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767. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Freitag, 13. März 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

767. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 13. März 2009

Dauer der Sitzung

Freitag, 13. März 2009: 9.00 – 14.59 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Jahresvorschau des BMJ 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Europäischen Kommission für 2009 sowie des operativen Acht­zehnmonatsprogramms des französischen, tschechischen und schwedischen Ratsvor­sitzes

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz ge­ändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden

4. Punkt: Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik Österreich und der Republik Östlich des Uruguay

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (22. StVO-No­velle) und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schiffahrtsgesetz geändert wird

7. Punkt: Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Übertragung von Bun­desbeteiligungen in das Eigentum der ÖIAG geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz zur Durchführung des Rahmenbeschlusses über die Anwen­dung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbu­ßen im Bereich des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens (EU-Finanzstraf­vollstreckungsgesetz – EU-FinStrVG)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexe­kutionsordnung, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Grundsteuergesetz 1955, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Ver­waltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Finanz­strafgesetz geändert werden (Abgabenverwaltungsreformgesetz – AbgVRefG)

11. Punkt: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Tirol aus Anlass des Jubiläumsjahres 2009 – 200 Jahre Erhebung Tirols


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsge­setz 2007, das Börsegesetz 1989, das Sparkassengesetz, das Bundesfinanzierungs­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Betriebspensionsgesetz und das Finanzkonglomerategesetz geändert und das Börsefondsgesetz 1993 und das Börsefondsüberleitungsgesetz aufgehoben werden

13. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias

14. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Nieder­lande zur weiteren Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem König­reich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 unterzeichneten Protokolls und des am 26. Dezember 2001 unterzeichneten Protokolls

15. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Sozialistischen Republik Vietnam zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Protokoll und Annex

16. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaft­steuern bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31. Dezember 2007 und vor dem 1. August 2008 verstorben ist

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

18. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Or­ganisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astro­nomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Pro­tokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astrono­mische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Bedingungen

19. Punkt: Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisa­tion für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre

20. Punkt: Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astro­nomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll

21. Punkt: Änderung des Übereinkommens zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Repu-
blik Ungarn, der Republik Polen, Rumänien, der Slowakischen Republik und der Re­publik Slowenien zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschul­bildung im Rahmen des Central European Exchange Programme for University Studies („CEEPUS II“)

22. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Re­publik Vietnam über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hoch­schulbereich

*****

Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 27

23. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 3

Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhun­dert“ (175/A-BR/2009)

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen, die Jahresvorschau des BMJ 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2009 sowie des opera­tiven Achtzehnmonatsprogramms des französischen, tschechischen und schwe­dischen Ratsvorsitzes (III-359-BR/2009 d.B.) gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme ..................  26, 26

Antrag der Bundesräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen, den Selbständigen Antrag 175/A-BR/2009 der Bundesräte Harald Rei­senberger, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Sozialpartner­schaft im 21. Jahrhundert“ gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme ......................................................................  26, 27

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11

Fragestunde (138.)

Justiz ............................................................................................................................. 11

Wolfgang Sodl (1646/M-BR/09); Josef Saller, Stefan Schennach

Mag. Bettina Rausch (1643/M-BR/09); Ing. Reinhold Einwallner, Monika Mühl­werth

Stefan Zangerl (1650/M-BR/09); Günther Köberl, Günther Molzbichler, Peter Mit­terer

Maria Mosbacher (1647/M-BR/09); MMag. Barbara Eibinger, Elisabeth Kersch­baum

Ludwig Bieringer (1644/M-BR/09); Waltraut Hladny

Stefan Schennach (1649/M-BR/09); Juliane Lugsteiner, Martina Diesner-Wais

Josef Kalina (1648/M-BR/09); Kurt Strohmayer-Dangl, Johann Ertl

Dr. Franz Eduard Kühnel (1645/M-BR/09); Christa Vladyka, Ing. Siegfried Kampl

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .................................................  24, 24, 24

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 25


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 4

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 26

Verhandlungen

1. Punkt: Jahresvorschau des BMJ 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2009 sowie des operati-
ven Achtzehnmonatsprogramms des französischen, tschechischen und schwedi­schen Ratsvorsitzes (III-359-BR/2009 d.B.) .......................................................................................................... 27

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 28

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 29

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 30

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................... 32

Annahme des Antrages, den Bericht III-359-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         34

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (366/A und 55 d.B. sowie 8049/BR d.B.)                  34

Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 34

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsge­setz geändert werden (401/A und 56 d.B. sowie 8050/BR d.B.) ................................................................................................................. 34

Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 34

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 35

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 36

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 36

Juliane Lugsteiner .................................................................................................. ..... 37

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 38

Friedrich Hensler .................................................................................................... ..... 38

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ..... 39

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 40

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............................................................. ..... 40

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik Österreich und der Republik Östlich des Uruguay (47 d.B. sowie 8051/BR d.B.) ................................................................................................................. 40

Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 41


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 5

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 41

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (22. StVO-Novelle) und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (315/A und 74 d.B. sowie 8062/BR d.B.) .......................................................................................... 41

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................... 41

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  41, 51

Manfred Gruber ...................................................................................................... ..... 43

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 44

Anneliese Junker .................................................................................................... ..... 45

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 46

Karl Boden ............................................................................................................... ..... 47

Christoph Kainz ...................................................................................................... ..... 47

Kurt Strohmayer-Dangl ......................................................................................... ..... 50

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 52

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 53

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schiffahrtsgesetz geändert wird (34 d.B. und 73 d.B. so­wie 8063/BR d.B.) ................. 53

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................... 53

Redner/Rednerinnen:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ..... 53

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 54

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 55

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 55

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Zu­satzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III) (50 d.B. sowie 8048/BR d.B.) ...................................................................................................... 56

Berichterstatterin: Elisabeth Greiderer ........................................................................ 56

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 56

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Übertragung von Bundesbetei­ligungen in das Eigentum der ÖIAG geändert wird (32 d.B. und 62 d.B. sowie 8053/BR d.B.) ..................................................................... 56

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 56

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 57

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ..... 58

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 60

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 62


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 6

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 65

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 66

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 67

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 69

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bun­desgesetz zur Durchführung des Rahmenbeschlusses über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen im Bereich des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens (EU-Finanzstrafvoll­streckungsgesetz – EU-FinStrVG) (37 d.B. und 64 d.B. sowie 8054/BR d.B.)                     69

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 69

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekuti­onsordnung, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Grundsteuergesetz 1955, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allge­meine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Finanzstrafgesetz geändert werden (Abgabenverwaltungsreformgesetz – AbgVRefG) (38 d.B. und 65 d.B. sowie 8047/BR d.B. und 8055/BR d.B.) .......................................................................................................... 69

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 69

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Tirol aus Anlass des Jubiläumsjahres 2009 – 200 Jahre Erhebung Tirols (21 d.B. und 66 d.B. sowie 8056/BR d.B.) .......................................... 69

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 69

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 70

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 71

Georg Keuschnigg ................................................................................................. ..... 72

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 74

Ing. Hans-Peter Bock .............................................................................................. ..... 75

Jürgen Weiss ........................................................................................................... ..... 77

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ...................................................................... ..... 77

Stefan Zangerl ......................................................................................................... ..... 79

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 81

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 82

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 82

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 82

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsge­setz 2007, das Börsegesetz 1989, das Sparkassengesetz, das Bundesfinanzie-


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 7

rungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsauf­sichtsgesetz, das Betriebspensionsgesetz und das Finanzkonglomerategesetz geändert und das Börsefondsgesetz 1993 und das Börsefondsüberleitungsge­setz aufgehoben werden (45 d.B. und 67 d.B. sowie 8057/BR d.B.) ...................................................................................................... 82

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 83

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias (44 d.B. und 69 d.B. sowie 8058/BR d.B.)                                                                                                                  82

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 83

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur weiteren Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem König­reich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 unterzeichneten Protokolls und des am 26. Dezember 2001 unterzeichneten Protokolls (11 d.B. und 70 d.B. sowie 8059/BR d.B.)        ............................................................................................................................... 82

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 83

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll und Annex (16 d.B. und 71 d.B. so­wie 8060/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 83

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 83

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31. Dezember 2007 und vor dem 1. August 2008 verstorben ist (22 d.B. und 72 d.B. sowie 8061/BR d.B.) ............. 83

Berichterstatterin: Christa Vladyka ............................................................................... 83

Redner/Rednerinnen:

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 85

Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 85

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 86

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ..... 87

Ing. Hans-Peter Bock .............................................................................................. ..... 88

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 90

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 90

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 14, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 8

Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen .......................................... 90

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 15, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen .......................................... 91

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen .......................................... 91

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (386/A und 82 d.B. sowie 8052/BR d.B.)                     92

Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger ................................................................ 92

Redner/Rednerinnen:

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 92

Maria Mosbacher .................................................................................................... ..... 92

Mag. Bettina Rausch .............................................................................................. ..... 93

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 94

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 95

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ..... 96

Josef Saller .............................................................................................................. ..... 96

Juliane Lugsteiner .................................................................................................. ..... 97

Kurt Strohmayer-Dangl ......................................................................................... ..... 97

Staatssekretärin Christine Marek ......................................................................... ..... 98

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 100

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astro­nomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Bedingungen (10 d.B. und 78 d.B. sowie 8064/BR d.B.)                    100


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 9

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 100

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre (13 d.B. und 79 d.B. so­wie 8065/BR d.B.) ................................................................... 100

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 100

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomi­sche Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll (14 d.B. und 80 d.B. sowie 8066/BR d.B.) .......................................... 100

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 100

Redner/Rednerinnen:

Mag. Wolfgang Erlitz .............................................................................................. ... 101

Günther Köberl ....................................................................................................... ... 102

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 18, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 104

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 19, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ........................................ 104

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 20, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 105

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend eine Änderung des Übereinkommens zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Un­garn, der Republik Polen, Rumänien, der Slowakischen Republik und der Repu­blik Slowenien zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hoch­schulbildung im Rahmen des Central European Exchange Programme for Uni­versity Studies („CEEPUS II“) (17 d.B. und 81 d.B. sowie 8067/BR d.B.) ........................................................................................ 105

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 105

Redner/Rednerinnen:

Ana Blatnik .............................................................................................................. ... 105

MMag. Barbara Eibinger ........................................................................................ ... 106

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 107

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hoch­schulbereich (51 d.B. sowie 8068/BR d.B.) ..................... 107

Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 108

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 108

23. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhun­dert“ (175/A-BR/2009) ........................................ 108

Annahme des Selbständigen Antrages 175/A-BR/2009 .............................................. 108

Eingebracht wurden

Antrag der Bundesräte

Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert“ (175/A-BR/09)


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 10

Zurückgezogen wurden die Anträge der Bundesräte

Albrecht Konecny und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot wirtschaftlicher Beziehungen mit der Republik Südafrika (54/A-BR/88) (Zu 54/A-BR/09) (zurückgezogen von Bundesrat Albrecht Konecny)

Dr. Irmtraut Karlsson, Albrecht Konecny und Genossen betreffend Schaffung
eines Bundesgesetzes für Flüchtlings- und Zuwandererbetreuung
[60/A(E)-BR/90] [Zu 60/A(E)-BR/09] (zurückgezogen von Bundesrat Albrecht Konecny)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tabak, Alkohol und Drogen: Kosten für das Pensionssystem (2451/AB-BR/09 zu 2658/J-BR/09)


09.00.36


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

 


Präsident Harald Reisenberger: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Ich eröffne die 767. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 766. Sitzung des Bundesrates vom 3. März 2009 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Dr. Erich Gumplmaier, Günther Kaltenbacher, Erwin Preiner, Wolfgang Schimböck, Reinhard Winterauer, Franz Wolfinger und Efgani Dönmez.

