Schluß der Sitzung verlangt wird, werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

(3) Jedem Abgeordneten steht es frei, vor jeder Abstimmung zu verlangen, daß der Präsident die Zahl der "für" und "gegen" die Frage Stimmenden bekanntgibt. Der Präsident kann jedoch nach eigenem Ermessen von vornherein, oder wenn ihm das Ergebnis der Abstimmung zweifelhaft erscheint, eine namentliche Abstimmung anordnen.

(4) Wenn wenigstens 20 Abgeordnete vor Eingang in das Abstimmungsverfahren schriftlich die Durchführung einer namentlichen Abstimmung verlangen, ist diesem Verlangen ohne weiteres stattzugeben. Sofern nicht eine namentliche Abstimmung verlangt ist, kann der Nationalrat auf Vorschlag des Präsidenten oder auf Antrag von 20 Abgeordneten eine geheime Abstimmung beschließen.

(5) Bei der namentlichen und der geheimen Abstimmung hat die Stimmenabgabe ausschließlich durch amtliche Stimmzettel zu erfolgen, die die Bezeichnung "Ja" oder "Nein" tragen. Die amtlichen Stimmzettel für die namentliche Abstimmung haben überdies den Namen des Abgeordneten zu tragen und sind, je nachdem sie auf "Ja" oder "Nein" lauten, in zwei verschiedenen Farben herzustellen. Bei beiden Abstimmungsformen sind die Abgeordneten namentlich aufzurufen, und jeder hat seinen Stimmzettel in eine gemeinsame Urne zu werfen; hiebei sind die Abstimmenden zu zählen. Wer beim Aufruf seines Namens nicht anwesend ist, darf nachträglich keinen Stimmzettel abgeben. Der Präsident kann eine namentliche Abstimmung auch in der Weise durchführen, daß die Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen werden und die Stimmabgabe mündlich mit "Ja" oder "Nein" erfolgt.

(6) Wenn dies fünf Abgeordnete verlangen, hat die geheime Abstimmung in Wahlzellen zu erfolgen. Die Abstimmung ist in derselben Weise wie nach Abs. 5 durchzuführen, doch hat die Parlamentsdirektion in diesem Fall Vorsorge zu treffen, daß jeder Abgeordnete in der Wahlzelle unbeobachtet den Stimmzettel ausfüllen und in das dafür bestimmte Kuvert geben kann. Der Stimmzettel und dieses Kuvert sind den Abgeordneten von den damit beauftragten Bediensteten der Parlamentsdirektion vor Eintritt in die Wahlzelle zu überreichen; das Kuvert ist unmittelbar nach Verlassen der Wahlzelle in der Urne zu hinterlegen.

(7) Sobald der Präsident die namentliche oder geheime Abstimmung für beendet erklärt, haben die damit beauftragten Bediensteten der Parlamentsdirektion unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vorzunehmen und dem Präsidenten das zahlenmäßige Ergebnis mitzuteilen. Stimmt bei der namentlichen Abstimmung die Zahl der Stimmzettel oder bei der geheimen Abstimmung die der Kuverts mit der Anzahl der Abgeordneten, die tatsächlich abgestimmt haben, nicht überein, so ist die Abstimmung zu wiederholen, sofern diese Differenz auf die Mehrheitsbildung von Einfluß sein könnte.

(8) Der Präsident hat das Ergebnis der Abstimmung zu verkünden. Im Fall der namentlichen Abstimmung sind die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufzunehmen.

§ 67 [Vertagung von Abstimmungen]

(1) Wenn ein Fünftel der Abgeordneten es schriftlich verlangt, ist die Abstimmung

1. über eine Entschließung, durch die der Bundesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder das Vertrauen versagt werden soll (Art. 74 Abs. 1 B‑VG), und

2. über einen Gesetzesvorschlag betreffend die Auflösung des Nationalrates (Art. 29 Abs. 2 B‑VG)

auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen.

(2) Eine neuerliche Vertagung der im Abs. 1 erwähnten Abstimmungen kann nur durch Beschluß des Nationalrates erfolgen.

(3) Für die Abstimmung über Entschließungsanträge in der Debatte über den Gegenstand einer dringlichen Anfrage gilt § 93 Abs. 6.

§ 68 [Teilnahme des vorsitzführenden Präsidenten an Abstimmungen; Verbot der Stimmenthaltung]

(1) Der den Vorsitz führende Präsident stimmt in der Regel nicht mit. Er kann sich jedoch, bevor er das Ergebnis einer Abstimmung ausgesprochen hat, an derselben durch mündliche Bejahung oder Verneinung der gestellten Frage beteiligen. An namentlichen und geheimen Abstimmungen (§ 66 Abs. 4 und 5) sowie an Wahlen nimmt der den Vorsitz führende Präsident immer teil.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 ist es keinem in der Sitzung anwesenden Abgeordneten gestattet, sich der Stimme zu enthalten. Dies gilt auch für Abgeordnete, die Mitglieder der Bundesregierung oder Staatssekretäre sind.