Stenographisches Protokoll

700. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Mittwoch, 23. Juli 2003

und

Donnerstag, 24. Juli 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

700. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 23., und Donnerstag, 24. Juli 2003

Dauer der Sitzung

    Mittwoch, 23. Juli 2003: 9.01 – 16.58 Uhr

Donnerstag, 24. Juli 2003: 9.01 – 18.40 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bun­despräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzge­setz 1973, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volks­abstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

6. Punkt: Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2003)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Be­förderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundesbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeld­kanalgesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz)

12. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird

13. Punkt: Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsiche­rungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontroll­zentra­le des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (Brüssel, 27. Juni 1997) samt Anlagen; Besondere Vereinbarung zur Durchführung von Artikel 6 der Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsiche­rungs­einrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS)

14. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeug­nis­sen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakge­setz) geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassen­gesetz 2002 geändert werden

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseur­ge­setz geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der ge­hobenen medizinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003)

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz, BGBl. Nr. 145/1988, geändert wird

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

26. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hoch­schul­bereich

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Entwicklungs­zusam­menarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G), das Beamten-Dienstrechts­ge­setz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Lan-


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deslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden (EZA-Gesetz-Novelle 2003)

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird

30. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation, der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zur Änderung des Ab­kommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationa­len Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines Gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien

31. Punkt: Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklä­rungen

32. Punkt: Änderung von Artikel 1 des Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Lei­den verursachen oder unterschiedslos wirken können

33. Punkt: Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Mee­resbodenbehörde

34. Punkt: Übereinkommen zwischen den an der multinationalen Brigade aus Ein­greiftruppen hoher Bereitschaft für Operationen der Vereinten Nationen teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärung der Republik Argen­tinien

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Be­triebszeitengesetz geändert werden

36. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckerei­ar­beiter/innengesetz 1996 geändert werden

37. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird

38. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird (Musterschutzgesetz-Novelle 2003)

39. Punkt: Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen

40. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird

41. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Was­serbautenförderungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird


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42. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003)

43. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Qualitätsklassen­gesetz und das Forstgesetz 1975 geändert werden (Agrarrechtsänderungsge­setz 2003)

44. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird

45. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Errichtung und zum Betrieb eines Nationalparks Gesäuse

46. Punkt: Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note

47. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird

48. Punkt: Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute

49. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immo­bilien-Investmentfondsgesetz – ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bankwesen­gesetz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapier­aufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassen­ge­setz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden

50. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

51. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

52. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialis­tischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen

53. Punkt: Abkommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

54. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen

55. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

56. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Ver­hinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll

57. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 5

58. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusam­men­arbeit in Zollsachen

*****

Inhalt

Bundesrat

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung:

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 24

Staatssekretär Franz Morak ........................................................................................ 24

Redezeitbeschränkung auf Grund eines Übereinkommens in der Präsidial­kon­ferenz                  24

Sitzungsunterbrechungen ...............................................................................  143, 247

Antrittsansprache des Präsidenten Hans Ager ...................................................... 143

Erklärung des Landeshauptmannes von Tirol DDr. Herwig van Staa gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung – Bekanntgabe ............................................................................... 147

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 der Ge­schäfts­ordnung                   147

Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa ............................................................... 147

Debatte:

Helmut Kritzinger ....................................................................................................... 154

Klaus Gasteiger .................................................................................................  156, 166

Wilhelm Grissemann ................................................................................................. 159

Stefan Schennach ...................................................................................................... 162

Christine Fröhlich ...................................................................................................... 164

Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa ............................................................... 164

Personalien

Krankmeldungen ............................................................................................................ 23

Entschuldigungen ........................................................................................................... 23

Ordnungsruf ................................................................................................................... 25

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 23

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 23

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 23

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­mi­nister für Landesverteidigung betreffend Offenlegung des RH-Berichtes bezüglich


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 6

„Verdacht der Manipulation der Bewertungsergebnisse und der damit verbunde­nen Geschenkannahme durch Bedienstete des BMLV“ (2083/J-BR/03)               ............................................................................................................................. 116

Begründung: Klaus Gasteiger .................................................................................... 116

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 120

Debatte:

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 123

Dr. Franz-Eduard Kühnel .......................................................................................... 128

Reinhard Todt ............................................................................................................. 130

Christoph Hagen ........................................................................................................ 133

Stefan Schennach ...................................................................................................... 134

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................. 136

Manfred Gruber .......................................................................................................... 138

Ludwig Bieringer ........................................................................................................ 140

Manfred Gruber (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 142

Ing. Gerd Klamt .......................................................................................................... 142

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend Veröffentlichungen des Rechnungs­hof-Rohberichtes – rechtliche und politische Konsequenzen (2109/J-BR/03) ............................................................................................................. 248

Begründung: Albrecht Konecny ................................................................................. 248

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 260

Debatte:

Reinhard Todt ............................................................................................................. 264

Dr. Franz-Eduard Kühnel .......................................................................................... 267

Dr. Peter Böhm ........................................................................................................... 270

Mag. Harald Himmer .................................................................................................. 272

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 274

Manfred Gruber .......................................................................................................... 276

Entschließungsantrag der Bundesräte Reinhard Todt, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Offenlegung des Rechnungshof-Rohberichtes – Ablehnung ..................................................  266, 277

Entschließungsantrag der Bundesräte Reinhard Todt, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Wunsch des Bundesrates an den Bundesminister für Lan­des­verteidigung, eine weitere Rechnungshofprüfung betreffend die Beschaffung der Abfangjäger für den Zeitraum 2. Juli 2002 bis 1. Juli 2003 (Vertrags­unter­zeich­nung) vom Präsidenten des Rechnungshofes zu verlangen – Ableh­nung ...........................  267, 277

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Re­publik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (110 und 161/NR sowie 6802/BR d. B.) ..................................................................................................... 25

Berichterstatterin: Uta Barbara Pühringer ................................................................... 26

Redner:

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................... 26

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 29

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 31


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 7

Stefan Schennach ........................................................................................................ 33

Staatssekretär Franz Morak ........................................................................................ 34

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 35

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 37

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 39

Dr. Franz-Eduard Kühnel ............................................................................................ 41

Dr. Andreas Schnider .................................................................................................. 42

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 44

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 45

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. dem Beschluss des National­rates im Sinne des Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 47

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidenten­wahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksabstim­mungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden (81/A und 162/NR sowie 6798 und 6803/BR d. B.) ..................................................................................... 47

Berichterstatter: Mag. Gerhard Tusek ......................................................................... 47

Redner:

Karl Bader ..................................................................................................................... 48

Reinhard Todt ............................................................................................................... 49

Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................ 50

Stefan Schennach ........................................................................................................ 51

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 52

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 53

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bun­desgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz ge­ändert werden (128 und 184/NR sowie 6800 und 6804/BR d. B.)                53

Berichterstatter: Christoph Hagen ............................................................................... 54

Redner:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 54

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 55

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ....................................................................... 57

Theodor Binna .............................................................................................................. 58

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 59

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (130 und 183/NR sowie 6805/BR d. B.) ..................... 59

Berichterstatter: Christoph Hagen ............................................................................... 59

Redner:

Theodor Binna .............................................................................................................. 60

Herwig Hösele .............................................................................................................. 61


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 8

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ....................................................................... 62

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 63

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (94 und 181/NR sowie 6806/BR d. B.) ........................... 64

Berichterstatter: Engelbert Weilharter ......................................................................... 64

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Über­einkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung (13 und 182/NR sowie 6807/BR d. B.) ..................................................................................................... 64

Berichterstatter: Engelbert Weilharter ......................................................................... 64

Redner:

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 64

Christoph Hagen .......................................................................................................... 65

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 68

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 68

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (162/A und 185/NR sowie 6808/BR d. B.)              ............................................................................................................................... 68

Berichterstatter: Engelbert Weilharter ......................................................................... 69

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraft­fahrgesetz-Novelle geändert werden (23 und 84/NR sowie 6801 und 6809/BR d. B.) ..................................................................................... 68

Berichterstatter: Engelbert Weilharter ......................................................................... 69

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-No­velle 2003) (76 und 85/NR sowie 6810/BR d. B.)          ............................................................................................................................... 68

Berichterstatter: Engelbert Weilharter ......................................................................... 69

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (163/A und 189/NR sowie 6811/BR d. B.) ..................................... 68

Berichterstatter: Engelbert Weilharter ......................................................................... 69


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 9

Redner:

Ilse Giesinger ................................................................................................................ 69

Theodor Binna .............................................................................................................. 70

Christoph Hagen .......................................................................................................... 71

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 72

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ....................................................................... 73

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 74

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 74

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 75

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 75

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundesbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanalgesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz) (126 und 187/NR sowie 6812/BR d. B.) ..................................................................................................... 75

Berichterstatter: Christoph Hagen ............................................................................... 75

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Nieder­österreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird (127 und 188/NR sowie 6813/BR d. B.)                       75

Berichterstatter: Christoph Hagen ............................................................................... 75

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 76

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 76

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Ver­einbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungs­einrich­tun­gen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (Brüssel, 27. Juni 1997) samt Anlagen; Besondere Vereinbarung zur Durch­füh­rung von Artikel 6 der Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Be­zirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flug­sicherungsdienste (CEATS) (56 und 86/NR sowie 6814/BR d. B.) .............................. 76

Berichterstatter: Christoph Hagen ............................................................................... 76

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 77


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 10

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Ver­einbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (57 und 98/NR sowie 6815/BR d. B.) ............... 77

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 77

Redner:

Helmut Kritzinger ......................................................................................................... 77

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 78

Wilhelm Grissemann ................................................................................................... 79

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 80

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................................... 80

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 81

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundes­gesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabak­gesetz) geändert wird (52 und 100/NR sowie 6816/BR d. B.) ....................................... 81

Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 81

Redner:

Paul Fasching ............................................................................................................... 82

Karl Boden .................................................................................................................... 83

Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................ 84

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................................... 85

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 86

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden (41 und 99/NR sowie 6817/BR d. B.) ......................................................................................................................................... 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird (104/A und 101/NR sowie 6818/BR d. B.) .............. 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz ge­ändert wird (105/A und 103/NR sowie 6819/BR d. B.)         ............................................................................................................................... 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geän­dert wird (70 und 104/NR sowie 6820/BR d. B.)              ............................................................................................................................... 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 11

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, ge­ändert wird (69 und 105/NR sowie 6821/BR d. B.)        ............................................................................................................................... 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medi­zinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003) (72 und 106/NR sowie 6822/BR d. B.) ....................................... 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bun­desgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003) (71 und 107/NR sowie 6823/BR d. B.) ........................................................................................ 86

Berichterstatter: Gottfried Kneifel ................................................................................ 87

Redner:

Anna Schlaffer .............................................................................................................. 88

Ilse Giesinger ................................................................................................................ 89

Ulrike Haunschmid ...................................................................................................... 90

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 16, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 21, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 22, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz, BGBl. Nr. 145/1988, geändert wird (148/A und 190/NR sowie 6824/BR d. B.)     ............................................................................................................................... 92


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 12

Berichterstatterin: Herta Wimmler ................................................................................ 93

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (159/A und 191/NR sowie 6825/BR d. B.) ... ..... 92

Berichterstatterin: Herta Wimmler ................................................................................ 93

Redner:

Josef Saller ................................................................................................................... 93

Johanna Auer ............................................................................................................... 94

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann ............................................................................ 94

Dr. Andreas Schnider .................................................................................................. 95

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 23, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 96

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 24, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 96

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (119 und 179/NR sowie 6799 und 6826/BR d. B.)              ............................................................................................................................... 96

Berichterstatterin: Herta Wimmler ................................................................................ 96

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (12 und 180/NR sowie 6827/BR d. B.) ............................................. 96

Berichterstatterin: Herta Wimmler ................................................................................ 96

Redner:

Johanna Auer ............................................................................................................... 97

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 98

Karl Bader ..................................................................................................................... 99

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann .......................................................................... 100

Dr. Andreas Schnider ................................................................................................ 101

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 25, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 26, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (123 und 165/NR sowie 6828/BR d. B.)                       103

Berichterstatterin: Johanna Schicker ......................................................................... 103

Redner:

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 104

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 104

Ernst Winter ................................................................................................................ 105

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 106

Sissy Roth-Halvax ...................................................................................................... 107

Harald Reisenberger .................................................................................................. 110

Staatssekretärin Ursula Haubner ............................................................................. 114

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 116


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 13

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Ent­wicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G), das Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter­dienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirt­schaft­liche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden (EZA-Gesetz-Novelle 2003) (81 und 149/NR sowie 6829/BR d. B.) ....................................................................................................................................... 167

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 168

Redner:

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 168

Mag. Gerhard Tusek .................................................................................................. 169

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner ...................................................... 171

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben               172

Gemeinsame Beratung über

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (96 und 150/NR sowie 6830/BR d. B.)                     173

Berichterstatter: Paul Fasching .................................................................................. 174

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Inter­nationalen Atomenergieorganisation, der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines Gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien (11 und 151/NR sowie 6831/BR d. B.) ........................ 173

Berichterstatter: Paul Fasching .................................................................................. 174

31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklä­run­gen (14 und 152/NR sowie 6832/BR d. B.) ...................................................................................... 173

Berichterstatter: Paul Fasching .................................................................................. 174

32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend eine Än­de­rung von Artikel 1 des Übereinkommens über das Verbot oder die Beschrän­kung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden ver­ursachen oder unterschiedslos wirken können (21 und 153/NR sowie 6833/BR d. B.) ............................................................................................................................. 173

Berichterstatter: Paul Fasching .................................................................................. 174


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 14

33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend das Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde (62 und 154/NR sowie 6834/BR d. B.)                   173

Berichterstatter: Paul Fasching .................................................................................. 175

34. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Über­einkommen zwischen den an der multinationalen Brigade aus Eingreiftruppen hoher Bereitschaft für Operationen der Vereinten Nationen teilnehmenden Staa­ten über die Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärung der Republik Ar­gen­tinien (73 und 155/NR sowie 6835/BR d. B.) ............................................................................... 173

Berichterstatter: Paul Fasching .................................................................................. 175

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 29, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 175

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 30, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 175

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 31, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 176

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 32, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 176

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 33, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 176

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 34, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 176

35. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Ge­werbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Be­triebszeitengesetz geändert werden (80 und 170/NR sowie 6836/BR d. B.)      ............................................................................................................................. 177

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt ............................................................................... 177

Redner:

Hedda Kainz ................................................................................................................ 177

Dr. Franz-Eduard Kühnel .......................................................................................... 179

Roswitha Bachner ...................................................................................................... 180

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 182

Stefan Schennach ...................................................................................................... 184

Herta Wimmler ........................................................................................................... 187

Manfred Gruber .......................................................................................................... 188

Gottfried Kneifel ......................................................................................................... 189

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 191

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 192

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 196

Gemeinsame Beratung über


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 15

36. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbei­ter/in­nengesetz 1996 geändert werden (109 und 171/NR sowie 6795 und 6837/BR d. B.)     ............................................................................................................................. 196

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt ............................................................................... 197

37. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (172/NR sowie 6796 und 6838/BR d. B.) ...... 196

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt ............................................................................... 197

Redner:

Uta Barbara Pühringer .............................................................................................. 197

Hedda Kainz ................................................................................................................ 199

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 200

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 201

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 201

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 36, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 202

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 37, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 202

38. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird (Musterschutz­gesetz-Novelle 2003) (65 und 169/NR sowie 6839/BR d. B.) ............................................................................................................................. 202

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt ............................................................................... 202

Redner:

Johanna Schicker ....................................................................................................... 203

Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger ............................................................................. 204

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 205

39. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den inter­nationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (35 und 168/NR sowie 6840/BR d. B.) .......................................................... 205

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt ............................................................................... 205

Redner:

Harald Reisenberger .................................................................................................. 205

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 207

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 208

Harald Reisenberger (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 209

Leopold Steinbichler (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 209

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 210


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 16

40. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird (170/A und 192/NR sowie 6841/BR d. B.)                   210

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt ............................................................................... 210

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 211

41. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Wasserbauten­förde­rungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird (121 und 166/NR sowie 6842/BR d. B.) ............. 211

Berichterstatter: Dr. Vincenz Liechtenstein .............................................................. 211

Redner:

Johanna Auer ............................................................................................................. 211

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 212

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 214

Ing. Gerd Klamt .......................................................................................................... 215

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 216

Ing. Hermann Haller ................................................................................................... 218

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 219

42. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novel­le 2003) (74 und 167/NR sowie 6843/BR d. B.)     ............................................................................................................................. 219

Berichterstatter: Dr. Vincenz Liechtenstein .............................................................. 219

Redner:

Johanna Auer ............................................................................................................. 219

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 220

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 221

Ing. Gerd Klamt .......................................................................................................... 222

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 222

43. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Gesundheits- und Er­nährungssicherheitsgesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Qualitätsklassen­gesetz und das Forstgesetz 1975 geändert werden (Agrarrechtsänderungs­ge­setz 2003) (117 und 157/NR sowie 6797 und 6844/BR d. B.)                222

Berichterstatter: Ing. Hermann Haller ........................................................................ 222

Redner:

Ernst Winter ................................................................................................................ 223

Johann Höfinger ......................................................................................................... 223

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 225

Ulrike Haunschmid .................................................................................................... 226

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 227


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 17

44. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird (131 und 159/NR sowie 6845/BR d. B.) .............................................................................................................. 227

Berichterstatter: Ing. Hermann Haller ........................................................................ 227

Redner:

Christine Fröhlich ...................................................................................................... 227

Johanna Auer ............................................................................................................. 228

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 228

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 230

45. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend eine Ver­einbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Errichtung und zum Betrieb eines Nationalparks Gesäuse (83 und 156/NR sowie 6846/BR d. B.) ......................................................................... 230

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger .................................................. 230

Redner:

Theodor Binna ............................................................................................................ 231

Engelbert Weilharter .................................................................................................. 231

Herwig Hösele ............................................................................................................ 232

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 233

Gemeinsame Beratung über

46. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Über­ein­kommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note (43 und 90/NR sowie 6847/BR d. B.)           ............................................................................................................................. 234

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger .................................................. 234

47. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird (122 und 158/NR sowie 6848/BR d. B.) .................. 234

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger .................................................. 234

Redner:

Ing. Hermann Haller ................................................................................................... 234

Johanna Auer ............................................................................................................. 236

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 46, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 236

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 47, gegen den vorlie­gen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 237

Gemeinsame Beratung über

48. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Über­einkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute (88 und 138/NR sowie 6849/BR d. B.) ................................ 237


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 18

Berichterstatterin: Roswitha Bachner ........................................................................ 237

49. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobilien-Invest­mentfondsgesetz – ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapier­auf­sichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskas­sen­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuer­ge­setz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (97 und 139/NR sowie 6850/BR d. B.)                            237

Berichterstatterin: Roswitha Bachner ........................................................................ 237

Redner:

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 238

Ing. Gerd Klamt .......................................................................................................... 239

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 48, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 240

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 49, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 240

Gemeinsame Beratung über

50. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (34 und 140/NR sowie 6851/BR d. B.) .................................................... 240

Berichterstatterin: Roswitha Bachner ........................................................................ 240

51. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förde­rung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (36 und 141/NR sowie 6852/BR d. B.) ............................................................................... 240

Berichterstatterin: Roswitha Bachner ........................................................................ 241

52. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Inves­titionen (37 und 142/NR sowie 6853/BR d. B.) .......................... 240

Berichterstatterin: Roswitha Bachner ........................................................................ 241

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 50, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 241

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 51, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 19

sungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 242

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 52, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 242

Gemeinsame Beratung über

53. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Ab­kommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen (45 und 143/NR sowie 6854/BR d. B.) ................................................................................................................................. 243

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 243

54. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (82 und 144/NR sowie 6855/BR d. B.)           ............................................................................................................................. 243

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 244

55. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (87 und 145/NR sowie 6856/BR d. B.) .............................................................................................................. 243

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 244

56. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll (89 und 146/NR sowie 6857/BR d. B.)        ............................................................................................................................. 243

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 244

57. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (92 und 147/NR sowie 6858/BR d. B.) ................................................................................................... 243

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 244

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 53, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 245

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 54, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 245

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 55, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 246


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 20

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 56, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 246

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 57, 1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................. 246

58. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zollsachen (95 und 148/NR sowie 6859/BR d. B.) ...................... 247

Berichterstatter: Johann Giefing ................................................................................ 247

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 247

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Alkoholkontrollen bei Bootsführern auf dem Bodensee (2082/J-BR/03)

Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Offenlegung des RH-Berichtes bezüglich „Verdacht der Mani­pulation der Bewertungsergebnisse und der damit verbundenen Geschenkannahme durch Bedienstete des BMLV“ (2083/J-BR/03)

Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Vermögensauseinandersetzung zwischen Bund und Ländern (2084/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2085/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2086/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2087/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2088/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2089/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2090/J-BR/03)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 21

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2091/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2092/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2093/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2094/J-BR/03)

Hans Ager, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Tirol (2095/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2096/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bun­desland Oberösterreich (2097/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2098/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2099/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Ober­österreich (2100/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2101/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2102/J-BR/03)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 22

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Ober­österreich (2103/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2104/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Oberösterreich (2105/J-BR/03)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Leistungsbilanz der Ressorts für das Bundesland Ober­österreich (2106/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Widersprüche zwischen Vertretungsregelungen und Ankündigungen, wieder einmal als braver Finanzminister auf den Sommerurlaub zu verzichten (2107/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Rechtssituation des Vereines zur Förderung der New Economy aus der Sicht des Vereinsgesetzes 2002 – Auflösung des Vereines (2108/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Veröffentlichungen des Rechnungshof-Rohberichtes – recht­liche und politische Konsequenzen (2109/J-BR/03)

Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Schließung von Spitälern (2110/J-BR/03)

Hedda Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Schließung von Spitälern (2111/J-BR/03)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Onkel Franks Hütten (2112/J-BR/03)

Anna Schlaffer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gendarmerieposten Jennersdorf (2113/J-BR/03)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen (1900/AB-BR/03 zu 2073/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1901/AB-BR/03 zu 2070/J-BR/03)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1902/AB-BR/03 zu 2071/J-BR/03)



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 23

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Hans Ager: Ich eröffne die 700. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 699. Sitzung des Bundesrates vom 11. Juli 2003 ist auf­gelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Germana Fösleitner, Gün­ther Kaltenbacher und Günther Molzbichler.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Johann Kraml, Ing. Franz Gruber und Dr. Klaus Nittmann.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Hans Ager: Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betref­fend Ministervertretung.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

 


Schriftführerin des Bundesrates Ilse Giesinger:

„An den

Präsidenten des Bundesrates

Der Herr Bundespräsident hat am 22. Juni 2003, Zl. 300.100/25-BEV/03, folgende Ent­schließung gefasst:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bun­desministers für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser innerhalb der Zeiträume vom 1. bis 8. Juli, vom 16. bis 27. Juli, vom 23. bis 30. August bzw. vom 5. bis 9. September 2003 den Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen.

Für den Bundeskanzler

MR Dr. Wiesmüller“

 


Präsident Hans Ager: Dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind auch Anfragebeantwortungen, 1900/AB bis 1902/AB, die den Anfrage­stellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. – In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt sind weiters Beschlüsse des Nationalrates vom 9. und 10. Juli 2003, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über die bereits vorher eingelangten und zugewiesenen Beschlüsse des Nationalrates vom 8. Juli 2003 abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe diese Vorlagen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 24

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Hans Ager: Weiters ist mir der Vorschlag zugekommen, die Debatte über die Punkte 5 und 6, 7 bis 10, 11 und 12, 16 bis 22, 23 und 24, 25 und 26, 29 bis 34, 36 und 37, 46 und 47, 48 und 49, 50 bis 52 sowie 53 bis 57 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Herr Bundesrat Konecny, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

 


9.05

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent und insbesondere Herr Staatssekretär! Wir haben uns zwar ausgemacht, dass die Regierungsmitglieder in diesem Haus nicht mehr begrüßt werden, in diesem Fall möch­te ich das aber ausdrücklich tun, weil sich die Anwesenheit des Herrn Staatssekretärs wohltuend von der Praxis im Ausschuss unterscheidet.

Herr Staatssekretär! Wir haben im Verfassungsausschuss des Bundesrates am Mon­tag sowohl Tagesordnungspunkt 1 – den wir im Anschluss zu behandeln haben – als auch Tagesordnungspunkt 2 ohne Vertreter der Regierungsseite, sei es in Form eines politischen Mandatars, sei es in Form eines Beamten, verhandeln müssen.

Es ist wohl selbstverständlich, dass Mitgliedern des Bundesrates in Ausschuss­sitzun­gen die Möglichkeit gegeben werden muss, mit fachkundigen Personen über die Inhal­te der Vorlagen zu debattieren. Das war im Verfassungsausschuss nicht möglich. – Namens der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion protestiere ich gegen diese ... (Präsident Ager schaltet irrtümlich das Rednermikrophon ab.) – Haben Sie etwas gegen mich, Herr Präsident, oder war ich zu frech? (Präsident Ager: Entschuldigung!)

Ich protestiere namens der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion gegen diese Vor­gangsweise und kann Sie, Herr Staatssekretär – im konkreten Fall war es Ihr Haus –, nur dringend auffordern, dafür zu sorgen, dass sich dieser Vorfall nicht wiederholt. (Beifall bei der SPÖ.)

9.07

 


Präsident Hans Ager: Der Herr Staatssekretär hat sich zu Wort gemeldet.

 


9.07

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Herr Klubob­mann! Die Beschwerde beziehungsweise die Mahnung ist berechtigt. Ich möchte um mildernde Umstände bitten, und zwar deswegen, weil uns die Nachricht von der Ver­schiebung dieser Sitzung so spät erreicht hat, dass der Verfassungsdienst nicht mehr darauf reagieren konnte. Er hat mich auch heute früh über diesen Tatbestand infor­miert.

Ich bitte nochmals um Entschuldigung. Wir werden uns Mühe geben, dass das nicht wieder vorkommt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.07

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Hans Ager: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, verweise ich auf ein Übereinkommen der Fraktionen in der Präsidialkonferenz vom 21. Juli 2003.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 25

Die Fraktionen haben für die heutige Sitzung eine Gesamtredezeit von 6 Stunden ver­einbart, von denen eine Stunde für Mitglieder der Bundesregierung zur Verfügung steht, der Rest wird auf die Fraktionen aufgeteilt. Davon wiederum entfallen 110 Minu­ten auf die ÖVP, 100 Minuten auf die SPÖ, 55 Minuten auf die Freiheitlichen und 25 Minuten auf die Grünen. Wenn die Regierungsmitglieder insgesamt die Zeit von einer Stunde überschreiten, werden die Redezeiten der Regierungsfraktionen ent­sprechend gekürzt.

Für den morgigen Tag, den 24. Juli, gilt für die Debatten zur Tagesordnung eine Ge­samtredezeit von 5 Stunden, wobei wiederum eine Stunde auf die Regierungs­mit­glieder entfällt. Auf die Fraktionen kommen daher 4 Stunden zur Verteilung, und zwar für die ÖVP 90 Minuten, für die SPÖ 80 Minuten, für die Freiheitlichen 40 Minuten und für die Grünen 20 Minuten. Auch in diesem Fall wird eine Überschreitung der Ge­samt­redezeit für Regierungsmitglieder zu einer Kürzung der Redezeit der Regierungs­fraktionen führen.

In diesem Zusammenhang verweise ich jetzt schon darauf, dass bei einer mehr als eine Stunde dauernden Gesamtredezeit der Regierungsmitglieder die entsprechende Kürzung der Redezeitkontingente der Regierungsfraktionen aus technischen Gründen auf dem Bildschirm nicht abgebildet werden kann. Somit können sich dann unter­schiedliche Restredezeiten der Regierungsfraktionen zwischen der tatsächlich verfüg­baren und der in der EDV ausgewiesenen Restredezeit ergeben.

In der Präsidialkonferenz wurde weiters vereinbart, die Verhandlungen zur Tages­ordnung heute um 17 Uhr – voraussichtlich nach dem Tagesordnungspunkt 27 – zu unterbrechen, überdies auch die Sitzung zu unterbrechen und morgen, den 24. Juli 2003, 9 Uhr, wieder aufzunehmen.

*****

Gemäß § 70 Absatz 3 der Geschäftsordnung erteile ich Frau Bundesrätin Ulrike Haun­schmid für ihre in der letzten Sitzung getätigte Äußerung: „... aber es passt wirklich nicht in Ihr Konzept, dass Sie auf einmal die vielen kleinen und mittelständischen Un­ternehmungen, die Sie eigentlich nur immer in den Dreck gezogen und immer nur be­schuldigt haben, ihre Arbeiter nicht gut genug zu behandeln ... und als Schutzschild vor die voest stellen.“ sowie für Ihren Vorwurf des „Postenkaufes“ einen Ordnungsruf.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Hans Ager: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Bun­desrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung des RH-Berichtes bezüg­lich „Verdacht der Manipulation der Bewertungsergebnisse und der damit verbundenen Geschenkannahme durch Bedienstete des Bundesministeriums für Landesverteidi­gung“ an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung vorliegt.

Die Behandlung dieser Dringlichen Anfrage wird im Einvernehmen mit den Fraktionen um 15 Uhr erfolgen.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesverfas­sungs­gesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 26

Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (110 und 161/NR sowie 6802/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Barbara Pühringer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatterin Uta Barbara Pühringer: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Ver­trages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Re­publik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Re­publik zur Euro­päischen Union.

Da Ihnen dieser Bericht in schriftlicher Form vorliegt, möchte ich meine Bericht­erstat­tung auf einen geschäftsordnungsmäßigen Hinweis und auf den Antrag des zustän­digen Ausschusses beschränken.

In Artikel 1 Absatz 2 ist vorgesehen, dass der Vertrag der Zustimmung des Bun­desrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Artikel 44 Absatz 2 B-VG und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zu­stimmung des Bundesrates.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Mag. Gerhard Tusek. Ich erteile dieses.

 


9.14

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen unmittelbar vor den größten Veränderungen seit dem Bestehen der Europäischen Union. Die Er­wei­terung um die Staaten Mittel-, Ost- und Südeuropas bietet die Chance zur lang­fristigen Garantie von Frieden und Stabilität in Europa.

Damit wird ein Traum – und dieser ist schon historisch – von Altbundeskanzler Dr. Jo­sef Klaus, den er in den sechziger Jahren formulierte, wahr. Er sprach damals als einer der ersten Österreicher – deswegen zitiere ich ihn, Frau Präsidentin Haselbach – vom Haus Europa, das aus zwei Flügeln bestehe, nämlich einem östlichen und einem west­lichen, und meinte, dieses Haus sei erst dann ganz, wenn es beide Flügel umfasse. – Mit 1. Mai des Jahres 2004, also in nicht einmal zehn Monaten, wird ein wesentlicher Teil dieses östlichen Flügels des Hauses Europa vollendet sein.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 27

Sicherlich haben diese gewaltigen Veränderungen entsprechende Folgen für die Union, aber auch für jeden der derzeit 15 Mitgliedstaaten. Die Europäische Union hat sich auf diesen Schritt gut vorbereitet. Der Vertrag von Nizza sollte das Funktionieren einer Union der 25, 28 oder mehr Mitgliedstaaten im Wesentlichen sicherstellen.

Der Europäische Rat von Laeken hat in einer Erklärung zur Zukunft der Europäischen Union die Schaffung einer Verfassung für die europäischen Bürger im Interesse größe­er Demokratie, Transparenz und Effizienz gefordert. Der daraufhin eingesetzte Kon­vent zur Zukunft Europas hat am 10. Juli dieses Jahres, also vor nicht einmal 14 Ta­gen, seine Arbeiten abgeschlossen und den Entwurf für einen Verfassungsvertrag vorgelegt, der in einer Regierungskonferenz in den nächsten Monaten beschlossen werden soll. Damit wird es eine europäische Verfassung geben, die für etwa 455 Mil­lionen Bürger Gültigkeit haben wird.

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, gerade im Rahmen dieses für Österreich und die Europäische Union so wichtigen Verhandlungspunktes einen kurzen Bericht über die Arbeit des Konvents zu geben, dem ich als einziger Bundesrat angehörte.

Der Konvent setzte sich aus 105 Mitgliedern und 105 Stellvertretern aus den 15 Mit­gliedstaaten, den zehn neuen Mitgliedern und den drei Beitrittskandidaten zusammen. Es waren Regierungsvertreter, Vertreter der nationalen Parlamente, Vertreter des Eu­ro­päischen Parlaments, der Kommission und als Beobachter Vertreter des Ausschus­ses der Regionen und des WSA, des Wirtschafts- und Sozialausschusses, tätig.

Die Arbeit des Konvents hat sich über 17 Monate erstreckt. Es fanden insgesamt 26 Plenartagungen mit über 1 800 Wortmeldungen an insgesamt 52 Sitzungstagen statt. Der Konvent hat darüber hinaus 11 Arbeitsgruppen und drei Arbeitskreise eingesetzt, deren Ergebnisse dem Plenum übermittelt wurden und großteils Eingang in diese Verfassung fanden.

Die Konventsmitglieder haben 386 schriftliche Beiträge dem Konvent in seiner Ge­samtheit und 773 Beiträge den Arbeitsgruppen vorgelegt. Weiters gab es über 6 000 Änderungsvorschläge zu bestimmten Kapiteln oder zu einzelnen Punkten.

Es sei mir mit Einverständnis des Herrn Präsidenten erlaubt, speziell für den Bundesrat und die Länder mir wichtig erscheinende Eckpunkte dieser neuen Verfassung heraus­zugreifen. Ich werde es kurz machen, aber es ist trotzdem, glaube ich, wichtig.

Punkt 1: Vereinfachung und bessere Abgrenzung der Kompetenzen zwischen den Mitgliedstaaten und der Union; wobei ich gerade hier im Bundesrat besonders auf Ar­tikel 5, Abs. 1 hinweisen möchte, in dem es wörtlich heißt: 

„Die Union achtet die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten, die in deren grund­legender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt.“

Das heißt in aller Kürze: Wie die Länder ihre regionale und kommunale Verwaltung gestalten, ist rein Sache der Mitgliedstaaten und hat die Union nicht zu berühren.

Ein zweites mir wichtig Erscheinendes ist die Verankerung des Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips in der Verfassung, wo es klar und deutlich heißt, dass die Union nur in jenen Bereichen tätig wird, die ihr entweder von den Mitgliedstaaten über­tragen wurden oder in denen weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene jene Ziele erreicht werden könnten, die die Union einfach besser verwirklichen kann.

In diesem Zusammenhang sehr wichtig – und eine Neuerung für uns – ist auch die ver­stärkte Einbeziehung der nationalen Parlamente und Regionen in die Politikgestaltung


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 28

auf europäischer Ebene. Neu geschaffen wurde der Frühwarnmechanismus: Die nationalen Parlamente – und hier beide Kammern nationaler Parlamente – erhalten zugleich mit den Legislativorganen der Union die Vorschläge von der Kommission und können innerhalb von sechs Wochen eine begründete Stellungnahme wegen ver­muteter Subsidiaritätsverletzung einbringen. Das ist komplett neu und eröffnet speziell für den Bundesrat die Chance, auch auf europäischer Ebene eine Mitgestaltungs­mög­lichkeit zu haben.

Das Zweite in diesem Zusammenhang ist, dass auch nach In-Kraft-Treten eines Rechtsaktes der Union künftig Klage wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips mög­lich sein wird. Diese Klage kann auch von beiden Kammern der nationalen Parlamente eingebracht werden.

Alle weiteren wichtigen Punkte nur im Telegrammstil: Die vollinhaltliche Verankerung der Charta der Menschenrechte halte ich für einen ganz wesentlichen Schritt in die richtige Richtung.

Auch die Auflösung der Säulenstruktur und die Schaffung einer einheitlichen Rechts­persönlichkeit ist wichtig, weil damit die Union künftig internationale Verträge ab­schließen kann oder auch der Europäischen Menschenrechtskonvention – ein lange gehegter Wunsch! – beitreten kann.

Auch eine Stärkung der Demokratie durch die Aufwertung des Europäischen Parla­ments zu einem Vollparlament mit Budgethoheit und mit dem Verfahren der Mit­ent­scheidung in allen Rechtsakten ist verankert, sowie letztlich verstärkte Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nach diesem Ausflug in die künftige Politik der Europäischen Union, die aber ganz wesentlich auch unsere Politik prägen wird, auf einige wichtige Punkte eingehen, was die Bedeutung der bevor­ste­henden Erweiterung für Österreich direkt betrifft:

Österreich wird vom Rand der Europäischen Union in die Mitte, ja um es bildlich zu sagen, ins Herz dieser neuen Union rücken. Rund 1 300 Kilometer Außengrenze mit insgesamt vier Ländern unserer Nachbarschaft werden verschwinden. Für uns wird es mehr Rechtssicherheit geben, denn diese Staaten werden den Acquis, also den Rechtsbestand der Europäischen Union, übernehmen. Dadurch ist zu erwarten, dass sich die positive Entwicklung, die seit dem Fall des Eisernen Vorhanges schon ein­gesetzt hat, fortsetzen wird.

Es gibt aber auch – und das möchte ich nicht verschweigen – Punkte, in Bezug auf welche durchaus Ängste und Befürchtungen in der Bevölkerung vorhanden sind. Ich sehe da – ich möchte das nur taxativ aufzählen – vor allem die Gefahr, was die Ar­beitsplätze betrifft, aber auch die steigende Verkehrsbelastung, weiters Probleme in den Grenzregionen oder auch im Bereich der Sicherheit. Das sind Punkte, die wir als verantwortliche Politiker dieses Hauses durchaus sehen müssen und angesichts deren wir Strategien entwickeln müssen, um diesen Problembereichen richtig und gut zu be­gegnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Bemerkung anbringen, die auch eine Reihe von Mitbürgern betrifft. Ich denke hier an das Unrecht, das 300 000 unserer Mitbürger in der jüngeren Geschichte, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, angetan wurde. Die Nachbarstaaten haben dieses Unrecht, das geschehen ist, eingesehen und zumindest auf ideeller Seite auch ver­urteilt. Positiv zu bewerten ist der Schritt der tschechischen Regierung, die unmittelbar nach der Volksabstimmung über den EU-Beitritt Tschechiens dieses Unrecht einge­standen und verurteilt hat. Aber ein nächster Schritt in diesem Zusammenhang muss


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 29

noch folgen. Es müssen materielle Entschädigungen für die Vertriebenen so wie in der Slowakei, so wie in Slowenien, auch in der Tschechischen Republik möglich sein.

Trotz aller Gefahren, trotz aller Verunsicherungen, die man nicht wegdiskutieren kann und soll, halte ich, wie eingangs gesagt, diesen Schritt, diese Erweiterung der Euro­päischen Union für eine wichtige und historische Chance für Österreich und für Europa. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

9.27

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Albrecht Konecny. Ich erteile ihm dieses.

 


9.27

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so etwas wie ein historischer Mo­ment, wenn die Teilung des europäischen Kontinents, wie sie in den Vereinbarungen von Jalta grundgelegt wurde, nächstes Jahr – politisch längst, aber formal nächstes Jahr – in wesentlichen Bereichen überwunden wird. Dieses Europa hat eine blutige und kontroverse, aber letztlich einheitliche Geschichte. Dieser Kontinent hat eine aus vielen Mosaiksteinen zusammengesetzte, aber letztlich einheitliche Kultur und Zivili­sation, und es ist schon so, dass mit diesem Erweiterungsschritt zusammenwächst, was zusammengehört, wie das Willy Brandt im Zusammenhang mit der Einigung Deutschlands genannt hat.

Das ist die historische Dimension. Und die Freude über diese Notwendigkeit und die Freude darüber, dass diese Notwendigkeit erfüllt werden kann, soll natürlich nicht über­decken, was es an wichtigen und bedeutsamen Problemstellungen, an offenen Fragen, an gemeinsam zu adressierenden Problemen gibt. Aber es soll auch die Diskussion über all das, was da noch gelöst und besprochen werden muss, den Blick auf den großen geschichtlichen Wurf, der hier erreicht wurde, nicht verstellen. Da muss die Balance einfach hergestellt werden.

Zu dem großen geschichtlichen Wurf gehört auch und insbesondere, dass jener Wirt­schaftsraum, jener einheitliche Wirtschaftsraum, der die wirkliche Kraft der Euro­päischen Union bildet und der sich entsprechend den Vereinbarungen der Mitglied­staa­ten mehr und mehr auch zu einem Raum der gemeinsamen Werthaltungen, der ge­meinsamen, auch internationalen, politischen Zielsetzungen entwickelt, substantiell wächst.

Ich verhehle überhaupt nicht – ohne damit eine bestimmte, in die Geschichte weisende politische Präferenz andeuten zu wollen –, dass mir in den letzten zehn Jahren, in denen ich beruflich den größten Teil des Jahres in den meisten der heutigen Bei­trittsstaaten und darüber hinaus verbracht habe, immer tiefer bewusst geworden ist, wie viel diese nun doch schon lange zurückliegende einstige politische Einheit immer noch an Gemeinsamkeit bedingt, um wie viel leichter ich mich mit Kroaten – diese sind diesmal noch nicht dabei – und Slowaken verstehe als mit manchen Westeuropäern, weil gewisse Dinge einfach nicht ausdiskutiert werden müssen, weil sie zum gemein­samen Erfahrungsschatz gehören.

Insofern hat diese ganz spezifische Erweiterung eine besondere Dimension, weil sie eben Länder umfasst, mit denen uns eine wahrlich auch, in manchen Phasen, kon­troverse Geschichte zusammenschweißt und trennt zugleich, weil es sich um Länder handelt, denen wir in besonderem Maße verbunden sind.

Es gehört zu den Ironien dieses Prozesses, dass erfreulicherweise die österreichische Wirtschaft dieses Naheverhältnis und die Vorteile, die es beinhaltet, früh und zielstrebig erkannt hat und dass wir in diesen Ländern heute wesentliche Betriebe, Unterneh-


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mungen, Investitionen österreichischer Wirtschaftsbetriebe erleben. Das hat da und dort – auch das muss man ehrlich sagen – zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen geführt, aber es hat gleichzeitig die Wirtschaftskraft dieser Betriebe so gestärkt, dass ihr Bestand, ihre Expansionsmöglichkeit und auch die Möglichkeit, mit ihren Arbeits­kräften in einer sozialen Weise umzugehen, gestärkt wurde.

Die Menschen dieses Landes – auch das sei ehrlich einbekannt – haben diesen Pro­zess nicht in gleichem Maße, sondern sehr viel zögerlicher verfolgt und sind ihm sehr viel zögerlicher gefolgt. Natürlich hat seinerzeit die Öffnung dieser Länder einen Nach­holbedarf an Neugier und, wie wir aus den frühen Öffnungszeiten Ungarns wissen, auch einen Nachholbedarf beim Einkauf billiger Waschmittel erfüllt, aber das kann es ja wohl nicht sein. Es ist die Politik aufgerufen – ich bilde mir ein, ich habe dazu einen Beitrag geleistet, und ich lade andere ein, ihren Beitrag zu benennen, und wenn er nicht benennbar ist, nachzuholen –, auch das menschliche Verhältnis mit den Bür­gerinnen und Bürgern dieser Nachbarstaaten und nunmehr beinahe schon EU-Mit­glieder zu intensivieren und auf eine neue Basis zu stellen.

Das Dritte, was in diesem Zusammenhang festzuhalten ist, ist die Tatsache, dass die EU zeitgleich mit diesem Prozess der Aufnahme neuer Mitglieder deutlich gemacht hat, nämlich in den Schlussfolgerungen des Gipfels von Thessaloniki, dass der Erweite­rungs­prozess zwar kein unendlicher – er wird nicht in Kamtschatka enden –, aber ein weiter gehender Prozess ist; die Tatsache, dass zwei Staaten, mit denen Verhand­lungen aufgenommen wurden – Bulgarien und Rumänien, und zwar aus klar argu­mentierbaren Gründen, die sie auch selbst einsehen –, nicht unter den nun beitre­tenden sind; die Tatsache, dass sich die Europäische Union verpflichtet hat, in naher Zukunft darüber zu entscheiden, ob der Veränderungsprozess in der Türkei weit genug geht, um die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen Erfolg versprechend zu machen; und, wie ich sagte, die Schlussfolgerungen des Gipfels von Thessaloniki, die den Staa­ten des Westbalkans eine „Zukunft in der Europäischen Union“, wie das formuliert ist, eröffnet haben, was letztlich auch für diese Staaten, zum Teil in langen Zeiträumen, eine Beitrittsperspektive eröffnet – wobei eine österreichische Rede zur EU-Erwei­te­rung nicht vollständig wäre, würde man nicht an diesem Punkt unsere besondere Sym­pathie und unsere besondere Unterstützung für das bereits eingebrachte kroati­sche Beitrittsansuchen zum Ausdruck bringen. (Allgemeiner Beifall.) – Danke. Es freut mich, dass wir in dieser Frage einer Meinung sind.

Jenes geschichtliche Mitteleuropa, das da sozusagen in der EU eine Wieder­auferste­hung feiert – was nichts Negatives ist –, umfasst mit Sicherheit auch Kroatien; über ein paar andere Anteile können wir dann fachkundig diskutieren. Aber wahr ist, dass Österreich mit diesen Nachbarstaaten, den heute beitretenden und denen, denen wir helfen wollen beizutreten, tatsächlich so etwas wie eine neue Gemeinsamkeit ent­wickeln kann und soll.

Diese neue Gemeinsamkeit muss vieles, viel Historisches, überwinden. Die Ge­schich­te – ich sagte es schon – besteht nicht nur aus Harmonie. Es wäre eine falsche Sicht, würde man diese Geschichte zu einer machen, in der Menschen, die heute in Österreich leben, nur die Opfer waren; Menschen, die zumindest in Österreich gelebt haben – das ist eine Generationenfrage –, haben auch zu Tätern gehört.

Wir haben in Österreich lange gebraucht – und wir sind damit noch lange nicht fertig –, bis wir einen Prozess der Aufarbeitung unserer eigenen Geschichte in Gang setzen konnten. Wir sollten unseren Nachbarn, die hier eine jahrzehntelange Frostperiode zu erleben hatten, in der eine Aufarbeitung nicht möglich war, dasselbe Maß an Zeit ge­währen, das wir für uns selbst in Anspruch genommen haben, und wir sollten uns daran erinnern, dass dieser Prozess in Österreich dort Momentum gewonnen hat, wo er von den Menschen selbst gewollt und wo er uns nicht aufgezwungen wurde.


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Wenn wir vor allem eine Änderung durch die Menschen – nicht nur in Tschechien, aber sicher auch in Tschechien – von bestimmten historischen Ereignissen wollen, dann sollen wir diese Menschen selbst entscheiden lassen, wann sie an das Thema heran­gehen und wie sie herangehen. Das ist ein Prozess, den das tschechische Volk für sich beantworten muss. Wir werden uns freuen, wenn es Antworten sind, die wir mit­tragen können. Und wir sollten nicht vergessen, dass es diese Wechselbeziehung gibt, in der dieses geschichtliche Unrecht – und das war es zweifelsfrei – auch verursacht wurde.

Der Prozess der Erweiterung der EU ist um vieles größer als dieses Thema. Ihn leidenschaftlich zu begrüßen, alles zu tun, damit er zu einem wirklichen Erfolg wird, der EU jenen Verfassungsrahmen zu geben – wozu du, Kollege Tusek, beigetragen hast, wofür wir uns alle bei dir bedanken sollen (allgemeiner Beifall) –, der sie aktionsfähig auch mit 25 und mehr Mitgliedern macht – all das ist notwendig. Aber ich sage am Schluss noch einmal: Die EU ist nicht nur eine Frage von Strukturen, Kommissionen und Verträgen, sie ist vor allem auch eine Frage des Ausmaßes, in dem sie von den Menschen mitgetragen wird. Die Erweiterung hat es schwer gehabt, von den Men­schen mitgetragen zu werden. Ich glaube, dass wir, wenn wir heute – soweit ich das beurteilen kann, einstimmig – dieser Vorlage zustimmen, damit zumindest eine klare Mehrheitsmeinung unserer Bevölkerung zum Ausdruck bringen; aber es gilt, daran zu arbeiten, dass aus dieser Mehrheit in Zukunft eine noch klarere Mehrheit und eine überwältigende Mehrheit wird – unsere gemeinsame Heimat ist eben Europa! (Allge­mei­ner Beifall.)

9.39

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile ihm dieses.

 


9.39

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wie bereits anlässlich des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union sowie des Ab­schlusses der Verträge von Amsterdam und Nizza soll heute ein besonderes Bundes­verfassungsgesetz beschlossen werden, das die Bundesregierung zum Abschluss des Vertrages über den Beitritt der zehn neuen EU-Mitglieder im Sinne der so genannten Osterweiterung ermächtigt.

Vorweg halte ich fest, dass meine Fraktion dieser Vorlage zustimmen wird!

Entgegen der in den Medien immer wieder verbreiteten Kritik, dass sich die Frei­heitliche Partei gegen die EU-Osterweiterung gestellt hätte, betone ich daher bewusst, dass wir diese im Grundsatz stets befürwortet haben. (Bundesrat Gasteiger: Jetzt aber, na, jetzt!) Sie ist, wie ich vorbehaltlos einräume, durchaus ein Projekt von histori­schem Rang, weil sie die Überwindung der Teilung von West- und Osteuropa und da­mit der in Jalta geschaffenen Nachkriegsordnung bedeutet. Hier befinde ich mich mit meinen Vorrednern voll im Einklang.

Es ist auch nicht zutreffend, dass wir uns gegen den Beitritt einzelner Staaten oder auch nur eines einzigen, nämlich der Tschechischen Republik, gewandt hätten. Wir be­kennen uns außerdem bewusst zum Konzept einer mitteleuropäischen, regionalen Partnerschaft.

Das ändert freilich nichts an unserer Überzeugung, dass von Seiten einzelner Bei­trittskandidaten – und hierbei spreche ich allerdings primär die Tschechische und die Slowakische Republik an – die gebotenen Vorleistungen nicht erbracht worden sind. Das gilt vor allem im Hinblick auf die viel zitierten „europäischen Werte“, die sich ins-


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besondere in der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Grundrechtecharta widerspiegeln. Mit ihnen sind nämlich bestimmte Artikel der so genannten Beneš-Dekrete absolut unvereinbar. Gleiches trifft auf das Gesetz über die Straffreistellung für Verbrechen im Zusammenhang mit der Vertreibung der so ge­nannten Sudetendeutschen, also Altösterreicher, zu.

Wir haben die legislative Eliminierung dieses Unrechts und seine ideelle oder gar reale Wiedergutmachung dennoch nicht mit dem Beitritt junktimiert!

Wiewohl Vertriebenensprecher meiner Fraktion, habe ich es auch anlässlich unserer Besuche der Tschechischen Republik im Rahmen parlamentarischer Delegationen ver­mieden, insbesondere vor dem Volksreferendum über den EU-Beitritt in der Tsche­chischen Republik, mit Forderungen aufzutreten, die nur zu einer Verhärtung des Ver­handlungspartners statt zu einer Aussöhnung hätten führen können.

Im vertraulichen Gespräch haben wir aber sehr wohl darauf hingewiesen, dass sich Österreich angemessene Schritte Tschechiens zur Aufarbeitung des historischen Un­rechts erwartet. Die danach abgegebenen Erklärungen von Staatspräsident Klaus und Ministerpräsident Špidla waren zweifellos erste Schritte in die unseres Erachtens richtige Richtung; weitere müssten allerdings noch folgen.

Und es ist leider nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme zu werten, wenn kurz nach der anerkannten Göttweiger Erklärung Špidlas der Außenminister Svoboda diese wieder insofern relativiert, als er lediglich die mit der Vertreibung verbundenen gewalt­tätigen Begleiterscheinungen für inakzeptabel erachtet, nicht aber den verniedlichend als „Bevölkerungstransfer“ bezeichneten Vorgang als solchen. Selbst Špidla hatte mit seiner anerkennenswerten zeitgeschichtlichen Selbstkritik allein die moralische Dimen­sion der Vertreibung angesprochen, jede rechtliche Konsequenz daraus aber ausge­schlossen.

Meines Erachtens geht es aber nicht an, die einschlägigen Bestimmungen der Beneš-Dekrete als obsolet, als totes Recht zu bezeichnen, sie aber in aktuellen Ent­scheidun­gen von Verwaltungsbehörden und Gerichten in Rückstellungsverfahren nach wie vor als geltendes Recht zugrunde zu legen.

Wir werden daher auch gegenüber der Tschechischen Republik als künftigem Mitglied der Europäischen Union einmahnen, all das aus seiner Rechtsordnung zu eliminieren, was die Grundlage für jene menschenrechtswidrigen Vorgänge und Maßnahmen ge­bildet hat, die bereits vor Jahren der renommierte – allzu früh verstorbene – Völker­rechts­gelehrte Professor Ermacora in einem Rechtsgutachten als Genozid qualifiziert hat.

Andere ost- und südosteuropäische Staaten sind hierbei mit gutem Beispiel voran­gegangen. Das gilt vornehmlich für Ungarn, aber auch Kroatien und – ich stehe nicht an, das zu betonen – Serbien und Montenegro. Auch die Slowenische Republik hat das mit den so genannten AVNOJ-Bestimmungen geschaffene Unrecht in bestimmtem Ausmaß beseitigt und sogar die Möglichkeit von Rückstellungen konfiszierten Eigen­tums Volksdeutscher eröffnet.

Deshalb verleihe ich meiner Hoffnung Ausdruck, dass der auch von meiner Fraktion gut geheißene Beitritt der neuen Mitglieder einschließlich der Tschechischen und der Slowakischen Republik dazu führen wird, dass diese sich alle in die europäische Wer­tegemeinschaft einfügen, ihre Rechtsordnung von den erwähnten historischen Altlas­ten befreien und die sich daraus ergebenden nachwirkenden Diskriminierungen in menschenrechtskonformer Weise ausgleichen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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In diesem Geiste neuer Gemeinsamkeit stimmt meine Fraktion dem vorliegenden Ver­fassungsgesetz über den Abschluss der Beitrittsverträge bewusst und in voller Verant­wortung für die europäische Einigung zu. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

9.45

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster ist Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort ge­meldet. Ich erteile dieses.

 


9.45

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Heute ist so etwas wie ein Freudentag über die EU-Erweiterung nun auch in der Länderkammer. An einem sol­chen Tag sind natürlich alle großzügig gestimmt, Herr Professor Böhm, aber Sie wis­sen, dass die Töne, die Ihre Partei hinsichtlich der EU-Erweiterung beim Eintritt in die Regierung angeschlagen hat, schon andere waren. (Bundesrat Gasteiger: Erheblich andere!)

Es ist schön, dass wir heute diesen Prozess, den in Österreich vor zehn, 15 Jahren nur sehr wenige für positiv gehalten haben, nun hier so einträchtig abschließen können. Herr Professor Konecny hat erwähnt, dass es nur wenige waren. Als Oppositioneller steht es mir durchaus zu, zu sagen, es war vor allem jemand von einer anderen Partei, der sehr daran geglaubt hat, und ihm muss man an diesem heutigen Tage den gebüh­renden Respekt zollen: Es war sicherlich ein sehr früher Traum des Erhard Busek, dass das möglich sein könnte. Er hat etwas geträumt, als manche noch gar nicht ge­glaubt haben, dass es jemals möglich sein werde. Heute vollziehen wir diesen Schritt.

Herr Kollege Tusek, es ist nicht, wie Sie gesagt haben, eine Erweiterung um einen östlichen Flügel, es ist auch die Erweiterung nach Süden, es ist die Erweiterung nach Norden. Entfernen wir endlich diese Barriere aus unseren Köpfen, dass es eine Ost­erweiterung ist. Prag liegt nicht östlicher als Wien, und Laibach liegt bei Gott nicht östlicher als Wien! Wir erweitern nach oben, nach unten, aber auch in den Osten – völlig richtig, und es ist gut so!

Es ist jedoch noch ein großer Schritt ausständig, nämlich in jenem Bereich eine Er­weiterung vorzunehmen – und diese muss kommen, denn davon hängt, glaube ich, auch die Sicherheit und die friedliche Entwicklung Europas in diesem Abschnitt zusam­men –, der das Staatsgebiet des ehemaligen Jugoslawien umfasst. Das ist meiner Überzeugung nach die wirkliche große Herausforderung, und weniger die Frage, wie wir mit einigen historischen Aufarbeitungen umgehen.

Herr Professor Böhm! Ich erinnere nur daran, dass Österreich 50 Jahre gebraucht hat, bis es auch die Mittäterrolle während der NS-Zeit eingestanden hat. Man muss auch der demokratischen Regierung in Tschechien einen Prozess, einen Meinungs­bildungs­prozess, zugestehen. Und gerade Tschechien, die Slowakei und Ungarn haben noch ein größeres Problem als die Sudetendeutschen, nämlich die Behandlung der Frage der Sinti und Roma. Das ist nämlich eine mehr als brennende und aktuelle Men­schen­rechtsfrage, die diese drei Staaten unter dem zukünftigen gemeinsamen Dach Europas klären müssen. Es wird auch die Hilfe Europas notwendig sein, damit es diese drei Staaten im gemeinsamen Haus schaffen, dieses Problem betreffend Sinti und Roma, eines der wirklich brennenden Themen, zu lösen.

Herr Kollege Tusek, Sie haben richtig gesagt: Österreich rutscht nunmehr in die Mitte der EU – Klammer auf: Aber wir haben ja jetzt Feierstunde, da können wir ja nicht noch einmal über die sicherheitspolitische Sinnhaftigkeit der Abfangjäger reden, wenn man von ... (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) – Kollege


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Bieringer, ich weiß, dass Sie jetzt wieder ein ganz glühender Neutralitätsverehrer ge­worden sind. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ja, ich weiß! (Bundesrat Bieringer: Nein! Bin ich nicht!) Aber der Zweck heiligt die Mittel. Ich verstehe das ja!

In einem sind wir uns jedenfalls einig: Wir sind jetzt nicht mehr Grenzwächter (Bun­desrat Bieringer: Gott sei Dank!), aber wir haben eine ganze Reihe von Problemen, die die verschiedenen Vorredner heute schon angesprochen haben. Und diese gilt es na­türlich zu berücksichtigen. Aber gerade weil der Herr Staatssekretär heute anwe­send ist, möchte ich nicht von der Landwirtschaft, von den Arbeitsplätzen und von der Sicherheitsfrage reden, sondern davon, dass über das Ökonomische natürlich auch die kulturelle Zusammenarbeit gerade in diesem Bereich zu intensivieren ist. Und wir wissen: Wenn die Politik es nicht schafft, Brücken zu bauen, die Kultur schafft oft solche Brücken und solche Übergänge!

Wenn wir von diesem gemeinsamen Europa reden, ist eines klar: Mit dieser Erwei­terung werden die nationalen Grenzen ein wenig unwichtiger, und sie werden unwich­tiger und unwichtiger werden.

Ich möchte hier zwei ganz unterschiedliche Österreicher in Erinnerung rufen. Der eine ist aus Österreich geflüchtet, der andere ist nach Österreich geflüchtet. Jener, der aus Österreich geflüchtet ist, ist Stefan Zweig. Bevor er in Lateinamerika Selbstmord beging, meinte er in seinem Abschiedswerk, als sich der Zeppelin in die Luft erhoben hatte, wir klein doch diese nichtigen nationalen Grenzen ausschauen, an denen sich die Unruhen entzündeten und die in der Geschichte Europas immer wieder zu großen kriegerischen Auseinandersetzungen geführt haben.

Der andere, der aus Belgrad nach Österreich geflüchtet ist, ist Ivica Osim. Dieser hat gemeint, dass die nationalen Grenzen in ihren Auswirkungen wesentlich schlimmer sind als Religionen. Religionen können nie das bewirken, was jene Aggressionen und jene Auseinandersetzungen, die sich entlang nationaler Grenzen entzünden, ausrich­ten. Jetzt, mit diesem großen Schritt der Erweiterung, wird die Bedeutung dieser na­tionalen Grenzen ein Stück kleiner!

Wir kommen langsam in eine komfortable Situation à la Luxemburg, wo man gar nicht weiß, wo das Land beginnt und wo das Land aufhört. Das ist schön so, denn wir bewegen uns damit in Europa ... (Bundesrat Gasteiger: ... die Abfangjäger?!) – Die Abfangjäger werden es dann schwieriger haben. Sie haben völlig Recht, Herr Kollege, das ist völlig richtig! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

In diesem Sinne gab es auch von unserer Seite von Anfang an ein klares Bekenntnis dazu. Wir Grüne haben immer gesagt, dass es Themen, auch Umweltthemen wie Te­melín, gibt, die über die Beitrittsfrage zu klären wir nicht das Recht haben. Es war ja auch nicht so, dass andere über Österreichs Beitritt abstimmen konnten. Was hätten wir gesagt, wenn ein anderes Land gesagt hätte: Die Österreicher wollen wir nicht!

Über die Möglichkeit der Aufnahme ist nicht abzustimmen, aber die Probleme, die es gibt, sind künftig innerhalb dieses gemeinsamen Hauses zu lösen.

In diesem Sinne unsere Zustimmung zu diesem großen Stück Europa! (Beifall bei der ÖVP und der SPÖ sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

9.52

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster ist Herr Staatssekretär Franz Morak zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.

 


9.53

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich bin froh und beglückt über die verantwortungsvollen


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Wortmeldungen, denen ich hier folgen durfte. Sie gingen in beide Richtungen, nämlich einerseits die Chancen aufzuarbeiten, aber sich auch nicht vor den Problemen zu drücken. Für beides ist hier ein Bewusstsein vorhanden. Das macht Hoffnung, das schafft Zuversicht! Gerade deshalb ist es mehr als nur ein Zeichen, dass Österreich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt – als eines der ersten Länder nämlich! – die rechtlichen Voraussetzungen für die Ratifizierung der Beitrittsverträge schafft.

Aus rechtlicher Sicht wird dabei der Weg gewählt, der schon beim Abschluss des Staats­vertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ebenso wie zum Abschluss des Vertrages von Amsterdam und jenes von Nizza gegangen wurde. So soll auch der Abschluss dieses EU-Beitrittsvertrages, durch den das gemein­schafts­rechtliche Primärrecht geändert wird, aufgrund einer besonderen bundesverfassungs­gesetzlichen Ermächtigung erfolgen und von einer ausdrücklichen Bezeichnung des Vertrages oder einzelner seiner Bestimmungen als verfassungsändernd abgesehen werden.

Es freut mich, dass dieser Beschluss von allen Parlamentsparteien mitgetragen wird. Er ist somit ein deutliches Zeichen gerade den neuen Mitgliedern gegenüber, für die diese Erweiterung gesetzt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Erweiterung ist die bisher größte in der Geschichte der Europäischen Union. Ich möchte mich jetzt nicht in Details verlieren, denn ich glaube, der Augenblick hat eine geschichtliche Dimension, die es uns ver­bietet, das eine gegen das andere aufzurechnen, etwa die wirtschaftlichen Daten des Exports oder Sicherheitsfragen! Trotzdem werden es diese Fragen sein, mit denen wir uns in der nächsten Zeit auseinander setzen müssen. Es ist ja schon angeklungen, es geht um arbeitsmarkttechnische Fragen, es geht um sicherheitstechnische Fragen, aber auch um die Aufarbeitung der Geschichte in beiden Richtungen. Ich glaube, dies­bezüglich wurden die ersten Diskussionsbeiträge bereits geliefert.

Es ist meiner Ansicht nach an der Zeit, dass wir diese Entscheidung, wie von den Erst­rednern angedeutet wurde, fällen und dass wir miteinander froh sind, dass es so geworden ist, wie sich das in den letzten Jahren ergeben hat.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP, der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

9.55

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Gottfried Kneifel. Ich erteile dieses.

 


9.56

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Herr Prä­sident! Meine geschätzten Damen und Herren des Bundesrates! Es ist richtig: Wir kön­nen froh sein für diese Stunde, die wir heute gemeinsam erleben, für dieses Okay, für dieses grüne Licht für die größte Erweiterung der Europäischen Union.

Ich bin auch für das allgemeine Bekenntnis, für das grundsätzliche Ja aller Parteien dank­bar. Es soll dies, glaube ich, auch eine Ermutigung für die Bevölkerung – für die Betriebe, für alle, die an dieses Europa glauben – sein, um die Chancen wahr­zuneh­men, die diese Erweiterung bieten wird.

Wenn wir zurückblicken, so waren die bisherigen Jahre der Mitgliedschaft in der Euro­päischen Union wirtschaftlich gesehen eine Erfolgsstory für Österreich. Insgesamt wur­den in den vergangenen Jahren seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union rund 130 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben heute mit rund 3,2 Millionen Beschäftigten die höchsten Beschäftigungszahlen in der Zweiten Republik, und es sind in dieser Zeit insgesamt 84 000 neue Unternehmen in Österreich gegründet worden.


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Staatssekretär Morak hat bereits darauf hingewiesen: Es gibt eine emotionale Seite, dass wir uns nämlich darüber freuen können, es ist aber auch so, dass die Bevölke­rung diese Ereignisse ganz real und aus wirtschaftlicher Sicht verfolgt und beobachtet. Viele verantwortungsbewusste Unternehmensführer und Betriebsführer haben bereits im Vorhinein in diesen neuen Staaten investiert, neue Märkte erschlossen, neue Mög­lichkeiten des Absatzes gefunden. Das kommt gerade in dieser Zeit recht, da wir mer­ken, dass wir die gegenwärtige konjunkturelle Flaute in Deutschland – und unsere Volkswirtschaft ist ja sehr stark exportorientiert, in Richtung Westen, insbesondere in Richtung Deutschland –, ausgleichen können, weil viele Wirtschaftstreibende bereits in jene Länder, die nun der Union beitreten, vorausgegangen sind.

Ich habe erst vorige Woche zwei Betriebe besucht. Ein Unternehmer hat mir gesagt, er hätte heute nicht mehr 60 Beschäftigte in seinem Unternehmen, wenn er nicht schon vor drei Jahren neue Märkte in Slowenien und Tschechien erschlossen hätte. Mit die­sen Investitionen sichert er österreichische Arbeitsplätze! Das ist, glaube ich, ein Punkt, den wir in dieser Stunde erwähnen sollten und der uns Hoffnung geben soll, dass es in dieser Richtung weitergeht.

Ich möchte in Ergänzung der Worte von Professor Konecny, der gemeint hat: Vielleicht gehen Arbeitsplätze auch verloren!, hinzufügen, dass wir im gleichen Atemzug sagen sollten, dass neue Chancen kommen werden; und wenn wir diese wahrnehmen und unsere Betriebe sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermutigen, wird es auch neue Arbeitsplätze geben! Ich bin fest davon überzeugt.

Wichtig ist nun eine positive Begleitung insbesondere der kleinen Unternehmen in den Grenzregionen. Der jüngste Besuch von Kommissar Michel Barnier in Oberösterreich stimmt mich daher sehr froh, es ist ermutigend, dass die Förderungen der Grenz­regionen von Seiten der EU fortgesetzt werden, auch über 2007 hinaus, damit es die Be­triebe in diesen Grenzregionen leichter haben.

Wir müssen uns vorstellen, dass drüben jetzt über eine Staatsgrenze von rund 600 Kilometern ein Ziel-1-Gebiet sein wird. Da werden natürlich viele sagen: Ich inves­tiere dort, weil ich dafür die besseren Förderungen bekomme! – Deshalb brauchen unsere Betriebe Förderungen, Ermutigung und Unterstützung, damit sie hier halbwegs Schritt halten können.

Konkret könnte ich mir vorstellen, dass Infrastrukturinvestitionen in diesem Bereich sinnvoll wären, Maßnahmen zur verstärkten Förderung von Forschung und Entwick­lung und natürlich Abgabenerleichterungen, steuerliche Erleichterungen, eine Senkung der Abgabenquote, der Steuern, weil rund um uns eben diese Chancen gegeben sind. Diese Chancen sollen wirklich Chancen bleiben und nicht zu einer Bedrohung für unsere Unternehmungen werden.

Ich bin auch zuversichtlich, weil ich weiß, dass im Budget in den nächsten drei Jah­ren 600 Millionen Schilling für Forschung und Entwicklung vorgesehen sind, und diese Mittel sollten insbesondere auch für diese Zwecke eingesetzt werden.

Wir brauchen also ermutigende Signale, damit die Chancen, die sich durch die EU-Erweiterung ergeben, auch entsprechend genützt werden können. Konkret könnte ich mir da in weiterer Folge Exportförderungsmaßnahmen vorstellen, Freibeträge für Be­triebs­übergaben, damit nicht auf den neuen, auf den jungen Übernehmer gleich enor­me steuerliche Abgaben hereinbrechen. Es sollten die Umweltverträglichkeits­prüfun­gen gestrafft werden, um die Infrastrukturinvestitionen noch rascher durchführen zu können, und es sollte eine Fortschreibung der Investitionsbegünstigungen erfolgen. – Das, glaube ich, wären positive Signale.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 37

Freilich müssen auch die Interessenvertretungen – sowohl auf Arbeitnehmerseite als auch auf Arbeitgeberseite – ihre Hausaufgaben im Hinblick auf diese Erweiterung der Euro­päischen Union machen. Grundsätzlich ist die Stimmung unter den öster­reichi­schen Betrieben positiv: Vier von zehn Unternehmungen sehen Vorteile in dieser EU-Erweiterung, drei von zehn sehen allerdings eventuelle Schwierigkeiten auf sie zukom­men, und das, was Schwierigkeiten bereiten könnte, muss eben entsprechend abgefe­dert werden.

Die Sorgen der kleinen und mittleren Unternehmen sollten wir ernst nehmen. Und ich glaube, wenn wir diese Maßnahmen umsetzen, dann könnten wir auch denen, die sich Sorgen machen, ein gewisses Signal der Ermutigung und der Hoffnung geben, dass die Europäische Union sich zum Vorteil auswirkt.

Ich habe mir die Zahlen geben lassen, inwieweit sich die EU-Erweiterung bisher auf die Grenzregionen ausgewirkt hat, und ich muss mit Freude feststellen, dass im Mühlviertel, in Oberösterreich, die Grenzregion zur Tschechei in den letzten Jahren um 56 Prozent mehr Betriebe verzeichnen kann. Ich wünsche mir, dass dieser Trend sich fortsetzt – auch unter den neuen Prämissen einer Erweiterung der Europäischen Union –, damit sich diese Erweiterung zum Vorteil für die Unternehmungen und für die Bevölkerung unseres Landes auswirkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.04

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Hlavac. Ich erteile ihr dieses.

 


10.04

Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Für mich als überzeugte Europäerin und, um es auch noch konkreter zu sagen, überzeugte Mitteleuropäerin, ist es eine Freude und Genugtuung, zu sehen, dass die durch den Zweiten Weltkrieg ausgelöste Teilung Europas nun tatsächlich ein Ende findet. Es werden nur noch wenige Länder Europas außerhalb der EU bleiben – sie sind bereits genannt worden –, und wir hoffen, dass die gesellschaftliche, die politische, die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern es bald zulassen wird, dass auch sie aufgenommen werden können.

Die anderen, besonders unsere Nachbarn, auf die ich mich konzentrieren möchte: Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien, werden also in einem Jahr der Union angehören. Ohne die Probleme, auf die ich noch zurückkommen werde, kleinzureden, kann man doch sagen, dass das ein historischer Augenblick ist, bei dem zusammen­wächst, was zusammengehört.

Ich freue mich auch besonders, dass die Slowakei es trotz der anfänglichen Probleme geschafft hat, in den Kreis der Beitrittsstaaten aufgenommen zu werden, dass also auch die Slowakei nächstes Jahr der EU angehören wird. Eine Abkoppelung dieses Landes von der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der EU wäre nicht nur für die Slowakei selbst, sondern auch für die Ostregion Österreichs problematisch gewesen. Österreich muss an der Stabilität und an einer positiven Entwicklung in seinen Nachbarländern interessiert sein.

Und da möchte ich auch ganz kurz auf das eingehen, was Kollege Schennach bezüglich der Roma und Sinti in Osteuropa gesagt hat. Ich hatte vor kurzem Gelegen­heit, mit einer internationalen Parlamentarier-Delegation in die Slowakei zu fahren und dort die Situation der Roma-Frauen zu überprüfen. Wir konnten feststellen, dass viele Vorwürfe, die gemacht worden sind, nicht zutreffen, dass aber die Situation der Roma tatsächlich eine furchtbare ist. (Bundesrat Mag. Gudenus: Aber auch der anderen Stämme! Auch der Sinti und der fünf weiteren Stämme!) Richtig! Es ist die Situation


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aller dieser Stämme tatsächlich eine sehr, sehr schwierige, und diese Menschen leben zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen. Da aber die Slowakei im Verhältnis zur sonstigen Bevölkerung den größten Roma-Anteil in ganz Europa hat, ist es auch notwendig, dass Europa diesem kleinen und verhältnismäßig armen Land hilft, weil es nicht imstande sein wird, dieses Problem allein zu lösen.

Ich möchte auch kurz etwas zu dem hohen Prozentsatz an Pro-Stimmen bei allen Re­ferenden sagen, die zeigen, dass die Menschen in diesen Ländern entschlossen sind, an der Entwicklung der Union teilzuhaben und von ihr zu profitieren. Allerdings zeigt die geringe Beteiligung an den Abstimmungen in mehreren der Beitrittsländer, dass auch große Unsicherheit über die Vor- und Nachteile eines Beitritts besteht. Tat­sächlich wird es ja auch so sein, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen gleich positiv abschneiden werden, und es stellt sich für sie, aber auch für uns die Frage, ob die Erweiterung zu einer Nivellierung nach unten bei Löhnen, Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen führen wird.

In diesem Bereich gibt es bei uns starke Befürchtungen, die auch von den Interes­sen­vertretungen artikuliert worden sind. Es ist kein Zufall, dass die Arbeiterkammer gerade jetzt wieder verstärkt Maßnahmen gegen die organisierte illegale Beschäftigung und für eine aktive, beschäftigungsorientierte Wirtschafts-, Struktur- und Budgetpolitik verlangt hat. Auch eine gezielte grenzüberschreitende Regionalentwicklungspolitik und eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur werden als vordringlich eingestuft. – Wir schließen uns dem vollinhaltlich an.

Die Zeit bis zum tatsächlichen Beitritt und bis zum Auslaufen der Übergangsfristen muss intensiv genützt werden. Sehr wichtig erscheint mir eine gute Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern, mit denen wir gemeinsam anstehende Probleme lösen sollten. Es sollte sich auch die Möglichkeit ergeben, in den EU-Gremien so oft wie möglich zusammenzuarbeiten. Leider ist in den letzten Jahren einiges an Porzellan zer­schlagen worden, und manche unserer Freunde haben sich mehr Unterstützung bei ihren Bestrebungen erhofft. Ich hoffe aber sehr, dass es zu einer sachorientierten Zu­sammenarbeit kommen wird, die von wesentlich positiveren Emotionen getragen sein sollte als bisher.

Das entspräche unserer gemeinsamen Geschichte, die natürlich eine schwierige ist, aber es müssen sich alle Völker bewusst sein, dass sie irgendwann nicht nur Opfer, sondern auch Täter waren in dieser langen gemeinsamen Geschichte, die einen viel­leicht mehr Opfer, die anderen mehr Täter; auch das wechselt im Laufe der Ge­schichte. Jedes Volk muss sich mit den dunklen Seiten seiner eigenen Geschichte konfrontieren. Das ist sehr unangenehm, das wissen wir, und es ist auch sehr schmerzvoll, weil auch die, die jetzt hier kritisiert werden, viel Leid erfahren haben. – Auch meine Familie, eine tschechische Familie, ist von den Nazis im besetzten Tschechien verfolgt worden, es sind Verwandte von mir von den Nazis getötet worden.

Es gibt also sehr viel Trauriges auf beiden Seiten aufzuarbeiten. Aber wir müssen auch unsere enge kulturelle Verbundenheit sehen und unsere Lage mitten in Europa, die unsere Interessen sehr stark mitbestimmt.

Die EU steht vor einer neuen Entwicklung. Die Integration der zehn neuen Mitglied­staaten wird nicht leicht sein. Die Fragen der Demokratie und der Mitbestimmung der kleinen Staaten müssen gelöst werden; Kollege Tusek hat das hier ja bereits ange­sprochen, und auch im EU-Konvent ist das ein wichtiges Thema. All diese Fragen, auch die sozialen Fragen, die Fragen einer gemeinsamen Sozialpolitik, einer gemein­samen Finanzpolitik, müssen gemeinsam in Angriff genommen werden, wenn die EU Bestand haben soll. Es besteht sonst die Gefahr, dass durch die Globalisierung die im internationalen Vergleich humaneren westeuropäischen Sozialsysteme zerstört wer-


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den, dass neoliberale Politik überhand nimmt und das, was unsere Werte, unsere so­zialen Werte sind, angreift.

Es ist in unser aller Sinn, dass diese schwierigen Aufgaben von der EU gelöst werden, denn die EU ist ein Friedensprojekt, und dieses Friedensprojekt muss gesichert und auf ganz Europa ausgedehnt werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten von der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.13

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gude­nus. Ich erteile ihm dieses.

 


10.13

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Kollegen und Kolleginnen! Ich habe den Eindruck, heute sind wir euphorisch. Vermutlich jubelt die europäische Verwaltung in Brüssel, dass acht weitere Mitglieder zu Europa stoßen. Und da möchte ich ein Mitglied hervorheben, dessen Eintritt in die EU mir doch sehr eigenartig erscheint, weil die europäische Verwaltung da ihren eigenen Grundsätzen untreu wird, nämlich Zypern.

Was Zypern angeht, ist die internationale Situation völlig ungeklärt. Eigentlich ist es eine Voraussetzung, um in die EU zu kommen, dass die internationale Situation in Be­zug auf ein Beitrittsland gänzlich geklärt ist.

Wenn wir in der heutigen „Presse“ nachlesen, sehen wir, dass die EU-Stimmung in Österreich eingebrochen ist. Nur noch 41 Prozent erkennen insgesamt einen Vorteil, 43 Prozent sehen keinen Vorteil.

Und wenn wir jetzt einmal kurz zurückschauen – und ich will das gerafft zusam­menfassen – und uns fragen, was uns bei unserem Beitritt nicht alles zugesagt wurde: Die Neutralität bleibt erhalten. Der Schilling bleibt erhalten. Beim Transit – siehe Tirol – haben wir alles in der Hand, und wir können die Europäer sozusagen am Durchfahren hindern, wenn sie mit stinkenden Brummern in jeder Menge kommen. – Aber spielen wir’s?

Die Atomfrage in unserer Nachbarschaft haben wir vollkommen im Griff. Die stellen ihre Kraftwerke alle schon ab, nur weil wir es wünschen. Und die Beneš-Dekrete wurden ebenfalls bereits mehrfach angetönt.

Das ist von der Entwicklung, die so rasant war, dass wir ihr kaum folgen können, übrig geblieben! Unsere Erwartungen haben sich großteils nicht erfüllt, und das, was uns ver­sprochen wurde, ist zum Großteil nicht eingehalten worden. Es wurden andere Erfolge erzielt, und diese werden heute im Sinne einer euphorischen Stimmung her­vorgehoben. Aber es ist auch notwendig, das zu betonen, was nicht mehr vorhanden ist.

Die neuen Staaten werden also Mitglied. Sie haben ein ungeheures kreatives Potential; das ist unbestritten. Sie werden sicherlich gute Europäer sein, das heißt, sie sind es, sie sind ja Europäer von der Geographie her. Ich wehre mich nur dagegen, dass nur die EU Europa ist. Europa ist größer als die EU, und möglicherweise, wenn wir einen vernünftigen Prozess verfolgen, werden wir die geographischen Grenzen Europas mit denen der Verwaltungsgrenzen der EU langsam auf Deckung bringen – ein Vorgang, den ich persönlich durchaus befürworte, und ich gehe davon aus, dass alle das befür­worten.

Es ist ein bisschen bedenklich, wenn neue EU-Staaten eine Doppel-Loyalität folgern. Da haben wir erlebt, dass im Rahmen dieses unsäglichen Krieges gegen den Irak doch


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sehr viele zukünftige EU-Staaten mit dem Vorgehen der Amerikaner mehr sympathi­sierten als mit der reservierten Haltung Brüssels und der meisten EU-Staaten.

Ein bisschen verstehe ich es schon, wenn sie eine Pro-NATO-Haltung haben, weil die NATO für sie wahrscheinlich mehr Sicherheit bietet, als derzeit die Europäische Ge­meinschaft an Sicherheit bieten kann. Nur müssen wir darauf hinarbeiten und auf diese neuen Staaten dahin gehend einwirken, dass sie doch die europäische Loyalität höher halten als jene transatlantische Loyalität, die nicht unbedingt immer mit der euro­päischen zusammenfallen muss.

Herr Professor Konecny hat hier von einem historischen Moment gesprochen. Das ist es zweifellos, auch wenn ich einige einschränkende Bemerkungen dazu gemacht ha­be. Und er meinte auch, dass mit den Bürgern der Nachbarstaaten eine neue Basis ge­funden werden muss und gefunden werden wird. Ich bin überzeugt, eine solche ist in den meisten Fällen schon vorhanden. Nicht die Bürger sind das Problem, sondern die Rechtsordnung in der Tschechischen Republik und in Slowenien ist für manche von uns, insbesondere für mich und meine Parteifreunde, ein Problem.

Das muss sich ändern! Hier muss einiges getan werden. Es genügt nicht, dass die „Frostperiode“ bei den Nachbarn aufgearbeitet wird, so wie sie in Österreich in den letz­ten 50 Jahren aufgearbeitet wurde. Diese „Frostperiode“ – auch ein Zitat von Pro­fessor Konecny – hat es tatsächlich gegeben, sie hat vieles verhindert, und vielleicht wäre man ohne diese schon weiter. Aber wir müssen darauf dringen, dass diese „Frostperiode“ von einer „Tauwetterperiode“ in der geschichtlichen Betrachtung und bezüglich rechtlicher Übergriffe, die erfolgt sind, abgelöst wird.

Professor Böhm hat die Beneš-Dekrete deutlich genannt, und er hat auch die AVNOJ-Bestimmungen genannt. Slowenien geht dieses Thema sehr zaghaft, um nicht zu sa­gen, zu zaghaft an. Aber wenn wir weit zurückschauen: Die Beneš-Dekrete sind sicher­lich ein Moment in der Geschichte des Zusammenlebens der Völker, und die Völker sind einmal Täter, einmal Opfer. Man kann sich nicht immer nur in der eigenen Täter­rolle suhlen. Ich halte das für bald nicht mehr tragbar, wie wir uns in der Täterrolle suhlen, denn wir sind auch Opfer gewesen. Und das ist in der mehrere Jahrhunderte währenden Geschichte für jedes Volk, für jeden Staat ähnlich gewesen.

Ich habe ein Zitat aus dem Jahr 1908 aus diesem Haus im Kopf, wo ein tschechischer Abgeordneter – da unterschied man ja noch zwischen Tschechen und Deutschen, die hier in diesem Haus tätig waren, und den anderen acht oder neun Volksgruppen, die vertreten waren – gesagt hat: Kauft nicht bei Deutschen, kauft nicht bei deutschen Juden! – Also, die Auseinandersetzungen zwischen dem deutschen und dem tschechi­schen Volk in diesem mitteleuropäischen Bereich gehen nicht auf die Jahre 1938 bis 1945 zurück, sondern es ist ein viel länger zurückgehender Zustand, den man wirklich, wie Professor Konecny gemeint hat, mit den Bürgern diskutierend auf eine neue Basis stellen muss.

Ich hoffe, das wird gelingen – und es wird gelingen! Ich bin überzeugt, dass das gelin­gen wird.

Frau Kollegin Hlavac bezeichnete sich als „überzeugte Europäerin“. Ich versichere Ich­nen, liebe Kollegin, Sie sind kein Einzelfall. Das sind wir alle, nur mit verschieden aus­gedrückter Gewichtung: der eine mehr nach Brüssel tendierend, der andere mehr das historische Mitteleuropa sehend.

Ich bekenne mich mehr zum historischen Mitteleuropa, in dem Wien eine wesentliche Hauptstadt war, und hoffe, dass es uns mit dieser Osterweiterung gelingen wird – auch wenn ich ihr aus schon genannten Gründen nicht mit überschäumender Begeisterung


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zustimme –, dass Wien wieder eine bedeutende Rolle spielen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

10.20

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


10.20

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf Grund meines Vorredners fällt es mir natürlich leicht, dass wir uns jetzt wieder in die etwas höheren Sphären der Europapolitik begeben. Es war aber zumindest ganz inter­essant, von ihm zu hören, dass er doch ein Europäer ist (Bundesrat Mag. Gudenus: Was soll ich denn sonst ...!) und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch heute positiv – also mit „Ja“ – stimmen wird.

Ich möchte zunächst der hohen Präsidiale meinen Dank aussprechen, denn als wir die Tagesordnung bekommen haben, war diese heutige Diskussion nur als einer unter vielen Punkten zu finden. – Die Präsidiale hat dann diesen Punkt an den Beginn der Tagesordnung gesetzt, wodurch dessen Bedeutung besonders unterstrichen wird.

Um die Bedeutung des heutigen Tages richtig zu ermessen und nicht zu unter­schät­zen, sollten wir die Geschichte des 20. Jahrhunderts ganz kurz an uns vorbei­zie­hen lassen.

Europa ist – um einen Ausdruck von Ernst Jünger zu verwenden – in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im wahrsten Sinne des Wortes durch die „Stahlgewitter“ gegan­gen – eine traurige Episode, die aber im Endeffekt zum heutigen Tag geführt hat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Europa geteilt: einerseits in Demokratien, ande­rerseits in Linksdiktaturen; es hat auch ein paar Neutrale gegeben. Auf der einen Seite stand der Warschauer Pakt, auf der anderen die NATO. Nun wird Europa durch den EU-Beitritt der Kandidatenländer am 1. Mai 2004 zusammengeführt. Es ist heute ein besonderer Tag für uns, und wir können als Bundesrätinnen und Bundesräte dankbar sein, dass wir ihn erleben dürfen.

Es hat sich aber heute auch herausgestellt – das ist bereits von Herrn Professor Ko­necny erwähnt worden –, dass die Europapolitik ein Bereich ist, in dem wir zusam­menfinden und wo einstimmige Beschlüsse möglich sind.

Friede und Wohlstand sind Ursehnsüchte der Menschheit, verbunden mit dem Be­dürfnis, irgendwann zu politischen Einheiten zu finden. Besonders groß ist dieser Wunsch immer nach großen Kriegen, sei es nach den Bürgerkriegen des ersten Jahrhunderts vor Christus im Römischen Reich, die im Endeffekt zur „Pax Romana“ geführt haben, nach der Völkerwanderung, als das Reich Karls des Großen entstand, aber auch nach den Napoleonischen Kriegen, als der Wiener Kongress 1815 versucht hat, eine Friedensordnung zu gestalten, die allerdings dann durch die Gedanken der Französischen Revolution, die weitergewirkt haben, durch den Nationalismus in Euro­pa, aber auch durch den Panslawismus zu den Weltkriegen des vorigen Jahr­hunderts geführt hat.

Warum steht meine Fraktion der EU-Erweiterung bedingungslos mit einem „Ja“ gegen­über? – Einerseits wegen des Ausbaus der europäischen Friedensgemeinschaft, der Aussöhnung der Völker. Ich darf an das Jahr 1994 erinnern, als wir in Österreich be­son­ders mit der Friedensgemeinschaft und Solidarität unter den Völkern und damit, dass Kriege in Zukunft ausgeschlossen werden, geworben haben.

Der nächste Grund ist die Wertegemeinschaft: Alle Staaten, die ab 1. Mai nächsten Jahres EU-Mitglieder sein werden, bekennen sich zur Demokratie, zum Rechtsstaat,


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zu einer ordentlichen Ausformung des Rechtsstaates, zur Gewaltenteilung im Sinne Montesquieus, aber auch zur Machtkontrolle und Machtbalance.

Mir erscheint es immer als besonders wesentlich, dass der friedliche Machtwechsel ge­geben sein muss. – Man sieht nämlich immer nach Wahlen, wie ein Übergang möglich ist oder ob er durch alle möglichen Tricks nicht stattfindet.

Für Europa ist auch im Hinblick auf seine christliche Tradition wichtig, dass wir die Men­schenrechte in der EU entsprechend verankert haben. Der Konvent hat hier ein klares Signal gesetzt, wie uns Bundesrat Tusek dargelegt hat.

Nicht zuletzt ist in dieser Wertegemeinschaft die kulturelle Vielfalt besonders wichtig, die in Europa gegeben ist.

Ein weiterer Grund für unsere Zustimmung ist – und das soll nicht politisch aus den Au­gen verloren werden –, dass die EU bemüht ist, Wohlstand in Europa zu schaffen. Dieser Gedanke wird durch die Förderung der unterentwickelten Regionen unterstri­chen. Österreich war vor allem im Burgenland daran beteiligt, aber auch die zukünfti­gen Länder im Norden, Osten und Süden Europas werden daran partizipieren können.

Erwähnt darf auch noch werden, dass die zehn Neuen eine gedankliche Bereicherung bedeuten, denn zumindest ein Teil von ihnen hat durch die Erfahrungen der Jahre vor 1989 einen unterschiedlichen Zugang zur Lösung von Problemen, verbunden mit der Bereitschaft, Opfer zu bringen, als Kontrast zur gesättigten Gesellschaft des Westens.

Es wäre aber eine derartige Rede heute unvollständig, wenn wir nicht auch zurück­blicken und vor allem den europäischen Gründungsvätern Dank sagen würden – näm­lich einem Monnet, einem Schuman, einem Adenauer, aber auch einem De Gasperi –, Dank aber bitte auch den österreichischen Vordenkern und Verwirklichern: Hier darf ich an Vizekanzler Bock, Vizekanzler Mock, aber auch an Bundeskanzler Vranitzky er­in­nern, dem es nicht immer leicht gefallen ist, in seiner Partei den Europagedanken durchzusetzen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Und Coudenhove-Kalergi? – Bundesrat Gasteiger: Jetzt wird’s gefährlich!)

Gegen den einen oder anderen Staat mag jeder Österreicher etwas haben. – Kollege Gudenus hat hier das eine oder andere ja entsprechend hervorgehoben. Uns ist be­kannt, dass die entfernteren Staaten immer mit mehr Sympathien belegt werden als die unmittelbaren Nachbarn. Ich darf aber darum bitten, dass wir die diversen Klischees und Vorurteile vergessen.

Ich plädiere daher dafür, dass wir die heutige Diskussion dazu nützen, an alle zehn Beitrittsländer zu denken, die aufgenommen werden sollen, und dass wir heute durch ein „Ja“ alle zehn in der Gemeinschaft der Europäischen Union offen und freudig auf­nehmen und wirklich herzlich begrüßen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Schennach.)

10.27

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

 


10.28

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass in dieser Debatte sehr klar geworden ist, dass die Erweiterung wirklich ein Wesensbestandteil unserer gemeinsa­men Politik ist. Aber trotzdem – Kollege Gudenus hat es mit einer Studie angespro­chen, und ich möchte mich am Anfang auch auf diese beziehen –: In einer Studie, die in der „Presse“ am 17. Juli dieses Jahres zitiert worden ist, heißt es, dass 67 Prozent


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der Österreicherinnen und Österreicher für das Land keine Vorteile durch die EU-Erweiterung erwarten.

Da frage ich mich natürlich: Warum ist das so? Warum gibt es eine solche Sicht, die mit Vorbehalten oder – ich möchte fast sagen – mit bestimmten Ängsten und Unsi­cherheiten verbunden ist? – Da möchte ich an die Worte anknüpfen, die Professor Ko­necny vorhin an uns gerichtet hat: Worin liegt unser Beitrag? Worin könnten unsere Beiträge liegen?

Erstens: Ich denke, wir sollten gemeinsam dagegen wirken, dass unsachlichen Dis­kussionen, in denen es viel zu wenig um ganz konkrete Fakten und Zahlen geht, auch noch Raum gegeben wird. Egal, aus welchen Gründen auch immer: Zum Großteil füh­ren solche unsachlichen Diskussionen zu Ängsten, und zwar genau dort, wo wir alle sie nicht haben wollen.

Wir sollten es in Zukunft schaffen – und das sollte der erste Beitrag sein –, wirklich sachliche Diskussionen zu führen, die nicht bestimmte Probleme, die es zweifelsohne gibt – wo nicht? –, unnötig aufbauschen oder auf der anderen Seite vertuschen. – Dem sollten wir klare Diskussionen, klare Information und – heute ist auch schon das Wort gefallen – klare persönliche Aufarbeitung gegenüberstellen.

Ich denke, dass offene Grenzen und offene Türen jedes Thema besser und sachlicher diskutieren lassen, als verschlossene Türen. Es ist dabei ganz egal, um welches Thema es geht, um die Energiepolitik oder um geschichtliche Themen: Letztlich sind es alle menschliche Themen.

Was meine ich mit „Fakten und Zahlen“? – Gerade beim Thema Arbeitsplätze werden immer Zahlen in den Raum gestellt, die nicht stimmen. Ich möchte aus der Sicht der Steiermark zwei Zahlen nennen: Es gibt dort ungefähr 475 000 unselbständig Be­schäftigte. Dem gegenüber stehen knapp über 3 000 unselbständig Beschäftigte aus EU-Ländern. – Da kann man doch nicht von einer „Überflutung“ durch Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer aus diesen Ländern sprechen!

Ich möchte auch eine Studie der Arbeiterkammer Steiermark zitieren, in der es gerade im Zusammenhang mit den Gebieten nahe der slowenischen Grenze folgendermaßen heißt:

„Verschärfung von bereits bestehenden Unterschieden zwischen gut ausgebildeten und niedrig qualifizierten Arbeitnehmern, aber keine radikalen Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt.“ – Das wird die Folge sein.

Als Zweites möchte ich auch einen Beitrag aus der Steiermark zitieren: Unsere Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic hat genau so eine Zukunftsregion ins Leben ge­rufen, bei der es nicht in erster Linie darum geht, wieder irgendwelche neuen „Gesetz­lichkeiten“ zu erfinden, sondern wo es einen persönlichen und gegenseitigen Aus­tausch gibt, wo man sich zuerst gegenseitig aufsucht und miteinander Kontakte und Kom­munikation pflegt.

Ein letztes Thema: Ich bitte, auch wenn es um das Asylwesen geht – das wird uns hier noch ins Haus stehen –, nicht unsachlich zu diskutieren. Ich bitte um eine klare be­griffliche Trennung zwischen „globaler Migration“, „Zuzug aus europäischen Ländern“ und dem, worum es beim Asylwesen geht.

Ein Allerletztes: Ich freue mich sehr, dass in der heutigen und der morgigen Tages­ordnung ganz wichtige Beiträge enthalten sind, die genau in diese Richtung gehen: erstens der Beschluss bezüglich der Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit – ich hoffe, dass hier auch die europäischen Themen ihren Platz finden –, und zweitens der Beschluss betreffend das Joint Vienna Institute. Da geht es genau darum, dass


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Verwaltungsfachkräfte und Ökonomen aus unterschiedlichen europäischen Staaten wirklich versuchen, zur Verfügung zu stehen und auch einander behilflich zu sein.

So kann Europa zusammenwachsen. Aber noch einmal meine Bitte: Wir brauchen sachliche Diskussion und die Zeit, einander begegnen zu können! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.34

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


10.34

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Beim Beitritt Österreichs zur EU habe ich persönlich schon Vorbehalte und Probleme gehabt, und zwar waren es zwei Punkte, die mich gestört haben: erstens, dass diese EU da­mals bei weitem nicht Europa war – da hat noch sehr viel gefehlt –, und zweitens, dass sie zum Großteil noch eine Wirtschaftsunion ist und sonst nichts.

Im ersten Punkt hat sich jetzt durch diesen Beitritt von zehn neuen Staaten einiges ge­ändert. Es ist zwar noch nicht alles erreicht, aber doch schon vieles.

Im zweiten Punkt ist noch einiges offen: Die Beitrittsländer werden die europäischen Standards in allen möglichen Rechtsbereichen übernehmen müssen, früher oder spä­ter, mit verschiedenen Übergangsregelungen. Dazu gehören auch die Menschenrechte und die BürgerInnenrechte – zu diesen gehören für mich auch Medienrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Wenn ich mir ansehe, wer gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt den EU-Vorsitz führt und wer Ministerpräsident dieses Staates ist, dann hoffe ich, dass diese Standards, was die Menschenrechte in diesem Bereich und die Rechte auf Meinungsäußerung betrifft, nicht von den neuen Beitrittsländern übernommen werden.

Was aber meiner Meinung nach auch noch dazugehört, sind die umweltpolitischen Standards. Für mich ist derzeit der wichtigste Punkt der EURATOM-Vertrag, der laut Konvent in die europäische Verfassung aufgenommen werden soll. Sechs der zehn neuen Länder haben keine Atomkraftwerke, genauso wie Österreich. Nichtsdestotrotz werden wir mit dem EURATOM-Vertrag in der Verfassung – wenn er hineinkommt – weiter in diese Steinzeittechnologie investieren müssen, die nebenbei auch noch ziem­lich gefährlich ist und die eigentlich in Österreich meines Wissens kaum jemand will.

In der europäischen Politik beziehungsweise in diesem Konvent gibt es sehr wenige Gegenstimmen gegen die Aufnahme des EURATOM-Vertrags in die europäische Ver­fassung, und auch von österreichischer Seite gab es dazu nicht so viele Gegenstim­men, wie wir uns erwartet hätten. Die Initiative für einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie ist nicht vom zuständigen Minister gekommen, sondern von den Grünen.

Politik ist für mich in erster Linie eine Sache von Prioritäten, und ich denke, dass wir in Österreich die Priorität in erster Linie auf Umweltschutz, Menschenrechte und Soziales setzen sollten, denn unser Ziel sollte es sein, dass die EU nicht weiterhin nur ein Wirt­schaftsverein bleibt, sondern ein gemeinsames gesamteuropäisches Friedensprojekt wird. (Beifall des Bundesrates Schennach und der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

10.37

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 45

10.37

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur verfassungsrechtlichen Grundlage für den Abschluss des Vertrages über den Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten der EU gibt es – das hat ja auch die bisherige Diskussion gezeigt – keinen einzigen Grund, nicht uneingeschränkt ja zu sagen. Es entspricht auch dem klaren Willen der von uns in der Bundesgesetzgebung zu vertretenden Länder, die erforderliche Zustimmung zu diesem verfassungsändernden Bundesverfassungsgesetz zu erteilen.

Aus dieser Erweiterung und der durch den Konvent vorgezeichneten Vertiefung wird sich zwangsläufig ergeben, dass die EU mit mehr Leben erfüllt wird und die Frage stär­kere Bedeutung bekommt, wie in den einzelnen Nationalstaaten europäische Ent­scheidungen mit ihrem immer größer werdenden Anteil am politischen Geschehen noch beeinflusst werden können.

Wir diskutieren in der nächsten Zeit sehr intensiv das Zusammenspiel von Gemeinden, Ländern und Bund, aber wir blenden dabei ein wenig aus, dass die wesentlichen politischen Entscheidungen künftig auf einer ganz anderen Ebene fallen werden und es wahrscheinlich einer intensiven Anstrengung bedarf, die bisherigen Mitwirkungs­mög­lich­keiten, die innerstaatlich für die Bürger und für die Gebietskörperschaften gegeben sind, auf diese neuen Mechanismen zu übertragen.

Aus der Sicht der Länder steht bei diesen Anliegen zunächst im Vordergrund, das 1992 damals für den EWR eingeführte Länderbeteiligungsverfahren den geänderten Verhält­nissen und den in der Praxis gemachten Erfahrungen anzupassen. Die Landtags­präsi­dentenkonferenz und auch die Landeshauptmänner haben dazu bereits konkrete Vor­stellungen entwickelt und auch dem Bundesrat mit der Bitte um Unterstützung über­mittelt. Aus Gründen der Zeitökonomie verzichte ich darauf, das jetzt im Detail näher auszuführen.

Es gibt noch eine zweite Handlungsebene neben der Europäischen Union, nämlich internationale Handelsübereinkommen – namentlich in Diskussion zuletzt das GATS. Der Vorarlberger Landtag hat am 7. Mai dieses Jahres im Zusammenhang damit vom Bund Verhandlungen über den Abschluss einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung über die Wahrung der Rechte und Interessen der Länder beim Abschluss solcher Han­delsübereinkommen gefordert, die sich an dem für die EU entwickelten Länderbeteili­gungs­verfahren orientieren soll. Einen ähnlichen Beschluss hat kürzlich auch der Land­tag von Niederösterreich gefasst.

In der Beantwortung einer dazu eingebrachten parlamentarischen Anfrage hat der Wirt­schaftsminister kürzlich die Auffassung vertreten, dass die Wahrung der Interessen der Bundesländer durch die bisherigen Instrumente gesichert sei. Aber abgesehen davon, dass sich diese Instrumente lediglich auf Vorhaben der EU anwenden lassen, wird diese Einschätzung des Wirtschaftsministers auf Länderseite keineswegs geteilt, denn die entsprechenden Entschließungen der Landtage wurden ja ausdrücklich damit be­gründet, dass die derzeit praktizierte Einbindung in den innerösterreichischen Willens­bildungsprozess der Betroffenheit der Länder in keiner Weise gerecht werde.

Wenn die Länder in ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 26. März dieses Jahres vom Bund eine transparente Verhandlungsführung und eine effiziente Beteiligung an der innerstaatlichen Willensbildung hinsichtlich des GATS einfordern, dann kann von ei­ner ausreichenden Wahrnehmung der Länderinteressen und einer entsprechenden Rechtsgrundlage dafür wohl keine Rede sein.

Abgesehen von diesen Anliegen der Länder wird es auch für den Bundesrat selbst Handlungsbedarf geben. Nach dem vom Konvent vorgelegten Verfassungsentwurf – Herr Kollege Tusek war daran maßgeblich beteiligt, wofür ihm sehr zu danken ist, und


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er hat das schon ausgeführt – wird neben dem Nationalrat auch der Bundesrat alle relevanten Dokumente erhalten und im Rahmen des Frühwarnmechanismus Stellung nehmen können, wenn er einen Vorschlag der Kommission als mit dem Subsidiaritäts­prinzip unvereinbar erachtet.

Weiters wird der Bundesrat auch eine nationalstaatliche Klage beim Europäischen Gerichtshof wegen Verletzung dieses Prinzips auslösen können.

Den einzelnen Bundesländern selbst stehen diese Informationsrechte und Einfluss­mög­lichkeiten nicht zur Verfügung. Es wird daher Aufgabe des Bundesrates sein, diese Lücke zu schließen. Er muss sich allerdings dieser Herausforderung – das muss man selbstkritisch sagen – mit größerer Intensität und Länderverbundenheit widmen, als das bisher in EU-Angelegenheiten geschehen ist.

In den letzten sechs Jahren hat unser EU-Ausschuss trotz großer Bemühungen seiner jeweiligen Vorsitzenden lediglich elf Sitzungen mit einer konkreten Tagesordnung – ab­gesehen von Funktionswahlen – und eine einzige Stellungnahme im Sinne von Arti­kel 23e B-VG zustande gebracht. – Es bedarf wohl keiner näheren Erläuterung, dass den Ländern die Wahrnehmung künftiger EU-Aufgaben durch den Bundesrat ange­sichts dieser Bilanz etwas Sorge macht.

Solange es bei der bisherigen Struktur des Bundesrates bleibt, müssen daher in der Geschäftsordnung Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass die den Ländern zuge­dachten Informations-, Einwendungs- und Klagerechte gegenüber der EU von ihren Vertretern im Bundesrat auch tatsächlich eigenständig und für das einzelne Bundes­land wahrgenommen werden können.

Bei der Verankerung des EU-Ausschusses in unserer Geschäftsordnung haben wir ei­nen ersten Schritt in diese Richtung gesetzt. So kann dort ein Tagesordnungspunkt nicht nur von einem Viertel der Bundesräte, sondern auch von jeweils mehr als der Hälfte der Bundesräte dreier Länder verlangt werden. Für die Auslösung des Früh­warnmechanismus durch den Bundesrat anstelle jedes einzelnen Landes, so wie das von den Ländern gefordert war, wird das aber eine zu hohe Hürde sein, zumal nach der gegenwärtigen Rechtslage für eine Klage beim EuGH durch die Bundesregierung das Verlangen eines einzigen Landes genügt.

Zusammenfassend ist dem Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Bei­tritts­vertrages mit zehn neuen EU-Mitgliedern vorbehaltlos zuzustimmen, es ist aber gleichzeitig auch daran zu erinnern und darauf zu achten, dass die Einflussmög­lich­keiten der Länder auf die österreichische EU-Politik mit der Entwicklung der Euro­päischen Union zu einem tatsächlichen und umfassenden Entscheidungszentrum Schritt halten können. (Allgemeiner Beifall.)

10.44

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Der gegenständliche Beschluss bedarf im Sinne des Art. 44 Abs. 2 des Bundes-Verfas­sungsgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 47

Zunächst stelle ich die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vor­liegenden Beschluss des Nationalrates im Sinne des Art. 44 Abs. 2 B-VG die ver­fas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stim­meneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates im Sinne des Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen. (Allgemeiner Beifall.)

Ausdrücklich darf ich noch feststellen, dass die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit gegeben war.

Ich bitte weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich denke, dass wir soeben einen Beschluss gefasst haben, der durchaus auch histo­rische Dimension hat. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahl­ge­setz 1971, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Europa-Wäh­lerevidenzgesetz, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksabstimmungsge­setz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden (81/A und 162/NR sowie 6798 und 6803/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Kollege Tusek übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Mag. Gerhard Tusek: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bun­despräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volks­ab­stim­mungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form allen Mitgliedern des Bundesrates vor. Somit kann ich mich auf die Antragstellung beschränken:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 48

10.48

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg: Der vor­liegende Gesetzesbeschluss über eine Wahlrechtsreform ist aus meiner Sicht sehr positiv zu beurteilen, weil er einen sehr wertvollen Beitrag zur Verwaltungs­vereinfa­chung leistet.

Der Kostenersatz für Gemeinden im Zusammenhang mit bundesweiten Wahlen, Volks­abstimmungen, Volksbegehren sowie mit der Führung der Wählerevidenzen wird in Hin­kunft pauschal vergütet. Gerade als Bürgermeister kenne ich die Problematik der Wahlkostenabrechnung seit vielen Jahren, ebenso auch die Forderungen des Öster­reichischen Gemeindebundes nach einer Vereinfachung der Abrechnungsmodalitäten.

Mit diesem Gesetz gelingt durch die Pauschalierung der Abgeltung ein wesentlicher Schritt in Richtung Bürokratieabbau, ein wesentlicher Schritt in Richtung Verwaltungs­vereinfachung und ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit für die Gemeinden.

Die österreichischen Gemeinden ersparen sich künftig unzählige Stunden Arbeit, um die endlos langen Formulare auszufüllen. Gerade in den ganz kleinen Gemeinden ist es oft vorgekommen, dass auf diese Abrechnung verzichtet wurde, weil der Arbeits­aufwand einfach zu hoch war.