09.01.08Fragestunde

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen nun zur Fragestunde.

Ich darf in unserer Mitte die Frau Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich jetzt – um 9.01 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken kann.

Bundesministerium für Justiz

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen zur 1. Anfrage an die Frau Bundesmi­nisterin für Justiz. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Sodl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Ich wünsche einen schönen guten Morgen! Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1646/M-BR/2009

„Welche Schritte planen Sie im Hinblick auf den im Regierungsprogramm vorgesehe­nen Kampf gegen den Kriminaltourismus?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werte Damen und Herren Bundesräte! Das Regierungsübereinkommen sieht abschreckende Instrumente für Kriminaltouristen vor. Ich überlege in meinem Ressort eine erweiterte Beschlagnahmemöglichkeit, und zwar insofern, als bei Kriminaltouristen insbesondere Geldbeträge sichergestellt werden können, ganz unabhängig von einer allfälligen Verhaftung – dies vor allem zur Sicherstellung von allfälligen Verfahrenskos­ten und zur Sicherstellung von allfälligen Entschädigungsansprüchen seitens der Op­fer. Das kann durchaus eine abschreckende Maßnahme darstellen.

Man muss natürlich aufpassen, dass diese Beschlagnahme, diese Sicherstellung, ver­hältnismäßig bleibt. Es hat keinen Sinn, wenn die Verwahrung und die Sicherstellung selbst teurer sind, als diese Maßnahme dann im Endeffekt tatsächlich bringt.

Ganz unabhängig davon kann ich nur auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichts­hofes verweisen, der gerade bei derartigen Straffällen die generalpräventiven Aspekte


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besonders betont. Das heißt, es werden auch durchaus strenge Strafen angesichts der generalpräventiven Erfordernisse verhängt.

Grundsätzlich aber sind abschreckende Maßnahmen natürlich auch vom Innenressort zu treffen. Ich denke da an verstärkte polizeiliche Überwachung, häufigere Kontrollen. Ich nehme an, dass auch in diesem Bereich noch etwas dazu getan wird, um Kriminaltourismus in Österreich, so gut es geht, zu verhindern.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Welche Möglichkeiten gibt es, die internationale Kooperation bei der Bekämpfung von reisenden Tätergruppierungen zu verbessern?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Das ist eine Frage, die zum größeren Teil das Innenressort betrifft; es gibt massive Zusammenarbeit im Be­reich der Polizei. Es gibt natürlich auch Kooperationen und Vorhaben – auf die ich heute noch eingehen werde – im Bereich der Justiz, justizielle Zusammenarbeit, aber grundsätzlich betrifft dieses Thema vor allem das Innenressort.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Saller.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, kön­nen Sie sich eine vorsichtige Erweiterung des Abgehens vom Strafvollzug bei gleich­zeitiger Abschiebung und Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, § 133a, gegen den Fremden vorstellen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Zur Erklärung: § 133a Strafvollzugsgesetz regelt die bedingte Entlassung von ausländischen Strafhäftlingen. Sie werden dann abgeschoben und müssen sich verpflichten, nicht wieder einzureisen. Ich kann mir vorstellen, dass man diese Bestimmung noch ausbauen kann, nämlich insofern, als man die günstige Zukunftsprognose, die notwendig ist bei einer bedingten Entlassung, substituiert allein durch die Tatsache, dass er abgeschoben wird.

Es wäre natürlich für unseren Strafvollzug und angesichts der Platznot in den Justizan­stalten sicherlich nicht schlecht, wenn man ausländische Strafhäftlinge schneller ab­schieben könnte als bisher.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der Sicherheitsbericht kennt den Begriff „Kriminaltourismus“ nicht. Halten Sie diesen Begriff für einen politischen Begriff – wenn man auch die letzte Zusatzfrage betrachtet –, der auf etwas ganz anderes hinzielt, wenn man berücksich­tigt, dass bis 2007 die Mehrheit der Tatverdächtigen deutsche Staatsbürger waren und die Deutschen erst 2007 an die zweite Stelle gerutscht sind?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Der Begriff „Kriminaltou­rismus“ hat natürlich nichts in einem Strafgesetzbuch oder in einer Strafprozessord­nung verloren, das ist ein politischer Begriff, mit dem man natürlich auch vorsichtig um­gehen muss. Das Wort „Kriminaltourismus“ an sich ist natürlich ein Schlagwort, das sich vor allem in der Boulevardpresse größter Beliebtheit erfreut.

 



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Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, und ich bitte Frau Bundesrätin Mag. Rausch um die Verlesung ihrer Anfrage.

 


Bundesrätin Mag. Bettina Rausch (ÖVP, Niederösterreich): Frau Bundesminister, meine Frage lautet:

1643/M-BR/2009

„Welche Überlegungen gibt es im Bundesministerium für Justiz zur Umsetzung der im Regierungsübereinkommen in Aussicht genommenen Reaktionsmöglichkeit auf die Straffälligkeit von Minderjährigen?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesminister.

 



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Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Das Thema „Jugendkri­minalität“ ist eine Querschnittsmaterie, das heißt, das Problem Kinder- und Jugendkri­minalität wird von mir und von Kollegin Fekter allein nicht in den Griff zu bekommen sein. Es ist so, dass da auch Eltern, Lehrer, Jugendorganisationen gefordert sind.

Ich denke, dass die immer wieder angesprochene Herabsetzung der Strafmündigkeit nicht das Allheilmittel ist. Ich denke, es wäre notwendig, verstärkt pflegschaftsgericht­liche Maßnahmen einzuführen, die den Kindern altersgerecht, aber doch sehr eindring­lich klarmachen, dass das nicht richtig ist, was sie tun. Ich denke hier auch an die Aus­bildung von Personen, die sich mit Kindern in dieser Richtung befassen.

Man muss sich natürlich auch anschauen, wie andere Länder, in denen die Jugendkri­minalität nicht so hoch ist, mit diesem Problem umgehen. Vielleicht können wir uns da etwas abschauen. Ich bin gerade dabei, diesbezüglich Vorarbeiten zu leisten und alle betroffenen Ressorts da miteinzubinden.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Mag. Bettina Rausch (ÖVP, Niederösterreich): Wann ist – zeitlich – in etwa mit einer Umsetzung erster Maßnahmen zu rechnen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Wie gesagt, ich bin ge­rade dabei, die betroffenen Ressorts da einzubinden. Wir bilden eine Art Experten­gruppe, denn ich möchte hier auch das Familienministerium miteinbinden, das Innen­ministerium und auch die Jugendorganisationen, und ich denke, dass wir schon in den nächsten Monaten damit beginnen können. Wann es an die Umsetzung der erarbeite­ten Maßnahmen geht, wird sich dann herausstellen. Ich hoffe, dass wir das noch heuer in Angriff nehmen können, weil die steigende Jugendkriminalität natürlich ein Problem darstellt, keine Frage.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ein­wallner.

 


Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Frau Bundesministerin, die Infrastruktur im Bereich der Jugendkriminalität ist natürlich sehr bedeutend und richtig, ich möchte Sie aber aufgrund der Aktualität – in unserem Nachbarland Deutschland ist ein schrecklicher Amoklauf eines Jugendlichen passiert, und dort denkt man jetzt laut über die Verschärfung des einen oder anderen Gesetzes nach – um Ihre Einschätzung fragen: Glauben Sie auch, dass wir in Österreich in diesem Bereich eine Adaptierung der Gesetzeslage brauchen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Was das Justizressort zu diesem Problem beitragen kann, kann nur im bereits angesprochenen Bereich sein. Grundsätzlich ist auch diese Frage eine Frage, die an verschiedene Ressorts gerichtet werden kann. Ich glaube, dass, wie gesagt, das Sanktionensystem gerade bei Jugend­lichen noch erweitert werden sollte beziehungsweise dass bei Jugendlichen eben pflegschaftsgerichtliche Maßnahmen greifen sollten.

Ich habe gehört, man überlegt jetzt in Deutschland auch das Verbot von Gewaltfilmen und so weiter. Da muss man sich genau anschauen, inwieweit so etwas realisierbar ist. Das ist wahrscheinlich nicht ganz einfach durchzusetzen, umzusetzen, kann ich mir vorstellen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Minister! Die Justiz kann ja meistens nur reagieren; viel wichtiger wäre aber die Prävention.

Daher meine Frage: Welche Möglichkeiten der Prävention könnten Sie sich in Ihrem Ressort vorstellen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Prävention ist bei Ju­gendlichen ganz, ganz wichtig, da ist sicher ein großer Ansatzpunkt. Auch da wieder: Die Zuständigkeit für Prävention ist nicht nur im Justizressort, sondern auch im Innen­ressort angesiedelt. Mein Mann zum Beispiel ist bei der Kriminalpolizei in der Präven­tion tätig, auch in der Jugendprävention. Aber auch die Justiz kann präventive Maß­nahmen setzen, eben durch – wie soll man sagen?, „Drohung“ ist vielleicht ein zu scharfes Wort – angekündigte Maßnahmen, die für Jugendliche nicht unbedingt ange­nehm sein müssen; sozusagen ein präventiver Aspekt, der Jugendliche davor abhalten sollte, Straftaten zu begehen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, und ich ersuche Herrn Bundesrat Zangerl um deren Verlesung.

 


Bundesrat Stefan Zangerl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Sehr geehrte Frau Mi­nisterin, meine Frage lautet.

1650/M-BR/2009

„Welche gesetzlichen Möglichkeiten sehen Sie im Rahmen Ihres Ressorts, gegen un­seriöse Firmen, durch die Konsumenten mit vermeintlichen Gratis-Internetseiten her­eingelegt werden und in Kostenfallen tappen, vorzugehen?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Für die Transaktionen im Internet gelten eigentlich dieselben Regelungen, die auch offline gelten. Ein Betrug bleibt ein Betrug, auch wenn die Täuschung über das Internet erfolgt. Auch eine zivil­rechtliche Irrtumsanfechtung ist möglich, auch wenn sozusagen das Geschäft über In­ternet abgewickelt wird. Das Zivil- und das Strafrecht sind an und für sich medien­neutral.

Was das Strafrecht betrifft, so halte ich die Tatbestände des Betruges nach § 146 ff StGB durchaus für ausreichend; Strafdrohungen reichen hier bis zu zehn Jahre Frei­heitsstrafe. Im Zivilrecht gibt es für Internet-Transaktionen einige Sonderregelungen, die insbesondere den Bedürfnissen der Benutzer entgegenkommen. Das sind vor


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allem das E-Commerce-Gesetz und das Konsumentenschutzgesetz für den Fernab­satz von Waren und Dienstleistungen, diese beruhen weitgehend auf Gemeinschafts­recht. Diese Regelungen bieten grundsätzlich eine geeignete Grundlage, um Konsu­menten die Wahrung ihrer Rechte im elektronischen Geschäftsverkehr zu ermöglichen. Sie weisen zwar manche Lücken auf, doch können diese auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene geschlossen werden.

Ich meine, das Hauptaugenmerk muss bei weiteren Maßnahmen daher auf die aller­dings wieder ein anderes Ressort betreffenden Bestimmungen der Verbraucherbildung und Verbrauchererziehung gelegt werden. Eine wesentliche Rolle bei der Überwindung von Durchsetzungsdefiziten kann die Verbandsklage spielen, die schon möglich ist. Das ist sicher auch ein ganz wichtiges Instrument in diesem Zusammenhang.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat.

 


Bundesrat Stefan Zangerl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Nein, die Antwort war erschöpfend. Es würde den Rahmen sprengen, würden wir anfangen, darüber zu dis­kutieren.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Köberl.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): In welchen Bereichen liegen nach Ihrer Ansicht die schwerwiegendsten Fälle der Internetkriminalität?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Die Staatsanwaltschaft wird qualitativ und quantitativ derzeit am meisten befasst mit Ebay-Betrügereien, das heißt, Personen bieten Waren per Ebay an, kassieren das Geld – aber die Leistung er­folgt in weiterer Folge nicht. Das ist, wie gesagt, ein Betrugstatbestand.

Ein weiteres Problem gibt es natürlich bekannterweise im Bereich der Kinderpornogra­phie. Es ist jetzt ein neuer Tatbestand in Umsetzung, der neue § 207a StGB, womit der wissentliche Zugriff auf kinderpornographische Darstellungen im Internet unter Strafe gestellt wird. Kinderpornographie via Internet ist ein Problem, das die Behörden zurzeit sehr beschäftigt.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Molzbichler, bitte.

 


Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Guten Morgen, Frau Bundesminis­ter! Meine Frage: Welche Schritte sind für Sie vordringlich bei der Verbesserung der digitalen Rechte der Konsumenten?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Das ist jetzt eine Frage, deren Beantwortung ich gerne schriftlich nachreichen möchte.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitte­rer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin, sind Sie grundsätzlich der Ansicht, dass der rechts­unkundige Durchschnittsbürger durch das Konsumentenschutzrecht ausreichend vor unlauteren Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen geschützt ist?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Es ist so, dass das Kon­sumentenschutzrecht auch nicht in mein Ressort fällt, sondern in das Bundesministe-


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rium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Kollege Hundstorfer ist jetzt für Kon­sumentenschutz zuständig. Daher möchte ich zu Konsumentenschutzfragen nicht un­bedingt Stellung nehmen, um nicht in fremde Ressorts einzugreifen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen nun zur 4. Anfrage, die gestellt wird von Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Bundesministerin, meine Frage an Sie lautet:

1647/M-BR/2009

„Gibt es schon Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Schaffung eines Partnerschaftsgeset­zes zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: In der vorangegange­nen Legislaturperiode hat es bereits eine sehr weitgehende politische Meinungsbildung gegeben. Es ist jetzt die Einrichtung eines eigenen Lebenspartnerschaftsgesetzes vor­gesehen. Es soll eine eigene Institution geschaffen werden, die keine Ehe light dar­stellt, sondern wirklich einen eigenen Vertrag, mit allen Rechten und Pflichten. Es ist so, dass ein derartiges Gesetz natürlich eine Flut von anderen gesetzlichen Verände­rungen nach sich zieht, sei es im Zivilrecht, Strafrecht, aber auch im öffentlichen Recht. Daher muss man natürlich darauf achten, ob das ganze Gefüge zusammenpasst. Es soll ja nicht zu widersprüchlichen gesetzlichen Bestimmungen kommen.

Ich nehme an, dass das in den nächsten Monaten relativ rasch geschehen wird. Ich möchte, dass bis Jahresende wirklich eine sachliche Lösung auf dem Tisch liegt, eine Lösung dieses Problems, die dieses eigene Institut ins Leben ruft.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Teilen Sie die Auffassung, dass das förmliche Eingehen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften aus rechtlichen und sachlichen Gründen ebenfalls auf den Standesämtern erfolgen sollte?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Die Frage, wo diese Verträge abgeschlossen werden sollen, ist noch völlig offen. Es kann sein, dass es die Bezirksverwaltungsbehörde ist, es können die Standesämter sein, es kann auch der Notar sein. Da ist die politische Willensbildung noch nicht wirklich vollendet. Ich nehme an, dass das in den nächsten Monaten entschieden wird.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mag. Eibinger.

 


Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Sie haben bereits angesprochen, dass neben dem Personenstandsge­setz und neben den das Justizressort betreffenden Gesetzen noch weitere Materien mit involviert sein werden.

Meine Frage ist daher: Gedenken Sie diese weiteren Gesetzesänderungen gleichzeitig im Einvernehmen mit den anderen Ressorts vorzunehmen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Ich denke schon, dass es vernünftig ist, gleich alle Gesetzesänderungen in Angriff zu nehmen. Natürlich sind


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da teilweise Gesetze betroffen, die wiederum nicht in mein Ressort fallen, aber man muss sich dann natürlich mit den Ressortkollegen zusammensetzen und schauen, dass das angeglichen wird, damit es eben nicht zu Widersprüchen kommt. Ich finde schon, dass man das gleich in Angriff nehmen sollte.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich war von Anfang an ein bisschen verwundert darüber, dass Sie mit Ihrer persönlichen Einstellung zu diesem Thema sehr hinterm Zaun halten. Offiziell ist dazu noch nichts verlautbart worden, was für eine Ministerin meiner Meinung nach seltsam ist. (Bundesrat Dr. Kühnel: Frage! Frage!)

Daher die Frage: Haben Sie zumindest ein Ziel, bis wann Sie ein Partnerschaftsgesetz wirklich umgesetzt haben möchten?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Ich habe es zuerst schon erwähnt: Bis Jahresende muss eine Lösung auf dem Tisch liegen, und ich hoffe, dass das Gesetz dann schon Anfang nächsten Jahres in Kraft tritt. Das hängt natürlich auch von anderen Dingen ab. Es ist ja nicht mehr so, wie ich es früher als Richterin ge­handhabt habe. Da bin ich aufgestanden und habe gesagt, so ist es, denn ich habe recht. – Leider ist es in der Politik nicht so. (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Aber ich nehme an, wir werden das jetzt relativ schnell in den Griff bekommen. Na­türlich haben Minister auch private, persönliche Ansichten, aber die sind nicht immer relevant. Ich habe schon einmal gesagt, meine private Ansicht ist folgende: Ich bin ver­heiratet – mit einem Mann –, aber ich bin durchaus offen. Wir leben im 21. Jahrhun­dert, und gleichgeschlechtliche Partner sollen auch vom Staat anerkannt werden. Dieser Meinung bin ich voll und ganz. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundes­rates Schennach.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Große Zustimmung. – Wir gelangen nun zur 5. An­frage, gestellt von Herrn Bundesrat Bieringer. – Bitte.

 


Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1644/M-BR/2009

„Wie stehen Sie zu den Bestrebungen einer Änderung der Korruptionsbestimmungen im Hinblick auf die Probleme beim Sponsoring?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Die Frage der Antikor­ruptionsbestimmungen und deren Auslegung ist ja momentan ein sehr viel diskutiertes Problem. Ich werde zurzeit auch überall darauf angesprochen, ganz egal, wo ich bin.

Wir haben ja eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die wirklich auf Hochtouren arbeitet und die sich mit der Präzisierung der Antikorruptionsbestimmungen beschäftigt. Was ist zu präzisieren? Die derzeitige Gesetzeslage gleicht quasi einem Breitbandantibiotikum. Wir brauchen aber eine gezielte Medizin. Das heißt, das Gesetz muss präzisiert wer­den – nicht entschärft, aber präzisiert.

Es soll wirklich jeder wissen, was er darf und was nicht. Ich denke da vor allem an den Begriff des Amtsträgers. Ist wirklich jeder ein Amtsträger, nur weil er in einem Unter-


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nehmen arbeitet, in dem auch öffentliche Beteiligung gegeben ist? Ich denke auch an den Begriff der Geringfügigkeit. Der sollte vielleicht etwas präziser gefasst werden. Es ist meines Erachtens sicherlich ein Unterscheid, ob jemand einem anderen einen 100‑€-Schein in die Hand drückt oder ob er ihm einen Blumenstrauß mit demselben Wert überreicht. Das ist natürlich oft sehr schwierig, aber diese Arbeitsgruppe beschäf­tigt sich gerade mit diesen Fragen.

Es ist auch eine Frage, was der persönliche Vorteil ist: Ist es wirklich ein persönlicher Vorteil, wenn man an einer Fortbildungsveranstaltung teilnimmt, die von jemand ande­rem gesponsert wird? Die derzeitigen Überlegungen gehen auch in die Richtung, ob Repräsentationsaufgaben nicht erlaubt sein sollen, und es gibt sicherlich auch Verhal­ten, das sozial adäquat ist. Darauf muss man auch bei der Präzisierung eingehen, denn es soll nicht jede Sponsoringleistung kriminalisiert werden. Die Korruptionsstraf­tatbestände sollen ja der Wirtschaft einen Nutzen bringen und ihr nicht schaden.

Aber die wirkliche, die tatsächliche Korruption muss weiterhin sehr, sehr effizient und effektiv bekämpft werden. Das ist mir ein großes Anliegen. Ich habe es immer wieder gesagt: Die Korruption ist ein schleichendes Gift für den Rechtsstaat und für die Wirt­schaft. Es muss der lautere Unternehmer vor den unlauteren Wettbewerbern ge­schützt werden. Das ist ein großes Anliegen. Mit der Präzisierung können wir also noch vor dem Sommer rechnen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Hladny.