Dem bisherigen hohen Verwaltungsaufwand folgt nun eine Pauschalierung, die vom Innenministerium auf Grund langjähriger Durchschnittswerte ermittelt wurde.

Der Aufwand für den Bund ändert sich nicht. Die Einsparungen ergeben sich vielmehr vor Ort in den einzelnen Gemeinden durch den eindeutig verringerten Verwaltungs­aufwand.

Da vor allem die SPÖ in dieser Angelegenheit anscheinend nur die Interessen der Stadt Wien vertritt, wie man der Nationalratsdebatte entnehmen konnte, und meint, dieser Vorlage nicht zustimmen zu können, möchte ich auch einmal die bisherigen Ge­pflogenheiten bei der Abwicklung von Wahlen ansprechen.

Ist es nicht so, dass gerade in den kleineren Gemeinden – darunter auch zahlreiche sozialdemokratisch geführte – eine höhere Bereitschaft vorhanden ist, freiwillige Leis­tungen für die Allgemeinheit zu erbringen? Ist es nicht so, dass es in den kleinen Ge­meinden selbstverständlich ist, dass sich die Parteifunktionäre freiwillig zur Verfügung stellen und damit einen demokratiepolitischen Beitrag leisten und dass auch alle Ge­meinderäte bei der Wahlabwicklung eingeteilt sind? – Natürlich ist das so, und zwar unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit.

Aus meiner Sicht ist es daher nicht einzusehen, dass es in den Großstädten, wie in der Nationalratsdebatte ausgeführt, für die Wahlen eigene Abteilungen geben muss und dass hoch dotierte Gemeindebedienstete als Wahlleiter fungieren müssen, die dann endlos warten, ob ein Wahlberechtigter Einsicht in die Wählerverzeichnisse nimmt.

Für mich ist das in weiten Bereichen ein unnötiger Aufwand, der da betrieben wird. Und mit der Pauschalierung in den großen Gemeinden wird es sicherlich zu einem Umden­ken kommen.

Weiters ist auch unverständlich, warum manche größere Gemeinden für Wahllokale Anmietungen vornehmen müssen, wo doch in jeder Gemeinde genügend öffentliche Gebäude wie Kindergärten und Schulen zur Verfügung stehen müssten. Auch da wird die neue Gesetzesregelung zu einem Umdenken führen, was zwangsläufig weitere Ein­sparungen bewirken wird.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 49

Ich bin auch gespannt, wie die sozialdemokratischen Gemeindevertreter der ländlichen Gebiete, die die Forderung nach einer Pauschalierung bisher auch über den Gemein­debund unterstützt haben, in ihren Gemeinden erklären, warum sie plötzlich gegen diese Neuregelung sind.

Ich denke, dass hier ein ganz wichtiger, positiver Schritt gesetzt wurde, möchte aber abschließend auch eine kritische Bemerkung anbringen, und zwar sei dies aus der Sicht der Gemeinden gestattet.

Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum dem Bund beziehungsweise dem Innen­minister eine Frist von zwei Jahren eingeräumt wurde, um die Abgeltung an die Länder zu überweisen. Den Ländern wurde nämlich mittels Abänderungsantrag eine unver­zügliche Weiterleitung der Mittel auferlegt, was ich natürlich begrüße. In Zeiten des Internet, des ZMR und anderer moderner Medien müsste es doch möglich sein, eine rasche Abwicklung im Interesse der Gemeinden durchzuführen.

Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses einladen, dieser Ge­setzesänderung ihre Zustimmung zu erteilen, und den Herrn Bundesminister für Inne­res dringend bitten, die Zweijahresfrist zur Auszahlung der Vergütungen an die Länder nicht auszunutzen! (Beifall bei der ÖVP.)

10.54

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist nun Herr Bun­desrat Todt. – Ich muss dazu sagen, es ist leider ein kleiner Fehler bei der Rede­zeit­ver­waltung passiert. Herr Bundesrat Todt wäre natürlich als Kontra-Redner als Erster am Wort gewesen. Ich bitte, das zu vergeben.

Herr Kollege Todt, Sie sind am Wort.

 


10.54

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Gesetz sind die klei­neren Gemeinden gegenüber den größeren Städten eindeutig bevorzugt worden. Es ist eine Pauschalabgeltung für den Aufwand bei Wahlen vorgesehen. Diese Abgeltung berücksichtigt aber nicht den Aufwand, den größere Städte für ihre Wahlabwicklung und für die Wahldurchführung haben.

Einige Beispiele: Es gibt in den größeren Städten im Grundsatz wesentlich längere Öffnungszeiten bei den Wahllokalen, als dies in den kleineren Gemeinden der Fall ist. In kleineren Gemeinden kommt man oft mit drei bis vier Stunden durch. Zum Vergleich: In Wien ist ein Wahllokal zehn Stunden lang geöffnet.

Es gibt natürlich auch Unterschiede bei der Wahlvorbereitung. Wenn man sich die Auf­lage der Wählerverzeichnisse ansieht, dann stellt man fest, in den Gemeinden ist es sicher wesentlich leichter, die Wählerverzeichnisse zu beeinspruchen – vor allem in kleineren Gemeinden, wo das Verzeichnis übersichtlicher ist –, als in größeren Städten.

Allein der Aufwand für die Wählerevidenzhaltung ist in größeren Städten ein enormer. Einen wesentlich höheren Aufwand muss es für die Wählerinnen und Wähler in den größeren Städten auch betreffend die Information über die Wahlen und über den Wahlgang geben. Ich denke, dass diese Information eine sehr wichtige Information ist und dass es einfach einen Unterschied macht, ob man so etwas in einer kleinen, übersichtlichen Gemeinde macht oder in einer Großstadt.

Bei diesem Gesetz – und das ist einer der wesentlichsten Kritikpunkte – hat man auf die Argumente des Städtebundes keine Rücksicht genommen, aber man hat die For-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 50

de­rungen des Gemeindebundes zu 100 Prozent erfüllt. Es wäre aber durchaus möglich gewesen, bei einer eingehenden Diskussion einen Ausgleich zu finden.

Das Gesetz ist grundsätzlich schlecht vorbereitet worden. Es basiert auf einem Initiativ­antrag, und es gab für dieses Gesetz überhaupt kein Begutachtungsverfahren. Und weil Sie die Anmietungen in den Städten kritisieren, muss ich Ihnen sagen: Die größten Anmietungen gibt es in Klagenfurt; das ist bekanntlich eine Stadt, die nicht sozialdemo­kratisch verwaltet wird. Und den höchsten Aufwand hat die Stadt Graz, und auch dort regiert ein Bürgermeister, der nicht unserer Partei angehört. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja natürlich, jetzt erst. Aber trotz alledem: Es ist so, und sie werden damit fertig werden müssen, um die Kosten dann entsprechend abzudecken.

Darüber hinaus möchte ich sagen, dass bei dieser Gesetzesänderung auch die Stich­tagsänderung hätte berücksichtigt werden können. Sie wissen, es gibt ein Manko bei den Erstwählern, und dieses Manko besteht nach wie vor, weil man sich nicht so eingehend mit diesem Gesetz beschäftigt hat, dass ein entsprechender Vierparteien­antrag möglich gewesen wäre, wie das eigentlich bei einem solchen Gesetz üblich und auch notwendig wäre.

Wir lehnen aus den genannten Gründen dieses Gesetz ab und werden auch dagegen stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.58

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundes­rat Ing. Klamt. – Bitte.

 


10.58

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Hoher Bundes­rat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns im Zuge des gegen­ständlichen Tagesordnungspunktes mit Änderungen von gesetzlichen Bestimmungen, die den Kostenersatz für Gemeinden im Zusammenhang mit bundesweiten Wahlen, Volksabstimmungen und Volksbegehren effizienter und einfacher regeln sollen.

Wer die Demokratie ernst nimmt, muss sich auch mit den damit verbundenen Kosten auseinander setzen. Ziel der im Vorfeld angestellten Überlegungen war es vor allem, die Abwicklung der Kostenvergütung an die Gemeinden unbürokratischer und gerech­ter zu gestalten.

Ich meine, dass dies in groben Zügen gelungen ist. Dass aber die Opposition immer ein Haar in der Suppe finden wird, ist für mich auch klar. Eines steht fest: Der Ver­waltungsaufwand, der durch die alte Regelung zum Beispiel durch die Notwendigkeit des Nachweises geleisteter Stunden entstand, gehört mit diesem Gesetz der Ver­gangenheit an.

Aus meiner persönlichen Sicht bewirken Pauschalentschädigungen auf jeden Fall mehr Flexibilität und weniger Administration.

Konkret sind folgende Pauschalvergütungen vorgesehen:

Bei Nationalratswahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament: 0,60 € pro Wahl­berechtigten, bei Bundespräsidentenwahlen: 0,50 € beziehungsweise 0,75 € für den Fall, dass ein zweiter Wahlgang notwendig ist, und bei Volksabstimmungen und Volks­befragungen: 0,50 € pro Stimmberechtigten.

Weiters sollen die Gemeinden für die Führung der Wählerevidenzen jährlich 0,40 € pro Wahlberechtigten erhalten.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 51

Nach Beurteilung durch einschlägige Experten sollen die aufsummierten Entschädi­gungs­sätze in etwa dem in der Vergangenheit geleisteten Kostentransfer entsprechen und damit für den Bund aufkommensneutral sein.

Das Sparpotential liegt eindeutig in der Verringerung des Verwaltungsaufwandes. Dieser geringere Verwaltungsaufwand sollte im ersten Ansatz dazu führen, dass die dem Bund im Gesetzestext – unverständlicherweise – eingeräumte Frist von zwei Jah­ren für die Überweisung der Entschädigung an den Landeshauptmann nicht mehr aus­ge­schöpft wird und nicht mehr ausgeschöpft werden muss, denn was für den Lan­deshauptmann gilt, der die unverzügliche Überweisung an die Gemeinden sicherzu­stellen hat, muss auch für den Bund gelten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Sinne soll gleiches Recht für alle gelten! Für die freiheitliche Fraktion fordere ich ein, dass die Verwaltung die notwendigen Schritte setzt, um die unverzügliche Überweisung der Pauschalentschädigungen an die Landeshauptleute sicherzustellen.

Dem Gesetzesentwurf mit seinen durchaus positiven Intentionen stimmen wir Frei­heitlichen zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.02

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Eigentlich ist das jetzt eine spontane Wortmeldung vor mir auf Grund der Ausführungen des Erstredners.

Bei einer Wahlbeobachtung hat uns die OECD einmal gesagt, dass Staaten, in wel­chen die Parteien in den Wahllokalen in einer für den Wähler oder die Wählerin er­drückenden Art und Weise präsent sind, in den Protokollen als nicht demokratiereif festgehalten werden. – Herr Kollege Bader hat jetzt gemeint, dass die Gemeinderäte künftig freiwillig bei der Wahlhandlung zur Verfügung stehen sollten. – Ich kann mich noch erinnern, als in meiner kleinen Tiroler Gemeinde die ersten Male, als ich wahl­berechtigt war, meine Stimme abgegeben habe: Da musste man an der Vollversamm­lung der Gemeinderäte defilieren, um dann vor dem Bürgermeister nach einer Art Knicks den Stimmzettel zu bekommen und sein Stimmrecht auch noch in zwanzig Zentimeter Nähe auszuüben!

Im Hinblick darauf bin ich nicht der Meinung, dass es das Ergebnis dieses Ent­schä­digungsgesetzes sein sollte, dass dann quasi die Gemeinderäte die Wahlen durch­führen. Ich möchte auch nicht den Herrn Bundeskanzler als Wahlleiter in Hietzing erleben oder Ähnliches! Ich meine, dass Wahlen einen gewissen Standard erfordern und dass es bei größeren Wahlen halt auch größere Aufwendungen geben muss! (Zwi­schenruf der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann.)

Ich komme wie Frau Kollegin Hlavac aus einem Bezirk, in welchem ein sehr charis­matischer ÖVP–Bezirksvorsteher regiert, der nicht nur jeden €, sondern jeden Cent umdreht. Trotzdem beschließen wir immer einstimmig, Anmietungen vorzu­nehmen, um Bürgernähe und kleinere Wahlsprengel zu garantieren und, und, und. Außerdem müssen wir in größeren Städten längere Wahlzeiten garantieren, und all das kostet viel Geld. Daher befürchte ich, dass mit diesem Gesetz das Service bei den Wahlen schlechter wird und auch die Bürgernähe durch weniger Wahllokale reduziert werden wird. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Wir werden die Auswirkungen ja sehen! Ich hoffe aber sehr, dass die Vorgangsweise, dass Wahllokale nur mehr von Gemeinderäten oder Mandataren geführt werden, langsam der Geschichte angehört! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 52

SPÖ. – Bundesrätin Roth-Halvax: Das funktioniert aber bestens! – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

11.05

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

 


11.05

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatsekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vereinfachung durch Pauschalierung und per­fekte Einzelfallgerechtigkeit stehen zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis, und es ist letztlich eine Güterabwägung, welcher Gesichtspunkt insgesamt gesehen schwe­rer wiegt.

Im konkreten Fall liegen die Einsparungen beim Verwaltungsaufwand auf der Hand – Kollege Bader hat das bereits deutlich gemacht – und überwiegen ganz klar eine nicht zu bestreitende Unschärfe für einzelne Gemeinden. Die Regelung ist für den Bund kostenneutral, aber nicht für jede Gemeinde aufkommensneutral. Dass etwas Gutes aber vielleicht noch besser sein könnte, ist aus meiner Sicht aber noch kein ausrei­chen­der Grund, das Gute abzulehnen!

Im Zusammenhang mit dem von Herr Kollegen Schennach vorhin angesprochenen Thema der Wahlbehörden müssen wir natürlich sehen, dass sich die Gemeinden auf dem Boden der Rechtslage bewegen, wenn die politischen Parteien die Wahlbehörden entsprechend ihrer Stärke bilden, und zwar nicht zu ihrer Freude, denn man weiß um die Schwierigkeiten bei der Rekrutierung der Wahlbeisitzer und Wahlzeugen! – Das ist die eine Seite.

Der andere Aspekt ist, dass es natürlich auch in diesem Bereich Vereinfachungs­mög­lichkeiten gäbe: Denken wir etwa nur daran, dass für einzelne Wahlen ganz unter­schiedlich zusammengesetzte Wahlbehörden tätig werden, weil die Stärkever­hält­nisse der politischen Parteien in der Regel unterschiedlich sind! Es wäre daher auch zweck­mäßig, diesen Problembereich ins Auge zu fassen!

Neben der Vereinfachung für den Staat, insbesondere für die Gemeinden, gäbe es beim Wahlrecht noch eine wesentliche weitere Vereinfachung für den Bürger: die Briefwahl. Sie ist heute internationaler Standard und ist auch in Österreich bei den Wahlen für die gesetzlichen Interessenvertretungen und bei Personalvertretungs- und Betriebsratswahlen vorgesehen. Signifikant war bei der letzten Arbeiterkammerwahl, bei der diese Möglichkeit erstmals bestand, dass es dadurch ganz deutlich zu einer massiven Erhöhung der Wahlbeteiligung gekommen ist. In der Schweiz besteht seit 1994 die Briefwahl als freie Wahlmöglichkeit, sie ist also nicht eingeschränkt auf den Fall der vermuteten Abwesenheit oder Krankheit. Das führte dazu, dass etwa in Städ­ten wie Basel und Genf bereits rund 90 Prozent der Wahlberechtigten von der Möglich­keit der brieflichen Stimmabgabe Gebrauch machen.

Zu betonen ist dabei, dass in allen Fällen, in welchen diese Möglichkeit bereits be­stand, insbesondere bei der – ich möchte sagen: sensiblen – Neueinführung bei der Arbeiterkammerwahl, kein einziger Fall aufgetreten ist, in welchem das Wahlgeheimnis oder die unbeeinflussbare Stimmenabgabe gefährdet gewesen wären. Solche Bei­spiele sind auch aus dem Ausland nicht in einem Maße bekannt, dass Kritik daran die Kritik hinsichtlich der herkömmlichen Stimmabgabe und dabei herrschender allfälliger Missstände, die es in Einzelfällen auch geben kann, überwiegen würde.

Bei Landtags-, vor allem aber bei Gemeinderatswahlen wäre die Briefwahl nicht nur eine Erleichterung, sondern in nicht wenigen Fällen geradezu eine Vorraussetzung dafür, dass man seine Stimme abgeben kann. Denken Sie etwa an jene Leute, die sich


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 53

am Wahltag in einem Krankenhaus aufhalten! Wenn das Krankenhaus nicht gerade in ihrer Wohnsitzgemeinde steht, sind diese Menschen von der Wahlbeteiligung faktisch ausgeschlossen!

Es ist schade, dass man sich bisher noch nicht auf die Einführung der Briefwahl ver­ständigen konnte. Vorhin wurde der Städtebund zitiert. Auch dieser hat sich vergan­genes Jahr in seiner Resolution beim Städtetag – parteiübergreifend! – zu einer Einfüh­rung der Briefwahl bekannt, aber möglicherweise wird in Österreich so lange darüber diskutiert werden, bis schon die nächste Stufe der Vereinfachung ansteht, nämlich die elektronische Stimmabgabe. Sie wird zwar die herkömmliche Form der Wahl nicht ver­drängen und auch nicht verdrängen dürfen, aber als fakultative Möglichkeit ebenfalls für viele Wähler Erleichterungen bringen.

Für die Hochschülerschaftswahl und auch für die Wirtschaftskammerwahl bestehen be­reits Rechtsgrundlagen und strenge Kriterien, unter welchen Vorraussetzungen diese Wahlen durchgeführt werden könnten. Bei der letzten Hochschülerschaftswahl an der Wirtschaftsuniversität hat es bereits einen Praxistest gegeben, gefördert vom Jubi­läumsfonds der Stadt Wien, dessen Engagement hier ausdrücklich bedankt sein soll! An der Wirtschaftsuniversität wurde unter der Leitung von Herrn Professor Prosser ein Modell erarbeitet, wie bei elektronischer Stimmabgabe sowohl alle Sicherheitskriterien als auch die notwendige Anonymität durch entsprechende Verschlüsselungsmaß­nah­men gewährleistet werden können.

Dieses Pilotprojekt hat bei der Hochschülerschaftswahl an der WU seine erste Bewäh­rungsprobe bestanden und könnte daher allmählich in Echtbetrieb gehen. Es würde daher sinnvoll sein, gleichzeitig mit der Planung der Einführung der Bürgerkarte, wel­che eine notwendige Vorraussetzung für eine elektronische Stimmabgabe ist, auch schon zu überlegen, wie man neben E-Legislation für das Parlament auch E-Voting für die Bevölkerung nutzbar machen könnte. (Beifall bei der ÖVP.)

11.10

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erhe­ben, ist somit angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden (128 und 184/NR sowie 6800 und 6804/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 54

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hagen übernommen. – Ich bitte um den Be­richt.

 


Berichterstatter Christoph Hagen: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und das KommAustria-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.12

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetz , mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird, betreten wir einen Wirtschaftsbereich, der sicherlich einer der größten ist und eines der heißesten Eisen darstellt und der in seinen Entwicklungen kaum abschätzbar ist. Für diesen Bereich beschließen Sie heute mit Ihrer Mehrheit ein Gesetz, das von einer sehr hohen Regulierungsdichte ausgeht. Das heißt, der Regulierer trägt eine hohe Ver­antwortung für den Standort Österreich und tätigt hohe Investitionen, denn es gibt selten einen Bereich, in welchem der Wettbewerb intensiver ist.

Allerdings macht mich die gesamte Diskussion rund um die ÖIAG und die voestalpine nicht sicherer darin, dass man sich dieser Verantwortung auch tatsächlich bewusst ist, zumal einige Grundvoraussetzungen nicht geklärt sind, nämlich: Welche Industriepolitik betreiben wir nämlich in den Bereichen, in welchen es früher eine verstaatlichte Mono­polwirtschaft gegeben hat, etwa in den Bereichen Telekommunikation, Post, Bahn oder ORF? Was ist, volkswirtschaftlich und industriepolitisch gesehen, das Ziel: den frühe­ren alleinigen Anbieter unter 50 Prozent zu drücken oder ein bisschen zu zwicken oder letztlich das Ganze irgendwann zu filetieren? – Das ist nicht geklärt!

Mit diesem Gesetz schaffen wir aber eine enorme – eine enorme! – Regulierungs­dich­te. Außerdem ist nur ein zweijähriger Bericht vorgesehen, und meiner Meinung nach ist ein zweijähriger Bericht im Bereich der Telekommunikation ein überaltertes Stück Pa­pier, mit dem nicht zeitgemäß reagiert werden kann.

Ich habe da, wie gesagt, angesichts der Debatte rund um die voestalpine so meine Sorgen! Auch haben sich bereits Entscheidungen – etwa in jenen Fällen, in welchen wir frühere Bereiche an Industriegruppen verkauft haben, deren Hauptsitz außerhalb Österreichs ist – nicht unbedingt als vorteilhaft herausgestellt. So sind etwa bei der Austria Tabak in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung – und das ist logisch, denn das macht ja jeder! – zwar nicht die Arbeitsplätze insgesamt, jedoch die inter­essanten Arbeitsplätze weniger geworden. Wir sehen das auch bei T-Mobile und bei der deutschen Telekommunikation, wo man ebenfalls die gesamte Produktentwicklung aus Deutschland weggenommen hat.

Bei diesem ganzen Regulierungsprozedere stellen sich noch einige weitere Fragen, zum Beispiel hinsichtlich des ländlichen Raumes – Staatssekretär Morak ist gerade gegangen – im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Digitalisierung bedeutet eine


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 55

Revolution im elektronischen Bereich! Wie schaut es aber – und das ist beim Breitband ebenfalls ein Problem – in ganz bestimmten Bereichen wie etwa im hinteren Osttirol aus? Schaffen wir nicht technologisch für den ländlichen Bereich eine krasse Benach­teiligung, wenn es dort keine Möglichkeit gibt, Fernsehen und Radio digitalisiert zu empfangen, weil die Breitbandtechnologie dort nicht möglich ist? – Auf diese Fragen gibt dieses Gesetz keine Antworten! Eine Frage in diesem Zusammenhang ist auch: Was regulieren wir wie im Breitband?

Weiters wurde bei diesem Telekommunikationsgesetz auf die Wünsche der über 6 000 Unterzeichner der Mobilfunk-Petition, die dem Hohen Haus übergeben wurde, nicht eingegangen, etwa hinsichtlich der Anrainer- und Anrainerinnenrechte. – Ich denke, die vereinigten Bürgermeister müssten doch einmal laut aufschreien und sagen: Wann und in welchem Bereich kommen wir überhaupt zu Entscheidungs- und Mit­spracherechten betreffend den gesamten Mobilfunk in der Frage des „state of tech­nology“, also des Stands der Technologie? Von den über 6 000 Leuten wurden nämlich auch die Technologiefrage und nicht zuletzt auch gesundheitliche und ökologische Fra­gen angesprochen. Ich möchte nicht sagen, dass ich diesbezüglich große Ängste habe, bei Gott nicht, aber in irgendeiner Form hätte diese große Petition in dieses Gesetz doch einfließen müssen.

Auch das System der Überwachungsdienste ist nicht geregelt. – Wir wissen, dass das zu Lasten der Mobilfunk-Betreiber geht. Wir wissen, dass Überwachungsaufträge im Zusammenhang mit Mobilfunk-Betreibern geradezu in einem Übermaß erteilt werden. Alle Mobilfunk-Betreiber klagen über ein großes Ausmaß an Überwachungen. Auch das geht in diesem Gesetz zu Lasten der Betreiber.

Da wir heute sehr knapp mit den Redezeiten sind, muss ich meine Ausführungen ein bisschen reduzieren. Ich möchte jetzt nur noch betonen, dass wir mit diesem Gesetz außerdem die berühmte Frage nicht geregelt haben, ob man ex ante oder ex post vorgehen soll: Sollen wir zuerst schauen, ob der Markt greift, und nachher über die Kartellbehörde eingreifen, oder schaffen wir von vornherein ganz bestimmte Regu­lie­rungen? (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Herr Kollege Himmer! Diese Frage wäre gerade bei so einem schwierigen Gesetz, wie es das Telekommunikationsgesetz ist, in einer seriöseren Art zu klären gewesen, weil es diesbezüglich ja bereits enorme Markterfahrungen gibt und es auf den europäischen Märkten schon einiges zu sehen gibt. Deshalb werden wir diesem Gesetz heute unsere Zustimmung nicht geben. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.19

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Himmer. – Bitte.

 


11.19

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Schennach! Es ist tatsächlich schwierig, zu dieser Materie in Kürze Stellung zu nehmen. Auch ich fühle mich verleitet, zunächst einmal zu fragen: Was ist eigentlich in den letzten fünf Jahren im Bereich der Tele­kommunikation geschehen? – Vor 1998 ging es in der Debatte darum, dass eigentlich das Monopol bestehen bleiben sollte und dass eine Privatisierung in Anbetracht des­sen, dass wir ohnehin eine tolle Infrastruktur haben, eine Vergeudung von Staats­ver­mögen wäre. Wir wissen, dass zum Beispiel gerade bei der ehemaligen Post- und Telegraphenverwaltung der Begriff des Kunden erst in den späten Neunzigerjahren eingeführt wurde und man bis dahin von „Anschluss“ gesprochen hat.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 56

1998 kamen die Liberalisierung des Telekom-Marktes und der große Hype. Damit kam die schönste Zeit, weil die ganze Internet-Blase voll in die Höhe gegangen ist. Alle haben investiert und sind hineingekommen. Ich selbst, der ich in meinem Privatberuf Vertriebs- und Marketingleiter eines Herstellerunternehmens bin, sage, dass das die schönste Zeit war! Wir waren natürlich glücklich darüber, dass jeder gebaut hat. Neben eine Glasfaser kam die zweite Glasfaser, und eine dritte Glasfaser wurde sozusagen auch noch „hineingeblasen“.

Auf einmal waren alle begeistert darüber darüber, was diese Branche an Arbeits­plätzen et cetera hergibt. Gut. – Was ist dann passiert? Dann ist zum einen die Inter­netblase geplatzt, sind die Erwartungen nicht so schnell erfüllt worden, wie es von ein­zelnen Investmentbankern et cetera prognostiziert worden ist, und es ist eine Nor­malisierung der Geschwindigkeit eingetreten. In dieser Konsolidierungsphase befinden wir uns jetzt im Bereich der Telekommunikation. Heute ist es nicht mehr so, dass jeder Operator das gesamte Netz selbst besitzen möchte, alles selber aufbauen möchte, alles selber unter Kontrolle haben möchte, weil er weiß, dass es ihm dann, wenn sozu­sagen der Mayer mit dem Huber telefoniert, um die Services geht, ob er seinen Ge­sprächspartner vielleicht sieht, nicht sieht, ihm eine SMS schicken kann, ihm breit­bandig etwas schicken kann. Es interessiert ihn eigentlich dabei nicht, ob jedes ein­zelne Bit und Byte über ein gemeinsames Glasfaserkabel geht, auf dem andere Operator auch hängen, oder ob der Operator ein eigenes hat, das ist ihm völlig Wurscht. Das ist natürlich in dieser Konsolidierungsphase den Marktteilnehmern be­wusst geworden.

Was die verantwortlichen Regierungsmitglieder, den Staatssekretär Kukacka und Minister Gorbach betrifft, möchte ich sagen: Bitte, machen wir uns doch nichts vor, wenn jetzt Interventionen von unterschiedlichen Marktteilnehmern kommen. Natürlich, jeder will seine Position optimieren; das will die Telekom Austria genauso wie die Vertreter des VAT. Ein jeder hat natürlich Vorschläge, wie man so ein Gesetz gestalten kann, und ist froh, wenn er ein paar Zeilen davon einbringen kann. Ich glaube, dass es hier gelungen ist, sehr fair und sehr gut diese Materie zu verhandeln. Ich denke, dass es Kukacka und Gorbach sicher zuzuschreiben ist, dass sich zumindest die größere Oppositionspartei in dieser Materie wieder findet.

Ganz kurz zu dem Schlagwort Forschung und Entwicklung. Bitte, man muss auch sagen: In der globalisierten Welt hat es sich extrem verändert, was man heute machen muss, um in bestimmten Bereichen tatsächlich einen Forschungsschwerpunkt setzen zu können. Ich möchte ein Beispiel aus meinem Unternehmen bringen: Wir haben in Österreich vor 15 Jahren eine Telefonanlage entwickelt, die dann auch weltweit vertrie­ben worden ist, und zwar haben wir das damals mit 60 Entwicklungsingenieuren in Österreich gemacht. Das Nachfolgemodell sieben Jahre später ist mit 600 Entwick­lungsingenieuren im Rahmen einer globalen Vernetzung entwickelt worden. Das heißt, wenn wir hier Schwerpunkte setzen wollen, dann müssen wir vom Objektbereich her sehr viel enger werden.

Ich mache jetzt einen ganz kurzen finalen Wordrap, und damit bin ich bei dem , was Kollege Schennach gesagt hat: Die Zukunft gehört dem Breitband. Es ist ja überhaupt keine Frage, da gehören die Bereiche E-Government, E-Business et cetera dazu. Da werden auch einige regulative Herausforderungen auf uns warten, aber ich bin mir ganz sicher, dass dann, wenn es so einen Konsens gibt wie bei dieser Gesetzes­materie und eine sehr breite Zustimmung hier in diesem Hohen Haus gegeben ist, wir Österreicher, was die Telekommunikation betrifft, im Vorderfeld bleiben. Wir sind näm­lich im Vorderfeld: Wir haben in Österreich eine Handypenetrationsrate von 80 Prozent, wir sind im absoluten Spitzenfeld, was die Breitbandtechnologie betrifft, wir sind nicht


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 57

Weltmeister, aber wir sind immerhin Nummer 4 oder 5 in Europa, und das ist nicht nichts, dabei sollte es auch bleiben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.23

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

 


11.23

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur einige ganz wenige Worte. Kollege Schennach hat gefragt: Welche Industriepolitik machen wir in diesem Bereich? – Ich glaube, wir machen eine erfolg­reiche Industriepolitik, und das lässt sich auch klar nachweisen, gerade auf diesem Sektor. Die Privatisierungs- und die Liberalisierungsstrategie, die diese Bundesre­gie­rung – im Übrigen auch schon die vorherige – begonnen hat, hat bisher sehr erfolg­reiche Ergebnisse gezeitigt.

Wir sind in Europa führend, was die Liberalisierung des Telekommarktes betrifft. Wir haben einen höheren Versorgungsgrad als im europäischen Schnitt, wir haben mehr Anbieter als im europäischen Schnitt – man muss ja auch die Größe unseres Landes immer entsprechend mit bedenken –, wir haben mehr Wettbewerb als in anderen Län­dern, insbesondere im Handysektor. Wir haben dadurch auch geringere Kosten für die Kunden, die Preise sind bei uns im Schnitt niedriger als in anderen europäischen Ländern, und wir haben dadurch insgesamt in diesem Sektor in den letzten fünf Jahren deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen, als früher in diesem Bereich zur Verfügung gestanden sind.

Das heißt also, wir haben insgesamt den Industrie- und im Besonderen den Telekom-Standort Österreich durch diese Politik gestärkt, meine Damen und Herren. Dieses Gesetz wird dazu beitragen, dass wir in diesem Bereich einen weiteren erfolgreichen Schritt nach vorne machen. Das ist wieder ein Meilenstein im Telekomsektor, denn dieses neue Gesetz ermöglicht einen einheitlichen Rechtsrahmen, es ermöglicht mo­derne Strukturen, und es bietet die Möglichkeit, im Sinne des Konsumenten auch weiter für mehr Wettbewerb auf diesem Markt zu sorgen.

Das, meine Damen und Herren, nur ganz kurz zu diesem Thema.

Weil auch die Frage der Strahlung angeschnitten wurde, nämlich dass diese bisher nicht ausreichend berücksichtigt wurde: Ich weise nur darauf hin, dass wir in Österreich selbstverständlich jene Standards einhalten, die durch die Weltgesundheits­organisa­tion und auch durch europäische Richtlinien entsprechend vorgegeben sind. Es wäre absurd, ein Sonderrecht für Österreich in diesem Zusammenhang zu schaffen, sondern wir müssen auch da im europäischen Gleichklang vorgehen, und das tun wir. Es ist derzeit eine breit angelegte Studie der Weltgesundheitsorganisation in diesem Zusam­men­hang in Arbeit, deren Ergebnisse nächstes Jahr vorliegen werden, was allenfalls Gesundheitsgefährdungen betrifft, und diese Studie der Weltgesundheitsorganisation werden wir dann auch zum Anlass nehmen, zu prüfen, ob wir in Österreich neue Grenzwerte brauchen, ob wir ein neues Immissionsschutzgesetz brauchen, mit dem diese Grenzwerte dann auch im Telekomsektor entsprechend umgesetzt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.27

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Binna. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 58

11.27

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten werden diesem Gesetz unsere Zu­stimmung erteilen, nicht nur weil es sich um eine Umsetzung einer EU-Richtlinie handelt, sondern weil viele von uns aufgezeigte Punkte in diesem Gesetz dankens­werterweise Berücksichtigung gefunden haben.

Es gibt zwar nach wie vor noch einige Punkte, die zu diskutieren sind, und wir hoffen, dass diese in einer neuen Novelle rasch umgesetzt werden. Kollege Schennach hat dies schon angeschnitten. Ich möchte mich nun auf einen Punkt beschränken, der für mich besonders wichtig ist, und dieser Punkt betrifft nicht nur dieses Gesetz, sondern ist auch in den nächsten zu behandelnden Gesetzen zu finden, im Postgesetz und in der Novelle zum Kraftfahrliniengesetz. Es geht dabei nicht um eine Stärkung, sondern um eine Aushöhlung des ländlichen Raumes.

Dieser Punkt, dieser Satz in diesem Gesetz mit 57 Seiten ist leider nur schwer zu finden. Wie bei einem Kaufvertrag steht in der Überschrift eigentlich äußerst Positives:

„§ 1 (1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, durch Förderung des Wettbewerbes im Bereich der elektronischen Kommunikation die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Kommuni­kations­dienstleistungen zu gewährleisten.

(2) Durch Maßnahmen der Regulierung sollen folgende Ziele erreicht werden:

1. Schaffung einer modernen elektronischen Kommunikationsinfrastruktur zur Förde­rung der Standortqualität auf hohem Niveau; ...

a) Sicherstellung größtmöglicher Vorteile in Bezug auf Auswahl, Preis und Qualität für alle Nutzer;

b) Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen oder Wettbewerbsbeschränkungen;

c) Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen und Innovationen;“ – Das wäre schon ein wichtiger Punkt.

„d) Sicherstellung einer effizienten Nutzung und Verwaltung von Frequenzen und Nummerierungsressourcen;

3. Förderung der Interessen der Bevölkerung durch

a) Sicherstellung eines flächendeckenden Universaldienstes;

b) Schutz der Nutzer insbesondere durch ein einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten sowie ein hohes Datenschutzniveau;

c) Bereitstellung von Informationen, insbesondere in Form von transparenten Entgelten und Allgemeinen Geschäftsbedingungen;

d) Sicherstellung von Integrität und Sicherheit von öffentlichen Kommunikations­net­zen.“

Das ist eigentlich alles sehr positiv.

Unter § 27, Qualität, steht allerdings schon Folgendes – der erste Satz ist noch vorwie­gend positiv –:

„§ 27. (1) Der Universaldienst muss bundesweit flächendeckend, zu einem einheit­lichen und erschwinglichen Preis in einer bestimmten Qualität verfügbar sein. Die Qua­litätskriterien sowie die Zielwerte hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie in Übereinstimmung mit den relevanten Bestimmungen der Europäischen


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 59

Gemeinschaften sowie unter Bedachtnahme auf den Stand der Technik und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gegebenheiten durch Verordnung festzulegen.“

Unter § 27 Abs. 2 steht allerdings: „In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann die Ver­pflichtung betreffend die Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen zur Gänze oder teilweise ausgesetzt werden.“ – In diesem Punkt wird meines Erachtens speziell der ländliche Raum schwerstens benachteiligt.

Zu einem weiteren Punkt möchte ich noch kurz kommen, und zwar zur Frage der Mit­nahme der Rufnummer. Eine Mitnahme der Rufnummer hat wohl so zu geschehen, dass der Konsument auf jeden Fall weiß, welche Kosten auf ihn zukommen. Die Ein­wände der Industrie, die Rufnummernmitnahme sei ein Blödsinn, denn der Konsument wisse dann nicht mehr, was er für ein Gespräch zu zahlen hat, sind so lange richtig, solange wir uns nicht dazu durchringen, bei jedem einzelnen Gespräch dem Kon­sumenten gegenüber das folgendermaßen transparent zu machen: Das kostet dich jetzt entweder fast nichts, weil du in einem Netz bleibst, oder das Gespräch wird teurer, weil du in ein anderes Netz wechselst, obwohl die Vorwahlnummer ursprünglich von deinem Netz gekommen ist!

Solche Vorschläge gehören im Rahmen einer neuen Novelle umgesetzt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es liegen keine weiteren Wortmeldun­gen mehr vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (130 und 183/NR sowie 6805/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Hagen übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Christoph Hagen: Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 60

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Binna. – Bitte.

 


11.33

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Verkehrsausschuss des Parlaments ist im Zuge der No­vellierung zum Postgesetz zu der Auffassung gelangt, die Umrüstung der Haus­brieffachanlagen nicht, wie in der Regierungsvorlage vorgesehen, mit 1.1.2009, son­dern bereits mit 1.7.2006 umzusetzen. Damit ist eine De-facto-Liberalisierung lange vor den EU-Zeitvorgaben eingeleitet worden.

Diese Vorgangsweise bedeutet, dass die ungleichen Wettbewerbsbedingungen für die Post weiter verschlechtert und Liberalisierungsschritte unverhältnismäßig dramatisch vor­gezogen werden. Während Mitbewerber der Post ohne Qualitätskontrollen und bei freier Preisgestaltung in profitablen Ballungsräumen zustellen, ist die Post verpflichtet, unter strengen Qualitätsauflagen flächendeckend zum Einheitstarif im gesamten Bun­desgebiet zuzustellen. Da diese völlig ungleiche Lastenverteilung mehr Kosten und damit höhere Preise für den Universaldienstleister Post verursacht, bedeutet die Öffnung der Hausbrieffachanlage nicht eine Gleichstellung mit den Wettbewerbern, son­dern eine weitere Verschlechterung zu Lasten der Post und ihrer Mitarbeiter.

Zusätzlich zur ungünstigen Konjunkturlage bedingt diese Umsetzung für die Post wei­tere Umsatzeinbrüche im Bereich Medienpost, sprich Zeitungen, Zeitschriften, und Info-Mail. Die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit im Rahmen einer Stand-alone-Lö­sung für die österreichische Post AG ist unter diesen Gesichtspunkten schwer zu gewährleisten.

Im Gesetz heißt es: „Der Gebäudeeigentümer hat eine Brieffachanlage zu errichten. Die Brieffachanlage hat sich in unmittelbarer Nähe des Gebäudeeinganges zu befin­den, sofern das Gebäude direkt von einer öffentlichen Verkehrsfläche aus betreten wird.“

Herr Staatssekretär, ich hätte die Frage: Bis jetzt waren die Brieffachanlagen innerhalb des Hauses, im Stiegenhaus angebracht. Werden sie jetzt außen angebracht?

Weiters steht im Gesetz: „In allen übrigen Fällen hat sich die Brieffachanlage an der an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzenden Grundstücksgrenze zu befinden.“

Das heißt für mich, diese Brieffachanlagen stehen weiterhin im Freien. Alle Briefkästen müssen geändert, die Schlösser ausgetauscht werden; und auch die privaten Be­werber werfen über einen Einwurfschlitz ihre Post hinein. Ich will jetzt nicht das Schwarze an die Wand malen, aber ich denke zurück an einen Herrn Franz Fuchs, und solchen Personen wird hier sehr wohl eine Möglichkeit gegeben, weil sich diese Brief­fachanlage dann nicht mehr im Hausinneren befindet, wo man normalerweise keinen Zugang hat, sondern jeder kann dann dort einen Brief hineinschmeißen.

Mit diesem Punkt habe ich meine größten Probleme. Probleme habe ich auch noch hinsichtlich der Fragen: Wie schaut es mit dem Datenschutz aus? Wie schaut es mit der Verschwiegenheitspflicht aus, und wie schaut es mit dem Postgeheimnis aus? Da­her kann unsere Fraktion diesem Gesetz nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.37

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Professor Hösele. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 61

11.37

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Verehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe das natürlich ganz anders als Kol­lege Binna. Ich möchte eingangs ganz allgemein eine Feststellung treffen, die nicht nur für die Post, sondern für alle Bereiche zutrifft, die liberalisiert werden oder sinnvoller­weise liberalisiert worden sind. In Österreich hat es immer sehr verantwortungs­be­wusste Liberalisierungsschritte gegeben, so wie sie jetzt auch bei der Post gesetzt werden. Ein Monopol neigt dazu, fett zu machen, Konkurrenz macht fit. Das ist eine allgemeingültige Feststellung.

Vielleicht können Sie sich noch daran erinnern, ich jedenfalls erinnere mich noch ganz genau an den Telekombereich, es ist noch gar nicht allzu lange her, da hat es drin­gen­der Interventionen bedurft, um wenigstens innerhalb von einigen Monaten, auch in Bal­lungsräumen, einen Telefonanschluss zu bekommen. Heute haben wir einen Anbieter­wettbewerb, das geht just in time. Die Tarife sind auch um einiges günstiger ... (Bun­desrätin Schlaffer: Augarten ist fit, Herr Kollege Hösele, gell?)

Wir sprechen über Grundversorgungsmonopole, die es in der Republik gegeben hat. (Bundesrätin Schlaffer: Sie haben grundsätzlich gesprochen!) Das Augarten-Monopol halte ich nicht gerade für eine Kernaufgabe des Staates! Wir reden über Telekom, über Strom, wir reden über Radio und TV. Überall hat die Liberalisierung zu besseren Prei­sen geführt, zu einer stärkeren Kundenorientierung und nicht ... (Bundesrat Gasteiger: Wo denn? Teurer ist es geworden, Herr Kollege! Teurer ist alles geworden!) – Darf ich Sie fragen: Sind die Telefontarife heute höher oder niedriger? Sind die Stromtarife heute höher oder niedriger? Kriegen wir heute früher einen Telefonanschluss oder spä­ter? Früher war es sozusagen eine Gnade, Strom zu bekommen, heute braucht man nur anzurufen, und schon hat man einen neuen Tarif. (Bundesrat Gasteiger: Geh, geh!)

Das ist so, und die Staatswirtschaft ist Gott sei Dank auf dieser Welt zugrunde gegan­gen. Wir haben hierzulande Gott sei Dank eine ökosoziale und soziale Marktwirtschaft, wo das in einer sehr verantwortungsbewussten Weise getan wird. (Bundesrat Gastei­ger: Ihr wart aber schon 14 Jahre dabei, oder?)

So wünsche ich mir, dass die österreichische Post AG ihre Kernkompetenzen in best­möglicher Weise wahrnehmen kann. Wir wollen jetzt nicht über die tausenden wirklich tollen Mitarbeiter dort sprechen, aber es muss ein paar Probleme auch in den wirk­lichen Kernkompetenzen der Post geben; ich erinnere nur daran, wie lange heute ge­wisse Briefzustellungen dauern. Ich habe es selbst erlebt: teilweise 13 Tage. Darüber möchte ich aber an sich nicht reden, aber dort muss die Post konkurrenzfähig werden, das sind die Punkte! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Wenn ihr die Stellen streicht und die Leute hinausschmeißt, dann dauert es halt länger! So schaut es aus!)

Ich möchte es noch einmal festhalten: Wenn wir in der Monopolwelt weiterleben sollen, indem man sagt: Der Bürger soll schön warten, wir werden es schon machen, und schön brav sein!, dann muss ich sagen: So geht das nicht! Das wäre eine sehr kurzsichtige Politik. (Bundesrat Gasteiger: Red keinen Blödsinn!) Die dreijährige Über­gangsfrist ist angemessen und außerordentlich wichtig.

Ich glaube, dass die Medien eine demokratiepolitisch entscheidende und wichtige Auf­gabe haben, auch wenn sie uns, den Regierungsparteien, oft den kritischen Spiegel – vielleicht sogar ungerechterweise – vorhalten.

Ich halte es eigentlich für eines der wichtigsten Dinge, dass man eine Zeitung relativ kostengünstig, relativ früh – zwecks Meinungsbildung – lesen kann. Die österreichische Post hat im Jahr 2001 die Tarifpolitik in dieser Frage wesentlich geändert. (Bundesrat Gasteiger: Weil ihr sie in diese Richtung hingetrieben habt!) Ich bin mir nur nicht


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 62

sicher, ob das, was heute beklagt wird, nicht sogar einen ursächlichen Zusammenhang damit hat, dass man sozusagen jetzt eine Wettbewerbssituation erreicht (Bundes­rat Gasteiger: Den Hauptverband habt ihr auch zerschlagen!), die zu einer Angebots­verbesserung führen wird. Ich glaube, dass der Präsident des Verbandes Österreichi­scher Zeitungen Recht hat, wenn er sagt: Drei Jahre sind eine realistische Frist, um bestehende Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der privaten Zusteller abzubauen. Österreich holt auch in dieser Frage – so wie es bei der Radio- und Fernsehlibe­ralisie­rung der Fall war – nur das nach, was europäischer Standard ist.

In diesem Sinne werden wir diesem Gesetz sehr gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.42

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

 


11.42

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Ich glaube, es gibt in diesem Zusammenhang einige Unklar­hei­ten, die ich gerne aufklären möchte.

Es ist von einem meiner Vorredner angesprochen worden, dass sich die Situation der Post gegenüber Privaten verschlechtere. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Es sollte uns eines klar sein: Nicht die Situation der Privaten ist schlecht, sondern die Situation der Post ist so gut, weil ihr der Staat im Bereich der persönlich adressierten Briefe ein Monopol gewährt. Alle persönlich adressierten Briefe unter 100 Gramm dür­fen nur ausschließlich von der Post befördert werden, und zwar bis zum Jah­re 2006. Und dann gibt es ein weiteres Monopol: Alle Briefe unter 50 Gramm dürfen bis zum Jahr 2009 ausschließlich von der Post befördert werden. Das heißt, der Staat gewährt der Post hier ein Monopol und damit auch eine Monopolrente, und das ist ein ganz wesentlicher und wichtiger Bereich. Wir gewähren der Post auch diese lange Zeit, damit sie sich auf einen liberalisierten Postmarkt einstellen kann.

Tun wir im Übrigen auch nicht so, als ob es die Liberalisierung im Postbereich nicht schon gäbe. Es gibt sie in Österreich zu spät; in den anderen Ländern, etwa in der Bundesrepublik Deutschland, hat diese Liberalisierung schon sehr viel früher einge­setzt als bei uns. Wir befinden uns jetzt in einem entsprechenden Nachziehverfahren, und natürlich hat jetzt die österreichische Post alle Mühe, ihre Probleme entsprechend zu lösen. Aber wir vom Staat tun alles, damit erstens einmal der einzelne Konsument bei der Zustellung in den Genuss von liberalisierten Märkten und damit auch von nied­rigeren Preisen kommt und zweitens die Post auch die Möglichkeit hat, innerhalb einer relativ langen Anpassungszeit ihre Unternehmensstrukturen so zu organisieren, dass sie diesem Wettbewerb auch entsprechend gewachsen ist. (Bundesrat Gasteiger: Die Portogebühren sind teurer geworden!)

Ja, die Portogebühren sind gestiegen, das mag schon sein (Bundesrat Gasteiger: Dann sagen Sie nicht, dass Sie für die Bürger alles billiger machen wollen!), aber weil eben die Post ihre Portogebühren gesteigert hat – auch ihre Monopolgebühren! –, meinen wir, dass das in Zukunft nicht mehr so ohne weiteres der Fall sein können soll­te, sondern dass der Markt und der Wettbewerb in diesem Bereich auch die Preise bestimmen sollte, meine Damen und Herren! Und das ist die langfristige Strategie der Bundesregierung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 63

Bezüglich der Hausbrieffachanlagen muss schon darauf hingewiesen werden, dass wir das einzige Land in Europa sind, das noch eine entsprechende Ausnahmeregelung hat, die es eben nur der Post ermöglicht, in diese Hausbrieffachanlagen zu gelangen.

Aber wie kommen denn eigentlich alle anderen gesetzlich zugelassenen Post­dienst­leister dazu, dass sie diese Möglichkeit nicht haben? – Und diese Möglichkeit soll in Zukunft geschaffen werden: dass auch andere, durchaus persönlich adressierte Briefe, Pakete, Zeitungen oder Zeitschriften von privaten Zustellorganisationen in diesen Haus­brieffachanlagen hinterlegt werden können. Das sind durchaus renommierte nationale und internationale Firmen – ich brauche nicht die Namen der Post­dienst­leistungsfirmen, die in Österreich tätig sind, aufzuzählen –, die selbstverständlich auch über einen entsprechend hohen Leistungs- und Qualitätsstandard verfügen. Diese sol­len die Möglichkeit haben, auch über die Hausbrieffachanlagen in den Haushalt zu kommen.

Auch da gibt es wieder eine relativ lange Übergangsfrist, eine Anpassungsfrist; bis zu diesem Zeitpunkt muss das dann entsprechend umgesetzt und geregelt werden. Alle Hauseigentümer, alle Wohnungseigentümer, alle Mietorganisationen haben die Mög­lichkeit, sich während dieses langen Zeitraums darauf vorzubereiten und auch die ent­sprechenden Rückstellungen dafür zu schaffen.

Das ist eine moderate Lösung, das ist eine Lösung, die auch sozial verträglich ist, das ist eine Lösung, die höchst notwendig ist – wir sind diesbezüglich ohnedies im Bereich der EU längst im Hintertreffen –, und es ist auch eine Lösung, die der österreichischen Post keineswegs ihre Zukunft verbaut, sondern die ihr auch für weitere Jahre, bis zum Jahr 2009, eine Monopolrente sichert, um es ihr zu ermöglichen, ihren Betrieb den liberalisierten Märkten in Europa entsprechend anzupassen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.47

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


11.47

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ganz kurz: Prinzi­piell, so denke ich, verstehe ich ein bisserl etwas von Wirtschaft. Was ich aber bei die­ser ganzen Liberalisierung der Post nicht verstehe, ist: Statt eines Briefträgers kommen dann fünf – und das soll billiger werden?! Das verstehe ich nicht. (Beifall bei Bun­desräten der SPÖ.)

11.48

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünschen Sie, Herr Berichterstatter, ein Schlusswort? – Auch dies ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 64

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (94 und 181/NR sowie 6806/BR der Bei­lagen)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im inter­nationalen Luftverkehr samt Erklärung (13 und 182/NR sowie 6807/BR der Bei­lagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 5 und 6 hat Herr Bundesrat Weilharter über­nommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

 


Berichterstatter Engelbert Weilharter: Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich mit Ihrem Einverständnis auf eine inhaltliche Verlesung verzichten und mich auf die Antragstellung beschränken darf:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters herrscht Einvernehmen darüber, dass die Tagesordnungspunkte 5 und 6 ge­meinsam beraten werden, sodass ich auch zum Tagesordnungspunkt 6 berichten darf.

Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ein Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich auf eine inhaltliche Verlesung verzichten und mich auf die Antragstellung beschränken darf:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

 


11.51

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ein Thema ansprechen, das mit dem Luftfahrtgesetz an sich wenig zu tun hat, sehr wohl aber mit der Luftfahrt im Allge­meinen und das auch zum Tagesordnungspunkt 13 betreffend EUROCONTROL pas­sen würde.

Auf Grund einer Petition hat sich der Vorarlberger Landtag vor kurzem mit dem Faktum beschäftigt, dass die Zahl der Überflüge über den Bodenseeraum in den letzten drei Jahren um 20 Prozent zugenommen hat. Wir haben derzeit eine Monatsspitze von über 30 000 Überflügen über das Landesgebiet.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 65

Nun soll man natürlich auf dem Boden der Realität bleiben und auch sehen, dass in diesen Flugzeugen auch Vorarlberger sitzen und dass auch Vorarlberger Maschinen über Niederösterreich fliegen; das ist das eine Thema. Das andere ist, dass eine weite­re Steigerung dadurch befürchtet wird, dass auf Grund der strittigen Vertragssituation zwischen der Schweiz und Deutschland, insbesondere dem Land Baden-Württemberg, einerseits die Zahl der An- und Abflüge nach Zürich über süddeutsches Gebiet wesent­lich reduziert werden muss und es andererseits in Zürich nach wie vor starke Inter­essen dahin gehend gibt, die eigenen Wohngebiete – es wird immer wieder Goldküste am Zürichsee gesprochen – möglichst zu schonen, und zwar zum Nachteil der anderen Länder, vor allem von Vorarlberg.

Zu einem gewissen Misstrauen trägt in solchen Fragen natürlich auch bei, dass die Schweiz diesbezüglich eine sehr restriktive Informationspolitik betreibt. So wurden bei­spielsweise nähere Informationen über konkrete und in den Schweizer Medien auch dokumentierte Fälle von Treibstoffversprühung ausgerechnet über dem Bodensee mit einem Hinweis auf diskrete Behandlung solcher Vorfälle abgelehnt. Der Verkehrs­minis­ter bemüht sich jetzt, mittels Nachfragen doch noch die entsprechenden Auskünfte zu erhalten.

Durch diese Informationspolitik der Schweiz kann auch der Verdacht nicht ausgeräumt werden, die in Notsituationen natürlich technisch unumgängliche Versprühung von Treib­stoff sei zur Schonung des Zürichsees über dem Bodensee durchgeführt worden. Wie sensibel solche Kerosinversprühungen für die Umwelt sind, zeigt eine Schweizer Untersuchung, wonach bei ungünstigen Verhältnissen – Regenwetter – die Hälfte des versprühten Kerosins auf dem Boden landet und eben nicht verdampft, wie das bei günstigen Witterungsverhältnissen möglich ist.

Ein wesentlicher Faktor für die Zunahme des Flugverkehrs, die ganz allgemein festzu­stellen ist, ist die mangelnde Kostenwahrheit durch die nach wie vor bestehende Be­freiung des Flugzeugtreibstoffs von der Mineralölsteuer. Dagegen kann Österreich isoliert nichts unternehmen. Das ist völlig klar. Einerseits können wir aus rechtlichen Gründen nichts unternehmen, weil wir durch internationale Vereinbarungen und die Einbindung in die Europäische Union daran gehindert sind, andererseits aber natürlich auch aus faktischen Gründen nicht, denn selbst wenn man das einführen würde, wür­den die Flugzeuge eben nicht in Wien, sondern in Pressburg oder in München tanken.

In der Europäischen Union gibt es natürlich dazu auch eine intensive Diskussion. Die verschiedenen Ratspräsidentschaften unternehmen immer wieder Anläufe, um dieses Thema bewältigen zu können. Geschehen ist bisher allerdings nichts. Herr General­direktor Lamoureux  hat in der Sitzung des EU-Ausschusses am 25. Juni erklärt, man be­mühe sich, zumindest jene Flüge von der Befreiung der Mineralölsteuer auszu­nehmen, die nur von europäischen Fluglinien geflogen werden. Das wäre einmal ein kleiner Beitrag.

Ich weiß schon, es ist der Finanzminister für diese Fragen zuständig, aber ich möchte den Herrn Staatssekretär ermuntern, in seinen bisherigen Bemühungen zur Lösung dieses Problems fortzufahren. (Beifall bei der ÖVP.)

11.55

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

 


11.55

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geschätzte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich muss diesen Schwenk machen, den mein Vorredner Kollege Weiss gemacht hat,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 66

indem er gesagt hat, ich spreche nicht zum Luftfahrtgesetz, auch mir geht es um das Problem, das von Kollegen Weiss bereits angesprochen worden ist.

Ich wohne in der Region Laiblachtal,  direkt an der deutschen Grenze, und an der Ein­flugschneise zum Flughafen Zürich. Das heißt, wenn Sie bei mir im Garten liegen und in den Himmel schauen, dann werden Sie kaum einen Zeitpunkt erleben, in dem nicht zwei oder drei Flugzeuge das Haus überqueren. Für mich sind das keine zumutbaren Zustände. Ich möchte daher den Herrn Staatssekretär auffordern, in diesem Bereich tätig zu werden.

Mein Vorredner hat bereits gesagt, dass der Flugverkehr unheimlich zugenommen hat. Es ist zu befürchten, dass der Flugverkehr auf Grund der Vereinbarung zwischen der Schweiz und Baden-Württemberg, die noch nicht in Kraft ist, noch wesentlich stärker wird. Darüber wird noch gestritten. Ich selbst bin bis vor kurzem im Bodensee-Rat, das ist ein beratendes Gremium, gesessen. Vor einem Jahr war das das Thema. Ich bin dort mit Schweizer und deutschen Regierungspolitikern zusammen gesessen und habe gesehen, wie massiv gekämpft wird, dass Flugzeuge aus dem deutschen Gebiet abge­leitet werden, die den Flughafen Zürich anfliegen. Natürlich wird das zum Nachteil Österreichs beziehungsweise Vorarlbergs geschehen.

Ich habe damals schon angedeutet, dass ich das nicht einfach so hinnehmen werde und bei unserer Landesregierung und auch bei der Bundesregierung versuchen wer­den, eine Lösung zu finden, damit die Vorarlberger Bevölkerung vom Flugverkehr, von dem sie wirklich sehr stark belastet ist, in Zukunft etwas entlastet wird. Man muss sich vorstellen, dass die Abgase beziehungsweise die Rückstände von der Verbrennung bei den Turbinen herrunterregnen. Das bleibt nicht oben im Himmel. Wenn man mit älteren Leuten aus meiner Region spricht, dann erfährt man, dass früher nicht sehr viel Flug­verkehr war, und dann erfährt man auch, wie früher die Hausdächer ausgeschaut ha­ben. Ein Dach, das man mit Kunststoff abgedeckt hat, war früher rein, heute ist es so, dass man überall grauen oder grünen Dreck oben hat, und das innerhalb kurzer Zeit. Wenn man das sieht, dann weiß man, was da herunterkommt und was der Bevölke­rung zugemutet wird.

Da wäre Handlungsbedarf gegeben, Herr Staatssekretär! Ich möchte Sie auffordern, im Sinne Vorarlbergs und im Sinne der Vorarlberger Bevölkerung diesbezüglich etwas zu unternehmen. (Bundesrat Weiss: Er wird das Bundesminister Gorbach weiterleiten!) – Na ja, er sitzt jetzt einmal da. Er weiß von dem Thema Bescheid. Ich habe ihn schon mehrmals darauf angesprochen, aber ich möchte Ihnen dieses Ersuchen noch einmal mitgeben.

Man sagt immer, doppelt hält besser. Also ist es besser, wenn es zwei wissen oder sich darum bemühen, dann kommt sicher etwas Besseres heraus, als wenn nur einer darum kämpft und der andere zuschaut. Diesen Appell richte ich an Sie, Herr Staats­sekretär!

Ich möchte jetzt ein bisserl die Kurve kratzen und vom Luftverkehr auf den Boden­ver­kehr zu sprechen kommen, weil wir auch da sehr belastet sind. Ich möchte diesen Anlass hier nutzen, um auch über die Transitfrage zu sprechen (Bundesrat Gasteiger: Bitte Tirol miteinbinden!), die auch die Region Laiblachtal sehr stark betreffen wird, wenn keine Lösung zustande kommt. Das ist für mich ein Problem.

Momentan ist das Projekt zweite Röhre im Pfändertunnel im Gespräch. Es gibt jedoch Umweltorganisationen, die das mit aller Gewalt verhindern wollen, weil sie Angst ha­ben, dass dann weitere Straßen in Vorarlberg zur Entlastung der Bevölkerung gebaut werden. Für mich kommt Menschenschutz vor dem Naturschutz. Ich sage: Naturschutz in allen Ehren, aber nur bis zu einem gewissen Bereich. Ich selbst bin ein Naturbursch, ich habe Tiere zu Hause, bin viel im Grünen und wohne im Grünen, ich weiß daher,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 67

was es heißt, in diesem Bereich Lebensqualität zu haben. Aber ich denke, man kann das den Leuten nicht zumuten, die zum Beispiel an der Straße in Hard  wohnen, also an der so genannten Betonstraße, B 202. Dort donnern die Lkws dahin, und wenn man im Haus sitzt, schüttelt es alles den ganzen Tag. Die Abgase sind kaum auszuhalten. Das ist der Bevölkerung nicht zuzumuten. Da müsste man Entlastungsstraßen bauen auch im Hinblick darauf, dass man weiß, dass sich auf Grund der Lockerung im Be­reich des Transitverkehrs die Situation verschärfen wird. Speziell diese zweite Pfänder­tunnelröhre, für die ich mich immer sehr stark gemacht habe, ist notwendig.

Jetzt staut es sich nämlich bei uns im Laiblachtal. Wir haben die ganzen Abgase. Wir haben noch eine kleine Entlastungsstraße den Bodensee entlang – damals war es die B 190, jetzt ist es die L 190. Da haben wir große Probleme. Das heißt, für eine Strecke von sieben Kilometern braucht man teilweise bis zu eineinhalb Stunden. Das ist gang und gäbe da draußen, und das ist für die Wirtschaft im Laiblachtal ein großes Problem. Wir sind nicht mehr konkurrenzfähig. Schwierig wird es bei Aufträgen im Vorarlberger Innenland. Da kommt man nicht mehr durch, wenn der Tunnel gesperrt ist. (Vizeprä­sident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Der Tunnel ist sehr oft gesperrt, und zwar dann, wenn Ladegut verloren wird oder wenn es schwere Unfälle gibt auf Grund des Gegenverkehrs. Diese Gegenverkehrs­tunnel sind natürlich sehr anfällig für schwere Unfälle. Das sagt Ihnen jeder Experte oder jeder Helfer und Einsatz Leistende, also Exekutivbeamte beziehungsweise ein Feuerwehr- oder Rettungsmann, der im Tunnel tätig ist und diese Unfälle aufnehmen muss. Da gibt es ein sehr großes Gefahrenpotential.

Ich will jetzt nicht alle Fälle anführen, aber ich habe persönlich schon zwei sehr gute Freunde aus meiner Ortschaft da drinnen verloren, die unschuldigerweise auf Grund des Gegenverkehrs in schwere Unfälle verwickelt worden sind. Sie haben nichts mehr machen können, sie konnten nicht mehr ausweichen und sind von Lkws „abgeschos­sen“ worden.

Diese Situation dort schreit meiner Ansicht nach geradezu nach einer Entlastung. Ich möchte das hier noch einmal deponieren. Ich spreche hier speziell die Grünen an, die in Vorarlberg eine Organisation gegründet haben, die „Transform“. Mir hat man gesagt, es seien vier Leute, einer in der Schweiz, einer in Liechtenstein, einer in Deutschland und einer in Vorarlberg, die immer sehr großes Medienecho hervorrufen. Der Sprecher in Vorarlberg ist der ehemalige Grünabgeordnete Postner. Aber sonst, glaube ich, steht niemand hinter ihm. Da wird ein Riesenwirbel gemacht gegen die Entlastung durch die zweite Pfändertunnelröhre. Es wäre mir ein wichtiges Anliegen, Herr Staatssekretär, dass hier von Bundesseite vielleicht noch ein bisschen auf die Tube gedrückt wird.

Und ich möchte Ihnen noch etwas mitgeben. Sie sagen nämlich, Herr Minister Gorbach sei zuständig. Ich sehe es ein bisschen anders und kann mich gut erinnern, dass Herr Bundeskanzler Schüssel nach der Regierungskonferenz oder nach der Abschlusskon­fe­renz in Kopenhagen die Verkehrspolitik beziehungsweise den Transitvertrag zur Chef­sache erklärt hat. Jetzt höre ich nichts mehr vom Herrn Bundeskanzler, und das ist für mich der Punkt, warum ich Sie bitten möchte, das an den Herrn Bundeskanzler weiterzuleiten, damit dieser Transitvertrag möglichst schnell zum Tragen kommt und für Vorarlberg eine sehr große Entlastung bringt.

In diesem Sinne viel Glück, toi, toi, toi. Ich hoffe, dass ich bald ein positives Ergebnis hören werde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.03

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen, insbesondere zu anderen Themen aus der Luftfahrt, liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 68

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßen­polizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (162/A und 185/NR sowie 6808/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-No­velle geändert werden (23 und 84/NR sowie 6801 und 6809/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2003) (76 und 85/NR sowie 6810/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (163/A und 189/NR sowie 6811/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 7 bis 10 der Tagesord­nung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Bundesrat Engelbert Weilharter übernom­men. Ich bitte ihn darum.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 69

Berichterstatter Engelbert Weilharter: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Da­men und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden, geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich mit Ihrem Einverständnis auf ei­nen inhaltlichen Vortrag verzichten und mich auf die Antragstellung beschränken kann.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf weiters über Tagesordnungspunkt 8 berichten: Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden. Auch dazu liegt der Bericht in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränken darf.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf auch zu Tagesordnungspunkt 9 berichten: Bericht des Ausschusses für Ver­kehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geän­dert wird. Auch hiezu liegt ein Bericht in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 10 darf ich berichten: Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beför­derung von Personen mit Kraftfahrzeugen geändert wird. Auch hiezu liegt ein Bericht in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Erste Rednerin ist Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.08

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte über das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden, geändert wird, sprechen.

Bisher war es laut Straßenverkehrsordnung 1960 möglich, Zusatztafeln mit der Auf­schrift „Erholungsdorf“ anzubringen, jedoch keine anderen Zusatztafeln. Mit diesem Gesetz wird dieser Mangel behoben. Es ist nun möglich, unterhalb der Ortstafel


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 70

Zusatztafeln, die den Ort näher charakterisieren, anzubringen. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass diese Tafel nicht breiter als die jeweilige Ortstafel ist.

Dies ist sicher in der heutigen Zeit für Städte und Gemeinden von Vorteil, da durch diese Tafel das jeweils Besondere der Städte und Gemeinden dargestellt werden kann, so­dass Besucher dies auch gleich erkennen können. Manche werden vielleicht da­durch auch angeregt, sich die Stadt oder die Gemeinde anzuschauen. Dies kann nur von Vorteil sein.

Nun möchte ich noch zur Änderung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes Folgendes sagen: Alle zwei Jahre werden die Fundstellen der für die Gefahrgutbeförderung geltenden internationalen Vorschriften geändert. Die letzte Änderung erfolgte am 1. Jänner 2003. Daher ist es notwendig, im Gesetz die Fundstellen zu aktualisieren. Weiters wird in § 13-neu ergänzt, dass der Beförderer das zuständige Personal über seine Pflichten und über die Besonderheit der Beförderung, über das Verhalten bei Unfällen und Zwischenfällen sowie über entsprechende Vorschriften ausreichend zu unterweisen und in Kenntnis zu setzen hat.

Ebenso muss sich der Lenker, soweit dies zumutbar ist, vergewissern, dass die La­dung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Dies war bisher schon der Fall. Ergänzt wird dies nun dadurch, dass der Lenker auf die ihm zur Verfügung gestellten Daten und Informationen vertrauen kann.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich wieder einmal meine schon öfters vorgeschlagenen Anregungen wiederholen, nämlich auch für die Wirtschaft eine Kostenberechnung der Gesetze vorzunehmen – und nicht nur für den Bund und die Länder –, sowie darauf zu achten, dass die Gesetzestexte verständlich sind und überprüft wird, ob das Gesetz in der Praxis durchführbar ist. Ich wünsche mir abschließend, dass dies möglichst bald in die Tat umgesetzt wird, und möchte Sie bitten, Herr Staatssekretär, dass Sie auch in diese Richtung wieder einen Vorstoß machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.11

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Theodor Binna das Wort.

 


12.11

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekre­tär! Meine Damen und Herren! Ich melde mich zum Punkt Kraftfahrliniengesetz-Novelle zu Wort. Es findet nicht nur dieser eine Punkt, sondern auch es finden auch die anderen Punkte unsere Zustimmung. Es geht um die Zusammenlegung von Bahnbus und Postbus-AG. Wir glauben, das ist eigentlich der richtige Weg, weil nicht sein kann, dass Bahnbus und Postbus getrennte Wege gehen. Diese gehören auf eine Schiene zusammengeführt.

Ich verhehle an dieser Stelle nicht, dass es früher schon Bestrebungen gegeben hat, den so genannten Bundesbus zu schaffen. Aber außer dass bestimmte Busse von Gelb auf Rot oder von Rot auf Gelb umgestrichen wurden, hat sich eigentlich nicht viel geändert.

Was ich dabei aber bekritteln muss, ist, dass daraus die so genannte Bahnbus-AG wird. Nach dem Kartellrechtsgesetz sollen 30 Prozent an private Betreiber vergeben werden, obwohl wir alle wissen und der Meinung sind, dass diese Bahnbus-AG nicht mehr als 50 Prozent Marktanteil hat. Als Konsequenzen daraus werden sich ergeben, dass die privaten Betreiber speziell in den Ballungsräumen die gut frequentierten Linien führen werden und speziell im ländlichen Raum die Bevölkerung wieder zum Handkuss kommt.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 71

Ich möchte jetzt keine Verkehrsdiskussion führen, aber ich hätte an den Herrn Staatssekretär auch eine Bitte. Ich möchte über ein Thema sprechen, über etwas, was wirklich störend ist und gerade heute in der Früh Kollegin Schicker passiert ist. (Bun­desrätin Schicker: Nicht mit dem Bus, sondern mit dem Zug!) Jeder von uns ist, wie ich meine, davon betroffen. Man soll sich einmal einen Fahrplan anschauen. Da steht beispielsweise, dieser Bus fährt Montag bis Freitag oder Samstag oder Sonn- und Feiertag oder Samstag, wenn Schultag, oder an Werktagen. Innerhalb der Fahrplan­periode kommt es auch noch vor, dass einige Linien gestrichen beziehungsweise eini­ge Linien neu aufgenommen werden. Und der Reisende steht dann dort und sagt: Kommt er jetzt oder kommt er nicht? (Bundesrat Boden: Meistens kommt er nicht!)

Kollegin Schicker hat sich heute in der Früh darauf verlassen (Bundesrätin Schicker: Nicht nur ich!), dass ein Zug von Leoben nach Wien Süd fährt, den es leider Gottes seit 15. Juni nicht mehr gibt. Die Stadt Leoben mit 27 000 Einwohnern ist schon zu klein geworden, dass dort ein Intercity stehen bleibt. Das kann auch nicht Sinn und Zweck der Sache sein.

Es gibt für diesen Punkt eine ganz einfache Lösung. Derzeit ist es so, dass bei den ÖBB zuerst der Fahrplan für den Fernverkehr gestaltet wird. Daraufhin wird von den Bundesländern der Fahrplan für den Regionalverkehr gestaltet. Alles andere – speziell dort, wo es keine Schiene gibt – bleibt dann für die neue Bahnbus-AG übrig. Ich glau­be, dieses System ist den Reisenden nicht zuzumuten.

Es wäre ein guter Gedanke, wenn sich Vertreter der ÖBB, des Fernverkehrs, des Re­gionalverkehrs und der neuen Bahnbus-AG an einen Tisch setzen und ordentliche und für die Bevölkerung zufrieden stellende Fahrpläne gestalten und gemeinsame Lösun­gen finden würden. Es sollte nicht so sein, wie wir es alle kennen: dass jedes halbe Jahr oder jährlich der Fahrplan geändert wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Ich glaube, in einem Zeitraum von zwei Jahren müsste das zu schaffen sein. Das ist mein persönliches Anliegen an Sie, Herr Staatssekretär, und ich hoffe, es gelangt zur Umsetzung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.15

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Christoph Hagen. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.15

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesmal versuche ich, etwas näher beim Thema zu bleiben, aber die Situation war vorhin einfach günstig.

Kurz zur Änderung der Straßenverkehrsordnung beziehungsweise des Kraftfahrzeug­gesetzes und der übrigen Gesetze, die hier aufgelistet sind. Für Exekutivbeamte war es früher relativ schwierig, Patrouille zu fahren. Bei den Ortstafeln waren immer Tafeln befestigt mit der Aufschrift „Klimabündnis“. Man hat gewusst, das ist eigentlich nicht erlaubt, aber man wollte auch nicht kleinlich oder päpstlicher als der Papst sein und ist da immer ein bisschen in der Zwickmühle gewesen. Man hat den Bürgermeister darauf aufmerksam gemacht, dass dies nicht erlaubt ist. Die Tafel ist dann manchmal verschwunden – oder auch nicht. Aber es war immer ein Problem.

Warum soll sich eine Gemeinde – ich selbst bin auch Gemeindevertreter beziehungs­weise Gemeinderat, wie es in Innerösterreich heißt – nicht dem Gast präsentieren können? Dieser sieht dann, es geschieht etwas in der Gemeinde, da ist etwas los. Mit dieser Änderung der Straßenverkehrsordnung wurde sicher eine wichtige Maßnahme gesetzt, um die Gemeinden aus der Illegalität mit diesen Werbetafeln herauszuholen.


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Ich finde dies sehr positiv. Nun gehört dieser geduldete Gesetzesbruch der Vergangen­heit an, und das kann ich nur befürworten.

Das Zweite, was mich persönlich auch als Exekutivbeamten sehr stark anspricht, ist die bessere Sicherung des Ladegutes. Wir alle wissen, gerade die schweren Verkehrs­unfälle auf den Autobahnen mit Bussen, mit vielen Toten und Verletzten sind oft auch darauf zurückzuführen, dass das Ladegut nicht richtig gesichert war. Es ist wichtig, dass diesbezüglich etwas geschieht, dass die Ladegutsicherung verbessert wird und strengere Strafen vorgesehen werden, um das Bewusstsein des LKW-Fahrers bezie­hungsweise desjenigen, der den LKW belädt und dafür verantwortlich ist, zu schärfen und das Ganze in den Vordergrund zu bringen. Das geht in Richtung Menschenschutz, und wir wissen, mit einigen kleinen Handgriffen könnte man großes Leid verhindern. Darum ist auch dieser Punkt sehr wichtig.

Auch die Teilprivatisierung der ÖBB-Busse oder auch die 100-prozentige Zusammen­legung der Post- und Bahnbusse ist ein Thema. Im Prinzip geht es da um dasselbe. Ich bin der Meinung, dass es notwendig ist, Schritte zu setzen, die in Richtung kosten­günstiger und effizienter gehen, denn es kann nicht so sein, dass im Prinzip zwei Busse auf der gleichen Strecke fahren, der eine rot, der andere gelb. Das ist nicht effizient und nicht optimal. Mit diesem Gesetzesvorhaben oder diesem Gesetzes­be­schluss hat man sicher die richtigen Schritte gesetzt.

Was ich aber trotzdem noch ansprechen möchte, vielleicht in Richtung der Postbus-Chauffeure und der Bahnbus-Chauffeure, ist Folgendes: Was für mich nie einleuchtend war, ist, dass ein Bahnbus-Chauffeur früher mit 55 Jahren in Pension gehen konnte und der Postbus-Chauffeur mit 60 Jahren. Ich hoffe, auch diesbezüglich gibt es Soli­darität und Vereinheitlichung. Hier ist sicher Not am Manne.

Ich möchte noch kurz auf die Teilprivatisierung zurückkommen. Die Teilprivatisierung finde ich sicher zweckmäßig und richtig, denn die öffentliche Hand kann sich ja nicht um alles kümmern. Aber auf der anderen Seite möchte ich vielleicht schon an die Verantwortlichen appellieren, dass nicht die gewinnabwerfenden Routen an die Priva­ten abgegeben werden und das, was nicht kostendeckend ist, der Bund zu tragen hat. Vielleicht sollte man sich darüber Gedanken machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

12.19

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.20

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bin sehr froh darüber, dass Kollege Binna vor mir an der Reihe war. Somit habe ich mir jetzt die Hälfte meiner Rede er­spart, denn ich kann ihm nur Recht geben in den Punkten, die er erwähnt hat. So et­was kommt auch vor.

Ich möchte nur auf die Kraftfahrgesetz-Novelle eingehen, die wir Grüne im Nationalrat abgelehnt haben und die wir auch diesmal wieder ablehnen werden, und zwar aus zwei Gründen: Der erste Grund sind die Pickerlintervalle für landwirtschaftliche Fahr­zeuge, die auf drei Jahre erweitert werden. Ein landwirtschaftliches Fahrzeug ist an­ders gebaut und wird anders beansprucht als ein PKW und sollte deshalb auch öfter über­prüft werden, um die Umweltstandards einhalten zu können. (Bundesrat Fa­sching: Das müssen Sie den Bauern sagen!)


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Ja! Man kann auch mit den Bauern reden. Die Bauern sagen doch immer, sie schauen so auf unsere Umwelt, oder? – (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Ich habe leider eine sehr kurze Redezeit.

Der zweite Grund war ein Antrag, der später noch hinzugekommen ist. Dieser betrifft den Transport von Rundholz innerhalb eines Radius von 100 Kilometern, das bei der Gewichtsbeschränkung bevorzugt wird. Wie lange diese Regel in der EU halten wird, inwieweit das Wettbewerbsverzerrung ist, das sei dahingestellt. Ich glaube auf jeden Fall, das wird unsere Verhandlungsbasis in der EU in puncto Transitvertrag nicht be­sonders fördern. Deshalb lehnen wir Grüne diesen Punkt ab. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

12.21

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Staatssekretär Mag. Kukacka das Wort. – Bitte.

 


12.21

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Ein Wort zum angesprochenen Kauf des Postbusses durch die Bahn. Es sind hier meiner Meinung nach einige nicht ganz richtige Argumente gebracht worden, auch von Herrn Bundesrat Binna.

Meine Damen und Herren! Ich möchte schon darauf hinweisen, dass wir diese Zusam­menführung deshalb machen, weil sie große Vorteile bringt. Wir schaffen eine öster­reichische Lösung; das ist angesichts der kommenden Liberalisierung des Verkehrs­marktes in Europa ganz wichtig. Wir führen Bahnbus und Postbus zusammen, aber wir verhindern auch europa- und kartellrechtliche Probleme, indem wir sagen, ein Teil die­ser Buslinien muss auch an Private abgegeben werden. Es liegt ja auf der Hand – jeder von uns weiß das doch! –, dass hier selbstverständlich quasi ein Monopol­anbie­ter entsteht, der ein noch viel stärkeres Monopol haben wird, als das jetzt schon der Fall ist. Wenn Bahn- und Postbus zusammengelegt werden, entsteht in vielen Re­gionen Österreichs ein Monopol, das 90 bis 95 Prozent beträgt.

Natürlich bekämen wir da kartellrechtliche und auch EU-rechtliche Probleme. Das ist der Grund dafür, warum der Gesetzgeber gesagt hat: Versuchen wir doch, dieses Mo­nopol insofern aufzulockern, als ein Teil dieser Linien an private österreichische Bus­linien verkauft werden soll. Dann werden in diesem Bereich insgesamt wieder mehr An­bieter vorhanden sein und mehr Wettbewerb herrschen. Täten wir das nicht und kä­me es nur zu dieser Fusionierung, können wir sicher davon ausgehen, dass es EU-rechtliche Klagen gäbe und dass von der EU eine entsprechende Neuregelung ver­langt werden würde – eine Neuregelung, die dazu führen würde, dass auch auslän­dische große Buskonzerne anbieten und Teile dieser Post- und Bahnbuslinien kaufen würden, und zwar ganz rechtskonform.

Um das zu verhindern und um eine österreichische Lösung zu finden, haben wir ge­sagt, wir legen Postbus und Bahnbus zusammen. Da dabei aber wiederum ein sehr großer Anbieter entsteht, versuchen wir, eine österreichische Lösung zu finden und Teile dieser gemeinsamen Gesellschaft an Private weiterzugeben.

Darüber finden jetzt Verhandlungen zwischen den ÖBB auf der einen Seite und einem Konsortium von privaten Busunternehmen auf der anderen Seite statt, damit es zu entsprechenden Vereinbarungen kommt. Im Übrigen ist ja auch das Kartellgericht mit dieser Frage beschäftigt. Es geht ja auch darum, eine Lösung zu finden, die auch vor dem Kartellgericht Bestand hat.

Weiters ist auch nicht richtig, dass durch die Beteiligung von Privaten das Problem ent­steht, dass sozusagen im Ballungsraum nur die Privaten fahren würden, weil man dort


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 74

Gewinne machen kann, und der ländliche Raum den öffentlichen Buslinien vorbehalten bliebe.

Das ist sachlich unrichtig, Herr Kollege. In österreichischen Ballungsräumen fahren be­reits öffentliche Verkehrsunternehmen, nämlich primär städtische Verkehrsunterneh­men. In allen großen Ballungsräumen gibt es keine privaten Verkehrsunternehmen, son­dern ein öffentliches Monopol, ein Monopol städtischer Bus- und Verkehrslinien – ob das Wien ist, ob das Linz ist, ob das Graz ist oder ob das Innsbruck ist. Dieses Problem besteht überhaupt nicht, sondern es geht eher darum – auch in diesen städ­tischen Ballungsräumen –, stärkere Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und darauf zu schauen, dass sich dieses Monopol letztlich nicht negativ auf den Konsumenten auswirkt.

Bezüglich dessen, was Sie zum Thema ÖBB-Fahrpläne gesagt haben, gebe ich Ihnen durchaus Recht. Das ist nicht in Ordnung, aber das ist ein altes Problem. Das kennen wir bei der Bahn. Monopolanbieter haben eben die Tendenz, sich nicht in erster Linie am Kunden zu orientieren, sondern nach ihren eigenen internen Gesetzen vorzugehen. Und das ist möglicherweise auch in diesem Fall so gewesen.

Wir haben erkannt, dass es ein Problem mit den Österreichischen Bundesbahnen gibt, und wir streben ja auch umfassende Reformen in diesem Bereich an. Das soll auch in diese Richtung gehen, die angesprochen wurde. Der Fernverkehr soll zum Beispiel stärker vom Regional- und Nahverkehr getrennt werden, weil das ganz unterschied­liche Angebote sind. Der Fernverkehr wird in erster Linie vom Reisenden bezahlt, der öffentliche Nahverkehr wird aber über gemeinschaftliche Leistungen aus dem Budget finanziert. Da sind ganz andere Voraussetzungen gegeben.

Es wird aber auch notwendig sein – das ist auch angesprochen worden –, ein einheit­liches Dienstrecht zum Beispiel bei den Bus-Chauffeuren von Post- und Bahnbus zu schaffen. Auch da versuchen wir, neue Wege zu gehen, um zu einer entsprechenden Angleichung und zu fairen Lösungen für alle Betroffenen zu kommen. Ich hoffe in diesem Fall auch auf Ihre Zustimmung und Unterstützung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.28

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrats erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Ju­li 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden, (Straßenver­kehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 75

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, (22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrengutbeförde­rungsge­setz geändert wird (GGBG-Novelle 2003).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linien­mäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzei­chen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

11. Punkt  

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundesbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanalgesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz) (126 und 187/NR sowie 6812/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung ge­mäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 76

mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeld­kanalsystems geändert und ergänzt wird (127 und 188/NR sowie 6813/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hagen übernommen. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Christoph Hagen: Bericht des Ausschusses für Verkehr Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundes­beitrages zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanal­gesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz)

Der Bericht des Ausschusses liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Tech­nologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Ver­ein­barung gemäß Art. 15a BV-G zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanal­sys­tems geändert und ergänzt wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 77

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die getrennt erfolgt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Fest­legung des Bundesbeitrages zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanalgesetz aufgehoben wird. (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz)

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung übe den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a BV-G zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luft­raums für die Zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste (CEATS) (Brüssel, 27. Juni 1997) samt Anlagen; Besondere Vereinbarung zur Durchführung von Artikel 6 der Vereinbarung über die Bereitstellung und den Betrieb von Flug­sicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirks­kontroll­zentrale des oberen Luftraums für die Zentraleuropäischen Flugsiche­rungsdienste (CEATS) (56 und 86/NR sowie 6814/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hagen übernommen. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Christoph Hagen: Zum Bericht des Ausschusses für Verkehr, In­novation und Technologie möchte ich feststellen: Der Herr Präsident hat den An­trags­text bereits vorgelesen. Ich erspare mir das, er liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (57 und 98/NR sowie 6815/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Saller übernommen. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Josef Saller: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung zur Sicher­stellung der Patientenrechte (Patientencharta).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich kann daher auf die Verlesung ver­zichten.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein. Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Kritzinger das Wort. – Bitte.

 


12.35

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Die Sicherung der Patientenrechte bedeutet einen gewaltigen Fortschritt, denn man hat zehn Jahre lang über diese Formulierung und über die Zusammenhänge mit Patientenrechten herumgerätselt und verhandelt. Endlich ist es jetzt so weit.

Vielfach – deswegen interessiert mich das auch – wurden und werden Ältere gerne für Versuchszwecke herangezogen. Da sind jetzt in den neuen Bestimmungen eindeutige Regelungen geschaffen worden. In Artikel 20 steht: „Niemand darf ohne seine aus­drückliche Zustimmung zu klinischen Prüfungen und zu Forschungs- und Unterrichts­zwecken herangezogen werden.“

Es steht auch – das ist sehr interessant für die PatientInnen –, dass Patienten und Patientinnen das Recht haben, auf ihren Wunsch gegen eine angemessene Ent­schä­digung, also einen Kostenersatz, Abschriften aus ihrer Dokumentation zu erhalten.

Es sind auch gewisse Dinge festgehalten, die für ältere Menschen sehr bedeutsam sind. Diese sind ja öfter krank und häufiger im Krankenhaus als junge Menschen. Aber auch für Kinder sind Rechte festgehalten. Jede Mutter hat das Recht, sich bei ihrem Kind bis zu einem Alter von zehn Jahren im Krankenhaus aufzuhalten. Es muss ihr ein Bett zur Verfügung gestellt werden. Das ist ganz wichtig.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 78

Ich habe großes Lob für diese Regelung, ja wir haben in Österreich überhaupt ein her­vorragendes Gesundheitssystem. In England zum Beispiel bekommen Siebzigjährige keine Hüftoperation mehr, weil sie zu alt sind. In Österreich werden 20 000 Hüft­ope­rationen durchgeführt. Im AKH in Wien – ich habe das erst kürzlich gelesen – werden bei Achtzigjährigen noch Bypass-Operationen gemacht. Das ist, glaube ich, schon ein gewaltiger Gewinn.

Übrigens hat das Bundesland Wien noch keine solche Patientencharta. Das wäre aber sicher interessant und zweckmäßig, um ein flächendeckendes Netz zu verwirklichen und für dessen Umsetzung Sorge tragen.

Vielleicht könnte man bei einer Novellierung der Patientenrechte in einem Passus auch Gehörlose und Blinde berücksichtigen. Da wäre der Bundesrat genauso gefragt, mit positiven Gedanken und Vorschlägen wie der Nationalrat aufzutreten.

Erfreulich in diesem Zusammenhang ist, dass der Nationalrat diese Patientencharta einstimmig beschlossen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

12.39

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Hlavac das Wort. – Bitte.

 

 


12.39

Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Diese Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte findet – nicht nur im Nationalrat, sondern auch hier – selbstver­ständ­lich unsere Zustimmung.

Es handelt sich bereits um die sechste derartige Vereinbarung, die zwischen dem Bund und einem Bundesland abgeschlossen worden ist. Die Verrechtlichung dieses so sensiblen Bereiches ist notwendig und wird von uns begrüßt. Es ist notwendig, die Rechte der PatientInnen festzuschreiben, um damit auch in das allgemeine Bewusst­sein zu bringen, dass Menschen, auch wenn sie schwer krank oder verletzt sind, auch wenn sie bewusstlos sind oder wegen ihres körperlichen, psychischen oder geistigen Zustandes ihre Rechte nicht voll wahrnehmen können, Rechte haben und diese Rech­te auch respektiert werden müssen.

Es ist in der Regel nicht böser Wille, wenn diese Rechte nicht voll beachtet werden, son­dern es ist oft Druck, der auf den Ärztinnen und Ärzten und auf dem Pflegepersonal lastet, vor allem Zeitdruck und Arbeitsdruck, und es ist manchmal auch Gedanken­losigkeit, die dazu führt, dass Patientinnen und Patienten nicht ausreichend informiert werden, was im Übrigen nicht nur den Rechten dieser Kranken zuwiderläuft, sondern in der Praxis auch oft zu unnötigen Ängsten und zu damit verbundenen Komplikationen führen kann. Besonders bei sehr alten, psychisch oder geistig eingeschränkten Men­schen ist ein behutsames Vorgehen und eine unabhängige Kontrolle notwendig. Denn leider wird die Öffentlichkeit immer wieder damit konfrontiert, dass Kranke schlecht be­handelt werden, ja dass es in Pflegeheimen manchmal sogar zu Misshandlungen kommt.

Daher möchte ich nochmals betonen, dass wir die Beschlussfassung begrüßen, möch­te aber anmerken, dass meine Fraktion eine bundeseinheitliche, in diesem Fall eine bundesverfassungsrechtliche Regelung vorziehen würde, da es sich eigentlich um einen Grundrechtsbereich handelt und es unterschiedliche Standards in Österreich ge­rade in diesem Bereich nicht geben sollte. Ich weiß, dass es im Bundesrat nicht unbe­dingt populär ist, zu sagen, dass etwas bundeseinheitlich geregelt werden soll, aber ich glaube, dass das in diesem Fall sinnvoll wäre. Dass im Grunde alle das so sehen, erkennt man ja auch daran, dass dieser Weg eingeschlagen wird und dass es


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Regelungen im Wege des Artikel 15a nicht nur in diesem Fall mit Tirol, sondern auch bereits in einer ganzen Reihe von weiteren Fällen gibt.

Daher nochmals: Es ist eine positive Regelung, und wir hoffen, dass sie auch entspre­chend mit Leben erfüllt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Wil­helm Grissemann das Wort.

 


12.42

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Staats­ekretär! Wenn also das Bundesland Tirol als sechstes Bundesland diese Patienten­charta mit dem Bund vereinbart hat, wird das schon richtig sein. Ich glaube, wir alle wünschen uns, dass wir ein Krankenhaus möglichst wenig frequentieren müssen. Ich glaube trotzdem – und ich denke, jedem von Ihnen wird es schon einmal passiert sein –, wir können auf den Standard unserer österreichischen Krankenhäuser mit Recht stolz sein. Ich habe in meinem ganzen Freundeskreis ganz selten – ja eigentlich fast nie – von Dingen gehört, bei denen man sagen müsste: Diese Patientencharta ist ganz dringend notwendig, denn es gibt große Missstände.

Natürlich müssen wir daran denken, dass der so genannte „Tatort Spital“ auch im Zu­sammenhang damit zu sehen ist, dass über die Medien, durch die gesellschaftliche Entwicklung, immer wieder versucht wird – selbstverständlich passieren da auch Din­ge –, hinterher einen gewissen Geldeswert herauszuholen. Dafür ist die Justiz zustän­dig, und die Charta wird eben als Vehikel daneben notwendig sein.

Wie gesagt, es ist alles klar: Patientenrechte, Recht auf Behandlung und Pflege, Recht auf Achtung, Würde und Integrität sind doch in Wirklichkeit alles Selbstverständlich­kei­ten! Im Grunde genommen sind die Patientenrechte auch im Rahmen von Gesetzen verankert. Würde man darüber hinaus noch ein eigenes Gesetz schaffen, so wäre dies vielleicht noch zielführender, um die Rechtsicherheit besser zu verankern.

Ich möchte noch auf einen anderen Aspekt hinweisen, den wir aber eigentlich so auch nicht regeln können. Natürlich besteht, wenn es einmal zu einem Prozess kommt, das Problem einer ungleichen Situation. Es geht zunächst einmal um den hohen Streitwert, es geht um die Haftungsfrage, es geht um die bekannte David – Goliath-Situation. Ich sehe auch ein, dass sich die Ärzte entsprechend schützen und wehren müssen. Wie gesagt, es ist immer eine Sache, die zwei Seiten hat.

Ich möchte abschließend einen weiteren Aspekt aufzeigen, und zwar die Tatsache, dass die Patienten natürlich den besten Standard wollen. Ich komme jetzt auf die Organtransplantation zu sprechen. Sie ist so weit fortgeschritten, dass 70 bis 80 Pro­zent all dieser Eingriffe von Erfolg gekrönt sind. Selbstverständlich steigt die Begehr­lichkeit nach diesen Organen. Und wie verschafft man sich solche Transplantate? – Da­mit kommen wir in eine Situation, die fast der Eindruck vermittelt, dass reiche Länder und reiche Patienten es für sich eventuell recht gerne arrangieren möchten, mit ärmeren Ländern zu Vereinbarungen zu gelangen, um auch Organe zu beschaffen. Das wird aus ethischen Gründen sehr schwer durchsetzbar sein.

Jetzt hat der Europarat – und darüber möchte ich sprechen, weil ich Mitglied der Par­lamentarischen Versammlung des Europarates bin – völlig zu Recht eine Warnung und die dringliche Bitte ausgesprochen, sich dieses Themas, nämlich der Kriminalität im Zu­sammenhang mit dem Organhandel, anzunehmen. Ich glaube auch, Österreich sollte hier aktiv werden.

Die Nachfrage nach außerfamiliären Spenderorganen ist dramatisch angestiegen. Zur­zeit warten in Westeuropa – wir wissen es – fast 40 000 Patienten auf eine Nieren-


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transplantation; die Warteliste ist lang, es dauert drei, vier Jahre. Aus diesem Notstand machen internationale kriminelle Organisationen ein glänzendes Geschäft. Es ist schlimm, das Ganze auch nur in Gedanken nachzuvollziehen.

Ich gebe dem Europarat Recht – und habe da auch mitgestimmt –, dass das für die Zukunft eine Angelegenheit sein wird, die wir sehr im Auge behalten müssen und bei der wir unsere ganze Anstrengung darauf richten müssen, dass nicht jene Situation eintritt, die ich eingangs erwähnt habe, dass also reiche Länder und reiche Patienten sehr unangenehme und ethisch nicht zu tolerierende Abmachungen – oder einen ent­sprechenden Handel – mit armen Nationen und armen Spendern treffen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Grünen.)

12.48

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum das Wort.

 


12.48

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Patientencharta bleiben: Diese Patientencharta ist eine Zusammenfassung von bereits bestehenden Rechten. Ich möchte kurz aus der Tiroler Patientencharta zitieren: Die Vertragsparteien sollen sich „verpflichten, die in der Charta angeführten“ PatientInnenrechte „im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit sicherzustellen. Subjektive Rechte Einzelner können ... durch eine solche Vereinba­rung nicht begründet werden.“ Das heißt, wenn jemand sich in diesen Rechten verletzt fühlt, kann er sich zwar verletzt fühlen, aber tun kann er eigentlich nichts. Er hat über­haupt keine Ansprüche auf einen Regress.

Ich freue mich, dass in letzter Zeit immer wieder davon die Rede ist, dass das Tier­schutzgesetz in Österreich bundeseinheitlich gleich gestaltet werden soll. Ich würde mich freuen, wenn das auch mit den Patientenrechten passieren würde. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

12.49

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nunmehr Herrn Staatsekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort.

 


12.49

Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich glaube, das meiste und Wichtigste ist gesagt worden. Das Gesetz, das Sie verab­schieden, ist eine Querschnittsmaterie von Patientenrechten, wie sie in zahlreichen Einzelgesetzen – Landesgesetzen, Bundesgesetzen, Krankenanstaltengesetzen – nie­dergeschrieben sind und wie sie für den Einzelverbraucher, und das ist der Patient, sehr unübersichtlich sind und letztlich nur von Rechtskundigen aufgefunden werden können. Das ist im Grunde der Sinn der Patientencharta, nämlich für die Patienten, für die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes, eine Querschnittsmaterie übersichtlich zusammenzufassen.

Es stimmt schon, dass allein aus dem heraus noch kein Rechtsanspruch entsteht. Aber Rechtsansprüche sind in anderen Gesetzen durchaus geregelt; ich darf hier nur an die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung, die in den Spitälern Platz greift, an Schiedsgerichte und dergleichen erinnern.

Allerdings sind ein paar wesentliche Punkte drinnen – und ich glaube, das ist eine moralische, ethische Verpflichtung in unserem Staat –, nämlich das Recht auf Be­handlung und Pflege, das Recht auf Achtung und Würde der Integrität, das Recht auf Selbstbestimmung und Information, das Recht auf Dokumentation und besondere


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Bestimmungen für Kinder. Diese sind hier erstmals ausführlich zusammengefasst, und aus diesem Grunde haben sich sukzessive auch die Länder Kärnten, Oberösterreich, Burgenland, Niederösterreich und Steiermark entschlossen, dieser Vereinbarung mit dem Bund beizutreten. Nunmehr folgt das Land Tirol.

Ich darf Ihnen im Sinne der weiteren Entwicklung bekannt geben, dass auch Vorarlberg bereits einen diesbezüglichen Beschluss gefasst hat, der am 11. März dieses Jahres im Ministerrat beschlossen wurde, wobei die Zuleitung an den Nationalrat erfolgen wird. Auch in Salzburg – dort gab es längere Zeit Bedenken hinsichtlich möglicher Folgekosten, aber diese konnten seitens der Beamten unseres Ressorts in einem Hearing weitestgehend ausdiskutiert werden – besteht nunmehr die Absicht, dieser Charta beizutreten. Allein Wien hat trotz Aufforderungen unsererseits bis jetzt dazu noch keine Anstalten gemacht.

Ich sehe es aber als grundsätzliche Voraussetzung, dass tatsächlich alle Bundesländer gemeinsam mit dem Bund dieser Charta beitreten, und gebe der Sprecherin von der sozialdemokratischen Seite sowie auch der Sprecherin von den Grünen durchaus Recht: Wünschenswert wäre eine Gesamtvereinbarung; wie sie bei Tieren möglich ist, müsste sie auch bei Menschen möglich sein. Ich sehe aber die Voraussetzung dafür, dass sich das Hohe Haus – das Plenum und in der Folge der Bundesrat – damit auseinander setzen kann, darin, dass einmal alle Bundesländer dieser gemeinsamen Charta beigetreten sind. In diesem Sinne sollte, glaube ich, auch die gemeinsame Arbeit erfolgen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.52

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Wer­bung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (52 und 100/NR sowie 6816/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Josef Saller übernommen. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Josef Saller: Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das


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Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz – Tabakgesetz – geändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Paul Fasching das Wort.

 


12.54

Bundesrat Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorgaben der Euro­päischen Union sind durchaus sinnvoll, da es unter anderem zu mehr Warnhinweisen und einem verschärften Werbeverbot kommen wird. Man sollte nicht vergessen, dass 50 Prozent der Raucher am Raucherkonsum sterben und dass 30 Prozent aller Krebs­erkrankungen dem Tabakkonsum zugerechnet werden. Man kann auch nicht darauf stolz sein, dass Österreich gemeinsam mit Grönland die höchste Rate an jugendlichen Rauchern aufweist. Diese Statistik (der Redner hält eine Graphik in die Höhe) zeigt, dass bereits 22 Prozent der 13-Jährigen und 44 Prozent der 15-Jährigen in Österreich Raucher sind; das ist natürlich ein enormer Anteil.

Es müssen neue Wege in der Raucherprävention gefunden werden. Der Zigaretten­konsum stellt heute das bedeutendste Gesundheitsrisiko und eine führende Ursache für frühzeitige Sterblichkeit dar. Die soziale Krankenversicherung hat diesem weit ver­breiteten Suchtmittel den Kampf angesagt. Rauchen ist heute die wichtigste vermeid­bare Ursache von Krankheit und vorzeitigem Tod. In Österreich sterben 14 000 Men­schen pro Jahr an den Folgen des Tabakkonsums.

In Österreich rauchen nach den letzten vorliegenden Zahlen 36 Prozent der Männer und 23 Prozent der Frauen, also rund 2,3 Millionen Menschen. Die Rauchanfänger werden immer jünger – wie ich es soeben aufgezeigt habe –, das gilt besonders für die Mädchen. 1998 rauchten in Österreich 26 Prozent der 15-jährigen Mädchen und 20 Prozent der Burschen täglich, 36 Prozent beziehungsweise 30 Prozent wöchentlich, wie ich in dieser Statistik angeführt habe. Der sozialen Krankenversicherung entstehen durch ursächlich im Zusammenhang mit dem Tabakkonsum entstehende Sekundär­erkrankungen wie Krebs, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie chronische Lungen­erkrankungen nach vorsichtigen Schätzungen Folgekosten in der Höhe von rund 2 Mil­liarden €, rund 20 Prozent der Versicherungsleistungen aller Krankenversiche­rungs­träger.

Etwas Positives in diesem Zusammenhang möchte ich aber doch auch erwähnen: Die Bauern sind hier offenbar gesundheitsbewusster. Wie wir bei uns in der Sozial­versiche­rungsanstalt der Bauern anlässlich der Gesundheitsbefragung 2000 festgestellt haben, sind lediglich 7,6 Prozent der bäuerlichen Versicherten Raucher. Das ist sicherlich positiv.

Einerseits soll mittels Prävention und präventiver Maßnahmen zur Bewusstseins­bil­dung beigetragen werden, um damit überhaupt den ersten Griff zur Zigarette zu verhindern, andererseits bietet die soziale Krankenversicherung aufhörwilligen Rau­chern, deren Zahl in Österreich nach einer Schätzung bei zirka 440 000 Menschen liegt, Therapiemöglichkeiten für eine ambulante und stationäre Raucherentwöhnung an. So wurde vor kurzem bei einem Symposium in Graz, das vom Hauptverband der


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Sozialversicherungen Österreichs gemeinsam mit der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus und dem Fonds Gesundes Österreich organisiert wurde, als Prototyp ein dreiwöchiger Kuraufenthalt der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus im Josefshof vorgestellt. Im Rahmen der Gesundheits-Förderungsprogram­me einzelner Sozialversicherungsträger gibt es verschiedene Angebote zur Raucher­entwöhnung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen daher alles daransetzen, in den nächsten Jahren mit einer entsprechenden Informations- und Aufklärungskampagne ei­nen Bewusstseinswandel herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.58

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 84

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Karl Boden. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.58

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe soeben vernommen, dass wir, die wir heute zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen, uns bei den Rauchern nicht sehr beliebt machen werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Bachner: Nicht alle! – Heiterkeit.) Ich glaube aber trotzdem, dass es sehr wichtig ist, dazu ein paar Worte zu sagen. Ich werde mich auch beeilen, denn wie ich in der Zeitschrift „profil“ lesen konnte, ist Österreich wieder einmal säumig: Gegen Österreich wurde ein Ver­tragsverletzungsverfahren eingeleitet, wir hätten diese Richtlinien bereits in nationales Recht umsetzen sollen.

Worum geht es eigentlich in diesen Richtlinien? – Einiges wurde von meinem Vor­redner schon angesprochen. Wesentlich größer und auf beiden Seiten soll auf die Zigarettenpackungen draufgeschrieben werden: „Rauchen kann tödlich sein“. Es geht bei den Veränderungen speziell darum, den Teergehalt von 12 Milligramm auf 10 Milli­gramm zu reduzieren, den maximalen Nikotingehalt mit 1 Milligramm zu begrenzen und den Kohlenmonoxidausstoß ebenfalls bei 10 Milligramm zu fixieren.

Es wurde bereits gesagt, dass infolge des Rauchens in Österreich jährlich 14 000 Men­schen sterben; weltweit sterben sogar 4 Millionen an den Folgen des Rauchens. Als ehemaliger Raucher kann ich wirklich aus eigener Erfahrung sagen – seit einigen Jah­ren bin ich Nichtraucher –, dass ich weiß, welche Belastung jede Zigarette für den Körper ist. Ich fühle mich jetzt wirklich wohl und möchte jedem dazu raten – auch denjenigen, die wenig rauchen –: Wenn man wenig raucht, braucht man eigentlich gar keine Zigarette, und wenn man sehr viel raucht, dann ist es umso interessanter, wenn man damit aufhört.

Speziell bei der Jugend ist es ja das große Problem: Gerade bei der Jugend, die eigentlich – ich möchte es einmal so formulieren – für die Arterhaltung verantwortlich und für die Fortpflanzung zuständig ist, müsste man ansetzen, denn das Rauchen fügt den Ungeborenen wirklich sehr großen Schaden zu.

Es stört mich auch immer, wenn bei einem Fußballmatch, das man im Fernsehen ver­folgt, Trainer gezeigt werden, die mit einer Zigarette im Mund auf der Betreuerbank sitzen. Ich glaube, das ist das Schlimmste, was man überhaupt zeigen kann. Auf dem Sportplatz hat eine Zigarette nichts verloren!

In diesem Sinne sollten wir, glaube ich, auch die Bewusstseinsbildung noch einmal in Erinnerung rufen. Ich glaube, jede Kampagne, mit der die Bewusstseinsbildung geför­dert wird, ist eine wichtige Investition in die Zukunft. (Allgemeiner Beifall.)

13.02

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.02

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Tages­ord­nungspunkt – darauf ist schon hingewiesen worden – betrifft ein Bundesgesetz zur Umsetzung einer EG-Richtlinie, mit der das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeug­nis­sen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz geändert wird.

Sich als Raucher hierher zu stellen und zu diesem Thema zu sprechen verlangt schon eine gewisse Überwindung. (Bundesrätin Schicker: Gehört etwas dazu!) Ich meine aber, dass Raucher als Betroffene sich diesem Thema nicht verweigern dürfen, ja ge­radezu verpflichtet sind, sich zu Wort zu melden, und das habe ich eben getan.

Das Rauchen kam aus der Neuen Welt nach Europa, und auch die Nichtraucher­kam­pagnen nehmen nun schon seit Jahren denselben Weg. Würden wir heute noch im Sinne der Erfinder, im Sinne der Ureinwohner Amerikas dem Rauchgenuss frönen, wäre aus meiner Sicht die Gesundheitsbedrohung minimal, und wir könnten heute noch mit ruhigem Gewissen bei bestimmten Ereignissen mit Nachdruck die Friedens­pfeife rauchen. (Heiterkeit.) Das Ausblasen des Rauches nach unten, nach oben und in alle vier Himmelsrichtungen zur Bestärkung der guten Absicht würde niemandem schaden, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass derartige Vor­gän­ge auch im Sinne des Kreislaufdenkens als CO2-neutral zu betrachten sind.