 


Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Minister, meine Frage ist zum Teil schon beantwortet. Ich darf sie aber trotzdem stellen:

Wie wollen Sie sicherstellen, dass durchaus sozial adäquate Verhaltensweisen wie etwa die Einladung zu einem Mittagessen nicht auch Gefahr laufen, den Korruptions­bestimmungen zu unterliegen, während die große Korruption nicht ausreichend verfolgt wird?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Man muss sich wirklich auf die tatsächlichen Bestechungsfälle, auf tatsächliche Korruption konzentrieren und die Energie nicht mit Fragen vergeuden, ob man jetzt die Topfenkolatsche anneh­men darf oder nicht. Man muss sich mit der echten Korruption beschäftigen, und genau das wird jetzt bei der Präzisierung passieren.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen zur 6. Anfrage, gestellt von Herrn Bun­desrat Schennach. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1649/M-BR/2009

„Beabsichtigen Sie, das geltende Adoptionsrecht in die Richtung zu novellieren, dass zum Beispiel auch Personen über 36 Jahre beziehungsweise AlleinerzieherInnen die Möglichkeit der Adoption erhalten?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Die derzeitigen Re­gelungen sehen kein Höchstalter vor, nur ein Mindestalter. (Bundesrat Schennach: Ja, aber die Realität!) Es ist so, dass das Mindestalter beim Wahlvater 28 Jahre und


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bei der Wahlmutter 30 Jahre beträgt; geringfügige Unterschreitungen sind möglich. Höchstalter gibt es aber keines mehr.

Es gibt aber auch einen Mindestaltersunterschied zum Wahlkind von mindestens 18 Jahren, bei besonderen Umständen von 16 Jahren, und mehrere Personen können nur dann adoptieren, wenn sie verheiratet sind. Adoption ist bei gleichgeschlechtlichen Partnern also zurzeit nicht vorgesehen – nach der jetzigen politischen Meinungsbil­dung übrigens. Ehegatten können in der Regel nur gemeinsam adoptieren. Das ist geltendes Adoptionsrecht. Im jetzigen Regierungsprogramm sind keine weiteren Ände­rungen vorgesehen, was die Inlandsadoption betrifft.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Frau Bundesmi­nisterin, Sie haben schon recht, dass es kein Höchstalter gibt, aber die Realität bei den Behörden, die das verwalten, heißt, Personen, Eltern, die über 36 Jahre alt sind, haben keine Chance auf Inlandsadoption.

Werden Sie zumindest an dieser in den Ländern verwendeten Richtlinie irgendwelche Änderungen vornehmen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Ich kann leider die Richtlinien der Länder nicht ändern und leider auch an der Realität nichts ändern. Als Justizministerin bin ich nicht allmächtig. Es wäre schön, aber das wird nicht gehen. Da habe ich keinen Einfluss.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Lugsteiner.

 


Bundesrätin Juliane Lugsteiner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin, welche Maßnahmen planen Sie im Bereich der Auslandsadoptionen, insbe­sondere, um zu missbrauchsicheren Regelungen zu kommen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Da die Durchführung des Adoptionsverfahrens zur Jugendwohlfahrt und nicht ins Zivilrecht ressortiert, sind im Bereich des Justizministeriums nur Verbesserungen des Anerkennungsregimes möglich. Das könnte nach Maßgabe vorhandener Ressourcen – das muss ich immer betonen – im Justizressort im Zuge einer der nächsten Familienrechtsänderungen durch Aufnahme eines Abschnitts über die Anerkennung ausländischer Adoptionen möglich sein.

Das ist auf Antrag durch die österreichischen Gerichte vorzunehmen. Die dem Verfah­ren beizuziehenden Personen und die Gründe für die Verweigerung einer Anerken­nung wären im Gesetz klar und mit dem Hauptgewicht auf dem Kindeswohl festzu­schreiben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bun­desministerin, meine Frage geht in die gleiche Richtung:

Welche gesetzlichen Änderungen sind insbesondere im Hinblick auf die bekannt ge­wordenen Adoptionsfälle äthiopischer Kinder geplant?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Ich habe bereits gesagt, das Justizressort kann sich mit der Frage der Anerkennung beschäftigen und wird


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sich auch mit diesem Thema beschäftigen, wenn es die Ressourcen erlauben. Da ist sicherlich auch ein Regelungsbedarf gegeben. Ansonsten ist es jetzt Angelegenheit der Jugendwohlfahrt.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, gestellt von Herrn Bundesrat Kalina. – Bitte.

 


Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1648/M-BR/2009

„Haben Sie bereits Maßnahmen zur Erreichung des Zieles ‚Strafvollzug im Herkunfts­staat‘ gesetzt?“

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Es ist ja schon derzeit die Übernahme der Strafvollstreckung möglich. Das wird auch wirklich häufig gemacht, dass Häftlinge überstellt werden. Allerdings ist das nur mit Zustimmung des Häftlings möglich. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Beer.)

Es gibt auch einen Rahmenbeschluss der Europäischen Union aus dem Jahr 2008, der eine rasche und unbürokratische Übernahme der Strafvollstreckung ermöglichen soll.

Dieser Rahmenbeschluss ist übrigens bis Ende 2011 innerstaatlich umzusetzen. Vor­bereitungen zur Umsetzung laufen bereits im Justizressort. Ich persönlich erwarte mir davon eine Beschleunigung und Vereinfachung solcher Verfahren. Das ist sicher auch ganz wichtig.

Darüber hinaus gibt es diesen berühmten § 133a Strafvollzugsgesetz, von dem wir heute schon gesprochen haben, also die Möglichkeit, ausländische Strafhäftlinge be­dingt zu entlassen und abzuschieben, unter gleichzeitiger Verpflichtung desjenigen, dass er nicht mehr zurückreist.

In diesem Zusammenhang ist vielleicht ganz interessant: Ich führe gerade Gespräche mit Kollegin Fekter darüber, dass die Abschiebung selbst bei der bedingen Entlassung nicht wie jetzt von der Justizwache vorgenommen wird – denn da ist es zu zahlreichen Problemen gekommen –, sondern vom Innenressort, von den Sicherheitsbehörden übernommen wird. Das wird, glaube ich, auch ein wichtiger Schritt sein, um da wirklich effizient vorgehen zu können.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Danke für die Antwort. Da drängt sich aber doch auch der Gedanke auf, ob man das nicht ändern sollte, sodass es nicht von der Zustimmung des Häftlings abhängig gemacht wird, wo der Strafvollzug stattfindet.

Meine Zusatzfrage an Sie, Frau Minister:

Ist es richtig, dass deutlich mehr nichtösterreichische Staatsbürger ihre Haft hier in Ös­terreich verbüßen, als es ÖsterreicherInnen in ausländischen Haftanstalten tun, dass deshalb das Ziel dieses Strafvollzugs im Herkunftsland deutlich im Interesse Öster­reichs läge und dass daher die Anstrengungen verstärkt werden sollten?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Dazu ein paar Zahlen: Am 1. Februar waren in österreichischen Justizanstalten insgesamt 8 154 Personen,


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davon 4 724 Österreicher und 3 430 Nichtösterreicher, inhaftiert. Der Anteil der Nicht­österreicher an den Insassen beträgt daher 42,07 Prozent.

Ihre Frage war dahingehend, wie viele Österreicher die Strafhaft im Ausland verbrin­gen. – Da kann ich Ihnen vielleicht Zahlen nachreichen, die habe ich nicht hier, tut mir leid.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Mi­nister, wann kann mit einer Erleichterung der Überstellung in den Heimatstaat zur wei­teren Strafvollstreckung durch die in der EU vorgesehene wechselseitige Anerkennung von Urteilen gerechnet werden?

 



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Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Die gegenseitige Aner­kennung von Entscheidungen ist ein ganz wesentlicher Punkt bei der justiziellen Zu­sammenarbeit in der EU, schreitet auch voran und wird natürlich große Vereinfachun­gen bringen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Ertl, bitte.

 


Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Gerade der Strafvollzug im Herkunftsland schreckt viele Fremde vor der Begehung von Straftaten im Ausland ab. Ich nehme an, dass es nur innerhalb der EU möglich sein wird, den Strafvollzug im Herkunftsland zu verbüßen. Es gab in der Ver­gangenheit schon derartige Versuche, und es hat sich gezeigt, dass nicht die volle Strafe verbüßt worden ist.

Wie wird gesichert, dass die verhängte Strafe im Herkunftsland auch zur Gänze ver­büßt wird?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Das kann eigentlich nur durch Abkommen bilateraler Natur beziehungsweise durch europäisches Recht ge­regelt werden. Natürlich, über den Strafvollzug in anderen Ländern haben wir keine absolute Kontrolle, das ist richtig. Das hängt aber sicherlich auch von den Ländern selbst ab, auch inwieweit der Anreiz gegeben ist. Das kann man nicht so vereinheit­lichen.

Ich denke, deswegen ist es wichtig, möglichst viele Abkommen abzuschließen, vor allem auch mit Ländern außerhalb der EU. – Im EU-Bereich ist das nicht so ein großes Problem.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen nun zur 8. Anfrage, gestellt von Herrn Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Vor allem in Großbritannien gibt es Medien, die sehr tendenziös berichten. Ge­wisse österreichische Medien bewegen sich auch in diese Richtung.

Daher meine Anfrage an Sie:

1645/M-BR/2009

 


„Welche Maßnahmen sind vom Bundesministerium für Justiz im Bereich des Medien­rechts zum Schutz der Persönlichkeitsrechte geplant?“

Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Die medialen Begleit­erscheinungen bei spektakulären Prozessen der letzten Zeit – Stichwort: Kampusch, Stichwort: Fritzl – zeigen, dass da natürlich auch im Medienrecht Handlungsbedarf ge­geben ist.

Es gibt da immer einen Spannungsbereich zwischen dem Recht auf freie Meinungs­äußerung einerseits und den Persönlichkeitsrechten andererseits, und natürlich muss durch das Gesetz, das Mediengesetz, und in weiterer Folge durch die Rechtsspre­chung Ausgleich geschaffen werden.

Es ist so, dass Medienfreiheit natürlich nicht schrankenlos sein kann und Grenzen eben dort gezogen werden müssen, wo Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Gerade bei Berichterstattungen über Strafverfahren, aber auch über andere gerichtliche Ver­fahren sind immer wieder gravierende Eingriffe in Persönlichkeitsrechte erfolgt.

Es liegt dazu ein Ministerialentwurf vor. Es gibt nämlich auch im Regierungsüberein­kommen einen Punkt, der die Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes betrifft. Es soll jetzt laut Ministerialentwurf zu einer Ausweitung des Identitätsschutzes kommen. Es soll also der Schutz auch auf Angehörige von Opfern und Tätern sowie auch auf Strafverfahren ausgedehnt werden. – Das ist der § 7a Mediengesetz.

Des Weiteren sollten schutzwürdige Interessen von Opfern, Angehörigen und Zeugen jedenfalls dann verletzt sein, wenn vor der Veröffentlichung von Daten nicht die Zu­stimmung der Betroffenen eingeholt wurde. Es sollen die Fristen zur Geltendmachung medienrechtlicher Ansprüche ausgedehnt werden, und es soll ein Straftatbestand für die Phänomene des Paparazzi-Unwesens und des sogenannten Happy Slapping – so nennt sich das; das ist zurzeit alles in englischer Sprache – eingeführt werden.

Es ist so, dass dann zum Beispiel keine Aufnahmen von nicht-öffentlichen Beweisauf­nahmen und Untersuchungshandlungen veröffentlicht werden dürfen.

Es besteht also Handlungsbedarf, und es gibt einen Ministerialentwurf, der noch heuer in Begutachtung gehen wird. (Bundesrat Dr. Kühnel: Frau Bundesministerin, noch eine Zusatzfrage!)

 


Präsident Harald Reisenberger: Darf ich Ihnen das Wort erteilen zur Zusatzfrage? – Danke, Herr Bundesrat. (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei der SPÖ und des Bun­desrates Schennach.) Bitte, stellen Sie die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident, sollte ich Ihren Rechten irgendwie nähergetreten sein, dann entschuldige ich mich selbstverständlich in aller Form.

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich halte mich nur an die Formen, die das Haus uns gemeinsam vorgibt. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie haben das Wort.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Haben Sie es mir jetzt erteilt? (Präsident Reisenberger nickt bejahend.) – Gut, danke.

Gibt es Überlegungen in Richtung einer Verschärfung von Sanktionen, um auch große Medienunternehmen zur Unterlassung der Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu bewegen?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Auch das Sanktionen­system ist im Medienrecht zu überdenken. Es ist daran gedacht, die Strafdrohungen zu


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 23

erhöhen und auch Untergrenzen einzuführen. Ich glaube, es ist notwendig, hier Verän­derungen zu schaffen, um wirklich individuell vorzugehen.

Es sollte natürlich nicht passieren, dass sozusagen durch eine fehlerhafte Handlung eines Journalisten jetzt das ganze Unternehmen quasi in den Abgrund gestürzt wer­den kann. Das sollte auch nicht passieren. Aber es ist sicherlich an eine Verbesserung im Sanktionensystem gedacht.

 


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Vladyka, bitte.

 


Bundesrätin Christa Vladyka (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzte Frau Ministerin! Wir haben schon einiges über das Medienrecht gehört. Meine Zusatzfrage geht dahin: Glauben Sie, dass man die Persönlichkeitsrechte besser schützen könnte, wenn man das Medienrecht, seinem Wesen nach eher eine zivilrechtliche Materie, in die Zivilge­richtsbarkeit überträgt?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Ja, es sind aber im Me­dienrecht natürlich auch Strafsanktionen drinnen; das ist das Problem.

Es ist so, dass das Medienrecht nicht nur am Strafgericht geregelt wird. Natürlich wür­den sich die Richter am Strafgericht freuen, wenn man auch diesbezüglich eine Entlas­tung schaffen könnte. Man muss sich überlegen, wo es am effizientesten verfolgt wird.

Aber, wie gesagt, das ist jetzt ohnehin nicht nur im Strafprozess konzentriert. Das ist eine ganz eigenständige Materie, eine ganz eigene Materie. Das Mediengesetz lässt sich auch nicht so leicht einordnen.

 


Präsident Harald Reisenberger: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ing. Kampl.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Medien können Persönlichkeitsrechte und Personen in eine sehr negative Situation bringen. Wieso ist es möglich, dass die Generalprokuratur Rechtsurteile des Erstgerichtes und des Oberlandesgerichtes zum Nachteil der betrof­fenen Personen aufhebt?

 


Präsident Harald Reisenberger: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Dass die Generalproku­ratur Urteile aufhebt, ist mir nicht bekannt – das ist auch nicht möglich. (Bundesrat Ing. Kampl: Aufhebt, und die betroffenen Personen sollen alle zahlen!) Aber wenn Sie mir diesen Fall nachher schildern wollen – wir sind gerne bereit, uns anzuschauen, was da passiert ist.

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich bedanke mich.

Die Fragestunde ist somit beendet.

09.43.01Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Harald Reisenberger: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortung 2451/AB verweise ich auf die im Sitzungssaal verteil­ten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Anfragebeantwortung (siehe S. 10.)

*****


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 24

Anlage 1:

BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

MR Dr. Joachim-Peter STORFA

MINISTERRATSDIENST

Geschäftszahl: 350.200/0034-I/4/09

Abteilungsmail:

Sachbearbeiterin: Gabriele MUNSCH

Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

Telefon: 01/531 15/2217 bzw. 2264                                                                Datum: 2. März 2009

An den             

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes HAHN am 13. März 2009 in Budapest bzw. am 16. und 17. März 2009 in Dänemark aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Anlage 2:

BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST

Geschäftszahl: 350.200/0040-I/4/09

Abteilungsmail: mrd@bka.gv.at

Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

Pers. eMail: Ingeborg.heim@bka.gv.at

Telefon: 01/531 15/2217                                                                                     Datum: 9. März 2009

An den

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert DARABOS am 12. und 13. März 2009 in Prag aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Anlage 3:

BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 25

Geschäftszahl: 350.200/0042-I/4/09

Abteilungsmail: mrd@bka.gv.at

Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

Pers. eMail: Ingeborg.heim@bka.gv.at

Telefon: 01/531 15/2217                                                                                     Datum: 9. März 2009

An den             

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael SPINDELEGGER am 13. März in Laibach und am 16. März 2009 in Brüssel aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich gebe bekannt, dass der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes die Mitteilung gemacht hat, dass sich der Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn am 13. März 2009 beziehungsweise am 16. und 17. März 2009 jeweils in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten und am 13. März 2009 von der Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner vertreten wird, beziehungsweise dass sich die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures am 13. März 2009 in der Schweiz aufhalten und durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer vertreten wird, sowie dass sich der Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport Mag. Norbert Darabos am 12. und 13. März 2009 und der Bun­desminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindel­egger am 13. März und am 16. März 2009 jeweils in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten werden.

*****

Eingelangt sind der Bericht des Bundeskanzlers und der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst an das Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2009 und zum 18 Monatsprogramm des Rates für 2008/2009 sowie

die EU Jahresvorschau 2009 des Bundesministeriums für Finanzen beziehungsweise

der Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009.

Gleichfalls eingelangt sind der Bericht der Bundesministerin für Inneres an das öster­reichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kom­mission für 2009 und zum 18-Monatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes und

die Jahresvorschau des BMWF 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission sowie des Arbeitsprogramms des Rates sowie


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 26

die Jahresvorschau des BMLFUW 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates beziehungsweise

die Jahresvorschau des BMG 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Kommission für 2009 und des 18-Monate-Programms des Rates.

Ich gebe bekannt, dass die Petition 24/PET-BR/2009 betreffend „Verlängerung der U-Bahn nach Schwechat“ und

25/PET-BR/2009 betreffend „Alternative Energie – Windkraft für Schwechat“,

jeweils überreicht von Bundesrat Johann Ertl, dem Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen zugewiesen wurde.

Gemäß § 21 Abs. 4 der Geschäftsordnung gebe ich weiters bekannt, dass die Selb­ständigen Anträge 54/A-BR/1988 und 60/A-BR/1990 zurückgezogen wurden.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Aus­schüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Anträge gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR

 


Präsident Harald Reisenberger: Ich gebe bekannt, dass von den Bundesräten Al­brecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen der Antrag vorliegt, die Jahresvorschau des BMJ 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission für 2009 sowie des operativen Achtzehnmo­natsprogramms des französischen, tschechischen und schwedischen Ratsvorsitzes gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates ohne Ausschussvorbera­tungen in Verhandlung zu nehmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag der Bun­desräte Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit.

Der Antrag, die Jahresvorschau des BMJ 2009 ohne Vorberatungen durch einen Aus­schuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zwei­drittelmehrheit angenommen.

Ich werde daher die Jahresvorschau des BMJ 2009 als ersten Tagesordnungspunkt in Verhandlung nehmen.

*****

Ich gebe überdies bekannt, dass von den Bundesräten Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates der Selbständige Antrag 175/A-BR/2009 auf Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert“ eingebracht wurde.

Des Weiteren wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates bean­tragt, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorberatung in Verhandlung zu nehmen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 27

Ich lasse daher über den Antrag der Bundesräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen, den gegenständlichen Antrag 175/A-BR/2009 auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates ohne Vorberatung durch einen Aus­schuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag der Bun­desräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kol­leginnen und Kollegen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stim­meneinhelligkeit.

Der Antrag, den Antrag 175/A-BR/2009 ohne Vorberatung durch einen Ausschuss un­mittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehr­heit angenommen.

Ich werde daher die Tagesordnung um den Antrag 175/A-BR/2009 ergänzen und diesen als 23. und somit letzten Tagesordnungspunkt in Verhandlung nehmen.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Jahresvorschau des BMJ 2009 beziehungsweise den Selbständigen Antrag 175/A-BR/2009 der Bun­desräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Albrecht Konecny, Ludwig Bieringer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert“ auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Harald Reisenberger: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages be­absichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 und 3, 9 bis 11, 12 bis 16 sowie 18 bis 20 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vor­gehen.

09.49.391. Punkt

Jahresvorschau des BMJ 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission für 2009 sowie des operativen Achtzehn­monatsprogramms des französischen, tschechischen und schwedischen Rats­vorsitzes (III-359-BR/2009 d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Wir gehen in die Debatte ein.

 


Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. Ich erteile ihm dieses.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 28

9.50.02

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun sind die Vorschauen dieses Ministeriums – und aller anderen Ministerien; keine Diskriminierung! – ein durchaus ungeliebter Verhand­lungsgegenstand dieses Hauses, und ich fürchte, auch ein ungeliebter Verhandlungs­gegenstand der jeweiligen Bundesminister.

Wir haben uns auch angewöhnt, die Anwesenheit eines Mitgliedes der Bundesregie­rung in diesem Haus für ein Andockmanöver mit der jeweiligen Jahresvorschau zu be­nützen. Das hat natürlich viele Schwächen, und wir sollten kurz innehalten und uns überlegen, wie mit diesem Instrument umzugehen ist.

Im Prinzip handelt es sich hier um eine außerordentlich wertvolle Information über Ent­wicklungen, die im laufenden Jahr zu erwarten sind. Ich sage zu dem konkreten Doku­ment des Justizministeriums dazu – Sie sind ein paar Mal in englische Vokabel „ausge­rutscht“, ich tue das jetzt auch –, das ist ein No-Frill-Bericht, kein Schmus, sehr präzise auf die einzelnen Punkte zugeschnitten.