Über Jahrhunderte wurde das Rauchen in unserem Europa kultiviert. Parallel dazu haben die staatlichen Stellen erkannt, dass mit den Rauchern sehr gute Geschäfte zu machen sind, und möglicherweise auch in Verantwortung gegenüber den Rauchern das staatliche Monopol für den Verschleiß von Tabakerzeugnissen übernommen. Ich darf in Erinnerung rufen, dass über dieses Monopol in der Vergangenheit auch Gutes passiert ist; ich meine, man darf das auch erwähnen: Die Vergabe von Tabak-Trafiken an Kriegs- und Zivilversehrte ist ein entsprechendes Beispiel. Es muss jedenfalls festgehalten werden, dass die Raucherinnen und Raucher über Jahrzehnte und Jahr­hunderte für den Rauchgenuss, ohne zu murren, brav ihre Abgaben leisteten und es auch heute noch tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kenne auch viele Raucherinnen und Raucher, die neben ihrer Sucht durchaus in der Lage waren, ihren Verpflichtungen im Arbeitsleben und im Familienleben nachzukommen. Ich sehe es als meine Verpflich­tung an, diese Lanze für die österreichischen Raucherinnen und Raucher zu brechen! Ich finde, sie haben es auch verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Andererseits verschließe ich mich durchaus nicht den heute wissenschaftlich nachge­wiesenen Bedrohungen durch das Rauchen. Wenn Elmar Lichtenegger, unser freiheit­licher Abgeordneter, Vertreter der jungen Generation und Vertreter der Sportgene­ration, im Nationalrat ausführt, dass das Nikotin für Jugendliche die Einstiegsdroge zu viel härteren Drogen darstellt, dann nehme ich diese Ausführungen wirklich ernst. Es muss ganz einfach unser oberstes Ziel sein, unsere Jugend vor Schaden zu bewahren.

Abgesehen davon, dass uns die Umsetzung der EU-Richtlinie wieder einmal drastisch vor Augen führt, dass wir nicht mehr Herr im eigenen Hause sind – nicht mehr ganz Herr im eigenen Hause sind –, kommen in mir auch Zweifel darüber auf, ob wir über die Begrenzung des Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidgehaltes sowie mit verschärften Warnhinweisen dem Tabakkonsum Einhalt gebieten und den Tabakkonzernen Paroli bieten können. Meistens sind die Tabakkonzerne – und das muss uns bewusst sein – schon einen Schritt weiter. Sie haben ja auch hervorragende Entwicklungsabteilungen,


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die zum Beispiel jetzt nicht mehr in Österreich, sondern im Ausland angesiedelt sind. Diese Tabakkonzerne sind uns immer einen Schritt voraus, und ich werde den Ver­dacht nicht los, dass über leichtere Zigarettensorten die Gesamtstückzahl der gerauch­ten Zigaretten steigt und wir dadurch indirekt noch zur Gewinnoptimierung der inter­nationalen Tabakkonzerne beitragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jedenfalls wird die freiheitliche Fraktion die­sem Gesetzentwurf, der von positivem Geist getragen ist, zustimmen. Es muss uns nur klar sein, dass wir die Problematik des Rauchens damit noch lange nicht gelöst haben. Die Gesundheitspolitik ist aus meiner Sicht weiterhin sehr stark gefordert, das Be­wusstsein vor allem der Jugend zu einem gesunden und sportlichen Leben ist zu wecken und weiterhin zu bilden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.10

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort.

 


13.10

Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist weltweit bekannt und zumindest anerkannt, dass Rauchen nicht nützt – außer der Tabakindustrie. Nicht umsonst haben jetzt zum ersten Mal in der Ge­schichte der WHO in Genf sämtliche 192 Mitgliedsländer einstimmig die Werbeverbots­richtlinien beschlossen, denen selbstverständlich auch Österreich beigetreten ist.

In Österreich hat sich in den letzten Jahren doch ein gewisser Paradigmenwechsel vollzogen. Wir haben bis vor kurzer Zeit noch als das raucherfreundlichste Land zu­mindest Europas gegolten. Das ist, glaube ich, nicht mehr so. Trotzdem sage ich: Nach den Gesetzen der Psychologie hört es sich mit dem Verbotsgehorsam bei der Erzie­hung der Kinder spätestens mit dem 7. Lebensjahr auf, danach kann man mit Verboten nicht mehr viel erreichen. Das heißt, man muss vor allem an die Jugend mit Appellen an die Vernunft herangehen. Man muss aus ärztlicher Sicht dafür sorgen, dass man, wenn man schon raucht – und wir brauchen uns nicht der Illusion hinzugeben, dass das Rauchen völlig verschwindet –, möglichst spät damit beginnen soll. Wer möglichst spät beginnt – das ist das Gleiche wie beim Alkohol –, hat es auch leichter, es wieder aufzugeben.

Wir wissen auch – der Herr Abgeordnete hat das sehr anschaulich geschildert –, dass man, wenn man mit dem Rauchen aufhört – im Gegensatz zu anderen Suchtgiften be­ziehungsweise auch legalen Drogen wie Alkohol –, die Möglichkeit hat, die Folge­schä­den aus seinem Körper wieder herauszubringen. Nur sollte das vor dem 35. bezie­hungs­weise 40. Lebensjahr geschehen, und dann dauert es immerhin fünf bis acht Jahre, bis wieder ein Zustand herrscht, der dem eines Nichtrauchers gleichzusetzen ist. Das darf ich als Mediziner dazu beitragen.

Ich darf als letzten Satz hinzufügen: Bezüglich des angedrohten beziehungsweise ein­geleiteten Vertragsverletzungsverfahrens sind Sie durch eine entsprechende Verab­schie­dung dieser Novelle heute in der Lage, zu erreichen, dass das stillgelegt wird. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.12

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 86

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzei­chen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden (41 und 99/NR sowie 6817/BR der Beilagen)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird (104/A und 101/NR sowie 6818/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (105/A und 103/NR sowie 6819/BR der Beilagen)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird (70 und 104/NR sowie 6820/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird (69 und 105/NR sowie 6821/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-tech­ni­schen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003) (72 und 106/NR sowie 6822/BR der Beilagen)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfs­diens­te geändert werden (GuKG-Novelle 2003) (71 und 107/NR sowie 6823/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 16 bis 22 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 87

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Gottfried Kneifel übernom­men. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Gottfried Kneifel: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen die Berichte zu den genannten Tagesord­nungspunkten bringen und beginne mit dem Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden. Die Berichte liegen Ihnen in ausführlicher schriftlicher Form vor. Deshalb darf ich mich auf die Antragstellung beschränken.

Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates stellt nach ausführlicher Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf Ihnen in weiterer Folge den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich Ihnen den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medi­zinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage ebenfalls am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ferner darf ich Ihnen den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psy­chologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Außerdem liegt der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Na­tionalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psycho­therapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird, vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit ebenfalls den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates ebenfalls keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich darf ich Ihnen den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des


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medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­ra­tes keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer das Wort.

 


13.18

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn darf ich namens meiner Fraktion festhalten, dass wir den vorliegenden Gesetzesbeschlüssen mit Ausnahme des Lebensmittelgesetzes unsere Zustimmung erteilen werden.

Mit der Änderung des Lebensmittelgesetzes wird zwar einem dringenden Anpas­sungs­bedarf an das Gemeinschaftsrecht Folge geleistet, doch wurde aus Sicht der SPÖ die Chance vertan, weiter reichende Änderungen vorzunehmen und so den Bedürfnissen und der Gewährleistung des Schutzes der Verbraucher ausreichend gerecht zu wer­den.

Es fehlen im Gesetz entsprechende Kontrollmaßnahmen, welche sicherstellen, dass Menschen, die Nahrungsergänzungsmittel kaufen, auch tatsächlich sicher sein können beziehungsweise wissen, was in dem jeweiligen Produkt enthalten ist.

Es wurde auch verabsäumt, eine ausreichende Regelung im Bereich der gesundheits­bezogenen Werbung zu treffen. Nahrungsergänzungsmittel werden häufig als Medizin­produkte angemeldet. Sie sind frei erhältlich und werden auch über Internet und Post­fachfirmen vertrieben. Die Werbung an und für sich ist darauf ausgerichtet, gewisse Erwartungshaltungen von Menschen anzusprechen. Besonderen Anklang finden dabei Produkte, die Wirkungen suggerieren, ohne dass man sich für deren Erreichung be­sonders anstrengen muss. Konsumenten wissen daher häufig nicht, was in diesen Produkten enthalten ist, und wenn es dann keine entsprechenden Kontrollen gibt, wer­den die Verbraucher auch vergeblich auf eine Antwort warten. Es wird, so wie es das neue Lebensmittelgesetz vorsieht, nur durch die Vorlage der verwendeten Etiketten der Inhalt von Produkten nicht feststellbar sein.

Aus Sicht meiner Fraktion hat daher die Bundesregierung eine große Chance vertan und der österreichischen Bevölkerung ein entsprechendes Maß an Lebensmittel­sicher­heit vorenthalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Debatte steht neben anderen Gesetzen auch jenes über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sa­ni­tätshilfsdienste. Die darin enthaltenen Änderungen finden durchwegs unsere Zustim­mung. Besonders durch die Ausweitung der Berechtigungen zur eigenverantwortlichen Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen darf gerade im ländlichen Raum eine Verbesserung der Notfallmedizin erwartet werden. Die Vorkommnisse der letzten Tage – Kennwort: Afrikadorf – sollten jedoch auch Anlass sein, Überlegungen anzu­stellen, wie nicht nur im Bereich der Ausbildung Verbesserungen erzielt werden kön­nen, sondern sie sollten vor allem auch ein Grund zur Ursachenforschung sein. Ohne irgendwelchen beteiligten Personen Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit vorwerfen zu wollen, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass dort, wo mögliche Misshandlungen oder Übergriffe im Raum stehen, häufig fremdländische Personen betroffen sind.


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Steigende Anforderungen bei gleichzeitigem Personalabbau beziehungsweise Perso­nal­mangel führen in vielen Berufen zu einem Ansteigen physischer wie psychischer Belastungen, erwiesenermaßen gerade in den Pflegeberufen und zunehmend auch im Bereich der Exekutive. Zeitdruck und Arbeitsdruck sind Stressauslöser, führen zu Situ­ationen der Überforderung und auch Hilflosigkeit – alles Faktoren, welche häufig auch Auslöser für Fehlhandlungen sind. Um diese weitgehend zu verhindern, muss daher das System als Ganzes in Betracht gezogen werden. Einsparungen zu Lasten des Per­sonals sind meist auch Einsparungen zu Lasten der Sicherheit. In diesem Sinne ap­pelliere ich auch an die Bundesregierung, bei allen Maßnahmen die Funktionalität nicht außer Acht zu lassen.

Zuletzt noch eine Bemerkung zu Herrn Staatssekretär Waneck. Herr Staatssekretär, Ihrem Wunsch nach einem Beitritt aller Bundesländer zu einer Patientencharta kann ich nur voll zustimmen. Nicht zustimmen kann ich jedoch, wenn sich die Frau Bundes­minister Rauch-Kallat über eine auch im Rahmen der Gesundheitspolitik hervorragen­de Zusammenarbeit zwischen dem Burgenland und den westungarischen Komitaten hinwegsetzt, und zwar konkret dadurch, dass sie zu einem am 18.7.2003, also am vergangenen Wochenende, im ungarischen Szombathely stattgefundenen Treffen der Gesundheitsminister von Ungarn und Österreich, wo es um das Thema „Gemeinsame Entwicklungsmöglichkeiten der Euregio West/Nyugat Pannonia auf den Gebieten Ge­sundheit und Soziales im Spiegel des EU-Beitritts von Ungarn“ weder den burgenländi­schen Landeshauptmann Niessl noch den ressortzuständigen Landesrat Dr. Rezar bei­gezogen hat. Stattdessen hat sie den weder für Fragen der Gesundheit noch des So­zialen zuständigen ÖVP-Landeshauptmannstellvertreter Mag. Steindl eingeladen, und dieser hat dort eine Stellungnahme aus Sicht des Burgenlandes abgegeben.

Da diese Veranstaltung von der österreichischen Botschaft vorbereitet wurde, haftet diesem Treffen ein schaler parteipolitischer Beigeschmack an. So kann eine effiziente Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und den Ländern nicht zustande kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.24

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.25

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich möchte zur Änderung des Apo­theken- und Gehaltskassengesetzes 2002 Folgendes sagen. Hier wird praktisch eine Vereinbarung der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit der Schweiz nun in Österreich gesetzlich geregelt. Das heißt, es können Staatsbürger der Schweiz als selbstständig oder unselbstständig Erwerbstätige in Österreich Apotheken führen oder in Apotheken arbeiten; natürlich zu den gleichen Bedingungen und unter den gleichen Voraus­set­zungen wie EU-Bürger. Ebenso wird die gegenseitige Anerkennung der beruflichen Be­fähigungsnachweise mit diesem Gesetz geschaffen. Auch gelten nun für die Schweizer Bürger die gleichen Regelungen bezüglich der Entlohnung und der Vor­dienst­zeiten­anrechnung. Ähnliches gilt beim EWR-Psychologengesetz sowie beim EWR-Psycho­therapiegesetz.

Es ist einerseits schon richtig, dass die EU mit der Schweiz bilaterale Verträge ab­schließt, allerdings möchte ich kritisch erwähnen, dass ich andererseits das Gefühl ha­be, dass die Schweiz dabei sehr gut ausgestiegen ist, was mir auch Fachleute bestäti­gen. Ich meine damit die gesamten bilateralen Verträge. Was mich auch interessieren würde – ich konnte es bisher leider nicht in Erfahrung bringen –, ist, ob die Schweiz dieses Gesetz auch schon umgesetzt hat oder ob das noch offen ist.


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Neu in diesem Gesetz ist auch, dass die Erteilung der Konzession zum Betrieb einer bestehenden öffentlichen Apotheke nun die Österreichische Apothekenkammer vor­nimmt. Über die Erteilung der Konzession einer neuen Apotheke entscheidet die Be­zirksverwaltungsbehörde. Die Erteilung der Konzession zur Führung einer Apotheke ist sehr kompliziert und dauert Jahre. Dadurch wird es für Apotheker und Apo­theke­rinnen, die eine neue Apotheke führen möchten, in der Praxis fast unmöglich gemacht. Ich weiß das aus eigener leidvoller Erfahrung in meiner Heimatgemeinde Koblach.

Abschließend möchte ich allerdings lobend erwähnen, dass schon seit August 2002 aus Anlass des Verwaltungsreformgesetzes 2001 die Bewilligung zur Führung einer neuen Apotheke die Bezirksverwaltungsbehörde erteilt und in zweiter Instanz der UVS zuständig ist. Vor Ort ist es sicher einfacher zu entscheiden, weil die Behörden im Bezirk die Situation in der Regel besser kennen. Ich erwarte mir daher für die Zukunft in der Praxis auch schnellere Entscheidungen zur Führung einer Apotheke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.28

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ulrike Haun­schmid. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.28

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Reihe von Gesetzen hat uns heute Klarstellung über viele Dinge gegeben. Für mich war und ist ganz wichtig – das ist, glaube ich, eine der wichtigsten Aufgaben – der Schutz unserer Lebensmittel, der Schutz unseres „Feinkostladens Österreich“, dieses „Feinkostladens“, der auch für die Wirtschaft unseres Landes so wichtig ist, der für den Schutz der Menschen dieses Landes und für den Schutz jener Menschen, die dieses Land besuchen, so wichtig ist. Daher war dieser Initiativantrag der Koalitionspartner, einmal mehr den Begriff „Le­bensmittel“ klarzustellen, ganz wichtig.

Es ist wichtig, dass mit diesem Gesetz auch einer teilweise schon außer Kontrolle ge­ratenen Scharlatanerie Einhalt geboten wird, die mit so genannten Heilmitteln oder Wun­derwuzzis oftmals in wirklich kranken Menschen falsche Hoffnungen weckt. Hei­lungsangaben sollen den medizinischen Fachleuten vorbehalten bleiben.

Aber ganz wichtig, meine Damen und Herren, erscheint mir gerade in einer Zeit, in der der Wellness-Boom die ganze Welt erfasst hat, dass – ich denke an die Sitzung einer Tourismuskonferenz am Obertauern, wo die ersten Schritte dafür gemacht worden sind – der Herr Staatssekretär etwas wirklich in Angriff genommen hat, nämlich die Trennung normaler Masseur und Heilmasseur für den normalen Wellness-Bereich und den Gesundheitsbereich.

Es ist auch wichtig, dass mit diesem heute zu beschließenden Gesetz das Über­gangs­recht des Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetzes erweitert werden soll. Seit Jahren arbeitet nämlich der gewerbliche Masseur in den Grauzonen zwischen Heil­massagen und Wellness-Massagen. Gleiche Massagetechniken werden einmal an Kranken und einmal an Gesunden, einmal zur Heilung und einmal zur Vorsorge ange­wendet. Die Grenzen sind fließend und waren nie abzustecken. Daher setzt gerade der gewerbliche Masseur, der eine bis zu 7 000 Stunden dauernde Ausbildung zum Heil­masseur, eine Lehrzeit und viele Jahre Praxis durchmacht, große Hoffnung auf das neue Heilmasseurgesetz, um aus einer gewissen Illegalität herauszukommen.

Wie bei allen guten Gesetzen bedarf es aber wahrscheinlich auch hier noch einiger Klarstellungen. Mit diesem Gesetz wird die Bewilligung den örtlichen Behörden über­tragen, und es wird da wirklich noch einiger Klarstellungen bedürfen, denn ich glaube,


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nicht umsonst ist die Forderung unseres Vizekanzlers Haupt, der einmal gesagt hat, ein Gesetz muss immer so abgefasst sein, dass die alten Betriebe nicht geschädigt werden, von ganz besonderer Wichtigkeit. Und das liegt mir als Vorsitzender des Wirt­schaftsausschusses dieser Länderkammer besonders am Herzen. Die nächsten Mona­te werden zeigen, wie sich das Gesetz in der Praxis umsetzen lässt. Es wird wahr­scheinlich noch einiger Klarstellungen, einiger Erleichterungen bedürfen, aber ich bin mir sicher, dass es ein guter und ein ganz, ganz wichtiger Weg ist. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.32

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. (Bundesrätin Kerschbaum: Ich bin zu Wort gemeldet!) Entschuldigung! – Bitte, Frau Kollegin Kerschbaum.

 


13.32

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine weitere „Marathonrede“ von mir.

Frau Kollegin Schlaffer hat mir wieder einiges vorweggenommen. Es geht auch uns um den 17. Tagesordnungspunkt, das Lebensmittelgesetz. Es ist, wie gesagt wurde, eine Anpassung an EU-Recht, aber weitere eigene Qualitätsverbesserungen fehlen uns leider. Deshalb müssen wir es ablehnen.

Diese weiteren Qualitätsverbesserungen, die fehlen, sind zum Beispiel:

Es gibt weiterhin zu niedrige Strafen bei wiederholten Verstößen gegen das Lebens­mittelgesetz und auch bei Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht im Gentechnik­bereich. Es gibt weiterhin zu wenig Information für die Menschen über Pestizidbelas­tungen im Gemüse und im Obst. Wir haben vorhin vom „Feinkostladen“ gehört. Soviel ich weiß, sind ungefähr 50 Prozent unseres Gemüses und unseres Obstes mit Pesti­zidrückständen belastet. Und wenn solche Informationen kommen, dann kommen sie nicht vom Bund, sondern sie kommen von irgendwelchen NGOs oder von der Arbe­iterkammer, was den Bund natürlich billiger kommt. Außerdem werden Nahrungsmittel­ergänzungen weiterhin nicht unabhängig auf ihre Wirksamkeit überprüft.

Zu einer gesunden Ernährung gehört mehr als eine dicke Brieftasche, man sollte auch wissen, was man damit kaufen kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.34

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist jetzt wirklich nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Ich gebe zwischendurch bekannt, dass sich auf Grund der freiwilligen Redezeitbe­grenzung der Fraktionen für den Rest der Debatte bis 15 Uhr folgende Zwischenstände ergeben. – Jetzt ist es vom Computer verschwunden. Wir fahren inzwischen fort und tragen das später nach.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 92

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zei­chen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmas­seur­gesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Re­gelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz, BGBl. Nr. 145/1988, geändert wird (148/A und 190/NR sowie 6824/BR der Beilagen)

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (159/A und 191/NR sowie 6825/BR der Beilagen)

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 93

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 23 und 24 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über beide Punkte hat Frau Bundesrätin Herta Wimmler über­nommen. Ich bitte sie darum.

 


Berichterstatterin Herta Wimmler: Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz, BGBl. 145/1988, geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag des zuständigen Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich Ihnen den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, bringen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt daher nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Josef Saller das Wort.

 


13.39

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf kurz zur Änderung des Schulun­terrichtsgesetzes Stellung beziehen. Wir leben ja derzeit zunehmend in einer Zeit der Qualifikationen mit abgeschlossenen Bildungswegen. Wir wissen, das Nationale Aktionsprogramm für Beschäftigung ist im August 2002 ausgelaufen, und daher ist es besonders zu begrüßen, dass wieder die Möglichkeit geschaffen worden ist, in einem zusätzlichen Jahr fehlende Schulabschlüsse nachzuholen.

Neben Lernunwilligkeit, die es natürlich auch gibt, gibt es viele Gründe für einen feh­lenden Schulabschluss – ich darf einige aufzählen –: Es gibt sprachliche Barrieren, es gibt soziale Probleme, viele Kinder verlieren nach einer Scheidung die Orientierung, sind hin- und hergerissen, es fehlt die Motivation in der Schule, die Motivation zur Bildung. Es gibt lernpsychologische Gründe, die auch dazu führen können, dass der Abschluss im Pflichtschulbereich nicht erreicht wird. (Präsident Ager übernimmt den Vorsitz.)

Das vorliegende Gesetz bietet viele Möglichkeiten, die Chancen zu verbessern, Barrie­ren abzubauen. Wichtig ist – wenn es auch natürlich nur einen kleinen Teil Betroffene gibt –, dass dieser kleine Teil von Jugendlichen, die den Abschluss in der normalen Schulpflichtzeit einfach nicht schaffen, diesen auch später nachholen kann.

Ich denke, dass das vorliegende Gesetz eine gute Sache ist, und es ist daher sehr zu begrüßen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.41

 


Präsident Hans Ager: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Johanna Auer.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 94

13.41

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Novellen, die uns heute zur Beratung vorliegen, sind an und für sich ausreichend diskutiert worden und beinhalten im Wesentlichen Zitierungsanpassungen beziehungsweise Änderungen bei der Ab­solvierung des Unterrichtspraktikums.

Besonders erfreulich ist es, dass die dort gesetzten Maßnahmen eine Erleichterung für jene bringen, die ein Praktikum im Ausland oder anderswo gemacht haben. Jetzt ist dafür vermehrt die Anrechnung von bereits geleisteter Unterrichtsarbeit vorgesehen, und das ohne bürokratische Hürden. Das heißt: Entfall des Unterrichtspraktikums für Lehrerinnen und Lehrer, die bereits im Ausland tätig waren.

Pflichtschullehrer, die bereits als Lehrer gearbeitet haben, können nach Abschluss ihres Lehramtsstudiums an höheren Schulen unterrichten, ohne dass sie das Unter­richtspraktikum für Junglehrer absolviert haben.

Auch die Änderungen im Schulunterrichtsgesetz betreffend den freiwilligen Besuch eines 10. beziehungsweise eines 11. Schuljahres, ein freiwilliges unentgeltliches Nach­holen des Hauptschulabschlusses oder des Abschlusses der Polytechnischen Schule bis zum 18. Lebensjahr werden im positiven Sinn beurteilt, öffnet doch ein nachge­wie­sener Pflichtschulabschluss so manchen Weg zur Gestaltung einer gesicherten und geregelten Zukunft und ist – mitunter nicht immer, aber doch in den meisten Fällen – ein Garant für die Erhaltung eines Arbeitsplatzes und die Ausübung eines Berufes.

Wir von der SPÖ geben deshalb auch in diesem Plenum beiden Gesetzen unsere Zu­stimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.43

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann. – Ich erteile es ihr.

 


13.43

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich im Wesentlichen den Ausführungen meiner Vorredner anschließen. Es geht – wie bereits ausgeführt – um zwei Gesetzesmaterien, und zwar zum einen um die Änderung des Unterrichtspraktikumsgesetzes. Es soll nun auch den Pflicht­schul­lehrern die Möglichkeit geboten werden, dann, wenn sie einen weiteren Lehrabschluss nachholen, ein Lehramtsstudium absolviert haben, ohne zusätzliche Praxis sofort an einer AHS oder einer BHS zu unterrichten.

Insbesondere geht es auch darum, dass jene Lehrer, die im Ausland ihre Praxis ma­chen oder mindestens ein Jahr im Ausland unterrichten, und zwar an einer Schule, die mit jenen in Österreich vergleichbar ist, diese Auslandspraxis angerechnet bekommen.

Ich halte diesen Punkt für einen besonders wichtigen, denn ich meine, dass wir nicht nur von unseren Schülerinnen und Schülern Flexibilität und Mobilität einfordern kön­nen, sondern dass wir das selbstverständlich auch vorleben sollen. Ich meine, dass es ganz richtig ist, dass die Lehrer, die Kreativität und Mobilität an den Tag legen, dafür auch belohnt und nicht noch dazu bestraft werden, wie das vielleicht in den voran­gegangenen Jahren gewesen sein dürfte, obwohl das sicherlich nicht beabsichtigt gewesen ist.

Der zweite jetzt zur Verhandlung stehende Punkt betrifft die Änderung des Schul­unter­richtsgesetzes. Ich bin der Ansicht, dass es sehr wichtig ist, die Regelung betreffend die Schulpflicht in einer sogar verbesserten Form fortzuführen. Schulabgänger, die aus unterschiedlichen, oft sozialen Gründen den Schulabschluss nicht erreicht haben,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 95

sollen nun die Möglichkeit bekommen, in einem 10. oder 11. freiwilligen Unterrichtsjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr den Abschluss nachzuholen.

Ich meine, dass es sehr wichtig ist, im Bereich der Bildung Chancengleichheit und Wett­bewerbsfähigkeit zu ermöglichen, denn die Wettbewerbsfähigkeit wird auch im internationalen Konnex immer wichtiger. Damit muss natürlich bei den Schwächsten begonnen werden, und ich meine, gerade Schülerinnen und Schüler, die in sozial schwächeren Familien aufwachsen, sind Betroffene. Daher hat diese Einräumung eines 10. beziehungsweise 11. Unterrichtsjahres auch einen großen und hohen so­zialen Aspekt. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und der SPÖ.)

13.46

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Andreas Schnider. – Ich erteile es.

 


13.46

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Das Wichtigste wurde schon gesagt, einen Punkt möchte ich hinzufügen, nämlich: Wir honorieren mit diesem Gesetz das Lernen am und im Ernstfall – das ist ganz wichtig – und verlassen damit bestimmte Ebenen, wo es nur um formal-juridische Anforderungen geht.

Ich möchte diesen Punkt auch ein Stück vertiefen. Wenn wir jetzt sagen, dieses For­mal-Juridische ist nicht alles und nicht das Wichtigste, dann bitte ich, dass wir bei der Bildungsreform und bei all den Diskussionen gerade im Rahmen der Zukunfts­kommission, die eingerichtet worden ist und die ich für sehr, sehr wichtig halte, auch zu neuen Gedanken kommen.

Ein Beispiel möchte ich anführen: Wir müssen damit aufhören, nur über Zeiten zu reden, über Ferienzeiten, über Stundenzeiten, über Anzahl und was weiß ich noch alles. Ich denke, wir sollten ganz offen an das Thema herangehen und uns fragen, ob wir nicht auch in diesem Bereich Neues denken sollten, nämlich: Ist es wirklich so, dass die Schule in Zukunft auch nur die Summe von Lerneinheiten à 50 Minuten ist, oder ist nicht die Schule der Gegenwart bereits ein Lebens- und Erlebnisraum? Ich den­ke, wir sollten diese formal-juridischen Anforderungen ein bisschen hintanstellen und uns ein bisschen darauf konzentrieren, Neues, nämlich das, was uns die Praxis zeigt und sagt, aufzutun zu versuchen.

Deshalb meine Bitte, dass man im Rahmen dieser Zukunftskommission, die wirklich ganz wichtig ist und für deren Einsetzung ich herzlich danken will, alle Per­sonen­gruppen, die mit der Praxis zu tun haben, mit einbindet – und das sind natürlich auch die Universitätsprofessoren, aber das sind vor allem die vielen Tausenden Lehrerinnen und Lehrer, das sind unsere Arbeitsgemeinschaftsleiterinnen und -leiter, das sind un­sere Eltern, und das sind die jungen Leute.

In diesem Sinne bitte ich, vielleicht auch etwas Mut zu zeigen und zu sagen: Binden wir die Betroffenen von vornherein mit ein, und machen wir aus ihnen Beteiligte! – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und der SPÖ.)

13.49

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 96

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz, BGBI. Nr. 145/1988, geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (119 und 179/NR sowie 6799 und 6826/BR der Beilagen)

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundes­republik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (12 und 180/NR sowie 6827/BR der Beilagen)

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 97

Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tages­ord­nung, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 25 und 26 hat Frau Bundesrätin Herta Wimmler übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

 


Berichterstatterin Herta Wimmler: Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissen­schaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundes­republik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer. Ich erteile ihr dieses.

 


13.53

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Das vorliegende Studienförderungsgesetz wird von un­se­rer Fraktion nicht mitgetragen und somit auch abgelehnt.

Frau Minister! Wir haben diese Novelle abgelehnt, weil Verbesserungen, die Sie immer versprochen haben, nicht vorhanden sind. Jene Verbesserungen, die Sie versprochen und in diese Novelle eingepflanzt haben, bestehen lediglich aus dem Einbau von mas­siven Barrieren beim Leistungsnachweis. Die Mehrheit der Studentinnen und Studen­ten kann bei einer derartigen Verschärfung nicht mehr weiterstudieren.

So kommt zu den Studiengebühren, deren Abschaffung von uns oft genug gefordert wurde und auch weiter gefordert wird, noch hinzu, dass der Anpassung der Studien­beihilfen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde und es offenbar dafür kein Verständnis gibt, ob jemand, der sich in einer finanziell nicht gesicherten Position befindet, es sich leisten kann, ein Studium zu beginnen und sogar ohne Hindernisse zu beenden.

Frau Minister! Die Forderungen seitens unserer Fraktion sind Ihnen bekannt, weshalb ich mir eine neuerliche Aufzählung erspare. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!)

Ich möchte aber zu den Fachhochschulen noch einige Worte sagen. Hören Sie bitte genau zu, denn das betrifft auch andere Bundesländer als nur das Burgenland! Ohne Konsultation der Länder hat die Frau Bildungsministerin eine 20-prozentige Kürzung der Bundesbeiträge für die Fachhochschulen ab dem Herbstsemester angekündigt. Die SPÖ-Burgenland kritisiert dieses überfallsartige Vorhaben heftig und spricht von einem unfairen Schlag gegen das Fachhochschulwesen, der speziell das Burgenland – es wird aber auch die anderen Länder treffen – hart treffen würde. Wenn diese Ankün­digung umgesetzt wird, würde das für die burgenländischen Fachhochschulen eine Bud­getkürzung um 1 Million € pro Jahr bedeuten. Bis zum Jahr 2005 würden sie 2,3 Millionen € verlieren. Das kann und wird das Burgenland nicht widerstandslos hinnehmen.

Der Aufbau der Fachhochschulen in Eisenstadt und Pinkafeld ist eine Erfolgs­ge­schich­te der burgenländischen Bildungspolitik. Eine zukunftsorientierte Weiterent­wick­lung ist durch die rücksichtslose Sparpolitik dieser Bundesregierung gefährdet. Wir haben im Bur­genland sechs Fachhochschul-Studiengänge, in denen derzeit 980 Stu­die­rende eine hochwertige Ausbildung absolvieren. Das ist enorm wichtig für den Wirt­schaftsstandort Burgenland und für die persönlichen Zukunftschancen junger Men­schen.

Wenn der Bund jetzt einseitig an der Sparschraube dreht, sind die vorhandenen Struk­turen und unsere Ausbaupläne massiv in Gefahr. Die Bundesregierung mag sich offenbar einseitig von einem vertraglich vereinbarten Finanzierungsmodell verabschie­den, bei dem Bund, Länder und die Standortgemeinden Beiträge leisten. Das Burgen­land wird mit Nachdruck dagegen auftreten und den Schulterschluss mit anderen Bundesländern suchen.

Noch eine kurze Bemerkung zum Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Gleich-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 98

wertigkeiten im Hochschulbereich. Diesem Gesetz, welches die Anerkennung von akademischen Graden verankert, stimmen wir zu. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


13.57

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, dass doch einige Klarstellungen notwendig sind.

Stichwort Studienförderungsgesetz. – Wir haben Verbesserungen eingebaut, gerade für jene, die es besonders brauchen: für behinderte Studierende, für Studierende mit Kindern, für die berufstätigen Studierenden. Das ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, dass wir jenen, die das brauchen, die notwendige Unterstützung geben, und jene, die es sich leisten können, können ihre Studienbeiträge und ihren Unterhalt selbst berappen. In diesem Zusammenhang müssen wir schon sagen: Wirkliche Gerechtig­keit kann nur dann hergestellt werden, wenn wir jenen, die das brauchen, Unterstüt­zung geben.

Sie sehen die Entwicklung. Wir haben 34 000 junge Menschen, denen wir mit großen Förderungen unter die Arme greifen. Wir haben 145 Millionen € mehr an Förderungs­geldern, die wir an die jungen Menschen ausschütten. Ziehen wir den Vergleich zu Deutschland, so ist zu sagen, bei uns erhalten 20 Prozent der Studierenden eine Stu­dienförderung und damit die Rückvergütung der Studienbeiträge, was tatsächlich auch eine sehr große Unterstützung ist. Nach dem deutschen System, BAföG genannt, erhalten 15 Prozent aller Studierenden eine Förderung.

Wir stellen den jungen Menschen in den Mittelpunkt, diejenigen, die sich schwerer tun. Für diejenigen, die berufstätig sind, haben wir auch noch die Möglichkeit geschaffen, ihre Studienbeiträge von der Steuer abzusetzen. Wer in Österreich studieren will, wer dazu befähigt ist, der kann studieren – und das ist Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen.

Zu dieser massiven Barriere im Leistungsnachweis, die Sie erwähnt haben, Frau Kollegin Auer, muss ich Ihnen sagen, beim Leistungsnachweis ist alles so geblieben, wie es vorher war. Das ist ein Gesetz, das aus Zeiten übernommen worden ist, in de­nen noch SPÖ-Minister für die Studienförderung verantwortlich waren. Was den Zu­gang zum Stipendium betrifft, ist alles so geblieben, wie es war.

Die zweite Frage, die Frage der Fachhochschule: Die Fachhochschule ist eine Erfolgs­geschichte der Bundesregierung, der Bildungspolitik der Bundesregierung – auch der vorhergehenden Bundesregierungen –, denn 90 Prozent der Betriebskosten der Fach­hochschulen werden aus dem Bundesbudget berappt. Wir haben den Fachhochschu­lentwicklungsplan II bereits voll erfüllt, wir haben im Herbst 2003 22 100 Studienplätze und 7 400 Anfängerstudienplätze. Wir sind mit dem Fachhochschulentwicklungsplan II bereits ein Jahr früher ans Ziel gelangt.

Die Frage der Finanzierung der Fachhochschulen muss für den Fachhochschul­ent­wicklungsplan III neu überprüft werden. Es ist ursprünglich festgestellt worden, dass 90 Prozent der Betriebskosten aus Bundesmitteln gefördert werden sollen. Wir stellen fest, dass das für manche Fachhochschul-Studiengänge zu viel ist und für manche an­dere zu wenig. Wir stellen fest, dass es Fachhochschulerhalter gibt, die aus diesen Betriebskosten, die wir fördern, auch die Infrastruktur mit abdecken. So war es nie gedacht! Die Infrastruktur – Haus, Einrichtung et cetera – ist einzig und allein von den Fachhochschulträgern zu investieren, während der Bund einen 90-prozentigen Zu­schuss zu den Betriebskosten gibt.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 99

Ich glaube, dass es an der Zeit ist, diese Kostenstrukturen zu überprüfen, und genau das machen wir. Es ist kein Schreiben von mir hinausgegangen, dass es eine 20-prozentige Kürzung gibt. Es gibt vielmehr den Auftrag an meinen zuständigen Mit­arbeiter, dass er mit den einzelnen Fachhochschulträgern die Kostenstruktur überprüft, dass wir feststellen: Welche Synergieeffekte ergeben sich, wenn es nicht nur einen Studiengang gibt, also den ersten Jahrgang, sondern wenn die Fachhochschule im Vollausbau ist, mit vier Jahrgängen? – Da ergeben sich in der Verwaltung Synergie­effekte!

Ich glaube, es muss unser aller Anliegen sein, mit den Steuergeldern der Österreicher und Österreicherinnen sparsam, aber effizient umzugehen und die gesamte Förderung immer wieder auf ihre Effizienz hin zu überprüfen. Genau das machen wir, und ich bitte alle Träger der Fachhochschul-Studiengänge, uns dabei behilflich zu sein, damit wir auch weiterhin zu der Förderung, zu der wir stehen, kommen, damit wir auch weiterhin in einer guten Partnerschaft die Fachhochschulen als Erfolgsgeschichte der Bildungs­politik unseren jungen Menschen anbieten können! (Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desräten der Freiheitlichen.)

14.02

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bader. Ich erteile es ihm.

 


14.02

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kol­legen! Bei der Debatte über das Studienförderungsgesetz zeigt sich wieder einmal, wie fundamental die Oppositionsparteien teilweise agieren. (Bundesrat Manfred Gruber: Machen Sie sich nicht lächerlich!)

Es geht Ihnen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, an­scheinend nicht um eine Verbesserung für die Studierenden in diesem Land, sondern offensichtlich nur ums Dagegensein. Sie räumen zwar für gewisse Gruppen Verbes­serungen ein, halten aber an der Uralt-Forderung der Abschaffung der Studien­gebüh­ren weiterhin fest. (Bundesrat Gasteiger: So alt ist die Forderung aber auch nicht! Ihr habt sie eingeführt! – Ruf bei der SPÖ – in Richtung des Redners –: Herr Oberlehrer! Herr Dorfschullehrer!)

Die Bundesregierung dagegen hat wieder einmal, wie schon in vielen anderen Fragen, Verantwortung für die Menschen in diesem Land übernommen, und in diesem Fall vor allem für die Studierenden. Die Untersuchung der sozialen Lage der Studierenden durch das Institut für Höhere Studien hat ergeben, dass für bestimmte Zielgruppen ein­fach Änderungen notwendig sind, und diese Verantwortung wird mit dieser Novelle wahr­genommen.

Als ich zur vorliegenden Gesetzesnovelle Überlegungen angestellt habe und mich da­mit auseinander gesetzt habe, dachte ich eigentlich, dass die Änderung der Hinzu­rechnungsbeträge, die Möglichkeit der Studienbeihilfenbehörde, automationsunter­stützt Daten abzufragen und eine automatische Neuberechnung der Studienbeihilfe ohne neuerlichen Antrag durchzuführen, die Erleichterung des Zuganges zum Bezug der Studienbeihilfe für berufstätige und behinderte Studierende sowie für Studierende mit Kindern und die unbefristete Beibehaltung der Studienabschlussstipendien insge­samt über Parteigrenzen hinweg außer Streit stehen beziehungsweise außer Streit ste­hen müssten.

Aber leider: Weit gefehlt! Da frage ich mich schon: Dagegen wollen Sie wirklich sein? Sie sprechen sich gegen Verbesserungen für Studierende aus?! – Ich verstehe das,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 100

offen gesagt, nicht ganz. (Zwischenruf bei der SPÖ. – Bundesrat Manfred Gruber: Das verstehen wir auch nicht! – Bundesrätin Schlaffer: Das ist eine Unterstellung, Herr Kollege!)

Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, hängen sich in der Öffentlichkeit immer wieder das „Sozial“-Mascherl um und werfen der Regierung so­ziale Kälte vor. (Bundesrat Gasteiger: Naja, was denn sonst? Was denn sonst?) Damit erweisen Sie sich gerade in diesem Fall, angesichts der Verbesserungen, die in die­sem Gesetz enthalten sind, als unglaubwürdig. Die Regierung nimmt auch in diesem Fall ihre soziale Verantwortung auf jeden Fall wahr! (Bundesrat Konecny: Oh! – Bun­desrätin Schicker: Das merkt man eh! Das merkt man eh! Ihre Partei überhaupt!)

Der Bericht des Instituts für Höhere Studien bestätigt auch ganz eindeutig die Erwar­tungen der Bundesregierung, die mit der Einführung der Studiengebühren verknüpft wa­ren. 56 Prozent der Studierenden geben darin an, dass sie jetzt ihr Studium be­schleunigen wollen. Der Anteil der Studierenden, die in einem Studienjahr keine ein­zige Prüfung ablegen, ist zurückgegangen, und zwar von 39 auf 23 Prozent. Ich finde das sehr positiv. (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Kollege! Darum haben Sie einen solchen „Zuspruch“ gehabt bei den ÖH-Wahlen! Ihr „Erfolg“ bei den ÖH-Wahlen sagt alles!) Im Studienjahr 2001/2002 haben um 8,6 Prozent mehr Studenten ihr Studium abgeschlossen als zwei Jahre vorher. Der Zugang zu den Studien wurde auch im Hinblick auf die soziale Herkunft in keinem Fall schlechter. (Bundesrat Manfred Gru­ber: Schauen Sie sich das Ergebnis der ÖH-Wahlen an! Schauen Sie sich das Ergebnis der ÖH-Wahlen an, dann wissen Sie, was Sie für eine Politik für die Stu­dierenden machen!) Der Ausbau der Studienförderung stellt auch sicher, dass jeder und jede, der oder die dazu befähigt ist und studieren möchte, auch studieren kann! (Beifall bei der ÖVP.)

Zwei Drittel, rund 66 Prozent der Studierenden geben auch an, dass sie während des Semesters erwerbstätig sind – auch ein Ergebnis dieser Studie. Das entspricht zum einen einem internationalen Trend und liegt begründet in der Tatsache, dass die jun­gen Menschen – und das geben zwei Drittel von ihnen an – mehr eigenes Geld haben wollen und eigenständiger sein wollen. Andererseits wollen sie aber auch schon wäh­rend des Studiums einen Bezug zur Praxis und zum Beruf aufbauen. Das kann ich, gerade als Vater zweier Studenten, auch bestätigen.

Speziell für die Gruppe der Studierenden, die berufstätig sind, wird in diesem Gesetz auch die Möglichkeit geschaffen, die Studiengebühren von der Steuer abzuschreiben.

Insgesamt erfolgen mit dem vorliegenden Gesetz also eine Reihe von Verbesserun­gen, und es ist für die Studenten in unserem Land wirklich ein erfolgreicher Schritt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.07

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Ka­novsky-Wintermann.

 


14.07

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss an die Worte meines Vorredners anschließen und meiner Verwunderung Ausdruck verleihen, dass es nicht gelungen ist, bei diesem Gesetz einen gemeinsamen Gesetzesbeschluss zu erwirken, da ich doch immer der Ansicht war und nach wie vor bin, dass es gerade im Sozialbereich immer wieder Übereinstimmungen mit der Sozialdemokratischen Par­tei gibt.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 101

Ich wundere mich wirklich, dass man hier Besserstellungen, die getroffen wurden, nicht die Zustimmung gibt. Ich darf sie im Folgenden noch einmal kurz wiederholen, um sie Ihnen in Erinnerung zu bringen, denn vielleicht ändern Sie Ihre Meinung noch und stimmen zu! Auch das wäre ja möglich, und das wäre nicht das Schlechteste, was Sie tun könnten.

Es geht hier um eine Neudefinition des Einkommensbegriffes für Studierende. Es geht um eine automatische Neuberechnung des Antrages auf Studienbeihilfe, das heißt, um eine Vereinfachung, um eine Entbürokratisierung, welche den Studierenden zugute kommen wird. Es geht – und das ist mir ein ganz wichtiger Punkt – um eine Ver­besserung für behinderte Studierende, und es geht um eine Verbesserung für Eltern, die studieren, also für Studierende, die Kinder haben, die Sorgepflichten haben; diesen wird ein erleichterter Zugang zur Studienbeihilfe geboten. Das halte ich für einen großen sozialen Fortschritt in der Studienpolitik.

Ich meine daher, dass Sie – gerade auch auf Grund des letzten von mir erwähnten Punktes – wirklich aufgefordert wären, hier zuzustimmen.

Letztlich geht es um die Studienabschlussstipendien, die weiter verlängert werden sol­len, und nicht nur das: Sie sollen auch ausgeweitet werden. Das heißt, dass auch Ab­solventen von Lehrgängen oder von Fachhochschulen die Möglichkeit haben, in den Genuss eines solchen Abschlussstipendiums zu kommen.

Die soziale Lage der Studierenden wurde bereits erwähnt, und ich möchte in diesem Zusammenhang einige signifikante Punkte auf Grund ihrer Wichtigkeit nochmals hervorheben: Es ist schon seltsam und macht nachdenklich, wenn man weiß oder in diesem Bericht liest, dass es zunächst 38,8 Prozent der Studierenden waren, die in einem Jahr keine einzige Prüfung abgelegt haben, und dass sich diese doch sehr bemerkenswerte Zahl nunmehr auf 22 Prozent reduziert hat. Es ist sicher auch im Sinne einer ökonomischen Bildungspolitik, hier entsprechende Regulative für die Zu­kunft einzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen jetzt einmal etwas: Studien­gebühren – ich rede jetzt nicht von Studiengebühren in angloamerikanischen Ländern, denn dort sind die Studiengebühren in ganz anderen Höhen, aber Studiengebühren in einer Höhe, wie sie jetzt bei uns in Österreich eingeführt wurden, verdeutlichen jedem Studierenden, wie kostbar Bildung ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Und, meine Damen und Herren, sozial vertretbar sind sie auch noch dazu, wenn sie mit Stipendien Hand in Hand gehen – und das ist ebenfalls der Fall.

Ich darf daher sagen: Letztendlich wird durch dieses Gesetz ein sozialer Fortschritt er­zielt und es werden Regulative eingeführt, die für die gesamte österreichische Bil­dungspolitik positiv sind und Österreich auch im internationalen Wettbewerb stärken werden.

Die Regierung handelt mit diesem Gesetz also sozial, zielgerichtet und verantwor­tungsvoll. Daher wird unsere Fraktion dieser Novelle zum Studienförderungsgesetz die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.11

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schni­der.

 


14.11

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrätin Schicker – auf Staatsse-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 102

kretärin Haubner, die links vom Redner auf der Regierungsbank Platz genommen hat, weisend –: „Frau Staatssekretärin!“) Liebe Staatssekretärin! – Entschuldigung! (Bun­desrat Konecny: Wir helfen gerne aus!) Das finde ich wirklich sehr gut, und deshalb erlaube ... (Bundesrätin Schicker: Man sollte manchmal auch nach links schauen, Herr Kollege, nicht immer nur nach rechts!) Vielen Dank, Frau Kollegin! – Sie geben mir eigentlich das Stichwort: ein bisschen aushelfen.

Ich bin schon etwas verwundert darüber, dass man gerade das, was in der Amtszeit von Frau Ministerin Gehrer im Zusammenhang mit den Studiengebühren gemacht wor­den ist, immer nur komplett negativ sieht. (Bundesrat Konecny: Geh!) Warum kann man nicht auch einmal ein Stück in die Richtung denken, dass man sagt: Hier will man, ganz beabsichtigt, nicht das alte Gießkannenprinzip forcieren, sondern hier möchte man diejenigen unterstützen, die es wirklich brauchen!? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade das Gesetz, das heute hier vorliegt, unterstützt Zielgruppen, die es wirklich brauchen!

Ich bin noch einmal verwundert über die ablehnende Haltung der Opposition, wenn ich eine Zielgruppe herausnehme – sie wurde gerade auch von meiner Vorrednerin er­wähnt – und feststellen kann: Mit den Studienabschlussstipendien haben Menschen, die auch eine große Lebenserfahrung, eine Praxiserfahrung mitbringen – wir haben auch beim vorigen Tagesordnungspunkt gerade davon gesprochen –, die Chance, ein Studium abzuschließen, aber gleichzeitig den anderen Studierenden auch etwas von ihrer Lebens- und Praxiserfahrung weiterzugeben. Das halte ich für ein wirkliches Lernen, auch für ein soziales Lernen an der Universität!

Letztlich möchte ich als ein selbst an der Universität Lehrender sagen, dass sich das, was man mit den Studiengebühren vorhatte, sehr wohl bestätigt hat, nämlich dass sie im Grunde ein Leitsystem sind: Es ist eine Tatsache, dass junge Leute jetzt rascher mit ihrem Studium fertig werden. Es ist eine Tatsache, dass die Leute, die nicht mehr studieren wollen, nicht einfach in der Kartei bleiben, sondern dass diese sich abmelden und nicht mehr dabei sind.

Ich sage ganz ehrlich: Wir zeigen gerade durch diese Bildungsreformen der letzten Jahre – es sind Fachhochschulen und viele andere Möglichkeiten angesprochen – auf, wie modular das Bildungssystem hier in Österreich ist und noch mehr wird! Es ist ja nicht so, dass einer, der nicht an der Uni studiert, keine Bildung hat – um Gottes willen! –, sondern der wählt eben einen ganz anderen Weg. Und ich glaube, wir müs­sen die entsprechenden Möglichkeiten bieten, damit junge und ältere Leute den rich­tigen Weg für ihre Bildung finden.

In diesem Zusammenhang, wenn ich mich recht entsinne, Frau Ministerin, wurden ja gerade die Stipendien erhöht! (Bundesrat Konecny: Nein! Das sagen Sie nur!) Das muss man an dieser Stelle auch einmal deutlich sagen.

Ein Letztes – zu dem hat hier an dieser Stelle noch gar niemand etwas gesagt –, nämlich die gegenseitige Anrechnung zwischen den Ländern: Diese ist, bitte, ganz, ganz wichtig! Wenn wir auf europäischer Ebene auch bildungspolitisch zusammen­rücken wollen und wenn wir jungen Leuten die Möglichkeit geben wollen, dass sie im Ausland studieren und dass ihnen diese Studien gegenseitig angerechnet werden, und wir nicht Hürdenläufe erzeugen wollen – die einen Aufwand an Zeit erfordern, die die Leute doch besser zum Studieren nutzen könnten, anstatt von einem Büro zum anderen zu gehen –, dann, glaube ich, müssen wir das auch besonders honorieren, und das möchte ich hier an dieser Stelle auch tun.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 103

Ich freue mich, dass dieses Studienförderungsgesetz gerade Zielgruppen in den Blick nimmt, die es brauchen, und ich möchte darauf hinweisen: Wir stehen dafür, dass jene Menschen, die es brauchen, auch eine finanzielle Unterstützung bekommen und dass in Österreich jeder Mensch einen Zugang zur Bildung hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.15

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschul­bereich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (123 und 165/NR sowie 6828/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Frau Bundsrätin Schicker übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatterin Johanna Schicker: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich kann daher sogleich zum Beschlussantrag kommen:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, ge­gen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 104

14.18

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Die Kinderbetreuung sollte uns etwas wert sein, gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Geburtenzahlen weiter stagnieren. Karenzgeld gab es schon früher, jetzt heißt es eben Kinderbetreuungsgeld, und eine Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes für Eltern von Zwillingen und Drillingen ist sicherlich gerechtfertigt, weil die Eltern ja auch finanziell stärker belastet sind.

Wir werden diesem Gesetzentwurf deshalb zustimmen. Ich möchte aber schon noch dazusagen, dass Eltern von Zwillingen, von Drillingen und auch von Einzelkindern auch nervlich und zeitmäßig stark belastet sind. (Bundesrätin Haselbach: Und das hört nie auf!) Dieses Problem wird durch eine Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes nicht gelöst. Dieses Problem könnte man dann aus der Welt schaffen, wenn es eine flexible und eine vorhandene Kinderbetreuung gäbe.

Erst wenn das Kinderkriegen nicht mehr mit einem Verzicht auf ein eigenständiges Ein­kommen, auf eine Karrieremöglichkeit als Frau und auf die Pensionsansprüche ein­her­geht, werden wieder viel mehr Familien dieses finanzielle, nervliche und zeitliche Ri­siko auf sich nehmen. Ich habe es auch gemacht und kann nur sagen: No risk, no fun! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.19

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


14.19

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich möchte nur kurz meiner Vorrednerin antworten: In Niederösterreich haben wir eigent­lich gute Kinderbetreuungseinrichtungen, wir sind relativ gut mit Tagesmüttern ausge­stattet, es gibt die Kinderzentren und den Kindergarten, wo jedes Kind (Bundesrätin Bachner: Vormittags!) ab drei Jahren vormittags – und auch nachmittags gegen eine kleine Bezahlung – betreut werden kann.

Mit Einführung des Kinderbetreuungsgeldes anstatt des Karenzgeldes ist in Richtung Familienpolitik ein großer Meilenstein gelungen, denn nun sind auch jene davon nicht ausgeschlossen, die dies bisher waren: Hausfrauen, Bäuerinnen, Studentinnen und Schülerinnen haben nun die Möglichkeit, Kinderbetreuungsgeld zu beziehen.

In einer Studie des Instituts für Familienforschung wurde bestätigt, dass jene Mütter und Väter, die das Kinderbetreuungsgeld nun in Anspruch nehmen, sehr zufrieden sind. Und der Kreis der BezieherInnen hat sich mittlerweile um 11 000 ausgeweitet. Wenn nun das Kinderbetreuungsgeldgesetz insofern geändert wird, als ab 1. Jän­ner 2004 bei Mehrlingsgeburten ein Erhöhungsbetrag von 50 Prozent des regulären Kinderbetreuungsgeldes für das zweite und für jedes weitere Kind gegeben wird und gleichzeitig eine Erhöhung der Zuverdienstgrenze erfolgt, ist das eine gute Sache.

Ich bin selbst Mutter von zwei Kindern, ich kenne die Freude, die Kinder bereiten, aber ich weiß auch, welch eine Aufgabe einem da gestellt wird. Ich habe zwei Bekannte in meinem Umkreis, die Zwillinge haben, und ich sehe, dass die Bedürfnisse bei Zwil­lingen und Drillingen umso größer sind, in den ersten Jahren doppelt und dreifach. Wenn beide zur gleichen Zeit schreien – egal, ob in der Nacht oder am Tag –, ist die Belastung sicherlich größer. Und natürlich sind auch die Kosten bei zugleich Gebo­renen höher, denn man braucht alles doppelt und kann nichts doppelt nützen.

Daher glaube ich, dass es eine gute Sache ist, die helfen wird, diesen Mehraufwand bei den schätzungsweise 1 130 Zwillings- beziehungsweise Drillingsgeburten pro Jahr


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 105

zu bewältigen. Und es ist vielleicht auch ein kleiner Beitrag dazu, dass es in Zukunft wieder mehr Geburten geben wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.22

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Winter. Ich erteile dieses.

 


14.22

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Diesner, so gut sind wir in Niederösterreich nun wieder auch nicht ausgestattet, denn denken wir doch an die Nachmittagsbetreuung in vielen, vor allem kleineren Gemeinden! (Rufe bei der ÖVP: Nein!) – Also hier wäre wirklich sehr viel zu machen! (Bundesrätin Roth-Halvax: Wo haben Sie das her?) – Na, na, na!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden der Änderung beim Kinderbe­treuungsgeld zustimmen. Wir werden zustimmen, auch wenn man sagen muss, dass nach dieser Änderung noch immer Ungerechtigkeiten bestehen bleiben. Es wäre zum Beispiel notwendig, überlegenswert, den Bezug des Kindergeldes zu flexibilisieren. Wir sollten junge Eltern nicht dazu zwingen, das Kindergeld unbedingt in den ersten 30 Le­bensmonaten ihres Kindes aufzubrauchen. Sie sollten sich etwas aufheben können, um dieses Geld zum Beispiel zur Unterstützung in der Schuleintrittsphase nützen zu können.

Auch das Recht auf Teilzeitarbeit – ich spreche vom Rechtsanspruch auf Teilzeit, mit einem Rückkehrrecht auf den Vollzeitarbeitsplatz – wäre eine wichtige ergänzende Maß­nahme, wie natürlich auch – das darf ich in diesem Zusammenhang nicht uner­wähnt lassen – der Ausbau der Infrastruktur und der Ausbau von flächen­decken­den Kinderbetreuungseinrichtungen mit vielleicht bundeseinheitlichen Qualitätsstan­dards sowie einem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder von Alleiner­zie­herInnen ab dem ersten Lebensjahr. Ich möchte auch den Kündigungsschutz nicht un­erwähnt lassen, denn in wenigen Monaten werden wir die ersten Fälle erleben, dass während oder nach der Babypause das böse Erwachen kommt und Frauen vielleicht ihren Job verlieren.

Zum Problembereich der Väterbeteiligung: Grundsätzlich beinhaltet die Maßnahme „Kin­derbetreuungsgeld“ auf struktureller Ebene einige Hemmnisse für die Erhöhung der Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung. Auf individueller Ebene hat die Evaluierung gezeigt, dass die Möglichkeit des Kinderbetreuungsgeldbezugs für unter­schiedliche Gruppen von Männern unterschiedlich attraktiv ist. Tendenziell nehmen Männer mit im Vergleich zu ihren Partnerinnen gleich hohem oder gleich niedrigem Einkommen das Kinderbetreuungsgeld eher in Anspruch, auch eine starke Erwerbs­orientierung der Partnerinnen fördert die Väterbeteiligung.

Wenig Anreiz hingegen bietet die Maßnahme für Männer mit hohem Erwerbs­einkom­men und auch für Alleinverdiener. Zudem zeigen Männer, die auf Grund ihrer Erwerbs­situation negative Auswirkungen auf ihre Karriere befürchten müssen, wenig Bereit­schaft zu einer solchen Beteiligung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf baldige Verbesserungen werden wir Sozialdemokraten unsere Zustimmung trotzdem erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Grünen. – Bravorufe bei der ÖVP.)

14.26

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Haunschmid zu Wort gemel­det. Ich erteile dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 106

14.27

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Staatssekre­tärin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist, glaube ich, unumstritten, und die Zwischenbilanz nach eineinhalb Jahren, die Aussagen der Experten bestätigen es: Die große Errungenschaft unserer Gesellschaft ist das Kinderbetreuungsgeld! Endlich einmal niemanden ausgrenzen, Kindergeld für alle, endlich einmal Entscheidungs­frei­heit für Frauen geben! Endlich einmal mischt sich der Staat nicht in eine intakte Familie ein; er hilft, wo er helfen muss – eine jahrelange Forderung der Freiheitlichen!

Ausgangspunkt war das Pilotprojekt in Kärnten. Und auch die Aussage von Landes­hauptmann Sausgruber, wonach es ein ungedeckter Scheck sei, wurde widerlegt. Wissen Sie, wenn man dann zu unseren Kollegen auch draußen bei mir in die kleinen Wirtsstuben geht, wo sich die Wirtin bis zur letzten Minute vor der Entbindung noch an den Herd stellt und gar nicht den Gedanken aufkommen lassen kann, dass sie ... (Zwi­schenruf bei der ÖVP) – oder die Bäuerinnen, egal, man kann jede Gruppe nehmen, ich rede jetzt von meiner Sparte, Herr Kollege –, dann glaube ich ... (Bundesrätin Schlaf­fer: ... Verkäuferinnen!) – Ja, es ist ganz egal, aber ich rede jetzt von den Selb­ständigen und von den Bäuerinnen, von denen keine den Gedanken aufkommen las­sen konnte, dass sie nicht nach vierzehn Tagen wieder im Geschäft stehen kann, weil sie es musste und weil es nicht möglich war, zusätzlich Privatentnahmen aus dem Betrieb zu tätigen, um jemanden zu bezahlen, der auf das Kind schaut. Angesichts dessen ist es gerade für uns ein großer Erfolg gewesen.

Und ich denke immer wieder an die ehemalige Ministerin Prammer, die mir damals ins Gesicht gesagt hat: Ihr habt ja Geld genug!, oder: Ihr habt ja ein Hinterkammerl, wo ihr eure Kinder nebenbei großzieht! – Nun: Diese „Hinterkammerl-Kinder“ wird es unter einer Regierung von ÖVP und FPÖ nicht mehr geben.

Meine Damen und Herren! Ein riesiger Schritt wird auch mit diesem neuen Gesetz, das wir heute verabschieden, gemacht, können doch wir, die Einzelkinder oder Kinder hintereinander haben, uns gar nicht ausdenken, was es heißt, Zwillinge oder gar Drillinge zu bekommen. Nicht nur die Mehrarbeit, sondern auch die große finanzielle Belastung, die auf so eine Familie zukommt, können wir uns, glaube ich, gar nicht so richtig vorstellen. Man hat sich halt früher um eine Sozialgruppe bemüht, und man hat auch einen öffentlichen Aufruf gemacht, um solchen Familien zu helfen. Das ist mit diesem Gesetz, mit diesem 50-prozentigen Zuschlag für jedes zweite und jedes weitere Kind nicht mehr nötig!

Ein Dankeschön an unsere Staatssekretärin für ihre Bemühungen! Es ist nicht eine Idee von ihr von jetzt oder von heute, Uschi Haubner hat dieses Denken schon lange in Oberösterreich geprägt. Sie hat es schon seit Jahren vorgehabt – und jetzt konnte sie es umsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Ziel ist, 2005 den Vollausbau zu erreichen. Dies wäre eine große Leistung nicht nur der Regierung oder der Regierungsmitglieder, sondern auch unserer Steuerzahler, daher ein Danke an unsere Steuerzahler, die, wie ich glaube, all das ja mitfinanzieren.

Aber es ist nicht umsonst! Wo kann man besser oder wie kann man besser investieren als in die Zukunft? Und die Zukunft sind eben unsere Kinder! Und wir denken ja auch daran, einen schönen Lebensabend zu haben, wir wollen das haben, und das geht eben nur mit Kindern oder dank der Kinder!

Den Vollausbau erreichen heißt: 8,5 Millionen € jährlich, natürlich aus dem Familien­lastenausgleichsfonds. Kollegin Schicker ist gerade nicht da – es war ihre Frage im Ausschuss, ob all das wirklich aus dem Familienlastenausgleichsfonds finanziert wer­den kann. – Aber wie soll denn dieser Familienlastenausgleichsfonds besser verwen­det werden als genau für das, wofür er bestimmt ist, also für die Familien?


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Die Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion können sich ja immer wieder nicht wirklich vorstellen, wie das möglich war, weil sie noch in Erinnerung haben, wie sie jahrelang vor einem fast leeren Familienlastenausgleichsfonds gestan­den sind, weil er dank eines Ministers Edlinger immer für die Mühle-auf-Mühle-zu-Politik verwendet worden ist und nicht für das, wofür er gedacht war, nämlich größten­teils für die Familien. Und die Sozialdemokraten werden das natürlich im Kopf gehabt haben! (Zwischenrufe der Bundesräte Boden und Manfred Gruber.) Aber sie konnten es dadurch nicht ausführen! (Bundesrat Boden: ... Ordnungsruf!) Das ist nicht ord­nungsrufwürdig!

Diese Möglichkeiten für die Familien zu schaffen, die Sicherung für die Familien und Frauen zu schaffen, das ist und bleibt eine freiheitliche Sache, eine freiheitliche Idee, die durch freiheitliche Minister und durch eine freiheitliche Staatssekretärin umgesetzt wird.

Die Freiheitlichen haben gesagt: Packen wir es an! Ein Land versucht es! – Es war ein Erfolg, und jetzt geht es in die Zielgerade, meine Damen und Herren: Vollaus­bau 2005. – Dieses Ziel zu erreichen bedeutet nicht nur einen Auftrag an die Regie­rungs­mitglieder, sondern an uns alle – ich meine alle! – für unsere Zukunft. Und dazu ein herzliches Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.33

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax. – Ich erteile dieses.

 


14.33

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Das Kinderbetreuungsgeld ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wessen Idee es einmal grundsätzlich war – ich glaube, darüber sollten wir uns heute nicht mehr ... (Bundesrätin Schlaffer: Na geh! – Bundesrat Manfred Gruber: Na, na, das ist schon ...! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – darüber sollten wir heute nicht mehr diskutieren. Wichtig für die Be­zieher ist, dass es von dieser Regierung umgesetzt wurde! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Und es ist mir auch wichtig, ... (Bundesrat Manfred Gruber: ... Vaterschaftsprozesse offen! – Staatssekretärin Haubner: ... Mutterschaftsprozesse ...! – Bundesrat Mag. Gu­de­nus: ... freiheitliche Idee ...!) – Aber es tut auch nicht weh, zu sagen, dass die ÖVP sehr großen Anteil daran hat, Herr Kollege! (Zwischenruf der Bundesrätin Schlaffer.)

Es ist ein Erfolg, auf dem wir uns aber – das möchte ich auch betonen – nicht aus­ruhen, sondern wir verbessern dort, wo es notwendig und wo es machbar ist. Ich glaube, das ist auch die Aufgabe der Politik: auf gesellschaftspolitische Veränderungen und Erfordernisse und Notwendigkeiten einzugehen und die Gesetze entsprechend anzupassen!

Ich bin sehr froh, dass diese Regierung bereits nach so kurzer Zeit Maßnahmen für die Frauen und für die Familien gesetzt hat, in einem Ausmaß, wie es bisher noch keine Regierung geschafft hat. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schlaffer: So schlecht noch nicht! – Bundesrat Reisenberger: ... schon kühn, so etwas zu behaupten!)

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum Politikerinnen der Opposition immer meinen, dass dieses Gesetz dazu geeignet, dazu angetan ist und dazu verführt, die Frauen wieder an den Herd zu bringen. (Bundesrat Manfred Gruber: Die Statistik beweist es!) – Das kann ich nicht nachvollziehen, denn das unterstellt den Frauen Unmündigkeit! Das unterstellt ihnen, dass sie nicht in der Lage sind, selbst aus­zuwählen, was sie tun wollen, wie sie ihr Leben führen und gestalten wollen! Gerade


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jetzt haben die Frauen – wie früher nicht! – die Möglichkeit, selbst zu entscheiden: Will ich zu Hause bei meinen Kindern bleiben? – Und dazu möchte ich Ihnen sagen, das ist etwas sehr, sehr Positives, nicht nur für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, sondern auch für die Mutter. Ich war einige Zeit zu Hause, und ich möchte keinen Tag missen, den ich meinen Kindern gegönnt und gewidmet habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die Frau kann sich heute auch entscheiden – und hat es relativ leicht –, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Sie kann sich die erforderliche Kinderbetreuung dazukaufen, es wurde die Zuverdienstgrenze angehoben – das heißt, der Frau wird es heute nicht nur erleichtert – was früher nicht möglich war –, dazuzuverdienen, sondern es ist ihr dadurch auch möglich, den Kontakt zum Betrieb aufrechtzuerhalten, was für eine spä­tere Weiterbeschäftigung sehr, sehr wichtig ist. Sie ist dadurch zudem in der Lage, ihr Fachwissen à jour zu halten, was den Wiedereinstieg in den Beruf ebenfalls erleichtert.

Abgeordneter Riepl hat in seinem Debattenbeitrag im Nationalrat die familienpoliti­schen Leistungen Wiens hervorgehoben. Es sei mir deshalb gestattet – es verwundert mich: Kollege Winter ist jetzt leider nicht anwesend ... (Bundesrätin Schlaffer – auf Bundesrat Reisenberger zeigend –: Ja, aber es ist eh ein anderer da!) – Aber hier ist er jetzt nicht!

Und es verwundert mich, dass er in Niederösterreich einiges vermisst, was die Kinder­betreuung betrifft, daher sei es mir gestattet hervorzuheben, dass in Niederösterreich laut dem NÖ Kindergartengesetz ein Recht ... (Bundesrätin Schlaffer: ... Niederöster­reich ..., den Winter!) – Ich bin entsandt vom Land Niederösterreich und daher rede ich hier für Niederösterreich. Und außerdem gibt es eine Usance, dass man, wenn in diesem und jedem anderen Haus ein Abgeordneter zum ersten Mal redet, keine Zwi­schenrufe machen sollte. Es tut mir Leid, dass Sie das nicht schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das kommt darauf an, wie man redet! – Bundesrat Gasteiger: Es kommt aber darauf an, wie man redet!)

Das gilt auch für Sie, Herr Kollege! Es gilt auch für Sie: Das ist meine erste Rede. Es wäre schön, wenn Sie Usancen und Gebräuche beachten würden. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Bundesrates Gasteiger.) – Genug jetzt! (Heiterkeit und neuerlicher Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Also: Ich möchte erwähnen, was in Niederösterreich üblich ist – und das sei mir hier gestattet. Laut NÖ Kindergartengesetz besteht, wenn ein Elternteil und ein Kind in ei­ner Gemeinde hauptgemeldet sind, das Recht auf einen Kindergartenplatz ab drei Jah­ren. Es waren die Frauen im Niederösterreichischen Landtag, die sofort reklamiert haben, dass infolge des Kinderbetreuungsgeldes ein Problem für die Betreuung für ein halbes Jahr besteht, weil die Männer das großteils bedauerlicherweise nicht anneh­men. Daher wird das Kindergartengesetz novelliert werden, sodass es dann ein Recht darauf gibt, ab zweieinhalb Jahren einen Kindergartenplatz zu erhalten. Es gibt für die Zeit davor ein dichtes Netz an Tagesmüttern, es gibt die „flying nannys“, und ich kann nur sagen: Ich sehe von meinem Wissensstand her, dass es in Niederösterreich flä­chendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen gibt.

Wie man heute von Kollegem Winter gehört hat, sei das in den kleinen Gemeinden nicht möglich. Warum nicht? – Ich bin Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde, und es liegt mir am Herzen, dass Frauen und Familien jene Infrastruktur vorfinden, dass sie sich in meiner Gemeinde wohl fühlen, dass ihre Bedürfnisse gedeckt werden, und somit gibt es in meiner Gemeinde auch das ganze Jahr über einen Kindergarten – mit Ausnahme der Weihnachtsferien. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)

Das heißt, die Gemeinde führt den Kindergarten – mit Ausnahme von Weihnachten – weiter. Während des ganzen Sommers, auch in den Energieferien und in der Kar-


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woche wird der Kindergarten offen gehalten. Diese Maßnahme wird auch vom Land Niederösterreich gefördert. (Bundesrat Manfred Gruber: Ja, und? Das ist doch eine Selbstverständlichkeit!)

Deshalb möchte ich wissen: Was wird reklamiert? Was wird gefordert? (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ja eine Selbstverständlichkeit!) Natürlich ist es eine Selbst­verständlichkeit! Warum aber, bitte, rufen Sie immer nach mehr Kinderbetreuungs­plätzen? – Es gibt sie! Es gibt eine flächendeckende Betreuung unserer Kinder! (Bundesrätin Schlaffer: Welche Öffnungszeiten haben sie? – Bundesrätin Haselbach: Bis Mittag! Was ist am Nachmittag? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bitte sagen Sie, wo, und diffamieren Sie nicht die Gemeinden, die das anbieten! Eine ver­ant­wortungsvolle Bürgermeisterin tut das und wird vom Land dabei unterstützt. Und wenn Sie sagen ... (Bundesrat Konecny: Gut! Wir werden die vielen ÖVP-Bürger­meister, die Ihren Worten nach nicht verantwortungsbewusst sind, namhaft machen!) – Ich fürchte, es werden etliche SPÖ-Gemeinden auch dabei sein, Herr Kollege. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Es kommt darauf an, welcher Bürgermeister in einer Gemeinde sitzt, welches Ver­ständnis für Frauen und für Familien er hat, und ich kann Ihnen nur sagen: In Nieder­österreich werden Sie sich schwer tun, solche zu finden, wo das nicht gegeben ist! (Bundesrat Konecny: Die Roten sind besser!)

Ich möchte jedenfalls appellieren ... (Bundesrätin Schlaffer: Welche Öffnungszeiten haben sie?) – Singen können wir miteinander, reden kann nur einer, Frau Kollegin. Wenn Sie das Bedürfnis haben, sich zu artikulieren, melden Sie sich bitte! (Bundesrat Gasteiger: Hallo, hallo! – Bundesrat Boden: Erste Rede und schon Oberlehrerin!) Ich bin Bürgermeisterin und vertrete die Interessen der Gemeinden!

Wenn Sie also der Meinung sind, wir brauchen zusätzliche Kinderbetreuungs­einrich­tungen, dann sagen Sie bitte, wo, denn ich möchte vermeiden, dass jene Gemeinden in Misskredit geraten, die alles dafür tun, dass die entsprechenden Einrichtungen vorhanden sind.

Und wenn auch immer wieder bedauernd die Frage gestellt wird: Wo sind die Väter, die die Kinderbetreuung übernehmen?, möchte ich feststellen: Diese Frage dürfen Sie nicht der Politik stellen (Bundesrätin Kainz: Die schafft die Rahmenbedingungen!), sondern dafür sind wir alle verantwortlich! Es liegt an uns, denn die Gesellschaft sind wir alle. Es liegt an uns, welche Einstellung wir dazu haben, ob ein Mann belächelt wird, der zu Hause bleibt und Kinder betreut. Das liegt an den Müttern, die die Väter von morgen erziehen. Erziehen sie sie gleich wie die Töchter? Es liegt an uns allen, ein Umdenken bezüglich der Gleichstellung von Vater und Mutter hinsichtlich der Be­aufsichtigung der Kinder herbeizuführen. Das lässt sich nicht per Gesetz verordnen, sondern das ist etwas, was sich großteils im Hirn abspielt. (Bundesrätin Haselbach: Da müsste man bei der Einkommensgleichstellung beginnen!)

Ich finde es schade, dass die Opposition nicht die Fairness oder die Größe aufbringt, zu sagen: Ja, es ist ein gutes Gesetz, das hier geschaffen wurde! – Ich denke, Sie sollten sich überwinden und die Fairness aufbringen, zu sagen, dass es gut ist. Leider aber gibt es diese Unkultur des Schlechtmachens, die meiner Meinung nach immer mehr um sich greift und immer ärger wird. (Bundesrat Gasteiger: Selber an der Nase nehmen! – Bundesrat Manfred Gruber: Fangen Sie vor Ihrer eigenen Haustür an!) Es wird immer öfter nicht nur die Politik schlecht gemacht, sondern auch die Politiker. (Bundesrat Manfred Gruber: Fangen Sie bei sich an! – Bundesrat Gasteiger: Bei der eigenen Nase nehmen!)

Ist es möglich, dass man hier ungestört reden kann, oder nicht, Herr Kollege? (Bundesrat Gasteiger: Reden Sie weiter!) Ja, da müssen Sie zuerst ruhig sein!


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Es ist sehr schade, dass man sich in letzter Zeit sehr stark nicht nur auf das Schlecht­machen der Politik, sondern auch der Politiker konzentriert. Und ich möchte Ihnen nur eines sagen: Das fällt dann den Politikern aller Couleurs auf den Kopf (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen), nicht nur denjenigen, die gerade an­greifen, sondern das fällt uns allen auf den Kopf, denn es heißt dann: „die da oben“, „alle“. (Bundesrat Manfred Gruber: Dann sollte man Größe zeigen und aufklären!) – Sie sollten endlich Größe zeigen und nicht mehr dazwischenreden! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Boden: Frau Oberlehrerin!)

Diese Schlechtmacherei der Politiker hat zur Folge, dass es jetzt in vielen Gemeinden Probleme gibt (Bundesrat Manfred Gruber: Ich hätte Sie gerne in meiner Gemeinde, Frau Kollegin!) – aber ich Sie nicht! (Heiterkeit) –, dass es Probleme gibt, Leute zu finden, die sich in den Gemeinderäten ... (Bundesrat Konecny: Weil die Arbeit der ÖVP so ist! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Die Zeit ziehen Sie mir aber ab, Herr Präsident, die ich da warten muss! (Heiterkeit und Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte darauf aufmerksam machen – und ich warne davor! –, dass diese Art der persönlichen Diffamierungen sich bis in die Gemeinden auswirkt, nämlich dahin gehend, dass es schwieriger und schwieriger wird, Leute für die Funktion als Ge­mein­derat zu finden. Und das sind, bitte ... (Bundesrat Konecny: Das liegt an der Arbeit der ÖVP!) Nein! Ich kann Ihnen nur sagen, dass auf Ihrer Seite die genau gleichen Probleme bestehen. (Bundesrat Konecny: Das habe ich noch nicht bemerkt!) Ich kann Ihnen aus diversen Gemeinden berichten, dass man dort sehr darum kämpft, dass sich Leute neben ihrem Beruf, neben der Familie im Interesse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Ich weiß nicht, Herr Kollege Schennach, welche Probleme Sie damit haben (Bundesrat Schennach: Ich habe Probleme? – Heiterkeit), wenn die Gemeinderäte bei der Wahl sitzen. Was haben Sie für ein Problem damit? Das sind Leute, die nahe am Bürger sind in den Gemeinden, die man kennt. In meiner Gemeinde hat keiner ein Problem damit, vor mir den Zettel einzuwerfen. Ich weiß nicht, welche Berührungsängste Sie da haben – bei uns ist das nicht so. Das ist ein Problem, auf das ich Sie aufmerksam mache und bezüglich dessen ich denke, dass wir uns einen anderen Umgang mit­einander und eine andere Sprachregelung angewöhnen sollten. (Bundesrat Manfred Gruber: Mit gutem Beispiel vorangehen!)

Und ich warne davor, dass für den vermeintlichen Erfolg (Bundesrat Gasteiger: Selber an der Nase nehmen!) – dieser Mensch ist ein Wahnsinn! (Heiterkeit) –, dass für den ver­meintlichen Erfolg des Augenblicks, des Populistischen, nachhaltige Rufschädi­gun­gen vieler Gemeinderäte in unseren Gemeinden begangen werden. Welche Motivation sollen junge Leute dann noch haben, sich im Interesse der Öffentlichkeit der Res publica zur Verfügung zu stellen? – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

14.46

 


Präsident Hans Ager: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Reisenberger. – Bitte.

 


14.46

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Staatssekretärin! Es war jetzt schon ein Lehrstück, das wir bekommen haben, gerade von einer Kollegin darauf hingewiesen zu werden, nicht unterbrochen werden zu wollen, die seit dem ersten Tag, wo sie da ist, seit der ersten Stunde, nichts besser beherrscht hat, als andere zu unterbrechen und uns ihr Gedankengut mitzu­teilen. (Beifall bei der SPÖ.) Ist alles okay, nur: Wenn man austeilt, muss man auch


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einstecken. Das ist halt auch eine Spielregel hier in diesem Haus. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir dürften bei dieser ganzen Sache eines nicht vergessen: Wenn man zitiert, dann sollte man dies richtig und vollständig tun. Liebe Kollegin Haunschmid, man sollte es also nicht so machen wie Sie. Sie haben hier die Debatte im Ausschuss am Montag angesprochen – wir waren ja alle gemeinsam dort –, und Sie haben gemeint, dass die Frage betreffend die Mittel im FLAF gestellt worden ist und dass dieser Fonds früher leer gewesen sein soll. – Ich weiß nicht, wo Sie diese Informationen herhaben. Die Frage hat darauf beruht, dass es vom Ministerium her die Sorge gegeben hat (Widerspruch der Bundesrätin Haun­schmid) – wir waren in der gleichen Sitzung; der Kollege neben Ihnen kann es auch bestätigen, er war ja auch dabei –, wie lange der FLAF diese Zahlungen tatsächlich noch leisten kann. – Also, wenn man schon zitiert und berichtet, dann sollte man das richtig machen und nicht verdrehen.

Das Kinderbetreuungsgeld als solches wird unsere Zustimmung erhalten – das ist kei­ne Frage –, weil es der richtige Weg ist, der richtige Schritt ist. Sie müssen uns aber schon gestatten, in diesem Zusammenhang auf einige Punkte hinzuweisen – und wir werden dann auch noch dazukommen, uns ein wenig die Unterschiede Niederöster­reich/andere Bundesländer zu Wien anzuschauen, wenn hier schon Kollege Riepl zitiert wurde. Ich habe einige dieser Zahlen auch ein bisschen im Kopf – Gott sei Dank! –, und daher kann ich Ihnen auch sagen, wie es in anderen Bundesländern im Verhältnis zu Wien aussieht.

Es kann meines Erachtens doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, was hier diesbezüglich auf dem Tisch liegt! Es sind da einige Dinge nicht so, wie wir uns das vorstellen, und es muss uns wohl auch gestattet sein, das nicht nur in klarer Form hier kundzutun, sondern auch Vorstellungen zu äußern, wie wir glauben, dass es besser gehen könnte. Man wäre an Ihrer Stelle vielleicht gar nicht so schlecht beraten, mitzudenken und zu sagen: Das ist vielleicht wirklich nicht so schlecht, darüber könn­ten wir reden!

Frau Staatssekretärin, wir haben mit diesem Gesetz eigentlich auch einige Ungerech­tigkeiten geschaffen. Das ist uns, glaube ich, beiden bewusst. Wenn wir etwa bei den Mehrlingsgeburten das Kinderbetreuungsgeld um 50 Prozent anheben, sind das bei Zwillingen in Wirklichkeit eben nur einmal 50 Prozent dazu oder zweimal 75 Prozent des Ganzen.

Eine Ungerechtigkeit ist es zweifelsohne auch, dass der Unterschied, ob die Geburten im Minutentakt erfolgen oder ein paar Monate dazwischen liegen – also ein Jahr in der Regel –, finanziell entsprechend viel ausmacht. Das ist ganz einfach nicht gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben als Wahlslogan von Ihnen immer gehört: Jedes Kind ist gleich viel wert!, aber ich kann nur feststellen: Offensichtlich gleich viel wert ist auch Ihre Art des Gedankenganges, was gleich viel wert ist, denn Zwillinge können nur zweimal gleich viel wert sein, wenn jeder 100 Prozent wert ist. Wenn ein Kind nur 50 Prozent wert ist und das andere 100 Prozent, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann kann ich nicht davon ausgehen, dass jedes Kind gleich viel wert ist, wie Sie, sehr geehrte Frau Kollegin Haunschmid, das ja auch einige Male in Ihrer Rede betont haben.

Bis Ende März dieses Jahres gab es 78 500 Kinderbetreuungsgeldanträge, zirka 1 100 Zwillingsgeburten, zirka 30 Drillingsgeburten. – Das nur, um einmal die Größenordnung aufzuzeigen, über die wir hier sprechen. Mehrlingsgeburten bedeuten also in Wirk­lichkeit weniger Geld, und Ihr Slogan „Jedes Kind ist gleich viel wert“ – man kann es nur wiederholen – stimmt so nicht.


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Frau Staatssekretärin Haubner hat gemeint, dass zum Kindergeld auch die Familien­beihilfe dazugezählt werden muss. Das war ihre Aussage, und man sieht, dass offensichtlich der Begriff Familienbeihilfe falsch ist, wie er im Moment für uns dar­ge­stellt wird, denn dieses Geld ist eine Leistung für Kinder und nicht eine Lebens­absicherung für die Eltern. Das heißt also, richtigerweise müsste dann auch diese Zahlung Kinderbeihilfe heißen.

Im Zusammenhang mit dieser Neuregelung stellt sich also bei Zwillingen die Frage, welches Kind zuerst auf die Welt gekommen ist und welches nachher, und welches Kind daher tatsächlich das volle Kindergeld bekommt.

Nicht geregelt sind aber auch andere Probleme, vom Kündigungsschutz angefangen – Kollege Winter hat schon auf einige Dinge hingewiesen. Ein ganz wichtiger Punkt, ein Punkt, der in vielen Gesprächen immer wieder auch von Vertretern der Regierungs­parteien als durchaus sinnvoll und überlegenswert bezeichnet wurde, war die Frage, in welchem Zeitraum und zu welchem Zweck dieses Geld eigentlich herangezogen wer­den muss. Wenn man sagt: 30 Lebensmonate!, so ist das sicherlich ein erster Schritt, nur macht es doch zweifelsohne Sinn, dass wir, wenn wir schon von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen – und das ist für uns Sozialdemokraten immer einer der wichtigsten Punkte in diesem Zusammenhang –, hier flexibler werden.

Wir sollten den Familien, den Menschen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wann für sie die neuralgischen Punkte sind. Wer kann es besser beurteilen als Mütter und Väter, deren Kinder schon erwachsen sind, dass es nicht nur die ersten Monate sind, sondern dass es noch andere wichtige Abschnitte gibt – wir denken hier zum Bei­spiel bis zum Schulbeginn –, wo diese Auszeiten vom Berufsleben noch mehr gefordert wären als gerade in den ersten 30 Monaten.

Daher haben wir auch bezüglich des Geldes – das den Menschen ja zusteht, ob 30 Monate oder innerhalb welchen Zeitraums auch immer – gesagt: Es gibt viele Bereiche – und auch das wurde heute schon erwähnt –, wo nur innerhalb kürzerer Zeit die Möglichkeit besteht, bei den Kindern zu Hause zu sein. Warum gibt es da nicht die Möglichkeit zu sagen, ab einem Jahr kann ich mir dieses Kinderbetreuungsgeld auch als ganze Summe auszahlen lassen? – Es gibt eine Menge von Möglichkeiten, von Va­rianten, wie es für die einzelnen Familien und auch für einzelne Berufsgruppen unter­schiedlich Sinn macht und gut ist. Von dieser Flexibilität sprechen wir, und diese Flexibilität fordern wir – und diese Flexibilität vermissen wir eben.

Das Recht auf Elternteilzeit bis zum Ablauf des ersten Schuljahres des Kindes mit einem Rücktrittsrecht in die Vollzeitbeschäftigung ist für uns einer der ganz wichtigen Punkte. Warum? – Weil die Praxis zeigt, dass es gerade für Frauen – wir wissen schon, dass es bei den Männern aus bereits genannten Gründen nicht so oft der Fall ist, aber natürlich gilt das auch für Männer – wichtig ist, aus der Teilzeit- wieder in die Vollzeitbeschäftigung zurückgenommen zu werden.

Das ist ein Wunsch von uns, der durchaus seine Berechtigung hat, und ich weiß mich da auch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fraktionen durchaus einer Mei­nung, dass man in einem Betrieb nicht nur die Möglichkeit dazu haben sollte, sondern das Recht darauf. Das scheint uns ein ganz wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang zu sein.

Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder von AlleinerzieherInnen ab dem ersten Lebensjahr gehört hier ebenfalls dazu.

Kommen wir kurz dazu, was in Wien, Niederösterreich, Salzburg, Tirol, Oberösterreich oder wo immer anders oder nicht gleich ist – ich habe mir schnell noch ein paar Zahlen notiert, die belegen, wie es tatsächlich aussieht.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 113

Kollege Riepl hat im Nationalrat davon gesprochen ... (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax) – Frau Kollegin, Sie brauchen es nur nachzulesen! Sie können es nach­vollziehen, aber Sie werden die Zahlen aus Ihrem Bundesland ja haben.

Beginnen wir einmal mit den Kinderbetreuungsplätzen – denn das ist ja das Grund­sätzliche –: Es gibt 41 Kinderbetreuungsplätze pro 1 000 Einwohner. Wien liegt damit an der Spitze, und ob das dem einen oder anderen gefällt oder nicht, ist eigentlich egal. Es sollte für jeden das sein, was er auch selber will, denn das ist ja ein Vorteil für die Menschen.

Hier ist Wien also beispielgebend, Kärnten hingegen ist mit 26 Kinderbetreuungs­plätzen das schlechteste Bundesland. Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen. (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.) – Zwischenrufe wollen Sie nicht, dann machen Sie sie auch selber nicht! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

71 Prozent aller Krippenplätze gibt es in Wien, 47 Prozent aller Hortplätze – in ganz Österreich! – gibt es in Wien. Das ist natürlich eine Größenordnung, die beispielgebend ist, die für sich spricht und besagt: So könnte es gehen!

Auch was ganztägige Kinderbetreuungseinrichtungen angeht, hat Wien die meisten. In der Steiermark ist nur jede vierte, in Tirol jede fünfte und in Vorarlberg jede siebente ganztägig geöffnet. Auch das ist wichtig für Berufstätige! (Bundesrat Steinbichler: Was kosten sie?) Ich komme schon noch darauf zu sprechen! Nur langsam, auch das werde ich Ihnen vorrechnen!

Mittagessen ist in 83 Prozent der Kindergärten in Wien möglich. Nur ein Drittel der Kindergärten in Niederösterreich bieten das an – Frau Kollegin Roth-Halvax, Sie müs­sen es ja wissen. In Oberösterreich, in Salzburg, in Tirol bietet nur ein Zehntel der Kindergärten Mittagessen an, in Vorarlberg überhaupt nur 6,5 Prozent.

Wie sieht die Situation aus, was Betreuungskräfte – und auch das ist ein ganz wichti­ger Punkt – mit Befähigungsnachweis angeht, also Kräfte, die das gelernt haben? – Man kann auf Kleinkinder bis zum Schulalter und im Schulalter, im Hortbetrieb nicht ganz einfach Frau Maier, Frau Müller, Herrn Huber „loslassen“, sondern es gehört hier schon eine Ausbildung dazu; da werden Sie mir hoffentlich Recht geben, denn das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Betreuungskräfte mit Befähigungsnachweis also: Burgenland, Vorarlberg – es müssen nicht nur immer große Bundesländer sein; auch kleine Bundesländer, ganze kleine wie Vorarlberg liegen hier an der Spitze, indem sie gut ausgebildete Kräfte für diese Tätig­keit heranziehen – und Wien sind hier führend; und die meisten ungelernten Kräfte – Frau Kollegin, Sie wollten es wissen – gibt es in der Steiermark und – man höre und staune! – in Niederösterreich und Oberösterreich! Qualität kostet eben auch Geld, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Stein­bichler: Was heißt „ungelernt“?)

Ein Kind bekommen zu haben, bedeutet nicht, dass man auch eine gelernte Kinder­kraft ist, lieber Kollege. Das ist ganz einfach: Ungelernt ist derjenige, der keine Ausbil­dung hat, nicht einmal Fachkurse. Wenn du das nicht weißt, dann wissen wir schon, was deine Qualifikation in diesen Fragen für uns zu bedeuten hat. (Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Nicht unterbrechen dort drüben!)

Qualität kostet Geld, meine sehr verehrten Damen und Herren; da sind wir uns einig. Dennoch zahlen in Wien 40 Prozent der Eltern keinen Kindergartenbeitrag. 40 Prozent zahlen keinen! Es kostet sicherlich Geld, wenn man mit Qualität die Kinder, die Jugend betreut – das ist keine Frage –; 40 Prozent bekommen aber, obwohl sie nichts bezah­len müssen, die gleiche Qualität der Betreuung wie all die anderen Kinder, deren Eltern einkommensabhängig einen Beitrag dazu leisten.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist etwas, was ich von Ihnen auch immer höre, und darüber kann man durchaus diskutieren: Die Allgemeinheit muss doch auch dazu beitragen, um finanziell und sozial schlechter Gestellten die gleiche Sicher­heit und vor allem auch die gleiche Qualität bieten zu können. – Das machen wir in Wien, meine sehr verehrten Damen und Herren, und davon können Sie sich offen­sichtlich auch in Niederösterreich eine dicke Scheibe abschneiden!

Es gäbe noch viele Beispiele und Vorschläge, aber meine Redezeit ist schon fast um. Ich sage nur noch einmal: Meine Fraktion wird der Änderung des Kinderbetreu­ungs­geldgesetzes zustimmen, da die Wegrichtung stimmt, Frau Staatssekretärin. Da sind wir uns einig.

Aber lassen Sie uns doch gemeinsam auch über die von uns angesprochenen Vor­schläge und beispielhaft genannten Punkte zumindest für die Zukunft weiter disku­tieren. Ich glaube, die Sache ist es wert, vor allem auch das soziale Netz beziehungs­weise die Menschen in Österreich müssen es uns wert sein. Zumindest uns Sozial­demokraten sind sie es wert! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Haubner. – Bitte.

 


14.59

Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat! Ich bedanke mich einmal fürs Erste, dass Sie mit Ihrer heutigen Zustimmung quer durch die Parteien einhellig do­kumentieren, wie Frau Kollegin Kerschbaum es schon gesagt hat, dass Ihnen Kin­derbetreuung etwas wert ist.

Ich glaube, dass wir uns hier treffen. Auch Herr Kollege Reisenberger hat zum Schluss gesagt, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Wir sind seit eineinhalb Jahren, seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes, auf dem richtigen Weg. Es ist dies eine Fa­milien­leistung, die es bisher nicht gegeben hat, und wenn wir diese mit dem Karenz­geld vergleichen, dann muss man ganz kurz auch die Vorteile des Kinderbetreuungs­geldes beziehungsweise die Nachteile des Karenzgeldes nennen: Das Karenzgeld konnte kürzer in Anspruch genommen werden, es war geringer, man konnte in der Zeit des Karenzgeldbezugs nichts dazu verdienen, und es konnte vor allem nicht von allen in Anspruch genommen werden. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Im Zusammenhang mit der Aussage „jedes Kind ist gleich viel wert“ möchte ich prä­zisieren, dass uns jedes Kind jeder Mutter gleich viel wert sein muss, und das war auch der Ansatz des Kinderbetreuungsgeldes. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

In Anbetracht dessen meine ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Zwischen­studie beziehungsweise Evaluierungsbilanz des Kinderbetreuungsgeldes zeigt, dass sich Mütter und Väter insbesondere wünschen, dass die pensionsbegründenden Zeiten in diesem Bereich angehoben werden und dass das Geld länger ausbezahlt wird. Daher meine ich, dass das einmal ein richtiger Ansatz auf einem wichtigen Weg ist. Und ich stehe nicht an zu sagen, dass das Gute natürlich immer noch verbessert wer­den kann.

Ich bitte allerdings auch um Verständnis! Wenn man jetzt, nach eineinhalb Jahren, so­fort wieder sagt, dass dieses und jenes nicht in Ordnung und nicht gut ist, dann ist das etwas verfrüht. Ich denke, dass wir jetzt einmal eine Durchgangsphase von drei Jahren absolvieren sollten, um auch zu sehen, wie die Väter auf das Kinderbetreuungsgeld


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reagieren, denn diese werden das Kinderbetreuungsgeld wahrscheinlich erst im letzten halben Jahr in Anspruch nehmen. Die Zahlen haben aber schon gezeigt, dass die Väterkarenz zwischen Dezember 2001 und Dezember 2002 bereits um 998 Personen gestiegen ist. – Man kann natürlich jetzt sagen: Was sind schon 1 000 Väter? Immerhin ist das aber im Vergleich zu den Zahlen der letzten Jahre ein beachtlicher Anstieg! Da­her müssen wir diesen Aspekt weiter beachten und dementsprechend unterstützend vorgehen.

Ich bin – wie ich glaube – auch hier mit allen einer Meinung, wenn ich sage, dass wir uns beim Kinderbetreuungsgeld neben der finanziellen Leistung natürlich auch um die Elternbegleitung und um die entsprechende Kinderbetreuung zu kümmern haben, wobei es nicht so sehr darum geht, ob das Angebot flächendeckend ist oder nicht. Ich glaube nämlich, dass die Quantität in den Bundesländern stimmt und man nur im quali­tativen Bereich hinsichtlich des Bedarfs noch das eine oder andere nachjustieren muss.

Es ist auch Aufgabe des Bundes, diesbezüglich besondere Projekte zu unterstützen. Ich weise in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf Projekte mit altersgemischten Gruppen in Vorarlberg hin, die wir unterstützen. Weiters weise ich auf ein Projekt in Kärnten mit mehrsprachigen Kindergärten hin, das gerade jetzt zu Zeiten und im Bereich der EU-Osterweiterung gemeinsam mit den angrenzenden Nachbarländern ein Projekt ist, das sehr, sehr gut ankommt.

Auch hatte ich heute ein Gespräch mit der im Burgenland dafür zuständigen Landes­rätin, weil gerade auch im Burgenland gemeindeeigene Projekte geplant sind und wir wahr­scheinlich in diesem Bereich seitens des Bundes in irgendeiner Form unterstüt­zend mitwirken können.

Kinderbetreuung ist also neben den finanziellen Leistungen ein ganz, ganz wichtiger Bereich, und ich möchte mich, wie gesagt, noch einmal recht herzlich für die Zustim­mung bedanken!

Ein kleiner Teil, der in der Diskussion vielleicht ein bisschen untergeht, den wir heute aber auch beschließen, ist die Regelung, dass die Zuverdienstgrenze für den Zuschuss angehoben wird, damit mehr Mütter und mehr Väter diesen Zuschuss in Anspruch neh­men können. Es geht dabei um Familien mit ganz geringen Einkommen, und wir über­nehmen damit einen wichtigen Anteil der Armutsbekämpfung.

Ich glaube, dass wir uns im Klaren darüber sind, dass die Zeit, die man mit Kindern verbringt, im Vergleich zur Gesamtlebenszeit der Eltern eine relativ kurze Zeit ist, dass das aber die wichtigste und qualitätsvollste Zeit ist. Daher sollten den Eltern nach Mög­lichkeit die finanziellen Sorgen abgenommen werden und es sollte ihnen auch genug Zeit gegeben werden, die sie mit ihren Kindern verbringen können, denn alles, was in dieser Zeit geschieht, schafft positive Erinnerungen. Manchmal hat man auch negative Erinnerungen, wir wollen aber, dass überwiegend positive Erinnerungen und positive Bindungen geschaffen werden, damit diese Kinder, für die wir heute sehr viel tun, in Zukunft auch glückliche Eltern sind und auch glückliche Familien gründen werden. – In diesem Sinne danke ich noch einmal herzlich für die einhellige Beschlussfassung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.05

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 116

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht. – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen zur Tagesordnung.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend Offenlegung des RH-Berichtes be­züg­lich „Verdacht der Manipulation der Bewertungsergebnisse und der damit verbundenen Geschenkannahme durch Bedienstete des BMLV (2083/J-BR/03)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Klaus Gasteiger, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich stelle jetzt nur die Frage: Ist der Herr Bundesminister schon im Haus? (Bundesrat Konecny: Der Herr Bundesminister ist schon vor den Toren!) – Er ist schon im Haus. Gut! Dann warten wir, bis der Herr Bundesminister anwesend ist, da er ja auch die Be­gründung durch den Anfragesteller hören soll. (Bundesminister Platter betritt den Saal.)

Ich erteile nunmehr Herrn Bundesrat Gasteiger als erstem Anfragesteller zur Begrün­dung der Anfrage das Wort. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


15.07

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es gibt viele aktuelle Diskussionen und Debatten rund um den Kampfjet und um den Vorgang zu dessen Beschaffung. Wir fühlen uns daher bemüßigt, Licht ins Dunkel zu bringen, weil wir der Meinung sind, dass einiges aufklärungsbedürftig ist.

Herr Bundesminister! Im Gegensatz zu den vorigen Bundesratssitzungen, bei welchen auch über Verschiedenes in der Causa Kampfjets diskutiert wurde, ich Sie aber nicht für das Schlamassel, in welches Sie Ihre Vorgänger gebracht haben, verantwortlich gemacht habe, ist die Situation heute etwas anders.

Herr Minister! Ist der Rohbericht des Rechnungshofes zur Abfangjäger-Typenent­schei­dung wirklich jener Persilschein – wobei ich anmerken möchte, dass es mich wundert, dass die Bundesregierung anders als in der Vergangenheit jetzt so oft einen Persil­schein braucht, unter anderem etwa in der Causa Grasser! –, wie Sie, Herr Minister, es darstellen? – Ich behaupte: Mit Sicherheit nicht, und zwar aus mehreren Gründen!

Ein Grund dafür ist zunächst, weil der Öffentlichkeit nur die Kurzfassung, nicht aber der Gesamtbericht bekannt ist. Es gibt keinen umfassenden Informationsstand der Öffent­lichkeit. Der genaue Prüfgegenstand ist offen. Haben die Rechnungshof-Kontrolleure den gesamten Beschaffungsvorgang beleuchtet oder nur jene Teilbereiche, die im Prüfungsersuchen des damaligen Ministers Scheibner betreffend Typenentscheidung


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und Verdacht der Manipulation der Bewertungsergebnisse beziehungsweise der Ge­schenkannahme enthalten waren?

Wie wichtig die Vorlage des gesamten Berichtes ist, zeigt eine Passage aus dem Kurz­bericht. – Frau Präsidentin! Ich erlaube mir zu zitieren. „Als Bestbieter wurde das Kampfflugzeug Eurofighter zu Recht ermittelt.“ Ich bin übrigens froh, dass die Definition „Kampfflugzeug“ jetzt einmal öffentlich getroffen wurde, denn bis jetzt wurden die Flugzeuge ja immer als alles andere denn als Kampfflugzeug dargestellt!

Ich setze fort: „Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante wurde erst im Zuge der Bewertung und nach Angebotseröffnung festgelegt und war letztlich ausschlaggebend für die Typenentscheidung.“

Der Rohbericht bestätigte, dass die neunjährige Zahlungsvariante ausschlaggebend für die Entscheidung für den Eurofighter gewesen sei und diese erst nach Angebots­eröffnung festgeschrieben wurde. – Herr Bundesminister! Ich frage Sie: Warum waren es nicht acht oder zehn Jahre? Warum war es nicht ein noch viel längerer Zeitraum in Anbetracht der Finanzierung eines so großen Geschäfts? Warum waren es ausge­rechnet neun Jahre?

Herr Bundesminister! Sie wissen, dass diese Finanzierung der Kampfjets – ich be­zeichne diese jetzt so, weil sie mittlerweile auch öffentlich als Kampfjets legitimiert wurden – in der Öffentlichkeit eine sehr schiefe Optik erzeugt! Es sind natürlich noch sehr viele Fragen offen: Gab es nach Angebotseröffnung Verhandlungen mit den Euro­fighter-Herstellern und Nachbesserungen dazu? Waren es Exklusivgespräche, oder gab es auch Gespräche mit den anderen Mitbewerbern, mit welchen nachverhandelt wurde? Oder wurden die Eurofighter-Hersteller mit Informationen aus den Mitbewer­ber­angeboten versorgt, um zielsicher doch noch das Bestangebot erstellen zu können?

Herr Bundesminister! Wie Sie sehen, gibt es Fragen über Fragen! Und wir erwarten uns heute eine Antwort!

Solange der Gesamtbericht nicht veröffentlicht ist, weiß man nicht einmal, ob sich die Rechnungshofprüfer entsprechend um die Beantwortung der Fragen bemüht haben, ganz zu schweigen von einer Gegenüberstellung zum Spargedanken der Bundes­regie­rung.

Die Schlagworte „Nulldefizit“ und „Sparen, wo es gerade geht“ sind mittlerweile tief im Bewusstsein der Bevölkerung! Aber die Bundesregierung nimmt es – so behaupte ich – damit nicht so wahnsinnig ernst, sondern wirft das Geld beim Fenster hinaus, denn sonst würde man ja diese Abfangjäger um rund 2 Milliarden € nicht anschaffen! – Exemplarisch sei übrigens auch Bundesminister Grasser mit seinen Beratungsmil­lionen angeführt.

Eine Frage, die sich natürlich auch stellt und meiner Meinung nach noch nicht ausrei­chend beantwortet wurde, ist die Frage betreffend die Gespräche rund um den 2. Juli und die Ministerratssitzung, bei welcher die Weichen für dieses größte Rüstungsge­schäft gestellt wurden.

Frau Präsidentin! Ich zitiere: „Die Europäische Staatengemeinschaft schüttelt schon den Kopf darüber, wie man in Österreich derartige Projekte angeht.“ – Zitatende. So lamentierte der ehemalige FPÖ-Verteidigungsminister und jetzige Klubobmann Scheib­ner in einer Pressekonferenz. Im Hinblick darauf ist halt auch wieder einmal die Rolle der Freiheitlichen in der Regierung oder in der Opposition oder wo immer sie sich gerade zu befinden müssen glauben, zu hinterfragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Minister, der das damals eingefädelt hat, ist jetzt genau derjenige, der das hinter­fragt und darüber lamentiert. Und Scheibner hat Recht. Der gesamte Eurofighter-


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Ankauf scheint nicht nur eine Aneinanderreihung von Ungereimtheiten und dubiosen Entscheidungsfindungsprozessen zu sein, sondern offensichtlich wurde der Deal auch ziemlich dumm abgewickelt, wenn ich das so sagen darf. Am 1. Juli, also genau an jenem Tag, an dem das österreichische Verteidigungsministerium den Vertrag mit dem Eurofighter-Konsortium EADS unterfertigt hat, haben sich nämlich die vier Produ­zentenländer Spanien, Großbritannien, Italien und Deutschland darauf geeinigt, die zweite Staffel der Flugzeuge ab 2007 um 10 bis 20 Prozent billiger anzubieten.

Herr Bundesminister! Ich erlaube mir, das in jeder Diskussion und jeder Debatte zu erwähnen, weil ich der Meinung bin, dass genau diese 10 bis 20 Prozent von den rund 2 Milliarden € zu Lasten der Österreicherinnen und Österreicher, also der Steuerzahler gehen, weshalb ich meine, dass die Bevölkerung darüber genauestens Bescheid wissen soll.

„Neu regieren heißt, Politik transparenter und kontrollierbarer zu machen.“ – So sprach Wolfgang Schüssel bei seiner Regierungserklärung als frisch angelobter Bundes­kanz­ler am 9. Feber 2000. Ich denke, von diesem Anspruch hat sich das Kabinett Schüssel meilenweit – meilenweit! – entfernt. Die Öffentlichkeit wird mit von der Regierung zen­sierten Teilinformationen abgespeist, im Steuerfall Grasser wie bei den Eurofightern.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Karl Korinek, der, wie ich denke, in die­sem Haus kein Unbekannter ist, führt in der Schrift „Ministerverantwortlichkeit. Recht – Politik – Wirtschaft, aktuelle Beiträge zum Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Wirt­schaftsrecht“ aus, dass sich in einer repräsentativen Demokratie eine Verantwortlich­keit der Minister gegenüber den Repräsentanten des Volkes ergäbe. In einem parla­mentarischen Regierungssystem besteht daher regelmäßig eine Verantwortlichkeit dem Parlament gegenüber: Der Minister hat dem Parlament gegenüber „Rede und Antwort zu stehen“, wie das von der Lehre formuliert wird. (Bundesrat Bieringer: Das tut er!) Ich hoffe, dass er es tut, Kollege Bieringer!

Die Lehre hat Bezug nehmend auf die österreichische Verfassungssituation zwei Ver­antwortlichkeitstypen für Mitglieder der Bundesregierung herausgearbeitet: die politi­sche und die rechtliche Verantwortlichkeit.

Der langjährige Präsident und Vizepräsident des Bundesrates Universitätsprofessor Dr. Schambeck (Bundesrat Bieringer: Ein guter Mann!) – der, wie ich denke, in dieser Kammer auch kein Unbekannter ist – hat zu dem Verhältnis zwischen politischer und rechtlicher Verantwortlichkeit ausgeführt: „Dort, wo die rechtliche Verantwortung endet, beginnt die politische Verantwortlichkeit.“

Herr Bundesminister! Jetzt sind wir genau an diesem Punkt, bei der politischen Ver­antwortlichkeit. Wenn man die Aussagen von Korinek und Schambeck ernst nimmt und sie auch in aktuellen politischen Situationen respektiert, dann muss man sagen, dass die bisherige Vorgangsweise des Bundesministers für Landesverteidigung im Umgang mit dem Rechnungshofbericht sowohl rechtlich als auch politisch mehr als fragwürdig ist. (Bundesrat Bieringer: Das steht ohnedies in der Präambel! Warum erzählen Sie uns das jetzt?)

Am Freitag, dem 18. Juli 2003, wird bekannt, dass der Minister für Landesverteidigung vom Präsidenten des Rechnungshofes den Rohbericht erhält. Schon einige Stunden später zitiert der Minister aus dem Rohbericht – Zitat: „... und jetzt ist dieser Rohbericht des Rechnungshofes da, jetzt, da kann man sagen, dass man zufrieden sein kann. Und lassen Sie mich drei wesentliche Punkte sagen und auch zitieren, was der Rech­nungshof zum Ausdruck bringt.“ – Zitatende.

Herr Minister! Sie haben somit Teile des Rechnungshof-Rohberichtes gegenüber der „Zeit im Bild“ offen gelegt. Ergänzt wurde das Ganze am 21. Juli mit Originalzitaten in


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einer Aussendung der Austria Presse Agentur, in der unter anderem zu lesen war: „Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante wurde erst im Zu­ge der Bewertung und nach Angebotseröffnung festgelegt und war letztlich ausschlag­gebend für die Typenentscheidung.“ „Die in einer Einsichtsbemerkung zum Endbericht der Bewertungskommission festgestellte annähernde Gleichwertigkeit der Angebote konnte vom Rechnungshof nicht nachvollzogen werden. Weiters fehlten in diesem Bericht die Preise für Simulatoren, Munition sowie die Höhe der anfallenden Steuern, Abgaben und Zölle.“

Ich hinterfrage: Warum wollte man der Öffentlichkeit verkaufen, dass die Abfangjäger sowieso eigentlich „eine billige Partie“ sind? Warum wollte man der Öffentlichkeit ver­kaufen, dass man keine Munition braucht, dass man sowieso keine Steuern zu bezah­len hat? Warum? Warum? Herr Minister! Auch darauf erwarte ich mir von Ihnen eine Antwort!

Herr Minister! Ihr konkretes Verhalten beziehungsweise das Verhalten von Bediens­te­ten Ihres Ressorts ist rechtlich folgendermaßen zu bewerten: Im Gegensatz zur von Ih­nen gewählten Vorgangsweise normiert § 5 des Rechnungshofgesetzes, dass das Er­gebnis der Überprüfung des Rechnungshofes den überprüften Stellen entweder unmit­telbar oder im Wege der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde bekannt zu ge­ben ist, dass diese längstens innerhalb von drei Monaten dazu Stellung zu nehmen haben, dass bis zur Veröffentlichung des Berichtes durch den Rechnungshof gemäß Art. 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit be­kannt gewordenen Tatsachen verpflichtet sind, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist.

Herr Bundesminister! Das heißt mit einem Wort: Sie sind zur Amtsverschwiegenheit ver­pflichtet!

Der Bundesrat ist gemäß Art. 52 Bundes-Verfassungsgesetz befugt, die Geschäfts­füh­rung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.

Ihnen, Herr Bundesminister, soll mit dieser Dringlichen Anfrage die Möglichkeit gege­ben werden, Ihrer Informationspflicht gegenüber dem Bundesrat nachzukommen, den In­halt des Rechnungshofberichtes nicht nur den Medien, sondern auch ausgewählten Mandataren zur Verfügung zu stellen.

Die Aussagen Khols lassen aber zwingend darauf schließen, dass der Nationalrats­prä­si­dent offensichtlich den gesamten Rechnungshofbericht studiert hat, da seine Aus­sagen sonst als Täuschung der Öffentlichkeit qualifiziert werden müssten.

Noch bedenklicher ist natürlich der Umstand, dass auch der einfache ÖVP-Abgeord­nete Lopatka – ich denke, kein Unbekannter für Sie; seit 5. März dem Nationalrat an­gehörend – ebenfalls über den Inhalt des Rechnungshofberichtes voll informiert war. Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Warum sind Herr Präsident Khol und Herr Lopatka vor den gewählten Mandataren – sprich: den Abgeordneten zum Nationalrat und den Mitgliedern des Bundesrats – informiert worden?

Sollte es zu Weitergaben des Berichtes an Khol und Lopatka oder von Teilen des Be­richtes an verschiedene Medien gekommen sein, ist davon auszugehen, dass Sie, Herr Bundesminister, allen Gesetzen entsprochen und keinen Grund für das Vorliegen der


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so genannten Amtsverschwiegenheit gesehen haben. In diesem Fall steht einer vollinhaltlichen Beantwortung und Information des Bundesrates über den gesamten Inhalt des Rechnungshof-Rohberichtes nichts entgegen.

Ich erwarte mir daher, Herr Bundesminister, dass wir diesen Inhalt des Rechnungshof-Roh­berichtes von Ihnen bekommen!

Sollte allerdings gegenüber dem Bundesrat Amtsverschwiegenheit eingewendet und der Inhalt des Rohberichtes nicht offen gelegt werden, dann erhebt sich eine Reihe von rechtlichen und politischen Fragen, die vom Verteidigungsminister direkt zum Präsi­denten des Nationalrates und in das ÖVP-Generalsekretariat führen.

Die unterzeichneten Bundesräte, Herr Bundesminister, stellen die Ihnen vorliegende Anfrage, Bezug nehmend auf Artikel 52 B-VG. Wir stellen in vorgenannter Causa mehrere Fragen an Sie, und wir erwarten uns, Herr Bundesminister, von Ihnen eine umfassende Beantwortung. Ich gehe davon aus, dass Sie dieses Hohe Haus gleicher­maßen informieren, wie Sie dies gegenüber den Journalisten, gegenüber den Medien tun – oder sogar noch besser tun werden.

Ich erwarte von Ihnen, wie gesagt, Antworten, und ich mache Sie auf Ihre Verpflichtung gegenüber dem Hohen Haus aufmerksam, alles zur Gänze offen zu legen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.22

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter zu Wort gemeldet. – Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

 


15.22

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst allgemein einige An­merkungen zu dieser Dringlichen Anfrage machen.

Auch wenn ich ohne Zweifel hier im Bundesrat schon die Gelegenheit gehabt habe, bei Dringlichen Anfragen ausführlich darüber Informationen zu geben, wie es dazu gekom­men ist, über den 2. Juli, als die Beschlussfassung über die Typenentscheidung erfolgt ist, bis hin zur Vertragsunterfertigung mit dieser aufschiebenden Bedingung, möchte ich sagen: Lassen Sie mich im Lichte der Aussagen der Opposition – in den Medien, in den letzten Tagen – aus meiner Sicht Folgendes darstellen:

Die von der Opposition das gesamte Frühjahr über geführte Argumentation, dass der Be­schaffungsvorgang für die Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge mit Korruption, Schiebung und Manipulation verbunden war, findet in keiner einzigen objektiven Überprüfung eine Bestätigung. Das muss einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm. – Bundesrat Ko­necny: Das war bitte nur eine Behauptung!)

Meine Damen und Herren! Auf die Beantwortung der Fragen werde ich noch zu sprechen kommen, aber ich muss zunächst einige grundsätzliche Aussagen machen.

Ich bin mittlerweile der Überzeugung, meine Damen und Herren, dass sich die Oppo­sitionsparteien von der Verantwortung für die Sicherheit dieses Landes verabschiedet haben. Sie sind nicht nur gegen den Eurofighter, sondern sie sind in Wirklichkeit gegen eine aktive Luftraumüberwachung und eine aktive Luftraumsicherung. Anders können Ihre Aussagen, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht mehr gewertet wer­den. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)

Aber, meine Damen und Herren, Sie sind nicht nur gegen eine funktionierende mili­tärische Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung, sondern Sie diffamieren durch


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Ihre permanenten, nicht haltbaren Vorwürfe auch Bedienstete des Bundesministeriums für Landesverteidigung und schädigen damit das Ansehen des Bundesheeres und der gesamten Landesverteidigung in der Öffentlichkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)

Ich möchte daher hier und heute die Gelegenheit wahrnehmen, den Bediensteten, den Beamten, den Offizieren und Unteroffizieren im Verteidigungsministerium meinen Dank zum Ausdruck zu bringen. Es war eine schwierige Aufgabe, diesen Beschaffungs­vor­gang gut über die Bühne zu bringen. Herzlichen Dank dafür, und auch einen Dank der begleitenden Kontrolle! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)

Mein Dank gilt darüber hinaus aber auch der objektiven Arbeit der Bediensteten des Rechnungshofes.

Meine Damen und Herren! Im übrigen Europa wird diese Diskussion, die jetzt in Österreich stattfindet, mit Kopfschütteln und Unverständnis zur Kenntnis genommen. Das schadet letzten Endes dem Ansehen nicht nur der Landesverteidigung, sondern auch der Glaubwürdigkeit der Republik Österreich im sicherheitspolitischen Bereich. (Ironi­sche Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Ich gestatte mir daher, die Frage zu stellen, meine Damen und Herren von den Oppo­sitionsparteien: Welche Ziele verfolgen Sie mit einer derartigen Oppositionspolitik? – Betrachtet man die Interessen Österreichs im sicherheitspolitischen Umfeld, dann er­kennt man, Sie bleiben konkrete Konzepte schuldig, stellen aber alle Regierungs­maß­nahmen im Zusammenhang mit der Luftraumüberwachung und der Luftraumsicherung als sinnlose Geldverschwendung und korrupte Beschaffungsvorgänge dar. Darüber hinaus patzen Sie permanent Regierungsmitglieder an, frei nach dem Motto: Irgend­etwas wird schon hängen bleiben! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm. – Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Zum Ablauf des Prüfverfahrens des Rechnungshofes halte ich Folgendes fest: Es wird und wurde mehrfach behauptet, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung den Umfang der Prüfung selbst festgelegt habe. – Das ist nicht richtig, denn der Rech­nungshof führte seine Aufgabe nur im Wege der nachgängigen Prüfung abgeschlos­sener Gebarungsfälle und nicht als begleitende Kontrolle durch. Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass wir in unserem Haus eine ausgezeichnete beglei­tende Kontrolle haben, für die es auch Lob vom Rechnungshof gegeben hat.

Das Ersuchen um Prüfung des Vorganges durch meinen Amtsvorgänger Bundes­minis­ter Scheibner vom 27. September 2002 konnte sich klarerweise nur auf die zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossene Phase der Ermittlung des Bestbieters und die Typen­entscheidung beziehen. Der Prüfauftrag war daher in keiner Weise eingeschränkt. Dem Rechnungshof wurde selbstverständlich, wie im Bundesministerium für Landes­verteidigung schon immer üblich, der ungehinderte Zugang zu allen Unterlagen ge­währt.

Meine Damen und Herren! Zu den geäußerten Vorwürfen betreffend der Problematik der Amtsverschwiegenheit ist Folgendes festzustellen:

Erstens: Das Rechnungshofgesetz sieht für die überprüfte Stelle die Möglichkeit vor, zu einem Rohbericht innerhalb von drei Monaten Stellung zu nehmen. Diese Frist hat den Sinn, der geprüften Einrichtung eine objektive inhaltliche Bewertung der Kritikpunkte zu ermöglichen. Eine vorzeitige Veröffentlichung würde den Zielen eines geordneten Prüf­verfahrens zuwiderlaufen. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und de­monst­rativer Beifall des Bundesrates Konecny. – Bundesrat Manfred Gruber: Sie sind doch selbst an die Öffentlichkeit gegangen! Das versteht doch kein Mensch mehr!)


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Zweitens: Zusätzlich dazu hat der Rechnungshof bei diesem Prüfvorgang das Ressort ersucht, jene Punkte zu bezeichnen, die nach Auffassung des Bundesministeriums für Landesverteidigung einer besonderen Geheimhaltung unterliegen sollten. Eine Veröf­fentlichung geheimer Tatsachen ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dadurch die berechtigten Geheimhaltungsinteressen von Bietern berührt werden, sowie Tatsachen, die unter die militärische Geheimhaltungsverpflichtung fallen. – Dies wird derzeit sei­tens meines Ressorts überprüft, und ich betone, sehr sensibel überprüft! (Bundesrat Konecny: Nachdem Sie es getan haben, wird es geprüft!)

Daher: Eine vorzeitige Veröffentlichung des Rohberichtes durch das Bundesministe­rium für Landesverteidigung ist deshalb nicht vorgesehen.

Ich werde jetzt auf Ihre Fragen eingehen. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie haben es weitergegeben! – Bundesrat Konecny: Sie haben!)

Ich werde jetzt auf Ihre Fragen eingehen und sage Ihnen Folgendes: Wenn in der Öf­fentlichkeit immer wieder der Vorwurf der Korruption, der Manipulation gemacht wird, und ich im ORF gefragt werde, ob das der Fall ist, dann werde ich zu Recht eine Zitie­rung machen können, dass einerseits die Beschaffung und die Bestbieter-Ermittlung zu Recht erfolgt sind und es andererseits keine Manipulation und keine Geschenk­an­nahme gegeben hat! – Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)

Nun zur Anfragebeantwortung.

Zu Frage 1:

Der gegenständliche Bericht ist am Mittwoch, den 16. Juli 2003, im Bundesministerium für Landesverteidigung eingelangt. Ich habe den Rohbericht des Rechnungshofes am Donnerstag, den 17. Juli 2003, erhalten.

Zu Frage 2:

Ja.

Zu Frage 3:

In der Bezug habenden Nachrichtensendung des ORF habe ich auf Grund der kon­kreten, mir gestellten Fragen betreffend die Vorwürfe der Korruption, der Schiebung und der Manipulation folgende Aussagen getätigt:

Als Bestbieter wurde das Kampfflugzeug Eurofighter zu Recht ermittelt. Das war die Diktion vom Rechnungshof. Bei seinen Erhebungen konnte der Rechnungshof keinen Hinweis auf Manipulation, keinen Hinweis auf Geschenkannahme feststellen, und zum Dritten hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren zurückgelegt.

Das heißt, für den Rechnungshof war dieser Beschaffungsvorgang eindeutig, schlüssig und nachvollziehbar beziehungsweise transparent!

Diese sinngemäße Vermittlung von Inhalten erfolgte im Rahmen meiner Zuständigkeit als Ressortleiter. Und wenn Sie die gesetzlichen Grundlagen kennen, dann wissen Sie, das diese Möglichkeit besteht.

Zu Frage 4:

Ich habe keine Teile des Rohberichtes an die Medien weitergegeben. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Ich habe keinen Auftrag erteilt, Teile des Rohberichtes an die Medien weiterzugeben. (Bundesrat Manfred Gruber: Wer dann? Wer aus Ihrem Ressort?) – Dieser Sachverhalt wird einer entsprechenden Überprüfung zugeführt werden.


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Zu Frage 5:

So weit erkennbar, stimmen die Zitate mit Textstellen des Rechnungshof-Rohberichtes überein.

Zu Frage 6:

Nein. Ich verweise auf die Antwort zu Frage 4.

Zu den Fragen 7 bis 9:

Nein. Es ist zu keiner Übermittlung des Rohberichtes an dritte Personen gekommen. – Ich habe selbstverständlich im Rahmen meiner Ressortverantwortung den Herrn Bun­des­präsidenten über den Umstand des Einlangens des Rohberichtes in meinem Haus und die wesentlichen Inhalte des gegenständlichen Berichtes im Sinne meiner Aus­führungen im ORF informiert.

Zu Frage 10:

Es existiert ein Exemplar des gegenständlichen Berichtes im Bundesministerium für Landesverteidigung. Zu diesem Exemplar hat der zuständige Beamte Zugang.

Zu Frage 11:

Ich habe im Sinne des § 5 des Rechnungshofgesetzes den Auftrag erteilt, eine ent­sprechende Stellungnahme zum vorliegenden Rechnungshof-Rohbericht auszuar­bei­ten. Darüber hinaus habe ich in Entsprechung eines Ersuchens des Präsidenten des Rechnungshofes den Auftrag erteilt, erforderlichenfalls jene Punkte zu bezeichnen, die nach Auffassung des Bundesministeriums für Landesverteidigung einer besonderen Geheimhaltung unterliegen. Nach Vorliegen dieser Stellungnahme wird sie dem Rech­nungshof übermittelt werden. Der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes wird gemäß Art. 126 d, Abs. 1 B-VG der parlamentarischen Behandlung zugeführt. – Dan­ke. (Lebhafter, anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.)

15.32

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Liebe Kollegen von der ÖVP! Ich ver­stehe, dass Sie dem Herrn Bundesminister eine Freude machen wollen, aber wir soll­ten auf die Zeit schauen, denn es geht nicht zuletzt auch darum, dass wir Herrn Kol­legen Ager dann rechtzeitig die Freude unserer Teilnahme an seinem Empfang ma­chen. Daher gehen wir jetzt bitte in den Verhandlungen weiter!

Wir beginnen mit der Debatte, und ich rufe Herrn Professor Konecny ans Rednerpult.

 


15.33

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich stelle mit Interesse fest, dass die heute von uns so einmütig befürwortete Osterweiterung eindeutige Einflüsse auf das Applausverhalten der ÖVP-Fraktion hatte. So wurde früher Politbüromitgliedern im ZK einer der Staats­parteien zugejubelt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundes­rates Steinbichler. – Bundesrat Gasteiger: Steinbichler, gib Ruhe!) – Wir haben kein Zentralkomitee, aber wir können es, wenn es dir eine Freude macht, gerne umbe­nennen.

Der Herr Bundesminister, so wollte ich ursprünglich sagen, bewegt sich auf sehr dünnem Eis. In Kenntnis seiner Antwort muss ich diese Feststellung revidieren und sagen: Er schwimmt schon!

Meine Damen und Herren! Was wir hier miterlebt haben und sorgfältig verlesen be­kommen haben, ist ein verfassungsrechtlicher und demokratiepolitischer Skandal be-


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sonderen Ausmaßes. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: He, he! Ein biss­chen mäßigen im Ton, möchte ich sagen!)

Ich bin, ehrlich gesagt, im Vergleich zum Herrn Bundesminister außerordentlich zu­rück­haltend – und ich spreche vom Rednerpult aus und nicht von der Regierungsbank aus, das möchte ich feststellen. (Bundesrat Bieringer: Ich möchte das auch fest­halten!)

Es wurde mehrmals gerufen, wir sollten zuhören. Ich darf diese Mitteilung jetzt „echo­halber“ auch dem Fraktionsvorsitzenden der ÖVP übermitteln.

Wenn wir also dem Herrn Bundesminister das glauben, was er uns hier sagt – und es gibt zunächst einmal keinen Grund, daran zu zweifeln; auch wenn da wieder einmal der „große Unbekannte“ auftaucht, den die Kriminalisten so lieben –, dann gab es also einen bei ihm beziehungsweise seinem Ressort am 16. 7. eingelangten Rechnungshof-Rohbericht – eingelangt offenbar zu einem Zeitpunkt, zu dem der Herr Bundesminister nicht mehr anwesend war.

Diesen Rohbericht hat er sich dann am 17. Juli angeschaut, am 18. Juli ist er damit in die Öffentlichkeit gegangen. – Das ist einmal der eine Handlungsstrang.

Dann ist etwas Merkwürdiges passiert. Diese eine Exemplar – ich nehme an, es ist in einem Panzerschrank, zu dem der Herr Bundesminister und der zuständige Beamte, wie er sagte, Zugang haben – hat offensichtlich pausenlos Kinder gekriegt!

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Herr Bundesminister! Entweder Sie haben Herrn Lopatka und Herrn Khol, ich will nicht sagen: der Lüge, aber der freizügigen Inter­pretation der Wirklichkeit geziehen. Wenn nämlich diese beiden Herren kein Exemplar dieses Rechnungshof-Rohberichtes vor sich haben, dann sind die Äußerungen, die sie in der Öffentlichkeit getroffen haben, gelinde gesagt kühn, denn sie haben Aussagen getroffen, die sie aus eigenem Wissen nur dann treffen können, wenn sie – das ist der behauptete Inhalt des Rechnungshof-Rohberichtes – diesen gelesen haben.

Herr Bundesminister! Wenn Sie dem Parlamentspräsidenten und dem Generalsekretär Ihrer Partei ... (Ruf bei der ÖVP: Nationalratspräsidenten!) – Nationalratspräsidenten. Diesen Einwand lasse ich gerne gelten.

Herr Bundesminister! Wenn Sie dem Nationalratspräsidenten und dem Generalsek­retär Ihrer Partei vorwerfen, sich aufs Hörensagen hin aufgepudelt zu haben, dann nehme ich das als interessanten innerparteilichen Debattenbeitrag von Ihrer Seite zur Kenntnis. Aber es wird natürlich viel mit dem zu tun haben, wie die Öffentlichkeit Äußerungen der beiden Herren in Zukunft aufnimmt.

Wenn aber die beiden Herren ein Exemplar des Rechnungshof-Rohberichtes vorliegen gehabt und ihre öffentlichen Aussagen aufgrund einer Kenntnis von Aussagen des Rechnungshofes getroffen haben, dann muss es in Ihrem Ministerium einen Maulwurf geben, der offensichtlich Fotokopien dieses Rechnungshof-Rohberichtes herstellt und an ausgewählte Personen – da gehöre ich natürlich nicht dazu – verteilt. Beides ist im höchsten Maße aufklärungsbedürftig!

Herr Bundesminister! Sie haben gesagt – auch das ist eine interessante Bemerkung –, es gäbe eine von Ihnen veranlasste Untersuchung, um herauszufinden, wer denn die­ser Maulwurf ist, den Khol, Lopatka, die Austria Presse Agentur und manche Zeitungen in Ihrem Ministerium haben. Ich gehe davon aus, dass diese Person – ich hoffe, es handelt sich nicht um Sie – entsprechend bekannt gegeben werden wird und dass entsprechende Maßnahmen gegen diese Person, wenn Sie identifiziert werden kann, ergriffen werden.


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Hier ist das, was man von jedem Mitglied des öffentlichen Dienstes erwarten kann, ganz offensichtlich, wenn ich Ihrer Argumentation folge, gröblichst verletzt worden! Und eigentlich würde ich davon ausgehen, dass Sie als dafür verantwortlicher Bundes­minis­ter es nicht bei einer internen Untersuchung bewenden lassen, sondern Strafanzeige, zunächst einmal gegen unbekannt, erstatten. Vielleicht können Sie uns noch sagen, ob das der Fall ist.

Da der Rechnungshof-Rohbericht ja nicht vorliegt, kann ich nicht überprüfen, ob Ihre öffentlich geäußerten Worte sozusagen unter Anführungszeichen erfolgt sind oder oh­ne solche Anführungszeichen. Sie haben jedenfalls bestimmte Inhalte dieses Roh­be­richtes an die Öffentlichkeit weitergegeben. Die Unterstellung, die ich jetzt mache – es waren jene Inhalte, die Ihnen gefallen haben –, ist wohl nicht ganz weit hergeholt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Tatsache ist, dass in der Zwischenzeit – ob das derselbe „Maulwurf“ oder ein anderer war, ist unklar – auch andere Teile des Rechnungshofberichtes bekannt geworden sind, die zum Beispiel monieren, dass die von Ihrem Amtsvorgänger stammenden und später auch von Ihnen übernommenen Preisvorstellungen grotesk unterzeichnet wa­ren, weil sie nur einen Teil der tatsächlichen Kosten dieses konkreten Angebotes be­rücksichtigt haben. Um nun die Gesamtheit beurteilen zu können, haben wir Sie in dieser Anfrage ersucht, den Rohbericht des Rechnungshofes dem Parlament, in die­sem Fall beiden Kammern, zugänglich zu machen.

Was Sie uns hier als Antwort gegeben haben, ist eine ziemlich mickrige Zusammen­fassung der Rechtspraxis: Das Ressort oder die geprüfte Dienststelle, wenn es um eine Unterbehörde geht, bekommt einen Rohbericht und hat die Möglichkeit, dazu innerhalb von drei Monaten eine Stellungnahme abzugeben. Der Rechnungshof be­rück­sichtigt oder erwähnt zumindest, wenn er dieser Meinung nicht folgen kann, die Einwände der geprüften Dienststelle in seinem Bericht und leitet dann seinen Bericht dem Nationalrat zu.

Herr Bundesminister, wenn das so vorteilhaft für Sie ist, wie Sie es in der Öffentlichkeit behauptet haben: Was spricht dagegen, unter Eliminierung bestimmter Stellen, die die Interessen der Landesverteidigung berühren – darüber brauchen wir nicht zu dis­kutieren –, diesen Bericht dem Parlament, dem Nationalrat, dem Bundesrat, zu über­mit­teln?

Wir wollen uns ein Bild machen können ... (Bundesminister Platter: Er wird kom­men!) – Ja, in einem Jahr! Entschuldigen Sie, Herr Bundesminister, das ist, mit Verlaub gesagt, ein Scherz. Das können Sie überhaupt nicht beeinflussen. Natürlich wird der Rechnungshof seinen Bericht dem Nationalrat übergeben, das hat mit Ihnen nichts zu tun. Wir haben Sie gebeten, den Rohbericht zu übermitteln, damit die Öffentlichkeit und die demokratischen Instanzen eine Möglichkeit haben, Ihre Jubelmeldungen kri­tisch zu überprüfen.

Es gibt ganz offensichtlich einen Grund dafür, dass Sie das nicht wollen. (Bundesrat Bieringer: Weil er es nicht kann!) – Er kann! (Bundesrat Bieringer: Nein! Den Roh­bericht kann er nicht hergeben!) Das hoffe ich doch stark, dass er kann! (Bundesrat Manfred Gruber: Er hat ja schon können!) Der Herr Bundesminister möchte also seine selektive Interpretation dieses Rechnungshofberichtes zur einzigen Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit machen.

Ich bin nicht immer mit der „Kronen Zeitung“ einer Meinung, aber wenn diese gestern Folgendes feststellt, dann schon – ich zitiere –:

„Der Rechnungshof-Rohbericht über den Abfangjägerkauf wird Verteidigungsminister Platter (ÖVP) zugestellt. Der schaut sich den Bericht exklusiv an und zieht im Fern-


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sehen den Schluss, dass das Milliarden-€-Geschäft sauber über die Bühne gegangen ist.

Prompt meldet sich daraufhin Ex-Verteidigungsminister Scheibner mit der Aufforderung an die Opposition zu Wort, die politische Schmutzkampagne gegen den Kauf einzu­stellen. ÖVP-Nationalratspräsident Khol wiederum schlüpft in seine Lieblingsrolle als Oberlehrer der Nation und missbilligt die Uneinsichtigkeit der Roten und Grünen, wo doch jetzt mit den Abfangjägern ohnehin alles in Ordnung ist.

Ist es nicht!

Erstens bezieht sich der Rechnungshof-Rohbericht nur auf Teilbereiche des milliarden­teuren Abfangjägerkaufs. So manche Fragen ... bleiben weiter offen.

Zweitens wurde der Aspekt, ob Österreich diese sündteuren Kampfflugzeuge über­haupt braucht, nicht beleuchtet. Das verwundert einigermaßen, denn punkto spar­samen Umgang mit Steuergeldern gibt sich gerade der amtierende Rechnungshof­präsident ansonsten nicht so wortkarg.

Dass ÖVP und FPÖ zum Drüberstreuen der Opposition und damit auch einer den neuen Abfangjägern gegenüber höchst kritisch eingestellten, gerade erst pensions­re­form­geschädigten Öffentlichkeit das Mundhalten verordnen wollen, mutet da nur noch lächerlich an.“ – Zitatende.

Das ist ein ziemlich hartes Urteil, aber es ist ein richtiges Urteil. Sie stellen sich hin, in Kenntnis eines Textes, von dem ich nur in Ihrem Interesse hoffen kann, dass irgend­etwas drinnen steht, was die Aussagen, die Sie öffentlich machten, einigermaßen fundiert, und sagen, alles ist in Ordnung. Sie weigern sich, diesen Rohbericht zu ver­öffentlichen. Anders kann ich Ihre Meldungen hier nicht interpretieren. Und Sie be­haupten, dass jene, die diese eigenartige Wahrheitsbildung nicht akzeptieren, der öster­reichischen Landesverteidigung übel wollen.

Sie haben in Ihrer heutigen Anfragebeantwortung gemeint – das war nicht der Gegen­stand, aber warum denn nicht, auch auf diesem Feld gebe ich Ihnen gerne eine Antwort –, das Ausland schüttle über Österreich den Kopf, wie dieser Beschaffungs­vorgang vor sich gehe. – O ja, da haben Sie Recht! Der dieswöchige „Spiegel“ schüttelt tatsächlich in großer Ausführlichkeit den Kopf. (Bundesrat Bieringer: „Der Spiegel“!) – Ja, das ist ja bekanntlich ein Revolverblattl von besonderer ... (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) Dafür ist er ja auch gestürzt worden! Das hat ihm nicht gut bekommen. Ich würde dir die regelmäßige Lektüre empfehlen. (Bundesrat Bie­ringer: Kohl war immerhin 16 Jahre Bundeskanzler!)

„Der Spiegel“ schüttelt den Kopf. Da steht zum Beispiel – ich zitiere –, verkürzt dar­gestellt, dass die ... (Bundesrat Steinbichler: Es ist wirklich verwunderlich, dass die nicht hineinschreiben, es passt alles!) – Weil sie ganz offensichtlich, wie wir auch, In­formationen haben, dass das so nicht stimmt.

Ich zitiere also: „Erklärungsbedürftig erscheint den Prüfern nicht nur der Kaufpreis von 1,9 Milliarden € für den bayerischen ,Typhoon‘. Konkurrent Saab wäre mit seinem ,Gripen‘-Jet knapp eine halbe Milliarde billiger gewesen. Dubios“ – so schreibt der „Spiegel“! – „ist vor allem die Rolle, die Finanzminister Karl-Heinz Grasser (,KHG‘) bei dem Deal gespielt hat.“ – Zitatende.

Es wird weiters darauf hingewiesen, dass die von uns wiederholt hier thematisierte Lücke, die mit Leihjets geschlossen werden muss, offensichtlich niemandem aufge­fallen ist.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 127

Ja, Europa schüttelt tatsächlich über diesen Beschaffungsvorgang den Kopf! Die Leu­te, die in dieser Branche tätig sind, wissen mehr darüber als das österreichische Par­lament, und sie wissen auch, warum sie den Kopf schütteln.

Herr Minister! Sie wissen das offenbar auch, weil Sie uns eben jenen Text, der die Grundlage Ihrer Jubelmeldungen war, nicht zugänglich machen wollen.

Aber ich darf auf noch etwas verweisen, und auch da, Herr Minister, sind Sie nicht mehr auf dünnem Eis unterwegs, sondern plantschen ganz kräftig im Wasser: Sie ha­ben uns bei der Beantwortung unserer Dringlichen Anfrage am 11. Juli, als natur­ge­mäß die Frage eine große Rolle gespielt hat, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, wenn es vor Unterzeichnung eine Diskussion über die Inhalte des Rechnungshofberichtes gegeben hätte, folgende Antwort gegeben: Sie hätten nicht die Zeit gehabt, auf den Rechnungshofbericht zu warten.

Herr Bundesminister! Nach allgemeiner Auffassung, wenn es sich der Herr Bundes­präsident nicht besonders gründlich überlegt, ob er das Budgetbegleitgesetz unter­schreibt, wird dieses am 7. August in Kraft treten. Davon sind wir noch ein Weilchen entfernt. Sie haben am 16. Juli, also fast vier Wochen vorher, den Rohbericht des Rech­nungshofes erhalten, den Sie wohl aus guten Gründen nicht öffentlich machen. Sie hätten also bis zu jenem 7. August, an dem Ihre Unterschrift frühestens in Kraft tritt, vier Wochen Zeit gehabt, den Rechnungshof-Rohbericht und seine Erkenntnisse zu über­prüfen und darüber auch einen Dialog mit der Opposition und der Öffentlichkeit zu führen. Vielleicht hätten Sie gute Argumente gehabt, aber Sie haben das offenbar sich selbst und dem Gegenstand nicht zugetraut.

Sehen Sie, meine Damen und Herren, hier sind wir ... (Bundesrat Mag. Himmer: Der Rechnungshof ist eine Ex-post-Kontrolle!) – Na und? Wenn der Beschaffungsvorgang, die Typenentscheidung und die Preise, die dabei erzielt wurden, zweifelhaft sind, dann ist es eigentlich schon ziemlich gleichgültig, was seither an Verhandlungsergebnissen produziert wurde. Natürlich ist es eine Ex-post-Kontrolle, das weiß jeder, das ist kein besonders origineller Zwischenruf, aber die Typenentscheidung ist in der Vergangen­heit gefallen, sie wird ex post, nämlich jetzt, kontrolliert. Was ist daran besonders be­merkenswert? Das ist selbstverständlich! (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Herr Bundesminister! Wir befinden uns an der Grenze einer ernsten Rechtsdiskussion, die für diese Republik eine Bedeutung hat, die, so wichtig der Anlassfall ist, über den Anlassfall hinausgeht.

Der Anlassfall ist: Ich kann es nicht überprüfen, weil der Herr Bundesminister diesen Text geheim hält, aber der Rechnungshof scheint wie jeder Vernünftige, der sich im Bereich der Landesverteidigung interessiert und engagiert, davon auszugehen, dass zwar vom Leistungsvermögen her tatsächlich der Typhoon mit Abstand das modernste und insofern beste Gerät ist. Niemand hat in der ganzen Debatte, wer immer sich zu Wort gemeldet hat, diesen Sachverhalt in Zweifel gezogen. Wenn sich aber jemand, der sich mit einer Matratze auf den Fußboden seiner Wohnung bettet, weil er sich kein Bett leisten kann, einen Maserati kauft, dann wird man ihn für ein bisschen verrückt erklären.

Wenn sich jemand, der die Situation im Bundesheer und die Mangelerscheinungen in allen anderen Waffengattungen kennt, ernsthaft dafür entscheidet, für eine sehr be­grenzte Aufgabenstellung, also fliegender Fotoapparat (Bundesrat Steinbichler: Wel­che Waffengattung hätten wird denn anschaffen sollen?), tatsächlich das leistungs­fähigste, modernste und wirksamste, aber vor allem auch teuerste Gerät zu kaufen, dann ist das eine Fehlentscheidung! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steinbichler: Welche Waffengattung hätten wir anschaffen sollen?)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 128

Herr Kollege! Zwischenrufe jede Menge, wenn Sie aber glauben, Zwischenreden hal­ten zu müssen, dann melden Sie sich zu Wort! Aber das trauen Sie sich ja aus guten Gründen nur sehr selten! (Bundesrat Steinbichler: Welche Ersatzwaffen hätten wir anschaffen sollen? Sagen Sie es!) – Herr Kollege! Ich bin nicht ... (Bundesrat Stein­bichler: Sagen Sie: Welche Ersatzwaffen hätten wir anschaffen sollen?) – Selbstver­ständlich, wenn Sie mir die Chance dazu geben! (Bundesrat Steinbichler: Sagen Sie es: Welche Waffengattung hätten wir anschaffen sollen?) – Herr Kollege! Sind Sie betrunken, oder was ist das? Ist es hier möglich zu sprechen? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverständlich ist eine Typenentscheidung möglich, wenn man die Bedarfsorientie­rung klar im Auge hat. Herr Kollege, es hat Angebote gegeben. Ich bin nicht der, der technisch und militärisch in der Lage ist, zwischen verschiedenen Typen eine Auswahl zu treffen, aber klar ist: Hier wurde eine Fehlentscheidung getroffen zu Lasten des öster­reichischen Bundesheeres, zu Lasten der österreichischen Landesverteidigung. Und was jetzt passiert, würde man normalerweise in diesem Milieu als eine Cover-up-Operation bezeichnen, die versucht, dem Ganzen den Anschein von Berechtigung und Sinnhaftigkeit zu geben.

Herr Bundesminister! Wie gesagt: Das dünne Eis ist gebrochen, mit dieser Pflicht­verletzung sind zum ersten Mal Sie selbst an der Vorderfront der politischen Auseinan­dersetzung. Auch wenn Juli ist: Ziehen Sie sich warm an! (Beifall bei der SPÖ.)

15.54

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte. (Bundesrat Steinbichler: Herr Professor Konecny! Nur Betrunkene ziehen sich im Juli warm an! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

 


15.54

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den Stil, den wir heute beim ersten Tagesordnungspunkt gepflogen haben, nicht jetzt gleich wieder beim Fenster hinauslassen, aber Folgendes möchte ich schon sagen, wenn ich den „Ober­schiedsrichter des österreichischen Bundesrates“ höre: Er sollte doch einmal die Zeit­linie im Auge behalten! Wir beschäftigen uns heute schon zum vierten Mal mit einem bestimmten Thema. (Bundesrat Konecny: 1,9 Milliarden sind das auch wert!)

Es ist allerdings, wenn ich ihn richtig interpretiert habe, heute herausgekommen, dass er jetzt doch für Abfangjäger, Kampfjets und so weiter ist – oder habe ich das total missverstanden? (Zwischenruf.) – Gut, dann ist mein Grundeindruck doch richtig, dass die Sozialdemokratie sich von der Landesverteidigung in jeder Richtung verabschiedet hat! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Nein, der ist nicht richtig!)

Der Herr Professor ist heute wieder nicht zufrieden gestellt worden. Wahrscheinlich plant er bereits die fünfte, sechste und siebente Dringliche Anfrage in seinem Klub, damit wir uns auch im Oktober oder vielleicht in einer Sondersitzung damit beschäf­tigen können. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Ist das eine Einladung? – Bundesrat Gasteiger: Im Nationalrat gibt es dann eh eine Sondersitzung!)

Der Herr Bundesminister hat erwähnt, welche „Werbung“ die Sozialdemokratie im Ausland für Österreich macht. Ich würde schon sagen: Bitte, halten Sie sich in Zukunft doch etwas zurück! (Bundesrat Manfred Gruber: Die Werbung macht schon die Regie­rung!)

Der Herr Professor hat soeben den „Spiegel“ zitiert. Es ist aber schon interessant, wenn man zufällig erfährt, dass dieser „Spiegel“-Artikel auf einen „Falter“-Artikel zu­rückzuführen ist. (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Und? – Bundesrat


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 129

Manfred Gruber: Unbestätigte Behauptungen!) – Mir wurde das berichtet, der „Falter“-Artikel wird bereits ausgehoben. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie stellen etwas in den Raum, was durch nichts bewiesen ist!) Ich habe gesagt: Mir wurde gesagt, dass dieser Artikel auf einem „Falter“-Artikel beruht, und damit ist es keine Ursprungsquelle, sondern eine Sekundärquelle. (Bundesrat Bieringer – in Richtung SPÖ –: Was macht denn ihr? Was macht denn ihr? Die ganze Zeit nichts anderes als ...!)

Wenn der Herr Professor heute wieder bemängelt, dass der Einsatz von Leihflug­zeugen ab 2005 notwendig ist, dann darf ich nur daran erinnern, dass die Regierung Klima im Jahre 1995 eine Entscheidung hätte treffen können, es aber nicht getan hat.

Eines, bitte, möchte ich auch zurückweisen: nämlich immer wieder diese diffamieren­den Ausdrücke wie „fliegende Fotoapparate“, den Vergleich „Matratze am Boden und Maserati“ mit der Landesverteidigung. Das mag zwar für das Kabarett gut sein, aber nicht für dieses Haus! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Applaus meiner Fraktion führt mich ein bisschen in die Richtung: Vorhin ist gesagt worden, dass wir, weil meine Fraktion dem Herrn Bundesminister einen anhaltenden Applaus gespendet hat, uns an Moskau, an das Zentralkomitee und so weiter erinnern sollen. Ihr Vorsitzender war, glaube ich, auch einmal in Moskau und hat den Boden geküsst. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Offensichtlich sind Sie auch öfters dort gewesen und haben eine gewisse politische Schulung genossen. Bitte, vergessen Sie diese und erinnern Sie sich zum Beispiel an den Präsidenten Polens, daran, welchen Weg er gegangen ist, wie staatsmännisch er heute ist!

Als Nächstes möchte ich die ewige Skandalisierung ansprechen. Bitte, was ist dabei, wenn der Herr Bundesminister in einem Interview in der „ZiB 2“ auf Fragen eines Jour­nalisten antwortet? Da wird er ja wohl noch antworten dürfen! Das kann man ihm ja in keiner Richtung verbieten!

Der Titel Ihrer Anfrage wird wahrscheinlich wieder in den Medien seinen Niederschlag finden, zumindest in jenen Zeitungen, die sich bemühen, schon in der Überschrift en Inhalt wiederzugeben: „Verdacht der Manipulation der Bewertungsergebnisse und der damit verbundenen Geschenkannahme durch Bedienstete des BMLV“.

Dazu muss ich mit Nachdruck sagen: Die Offiziere und die Beamten, die dort tätig sind, sind keineswegs solche, die Geschenke annehmen. Wenn Sie für die letzten 10, 15 Jahre einen Beweis in dieser Richtung haben, dann sagen Sie das, bitte! Aber so etwas gibt es dort nicht, weil das ein ordentlich geführtes Ressort ist, egal, von welcher Couleur der Minister gestellt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit möchte ich noch einmal auf den Ton zu sprechen kommen, der sich in der Debatte hier gezeigt hat. Als die Frau Kollegin aus Niederösterreich, die Bürger­meis­te­rin, ihre Antrittsrede gehalten hat, sind von links, von dem Herrn Kollegen ganz hinten, wieder Zwischenrufe in den verschiedensten Richtungen erfolgt. Wenn wir uns in einer Europadebatte bemühen, wirklich sachlich und gehoben zu argumentieren, dann möge man doch auch bei einer Antrittsrede den oder die Betreffende ausreden lassen. Denken Sie bitte alle an Ihre Antrittsrede, da waren Sie vielleicht auch ein bisschen nervös, könnte ja durchaus der Fall gewesen sein! (Bundesrat Gasteiger: Als Bürger­meisterin braucht sie nicht nervös sein, das muss sie können!)

Was mich aber besonders gestört hat, ist, dass man gegenüber einer Dame so vor­geht. (Oje-Rufe bei der SPÖ.) Die Damen werden doch immer bei den Sozialde­mo­kraten ganz besonders erwähnt, und daher sollte man sich gegenüber einer Dame nicht so, wie es geschehen ist, verhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gasteiger! Gestern sind Sie zum Vorsitzenden des Landesverteidi­gungs­ausschusses des Bundesrates gewählt worden, und ich war daher sehr verwundert,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 130

dass Sie heute der Chefredner bei dieser Dringlichen Anfrage waren. (Bundes­rat Gasteiger: Warum nicht! Vielleicht ist das gerade meine Aufgabe! – Bundes­rat Rei­senberger: Weil er es ernst nimmt!)

Wenn es um Landesverteidigungsfragen geht, dann sollten wir uns bemühen, diese vielleicht genereller zu behandeln, dann sollten Sie nicht nur Kenntnisse diesbezüglich haben, sondern Sie sollten auch eine gewisse Liebe zur Landesverteidigung ent­wickeln (Bundesrat Gasteiger: Die habe ich!) und daher in der Wortwahl vorsichtiger sein (Bundesrat Gasteiger: Ich war lange dabei!), denn Sie sind ja der Verfasser. Ich nehme an, dass die Worte „Verdacht der Manipulation und der Geschenkannahme“ von Ihnen stammen, und es wäre sicher schöner, wenn Sie das nicht geschrieben hätten.

Sie reden auch von einer schiefen Optik des Ganzen. Bei einer schiefen Optik weiß man immer, da ist es irgendwie sehr düster. Da gehöre Licht ins Dunkel, haben Sie dann noch gesagt, und andere solche Sachen. Bei Fragen der Landesverteidigung, die nun eine der besten Controlling-Einrichtungen der österreichischen Bundesregierung hat, ist das sicher nicht notwendig.

Als Letztes möchte ich Folgendes sagen: Wenn jetzt verlangt wird, dass der Roh­bericht zur Gänze der Sozialdemokratischen Fraktion zur Verfügung gestellt wird (Bundesrat Gasteiger: Wir haben gute Mitarbeiter!), dann glaube ich, dass Sie diesen schon haben, denn sonst hätten Sie diese Dringliche Anfrage nicht so formulieren können. Sie haben alles Mögliche herausgenommen, denn Sie wissen sogar, dass die­ser Rohbericht angeblich 42 Seiten hat, was ich nicht weiß. (Bundesrat Reisenberger: Lesen Sie keine Zeitungen?)

Der langen Rede kurzer Sinn: Ich möchte darum bitten, dass wir die Landes­vertei­digung außer Streit stellen und in der nächsten Sitzung nicht bereits die nächste Dring­liche Anfrage haben, denn inhaltlich gibt das Thema nichts her (Bundesrat Gasteiger: 2 Milliarden!), und es zeigt nur die Konzeptlosigkeit und die Ideenlosigkeit der Sozial­demokratie. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: 2 Milliarden!)

16.02

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

 


16.03

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht hier um einen Beschaffungs­vorgang des österreichischen Bundesheers, und das, was Sie hier machen, indem Sie uns ständig vorwerfen, wir seien gegen die österreichische Landesverteidigung, ist eine unzulässige Vermischung. Ich möchte hier namens meiner Fraktion ein ganz kla­res Bekenntnis zur österreichischen Landesverteidigung abgeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie betreiben Polemik, aber informieren nicht über diesen Beschaffungsvorgang. Sie ver­mischen hier einen Beschaffungsvorgang mit einem Bekenntnis zur Landesver­teidi­gung, und das ist klarerweise auseinander zu halten. Man kann Aufklärung über einen Beschaffungsvorgang verlangen, sowie wir das tun, aber sich trotzdem zur Landesver­tei­digung bekennen. Ich bekenne mich dazu, und meine Fraktion bekennt sich eben­falls dazu! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Beschaffungsvorgang über Abfangjäger und der jetzt daraus resultierende Rech­nungshofbericht ist daher auch Gegenstand dieser unserer Dringlichen Anfrage. Es kommt zu einem Beschaffungsvorgang, der einer der größten der Zweiten Republik ist. Im letzten Sommer haben sich 700 0000 Österreicherinnen und Österreicher gegen


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 131

diesen Beschaffungsvorgang ausgesprochen, und man sollte das nicht einfach vergessen, sondern sollte diese Dinge genau aufzeigen. Daher kommt es zu Unglaub­würdigkeiten. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Eine dieser Unglaubwürdigkeiten, die in dem Rechnungshofbericht zitiert ist, steht in un­serer Dringlichen Anfrage, sie basiert auf Presseberichten und auf Aussagen des Herrn Bundesministers, des Herrn Abgeordneten Khol und des Herrn Klubobmanns Scheibner und so weiter und so fort. Unsere Dringliche Anfrage basiert auf der stück­chenweisen Veröffentlichung dieses Berichtes durch Ihr Ressort oder durch Sie selbst. Das ist die Basis und nichts anderes, was Sie uns unterstellen, Herr Kühnel, nämlich dass wir diesen Rechnungshofbericht schon hätten. Sie unterstellen es einfach. Wir verlangen ihn, wir hätten ihn gerne, und deshalb haben wir diese Dring­liche Anfrage hier gestellt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Das ist kein Bericht, sondern ein Rohbericht!)

Es gibt einen Rohbericht, den wir gerne hätten. (Bundesrat Bieringer: Das steht Ihnen nicht zu!) Wann man seitens des Bundesministeriums stückchenweise aus diesem Rohbericht zitiert, dann kann man diesen Rohbericht auch vorlegen. Es ist ja nicht so, dass das nicht möglich wäre. (Bundesrat Konecny: Das ist eine interessante Ansage! Der steht nur dem Bundesminister und dem ÖVP-Generalsekretär zu! – Bundesrat Bieringer: Nein, auch nicht, nur dem Bundesminister!)

Aber der ÖVP-Generalsekretär hat daraus zitiert und gesagt, es sei alles in Ordnung. Das ist der Fall, oder? (Bundesrat Konecny: Was habt ihr für einen Generalsekretär? Der denkt selbständig?) Das war die Aussage und nichts anderes. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. – Bundesrat Konecny: Aber sehr begrenzt!)

Ich möchte aber zu einem Punkt kommen, der mir sehr interessant erscheint und der auch aus diesem Rohbericht in der Öffentlichkeit ständig zitiert worden ist. Das betrifft den Passus über die Bewertungskommission. Die Bewertungskommission empfahl mehr­heitlich, den Auftrag an die Firma Eurofighter Jagdflugzeuge Gmbh zu vergeben. Als Bestbieter wurde der Hersteller des Kampfflugzeuges Eurofighter zu Recht er­mittelt. Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante wurde aber erst im Zuge der Bewertung und nach Anbotseröffnung festgelegt und war letzt­lich ausschlaggebend.

Interessant dabei ist, dass im Prinzip nicht verglichen wurde, sondern es darum geht, dass im Zuge der Ausschreibung diese Zahlungsvariante erst aufgezeigt wurde und ganz einfach, wie Professor Konecny gesagt hat, der Ferrari als bestes Stück genom­men wurde. (Rufe bei der ÖVP: Maserati! – Bundesrat Konecny: Das ist das einzige, was uns trennt!) – Ferrari oder Maserati, das ist egal, es sind beide Fahrzeuge.

Kommen wir zu den Eurofightern, zu den Abfangjägern und zu all diesen Dingen zu­rück. Meine Damen und Herren! Es gibt da ein Verwirrspiel: Das österreichische Bun­desheer stellte fest, dass man 24 Abfangjäger braucht. Dann gab es ein Volks­begeh­ren, das 700 000 Österreicher unterschrieben haben, und dann gab es noch das Hoch­wasser, und deshalb wurde beschlossen, nur mehr 18 Abfangjäger zu kaufen. Es wur­den aber keine Berechnungen für die Übergangszeit gemacht. (Bundesrat Mag. Him­mer: Sie fordern 24! Das ist eine neue Dimension!) – Jetzt kaufen wir nur noch 18 Abfangjäger, die an sich das selbe Geld kosten wie 24 Abfangjäger. All diese Dinge sind in Wirklichkeit noch immer nicht aufgeklärt.

Ein weiteres Verwirrspiel gibt es zur Frage der Übergangslösung. (Bundesrat Ko­necny: Da genügen auch fünf!) – Im Übrigen genügen auch fünf. Aber es kann auch irgendjemand anderer die Luftraumüberwachung durchführen, ein anderes Land, da kann man etwas leasen. (Bundesrat Konecny: Neutralität!)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 132

Es gibt ein weiteres Verwirrspiel: Da die Nationalratswahlen „ausgebrochen“ sind, hat der Herr Bundeskanzler, um dieses Thema aus der Wahlauseinadersetzung heraus­zuhalten, gesagt, es gebe eine Wirtschaftsplattform, die die Kampfflugzeuge kaufen wird. Vielleicht gibt es einige Wirtschaftstreibende, die das kaufen und dann dem Bundesheer zur Verfügung stellen. Wirtschaftsplattform gibt es keine, sondern man macht das, was rechtlich notwendig ist, das heißt, die Republik Österreich kauft diese Kampfflugzeuge.

Eine weitere Geschichte, die auch aufklärungswürdig ist – vielleicht steht etwas im Rechnungshofbericht oder im Rohbericht darüber, wir werden das dann auch einmal hören –, betrifft die Dinge, die rund um das Finanzministerium, rund um den Beschaf­fungsvorgang geschehen sind. Der Herr Finanzminister macht unrichtige Angaben im Nationalrat. Der Herr Finanzminister beantwortet die Dringliche Anfrage vom 17. Juni, bei der es um die Eurofighter, immer wieder um die Eurofighter und um die Firma, die diese Flugzeuge, Kampfjets, verkauft, geht, wie folgt:

„Ich habe den Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden Bischoff  in Sachen Abfangjäger das erste Mal im Juni 2001 getroffen, das zweite Mal im März 2003. Sonst habe ich seit Juli 2001 keinen Vertreter der Firma EADS in Sachen Abfangjäger getroffen.“ – Zitatende

Jetzt stellt sich heraus, dass der Herr Finanzminister laut einem Bericht in „NEWS“ am 3. Juli 2003 ein wesentliches Treffen mit dem einflussreichen EADS-Aufsichtsratsvor­sitzenden Manfred Bischoff dem Nationalrat nicht bekannt gegeben hat. EADS-Auf­sichtsrat Bischoff – übrigens nebenbei einflussreicher Manager beim Daimler-Chrysler-Konzern – und Grasser sind noch einmal zusammengekommen, und zwar am Diens­tag, dem 23. April 2002. Das Treffen hat somit nur zwei Monate vor der milliarden­schweren Typenentscheidung zugunsten des Eurofighters stattgefunden.

All das sind aufklärungswürdige Vorgänge, und das hätten wir gerne gewusst, daher sprechen wir diese Frage auch hier noch einmal an. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sind Sie dort am 23.4. im Busch gewesen und haben das Gespräch belauscht, oder wie war das?) – Ich habe „NEWS“ zitiert und gesagt, woher das stammt, also das wird wohl ausreichen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Und das stimmt alles? Stimmt diese Frage? – Bundesrat Steinbichler: „NEWS“ ist zuständig, unabhängig, objektiv, kompetent!)

Herr Steinbichler, Sie wissen das natürlich ganz genau! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Steinbichler! Ich möchte jetzt aus den „Oberösterreichischen Nachrichten“ etwas zitieren, und dabei geht es um die Wettbewerbsfrage, und das ist sehr ernst. (Zwi­schenruf des Bundesrates Steinbichler.) Es geht um die Wettbewerbsfrage, Herr Steinbichler, und ich möchte dazu Folgendes zitieren:

„Zu Recht wird moniert, die Usancen der Regierenden gehörten überdacht, etwa dahin, dass sich Minister nicht unter vier Augen mit Teilnehmern einer Ausschreibung (kon­kret für Abfangjäger) treffen sollten. Jedenfalls widerspricht dieses Verhalten aber sehr wohl bereits geltendem Vergaberecht: Verhandlungen mit Bietern sind überhaupt unzu­lässig (außer bei der Sonderform des Verhandlungsverfahrens, das aber bei den Abfangjägern nicht angewendet worden ist). Und selbst ‚Aufklärungsgespräche’ sind nur in ganz engem Rahmen zulässig und müssen im Sinne eines lauteren Wettbe­werbs strikt kommissionell geführt werden. Sie sind mit Gründen und Ergebnis in einem Protokoll festzuhalten. – Universitätsprofessor Dr. Heinz Keinert, Abteilung für Wett­bewerbsrecht, Universität Linz.“ – Das steht in den „Oberösterreichischen Nach­richten“ vom 18. Juli. (Bundesrätin Kainz: Sicher eine rote Zeitung! – Bundesrat Ko­necny: Jetzt passt es nicht mehr so! – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 133

Ich frage ganz einfach: Ist dieser Vorab-Beschaffungsvorgang aufklärungswürdig oder nicht? Ist er aufklärungswürdig? (Beifall bei der SPÖ.) – Für uns ist dieser Beschaf­fungs­vorgang eindeutig aufklärungswürdig! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbich­ler.)

Es ist von meinen Vorrednern bereits angesprochen worden: Diese Kampfflugzeuge haben einen viel zu hohen Preis – ich betone: einen viel zu hohen Preis –, andere kosten 10 bis 20 Prozent weniger! (Bundesrat Steinbichler: Da passt mir schon etwas zu den Nachrichten und zu Minister Streicher! Lass dir Zeit! – Bundesrat Konecny: Minister Streicher hat die Abfangjäger gekauft! – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Da Herr Steinbichler so lange Zwischenreden hält, muss ich warten, bis er ausge­sprochen hat. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Ich danke Ihnen recht herzlich, dass Sie mich rechtzeitig unterbrechen, damit ich in meinen Unterlagen nach­schauen kann, was ich zum Schluss sagen werde.

Die Regierungsfraktionen haben in der Sitzung des Landesverteidigungsausschusses am 3. Juli 2003 dem Verteidigungsminister (Bundesrat Bieringer: Gibt es nicht! Den Landesverteidigungsausschuss gibt es nicht mehr!) ein klares Misstrauen ausgespro­chen, indem sie den SPÖ-Antrag, der die Regierung auffordert, sofort alle Schritte zu setzen, um den Beschaffungsvorgang für die Kampfflugzeuge, die Abfang­jäger und die Überwachungsflugzeuge zu stoppen oder zu vertagen, behandelt haben. Die Verta­gung bedeutet nichts anderes, als dass die Regierungsfraktionen noch über dieses Thema diskutieren wollten, weil noch viele Fragen in diesem Zusammenhang offen sind. (Bundesrat Kritzinger: Bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag!) – Nein, nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag! (Bundesrat Dr. Kühnel: Die wird die SPÖ wieder wollen, wenn sie in die Regierung kommt!)

Dieser Beschaffungsvorgang erfordert grundsätzlich einen Untersuchungsausschuss, damit dieser Beschaffungsvorgang so untersucht und aufgeklärt wird, wie es notwendig ist.

Zum Schluss kann ich nur noch einmal die „Kronen-Zeitung“ zitieren. (Bundesrat Dr. Küh­nel: Oje!) Die „Kronen-Zeitung“ hat bei ihren Lesern eine Umfrage gemacht und festgehalten, dass der Abfangjägerkauf ein Betrug am Volk sei. (Beifall bei der SPÖ.)

16.16

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Hagen. – Bitte.

 


16.16

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ein gewisses Verständ­nis habe ich für die Dringliche Anfrage der SPÖ. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.) Wäre ich in der Opposition, hätte ich es wahrscheinlich ebenso gemacht – aber nun zur Sachlichkeit. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Jeder weiß, dass ich mit der Typenentscheidung der Abfangjäger auf Grund der Kosten­frage nicht unbedingt einverstanden war, aber ich bekenne mich zum Rechts­staat Österreich und nehme das Ergebnis zur Kenntnis. Nun bin ich der Meinung, dass wir hier nicht über die Abfangjäger selbst, über die Entscheidung, über die Typenent­scheidung oder sonst irgendetwas diskutieren, sondern wir debattieren über den Rech­nungshofbericht, und dabei handelt es sich meines Wissens um den Vorbericht des Rechnungshofes. (Bundesrat Konecny: Rohbericht!)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 134

Das heißt, das ist nicht der Endbericht, sondern nur eine vorübergehende Fassung, das heißt, der Rechnungshof hat erhoben. Wie bei der Staatsanwaltschaft wird ein Verfahren eingeleitet, die Anzeige wird dann an das Gericht weitergeleitet, und es hat noch keine Hörung des so genannten Beschuldigten stattgefunden. Auch diese An­zeige der Staatsanwaltschaft, die dann an das Gericht weitergeleitet wird, ist nicht öffentlich, und daher ist es für mich verständlich, dass Herr Minister Platter das Ganze nicht an die große Glocke hängt, sondern zuerst eine Stellungnahme abgeben möchte. Das ist meiner Ansicht nach völlig richtig. (Bundesrat Konecny: Er hat es an die große Glocke gehängt! Die Glocke war der ORF!) Er muss die Möglichkeit der Verteidigung haben, das gestehe ich ihm zu, und das ist auch richtig und gut so.

Wir werden jetzt die Stellungnahme des Verteidigungsministeriums beziehungsweise des Verteidigungsministers abwarten, und dann wird die ganze Sache öffentlich. Das heißt, die Stellungnahme wird in die Akte eingearbeitet, und dann wird das öffentlich –das ist Rechtsstaatlichkeit.

Ich möchte dazu sagen, dass ich als Gendarmeriebeamter zu Herrn Minister Platter als ebenfalls einem Gendarmeriebeamten vollstes Vertrauen habe (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Bundesräten der ÖVP), dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist, dass er das richtig beantworten wird, dass er das richtig prüfen wird und dass alles seinen rechten Weg gehen wird. Ich glaube, dass es dann auch zu einer Aufklärung kommen wird, sollte etwas nicht in Ordnung sein, wie Sie es angesprochen haben, wie es in den Medien kolportiert wurde. Dann wird Herr Minister Platter sicher untersuchen lassen, und ich glaube, dass dann auch das richtige Ergebnis herauskommen wird.

Für mich ist aus diesem Grunde diese Dringliche Anfrage heute hier überflüssig, das muss ich Ihnen ganz offen sagen. Der Zeitpunkt ist falsch, und damit ist das für mich erledigt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

16.19

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.19

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ihre Amtszeit ist kurz, Sie sind mittlerweile ein Dauergast des Bundesrates geworden. Sie haben eine „dampfende Kacke“, wie man das in Deutsch­land sagen würde, geerbt. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Das ist so, Herr Kühnel!

Meine Damen und Herren! Sie haben jetzt versucht, schwere Artillerie in Stellung zu bringen: Sie haben gesagt, wer Fragen stellt, verabschiede sich von der Sicherheit des Landes, wer Fragen stellt, beschmutze Österreich im Ausland, wer Fragen stellt, schade der Verlässlichkeit österreichischer Sicherheitspolitik. (Bundesrat Dr. Kühnel: Wer solche Fragen stellt!) – Das ist Poesie, meine Damen und Herren!

Der Einzige, der auf die Poesie hereinfällt, ist Herr Kühnel, der fällt jedes Mal auf die Poesie herein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich weiß ja nicht, wo Sie gedient haben, Herr Platter, aber ich nehme an, Sie waren Jahrgangsbester bei den Nebelwerfern. (Bundesrat Dr. Kühnel: Die gibt es nicht mehr!) Das haben Sie nämlich heute hier gemacht.

Noch etwas: Herr Kollege Kühnel, das Wort von den fliegenden bewaffneten Foto­apparaten hat von dieser Bank aus Herr Vizekanzler Haupt geprägt. Er hat gesagt, er stellt fest – Sie können es im Protokoll nachlesen –, es sind zumindest bewaffnete fliegende Fotoapparate. (Bundesrat Dr. Kühnel: Aus dem Zusammenhang gerissen!) –


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 135

Also Ehre, wem Ehre gebührt. Das hat nicht Herr Professor Konecny erfunden, das ist O-Ton Haupt.

Sie sollten sich ein wenig informieren, wer jetzt polnischer Staatspräsident ist, auf den Sie sich berufen haben. Ich glaube nicht, dass das der ... (Zwischenruf des Bun­desrates Dr. Kühnel.) Da müssen Sie aufpassen, wen Sie da zitieren.

Herr Bundesminister! Gehen wir einmal auf die Causa ein, dass es eine Notwendigkeit ist! Ich muss sagen: Dies ist die größte Beschaffung der Zweiten Republik. Das hat weder etwas mit Sicherheit noch mit dem Ausland, sondern mit internen Vorgängen in der Republik zu tun.

Sie haben gesagt, das Bundesministerium habe den Rohbericht des Rechnungshofes am 16. bekommen, am 17. hätten Sie selbst ihn bekommen. Am 18. in der Früh gab es eine Presseaussendung, der zu entnehmen war, dass es noch keinen Rechnungs­hofbericht gibt. Am 18. am Abend waren Sie aber in der „ZiB“ und hatten ihn. Also was ist an diesem Tag passiert, dass am nächsten Tag die APA-Meldung kam, es gebe ihn nicht? Sie hatten ihn aber schon 24 Stunden in Händen.

Wenn alle militärischen Geheimnisse dieselbe Sicherheitsstufe haben wie die Beschaf­fungsvorgänge rund um die Abfangjäger, dann muss man ja denken, dass da eher der Emmentaler am Werk ist als irgendwelche militärischen Geheimnisse.

Gehen wir doch einmal, Herr Minister, wenn Sie so freundlich wären, in das ein, wovon Sie, Herr Präsident Khol und Herr Lopatka sagen, es sei alles in Butter. Unser Kollege Bieringer meint ja auch, dass alles in Ordnung ist. Es gibt aus diesem Vorbericht bereits einige Zitate, die beweisen, dass das ein Hammer ist, was der Rechnungshof da festgestellt hat. Nehmen wir einmal einige wenige Zitate heraus. Also von einem Weißwaschmittel kann hier keine Rede sein.

Zitat Rechnungshof: „Die vom BMLV“ – Bundesministerium für Landesverteidigung – „errechneten Lebenszykluskosten stellten nicht die Betriebskosten dar, weil nicht alle Kostenelemente enthalten waren.“ – Das heißt, das Teuerste, die Lebenszykluskosten sind falsch berechnet? Die wahren Kosten der Abfangjäger sind vernebelt und die Verwaltungsgrundsätze der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit offensichtlich ignoriert worden.

Nächstes Zitat aus dem Rohbericht des Rechnungshofes: „Die für die Bestbieterermitt­lung vom BMLV“ – Bundesministerium für Landesverteidigung – „angewandte Kosten-Nutzen-Vergleichskonfiguration wies methodische Mängel auf“ – es ist ja alles so super dort, es wird ja alles genau überprüft –, „hatte deswegen aber auf das Ergebnis der Analyse keinen spezifischen Einfluss.“ – Das heißt, die Berechnung der Lebenszyklus­kosten und damit die Grundlage der betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Rechnung ist falsch. Aber das macht angeblich nichts, weil die Lebenszykluskosten gar nicht in die Bewertung mit aufgenommen wurden. Nur: Es ist der dreifach höhere Preis des­sen, was für die Anschaffungen gezahlt wird. Zu diesen Passagen des Rohberichts kann man nur sagen: Das ist ja unfassbar!

Sie kommen daher und sagen, wir haben ein neues Persil und ein neues Omo.

Nächstes Zitat: „Die für die Kosten-Nutzwertanalyse herangezogene Aufteilung der möglichen Nutzwertpunkte in Soll- und Musskriterien war nicht schlüssig nachvoll­ziehbar.“ – Wenn man ein zentrales Bewertungskriterium wie die Lieferfähigkeit von einem Muss zu einem Soll macht und jetzt diesem Muss nicht mehr jene Bewertung zuerkennt, die eben vorher gegeben war, dann wird die Typenentscheidung plötz­lich ... – Und jetzt kommt der Vorwurf, der immer wieder im Raum steht: Was ist hier in der Bewertungskommission in manipulativer Art, nämlich in der anderen Bewertung passiert?


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 136

Gehen wir zum nächsten Zitat: „Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante wurde erst im Zuge der Bewertung und nach Angebotseröffnung festgelegt und war letztlich ausschlaggebend für die Typenentscheidung.“ – Das muss man einmal auf der Zunge zergehen lassen: Letztlich ausschlaggebend war die heran­gezogene Zahlungsvariante! Diese wurde aber erst nachher festgelegt! Nachher fest­gelegt wurde nämlich die ausschlaggebende Entscheidung, nach welcher Methode da bezahlt wird. (Bundesrat Bieringer: Woher haben Sie den Bericht?)

Nächstes Zitat: „Die in einer Einsichtsbemerkung zum Endbericht der Bewertungs­kom­mission festgestellte annähernde Gleichwertigkeit der Angebote konnte“ – Original­zitat! – vom RH“ – Rechnungshof – „nicht nachvollzogen werden. Weiters fehlten in diesem Bericht die Preise für Simulatoren, Munition sowie die Höhe der anfallenden Steuern, Abgaben und Zölle.“ – Wir könnten noch weitere Zahlen bringen. Wenn dies jetzt hier ein wenig Nervosität auslöst, kürze ich das ab, damit diese Fragen vielleicht im Laufe der Behandlung dieser Dringlichen Anfrage geklärt werden können.

Gehen wir einmal ins Militärische, Herr Kühnel. Rechnungshofbericht: „Die Kampfflug­zeuge F-16 und Gripen wurden von österreichischen Piloten und Technikern einer praktischen Flugerprobung unterzogen. Der RH“ – Rechnungshof – „vermisste noch vor der Typenentscheidung beim Kampfflugzeug – übrigens, Herr Professor, das steht auch in dieser Passage – „Eurofighter eine praktische Flugerprobung in Österreich, ob­wohl die Firma diese Möglichkeit angeboten hatte.“ – Also bei der Maschine, die wir wählen, machen wir keine Erprobung, da machen wir nichts, und bei denen, die wir noch durch Veränderung der Bewertungskriterien hinauskicken, da lassen wir die Pilo­ten proben, da schauen wir uns das Gerät an. Aber bei der Maschine, die wir nehmen, da machen wir das nicht.

Sie sehen, Herr Minister, Sie haben eine dampfende Kacke geerbt. Das sind viele Din­ge, die nicht Sie zu verantworten haben. Aber was Sie zu verantworten haben, ist, wie man mit diesem Rechnungshof-Rohbericht, mit der Aufklärung in diesem Rechnungs­hof-Rohbericht und diesen Bewertungen umgeht. Da beginnt Ihre Verantwortung. Es wäre schade, Herr Minister, Sie sind erst jung im Amt, wenn Sie jetzt einen falschen Weg einschlagen würden.

Ich schließe mich durchaus der Forderung des Herrn Bundesratskollegen Gudenus an, der gestern laut Austria Presse Agentur meinte, dass er einen Untersuchungs­aus­schuss als zweckmäßig betrachtet, wenn die Regierung nichts zu verheimlichen habe. Jetzt, bei dieser riesigen Anschaffung, der größten Anschaffung der Zweiten Republik, mit all den Dingen, die jetzt schon auf dem Tisch liegen, kann man nur mehr die völlige Transparenz herbeiholen. Ansonsten, Herr Minister, fürchte ich um Ihre Sommerpla­nung im August, denn sonst werden natürlich hier einige Themen im Interesse Öster­reichs ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Aha, Sondersitzung!) Herr Kühnel, Sie haben das ja so gerne, Herr Kühnel, poesiemäßig, im Interesse Österreich werden hier einige Dinge sonst noch relativ schnell zu klären sein. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.29

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Tusek. – Bitte.

 


16.29

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese heute vier­te Dringliche Anfrage zum Thema Luftraumüberwachungsfahrzeuge (Bundesrat Bo­den: „Kampfflugzeuge“ ist kürzer!) zeigt eigentlich sehr klar und deutlich die Strategie der Opposition. Es ist klar, dass man ein Thema zu einem Dauerbrenner machen muss


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 137

und machen will. Das ist absolut das Recht der Opposition. Allerdings stelle ich fest, dass sich die Vorgangsweise bei diesen vier Dringlichen etwas geändert hat.

Waren es in den ersten drei Dringlichen Anfragen, soweit ich mich daran erinnere, eher Vorwürfe inhaltlicher Art, so waren es bei dieser letzten, mit Ausnahme des Titels – den hat Dr. Kühnel schon zitiert –, eher formale Kriterien, die hier angeschnitten wurden. Es ist durchaus auch ein Recht, in einer Dringlichen formale Kriterien anzu­schneiden.

Man könnte jetzt sagen, wenn man keine inhaltlichen Angriffspunkte mehr hat, dann stützt man sich aufs Formale. (Bundesrat Konecny: Das ist gut!) Aber so weit will ich gar nicht gehen, das will ich gar nicht erwähnen.

Es geht – bleiben wir aber beim formalen Sektor – hier um einen Rohbericht des Rech­nungshofes.

Kollege Schennach! Sie haben mit Ihren Ausführungen sehr klar und deutlich bestätigt, warum ein Rohbericht für die Öffentlichkeit nicht bestimmt ist, denn man kann zum Roh­bericht von Seiten des entsprechenden Ressorts zu etwaigen Fehlern, die passiert sind, Stellung beziehen. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.) Diese Stel­lungnahmen des Ressorts werden sicherlich erfolgen. (Bundesrat Konecny: Falscher Dampfer!) Ein Rohbericht ist, soweit ich das Rechnungshofgesetz kenne, dazu da, dass die verantwortliche Stelle, die vom Rechnungshof geprüft ist, zu Feststellungen, zu Vorwürfen oder sonstigen Erläuterungen des Rechnungshofes Stellung beziehen kann. Dann wird gemeinsam mit diesen Stellungnahmen der geprüften Behörde oder Stelle letztlich dann der Endbericht gemacht, und dieser Endbericht dient dann selbst­verständlich – das ist ganz klar – der parlamentarischen Kontrolle. Aber da sind dann gewisse Dinge, die im Rohbericht vielleicht falsch aufgefasst wurden, weg.

Die Frage der Geheimhaltung bezieht sich nach dem Kommentar zur Bundes­ver­fassung auf geheime Tatsachen. Ich mache es sehr kurz.

Wie so eine Beschaffung erfolgt ist, kann man absolut nicht als geheime Tatsache ein­stufen. Daher ist es völlig in Ordnung, dass der Herr Bundesminister auf nicht kleine Vorwürfe hin wie Korruption, Manipulation, Geschenkannahme die entsprechenden Stel­len aus dem Rohbericht zitiert. Er hat es als Ressortverantwortlicher gemacht, dem man, wie Kollege Konecny auch richtigerweise gesagt hat, letztlich auch Verant­wort­lichkeit gegenüber beiden Kammern des Parlaments in der Vollziehung absolut abver­langen kann. Das ist eine völlig legale Sache.

Der Rohbericht – und es war jetzt die Diskussion zu dieser Dringlichen schon sehr interessant, Kollege Todt ist leider nicht da ... (Bundesrat Gasteiger: Kommt schon wieder! Wir richten es ihm aus!) Ich kann auch mit Kollegen Gasteiger anfangen. (Bun­desrat Gasteiger: Ich bin schon da!) Wie gesagt, es ist in dieser Dringlichen, die von ihm als Erstunterzeichner eingebracht wurde, schon allein im Titel nicht unbedingt die­ses Bekenntnis zur Landesverteidigung zu sehen, auch nicht aus den Ausführungen des Kollegen Todt, der gemeint hat, dass der Beschaffungsvorgang nichts mit einem Be­kenntnis zur Landesverteidigung zu tun habe.

Ich habe das schon anders in Erinnerung, dass man nämlich generell gesagt hat: Wo­zu brauchen wir solche Luftfahrzeuge? – Damit ist die Berechtigung der Landes­verteidigung absolut in Frage gestellt, denn Landesverteidigung kann nicht ein, zwei oder fünf Meter über dem Boden aufhören. Das sehe ich schon als ein In-Frage-Stel­len.

Ich könnte jetzt mit noch etwas aufwarten. Kollege Todt hat gesagt, 700 000 Unter­schriften dürfe man nicht übersehen. Ich kann mich da an einen großen Staatsmann der siebziger Jahre erinnern. Als 1,3 Millionen Unterschriften beim erfolgreichsten


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 138

Volks­begehren zustande gekommmen sind, wurde von diesem großen Staatsmann gesagt, dass 2 Millionen oder 2,5 Millionen dagegen sind. (Bundesrat Gasteiger: Alter Hut!) Man könnte jetzt bei rund 5 Millionen Wahlberechtigten sagen, wenn es 700 000 Unterschriften gäbe, wären auch 4,3 Millionen Österreicher dafür. Das will ich aber gar nicht, sondern mit solchen Vergleichen sollte man auf jeden Fall vorsichtig sein.

Die Strategie ist grundsätzlich klar: Man hat von Seiten der Opposition ein Thema gefunden – das ist durchaus auch berechtigt –, womit man glaubt, in erster Linie bei der „Kronen Zeitung“ und damit bei den Österreicherinnen und Österreicher anzukom­men. Man meint, dieses Thema muss man warm halten, solange es geht. Ich halte das für eine durchaus legitime parlamentarische Methode, nicht für eine gefährliche Dro­hung, Kollege Schennach, der Sie vom August gesprochen haben. – Ja, warum nicht, es ist durchaus das Recht der Opposition, die parlamentarischen Möglichkeiten und den Spielraum entsprechend zu nützen.

Grundsätzlich möchte ich mich im Namen des Herrn Bundesministers Günther Platter noch für die Dringliche bedanken, denn diese Dringliche hat es ihm – ich darf das erklären, Kollege Konecny, bevor Sie lachen – als Tiroler ermöglicht, heute Abend beim Empfang des Tiroler Präsidenten Hans Ager dabei zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

16.37

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Manfred Gruber. – Bitte.

 


16.37

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorerst ein paar Worte an die Frau Kollegin Bürgermeisterin. Ich möchte mich nicht entschuldigen, aber zumindest sagen: Es tut mir Leid! Ich habe nicht gewusst, dass Sie heute hier Ihre Jungfernrede gehalten haben. Sie haben einige Sachen hier erklärt, wie wir miteinander umgehen sollten. Ich bin ganz Ihrer Meinung. Vielleicht fängt irgendwann einmal wer an. Es wird immer der Ball hin und her gespielt. Sie verlangen es von uns, wir verlangen es von Ihnen, aber Sie können ja einmal mit gutem Beispiel vorangehen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Wie wäre es mit Ihnen?) Mir tut es Leid, dass ich Sie bei Ihrer Rede gestört habe. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich es natürlich nicht getan.

Meine Damen und Herren! Weit mehr oder viel mehr stört mich, wie wir mit der Sache Abfangjäger-Beschaffung und generell mit diesem Thema umgehen. Ich möchte jetzt gar nicht über die Frage der Notwendigkeit dieser Abfangjäger sprechen, wir wissen, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Wir Sozialdemokraten glauben, ohne etwas gegen das Bundesheer zu haben, wir stehen genauso hinter diesem Bundesheer wie alle anderen in diesem Land, dass dieses Geld besser angelegt gewesen wäre, wenn man es dort hingegeben hätte, wo wir wissen, dass es Mängel gibt.

Es ist wirklich so, dass diese Abfangjäger ein Über-drüber-Ding sind, das wir uns in Wirklichkeit nicht leisten können. Sie alle wissen – ich glaube, das ist auch der Regierung und den Regierungsparteien bewusst –, eine Entscheidung für Abfangjäger in einer Zeit, in der man auch die Pensionsreform beschließt, zu treffen, ist von der Optik her schon nicht gut und wird bei den Leuten auch nicht gut ankommen oder ist bei den Leuten auch nicht gut angekommen, was man feststellen kann, wenn man sich die Umfrageergebnisse anschaut.

Zum Beschaffungsvorgang, meine Damen und Herren, oder jetzt zum Umgang mit einem Rechnungshofbericht: Ich muss mich schon wundern, wenn die Opposition als böse hingestellt wird, wenn immer wieder gesagt wird: Die haben sonst nichts, die


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 139

fordern nur, haben aber keine Vorschläge! Andererseits reden hier Regierungsmit­glie­der von der Regierungsbank aus und lassen ihren Unmut, möchte ich fast sagen, gegen die Opposition aus. Da darf man alles sagen, wie etwa: Diese Opposition macht uns im Ausland schlecht! Wie stehen wir dann da? Et cetera.

Wie wir diversen „Spiegel“-Zitaten zum Beispiel oder auch Zitaten aus anderen Zeitun­gen entnehmen können, ist es nicht so sehr der Fall, dass sich das Ausland über die Opposition in diesem Land wundert, sondern es wundert sich schon vielmehr über die Regierung und über Regierungsentscheidungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Weil Sie immer wieder sagen, das käme nur von der Oppo­sition, sage ich Ihnen: Es gibt eine veröffentlichte Meinung in diesem Land. Sie alle wissen – es ist ja schon zitiert worden –, was alles im „Kurier“, in der „Tiroler Tages­zeitung“ oder in der „Presse“ zu diesem Beschaffungsvorgang geschrieben wurde. Das ist nicht nur die Opposition in diesem Land, bitte, das sind Zeitungen (Zwischenruf bei der ÖVP), Herr Kollege, die sicher nicht der SPÖ nahe stehen. Die „Tiroler Tages­zeitung“, die „Oberösterreichischen Nachrichten“, die „Presse“ oder die „Salzburger Nach­richten“ stehen sicher nicht der SPÖ nahe. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Das ist nicht nur die Opposition, das ist die durch die Medien in diesem Land veröffentlichte Meinung.

Ich habe schon gesagt, ich will jetzt nicht über die Notwendigkeit dieser Abfangjäger die Diskussion eröffnen, mir genügt, dass ein Bundeskanzler, der die Neutralität für obsolet erklärt hat, jetzt die Neutralität zur Rechtfertigung der Abfangjäger heranzieht. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist mir Beweis genug, was da wirklich dahinter steckt.

Noch einmal zu diesem Rohbericht. Es stimmt: Gerade als Bürgermeister wird man auch geprüft und weiß, dass Rohberichte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, weil man noch die Möglichkeit hat, etwas zurechtzurücken oder sich dementsprechend zu rechtfertigen. Das fließt letzten Endes in den Bericht ein, und dieser Bericht wird dann der Allgemeinheit oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ich glaube, wir stimmen über Rohberichte grundsätzlich überein. Ich denke, da sind wir einer Meinung. (Bun­desrat Gasteiger: Der Tusek hat es gesagt!)

Was uns aber natürlich sehr wundert, das ist, dass man, nachdem sich der Herr Minister selber vor die Kamera gesetzt und aus diesem Rohbericht zitiert hat – er hat ihn bereits veröffentlicht –, in den Medien Auszüge aus diesem Rohbericht lesen kann. Nicht nur der Herr Minister hat das gemacht hat, sondern auch sein Vorgänger, Ex-Minister Scheibner, der Herr Nationalratspräsident ebenfalls, und ein Generalsekretär hat sich darauf berufen. (He-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Aber wir dürfen nicht!)

Hier erklärt uns Herr Minister Platter, es gebe ein Exemplar, und dieses eine Exemplar liege bei ihm im Ministerium im Tresor. Erklären Sie mir, bitte, einmal, wie so etwas möglich ist! Ich würde das gerne wissen, ich würde das wirklich gerne wissen!

Das Zweite, meine Damen und Herren, was mich auch interessieren würde, ist: Ken­nen Sie „Österreich’s virtuelles Militärluftfahrt-Journal? – Das kann man sich unter www.airpower.at anschauen, man kann es herunterladen, das ist eine gute Einrich­tung. Sie wird immer wieder benützt, um die Sozialdemokraten so hinzustellen, dass sie etwas gegen das Bundesheer haben. – Aber gut, das ist die Meinung der Damen und Herren, die dieses Journal veröffentlichen.

Was mich aber weit mehr interessiert – und jetzt kommen wir wieder zum Rohbericht des Rechnungshofes und zur Öffentlichkeit –, das ist die Frage: Wie kommt dieses Militärluftfahrt-Journal dazu, den Rohbericht – ich habe ihn hier, bitte – runterzuladen –


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 140

den Rohbericht bitte, wohlgemerkt! –, der beim Herrn Minister im Tresor liegt? (He-Rufe bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das ist ja ungeheuerlich!) Wie kommt dieses Militärluftfahrt-Journal dazu, die Kurzfassung des Rohberichtes – und ich habe die Unterlagen hier, Herr Minister – öffentlich zu machen? (Bundesrat Gasteiger: Das ist der Skandal! – Bundesrat Reisenberger: Jetzt wird es kriminell! – Bundesrat Ko­necny: Vom wem haben die das?)

Die Mitglieder des Nationalrates bekommen den Rohbericht nicht, die Mitglieder des Bundesrates bekommen den Rohbericht nicht, aber, Herr Professor Böhm – und darüber sollten Sie sich den Kopf zerbrechen (Bundesrat Dr. Böhm: Wieso ich?) –: Wie ist es möglich, dass ein Exemplar eines Rohberichtes (Bundesrat Dr. Böhm: Von mir stammt es nicht!), der beim Herrn Minister im Tresor liegt, von einem Militärjournal ver­öffentlicht, dem Nationalrat und dem Bundesrat jedoch vorenthalten wird? (Bun­desrat Konecny: Das ist ein Skandal! – Bundesrat Gasteiger: Das ist ein Wahnsinn!)

Wir werden uns das sicher nicht gefallen lassen, Herr Minister. Wir werden uns das nicht gefallen lassen! (Zwischenrufe der Bundesräte Hösele und Kneifel.)

Meine Damen und Herren! Wir werden morgen bezüglich dieser Veröffentlichung eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermitteln. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

16.45

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Bieringer, Sie haben das Wort.

 


16.45

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Rohberichten des Rechnungshofes hat es so etwas an sich. (Bundesrat Gasteiger: Geh!) Herr Kollege Gasteiger, eines sei einmal festgestellt: Es kommt immer wieder vor, dass Rohberichte irgendwohin wandern. (Bundesrat Konecny: Den es in einem Exemplar gibt?) – Warte ein bisschen! Ob es zwei oder drei Exemplare gibt ... (Bundesrat Konecny: Der Herr Minister hat gesagt: Eines! Du wirst doch nicht den Minister korrigieren?!)

Dass das eine Exemplar dem Verteidigungsministerium zugestellt wurde, bestreitet ja niemand; dass aus diesem einen Exemplar aber zitiert wird, ist gelinde gesagt eine Frechheit. Da muss es eine undichte Stelle im Verteidigungsministerium geben, und Sie können versichert sein, Herr Kollege, dass der Herr Bundesminister dieser Sache nachgehen wird.

Herr Kollege Gruber, wenn du schon von diesem privaten Verein vorliest, der unter www.airpower.at im Internet ist, dann hättest du auch weiterlesen sollen, was hinten steht: „ ... nicht die Regierung hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, sondern die Suppe der Opposition in Sachen Abfangjäger scheint inzwischen so dünn ...“ (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Du zitierst Kriminelle!) – Ja, ich weiß schon, dass euch das nicht passt! (Bundesrat Gasteiger: Das wissen wir ja!)

Aber ich werde trotzdem weiterzitieren. (Bundesrat Konecny: Ja, aber du zitierst Straf­täter!) – Herr Kollege Konecny, bitte aufpassen! (Bundesrat Konecny: Ja, aber Straf­täter sind keine guten Zeugen!)

„ ..., dass es kaum lohnt, die Hand nach dem Löffel auszustrecken. Denn von all den schweren Anschuldigungen von Gegnern und Opposition ist offenbar nichts geblieben. Das über ein Jahr lang gegenseitig aufgeschaukelte Gebilde aus anonymen Anzeigen, wilden Spekulation, nicht belegten Behauptungen und haltlosen Anschuldigungen er­wies sich offenbar als Rohrkrepierer. Der Punktevorsprung der Regierung dürfte haus-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 141

hoch sein.“ – Mehr ist dem nicht hinzuzufügen. – Erste Feststellung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)

Zweite Feststellung. (Bundesrat Todt: Wie kommt der Rohbericht ...?) – Herr Kollege Todt, passen Sie doch einmal auf! – Ich habe gesagt, der Herr Bundesminister wird das klären, er wird ja kein Wunderwuzzi sein. Herr Bundesminister Platter ist ein her­vorragender Minister, aber Wunderwuzzi kann er keiner sein, dass er heute schon geklärt hat, was heute erst geschehen ist. Da müsst ihr ihm schon ein bisschen Zeit lassen. Er wird das tun. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, dass Kollege Khol und Kollege Lopatka diesen Rohbericht in Händen haben müssen, weil sie ihn zitiert haben, dann müssen Sie aufpassen, was Sie sagen. Beide Herren haben ihn erst zitiert, nachdem der Herr Bundesminister auf konkrete Fragen der Reporter im ORF geantwortet hat. Erst am nächsten Tag beziehungsweise drei Tage später hat Kollege Lopatka auf diesen Rohbericht reagiert.

Ich glaube schon, dass euch das nicht gefällt. (Bundesrat Manfred Gruber: Mir gefällt die ganze Sache nicht!) Mir fällt da nur das Sprichwort ein: Wie der Schelm denkt, so ist er! Das ist ganz einfach. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Falsches Zitat! Anders herum!) Sie haben in letzter Zeit am laufenden Band, ohne irgendeinen Beweis zu haben, hohe Offiziere des Bundesheeres und Beamte und Mitarbeiter der Ministerien beschuldigt, obwohl Sie nichts in der Hand hatten, so nach der Devise: Ein bisschen etwas wird schon hängen bleiben. – Das ist eine Politik, mit der wir nichts zu tun haben wollen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Der Rechnungshofbericht ist selbst hingeflogen!)

Ich sage Ihnen: Es ist ganz leicht, immer etwas zu behaupten, aber ein bisschen etwas wird schon wahr sein, ein bisschen werden wir uns schon noch hineinzwängen können, ein bisschen etwas werden wir schon noch sagen. Wenn Sie etwas haben, das nicht in Ordnung ist, dann legen Sie das auf den Tisch! Geben Sie das der Staatsanwaltschaft, dann soll untersucht werden! (Bundesrat Konecny: Seit Monaten! – Bundesrat Gasteiger: Warum sind Sie so nervös, Herr Kollege Bieringer?) Aber hören Sie endlich auf mit Ihrer Sudelei! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Es hat heute schon ein Tiroler hier gesprochen. (Bundesrat Gasteiger: Warum sind Sie so nervös?) – Bei uns ist überhaupt niemand nervös! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Nervös werdet ihr, weil ihr nichts habt!

Der Tiroler Günther Platter ist für uns allemal ein Garant dafür, dass in diesem Ressort ordentlich gearbeitet wird, und überall dort, wo das nicht so sein sollte – da Sie doch dauernd aufzeigen, dass hier etwas nicht in Ordnung ist –, wird er wissen, was er als Minister zu tun hat. Wir haben vollstes Vertrauen zu diesem Minister. (Bundesrat Gasteiger: Ja, das stimmt! Ich bin auch Tiroler!) Wir haben vollstes Verständnis für ihn. Wir wissen auch, wie schwer er es hat, weil er ein schweres Erbe übernommen hat (Bundesrat Konecny: Wo?, aber seien Sie versichert, es wird von Ihrem ... (Bundesrat Konecny: Keine Proteste? Das schwere Scheibner-Erbe?!)

Meine Damen und Herren! Es ist doch kein Honiglecken, ein Ministerium zu über­nehmen. Das möchte ich schon einmal ... (Bundesrat Konecny: Oder meinst du den Fasslabend?) Sie interpretieren die ganze Zeit schon wieder etwas hinein. (Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Du hast gesagt „schwe­res Erbe“! Wer ist gemeint? Der Scheibner oder der Fasslabend?) Ein Ministerium zu übernehmen, das ist nicht so leicht, ist nicht irgendeine Kleinigkeit, wo ... (Bundesrat Boden: Die ÖVP tut sich schwer!)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 142

Die ÖVP hat sich beim Verteidigungsministerium noch nie schwer getan – im Unterschied zu euch! Ich weiß, wovon ich rede, denn ich möchte die Zeiten, als ein Lütgendorf oder ein Rösch Minister gewesen sind, nicht mehr zurückhaben (Bundesrat Konecny: Da ist noch etwas geschehen!), sondern ich bin froh darüber, dass wir heute einen Günther Platter als Verteidigungsminister haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wir wissen, dass dieses Ministerium bei ihm in besten Händen ist. So wird es auch bleiben! Wir zollen den Mitarbeitern in seinem Ressort, die hervorragende Arbeit im Zuge der größten Beschaffungsaktion dieser Republik geleistet haben, unseren uneingeschränkten Respekt und unsere Hochachtung. Das werden Sie, ob Sie wollen oder nicht, zur Kenntnis nehmen müssen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

16.53

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Manfred Gruber zu Wort gemeldet. Ich darf ihn bitten, sich an die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu halten. – Bitte.

 


16.53

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich mache es ganz kurz.

Lieber Herr Kollege Bieringer, du hast hier behauptet, es würden immer nur Verdächtigungen ausgesprochen und keine Beweise vorgelegt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang ganz klar sagen: Hier ist ein Beweis in meinen Händen! Und es gibt nur zwei Möglichkeiten ... (Zwischenruf des Bundesrates Bie­ringer.) – Herr Kollege Bieringer, lass mich ausreden! Ich habe dich auch nicht unter­brochen.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es – das unterstelle ich jetzt einmal – im Rechnungshof eine undichte Stelle, sodass dieser Rohbericht mehrfach an die Öffentlichkeit gelangt ist, oder es gibt im Ministerium eine undichte Stelle – auch das unterstelle ich einmal.

Dir möchte ich sagen: Hier ist der Beweis! Es ist nicht so, dass wir einfach Ver­däch­tigungen aussprechen oder irgendetwas in den Raum stellen. Hier bitte, ist der Beweis. Das wollte ich richtig gestellt haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

 


16.54

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Hoher Bun­desrat! (Anhaltende Zwischenrufe. – Vizepräsidentin Haselbach gibt das Glocken­zeichen und weist auf die Worterteilung hin.) Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Bundesrat Gasteiger: Jetzt musst du zum „schweren Erbe“ etwas sagen!) Ich habe in der letzten Bundesratssitzung den Rohbericht des Rechnungs­hofes (Bundesrat Gasteiger: Auch schon gesehen, oder was?!) eingefordert. Ich habe eingefordert, dass man bei diesem Thema die Vertraulichkeit aufhebt. Wir haben die­sen Rohbericht nicht bekommen. (Bundesrast Gasteiger: Aber ihr seid der Koalitions­partner!) Jene Passagen aus diesem Rohbericht, die bisher bekannt sind, sind nicht gerade dazu angetan, mich zu beruhigen.

„Die für die Kosten-Nutzwert-Analyse herangezogene Aufteilung der möglichen Nutz­wert­punkte in Soll- und Musskriterien war nicht schlüssig nachvollziehbar.“


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 143

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn das ein Rohbericht ist, der dem Ministerium noch einmal vorgelegt wird, muss ich festhalten: Diese Passage ist wirklich nicht dazu angetan, Aufklärung zu schaffen.

„Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante wurde erst im Zuge der Bewertung und nach Angebotseröffnung festgelegt und war letztlich aus­schlaggebend für die Typenentscheidung.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in der letzten Bundesratssitzung auch festgehalten, dass ich zumindest das System, die Methodik der Nutzwert-Analy­sen verstehe – und es ist schon eigenartig, dass noch nach der Angebotseröffnung verschiedene Zahlungsvarianten abgeändert werden. – So geht es da weiter.

Meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat anscheinend mehr Informationen als ich – und muss diese auch haben –, sonst könnte er heute nicht so ruhig hier sitzen. Aber das, was ich heute in diesem Bundesrat bei dieser Dringlichen Anfrage mitbe­kommen habe, überzeugt mich nicht in die Richtung, dass bei diesem Beschaffungs­vorgang wirklich alles ordnungsgemäß abgewickelt wurde. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus, Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

16.57

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis morgen, Donnerstag, 24. Juli 2003, 9 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 16.58 Uhr unterbrochen und am 24. Juli 2003 um 9.01 Uhr wieder aufgenommen.)

 

Wiederaufnahme der Sitzung: Donnerstag, 24. Juli 2003, 9.01 Uhr

 


Präsident Hans Ager: Ich nehme die gestern unterbrochene Sitzung wieder auf.

Antrittsansprache des Präsidenten

 


9.01

Präsident Hans Ager: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geschätzter Herr Landeshauptmann! Herr Landtagspräsident! Stellvertretend für alle anwesenden Präsidenten des Bundesrates – und das sind sehr viele – begrüße ich sehr herzlich Gottfried Jaud, meinen Vorgänger. (Allgemeiner Beifall.)

Stellvertretend für viele Bürgermeister aus meinem Bezirk, die heute hier sind, begrüße ich sehr herzlich den Bürgermeister meines Heimatortes Itter, Hans Gratt, der auch hier ist. (Allgemeiner Beifall.)

In diesem Halbjahr, in dem der Vorsitz im Bundesrat dem Bundesland Tirol zukommt, habe ich die Ehre, das Amt des Präsidenten des Bundesrates auszuüben. Ich freue mich darüber und bin mir in der kurzen Zeit seit 1. Juli schon bewusst geworden, dass diese Aufgabe nicht nur ehrenvoll, sondern auch ungeheuer interessant und spannend ist. Ich bedanke mich bei meinem Landeshauptmann, beim Tiroler Landtag und seinem Präsidenten dafür und werde mich bemühen, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 144

Ich freue mich ganz besonders, dass der Herr Landeshauptmann von Tirol, DDr. Her­wig van Staa, im Bundesrat anwesend ist und begrüße ihn noch einmal sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Ich danke sehr herzlich meinem Vorgänger, Professor Herwig Hösele, der für das Bun­desland Steiermark in verdienstvoller Weise den Bundesrat würdig repräsentiert hat. (Allgemeiner Beifall.)

Danken möchte ich auch den beiden Vizepräsidenten, Frau Anna Elisabeth Haselbach (allgemeiner Beifall) und Herrn Jürgen Weiss (allgemeiner Beifall), sowie den weiteren Mitgliedern der Präsidialkonferenz, Fraktionsvorsitzendem und Freund Ludwig Bie­ringer (allgemeiner Beifall), Herrn Professor Albrecht Konecny (allgemeiner Beifall) und Herrn Universitätsprofessor Dr. Peter Böhm. (Allgemeiner Beifall.)

Es ist gute Tradition und ein besonderes Vorrecht des Präsidenten, bei seiner Antritts­rede einige grundsätzliche Gedanken über die Institution Bundesrat zu äußern.

Gerade in dieser problemreichen Zeit werden verschiedene Verfassungseinrichtungen und mit diesen auch der Bundesrat zur Diskussion gestellt. Die Bundesgesetzgebung kennt das Zweikammernsystem Nationalrat und Bundesrat und die Landes­gesetz­ge­bung das Einkammersystem, die Landtage.

Österreich befindet sich in einer sehr sensiblen Situation: Die öffentliche Diskussion ist geprägt von der Sorge um die fundamentalsten Dinge im Leben eines Menschen unse­res Landes, wie die Sicherung der Pensionen, die Sicherung und Schaffung von Ar­beitsplätzen und den österreichischen Budgetkurs.

Zweite Kammern befinden sich, meine Freunde, in allen Ländern im Spannungsfeld von übernommenen Traditionen und politischer Gegenwartsverantwortung.

Was die Kompetenzen betrifft, so sind diese – wie bei allen parlamentarischen Einrich­tungen – auf vier Möglichkeiten bezogen: auf die Gesetzgebung, die Kontrolle, die Mitwir­kung an der Vollziehung und – bisweilen – auf ein Vorschlagsrecht bezüglich der Ernennung von Höchstrichtern.

Im Zweikammernsystem üben die beiden Kammern ihre Kompetenzen in den über­wiegenden Fällen nebeneinander, selbständig und nur in seltenen Fällen gemeinsam aus, so zum Beispiel bei der Angelobung des Staatsoberhauptes in Österreich nach Volkswahl vor der aus Nationalrat und Bundesrat bestehenden Bundesversammlung.

Die wichtigste Aufgabe des Bundesrates aber ist es, zu garantieren, dass der National­rat den Ländern nicht sukzessive Rechte wegnimmt. Österreich ist ein Bundesstaat, Bundesebene und Länderebene sind getrennt, aber aufeinander bezogen. Die Bun­desebene hat eine eigene Gesetzgebung und eine eigene Bundesregierung; die Län­derebene hat dasselbe – nur so ist die jeweilige Autonomie gewährleistet.

Artikel 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes sagt ausdrücklich: „Österreich ist ein Bun­des­staat.“ Er wird aus den selbständigen neun Bundesländern gebildet.

Wenn man auch in Zukunft haben möchte, dass es in Österreich selbständige Länder gibt, dann braucht man immer den Bundesrat dazu. (Allgemeiner Beifall.)

Gewählte Abgeordnete – auch wenn sie indirekt durch den Landtag gewählt wurden – können die Interessen der Länder mit ihrem freien Mandat am besten sichern.

Das Mandat des Bundesrates bietet die umfassendste Information aller österreichi­schen Abgeordneten, denn wir Bundesräte haben Informationen aus den Landtags­klubs, aus den großen Parlamentsklubs, also von den Nationalratsfraktionen, und dazu noch aus den Bundesratsfraktionen. Es kommt darauf an, aus diesem Maximum an


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politischen Informationen den Staat den einzelnen Einwohnern nahe zu bringen, auf ihre Sorgen einzugehen und ihnen zu helfen.

Der Bundesrat als Ländervertretung in der Bundesgesetzgebung zählt neben der Kom­petenzverteilung und dem Finanzausgleich zu den wichtigsten Bestimmungen eines Bundesstaates überhaupt. Dies zeigt auch der Vergleich der Verfassungen verschie­dener föderal aufgebauter Staaten.

Da die Länderrepräsentanz nach dem Parteienproporz im Landtag erfolgt, kann wäh­rend der jeweiligen Legislaturperiode des Nationalrates und der Funktionsperiode der Bundesregierung das jeweilige politische Wollen der Bevölkerung und damit auch die Stärke der politischen Parteien in den Landtagen in der Bundesgesetzgebung zum Tragen kommen. Auf diese Weise vermag der Bundesrat und damit der Föderalismus zur Gewaltenteilung sowie zur Kontrolle im Staat beizutragen.

In welcher Weise der Bundesrat dieser seiner Funktion nachkommt, hängt von seinen Kompetenzen und den Möglichkeiten sowie Umständen ab, diese auszuüben. Neben der Mitwirkung an der Gesetzgebung gibt es auch für zweite Kammern Möglichkeiten der politischen Kontrolle.

Viel zu wenigen ist bewusst, dass der Bundesrat beachtenswerte Zuständigkeiten in der Gesetzgebung sowie in der politischen und rechtlichen Kontrolle schon hat. Ich ver­weise auf das absolute Veto, also auf das Zustimmungsrecht bei Kompetenz­änderun­gen zu Lasten der Länder in Verfassungsgesetzen und Staatsverträgen, weiters auf seine politischen und rechtlichen Kontrollmittel wie das Interpellations-, Resolutions-, Zitations-, Petitions- und Enqueterecht sowie auf das Recht zur Gesetzesanfechtung beim Verfassungsgerichtshof wegen des Verdachtes auf Verfassungswidrigkeit.

Es ist sehr bedauerlich, dass der Bundesrat an der Ausübung seiner Rechte durch Koalitionsabkommen behindert wird – auch jetzt.

Viele seiner Kritiker übersehen dabei, dass schon jetzt Landeshauptleute, die im Bun­desrat zum Unterschied vom Nationalrat ein Teilnahme- und Rederecht haben, dieses jederzeit ausüben und auch Mitglieder des Bundesrates werden können. Auch viele Bürgermeister und andere Repräsentanten von Städten und Gemeinden gehören dem Bundesrat schon an. Es haben bereits heute diese Repräsentanten der Länder und Gemeinden die Möglichkeit, dem Bundesrat ein Stimmverhalten zu empfehlen – leider erfolgt dies nur ganz selten und wenn, nicht einhellig.

Ich betone dies und könnte noch Weiteres hinzufügen, weil ich meine, dass bei aller Diskussion um den Bundesrat seine schon bestehenden Möglichkeiten nicht überse­hen werden sollten. Es ist auch sehr bedauerlich, dass viele, die den Bundesrat kritisie­ren, dies in Unkenntnis dessen tun und ihn an der Ausübung seiner Rechte behindern. Es bedarf daher keiner Aufwertung des Bundesrates, sondern vor allem einer Beseiti­gung seiner Behinderungen. (Allgemeiner Beifall.)

Das heißt aber nicht, dass nicht weitere Verbesserungen der Stellung des Bundesrates als Ländervertretung im österreichischen Parlamentarismus denkbar wären. Wir sollten gemeinsam darüber nachdenken, wie wir die Länder am besten vertreten können.

Wenn wir mit dieser Sitzung des Bundesrates in unsere politische Verantwortung des zweiten Halbjahres 2003 eintreten, stehen uns sicher wichtige politische Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger unserer Heimat bevor. Die Erfüllung dieser politischen Aufgabe ist sicher – wie in jeder lebendigen Demokratie – auch mit Auseinander­set­zungen verbunden. Solche Auseinandersetzungen gehören zur Dynamik der Politik in jeder pluralistischen Demokratie.


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Es ist aber erforderlich – lassen Sie mich dies als Vorsitzender in dieser unserer par­lamentarischen Länderkammer besonders betonen –, dass bei allen Auseinanderset­zun­gen, die in einem Parlament, auch bei uns, üblich sind, nie jenes Maß an Anstand, Be­nehmen und Kultur im öffentlichen Leben, auch dieses unseres Hauses außer Acht gelassen werden, welche dankenswerterweise im privaten Leben für uns alle eine Selbstverständlichkeit sind. (Allgemeiner Beifall.)

Dabei möge man nicht vergessen, dass es auch in der heftigsten Auseinandersetzung nicht darauf ankommt, wie jemand etwas meint, sondern vielmehr darauf, wie es an­dere aufnehmen. Jeder von uns trägt daher große Verantwortung für den Stil unserer parlamentarischen Staatswillensbildung und ist damit auch prägend für die Visitkarte, die wir Politiker in der Öffentlichkeit Österreichs und mit unserem Land in der Völker­gemeinschaft abgeben.

Einige von Ihnen wissen, dass ich ein sehr gefühlsbetonter Mensch bin. Lassen Sie mich daher noch ein Erlebnis schildern, das ich vor zwei Wochen hatte.

Eine meiner ersten Amtshandlungen als Präsident dieser Kammer führte mich ins Bur­gen­land zum Begräbnis von Alt-Landeshauptmann Karl Stix. Am offenen Grab wür­digten viele Persönlichkeiten den Lebensweg dieses hervorragenden Politikers und außer­gewöhnlichen Menschen.

Meine Gedanken kreisen seither immer wieder darum, ob es nicht doch möglich sein könnte, dass wir einander trotz vieler Gegensätzlichkeiten und des vielen, was uns oberflächlich trennt, auch in der Tagespolitik mit mehr gegenseitiger Achtung und Tole­ranz begegnen. (Allgemeiner Beifall.)

Sie wissen auch, dass ich fast mein ganzes bisheriges Leben im und mit dem Touris­mus verbracht habe, einem Berufszweig, der für den Aufbau und Wohlstand unseres Landes sehr wichtig war und ist. Und deshalb widme ich diese Präsidentschaft den vielen kleinen Wirtinnen, Wirten und Mitarbeitern, die oft unbedankt im Hintergrund agieren und bis an die Grenzen der Belastbarkeit gehen. Sie sind Pioniere und für mich die wahren Baumeister dieses unseres wunderschönen Österreich. (Allgemeiner Bei­fall.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Anliegen, das mich immer wieder beschäftigt, streifen: Jugend und Politik, Politikverdrossenheit der Jugend und Jugend im Allge­meinen. Die Jugend sucht Geborgenheit und Solidarität und findet beides am ehesten bei ihresgleichen. Sie findet es oft nicht mehr in der Politik, aber auch nicht in anderen Institutionen. Die jungen Leute stehen hinter uns Erwachsenen in der Warteschlange und fühlen sich offensichtlich ziemlich allein gelassen. Sie machen ihr Privatleben viel mehr öffentlich, ihre überschäumende Freude, und zeigen dabei ihre oft hilflose Wut und ihren manchmal abgrundtiefen Schmerz.

Wir Erwachsenen haben mehr Übung darin, in der von uns mitverantworteten Kälte der Welt zu überleben, aber wir haben keinerlei Grund, unsere Routine mit moralischer Überlegenheit zu verwechseln.

Danken möchte ich noch meiner Familie, meiner Frau, die heute hier ist, meinen zwei Söhnen und meiner Schwiegermutter, ohne deren unermüdlichen Einsatz im Betrieb zu Hause ich diese Präsidentschaft hier nicht ausüben könnte. (Allgemeiner Beifall.)

Ich fühle mich einer wunderschönen Aufgabe verpflichtet: der persönlichen Arbeit im Bundesrat, der zweiten Kammer im österreichischen Parlament.

Mit der Bitte, das Verbindende vor das Trennende zu stellen, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Lang anhaltender allgemeiner Beifall.) – Danke schön.


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Es ist guter Brauch in Tirol, zu solchen Anlässen Frauen mit Blumen zu beschenken – ich werde jetzt nicht meiner Frau Blumen schenken, das werde ich zu Hause machen. Ich habe mir gedacht, nachdem ich auch in der Präsidiale so gut aufgenommen worden bin und überall unterstützt werde, werde ich sie meiner Vizepräsidentin schen­ken, und ich würde sie bitten herauszukommen. (Unter lang anhaltendem allgemeinem Beifall überreicht Präsident Ager Vizepräsidentin Haselbach einen Blumenstrauß.)