Dieser Bericht hat, wie jeder andere, eine für mich völlig unverständliche Schwäche: Diese Berichte kommen alle nach dem 1. Jänner. Ein Vorhabensbericht für ein Kalen­derjahr müsste ja eigentlich schon vor dem Jahresende fertig sein. Es sind die letzten, glaube ich, inzwischen eingelangt, aber wir haben ja auch schon Mitte März. Und unter dem Eindruck der Tatsache, dass wir eben nicht eine Jahresvorschausitzung mit allen Bundesministern – damit würden wir uns außerordentlich populär machen! (Heiter­keit) – ansetzen, sondern das schrittweise abarbeiten, ist es uns schon passiert, dass wir, was dann ziemlich lächerlich ist, in die zweite Jahreshälfte rutschen, um eine Jah­resvorschau zu debattieren.

Ich bin daran mit schuld und mit beteiligt. Es ist kein Vorwurf, außer dass wir die Be­richte vielleicht schon vor Jahresende haben könnten. Aber wir sollten uns überlegen, wie wir zu einer effizienteren und zeitnäheren Behandlung kommen.

Diese Jahresvorschau des Justizministeriums ist, abgesehen von dem Hinweis auf zahlreiche wichtige Materien und dem österreichischen Standpunkt dazu, aus einem Grund ganz besonders bedeutsam: Es wurde, und die österreichische Justizpolitik hat sich zu diesem Dokument immer bekannt, im Jahre 2004 gemeinsam das sogenannte Haager Programm vereinbart, das bis Mitte des Jahres oder bis Ende des Jahres ab­gearbeitet sein sollte. Es steht daher für das heurige Jahr ein neues Mehrjahrespro­gramm ins Haus, und weil in der EU alles einen Vornamen haben muss, wird es das Stockholm-Programm sein, weil es unter der schwedischen Präsidentschaft mutmaß­lich in Stockholm beschlossen werden wird. Hier sollen die Richtlinien für die nächsten fünf Jahre erarbeitet werden, die dann auch wieder Punkt für Punkt abgearbeitet wer­den.

Ich halte das für eine effiziente und vor allem auch für die Bürgerinnen und Bürger der Union nachvollziehbare Vorgangsweise, wie ja überhaupt das Problem der Europäi­schen Union nicht so sehr ihre „Fehler“ – unter Anführungszeichen – sind, sondern die Tatsache, dass genau diese Planungselemente, diese relativ weit in die Zukunft rei­chende Schwerpunktsetzung relativ wenig bekannt sind. Und wenn dann auf einem be­stimmten Gebiet tatsächlich ein Beschluss gefasst wird oder ein Beschluss angestoßen wird, ist nachher die Verblüffung groß – auf Österreichisch jetzt, diesmal kein engli­sches Vokabel –: Wos is’n nocha des?, weil es anscheinend aus einem bedeckten Himmel als Blitz herunterkommt, aber in der Realität ein lange geplantes und nun auf die konkrete Tagesordnung gestelltes Vorhaben ist.

Im Hinblick auf die heutige Rednerliste gestatte ich mir, es ungewöhnlich kurz zu ma­chen. Es ist ein gutes Programm. Es ist ein Programm, bei dem Österreich engagiert


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 29

und loyal mitarbeiten kann, auch dann, wenn wir in Einzelfällen – und das steht alles in diesem Bericht; ich bin ja nicht der Berichterstatter, ich bin ein Redner dazu – abwei­chende Meinungen haben, wo wir meinen, dass bestimmte Schritte nicht so erforder­lich sind, wie sie angedacht sind.

Ich glaube, die permanente Beschäftigung nicht nur des Bundesrates, sondern auch der Öffentlichkeit mit diesen durchaus überschaubaren Arbeitsmethoden der EU wäre der zentrale Fortschritt, um zu einer anderen Einschätzung dieser bedeutenden Ein­richtung durch die österreichische Bevölkerung zu kommen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

9.55


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Küh­nel. – Bitte.

 


9.55.53

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pro­fessor Konecny hat wie immer schon sehr umfassend referiert, so dass jetzt hier nicht unbedingt besondere Neuigkeiten von meiner Seite zu erwarten sind. Ich gebe ihm recht, dass eigentlich das Haager Programm abgearbeitet ist – oder einigermaßen ab­gearbeitet ist – und wir alle auf das Stockholmer Programm warten, aber natürlich noch nicht wissen, was im Detail darin stehen wird.

Dass aber das Ganze so ist, wie es ist, ist meiner Ansicht nach auf verschiedene Fak­toren zurückzuführen, die ich zumindest kurz erwähnen möchte.

Im April wird das gewählte Europäische Parlament seine Arbeit beenden. Sie haben bei Seminaren im Jänner und im Februar in Brüssel ganz klar gesagt, sie wollen keine neuen Initiativen mehr ergreifen, sondern ihr Bemühen ist es, dass dieses Parlament zwar noch verschiedene Sachen erledigt, aber nichts Neues mehr initiiert. Hinzu kommt natürlich, dass die Präsidentschaft Frankreichs sehr medienstark war, Verschie­denes angerissen hat und dass jetzt unter der tschechischen Präsidentschaft nach die­ser „Flut“ des Sarkozy natürlich hier eine gewisse Ebbe eingetreten ist. Das Ergebnis ist, dass die Tschechen untergehen, aber auch aufgrund der Situation im Parlament eigentlich nichts mehr anreißen können.

Dazu kommt, dass in Tschechien natürlich, das muss man auch berücksichtigen, sehr labile politische Verhältnisse herrschen. Wenn ich den Kollegen Schennach ansehe, dann, muss ich sagen, stelle ich mir die Situation bei den tschechischen Grünen vor: Die schließen sogar aus bestimmten Gründen Mitglieder aus der Partei aus. So weit sind wir bei den Grünen in Österreich noch nicht (Heiterkeit), aber in Tschechien jeden­falls führt das zu einer ungeheuren Labilität bei der Regierung, weil es dort ja ungefähr 100 : 100 steht und eine Stimme im tschechischen Parlament natürlich dann unter Um­ständen den Ausschlag gibt.

Darüber hinaus warten alle, wie der Lissabonner Vertrag ausgehen wird. Wir wissen nicht, ob er kommt oder nicht kommt – ein gewisses Warten vielleicht auf Godot. Dazu kommt natürlich noch, dass in dieser allgemeinen labilen Situation jetzt niemand wirk­lich etwas tun will, sondern man redet und redet.

Trotzdem ist in dem Programm weiterhin festgehalten, dass es hier zu einer massiven Stärkung des Raumes der Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit kommen soll und dass, was mich auch als Juristen besonders freut, im Europa der 27 eine Vertiefung der Zusammenarbeit im zivil- und strafrechtlichen Bereich erfolgen soll.

Als Vorsitzender des Innenausschusses – und hier ist natürlich eine Verknüpfung auch mit der Justiz gegeben – möchte ich die Wichtigkeit dessen betonen, dass auch die po-


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 30

lizeiliche Zusammenarbeit Hand in Hand mit der justiziellen geht, damit es zu einer rascheren Aufklärung von Verbrechen kommt. Das ist wieder wichtig für die Stimmung gegenüber Europa: dass die Bürger sehen; was ihnen Europa zum Beispiel auf dem Sektor der Kriminalitätsbekämpfung bringt.

Daher ist es jetzt meiner Ansicht nach nicht sehr sinnvoll, auf die einzelnen Initiativen einzugehen. Herr Professor, Sie haben gemeint, das sei etwas dünn. (Bundesrat Bo­den: Das hat er nicht gesagt!) Dem kann man beipflichten, aber das ist nicht die Schuld Österreichs oder des Ministeriums. Das ist eben, wie es ist.

Abschließend möchte ich daher sagen: Trotzdem ist die EU auf einem stetigen und guten Weg und entwickelt sich weiter. Die EU-Karawane lässt sich einfach nicht aufhal­ten, und das ist gut so für Österreich und Europa. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.59


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


10.00.04

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Lieber Kollege Kühnel, Sie dürf­ten in der Telepathie relativ stark bewandert sein. Kollege Konecny hat nicht von „dünn“ gesprochen, aber ich wollte von einem dünnen Bericht sprechen. (Heiterkeit bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.) Sie haben das schon geahnt. Als Sie ans Rednerpult gegangen sind, habe ich gerade rein zufällig an Ihre Schwesterpartei in Griechenland gedacht, die zu allem Überdruss einen Abgeordneten ausschließt und dabei übersieht, dass er der Einzige ist, der ihnen diese eine Stimme Parlamentsmehr­heit verschafft. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist mir so rein zufällig eingefallen, bevor Sie Ihre Rede begonnen haben. Sie sind in der Telepathie also stark bewandert.

Kommen wir auf den Bericht zurück, sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ja, ich hätte ihn als ein bisschen dünn bezeichnet. Das ist nicht so dramatisch. Was den Umgang mit den Vorhaben angeht, schließe ich mich gerne Herrn Prof. Konecny an. Wir haben das ja früher öfters diskutiert. Ich fände es auch gut, wenn der Bericht wirklich immer im Herbst des betreffenden Jahres ankäme, insbesondere wenn man bedenkt, dass das Haager Programm im letzten Jahr ausgelaufen ist und wir uns in einer Art Inter­regnum zum Stockholmer Programm befinden, das ja im Jahr 2010 angeht.

Ich bin insofern auch doppelt daran interessiert: Einerseits finde ich es gut, dass acht von 27 Mitgliedstaaten an diesem Stockholmer Programm mitwirken. Das heißt, die na­tionalen Parlamente, die nationalen Regierungen haben eine starke Mitsprache gegen­über der Kommission.

Andererseits – das ist etwas, wo ich mich ganz direkt an Sie wende –: Es handelt sich um einen Aktionsplan, der das Innere und die Justiz in Europa zu ganz bestimmten Programmen zusammenfasst, bei denen es um den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und um die europäische justizielle Zusammenarbeit geht. Da sind Sie als österreichische Justizministerin aus österreichischem Interesse ganz besonders als Hüterin der Grundrechte aufgerufen. Denn all diese Fragen stehen immer vor dem Hin­tergrund, wie man mit den Grundrechten, die Ende des 18. Jahrhunderts mit den Bür­gerrechten grundgelegt wurden, umgeht. Egal, ob es sich um eine echte oder ver­meintliche Terrorismusbekämpfung handelt oder darum, wie weit eine Strafverfolgung geht, wie weit sie über Grenzen geht, wie weit sie in den Bereich der neuen Techno­logie, der neuen Informationstechnologie eindringt, immer wieder geht es um die Frage der Grundrechte, darum, wie viel soll sein, aber wo soll ein Stopp sein.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 31

Ich richte daher mein dringendes Ersuchen an Sie, in diesen Diskussionen in diesem Jahr für das Stockholmer Programm ganz besonders aufmerksam den Schutz der Grund- und Bürger- und Bürgerinnenrechte zu beobachten, auf diesen Wert zu legen und dies auch mit Nachdruck einzufordern.