9.19

Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes von Tirol gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung

 


Präsident Hans Ager: Ich gebe bekannt, dass mir der Herr Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa mitgeteilt hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates betreffend die „Rolle der Bundesländer im Öster­reich-Konvent aus der Sicht des Landes Tirol“ abgeben zu wollen.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an diese Erklärung eine De­batte durchzuführen. Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm stattgeben.

Ich erteile nunmehr dem Herrn Landeshauptmann das Wort. – Bitte schön.

Erklärung des Landeshauptmannes von Tirol zum Thema „Die Rolle der Bundesländer im Österreich-Konvent aus der Sicht des Landes Tirol“

 


9.21

Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Hans Ager! Zunächst darf ich herzlich gratulieren zur Wahl zum Vorsitzenden des Bundesrates während der Vorsitzführung durch das Land Tirol und vor allem zu die­ser menschlich sehr berührenden Rede. Allein diese Inhalte wären es wert, dass gerade diese Thematik in der Öffentlichkeit verstärkt Beachtung findet. Gerade diese Haltung findet man über alle Parteigrenzen hinweg bei vielen Abgeordneten aller öster­reichischen Parteien, und das sollte auch gelegentlich – bei allen Auseinandersetzun­gen im politischen Bereich – gesagt und berichtet werden. (Allgemeiner Beifall.)

Verehrte Damen und Herren Abgeordnete zum österreichischen Bundesrat! Ich will eine Erklärung zur Rolle der Bundesländer aus der Sicht Tirols im Zusammenhang mit dem Österreich-Konvent abgeben. Die aktuellen Ereignisse verlangen jedoch von einem Tiroler Landeshauptmann, dass er angesichts der Vorgangsweise in der Europäischen Kommission auch dazu grundsätzlich und wesentlich Stellung nimmt. Ich bitte um Verständnis dafür, aber es handelt sich um eine Lebensfrage Tirols, die von vielen nicht so gesehen wird. Gerade deshalb ist es Aufgabe und Pflicht des Landes­hauptmannes von Tirol, darauf hinzuweisen und immer wieder zu betonen, dass das Recht der Menschen auf Gesundheit ein Menschenrecht ist und dieses Grundrecht vor dem Recht des freien Warenverkehrs in Europa zu rangieren hat. (Allgemeiner Beifall.)

Tirol – und damit sage ich Ihnen nichts Neues, aber doch etwas, was man immer wieder auch bedenken sollte – ist flächenmäßig das drittgrößte Bundesland Öster­reichs. Die meisten glauben es nicht, aber es ist so; Tirol ist ein bisschen größer als Oberösterreich. Gemessen an der Einwohnerzahl sind wir das fünftgrößte Bundesland, liegen also in der Mitte. Dass wir nur das fünftgrößte sind, war nicht das eigene Suchen in der Geschichte nach diesem Platz, sondern es waren die historischen Zwänge, die uns nach dem Ersten Weltkrieg auferlegt haben, eine Unrechtsgrenze zu akzeptieren.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 148

Wenn sich auch vieles geändert hat durch eine hervorragende Gestaltung des jetzigen Zusammenlebens im Alpengebiet, eine neue europäische Politik, ein engeres Zusam­men­wachsen und eine höhere Bedeutung der Regionen in diesem zusammenwach­sen­den Europa, so darf ich doch immer wieder daran erinnern, dass Unrecht Unrecht bleiben wird, auch wenn es lange zurückliegt. Das gilt nicht nur für einzelne Völker und Volksgruppen in der Welt, sondern das muss auch für Österreich und für Tirol gelten. (Allgemeiner Beifall.)

Tirol war ein bedeutendes Kronland in der Monarchie. Habsburg hat diese Position immer in besonderer Weise gewürdigt. Maximilian hat in Innsbruck residiert und von dort aus das Reich regiert. Tirol war immer ein armes Land. Die Demokratie, die dort schon vor Jahrhunderten herrschte, war nicht eine Demokratie auf Grund der Einsicht in die Menschenwürde, dass die Bauern die gleichen Rechte haben sollten wie die an­deren, sondern sie war geboren aus der Notwendigkeit heraus, dass man den Berg­bauern in den höchstgelegenen Gebieten nicht noch einen Zehent oder Abgaben abver­langen konnte, weil der Boden in diesem steinigen Gebiet nicht mehr hergegeben hat. Deshalb haben sie Freiheiten gehabt und waren nur in geringer Zahl im Tiroler Landtag vertreten, aber immerhin war Tirol mit Vorarlberg die älteste Festland-De­mokratie.

Tirol hat sich auch immer zu Österreich bekannt. Es war ein herausragendes Kronland. Bei der Gründung der Republik hat Tirol Österreich immer in besonderer Weise die Treue gehalten. Es gibt genügend Belege dafür, dass gerade Tirol die Verbundenheit mit Österreich immer deutlich unterstrichen hat, und auch während meiner Tätigkeit als Tiroler Landeshauptmann wird sich daran nichts ändern.

Österreich ist ein kooperativer Bundesstaat, und kooperativ bedeutet vielerlei. Wir wissen, dass der Föderalismus darin einen besonderen Stellenwert einnimmt. Wir wissen, dass der Föderalismus eine besondere Form der Ausprägung des Subsidia­ritäts­prinzips ist. Wir wissen auch, dass Föderalismus gelebt werden muss und dass Subsidiarität nicht bei den Ländern aufhört, sondern bis zu den Gemeinden reichen muss.

Subsidiarität wurde in den Verträgen von Maastricht und Amsterdam in der Euro­päischen Union festgeschrieben. Es gab nur offensichtlich ein eklatantes Missverständ­nis: Manche haben damals mit Subsidiarität die Wiedergewinnung nationaler Rechte und das Auftreten von großen, sehr stark nationalistisch geprägten Institutionen und Staaten in Europa gemeint, aber nicht die Regionalisierung und Föderalisierung Euro­pas. Wir erleben diese Debatte heute sehr deutlich in Frankreich, wir erleben sie auch in Spanien. Die Autonomien, die England Schottland oder Nordirland gegeben hat, wa­ren nicht Ausdruck einer besonderen Pflege des Subsidiaritätsprinzips, sondern die Einsicht in die Notwendigkeit, sezessionistische Bewegungen hintanzuhalten. Das sind unterschiedliche Zugänge. Ich hoffe aber, dass letztlich auch gerade Österreich ein besonderes Beispiel für eine europäische Entwicklung sein kann und muss.

Der österreichische Föderalismus kann tatsächlich Vorbild für Europa sein. Wir reden immer von der Bürgernähe und sagen, Subsidiarität ist der Garant für diese Bürger­nähe und je näher eine Institution am Bürger ist – seien es die Gemeinden, die Städte oder die Länder –, umso besser wird die europäische Einigung funktionieren.

Die Realität sieht etwas anders aus. So haben die österreichischen Bundesländer na­türlich kein Klagerecht im Europäischen Gerichtshof. Wir werden deshalb im Einklang mit dem Konvent, den Giscard D’Estaing präsidiert hat, dafür sorgen müssen, dass wir einen Zugang zu diesen Klagemöglichkeiten durch die österreichischen Bundesländer finden. Das könnte zum Beispiel der österreichische Bundesrat sein (allgemeiner Beifall): Im österreichischen Bundesrat könnte unter bestimmten Voraussetzungen ein


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Land das Begehren auf Einbringung einer Klage stellen, und dann könnte stellver­tretend für die Republik Österreich der Bundesrat tätig werden.

Man kann – und darauf hat der Präsident auch hingewiesen – auch Behinderungen, die erfolgen, reduzieren. Ich kann mir auch ohne weiteres andere strukturelle Verän­de­rungen vorstellen. Ich kann mir selbstverständlich vorstellen, dass zum Beispiel für Fragen des österreichischen Finanzausgleiches der Bundesrat originär die Zuständig­keit erhält. Dann braucht man nämlich diese Hilfsmittel nicht, dass man Bestimmungen in Verfassungsrang beschließen muss, um zum Beispiel den Stabilitätspakt und den Konsultationsmechanismus zu beschließen, und eigentlich Bundesstaatsaufgaben – ich habe Verständnis dafür, dass das Parlament sich dieser Rechte nicht begeben kann, aber es dann unter einem allgemeinen Konsens aller Parteien getan hat – ab­gibt. Aber wenn man das im Bundesrat anders organisiert und strukturiert, dann müss­te es diese Möglichkeit geben.

Selbstverständlich bin ich auch der Meinung, dass die Landeshauptleute Mitglieder des Bundesrates sein sollten – natürlich ohne Zusatzgage; jeder, der mich kennt, weiß, dass ich für derartige Vorgangsweisen beziehungsweise Kumulierungen überhaupt nichts übrig habe. Dass die Landeshauptleute hier nur regelmäßig an Sitzungen teilnehmen und dass auch eine Verpflichtung besteht, Rechte allein wahrzunehmen, davon halte ich nichts. Das sind oft Privilegien, die wir nicht wollen oder die wir aus guten Gründen nicht zulassen sollten. Wir sollten dafür sorgen, dass jeder, der ein Recht auf Mitwirkung in demokratischen Institutionen hat, auch die Pflicht zur Teil­nahme und Mitwirkung hat.

Das wäre an und für sich eine wichtige Sache, wie man auch etwas erreichen kann. Dann wäre auch die Landeshauptleutekonferenz, deren Vorsitz ich derzeit ausüben darf – das geht parallel mit der Übernahme der Vorsitzführung durch das jeweilige Bundesland im Bundesrat –, verfassungsmäßig integriert, und es gäbe überhaupt kein Problem mehr. Ich habe nämlich im Prinzip Bedenken, wenn einflussreiche öffentliche informelle Gruppierungen vorhanden sind, die nicht in der Verfassung verankert sind und somit keiner Kontrolle unterworfen werden.

Ich habe einige Punkte angesprochen, ich habe eingangs vom kooperativen Bundesrat gesprochen, und ich möchte sagen, ich bin auch der Überzeugung, dass wir ein solidarischer Bundesstaat zu sein haben. Die Situation der österreichischen Staats­finanzen ist zwar besser als in manchen anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union, aber schlecht genug, als dass wir es uns nicht leisten müssten, etwas dagegen zu unternehmen, und zwar konsequent.

Wir müssen zwei Reformen durchführen – ob es uns passt oder nicht! Ich sage das ganz bewusst auch in einer Zeit, in der der Tiroler Landeshauptmann in einer Wahlbe­wegung steht. Eine Pensionsreform ist in Österreich ebenso wie eine Gesundheits­reform unverzichtbar, und das wird die Gebietskörperschaften, Länder und Gemein­den, auch in Hinkunft einiges kosten. Wir müssen Flurbereinigungen, Kompetenzbe­reini­gungen durchführen. Wir müssen den Menschen die Wahrheit sagen – die Wahr­heit ist immer und überall zumutbar. Wir müssen so ehrlich sein. (Allgemeiner Beifall.)

Als ich Bürgermeister von Innsbruck wurde, habe ich in einer sehr schwierigen Zeit eine Verwaltungsreform eingeleitet – heftig kritisiert und attackiert insbesondere von der Opposition; das ist auch Aufgabe jeder Opposition. Es hieß: zu rasch, zu über­hastet, husch, pfusch, und was weiß ich noch alles. Das Ergebnis nach einigen Jahren war, dass der Herr Präsident des Rechnungshofes, der jetzt auch unserem Konvent vorsitzt, erklärt hat, er kennt in der großen Diskussion über Verfassungsänderungen nur zwei Verwaltungsreformen, von denen er meint, dass sie die Bezeichnung ver­dienen – und darunter war für die Gemeinden und Städte die Reform in Innsbruck.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 150

Als ich einmal bei einer Veranstaltung erklärt habe, Reformen, die nicht wehtun, seien keine Reformen, hat man mir unterstellt, ich würde deshalb Reformen machen oder anleiern, weil ich Menschen wehtun wolle. – Das will ich überhaupt nicht! Gesagt habe ich: Reformen, die nicht greifen, sind keine Reformen. Man muss Reformen von Zeit zu Zeit durchführen. Und gesagt habe ich das im Zusammenhang mit den Politiker-Pensionen, aber das hat man nicht dazugesagt. In diesen Fragen bin ich konsequent: Man darf der Bevölkerung nicht mehr zumuten, als man sich selbst zumutet. Das muss uns allen klar sein. (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser solidarische Bundesstaat muss eines zur Vor­aussetzung haben: Wir brauchen eine funktionierende Wirtschaft, damit wir uns die Sozialstandards nicht nur leisten, sondern auch aufrechterhalten können. Diese Sozialstandards sind wichtig, und zwar nicht nur für Österreich, sondern für Europa. Neben dem Föderalismus ist das soziale Sicherheitssystem in Österreich ein Vorbild für viele Länder Europas – und war auch immer eines.

Wir müssen diese sozialen Standards auch erhalten, nur: sie müssen auch leistbar bleiben. Deshalb müssen wir notwendige Reformen durchführen, und zu diesen not­wendigen Reformen zählt sicherlich die Harmonisierung der Pensionssysteme. Ich weiß, ich spreche das auch zu einer Unzeit an, aber ich bin überzeugt, wir müssen mit den Sozialpartnern und allen, die an Reformen interessiert sind, zusammenarbeiten. Wir sollten uns in dieser Frage an der Bundesrepublik Deutschland ein Beispiel neh­men, die in einer äußerst schwierigen Zeit – ich habe es nicht für möglich gehalten – eine Gesundheitsreform zustande gebracht hat, die harte Einschnitte bedeutet, eine Gesundheitsreform, die von einer sozial-grünen Regierung vorgelegt wurde und die eine Mehrheit gefunden hat, weil die Opposition sie mit unterstützt hat. Ich weiß nicht, ob so etwas in Österreich nicht bereits im Vorfeld völlig zerredet würde.

Notwendig wird es sein, nur sollten wir nicht immer so lange warten, bis es keine Alternative mehr dazu gibt, sondern man sollte es so rechtzeitig machen, dass man die Gestaltungsspielräume noch einigermaßen ausnützen kann. Nehmen wir nur die Debatten, die wir heute überall erleben, schauen wir nur in die jüngere Geschichte zurück: Wäre man seinerzeit in der Voest etwas vernünftiger gewesen, die Belegschaft hätte heute noch ihre Firmenpensionen – heute haben diese nur noch die hohen Vorstandsdirektoren, und das ist der Skandal. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Wirtschaft und soziale Sicherheit sind für mich untrennbar miteinander verbunden. Ich sehe in diesen Positionen die Hauptaufgaben des Konvents, weil das die Länder und Gemeinden in gleicher Weise wie die Republik Österreich betrifft. Wir sollten uns eines immer vergegenwärtigen: Wir brauchen einen Grundkonsens in einigen wichtigen, ent­scheidenden Fragen, die Lebensgrundlage unseres Volkes sind.

Wir haben uns auch bemüht, von Tiroler Seite etwas beizutragen, und haben einen Tiroler Konvent zur Beratung der Mitglieder des Konvents – das sind der Landes­haupt­mann und der Landtagspräsident – eingerichtet, um gleichzeitig auch die notwendigen Reformschritte parallel dazu für das Land und im Land zu beraten und gleichzeitig ein größeres Gremium zu haben, das die Delegierten entsprechend berät. Der Präsident des Tiroler Landtages Professor Mader, der vor 30 Jahren selbst Bundesratspräsident war – und zwar der jüngste Bundesratspräsident; er ist heute unter uns, er wurde auch begrüßt –, hat dankenswerterweise die Aufgabe übernommen, dem Tirol-Konvent vorzustehen.

Wenn es Interesse an dieser Einrichtung oder an einem ständigen Gedankenaus­tausch gibt, dann sind Sie alle sehr, sehr herzlich eingeladen.


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Das Land Tirol hat auch mit dem Land Vorarlberg seinerzeit das Föderalismusinstitut in Innsbruck gegründet, ein sehr renommiertes wissenschaftliches Institut, dem in der Zwischenzeit das Bundesland Salzburg beigetreten ist, und gerade letzte Woche hat die Regierung zur Kenntnis genommen, dass die Bundesländer Ober- und Nieder­österreich ebenfalls diesem Föderalismusinstitut beigetreten sind.

Es wäre meine Vorstellung, dass wir dort nicht nur den österreichischen Föderalismus wissenschaftlich bearbeiten, sondern darüber hinaus eine internationale Sektion für den Regionalismus und Föderalismus und den Gedanken der Subsidiarität Europas mit einführen, und die Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer hat sich sehr interessiert daran gezeigt. Ich bin zurzeit Vorsitzender dieser Arbeitsgemeinschaft, der zwei deutsche Bun­desländer, die Lombardei, Verona, Trient und Südtirol angehören, nebst drei Kan­tonen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht können diese punktuellen Anregungen meinerseits auch Anregungen für Sie sein, den Dialog mit uns einerseits über den Präsidenten Hans Ager, andererseits auch über mich als Vorsitzenden der Landes­hauptleutekonferenz zu führen.

Ich darf nun zum zweiten Punkt kommen, zur Transitfrage. Die Tiroler Landesregierung hat einstimmig dem Landeshauptmann empfohlen, Maßnahmen zur Einschränkung des Transitverkehrs zu setzen. Die Landesregierung in Tirol muss verfassungsgemäß einstimmig beschließen. Dem vorausgegangen ist eine Willenskundgebung – und nicht nur eine einmalige, sondern eine mehrmalige – aller im Tiroler Landtag vertretenen politischen Parteien. Ich habe diese Verordnung im Einklang mit allen Parteien erlassen, sie wird mit 1. August in Kraft treten.

Ich fürchte mich nicht davor, unter Druck gesetzt zu werden – das gehört im politischen Rahmen dazu und ist auch zulässig –, nehme aber für mich und für die Tiroler Lan­desregierung in Anspruch, dass wir uns mit Unterstützung des Tiroler Landtages dage­gen zur Wehr setzen, und zwar mit aller Entschlossenheit. Das hat man offensichtlich noch nicht ganz begriffen. Notwendige Maßnahmen, Maßnahmen, die für das Wohl­ergehen, für die Gesundheit der Bevölkerung unverzichtbar sind, können für uns kein Tauschobjekt im politischen Kompromissfindungsprozess sein. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der Freiheitlichen und Bundesräten der SPÖ.)

Wir können nicht akzeptieren, dass wir an die 500 000 LKW-Züge als Umwegtransit haben, weil der Transit, die Transitgebühr über die Schweiz und Frankreich teurer ist als über Tirol. Das muss die Europäische Union abstellen! Und wenn 1 200 Ärzte Tirols, darunter Klinikchefs der berühmten Medizinischen Fakultät, die jetzt Universität wird, erklären, dass da eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, dann würde ich doch erwarten, dass sich die Europäische Kommission all diese Unterlagen, die die Republik Österreich zur Erklärung nach Brüssel geschickt hat, zumindest ansieht. In der Kürze der uns eingeräumten Zeit ist es nämlich undenkbar, dass man die 800 Seiten studiert hat, sondern man hat das, ohne ein korrektes Verfahren durchzuführen, an den Ge­richtshof gesandt.

Und jetzt kommt etwas, was mich zutiefst erschüttert, nämlich die Erklärung der Pres­sesprecherin des Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes, man wolle noch in einer Sondersitzung vor dem 1. August eine einstweilige Verfügung erlassen, um diese Verordnung aufzuheben! Das ist ein Hohn gegenüber jeder demokratischen Rechts­ord­nung, gegenüber einem rechtsstaatlichen Verfahren, und das kann nicht zugelas­sen werden! Das ist dasselbe, was die Europäische Union seinerzeit in der Sank­tionen­frage mit Österreich gemacht hat, und die Folgen müssen sie heute noch aus­baden, weil sie keine Chance haben! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)


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Heute wird Italien ganz anders behandelt als seinerzeit Österreich! Ist es so, dass das Recht sich gewichten lässt, je nachdem, ob ein Land groß oder klein ist, ob das Land zufällig Österreich ist oder ein anderes Land? – Hier wird die Europäische Union sehr genau aufzupassen haben. Derzeit sind beim Europäischen Gerichtshof eine Reihe von Klagen der Republik Österreich wegen Nichteinhaltung der Obergrenzen der LKW-Fahrten durch Tirol anhängig. Sie wurden bis jetzt nicht behandelt. Der Antrag auf einstweilige Verfügung, wo nur festzustellen wäre: Hat die Überschreitung stattgefun­den, ja oder nein?, ist auch nicht erfolgt, weil man weiß, wie diese Entscheidung aus­fällt. Da braucht man weder eine Kommission noch zusätzliche Gutachten, sondern da braucht man nur eine halbe Sekunde, um das statistische Ergebnis, das außer Zweifel steht, nachzulesen und festzustellen. Aber bei den medizinischen Gutachten, bei allen anderen Gutachten der Umweltbilanz, dort redet man nicht davon.

Wir haben in Tirol eine ÖVP/SPÖ-Koalition, die bis zum letzten Tag gut funktioniert, aber ich stehe nicht an, hier zwei Ministern namentlich zu danken, die in besonderer Wei­se das Problem der Transitbelastung Tirols erkannt und diesbezüglich auch etwas getan haben, nämlich Minister Reichhold und dem gegenwärtigen Minister Gorbach. Ich möchte ihnen hier ganz offiziell und offen für ihre klare Haltung in dieser Frage dan­ken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube, dass wir auf Grund der rechtsstaatlichen Prinzipien, insbesondere im Hin­blick auf die Gewährleistung rechtlichen Gehörs, Anspruch auf ein faires Verfahren vor den europäischen Institutionen und insbesondere vor dem Europäischen Gerichtshof ha­ben. Wir werden das einfordern! Wir werden uns auch nicht scheuen, bei einer ne­gativen Entscheidung andere Maßnahmen zu ergreifen, denn die Europäische Union hat uns mitgeteilt, sie könne in der Ökopunkte-Frage und in der Frage der Obergrenze nicht mehr nachgeben und eine andere Haltung einnehmen, aber Österreich und das Bundesland Tirol mögen doch auf der Grundlage des Immissionsschutzgesetzes tätig werden. Genau das haben wir jetzt gemacht, und zwar nach Information der euro­päischen Institutionen. Wenn das jetzt wiederum aufgehoben wird – ja bitte, dann wer­den wir eine neue Verordnung machen! Das ist im Rahmen unserer rechtlichen Mög­lichkeiten und unseres Gestaltungsspielraumes vorgesehen. Dann müssen wir eben überlegen, wie wir die Blockabfertigungen organisieren. Das wird sicher große Proble­me auslösen, aber es wird uns hier kein anderer Ausweg bleiben. Wir haben natürlich auch andere Möglichkeiten geprüft und in Prüfung und werden uns sehr streng an die rechtlichen Vorgaben halten und auch Gutachten internationaler Fachleute einholen.

Die Kapazitäten der Bundesbahnen sind noch ausreichend für eine Ausweitung, und ich möchte auch positive Beispiele erwähnen: Nachdem wir ursprünglich auch von BMW etwas unter Druck gesetzt wurden – etwas stark, ich gebe es gerne zu –, hatten wir ein Gespräch, und BMW hat uns mitgeteilt, auf Grund unserer kompromisslosen Haltung hätten sie eine neue logistische Möglichkeit gefunden und werden ihren ge­samten Autotransport von Deutschland und Übersee nach Italien auf die Schiene bringen. – Das sind konstruktive Haltungen, und ich möchte mich auch hier dafür be­danken! (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie um die Solidarität des österreichischen Bundesrates in der Frage des Transits. Die Transitproblematik belastet nicht nur Tirol, sondern auch die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg in beson­derer Weise. Wie die Situation aussieht, können Sie dem Ergebnis einer Diskussion der für diese Länder zuständigen Landeshauptleute entnehmen, wo die Landeshaupt­leute von Salzburg, Oberösterreich und Vorarlberg erklärt haben: Wenn Tirol diese Maß­nahmen nicht zurücknehmen kann oder nicht zurücknehmen will, dann sind diese Länder – nämlich Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich – gezwungen, die gleichen Maßnahmen zu treffen.


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Hohes Haus! Das bedeutet, dass diese Bundesländer unsere Haltung eigentlich vollin­haltlich teilen. Sie gehen gar nicht so weit, dass sie sagen: Bis wir das Belastungs­ausmaß Tirols erreicht haben, werden wir solche Maßnahmen ergreifen!, sondern sie sagen, bereits jetzt werden sie diese Maßnahmen ergreifen! Und ich habe größtes Ver­ständnis dafür. Danke für diese Solidarität der Landeshauptleute – auf die wir zwar etwas länger warten mussten, die aber mittlerweile dann doch in diesem Umfang ein­getroffen ist; denn wenn man selbst von einer Sache betroffen ist, sieht die Angele­gen­heit meistens etwas anders aus.

Ich möchte noch etwas sagen: Ich habe großes Verständnis für die Diskussions­stand­punkte und Positionen, die die östlichen Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland einbringen, denn mit der Ostöffnung werden große Probleme nicht nur im Bereich der Wirtschaft, der Förderungen, sondern insbesondere auch in der Verkehrs­situation auf uns zukommen. Die Ökopunkte-Änderung nach einem ursprünglich vorge­sehenen Kompromiss würde zwar für diese Bundesländer eine Verbesserung bringen, für uns jedoch eine Verschlechterung, und den Verschlechterungen können wir aus un­serer Sicht nicht zustimmen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht all diese Verbes­serun­gen, wenn sie letztlich zu Stande kommen, aus Sicht dieser Bundesländer begrüßen, aber Tirol wird nie sagen können, das ist das, was wir auch wollen, denn mit dem Weg­fall der Obergrenze fallen in Tirol alle Schranken.

Und das Bundesland Tirol ist das tourismusintensivste Gebiet Europas überhaupt – das Bundesland Tirol hat mehr touristische Nächtigungsmöglichkeiten als ganz Grie­chenland! Das muss man sich einmal vorstellen, bei der Kleinheit dieses Bundeslan­des, was dieses Bundesland auch zur Wertschöpfung, zur Wertsteigerung und zur Ein­nahmensituation in Österreich beigetragen hat! – Ich stelle nie Gegenrechnungen auf, aber ich möchte nur in Erinnerung rufen, dass wir, wie ich meine, als tourismus­inten­sivste Region einen Anspruch auf eine intakte Umwelt haben, um die Chancen dieser primären und wichtigen Tourismusregion aufrechterhalten zu können. Die nächste Diskussion betrifft dann nämlich die Frage: Kann man denn in einem solchen Land noch Urlaub machen? – Das fürchte ich bereits von der Konkurrenz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, ich habe Sie nicht mit einer zu langen Rede aufgehalten. Es hat mich gefreut, Ihnen einerseits einige Aspekte aus Tiroler Sicht vorzutragen – die zwar nur punktuelle Aspekte sind, aber mir wichtig erscheinen­de Punkte betreffen –, was Gestaltungs- und Veränderungsmöglichkeit im Zusam­menhang mit dem Verfassungskonvent betrifft, und andererseits unser Hauptanliegen, eine Lebensfrage Tirols, zu schildern. Ich bin überzeugt, dass Sie diese Frage aus Ihrer Sicht genauso sehen wie ich und dass wir vor der Europäischen Union, auch wenn wir ein kleines Land sind, auch wenn wir eine kleine Region sind und auch wenn wir uns vollinhaltlich zur Erweiterung, zur EU bekennen, trotzdem nicht immer und jederzeit in die Knie gehen können und in vorauseilendem Gehorsam etwas tun müssen, was andere Länder als unzumutbar – und zwar radikal – zurückweisen.

Wir erwarten uns zumindest so viel Respekt, dass die Europäische Union die Rechts­staatlichkeit garantiert und ein ordentliches Verfahren zulässt. Ansonsten – und das sage ich auch – sehe ich mich auch nicht in der Lage, meine Funktion, die ich seit langem ausübe, im Europarat als Präsident des Kongresses der Gemeinden und Re­gionen weiterhin auszuüben. Ich würde diese meine Haltung, natürlich mit der entspre­chenden Begleitmusik versehen, dann auch umsetzen und an alle eine entsprechende Aufforderung richten und erklären, was es damit für eine Bewandtnis hat.

Eine Sache, eine Rechtssache zu entscheiden ist eine Angelegenheit von unab­hän­gigen Gerichten. Ein ordentliches Verfahren einzufordern ist das Mindeste, das die


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euro­päischen Institutionen der Republik Österreich zubilligen müssen! – Danke. (Allge­meiner Beifall.)

9.55

 


Präsident Hans Ager: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausfüh­rungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kritzinger. Ich erteile ihm dieses.

 


9.56

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Hohes Haus! Nach dieser inhaltsreichen Rede ist mein Kopf noch ganz voll von Ge­danken und, ich muss sagen, auch von Vorschlägen, die wir da gehört haben. Auf zwei wesentliche Punkte möchte ich eingehen.

Den Bundesrat hat es schon arg zerzaust, als die Medien in den letzten Wochen jede negative Stimme über den Bundesrat gebracht haben, und es war gut, dass wir hier etwas Positives gehört haben, auch Vorschläge, die vielleicht zu verwirklichen sind.

Der Bundesrat ist im Zuge dieser Diskussion der letzten Wochen als zahnlos gebrand­markt worden, und die für ihn anfallenden Ausgaben wurden angekreidet. – Als kleines Beispiel möchte ich sagen: Die 62 Bundesräte kosten so viel wie 32 Nationalräte von 183. Die Kosten sind es also nicht! Es fehlt vielmehr an Einfluss, den der Bundesrat haben müsste. Es wurden ja in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder viele Änderungsvorschläge gemacht. Präsident Mader hat mir heute erzählt, dass er schon in seiner Zeit Änderungsvorschläge hatte.

Vielleicht wendet sich das Blatt. Irgendwo ist die Zeit heute auch reif dafür, so etwas zu machen. Wir müssen einmal schauen: Wer ist interessiert an der Länderkammer, der Vertretung der Länder? – In erster Linie müssen es die Länder sein, aber auch der Bund. Hier im Bundesrat wird auch gearbeitet – das wurde ja auch irgendwo in Frage gestellt –: In diesen zwei Tagen haben wir 56 Tagesordnungspunkte zu erledigen! Vielleicht müsste die Redaktion des Parlaments öfter näher auf die Arbeit des Bun­desrates eingehen, das wäre auch ein Vorteil, sodass man in den Medien besser nach­lesen kann, was hier geschieht: eine harte, eine intensive Arbeit!

Die zweite Kammer ist auch, ich möchte sagen, ein Auffangbecken für Meinungen, Ärger, Vorschläge und dergleichen. Es hat schon Revolutionen gegeben, weil Men­schen sich nicht vor einem einflussreichen Gremium artikulieren konnten! Es hat auch Revolutionen wegen der hohen Steuern gegeben – diese sind passé, leider Gottes. Aber was ich sagen möchte, ist: Es hat Revolutionen gegeben, weil Menschen sich nicht ausdrücken konnten, weil man ihnen das Forum dafür nicht geboten hat! – Das ist auch weg – zum Glück. 

Ich würde sagen, man müsste dem Bundesrat die Möglichkeit einräumen, dass er bei jenen Mitteln, die der Bund den Ländern zuteilt, ein gewisses Einspruchsrecht besitzt. Das Budget abzulehnen wäre vielleicht zu viel, aber in diese Richtung müsste man sich etwas einfallen lassen, eventuell ein Klagerecht.

Es braucht jedenfalls große Unterstützung auch von Seiten der Landeshauptleute. Und diesbezüglich, da sind wir uns, glaube ich, alle einig, haben wir überzeugende Worte von Landeshauptmann Herwig van Staa gehört, der uns als Vorsitzender der Lan­deshauptleutekonferenz und auch als ein Mann mit Einfällen, der schon öfters bewie­sen hat, was er auf diesem Gebiet, auf dem parlamentarischen Parkett zu leisten im­stande ist, unterstützen wird.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 155

Eine zweite Kammer entspricht auch den internationalen Vorstellungen und ist bürger­nah. Es ist also auch die Zeit reif, eine zweite Kammer zu stärken, es ist eine Service­leistung vorhanden. Es wird auch von der Bevölkerung gewünscht, dass der Bundesrat Möglichkeiten hat, nicht nur einmal ein Gesetz zu beeinspruchen oder abzulehnen, son­dern dass man diesbezüglich einen anderen Schlüssel findet. Landeshauptmann Van Staa hat uns dafür seine volle Unterstützung zugesagt.

Wir haben gesehen, dass es für ihn damals in Innsbruck ja kein Honiglecken war – das habe ich hautnah selbst miterlebt; ich kann daher aus eigener Erfahrung sprechen –, Bür­germeister von Innsbruck zu werden. Er hat aus dem Nichts heraus die meisten Mandate gewonnen; aus einer nicht gerade mit der ÖVP konformen Gruppe hat er auf Anhieb die meisten Mandate gewonnen! (Bundesrätin Schicker: Aus einer gespal­tenen ÖVP!) Das war eine Meisterleistung, die man erst einmal nachmachen muss! Ich kenne keine Stadt, keine Großstadt in Österreich, in der jemand auch nur annähernd so etwas zu Wege gebracht hätte.

Außerdem war das Budget der Stadt Innsbruck damals das schlechteste von allen Großstädten Österreichs. Wir wissen, wie Innsbruck nun dasteht: Es war eine Meis­terleistung auch in diesem finanziellen Bereich! Das Budget wurde gesichert. Er mach­te aus der Stadt Innsbruck eine neue Stadt. Die SoWi wurde gebaut, der Bahnhof ist vor der Fertigstellung, ein gewaltiges Fußballstadion wurde in Innsbruck errichtet, ein Rathaus mit einem Einkaufszentrum, auf das wir stolz sind; 4 000 Wohnungen wurden gebaut, und es wurde eine Beamtenregelung eingeführt – sozial und ausgewogen, das war die Frage und das ist gelungen; plan- und durchführbar, keine utopische Vorstel­lung, sondern durchführbar!

Jedenfalls haben wir im Bundesrat diese Medienkampagne mit großem Missfallen auf­genommen, und wir sind froh, wenn wir von Seiten des Landeshauptmannes Van Staa Unterstützung erhalten. Würde der Bundesrat aufgewertet und hätte er auch in Bud­getfragen ein Mitspracherecht, dann möchte ich mir das Gerangel anschauen, das um die einzelnen Bundesräte entstünde! Mit dem Bundesrat stärkt man natürlich auch den Föderalismus – und Föderalismus bedeutet Bewegungsfreiheit, mehr Phantasie und auch mehr Offensivgeist.

Es wurde auch das Thema Brüssel angeschnitten. Natürlich: Brüssel wird immer mäch­tiger! Die EU ist ein gewaltiges Wirtschaftsgebiet, das wir brauchen. Aber all das sollte nicht auf Kosten eines bestimmten kleinen Lebensraumes gehen. Und da hat Landes­hauptmann Van Staa mit vollem Recht das Thema Transit angeschnitten. Als er in die Verhandlungen eingestiegen ist, war ja der Karren – möchte ich sagen – schon ver­fahren. Er hat nicht die Möglichkeit gehabt, diese Entwicklung, die sich da angebahnt hat, von Anfang an zu begleiten. Aber jeder Bundesrat kann feststellen, dass die Ein­wen­dungen und Vorstellungen Tirols auch in Brüssel jetzt sehr, sehr ernst genommen werden.

Es ist nun einmal eine Tatsache, dass der Verkehr in Tirol giftig, rußig und laut ist! Wenn wir das durchgehen lassen und uns nicht mit aller Kraft zur Wehr setzen – und ich hoffe, dass da alle Bundesräte einer Meinung sind –, dann wird als Nächstes wo­möglich die Genmanipulation kommen – in Amerika sind ja schon entsprechende Stim­men zu vernehmen –, und dann wird es auch um das Wasser, das Trinkwasser, unser weitaus kostbarstes Gut, gehen.

Die Problematik der Verschmutzung durch den Straßenverkehr wurde bereits 1980 registriert, schon damals wurden Untersuchungen angestellt. Heute wissen wir, dass heute – ich habe von dieser Statistik erst gestern erfahren – in Deutschland 14 000 Menschen pro Jahr wegen dieser Rußpartikel, wegen der Verschmutzung durch den


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 156

Straßenverkehr sterben. Das besagt diese medizinische Untersuchung: 14 000 Men­schen!

Und alle wollen Auto fahren. Wir selbst wollen Auto fahren, unsere Kinder und unsere Enkelkinder wollen Auto fahren. Deswegen würde man gut daran tun, vielleicht einmal Vorschläge zu unterbreiten, wonach man nicht nur bei Diesel, der solche Rußpartikel erzeugt, und Benzin bleibt, sondern endlich auch Pflanzenrohstoffe, Raps und so wei­ter, ins Spiel bringt, zumindest erwähnt. Das wäre eine Alternative.

Wichtig ist auch: Die Alpen sind eine sensible Zone! – Das muss Brüssel anerkennen. Landeshauptmann van Staa hat schon gesagt, dass sich einige Bundesländer Tirol anschließen werden. Wenn es uns gelänge, diese Bundesländer zur sensiblen Zone zu erklären, so wäre das (Bundesrat Grissemann: Das wäre ein Fehler!) für den Touris­mus ein großer Vorteil, auch für die Landwirtschaft – und damit auch für Arbeitsplätze! Und diese brauchen wir, in Tirol und in ganz Österreich. (Bundesrat Grissemann: Tirol ist eine sensible Zone, nicht ganz Österreich!) – Auch Tirol, ja! (Beifall bei der ÖVP.)

10.08

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster ist Herr Bundesrat Klaus Gasteiger zu Wort ge­meldet. Ich erteile dieses. (Bundesrat Bieringer – in Richtung des ans Rednerpult tre­ten­den Bundesrates Gasteiger –: ... ganz zahm sein!)

 


10.08

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Bitte? (Bundesrat Bieringer: Heute musst du ganz zahm sein, weil dein Herr Landeshauptmann da ist! – Heiterkeit.) Wer sagt das?

Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Hohes Haus! Eingangs erlauben Sie mir, mei­nem Tiroler Bundesratspräsidenten Hans Ager zu gratulieren – zu diesem dritt­höchsten Amt im Staate und auch zu (der Redner wendet sich dem hinter ihm auf dem Präsi­dium sitzenden Präsidenten Ager zu) deiner, Hans, sehr, sehr inhaltsreichen und gefühlsbetonten Antrittsrede. Ich wünsche dir alles, alles Gute, dass du mit viel, viel Geschick und auch Weisheit die künftigen Bundesratssitzungen leitest und führst, aber ich wünsche dir auch viel, viel Geschick und Weisheit für deine Verpflichtungen gegenüber der Republik Österreich als, wie gesagt, dritthöchster Repräsentant im Staat. Ich wünsche dir alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte Damen und Herren! Es erfüllt mich ein bisschen mit Stolz, wenn uns mein Landeshauptmann hier ... (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer) – na, er ist ja auch mein Landeshauptmann, oder? (Bundesrat Bieringer: Ja! Ja!) – in der Zweiten Kammer, im Bundesrat, die Ehre gibt. Herr Landeshauptmann, natürlich teile ich nicht alle Ihre Ansichten, aber streckenweise kann ich mit dem, was Sie hier soeben ausge­führt haben, mitgehen, speziell in Bezug auf die Bundesstaatsreform, teilweise auch betreffend den Föderalismus.

Ich mache mir wenig Gedanken darüber, dass in den Medien die Auflösung der Zweiten Kammer gefordert wird mit dem Unterton: Man braucht euch eh nicht, ihr seid alle „für die Fisch’“, denn ich bin überzeugt davon, dass das nicht passieren wird. Wa­rum? – Weil die Damen und Herren im Verfassungskonvent sehr wohl wissen, was sie an der Zweiten Kammer haben.

Nur wenige Staaten Europas haben ein Ein-Kammer-System, viel mehr haben ein Zwei-Kammern-System. Ich finde das einfach gut, damit die Regierenden auch durch die Zweite Kammer kontrolliert werden. Schlecht wäre, wenn eine oftmals einfach ge­wählte Mehrheit in der gesetzgebenden Körperschaft Gesetze verabschieden kann, die großen Teilen der Bevölkerung schaden würden. – Deshalb wird, glaube ich, eher eine Aufwertung des Bundesrates stattfinden als seine Abschaffung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 157

Herr Landeshauptmann! Ihre Äußerungen zum Thema Pensionsreform werden meine Zustimmung nicht finden, vor allem angesichts dessen, dass laut einer IMAS-Umfrage jüngsten Datums 77 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher nach beschlos­sener Pensionsreform der Meinung sind, dass das einfach ungerecht und nicht korrekt ist. (Bundesrat Kritzinger: Was soll nicht korrekt sein?) – Sozial korrekt und gerecht, oder, Herr Kollege Kritzinger? (Bundesrat Kritzinger: Was denn? – Bundesrat Manfred Gruber: Korrekt ungerecht! – Heiterkeit. – Landeshauptmann Dr. van Staa: ... führen die deutsche Reform ein! – Neuerliche Heiterkeit.)

Ich denke – und darin sind wir uns sicher einig, Herr Landeshauptmann –, eine Auf­wertung des Bundesrates wäre auch wichtig für den Finanzausgleich. Hier im Plenum anwesende Bürgermeister oder auch die, die vorhin auf der Besucherbank gesessen sind, sind der Meinung, dass nur der Bundesrat, nur diese Länderkammer die Garantie dafür sein kann, dass die Länder und Gemeinden – und ich meine speziell die Gemein­den – finanziell nicht ausgehöhlt werden. Als Bürgermeister glaube ich selbst abschät­zen zu können, dass die Gemeinden österreichweit die größten Investoren sind. Sie ha­ben nun einmal viele Aufgaben, sie haben viel zu tun, allerdings darf man ihnen nicht die finanzielle Substanz unter den Füßen wegziehen. Leider Gottes geht mit der Abschaffung der Getränkesteuer und auch den Tendenzen, die es jetzt teilweise im Bund gibt, das Ganze in die Richtung, ihnen die finanzielle Substanz zu entziehen. Das wäre meiner Ansicht nach sehr schlecht. Ich bitte daher Sie, Herr Landeshauptmann, in Ihrer Funktion als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz und – davon gehe ich aus – irgendwann einmal im Zuge einer eventuellen Reform auch als Mitglied des Bun­desratsplenums, sich dem entgegenzustellen.

Sie haben das Thema Transit angeschnitten. – Natürlich ist die Gesundheit der Bevöl­kerung wichtiger als der freie Warenverkehr. Meinungsumfragen belegen, dass das Thema Transit bei uns in Tirol eines der am heißesten diskutierten Themen ist. Ich möchte mich bei der Tiroler Bevölkerung dafür bedanken, dass sich einfach alle solida­risch erklären. Als einer derjenigen, die aus dem Tiroler Unterland kommen, weiß ich, dass sich die Bevölkerung aus dem Tiroler Oberland, die vom Transit nicht so sehr be­troffen ist wie wir Unterländer, trotz allem mit uns solidarisch erklärt und weiß, dass man dem Transit Herr werden muss!

Ich darf mich aber auch bei allen im Landtag vertretenen Parteien bedanken. Man muss gegen diese Geißel Transit irgendwann einmal antreten! Herr Landeshauptmann, ich bitte Sie, in Ihrer Funktion als Landeshauptmann Ihre volle Kraft einzusetzen – und das sage ich jetzt auch angesichts der bevorstehenden Wahlen: Ihre Kraft einzu­setzen –, um gegenüber Brüssel entsprechend aufzutreten und dort auch einmal, wenn es sein muss, anständig auf den Tisch zu hauen.

Ich möchte mich weiters bei der Landesregierung dafür bedanken, dass sie in der Sache hart bleibt, aber – und das sei mir erlaubt, zu erwähnen – auch dem zustän­digen Fachreferenten, Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter und Umweltreferenten Hannes Gschwentner, der mit dem Immissionsschutzgesetz-Luft in seinem Ressort die rechtliche Möglichkeit dafür geschaffen hat, all dieser Dinge Herr zu werden.

Ich stelle mir vor, wenn wir in Tirol – und vielleicht habe ich da ein bisschen Visionen – Steuerhoheit hätten – und ich möchte mich bei den vielen fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmern, aber auch bei deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ohne die es natürlich nicht geht, bedanken –, wie gut es uns dann ginge in Tirol! Wir sind nämlich, wie der Herr Landeshauptmann korrekt und treffend ausgeführt hat, ein sehr reiches Land, man möchte meinen, wir seien eine Insel der Seligen. Leider haben wir diese Steuerhoheit aber nicht, sodass wird das viele Geld – oder zu viel Geld, wenn ich es einmal so sagen darf – in einem großen Lastwagen Richtung Wien transportieren und


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 158

dem Herrn Finanzminister geben müssen, damit er – und da sei mir jetzt ein bisschen Polemik erlaubt – wieder ein paar Berater-Millionen hinausschmeißen kann.

Große Sorge aber, Herr Landeshauptmann, habe ich angesichts der momentanen Entwicklung des Tiroler Arbeitsmarktes, der Entwicklung bei den Beschäftigten, aber auch der Wirtschaft insgesamt. Wenn große Betriebe wie der „Bürgerbräu“, die Mon­tanwerke, Kneissl, Geiger, Datacon, auch die Post, die, wie man hört, bis 2006 500 Ar­beitsplätze streichen will oder muss – und es gäbe noch viele andere Beispiele zu nennen; als davon im Bezirk direkt Betroffener sei noch Elektra Bregenz erwähnt –, zusperren müssen oder, wie im Fall Elektra Bregenz, auf Grund der Globalisierung „zusammengekauft“ werden und nachher einfach „verscherbelt“ werden, dann ist da schon große Sorge angebracht.

Verlust der Arbeitsplätze heißt Verlust des Wohlstandes für unsere Bevölkerung. In Anbetracht der österreichweit 2 622 Insolvenzfälle im Jahre 2002, davon in Tirol in diesem Zeitraum 206 Insolvenzfälle, gibt es auch die Sorge, ob unsere Unterneh­merinnen und Unternehmer diese Last – wenn ich es einmal so sagen darf –, die auf sie zukommt, tragen können.

Ich möchte da gar nicht einmal sagen: Der Herr Landeshauptmann ist an allem schuld und wir Tiroler machen uns das sowieso alles selbst – überhaupt nicht, im Gegenteil! Aber ich bitte Sie, Herr Landeshauptmann, bei Ihren Parteifreunden in Wien – es ist nun einmal so, dass Sie, Ihre Partei, in der Bundesregierung die Mehrheit haben –, darauf zu drängen, dass die Versprechen, die vor der letzten Nationalratswahl gegen­über unseren Unternehmerinnen und Unternehmern gegeben worden sind, auch erfüllt werden. Letztendlich trifft nämlich, wenn ein Unternehmen zu viel – ich möchte nicht sagen, zu viel an Steuern zahlt, weil wer zahlt nicht zu viel, aber trotzdem zu viel wahrscheinlich – zahlen muss oder zu wenig Umsatz hat, es wieder den Arbeitnehmer, das heißt, den normalen Arbeiter, den „Häuselbauer“, ja es trifft letztendlich uns alle.

Herr Landeshauptmann! Ich bitte Sie, auf die Bundesregierung einzuwirken, damit das vor den Wahlen gegebene Versprechen einer Steuerreform – weil vor den Wahlen war es ja wichtig, dass man das verspricht – eingehalten wird – denn das wäre nur ge­recht –, um, wie gesagt, damit nicht Arbeitsplätze zu gefährden. Wenn ich mir den Geschäftsbericht des Arbeitsmarktservice Tirol – er ist gerade ein paar Tage alt – durchlese, dann graut mir davor, sage ich ganz ehrlich, was in der Vergangenheit gewesen ist und was möglicherweise insgesamt noch auf uns zukommen wird, weil sehr lustig und rosig ist die Situation nicht.

Ich hätte aber noch eine Bitte, Herr Landeshauptmann, einen Wunsch, eine Aufforde­rung – ich weiß nicht, wie ich das sagen soll –, nämlich, dass Sie Ihr Gewicht in die Waagschale werfen, um zu versuchen, ein Unrecht, ein Ungleichgewicht zu beseitigen, was die Einkommen der Tirolerinnen und Tiroler betrifft. Wenn Herr Präsident Dinkhau­ser – ich denke, kein Unbekannter: er ist Präsident der Arbeiterkammer Tirol – meint, Wiener bekämen um 155 € pro Monat mehr als Tiroler Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, dann gibt mir das schon zu denken.

Die Statistik Austria hat die gesamten Haushaltseinkommen ermittelt und daraus das Pro-Kopf-Einkommen abgeleitet. Demnach verfügt ein durchschnittlicher Tiroler Haushalt pro Jahr über insgesamt 26 817 € – berücksichtigt wurden alle Löhne und Ge­hälter, Pensionen, selbständige Einkommen, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Karenz­geld, Spenden, Kinderbeihilfe und so weiter.

Weil die Haushaltsgrößen aber länderweise stark differieren, hat die Statistik Austria ein nach Anzahl und Alter der Personen im Haushalt gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen errechnet, und demnach ist Tirol leider Gottes das Schlusslicht.


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Herr Präsident Dinkhauser hat im AK-Weißbuch zum Josefitag festgestellt, dass der Verdienst eines Tirolers mit Abstand der niedrigste in allen Bundesländern ist. Für ihn, Dinkhauser, sei das der Beweis, dass das Land in Sachen überfälliger Struktur­refor­men in Agonie liege.

Herr Landeshauptmann, auch da bitte ich Sie, gegenzusteuern, damit diese Schieflage irgendwie austariert wird. ich denke, Sie haben ausreichend Gelegenheit, den Tiro­lerinnen und Tirolern das vor der Landtagswahl mitzuteilen – ich weiß nicht, aber viel­leicht gibt es dafür noch ein paar Punkte, einen Sonderbonus –, aber Sie haben auch die Gelegenheit, das nach der Landtagswahl zu korrigieren. Ob Sie es dann mit einer absoluten Mehrheit alleine machen werden und wollen oder mit einem Koalitions­part­ner, sei dahingestellt. Das weiß ich nicht. Das, glaube ich, werden wir nach dem 28. September sehen, beziehungsweise werden Sie dann wahrscheinlich entscheiden, ob Sie das wollen oder nicht. – Wir werden sehen.

Auf alle Fälle, Herr Landeshauptmann, denke ich, es ist auch die Situation des Bun­deslandes Tirol ernst. Tirol ist nicht nur das drittgrößte Bundesland in Österreich, son­dern auch das schönste. – Ich hoffe, die Kollegen aus den anderen Bundesländern verzeihen es mir, wenn ich da ein bisschen Eigenwerbung für unser Bundesland mache. Ich denke, Tirol ist das schönste Bundesland in Tirol (Heiterkeit) – in Öster­reich, meine ich –, ein Bundesland, in dem man herrlich Urlaub machen kann.

Spaß beiseite. – Ich denke, es gibt genügend zu tun, denn die Situation ist ernst. Herr Landeshauptmann! Gehen wir’s an! Machen wir’s! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten von ÖVP, FPÖ und bei den Grünen.)

10.22

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Wilhelm Grissemann. Ich erteile dieses.

 


10.22

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Ein bisschen stolze Tiroler sind wir halt schon, und wenn eine Tiroler Musikkappelle auf der Rampe spielt, wird es einem natürlich warm ums Herz. Und wenn man sieht, Hans, wie viel Wertschätzung dir entgegengebracht wird, wenn viele bekannte Gesichter aus der Tiroler Politik dir die Ehre geben, mit dem Landes­hauptmann an der Spitze, dann kannst du schon auch stolz sein. Deine Konzilianz, dein Fleiß und dein ausgleichendes Wesen haben heute einen vorläufigen Höhepunkt gefunden in der Wertschätzung, die du erfährst. Viel, viel Glück als Bundesratsprä­sident – ich freue mich schon auf die weitere Zusammenarbeit! (Allgemeiner Beifall.)

Der Herr Landeshauptmann hat interessante Anregungen zur Belebung des Bundes­rates gegeben, Anregungen, die oft auch schon von anderer Seite geäußert wurden. Ich glaube, das Interessanteste wäre es, wenn die Landeshauptleute sich möglichst oft im Bundesrat einfänden. Es wäre vielleicht auch sinnvoll, wenn wir als Mitglieder des Bundesrates uns selber Gedanken darüber machten, wie wir Vorschläge erarbeiten und dann im Österreichkonvent einbringen könnten, bevor andere uns fremdbe­stimmen. Lieber Herr Präsident, das wäre vielleicht die erste Anregung: dass Arbeits­krei­se des Bundesrates Vorschläge erarbeiten und dem Konvent übergeben, bevor wir fremdbestimmt werden. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen, der ÖVP und der SPÖ.)

Der Herr Landeshauptmann – und das hat mir gefallen – hat von Tirol nicht das Bild einer heilen Welt gezeichnet. Das wäre auch nicht richtig. Wir haben natürlich unsere Probleme, und das Hauptproblem ist der Transit. Damals, als man den Transitvertrag


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 160

schloss, hat man geglaubt, dass man eine Verschnaufpause hat, aber man hat nicht bedacht, wie rasch die Zeit vergeht. Und jetzt ist er obsolet.

Wir alle wissen, dass das Hauptproblem im Transit der Umwegtransit ist. Es ist wirklich zum Haareraufen, dass die Schweiz und Frankreich die Sache so gestalten, dass es auf jeden Fall günstiger ist, über Tirol zu fahren, und dabei enorme Umwege in Kauf nehmen. So kann es nicht sein! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte daran erinnern, Herr Landeshauptmann, dass in der Europäischen Kom­mission natürlich auch ein österreichischer Kommissar sitzt, nämlich der Herr Fischler, und ich gebe ihm in einem Fall Recht. Er hat gesagt: Vielleicht war es auch ein Rie­senfehler von Bundes- und Landesseite, in der Vereinbarung ganz Österreich zur sen­siblen Zone zu erklären, was die Autobahnen betrifft. Kollege Kritzinger, ich glaube, du hast mich schon richtig verstanden. Das ist vielleicht das Problem: Wir hätten natürlich schon besser erklären müssen oder sollen, dass Tirol mit seinen engen Alpentälern, mit seiner touristischen Struktur der Erholungsraum ganz Europas sein sollte. Da hätte man schon ein bisschen besser argumentieren sollen.

Natürlich – und das ist das nächste Problem – haben wir jetzt schon wieder die nächste Angst: dass unsere Notbremse, die Einführung eines sektoralen Fahrverbots per Verordnung, nicht hält. Und da gebe ich dir auch Recht, Herr Landeshauptmann, dass natürlich die Europäische Kommission nichts Eiligeres zu tun hat, wirklich nichts Eiligeres zu tun hat, als sofort ein Verfahren mit einer einstweiligen Verfügung in Gang zu bringen, dass dieses Fahrverbot unmittelbar wieder obsolet ist. Ich gebe dir Recht: Dann werden wir die nächste Verordnung erlassen. Aber es ist absolut unbefriedigend!

Und du hast auch Recht, wenn du sagst: Ich werde mein Gewicht im Europarat ein­setzen – nämlich in deiner Funktion als Vorsitzender dieser Gemeinde; nein, nennen wir es Abteilung; als Präsident, als Vorsitzender der Regionen und Gemeinden.

Natürlich müsste man hier auch ein Zeichen setzen, und auch ich werde mir erlauben, als kleines, einfaches Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ein ordentliches Verfahren einzufordern, denn meines Erachtens ist der Europarat ein Organ, das in letzter Konsequenz sogar über der Europäischen Gemeinschaft steht, weil er ganz Europa verkörpert und sozusagen das Gewissen Europas ist. Ich werde mir daher erlauben, ein ordentliches Verfahren einzufordern.

Ich komme zu ein paar kleinen Problemen, die du, Herr Landeshauptmann, vielleicht in der Kürze der Zeit nicht bringen konntest.

Natürlich haben wir auch unsere Probleme mit den Asylanten. Natürlich haben wir auch unsere Probleme, das muss ich schon sagen. (Bundesrat Gasteiger: Billig!) – Herr Kollege Gasteiger, jetzt komme ich doch auf ein Detail, das ich eigentlich weg­lassen wollte. Vielleicht ist Tirol päpstlicher als der Papst, und ich meine das jetzt be­zogen auf einen ganz speziellen Fall, der symptomatisch ist.

Wir haben in Tirol einen Schwarzafrikaner gehabt, dessen Herkunft bis zum heutigen Tag völlig nebulos ist, da weder dessen Name noch dessen Herkunft stimmt, der seit Jahren – man muss sich das vorstellen! – Sozialhilfe bezieht – ich glaube, wir haben die Millionen-Schilling-Grenze schon längst überschritten –, der Aids-krank ist, der trotz­dem laufend mit Tiroler Frauen in Kontakt ist, der praktisch nicht einzuordnen ist, nicht abschiebbar ist. (Bundesrat Gasteiger: Tiefes Niveau!) Ich hätte es nicht gesagt, aber in diesem Punkt ist auch Tirol keine heile Welt.

Nur: Der Unterschied ist – Herr Landeshauptmann, das möchte ich bitte noch einmal hier im Bundesrat artikulieren, weil doch auch die anderen Bundesländer hier vertreten sind –, dass wir sogar den Anspruch auf Sozialhilfe für diese Leute festgeschrieben haben. Das ist an diesem einfachen Beispiel gut erklärbar: Identität nicht feststellbar,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 161

nicht abschiebbar, und selbstverständlich ist daher der Zahlungsfluss an diesen Herrn nicht zu stoppen.

So, ich bin schon fertig. – Das sind Probleme, die wir noch besser in den Griff kriegen müssen. Ich wollte das nur an diesem kleinen Beispiel deutlich machen.

Kollege Gasteiger hat gesagt, es macht einen nachdenklich, dass die Wirtschaft sicht­lich Probleme habe. Natürlich hat die Wirtschaft Probleme – besonders der Tourismus hat enorme Probleme. Es kommt Basel II auf uns zu, und nach diesen Bewertungs­kriterien müsste eine Kreditvergabe an die Hälfte der Unternehmer in der Tiroler Tou­ris­muswirtschaft automatisch – automatisch! – durch Bankregulativ gestoppt werden. Man hat das durch eine entsprechende Erhebung festgestellt.

Das würde also die Hälfte der Tiroler Touristikwirtschaft betreffen, und wir wissen es – Herr Präsident Ager weiß es natürlich auch. Diese Probleme sind nicht ohne und ma­chen uns Sorgen. Ich sage noch einmal: Stellen Sie sich vor, dass bei Einführung von Basel II die Hälfte der Tiroler Tourismuswirtschaft auf der Stelle Konkurs anmelden müsste – auf der Stelle! Das ist praktisch schon erhoben. Das ist ein nicht sehr lustiges Szenario!

Die soziale Sicherheit kann natürlich nur auf einer gesunde Wirtschaft fußen, und darum die Probleme. Aber nicht nur der Tourismus hat Probleme. Ich will nicht nur schwarzmalen oder ein ganz düsteres Bild malen, aber wir wissen, der Tiroler Handel, der österreichische Handel insgesamt hat seit Monaten Umsatzrückgänge – bitte hören Sie jetzt genau zu! – von 30 bis 40 Prozent zu verdauen! Das ist erst seit ein paar Monaten so, aber das wird noch ein ganz arges Problem werden, denn ein paar Einkaufszentren werden mit Dumpingangeboten noch den Rest aufsaugen.

Und da bin ich beim nächsten kleinen Problem, bei etwas, was leider in Nordtirol im Gegensatz zu Südtirol total aus dem Ruder gelaufen ist. Man weiß jetzt, dass der Wildwuchs der Einkaufszentren ein schwerer Fehler war, aber diesen Wildwuchs hat man natürlich gefördert. Natürlich ist man zu leicht der Versuchung erlegen, dem Druck der Gemeinden nachzugeben, die künftige Einnahmequellen erhofften, und dem ver­meintlichen Druck der Bevölkerung. Und jetzt gibt es einen Riesen-Aufschrei, dass wir schon in 69 Tiroler Gemeinden keinen Nahversorger mehr haben, wo die alten Leute und die Hausfrauen einkaufen könnten. Das ist in dem etwas kühl gewordenen Tirol anscheinend völlig egal. Wie man das regeln könnte, ist offenbar jedem egal.

Und wenn man sagt, heute ist der Grissemann wieder lästig und kommt wieder mit seinen Detailgeschichten, muss ich feststellen: Das sind natürlich auch Dinge, die uns Sorge machen in Tirol. Ich glaube, hier müssen wir uns etwas einfallen lassen, und hier ist die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer, mit der Arbeiterkammer not­wen­dig. Es ist nicht ein Problem des kleinen Greißlers, denn der hat ohnehin schon zuge­sperrt. Wie aber bekommen wir überhaupt wieder einen kleinen Greißler als Kom­munikationsfaktor, als Versorgungsfaktor in eines dieser 69 Tiroler Dörfer?

Herr Landeshauptmann! Du hast auch Südtirol angesprochen, und das hat mich sehr gefreut. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass man über Südtirol spricht. Zu vorder­gründig ist dieses reiche Land, dieses prosperierende Land schon in eine Situation geraten, die manche sagen lässt: Die haben es geschafft, denen geht es fantastisch! – Bitte, vergesst die vielen kleinen Leute in Südtirol nicht, die glühende Tiroler Patrioten sind und die für jedes Wort dankbar sind, das darauf hindeutet, dass wir Südtirol natür­lich niemals vergessen werden! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Bun­desräten von ÖVP und SPÖ sowie den Grünen.)


10.34


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 162

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


10.34

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Lieber Hans Ager – du führst zwar jetzt nicht den Vorsitz, aber trotzdem auch von meiner Seite herzliche Gratulation, auch wenn der An­fang deiner Präsidentschaft ein harten Sitzungstag war, eine Sondersitzung des Bun­desrates. Daher machen wir das jetzt quasi im Nachhinein: Ich wünsche dir für deine Präsidentschaft alles Gute!

Deine Präsidentschaft fällt auch in eine Zeit, in der gerade über die Zukunft der Zweiten Kammer heftig diskutiert wird. Es ist ja nicht so, dass wir das nicht schon seit zwei Jahren hier tun. Die Vorschläge der Landeshauptleute von Oberösterreich, der Steiermark, aber auch des Landeshauptmannes von Tirol sind da bereits eingeflossen. Wir stehen also nicht vor einer Situation Null, wo wir sagen müssten: So, jetzt müssen wir uns einmal etwas überlegen!, sondern es wurden schon eine ganze Reihe von Gedanken in diesem Zusammenhang eingebracht.

Herr Landeshauptmann! Auch Sie haben einige Gedanken geäußert, die wir hier schon länger diskutieren, nämlich dass die Landeshauptleute im Bundesrat wieder Sitz und Stimme haben. Die Frage ist, wo sie ihren Platz einnehmen: auf der Regierungsbank oder unter uns. Aber Sie könnten nach der Wahl im September bereits mit gutem Bei­spiel vorangehen, indem Sie an Josef Krainer anschließen und wieder Mitglied werden. Wir brauchen dazu keine Verfassungsänderung, das ist so vorgesehen. Wir würden es begrüßen, wenn wir Sie im Oktober hier unter uns sehen könnten. (Allgemeiner Bei­fall.)

Ich könnte mir sogar gut vorstellen, dass Josef Pühringer dann dasselbe macht, denn auch er hat Ähnliches bei seiner Rede hier anklingen lassen.

Herr Landeshauptmann, ich mag diesen Ausdruck nicht, weil er oft so viele Unter­schiede verwischt und zu Diffusität und Unschärfe neigt, aber es gibt so etwas wie einen nationalen Zusammenhalt und einen nationalen Zusammenschluss, und das gibt es in Österreich sicherlich über alle Parteigrenzen hinweg in der Transitfrage, egal ob im Westen oder im Osten. Mit der EU-Erweiterung wird sich uns im Osten eine solche Frage in einer sehr brennenden Art und Weise stellen, und im Westen – und da geht es nicht nur um mein Heimatland Tirol, sondern es geht auch um Vorarlberg, es geht um Salzburg, es geht um Kärnten – brauchen wir einen gemeinsamen Stand­punkt. Die Alpen sind nun einmal ein sensibler Raum.

Die Ideen müssen wir wahrscheinlich weitläufiger ansetzen als nur an der Transitfrage im Speziellen, wie jetzt auch die Diskussion um die sektoralen Fahrverbote zeigt. Ich denke, ein ganz wichtiger Bereich wird die Arbeitssituation der Fernfahrer sein. Wenn wir in Europa zu Arbeitsgesetzen kommen, die die Schwarzarbeit, die unzumutbaren Arbeitsbedingungen und so weiter im Bereich der Fernfahrer einschränken, dann wird auch der Transit in seiner heutigen brutalen Form unattraktiver, da Arbeitskosten die Dinge auch verteuern.

Und wenn wir im Sozialgesetz-Bereich europäische Standards heben, dann müssen wir sie auch kontrollieren. Wir dürfen die LKW nicht nur auf ihre Ökopunkte, auf ihre Fahrtauglichkeit prüfen, sondern wir müssen auch sehr auf die soziale Verträglichkeit achten, wenn wir wissen, dass die Fahrer oft acht Stunden und mehr ohne Unter­bre­chung fahren müssen. Diese Faktoren müssen wir mit einbeziehen, und das sind dann verkehrshemmende Faktoren, denn jede soziale Leistung und jede Kontrolle, egal ob im Technik- oder Sozialbereich, sind hemmende Faktoren, und damit fördern wir mit Sicherheit das, was wir die Rollende Landstraße nennen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 163

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Da ist natürlich schon die Frage, warum wir mit den Kontrollen in Tirol mit einer Stelle eher schwach bestückt sind. Warum verstärken wir diese Kontrollen nicht? Warum zieht sich das in dieser Weise? Und wenn der Herr Kritzinger gemeint hat, Sie hätten einen großen Scherbenhaufen vorgefunden, was ja einer offenen Kritik an vielen anderen Landeshauptleuten vor Ihnen gleichkommt, muss man natürlich auch sagen: Wir ernten jetzt natürlich schon die böse Saat, die da aufge­gangen ist.

Ich denke nur daran, wie man plötzlich Ende der sechziger und siebziger Jahre begon­nen hat, das Namlosertal mit drei Spuren auszubauen – und heute stehen die Autos vom Anfang des Tales bis zum Ende, und es geht eigentlich am Ende nicht weiter, und dann stehen sie wieder hinaus. Dieser wahnwitzige Ausbau in Tirol, hoffend und glau­bend, der Verkehr sei grenzenlos und schaffe keine Probleme, daher machen wir aus jedem kleinen Wegerl eine schöne breite Straße, möglichst zwei- oder dreispurig, rächt sich, und diese Saat ernten wir natürlich jetzt auch in der Transitfrage. Da gibt es wahr­scheinlich nicht mehr viele Möglichkeiten, aber einige Möglichkeiten liegen doch auch in der nationalen Verkehrspolitik. Freilich: Die EU tut sich leicht, wenn sie die Aus­nahmen beseitigen will.

Sie haben Recht, Herr Landeshauptmann: Natürlich haben wir ein Recht auf ein or­dent­liches Verfahren, aber wir müssen aufpassen, was wir hier alles an Ausnahmen mitliefern. Wir dürfen es der EU nicht besonders leicht machen, darauf zu reagieren.

Nichtsdestotrotz wird es keine andere Alternative geben, auch den öffentlichen Nah­verkehr zu forcieren. Herr Kritzinger, der Raps und so weiter wird es letztlich nicht brin­gen. Wir werden nicht alles auf die Straße packen können, und wir werden nicht jede Fahrt ermöglichen können. Wir müssen auf die Alternativen, auf die umweltfreund­li­chen Alternativen setzen.

Sie haben ja gesagt: Es stinkt, es ist laut und so weiter. – Ja, aber dann müssen wir uns überlegen: Was attraktivieren wir? – Wir haben ja mittlerweile ein Ballungsgebiet von Telfs bis mindestens Jenbach, kann man sagen, wenn nicht weiter (Bundesrat Kritzinger: Jeder will Auto fahren!), und jeder will Auto fahren.

Aber es zählt auch das Angebot, das wir auf der anderen Seite setzen. Es muss auch die Rollende Landstraße ein Angebot an Fernfahr-Unternehmen sein, die Dinge un­komplizierter und vielleicht sogar preislich besser zu gestalten.

Man muss sich fragen: Was kosten die Autoreisezüge in Österreich? – Ich fahre immer von Wien nach Innsbruck mit dem Autoreisezug, aber letztlich, würde ich es öko­nomisch betrachten, ist das absolut uninteressant. Von der Umweg-Rentabilität her ge­sehen aber ist es natürlich hochinteressant.

Wir müssten in diese Dinge mehr investieren und sie auch zu attraktiveren Zeiten anbieten, nicht um 6 Uhr früh, sondern zu Zeiten, zu denen sie von den Menschen auch benützt werden, leichter benützt werden können, damit die Attraktivität wächst. Damit könnten wir sowohl den öffentlichen Nahverkehr als auch die Rollende Land­straße spannender machen.

Zurück zum Transit: Herr Landeshauptmann! Ich finde, für diese Initiative würde sich ein neuerlicher Schulterschluss lohnen, gerade auch, was die soziale Frage der Fern­fahrer betrifft. Ich glaube, dass das einer der Angelpunkte ist, an denen wir ansetzen können: Es geht darum, die Umwegfahrten, die ja viele, viele Kilometer fressen, un­attraktiv zu machen. In diesem Sinne: Da können wir sicher alle zusammenfinden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.42

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 164

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist nun Frau Bun­desrätin Fröhlich. – Bitte.

 


10.42

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Liebe Frau Präsidentin! Lieber Herr Landeshauptmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Lieber Hans Ager! Du hast mir heute in deiner Antrittsrede aus der Seele gesprochen! Du hast es so gebracht, wie du eigentlich bist: als Kamerad und als Kumpel, und du hast das heute mit Herz, mit Tiroler Blut und mit deiner Liebe zu Tirol vorgebracht. Ich möchte dir ganz herzlich zu deiner Präsidentschaft gratulieren. Und wir Tiroler – wir sind ein bissel unparteiisch – werden immer hinter dir stehen, auch wenn es hart auf hart geht, darauf kannst du dich verlassen! (Allgemeiner Beifall.)

Es ist nicht leicht, ich bin heute die Fünfte von uns am Rednerpult, aber ich werde mich bemühen und es kurz machen.

Es sind heute schon lobende Worte und auch kritische Worte gefallen. Wir werden heute hier den Verkehr und die Probleme damit nicht lösen können, aber ich glaube, wenn wir zusammenstehen, und wenn wir von der ÖVP dann die Mehrheit im Tiroler Landtag haben (Bundesrat Gasteiger: Nein, nein!), dann werden wir sicher etwas be­wegen können. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Es ist mir heute eine besondere Ehre, dass unser Landeshauptmann anlässlich der Prä­sidentschaftsübernahme vom Hans Ager heute anwesend ist. Ich darf auch un­seren Präsidenten des Tiroler Landtages recht herzlich begrüßen. Wir Bundesräte sind ja auch im Landtag vertreten, und es ist natürlich schon eine Ehre, wenn Sie heute auch da sind, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

Unseren Landeshauptmann und mich verbindet etwas, wir haben Gemeinsamkeiten: Wir sind keine gebürtigen Tiroler, aber wir sind politisch verbunden, politisch ist Tirol unser Heimatherz. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Liechtenstein.) Tirol ist ein gu­tes Land, ehrlich. Ich bin dort schon richtig zu Hause, ich habe mich dort richtig ein­gelebt. Es gibt relative soziale Gerechtigkeit in der Bildung und im Erwerbsleben. Es ist eigentlich für alle etwas da. Und dass das so ist und so bleibt, dafür ist unser Landes­hauptmann der Garant.

Er hat auch für uns Frauen etwas übrig, das hat man jetzt an der Landtagsliste wieder gesehen. Er hat auch die Jugend und die Senioren im Auge, und auch für die Familie ist er da. Er fragt nicht, ob ein Mensch bei der Musik oder bei der Feuerwehr oder im Kameradschaftsverein aktiv ist, ob er arm oder reich ist – für ihn ist jeder Tiroler gleich! (Bundesrat Gasteiger: Für uns auch!)

Daher möchte ich unserem Herrn Landeshauptmann, dir, Herwig, für die Zukunft alles Gute wünschen! Uns Bundesräten wünsche ich, dass wir noch lange beieinander sein können und dass wir uns nach der Landtagswahl vermehren. (Heiterkeit des Bundes­rates Konecny.) Und dir, Hans, wünsche ich alles Gute und viel Kraft! Du schaffst das schon, wir stehen hinter dir! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

10.46

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Landeshauptmann, Sie ha­ben das Wort.

 


10.46

Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa: Sehr geehrte Damen und Her­ren! Da ich auf einige Dinge angesprochen wurde und andererseits einige Feststellun­gen, das Bundesland Tirol betreffend, gemacht wurden, muss ich doch einige Richtig­stellungen anbringen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 165

Wenn Herr Bundesrat Gasteiger hier meint, dass hinsichtlich der Einkommenssituation in Tirol alles am schlechtesten ist ... (Bundesrat Gasteiger: Statistisch erwiesen!) – Ja, „erwiesen“!

Lieber Freund! Ich bin ein alter Statistiker. Ich war lange an der Universität, und ich kann dir schon sagen, wie das ist mit den Transfereinkommen. Wenn ein Saisonbe­schäftigter nach der Statistik der Gebietskrankenkasse gerechnet wird, und der ist drei Monate in Tirol und die andere Zeit eben woanders, dann werden die drei Monate durch zwölf oder durch 14 dividiert. Das alles muss man bereinigen! Es wurde ein ein­zi­ger Versuch gemacht, eine Teilbereinigung zu machen, aber man könnte auch einen Umkehrschluss ziehen.

Hoher Bundesrat! Ich würde Sie gerne ein bisschen zum Nachdenken anregen. Es ist interessant – auch das ist eine Statistik, allerdings nur auf die Arbeitnehmer bezogen –: Die Tiroler Arbeitnehmer fahren in Österreich die größten Autos. Das mag für die Um­weltbilanz nicht besonders erfreulich sein, aber fest steht, sie fahren die größten Au­tos. – Es gibt in Tirol in Arbeitnehmerhand die meisten Eigenheime, von denen der Großteil in den letzten Jahren errichtet wurde. (Bundesrat Gasteiger: Gut so! Fleißi­ge Leute!) – Und die Tiroler Grundstückspreise sind die höchsten in Österreich.

Wenn man das alles mit dem geringsten Einkommen machen kann, dann bitte ich, dieses Beispiel in ganz Österreich nachzuahmen! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte natürlich nicht die vielfältige Nachbarschaftshilfe, die es ja auch im Zil­lertal geben soll, in besonderer Weise erwähnen (allgemeine Heiterkeit), aber davon wollen wir jetzt nicht reden.

Ich bin jedenfalls sehr froh darüber, dass wir in Tirol 2,2 Prozent Wirtschaftswachstum haben. Der Leiter des Statistischen Zentralamtes und der Chef des Wirtschaftsfor­schungs­­institutes haben das für das letzte Jahr festgestellt.

Schauen Sie sich das Ranking der Bundesländer an! Wenn in Tirol alles so schlecht ist, wie Sie sagen, dann frage ich mich: Wie ist es möglich, dort 2,2 Prozent Wirt­schaftswachstum zu haben, wenn insgesamt der Durchschnitt in Österreich bei 0,8 Prozent liegt? (Bundesrat Gasteiger: Die Löhne sind die niedrigsten!)

Ich halte niemandem einen Spiegel vor, aber ich möchte festhalten, dass in Tirol der meiste Wohnbau getätigt wird; dass das Land Tirol die Wohnbauförderungsmittel nicht gekürzt hat, sondern die Wohnbauförderungsmittel mit Landeszuwendungen noch er­höht; dass im Gesundheitswesen – man höre und staune! – in den nächsten Jah­ren 8 Milliarden Schilling – dieses Budget wurde noch in Schilling erstellt – investiert werden; dass es in Tirol die meisten, modernsten und neuesten Pflegeeinrichtungen und Pflegebetten gibt – dass wir leider zu wenig Nachwuchs in der Pflege haben, das gebe ich gerne zu –; und dass der Wiener Bürgermeister mich immer wieder gefragt hat: Wie macht man das eigentlich in Tirol, dass man in einem so schwierigen geo­graphischen Gebiet alle Straßen bis ins letzte Tal ausgebaut und die Energie­versor­gung bestens gestaltet hat?

Es gibt auch Probleme im Zusammenhang mit dem Zuzug, der an und für sich nicht unbedingt gering ist.

Ich muss sagen, das ist eine Debatte, die man im Zusammenhang mit den Wahlwer­bungsaktionen gerne führen kann. Nur wundert es mich, warum die Bevölkerung gera­de jene Politiker wählt, die offensichtlich besonders „ungeeignet“ sind, die Wirtschaft und die Arbeitnehmer entsprechend zu fördern! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 166

Herr Kollege Gasteiger, ich bin ja auch Arbeitnehmer. Ich kenne auch die Unterschie­de, die es im Beamtendasein gibt. Ich genieße das Privileg, Beamter zu sein, und Sie wissen auch, was es dort für Unterschiede gibt. Arbeitnehmer ist nicht gleich Arbeit­nehmer. Ich muss sagen, ich kenne die Situation. Denken Sie an die Leute, die auf der Straße arbeiten müssen, zu geringen Löhnen! Ich kenne auch die Situation jener Leute, die als Hilfskräfte im Tourismusgewerbe tätig sind. Auch Sie werden schon ge­hört haben, wie oft ich bei Wirtschaftstagungen manche dieser Erscheinungsformen, die mir auch in unserem Land nicht passen, schärfstens anprangere.

Herr Abgeordneter Schennach hat im Zusammenhang mit dem Transit vom nationalen Zu­sammenschluss gesprochen, man solle die Kontrollen verstärken, und dass wir uns da gut finden werden. – Naja! Ich habe einmal im Tiroler Landtag heftige Debatten gehört, und auch von den Grünen wurde gesagt, was man alles besser machen könnte und dass wir zu internationalen Verbündeten kommen müssen.

Da habe ich zum Klubobmann der Grünen gesagt: Herr Kollege Willi, was haben Sie gemacht? – Da hat er gesagt, er hat dem deutschen Außenminister, dem Grünen Joschka Fischer, einen Brief geschrieben. Und jetzt frage ich ihn bei jeder Landtags­sitzung: Hat er Ihnen schon zurückgeschrieben, und was hat er denn geschrieben? Hat er Ihnen vielleicht berichtet, wie man am besten und verträglichsten gegenüber den Wählern den Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomkraft erklärt?

Zu den von Ihnen, Herr Bundesrat Schennach, angesprochenen Problemen muss ich sagen, Sie haben da sicher Recht, manches im Handel holt uns tatsächlich ein. Die deutsche Situation holt uns wirklich ein, und das ist nicht besonders erfreulich. Aber daran ist nicht die österreichische Bundesregierung schuld; das muss man feststellen, wenn man das näher betrachtet.

Und bezüglich der Reisezüge und der Rollenden Landstraße muss ich sagen: Da stelle ich mir schon intelligentere Lösungen vor! In Wahrheit ist nämlich das Eisenbahn-Trans­portsystem überlastet, und deshalb brauchen wir auch die Unterinntal-Bahn, weil vom Westen und vom Norden die Züge in Wörgl zusammenkommen, und wir müssen schauen, dass man das auf Container umrüstet und nicht eine nutzlose Last hin und her transportiert. Da gibt es also intelligentere Lösungen.

Aber sonst darf ich mich herzlich für die Debatte bedanken, und ich freue mich natür­lich, wenn Sie mich so freundlich einladen, an den Sitzungen hier teilzunehmen. Das werde ich gerne wahrnehmen, aber seien Sie sicher, ich werde nicht immer so friedlich und konziliant sein, wie ich es heute war! – Vielen herzlichen Dank. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

10.54

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Landeshauptmann! Unsere Debat­te ist noch nicht ganz zu Ende. Es hat sich noch einmal Herr Kollege Gasteiger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.54

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Ganz so stehen lassen kann ich das natürlich nicht, was Sie jetzt gesagt haben. Das ist doch logisch, oder? (Heiterkeit.) Es ist ja nicht so, Herr Landeshauptmann, dass wir in Tirol nicht bemerkt haben – und mit „wir“ meine ich die anderen Parteien –, dass es Gott sei Dank ein Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent gibt. Das ist sehr zu begrüßen, das ist ja ganz logisch! Aber woher wenn nicht aus der Statistik soll man die Zahlen hernehmen, die vergleichbar sind?


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 167

Die Statistik wird immer bemüht, wenn sie gut ist und wenn man sie braucht, und sie wird weggeschmissen, wenn man sie nicht braucht, wenn es um das Reale geht. Und so rosig ist es halt eben nicht, wenn es um das Reale geht.

Ich sage das nicht, weil ich ein Roter bin, sondern die AK sagt das. Der Arbeiterkam­merpräsident Dinkhauser schreibt am 20. Dezember 2001: Die Industrie in Tirol verdient gut, aber zahlt schlecht. Und davon sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. – Das ist genau das, was ich gesagt habe: Da gibt es eine bestimmte Schieflage. Es sind gerade die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die diesem Land zum Wohlstand und zum Reichtum verholfen haben, die Tirol zu dem Land gemacht haben, das es ist.

Herr Landeshauptmann! Sie haben gesagt, die Häuslbauer fahren große Autos. – Wahr­scheinlich werden das Pendler sein, die große Autos fahren müssen, weil sie aufgrund ihrer Wegstrecke sicher fahren wollen und müssen.

Sie sagen auch, dass diese Menschen trotz der hohen Grund- und Bodenpreise – da gäbe es schon Ansätze, das herunterzubringen – in der Lage sind, sich ein Haus zu bauen und zu leisten; und ich habe jetzt nicht von der „Nachbarschaftshilfe“ geredet, Herr Landeshauptmann, sondern von dem, was es wirklich ist. – Es wird wahr­scheinlich so sein, dass diese Leute sehr hoch verschuldet sind, denn so wahnsinnig lang ist das noch nicht her: In der Zeitung gab es einen Bericht der Schuldnerberatung, und da hieß es, dass diese Berater derzeit enormen Zulauf haben und mit der Bearbei­tung ihrer Fälle einfach nicht mehr klarkommen.

Sie haben vorhin auch die Wohnbauförderung angesprochen, Herr Landeshauptmann. Es ist selbstverständlich lobenswert, dass die Wohnbauförderung geändert worden ist! Aber warum ausgerechnet just vor den Landtagswahlen? Das frage ich mich schon! – Herr Landeshauptmann, danke und alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

10.56

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es liegen keine weiteren Wortmeldun­gen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor ich die Verhandlungen der Ta­ges­ordnung wieder aufnehme, gebe ich bekannt, dass ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung des Rechnungshof-Rohberichtes, rechtliche und politische Konsequenzen an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung, vorliegt.

Im Sinne der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz wird die Verhandlung zur Tages­ordnung, sofern zu diesem Zeitpunkt die Tagesordnung noch nicht erschöpft ist, um 16 Uhr unterbrochen, um diese Dringliche Anfrage zu verhandeln.

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungs­zu­sam­menarbeitsgesetz, EZA-G), das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 168

Vertrags­bedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden (EZA-Gesetz-Novelle 2003) (81 und 149/NR sowie 6829/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir nehmen jetzt die Verhandlungen über die gestern unterbrochene Tagesordnung wieder auf und gelangen zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Karl Bader übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

 


Berichterstatter Karl Bader: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Landeshauptmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Aus­schusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003, betreffend ein Bundesgesetz bringen, mit dem das Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz – EZA-G), das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Rich­terdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtgesetz 1984 und das land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden – EZA-Gesetz-Novelle 2003.

Der Bericht liegt allen Mitgliedern des Bundesrates in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung konzentrieren darf.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Frau Dr. Hlavac. – Bitte, das Wort zu nehmen.


10.59

Bundesrätin Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzes­be­schluss soll eine Agentur zur Abwicklung der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit geschaffen werden. Obwohl wir nicht grundsätzlich gegen eine solche Agentur sind, müssen wir sie in dieser Form ablehnen. Es zeigen sich hier alle Mängel und Fehler, die auch das EZA-G, das in der vorherigen Gesetzgebungsperiode beschlossen worden ist, hat.

Frau Bundesministerin! Sie sind uns auch in den bisherigen Debatten den Beweis schuldig geblieben, dass diese Agentur tatsächlich besser und effizienter arbeiten wird als die bestehende Sektion in Ihrem Ressort. Es wird keine klare Aufgabenteilung zwi­schen der Agentur und der verbleibenden Struktur im Außenministerium geben; zumin­dest ist eine solche nicht klar formuliert. Das wäre aber notwendig. Dasselbe Problem trifft auch auf die Koordinationsbüros zu, die wir schon mehrmals kritisiert haben.

Vier Hauptprobleme belasten die österreichische Entwicklungszusammenarbeit, und diese werden durch die Agentur nicht gelöst, sondern zum Teil sogar verstärkt.

Erstens: Die Entwicklungszusammenarbeit und deren Finanzierung sind auf mehrere Ressorts verteilt. Auch die Länder haben eigene Mittel für entsprechende Aktivitäten, was natürlich zu begrüßen ist. Es sollte aber eine verbindliche Koordination geben. Es


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 169

sollte ein Ressort federführend sein, und zwar das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.

Wir waren immer der Meinung, dass das so vor sich gehen sollte, und wir haben Ihnen bei den Beratungen zum EZA-Gesetz damals auch unsere Unterstützung angeboten. Sie haben sich aber mit einer Formulierung begnügt, die es vom Goodwill der anderen Akteure abhängig macht, ob man tatsächlich Gehör findet oder nicht. Ich finde das schade, denn Sie hätten hier wirklich unsere Unterstützung gehabt!

Zweitens fehlt die parlamentarische Kontrolle: Das Parlament hat keine Möglichkeit, einen Bericht zu diskutieren und zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Dass es im Nationalrat auch in dieser Gesetzgebungsperiode wieder einen Unterausschuss geben wird oder bereits gibt, ist positiv zu bewerten, aber das stellt für uns im Bundesrat natürlich keinen Ersatz dar. Dass das Parlament im Wege des Bundesfinanzgesetzes das Budget für die Agentur beschließt, ist ein schwaches Argument, denn erstens ist die Möglichkeit der Mitwirkung auf diese Weise viel zu allgemein und die Politik kann nicht im Einzelnen mitbestimmt werden, und zweitens ergibt sich auch in diesem Zu­sammenhang wieder das Problem, dass das Bundesfinanzgesetz im Bundesrat nicht behandelt wird und der Bundesrat daher von jeder Mitbestimmung und Kontrolle in diesem Bereich ausgeschlossen ist.

Drittens werden die Möglichkeiten für die Entwicklungsorganisationen zur Mitgestaltung noch weiter eingeschränkt, was ich außerordentlich bedauere, da diese sehr gute Arbeit leisten und hoch engagierte und motivierte MitarbeiterInnen haben.

Viertens komme ich zum leidigen Thema der finanziellen Ausstattung: Ich weiß, dass wir uns alle eine bessere Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit wünschen. Es gibt aber auch diesmal wieder keinen verbindlichen Fahrplan für die Anhebung der EZA-Mittel über das Jahr 2004 hinaus. Im Hinblick darauf stellen wir uns die Frage, in­wiefern die Ausgliederung jetzt wirklich Sinn machen soll. Gerade die erhöhten Mittel wurden ja als Grund angegeben, warum eine Ausgliederung und die Schaffung dieser Agentur notwendig ist. Es gibt aber leider keine verbindliche Aussage, dass die Mittel auch in Zukunft in einer Weise erhöht werden, wie das eigentlich unseren Grundsätzen entsprechen sollte.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in aller Kürze nochmals zusammenfassen: Die Agentur entspricht nicht unseren Vorstellungen, und wir werden daher die Zustim­mung nicht erteilen können. (Beifall bei der SPÖ.)

11.04

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Tusek. – Bitte.

 


11.04

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­den­tin! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schade, dass Kollegin Hlavac angekündigt hat, dass dieser gewaltige Schritt für die Ent­­wicklungszusammenarbeit von der Opposition nicht mitgetragen wird.

Die Entwicklungszusammenarbeit liegt der Österreichischen Volkspartei und beson­ders unserer Frau Bundesminister am Herzen. Sie hat in den letzten Jahren Akzente gesetzt, die sich wirklich sehen lassen können. Ich erinnere daran, dass wir im ver­gangenen Jahr ein neues und modernes Entwicklungszusammenarbeitsgesetz bekom­men haben. Es hat mehr als zehn Jahre entsprechende Diskussionen gegeben, und die Außenministerin hat binnen eines Jahres, nachdem die Verhandlungen begonnen haben, das neue Gesetz dem Parlament vorgelegt.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 170

Im Regierungsprogramm wird der Entwicklungszusammenarbeit ein gewaltiger Stel­lenwert zuerkannt. Im Budget 2004 ist eine noch nie da gewesene Erhöhung der Hilfe für die Entwicklungsländer vorgesehen, nämlich – man höre und staune! – eine Erhö­hung um 30 Prozent. Es werden 30 Millionen € mehr zur Verfügung stehen, die sich wie folgt aufgliedern: 4 Millionen für die multilaterale Zusammenarbeit, 6 Millionen für Hilfe für die Ostländer und 20 Millionen für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit. Das sind Summen, die sich sehen lassen können!

Die Frau Bundesminister war es, die etwas getan hat: Sie hat sich zur EU-weiten Ver­pflichtung bekannt, bis 2006 0,33 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwick­lungs­zusammenarbeit auszugeben. Sie sehen es: Das Budget wird schrittweise angehoben.

Gerade diese gewaltigen Summen sind der Grund für die Ausgliederung. Wir brauchen Strukturen, mit welchen das entsprechend umgesetzt werden kann. Wir steigern in einem Jahr die EZA um 30 Prozent. Sicher ist aber auch, dass wir die Anzahl der EZA-Beamten nicht um 30 Prozent steigern. Im Gegenteil: Es werden überall Beamte eingespart. Wir brauchen eine Kapazitätssteigerung, und zwar jetzt! Was würde ge­schehen, wenn wir jetzt nicht ausgliedern? – Das Finanzministerium würde uns vor­halten – und zwar durchaus mit Recht –, dass wir für die Aufstockung der Mittel nicht gerüstet wären, und würde möglicherweise die Mittelaufstockung blockieren.

Der zweite Grund für die Ausgliederung sollte uns alle – Vertreter der Regierungs­parteien wie auch der Opposition – verbinden: Es sollen verbesserte Rückflussmög­lichkeiten aus Brüssel geschaffen werden. Die EU hat umfassende Förderungs­pro­gram­me für die Entwicklungszusammenarbeit, die bisher von Österreich nur unzu­rei­chend genutzt werden konnten. Die NGOs haben uns immer dazu aufgefordert, ihnen zu helfen, an diese Mittel heranzukommen. Jetzt haben wir durch diese Agentur die Chance dazu, und diese sollten wir nützen!

Der Zeitdruck nach Ende der Budgetverhandlungen war mit ein Grund dafür, dass eine Agentur relativ rasch geschaffen werden musste. Binnen kürzester Zeit wurde ein Gesetzentwurf interministeriell abgestimmt, der es erlauben soll, bis Jahresende eine funktionierende Struktur aufzubauen. Trotz des Zeitdrucks wurden auch die NGOs in die Gespräche eingebunden und einige von deren Anregungen aufgenommen.

Wenn die Opposition – ich sagte es eingangs schon – nun damit droht, dem Gesetz nicht zuzustimmen, dann fällt es mir wirklich schwer, die Oppositionspolitik nach­zuvoll­ziehen. Immer wollten gerade Sie – jetzt geht mein Blick auch in Richtung grüne Frak­tion – eine Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, was durchaus be­rech­tigt ist. Wir setzen diese Erhöhung nun um. Die Opposition muss sich klar ent­scheiden: Ist sie für eine Erhöhung der EZA-Mittel? Dann müsste sie konsequenter­weise diesem Gesetzesbeschluss zustimmen! Oder will sie alles, auch den wichtigen Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, blockieren?

Ich hoffe, dass die Opposition auf die Stimmen aus den NGOs hört, etwa auf jene der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungszusammenarbeit, die betont, dass einige von ihren Forderungen in dieses Gesetz eingearbeitet wurden, oder auf jene der bischöf­lichen Koordinationsstelle, die das Gesetz als einen annehmbaren Kompromiss be­zeichnet.

Ich glaube, es ist nicht falsch zu resümieren: Mehr Geld, bessere Strukturen. Die Hilfe an die Dritte Welt ist dank unserer Frau Außenminister voll im Aufwind! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.11

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt nun die Frau Bun­des­ministerin. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 171

11.11

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich glaube, für mich und für uns alle sollte heute ein Tag der Freude sein, denn wir haben uns gemeinsam seit vielen Jahren gewünscht, dass für die Entwicklungszusammenarbeit endlich mehr Mittel zur Verfügung stehen. Das wird ab nächstem Jahr wirklich der Fall sein.

Warum? – Es ist schon in der Debatte angeklungen: Es werden deshalb mehr Mittel zur Verfügung stehen, weil es mir gelungen ist, die gesamte österreichische Bun­desregierung dazu zu bringen, dass wir innerhalb der EU der Verpflichtung zugestimmt haben, bis zum Jahr 2006 auf 0,33 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu gehen.

Das ist keine kleine Erhöhung. Das bedeutet, dass es ab dem Jahr 2004 zunächst ein­mal 30 Millionen € mehr gibt. Selbstverständlich wird es aber auch eine weitere kon­tinuierliche Erhöhung geben. Dafür braucht man nicht unbedingt jetzt einen Fahrplan, sondern es ist selbstverständlich – das ergibt sich ja aus dieser Target-Zahl –, dass wir hier weitergehen werden.

Es ist mir gelungen, dass das ins Regierungsprogramm aufgenommen wurde. Das war der nächste Schritt. Das befand sich auch im Budgetprogramm des Finanzministers, der damit zum Ausdruck bringt, dass das selbstverständlich für die gesamte Legis­lativ­periode als Ziel vorgegeben ist. Die Umsetzung dieser Erhöhung erfolgt jetzt in Form der Ausgliederung.

Ich darf dazu anmerken, dass die Ausgliederung in dem Moment absolut notwendig wurde, als klar war, dass wir mehr Mittel bekommen. Ich habe immer gesagt: Solange wir mit unseren Strukturen ausreichend arbeiten können, bin ich einverstanden, dass wir bei den alten Strukturen im Haus bleiben. Aber nun handelt es sich – wie auch schon angeklungen ist – um eine große Aufstockung. 30 Millionen € mehr, das sind umgerechnet mehr als 400 Millionen Schilling. Es wäre einfach, diese auszugeben, wenn man sie einfach an die internationalen Organisationen gibt. Das wollen wir aber nicht! Vielmehr wollen wir gute Projekte machen, und dafür muss man die richtigen und effiziente Strukturen haben.

Ich glaube, man hat einfach nicht hinhören wollen, Frau Abgeordnete Hlavac! Es ist nicht so, dass ich meine Argumente nicht klar vorgebracht hätte, aber wenn man nicht hinhören will, dann hört man diese eben auch nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde sehr wohl eine klare politische Richtlinienentscheidung getroffen. Die grund­legende Organisation wird selbstverständlich weiterhin in meinem Hause, also im Außenministerium, verbleiben, und nur die reine Projektdurchführung wird in der Agen­tur behandelt werden. Es ist dies eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei der selbstverständlich das Außenministerium auch in der Zukunft etwas zu sagen haben wird, denn wir alle wollen doch, wie ich glaube, die gute Arbeit, die wir in den letzten Jahrzehnten geleistet haben, entsprechend weiterführen.

Es ist auch nicht richtig – das habe ich im Parlament schon in den verschiedensten Gremien gesagt, und ich wiederhole es gerne auch hier –, dass wir somit die parla­mentarische Kontrolle umgehen. In keiner Weise! Die Materie wird in den verschie­densten parlamentarischen Gremien behandelt: Zum einen bleibt, wie Sie erwähnt haben, der Unterausschuss zuständig. Darüber hinaus ist mit jeder Budgetent­schei­dung – und die Finanzierung verbleibt ja im Budget des Außenministeriums – die Mög­lichkeit gegeben, diese Thematik in der Budgetdebatte anzusprechen. Weiters besteht die Möglichkeit, im Zusammenhang mit dem Außenpolitischen Bericht, der immer auch einen Entwicklungszusammenarbeitsteil enthält, die Diskussion darauf zu bringen. Außerdem wird es natürlich auch einen Geschäftsbericht geben, der jährlich erscheint, der öffentlich ist und der auch eine Grundlage dafür bietet, etwas zu tun. – Ich glaube,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 172

auch diesbezüglich sind die Argumente, die von Ihnen gebracht werden, einfach nicht schlagend!

Es ist auch nicht richtig, dass die NGOs eingeschränkt werden. Ganz im Gegenteil: Wie erwähnt wurde, sind die NGOs immer wieder zu uns gekommen und haben alles versucht, um von den Geldern für die Entwicklungszusammenarbeit, die in Brüssel liegen, Rückflüsse zu erlangen. Mit Recht! Ich habe sie immer dabei unterstützt. Aber damit sie wirklich mehr abholen können, brauchen wir eine ausgegliederte Organi­sa­tion, wie das übrigens in ganz Europa üblich ist. Fast alle anderen europäischen Staa­ten haben solche Organisationen. Es besteht also überhaupt kein einsichtiger Grund, warum wir das nicht tun sollten.

Ich freue mich auf der anderen Seite, dass Sie sagen, dass unsere Strukturen so gut funktioniert haben, dass man daran eigentlich nichts ändern sollte. Das zeigt, wie ich glaube, dass das Außenministerium insgesamt gute Beamte hat und gut arbeitet. Aber viele von den Beamten werden auch in die Agentur gehen und dort weiterhin gute Arbeit machen.

Ich möchte auch sagen: Wir haben das keineswegs durchgepeitscht, sondern erst in dem Moment, als die klare Entscheidung der Regierung fiel, dass wir nächstes Jahr diese 30 Millionen mehr haben können, habe ich gesagt: Gut, dann bin ich bereit, dass mit Wirksamkeit 1. Jänner 2004 die Ausgliederung stattfinden soll. Wir mussten dann schnell reagieren, denn wir brauchen die gesamte zweite Jahreshälfte für die Errich­tung des Gesellschaftsvertrags, wir müssen die Stelle des Geschäftsführers ausschrei­ben, und wir müssen die Dinge so vorbereiten, dass wirklich gut gearbeitet werden kann und dass dann – wie ich sage – Gelder abgeholt werden können.

Im Übrigen ist es so, dass die NGOs aus der österreichischen Entwicklungs­zusam­men­arbeit wesentlich mehr an Geldern bekommen, als dies in den meisten EU-Mit­gliedstaaten der Fall ist, nämlich insgesamt zirka 50 Prozent. In den anderen Staaten beträgt dieser Anteil nur zirka ein Drittel.

Ich möchte also noch einmal sagen: Die Klagen, die immer wieder kommen, sind un­berechtigt! Ich möchte das hier ganz klar sagen, denn ich beschäftige mich schon seit über acht Jahren mit diesem Thema. Es ist dies ein Thema, das mir am Herzen liegt und das auch wichtig ist.

Ich freue mich, dass, nachdem wir das EZA-Gesetz letztes Jahr ins Parlament ge­bracht haben, jetzt ein weiterer Schritt in Hinblick auf Modernisierung und gute zukünf­tige Arbeit für die Welt, aber auch für Österreich gesetzt wird. – Danke, Frau Präsi­dentin. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.18


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 173

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (96 und 150/NR sowie 6830/BR der Beilagen)

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atom­energieorganisation, der Organisation der Vereinten Nationen für Indust­rielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organi­sation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines Gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien (11 und 151/NR sowie 6831/BR der Beilagen)

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemein­schaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika anderer­seits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen (14 und 152/NR sowie 6832/BR der Beilagen)

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend eine Änderung von Artikel 1 des Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verur­sachen oder unterschiedslos wirken können (21 und 153/NR sowie 6833/BR der Beilagen)

33. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend das Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde (62 und 154/NR sowie 6834/BR der Beilagen)

34. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zwischen den an der multinationalen Brigade aus Eingreiftruppen hoher Bereit­schaft für Operationen der Vereinten Nationen teilnehmenden Staaten über die


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Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärung der Republik Argentinien (73 und 155/NR sowie 6835/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Über die Punkte 29 bis 34 der Tages­ordnung wird die Debatte unter einem abgeführt.

Die Berichterstattung über die Punkte 29 bis 34 hat Herr Bundesrat Fasching über­nommen. Ich darf um die Berichte bitten.

 


Berichterstatter Paul Fasching: Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Bundesminis­ter! Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsu­largebührengesetz 1992 geändert wird:

Der Inhalt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zu TOP 30 über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Inter­nationalen Atomenergieorganisation, der Organisation der Vereinten Nationen für In­dustrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zur Änderung des Ab­kommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Inter­nationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines Gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien:

Der Inhalt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

TOP 31: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen über Handel, Ent­wick­lung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen.

Der Inhalt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

TOP 32: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend eine Änderung von Artikel 1 des Über­einkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter kon­ventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können.

Der Inhalt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 175

TOP 33: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend das Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde.

Der Inhalt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

TOP 34: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zwischen den an der multinationalen Brigade aus Eingreiftruppen hoher Bereitschaft für Operationen der Vereinten Nationen teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärung der Republik Argentinien.

Der Inhalt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Ich habe aber den Herrn Berichterstatter zu fragen, ob er das Wort wünscht. Wenn das nicht der Fall ist, dann kommen wir zur Abstimmung über die vorliegenden Be­schlüs­se, die getrennt zu erfolgen hat.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergieorganisation, der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Inter­nationalen Atomenergieorganisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines Gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 176

zeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu er­heben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwi­schen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend eine Änderung von Artikel 1 des Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend das Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde.

Da der vorliegende Beschluss des Nationalrates Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vor­liegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalra-


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tes gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zwischen den an der multinationalen Bri­gade aus Eingreiftruppen hoher Bereitschaft für Operationen der Vereinten Nationen teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärung der Republik Argentinien.

Da der vorliegende Beschluss des Nationalrates Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalra­tes gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

35. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden (80 und 170/NR sowie 6836/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 35. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Klamt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Ich bringe den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebs­zeitengesetz geändert werden.

Ich darf auf die Verlesung des Berichtes, der Ihnen in schriftlicher Form vorliegt, verzichten.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

 


11.33

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich direkt den an­gesprochenen Tagesordnungspunkt behandle, trotz der Knappheit unserer Redezeit auf die Unterschiede zwischen den Aussagen, die hier von diesem Pult aus gemacht werden, und dem, was dann draußen passiert, hinzuweisen.

Wir haben heute von Herrn Landeshauptmann Van Staa wieder eine Zustimmung und Wertschätzung dem Bundesrat gegenüber hören können. Wenn ich allerdings dann wenige Minuten später im „Standard“ lesen muss, dass der Landeshauptmann von Niederösterreich im Zusammenhang mit den Ladenöffnungszeiten bereits eine Wei­sung erteilt hat, und zwar gestern, erinnert mich das sehr stark an den Umstand, dass der Eurofighter-Kauf bereits zu einem Zeitpunkt fixiert wurde, als wir hier im Bundesrat die entsprechenden Beschlüsse noch gar nicht gefasst hatten.

Ich überlasse es jedem, daraus seine Schlüsse zu ziehen, wie ernst zu nehmend die Unterstützungserklärungen im Zusammenhang mit dem Bundesrat sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 178

Meine Damen und Herren! Wir behandeln hier heute eine unendliche Geschichte für die Handelsangestellten und ihre Familien, eine unendliche und leidvolle Geschichte, die scheibchenweise immer wieder massive Verschlechterungen für ihre Situation bringt. Die Änderung ist auch unverständlich, weil Erfahrungen zeigen, dass es durch die Nichtverlängerung der Ladenöffnungszeiten keinen Kaufkraftabfluss ins Ausland gibt. Hier sind andere Faktoren maßgeblich, die das Einkaufsverhalten der Konsumen­ten bestimmen.

Wir wissen, dass keine zusätzlichen Umsätze durch eine Verlängerung der Öffnungs­zeiten entstehen, wir wissen, dass sich dadurch die Umsätze nur verlagern: von wäh­rend des Tages zu den Abendstunden, von den Wochentagen zu den Samstagen – ein Umstand, der ja nicht verwundern kann, denn die Menschen haben nicht mehr Geld zur Verfügung und können nicht mehr ausgeben, als sie verdienen. Was das betrifft, hat es ja in der letzten Zeit massive Einschnitte gegeben und keine Aktivitäten, die am Arbeitsmarkt dazu führen würden, dass den Menschen mehr Kaufkraft zur Verfügung steht.

Wir wissen, dass damit keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir er­leben zwar, dass es mehr Teilzeitarbeitsplätze gibt, jedoch keine oder kaum Vollzeit­arbeitsplätze im Bereich des Handels entstehen – ein Umstand, der gerade für die Frauen von großer Bedeutung ist. Ich werde dazu noch einige Bemerkungen machen.

Wir wissen, dass nicht nur die im Handel Beschäftigten, sondern auch die Gewerbe­treibenden, der Handel selber keine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten wollen. Ich möchte auf die Studie verweisen, die vor einigen Jahren in Oberösterreich gemacht wurde: Eine Befragung im Bereich des Handels hat ganz eindeutig eine Ablehnung ergeben. Wir haben heute auch wieder ganz deutlich gehört, wie es dem Handel in Tirol geht. Wenn heute Nahversorger zusperren, dann ist in der überwiegenden Anzahl der Fälle der Umstand dafür verantwortlich, dass die Selbständigen nicht mehr in der Lage sind, mit ihrer eigenen Arbeitskraft die Ladenöffnungszeiten abzudecken.

Wir wissen, in Tourismusgebieten kann man das anders regeln. Wenn zum Beispiel Italien als positives Beispiel angeführt wird: Versuchen Sie einmal, in den Randbe­reichen, in Oberitalien an einem Montag Vormittag oder zu Mittag irgendetwas einzu­kaufen! Es wird Ihnen nicht gelingen.

Wer will also die verlängerten Ladenöffnungszeiten? Ich behaupte, es sind nur die großen Handelsketten, die möglichst sieben Tage in der Woche rund um die Uhr auf­sperren wollen.

Betroffen sind – ich habe es schon angesprochen – rund 600 000 Menschen, Handels­angestellte, ihre Familienangehörigen und die im korrespondierenden Gewerbe tätigen Menschen. Es sind im Handel etwa 70 Prozent der Frauen, die von diesen Benachteili­gungen betroffen sind. Sie haben durch die überwiegend ausgeübte Teilzeitbe­schäfti­gung geringe Einkommen, was sich natürlich auf die Pensionen auswirkt. Wir haben aus der Debatte um die „Pensionssicherungsreform“ – unter Anführungszeichen – die Zahlen durchaus noch im Kopf. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird drastisch verschlechtert, obwohl es hier auch ständig Lippenbekenntnisse gibt. Zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld konnten wir gestern wieder hören, wie man sich Beruf und Familie vorstellt. Wenn es allerdings darum geht, wirklich Taten zu setzen, dann schaut die Sache wieder ganz anders aus.