Ein bisschen vermisse ich in dieser internationalen Zusammenarbeit vom Zugang her ein Instrument im Bereich des Rechtswesens, denn es geht ja in diesem Programm um den Zugang zum Recht in Europa. In einem Bereich ist er wirklich sehr schwierig, das ist der Konsumenten- und Konsumentinnenschutz. Da ist ein echter Zugang für den­jenigen, der sich um diesen Zugang bemüht, wie ich meine, noch mehr als hürdenreich und schwierig. Ich bin der Ansicht, dass wir hier einen leichteren Zugang brauchen, einen einfacheren Zugang. Davon habe ich jetzt noch nichts gelesen. Das würde ich Ihnen gerne mitgeben. Ich meine, wenn dieser Markt so ein gemeinsamer ist und wenn wir auch alles ausschreiben, anbieten und dieser Markt so ein geschlossener Markt ist, so muss jetzt das einzelne Individuum auch einen leichteren, einfacheren und kosten­günstigeren Zugang zu seinem Recht als Konsument und Konsumentin haben.

Nun zu den konkreten Maßnahmen: Da fällt aus österreichischer Sicht schon auf – Professor Konecny in seiner eleganten Art ist da großzügig darüber hinweggegan-
gen –, dass Sie zwei Dritteln der Maßnahmen skeptisch gegenüberstehen, die in die­sem Vorhabensbericht genannt werden. Das ist schon interessant. Egal, ob das die Schaffung einer europäischen Privatgesellschaft ist, ob das bei der Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums ist, immer wieder fällt auf: Die österreichische Position ist, wir stehen dem skeptisch gegenüber.

Vielleicht darf ich Sie einladen, uns zu sagen, warum eigentlich Österreich in all diesen Punkten – ich könnte Ihnen jetzt mindestens zehn anführen – immer am Ende kommt und sagt: Wir stehen dem eigentlich skeptisch gegenüber.

Wichtig finde ich zwei Dinge: Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die geschätzte Volksanwaltschaft uns seit Jahren Bericht darüber gibt, dass in Österreich die Opfer von Verbrechen zu wenig Rechte haben: einerseits gegenüber dem Beschuldigten, dann als Opfer und zum Dritten auch noch bei der Entschädigung. Die Volksanwalt­schaft schlägt seit Jahren immer wieder Maßnahmen zur Stärkung der Opferrechte vor. Es wurde zwar einiges gemacht. Im Rahmen des Vorhabensberichtes der Europäi­schen Union geht es da ja weiter, vor allem dahin gehend, dass es zu einem Gleichge­wicht in der Frage von Opfer- und Beschuldigtenrechten kommt und auch in der Frage der Entschädigten.

Ich finde es persönlich sehr spannend und bin auf die Arbeitsergebnisse sehr neugie­rig, was die gemeinsamen Standards bei den Verfahrensrechten betrifft. Es ist insofern spannend, als ja die Tradition der Justiz in den europäischen Mitgliedstaaten unter den 27 Staaten sehr, sehr unterschiedlich ist. Auch die Praxis ist eine sehr, sehr unter­schiedliche. Ich erinnere nur an unsere Diskussionen zum Beispiel über die U-Haftbe­stimmungen in Bulgarien und Rumänien, die diese ja im Rahmen ihres EU-Beitritts anpassen mussten. Insofern ist das etwas ganz, ganz Spannendes.

Ich hoffe, dass wir auch in einem anderen Punkt weiterkommen, der im Vorhabensbe­richt enthalten ist, der zwei ganz grauenhafte Dinge betrifft. Man kann den österreichi­schen Sicherheitskräften zu ihrem jüngsten Schlag, den sie gegen eines der schänd­lichsten Verbrechen, das der Kinderpornografie, erfolgreich geführt haben, nur gratulie­ren. Ich hoffe, dass es zu konkreten Maßnahmen im Bereich der sexuellen Ausbeutung kommt. Auch da geht es darum, dass man die Opfer insofern stärkt, als sie nicht sofort entweder in die Öffentlichkeit gezerrt werden oder von Abschiebung bedroht sind, dass man sie auch von der Niederlassung her stärkt.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 32

Es geht auch um den verstärkten Schutz für Opfer des Menschenhandels, der ja in ver­schiedenen Bereichen auftritt. Gegen den Menschenhandel als Organhandel haben wir erst in der letzten Sitzung etwas beschlossen. Aber es gibt nach wie vor die Sklaverei, die sexuelle Ausbeutung im Bereich der Arbeitskraft. Auch hier geht es darum, das ein­mal aus der Opferperspektive zu betrachten, nicht nur aus der Staatsperspektive, son­dern auch aus der Opferperspektive.

Ich denke, dass nicht jeder Mann, der Leistungen von Menschen, von Frauen zum Bei­spiel in Anspruch nimmt, darüber glücklich ist, wenn diese Frauen in einer sklaven­mäßigen Beziehung dazu gezwungen werden, und dass somit eigentlich mehr Informa­tionen auch an die Sicherheitsbehörden gehen könnten, wenn solche Informanten und die Opfer selbst mit einem sichereren Gefühl mit den österreichischen Behörden ko­operieren oder sich diesen stellen könnten und zum Beispiel nicht sofort von Abschie­bung bedroht wären.

In diesem Sinne, Frau Bundesministerin: Wir werden Ihrem Vorhabensbericht die Zu­stimmung geben und sind sehr gespannt auf Ihre Berichte vielleicht Ende des Jahres, wie sich der Weg zum Stockholmer Programm in diesem Jahr entwickelt hat. – Danke schön. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

10.10


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. Ich erteile ihr dieses.

 


10.10.41

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Herr Professor Konecny hat es bereits erwähnt: Die Basis für die Arbeiten im Bereich Justiz und Inneres für die Jah­re 2004 bis 2009 bildet das sogenannte Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der EU. Das Nachfolgeprogramm wird das Stockholm-Pro­gramm für die Jahre 2010 bis 2014 sein. Es soll die Ziele für die künftige Entwicklung im Justizbereich und die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele festlegen.

Derzeit arbeitet die Europäische Kommission an ihrer Mitteilung über das neue Pro­gramm, und das wird sie voraussichtlich im Mai 2009 annehmen. Anschließend wird diese Mitteilung der Kommission von den Justizministern bei den folgenden Minister­räten diskutiert und voraussichtlich im Herbst 2009 angenommen werden. Es ist als po­sitiv zu vermerken, dass die Diskussion zur Erarbeitung dieses Programms durchaus transparent und offen gestaltet wird.

An erster Stelle soll auch künftig der Schutz der Bürger Europas stehen. Die länder­übergreifende Strafverfolgung soll weiter verbessert werden, die Bereitstellung eines Beistandes für Verbrechensopfer soll Standard in jedem Mitgliedstaat werden, und die Rechtsvorschriften über die Entschädigung von Verbrechensopfern auf europäischer Ebene sollen effektiver gestaltet werden. In puncto Opferschutz ist übrigens durch das Zweite Gewaltschutzpaket ein großer Schritt gelungen, also ein weiterer Schritt in Rich­tung verstärkte Opferschutzrechte.

Auf Beschuldigtenseite sollten gemeinsame Mindeststandards im Strafverfahren si­chergestellt werden, damit auch die Grundrechte – ganz wichtig! – der Beschuldigten eingehalten werden.

Grundsätzlich wird auch auf das Gleichgewicht zwischen den Opfer- und den Beschul­digtenrechten zu achten sein. In diesem Sinne hat für Österreich die Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten absolute Priorität.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 33

Ein weiterer Punkt ist natürlich der Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Hier sind insbesondere neue Vorschriften zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kin­dern und der Kinderpornografie auf europäischer Ebene angedacht. Es freut mich wirk­lich ganz besonders, dass Österreich dabei eine Vorreiterrolle eingenommen hat, näm­lich durch die Schaffung des neuen § 207a StGB, der nicht nur das Abspeichern und das Weitergeben von kinderpornografischen Darstellungen unter Strafe stellt, sondern auch den wissentlichen Zugriff auf derartige Darstellungen im Internet, so wie es be­reits auf europäischer Ebene angedacht ist.

Man muss ja schließlich wirklich das Übel an der Wurzel packen. Im Idealfall muss es so gestaltet werden, dass es keine Konsumenten derartiger kinderpornografischer Dar­stellungen mehr gibt, denn wenn es keine Konsumenten mehr gibt, dann wird es auch keine Produzenten mehr geben. Ich weiß, das ist eine Vision, aber es ist der Schritt in die richtige Richtung.

Ebenso sollen natürlich auch der Menschenhandel und die Computerkriminalität weiter zurückgedrängt werden. Auch die Terrorismusbekämpfung wird im zukünftigen Pro­gramm eine ganz wesentliche Rolle spielen.

Aber auch im Zivilbereich ist die justizielle Zusammenarbeit ein großes Anliegen. Es soll die Rechtssicherheit im Bereich des Familienrechts, im Bereich des Zivilrechts, im Bereich des Erbrechts weiter gestärkt werden. So soll zum Beispiel der Zahlungsver­zug im Geschäftsverkehr bekämpft werden, es soll weitere Verbesserungen bei der ge­genseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen geben, auch sollen Zuständigkeitsfragen geklärt werden.

Weiters soll es klarstellende Regelungen im Bereich von grenzüberschreitenden Ehen geben. In Erb- und Testamentssachen sind Erleichterungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten geplant – Stichwort Erbschein.

Nicht zu vergessen ist auch das Projekt der Europäischen Privatgesellschaft. Vorhin wurde angemerkt, dass Österreich sich oft skeptisch gegenüber diesen Projekten gibt. Warum? – In Österreich ist nun einmal ein sehr hoher Rechtsschutzstandard gegeben, und den gilt es zu bewahren. Wir dürfen unseren Standard nicht einbüßen. Zum Bei­spiel erwähne ich die internationale Privatgesellschaft. Grundsätzlich wird man sich po­sitiv dazu aussprechen müssen, allerdings darf es nicht zur Verminderung des Gläubi­gerschutzes führen. Unser Standard muss schon beibehalten werden.

In Zivil- und Strafsachen wird weiterhin darauf zu achten sein, dass das Prinzip der ge­genseitigen Anerkennung von Gerichtsentscheidungen und Urkunden weiter vorange­trieben wird. Die gegenseitige Anerkennung ist das wichtigste Mittel für eine effiziente und rasche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und für eine Sicherstellung der Privat­rechte der Bürger der Europäischen Union.

Schließlich wird darauf zu achten sein, dass der Zugang der Bürger zur Justiz erleich­tert wird. Das soll jetzt durch grenzüberschreitende Gerichtsverfahren beschleunigt werden – Stichwort EU-Mahnverfahren, EU-Bagatellverfahren, Zivilverfahrens-Novel­le 2009. Das wurde im Plenum vorgestern beschlossen.