Dass auch die Sicherheit der Handelsangestellten und die Verkehrsprobleme all jener, die dann in den Nachtstunden wieder in ihre Wohnorte zurück müssen, ein Faktor in diesem Zusammenhang sind, das möchte ich nur am Rande anführen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 179

Meine Damen und Herren! Ich kann mich erinnern, dass es Protestaktionen schon vor Jahren gegeben hat, mit denen wir uns als Gewerkschafter ganz entschieden gegen eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten ausgesprochen haben, weil wir die Sache nicht eskalieren lassen wollten. Was wir jetzt im Laufe der Jahre erleben mussten, gibt unseren Befürchtungen leider Recht. Es ist eine unendliche leidvolle Erfahrung, dass scheibchenweise Verschlechterungen eingeführt werden, die eine ohnehin schon un­ter­privilegierte Gruppe der österreichischen Beschäftigten betreffen. Wir werden dieser Materie daher natürlich nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


11.40

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Frau Kollegin Kainz dem Gesetzesbeschluss des Nationalrates nicht zustimmt, war irgendwie zu erwarten. Sie hat aber vor ihrer Rede ein paar Bemerkungen ge­macht, und das darf ich mir daher auch erlauben.

Es ist vom Herrn Bundesminister Platter bezüglich der Frage der Eurofighter klar fest­gestellt worden, dass er die Unterschrift unter einer Bedingung oder einem Vorbehalt geleistet hat, nämlich wenn nach dem 7.8. mit hoher Wahrscheinlichkeit das Gesetz im Bundesgesetzblatt verlautbart werden wird, dass dann die Unterschrift gilt. Er hat also durchaus berücksichtigt, dass der Bundesrat keine Zustimmung dazu gegeben hat. (Bundesrätin Schicker: Eine Diskriminierung des Bundesrates!)

Das Zweite ist, dass Sie gegen das Gesetz sind. Ich respektiere selbstverständlich Ihre Meinung, aber man soll vor der Realität nicht ganz die Augen verschließen. Ich komme aus dem ersten Bezirk der Stadt Wien und stelle fest, dass dort unterschiedliche Re­gelungen gelten. Die einen müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt zusperren, und die anderen wie diese Mozart-Souvenierläden haben bis 21 Uhr offen. Über die Qualität der Produkte, die dort angeboten werden, will ich mich nicht äußern, ich finde nur, dass der Kitsch, der dort angeboten wird, eigentlich schade für Wien ist. (Bundesrätin Kainz: Dann machen wir es zu!)

Weiters: Sie meinen, es käme zu keinem Kaufkraftabfluss, beziehungsweise sind Sie der Meinung, dass der Kaufkraftabfluss andere Faktoren hätte. Ich sage Ihnen eines: Er besteht aus zwei Faktoren. Der eine ist: Wenn ich das Bedürfnis habe, einzukaufen, dann werde ich dem Bedürfnis in irgendeiner Richtung nachzukommen versuchen. Und der zweite ist das Preisgefälle. Dort, wo es billiger ist, wird in der Regel eingekauft werden.

Ihr Landeshauptmann in Wien, Herr Bürgermeister Häupl, hat laut „Presse“ von ges­tern gesagt, dass die Absicht bestehe, doch eine Lösung im Sinne des vorgesehenen Bundesgesetzes zu finden. Es ist also Flexibilität vorhanden. Dass die Gewerkschaft noch mit Masse dagegen ist, ist offenkundig, aber – ich werde später noch darauf eingehen – die Globalisierung macht vor Österreich nicht Halt. (Bundesrätin Bachner: Leider!)

Sie sagen, 600 000 Menschen seien von dieser Regelung betroffen. Dazu muss ich schon eines sagen: Wenn sich jemand einen bestimmten Beruf gewählt hat, dann muss er damit rechnen, dass er in diesem Beruf auch gefordert wird. (Bundes­rat Kraml: Er muss es wissen, dass er durch diese Regierung unter die Räder kommt!) Wenn jemand zum Beispiel Arzt ist, dann wird er Nachtdienst machen müssen. Wenn


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jemand bei der Exekutive ist, wird er Nachtdienst machen müssen. Und eine Verkäu­ferin wird unter Umständen auch am Samstag tätig sein müssen.

Eines ist für die ÖVP als Familienpartei aber klar: Der Sonntag soll nicht angegriffen werden!

Nun zu dem vorliegenden Gesetz: Es wird hier eine bescheidene, moderate Öffnung, Liberalisierung gemacht, die für Österreich sicher gut ist. Das Zweite, was wichtig ist, ist, dass verschiedenste Bestimmungen in diversen Gesetzen endlich zusammen­ge­fasst und damit übersichtlich werden. Und das Dritte ist, dass die Globalisierung vor Österreich in keiner Richtung Halt macht. Wenn wir von Wien aus gesehen 60 km nach Osten fahren, sind wir in Bratislava. Wie schauen dort die Öffnungszeiten aus? Wie schaut es im Südosten, 70 km weiter, in Westungarn aus? – Wir können die Augen nicht davor verschließen, denn mit 1.5.2004 werden diese Länder Mitglieder der EU sein, und dann wird es noch leichter werden, dort einzukaufen.

Wir reden zwar im Bereich der Medien immer vom „Global village“, aber in der Wirt­schaft ist es schon lange der Fall, dass die Kapitalströme vermehrt dort hinfließen, wo es am günstigsten ist. Genauso ist es beim Einkaufen, da wird auch Kapital bewegt, das heißt, man begibt sich dorthin, wo es am leichtesten ist.

Die Attraktivität Österreichs als Tourismusland wird vor allem auch dann gestärkt werden, wenn wir uns internationalen Trends auf diesem Sektor anpassen. Außerdem werden Sie doch festgestellt haben, dass der Wunsch, um 6 Uhr in der Früh, um 8 Uhr in der Früh am Samstag einzukaufen, nicht weiß Gott wie groß ist, sondern dass man auf Grund der geänderten Lebensgewohnheiten der Menschen gewisse Verschie­bun­gen vornehmen muss.

Als Letztes möchte ich noch einmal sagen, dass für die ÖVP der Sonntag als Familien­tag tabu ist, dass wir selbstverständlich flexibel sind in den verschiedenen Bereichen und dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit haben werden, ent­sprechend ihren Familienverhältnissen in den Geschäften einzukaufen.

Zum Schluss darf ich erwähnen, eine zukunftsorientierte Politik muss Trends erkennen. Wenn sie das nicht tut, dann ist sie irgendwann zum Untergang verurteilt, und es wird dann jene Partei in der Demokratie an die Macht kommen, die flexibler und men­schen­freundlicher ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Sie sind es aber nicht, menschenfreundlicher!)

11.46

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bachner. – Bitte.

 


11.46

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich habe, bevor ich hauptberuflich zur österreichischen Gewerkschaftsbewegung kam, 17 Jahre in der Altenbetreuung gearbeitet, Herr Kollege Kühnel! Und es war mir sehr wohl be­wusst, als ich diese Tätigkeit begonnen habe, dass damit natürlich auch der Dienst am Wochenende verbunden ist, weil man zu alten, behinderten Menschen nicht sagen kann, du bist nur von Montag bis Freitag zu pflegen, sondern eben auch am Samstag und am Sonntag. Das ist völlig klar! Aber zu sagen, dass man das wissen muss, wenn man im Handel arbeitet, nur weil vielleicht Kollege Kühnel das Bedürfnis hat, zu jeder Zeit einkaufen gehen zu wollen (Bundesrat Dr. Kühnel: Nicht nur ich, so wie andere!), dem kann ich nicht Rechnung tragen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich glaube, jeder in diesem Raum weiß, dass es Beschäftigungen gibt, bei denen sich die Menschen sehr wohl – Sie haben einige zitiert – bewusst sind, dass es notwendig


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ist, länger oder am Wochenende zu arbeiten. Ich glaube aber nicht, dass wir – Sie haben die Globalisierung angesprochen, und da bin ich voll bei Ihnen – mit unserer Gesetzgebung dieser vollen Globalisierung ständig Rechnung tragen sollten, ganz im Gegenteil.

Ich beziehe mich auf eine Aussage von Herwig van Staa, die er heute Vormittag hier ge­macht hat. Er sagte zum Beispiel im Zusammenhang mit der Transitfrage ... (Bun­desrat Dr. Kühnel: Das passt aber jetzt nicht dazu!) – Hören Sie gut zu, Herr Kühnel, Sie wissen noch nicht einmal, was ich sagen will, oder können Sie hellsehen? Er hat gesagt: Es kann doch nicht sein, dass das Recht auf Gesundheit im Vergleich zum Recht des freien Warenhandels nachrangig ist. Und da gebe ich ihm völlig Recht. Es kann doch nicht so sein, dass wir diesen Schritt setzen, nur um die großen Handels­ketten zu befriedigen. Die kleinen Gewerbetreibenden – das hat schon Kollegin Kainz gesagt – leiden genauso darunter, die wehren sich genauso gegen diese erweiterten Öffnungszeiten. Es geht doch nicht, dass wir den großen Handelsketten immer mehr und mehr Gewinnmaximierung ermöglichen.

Sie werden noch an meine Worte denken, vor allem bezüglich der Sonntagsfrage. Auch wenn Sie heute hier sagen, dass diese tabu sei, sie wird nicht mehr lange tabu sein, denn wo steht es geschrieben, dass das Bedürfnis des Kunden, wie Sie vorhin aus­geführt haben, einkaufen gehen zu wollen, nicht plötzlich auch am Sonntag auftreten kann? Ich glaube, dass wir da sehr wohl eine Fehlentscheidung treffen, wenn wir diesen Forderungen der Großketten immer wieder Rechnung tragen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Kollegin Kainz hat schon darauf hingewiesen, wie die Beschäftigtensituation im Handel ist, dass von 300 000 Arbeitnehmern 68 Prozent Frauen sind und weitere 300 000 Be­schäftigte in den angegliederten Dienstleistungsbereichen tätig sind. Aber auch viele Klein- und Mittelbetriebe sind davon betroffen, weil sie einfach nicht mithalten können. Sie selbst sagen, wir können diese Zeiten im Wettbewerb einfach nicht abdecken.

Es hat sich niemand Gedanken darüber gemacht, ob den Frauen, die in diesem Be­reich beschäftigt sind, ihre Tätigkeit zu dieser Zeit überhaupt möglich ist. Es hat niemand die Kinderbetreuungseinrichtungen darauf ausgerichtet. In manchen Berei­chen sind sie überhaupt noch mangelhaft vorhanden, in anderen Bereichen, in denen wir sie zwar flächendeckend haben, sind die Zeiten aber nicht auf die Anforderungen aus­gerichtet. Es soll in Zukunft die Möglichkeit geben, von 5 Uhr bis 21 Uhr von Montag bis Freitag und am Samstag eben bis 18 Uhr offen zu haben. Das heißt, die Frauen werden in Zukunft nicht wissen, wo sie während diesen Zeiten ihre Kinder unterbringen sollen.

Ein zweiter für mich sehr wesentlicher Punkt ist: Ich habe einen Zweitwohnsitz in Nie­derösterreich im Piestingtal. Jetzt muss mir einmal jemand erklären, wie eine Billa-Verkäuferin ihrer Tätigkeit nachkommen soll. Man muss sich einmal vorstellen, dass es im Handel eine fast einstündige Vorbereitungszeit gibt. Um 5 Uhr ist Öffnungszeit, eine Stunde Vorarbeit bedeutet 4 Uhr plus Anfahrtszeit – jetzt gehe ich einmal global von einer halben Stunde aus –, das heißt, man kann sich ausrechnen, wann die Beschäf­tigten wegfahren müssen, und am Abend spielt sich dasselbe noch einmal ab. Ich frage mich, wie diese Frauen angesichts dessen, dass es keinerlei öffentliche Ver­kehrsmittel um diese Uhrzeit gibt, zu ihrer Arbeitsstätte und von ihrer Arbeitsstätte nach Hause kommen sollen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Mit dem Postbus!)

Der fährt um diese Zeit nicht mehr, lieber Kollege Kühnel! Aber ich lade Sie gerne ein­mal ein, fahren Sie einmal mit mir diese Strecke, damit Sie auch wissen, was Sie hier beschließen!


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 182

Einen Punkt möchte ich noch einbringen, weil immer wieder mit den Arbeitsplätzen argumentiert wird. Das ist doch bitte ein Aberglaube! Allein die letzte Änderung der Ladenöffnungszeiten hat in Wahrheit nur eines gebracht: eine Erhöhung der Zahl der geringfügig Beschäftigten um 22 Prozent. (Bundesrat Dr. Kühnel: Ist das nichts?) – Jetzt hören Sie mir zu, Herr Kühnel! – Im Gegenzug dazu ist die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten im Handel in den Jahren 1996 bis 2001 um 16 000 Personen zurück­gegangen, dafür stieg die Zahl der geringfügig und der Teilzeitbeschäftigten um 41 000. – Also wenn mir jemand in diesem Raum weismachen will, dass mit dieser Regelung Vollzeit-Arbeitsplätze oder zumindest Arbeitsplätze, von denen diese Frauen auch leben können, geschaffen werden, dann weiß ich es nicht, dann habe ich das total missverstanden. Das kann mir aber niemand erklären!

Das durchschnittliche Einkommen bei einer 20-Stunden-Beschäftigung im Handel – ich weiß nicht, ob Sie wissen, was das bedeutet – beträgt 500 € brutto. (Bundesrätin Haunschmid: Also bitte schön, jetzt reicht es aber wirklich!) 500 € bei einer 20-Stunden-Beschäftigung! Frau Kollegin! Ob Ihnen das gefällt oder nicht, Sie müssen den Tatsachen in die Augen schauen. – Ich frage mich, wie ein Mensch davon leben kann.

Frau Kollegin Kainz hat es schon gesagt: Bei der letzten Diskussion zur Pen­sions­sicherung haben wir riesige Debatten um die eigenständige Alterssicherung für Frauen gehabt. – Damit, meine Herrschaften, ist sie sicher gesichert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.52

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte. (Bundesrat Boden: Die einzige, die mehr zahlt als 500!)

 


11.53

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nicht aufregen! Nur nicht aufregen!) Nein, man sollte sich eh nicht aufregen, man muss wirklich ganz ruhig bleiben, denn irgendwo ist ein solches Unverständnis bei den KollegInnen der Sozialdemokratie vorhanden, dass ich ... (Bundesrat Boden: Es gibt entweder einen Ordnungsruf, oder es schadet der Schönheit!) Gestern habe ich einen Ordnungsruf bekommen, weil ich das gesagt habe (Bundesrätin Kainz: Den haben Sie schon selbst verursacht!), und jetzt werden wir wieder alle über einen Leisten geschlagen: Alle Gewerbetreibenden seien unmenschlich, wüssten nicht, wie sie die Leute zu ihrem Arbeitsplatz bringen sollen, und zahlten nicht ordentlich. (Bundesrat Kraml: Sie müssen zuhören, Frau Kol­legin!)

Wissen Sie, Frau Kollegin Bachner, was Teilzeitarbeit bedeutet? Wissen Sie das? – Sie sprechen wirklich mit gespaltener Zunge: Auf der einen Seite sagen Sie die ganze Zeit, wir wollen mit unserem Kinderbetreuungsgeld die Frauen zurück an den Herd schicken. Auf der anderen Seite gibt man ihnen die Möglichkeit, dazuzuverdienen, die Möglichkeit, dass sie Teilzeit arbeiten können – und jetzt passt Ihnen das wieder nicht, dass wir die Teilzeitarbeit ermöglichen! (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gru­ber.)

Glauben Sie mir, dass wir Gewerbetreibenden jemanden einen ganzen Tag beschäf­tigen wollen und nicht die Arbeit auf mehrere Leute aufteilen wollen! Sie reden die ganze Zeit, dass wir so viele Teilzeitbeschäftigte haben. (Bundesrat Manfred Gruber: Es brauchen manche Leute drei Teilzeitbeschäftigungen, damit sie überleben kön­nen!) – Genau das ist es! Aber bitte fragen Sie einmal draußen die Leute, was den Frauen wirklich wichtig ist! (Bundesrat Manfred Gruber: Ich bin bei den Leuten, Frau Kollegin! Ich weiß, was draußen los ist!) – Na eben, und wir auch!


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 183

Bitte schön, lassen wir dieses Thema! Die Ladenöffnungszeiten sind auf alle Fälle immer ein Streitthema und werden ein solches bleiben. Das war schon so, und das ist auch jetzt so. Jetzt ist endgültig einmal eine Linie gezogen worden.

Glauben Sie mir, wir Freiheitlichen haben es uns nicht leicht gemacht, das kann ich Ihnen auch sagen! (Bundesrat Manfred Gruber: Das Gefühl habe ich nicht, Frau Kolle­gin!) Wir haben es uns sicher nicht leicht gemacht! Sie wissen ganz genau, dass wir, obwohl von manchen Landesregierungen der Wunsch geäußert wurde, rund um die Uhr offen zu halten, nicht mitgestimmt und gesagt haben, das kommt nicht in Frage. So war es. (Bundesrätin Schicker: Heute stimmen Sie schon mit!)

Ich habe zu Frau Kollegin Kainz gesagt, sie weiß es am ehesten, dass die Voestler am Abend über die Grenze nach Tschechien gefahren sind und dort eingekauft haben, weil sie eben nach der Schicht dort noch einkaufen können. – So ist das! (Bundesrätin Schicker: Jetzt müssen die Voestler wieder herhalten!) Der Bevölkerung zu sagen, nur weil sie billig einkaufen wollen, fahren sie über die Grenze, dazu muss ich sagen, das ist eine Unterstellung, die ich nicht unbedingt teilen kann, das muss ich Ihnen auch sagen. (Bundesrat Boden: Habt ihr in Oberösterreich keine ordentlichen Produkte?)

Sie haben Recht, wenn Sie die Großkonzerne ansprechen, aber als Wirtschaftlerin muss ich auch sagen: Dort, wo Hilfe nötig ist, muss sie auch gewährt werden. Es liegt aber an den vielen KMUs in den Orten, an den Märkten, also dort, wo die Leute hin­fahren, Qualität zu zeigen und persönliche Betreuung zu leisten. Da sind natürlich auch wieder die Regierung, aber auch die Landesregierungen gefordert, dass sie gerade diese klein- und mittelständischen Unternehmen, diese vielen Kleinbetriebe in den Orten unterstützen und ihnen unter die Arme greifen. Ich glaube, da wird vieles getan. (Bundesrat Manfred Gruber: Die werden umgebracht!)

Glauben Sie ja nicht, dass sich die Kaufmannschaften nicht zusammenschließen! Schau­en Sie doch nach Gastein! Da gibt es ein Miteinander! Natürlich müssen auch sehr viele Eifersüchteleien auf die Seite gestellt werden. Man muss flexibel sein und mit­einander ausmachen, wer wann offen hat. Das wird sich sehr schnell in der Be­völkerung herumreden. – Sie tun ja so, als ob wir wirklich von 5 in der Früh bis 21 Uhr offen hätten! Es stört Sie aber nicht, wenn ich Ihnen in meinem Wirtshaus um 22 oder um 21 Uhr noch ein Schnitzel serviere – das werden Sie auch wollen. Machen Sie also nicht dauernd einen Unterschied! (Zwischenruf der Bundesrätin Auer.) Sie wollen eine Polizistin auf der Streife sehen, Sie brauchen eine Krankenschwester, Sie brauchen unseren Berufsstand, also tun Sie nicht immer so, als würden wir die Frauen aus­beuten!

Lassen Sie bitte einmal der Frau die Entscheidung, ob sie arbeiten gehen will und wann sie arbeiten gehen will! Einmal, bitte! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Lasst uns einmal das Recht dazu! Lasst uns einmal entscheiden, was wir wollen! Lasst die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung zu, wenn der Mann von der Arbeit heimkommt oder noch nicht in die Arbeit geht, dass die Frau ein paar Stunden ar­beiten gehen kann, damit sie sich mehr leisten kann! Das ist Kaufkraft, und das wol­len wir unterstützen und nichts anderes! (Bundesrätin Schicker: Sie reden es sich leicht!)

Sehen Sie nicht immer nur Negatives! Es gibt anscheinend nichts mehr, was Sie nicht zu kritisieren haben. Hätten Sie kritisiert, als Sie die 30 Jahre in der Regierung waren! Da hätten Sie so viel Möglichkeit gehabt, da hätten Sie all das erledigen können, das wäre gut gewesen. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie waren Weltmeister im Kritisieren! Ihre Partei war Weltmeister im Kritisieren! – Bundesrat Reisenberger: Das ist der einzige Satz, den Sie auswendig gelernt haben! Etwas anderes fällt Ihnen nicht ein!)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 184

Die Öffnungszeit ist in Österreich immer ein Problem, aber in anderen Ländern an­scheinend keines. Sie genießen es doch auch – oder nicht? –, wenn Sie am Urlaubsort oder auch beruflich unterwegs sind, am Abend durch die Altstadt gehen und in ein Ge­schäft gehen und etwas erstehen können. – Auch das ist Lebensqualität, meine Da­men und Herren!

Sie reden immer von der Teilzeitbeschäftigung in diesem Zusammenhang, aber mit dieser Doppelzüngigkeit können Sie jetzt endgültig aufhören, weil das können wir einfach nicht mehr hören. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Das Ganze wird sich sehr schnell einpendeln. Wenn ich als „Frühschichtler“ um 5 Uhr Früh bei einem Bäcker oder bei einem Lebensmittelgeschäft vorbeifahren und mir meine Jause frisch holen kann oder auch noch etwas anderes besorgen kann, dann ist das auch nicht ganz schlecht. (Bundesrätin Schicker: Das war doch bis jetzt schon möglich!) Und wenn ich um 18 Uhr aus dem Büro gehe, ist es auch ganz gut, wenn ich noch eine Kleinigkeit einkaufen gehen kann.

Eines kann ich auch sagen: Zwischen 19 Uhr und 21 Uhr wird man auch eine gewisse Lebensqualität finden können, weil es auch Familien geben wird, die miteinander eine Kaufentscheidung fällen wollen, und dann können sie eben am Abend gemeinsam einkaufen gehen. (Bundesrat Manfred Gruber: Um 21.30 Uhr!) Auch das ist möglich!

Schließlich und endlich liegt es doch in den Händen der Landeshauptleute, und wir werden sehen, wie sich die Landeshauptleute entscheiden werden. Wir werden sehen, wie die Sozialpartner in den Ländern dazu stehen werden, und dann werden wir vielleicht in einem halben Jahr – lassen Sie einmal die Praxis an sich herankommen! –sehen, wie das Ganze überhaupt umgesetzt wurde, und dann, meine Damen und Herren, reden wir weiter.

Wissen Sie, man kann kritisieren und man kann viel unüberlegt kritisieren. (Bundesrat Manfred Gruber: Und Dummheit machen! Man kann aber auch den falschen Weg gehen!) Andauernde unüberlegte Kritik, meine Damen und Herren, ohne irgendeine Bereitschaft, einen Konsens zu suchen oder Positives überhaupt finden zu wollen, denn Sie wollen es ja gar nicht finden, ist wie eine Frau oder wie eine Blume, die ihr, bevor sie zum Erblühen kommt, schon wieder zum Verwelken bringen wollt. Bitte schön, hört endlich einmal damit auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundes­räten der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Das ist ja eine Beleidigung gegenüber den Blumen!)

12.01

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.01

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Frau Kollegin Haunschmid! Ich hoffe, dass Sie trotz Ihrer Erregung in guter Gesundheit auf Ihren Sitzplatz zurückgekehrt sind. (Heiter­keit.) Ich meine das ehrlich.

Wie zäumt man das Pferd auf? – Von vorne oder von hinten? Sie wollen vielleicht nicht gerne sehen, dass es in einem Sektor wie dem Handel Menschen gibt, die wahr­scheinlich zu den schlechtest bezahlten Arbeitskräften in Österreich gehören. Das ist ein Faktum. Frau Haunschmid, Sie müssen jetzt nicht den Kopf schütteln, so ist es ein­fach. (Bundesrätin Haunschmid: Ja, ja, stimmt!) Der Arbeitsplatz einer Billa-Kassie­rerin – ohne das jetzt mit einer Marke verbinden zu wollen – oder Spar-Kassiererin, das sind alles sehr marginal bezahlte Arbeitsplätze, Frau Haunschmid, aber Sie sagen: Lassen Sie jetzt endlich einmal die Frauen alleine entscheiden!


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 185

Wir sind aber damit in genau jenem Bereich, in dem es die geringsten Einkommen gibt, und da muss es auch jemanden geben, der deren Interessen vertritt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: 1 000 € Mindestlohn haben wir eingeführt!) – Jetzt warten Sie einmal, Sie sollten sich jetzt ein bisschen entspannen, Frau Kollegin.

Ich gebe gerne zu, dass wir in der heutigen Welt verschiedene, sagen wir einmal mo­derne oder zeitgemäße neue Bedürfnisse haben: nach neuen Formen der Beschäfti­gung, nach einer flexibleren Form der Beschäftigung, nach einem flexibleren Konsum­verhalten. All diese Dinge sind da. Auf der anderen Seite haben wir uns aber um die Situation der im Handel Beschäftigten – es handelt sich vorwiegend um Frauen, auch um viele allein stehende Frauen mit Kinderbetreuungspflichten und so weiter – zu küm­mern. Und wenn wir hier Flexibilisierungen beschließen, dann muss in so einem Paket auch etwas anderes mitgeliefert werden, nämlich etwas in puncto öffentlicher Verkehr und Ausdehnung von Kinderbetreuungszeiten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten!

Es kann doch nicht so sein, dass Sie ein Kindergeld einführen, danach ändern Sie die Öffnungszeiten, und das Kindergeld dient eigentlich nur dazu, sich ein Kindermädchen leisten zu können, weil man dermaßen lange Verkehrszeiten hat, um die neuen Öff­nungszeiten erfüllen zu können. (Zwischenruf von Bundesrätin Haunschmid.) – Frau Haunschmid, bitte beruhigen Sie sich ein bisschen! Nehmen Sie noch an der Debatte teil, ohne dass Sie eine Medizin dazu benötigen.

Es wurde hier von 500 € gesprochen, eine Summe, von der Sie behaupten, sie stimme nicht. – Dies stimmt leider, es ist leider eine Tatsache, der man sich bewusst sein muss!

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, es gibt unterschiedliche Zugänge: Ich war völlig über­rascht über die erste Amtshandlung des ersten grünen Bürgermeisters von Rom. Wir Grüne haben alle darüber diskutiert und uns gefragt, wie das geht. Es gibt natürlich auch einen unterschiedlichen kulturgeschichtlichen Background. Seine erste Maßnah­me war, dass er alle Ladenöffnungszeitenregelungen für Rom aufgehoben und das mit frauenpolitischen Aspekten begründet hat. Das sind unterschiedliche Zugänge. Wir sind damals nach Rom gefahren, um uns das anzuschauen.

Es gibt auch bei den Grünen unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema, aber ich möchte nicht in die gesamten Standards eingreifen, die wir hier notwendigerweise haben. Ich will nicht, dass gesagt wird, die Schwächsten, die Einkommens­schwächs­ten – es betrifft hauptsächlich Frauen – sollen jetzt allein entscheiden, die sollen zwi­schen 18 und 21 Uhr prekäre Arbeitszeiten begründen, denn wenn sie den ganzen Tag Kinder betreut haben, dann können sie am Abend noch fit und fröhlich arbeiten.

Ich spreche jetzt die ÖVP als Familienpartei an: Wo finden wir noch Zeit für die Familie? Wir brauchen in den Kommunen, in den Familien gemeinsame Auszeiten! Es nützt uns in den Kommunen nichts, wenn ein Teil am Dienstag frei hat, der nächste Teil am Donnerstag und manche am Sonntag. Es ist eine Tatsache, dass es für den sozialen Zusammenhalt wichtig ist, gemeinsame Auszeiten von der tatsächlichen Be­schäftigung zu nehmen. Das ist etwas ganz Wichtiges! Es ist wichtig für den Zu­sammenhalt in einer Kommune und für den Zusammenhalt in den Familien. Für ein soziales und kulturelles Leben sind solche Auszeiten notwendig.

Diese werden allerdings überall angeknabbert. Wir haben Ausnahmen bei der Sonn­tagsarbeitszeit, wir bekommen jetzt längere Öffnungszeiten. – Darüber kann man schon reden, Frau Haunschmid oder sehr geehrter Herr Bundesminister, weil wir na­türlich auch sehen, dass es bestimmte Sparten gibt, wo das notwendig ist. Sie haben wahrscheinlich Recht, man genießt im Urlaub auch manch andere Dinge. Aber wir sind


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 186

hier in Österreich und müssen Verantwortung für eine ganz große Gruppe von in die­sem Bereich beschäftigten Frauen tragen.

Man könnte jetzt über bestimmte Sparten sprechen. Herr Kühnel hat die Souvenirläden erwähnt. – Bitte, die Souvenirläden nehme ich einmal aus. Ich brauche nicht jeden Tag eine Mozartbüste zu kaufen, also werde ich dort nicht zu den Einkäufern gehören. Aber dass wir in ganz bestimmten Tourismuszonen Ausnahmen machen (Bundesrätin Schicker: Die gibt es jetzt schon überall!), dagegen werden die Gewerkschaften nichts haben, dagegen haben auch wir nichts. Wir sind auch nicht gegen eine Erweiterung dieser Ausnahmen. Wir haben überhaupt nichts dagegen, wenn in Wien – das kann man dann in Salzburg oder in Linz auch machen – zum Beispiel in jedem einzelnen Bezirk 24 hour shops, so genannte night shops, eröffnet werden, wie es sie in anderen Ländern schon gibt. Warum nicht? Das kann man definieren, das kann man mit den Supermärkten, mit den Nahversorgern ausmachen. Das sind Dinge, denen wir uns stellen müssen. Warum soll es in Wien nicht 23 late night- oder 24 hour shops geben, und zwar in einer gerechten Form?

Was sich derzeit abspielt, ist arg: Wenn ich am Sonntag zum Billa am Julius-Tandler-Platz gehe, habe ich immer das Gefühl, dass gerade irgendwo der Krieg ausbricht, denn es ist bemerkenswert, welch akuter Versorgungsengpass sich sonntags in den Wiener Haushalten einstellt. Das heißt, wenn wir solche 24 Stunden-Shops machen, dann muss es sich um ganz bestimmte Geschäfte handeln. Ich habe schon die Sorge, Herr Bundesminister, dass die Nahversorger durch die längeren Öffnungszeiten unter einen enormen Druck kommen. Die schaffen das nicht!

Schauen Sie sich heute ganz bestimmte Wiener Bezirke an. In meinem Bezirk, aus dem ich komme, ist wahrlich viel Kaufkraft vorhanden, aber versuchen Sie, 20 Ge­schäfte zu finden, die am Samstag nach 12 Uhr noch offen haben. Sie finden sie nicht. Auch in Ihrem Bezirk, in dem wahrlich auch viel Kaufkraft vorhanden ist, nämlich im 1. Bezirk in Wien, werden Sie in ganz bestimmten Ecken geschlossene Geschäfte haben. Das sind nämlich jene, die von kleinen Familien betrieben werden. Jene, die dann offen haben, das sind die durch die Raumordnung nicht verhinderten riesigen „Plätschen“, die uns heute vor jeder Stadt begrüßen. Was früher die Stadttore und Stadtmauern waren, sind heute diese Supermärkte, die sich dort angesammelt haben und praktisch die neuen Wahrzeichen der einzelnen Städte geworden sind.

Liebe Bürgermeister in diesem hohen Bundesrat! Es liegt auch in Ihrer Verantwortung, was Sie da alles genehmigt haben. Diese nämlich profitieren letztlich davon. Das be­deutet aber wiederum lange Fahrzeiten für die Beschäftigten und so weiter. Wenn das alles im kleinen Bereich, im Nahversorgerbereich wäre, dann könnte man dieser Dis­kussion auch wesentlich entspannter entgegensehen.

Es handelt sich aber jetzt nicht um ein Augenzumachen und ein prinzipielles Nein­sagen, sondern wir sehen sehr wohl die Notwendigkeit, modernen Bedürfnissen des gesellschaftlichen Lebens, des Einkaufens nachzukommen, dabei die Beschäftigten allerdings nicht aus den Augen zu verlieren. In der Form, wie es jetzt vorliegt, besteht allerdings einfach die Gefahr, dass die ohnehin unterbezahlten Frauen jetzt noch ver­stärkt in Teilzeitarbeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse gestürzt werden, wobei wir auch überlegen müssen, wie diese dann zu Pensionen kommen sollen, die aus­reichen, um ein menschenwürdiges Leben am Ende eines doch sehr entbehrungs­reichen Lebens als Beschäftigte im Handel zu führen. Wie kommen die dann dazu?

Das garantiert dieses Gesetz derzeit nicht. Aber das heißt nicht, dass es sich hier prin­zipiell um einen Justamentstandpunkt handelt. (Bundesrätin Haunschmid: Ja, genau!) Es werden hier noch viele Debatten geführt werden müssen, um die verschiedenen


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 187

Ansprüche auf einen Nenner zu bringen. Aber ganz wichtig ist die Situation der Frauen in diesem Bereich. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.11

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Herta Wimmler. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.11

Bundesrätin Herta Wimmler (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Die Änderung des Öffnungszeiten­geset­zes in der zu beschließenden Regierungsvorlage soll den wirtschaftlichen Aspekt einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich haben und muss den Kaufkraftabfluss in unsere Nachbarstaaten verhindern. Da in diesen Ländern die Geschäfte meist län­ger offen haben, ist dies eine sehr logische Forderung gewesen.

Den Vorteil haben sicherlich Handelsketten und größere Betriebe so wie solche, die es sich leisten können, so lange offen zu halten. Den Vorteil haben aber auch die Kon­sumenten, die ohnehin am liebsten – ich sehe das immer wieder, das geht quer durch alle Altersschichten – 24 Stunden lang shoppen wollen, wann immer sie es können. Der Nachteil liegt bei vielen kleinen Betrieben, in denen meist der Inhaber, die In­haberin selbst länger im Geschäft stehen muss. Den Nachteil haben aber vor allem Alleinerzieherinnen und Handelsangestellte, die einen Vollarbeitszeitarbeitsplatz brau­chen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. (Demonstrativer Beifall der Bun­desrätin Bachner.)

Zum einen stelle ich aber immer wieder fest, dass ein Teil der Frauen – jede Frau hat natürlich das Recht auf Arbeit – diese Tätigkeit als Zusatzerwerb ausübt und sich mit den Unternehmern die Arbeitszeit einteilen kann. Zum anderen gibt es, wie schon be­sprochen worden ist, viele Frauenberufe im Pflegebereich, im Tourismus, im Sicher­heits­bereich, wo es nicht möglich ist, familiengerechte Dienstzeiten zu haben.

Als Herr Kollege Schennach vorhin von der gemeinsamen Auszeit gesprochen hat, hat mich das daran erinnert, dass ich, als mein drittes Kind drei Jahre war und ich wieder arbeiten gehen wollte, Gott sei Dank das Glück hatte, mit meinem Gatten die Arbeits­zeit teilen zu können: er Vormittag, ich Nachmittag, ich am Vormittag den Haushalt, er am Nachmittag das Lernen mit den Kindern. Es ist gegangen, weil wir es uns so aus­gesucht haben und weil ich arbeiten wollte. Und die Auszeit war halt dann der Sonntag. Solange es eine ÖVP-Regierung gibt und wir christlich-soziale Grundwerte haben, hoffe ich doch, dass der Sonntag nicht angetastet wird, was leider Gottes in vielen Be­reichen schon sein muss, weil es nicht anders geht.

Wollen die Arbeitnehmer im Handel gute und zufriedene Mitarbeiterinnen haben, sind sie gefordert, mit der Gewerkschaft, den Betriebsräten und den Mitarbeiterinnen ge­meinsam sinnvolle Arbeitsmodelle auszuarbeiten, und es muss möglich sein, dies bei Kollektivvertragsverhandlungen einzuarbeiten. Dieses Gesetz gibt die Möglichkeit, abzuwägen, wann wir es brauchen, wie wir es brauchen und wo wir es brauchen. Vertreter vieler Landesregierungen haben sich jetzt schon mit den Sozialpartnern zu­sammengesetzt und versucht, gemeinsame Lösung zu finden. Ich weiß nur, dass es in der Steiermark der Frau Landeshauptmann am liebsten wäre, wenn alles so bliebe, wie es ist. Sie hat Landesrat Flecker beauftragt, Verhandlungen mit den Sozialpartnern auf­zunehmen. Ich denke, dass es da eine gute Lösung geben wird.

Für mich persönlich wäre es auch möglich, dass man in grenznahen Betrieben eine ganz andere Arbeitszeit hat als zum Beispiel bei uns in der Obersteiermark, das müsste sich abwägen lassen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 188

Dieses Gesetz ermöglicht flexible Rahmenbedingungen, und ich hoffe, dass sowohl die Wirtschaft als auch die im Handel Beschäftigten, vor allem Frauen, zu einem guten Kompromiss kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.16

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.16

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema würde natürlich – von der Beschäfti­gung angefangen – sehr viel hergeben. Ich möchte mir das von der anderen Seiten anschauen.

Ich finde es so eigenartig und nicht ganz fair, muss ich immer wieder sagen, wenn Po­litiker aller Couleurs bei Veranstaltungen immer wieder betonen, wichtig sei die Stär­kung der Region, die Stärkung der ländlichen Region. Und was passiert in Wirklichkeit, meine Kollegen? – Wir sperren Gendarmerieposten zu, wir sperren Postämter zu, und wir reduzieren die Zahl der Postbusse. Jetzt kann die Dame nicht mehr mit dem Post­bus heimfahren, Herr Kollege Kühnel, es war natürlich von Ihnen ein zynischer Zwi­schenruf, aber ich habe ihn verstanden. Wir sperren Bezirksgerichte zu. Wir sperren Forstverwaltungen zu. Wir sperren bei den ÖBB zu.

Und was tun wir noch? – Wir ermöglichen es jetzt mit diesem Gesetz großen Kon­zernen, praktisch rund um die Uhr offen zu halten. Und was tun wir damit, bitte? – Die kleinen Gewerbetreibenden in den Ortszentren haben schon zugesperrt, und jetzt sind wir dabei, die nächste Generation im Gewerbebetrieb, die etwas größeren, die mitt­leren Gewerbebetriebe zuzusperren. Das ist die Realität!

Ich kann nur hoffen und bin davon überzeugt, dass die Salzburger Landesregierung und der Landeshauptmann von Salzburg so gescheit sind – er hat es vorab schon erklärt –, dass sie das nicht angreifen werden. Das ist genau das, was wir in den ländlichen Regionen nicht mehr brauchen. Wir haben die kleinen Betriebe schon zuge­sperrt und sind dabei, die mittleren zuzusperren. Das soll es nicht sein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Als Bürgermeister einer Gemeinde mit 1,2 Millionen Näch­tigungen und 180 000 Ankünften im Jahr darf ich Ihnen eines sagen: Ich habe noch keine Beschwerde gehabt, dass ein Gast nichts kaufen konnte, weil kein Geschäft geöffnet war. Wissen Sie, welche Beschwerden es gibt?– Darüber, dass der Gast, wenn er am Abend aus dem Hotel heraus-, im Zentrum spazieren geht und etwas kau­fen möchte, die kleinen Geschäfte nicht mehr findet. Jetzt sind am Kreisverkehr zwischen Bad Gastein und Hofgastein vier Supermärkte angesiedelt, die alles an­bieten, die Geschäfte im Ort hingegen sperren zu. Das ist mein Problem und nicht, dass der Gast zu bestimmten Zeiten nichts bekommt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrätin Haunschmid: Sie haben ihnen den Grund gegeben!) – Frau Kollegin! Sie stehen für die kleinen Gewerbetreibenden. Das ist genau das, was jetzt passiert. (Bundesrätin Haunschmid: Wer gibt denn den Großen die Baubewilligung? Ihr habt mit dem Konsum begonnen!)

Der nächste Schritt wird jetzt gemacht. Der Gast kommt zu mir und sagt: Warum hat denn dieses Geschäft nicht mehr offen? Voriges Jahr waren diese beiden Geschäfte noch da.

Frau Kollegin Haunschmid! Genau diese Politik hat dazu geführt, dass die kleinen Ge­schäfte schon zusperren mussten, die mittleren tun es jetzt.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 189

Da frage ich mich, bitte, wo die Korrektheit der Politik ist, wenn wir uns gleichzeitig immer hinstellen und in Sonntagsreden sagen, wir wollen die Regionen schützen, wir wollen den Nahversorger schützen? Bitte, es gibt fast keinen Nahversorger mehr! Und dieses Gesetz bringt die letzten Nahversorger um, nämlich die mittleren. Das ist das Problem, und das gebe ich zu bedenken.

Meine Damen und Herren! Aus der Praxis darf ich Ihnen sagen, dass sehr viele Unter­nehmer und Kleinbetriebe nicht einmal die Möglichkeiten der jetzigen Regelung in Anspruch nehmen, weil sie genau wissen: Die Menschen haben nicht mehr Geld, kön­nen auch nicht mehr ausgeben, aber wenn sie länger offen halten, haben sie höhere Kosten – höhere Personalkosten, höhere Betriebskosten. Die nehmen also nicht ein­mal mehr das in Anspruch.

Unter diesen Voraussetzungen sollte man sich in der Politik überlegen, ob man diesen Schritt machen sollte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.20

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kneifel. – Ich erteile ihm das Wort.

 


12.20

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist offensichtlich ein Thema, das uns sehr beschäftigt. Wenn ich daran denke – schade, dass Kollege Gruber jetzt den Saal verlässt, ich hätte gerne noch eine kleine Replik auf seine Aus­führungen gegeben (Bundesrat Manfred Gruber: Ich bleibe da!) –, dass wir zu diesem Thema fast so viele Redebeiträge wie zur EU-Erweiterung hatten, so muss ich sagen, das steht auch in einem gewissen Zusammenhang mit der EU-Erweiterung, nämlich im Hinblick auf die Standortsicherung unserer Betriebe, insbesondere unserer Handels­be­triebe, und auf die Erhaltung der Kaufkraft in Österreich. Das ist insofern auch eine konkrete Maßnahme zur Standortsicherung.

So schlecht, Herr Kollege, wie du das Gesetz gemacht hast, ist es nicht. Ich glaube, du musst dich selber auch ein bisschen bei der Nase nehmen. Ich war auch 30 Jahre lang Vizebürgermeister einer Gemeinde – und keiner kleinen. Du musst ja mit deinem Gemeinderat die Flächen für diese Supermärkte gewidmet haben, das geht ja sonst gar nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Nein!) – Na schon, ich finde, wir sollten uns nicht selber etwas vormachen, sondern auf dem Boden der Tatsachen bleiben.

So ein Supermarkt fällt ja nicht vom Himmel herunter, sondern wir haben in Öster­reich ... (Bundesrat Gasteiger: Horch einmal auf den Kollegen Bieringer! Der ist auch Bürgermeister!) – Ich möchte ja nur, dass wir uns gegenseitig nichts vormachen, sondern uns an Fakten halten. (Bundesrat Gasteiger: Ab einer bestimmten Größe braucht man keine Widmung! Stimmt es oder habe ich Recht?) – Gibst du mir Recht? Du bist ein Tiroler. (Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Kollege Gasteiger! Ich bitte, keine Zwiegespräche zu führen.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (fortsetzend): Aber du gibst mir schon Recht, dass ein Supermarkt nicht vom Himmel fällt, sondern dass da ein entsprechendes Verfahren vorauszugehen hat? (Bundesrat Gasteiger: Ab einer bestimmten Größe brauchst du keine Widmung! Hast du es jetzt kapiert?) Ich wollte nur sagen, dass wir alle wissen, dass diese Strukturveränderungen im Handel ein riesiges Problem sind. Wir wissen zum Beispiel, dass heute 90 Prozent des Handelsvolumens in Österreich von fünf


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 190

Handelsketten abgewickelt werden. Und der Rest, 10 Prozent, bleibt für die kleinen, kleinsten und mittleren Betriebe übrig.

Diese Veränderungen werden noch rasanter werden. Ich glaube, dass in zehn Jahren nur mehr drei große Ketten übrig bleiben werden. Es konnte mir noch niemand ein Re­zept dagegen sagen. Ja, es gibt vielleicht eines, aber gegen den Wind kann man nicht immer Klavier spielen. (Heiterkeit. – Bundesrat Gasteiger: Gegen den Wind ist es oft gefährlich!)

Ich bin dafür, dass wir uns von dieser Entwicklung nicht verabschieden und dass wir für einen Ordnungsrahmen und für eine klare Ordnungspolitik eintreten. Man muss aber auch – so wie es Martin Bartenstein gemacht hat – den generellen Tendenzen zur Standortsicherung Rechnung tragen. Man muss dem Martin schon ein Kompliment machen. (Bundesrätin Schicker: Sie dürfen das!) Ich finde, er hat es mit diesem Gesetz auch nicht leicht gehabt. Der Herr Bundesminister hat es nicht leicht gehabt (Bundesrat Gasteiger: Er hat es nie leicht!), denn es besteht natürlich einerseits der starke Druck einer möglichst weiten Liberalisierung. Andererseits stimme ich Ihnen zu, Ihre Argumente haben ja etwas für sich. In dieser Materie durchzufinden, das ist eben der Kompromiss dieses Gesetzes, das meiner Meinung nach sehr brauchbar ist.

Meine KollegInnen von der sozialdemokratischen Fraktion! Mich wundert es wirklich: Wir sind hier in der Länderkammer. In dieser Frage gibt der Bund den Ländern Rechte, und Sie lehnen das ab! Ich meine, es ist doch richtig, wenn wir sagen: generell unter­schiedliche Problemlösungen. Unterschiedliche Probleme brauchen unterschiedliche Lösungen. Das wird mit diesem Gesetz, das der Bundesminister heute im Bundesrat einbringt, auch gewährleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist bundesstaatsfreundlich. Heute war ein Landeshauptmann anwesend, der eine Lanze für den Bundesstaat und für den Föderalismus gebrochen hat. Ich finde, dieses Gesetz passt ganz gut auf das, was er gesagt hat: Es ist föderalistisch, flexibel und kommt den Erwartungen der Ge­schäftsleute im 1. Bezirk entgegen. Diese sollen sich das Ganze in Wien gemeinsam mit den Sozialpartnern regeln. Ich höre, dass sie ganz gut unterwegs sind.

Dieses Gesetz ist maßgeschneidert, regional anpassungsfähig, modern und auch EU-konform. Ich glaube, es ist ein gutes Instrument, die Probleme zukunftsorientiert zu lösen, den Standort zu sichern und die Kaufkraft weitgehend in Österreich zu halten. Es entspricht auch den Richtlinien einer gewissen Subsidiarität, der wir ja in der Länderkammer huldigen. Dies ist doch ein gutes Prinzip.

Eines muss ich abschließend noch feststellen: Niemand will 24 Stunden lang offen halten. Ich kenne keine Landesregierung, die das will. Eine Kollegin hat zuerst gesagt, eine Landesregierung möchte, dass rund um die Uhr, 24 Stunden lang, offen gehalten wird. Zumindest die oberösterreichische Landesregierung will das nicht, auch andere wollen das nicht. Ich glaube, der Sonntag hat einen besonderen Platz in unserer Gesellschaftsordnung. Er soll frei bleiben für Familie, Sport, Hobby, Religions­aus­übung, Freizeit et cetera. Der Sonntag soll uns heilig bleiben.

Es arbeiten meiner Meinung nach genug Leute am Sonntag. Wir sollen dem Prinzip des arbeitsfreien Sonntags auch treu bleiben. All diese Anforderungen sind in diesem Spagat, den Martin Bartenstein mit diesem Gesetz gemacht hat, enthalten. Ich bedan­ke mich bei ihm, dass er die Länder für fähig hält, diese Probleme vor Ort in der Region anpassungsfähig und zukunftsorientiert zu lösen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.27

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 191

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Bundesrätin Zwazl das Wort. – Bitte.

 


12.28

Bundesrat Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich recht herzlich dafür, dass Sie heute gerade die Klein- und Mittelbetriebe und die UnternehmerInnen so erwähnt ha­ben. Ich komme aus einem Kleinbetrieb. Ich bin kein Mittelbetrieb, ich habe drei Mit­arbeiter. Ich weiß, wovon hier gesprochen wird, und ich bitte Sie trotzdem: Geben Sie der Wirtschaft diese Chance, gerade den Kleinbetrieben, denn ihnen bietet diese Re­gelung die Möglichkeit, Nischen zu nutzen! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

Gerade die Möglichkeit, zwischen 5 und 21 Uhr aufzusperren, heißt, dass ich einen Vor­teil gegenüber den großen Ketten habe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir, und uns allen, geht es um den Erhalt unserer Betriebe, uns geht es um den Erhalt der Arbeitskräfte. Meine Tochter hat immer gesagt, in einen Betrieb geht sie nicht. Ich war eine Känguru-Mutter, ich hatte meine Kinder immer mit in der Firma. Sie können sich vorstellen, dass es für kleine Kinder nicht angenehm ist, wenn sie praktisch immer hinter der Kunde stehen. Wenn die Kinder etwas wollten, habe ich meist gesagt: Bitte, lasst mich in Ruhe, ich muss zuerst die Kunden bedienen. Einmal hat sich meine Tochter, die jetzt aber in der Firma steht, hingestellt, hat aufgestampft und hat geschrieen: Ich hasse alle Kunden! – Und gerade sie ist jetzt nach einer sehr guten Ausbildung in die Firma gegangen. Ich habe ihr aber auch eine gewisse Liebe zum Selbstständigsein mitgeben können; das heißt, die Möglichkeit, etwas zu bewirken.

Gerade die Klein- und Mittelbetriebe sind jene Betriebe, die auch sehr flexibel und den Frauen, die wir beschäftigen, entgegenkommend sind. Es ist für uns ganz wichtig, dass die Mitarbeiter, die im Betrieb stehen, auch motiviert sind. Seien wir uns doch ehrlich: Wenn Sie von jemandem bedient werden, der das fade Auge hat, dann wird der Betrieb keinen Umsatz machen. Das heißt: Meine Mitarbeiter müssen fachlich gut und motiviert sein.

Das heißt, ich muss auf ihre familiären Bedürfnisse eingehen, und das tun wir. Wir schauen zum Beispiel in unserer Firma immer darauf, dass wir an Fenstertagen oder Feiertagen als Unternehmer ganz einfach selbst Dienst machen oder Mitarbeiter zum Einsatz kommen, die keine Kinder zu versorgen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns ist wichtig, dass unsere Betriebe überleben können. Ich komme aus einer kleinen Stadt, die sozusagen eine Großstadt als Staubsauger hat, die uns die Kaufkraft abzieht. Ich muss eben schauen, dass ich da Nischen finde, um an meine Kunden zu kommen. Das heißt: Ich muss schauen, wann die Kunden außer Haus gehen und wann es für sie gut ist einzukaufen. Das ist für jede Branche wichtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! ich bitte Sie hier wirklich, der Wirtschaft, aber auch den Mitarbeitern in unseren Betrieben die Chance zu geben, am Leben zu blei­ben, denn gerade die Klein- und Mittelbetriebe sind es, die Arbeitsplätze schaffen und die großartig Lehrlinge ausbilden. Nicht umsonst ist es so, dass Österreich bei der Berufsolympiade immer am Stockerl steht. Diesmal haben wir nationenweit den dritten Platz erreicht; Niederösterreich ist ganz stolz, denn wir haben sogar einen Olympia­sieger. Das heißt, dass unser Weg richtig ist.

Ich komme heute vom Sozialpartnergipfel der Ostregion. Ich muss sagen, wir haben das, was wir uns vorgestellt haben, nicht erreicht, nämlich dass Wien, Niederösterreich


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und das Burgenland eine einheitliche Regelung der Ladenöffnungszeiten finden. Ich hoffe, dass das noch gelingen wird. Wien und das Burgenland werden bis 31. Dezem­ber 2003 evaluieren, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können sicher sein, dass diese Möglichkeit für die Wirtschaft – und gerade für die kleinen Betriebe – eine ganz große Chance ist. Man muss diese Nischen, die uns die großen Betriebe noch lassen, nützen. Ich bitte Sie: Stimmen Sie mit, nehmen Sie uns nicht diese Chance!

Wenn Sie mir als Niederösterreicherin erlauben, noch eine Bemerkung zu unserem Landeshauptmann zu machen: Unser Landeshauptmann ist auf Urlaub, deshalb hat er diese Weisung gegeben. Es hat aber vorher Gespräche mit den Sozialpartnern und der Landesrätin gegeben. Wir Niederösterreicher waren es auch, die das heutige Ge­spräch initiiert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Landeshauptmann sagt auch immer wieder, er kennt keinen Politiker, der einen Arbeitsplatz geschaffen hat, es sind näm­lich die Unternehmer und Unternehmerinnen, die das tun. Ich füge hinzu, es sind die Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich glaube, wir sollten hier nicht von vornherein etwas ablehnen, von dem wir gar nicht wissen, wie es in der Wirklichkeit von der Wirtschaft genützt wird.

Verschweigen wir auch nicht die Zuschläge! Es werden bald Kollektivvertragsver­hand­lungen geführt. Vielleicht sind die Kollektivvertragsverhandlungen und die Zuschläge für die eine oder andere Mitarbeiterin interessant, dass sie doch sagt, ich verdiene dann mehr.

Es hängt sehr viel von uns allen ab, wie es der Wirtschaft geht, denn wir müssen der Wirtschaft schon eine Chance geben und auch bei ihr einkaufen. Wenn es hier so eine große Zustimmung für die Klein- und Mittelbetriebe gibt, dann bitte ich Sie: Kaufen Sie einmal dort ein, geben Sie den Klein- und Mittelbetrieben eine Chance! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist dieses Thema sehr wichtig. Mir geht es hier nicht um politisches Kleingeld, mir geht es wirklich um den Erhalt und den Fort­bestand unserer Arbeitsplätze, unserer Betriebe und vor allem auch unserer Lebens­qualität. Und die Entscheidung treffen letztlich wir – wir die Konsumenten mit unserem Kaufverhalten! Ich bitte Sie noch einmal: Geben wir unserer Wirtschaft gemeinsam eine Chance! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.34

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Barten­stein. – Bitte.

 


12.34

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Das Thema Laden­öffnung ist traditionell in Österreich, aber nicht nur in Österreich, ein sehr emotionales und emotionell besetztes Thema. Da Herr Bundesrat Kneifel gemeint hat, leicht hätte ich es nicht gehabt, so sage ich: Es ist auch nicht die Aufgabe von irgendjemandem, es einem Minister leicht zu machen, aber es gibt einfachere Gesetzesvorhaben. Das betrifft zum Beispiel Koalitionsverhandlungen und vieles andere mehr. Das zeigt auch die heutige Debatte hier im Bundesrat, für die ich trotzdem dankbar bin, wobei ich mir aber schon erlaube, einige Feststellungen zu treffen, die der Sache halber notwendig sind.

Zum Ersten: Frau Bundesrätin Kainz hat gemeint – sie war nicht die Einzige –, dass der Handel das nicht wolle. Frau Bundesrätin, Sie haben gerade die Präsidentin der


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Wirtschaftskammer Niederösterreich als engagierte Vertreterin der KMUs in diesem Land gehört. Die KMUs wollen das doch. Und die Sparte Handel will das. Es ist nicht so, dass unser Verhältnis in dieser Frage immer ein ganz unumstrittenes war, sehr geehrte Frau Präsidentin, Frau Bundesrätin, sondern wir haben uns hier in Richtung eines Kompromisses zusammengerauft – wir können nicht raufen –, also wir haben uns hier „zusammendiskutiert“. Somit liegt nun ein Kompromiss auf dem Tisch, den ich mittrage.

Ich sage ganz offen, aus ordnungspolitischen Gründen hätte ich mir diesbezüglich deutlich mehr vorstellen können, weil ich glaube, dass ein Ladenöffnungsgesetz per definitionem nicht wirklich notwendig ist. Ein Land wie Schweden braucht ein solches nicht. Im Übrigen ist Schweden ein Land mit einer betont frauenfreundlichen Wirtschaft, ein Land mit einer betont hohen Geburtenrate, also kann der Konnex zwischen La­denöffnungszeiten und Geburtenraten so nicht ganz stimmen. (Bundesrätin Schicker: Mit guten Kinderbetreuungseinrichtungen!)

Da bringen Sie jetzt ein zusätzliches Element herein, sehr geehrte Frau Bundesrätin, und Sie vertreten ja die Länder. Die Länder und Gemeinden sind ja prinzipiell für Fragen der Kinderbetreuung zuständig, das ist nicht so sehr der Bund. Sie wissen das.

Kein Kaufkraftabfluss, haben Sie gesagt, Frau Bundesrätin. – Erstens ziehe ich das heute schon in Zweifel, zum Zweiten ziehe ich es erst recht in Zweifel und stelle es in Frage, wenn mit 1. Mai des nächsten Jahres die Grenzen nicht nur aufgehen – sie sind ja schon offen –, sondern wenn jedenfalls auch formelle Schranken fallen, das heißt, die Österreicherinnen und Österreicher in den neuen Mitgliedstaaten praktisch unbe­schränkt einkaufen und die Waren nach Österreich rückführen können. De facto wird es dann keine Grenzen mehr im Sinne von Zollschranken oder irgendwelchen Be­grenzungen für Privatpersonen geben.

Selbst wenn man sagt, der Kaufkraftabfluss mag heute noch nicht so groß sein, ist klar: Wenn wir nichts tun, dann, so glaube ich, werden wir in eineinhalb Jahren oder in einem Jahr ein böses Erwachen haben. Das ist ja keine Entwicklung von heute auf morgen.

Aber es ist nicht nur der Handel, der in Österreich oder in Deutschland umgedacht hat, es hat auch etwas mit der absolut schlechten Konjunkturentwicklung zu tun: real rückläufige Umsätze, ein unerfreuliches Wirtschaftsleben und damit auch ein uner­freuliches Leben im Handel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Wiener Bürgermeister Häupl – soviel ich weiß, ist Bürgermeister und Landehauptmann Häupl auch der stellvertretende Vorsitzende der SPÖ – sagte in diesen Tagen: „Einen Vorschlag, alles so zu belassen wie es bisher ist, würde ich nicht akzeptieren.“ – Also der Wiener Bürgermeister sagt zum Thema Ladenöffnung, so, wie es derzeit ist, dürfe es nicht bleiben; das würde er nicht akzeptieren. Das ist jetzt nicht irgendein Kampfblatt der ÖVP oder gar der FPÖ, in dem das steht, sondern das findet sich im Pressedienst der SPÖ-Wien unter www.wien.spoe.at.

Der von Frau Präsidentin Zwazl angesprochene Sozialpartner- und Politikergipfel der Ostregion, von dem sie gerade kommt, hat ja auch gezeigt, dass Niederösterreich in dieser Frage den Ton angibt. Ich beglückwünsche Herrn Landeshauptmann Pröll, aber auch Herrn Landesrat Gabmann zu dieser Vorgangsweise. Er hat Klartext gesprochen und gesagt: Das, was der Bund an Liberalisierung vorgibt und ermöglicht, nämlich eine Öffnung von 5 bis 21 Uhr, soll es jedenfalls einmal sein.


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Damit keine Missverständnisse aufkommen: Es ist nicht eine Vorschrift des Landes­hauptmannes von Niederösterreich, dass die Unternehmer von 5 bis 21 Uhr aufsperren müssen, sondern das ist die Ermöglichung, es zu tun, wenn man will.

Das werden nur sehr wenige tun. Billa wird es vermutlich nicht tun, sehr geehrte Frau Bundesrätin Bachner. Mir ist kein Unternehmenskonzept bekannt, nach dem Billa um 5 Uhr in der Früh aufsperren möchte. Sie haben ja Billa zitiert und haben den weiteren Schluss gezogen, dass Billa-Verkäuferinnen dann um 3 Uhr Früh aufstehen müssten.

Im Übrigen wende ich mich ja ganz energisch an diejenigen Abgeordneten zum Na­tionalrat, zum Bundesrat und so weiter, denen es in den letzten Wochen zu einer sehr angenehmen Beschäftigung geworden ist, auf wichtige Unternehmen und Arbeitgeber Österreichs quasi loszuschlagen. – Entschuldigen Sie den Ausdruck, aber es ist ein verbales Losschlagen, ein „Bashing“, ganz egal, ob es sich gegen den wichtigsten und größten ausländischen Investor der letzten Jahre in Österreich, Frank Stronach, und Magna wendet oder auch gegen Billa und Spar, die ja zu den Unternehmen gehören, gegen die immer wieder munter loskritisiert wird.

Ich glaube, das haben sich diese wichtigen Arbeitgeber Österreichs nicht verdient. (Zwischenruf der Bundesrätin Bachner.) – Sehr geehrte Frau Bundesrätin Bachner! Sie kommen aus der Gewerkschaftsbewegung, wie Sie richtigerweise angemerkt ha­ben. Sollte es in den Unternehmungen Verfehlungen geben, sollten Kollektivverträge nicht eingehalten werden, dann haben Sie das volle Argumentarium und Instrumen­tarium der Sozialpartnerschaft und auch der Gesetze. In dem Fall stehen auch wir als Arbeitsministerium selbstverständlich zur Verfügung. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger.)

So gesehen ist all das für mich nicht nachvollziehbar – auch die Argumentation, es gäbe keine Zusatzumsätze. Wenn es kein Zusatzgeschäft und auch keine zusätzlichen Jobs gibt, dann offensichtlich nur deswegen, weil sich die Kaufleute dazu entschließen, nicht länger offen zu halten. Wenn sie ihre Läden aber länger geöffnet haben wollen, dann wird es auch zusätzliche Jobs und logischerweise auch Zusatzumsätze geben, sonst täten sie es auch nicht. – Dazu sind Österreichs Kaufleute klug genug.

Zum Stichwort „Nahversorger“ bitte ich auch um etwas Realitätsbezug: Es ist nun ein­mal so, dass wir in Österreich schon heute im Lebensmittelhandel – und im Übrigen auch im Möbelhandel – eine europaweit einzigartige Konstellation erreicht haben. Es gibt zwei große Ketten – die Namen wurden schon genannt –, die etwa drei Viertel der Marktanteile innehaben. – Hand auf’s Herz: Wer betreibt denn die Nahversorgung? – Es ist in vielen Fällen entweder ein Spar-Markt oder ein Billa-Markt; dann gibt es noch einige andere Varianten. Das sind natürlich auch die Nahversorger von heute.

Da sage ich als Bundespolitiker, der hier in mancherlei Beziehung angesprochen wurde: Das ist vor allem auf Gemeindeebene und auch auf Landesebene schon eine Frage der Raumordnungskompetenz, wenn es um die Verantwortungszuordnung geht, wer denn Flächen widmet und wer zum Beispiel aus Gemeindesicht sagt, das Ein­kaufszentrum hätte er gerne auf seinem Gemeindegebiet – Stichwort Fohnsdorf –, und wenn er den Judenburgern damit die Kaufkraft wegnimmt, ist ihm das gleich; Haupt­sache, er befriedigt seine Gemeindeegoismen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Bundesrat Gasteiger: Herr Minister! Auch Sie irren! Keine Ahnung von Kommunalpolitik! Ab einer bestimmten Betriebsgröße brau­chen Sie keine Widmung, aber das werden Sie wahrscheinlich nicht wissen! Auf Bundesebene wissen Sie das nicht! Das ist Fakt!) Ist es richtig, dass verfassungs­mäßig die Raumordnungskompetenz und auch die Frage des Baurechtes den Ländern und Gemeinden zukommt? – Herr Bundesrat, ich glaube schon. (Bundesrat Gasteiger:


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Das ist Fakt, Herr Minister!) So gesehen bitte ich Sie, diese Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gehen wir aber in den Sachfragen noch ein wenig weiter. Herr Bundesrat Schennach hat den Billa-Markt im Franz-Josefs-Bahnhof am Julius-Tandler-Platz angesprochen, der – ich bin dort sonntags nie – nach seinen Berichten am Sonntag auf gut Wienerisch „g’steckt voll“ ist. Da sage ich aber schon: Wie schaut es denn da mit der Wettbewerbsgleichheit aus? Das akzeptieren wir also, dass auf Bahnhöfen die großen Ketten ihre Märkte offen haben und diskutieren dann noch darüber, ob sie bestimmte Waren am Sonntag wegsperren müssen oder nicht? Und wie halten wir es da?

Da bin ich für ordnungspolitische Klarheit: entweder – oder. Entweder ist uns der Sonntag heilig oder er ist uns nicht heilig. (Bundesrätin Bachner: Horcht, horcht!) Eine Heiligkeit, die zwischen bestimmten Bahnhöfen und Restösterreich aufgesplittert ist, kann ich nur sehr bedingt nachvollziehen, wobei die Realität natürlich so aussieht, dass es auf Bahnhöfen auch in Zukunft andere Möglichkeiten geben wird als anderswo. (Zwischenruf des Bundesrats Schennach.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass große Konzerne rund um die Uhr offen halten sollten, wie Herr Bundesrat Gruber gesagt hat – jetzt ist er wirklich nicht im Saal, aber ich bin überzeugt, es wird ihm ausgerichtet werden –, ist ja auch so eine Sache, denn niemand von Ihnen, meine sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat, hat erwähnt, dass wir ganz bewusst 66 Stunden Wochenöffnungszeit vorgesehen haben. Das ist mein Vorschlag. Das ist eine sehr mittelstandsfreundliche Wochenöffnungszeit, die Beibehaltung dessen, was jetzt möglich ist. Die Landes­haupt­leute werden die Möglichkeit haben, auszuweiten, aber sie müssen es nicht tun.

Jetzt rechnen Sie mir einmal vor, wie man von 5 bis 21 Uhr fünfmal die Woche und dann noch von 5 bis 18 Uhr am Samstag offen halten und gleichzeitig diese 66 Stun­den einhalten soll. – Das geht nicht! Das sind nach meiner Berechnung 93 Stunden, auf die Sie dann kämen. Die volle Ausnützung dieses Rahmens ist innerhalb der 66 Stunden den Großen und erst recht den Kleinen nicht möglich.

Wäre es möglich, mit Ladenöffnungszeiten und Regelungen den Kleinen zu helfen, wäre ich der Erste, der das im Sinne der Kleinen täte – ganz abgesehen davon, dass ich davon überzeugt bin, dass diese Kombination aus 66 Stunden Wochenöffnungs­zeit und einer Liberalisierung tendenziell eher den Kleinen hilft als den Großen.

Lassen Sie mich aber schon sagen, dass der Status quo in Österreich, nämlich das Schlusslicht in Europa in Sachen Ladenöffnung zu sein, gleichzeitig aber die höchste Konzentration in vielen Handelsbereichen zu haben, alles Mögliche sein kann, aber ganz sicherlich kein Beweis dafür, dass liberale Ladenöffnungszeiten eine Belastung für die Kleinen sind. – Wenn schon, dann geht es eher in die umgekehrte Richtung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Entwicklung der nächsten Wochen wird durchaus interessant. Es wird einen Schnellballeffekt geben: Ein Land wird beginnen, die anderen werden folgen. Natürlich macht es einen gewissen Sinn, in der Ostregion Wien – Niederösterreich – Burgenland einigermaßen einheitlich vorzu­gehen, aber offen gestanden: Wenn die SCS in einem Rahmen offen hat und die Kärntner Straße in einem anderen, dann ist das auch kein Problem. Das sollen die Unternehmen und der Handel auch intern ausdiskutieren. Das halte ich auch im Sinne eines einheitlichen Wirtschaftsraumes durchaus für möglich.

Ich begrüße jede Initiative der Sozialpartner, ihre Kollektivvertrags- und andere Eini­gungen und Grundlagen auf diese neuen Gegebenheiten abzustellen, auch im Inter­esse der Beschäftigten im Handel. Ich sage Ihnen: Diese Automatik, liberale Laden-


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öffnungszeiten führten zu mehr Teilzeit, zu mehr Lohndumping, damit zu mehr Frauen­feindlichkeit und damit zu schlechteren Frauenpensionen, ist in keiner Weise nach­vollziehbar. (Bundesrätin Bachner: Belegbar!) – Ganz im Gegenteil! (Bundesrätin Bachner: Das ist belegbar, Herr Minister!) – Das ist in keiner Weise nachvollziehbar, auch wenn es sich der ÖGB wünschen würde. (Bundesrätin Bachner: Das ist eine Unterstellung!)

Sie behaupten ja auch dieser Tage, dass Teilzeitbeschäftigungen atypische Beschäf­tigungsformen sind. – Das ist nicht richtig. Teilzeit ist eine völlig reguläre Beschäfti­gungsform und kann in sehr vielen Fällen durchaus im Interesse von Arbeitnehmern liegen. Soweit Arbeitszeit auch unter Mitwirkung des Arbeitnehmers einteilbar ist, ist eine erhöhte Flexibilisierung sicherlich auch im Interesse der Arbeitnehmer.

Sehen wir also, was auf uns zukommt! Nehmen wir zur Kenntnis, dass Österreich längst keine Insel der Seligen mehr ist – wenn es jemals eine war – und auch nicht Schlusslicht in Sachen Ladenöffnung in Europa bleiben sollte. Sehen Sie auch, welche Schritte Rot-Grün in Deutschland gesetzt hat: Samstagöffnung bis 20 Uhr. Sehen Sie, was sich außerhalb unserer Grenzen abspielt! (Zwischenruf des Bundesrates Gastei­ger.) Nehmen Sie zur Kenntnis, dass im Gegensatz zu Ihnen jedenfalls Ihr stellver­tretender Parteivorsitzender eine Änderung und keine Aufrechterhaltung des Status quo will. (Bundesrat Gasteiger: Ja, und das ist seine Sache, wenn er das will, wenn die Länder etwas anderes wollen!)

Überlegen Sie sich, ob es Ihnen gerade im Hinblick auf die Äußerungen von Bürger­meister Häupl nicht doch noch möglich ist, bei dieser Abstimmung im Bundesrat mit den beiden Regierungsfraktionen mitzugehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.48

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

36. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 geändert werden (109 und 171/NR sowie 6795 und 6837/BR der Beilagen)

37. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (172/NR sowie 6796 und 6838/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 36 und 37 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.


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Die Berichterstattung über beide Punkte hat Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Na­tionalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsaus­bildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugend­lichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 geändert werden.

Der Antrag liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, sodass ich mir das Verlesen ersparen kann.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird.

Der Antrag liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, sodass ich auf die Verlesung verzichte.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über beide Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Pühringer das Wort. – Bitte.

 


12.51

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Uns liegt nun ein Gesetz­entwurf vor, der die Zustimmung aller vier Fraktionen finden wird. – So ist es zumindest angekündigt worden, und ich entnehme es den Unterlagen. Ich denke, das zeigt uns doch, dass uns die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, mit Beeinträchti­gun­gen immer mehr bewusst werden und dass wir sie Gott sei Dank auch immer mehr zu unseren Anliegen machen.

Der Kernpunkt dieses Gesetzes ist nämlich die Schaffung der Möglichkeit einer integrativen Berufsausbildung für Jugendliche mit besonderen Handicaps – etwa für Jugendliche, die aus der Sonderschule kommen, die nach dem Lehrplan der Sonderschule unterrichtet wurden oder für Jugendliche, die keinen Hauptschulab­schluss geschafft haben.

Zur Integration von behinderten Menschen hat die Pflichtschule im Vorfeld durch die schulische Integration schon einen sehr wichtigen Beitrag geleistet. Mein Bundesland war dabei ganz vorbildhaft. Es ist in den Bundesländern sicherlich unterschiedlich ge­laufen, aber in Oberösterreich ist es so, dass zurzeit von etwa 4 800 Schülern mit son­derpädagogischem Förderbedarf etwa 65 Prozent in integrativen Schulmodellen unter­richtet werden. Diese Schüler – beziehungsweise ihre Eltern – erwarten, dass sie nach Verlassen der Hauptschule, des polytechnischen Lehrganges Bedingungen vorfinden, die den Weg in die Integration fortsetzen. Da ist natürlich die Arbeitswelt ein ganz wich­tiger Teilbereich.

Das Problem ist oder war zumindest bisher, dass Schüler mit Leistungsbehinderungen oder mit Lernschwächen überwiegend nicht in der Lage waren, einen Lehrberuf zur


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Gänze zu erlernen, oder ihn nicht in der vorgesehenen Zeit erlernen konnten, ihr geis­tiges Niveau aber doch über jenem liegt, das die Unterbringung in einer geschützten Werkstätte notwendig macht. Nun wird es möglich werden, dass zumindest manche Lehrberufe – das kann sicherlich nicht für alle und vor allem nicht für die hoch qualifi­zierten gelten – teilweise erlernt werden können.

Ich habe unsere Berufsschullehrer um Beispiele gebeten, und es ist mir gesagt wor­den, zum Beispiel in einer Bäckerei könne man sicherlich einem behinderten Jugend­lichen zumuten, dass er es lernt, Salzstangerl zu formen oder Zöpfe zu flechten – was ich mir im Übrigen gar nicht so einfach vorstelle –, aber er kann unter Umständen nie lernen, verschiedene Brotteige anzusetzen. – Ich weiß nicht, ob das ein treffendes Beispiel ist. Oder in einer großen Firma könnte er das Lager in Schuss halten, dafür sorgen, dass alle Depots geordnet gefüllt werden.

Künftig wird also ein Lehrherr so einem Jugendlichen auch einen Lehrvertrag geben können, der eine teilweise Berufsausbildung ermöglicht. Damit werden die Chancen der Betroffenen auf Arbeit sicherlich sehr ansteigen.

Auf die Berufsschule kommt jedoch damit eine neue Aufgabe zu, für die sie noch einige Hilfestellung braucht. Mir ist gesagt worden, dass man in Oberösterreich damit rechnet, dass theoretisch 200 bis 300 Jugendliche davon betroffen sein könnten, die aber sicherlich nicht alle auf einmal kommen und nicht alle einen Lehrvertrag bekom­men werden.

Welche Hilfestellung braucht die Schule? – Auf jeden Fall einmal einen Hinweis, in welcher Weise Lehrpläne einzuschränken und anzupassen sind. Das ist bereits fertig und zur Begutachtung ausgeschickt.

Ein weiterer Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Berufsschullehrer haben keine sonderpädagogische Ausbildung; diese brauchen sie aber, wenn sie mit behinderten Jugendlichen umgehen müssen.

Ich habe mich im Pflichtschulbereich immer dagegen gewehrt, dass man zu Zeiten, als es nicht genügend ausgebildete Sonderschullehrer gegeben hat, in der Integration auch dafür nicht geprüfte Lehrer eingesetzt hat, die zwar mit Idealismus und Bereit­schaft an diese Arbeit herangegangen sind. – Das sind bestimmt zwei wichtige Voraus­setzungen, die aber meiner Meinung nach nicht ausreichen. Hier wird es sicherlich im Fortbildungsbereich Angebote geben müssen.

Der letzte Punkt – ich hoffe aber, dass das in den Unterlagen auch so gemeint ist –: Wenn von einer Ausschussfeststellung die Rede ist, dass man sich als Begleitmaß­nahme eine Evaluierung vorgenommen hat, so hoffe ich, dass davon auch die Schule betroffen sein wird, um zu sehen, ob es weiteren Regelungsbedarf gibt und wenn ja, welchen.

Die Bedeutung dieser Maßnahme der integrativen Lehrlingsausbildung unterstreicht für mich ein Satz, den unser ÖVP-Behindertensprecher im Nationalrat gesagt hat:

Einen Beruf zu lernen, Arbeit zu haben, bedeutet soziale Anerkennung, bedeutet Be­stätigung der eigenen Fähigkeiten, aktives Mitgestalten, Verantwortung zu überneh­men und sozial und gesellschaftlich integriert zu sein. – Zitatende.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein ganz wichtiger Schritt in diese Richtung, auf dem wir uns aber sicherlich noch nicht ausruhen dürfen. Ich glaube, dass wir uns immer be­wusst machen sollen, was alles unsererseits noch getan werden muss. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

12.57

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 199

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kainz. Ich ertei­le ihr das Wort.

 


12.57

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Diese Materie und ihre Zielsetzung eint, glaube ich, wirklich alle Fraktionen. Die Eingliederung behinderter Menschen in die Berufswelt ist eine ganz wesentliche Voraussetzung, um aus ihnen wertvolle Mitglieder dieser Ge­sellschaft zu machen. Selbst wenn wir in vielen Bereichen zustimmend zur Kenntnis nehmen, dass es Ausbildungsmaßnahmen gibt, die über die duale Berufsausbildung hinaus diesen gehandicapten Menschen Chancen geben, so kann das nur eine – wenn Sie mir erlauben, das so zu formulieren – Notmaßnahme sein.

Es ist ein Unterschied, ob man in einer geschützten Maßnahme den Einstieg in ein Berufsleben versucht, der dann nicht mit dem endet, was wir als Zielsetzung haben wollen – nämlich die volle Integration –, oder ob es bereits durch begleitende Maßnahmen möglich ist, in der Berufsausbildung diesen Weg einzuschlagen. Ich glaube, gerade die Frage der Möglichkeit des Besuches einer Berufsschule ist ein wesentlicher Schritt, um eine sinnvolle Integration in die Arbeitswelt zu ermöglichen.

Wenn uns das auch jetzt hier in der Debatte und auch in der Beschlussfassung eint, möchte ich trotzdem darauf hinweisen, dass diese Frage offensichtlich nicht in allen Bereichen so einhellig gesehen wurde, denn soweit mir bekannt ist, gab es doch aus dem Bildungsministerium – aus welchen Gründen auch immer – massive Bedenken, ob dieser Weg gangbar wäre. Ich gehe davon aus, dass diese Debatte beendet ist, wenn das Gesetz heute beschlossen ist.

Wir können jetzt in diesem Zusammenhang nur den Appell an die Wirtschaft richten, die – meine Damen und Herren, heute hier von uns ja nicht widersprochen! – beteuert hat, wie sehr sie daran Interesse hat, den Arbeitnehmern Bedingungen zu bieten, die eine befriedigende Berufsausübung ermöglichen. Daher darf ich Sie wirklich darum ersuchen, diesem Appell auch Taten folgen zu lassen – nämlich dem Appell in unsere Richtung, dies zur Kenntnis zu nehmen –, dass Sie auch behinderten Menschen, jungen Menschen mit Handikap, die Chance geben, diese Entwicklung wahrzunehmen und die Möglichkeiten, die das Gesetz jetzt bietet, wahrzunehmen. Ich glaube, dass alle, die jemals damit zu tun hatten – ob aus beruflichem oder aus persönlichem Zugang –, wissen, wie wichtig es ist, diese Möglichkeiten zu eröffnen, und wie schwierig es für Eltern von solchen Kindern ist, alle die Möglichkeiten, die vielleicht theoretisch vorhanden sind, wahrzunehmen, wenn diese Möglichkeiten in der Praxis nicht erreichbar sind, weil eben die Lehrplätze nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.

Ich hoffe, dass die notwendigen Schritte für diese Integration, die jetzt noch folgen müssen, damit in Institutionen wie der Berufschule diese Schwierigkeiten bewältigt werden können, tatsächlich auch folgen werden, und dass wirklich das Ziel erreicht werden kann, auch in anderen Ländern, vielleicht aus unterschiedlichem Zugang zu diesem Thema, dass wir in der Frage wirklich so weit kommen, behinderten Menschen ihren Stellenwert in der Gesellschaft nicht aus Gnade zuzuordnen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, mit ihren Möglichkeiten, mit ihren vielleicht eingeschränkten Möglichkeiten zu einem integrierten Teil in unserer Gesellschaft und in der Berufswelt zu werden. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Grünen.)

13.01

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Ulrike Haun­schmid das Wort. (Bundesrat Schennach: Jetzt aber nicht so viel aufregen! – Bun­desrat Gasteiger: Geht aufs Herz!)

 



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13.01

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Die beiden Kolleginnen haben schon sehr viel gesagt, aber ich sage Ihnen etwas mit einem Sprichwort einer Schriftstellerin aus Oberösterreich; sie hat einmal gesagt: Geben wir der Jugend wieder Ideale, sie hat es nötiger als das Benzin für ihr Moped! – Ich sage: Tun wir alles und geben wir der Jugend die Chance, interessanter und leichter ihr Berufsziel zu erreichen, aber geben wir vor allem der behinderten Jugend mit diesem Gesetz die Chance, einen Beruf zu erlernen und im Berufsleben anerkannt zu werden, sie haben das nötiger als Benzin für ihr Moped!

Es ist schön, dass es hier eine Vier-Parteien-Einigung gibt; Gott sei Dank gibt es sie noch. Es gilt aber auch, von hier aus – vor allem von meiner Fraktion aus – unserem Vizekanzler Haupt zu danken, denn es war und ist ihm ein besonderes Anliegen, gerade im Jahr der Menschen mit Behinderung einen weiteren Schritt zu einer bes­seren Integrationsmöglichkeit zu setzen. Ohne die Behindertenmilliarde wäre vieles nicht möglich gewesen, und dank dieser Behindertenmilliarde ist es eben auch möglich, die Betriebe so auszustatten und so zu adaptieren, dass Mitarbeiter mit Handikaps leichter beschäftigt werden können.

Eine Lehre zu machen – ein Traum von vielen behinderten Menschen –, ist schon längst überfällig gewesen, und Gott sei Dank ist dieses Ziel jetzt doch erreicht! Ver­längerung einer Lehrzeit: hier besteht natürlich eine absolute Berufsschulpflicht, bei geringerem Handikap eine Teilqualifizierung, mit einem größeren Handikap eine Teil­qualifizierung mit einer Abschlussprüfung. Eigene Versicherungszeiten erwerben: Ich glaube, es ist etwas ganz Besonderes, was wir aus dieser Blickrichtung sehen müssen, nämlich später mit eigenem Einkommen auch auf eigenen Beinen stehen zu können.

2005 wird die erste Evaluierung vorgenommen werden müssen. Bis dahin werden wir sehen, wie es angenommen wird und was noch zu verbessern ist. Ich muss hier auch Frau Kollegin Pühringer wirklich darin Recht geben, dass über vieles mit dem Lehrpersonal ernsthaft nachzudenken ist. Ich selbst habe eine Integrationsschülerin als Lehrmädchen angenommen.

Es ist aber auch von Ihnen aus, Herr Bundesminister, ein ganz wichtiger Schritt zu set­zen, nämlich das AMS, das Arbeitsmarktservice, anzuweisen, es auch dieser Jugend leichter zu machen. Ich habe erlebt, dass man mir von Vornherein gesagt hat: das ist nur ein Anlehrling, dieser hat überhaupt keine Chance auf eine Lehre! – Ich weiß nicht: Ist es der Zuschuss, von dem Sie fürchten, dass Sie ihn an die Betriebe auszahlen müssen? Aber ich glaube, jeder von uns Wirtschaftstreibenden, der diesen Schritt setzt und so einen Jugendlichen aufnimmt, weiß, dass er dieses Geld, das er hier als Ent­schädigung bekommt, voll und ganz dem Jugendlichen für seine Ausbildung zur Ver­fügung stellen muss.

Es gibt noch immer ein ganz wichtiges Problem, und ich habe das in sämtlichen Bun­desländern gesehen. Vom AMS aus ist ja die Möglichkeit gegeben, gerade bei uns im Tourismus, wo sie Englisch und Französisch haben, da ist es jetzt wirklich praktisch, das erste Lehrjahr in vier Monate Berufsschulzeit aufzuteilen – ich habe das mit un­serem Schuldirektor ausgemacht –, dazu zwei Monate Englisch und die anderen zwei Monate Französisch. Natürlich muss man so einem Jugendlichen ganz vehement Nachhilfestunden geben, und da kann es nicht sein – da ist wirklich ein Umdenken notwendig –, dass das AMS einfach so etwas herausgibt: Jawohl, es gibt eine Ent­schädigung, wenn man den Jugendlichen in eine Volkshochschule gibt oder zum WIFI nach Linz schickt.

Ich kann diesen Lehrling nicht aus einem Seitental zu Nachhilfestunden ins Wirt­schafts­förderungsinstitut oder zu einem Volkshochschulkurs schicken, den es irgendwo


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gibt, sondern da muss wirklich einmal überlegt werden, wie es möglich ist, dass davon auch Nachhilfelehrer bezahlt werden können. Für mich war es kein Problem, es ist selbstverständlich für mich eine Aufgabe, in dieses Kind, in diesen Jugendlichen zu investieren.

Abschließend möchte ich sagen: Ich glaube, dass das ein ganz, ganz wichtiger Schritt ist, und ich bin froh, dass es ihn gibt. Sie sind dankbar, sie sind herzlich, wir werden es vielleicht auch schaffen, manche von diesen Integrationsschülern zu einem Wettbe­werb zu bringen, denn „nicht die Vollkommenen brauchen unsere Liebe, sondern die Unvollkommenen“ – das hat schon Oscar Wilde gesagt –, und das ist unsere Aufgabe! (Allgemeiner Beifall.)

13.08

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.08

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin, ich bin auch nicht voll­kommen; ich hoffe, ich brauche deswegen keine Hilfe. – Auch die vierte Partei ist sich einig: Es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Es gibt allerdings noch ein paar Probleme, das ist vorhin schon angesprochen worden. Das Problem ist die Finanzie­rung der Berufsschule; ich weiß nicht, wie weit das schon geklärt ist. Behinderte brauchen einfach neben einer normalen Berufsschule gewisse besondere Einrich­tungen, vielleicht auch Stützlehrer und Begleitlehrer. Meines Wissens hat Frau Bun­des­minister Gehrer gesagt, das sei nicht im Bildungsbudget drinnen. Ich hoffe, dass sie diese Aussage noch dahin gehend modifiziert, dass das finanziert wird.

Es ist also ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, und es gibt noch einige Proble­me im Bereich der Behinderten. Ein frommer Wunsch wäre zum Beispiel, dass der Bund seine Einstellungsverpflichtungen für Behinderte in allen Ministerien erfüllt und dass man die Gebärdensprache endlich auch offiziell anerkennt. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

13.09

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Martin Bar­tenstein das Wort.

 


13.09

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte mich den Dankes- und Zustim­mungsworten anschließen. Es ist besonders erfreulich gewesen, dass im Nationalrat schlussendlich alle vier Fraktionen zu einer gemeinsamen Beschlussfassung gefunden haben. Es ist das, wie schon gesagt wurde, ein Thema, das ohne große Mühe aus dem politischen Streit herausgehalten werden kann, und dies ist auch gelungen.

Ich meine, dass es eine schöne Fortsetzung dessen ist, was an Integration von jungen Menschen in unserem Bildungssystem in den letzten Jahren gelungen ist. Wir begeben uns jetzt in Richtung Schnittstelle zwischen der schulischen Ausbildung und dem Be­rufs­leben. Wenn es nun für ein Potential von insgesamt rund 2 000 Jugendlichen pro Jahr die Möglichkeit des Erwerbs einer Teilqualifikation oder auch einer vollen beruf­lichen Qualifikation durch eine um bis zu zwei Jahre verlängerte Lehrzeit gibt, dann finde ich das erfreulich, denn das ist wichtig und richtig.

Es ist, sehr verehrte Frau Bundesrätin – sie ist jetzt nicht mehr da –, natürlich auch ein Kostenfaktor. Deswegen war das Bildungsressort dasjenige, das in Sachen Berufs-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 202

schule und Kosten durchaus auch Fragen gestellt hat. Aber das Gesamtergebnis wird von Frau Ministerin Gehrer und dem Bildungsressort voll mitgetragen.

Ich halte es für sinnvoll, dass man eine derart innovative Maßnahme befristet legistisch gestaltet und trotzdem noch in der Zwischenzeit eine Evaluierung vornimmt. Wir wollen ja gemeinsam sehen, wie sich das entwickelt.

Ich meine – und auch das wurde gesagt –, dass wir kein besseres Jahr für diese Maß­nahme hätten finden können als dieses Europäische Jahr für Menschen mit Behin­derung. Das ist ein sehr wichtiges, ein sehr schönes Projekt, das von den politischen Kräften in Österreich breit und einhellig getragen wird, wofür ich mich nochmals bedanke. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

13.11

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke, dies ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geän­dert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

38. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird (Musterschutzgesetz-Novelle 2003) (65 und 169/NR sowie 6839/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 38. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Na­tionalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Musterschutz­gesetz 1990 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich verzichte daher auf dessen Verlesung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 203

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Ich gebe, sozusagen als Zwischenzählung der Redezeitverwaltung, noch bekannt, dass bei der ÖVP von den 90 Minuten 34 verbraucht sind, sodass 56 Minuten ver­bleiben. Bei den Sozialdemokraten sind von den 80 Minuten 26 verbraucht, sodass 54 Minuten verbleiben. Bei der FPÖ sind von den 40 Minuten 12 verbraucht, sodass 28 Minuten verbleiben. Bei den Grünen sind von den 20 Minuten 10 verbraucht, so­dass noch 10 Minuten verbleiben.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Schicker.

 


13.14

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Soll ich das jetzt so auffassen, dass ich unbeschränkte Redezeit habe? (Heiterkeit.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Das müssen Sie mit Ihrer Fraktion ausmachen.

 


Bundesrätin Johanna Schicker (fortsetzend): Die genehmigt es mir. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben vom Herrn Berichterstatter bereits gehört, dass es um die Änderung des Musterschutzgesetzes 1990 geht; das heißt, es geht um die Musterschutzgesetz-Novelle 2003. Die in dieser Musterschutzgesetz-Novelle 2003 enthaltenen Harmonisierungsbestrebungen sind zwar großteils auch von meiner Frak­tion gutzuheißen, es ist aber auch einiges zu befürchten. Deshalb sage ich schon jetzt, dass wir dieser Gesetzesnovelle nicht unsere Zustimmung geben werden, weil einige Änderungen auch zu Verschlechterungen führen könnten, zum Beispiel bei den Schutzvorschriften für Ersatzteile.

Ich möchte jetzt nicht auf die Einzelheiten eingehen; das wird vielleicht mein nach­folgender Redner noch tun, er ist ja Techniker und wird das vielleicht in einer anderen Art und Weise ausführen. Ich möchte Ihnen hier nur sagen, dass es uns vor allem um das Thema Kfz-Ersatzteile geht. Es ist nämlich gemäß Regierungsvorlage nicht so, dass die Reparaturklausel in das österreichische Gesetz mit übernommen wird, wie dies in der EU-Richtlinie vorgesehen ist, sondern die Regierungsvorlage stellt in den Er­läuternden Bemerkungen nur fest, dass bei einer Änderung der Marktverhältnisse eine nochmalige Prüfung der Rechtslage vorgesehen ist.

Nun nur ein Hinweis dazu ganz kurz zur Aufklärung – wir alle wissen das und haben es schon einmal erlebt, weil, so hoffe ich, nicht alle sich jedes Jahr ein neues Auto an­schaffen, sondern auch mit gebrauchten Autos fahren –: Da können auch Frauen mit­reden, Herr Bundesminister. Ich weiß, wie es ist, wenn eine Windschutzscheibe zer­borsten ist, wenn ein Spiegel abgebrochen ist oder wenn ein Auspuff nachzujustieren ist. Wenn wir uns hier mit Originalersatzteilen behelfen, kommt das immer sehr teuer, und wenn das Auto ein älteres Modell ist, dann wird man natürlich darauf achten, kostengünstigst nachzujustieren, ganz egal, um welches Ersatzteil es sich dabei handelt.

Hier befürchten wir, dass dann nicht vorgesehen ist, dass diese Ersatzteile kosten­günstiger nachproduziert werden können, sondern dass sie zum gleichen Preis wie ein Originalersatzteil gekauft werden müssen. Diese Befürchtungen kommen hier bei diesem Gesetz, bei dieser Regierungsvorlage zum Ausdruck. Aus diesen Gründen – und damit bin ich schon am Ende meiner Rede – können wir dieser Gesetzesnovelle nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 204

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Bogens­perger. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.17

Bundesrat Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Zur Aufklä­rung: Ich bin auch kein Techniker, ich habe Bodenkultur studiert. Das gehört zwar auch zur Technik ... (Heiterkeit. – Bundesrätin Schicker: Entschuldigung! Ich habe das nur aus Ihrem Titel entnommen!) Nicht, dass ich hier falsche Erwartungen wecke! (Bun­desrätin Schicker: Man braucht dazu auch kein Techniker zu sein!)

Wie meine Vorrednerin, Bundesrätin Schicker, erläutert hat, machen eine EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen und eine EG-Verordnung über die Gemeinschaftsgeschmacksmuster eine Novellierung unseres bestehenden Muster­schutzgesetzes von 1990 notwendig. Bisher konnten die Musteranmeldungen neben dem Patentamt auch bei den Wirtschaftskammern erfolgen. Dort hat es so genannte Annahmestellen gegeben, dadurch ist es hin und wieder zu Zeitverzögerungen gekom­men, da die Wirtschaftskammern dies am 1. und am 16. jedes Monats an das Patent­amt weiterleiten mussten. Durch die neue Regelung kommt es auch zu Verwaltungs­vereinfachungen, da automatisch nur noch beim Patentamt angemeldet werden kann und dadurch keine Fristversäumnisse entstehen.

Im vorliegenden Gesetzentwurf kommt es weiters zu einer Änderung der Definition der Begriffe „Muster“ und „Erzeugnisse“, der Einführung der relativen Neuheit, der Neu­heitsschonfrist und einer Verlängerung der maximalen Schutzdauer eines Musters von 15 Jahren auf 25 Jahre. Hier gibt es Fristen, die man immer wieder verlängern kann: Bisher waren es, wie gesagt, 15 Jahre, und neu ist, dass es auf 25 Jahre verlängert werden kann.

Es ist heute auch im Zuge des ganzen Designs – Design hat ja ein große Bedeutung bekommen – relativ wichtig, diese Anpassungen vorzunehmen, vor allem im euro­päischen Raum, dass das abgestimmt ist und dass es da einen Gleichlauf gibt.

Angepasst werden außerdem die Bestimmungen über die Nichtigkeitserklärung eines Musters.

Für diese Reparaturklausel, die Sie angesprochen haben, ist vorgesehen, in abseh­barer Zeit eine EU-weite Regelung zu treffen, vor allem im Bereich des Gemein­schafts­geschmackmusters. Wenn Sie sagen, diese Nachbauteile seien relativ günstig zu erwerben, dann muss ich schon dazusagen, dass man bedenken muss, dass die Ori­ginale eine relativ lange Entwicklungszeit brauchen, die Forschung sehr viel Geld kostet. Es bestehen daher gewisse Bedenken, dass die Verwendung dieser Nachbau­teile zunehmen wird und verstärkt werden wird.

Die mit der EU-Richtlinie und der EG-Verordnung beabsichtigte Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten erachten wir als sehr sinnvoll, daher stimmen wir der Änderung und Anpassung des Musterschutzgesetzes zu. – Danke (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.21

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht. Danke.

Wir kommen nun zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 205

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

39. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (35 und 168/NR sowie 6840/BR der Beilagen)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 39. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte ihn darum.

 


Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Herr Präsident! Herr Minister! Ich bringe den Be­richt des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen.

Ich verzichte auf die Verlesung des Berichtes, weil er Ihnen in schriftlicher Form vorliegt.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Reisenberger. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.22

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Handel mit gefährdeten Arten freile­bender Tiere und Pflanzen: Ich glaube, der Begriff allein hat sich in den letzten Wochen auch tagtäglich in den Medien immer wiederum herumgesprochen, und Kollege Stein­bichler ist ja offensichtlich schon ganz, ganz fest drauf, hintennach zu sein. Ich hoffe, du hast deine Meinung, wie man mit Tieren umgeht, die du ja vor kurzem erst kund­getan hast, ein bisserl abgeändert, denn sonst wäre es schlimm.

Es reizt offensichtlich im Moment sehr viele – auch im privaten Bereich –, Exoten zu halten. Das zeigt sich darin, dass angefangen von Schlangen bis hin zu allen mög­li­chen anderen Exoten Tiere gehalten werden, und zwar in einer Form, die nicht nur wi­der­rechtlich, sondern natürlich auch alles andere als art- und fachgerecht ist. Das ist eine Situation, die alles andere als sinnvoll und gut ist.

Mit diesem Gesetzesvorschlag leisten wir aber meiner Meinung nach einen Beitrag zur Aufweichung des Washingtoner Artenschutzabkommens. Doch es ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch viel schlimmer, denn mit diesem Gesetz werden Schutzbestimmungen von Ursprungsländern beziehungsweise -staaten ganz einfach übergangen. Das heißt, jedes Land – und das sollte man ihm doch zubilligen – hat sich etwas überlegt, wenn es sagt, dieses oder jenes Tier – das mag in Afrika ein anderes sein als in Österreich, in Finnland ein anderes sein als in Alaska oder sonst irgendwo – ist schützenswert, ist also eine Gattung, die nicht verschickt werden darf, nicht verkauft werden kann, weder tot noch lebendig. Ja, es ist damit die Möglichkeit gegeben, dass Staaten, die vom Export geschützter Tiere betroffen sind und diesen Export in ihren


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 206

Ländern oder Staaten verboten haben, in ihrer Exportverbotskompetenz ganz einfach übergangen werden, und das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.

Heute spricht man offen vom Wiesel, vom Rotfuchs und vom Hermelin. Was kommt als Nächstes? (Bundesrat Steinbichler: Vielleicht der Hirsch!) Vielleicht haben wir dann den Elefanten und sein Elfenbein aus Kenia oder Indien – ja, ein Hirsch ist eine Ge­schichte für sich, Kollege Steinbichler, da müssen wir vorsichtig sein – oder vielleicht Robben aus Norddeutschland. Viele werden sagen: Norddeutschland? Robben? Sehr wohl. Bei Langeroge oder Norderney sind Inseln vorgelagert, wo es Robben gibt. Dort lebt sogar ein Wirtschaftszweig davon, der nämlich Ausflüge zu diesen Robbeninseln organisiert. Oder Leguane von den Galapagos. Ich bin überzeugt davon, dass wir alle das nicht wollen, oder ich kann es mir zumindest nicht vorstellen. (Bundesrat Dr. Küh­nel: Wo Sie schon überall waren!) Ja, ich habe in der Welt schon ein bisserl was gesehen. Sie bewegen sich offensichtlich nur in anderen Gefilden.

Sowohl aus tierschutzrechtlicher Sicht als auch aus der Sicht zwischenstaatlicher Ak­zeptanz, Koordinierung und Kooperation in Tierschutzangelegenheiten ist es unver­ständlich, dass man dadurch auf Ursprungszeugnisse und Ausfuhrgenehmigungen des Ursprungsstaates verzichtet. Lebende und tote Tiere sowie auch Felle sollen somit über den Kopf der Ursprungsländer hinweg exportiert werden können. Damit kann ich mich nicht identifizieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist ein großer Schritt zurück im Bereich des Tier- und Artenschutzes.

Österreich soll im Gleichklang mit 13 anderen EU-Staaten einen Vorbehalt einbringen. Eine Frage, die sich hier automatisch stellt, Herr Minister, ist: Welches Mitgliedsland der EU hat bis heute solch einen Vorbehalt auch nicht eingebracht und vor allem warum nicht? Das hat ja sicherlich einen Hintergrund und einen Sinn. Es sind weder wirtschaftliche noch andere Interessen Österreichs – die sehr schwerwiegend sein müssten, um mich überzeugen zu können –, die eine Abwägung überhaupt recht­ferti­gen würden, in diesem Regierungsantrag dargelegt.

In diesem unseren Binnenmarkt sind auch in anderen Bereichen abweichende, stren­gere und somit die Mindestanforderungen übersteigende Regelungen einzelner Mit­gliedstaaten durchaus üblich und möglich. Ich sehe es nach wie vor so – ich stehe zur EU, ich stehe zu den Verträgen –, dass die EU-Bestimmungen ein Mindestmaß sind. Das ist das Mindeste, was gefordert wird, und keiner kann und soll daran gehindert werden und wird auch nicht daran gehindert, bessere Regelungen vorzusehen. Wir wollen uns hier in Wirklichkeit in die schlechtere Richtung entwickeln.

Denken wir an den Umweltschutz, der ein Paradebeispiel dafür ist – und darauf sind wir als Österreicher stolz –, dass unsere Bestimmungen heute teilweise weit über die der EU-Richtlinien hinausgehen. Warum soll es dort anders sein als im Bereich des Arten- und Tierschutzes? (Präsident Ager übernimmt den Vorsitz.)

Zu hinterfragen ist für meine Fraktion aber auch, warum die EU bis heute dem Washingtoner Artenschutzabkommen nicht beigetreten ist. Das ist auch eine Frage, die, wie ich meine, einmal auf den Tisch zu legen ist, die einmal sehr klar und deutlich beantwortet werden müsste. Die Bundesregierung sollte auf Ebene der Europäischen Union in dieser Frage aktiv werden und danach trachten, den Artenschutz zu verbes­sern und nicht zu verschlechtern. Da würden Sie meine Fraktion und mich als aktive Mitstreiter sofort auf Ihrer Seite haben, Herr Minister. Aber dieser heute zur Abstim­mung vorliegende Verschlechterungsbeitrag wird die Zustimmung meiner Fraktion nicht finden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 207

13.28

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mich dem eigent­lichen Thema zuwende, darf ich noch einmal ganz herzlich unserem neuen Präsi­den­ten gratulieren. Gratulieren möchte ich dir auch zu den hervorragenden Worten, die du heute in Anwesenheit von Landeshauptmann van Staa gefunden hast. (Bundesrat Gastei­ger: Er ist ein Oberösterreicher!) Ich bin auch als Oberösterreicher stolz, dass die Tiroler so einen konsequenten, kompetenten Landeshauptmann haben. Ich glaube, es war wirklich eine Sternstunde für den Bundesrat. (Ruf: Ist deiner nicht so gut?) Natürlich!

Sehr geehrter Herr Kollege Reisenberger! Zum vorliegenden Staatsvertrag über den Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen darf ich zunächst über Pflanzen etwas sagen, bevor ich auf Tiere zu sprechen komme. In einer Zeit, in welcher Präsident Bush Europa rügt, dass es bei der Anwendung der Gentechnik rück­ständig ist, dass Europa am Hunger in Afrika schuld ist, weil es verhindert, dass afrika­nische Bauern diese moderne Technik anwenden können, ist es wirklich angebracht, darüber nachzudenken, in welche Richtung sich der gesamte Handel mit Pflanzen, mit Saatgut entwickelt. Wenn man bedenkt, dass wir in Europa – auch in Österreich – Verbrennungsanlagen mit Getreide betreiben, dass wir Biogasanlagen mit Maissilage, sprich bestem Futter für Tiere, betreiben, dann muss man diese Thematiken auch unter diesem Aspekt sehen. Das hat mir auch bei der Nationalratsdebatte gefehlt, da sind die Pflanzen völlig untergegangen.

Man muss aber bei den Pflanzen – ich habe gerade vorhin mit meiner Frau zu Hause telefoniert, wo wir jetzt selbst eine Kontrolle bezüglich Feuerbrand gehabt haben – auch wissen, was mit diesem Handel passiert. Wir haben heutzutage in der Land­wirtschaft in bäuerlichen Obstgärten, die über Jahrhunderte problemlos funktioniert haben, das Problem mit dem Feuerbrand. Warum haben wir dieses Problem? – Weil die Großmarktketten – gerade vorhin wurde darüber diskutiert, ob sie vom Himmel fallen – Cotoneaster und sämtliche Ziergehölze aus unkontrollierten ausländischen Zuchtanstalten importieren, weil von unseren Nahrungsmittelbetrieben Obst importiert wird – in meiner nächsten Nähe die Firma Spitz –, wo natürlich Astreste, Blattreste dabei sein können und auch auf diesem Weg Krankheiten importiert werden können. Das müssen wir wirklich bedenken, und vielleicht ist das eine Hilfe für uns, dass wir in Zukunft regionaler denken – auch aus Sicht der Arbeitsplätze. Darüber wurde heute auch schon diskutiert, dass man wirklich die regionale Produktion wieder stärken, sie mehr berücksichtigen und ihr mehr Bedeutung beimessen soll.

Nun aber zu den Tieren: Grundlage für dieses Gesetz ist das Washingtoner Arten­schutzabkommen, das 1973 beschlossen wurde. Österreich ist ihm 1982 beigetreten. Betroffen sind 30 000 Tierarten und 3 000 Pflanzenarten. Wenn man bedenkt, welche Missstände in letzter Zeit auch medial bekannt wurden – vorgestern in den Weltnach­richten hat man gehört, dass in einer 60-Quadratmeter-Wohnung in Wien eine Python, unzählige Beuteltiere und eine Vogelspinne gehalten wurden; da frage ich mich schon, was das mit artgerechter Tierhaltung zu tun hat – , dann kommt man zu folgendem Ergebnis: Wir müssen sowohl bei den internationalen Verträgen ansetzen als auch bei der Frage: Warum ist dieser Missbrauch möglich?

Erst im Zuge der Tierschutzdiskussionen – Herr Kollege Boden ist ja heute nicht hier; er hat ja geglaubt, die Tierschutzdiskussion hätte mich meine politische Zukunft gekos­tet – ist mir klar geworden, wie groß die Missstände in diesem Bereich tatsächlich sind, welche horrenden, himmelschreienden Missstände da bestehen, wie angefangen von Erbschleichern bis hin zu ganz bösen Geschäftemachern Geld mit diesen Tieren verdient wird.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 208

Ich habe mir zwei Lektüren mitgenommen, weil ich glaube, dass sie sehr aktuell sind. Auch bei Tieren darf man natürlich die „Kronen Zeitung“ zitieren, wenn sie bei den Abfangjägern ebenfalls zitiert wird. Das sind die Mondbären in China (der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe), denen der Gallensaft abgezapft wird, mit dem man bestens verdienen kann. In der anderen Geschichte – denn Sie wollen auch etwas Oberösterreichisches – wird über das Schlossgewölbe in Scharnstein berichtet. „Hier ballt sich das Gift“, schreiben die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Eine wunder­schöne Python beim Verdauen der Ratten. Da werden wöchentlich 100 Ratten extra zur Fütterung dieser Riesenschlangen gezüchtet.

Da könnten wir einmal eine interessante Tierschutzdiskussion führen, denn was mich als Bauer verwundert hat – und deshalb habe ich das letzte Mal so auf die 34-jährige Tätigkeit verwiesen –, das ist Folgendes: Wir wissen beim Kalb, beim Schwein, beim Huhn, bei der Pute auf den Quadratmillimeter genau, welche Haltungsbedingungen, wel­che Haltungsformen vorliegen, es gibt darüber wissenschaftliche Untersuchungen, doch Exemplare dieser angesprochenen gefährdeten Tierarten, die finden wir im 5. Stock in der Lenzing-AG-Siedlungs-Wohnung, die finden wir im neuesten Bungalow, die finden wir im Hinterhof, die finden wir so wie jetzt in Salzburg in Bruck an der Glocknerstraße, wo man zwei 4,5 Meter lange Pythons fand, die ein halbes Jahr nicht gefüttert und nicht getränkt worden waren. Das sind „wunderbare“ Bedingungen!

Deshalb, Herr Kollege, denke ich, wir können uns natürlich über die internationalen Abkommen beschweren, aber was ich im Zusammenhang mit diesem Gesetz ganz vehement fordere – da sind wir als nationale Politiker noch viel mehr verantwortlich, da können wir viel besser etwas machen und viel mehr tun –, das ist, dass eine strenge Meldepflicht kommt, dass die Haltungsbedingungen kontrolliert werden und dass die Kennzeichnung wesentlich verschärft wird. Dann werden wir einen Überblick bekom­men, dann können wir nämlich so wie bei den Drogendealern auch eine Trendumkehr machen und können rückverfolgen, wo die Missetäter, wo die großen Händler sitzen, wo die Händlerringe, die damit ihre Geschäfte betreiben, ihre Niederlassung haben. Dann kann man von der anderen Seite her beginnen, diese auszuheben.

Deshalb stimmen wir grundsätzlich dieser Materie zu, weil wir wissen, dass es sinnvoll ist, aber ich glaube, wir sollten in weiterer Folge darauf schauen, dass wir national strengere Bestimmungen über die Meldepflicht und die Haltungsbedingungen erlassen und die Kontrollen wesentlich verschärfen.

Wir von unserer Fraktion werden diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.34

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kersch­baum. Ich erteile es ihr.

 


13.34

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Steinbichler! Ich freue mich über deine Forderungen und würde mich diesen Forderungen gerne anschließen, nur weiß ich leider nicht, was das mit dem heutigen Tagesordnungspunkt zu tun hat. (Bundesrat Steinbichler: Es geht um den Tierschutz!) Nein, denn letztendlich geht es darum, dass wir einen Vorbehalt gegenüber diesem Abkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten von Tieren anmelden sollen. Es geht überhaupt nicht darum, dass wir irgendetwas anderes tun, es geht nur um diesen Vorbehalt, und diesen Vorbehalt lehnen auch wir ab. Da bin ich ganz bei der sozialdemokratischen Fraktion. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 209

Ich kann nicht ganz verstehen, wieso das unsere Geschichte ist, wenn irgendein anderes EU-Land einen Vorbehalt anmelden will. Es wäre dann unsere Geschichte, wenn uns die EU die Ermächtigung gäbe und sagte: Wenn ein Land einen Vorbehalt anmelden will, dann müssen die anderen EU-Länder zustimmen. Aber in die Richtung, wie es jetzt beschlossen werden soll, kann ich das nicht verstehen und kann mich dem auch sicher nicht anschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36

 


Präsident Hans Ager: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Reisenberger zu Wort gemeldet.

 


13.36

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Also eines kann ich nicht unwidersprochen lassen: Wenn du sagst, Kollege Steinbichler – abgesehen davon, dass es, und dieser Meinung schließe ich mich an, komplett am Thema vorbei war, können wir uns bei diesem Thema treffen, denn wir sind in fast allen Punkten, die du soeben genannt hast, einer Meinung –, oder wenn du die Forderung aussprichst, wir müssten uns doch etwas überlegen, wie wir da in der EU aktiv werden können, weil Bush unsere Haltung rügt, dann frage ich dich: Was hat er denn wirklich dabei gemacht? Ich sage es dir, falls es dir entgangen sein sollte. – Er hat damit folgende Aussage in Verbindung gebracht: So Europa mit Genmais oder mit Genforschung nicht das macht, was er will, gibt er der hungernden Dritten Welt kein Essen mehr. – Ja, was soll denn das sein, bitte? Was gibt es denn da für uns über­haupt zum Nachdenken?

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, über alle Parteigrenzen hinweg sehen wir das so: Das ist doch unmenschlich, das ist unlogisch und das ist typisch ein Stil, der mit Realität nichts zu tun hat und schon gar nichts mit dem Artenschutz­abkommen.

Noch eines sei dazu gesagt: Wir sprechen hier nicht von Exoten – daher habe ich es ja erwähnt, dass das Schlimme ist, dass Exoten bei uns modern geworden sind –, wir sprechen in diesem Gesetz ganz klar und deutlich unter anderem vom Wiesel, vom Rotfuchs und vom Hermelin. Du hast gemeint – und ich muss das jetzt sagen, da du es schon selbst angesprochen hast –, bei uns heißt es bei einem Tier – Hund, Katze oder was auch immer – nach vier Wochen: Tschüss! Baba! Jaukerl! – Was machen wir mit diesen Tieren dann? Genauso? Umgekehrt? Oder mit Exoten?

Diese Tiere sind dann Exoten in anderen Ländern, und die wollen wir schützen. Genau das, dass man uns daran hindern will, lassen wir uns nicht gefallen. Da sind wir dagegen, und das ist der Grund, warum wir dagegen stimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37

 


Präsident Hans Ager: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Bun­desrat Steinbichler zu Wort gemeldet.

Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf.

 


13.38

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Kollege Reisenberger und Frau Kollegin Kerschbaum! Natürlich kann man das alles weit wegschieben, aber ich bin immer dafür, dass man die Sache vor Ort diskutiert. Ich habe vorhin noch Folgendes zu sagen vergessen – ich erwähne es jetzt, weil Sie das angesprochen haben –: Ich möchte in solchen Wohnungen auch nicht essen, weil es mir widersteht, wenn dort die Maden zum Füttern der Leguane auf dem Tisch liegen. Es ist doch so,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 210

dass dann, wenn irgendwo in der Hygiene etwas passiert, das österreichische „Bratl“, der Rinderbraten, das Gemüse und das Obst schuld sind.

Herr Kollege Reisenberger, ich bin sehr froh, dass du das Tierschutzthema ange­sprochen hast. Der Leo Steinbichler hat überhaupt nie gesagt, nach einem Monat Hun­de und Katzen weg, lieber Freund. Aber das gefällt mir so, dass du dich da hinreißen lässt, und das ist mir auch viel lieber. Leider ist Kollege Boden nicht da, dass er selbst einmal hört, wie es gelaufen ist.

Ich habe bei jeder Aussage, bei jeder Pressemeldung vorweg gesagt: 99 Prozent der Tierhalter zeigen uns, wie es richtig geht. Die kümmern sich um ihre Katze, die kümmern sich um ihren Hund, die füttern ihren Hund, die betreuen und pflegen ihn und setzen ihn nicht auf die Straße. Ich verurteile jene Tierhalter, die Hunde und Katzen aussetzen. Was sind das für Tierbesitzer, was sind das für Tierliebhaber, was tun sie dem Tier an? Ich bin auch nicht dafür, dass man Tiere jahrelang in Zwingern hält, denn dann sind sie noch ärmer, dann sind sie vergleichbar mit den chinesischen Mondbären. Ich will artgerechte Tierhaltung auch bei den Haustieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Reisenberger: Du willst Strafen für die Halter von Tieren wie Hunden und Katzen, aber die Besitzer von Pythonschlangen lässt du leben!)

13.39

 


Präsident Hans Ager: Ich möchte ersuchen, dass die Bestimmungen der Geschäfts­ordnung eingehalten werden. Das waren beide keine tatsächlichen Berichtigungen. Tatsächliche Berichtigungen sind etwas anderes.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu er­heben, ist somit angenommen.

40. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird (170/A und 192/NR sowie 6841/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 40. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Herr Präsident! Herr Minister! Ich bringe den Be­richt des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnüt­zigkeitsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, sodass ich auf dessen Verlesung ver­zichte.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 211

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

41. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Wasserbautenförderungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird (121 und 166/NR sowie 6842/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 41. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Vincenz Liechtenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Was­serbautenförderungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich erspare mir daher dessen Verlesung.

Der Ausschuss stellt nach Beratung mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben. – Ich danke.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erste Frau Bundesrätin Auer. Ich erteile ihr dieses.

 


13.43

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Man kann einfach nicht daran vorbeischauen: Mit der vorliegenden Novelle ist dieser VP/FP-Koalition ein unverantwortliches Durchpeitschen einer Jahrzehntenovelle anzulasten.

So ist die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern nach dieser Wasserrechts­novelle weitgehend ungeklärt, obwohl durch die Umsetzung der Wasserrahmen­richt­linie ein völlig neues Regime für die Wasserreinhaltung der österreichischen Gewässer eingeführt wird.


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Dem Wunsch der SPÖ nach einer umfangreichen parlamentarischen Behandlung im Herbst, welche die Ausmerzung von Schwachpunkten ermöglicht hätte, wurde von der VP/FP-Koalition unverständlicherweise nicht entsprochen, obwohl die nationale Um­setzungsfrist erst Ende Dezember abläuft.

Die nationale Umsetzung garantiert trotz Verschlechterungsverbot nicht den hohen Stand der Wasserreinhaltung in Österreich. Darüber hinaus wird die unzureichende Grundwassersanierung in Österreich fortgeführt. Auf eine Verbesserung des Hoch­wasserschutzes auf Grund der Erfahrungen im Vorjahr wurde ebenfalls verzichtet.

An sich ist die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ins Wasserrechtsgesetz eine der größten und umfassendsten Novellen, die es in letzter Zeit in diesem Bereich ge­geben hat, und prinzipiell sind das Verschlechterungsverbot des Gewässerzustandes und das Ziel, alle Gewässer EU-weit zu verbessern oder in einen guten Zustand zu bringen, eine positive Initiative für die Umwelt, leider weist aber die Umsetzung ins österreichische Wasserrechtsgesetz aus unserer Sicht einige Defizite auf, weshalb wir dieser Novelle nicht unsere Zustimmung erteilen.

Was mir an der Vorlage aufgefallen ist – und das ist auch einer unserer Kritikpunkte –, das sind die vielen mit großem Interpretationsspielraum verwendeten Formulierungen. Bei großzügiger Auslegung der Gesetzesstellen kann es zu einer Verschlechterung in dem sehr sensiblen und für uns wichtigen Gewässerschutzbereich kommen.

Noch eine kurze Äußerung zu den Wasserrahmenrichtlinien der Europäischen Union, wel­che eine sehr wichtige Maßnahme zum Schutz des Wassers sind. Leider wurde hier bei der Umsetzung dieser Richtlinien bewirkt, dass beim Grundwasserschutz nicht mehr sehr gut flächendeckende Trinkwasserqualität das Ziel ist.

Mit der Ausräumung des Wasserwirtschaftsfonds wurde den Gemeinden nichts Gutes getan, man ließ die Gemeinden ausbluten, denn obwohl ein äußerst hoher Investitions­bedarf in der Wasserwirtschaft besteht, wurden die Förderungen erheblich gesenkt. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.)

Wenn die Städte und Gemeinden die Finanzierung der notwendigen Investitionen aus diesem Grund nicht mehr selbst schaffen, werden als Ausweg die heute kommunal organisierten Wasserver- und -entsorgungsbetriebe an Großinvestoren verkauft. Ich weiß nicht, was Sie davon halten, aber ich schließe eindeutig daraus: Die Wasser­wirtschaft soll in Zukunft privatisiert werden.

Im Prinzip wird von dieser Bundesregierung die Belastungspolitik fortgeführt, wie man daran sieht.

Mit dieser Novelle wird somit nicht mehr der hohe Stand der Wasserreinhaltung in Österreich garantiert, und darüber hinaus gibt es weiterhin auch eine unzureichende Grund­wassersanierung. Auch deshalb lehnen wir Sozialdemokraten diese Gesetzes­vorlage ab. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


13.48

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich habe mich zur Wasser­rechts­gesetz-Novelle 2003 zu Wort gemeldet, weil mir als Waldviertler Bäuerin das Wasser und somit die Trinkwasserqualität ein großes Anliegen sind.

Ich kann mich noch an meine Kindheit erinnern, daran, dass wir einen Hausbrunnen hatten – die öffentliche Wasseraufbereitung kam erst später. Wir hatten ständig


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Wasserknappheit. Damit wurde mir von klein auf eingeprägt, sparsam und sorgsam mit dem Wasser umzugehen. Die Achtung davor blieb mir bis heute erhalten, und ich ver­suche, das auch an meine Kinder weiterzugeben.

In der Landwirtschaft denken wir stets im Zeitraum von Generationen und an einen sorg­samen Umgang mit unseren Ressourcen, sozusagen mit Grund und Wasser, weshalb wir auch an vielen Umweltprogrammen teilnehmen. Das zeigt auch der Schnitt: Österreich ist eigentlich jenes Land, das EU-weit die meisten Umweltpro­gram­me durchführt.

Der Mensch besteht größtenteils aus Wasser; so bedeutet Wasser Leben. Daher darf unser Wasser, unser Leben nie zum Spielball bei Verhandlungen werden. Wir müssen die Entscheidungen über unser Wasser in österreichischer Hand belassen, bei der österreichischen Bevölkerung und somit auch bei unserer Politik. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Wir haben für unser Wasser die Verantwortung wahr­zunehmen. Wir haben heuer das Jahr ... (Zwischenruf bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist ihre erste Rede! – Bundesrätin Kerschbaum: Die zweite! – Bundesrat Boden: Zählen können wir selber auch! – Weitere Zwischenrufe.) – Die zweite.

Meine Damen und Herren! Wir haben die Verantwortung für unser Wasser wahrzu­nehmen. Wir haben heuer das Jahr des Wassers, und unser Minister Dipl.-Ing. Pröll und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel haben gemeinsam die rot-weiß-rote Was­ser­charta herausgegeben und sich öffentlich zu unserem kostbaren Gut Wasser bekannt, und das finde ich wichtig.

Den bisher schon sorgsamen Umgang mit Wasser bei uns zeigen uns einige Eckdaten: 99 Prozent unserer Bevölkerung können durch Quell- und Grundwasser versorgt werden. 86 Prozent unserer Haushalte sind an öffentliche Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen. 87 Prozent unseres Fließwassers haben Güteklasse II,1998 waren es nur 81 Prozent. In diesem kurzen Zeitraum haben wir solch eine Steigerung geschafft. Ich traue mich zu behaupten, dass uns die Wasserrechtsgesetz-Novelle, die wir heute beschließen, einen weiteren Qualitätssprung verschafft.

Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2000 völlig neue Wege in der europäischen Gewässerpolitik eingeschlagen, denn nun soll europaweit der Gewässerschutz auf ein einheitliches Niveau gebracht werden. Dies ist vor allem angesichts der EU-Erweiterung von großer Bedeutung, denn die neuen Mitgliedstaaten müssen ebenfalls die Wasserrahmenrichtlinien umsetzen. Wir gehen in Richtung einer ganzheitlichen Sicht der Flussräume, ohne Abgrenzung wie bisher, sondern fluss­bezogen von der Quelle bis zur Mündung. Wir denken grenzüberschreitend, denn Um­welt- und auch Wasserverschmutzung machen vor nationalen Grenzen nicht halt.

Die Wasserrahmenrichtlinie stellt eine Planungsrichtlinie dar, die keine starren Vor­gaben zur Erreichung der Ziele enthält. Die verbindlichen ökologischen Ziele sollen durch Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne für die Flusseinzugsgebiete erreicht werden, wobei nun Umwelt- und Naturschutzverbände, Gemeinwirtschaft und auch Bürger mit einbezogen werden. Alle sollen sich aktiv beteiligen können, um unser kostbares Wasser zu schützen, denn wir wollen alle Gewässer schützen, egal ob Bäche, Seen, Feuchtgebiete oder Moore.

Für mich als Waldviertlerin stellt sich auch oft die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, lange Wasserleitungen durch den Granit zu legen, ob das wirklich die besten Lösungen sind.

Die Eckpunkte dieser Novelle sind Rahmenbedingungen, wobei der ganzheitliche Lösungsansatz nun im Mittelpunkt steht. Da ist insbesondere, glaube ich, der ländliche Raum gefordert, seine Gestaltungsmöglichkeiten offensiv zu nützen, damit wir in


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Zukunft die effizientesten Lösungen sowohl betreffend Ökologie als auch Ökonomie erzielen.

Ein wichtiger Punkt, den du auch schon angesprochen hast, ist das Verschlech­terungs­verbot, damit wir auch in Zukunft sauberes Wasser haben, denn es ist unser größtes Kapital sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Wirtschaft und den Fremden­verkehr. Durch die neue Wasserrechtsgesetz-Novelle stellen wir die hohe Wasser­qua­lität langfristig sicher, denn wir wollen Vorsorge treffen für unsere Kinder, damit sie die gleiche Wasserqualität haben wie wir. Wir wollen schützen und nicht später sanieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.54

 


Präsident Hans Ager: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kersch­baum. Ich erteile es ihr. (Bundesrat Boden: Die erste Rede? – Bundesrätin Kersch­baum – auf dem Weg zum Rednerpult –: Meine erste Rede zu diesem Thema!)

 


13.54

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister – meine erste Rede zu Ihnen offensichtlich. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen den Herrn Minister zitieren, und zwar aus seiner Rede zum Nationalrat zu diesem Thema, den Schlusssatz – es ist eigentlich nur ein Satz –:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf diese drei Fragen: Schutz des Wassers vor den Menschen, Schutz der Menschen vor dem Wasser und wie nutzen wir zukünftig Wasser, gibt diese Wasserrechtsgesetz-Novelle die richtige Antwort.“

Für mich sind ein paar Antworten nicht ganz richtig, die Kollegin von der Sozial­de­mokratischen Partei hat schon sehr viel davon angeführt, daher erspare ich mir das.

Zum Punkt Schutz des Wassers vor den Menschen: Bisher musste alle drei Jahre ein Gewässerschutzbericht abgeliefert werden. Jetzt gibt es einen Bericht an die Europäische Union über Nitratbelastung, Gewässergüte et cetera, dieser wird aller­dings nur alle sechs Jahre abgeliefert. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.) Aber wir werden auch nicht so oft erfahren, wie es mit unseren Gewässern ausschaut.

Es gibt auch in diesem Bereich den Begriff „Stand der Technik“, und auch dieser Begriff wurde angepasst, und zwar an die Gewerbeordnung. Früher war im Was­serrecht der „Stand der Technik“ der höchste Stand der Technik, künftig werden auch Kosten und Nutzen mit eingerechnet.

Was mir auch ein Dorn im Auge ist: Diese Novelle zielt genau auf die zentrale Ab­wasserentsorgung ab und lässt wieder kaum Spielraum für die dezentrale Abwasser­entsorgung, die aber gerade im ländlichen Raum sehr wichtig wäre und auch Kosten sparen würde.

Das sind die falschen Antworten für mich im Bereich Schutz des Wassers vor den Menschen, aber auch im Bereich Schutz des Menschen vor dem Wasser gibt es welche. Wir haben voriges Jahr ein sehr schlimmes Hochwasser gehabt, es war ein 200-jähriges Hochwasser, aber nichtsdestotrotz werden jetzt die Abflussgebiete für Hochwasser mit den Werten für ein 30-jähriges Hochwasser festgelegt und nicht mit jenen eines 100-jährigen. Es ist darüber, soviel ich weiß, ziemlich lange diskutiert worden.

Wir haben auch in Korneuburg eine Fläche, die jetzt gewidmet werden soll, beim 30-jährigen als Maßstab kann sie gewidmet werden, beim 100-jährigen gäbe es Probleme. Wir werden sehen, wer die Schadenskosten tragen wird, sollte es irgendwann eine Überschwemmung in diesem Gebiet geben.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 215

Auch der ökologische Hochwasserschutz fehlt mir in diesem Gesetz.

Nun zu dem Thema, wie wir künftig unser Wasser nützen werden: In Niederösterreich ist es offensichtlich möglich, dass Wasser aus dem tschechischen Naturschutzgebiet, nämlich im Thayatal, entnommen wird, um es zur Bewässerung der Retzer Weingärten zu verwenden oder vielleicht damit auch ein paar Golfplätze zu bewässern. Ich weiß nicht, wie weit es dazu schon eine Anfragebeantwortung gibt. Nach meinen Infor­mationen soll es so sein. Ich hoffe aber, dass das nicht die richtige Antwort darauf ist, wie wir künftig das Wasser nützen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Bundesrat Ing. Klamt. Ich erteile ihm dieses.

 


13.58

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wasser ist Leben. Wasser ist ein hohes, wenn nicht sogar das höchste Gut und muss auch den höchstmöglichen Schutz erhalten.

Meine Heimatstadt Villach ist von Bergen umgeben, von Bergen umrahmt (Bundesrat Manfred Gruber: Villacher Bier!), hat natürlich auch ein gutes Bier (Bundesrat Manfred Gruber: Gutes Wasser vor allem!), weil das Wasser sehr gut ist, und diese meine Heimatstadt Villach hat dadurch naturgemäß ein sehr großes Wasserangebot. Wir sind in der glücklichen Lage, dass auch das Brauchwasser bei uns noch Trinkwasser ist.

Im nahe gelegenen Italien sieht die Situation schon anders aus. Dort, wo die Berge en­den und die Ebene beginnt (Bundesrat Gasteiger: Ist das dort, wo der Haider Ehren­bürger ist?), gibt es Gebiete, wo das aus den Wasserhähnen austretende Wasser keine Trinkwasserqualität aufweist. Trinkwasser wird dort, meine sehr verehrten Da­men und Herren – für Italienbesucher jederzeit nachvollziehbar –, in Flaschen abgefüllt und „gassata“ oder „non gassata“ angeboten.

Um nicht in eine derartige Situation abzudriften, bedarf es auch in unserer bevorzugten Lage wesentlicher Anstrengungen. Der Villacher Wasserspender, nämlich unser Haus­berg, der Dobratsch, wird daher im großflächigen Einzugsgebiet der Quellen seit ge­raumer Zeit besonders geschützt. Es wurde auch der Schibetrieb stark reduziert, weil wir ganz einfach kein Risiko eingehen wollen.

Was will ich damit sagen? – Die Österreicherinnen und Österreicher wissen nach mei­ner Erfahrung den Wert unseres Wassers wirklich zu schätzen. Unser öster­reichisches Wasserrecht war in diesem Sinne wirklich immer im Spitzenfeld unter den euro­päischen Wasserrechten zu finden.

Unter dem gegenständlichen Tagesordnungspunkt befassen wir uns mit einem Be­schluss des Nationalrates, mit dem die Zielsetzungen der EU-Wasserrahmenrichtlinien umgesetzt werden. Ein sehr starkes, bereits bestehendes Fundament wird adaptiert, armiert und zukunftsorientiert abgesichert. Natürlich fordert die Opposition – das ist selbstverständlich, und das ist auch das Recht der Opposition – immer noch Ver­besserungen ein und sieht keinen besonderen Sinn in einer Passage, die Kosten und Nutzen gegenüberstellt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kosten und Nut­zen bei der Definition des Standes der Technik sollten auch zum Wohle unserer Bevöl­kerung immer eine wesentliche Rolle spielen.

Ich meine, dass wir grundsätzlich mit den Gesetzesadaptierungen auf dem richtigen Weg sind. Wir haben einen sehr anspruchsvollen Weg gewählt und sollten diesen Weg


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 216

konsequent verfolgen. In diesem Sinne: Die freiheitliche Fraktion wird bei der Abstim­mung über Tagesordnungspunkt 41 ihre Zustimmung geben. (Beifall bei den Freihei­tlichen und der ÖVP.)

14.02

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll. Ich erteile dieses.

 


14.02

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zur Wasserrechtsgesetz-Novelle Stellung nehmen, weil sie für die Ausrichtung der österreichischen Wasserpolitik in Zukunft eine ganz entscheidende Weichenstellung, ich möchte sagen, ein Meilenstein ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Union hat mit der Wasser­rah­menrichtlinie völlig neue Wege angedacht: zuerst den Ist-Zustand im Bereich der europäischen Gewässer zu evaluieren, dann ein begleitendes Monitoring und schlussendlich Maßnahmenpakete vorzubereiten. Wir müssen diese Wasserrahmen­richt­linie – und ich sage, wir dürfen, weil sie richtungsweisend ist – national entspre­chend umsetzen. Das Wasserrechtsgesetz, das wir heute hier beraten, ist die Um­setzung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Bereich Wasserpolitik eine sehr hohe Verantwortung. 99 Prozent der österreichischen Bevölkerung werden aus Quell- und Grundwasser versorgt – weltweit einzigartig! 86 Prozent unserer Bevöl­kerung sind an Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen. Daher ist es möglich, dass wir in allen österreichischen Seen Badewasserqualität haben, in den meisten davon Trinkwasserqualität. Es ist nicht einklagbar, wenn die Österreich-Werbung plakatiert: Baden Sie in Österreich im Trinkwasser! Viele Staaten würden sich diesen Umstand nur ansatzweise wünschen; entscheidend dazu beigetragen hat das Wasserrechts­gesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wasserrechtsgesetz-Novelle bringt auch in ökologischer Hinsicht – vor allem in ökologischer Hinsicht! – neue Meilensteine. Erstmals gibt es klar und deutlich definiert ein Verschlechterungsverbot mit klaren ökologischen Kriterien. Wir werden – das stimmt – nur mehr alle sechs Jahre einen na­tionalen Gewässerbewirtschaftungsplan vorzulegen haben und nicht, wie jetzt, alle drei Jahre, aber wir richten ein Wasserinformationssystem Austria, kurz WISA, ein, damit laufend der Zustand, die Datenlage zum Bereich Wasser beobachtet werden können. Wir etablieren ein laufendes Wasserinformationssystem, und das hat es bis jetzt nicht ge­geben. Daher wundert es mich auch, dass dieser Novelle trotz der klaren neuen ökologischen Ausrichtung, trotz mehr Transparenz nicht einhellig zugestimmt werden kann.

Wir werden zukünftig einen neuen Ansatz gestalten, nämlich das Flussgebiet mit ein­beziehen, weit über regionale Abgrenzungen hinaus denken, gesamtheitlich, gemein­sam, über Staatsgrenzen hinweg, europäisch Wasserbewirtschaftung betreiben. Das wird einen entsprechenden Qualitätssprung auch für die österreichischen Gewässer bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf den Vorwurf eingehen, wir hätten diese Wasserrechtsgesetz-Novelle überfallsartig, zu schnell, so, glaube ich, wurde gesagt, durchgepeitscht. Ich sage Ihnen ganz offen: Die Wasserrahmenrichtlinie ist jetzt zweieinhalb, drei Jahre alt. Seit dem ersten Tag diskutieren wir in einem offenen Dialog die Ausrichtung der Wasserrechtsgesetz-Novelle. Sie war sechs Wo-


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chen in Begutachtung. Wir haben allen Klubs Expertenhearings angeboten; manche haben das sehr früh sehr intensiv wahrgenommen, manche erst später und kurz vor der Beschlussfassung. Wir haben auf absolute Transparenz gesetzt, weil Wasserwirt­schaft, Wasserbewirtschaftung eine nationale Herausforderung ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehr auf Transparenz kann man bei einer Gesetzwerdung gar nicht mehr setzen. Ich verstehe daher nicht, weshalb diesem gemeinsamen Konsens nicht weit mehr Zustimmung gegeben werden kann.

Es stimmt, wir haben drei Geschäftsfelder in der Wasserrechtsgesetz-Novelle als po­litische Ziele abgedeckt.

Erstens: Wie schützen wir zukünftig das Wasser vor der Gefahr Mensch? – Die Was­ser­rechtsgesetz-Novelle gibt die Antwort darauf, Punkt für Punkt. Ein Verschlechte­rungsverbot steht über allem. Wir haben in der Güteklasse 2 innerhalb von fünf Jahren eine Verbesserung von 81 Prozent auf 86 Prozent erreichen können, und mit der Was­ser­rechtsgesetz-Novelle werden wir das noch weiter ausbauen.

Zweitens: Wie schützen wir zukünftig den Menschen vor der Gefahr Wasser, Beispiel Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr? Wir setzen auch im Hochwasserschutz ganz gezielt stärker auf Retentionsräume, auf ökologische Ausrichtung und Kriterien. Auch das gibt die Wasserrechtsgesetz-Novelle vor, sie eröffnet diese Methode.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin Kerschbaum! Wenn Sie von einer dezentralen Ab­was­serentsorgung in den ländlichen Räumen sprechen, dann dürfte Ihnen entgangen sein, dass ein Entschließungsantrag beschlossen wurde, den ich an dieser Stelle nur kurz skizzieren und umreißen möchte, was er aussagt:

Dort, wo die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt ist – Extremkosten! –, nicht möglich ist, soll man individuelle Systeme und andere geeignete Maßnahmen bei gleichem Umweltschutzniveau überlegen, soll man überlegen, alternative Reinigungs­verfahren, Pflanzenkläranlagen und andere praktikable Modulare, Klein- und Kleinst­kläranlagen zu machen. – Das ist die Antwort für den ländlichen Raum; Ent­schließungs­antrag, eingebracht im Nationalrat.

Ich darf Ihnen noch eine Antwort geben auf Ihre zweite Frage nach der Nutzung tsche­chischen Wassers. Ich kenne das Problem nicht genau, ich weiß nur, dass ein wasserrechtliches Behördenverfahren in Tschechien läuft. Es geht nicht um die Nutzung aus dem Nationalpark – Sie sprechen konkret den Nationalpark an, Frau Bundesrätin –, nach meinem Wissensstand geht es nicht um die Nutzung aus Gewäs­sern des Nationalparks. Die tschechischen Behörden haben auf Basis ihres Wasser­rechtsgesetzes und ihrer Bedingungen zu entscheiden, wie hier vorzugehen ist. Dieses Verfahren ist anhängig und läuft, soweit mir jedenfalls bekannt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dritter Punkt: Wie nützen wir zukünftig Was­ser? – Ich sage Ihnen hier ebenfalls ganz offen: Das Wasserrechtsgesetz gibt das ganz klar vor. Wir nützen derzeit 3 Prozent der österreichischen Wasserressourcen, des österreichischen Wasserdepots, und das Wasserrechtsgesetz wird auch in Zukunft all jenen, die Wasser nützen wollen, ob das Kommunen, private Quellbesitzer oder Sonstige sind, ganz klar vorgeben, wann wer wo und wie in welchem Ausmaß Wasser nützen darf. Wir haben an dieser Linie nichts geändert. Die österreichische Was­sercharta, übertitelt mit „Unser Wasser – unsere Zukunft“, gibt darauf auch politisch punktuell die Antworten.

Wir haben in Österreich in der Vergangenheit die Ressource Wasser hervorragend bewirtschaftet, das zeigen alle internationalen Vergleiche. Und ich sage Ihnen: Die Wasserrechtsgesetz-Novelle, die wir heute beraten, wird uns noch einmal einen quali-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 218

ta­tiven Sprung nach vorne bringen. Sie ist die Antwort auf die zukünftige Wasserpolitik Österreichs. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.09

 


Präsident Hans Ager: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Hermann Haller. Ich erteile dieses.

 


14.10

Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident Hans Ager! Herr Minister Josef Pröll! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wasser als essentieller Bestandteil unseres Lebens – gehen wir damit richtig und verantwor­tungsvoll um! Ich glaube, darin sind wir uns einig, das möchte und will jeder.

Wenn man die wunderbare und abwechslungsreiche Landschaft Österreichs durchfährt beziehungsweise durchwandert, merkt man, dass zu den größten Schätzen unseres Landes gesundes und frisches Wasser gehört. Mit diesem Gedanken muss man richtig umgehen.

Ihnen, Frau Kollegin Elisabeth Kerschbaum, möchte ich sagen, dass sie wieder einmal einen typischen Fehler der Grünen begangen hat. Heute sprechen Sie davon, keine Pflanze zu gießen, um Wasser zu sparen. Sie haben gefragt, weshalb Reben bezie­hungsweise landwirtschaftliche Produkte bewässert werden. (Bundesrätin Kersch­baum: Mit Wasser aus dem Naturschutzgebiet! Das ist das Problem!) – Minister Pröll hat Ihnen eine klare Antwort gegeben: 3 Prozent des österreichischen Wasser­vorkom­mens werden gebraucht, 97 Prozent sind noch in Reserve. Sie müssen, wenn Sie eine wahre Grüne sind und wirklich großflächig für die Natur denken, auch für das Leben der Pflanzen ein Einsehen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher wurde die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union auch beschlossen: weil Wasser keine Grenzen hat, weil Wasser einfach für alle da sein muss, weil dafür gesorgt werden muss, dass es gesund und nachhaltig in aus­rei­chendem Ausmaß zur Verfügung steht.

Während früher der Schutz des Wassers vor Schadstoffimmissionen im Vordergrund stand, gibt es nunmehr die Abstimmung ökologischer, ökonomischer und sozialer As­pekte für einen umfassenden Planungsprozess.

Weiters ist das Gesetz ein Beweis für den Hausverstand, was gerade im Bereich der Abwasserentsorgung im ländlichen Bereich wichtig ist. Nunmehr wird nämlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend berücksichtigt. Kleine Gemeinden haben bisher hohe Kosten für Abwasserentsorgung aufbringen müssen und waren hoch verschuldet. Vorfluter führen oft zu wenig Wasser, gerade im Weinviertel, und daher wäre die Sinnhaftigkeit einer Wasserentsorgung ob der hohen Kosten oft zu hin­terfragen gewesen.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals die Ausführungen des Tiroler Landes­haupt­man­nes in Erinnerung bringen. Brüssel sollte im Bereich Wasser nicht den gleichen Fehler machen wie beim Verkehr. Wasser ist ein Gut der Daseinsgrundlagenvorsorge und wichtig für den Tourismus. Trinkwasser in Verkehr bringen sollte nicht Gegenstand der GatT-Verhandlungen werden. Einstimmigkeit der EU in allem, was das Wasser betrifft, wäre gut, weil das wirklich ein essentielles Thema für Österreich und den österreichischen Tourismus ist.

Im Jahr des Wassers 2003 sollte dies aber nicht heißen, dass Bestehendes nicht ver­besserungswürdig wäre. Mit der vorliegenden Wasserrechtsgesetz-Novelle werden die EU-Richtlinien umgesetzt und erstmals ein flächendeckender Gewässerschutz in der Europäischen Union eingeführt. Damit müssen alle Gewässer bis zum Jahr 2015 in einen ökologisch guten Zustand gebracht werden. Durch das Verschlechterungsverbot


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 219

darf sich aber auch der Ausgangszustand der Gewässer wie zum Beispiel in Österreich nicht negativ verändern.

Wasser wird immer ein hochaktuelles Thema sein; denken Sie nur an das Vorjahr. Leichtsinniger Umgang mit Flussregulierungen und Umwidmungen – Erfolg: Hochwas­serkatastrophe und verstärkte Schäden; nunmehr längere Trockenperioden und immer heftiger ausartende Gewitter – Ergebnis von leichtsinnigem Umgang mit Klima und Umwelt. – Das ist bestimmt richtig, und ich als Landwirt unterstütze das, aber man darf das Ganze nicht kleinkariert sehen. Ich vertraue hier wirklich dem Umwelt- und Was­serressort, wie Josef Pröll es führt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­li­chen.)

14.14

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

 42. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003) (74 und 167/NR sowie 6843/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 42. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Vincenz Liechtenstein: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umwelt­informationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003).

Der Bericht liegt allen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer. Ich erteile ihr dieses.

 


14.15

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mit der vorliegenden Novelle des Umweltinformationsgesetzes soll die Gewerbeordnung mit neu eingeführten Störfallregelungen berücksichtigt und die Se­veso-II-Richtlinien umgesetzt werden. Da es dabei zu einer Einschränkung der Infor-


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mationspflichten der meldepflichtigen Betriebe kommt, führt diese Novelle bei Anlagen mit gefährlichem Potential zu einer unvertretbaren Risikoerhöhung.

Die meldepflichtigen Betriebe müssen auf Grund dieser Novelle anstatt wie bisher alle zwei Jahre in Zukunft nur noch alle fünf Jahre Störfallinformationen vorlegen. Vor allem bei Anlagen mit gefährlichen Stoffen sind die Risiken gegeben, dass es innerhalb der Meldefrist zu enormen Störfällen kommen kann. Auch wenn es heißt, es kann zu Störfällen kommen, ist die Frist von fünf Jahren nicht vertretbar. Dies ist eine Ver­schlechterung, die vor allem für unsere Bevölkerung so gravierend ist, dass all die positiven Aspekte, die es in dieser Novelle durchaus gibt, überdeckt werden; positive Aspekte wie zum Beispiel die Festlegung, dass die örtlich zuständigen Raumplanungs- und Baubehörden in Zukunft in jedem Fall in die Störfallinformationen einbezogen werden müssen. Auch der Abbau von Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung ist als positiv zu erwähnen.

Ein kurzer Satz noch zum allgemeinen Teil der Erläuterungen in dieser Regierungs­vorlage. Wenn Sie der Meinung sind, dass allein die Verlängerung des Informations­intervalls den Verwaltungsaufwand verringert, dann, meine Damen und Herren, in die­sem Fall der Regierungsparteien, versuchen Sie mit dieser angeblichen Einsparung ein Gesetz zu verschönern. Eigentlich bräuchten wir zum Schutz einer sinnvollen Um­weltinformation sowie zum Schutz der Menschen und der Natur mehr Informationen und nicht weniger! Das bisschen Mehr an Verwaltungsaufwand und damit ein Mehr an Sicherheit müssen wir uns als Republik Österreich für unsere Wirtschaft leisten können.

Zusammenfassend muss man sagen: Diese Novelle dient zwar dem Abbau von Dop­pelgleisigkeiten in der Verwaltung, verschlechtert aber andererseits die Berichts­pflich­ten der Betriebe. Dem Umweltschutz und den zu schützenden Menschen wird so ein schlechter Dienst erwiesen. Wir als Sozialdemokraten können diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.19

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. Ich erteile es ihm.

 


14.19

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Auer hat be­reits auch auf die positiven Aspekte im vorliegenden Gesetzentwurf hingewiesen: Ab­bau von Doppelgleisigkeiten, Entbürokratisierung, Einbindung der Raumplanungs- und Baubehörden. Grundsätzlich geregelt im Umweltinformationsgesetz und in der Gewer­beordnung ist die Information der Öffentlichkeit bei eventuellen Störfällen im betrieb­lichen Bereich – bisher allerdings in unterschiedlicher Terminologie.

Zu den wesentlichen Verbesserungen, Frau Kollegin, die Sie nicht erwähnt haben, zählt erstens die Harmonisierung der Störfallregelung des Umweltinformationsgesetzes mit der Seveso-II-Richtlinie und dem gewerblichen Industrieunfallrecht. – Ein wesent­licher Schritt.

Zweitens: die Umsetzung der Informationsbestimmungen nach der Seveso-II-Richtlinie.

Drittens: die Informationspflicht bei grenzüberschreitenden Auswirkungen. Ich denke, es ist doch auch sehr wesentlich – nicht nur aus nationaler, sondern auch aus inter­na­tionaler Sicht –, wenn wir, auch umgekehrt, vom Ausland informiert werden, wenn jen­seits der Grenze etwas passiert ist. Denken wir nur an die Diskussion mit den Atom­kraftwerken!


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Ich glaube, wir sollten – weil immer nur die Gesetze angesprochen werden – auch bei diesem Gesetz nicht vergessen, dass wir mit unserem täglichen Verhalten einen we­sentlichen Beitrag zu einer Verbesserung leisten können. Ich sage das auch auf die Gefahr des Vorwurfes hin, dass ich damit vielleicht ein Thema angesprochen habe, das nur in einem indirekten Zusammenhang mit dem Gesetz steht. Es sind genug – ich denke dabei an den Energiebereich – „rollende Bomben“ unterwegs, die wir längst ent­schärfen könnten, wenn wir mehr der Biomasse zusprechen würden (demonstrativer Beifall der Bundesrätin Kerschbaum), wenn wir die Waldreserven besser nützen würden und weniger Öl- und Gastanker auf den Straßen unterwegs wären.

Weil ich es gerade heute gelesen habe, Herr Minister: Der Tanker „Prestige“ an der spanischen Küste auf das Meer hinausgeschleppt, Forderungen im Ausmaß von Milliarden-Euro-Beträgen an die Betreiber, auch die EU-Kommission wurde damit befasst – das sind die Folgen und die Kosten des Fehlverhaltens im Energie- und Umweltbereich. Ich denke, auch hier sollten wir daran denken, nicht nur an einer we­sentlichen Verbesserung des Gesetzes zu arbeiten, sondern auch an unserem Ver­halten.

Ich beziehungsweise unsere Fraktion, wir sind von der Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes und der damit bewirkten Verbesserungen überzeugt, und wir werden der vorliegenden Umweltinformationsgesetz-Novelle 2003 daher die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.21

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum. Ich erteile ihr dieses.

 


14.22

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Steinbichler! Immer wenn du vom Thema abkommst, kann ich dir wirklich voll und ganz Recht geben. Aber das hat wieder nichts mit dem Thema zu tun gehabt, denn es ist leider nicht im Umweltinformationsgesetz fest­geschrieben, dass wir mehr erneuerbare Energien produzieren könnten. Das wäre super – und dann würde ich auch zustimmen. Aber das steht leider nicht drinnen.

In diesem Gesetz steht drinnen, dass die Umweltinformation nicht mehr, so wie früher, alle zwei Jahre stattfinden soll, sondern alle fünf Jahre. Wenn ich so an diverse Wahlversprechen denke, die hin und wieder abgegeben werden, dann muss ich feststellen, dass das Erinnerungsvermögen sicher nicht so lange vorhanden ist, dass man sich fünf Jahre lang an etwas erinnern kann. Das haben wir schon des Öfteren erlebt. (Bundesrat Fasching: Das kann schon nach drei Jahren ...!) – Da kann man auch schon nach drei Jahren Pech haben. Ja, das stimmt.

Auf EU-Ebene ist die Richtlinie, die dieses Gesetz betrifft, meines Wissens fertig. Bei uns ist die Umsetzung noch nicht ganz erfolgt, es fehlt noch ein Teil: Es fehlt noch die Information im Lebensmittelbereich beziehungsweise was die Kontaminierung von Lebensmitteln betrifft. Das ist auch ein Bereich, der sehr wichtig ist und der in dieses Gesetz hineingehört. Es ist mir nicht ganz erklärbar, und es scheint mir nicht wirklich sinnvoll, das in zwei Tranchen zu beschließen. Ich verstehe nicht, warum man das nicht auf einmal machen kann.

Es gibt in diesem Zusammenhang sicher auch einige positive Dinge, aber der Reduzierung von Information durch ein Umweltinformationsgesetz kann ich leider nicht zustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

 


Präsident Hans Ager: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 222

14.23

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge dieses Tages­ordnungspunktes befassen wir uns mit Änderungen zum Umweltinformationsgesetz. Ziel dieser Änderungen ist einerseits, eine EU-Richtlinie, die so genannte Seveso-II-Richtlinie, umzusetzen, und andererseits, eine Harmonisierung zur Gewerbeordnung und zur Industrieunfallverordnung zu erreichen.

Dieses Ziel wird mit den zur Debatte stehenden Änderungen im Umwelt­informa­tions­gesetz erreicht. Die Störfallinformationsbestimmungen des Umweltinformations­geset­zes werden an die Seveso-II-Richtlinie angepasst, und die neuen Bestimmungen im Abschnitt 8a führen zur Abstimmung mit der Gewerbeordnung und der Industrie­unfall­verordnung. Die örtlich zuständigen Raumplanungs- und Baubehörden werden in die Störfallinformation einbezogen, was eine eindeutige Qualitätsverbesserung darstellt.

Der über die Gesetzesänderungen ausgelöste Abbau von Doppelgleisigkeiten in der Ver­waltung sei in diesem Zusammenhang ebenfalls positiv erwähnt.

Ich bin der Auffassung, dass die Gesetzesänderungen als durchaus gelungen zu betrachten sind, und sie werden daher die Zustimmung der freiheitlichen Fraktion im Bundesrat finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.25

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

43. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Qualitätsklassengesetz und das Forstgesetz 1975 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2003) (117 und 157/NR sowie 6797/BR und 6844/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Hermann Haller übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Hermann Haller: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzen­schutzgesetz 1995, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futter­mit­tel­gesetz 1999, das Qualitätsklassengesetz und das Forstgesetz 1975 geändert wer­den (Agrarrechtsänderungsgesetz 2003).


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 223

Der Inhalt des Berichts, sehr geehrte Damen und Herren, liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag:

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Be­ratung der Vorlage vom 21. Juli 2003 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ernst Winter. Ich erteile ihm dieses.

 


14.27

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich sind die einzelnen Maßnahmen dieser Sammelnovelle sachlich gerechtfertigt und daher auch zu begrüßen. Das betrifft das Forstgesetz, bei dem eine Anpassung an die Neu­regelung bei anmeldepflichtigen Rodungen für Forstorgane erfolgt, sowie das Pflan­zenschutzgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermit­tel­gesetz und das Qualitätsklassengesetz, in deren Rahmen EU-Anpassungen sowie Anpassungen an das neue Bundesministeriengesetz umgesetzt werden.

Diese Richtlinien enthalten unter anderem neue Vorschriften für die Einfuhr von Pflanzen und auch von Pflanzenerzeugnissen aus Drittländern. Mit dieser Novelle soll deshalb auch eine ordnungsgemäße Vollziehung beim Export bestimmter Pflanzen­erzeug­nisse gewährleistet werden.

Im Forstgesetz soll klargestellt werden, dass die Verpflichtung zur Wiederbewaldung sowie die Durchführung von Forstschutzmaßnahmen den Waldeigentümer trifft.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, es wurde von Abgeordneten der Regie­rungs­parteien kurzfristig ein umfangreicher Abänderungsantrag eingebracht, der aus Zeit­gründen von den Oppositionsparteien weder überprüft noch zur Begutachtung versandt werden konnte.

Wir Sozialdemokraten können diese Vorgangsweise natürlich nicht akzeptieren und werden daher auch unsere Zustimmung zu diesem Gesetz nicht erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

14.29

 


Präsident Hans Ager: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Höfinger. Ich erteile es ihm.

 


14.29

Bundesrat Johann Höfinger (ÖVP, Niederösterreich): Ich muss das Rednerpult etwas herunterlassen, ich bin nicht ein so großer Redner wie mein Vorgänger. (Bundesrat Gasteiger: Das ist ein schönes Kompliment!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr ge­ehr­ten Damen und Herren! Zunächst, Herr Präsident, meinen herzlichen Glückwunsch zu deiner Bestellung als Präsident! Ich wünsche dir alles Gute für den Verlauf deiner Sitzungen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich zunächst, da dies mein erster Debattenbeitrag in diesem Haus ist, meinen Respekt vor der Geschichte dieses Hauses, vor allem aber vor jenen Menschen, die hier in diesem Hause gewirkt haben, zum Ausdruck bringe. Lassen Sie mich jenen Menschen meine Anerkennung für ihre Leistungen aussprechen, die dieses Land von schwierigen und schwierigsten Zeiten,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 224

die es erleiden musste, zu diesem Wohlstand geführt haben, den wir heute genießen können – einem Wohlstand, der für uns selbstverständlich geworden ist, wobei wir uns aber dessen bewusst sein müssen, dass diese Tatsache nicht automatisch eine Ze­mentierung für alle Zeiten bedeutet, sondern dass wir über alle Parteigrenzen hinweg bemüht sein müssen, diese Lebensqualität zu sichern und weiterzuentwickeln. Ich werde mich bemühen, auch von meiner Seite einen entsprechenden Beitrag dazu zu leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dem nun vorliegenden Beschluss des National­rates zum Agrarrechtsänderungsgesetz, welcher die Themen Pflanzenschutz, Gesund­heits- und Ernährungssicherheit, Futtermittelgesetz, Qualitätsklassengesetz und Forst­gesetz beinhaltet, handelt es sich um EU-Anpassungen, deren Umsetzung richtig und wichtig ist und die Zustimmung von uns allen finden sollte.

Bei der Änderung des Pflanzenschutzgesetzes geht es um neue Vorschriften für die Einfuhr von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen aus Drittländern, die zur Umsetzung einer diesbezüglichen EU-Richtlinie notwendig sind. Die Eindämmung der Einschlep­pung und der Ausbreitung von Schädlingen sowie Krankheitserregern ist ein wesent­licher Bestandteil dieser Richtlinie. Es gibt auch eine Gleichstellung im Zusammenhang mit Holzverpackungen und -gütern beim Export, angepasst an die Betriebe der an­deren Mitgliedstaaten. Dies betrifft insbesondere Paletten, Kisten und Staumaterial aus Holz und ist ein wichtiger Beitrag zur Wettbewerbsgleichheit.

Geändert wurde auch das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, bei dem es hauptsächlich um die Verwaltungsvereinfachung sowie um einheitliche Tarife für land­wirtschaftliche Betriebsmittel geht.

Verwaltungsvereinfachungen erwarten wir uns unbestritten auch beim Futtermittel­ge­setz, ebenso wie Kosteneinsparungen durch die Übernahme sämtlicher Vollzugsaufga­ben im Futtermittelbereich durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Er­nährungssicherheit.

Im Qualitätsklassengesetz geht es um Rechtsanpassungen hinsichtlich der Ein- und Ausfuhrkontrolle.

Beim Forstgesetz werden einerseits EU-Richtlinien umgesetzt, und auf der anderen Seite werden redaktionelle Veränderungen adaptiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat gemeint, auf Grund des Abän­derungsantrages, der im Nationalrat eingebracht wurde, auf Grund der kurzen Zeit, die zur Verfügung stand, konnte die Zustimmung damals nicht erteilt werden. Natürlich ist es nicht so einfach, das in wenigen Minuten zu erfassen; aber wenn ich bedenke, dass seit dem Beschluss dieses Gesetzes am 8. Juli im Nationalrat 16 Tage vergangen sind und Sie genug Zeit gehabt hätten, sich mit der Materie auseinander zu setzen, und eigentlich erkennen hätten können, dass dieser Abänderungsantrag, der dazu einge­bracht wurde, enorm wichtig ist und ein guter und richtiger Schritt ist, dann hätte ich mir erwartet – und ich erwarte es mir noch immer –, dass Sie heute diesem Gesetz zustim­men werden. (Bundesrat Winter: Macht es rechtzeitig! Entschuldigung, bitte! Hättet ihr es rechtzeitig gemacht!)

Kritisiert wurde der Punkt, dass insbesondere der Konsument eigentlich nicht mehr das Recht und die Möglichkeit einer guten Absicherung in diesen Bereichen hat. Da möch­te ich auf eines hinweisen, weil es immer wieder vergessen wird: Es wird immer nur vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gesprochen. Ich darf daran erin­nern, dass dieses aber auch den Bereich des Umwelt- und Wasserrechts in sich birgt. Dieses Ministerium, das seit vielen Jahren wirklich das „grüne Ministerium“ ist und das sich zu Recht als das Lebensministerium bezeichnet, vertritt mit Vehemenz und


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 225

Kompetenz die bäuerlichen Betriebe, die Konsumenten und unsere Umwelt in ihren ver­schiedensten Formen und speziell in Form der Nahrungsmittelsicherheit und -erzeugung sowie der Nahrungsmittelgesundheit und hat daher wertvolle Arbeit ge­leistet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Umsetzungspaket geht es in erster Linie um Verwaltungsvereinfachungen, Einsparungen sowie um das Schaffen von Wett­be­werbsgleichheit für unsere bäuerlichen Betriebe. Es geht weiters um die Sicherheit und Qualität für die Konsumenten, was die Gesundheit unserer Lebensmittel betrifft, und damit letztendlich auch um die Unterstützung bäuerlicher Betriebe und, damit untrenn­bar verbunden, um die österreichische Kulturlandschaft, um die uns viele beneiden.

Die Fraktion der Österreichischen Volkspartei wird daher diesen Beschluss unter­stüt­zen. Ich kann Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den anderen Fraktionen, nur einladen, diesen Beschluss ebenfalls mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Weilharter.)

14.35

 


Präsident Hans Ager: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum. Ich erteile es ihr.

 


14.35

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Mein lieber Vorredner! Ich muss leider auch feststellen, dass ich bedauer­licherweise nicht so eine gute Rednerin bin wie Sie. Ich werde mich trotzdem be­mühen, die mir wichtigen Punkte jetzt in aller Kürze abzuhandeln. (Bundesrat Höfin­ger: Ich habe nicht „guter Redner“ gesagt, sondern „großer Redner“!) – Groß bin ich auch nicht. Ich bin offensichtlich auch kleiner. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Es sollen in diesem Fall mehrere Gesetze auf einmal geändert werden, und wir haben das Problem, dass wir einem Gesetz gerne zustimmen würden, nämlich dem Pflanzen­schutzgesetz. Das ist aber nicht möglich, weil wir die Abstimmung in einem durch­führen, und deshalb müssen wir überall nein sagen.

Wir haben gerade gehört, dass das Landwirtschaftsministerium ein grünes Ministerium sei. Das hat mich auch wieder gefreut. Nur, so denke ich, sollte man das, was drauf­steht, nicht verwechseln mit dem, was drin ist. Nur weil auf der Homepage oben Grünes abgebildet ist, heißt das noch nicht, dass das ganze Landwirtschaftsminis­terium grün ist, denn sonst müsste ich den Minister wohl besser kennen.

Zur Ernährungssicherheit: Mein Problem im Zusammenhang mit der Ernährungs­sicher­heit ist die Tatsache, dass Pestizidbelastungen bei Obst und Gemüse – wie schon ein paar Mal erwähnt – bei uns von der Arbeiterkammer oder von irgendwelchen NGOs unter­sucht werden. Ich würde mir erwarten, dass solche Informationen den Bürgern von öffentlicher Stelle automatisch zur Verfügung gestellt werden und dass man sich bezüglich dieser doch teuren Untersuchungen nicht an NGOs oder die Arbeiterkammer wenden muss.

Zum Forstgesetz: Wir haben schon einmal diese Rodungsbewilligung für Flächen bis zu 1 000 Quadratmetern abgelehnt. Die Idee ist seither nicht wirklich besser geworden, und daher werden wir sie wieder ablehnen – und damit leider alle in diesem Gesetz enthaltenen Punkte.

14.37

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haun­schmid. Ich erteile ihr dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 226

14.37

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das Agrarrechtsänderungsgesetz enthält drei Punk­te, die für uns ganz besonders wichtig sind. Es sind wichtige Regelungen für die Beförderung von Pflanzen, von Pflanzenerzeugnissen und anderen Gegenständen darin enthalten, die die Gefahr einer Einschleppung und Ausbreitung von Schad­or­ga­nis­men eindämmen sollen, was besonders auch – wie ich immer wieder erwähne und gar nicht oft genug erwähnen kann – für unseren „Feinkostladen Österreich“, der welt­weit wirklich ein Aushängeschild ist, indirekt einen Schutz darstellt.

Ich darf kurz auf die Änderung des Forstgesetzes und auf die Ausführungen von Ihnen, Frau Kollegin Kerschbaum, eingehen. Es wird natürlich die Vereinfachung der Rodung von Ihnen kritisch beurteilt. Wenn man sich aber die Änderung anschaut, dann weiß man, dass es sich nur um eine legistische Änderung handelt, wie es manche nennen, und ich glaube, dass es damit, dass es einfacher zu einer Rodung kommen kann, auch um eine Besserstellung der Land- und Forstwirtschaft geht. Wenn man sieht, wie in vielen Gebieten der Wald zuwächst, wie ganze Almen zuwachsen, dann muss man sagen, dass wir das doch nutzen sollen. Deshalb können wir, glaube ich, in solchen Fällen beim Rodungsverfahren ein bisschen einfacher vorgehen, denn der Wald wächst uns in manchen Gebieten buchstäblich schon bei der Haustür herein.

Und Holz brauchen wir! Man soll nur ein bisschen umdenken und Holz auch wieder mehr verwerten! Sie alle sind aufgefordert – auch Sie von den Grünen –, zu überlegen, viel mehr mit Holz, mit echtem Holz zu arbeiten und auch dem Tischler mehr Chancen zu geben, dann werden wir auch in diesem Bereich wieder einen entsprechenden Ab­satz erreichen.

Wogegen wir uns aber derzeit nicht schützen können und was für uns wirklich ein Problem ist – und ich darf auch dazu einige Sätze sagen –, das ist die große Trocken­heit, die jetzt auch unser Land heimsucht und vor allem in unserer Land- und Forst­wirtschaft große Probleme verursacht. Ich glaube, dagegen können wir im Moment gar nichts tun. Wir können nur hoffen, dass wir von der EU die nötige Unterstützung er­halten, denn was ist die Folge, wenn unsere Produkte jetzt durch die Trockenheit Scha­den erleiden, weniger werden? – Sie werden sehr teuer werden! Es wird den Kon­sumenten treffen.

Wir hoffen nicht, dass wir wieder mehr Einfuhr benötigen werden, sondern wir sollten alles daransetzen, das, was unser Land noch produzieren kann – und von dem wir hoffen, dass es unseren Verbrauch trotzdem noch decken wird –, zu produzieren, und wir sollten vor allem auch beim Einkauf danach greifen. Das ist eine neuerliche Bitte an Sie: Kaufen Sie österreichische Produkte, und unterstützen Sie damit unsere Land- und Forstwirtschaft und unser Land Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Bun­desräten der ÖVP sowie des Bundesrates Konecny.)

14.40

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 227

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

44. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird (131 und 159/NR sowie 6845/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 44. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Hermann Haller übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Hermann Haller: Der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forst­wirt­schaft­liche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird, liegt Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor, ich komme daher zum Antrag:

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Christine Fröhlich. Ich erteile ihr dieses.

 


14.42

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es gibt eine Reihe von EU-Richtlinien, die den Ar­beitnehmerschutz betreffen. Diese Richtlinien wurden im Bereich des Bundes durch das Bundesbedienstetenschutzgesetz vollinhaltlich umgesetzt. Mit dem vorliegenden Ge­setzentwurf werden nun die Bestimmungen auch für die land- und forstwirt­schaft­lichen Landeslehrer angepasst, es wird somit die EU-Konformität erreicht.

Die zunehmende Bedeutung der Bildung im Bereich der Landwirtschaft wird auch durch diese Umsetzung des Sicherheits- und Schutzgedankens dokumentiert. Die Um­setzung dieser Schutzeinrichtung für die land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer ist ein wesentlicher Punkt zur generellen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Schutzbedingungen. Während der Ausbildung der Schülerinnen und Schüler in den österreichischen Landwirtschaftsschulen soll auch für diese erkennbar sein, dass den Einrichtungen der Sicherheit besonderes Augenmerk geschenkt wird. Mehr als 12 000 Schülerinnen und Schüler besuchen derzeit landwirtschaftliche Berufs- und Fachschu­len. Dank der immer wieder betonten Bedeutung des ländlichen Raumes und der Nachhaltigkeit hat sich in der ländlichen Bevölkerung der Wille zu einer umfassenden Bildung in allen Bereichen der Landwirtschaft durchgesetzt.

Für die Landwirtschaftsschulen in Tirol kann ich sagen, dass gerade in den letzten Jah­ren sehr viele Aktivitäten gesetzt wurden. So ist es der Umsicht und der Verantwortung unseres Agrarlandesrats Landeshauptmann-Stellvertreter Ferdinand Eberle und Hofrat Dr. Franz Krösbacher zu verdanken, dass im Jahre 2002 ein neues Gesamtkonzept er­arbeitet wurde. Dieses Konzept ist zukunftsorientiert in Richtung einer Weiterent-


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wicklung des landwirtschaftlichen Schulwesens unter dem Gesichtspunkt der Päda­gogik, Effizienz und Attraktivität.

Einerseits geht es um die Anpassung der Ausbildungsprofile an die Einkommens­schie­nen der Landwirtschaft im Bereich Hauswirtschaft, in dem Schwerpunkte definiert wer­den. Das sind sehr interessante Bereiche wie etwa soziale Dienste, Tourismus, Eco­design sowie Gesundheit und Wellness. Andererseits werden im Bereich Landwirt­schaft neben den agrarischen Kernthemen Schwerpunkte wie zum Beispiel auf den Gebieten Bio-Energie, Energielandwirt oder kommunale Dienste gesetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausbildung des bäuerlichen Nachwuchses erlebt der­zeit qualitätsmäßig einen enormen Auftrieb. Immer mehr Voll- und Neben­erwerbs­betriebe erkennen die Notwendigkeit einer umfassenden landwirtschaftlichen Ausbil­dung. Die vorbildliche Ausstattung der landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen, auch in allen Sicherheitsdetails, hat Vorbildwirkung. Die ständige Schulung von Lehr­kräf­ten für die Funktionen als Sicherheitsfachkräfte oder Vertrauenspersonen gehört selbstverständlich zum wachsenden Sicherheitsbedürfnis dazu. Eine Verringerung der Zahl der Arbeitsunfälle und berufsbedingten Krankheiten und damit eine Einsparung bei den Kranken- und Unfallkosten sind auf jeden Fall zu erwarten. Darum ist dieses Bundesgesetz zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der land- und forstwirt­schaft­lichen Lehrer sehr zu begrüßen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.47

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrätin Johanna Auer. Ich erteile ihr dieses.

 


14.47

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat es schon ange­sprochen: Auch wir geben diesem Gesetz unsere Zustimmung, deshalb werde ich mei­ne Wortmeldung ganz kurz halten.

Weiters hat meine Vorrednerin bereits ausgeführt, was in dieser Dienstrechtsnovelle umgesetzt wird. Ich möchte nur noch hinzufügen, dass dieser eingefügte Arbeitneh­merschutz nur den engen Bereich der biologischen Arbeitsstoffe betrifft und nicht den Arbeitnehmerschutz zur Gänze. Da Österreich die Richtlinien dazu nur vage umgesetzt hat, liegt es nun daran, Sanktionen hintanzuhalten, was eine rechtzeitige Umsetzung des legistischen Vorhabens bewirken kann.

Damit werden die bisherigen Bestimmungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes obsolet, und durch diese Novellierungen werden die EU-Richtlinien innerstaatlich um­gesetzt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

14.48

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Leopold Steinbichler.

 


14.48

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Fröhlich und auch Frau Kollegin Auer haben bereits auf das vorliegende Gesetz Bezug genommen – und her­vorragend interpretiert, Frau Kollegin Fröhlich. Ich darf aus oberösterreichischer Sicht noch die Erfolgsgeschichte dieser Landwirtschaftsschulen erwähnen.

Wenn wir zurückdenken, dass wir vor fünf Jahren darüber diskutiert haben, diese zu schließen, und vielleicht schon Sorge über die Zukunft der Landwirtschaft gehabt haben, so haben diese in der Zwischenzeit eine Bedeutung erlangt, die wir uns alle


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 229

selbst bei größtem Optimismus nicht zu erhoffen gewagt haben. Wir sind heute in der Situation, dass die Landwirtschaftsschulen Schüler abweisen müssen.

Gerade aufgrund der angesprochenen Aspekte, auf Grund der globalen breiten Bil­dung, die dort den jungen Leuten, auch wenn sie nur das erste Schuljahr absolvieren, vermittelt wird – und wir müssen natürlich danach trachten, in weiterer Folge den zweiten und dritten Jahrgang auszubauen; ich denke dabei besonders an die Mäd­chenschulen, wenn man die Bereiche Ökologie, Ernährung, Qualität der Lebensmittel berücksichtigt –, haben wir dort ein gewaltiges Potential, sodass gerade die zukünfti­gen Generationen, die Mädchen, die Frauen wirklich breit und fundamentiert ausge­bildet werden können. (Bundesrätin Kerschbaum: Und Männer!) Und ich bin über­zeugt davon, dass das gepaart mit der Ausbildung in den Burschenschulen große Be­deutung für die Zukunft haben wird, für die Vernetzung im ländlichen Raum.

Es wird viel über den ländlichen Raum gesprochen. Wir haben in der Diskussion über den ländlichen Raum jedoch erleben müssen, wie manchmal am Thema ländlicher Raum vorbeigegangen wurde. Unwidersprochen bleibt eine funktionierende kleinstruk­urierte bäuerliche Landwirtschaft das Rückgrat des ländlichen Raumes, und es muss uns gelingen, auch in der Gesamtbevölkerung ein Verständnis dafür zu schaffen.

Da wir heute schon die Umweltthematik angesprochen haben, Frau Kollegin Kersch­aum: Ich denke, es wird bei den regionalen Arbeitsplätzen wesentlich davon abhängen, inwieweit es uns gelingt, die Produkte vor Ort zu finalisieren, sodass wir die Nahrungs­reisläufe einengen. Ich habe mir am Montag, als ich von der Ausschusssitzung nach Hause gefahren bin, das „Hobby“ geleistet und auf dieser Strecke von 250 Kilometern nur jene Fernzüge, die ich überholt habe, gezählt, die mit Lebensmitteln unterwegs wa­en. Die neueste Gruppe kommt dabei anscheinend aus Deutschland, die fahren mit den neuesten Scania-Modellen, 14 gleiche neue Lastzüge, „LM – Partner des Lebens­ittelhandels“.

Mir ist völlig klar, dass den Urproduzenten, sprich Bäuerinnen und Bauern, für das Pro­ukt relativ wenig übrig bleibt, wenn dazwischen fünf verschiedene Parteien verdienen wollen. Ich glaube, es ist gerade aus umweltpolitischer Sicht unverantwortlich, wenn international die Produkte kreuz und quer herumgefahren und mit Stabilisatoren und Haltbarmachern durchsetzt werden, nur um sie aus wirtschaftlichen Gründen möglichst lange lagern und transportieren zu können.

Deshalb meine ich, dass dieses Schulsystem eine noch wesentlich größere Bedeutung bekommen wird. Die Ernährungsagentur mit einem Umwelt- und Lebensminister Pröll wird eine zentrale Rolle für den ländlichen Raum spielen. Ich lade alle dazu ein, bei dieser Diskussion mitzumachen und für den ländlichen Raum dabei wirklich das Beste herauszuholen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Todt: Dürfen wir dann auch nichts mehr exportieren?)

Da ich das Rednerpult noch nicht verlassen habe, möchte ich noch Folgendes sagen (Bundesrat Binna: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?): Herr Kollege Todt! Wenn die Sorge um die Konsumenten – und die Konsumenten sollen wirklich das Beste be­kommen, noch dazu jene Konsumenten, die Wert auf Regionalität legen (Bundesrat Konecny: Das war nicht der Zwischenruf!), jene Konsumenten, die Wert darauf legen, dass die Landschaft gepflegt wird – angesprochen wurde, so darf ich, Herr Kollege, ... (Bundesrat Todt: Es geht mir darum, was wir exportieren dürfen und mit was?) – Du brauchst mir die Wirtschaft nicht zu erklären (Bundesrat Todt: Mit was transportieren wir das?), denn dann geht es dir so wie Herrn Kollegen Konecny, der mir hier (Bun­desrat Todt: Ich hätte gerne gewusst, mit was wir transportieren dürfen!) die Ge­schäfts­ordnung erklären wollte. Der Unterschied zwischen einem Professor und einem Bauern ist, dass ein Bauer seine Arbeit mit einer Selbstverständlichkeit macht und sich


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nicht dessen rühmt, dass er die Geschäftsordnung liest, aber der Herr Professor nach 15 Jahren noch immer stolz darauf ist, dass er sie liest. Aber ein guter Jurist hat dir die wesentlichen Passagen bei der Debatte zur Geschäftsordnung zeigen müssen! (Ironi­sche Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Herr Kollege Todt! Ich darf dir Folgendes sagen: Wenn mit Lebensmitteln inter­nationa­ler Handel getrieben wird, dann nehmen wir nicht nur den Drittländern ihre Nah­rungs­grundlage. Dann brauchen wir nicht, wie – heute schon angesprochen – der amerika­nische Präsident Bush glaubt, die Gentechnik, um den Hunger in Afrika zu stillen. (Bundesrat Konecny: Der sitzt aber nicht da, und der hat auch keinen Zwischenruf gemacht!) Der Amtsvorgänger von Minister Pröll, der jetzige ÖVP-Klubobmann Mol­terer, hat gesagt: Der ländliche Raum und die Bauern prägen das Gesicht dieser Kul­tur­landschaft. Und wenn wir diese Kulturlandschaft gemeinsam mit der Wasser­wirt­schaft bis hin zur Forstwirtschaft in diesem Umfang pflegen, wie es heute ange­sprochen wurde, dann – davon bin ich überzeugt – werden wir in diesem wunder­schö­nen Land glücklich weiterleben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.53

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

45. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Er­richtung und zum Betrieb eines Nationalparks Gesäuse (83 und 156/NR sowie 6846/BR der Beilagen)

 


Präsident Hans Ager: Wir gelangen nun zum 45. Punkt der Tageordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger übernom­men. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger: Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Errichtung und zum Betrieb eines Nationalparks Ge­säuse.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher beschränke ich mich auf die An­tragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 231

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Präsident Hans Ager: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Da der Erstredner, Bundesrat Herwig Hösele, nicht anwesend ist (Bundesrätin Schlaf­fer: Er ist schon ins Gesäuse gefahren!), erteile ich Herrn Bundesrat Theodor Binna das Wort. (Bundesrat Konecny: Der ist da!) – Bitte schön.

 


14.55

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! (Bundesrat Hösele betritt den Saal. – Bundesrat Konecny: Zu spät!) Kollege Hösele! Ich habe geglaubt, Sie sind schon unterwegs ins Gesäuse, um sich den Nationalpark anzuschauen. (Heiterkeit.)

Auch wenn ich nun der erste Redner bin, ich bin kein Kontra-Redner beim Nationalpark Gesäuse, sondern wir stimmen sehr wohl – ich möchte aber dazusagen, mit Vor­bedacht – diesem Gesetzestext betreffend den Nationalpark Gesäuse zu, und zwar aus meiner Sicht vor allem, weil die dortige Bevölkerung es geschlossen so will und weil diese Region – Industrie, Wirtschaftsbetriebe –, speziell das untere Ennstal, die­sen Nationalpark braucht. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Auf der anderen Seite ist es, wie ich gestern schon angesprochen habe, so, dass wir jetzt zwar einen Nationalpark Gesäuse haben, um damit Werbung für die Region zu machen und speziell den sanften Tourismus zu forcieren, die Bahn aber leider Gottes mit dem Dezember-Fahrplanwechsel nur mehr bis Admont geht und nicht mehr in den Nationalpark Gesäuse. Die Werbung ist ja gut, aber man sollte auch die Möglichkeit haben, dorthin zu kommen. Ich habe jedoch heute schon gehört: Beides kann man leider Gottes nicht haben!

Als Ausseer bin ich – das möchte ich dazusagen und auch erläutern – nicht hundert­prozentig für diesen Nationalpark. Bei uns im Ausseer Land, speziell im Bereich Totes Gebirge, gibt es seit zehn bis 15 Jahren die Diskussion, ob auch wir nun einen Na­tional­park bekommen oder nicht. Der Hintergrund ist, dass der Großteil der Bevöl­kerung der Meinung ist, dass die Natur geschützt gehört, weil wir uns selbst immer mehr bewusst sind, welches Juwel wir eigentlich in den Bergen und Almen haben, und diese selbstverständlich so weit wie möglich pflegen müssen. Auch ich persönlich halte es für den richtigen Weg, diese Gebiete als Naturschutzgebiet auszuweisen. Wenn Gebiete mit Naturschutzcharakter auch in der Raumordnung ausgewiesen sind, be­stehen viel mehr Möglichkeiten, diese Regionen zu schützen.

Um aber wieder auf das Beispiel Nationalpark Gesäuse und auch die eingangs er­wähn­ten Probleme dort zurückzukommen: Ich halte es für richtig, diesem Gesetz zuzu­stimmen und der dortigen Bevölkerung zu helfen, einen Aufschwung möglich zu ma­chen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.58

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

 


14.58

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Mit dieser vorliegenden 15a-Verein­ba-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 232

rung – sprich: dem Konsens zwischen den Gebietskörperschaften – wird der Auswei­sung des Nationalparks Gesäuse, einem steirischen Anliegen, Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren! Es muss uns aber auch bewusst sein, dass bei allen Aus­weisungen schützenswerter Landschaften sensibel und vor allem im Konsens vorge­gangen wird – Konsens einerseits zwischen den Eigentümern und andererseits inner­halb der Gebietskörperschaften. Beim Nationalpark Gesäuse ist, wie ich meine – und als Steirer kenne ich die Situation, aber es ist auch dem Bericht zu entnehmen –, dieser Konsens gegeben, weil es eben eine 15a-Vereinbarung zwischen den Gebiets­körperschaften gibt.

Meine Damen und Herren! Es muss uns aber auch bewusst sein, dass es im Falle einer Ausweisung eines Nationalparks natürlich zu Einschränkungen bei der künftigen Bewirtschaftung kommt. Natürlich ist die öffentliche Hand bemüht, diese Einschrän­kungen finanziell auszugleichen.

Der betriebswirtschaftliche Spielraum wird sich ändern, und die künftigen Bewirt­schaf­tungs­formen im Nationalpark sind – wie auch in anderen Gebieten – natürlich nicht absehbar. Das heißt also: Wenn wir ausweisen, muss uns bewusst sein, dass die Eigentümer, wenn sich der Markt und der Produktbedarf ändern, nicht so schnell den Bedürfnissen des Marktes gerecht werden können. Sie können nicht so ohne weiteres die Bewirtschaftungsform ändern.

Deshalb hat sich die öffentliche Hand bereit erklärt, daraus resultierende Minder­einnahmen auszugleichen. Diese Mindereinnahmen sind natürlich nicht kalkulierbar. Eine Kalkulation wäre nicht seriös, weil die Marktbedingungen für die Zukunft in diesem Bereich nicht abschätzbar sind.

Ich sage daher noch einmal: Die Ausweisung von schützenswerten Flächen ist durch­aus in Ordnung. Es muss Konsens zwischen den Eigentümern und den Gebiets­körper­schaften herrschen. Es muss aber trotz alledem das Eigentum die erste Priorität bei der Ausweisung von schützenswerten Flächen darstellen, denn die Eigentümer, meine Damen und Herren, waren jene Menschen, die dieses Land durch behutsamen Um­gang und durch sorgsame Bewirtschaftung schützenswert gemacht haben. – In diesem Sinne wird meine Fraktion gerne diesen Beschluss mittragen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.02

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Professor Hösele. – Bitte.

 


15.02

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Verehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich danke für die Möglichkeit, dass ich jetzt noch sprechen darf, ob­wohl ich meinen Redetermin zuerst versäumt habe. Ich habe aber den Kronzeugen und meinen Entschuldigungsgrund hier: Ich danke Herrn Präsidenten Schambeck für das gute Gespräch, das ich mit ihm führen konnte! Wir haben über Präsident Ager und über dessen Rede gesprochen, und da habe ich mich vertratscht. Ich freue mich, dass du jetzt anwesend bist! – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist schon darüber gesprochen worden, dass der Beschluss über den Nationalpark in großem, erfreulichem und notwendigem Konsens über die Bühne gehen wird. Es gab diesbezüglich in der Steiermark eine lange, nicht nur jahrzehntelange, sondern in Wahrheit sogar zwei Jahrhunderte dauernde Diskussion. Erzherzog Johann wollte nämlich schon einen Nationalpark haben. Wäre er erfolgreich gewesen, dann hätten wir den ersten Nationalpark der Welt gehabt. Der erste Nationalpark war dann aber der Yellowstone-Nationalpark.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 233

Peter Rosegger hat vor ungefähr 90 Jahren in seinem „Heimgarten“ einen literarisch bedeutenden Artikel geschrieben, der in Wahrheit ein Brandartikel war, um einen Na­tionalpark zu bekommen.

Wir werden jetzt den sechsten österreichischen Nationalpark bekommen, und ich glau­be, wir gliedern uns in die große Erfolgsstory der Nationalparks sehr gut ein. Die ent­sprechende Organisation erfolgte damals in ganz hervorragender Weise vom Bundes­ministerium für Land- und Forstwirtschaft und später unter Bundesminister Molterer und jetzt unter Bundesminister Pröll. Die Nationalparks stellen sehr wichtige Kapital­werte unserer Republik dar und führen auch eine Verbindung zwischen Naturschutz, Bildung, Erholung, Ökologie, sanftem Tourismus und damit auch Ökonomie herbei. Letztlich sollen diese Nationalparks ja auch eine Vorbildfunktion im Hinblick auf einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen, nachhaltiges Denken und einen sehr schonenden und verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Mit- und Umwelt haben.

Es ist dies der sechste österreichische und der erste steirische Nationalpark. Die Ver­einbarung, die wir hier heute beschließen werden, wurde am österreichischen National­feiertag des Jahres 2002 in der Stiftsbibliothek von Admont vom damaligen Bundes­minister Molterer und Frau Landeshauptmann Klasnic unterzeichnet, und das führt mich zu einer neuen Brücke beziehungsweise zu einer sehr schönen Verbindung zwi­schen Natur und Kultur: Stift Admont ist nicht nur das größte Privatmuseum Öster­reichs, das wir im Mai eröffnen konnten, sondern es beherbergt die größte Stiftsbiblio­thek der Welt, und zwar von der Fläche des Bibliothekssaals mit vielen großen, hoch interessanten Prachtbänden her. Es besteht also auch hier sozusagen eine sehr schöne Verbindung zwischen Kultur und Natur.

Es ist dies, wie gesagt, die schönste und ökologisch wertvollste Fläche. Der Na­tionalpark Gesäuse ermöglicht für die Region aber auch den Einstieg in eine be­sondere Form des Tourismus und kann ein Musterbeispiel für nachhaltige Entwick­lungen in einer insgesamt ländlich geprägten Kulturregion sein.

Ich danke dem Herrn Bundesminister für sein großes Engagement in diesem Zusam­menhang und schließe mit der Einladung: Besuchen wir alle diesen Nationalpark, schauen wir ihn uns an! Er ist nicht nur im Buch, das ich hier habe, schön doku­mentiert, er ist in natura noch viel schöner! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

15.05

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Frau Kollegin! Nehmen Sie an der Abstimmung teil? (Bundesrätin Haunschmid: Ja! Ich sitze gleich!) Gut! Dann warten wir noch eine Sekunde, bis die Kollegin sitzt. Kein Problem, es kommt noch jemand. (Bundesrat Gasteiger: Ich bin auch schon da!) So, jetzt ist jeder auf seinem Platz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 234

Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

46. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note (43 und 90/NR sowie 6847/BR der Beilagen)

47. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird (122 und 158/NR sowie 6848/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 46 und 47 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 46 und 47 hat Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Bo­gensperger übernommen. – Ich bitte um die Berichte.

 


Berichterstatter Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger: Ich bringe den Bericht des Aus­schusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über den Be­schluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zur Grün­dung der internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher beschränke ich mich auf die Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, erstens dem Beschluss des Nationalrates in Sinne des Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, zweitens gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich zu Tagesordnungspunkt 47 den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des National­rates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich erspare mir daher dessen Verle­sung.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratungen der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die beiden Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Ing. Haller. – Ich bitte ihn, das Wort zu neh­men.

 


15.09

Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Minister! Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte! Dem sensationellen Er-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 235

folg der österreichischen Qualitätsweinwirtschaft liegt natürlich die Arbeit der vielen Winzerfamilien zugrunde, die von Jahr zu Jahr gute Qualitäten produzieren.

Vor allem ist aber auch die Zusammenarbeit mit den Händlern, der Gastronomie und letztendlich mit den Konsumenten notwendig und auch zu verbessern. Daher sind wir sehr froh, dass neue Gesetze in der Weinwirtschaft greifen und wir diesem Ziel näher kommen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch darauf hinweisen, dass Höhepunkte der Wein­wirtschaft und totale Tiefs bis zur Aufgabe sehr nahe beieinander liegen: Zum Beispiel ist derzeit die österreichische Hauptsorte, der legendäre Grüne Veltliner, der, wie Sie wahrscheinlich wissen, eine alte K. u. k-Sorte ist, also aus den Ländern Österreich, Ungarn und Tschechoslowakei stammt, momentan der Modewein in den USA. (Bun­desrat Mag. Tusek: Ach so?) Ja! (Bundesrat Konecny: Du warst wohl schon lange nicht drüben!)

Andererseits stehen aber auch sehr viele Winzerfamilien vor dem Ruin stehen, weil die Strukturen einfach zu klein sind. Daher bedarf es entsprechender Gesetze, welche die Basis zum Erfolg darstellen. Heute haben wir unter den beiden jetzt zur Diskussion stehenden Tagesordnungspunkten über die Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein zu befinden. Dabei geht es um die Nachfolgeorganisation des Inter­nationalen Amtes für Rebe und Wein. Dieser Organisation gehören 45 Staaten aus aller Welt an.

Für Österreich ist es insofern sehr wichtig, Mitglied dieser Organisation zu sein, als die wirtschaftliche und verbrauchspolitische Bedeutung des österreichischen Weinbaus dies erfordert. Die Hauptaufgabe dieser Organisation ist es, Resolutionen zu erlassen, die natürlich für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich sind, die jedoch für die weinpolitischen Entscheidungen und Rechtssetzungen berücksichtigt werden.

Ich möchte aber auch vor der großen Euphorie eindringlich warnen: Österreichischer Wein wird immer mit großer persönlicher Liebe und oft von sehr vielen jungen Winzern gekeltert. Ich glaube, wir stehen aber auch, wie angesprochen, durch die kleinstruk­turellen Betriebe vor großen Herausforderungen. Lebensmittel-Vertriebsketten und beinharter Großhandel verlangen da etwas ganz anderes. Die Ostöffnung muss unbedingt als Chance wahrgenommen werden. Nahestehende Institutionen sind daher sehr gefordert. Wir brauchen ein starkes Weinmarketing und eine offensive, entlas­tende Weinpolitik.

Herr Minister Josef Pröll! Ich würde mir daher wünschen, dass Sie bei Ihrer ange­kündigten Wirtschaftsoffensive in Richtung der neuen Mitgliedstaaten auch auf die vielen kleinen, tüchtigen Weinbauernfamilien nicht vergessen, denn sie sind für die Struk­tur im ländlichen Raum sehr notwendig. – Ich danke für das Nicken und hoffe, dass das in die Realität umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Fasching.)

Zum Abschluss möchte ich noch eine persönliche Fachbemerkung an Sie richten: Die Trockenheit, unter der die Landwirtschaft leidet, ist kein Nachteil für die Weinrebe, denn sie hat ein sehr tiefes Wurzelsystem und liebt die Wärme. Die Voraussetzungen für einen tollen Weinjahrgang 2003 wären von der Natur her gegeben, ich hoffe, die Po­litik tut ein Übriges! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ. – Bundesrat Dr. Kühnel: Bravo!)

15.12

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Auer. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 236

15.12

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Mir von der SPÖ verbleiben noch 35 Minuten Redezeit. (Heiterkeit und Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Es würde mir aber sicherlich nicht schwer fallen, diese auszu­schöpfen, denn ich bin geborene Rusterin und weiß daher ziemlich gut Bescheid über dieses Thema; Herr Kollege Fasching wird mir das bestätigen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: 30 Minuten über Wein zu reden ist sicherlich schön!)

Mein Vorredner, Herr Ing. Haller, hat bereits sehr viel über das Thema Wein ausgeführt und auch darüber gesprochen, was ich vermitteln wollte. – In diesem Weingesetz wurden Maßnahmen umgesetzt, die wir bereits in Verhandlungen im Jahr 1999 einge­bracht haben, die damals aber leider nicht zur Umsetzung gelangten.

Der Konsument wird in Zukunft auf Grund der neuen Möglichkeiten der Etikettierung und auch des Verzeichnisses der Weinbehandlungsmittel besser in Kenntnis gesetzt. Ich habe es schon angeführt: Wie Wein erzeugt wird, brauche ich hier nicht mehr zu erklären, wir sind ein geschultes Gremium, wir lassen uns ihn lieber schmecken. (Zwi­schenruf des Bundesrates Dr. Böhm.) In der Freizeit natürlich, das möchte ich hinzu­fügen.

Um aber unser kostbares Gut und Produkt entsprechend vermarkten zu können, müs­sen die teilweise noch nicht zur Umsetzung gelangten Verordnungen vollzogen wer­den – dazu haben Sie auch schon zustimmend genickt, Herr Bundesminister! –, damit auch in Österreich alle Verordnungen auf europäischer Ebene in Kraft sind.

Die vorliegende Weingesetz-Novelle sichert die Errichtung einer zentralen Wein­datenbank, bringt neue Kennzeichnungsbestimmungen sowie Transparenz bei Wein­be­handlungsmitteln. Wie schon gesagt: Diese neue Vorlage findet auch unsere Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Frei­heitlichen.)

15.14

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung erfolgt getrennt über die Beschlüsse des Nationalrates.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organi­sation für Rebe und Wein samt Note.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 237

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

48. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute (88 und 138/NR sowie 6849/BR der Beilagen)

49. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobilien-Investmentfonds­ge­setz – ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz, das Invest­ment­fondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Kör­perschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (97 und 139/NR sowie 6850/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 48 und 49 der Tagesordnung, über welche die Debatte wieder unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 48 und 49 hat Frau Bundesrätin Bachner über­nommen. – Ich darf um die Berichte bitten.

 


Berichterstatterin Roswitha Bachner: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher sogleich zur Antrags­for­mulierung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters zu Tagesordnungspunkt 49 den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobilien-Investmentfondsgesetz – ImmolnvFG) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz, das Investmentfonds­ge­setz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbe­hör­den­gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuerge­setz 1988 geändert werden.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 238

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher sogleich zur Antrags­formulierung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


15.19

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich habe mich nicht deshalb zu Wort gemeldet, um Ihnen mitzuteilen, dass die Sozial­demokraten diesen beiden Vorlagen ihre Zustimmung geben werden, sondern um einige Worte, die sich mit dieser Vorlage gut in Einklang bringen lassen, zur Frage des Bun­desimmobilienvermögens und seiner Verwertung zu sagen.

Wenn wir dem Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz über Immo­bilienfonds unsere Zustimmung geben, dann schaffen wir damit eine Einrichtung, die grundsätzlich zu begrüßen ist, insbesondere auch deshalb, weil sie ein innerstaatliches österreichisches Gegengewicht gegen durchaus in unserem Land vermarktete inter­nationale Fonds schafft und umgekehrt Anlagemöglichkeiten bei österreichischem Grund­eigentum schafft, wie sie derzeit nur ausländische Fonds wahrnehmen konn­ten. – So weit, so gut.

Es gibt seit Monaten in sich zuspitzender Form eine Diskussion über jenen Teil des Bun­desimmobilienvermögens, das der Bund vor geraumer Zeit der Bundesimmobilien­gesellschaft übertragen hat, und es gibt – vielleicht kann der Herr Staatssekretär etwas dazu sagen – eine grundsätzliche Übereinkunft darüber, dass entweder durch die BIG, allenfalls auch durch die ÖIAG, hier eine Totalverwertung dieses Blocks angestrebt wird. Es überrascht mich zwar, dass ich heute der Tagespresse entnehme, dass die BIG für die Wiener Tranche Abnehmer sucht – 800 Wohnungen im Arsenal und einiges andere –, aber die Absicht – und sie wurde öffentlich erklärt –, hier zu einer Total­verwertung zu gelangen, steht zumindest im Raum.

Wenn man sich das Volumen dieser Tranche anschaut – 62 000 Wohnungen, 41 Son­der­immobilien, viele 1000 m2 Bauland –, wird man feststellen, dass, und ich sage das ganz ehrlich, im Rahmen dieser Transaktionen bisher Beträge genannt worden sind, die so niedrig sind, dass sie einmal mehr Verdacht erwecken. Wenn man dieses Quan­tum an Wohnraum – und man kann die Zahlen, die genannt wurden, ja durch Quadrat­meter dividieren – offensichtlich zu Preisen abzusetzen beabsichtigt, die deutlich unter denen von miesesten Nachkriegsbauten liegen, dann klingeln die Alarmglocken.

Es besteht also – auch diese Absicht ist halböffentlich, nicht zitierbar, aber in den Zei­tun­gen vorgekommen – die Absicht, im Rahmen des jetzt geschaffenen gesetzlichen Rahmens möglicherweise einen solchen Immobilienfonds zu schaffen, der diese Tranche am Bundesvermögen, zwischengeparkt bei der BIG, übernehmen soll. Die Eigentümerschaft an diesem Fonds würde die Möglichkeit eröffnen, diese Tranche dann in einem – an wen auch immer – weiterzugeben.

Ich habe nicht die Absicht, hier breit ausladend Vermutungen auszusprechen, sondern ich wollte den Herrn Staatssekretär nur wissen lassen, dass wir mit großer Auf­merksamkeit diese sich abzeichnende Transaktion verfolgen, dass wir ihn – während der ruhigen Sommermonate wird er ja Gelegenheit haben, dazu eine zugegebener­maßen ausführliche Anfragebeantwortung vorzubereiten – sehr ins Detail gehend fra-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 239

gen werden, welche Immobilien im Einzelnen, insbesondere auch welche Sonderim­mobilien, da im Topf drinnen sind, und ihn ersuchen werden, seine Erwartungen oder die der Geschäftsführer der BIG hinsichtlich der Verwertung dieser Immobilien darzu­legen.

Es geht hierbei um ein Milliardenvermögen der Republik, und diese Milliarden sollen auch dort landen, wo sie hingehören: in jenen Kassen des Bundes, die letztlich dazu da sind, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern unnötige Beiträge zu ersparen.

Herr Staatssekretär! Ich hoffe auf Ihre Kooperation bei diesem vorbereitenden Versuch, die Werte der Republik nicht verschleudern zu lassen, sondern bestmöglich für unser Volk zu sichern. (Beifall bei der SPÖ.)

15.25

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klamt. – Bitte.

 


15.25

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Wir befassen uns beim Tagesordnungspunkt 49 mit der Schaffung eines Immobilienfondsgesetzes und der Anpassung des Investmentfondsgesetzes an das weiterentwickelte einschlägige Ge­meinschaftsrecht – durchaus begrüßenswerte Intentionen, die eindeutige Verbes­serun­gen darstellen.

Wichtig ist, dass die Ausgabe und die Verwaltung von Immobilienfonds ein Bank­geschäft darstellen und damit unter die staatliche Finanzmarktaufsicht fallen. Weiters ist wesentlich, dass für die Wertermittlung der Fondsanteile das Rechenwertprinzip herangezogen wird und damit die Fondsanteile die Liegenschaftsbewertungen wider­spie­geln und die jährliche Bewertung der Anteile sowie die Mindeststreuerfordernisse und der Anlegerschutz wirklich festgeschrieben werden.

Mit diesem neuen Immobilienfondsgesetz sehe ich – so wie auch mein Vorredner – neue Möglichkeiten hinsichtlich der anstehenden Privatisierung der bundeseigenen Wohnungen und Liegenschaften. Tausende Wohnungen, Gewerbeeinheiten, Sonder­immobilien und Bauland stehen zur Disposition. Unser Bundesratskollege John Gude­nus hat in einer der letzten Bundesratssitzungen für diese große Immobilientransaktion eine Erlösvorstellung von 1,8 Milliarden € in den Raum gestellt, womit nach meinen Informationen die Wunschvorstellungen der für die Transaktion zuständigen Ministerien um rund 1 Milliarde € übertroffen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie mit diesen meinen Ausfüh­rungen darauf aufmerksam machen, dass hier ein großer Immobiliendeal ansteht. Je­denfalls sollten wir alle sehr darauf achten, dass für den Bund und damit für die Öster­reicherinnen und Österreicher bei dieser anstehenden Immobilientransaktion der größt­mögliche Erlös erzielt wird. Den Mietern der bundeseigenen Wohnungen sollten zu­nächst faire Angebote zum Erwerb der Wohnungen gemacht werden, und in weiterer Folge sind die Möglichkeiten dieses neuen Immobilienfondsgesetzes voll auszu­schöp­fen, wobei sehr darauf zu achten ist, dass die Eigentumsanteile weitgehend in unserem Land, in Österreich bleiben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.28

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 240

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds erlassen und mit dem das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsor­gegesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuergesetz und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden. 

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu er­heben, ist somit angenommen.

50. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen über die För­derung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (34 und 140/NR sowie 6851/BR der Beilagen)

51. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (36 und 141/NR sowie 6852/BR der Beilagen)

52. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabi­schen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Inves­titionen (37 und 142/NR sowie 6853/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 50 bis 52 der Tagesordnung, über welche die Debatte wieder unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 50 bis 52 hat wieder Frau Bundesrätin Bachner übernommen. – Ich bitte um die Berichte.

 


Berichterstatterin Roswitha Bachner: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi-


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 241

schen der Republik Österreich und der Republik Philippinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.

Dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher sogleich zur Formulierung des Antrages.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 51 bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher sogleich zur For­mulierung des Antrages.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 52 bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich erspare mir daher dessen Verlesung und komme sogleich zur Formulierung des Antrages.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Ich nehme an, dass auch die Be­richterstattung nicht dazu Stellung nehmen will. (Heiterkeit.)

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Na­tionalrates getrennt erfolgt.

Zuerst stimmen wir ab über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betref­fend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philip­pi­nen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Ab­satz 1 zweiter Satz B-VG.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 242

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates ge­mäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Re­publik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.

Da auch dieser vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf er ebenfalls der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen. – Soweit ich mich richtig erinnere, heißt „Dschamahirija“ nichts anderes als „Republik“. (Heiterkeit.) Es geht also um die Volksrepublik Lybien.

Der vorliegende Beschluss regelt ebenfalls Angelegenheiten des selbständigen Wir­kungsbereiches der Länder und bedarf daher der Zustimmung des Bundesrates ge­mäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte jetzt jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 243

53. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (45 und 143/NR sowie 6854/BR der Beilagen)

54. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (82 und 144/NR sowie 6855/BR der Beilagen)

55. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ar­menien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (87 und 145/NR sowie 6856/BR der Beilagen)

56. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll (89 und 146/NR sowie 6857/BR der Beilagen)

57. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (92 und 147/NR sowie 6858/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 53 bis 57 der Tagesordnung, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkt 53 bis 57 hat Herr Bundesrat Giefing über­nommen. – Ich bitte um die Berichte.

 


Berichterstatter Johann Giefing: Ich bringe zuerst den Bericht des Finanzaus­schus­ses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Ab­kom­men zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen.

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich verzichte daher auf dessen Ver­lesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 244

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Als Nächstes darf ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen bringen.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, und ich verzichte daher auf dessen Verlesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­men­einhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Als Nächstes darf ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll bringen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 245

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich verzichte daher auf dessen Verlesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Als Nächstes darf ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich verzichte daher auf dessen Verlesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Na­tionalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen bringen.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich verzichte daher auf dessen Verlesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor.

Wünscht der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Na­tionalrates wieder getrennt zu erfolgen hat.

Zuerst kommen wir zum Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustim­mung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, ge­gen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen.

Da auch dieser vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Arti­kel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Ich werde es jetzt verkürzen: Der Antrag, dem gegenständ­lichen Beschluss des Nationalrates verfassungsgemäß die Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 246

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Auch dieser vorliegende Beschluss regelt Angelegenheiten des selbständigen Wir­kungsbereiches der Länder und bedarf daher der Zustimmung des Bundesrates ge­mäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalra­tes die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Proto­koll.

Auch dieser gegenständliche Beschluss regelt Angelegenheiten des selbständigen Wi­kungsbereiches der Länder und bedarf daher der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich die Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Da dieser gegenständliche Beschluss ebenfalls Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder betrifft, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ich bitte jetzt noch jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 247

um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

58. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zollsachen (95 und 148/NR sowie 6859/BR der Beilagen)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 58. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Kollege Giefing übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

 


Berichterstatter Johann Giefing: Ich darf den Bericht des Finanzausschuss über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2003 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zollsachen bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich verzichte daher auf dessen Ver­lesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2003 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen keine vor.

Wünscht jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Ich nehme an, auch der Berichterstatter will nicht das Wort ergreifen. – So ist es.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

*****

Die Tagesordnung, soweit sie uns bis jetzt vorgelegen ist, haben wir abgearbeitet. Es steht uns nun die Behandlung der Dringlichen Anfrage bevor, die üblicherweise spätestens um 16 Uhr aufgerufen wird. Ich habe aber soeben erfahren, dass der Herr Bundesminister für Landesverteidigung aus seinem Urlaub nach Wien zurückgeholt wird. Die Maschine, mit der er kommt, ist im Anflug, er ist noch nicht in Wien. Ich ersuche Sie daher, die Geduld aufzubringen und zu warten, bis der Herr Bundes­minister im Haus ist. Wir werden dann sofort die Dringliche Anfrage aufrufen.

Die Sitzung ist bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Herr Bundesminister eintrifft, unter­brochen.

(Die Sitzung wird um 15.54 Uhr unterbrochen und um 16.27 Uhr wieder aufge­nommen.)

 



BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 248

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend Veröffentlichungen des Rechnungs­hof-Rohberichtes – rechtliche und politische Konsequenzen (2109/J-BR/03)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kolle­gen an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Konecny als erstem Anfragesteller zur Begrün­dung der Anfrage das Wort. – Bitte.

 


16.27

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir haben uns gestern im Rahmen einer Dringlichen Anfrage mit dem Rohbericht des Rechnungshofes betreffend den Beschaffungsvorgang Abfangjäger, Kampfflugzeuge ausführlich beschäftigt. Es ist während dieser Debatte eine bemerkenswerte neue Tatsache zu Tage gekommen, auf die Sie Kollege Gruber in der Debatte aufmerksam gemacht hat. Sie haben es vorgezogen, nach Verlesung Ihrer Antwort zu Beginn nicht mehr in die Auseinandersetzung einzugreifen, und Sie haben diese Tatsache, die Ihnen Kollege Gruber zur Kenntnis gebracht hat, nicht für wert erachtet, darauf in irgendeiner Weise einzugehen.

Das ist einer und der wichtigste Grund, warum es eine zweite Auflage dieser Dring­lichen Anfrage gibt. Herr Bundesminister – das ist natürlich der Kern unserer Auseinandersetzung, die wir haben –, der Rohbericht des Rechnungshofes, von dem Sie gestern und bei anderen Gelegenheiten wortreich versichert haben, dass er nicht einfach ein Diskussionsgegenstand sein kann, ist in einer für jede Staatsbürgerin und für jeden Staatsbürger einsehbaren Form publik gemacht worden.

Wir haben das – ich komme auch darauf noch kurz zurück –, was in den letzten Tagen in Wiener Journalistenkreisen zirkuliert ist, auch gekannt, aber wir haben die in dieser Kurzfassung des Rohberichtes enthaltenen Feststellungen aus guten Gründen nicht zum Gegenstand unserer Argumentation gemacht – ich werde es aber gerne heute nachholen –, weil wir uns nicht zum Teil eines letztlich rechtswidrigen Vorganges machen wollten.

Wenn nun aber die Kurzfassung des Rechnungshofberichts im Internet steht, ist nicht nur die Frage zu stellen, wie diese dort hinkommt, sondern es ist damit auch eine hinreichende Öffentlichkeit erreicht, und ich beabsichtige daher, ohne im Geringsten das Gefühl zu haben, damit rechtswidrig zu handeln, auch die Argumentation, die darin enthalten ist, in unsere heutige Debatte einzubringen.

Lassen Sie mich zunächst einmal dennoch ein paar grundlegende Tatsachen fest­stellen, und sie damit nicht außer Streit stellen, aber klar machen, dass sie nicht Ge­genstand unserer Diskussion mit Ihnen und unserer Dringlichen Anfrage sind.

Sie haben uns gestern in einer, wie ich meine, unpassenden Weise, aber das ist natür­lich meine Meinung, unterstellt, dass wir die Sicherheit Österreichs sozusagen gering


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 249

achten und dass wir mit dieser Dringlichen Anfrage und der Verfolgung dieser ganzen Angelegenheit diese Haltung zum Ausdruck brächten.

Herr Bundesminister! Ich bin und jeder von uns ist gerne bereit, mit Ihnen eine sehr intensive Debatte darüber zu führen, wie unter den gegebenen geopolitischen Verhält­nissen angesichts eines auch militärischen Zusammenwachsens der Europäischen Union, angesichts der Tatsache, dass wir von befreundeten Staaten umgeben sind, Verteidigungspolitik heute aussehen kann und soll.

Diese Diskussion wollen Sie offensichtlich nicht führen, zumindest haben Sie bisher keinen Vorstoß in der Öffentlichkeit unternommen. Ihr Amtsvorgänger hat dazu ein Grundsatzpapier beschließen lassen, das unserer Meinung nach nicht richtig ist, um es ganz deutlich zu sagen. Aber wenn wir diese Debatte führen wollen, dann, muss ich sagen, sind wir bereit dazu, aber unterstellen Sie uns deshalb, weil diese Debatte nicht geführt wird, nicht, dass wir gegen die Sicherheit dieses Landes wären. (Vize­präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die zweite Schicht in dieser Diskussion ist: Sie haben uns gestern gefragt – auch zahlreiche Zwischenrufer haben uns das gefragt –, welche Abfangjäger denn sonst gekauft werden sollen, wenn es nicht die von EADS sind. Oder: Wollen Sie gar keine Abfangjäger? – Auch das ist eine Frage, die mit großer Ernsthaftigkeit diskutiert gehört, aber nicht in inkompetenten Zwischenrufen, auch nicht in kurzen Wortmeldungen hier vom Rednerpult aus, sondern in einer sachlichen Debatte zwischen Verteidigungs­experten, die die Frage klären, welche Aufgabe Luftraumüberwachung in der gege­benen geopolitischen Situation erfüllt, ob die Kosten-Nutzen-Relation – ganz global gesagt – richtig ist, ob dadurch die Kosten-Nutzen-Relation für den Gesamtkomplex Verteidigungspolitik nicht zugunsten einer einzelnen Maßnahme „ausgesaugt“ wird, was dann vielleicht die Sicherheit Österreichs mehr gefährdet als das Fehlen von Ab­fangjägern.

Auch das, Herr Minister, ist eine Auseinandersetzung, die wir gerne führen würden. Wir laden Sie dazu ein, diese Auseinandersetzung zu initiieren. Das ist Sache des Res­sortchefs. Aber wenn sie nicht geführt wird, dann kann sie nicht Gegenstand eines Vorwurfs an die Opposition sein.

Dritter Punkt, der genauso notwendig ist, festgehalten zu werden: Weder ich noch jemand von meiner Fraktion spricht hier als Industrievertreter eines anderen Anbieters. Selbstverständlich nicht! (Bundesrat Bieringer: Öha!) Ich habe keine wie immer ge­arteten Verbindungen – mir wirst du es vielleicht sogar glauben – zur Firma Saab. (Bun­desrat Bieringer: Das glaube ich!) Ich habe nicht das geringste Interesse daran, das eine Produkt durch das andere zu ersetzen und nun mit Zähnen und Klauen dafür einzutreten, dass dieses und nicht jenes Produkt gekauft wird.

Wenn das Ressort das meint – es hat jedes politische Recht, das zu meinen, und die Bundesregierung hat jedes politische und verfassungsmäßige Recht, ihre Beschlüsse zu fassen –, dann trete ich als Vertreter einer verantwortungsbewussten Opposition dafür ein, dass eine sachgerechte, korrekte und preiswerte Lösung gefunden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage ganz konkret, dass jemand, der grundsätzlich gegen eine bestimmte Ent­scheidung eingestellt ist, die einen Beschaffungsvorgang zur Folge hat, mit dieser Gegnerschaft selbstverständlich nicht das Recht verwirkt hat, dafür einzutreten, dass der Beschaffungsvorgang, wenn er denn stattfindet, wenigstens korrekt stattfindet, und daran haben wir heute mehr Zweifel denn je.

Wir haben uns gestern – ich muss das vorausschicken, bevor ich zu einigen sachlichen Gesichtspunkten und Themen etwas sage – ausführlich mit dem Rechnungshofbericht


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 250

beschäftigt – auf der formalen Ebene. Es ist gar keine Frage, dieser Rechnungs­hofbericht ist der sensibelste der letzten fünf oder sechs Jahre. Einen – vom invol­vierten Betrag her – vergleichbar großen Beschaffungsvorgang im Bereich der Re­publik hat es nicht gegeben und hat der Rechnungshof nicht zu überprüfen gehabt. Dieser Größe der Problemstellung ist auch von Ihnen und von diesem Haus Rechnung zu tragen.

Sie beziehungsweise Ihr Ressort hat diesen Rohbericht des Rechnungshofes nach Ihren gestrigen Aussagen am 16. Juli erhalten; Ihnen persönlich ist er nach Ihren Aus­sagen am 17. Juli zur Kenntnis gebracht worden.

Die Geschichte hat manchmal eigenartige Dokumente. Am 18. Juli, diesfalls um 13.52 Uhr, hat Herr Reinhard Raberger, der Pressesprecher Ihres Ressorts, der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass der Rohbericht dem Ministerium noch nicht vorliege. Wenn der Rohbericht da ist, dann kann man etwas dazu sagen, teilte er der APA mit.

Der Pressereferent muss also nicht wissen, wenn er im Namen des Ressorts Er­klärungen abgibt, dass der Rohbericht schon da ist? Das ist ein eigenartiges Minis­terium, wo der Pressereferent nicht weiß, dass der Minister vor – in diesem Fall nehme ich an, dass Sie vor 12 Uhr zu arbeiten beginnen – 28 Stunden den Rohbericht per­sönlich auf den Schreibtisch bekommen hat. Das ist schon sehr eigenartig, und das stärkt unser Misstrauen, das sage ich ganz offen. Hier findet eine Verschleierungstaktik statt – auch historisch –, die wirklich besorgniserregend ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel. – Bundesrat Bieringer: Wie der Schelm denkt, so ist er!)

Diesen Rohbericht – auch wenn Sie noch so schreien, meine Damen und Herren von der ÖVP –, dessen Existenz der Pressesprecher des Ressorts am 18. Juli verleugnete, hat dann der Herr Bundesminister zum Anlass genommen, um damit ins Fernsehen zu gehen.

Der Herr Bundesminister hat uns – und ich kann das widerstrebend, aber vom recht­lichen Standpunkt aus auch akzeptieren – gestern eine Antwort gegeben, die, wenn ich die Rhetorik weg lasse, rechtlich bedeutet, dass er für sich selbst die Amts­ver­schwiegenheit partiell aufgehoben hat, was durchaus seine Möglichkeit ist. Er ist also mit diesem Rohbericht ins Fernsehen gegangen und hat daraus einige Sätze zitiert beziehungsweise wiedergegeben, weil nicht alles so wörtlich zitiert war, wie es der Rechnungshof geschrieben hat. Er hat uns gestern erklärt, dass das erforderlich war, um eine Verunsicherung hintanzuhalten. (Ruf bei der ÖVP: So ist es!) – Ist schon gut.

In den darauf folgenden Tagen – Sie können jeden beliebigen Wiener Journalisten von einiger Bedeutung fragen – sind jedem Wiener „Innenpolitiker“ die ersten zweieinhalb Seiten aus diesem Rohbericht angedient worden. Jedes Wiener Medium – in den letzten Tagen sind dann auch Bundesländermedien dazu gekommen – hat – vorsichtig und zurückhaltend, weil man natürlich gesagt hat, dass es das eigentlich gar nicht haben dürfe – einige Sätze daraus zitiert.

Herr Bundesminister! Sie haben uns gestern gesagt: Es gibt ein Exemplar im Bun­desministerium, und das ist – damit kein Missverständnis entsteht, das vom Pan­zerschrank habe ich gesagt, das haben nicht Sie gesagt – nur dem zuständigen Sach­bearbeiter zugänglich. Also für einen Fotokopierer ist es offensichtlich auch zugänglich. (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist eine Unterstellung!) – Herr Kollege! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Oh, oh, oh! Das muss Kollegen Himmer weh tun. Was haben denn Sie damit zu tun, dass Sie so persönlich betroffen sind? – Das wird Ge­genstand der nächsten Dringlichen Anfrage sein.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 251

Die zweieinhalb Seiten, die da in Umlauf gebracht und in den Medien selektiv zitiert wurden, die auch uns gestern vorgelegen sind, haben sich von dem, was wir im Verlauf des Nachmittags auf einer Website gefunden haben, durch die Weglassung – und wer immer da fotokopiert hat, wird schon gewusst haben, warum er dort abgedeckt hat –einer Tabelle unterschieden. Eine solche Fotokopie, nun nicht von zweieinhalb Seiten, sondern von vollen drei Seiten, kann jederzeit und von jedem im Internet unter www.airpower.at aufgerufen werden.

Herr Bundesminister! Sie haben gestern gesagt, wie gut Sie auf diesen Rohbericht aufpassen. Sie haben davon gesprochen, dass Sie den keinesfalls öffentlich machen können. – Aber er ist öffentlich gemacht worden, er ist für jeden, den das interessiert, zugänglich.

Sie haben gestern sehr zurückhaltend formuliert, dass Sie eine interne Untersuchung darüber, wie das hinausgelangen konnte, in Auftrag gegeben haben. Also: Es ist offenbar hinausgekommen. Kollege Himmer, Sie brauchen sich nicht so aufzuregen, es ist auch dem Herrn Minister bekannt. (Bundesrat Dr. Aspöck: Wieder ein falscher Schluss! Eine Untersuchung ist nicht der Schluss, dass es hinausgegangen ist, Herr Professor! Unlogisch!) – Aha, gut, okay!

Diese zweieinhalb beziehungsweise drei Seiten sind damit öffentlich, obwohl die ganze Argumentation der Herrn Bundesministers, warum es nicht möglich sei, das dem Parlament, seinen beiden Kammern mitzuteilen, auf dem Erfordernis der Amtsver­schwie­genheit, von der er sich selber befreit hat, aufbaut. Wenn Sie meinen, da sagt das Ministerium noch etwas dazu, dann halte ich dem entgegen: Ja, das können Sie ja dem Parlament auch mitteilen und nicht nur dem Rechnungshof, welche Stellen Ihrer Meinung nach eine Fehleinschätzung durch den Rechnungshof sind. Wir sind auch gerne bereit, uns das in Ruhe und ganz gelassen anzuhören.

Wir haben – was uns überrascht hat, aber soll sein – von Ihnen gestern gehört, dass Herr Nationalratspräsident Khol und Herr Generalsekretär Lopatka ihre Aussagen darüber, dass nach dem Urteil des Rechnungshofes der Beschaffungsvorgang völlig korrekt verlaufen sei, nicht aus einer Kenntnis des Rohberichtes abgeleitet haben, sondern dass die beiden Herren, ohne irgendeine Information zu haben, einfach das nachgesprochen haben, was Sie im ORF, in der „ZiB 1“, gesagt haben. Das ist kein irregulärer Vorgang, es ist nur ein Vorgang, der hinsichtlich der Aussagen der beiden Herren uns und, wie ich doch annehme, auch größere Teile der Öffentlichkeit zu großer Vorsicht veranlassen wird, wenn die einfach nur nachreden, was ein anderer gesagt hat, ohne sich irgendwie mit den Sachverhalten beschäftigen zu können. Soll sein! (Bundesrat Bieringer: Eine schwache Argumentation, Herr Kollege!)

Jedenfalls hat die veröffentlichende Website www.airpower.at bemerkenswerter­wei­se – jedem, der sich das angeschaut hat, wie etwa gestern Kollege Bieringer, wird das aufgefallen sein – das „o“ in airpower in derselben graphischen Form ausgeführt wie das taktische Zeichen des Bundesheeres. Kollege Bieringer hat aus dem redak­tionel­len Teil dieses virtuellen Militärluftfahrtjournals ausführlich zitiert, weil ihm die darin ent­haltene Argumentation durchaus gefällt, das kann ich ja nachvollziehen. Also es handelt sich sichtlich nicht um eine antimilitaristische Publikation. Der Mann, der das betreibt – den müssten Sie vielleicht nicht persönlich kennen, aber ich weiß ja nicht, was Sie alles wissen, was in Ihrem Ministerium läuft, wenn Sie nicht einmal mit dem Pressereferenten reden –, ist Herr Martin Rosenkranz. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Gut, also wenn er mit ihm geredet hätte, hätte der am 18. gewusst, dass der Herr Minister am Tag vorher den Rohbericht schon gelesen hat. Das ist eine Frage der Kommunikation. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 252

Ich habe hier die Zeitschrift der Österreichischen Offiziersgesellschaft, eines in be­trächtlichem Umfang vom Bundesministerium geförderten Vereines, zu dessen offensichtlich regelmäßigen Autoren derselbe Martin Rosenkranz gehört.

Hier ist ein Artikel von ihm: Man kann sich mit ihm auch unter der Internet-Adresse www.oeog.at in Verbindung setzen. Ich weiß nicht, welchen Dienstgrad er bekleidet. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) – Das glaube ich Ihnen, Herr Minister, in der kurzen Zeit können Sie nicht all jene, die im Bundesheer oder am Rande des Bundesheeres tätig sind, kennen gelernt haben, aber wir fragen Sie danach, in welchem Verhältnis er zum Bundesministerium steht, und das sollten Sie inzwischen wissen. Also: Es ist niemand, der von ganz außen zu diesen Problemen Stellung nimmt.

Es gehört zu den bemerkenswerten Tatsachen dieser Affäre, dass es genau derselbe Wortlaut ist: Airpower, unter dem auch die große Flugschau in Zeltweg stattfindet. Da gibt es ganz offensichtlich Querverbindungen, und wir haben es hier nicht mit irgend­welchen irrelevanten Randfiguren zu tun, sondern mit Menschen und Institutionen, die sehr im Kern dieses Bereiches tätig sind. Und diese virtuelle Zeitschrift hat nun in einer – dies ist ersichtlich – Kopie – nur damit der Kollege nicht unzufrieden mit mir ist, Sie haben sich das ja sicher auch angeschaut, das ist einer jener Fälle, wo diese leichte bogenförmige Neigung von Seiten zu finden ist, die charakteristisch für schlam­pig gemachte Fotokopien ist – die ersten drei Seiten des Rohberichtes in vollem Um­fang veröffentlicht.

Herr Bundesminister, wenn Sie hier nicht den Verdacht aussprechen wollen, dass es der Rechnungshof selbst war, der diese Kopien in Umlauf gebracht hat – ich habe im Übrigen Hinweise darauf, dass das nicht so ist, weil hier eine spezielle Kennung vorliegt –, sondern dass es Ihr einziges, nie kopiertes Exemplar ist, wie Sie uns gestern gesagt haben, dann sollten Sie schleunigst etwas unternehmen. Und zwar sollten Sie nicht nur wolkig sagen, Sie haben eine interne Untersuchung ... (Bundesrat Mag. Him­mer: Das muss nicht er tun, sondern Sie sollten es beweisen, Herr Kollege! – Bundesrat Manfred Gruber: Es ist eh bewiesen, liegt auf dem Tisch!) – Herr Kollege, das wird die Staatsanwaltschaft Wien tun.

Herr Minister, Sie haben jetzt, seit Ihnen dieser Sachverhalt bekannt geworden ist, 24 Stunden Zeit gehabt. Wir würden von Ihnen gerne wissen, wie Sie diese 24 Stun­den genützt haben, welche Maßnahmen Sie im Ressort veranlasst haben, ob Sie das Abwehramt eingeschaltet haben und ob Sie, wie ich Ihnen gestern geraten habe, eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft gerichtet haben, damit die zuständigen Organe handeln können. (Ruf bei der ÖVP: Das haben eh Sie schon gemacht!) – In der Tat, Herr Kollege, die sozialdemokratischen Bundesräte bezie­hungs­weise ich, in deren Namen, habe das tatsächlich getan.

Ich halte es für keine leichtfertig zu bagatellisierende Angelegenheit, wenn ein hoch­sen­sibler Rechnungshofbericht über einen ganz zentralen und milliardenschweren Be­schaffungsvorgang so in Umlauf gebracht wird wie eine Fotokopie von einem Kas­sazettel von Billa. Der Herr Minister hat gestern – da kann ich ihm durchaus folgen – auch davon gesprochen, dass wesentliche Teile der militärischen Geheimhaltung unterliegen müssen. Diese drei Seiten sind ins Internet gestellt worden. Wenn es so hochsensible Teile des Berichtes gibt, die unsere militärische Sicherheit betreffen, dann frage ich mich, ob nicht der Ressortchef und das Ressort das allergrößte Inter­esse daran haben müssten, festzustellen, wer derjenige ist, der da Kopien in Umlauf bringt, wobei ich nicht weiß, aber auch der Herr Bundesminister nicht wissen kann, ob es nicht auch Kopien jener Teile gibt, die aus militärischer Sicht wirklich riskant sind. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 253

Sie haben Recht, Herr Kollege, die sozialdemokratische Bundesratsfraktion – vertreten durch mich – hat heute bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung hinterlegt – ich kann sie Ihnen gerne zeigen –, in der die uns bekannten Ver­dachts­momente – und das sind jene, auf die wir gestern bereits hingewiesen haben – ent­halten sind. Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft Wien das ernst genug nimmt, um zumindest einmal Vorerhebungen einzuleiten. Wenn Sie es in der Zwi­schenzeit auch getan haben – was wir Sie fragen –, dann wäre das für mich eine Beruhigung.

Meine Damen und Herren! Es ist eine weitere Feststellung zu treffen: Wir sprechen hier von der Prüfung eines Beschaffungsvorganges durch den Rechnungshof, und ich weiß nicht, ob allen in diesem Saal klar ist, was eigentlich der Prüfgegenstand und der Prüfzeitraum war. Was da vom Rechnungshof geprüft wurde – womit ich es nicht abwerten will –, ist sozusagen ein Beschaffungsvorgang, der nicht stattgefunden hat. Der damalige Bundesminister Scheibner, der im Herbst um diese Prüfung ersucht hat, hat den Zeitraum bis zum 2. Juli 2003 als Prüfgegenstand genannt. – Das ist nicht unlogisch, weil zu diesem Zeitpunkt in der Bundesregierung der Beschluss über die Beschaffung von damals noch 24 Flugzeugen gefasst wurde.

Trotzdem: Aus heutiger Sicht – mehr als zwölf Monate nach Ende dieses Prüf­zeit­raums; weil Kollege Himmer gestern so geschrien hat, das sei eine Ex-post-Prüfung; natürlich!, zwölf Monate ist ja auch relativ lange her – ist in dieser Sache ja eine Menge passiert: Am 12. Juli des Jahres 2002 hatte es noch nicht geregnet, da waren der Kamp und die Donau noch in ihren Flussbetten, und all das, was dann – wie uns die Bundesregierung erklärt hat – die Entscheidung ausgelöst hat, nicht 24, sondern nur 18 Flugzeuge zu kaufen, war noch nicht passiert. Am 2. Juli 2002 hat noch jeder, der auf Regierungs- oder Bundesheerseite mit diesem Beschaffungsvorgang irgendwie befasst war, der Öffentlichkeit erklärt: 24 müssen es sein und keiner weniger, weil sonst die Luftsicherheit Österreichs nicht gewährleistet ist.

Jetzt bin ich nicht einer, der mit großen Zweifeln gegenüber der Notwendigkeit von Überwachungsflugzeugen argumentieren kann, dass ich böse darüber bin, dass es zuletzt 18 und nicht 24 werden, aber Hochwasserkatastrophen – so schrecklich sie in einem anderen Bereich sind – haben mit der Frage der Luftsicherheit sachlich über­haupt nichts zu tun, sie haben allenfalls mit der Frage der zur Verfügung stehenden Budgetmittel etwas zu tun. Und wenn all jene, die uns bis zum Beginn des Hoch­wassers erklärt haben: Wenn wir nicht 24 kaufen, dann brauchen wir gar keine, weil dann die Luftsicherheit nicht gegeben ist!, hier einmal „auftanzen“ und sagen würden, wie sie das erklären, dass jetzt 18 genug sind und für die Übergangszeit überhaupt fünf Flugzeuge reichen werden, dann würde mich das wirklich interessieren.

Ich füge an dieser Stelle ein – Herr Bundesminister, auch das ist eine Einladung an Ihre Adresse –: Der Stand vom 2. Juli 2002 war, dass die Bundesregierung beschlos­sen hatte, 24 derartige Flugzeuge vom Typ EADS zu kaufen, was erwiesenermaßen nicht effektuiert wurde. Sie haben am 1. Juli 2003, bedingt auf den 7. August – also Annahme 7. August – des Jahres 2003, einen Vertrag unterzeichnet, in dem zu interes­santerweise ganz anderen Preisen – aber auf das komme ich noch – 18 Flugzeuge bestellt wurden.

Wie aus 24 18 wurden, wie sich in diesen zwölf Monaten Preise verändert haben, das wäre ein in hohem Maße interessantes Thema, das eine Rechnungshofprüfung wohl erfordern würde. Ich lade Sie ein, Herr Bundesminister, dem Beispiel Ihres Amts­vorgängers Scheibner zu folgen und nunmehr für den Zeitraum 2. Juli 2002 bis 1. Juli 2003 eine gleichartige Prüfung durch den Rechnungshof anzuregen. Hier ist so viel Un­erklärbares geschehen, dass es für den Rechnungshof gute Gründe gäbe, sich das mit der notwendigen Sorgfalt und mit der notwendigen Tiefe anzuschauen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 254

Ich komme aber zurück auf jenen Rechnungshofbericht, der nun so öffentlich ist, dass ich nicht wirklich Hemmungen habe, den Text, der mir vorliegt, hier zur Basis einer Argumentation zu machen. Sie haben in Ihrer kurzen Stellungnahme den interessierten österreichischen Fernsehzuschauern mitgeteilt, dass der Rechnungshof festgestellt hat, dass der Eurofighter Typhoon zu Recht als Bestbieter festgelegt wurde und dass damit am Beschaffungsvorgang nichts auszusetzen ist.

Herr Bundesminister! Mit Verlaub gesagt, so steht es auf diesen drei Seiten des Rech­nungshofberichtes wirklich nicht – ich will nicht sagen, ganz im Gegenteil, aber doch in weiten Strecken abweichend.

Ich darf also hier aus dieser nun öffentlich gewordenen Kurzfassung des Rechnungs­hofberichtes in extenso zitieren:

Da steht zum Beispiel – und dieser Beschaffungsvorgang ist eine lange Geschichte gewesen –, dass eine Reihe von Firmen eingeladen wurde, Angebote zu erstellen, wobei ursprünglich 24 Stück einsitzige und sechs Stück doppelsitzige Abfangjäger angefordert wurden. Die Doppelsitzer sind dann irgendwann einmal im Verlauf der Geschichte untergegangen. – Tatsächlich eingelangt sind Angebote der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, von SAAB und von der Regierung der USA für den Flugzeugtyp F-16.

„Bei der Angebotsprüfung“, so stellt der Rechnungshof fest, „stellte das BMLV“ – Bun­desministerium für Landesverteidigung – „fest, dass die Firma SAAB ... mit unbe­stimmten Gleitpreisen anbot und somit kein gültiges Angebot vorlag.“ – Das hat offen­bar niemanden gestört. Es war kein gültiges Angebot, aber sie durften in dieser Liga weiter mitspielen.

„Da auch von keinem Anbieter alle Musskriterien für die Zwischenlösung erfüllt werden konnten“ – das ist O-Ton Rechnungshof, bitte! –, „wurden die drei Anbieter zu einer neuerlichen Angebotslegung bzw. Verbesserung aufgefordert. Dieser Aufforderung ka­men alle drei Anbieter nach.“ – Nicht so logisch ist, Herr Kollege, warum jene, die ein­geladen wurden, aber nicht angeboten haben, bei diesem offensichtlichen Scheitern der drei Anbieter nicht nochmals eingeladen wurden – ganz am Rande erwähnt.

Die neuerliche Angebotsprüfung, so stellt der Rechnungshof fest, ergab, „dass die Fir­ma SAAB und auch die Regierung der USA für das Produkt ... (F-16) keinen Nachweis über das rechtzeitige Beibringen von Listen für Ersatzmaterial im Wert gemäß Angebot von rd. 142,3 Mill. EUR bzw. 108,2 Mill. USD vorlegen konnten.“

In der noblen Sprache des Rechnungshofes heißt der nächste Satz: „Dies führte jedoch zu keinem Ausscheiden beider Angebote.“ – Die noble Sprache des Rech­nungshofes in die nicht so ganz noble des Bundesrates Konecny übersetzt, bedeutet, diese beiden Angebote hätten an dieser Stufe ausgeschieden werden müssen. (Bun­desminister Platter: ... für Eurofighter!)

Entschuldigen Sie, Herr Bundesminister, ich bin nicht der Vertreter der Firma SAAB. Ich habe versucht, Ihnen am Anfang klar zu machen, dass wir einen höchst zweifel­haften Beschaffungsvorgang überprüfen und hier nicht dafür intervenieren, dass Sie stattdessen SAAB-Flieger kaufen. Es ist für mich völlig uninteressant, welche Type zum Zug kommt. Ich will, dass ein sachlich korrekter Vorgang abgewickelt wird.

Sie haben mich bei der vorletzten Sitzung dafür kritisiert, dass ich angeblich gesagt habe, Österreich sei eine Bananenrepublik. – Das, was hier läuft, schaut verdammt danach aus, dass alle Regeln zugunsten der einen und zugunsten der anderen Seite gebrochen wurden. Und das möchte ich in diesem Land nicht haben! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Auf welcher Seite, Herr Kollege?)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 255

Der Rechnungshof stellt weiters fest: „Da das Kampfflugzeug F-16 zwei weitere Muss­kriterien nicht erfüllte, wurde es zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschieden.“ – Der Rechnungshof macht dann diesen Punkt ... (Bundesrat Steinbichler: Muss man sich das nach der Geschäftsordnung anhören?) – Nein, laut Geschäftsordnung nicht, aber als politische Erziehungsarbeit ist das für Sie gar nicht schlecht.

Der Rechnungshof stellt außerdem fest, dass die vom Landesverteidigungsministerium errechneten Lebenszykluskosten nicht die Betriebskosten darstellten, weil nicht alle Kos­tenelemente enthalten waren. – Meine Damen und Herren! Das ist ein ganz gewichtiger Punkt. Über Monate hindurch wurde die Öffentlichkeit und bemerkens­wer­ter­weise offenbar auch die österreichische Bundesregierung über die wahren Kosten dieses Deals getäuscht.

Die Bundesregierung hat einen Beschluss gefasst. Auch dazu sagt der Rechnungshof etwas: „Der im Ministerratsvortrag vom 2. Juli 2002“ – Ende der Prüfperiode – „an­geführte Preis von rd. 1,791 Mrd. EUR für den Kauf von 24 einsitzigen Luftraum­über­wachungsflugzeugen bezog sich auf die Barpreisvariante und nicht auf die neunjährige Finanzierungsvariante, welche von der Bewertungskommission für die Bestbieterer­mittlung herangezogen wurde.“

Die Bundesregierung hat also einen Beschluss gefasst, wurde aufgefordert, einen Be­schluss zu fassen, der betragsmäßig – zunächst einmal nicht bei der Typen­ent­scheidung – in absolutem Widerspruch zu den vom Finanzministerium ermittelten Entscheidungsgrundlagen war.

Der Herr Bundeskanzler – ich weiß nicht, ob ihm das damals bekannt war oder nicht – hat nach dieser Ministerratsitzung voller Begeisterung verkündet, dass die Abfangjäger 1,791 Milliarden € und keinen Cent mehr kosten würden, wie er sich ausdrückte. Das war zum Zeitpunkt, als diese Formulierung verwendet wurde, grundfalsch, weil das Bundesministerium selbst mit völlig anderen Zahlen operierte – mit wesentlich höheren nämlich, damit da keine Missverständnisse entstehen!

Welche Zahlen und wie das alles zustande kam, dazu hat der Rechnungshof eine sehr klare und sehr kritische Meinung: „Die für die Bestbieterermittlung vom BMLV ange­wandte Kosten-Nutzen-Vergleichskonfiguration wies methodische Mängel auf, ... Die für die Kosten Nutzwertanalyse herangezogene Aufteilung der möglichen Nutz­wertpunkte in Soll- und Musskriterien war nicht schlüssig nachvollziehbar.“

Anders ausgedrückt: Man hat ein Rechenexempel unternommen, das den Versuch gemacht hat – der Rechnungshof meint, er ist schief gegangen; ich kann das nach­vollziehen –, die Erfüllung von Kriterien irgendwie mit dem geforderten Betrag der Lieferanten in Einklang zu bringen.

Die Bewertungskommission hat in ihrem Endbericht für den Gripen einen Nutzwert von 902,63 – ich nehme an, 1 000 wäre ideal gewesen, aber das steht nicht da – und für den Typhoon einen Nutzwert von 941,94 errechnet. Das ist auch für mich erkennbar mehr.

Sie hat die Kosten für die damals in Rede stehenden 24 einsitzigen Flugzeuge festgestellt. Ich bleibe jetzt bei dem Betrag, der als Beilieferung zu bezahlen dieser Kom­mis­sionsentscheidung zugrunde gelegt wurde. Das waren beim Gripen 1 856 000 000 €, beim Typhoon 2 085 000 000 €. In einer mathematischen Operation, die in dem Endbericht nicht erklärt wird, die aber der Rechnungshof ziemlich merk­wür­dig findet, ergab sich daraus ein Quotient. Bei diesem Quotienten ergab sich – Be­zahlung bei Lieferung –, dass im Bereich der Hundertstel – der Quotient war 1,21 für den Gripen, 1,25 für den Typhoon – der Gripen um einiges besser gelegen wäre.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 256

Aber damit war das natürlich noch nicht zu Ende, denn es musste jetzt, aus welchen Gründen immer, eine Methode gefunden werden, bei der irgendwo einmal der Eurofighter als Erster herauskommt.

Der Rechnungshof stellt fest: „Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante wurde erst im Zuge der Bewertung und nach Angebotseröffnung festgelegt und war letztlich ausschlaggebend für die Typenentscheidung.“ – Also der Schiedsrichter hat nach dem Abpfiff gesagt: Und übrigens, das in der 70. Minute war ein Goal für die eine Mannschaft. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Wenn nun diese nach Angebotseröffnung festgelegte Qualifikation – es ist die berühm­te neunjährige Zahlungszeit in 18 Halbjahresraten – berücksichtigt wird – ich folge jetzt den Rechenoperationen der Bewertungskommission –, dann ist das – neun Jahre, 18 Halbjahresraten – der einzige Fall, bei dem mit einem Unterschied von zwei Hun­dertstel Quotienten tatsächlich der Typhoon vor dem Gripen liegt. Bei der Zahlung bei Lieferung, bei der Zahlung in fünf Jahren und zehn Halbjahresraten liegt überall – zu­gegebenermaßen knapp – der Gripen vor dem Typhoon. Nur bei neun Jahren und 18 Halbjahresraten ist es der einzige Fall, bei dem laut den Zahlen des Bundes­ministeriums der Typhoon vor dem Gripen liegt.

Das Interessante ist, dass der Rechnungshof zu anderen Zahlen kommt. In jenem Teil der Seite 3, die der Fotokopierer zwar nicht den Journalisten, aber der besagten Web­site zur Verfügung gestellt hat, fasst der Rechnungshof seinen Rahmen der Beur­teilung zusammen. Er schreibt: Angebotspreise in Millionen Euro. – Das ist nichts, was sich ein SPÖ Bundesrat böswillig ausgerechnet hat, sondern das ist das, was der Rech­nungshof offensichtlich in den Unterlagen gefunden hat. Er findet, dass der Unter­schied beim Barpreis ein bisschen größer ist, als in den Unterlagen der Bewer­tungs­kommission erkennbar ist, nämlich rund 180 Millionen € – was nicht wirklich eine Ba­gatelle ist –, und dass dieser Unterschied bei den finanzierten Varianten – offenbar hat EADS die bessere Bank als SAAB – kleiner wird.

Bei der Variante mit zehn Halbjahresraten beträgt der Unterschied „nur mehr“ 127 Mil­lionen €, noch immer kein Pappenstil. Aber – und jetzt achten Sie bitte darauf! – bei 18 Halbjahresraten liegt der Eurofighter nach den Unterlagen des Rechnungshofes immer noch voran. Nur wenn man diese nicht nachvollziehbare mathematische Ope­ration drüberlegt, die drübergelegt wurde, kann man zu der Überzeugung kommen, dass EADS der Bestbieter war und dass der Typhoon auf den ersten Platz kommt. (Zwischenruf des Bundesrates Hösele.)

Herr Kollege! Noch einmal: Ich plädiere nicht für das eine oder andere Produkt, sonst würde ich, unter uns gesagt, dafür plädieren, sich um 1,4 Milliarden € zumindest zu überlegen – ich bin kein Luftfahrtexperte in technischer Hinsicht –, ob das Angebot von Dassault, das seit 5. Juni auf dem Schreibtisch des Ministers liegt und das sich von den anderen dadurch unterscheidet, dass man auch vier doppelsitzige Maschinen um diesen Preis mitbekommen könnte – das ist immerhin um ein Viertel weniger –, nicht doch noch in irgendeiner Weise – wenn auch nach der Ausschreibungsfrist, das weiß ich auch – in die Überlegungen einbezogen werden könnte.

Bemerkenswert ist – nicht nur für mich, sondern vor allem auch für den Rech­nungshof – eine Feststellung, die überhaupt in Frage stellt, was gekauft wird. Ich habe dazu im Zuge der Behandlung einer anderen Dringlichen Anfrage einige Aussagen ge­macht. Mir müssen Sie es nicht glauben, vielleicht glauben Sie es dem Rechnungshof. Der Rechnungshof schreibt – und ich zitiere –: „Die Kampfflugzeuge F-16 und Gripen wurden von österreichischen Piloten und Technikern einer praktischen Flugerprobung unterzogen.“ (Bundesrat Dr. Kühnel: Das haben Sie uns gestern schon alles erzählt!)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 257

Herr Kollege! Ich habe Ihnen das gestern nicht gesagt, weil ich zu einem Zeitpunkt gesprochen habe, als uns diese De-facto-Offenlegung des Rechnungshofberichtes nicht bekannt war und wir daher diese Argumente, wiewohl wir sie hätten verwenden können, aus Respekt vor der österreichischen Rechtsordnung nicht verwendet haben. Das mag Ihnen etwas merkwürdig vorkommen, für Sozialdemokraten ist das eigentlich selbstverständlich. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Na geh!)

Der Rechnungshof, wie ich heute zitieren kann, schreibt weiter: „Der RH vermisste noch vor der Typenentscheidung beim Kampfflugzeug Eurofighter eine praktische Flugerprobung in Österreich,“ – und jetzt wird es lustig – „obwohl die Firma diese Möglichkeit angeboten hatte.“

Das würde mich in hohem Maße interessieren: Warum haben die österreichischen Luftstreitkräfte das vorliegende Angebot, ein Flugzeug, das offenbar ernsthaft im Rennen war, das erkennbar der front runner war, in der Luft auszuprobieren, zu sehen, wie sich das Ding fliegt, ob man damit umgehen kann, ob das den topographischen Gegebenheiten des Landes entspricht, nicht einmal in Erwägung gezogen? Das hätten doch alles vielleicht Fachleute überprüfen sollen. Dieses Angebot der Firma ist unver­ständlicher- und bedauerlicherweise vom Bundesheer nicht genützt worden.

Der Rechnungshof sagt, jene Kriterien, aus denen diese ominösen Quotienten errech­net wurden, seien nicht nachzuvollziehen. – Das ist ein Urteil, das ich mir nicht zu­trauen würde, weil ich von der militärischen Materie zu wenig verstehe. Mich würde zum Beispiel interessieren, ob die Frage der eventuellen Nichtlieferfähigkeit eines der Anbieters irgendwie in diese Punktewertung eingegangen ist, weil zu diesem Zeit­punkt – das ist ein Jahr her – der Eurofighter wirklich nur als Prototyp existierte. Es war auch die Frage durchaus offen, ob dieser je in ausreichender Stückzahl und in einer für uns passenden Konfiguration erzeugt wird. (Bundesrat Bieringer: Worum geht es da jetzt? Den letzten Absatz vorlesen!) – Aber gerne. Jeden!

Herr Bundesminister! Sie werden verstehen, dass es für die Opposition von hohem Interesse ist, nicht nur ... (Bundesrat Bieringer: Das musst du auch vorlesen!) – Überhaupt kein Problem! Wenn ich die Koeffizienten in nicht nachvollziehbarer Art und Weise ... (Bundesrat Bieringer: Das musst du auch vorlesen!) – Gerne, Kollege Bieringer! Bitte keine Aufregung! (Bundesrat Bieringer: Ich rege mich eh nicht auf!)

Du bist schon ganz rot im Gesicht. (Bundesrat Bieringer: Na geh! Bevor ich rot werde, werden noch viele andere schwarz!) – Also diejenigen, die schwarz werden, sind eher Ausnahmeerscheinungen in der österreichischen politischen Landschaft geworden. (Bundesrat Bieringer: 42,7 Prozent!) – Das waren sie einmal. Da kann ich auch mit 51 Prozent argumentieren. Das war auch einmal. Beides ist Geschichte!

Der Rechnungshof stellt auch anderes fest. Ich meine, das muss nicht ich zitieren, das war der Satz, den der Herr Bundesminister den Fernsehzuschauern erzählt hat, aber ich habe kein Problem damit, ihn zu zitieren. Aber: Bitte zuhören! Der Rechnungshof ist eine höfliche Institution. Ich weiß nicht, ob du dich je mit einem Rechnungshofbericht beschäftigt hast. Der Rechnungshof pflegt, etwas feiner zu formulieren, als wir beide es tun – um das freundschaftlich zu sagen. Und diese Sprache muss man auch lesen können.

„Bei seinen Erhebungen“ – das heißt, bei jenem Material, das ihm zugänglich war – „konnte der RH keinen Hinweis auf eine Manipulation der Bewertungsergebnisse und eine damit verbundene Geschenkannahme feststellen.“ (Bundesrat Bieringer: Nur Unterstellungen! Sonst gar nichts!) – Nein! (Bundesrat Bieringer: Hören Sie doch auf! Das ist doch schon ...!)


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 258

Nein, ich höre nicht auf! (Bundesrat Bieringer: Sie tun nur unterstellen, sonst gar nichts!) – Entschuldige! Lieber Kollege Bieringer! (Bundesrat Bieringer: Sie haben gesagt: „bei seinen Erhebungen“! Also nur das, was dem Rechnungshof zur Verfügung gestellt wurde!) – Selbstverständlich! (Bundesrat Bieringer: Das ist eine Unter­stellung!)

Nein, natürlich nicht. (Bundesrat Bieringer: Natürlich ist das eine Unterstellung!) – Nein, geh zum Telefon und ruf Herrn Präsidenten Fiedler an! (Bundesrätin Schicker: Das ist der Wortlaut des Rechnungshofes!) Er wird dir erklären, dass diese Formu­lierung die übliche Schutzformulierung des Rechnungshofes ist, weil er natürlich nicht die Verantwortung dafür übernehmen kann, dass irgendwo in einem Bereich, der ihm nicht zur Kontrolle vorlag, Maßnahmen gesetzt wurden, die letztlich dazu geführt haben, dass das eintrat, was er hier als nicht feststellbar beschreibt. (Bundesrat Bie­ringer: Das stimmt ja nicht! – Bundesrat Hösele: Was leitest du davon ab?)

In den Akten des Verteidigungsministeriums steht nicht, dass jemand etwas geschenkt bekommen hat. Das sagt der Rechnungshof hier. (Bundesrat Mag. Himmer: Er sagt, dass er nicht alles weiß! Überraschung!) – Nein, überhaupt nicht Überraschung. (Bun­desrat Mag. Himmer: Das haut uns jetzt aus den Socken!) – Also, Herr Kollege, das würde ich im Interesse der Jahreszeit nicht wollen. (Heiterkeit.)

Der Rechnungshof stellt weiter fest – ich weiß nicht, warum Sie mich an dieser Stelle unterbrechen; noch einmal, hier führt niemand einen Feldzug gegen EADS –: Im Rahmen der Vergabeempfehlung ... (Bundesrat Hösele: Ah so?)

Herr Kollege! Ich wiederhole es gerne noch einmal für Sie, aber dann in einem Pri­vatissimum und nicht vom Rednerpult aus, denn da verstehe ich Kollegen Bieringer. Wir wollen das nicht überbeanspruchen.

„Im Rahmen der Vergabeempfehlung bis zur Information an den Minister konnte eine versuchte Einflussnahme zugunsten des Produktes der Firma SAAB nicht ausge­schlossen werden.“ – Das ist eine klare und sehr kritische Feststellung, die auch in Rechnung zu stellen ist, auch wenn diese ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter. – Bundesrat Mag. Himmer: Eine Nullum-Aussage ist das!)

Herr Minister! Deshalb, weil jemand Einfluss nimmt, ist doch der andere nicht besser. Zu sagen, SAAB habe versucht, Einfluss zu nehmen, und das sei ein Argument für EADS, ist ungefähr so, wie wenn ich sage, ein Kassenschränker ist ein kleinerer Verbrecher als ein Taschendieb oder umgekehrt. Wenn jemand Einfluss nimmt, dann ist das energisch abzulehnen!

Es ist nicht bewiesen, dass nicht in der anderen Richtung Einfluss genommen wurde (Bundesrat Bieringer: Schon wieder eine Unterstellung!), aber du hast mich auf­gefordert, diesen Satz zu zitieren. Er steht drinnen und er spricht nicht für EADS, sondern gegen SAAB. – Wo ist das Problem, das du damit hast? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Mag. Himmer: Er redet schon eine Stunde! Ihm fällt nichts mehr ein! Es wird immer schlechter!)

Der Rechnungshof – damit ich mich zu diesem Punkt nicht verschweige – weist auch darauf hin, dass er eine Einsichtsbemerkung zum Endbericht nicht nachvollziehen konnte. Die ist aus den Medien bekannt. Es haben einige Offiziere des Bundesheeres Einsichtsbemerkungen gemacht, von denen der Rechnungshof meint, sie haben zur Sachverhaltsklärung nichts beigetragen.

Herr Bundesminister! Was ich hier zitiert habe und was die Kollegen – vor allem die Kollegen, die Kolleginnen waren eigentlich sehr ruhig – von der ÖVP so aufregt (Zwi­schenruf des Bundesrates Hösele) – auch Altpräsidenten! –, sind jene drei Seiten Kurzzusammenfassung am Beginn dieses Rechnungshofberichtes.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 259

Herr Bundesminister! Ganz abgesehen von allen Fragen, die wir Ihnen dazu stellen und durch die wir Sie letztlich auch zum Handeln auffordern, zu klären, wie dieser Bericht in die Öffentlichkeit gelangte, wer daran in Ihrem Haus schuldtragend ist, ist die Frage zu stellen, ob Sie nicht in Ihrem ureigensten Interesse gut daran täten, den gesamten Rechnungshof-Rohbericht zur Verfügung zu stellen – selbstverständlich exklusive jener Teile, in denen militärische Geheimnisse berührt werden und natürlich einschließlich Ihrer Einsichtsbemerkungen. – Sie haben das gute Recht, auch gegen­über der Öffentlichkeit zu sagen, dass der Rechnungshof sich in einem Fall in der Beurteilung oder einer Feststellung geirrt hat. Das tut jede Behörde nach einer Rech­nungshofprüfung. Manchmal stimmt es auch.

Diese Diskussion werden Sie aber nicht mehr loswerden. Dass wir diesen Bericht irgendwann einmal nach Ablauf der drei Monate, die Ihnen als Frist für Ihre Anmer­kungen hiezu gestellt sind, die der Rechnungshof dann in welcher Form auch immer einarbeitet, ins Parlament – in diesem Fall leider nur in den Nationalrat – bekommen, ist meiner Meinung nach einige wenige Tage vor dem Inkrafttreten des Vertrages zu wenig.

Vergessen wir nicht: Am Ende eines weiteren Teiles des Beschaffungsvorgangs von zwölf Monaten haben Sie einen Vertrag unterschrieben – einen Vertrag zu wesentlich höheren Kosten, als sie jemals vom Bundesheer und vom Bundeskanzler für mehr Flugzeuge genannt wurden.

Wir haben inzwischen geklärt, dass auch diese Kosten, die Sie genannt haben, weit davon entfernt sind, vollständig zu sein, weil wir beispielsweise zusätzlich Raketen zu beschaffen haben, weil die Frage der Überbrückungslösung völlig offen ist und weil im Detail eine Reihe von Nebenforderungen ebenfalls nicht enthalten sind.

Dieser Vertrag, den Sie, wie ich meine, voreilig und leichtfertig unterschrieben haben – aus rechtlicher Sicht; die politische Verantwortlichkeit ist eine zweite Sache –, tritt voraussichtlich am 7. August in Kraft. Wenn er in Kraft tritt, dann ist diese Bestellung – was auch immer die Rechnungshofprüfung der zweiten zwölf Monate Beschaffungs­vorgang ergibt – rechtens erfolgt, und sie ist von der Republik zu erfüllen und vor allem zu bezahlen.

Sie haben also knapp 14 Tage Zeit, wenn ich das richtig rechne, noch einmal zurück­zurudern. Ich glaube, dass eine Ausgabe von weit mehr als 2 Milliarden € aus Steuer­geldern ein nochmaliges Überdenken verdient. – Sagen Sie uns bitte nicht wieder, das kommt ohnehin nicht gleich zum Tragen! Ob man es jetzt bezahlen muss oder später, macht einen relativ geringfügigen Unterschied. Mit den Finanzierungskosten müssen wir es nach Lieferung in 18 Halbjahresraten bezahlen. – Das macht das Ding teurer und nicht billiger.

Herr Bundesminister! Das ist eine Entscheidung, die auf ein Jahrzehnt und mehr die finanzielle Belastung des Bundesheeres sehr einseitig orientiert, um es einmal freund­lich zu formulieren. – Ich muss nicht noch einmal mit dem Maserati kommen, das habe ich wirklich gestern gesagt.

Wahr ist aber, dass für wichtige Aufgaben in der Landesverteidigung, für wichtige Beschaffungen im Bundesheer auf Jahrzehnte oder zumindest ein Jahrzehnt hinaus keine Mittel vorhanden sein werden. Die Vertreter anderer Waffengattungen werden neidisch auf die Luftstreitkräfte schauen, was ein psychologisches Problem ist.

Es wird jedoch schwarze Löcher sonder Zahl bei den anderen Waffengattungen geben, weil in dem Budget für andere, meiner Einschätzung nach vordringliche Beschaffungs­vor­gänge kein Geld mehr vorhanden sein wird.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 260

Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen wiederholt gesagt, mit der Vorgeschichte sind Sie nicht belastet. In dem Zeitraum, der vom Rechnungshof geprüft wurde, waren Sie weit weg vom Bundesministerium für Landesverteidigung. Den Zeitraum, von dem ich anrege, dass Sie ihn prüfen lassen, haben Sie zu gut drei Vierteln weit weg vom Landesverteidigungsministerium zugebracht.

Ich glaube, Sie wären gut beraten, sich nicht für Vorgänge vereinnahmen zu lassen, die Sie nicht zu verantworten haben. Sie hätten die Chance gehabt – und in einem ge­ringeren Umfang haben Sie sie noch immer –, einen Neuanfang zu probieren.

Herr Bundesminister! Wir wären bereit – ich sage das mit vollem Ernst –, bei einem solchen Neuanfang auch mitzumachen, wenn viele Fragen, die da immer als nicht diskussionswürdig beiseite geschoben wurden, einmal diskutiert werden könnten.

Es liegt in Ihrer Hand, ob Sie sich bruchlos zum Erben einer verfehlten Politik erklären oder ob Sie sich dieses verhängnisvollen Erbes entschlagen. – Ich rate Ihnen zur Ent­schlagung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an ihn gerichteten Anfrage erteile ich Herrn Bundesminister Platter das Wort. – Bitte.

 


17.27

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Meine Damen und Herren! Zuerst darf ich ein recht herzliches „Grüß Gott“ sagen. An mich ist vorhin draußen folgende Frage gerichtet worden: Wie geht es dir damit, dass du wieder eine Dringliche Anfrage hast? Du hättest dich ja vertreten lassen können! – Da habe ich folgende Antwort gegeben: Ich war sechs Jahre lang Abge­ordneter des Nationalrates, und ich sehe es auch als meine Verpflichtung, mich diesen Fragen zu stellen und eine entsprechende Beantwortung durchzuführen. Das werde ich heute wiederum – zum fünften Mal – sehr gerne tun. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Him­mer.) Eines ist klar: Man kann es drehen und wenden, wie man will, man kann natürlich bestimmte Punkte herausnehmen – das ist auch völlig richtig –, aber die Kern­sätze des Rechnungshof-Rohberichtes sind, dass die Bestbieter-Ermittlung mit der Entscheidung für Eurofighter Typhoon zu Recht erfolgt ist.

Es steht ganz klar und eindeutig drinnen, dass es keine Geschenkannahme, keine Manipulation gegeben hat, obwohl das immer wieder behauptet wird. Es steht auch ganz klar drinnen, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren zurückgelegt hat und dass auch das Berechnungssystem für den Rechnungshof nachvollziehbar und trans­parent war.

Das sind Punkte, die sehr wesentlich sind, und ich fühle mich auch verpflichtet, das der Öffentlichkeit zu sagen, damit man keine Sorge haben muss, dass hier etwas passiert ist, was sehr unangenehm sein könnte.

Natürlich – und das sage ich auch – gibt es Kritikpunkte und auch Anregungen und Empfehlungen. Ich war selber zwölf Jahre Bürgermeister der Gemeinde Zams, und man ist auch immer wieder überprüft worden. Da kamen auch immer wieder Kritik­punkte, Empfehlungen und Anregungen, und man hat versucht, diese Kritikpunkte entweder zurückzuweisen, wenn man entsprechende Argumente hat – das werden wir in verschiedenen Bereichen machen –, und Anregungen aufzunehmen, damit es das nächste Mal wieder besser ausschaut. – Das ist ein ganz legitimer Vorgang, den ich als Bürgermeister kenne.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 261

Genau so ist das mit dem Rechnungshofbericht zu sehen: dass der Rohbericht eine Stellungnahme des Rechnungshofes ist und nun innerhalb der nächsten drei Monate eine seriöse Stellungnahme unseres Hauses erfolgt, in der es viele Punkte geben wird, in denen wir eine ganz andere Position und auch Fakten zur Verfügung haben. In anderen Punkten wird man anmerken, dass man die eine oder andere Angelegenheit künftig besser machen muss.

Das ist ein ganz klarer Vorgang, aber das Wichtigste ist, dass es in sauberer Weise erfolgt ist, meine Damen und Herren! Das Wichtigste ist, dass es zu Recht erfolgt ist, und ich würde Sie, Herr Bundesrat Konecny, als wirklich erfahrenen Parlamentarier bitten, das auch zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben hier einige Punkte aus der Kurzfassung des Rechnungshof-Rohberichtes vorgelesen und sind sehr intensiv darauf eingegangen. Ich möchte aber auch sagen: Das waren vorwiegend Punkte, die für Eurofighter gesprochen haben. – Das müssen Sie schon auch ganz deutlich sehen. Ich möchte nicht länger darauf eingehen, weil wir ohnehin eine Stellungnahme abgeben, aber ich muss das sagen: Wenn Sie da so argu­mentieren, ist das ein Plus für die Entscheidung, die die Bundesregierung getrof­fen hat.

Herr Bundesrat Konecny! Ich habe Sie als erfahrenen Parlamentarier sehr geschätzt – ich schätze alle Abgeordneten, ob zum Nationalrat, zum Bundesrat oder Landtags­abgeordnete –, ich hätte mir aber nicht gedacht, dass Sie Anzeige an die Staatsanwalt­schaft erstatten, und zwar nicht gegen unbekannt, sondern gegen mich persönlich. (Bundesrat Konecny: Sie sind der Einzige, der ...!) Ich habe hier gestern ganz klar mitgeteilt, dass ich damit nichts zu tun habe. Trotzdem unterstellen Sie mir und verdächtigen mich – wenn man Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet, verdäch­tigt man jemanden –, dass ich solche Dinge weitergegeben habe. (Bundesrat Ko­necny: Sie haben gesagt, es hat niemand Zugang gehabt!)

Glauben Sie ernsthaft, dass ich irgendein Interesse habe, dass in diesem Journal „airpower“ von einem privaten Verein die gesamte Kurzfassung zu lesen ist? – Das wer­den Sie wohl zu Recht nicht glauben! Trotzdem erstatten Sie Anzeige gegen mich. Das weise ich vehement zurück! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Ich möchte wiederholen, was ich das letzte Mal gesagt habe: Ich bin es normalerweise gewohnt, immer seriöse Auskünfte zu geben und dass man ohne Aufregung bestimmte Dinge zum Ausdruck bringt, aber Sie bestätigen damit wieder einmal, dass man oft jemanden „anpatzt“ und hofft, dass etwas hängen bleibt. – Das finde ich nicht in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP – in Richtung SPÖ –: Schämen Sie sich!)

Nun komme ich zur Beantwortung der Fragen.

Zur Frage 1:

Soweit erkennbar, stimmen die auf der Homepage veröffentlichten Seiten mit Seiten des Rechnungshof-Rohberichtes überein.

Zur Frage 2:

Der Sachverhalt ist Gegenstand einer entsprechenden Überprüfung.

Zur Frage 3:

Nein. Ich verweise auf die Antwort zu Frage 2.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 262

Zu den Fragen 4 und 5:

Ich habe der Kontrollsektion den Auftrag erteilt, eine Überprüfung durchzuführen.

Zur Frage 6:

Diese Frage bildet den Gegenstand der Untersuchung.

Zu den Fragen 7 und 8:

Nein. Auf der Webseite war ausdrücklich folgender Zusatz veröffentlicht:

Diese Webseite ist nicht kommerziell und wird „weder auf Wunsch noch mit Geneh­migung des Bundesministeriums für Landesverteidigung erstellt und betrieben. Ebenso wenig besteht Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit oder finanzielle Förderung von Seiten des Bundesministeriums für Landesverteidigung, Unternehmen oder Repräsen­tanten der Luftfahrtindustrie, noch irgendeiner anderen Organisation oder Person. Die hier veröffentlichten Artikel oder Forumbeiträge können beziehungsweise sollen infor­mativ und dadurch möglicherweise meinungsbildend sein, haben jedoch in keinster Weise offiziellen Charakter im Sinne jener oben genannten Dienststellen, juristischen oder natürlichen Personen. Sie spiegeln einzig die persönliche Meinung des/der Auto­ren wider und unterliegen deren Verantwortung.“

Das heißt, natürlich hat das Bundesministerium für Landesverteidigung damit über­haupt nichts zu tun.

Zu den Fragen 9, 10 und 11:

Es ist mir nicht bekannt, ob aktive Angehörige des österreichischen Bundesheeres oder auch Milizangehörige Artikel in diesem Medium verfasst haben. Sollten Ange­höri­ge dieses Ressorts in der Fachzeitschrift mitgearbeitet haben, so geschah das keines­falls in dienstlichem Auftrag, und ich habe auch nichts davon gewusst. Der Vorgang bildet somit keinen Gegenstand der Vollziehung durch das Bundesministerium für Lan­desverteidigung.

Zur Frage 12:

Bei der österreichischen Offiziersgesellschaft handelt es sich um einen privaten Ver­ein. Ich stelle das klar: Es handelt sich hier um einen rein privaten Verein, und beim genannten Internetmagazin um eine private Publikation. Beide Organisationsformen bilden nicht den Gegenstand der Vollziehung des Bundes.

Zur Frage 13:

Nein.

Und nun ganz bewusst zu den Fragen 14 bis 34:

Ich bitte Sie, gut zuzuhören! Der Rohbericht des Rechungshofes ist am Mittwoch, den 16. Juli 2003, im Ministerium für Landesverteidigung eingelangt. Ich habe den Roh­bericht des Rechungshofes am Donnerstag, den 17. Juli 2003, erhalten. Das Rech­nungshofgesetz sieht für die überprüfte Stelle die Möglichkeit vor, zu einem Rohbericht innerhalb von drei Monaten Stellung zu nehmen. Diese Frist hat den Sinn, der geprüften Einrichtung eine objektive inhaltliche Bewertung der Kritikpunkte zu ermög­lichen.

Ich habe der zuständigen Stelle meines Ressorts den Auftrag erteilt, eine Stellung­nahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung auszuarbeiten. Ich darf darauf hinweisen, dass die von Ihnen gestellten Fragen genau den Inhalt der Stellungnahme betreffen, die zurzeit durch das Bundesministerium für Landesverteidigung zum Rech-


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nungshof-Rohbericht erarbeitet wird. Sie sind somit Gegenstand des laufenden Prü­fungsverfahrens des Rechnungshofes.

Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich von einer inhaltlichen Stellungnahme Abstand nehme. Das wäre auch nicht im Interesse des Rechnungshofes, auch nicht im Interesse der geprüften Stellen, denn es muss seriös eine Stellungnahme erarbeitet werden, und wenn der Endbericht vorliegt, haben Sie schlussendlich ausreichend Gelegenheit zu einer politischen Diskussion. – Ich freue mich schon darauf.

Zu den Fragen 35 und 36:

Ich habe im Sinne von § 5 des Rechnungshofgesetzes den Auftrag erteilt, eine ent­spre­chende Stellungnahme zum vorliegenden Rechnungshof-Rohbericht auszuarbei­ten. Darüber hinaus habe ich in Entsprechung eines Ersuchens des Präsidenten des Rechnungshofes den Auftrag erteilt, erforderlichenfalls jene Punkte zu bezeichnen, die nach Auffassung des Bundesministeriums für Landesverteidigung einer besonderen Geheimhaltung unterliegen.

Nach Vorliegen dieser Stellungnahme wird sie dem Rechnungshof übermittelt werden. Der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes wird gemäß Art. 126d Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz der parlamentarischen Behandlung zugeführt.

Abschließend lassen Sie mich Folgendes sagen: Es hat einige Äußerungen von Herrn Abgeordnetem Konecny gegeben, insbesondere, dass ich nicht bereit sei, eine Dis­kussion über die Landesverteidigung, aber auch über die gesamte Sicherheits­proble­matik in Österreich zu führen. Ich sage Ihnen: Das ist nicht der Fall. Wir werden – und ich hoffe, dass hier alle Parteien engagiert mitarbeiten – im Zuge der Bundesheer-Re­formkommission eine sehr intensive Diskussion rund um die Verteidigungspolitik füh­ren. Ich halte hier fest, dass wir die militärische Landesverteidigung auch künftig ernst zu nehmen haben und dass wir natürlich neutral sind. Absurd ist, dass Sie dabei die Luftraumsicherung in Frage stellen. Darüber hinaus werden wir im Bereich des Katastro­phenschutzes besonders engagiert sein. Assistenzleistung, aber auch die inter­nationalen Solidaritätsleistungen werden in Zukunft Priorität haben, und das wird Gegenstand der gesamten Diskussion sein. Ich werde hier eine breite Diskussion ins Leben rufen, an der militärische, aber auch zivile Experten teilnehmen werden. Ich ha­be bereits den Präsidenten des Nationalrates gebeten und eingeladen, dass alle par­lamentarischen Parteien bei dieser Diskussion mit dabei sind.

Herr Bundesrat! Es wird daher in den nächsten Monaten eine intensive Diskussion geben. Diese halte ich für sehr wichtig ist, denn vor allem angesichts der Entwicklung der einzelnen Staaten in Europa müssen wir diesen Weg ebenfalls gehen und eine en­ga­gierte Diskussion über die Zukunft der Verteidigungspolitik und daraus resultierend auch der Aufgabenbereiche des österreichischen Bundesheeres führen.

Darüber hinaus haben Sie erwähnt, dass die Beschaffungsmaßnahme der 18 Euro­fighter das Budget des österreichischen Bundesheeres sehr strapazieren wird. Das stimmt nicht! Ich sage hier eindeutig, dass die Mittel für die 18 Eurofighter inklusive System, Logistik, Finanzierungskosten ausschließlich vom Bundesministerium für Fi­nanzen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus habe ich ausverhandelt, dass auch jene Kosten, die über die Betriebskosten der Draken hinausgehen, zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, mit einer Deckelung von 50 Millionen € – einer Deckelung von 50 Millionen € deshalb, weil wir einen hervorragenden Simulator bekommen wer­den, der es ermöglicht, dass die Piloten am Simulator arbeiten können und das Gerät kennen lernen. Wir werden uns dadurch auch entsprechende Flugkosten ersparen.

Im Übrigen darf ich auf Folgendes verweisen. Wenn man Sorge hat, dass die Auf­ga­ben des österreichischen Bundesheeres wegen dieser Beschaffungsmaßnahme nicht


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mehr entsprechend durchgeführt werden können, weil zu wenige finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, darf ich darauf hinweisen, dass wir im Budget 2003 und 2004 jeweils 69 Millionen € zusätzlich zur Verfügung haben. Sie werden festgestellt haben, dass wir neue Kampfanzüge bestellt haben, dass wir im Bereich des Fuhrparks einiges tun werden, auch in Bezug auf Funkgeräte, Zelte und dergleichen mehr. Wir haben einen Weg eingeschlagen, der zweifellos in die richtige Richtung führt. Glauben Sie mir, dieser engagierte Weg wird unabhängig von der Beschaffungsmaßnahme Euro­fighter fortgesetzt! (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus haben Sie bezweifelt, dass Eurofighter flugtauglich sind, und Zweifel betreffend Überprüfung und dergleichen mehr geäußert. Hiezu muss man sagen, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung bei solchen Beschaffungsvorhaben im­mer die Möglichkeit sucht, sofern es notwendig ist, dass Erprobungsflüge durchgeführt werden. Aber wenn eine Dokumentation von Betreibernationen vorhanden ist, in der jede Situation millimetergenau dargestellt wird, und wenn schon Serienflugzeuge aus­geliefert wurden, wie das am 30. Juni der Fall war und wie es in den nächsten Jahren ebenfalls der Fall sein wird, so ist die gewählte Vorgangsweise natürlich richtig.

Außerdem haben – wenn ich die Veranstaltung „Airpower“ erwähnen darf – alle gese­hen, was dieses Flugzeug Eurofighter zu leisten imstande ist und dass dieses Gerät Eurofighter jedem Wettbewerb standhält. Es liegt, wenn man den Stand der Technik betrachtet, weit besser als alle Mitbewerber, die in diesem Bewertungsverfahren mit bewertet wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Glauben Sie mir zum Schluss eines: Ich habe höchstes Interesse daran, dass dieser Beschaffungsvorgang gut über die Bühne geht und auch weiterhin ordentlich abläuft. Und Sie können mir glauben, dass ich mich von diesem Weg nicht abbringen lassen werde! – Danke schön. (Bravorufe und anhal­tender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.43

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nun in die Debatte ein, in der die Redezeit einer jeden Bundesrätin und eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten be­grenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Reinhard Todt das Wort.

 


17.44

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! In Ihrer Beantwortung unserer Dringlichen An­frage haben Sie gemeint, dass Sie zu einigen Fragen, die hier gestellt worden sind, nicht Stellung beziehen müssen. Das zeigt umso mehr auf, dass Sie sich aus diesem Rechnungshofbericht im Prinzip nichts anderes als die Rosinen herausgepickt haben, die Dinge, die für Sie günstig waren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Das gibt es ja nicht!)

Das gibt es deswegen, weil der Herr Bundesminister die Fragen, die hier gestellt wor­den sind, einfach nicht beantwortet hat! Denn würde er sie beantworten, dann wüss­ten wir es ja. Es geht hier um diesen Beschaffungsvorgang, und dieser Beschaf­fungs­vorgang ist nach wie vor höchst aufklärungswürdig. Wir haben die Pflicht und auch das Recht, dass dieser Beschaffungsvorgang aufgeklärt wird.

Es gibt eine Reihe von Fragen, die ganz einfach nicht beantwortet wurden oder nicht beantwortet werden wollen – denn sonst würden nicht im Rechnungshofbericht auch Fragen gestellt, die Sie, obwohl dieser Rohbericht vorliegt, nicht beantworten –, heikle Fragen in Bezug auf die Konkretisierung der Leistungsbestimmungen. Es sind zum Beispiel Muss-Bestimmungen der ursprünglichen Ausschreibung abgeändert worden.


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Das Problem, das sich dabei auftut, ist ganz einfach das, dass es mögliche Scha­denersatzforderungen von den anderen Anbietern geben kann. Diese Frage steht nach wie vor im Raum.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass es mit der Firma EADS Absprachen gegeben hat. Sonst könnten nicht Dinge wie folgt formuliert werden – ich zitiere „NEWS“ (Hei­terkeit des Bundesrates Mag. Himmer): Wenn auch nicht für die umstrittene Prüfung des Rechnungshofs, weil im Rahmen der freihändigen Vergabe im Wettbewerb durch­aus zulässig, so doch für einen möglichen Untersuchungsausschuss des Parlaments zu den Abfangjägern in Zukunft höchst brisant: Was passierte in den letzten sieben Tagen vor der Typenentscheidung, zwischen 25. Juni und 2. Juli 2001? Am 25. Juni hielten vier ranghohe Militärs per Einsichtsbemerkung schriftlich fest, dass der Gripen das Rennen gemacht habe. Mit selbem Tag datiert ein nie beschlossener Minister­ratsvortrag des damaligen Verteidigungsministers Herbert Scheibner, der ebenfalls ein­deutig dem Schwedenbomber den Vorzug gab. Eine Woche später war alles anders: Ein neuer Ministerratsvortrag Scheibners empfiehlt plötzlich den Eurofighter zum Kauf. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich frage mich, was da passiert ist, dass es dann auf einmal zu dieser Entscheidung gekommen ist. Die Begründung, die Kreditlaufzeit und so weiter, ist von Herrn Kollegen Konecny ausführlich besprochen worden. (Ruf bei der ÖVP: Brandneu! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Eine weitere Frage, die sich mir stellt, ist, warum F-16 unbedingt ausgeschieden wor­den ist. Das sagt der Manager von F-16: Ausdrücklich wies dieser Manager darauf hin, dass die F-16 den Kriterien des österreichischen Bundesheers voll gerecht werden. Im Vorjahr hatte die zuständige Heereskommission vor der Typenentscheidung die Be­wer­tung des US-Jets eingestellt, weil Angaben zu zwei geforderten Kriterien gefehlt haben. Im Herbst habe der damalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner dann aber brieflich bestätigt, dass die F-16 den Kriterien entspreche.

Ich denke mir, das alles sind aufklärungsbedürftige Vorkommnisse, die in dieser Zeit, um die es in diesem Rechnungshofbericht geht, ganz einfach hätten geklärt werden müssen. Ich frage Sie, Herr Minister, warum Sie uns diesen Bericht nicht einfach zur Verfügung stellen, damit wir selbst nachlesen können, worum es geht.

Zu Ihrer Äußerung, die Offiziersgesellschaft sei ein privater Verein und habe mit an­deren Dingen nichts zu tun: Ihr Büroleiter war Vorsitzender der Offiziersgesellschaft und kann dann, wenn er ausscheidet, wieder Vorsitzender der Offiziersgesellschaft sein. Ich denke mir, das ist doch Bundesheer-nahe, wenn im Förderungsbericht Ihres Ministeriums die Förderung der Offiziersgesellschaft ausdrücklich drinsteht! Sie fördern doch die Offiziersgesellschaft! Oder ist das nicht der Fall? (Bundesminister Platter: Ich habe von „Airpower“ ...!)

Nein, Sie haben hier ausdrücklich gesagt, dass die Offiziersgesellschaft ein privater Verein ist! Dass „Airpower“ auch ein privater Verein ist, das stimmt, das ist richtig – aber richtig ist auch, dass die Offiziersgesellschaft ein privater Verein ist. Ich denke mir, dass die Offiziersgesellschaft durchaus Bundesheer-nahe sein muss, denn sonst würden Sie sie nicht fördern. Warum fördern Sie sie dann?

Sie hat einen bestimmten Zweck zu erfüllen und erfüllt natürlich auch den Zweck. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Dieser Zweck ist ja ausschließlich darauf ausgerichtet, be­stimmte ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das sehen Sie zu stark vom Vereinsrecht ...! – Ruf bei der ÖVP: Sie haben nur rote Vereine ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) – Nein, ich kritisiere überhaupt nicht, dass der Herr Verteidigungsminister die Offiziersgesellschaft fördert. Ich wehre mich nur dagegen, dass das ausschließlich ein privater Verein ist, und gegen diese


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Aussage, dass dieser überhaupt nicht Bundesheer-nahe ist. Darum geht es ja in diesem Zusammenhang. Die Offiziersgesellschaft hat eben in ihren Publikationen zu diesem Beschaffungsvorgang eindeutige Prämissen erkennen lassen. Daher gibt es eine Verbindung.

Ich behaupte jetzt ganz einfach auch, dass es eine Verbindung zwischen diesem – unter Anführungszeichen – „privaten Verein“ Offiziersgesellschaft und dem privaten Verein „Airpower“ gibt. Ich denke mir, vielleicht geht Herr Martin Rosenkranz von „Airpower“ bei Ihnen ein und aus (Bundesrat Kneifel: Wie heißt er?), hat sich den Rechnungshofbericht mitgenommen und dann ganz einfach auf die Homepage gestellt. (Bundesminister Platter: Das ist eine unglaubliche Unterstellung, was Sie da sagen!) Wieso ist das eine unglaubliche Unterstellung? (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Herr Bundesminister, es ist ganz einfach so: Würden Sie uns auf unsere Fragen Antworten geben, dann würde ich nicht diese Behauptungen aufstellen können. Die Fragen beantworten Sie ganz einfach nicht, und das ist das Problem.

Mittlerweile ist es auch so, dass viele Zeitungen schon Anfragen gestellt haben. Per E-Mail haben Sie ja von der „Kleinen Zeitung“ eine Anfrage bekommen zu diesem privaten Verein „Airpower“ und zum Rechnungshofbericht, und zwar danach, woher diese Informationen gekommen sind.

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie auf noch einen Punkt, den Sie in Ihrer Anfra­gebeantwortung meiner Meinung nach nicht ausreichend beantwortet haben, aufmerk­sam machen. Nach der Strafprozessordnung 1975, § 84, haben Sie diese Pflicht, und das steht ganz genau drin: „Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde verpflichtet.“ Das heißt, Sie sind nach § 84 der Strafprozessordnung verpflichtet, über den Verbleib dieses Rechnungshofberichtes eine Anzeige zu erstatten. So steht es in der Strafprozessordnung drin! (Bundesrat Mag. Himmer: Über den Verbleib des Rechnungshofberichts?)

Herr Bundesminister! Mir scheint dieser Beschaffungsauftrag sehr aufklärungswürdig zu sein. Daher stelle ich folgenden Entschließungsantrag (Ruf bei der ÖVP: Das auch noch!):

Entschließungsantrag

der Bundesräte Todt und KollegInnen betreffend Offenlegung des Rechnungshof-Rohberichtes

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Bundesrat hat beschlossen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, den Inhalt des Rech­nungshof-Rohberichtes betreffend Verdacht der Manipulation der Bewertungsergeb­nisse und der damit verbundenen Geschenkannahme durch Bedienstete des BMLV, welchen er am 18. Juli 2003 in der ZiB 2 präsentiert hat, den Bundesräten umgehend zur Verfügung zu stellen.

*****

Ich stelle einen zweiten Entschließungsantrag:


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Entschließungsantrag

der Bundesräte Todt und KollegInnen betreffend Wunsch des Bundesrates an den Bundesminister für Landesverteidigung, eine weitere Rechnungshofprüfung betreffend die Beschaffung der Abfangjäger für den Zeitraum 2. Juli 2002 bis 1. Juli 2003 (Ver­trags­unterzeichnung) vom Präsidenten des Rechnungshofes zu verlangen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Bundesrat hat beschlossen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, an den Präsidenten des Rechnungshofes ein Prüfverlangen zu richten, welches die Beschaffung der Abfang­jäger für den Zeitraum 2. Juli 2002 bis 1. Juli 2003 (Vertragsunterzeichnung) samt allen in diesem Zusammenhang stehenden Sachverhalten zum Inhalt haben soll.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

17.54

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die von den Bundesräten Todt, Kolleginnen und Kolle­gen eingebrachten Entschließungsanträge – zum einen betreffend Offenlegung des Rechnungshof-Rohberichtes, zum anderen betreffend eine weitere Rechnungshofprü­fung betreffend die Beschaffung der Abfangjäger für den Zeitraum 2. Juli 2002 bis 1. Juli 2003 – sind genügend unterstützt und stehen demnach mit in Verhandlung.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel das Wort.

 


17.55

Bundesrat Dr. Franz-Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das fünfte Mal treffen wir uns jetzt hier zu einem Thema, das offensichtlich immer noch nicht ganz erschöpft ist. Aber an Neuigkeiten habe ich heute eigentlich nur sehr wenig erfahren. (Beifall bei der ÖVP.) Vielleicht, dass es eine Website von „airpower.at“ gibt – das ist immerhin schon eine sehr tief schürfende und hochinteressante Erkenntnis!

Eines möchte ich schon sagen – und hier gilt ein alter römischer Grundsatz –: Roma locuta, causa finita! Dies bedeutet: Wenn der Rechnungshof festgestellt hat, dass der Eurofighter Bestbieter war, dann möge man das doch zur Kenntnis nehmen! Aber man nimmt das nicht zur Kenntnis (Bundesrat Manfred Gruber: Weil es ja nicht stimmt!), sondern hier wird wieder herumgezogen, in alle möglichen Richtungen, und dies in Frage gestellt. (Bundesrat Manfred Gruber: Weil es ja nicht stimmt, Herr Kollege!) Bitte, hier muss man sich schon fragen, ob nicht ein bisschen auf den Nerven von allen Möglichen herumgetanzt wird, um irgendetwas zu erreichen!

Das Zweite ist der Rohbericht, der von Ihnen, Herr Abgeordneter Todt, erwähnt worden ist. Gestern wurde mir gesagt, Sie hätten den Rohbericht nicht. Heute habe ich den Eindruck gewonnen, Sie müssen ihn schon genau kennen. (Bundesrätin Auer: Aus dem Internet haben wir ihn!) Ich kenne ihn bis heute nicht. Mein Nachbar hat mir auch versichert, dass er ihn nicht kennt. (Bundesrat Konecny: Haben Sie kein Internet?) Daher sollte man, wenn man schon so sophistische Äußerungen wie der Herr Profes­sor von sich gibt, wirklich einmal in aller Seriosität und Ruhe den Inhalt dieses Berichts studieren, um dann ein Urteil abzugeben.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 268

Das Nächste ist, dass wieder darauf hingewiesen wurde, es hätte Absprachen mit EADS und so weiter gegeben. Bitte, dann hätte ich aber, wenn hier immer wieder von Beweismitteln gesprochen wird, auch gerne gewusst: Wann war das? Wo war das? Zu welcher Uhrzeit war das? Außerdem würde ich gerne wissen, was in dem Gespräch gesprochen worden ist. Das kann ich als echten Beweis anerkennen, aber nicht ein „Die habe ich hier in der Säulenhalle gesehen, da sind sie hinter einer Säule gestanden und haben gesprochen“ – vielleicht über das Wetter, gut! (Bundesrat Manfred Gruber: Das sind ja Märchen!)

Das Nächste ist, dass hier „NEWS“ und so weiter zitiert wird. Ich sehe hier, dass der Herr Professor mit großem Interesse diese wichtige Postille liest; oder ist es eine andere? – Diese als Beweismittel anzuführen, würde ich mich nicht trauen, und ich glaube auch kaum, dass dies in einem echten Strafverfahren standhalten würde. (Bun­desrat Manfred Gruber: Dann klagen Sie!)

Dann die OG, die immer wieder zitiert wird: Die Offiziersgesellschaft ist ein privater Verein und hat privat gewählte Organe. Dass das Bundesministerium für Landes­verteidigung unter Umständen eine gewisse Subvention gibt – bitte, dann lesen Sie einmal das „Amtsblatt der Stadt Wien“ durch, dieses gelbe Büchlein, das auch ich als Bezirksrat bekomme! Da sehe ich dann, welche Subventionen in alle möglichen Richtungen gehen, und da wird auch nicht sofort behauptet: die beeinflussen dieses und jenes!, sondern das gehört einfach dazu.

Als Nächstes eine Anmerkung – darf ich Sie, Herr Professor, persönlich ansprechen? (Bundesrat Konecny liest in einer Zeitschrift.) Aber Sie interessiert das alles jetzt ohnehin nicht mehr; Sie haben Ihren Redebeitrag abgeliefert und in jede Richtung skandalisiert, das genügt Ihnen! – Ich sage es aber trotzdem: Irgendwie habe ich den Eindruck, zwischen Nationalrat und Bundesrat, zwischen dem geschäftsführenden Klub­obmann Cap und Ihnen ist eine Art Stachanow-System installiert worden. (Heiter­keit des Bundesrates Konecny.) Nämlich: Wer stellt die meisten Dringlichen Anfragen? (Bundesrat Konecny: Nein!) Offensichtlich möchten Sie die Nase vorn haben. (Bundesrat Konecny: Das ist falsch!) Irgendwie schaut das jetzt so aus! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Laut Geschäftsordnung des Nationalrates wäre Kollege Cap ...!)

Dann noch etwas zu den Abläufen im Bundesministerium für Landesverteidigung: Das Bundesministerium für Landesverteidigung ist ein Ressort mit an die 900 Bediens­teten – früher hatten wir einmal 1 400, dann gab es die Reorganisationen, Ausgliede­run­gen, Verschiebungen; derzeit dürften es an die 900 sein –, und es ist eine Illusion, anzunehmen, dass bei der Papierflut, bei der Antragsflut pro Tag der Herr Bundes­minister genau, sofort in Ist-Zeit weiß, was alles im Ressort geschieht. (Bundesrat Konecny: Postwurfsendungen und Rechnungshofberichte sind bei Ihnen gleichwertig!) Ja sicher. (Bundesrätin Schlaffer: Er hat sicher eine gute Kanzlei!) Es kriegt jedes einmal eine Einlaufzahl, und dann wird es der entsprechenden zuständigen Abteilung zugewiesen. Das ist dort so. Arbeiten Sie einmal dort, Sie werden sehen, dass dieses System hervorragend ist, denn man findet nämlich auch nach einigen Jahren immer noch die Unterlagen. Daher sollte man das nicht so leichtfertig auf Grund eines Vor­schlages des Herrn Professors abschaffen.

Dann hat der Herr Professor erwähnt, es gebe neue Tatsachen, und diese neue Tat­sache war, dass der Herr Kollege Gruber gestern mit irgendetwas gewachelt hat. Das waren eben diese berühmten vier Seiten, die wir auch in der Anfrage sehen. Das sind also die neuen Tatsachen, die zur heutigen Dringlichen Anfrage veranlasst haben. Wenn ich mir diese interessanten Seiten, mit denen hier gewachelt worden ist, aus­drucken lasse – ein Teil ist in der Anfrage drinnen –, dann stelle ich fest: „Alles über www.airpower.at“. Und da steht eben drinnen, wie der Herr Bundesminister schon


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zitiert hat, dass es ein rein privater Verein ist. (Bundesrat Konecny: So privat wie die „New Economy“!) „Ebenso wenig besteht Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit oder finanzielle Förderung von Seiten des Bundesministeriums für Landesverteidigung, Unternehmen oder Repräsentanten der Luftfahrtindustrie noch irgendeiner Organisa­tion oder Person.“ – Das wird alles hier ausgeschlossen.

„Die hier veröffentlichten Artikel oder Forumbeiträge können bzw. sollen informativ und dadurch möglicherweise meinungsbildend sein, haben jedoch in keinster Weise offi­ziellen Charakter im Sinne jener oben genannten Dienststellen, juristischen und natür­lichen Personen. Sie spiegeln einzig und allein die persönliche Meinung“ und so weiter „wider“.

Und wenn man dann weitergeht, sieht man eine Menge Bilderln drinnen. Da sehe ich den Herrn Rosenkranz, den ich nicht kenne. Er wird auch nicht mit der Abgeordneten zum Nationalrat verwandt sein, nehme ich an, jedenfalls lässt er sich im Cockpit der MiG-29 abbilden. Er ist ein bissel ein behäbiger Herr, scheint recht gut genährt zu sein, bewegt sich auf diversen Flugzeugträgern und schreibt da, was er schon alles berichtet hat.

Der zweite Herr, der auftaucht, ist ein gewisser Herr Mader. Den können Sie durch­geschwitzt nach einem F-16-Flug im Cockpit auf dem Bildschirm bewundern.

Dann ist da noch der Herr Christian Hauser, der auf einem Flugzeugträger war, dann war er Passagier. Er hat ein interessantes Fotoalbum, und dieses Fotoalbum können Sie erwerben. Vielleicht wäre das gut für Sie, Herr Gruber, damit Sie noch eine bessere Unterlage haben.

Und als Letztes ist dann auch noch die Frau Sabine ... (Bundesrat Manfred Gruber: Vielleicht wäre es besser, wenn Sie zur Sache reden würden, Herr Kollege!) Ich zitiere ja nur Ihre Website, die Sie gestern da so hochgehalten haben. (Bundesrat Manfred Gruber: Das war nicht die Seite, die ich gezeigt habe!) Da haben Sie eine falsche gehabt, na gut. (Bundesrat Manfred Gruber: Es geht um den Rechnungshofbericht! So etwas hätte ich nie hergezeigt!)

Und dann ist da noch eine gewisse Sabine Heda, die sich auch auf diesem Sektor betätigt. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Der Herr Professor Samuelson – also nicht Herr Professor Konecny, sondern Herr Professor Samuelson, dieser berühmte Nationalökonom; Volkswirt Gudenus, du wirst ihn sicher kennen –, hat schon in den sechziger Jahren den berühmten Konflikt aufgeworfen: Butter oder Kanonen. Und diese Diskussion um die Abfangjäger erinnert mich verflixt stark an dieses Problem, das damals schon erörtert worden ist. Nur: Ein Staat, der wirklich verantwortungsvoll ist, muss sich auch das eine oder andere Mal für Kanonen entscheiden. Heute sind das eben nicht mehr die gezogenen Geschütze, denn die sind überholt, das sind eben die entsprechenden Flugzeuge, Kampfma­schinen und so weiter, die wir brauchen. Ich bitte daher zu sehen, dass der Staat nicht nur eine reine Wohlfahrtsfunktion hat, sondern er hat auch eine Sicherheitsfunktion. (Prä­sident Ager übernimmt den Vorsitz.)

Herr Professor Konecny, Sie sind ein großer Zitierer, und da musste ich leider mit Bedauern feststellen, dass Sie bei einem Zitat doch etwas weggelassen haben (Bun­desrat Konecny: Es ist meine Sache, was ich zitiere!), was Ihnen natürlich zu Gute gekommen ist; das gebe ich schon zu. Es steht nämlich drinnen, wenn ich das Ganze erwähnen darf – wobei ich jetzt sagen möchte, dass ich natürlich nicht überprüfen kann, ob das von „airpower“ übermittelte Exemplar, diese vier Seiten, dem Rechnungs­hofrohbericht entspricht (Bundesrat Konecny: Das hoffe ich!) oder ob das vielleicht irgendwelchen Phantasien und so weiter entspringt; das weiß ich nicht –, jedenfalls


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steht in dem, was Sie da abgedruckt haben, drinnen: „Die für die Bestbieterermittlung vom BMLV angewandte Kosten-Nutzen-Vergleichskonfiguration wies methodische Mängel auf,“ – Sie haben nur bis „methodische Mängel“ zitiert, aber dann kommt noch ein sehr wesentlicher Halbsatz dazu –, „hatte deswegen aber auf das Ergebnis der Analyse keinen spezifischen Einfluss.“ – Damit fällt eines Ihrer Argumente auch ein bisschen in sich zusammen.

Nun zum Schluss möchte ich einen Vorschlag von Ihnen aufgreifen, Herr Professor, den ich sehr gut gefunden habe. Sie möchten gerne eine Strategiediskussion in Öster­reich. Das ist sicher notwendig, nur möchte ich eines sagen: Wir sollten diese Strategiediskussion nicht wieder dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung aufhalsen, sondern im Bundesrat, dessen Autonomie Sie so oft in den Vordergrund stellen, gebe es eine Möglichkeit. Sie haben den Vorsitzenden des Landesverteidi­gungs­ausschusses, den Kollegen Gasteiger. Der möge einmal eine Ausschusssitzung einberufen. Ich bin gerne bereit, dort öfters hinzugehen. Dort könnten wir uns in der Stra­tegie zuerst einmal ein bisschen weiterbilden und dann eigene Ideen entwickeln. Das wäre meine Anregung an Sie, damit wir das endlich auch in die richtige Richtung bekommen.

Das Letzte, was ich noch sagen will: Wenn Sie erwähnen, zweieinhalb Seiten dieses angeblichen Rohberichtes werden auf dem Journalistenmarkt gehandelt, warum sagen Sie nicht zum Beispiel, anstatt gegen den Herrn Bundesminister eine Strafanzeige zu richten, dass Sie jetzt wissen möchten, wer das verteilt hat? (Bundesrat Konecny: Das täte ich ja gern wissen!) Das ist ja eine verbotene Handlung, aber Sie schützen offen­sichtlich wieder gewisse Leute, indem Sie nicht erwähnen, wer das ist. (Bundesrat Konecny: Eben darum frage ich ihn ja die ganze Zeit!) Denn sowohl der Herr Bun­desminister als auch jeder von uns hier müsste theoretisch wissen, dass das verboten ist, und das Bedürfnis haben, dass man solcher Leute, die solche Sachen verteilen, habhaft wird. (Bundesrat Konecny: Das will ich ja vom Herrn Minister wissen!)

Und ein Letztes: das Verhaltensmuster, das ich seit 13. März bei Ihnen festgestellt habe und weswegen Sie auch mit Recht in der Opposition sind: Sie wollen immer diskutieren, Sie wollen Entscheidungen hinauszögern, Sie wollen warten, dann wollen Sie wieder diskutieren, Entscheidungen hinauszögern, warten, bis eben die Zeit vorbei ist. (Bundesrat Boden: Ihr wollt diktieren!) Und im Endeffekt werfen Sie dann der Bundesregierung vor, dass sie nichts getan hat. Daher sind Ihre Empfehlungen wahr­lich nicht entsprechend zu behandeln.

Und zum Abschluss möchte ich noch einmal sagen: Der Eurofighter ist der Bestbieter, EADS ist der Bestbieter gewesen. Bitte nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.08

 


Präsident Hans Ager: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dr. Peter Böhm.

 


18.08

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst stelle ich nur mein menschliches und persönliches Bedauern fest, dass der heute so netten und ernst gemeinten Anregung unseres neuen Präsidenten nicht entsprochen wurde, dass wir einen Umgang miteinander pflegen, der den nötigen menschlichen Respekt erken­nen lässt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Boden: Da sind wir anderer Meinung!)

Die heute eingebrachte Dringliche Anfrage bringt zwar zu Beginn ein an sich durchaus berechtigtes Anliegen zum Ausdruck, nämlich die durchaus gebotene Kritik an einem


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schwerwiegenden Bruch der Amtsverschwiegenheit beziehungsweise der Vertraulich­keit. Aber gerade deshalb geht sie aus meiner Sicht zugleich ins Leere, denn sie trifft mit dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung aus meiner Sicht und nach heutiger Informationslage den falschen Adressaten.

Falls Sie ihm nämlich Glauben schenken hinsichtlich seiner gestrigen und heutigen eindeutigen Ausführungen – und es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt, ihm nicht zu glauben –, dass ihn ein einziges Exemplar des Rechnungshof-Rohberichtes erreicht hat und ein einziger zuständiger Fachreferent zu diesem Zugang hatte, können Sie ja wohl kaum unterstellen, dass die rechtswidrige Vervielfältigung in seinem Haus und die genauso rechtswidrige Verbreitung aus seinem Haus heraus erfolgt ist.

Mit besseren Gründen könnten Sie ebenso gut annehmen – wenngleich auch das völlig unbeweisbar ist –, dass die Indiskretion im Bereich des Rechnungshofes gesche­hen ist. Darauf bezieht sich aber Ihre Anzeige nicht, und dafür träfe natürlich die po­litische Verantwortung auch nicht den Bundesminister für Landesverteidigung. Diesem obliegt es lediglich, wie es auch inzwischen bereits geschehen ist, in seinem Ressort überprüfen zu lassen, welchen Geschäftsgang und Aktenverlauf der Rohbericht ge­nommen hat, und gegebenenfalls öffentlich klarzustellen, dass seine Beamten für die unzulässige Übermittlung an das Onlinejournal „airpower.at“ und die Einstellung in deren Homepage nicht verantwortlich sind.

Was rechtfertigt daher Ihren auf reinen Unterstellungen beruhenden gravierenden Vorwurf, einen Vorwurf, der in dem Satz Ihrer Anfrage gipfelt – ich zitiere –: „Es handelt sich dabei um einen Skandal in höchstem Ausmaß, wenn der Bundesminister für Lan­des­verteidigung nicht in der Lage ist, solche sensibelsten Dokumente vor einer Weitergabe und Veröffentlichung zu schützen.“ Wie Sie sich gar zu einer Anzeige gegen den Bundesminister für Landesverteidigung selbst versteigen konnten, ist nicht mehr nachvollziehbar.

Was die Beurteilung der von Ihnen aus dem nun publik gewordenen Rechnungs­hofroh­bericht herausgelesenen Kritikpunkte anlangt, bedürfte es hingegen einer Fachkunde, die mir persönlich auf diesem Gebiet zweifellos fehlt. Das hat ja auch Herr Kollege Konecny für sich nicht in Anspruch genommen. Erneut bleibt freilich im Dunkeln, in­wiefern Sie den Herrn Bundesminister Platter nach Abschluss der Kaufverträge für Ele­mente der Ausschreibung und des Beschaffungsvorganges verantwortlich machen, die lang vor seiner Amtsübernahme lagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Inhaltlich fällt aber auch dem Nichtfachmann wie mir unschwer auf, dass die von Ihnen aufgezeigten Kritikpunkte zwar dem Rohbericht durchaus korrekt entnommen sind, dass sie aber die rechtliche Qualifikation als „Verfehlungen“ beim Ankauf keineswegs rechtfertigen. Selbst wenn die Rüge des Rechnungshofes berechtigt sein sollte, dass es beim Kosten-Nutzen-Vergleich methodische Mängel gegeben habe und die Auf­teilung der möglichen Nutzwertpunkte in Soll- und Musskriterien nicht schlüssig nachvollziehbar wäre, lägen darin noch lange keine Verfehlungen, wie Sie das zu benennen belieben. Ausdrücklich hält ja der Rohbericht sogar fest, dass der Rech­nungs­hof bei seinen Erhebungen keinen Hinweis auf eine Manipulation der Bewer­tungsergebnisse feststellen konnte.

Im Übrigen wissen Sie alle sehr gut, meine Damen und Herren von der Sozial­demo­kra­tischen Partei, dass ein Rohbericht – das wurde ja auch gar nicht bestritten – ab­schließende Tatsachenfeststellungen und rechtliche Beurteilungen beziehungsweise Be­wertungen gar nicht treffen kann. Zuvor muss ja dem vom Rechnungshof geprüften Bundesminister als geprüfter Stelle ausreichend Gelegenheit geboten werden, zu aufgezeigten Mängeln, Fehlern und Rügen seinerseits gegenkritisch Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Unklares, Missverständliches aufzuklären. Solange ihm


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das noch nicht möglich war und folglich natürlich im noch gar nicht erstellten End­bericht Berücksichtigung finden konnte, ist es völlig verfrüht, abschließende Kritik zu üben. Im gegenwärtigen Zeitpunkt, also in der derzeitigen Phase der Rechnungs­hof­prüfung, sind daher nur unbelegbare Verdächtigungen und unberechtigte Vorverurtei­lungen möglich. Auf ebensolche und nichts sonst laufen die rechtlichen und politischen Schlussfolgerungen in der Präambel der heutigen Dringlichen Anfrage hinaus.

Für den problematischen Stil dieser Dringlichen Anfrage besonders bezeichnend er­scheint es mir, wenn erwähnt wird, dass sogar eine versuchte Einflussnahme nicht ausgeschlossen werden könne. Das ist richtig. Das steht tatsächlich im Rohbericht. Was Sie aber dabei verschweigen – in der schriftlichen Fassung, nicht in der münd­lichen Begründung –, ist aber das Entscheidende: dass nämlich die versuchte Einfluss­nahme eine zu Gunsten des Produktes der Firma SAAB war. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Wieso das dann ein Beleg für die angebliche Bedenklichkeit der letztlich getroffenen Typenentscheidung im Sinne des Eurofighters Typhoon sein soll, ist lo­gisch nicht mehr nachvollziehbar.

Alles in allem bleibt daher nur zu hoffen, dass die Sozialdemokratische Partei wieder zu einem sachbezogeneren Oppositionsstil zurückfindet. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.16

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile dieses.

 


18.16

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, wir haben ja heute schon sehr viel über diese Problematik der Dringlichen Anfrage diskutiert. Der Tag selber oder zumindest diese Sitzung hat ja im Prinzip sehr gut begonnen mit der Diskussion über den Beitritt weiterer Staaten zur Europäischen Union. Dabei hat sich auch gezeigt, dass der Fraktionsobmann der Sozialdemokraten als alter parlamentarischer Profi alle Register ziehen kann und zu allen Schubladen Zugriff hat. Heute in der Früh hat er eine der oberen Laden genommen, jetzt dann später bei der Dringlichen Anfrage hat er wieder eine von den unteren genommen. Man kann ihm ja viel vorwerfen, aber nicht, dass er nicht weiß, wovon er spricht; eine Feststellung, wo ich mir beim Kollegen Todt nicht so sicher bin, dass das dort zutreffend ist, das muss ich schon auch sagen. (Bundesrat Todt: Das ist eine Frechheit! – Bundesrätin Haselbach: Das ist ja un­glaublich, einem Abgeordneten vorzuwerfen, er wisse nicht, wovon er spricht!) Ja, das ist aber so! Das ist wirklich mein Eindruck. (Bundesrätin Haselbach: Da würde ein Ord­nungsruf gebühren!) Ja, er wirkt nicht sehr kompetent, der Kollege, muss ich sagen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Beim Kollegen Konecny ist es so, dass wir noch gut in Erinnerung haben, wie er als Parlamentarier, der für eine Regierungspartei gesprochen hat, bei den diversen Dring­lichen Anfragen seine Minister hier verteidigt hat. Damals hat er einen ganz anderen Zugang zu solchen Materien gehabt, und niemand zweifelt daran, dass der Konecny, dass der Herr Professor Konecny – so viel Zeit muss sein – auch die umgekehrte Rede heute hier perfekt hätte halten können (Bundesrat Konecny: Der Bundesrat Himmer auch!), um den Verteidigungsminister aus der Bresche zu schlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher glaube ich, dass man am Ende dieser Diskussion feststellen muss: Es geht, man kann es drehen und wenden, wie man will, auch um das grundsätzliche Bekennt­nis zur Landesverteidigung. Politisch ist es einwandfrei so, dass das kein populäres Thema ist. Wenn man sich nur noch nach Umfragen richten würde, dann ist es wohl


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klar, dass das Thema der Landesverteidigung, besonders eine so teure Investition, etwas ist, was aufwendiger erklärt werden muss, was nicht so populär argumentierbar ist wie vieles andere. Doch es ist ein typisches Beispiel für diese Bundesregierung, die sich der Verantwortung stellt, weil eben auch solche Themen wie die Sicherheit in Be­reichen, wo die Erklärung aufwendiger ist, angegangen werden. Dass es sich der Ver­teidigungsminister und die gesamte Bundesregierung leichter machen könnten, wenn sie derartige Themen nicht angehen würden, wenn sie bei derartigen Themen hat­scherte Lösungen wählen würden, die weniger Kritik der Opposition auslösen, ist klar. Aber es ist – eigentlich ähnlich wie bei der Pensionsreform – so, dass das, was als richtig erkannt und als wichtig angesehen wird, gemacht wird.

Ich wollte nur auf eine Sache ganz prinzipiell Bezug nehmen, weil das von verschie­denen Rednern gebracht worden ist, was die Bewertung und Bewertungskriterien generell betrifft.

Ich denke, es ist klar, dass nicht in jedem Fall Äpfel mit Äpfeln verglichen werden können oder Flugzeuge mit Flugzeugen, weil nicht jedes Flugzeug gleich ist, sondern dass man natürlich technische Kriterien, Möglichkeiten, die solch eine Maschine hat, bewerten muss, was ja nichts anderes bedeutet, als dass man versucht, mit Faktoren technische Leistungen in pekuniäre Bewertungen umzurechnen. Dass das immer sozusagen auf der Grundlage von Annahmen und Hypothesen erfolgt, die nur im bes­ten Wissen und Gewissen gemeinsam in einer Kommission gemacht werden können, ist wohl nachvollziehbar.

Es ist ja auch immer sehr schwierig, bei technischen Entscheidungen zu Ergebnissen zu kommen. Ich kann das nur aus meiner Branche sagen: Auf der ganzen Welt werden Telekommunikationssysteme gekauft, überall, bei jedem Operator gibt es auch so etwas wie eine Bewertungskommission, vielleicht nicht so dramatisch wie beim Bun­desministerium, dass dann der Rechnungshof „drübergeht“ und so weiter, aber letztendlich gibt es eine Gruppe von Personen, die technische Bewertungen, kom­merzielle Bewertungen und die daraus auch wirtschaftlich abgeleiteten Faktoren – was man glaubt, was man damit auf dem Markt an Services und so weiter anbieten kann; in diesem Fall geht es auch um Gegengeschäfte – untersucht. Und komischerweise kom­men rund um den Globus immer wieder unterschiedliche Bewertungen heraus, und nicht immer kommt meine Firma zum Zug, obwohl sich kluge Leute für meine Firma entscheiden, aber andere Kluge entscheiden sich dann dagegen.

Das heißt, Tatsache ist, diese Bewertungen basieren natürlich zum Teil auf Hypo­thesen, über die man diskutieren kann. Und gerade im Zusammenhang mit dem Eurofighter scheint es so zu sein, dass niemand bestreitet, dass er das technisch beste Gerät ist – das versucht ja wirklich niemand zu bestreiten. Man kann dann natürlich engagiert darüber streiten, welche Bewertungsfaktoren man dafür gelten lässt und ob es nicht völlig egal ist, dass das ein technisch gutes Gerät ist. Wenn ich die Hypothese aufstelle und sage: Flugzeug bleibt Flugzeug!, dann bin ich natürlich wieder dort, dass ich nicht nach dem Best-, sondern nach dem Billigstbieterprinzip entscheiden müsste.

Daher würde ich auch zu den Formulierungen, die im Rechnungshofbericht stehen und immer wieder Bezug darauf nehmen, dass man auf Grundlage dessen, was man an Datenlage hat, zu jener Bewertung kommt, sagen: No na net. Das ist sehr viel, das ist sehr wichtig, aber alles weiß ja – für die, die wir an ihn glauben – möglicherweise der Herrgott. Jemand, der Daten überprüft, kann ja immer nur auf der Grundlage der Daten, die er überprüft, zu einer Bewertung kommen.

Wenn mir heute die Frage gestellt wird, wer von der Kollegenschaft, die heute hier im Bundesrat sitzt, sich während der Bundesratsplenarsitzung in irgendwelchen Neben­räumlichkeiten daneben benommen hat, muss ich sagen: Ich weiß es von niemandem.


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Aber wenn Sie mich fragen, ob ich das wirklich bestätigen kann, kann ich nur sagen: Auf Grund meiner Datenlage – Augen, Ohren und was mir sonst zuge­tragen wurde – schließe ich es aus, aber wissen tue ich es nicht! Ich kann es nur auf Grundlage dessen, was mir als Informationen zugetragen wird und was ich selbst wahr­nehme, bewerten.

Aus diesem Grund würde ich solche Formulierungen, die ein Rechnungshofbericht aus dieser Konsequenz beinhalten muss, nicht immer umgekehrt interpretieren, indem man daraus versteckte Hinweise in die Richtung ableitet, dass man sagt: Das ist jetzt der dezente Hinweis darauf, dass hier etwas nicht in Ordnung ist!

Ich möchte zu guter Letzt auf einen Punkt zurückkommen, den Präsident Ager heute zu Beginn der Sitzung in sehr bewegenden Worten angesprochen hat, den Stil der Argu­mentation. Es ist niemand von uns gegen Angriffe gefeit, weil man in der politi­schen Argumentation immer wieder härter argumentiert – man muss aber auch etwas aushalten, das möchte ich gleich dazusagen. Wenn ich gut beleidigt werde und es wirklich lustig ist, dann lache ich ja auch drüber, ich bin da wirklich nicht nachtragend. Aber wenn man eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft macht, muss ich sagen, da hört es sich auf. Das ist nämlich kein witziger Zwischenruf und keine Beleidigung, wo man sagt, man könnte semantisch darüber diskutieren, ob es in Ordnung ist oder nicht, sondern das ist wirklich ganz tief – überhaupt, wenn man diese Anzeige liest. (Ruf bei der SPÖ: Aber nicht ohne Ankündigung!)

Ich weiß nicht, ob es alle hier gesehen haben, aber das ist eine Anzeige gegen Günther Platter, Bundesminister für Landesverteidigung – übrigens in der „Dammschiff­straße“, wo er aber vermutlich nicht residiert; aber nachdem „Bundesminister“ dabei­steht, wird wahrscheinlich die richtige Adresse gefunden werden; das zu Ihrer „präzisen“ Detailarbeit (Heiterkeit bei der ÖVP) –, und/oder gegen unbekannte Täter.

Dazu muss ich sagen: Solch eine Anzeige kann ich gegen jeden machen, liebe Kolle­ginnen und Kollegen (Zwischenruf des Bundesrates Konecny), denn mir ist ins Auto eingebrochen worden, und da kann ich jeden Bundesratskollegen hernehmen und sagen (Bundesrat Konecny: Nein, den Rechnungshofbericht hat nicht jeder!): Ich glaube, es war Bundesrat XY und/oder unbekannte Täter. – Das stimmt auch sicher, denn es war sicher Bundesrat XY und/oder unbekannte Täter.

Damit haben Sie sich auch wirklich auf die sichere Seite begeben, aber Sie hätten sich vielleicht gleich stärker auf „oder“ fokussieren sollen. Und wenn Sie gleich bei „oder“ angefangen hätten, hätten Sie sich die Anzeige gegen den Bundesminister erspart.

Ich meine, man sollte das wirklich nicht tun, da in der politischen Auseinandersetzung ja ohnehin alles gesagt werden kann. Wenn man fünf Dringliche Anfragen hier im Bundesrat stellt, gibt es, glaube ich, nichts, was man nicht fragen kann. Jemanden zu kriminalisieren ist wirklich eine ganz, ganz tiefe Sache, und ich weise das auch im Namen meiner Fraktion auf das Allerschärfste zurück. Wir sind wirklich empört! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.27

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum. Ich erteile ihr dieses.

 


18.27

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich empfinde das hier in den letzten zwei Stunden schon ein bisschen als Kasperltheater. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Da können beide Seiten klatschen – Sie nämlich auch!


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 275

In erster Linie empfinde ich das deshalb so, weil uns der Herr Minister erzählt, dieser Rech­nungshofbericht habe ihn mehr oder weniger weißgewaschen und alle Entschei­dungen dargestellt und klargestellt. Das ist immer wieder so herübergekommen. In Wirklichkeit aber zeigt er uns nicht den Bericht – außerdem sagt er, er könne ihn uns gar nicht zeigen –, dafür dürfen wir uns aber genau diesen Bericht, den es offiziell ja gar nicht gibt, aus den Medien herausholen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweiter Punkt, der mich schon ziemlich ärgert: Es gibt eine Anfrage der Sozial­demokraten, und jedes Mal, wenn der Herr Minister oder ein ÖVP-Abgeordneter das Wort ergreift, gibt es nach Beendigung der Ausführungen minutenlang Applaus. Ich komme mir manchmal vor wie bei einem Robbie-Williams-Konzert, nur glaube ich nicht, dass Sie so gut singen wie Robbie Williams. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Darüber kann man streiten.

Ich denke, man muss das Ganze nicht unnötig in die Länge ziehen. Ihr sagt ja selbst, dass es euch schon zu lange dauert, also könntet ihr das Ganze vielleicht ein bisschen reduzieren. – Das stört mich irgendwie. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Außerdem wird auf der rechten Seite ständig bemängelt, dass hier Zeitungszitate vorgebracht werden. Das Problem ist, dass wir nichts anderes als Zeitungszitate haben, da wir ja den Bericht nicht haben. (Ruf bei der ÖVP: Wir auch nicht!) – Ja, aber worüber sollen wir dann reden, wenn wir den Bericht nicht haben? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber darüber, was in der Zeitung steht, darf man wohl reden. (Ruf bei der ÖVP: Sie werden ja nicht gezwungen zu reden!) – Na ja.

Es gibt eine ganze Menge Anfragen, die der Herr Minister heute nicht beantworten hat können. (Ruf bei der ÖVP: Er hat erklärt, warum!) Er hat erklärt, warum. Das, was ich nicht verstehe, ist, warum Sie jetzt zum Beispiel sagen, dass Sie das vorher filtern müssen, was davon unter militärische Geheimnisse fallen könnte. (Bundesrat Bie­ringer: Haben Sie nicht gelesen, dass das die Kurzfassung ist?! Furchtbar!) Wenn jetzt zum Beispiel gefragt wird, warum als Zahlungsvariante neun Jahre gewählt wurden, dann möchte ich gerne wissen, was das mit einem militärischen Geheimnis zu tun haben kann.

Herr Himmer! Zur Anzeige möchte ich Folgendes sagen: Es sei dahingestellt, ob man den Minister direkt anzeigt oder „gegen unbekannt“ vorgeht, meiner Meinung nach hätte der Herr Minister selbst eine Anzeige erstatten müssen (Bundesrat Konecny: Genau!), und zwar schon gestern, nachdem er ja im Bundesrat erfahren hatte, dass die Daten weitergegeben wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn solch große militärische Geheimnisse im Rechnungshofbericht stehen, dann muss man das ja wohl anzeigen, oder? (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Das ist einfach ein Unsinn!

Ich lese euch noch einen kleinen „Unsinn“ aus der Zeitung vor, denn ich habe hier auch ein Zitat, und zwar aus der „Kleinen Zeitung“ – ein E-Mail von Herrn Uli Stocker, und die Antwort, die Herr Stocker haben möchte, hätte ich auch gerne vom Herrn Minister.

Es heißt: „E-M@il an ...

... Günther Platter

Ganz klar, dass wir Ihrer Versicherung im Bundesrat glauben, Sie hätten ,keine Zeile‘ vom Abfangjägerbericht des Rechnungshofs an die Medien oder sonstige dritte Per­sonen weitergegeben.

Aber wie eng legen Sie das Wort ,weitergegeben‘ aus? Rein körperlich? Sie haben, kaum dass der RH-Bericht vorlag, im Fernsehen daraus zitiert. So selektiv, wie es jetzt


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Ihr Ressort auch im Internet tut.“ (Bundesrat Bieringer: Haben Sie nicht aufgepasst, was der Herr Minister gesagt hat?) „Die Frage cui bono – nach dem Zweck – drängt sich hier wohl auf.“ (Bundesrat Bieringer: Er hat genau gesagt, warum er das gesagt hat! Haben Sie nicht aufgepasst?) – Warum er was gesagt hat? Ich habe schon aufgepasst. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber er hat ja nicht nur im ORF-„Report“ darüber erzählt. Wir haben ihn auch konkret gefragt, und da hat er uns keine Antwort gegeben – vielleicht wäre das notwendig gewesen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.31

 


Präsident Hans Ager: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Manfred Gruber. Ich erteile ihm dieses. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


18.31

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass Sie schon gerne das Haus verlassen würden – es ist ja Urlaubszeit –, mir geht es genauso, aber auf Grund der Diskussion hier – und nachdem ich nicht vorhabe, ein Magengeschwür zu bekommen; die Sachen, die mir wehtun, müssen heraus – habe ich mir noch einmal erlaubt, hier ans Rednerpult zu treten, um Folgendes ganz klar zu sagen: Wir haben gestern an den Herrn Minister eine Dringliche Anfrage gestellt – die Antworten waren sehr dürftig. (Ruf bei der ÖVP: Die Vierte!) Wir haben heute auf Grund neuer Tatsachen wieder eine Anfrage gestellt – und die Antworten waren in Wirklichkeit noch dürftiger. (Ruf bei der ÖVP: Stellt’s noch eine!)

Es ist traurig für den Parlamentarismus, wenn man 40 oder 50 Fragen stellt und nur zwei oder drei Fragen wirklich beantwortet bekommt – und diese Antworten, das muss ich ganz ehrlich sagen, kann man nicht nachvollziehen. (Ruf bei der ÖVP: Es waren schon weit mehr!)

Kollege Bieringer war gestern ja ein sehr guter Pflichtverteidiger für den Herrn Minister, von den Herren Kollegen Himmer und Kühnel bin ich heute ein bisschen enttäuscht, denn die haben nur um den heißen Brei herumgeredet, weil sie in der Sache nichts sagen können, weil sie ein genauso schlechtes Gewissen haben und dazu nichts sagen können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Professor Böhm hat zwar der Sozialdemokratie gegenüber Verständnis ge­äußert – das finde ich schon sehr nett –, ist aber natürlich dem Koalitionspartner verpflichtet und hat hier einige Freundlichkeiten gesagt, damit das Klima nicht so schlecht ist. Jetzt vor den Ferien muss man ja auch ein bisschen darauf achten, dass Ferienstimmung bestehen bleibt.

Meine Damen und Herren! Das, was ich nicht verstehe oder bei dem ich das Gefühl habe, dass es viele hier nicht verstehen, ist: Es geht nicht – das hat Professor Konecny schon gesagt – um die Typen. (Bundesrat Bieringer: Ja!) Meiner Meinung nach geht es nicht um die Typen! (Bundesrat Bieringer: Einzig und allein geht es um die Typen, sonst um nichts! – Ruf bei der SPÖ: Heute nicht!) Heute geht es nicht um die Typen, Herr Kollege Bieringer, sondern es geht darum, dass es einen Beschaffungsvorgang gegeben hat – ganz gleich, welcher Flugzeugtyp herausgekommen wäre –, der trans­parent und nachvollziehbar sein muss. Das ist er aber laut Rohbericht des Rech­nungshofes nicht!

Wir können uns nur wundern, dass man überall diesen Rohbericht schon zitiert, der unter Verschluss zu halten ist. Der Herr Minister hat uns gestern hier an dieser Stelle erklärt: Es gibt nur zwei Exemplare, eines im Ministerium und eines beim Rech­nungs­hof. Aber überall – überall! – wird man mit dem Rechnungshof-Kurzbericht konfrontiert,


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ob man ins Internet schaut, ob man die Printmedien aufschlägt, ob man den Herrn Nationalratspräsidenten hört oder den Generalsekretär der ÖVP, jeder hat diesen Rohbericht, aber es gibt nur zwei Exemplare, das eine liegt beim Herrn Minister im Tresor, und das andere hat Herr Präsident Fiedler vom Rechnungshof! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Daher frage ich mich: Wie ist das möglich? (Zwischenruf des Bundes­rates Kneifel.) Und warum hat der Herr Minister nicht schon gestern – heute ist es meiner Meinung nach schon zu spät – dagegen etwas unternommen?

Für mich ist der Strafrechtstatbestand gegeben, dass es im Ministerium oder im Rechnungshof Mitarbeiter gibt (Bundesrat Kneifel: Bist du ein Richter?), die sich nicht an das halten, was sie als zuständige Mitarbeiter oder Beamte zu tun haben. Dort gibt es undichte Stellen, und dagegen muss man vorgehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was ich noch nicht verstehe: Warum tun Sie sich denn das hier wirklich an? Warum stimmen Sie denn einem Überprüfungsausschuss nicht zu? – Wenn man nur Gutes tut und nichts Schlechtes gemacht hat, es aber Auffas­sungs­unterschiede, Meinungsverschiedenheiten, Wahrnehmungsunterschiede gibt, dann kann man die doch aufklären lassen. Warum tun Sie sich das an? Warum stimmen Sie einem Überprüfungsausschuss nicht zu? – Die Sachen werden auf den Tisch gelegt, und dann kann man entscheiden! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie alle wissen, dass die ganze Sache nicht 100-prozentig in Ordnung war (Zwischenrufe bei der ÖVP), und daher muss man jetzt eine Decke drüberbreiten. – Genauso agieren Sie! (Bundesrat Fasching: Sie haben den Beweis! Sie machen parteipolitische Propaganda, sonst überhaupt nichts!) Herr Kollege! Sie reagieren genauso wie jemand, der zwar nicht unmittelbar etwas getan hat, der sich aber verantwortlich fühlt und jetzt eine Decke drübergeben will. So agie­ren Sie, das ist Ihr Problem! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Fasching: Der 24. No­vember hat Ihnen gezeigt, wie ernst Sie Politik machen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege, machen Sie sich frei, dann haben Sie schöne Ferien, machen Sie sich frei, stimmen Sie einem Überprüfungsausschuss zu, dann gibt es ein Ergebnis, und die Sache ist beendet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Herr Kollege Himmer das Rednerpult verlässt mit der Aussage, das sei empörend – oder sonst etwas (Zwischenrufe bei der ÖVP) –: In einer Demokratie ist das Kontrollrecht der Opposition wichtig (Bundesrat Fa­sching: Aber nicht Strafanzeige!), darüber wollen wir nicht diskutieren. Wenn je­mand das aber als „empörend“ bezeichnet, dann weiß man, was diese Person von der Demokratie hält! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.37

 


Präsident Hans Ager: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch je­mand das Wort? (Ruf bei der ÖVP: Nein!) – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich lasse über den Entschließungsantrag der Bundesräte Todt und Kollegen betref­fend Offenlegung des Rechnungshof-Rohberichts abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. (Bundesrat Fasching hebt kurz die Hand. – Heiterkeit und anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Ager gibt das Glockenzeichen.) – Es ist dies Stim­men­min­derheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist da­­her ab­gelehnt.

Ich lasse über den Entschließungsantrag betreffend eine weitere Rechnungshof-Prüfung abstimmen.


BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 278

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. (Ruf bei der SPÖ: Kollege Fasching! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Es ist dies Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Ent­schließung ist daher abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Hans Ager: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 32 Anfragen, 2082/J bis 2113/J, eingebracht wur­den.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Als Sitzungstermin ist Donnerstag, 9. Oktober 2003, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 7. Oktober 2003, ab 14 Uhr vorge­sehen.

Bevor ich die Sitzung schließe, habe ich noch eine angenehme Aufgabe: Ich darf dem Fraktionsvorsitzenden der Freiheitlichen Partei, Herrn Universitätsprofessor Dr. Peter Böhm, zu seinem morgigen 60. Geburtstag recht herzlich gratulieren! (Allgemeiner Beifall.)

Ich wünsche allen Bundesrätinnen und Bundesräten einen schönen Urlaub – ich glau­be, wir alle haben ihn uns verdient.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.40 Uhr

 

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