Zentrales Anliegen wird die Schaffung eines elektronischen Justizportals sein. Das soll als zentraler Zugangs- und Verbindungspunkt für jede elektronische Justizanwendung dienen. Es soll verschiedenste Register vernetzen, zum Beispiel Insolvenzregister, Handelsregister, Unternehmensregister und auch das Grundbuch.

Auch das europäische Mahnverfahren soll mit Hilfe moderner Informationstechnologien abgewickelt werden. Österreich ist auch hier gemeinsam mit Deutschland einer der Vorreiter. Darüber hinaus soll die Videokonferenztechnologie in grenzüberschreitenden


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 34

Verfahren für die Beweisaufnahme und auch für Dolmetschleistungen herangezogen werden.

Es bleibt mir abschließend zu bemerken, dass ich das Fortschreiten der internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Inneres und Justiz sehr begrüße. Die Zusammen­arbeit ist positiv und notwendig, das Verbrechen kennt nun mal keine Grenzen. Es ist ein Gebot der Stunde, dass man über die Grenzen hinweg die Kriminalität bekämpft. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

10.17


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

10.18.042. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (366/A und 55 d.B. sowie 8049/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geän­dert werden (401/A und 56 d.B. sowie 8050/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 2 und 3 ist Frau Bundesrätin Kemperle. Ich bitte um die Berichte.

 


10.18.34

Berichterstatterin Monika Kemperle: Geschätztes Präsidium! Werter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumenten


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schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-So­zialversicherungsgesetz geändert werden, liegt in schriftlicher Form vor. Ich erspare Ihnen daher die Verlesung und komme gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung ge­nommen.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme, da die Tagesordnungspunkte 2 und 3 unter einem verhandelt werden, zum nächsten Bericht. Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsge­setz geändert werden, liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor. Ich komme daher eben­falls gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung ge­nommen.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Klug. Ich erteile ihm dieses.

 


10.20.50

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Tat­sache, dass es sich bei den jetzt zu beschließenden beiden Punkten um eine meines Erachtens durchaus überschaubare Materie der Sozialpolitik im Allgemeinen und des Sozialrechts im Besonderen handelt, habe ich mich auch aus Gründen der Solidarität gegenüber meinen vier Nachrederinnen und Nachrednern dazu entschlossen, vielleicht zu Beginn der Debatte einen an sich etwas ungewöhnlichen Redebeitrag vorzuziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei diesem Schritt haben mich unsere gemeinsamen Beratungen im Sozialausschuss zu dieser Materie durchaus unterstützt. Ich gebe auch gerne zu, dass mich die detaillierte Fragestellung zur Schutzfunktion bei den Witwen- beziehungsweise Witwerpensionen durch den von mir nicht nur insbesondere hinsicht­lich seiner hohen sozialpolitischen Kompetenz sehr geschätzten Kollegen Edgar Mayer stutzig gemacht hat. Daher habe ich mir für die heutige Beratung zu diesen beiden Ta­gesordnungspunkten die einschlägige legistische Norm zu Gemüte geführt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte keinesfalls die politische Debatte zu die­sen beiden Tagesordnungspunkten missbrauchen, Ihnen aber keinesfalls meine Erfah­rungen mit dem ASVG bei der Durchsicht dieser Schutzfunktion verheimlichen. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie gerne einladen, mir kurz gedanklich zu folgen. Legistisch stellt sich die Schutzfunktion durchaus interessant dar.

Ich darf daher kurz zitieren:

„Erreicht die Summe aus dem eigenen Einkommen der Witwe (des Witwers) nach Abs. 5 und der Witwen(Witwer)pension, ausgenommen ein besonderer Steigerungsbe­trag (§ 248), nicht den Betrag“ X „monatlich, so ist, solange diese Voraussetzung zu­trifft, der Hundertsatz der Witwen(Witwer)pension soweit zu erhöhen, dass die Summe aus eigenem Einkommen und Witwen(Witwer)pension den genannten Betrag erreicht. Der so ermittelte Hundertsatz darf 60 nicht überschreiten. In den Fällen, in denen eine mit dem Hundertsatz von 60 bemessene Witwen(Witwer)pension, ausgenommen ein besonderer Steigerungsbetrag (§ 248), den Betrag von“ X „überschreitet, tritt diese an die Stelle des Betrages von“ X. „An die Stelle des Betrages von“ X „tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 9 mit dem jeweiligen An­passungsfaktor (§ 108f) vervielfachte Betrag.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Anbetracht derartiger Ausführungen kann ich also die Debatte im Ausschuss hinsichtlich der Funktion des Schutzbetrages auch selbst durchaus nachvollziehen. Und ich gebe gerne zu, wenn ich nicht missbräuchlich, aber vielleicht doch ein bisschen spitzfindig die politische Debatte dazu benutzt habe, um


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 36

eine legistische Form zum Besten zu geben, dann wohl auch aus der guten Hoffnung heraus, dass wir, wenn jene, nämlich die Juristinnen und Juristen, die das Geschäft eigentlich gelernt haben sollten, auf schwer Lesbares aufmerksam gemacht werden, ir­gendwann einmal zu einem ASVG kommen, das auch für einfache Bürgerinnen und Bürger gut nachvollziehbar ist. Auch von dieser Hoffnung war letztlich wohl die kurze Zitierung getragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die beiden Tagesordnungspunkte – und das möchte ich doch besonders hervorheben – sind an sich hinsichtlich ihrer quantitativen Be­deutung ein kleiner sozialpolitischer Schritt. Die finanziellen Auswirkungen der jetzt zu beratenden und zu beschließenden Maßnahmen sind auch ein quantitativ sehr über­schaubarer Aspekt. Für die davon Betroffenen ist es eine wichtige sozialpolitische Maßnahme. Ich möchte Sie daher alle einladen, die heutige Initiative inhaltlich zu un­terstützen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Kersch­baum.)

10.25


Präsident Harald Reisenberger: Ich darf recht herzlich Herrn Bundesminister Rudolf Hundstorfer in unserer Mitte begrüßen.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Diesner-Wais. Ich erteile ihr dieses.

 


10.25.55

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen im Bundesrat! Bei den hier vorliegenden Tagesordnungspunkten geht es vor allem um die rückwirkende Erhö­hung des Schutzbetrages für Witwen- und Witwerpensionen. Mein Kollege hat es schon angeführt. Es handelt sich hier um eine eher kleinere Gruppe, um 5 700 Men­schen, die von beiden Gesetzen betroffen sind, aber es ist trotzdem eine wichtige Maß­nahme. Sie rührt daher, dass wir im Jahr 2008 eine massive Teuerung hatten, vor al­lem im Energiebereich. So wurde da beschlossen, dass die Pensionserhöhung nicht erst mit 1. Jänner 2009, sondern schon mit 1. November 2008 in Kraft tritt. Und die Er­höhung betrug nicht 3,2 Prozent, sondern 3,4 Prozent. Da musste natürlich auch der Schutzbetrag rückwirkend neu gesetzlich geregelt werden.

So sehen wir es natürlich auch als selbstverständlich, dass wir dieses Gesetz heute beschließen. Ich kann im Großen und Ganzen sagen, in Österreich haben wir ein sehr gutes Pensionssystem, denn es ist wichtig, dass wir jener Generation, die Österreich aufgebaut und geschaffen hat, auch die Sicherheit geben, dass sie im dritten Lebens­abschnitt noch eine Pension in ausreichender Höhe erhält. Für die nachhaltige Siche­rung der staatlichen Pension für alle Generationen einzutreten ist uns natürlich ein gro­ßes Anliegen.

Wir sehen aber auch die Verantwortung darin, dies so zu gestalten, dass eine Balance gegeben ist zwischen jenen, die bereits in Pension sind, die sie verdient haben, und natürlich jenen Jungen, die im Arbeitsprozess stehen und unser System aufrechterhal­ten müssen. Ich glaube, ein gemeinsames Arbeiten zum Wohl all unserer Generatio­nen ist hier angesagt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.28


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm dieses.

 


10.28.21

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 37

Kollegen des Bundesrates! Zum Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz geändert werden: Das betrifft eine sehr breite Palette an sozialen Verbesserungen. Mit dem heutigen Gesetz werden viele Ungerechtigkeiten, die derzeit vorhanden sind, beseitigt. Vor allem sind 5 200 Hinterbliebene, wie meine Kollegin Diesner-Wais gesagt hat, besonders betroffen. Aber es gibt in Österreich auch über 200 000 Frauen, darunter viele Mütter, über 65 Jahre, die sehr, sehr schlecht versorgt sind, darunter noch viele so genannte Trümmerfrauen. Es fallen also noch immer sehr viele ältere Menschen durch das soziale Netz.

Die Bundesregierung hat vieles angekündigt. Wann, Herr Bundesminister, wird es in diesem Bereich endlich zu einer echten Verbesserung kommen? Wir haben das letzte Mal schon davon gesprochen: 800 000 Menschen in Österreich unter der Armutsgren­ze! Unglaublich!

Die Einmalzahlung ist als Zahlung positiv, aber dass diese voll besteuert wird, ist, glau­be ich, nicht gewollt. Ich hoffe, dass es nicht gewollt ist, aber es konnte anscheinend auf Grund bürokratischer Zwänge nicht verbessert werden. Das wäre jedenfalls höchst an der Zeit.

Warum wurden Anträge, die vom BZÖ im Nationalrat eingebracht wurden und gerade diese Verbesserungen vorgesehen hätten, abgelehnt?

Die Erhöhung der Pensionen um 3,4 Prozent ist sehr, sehr positiv und auch wichtig. Nur, Herr Bundesminister, es ist, glaube ich, die Grundlage für die Pension, die bei vielen Menschen in Österreich noch sehr, sehr dürftig ist, die wir gemeinsam für viele Menschen verbessern müssen. Und da, glaube ich, sollten wir gemeinsam handeln.

Wir werden dazu auch unsere Zustimmung geben. Der erste Schritt ist damit getan. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

10.31


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. Ich erteile ihr dieses.

 


10.31.27

Bundesrätin Juliane Lugsteiner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits gesagt worden, dass es um die Gleichstellung aller Pensionen geht. Hier wird die Möglichkeit geschaffen, bei der zweiten Berechnung 60 Prozent Witwer- oder Witwenpension zu erreichen. (Vizepräsi­dent Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, ist das Gesamteinkommen des/der Überlebenden niedriger als 60 Prozent der Pension des/der Verstorbenen und erreicht es nicht die Höhe des Schutzbetrages, erfolgt eine Aufstockung auf maximal 60 Prozent, höchstens aber so weit, bis das Ge­samteinkommen den Schutzbetrag erreicht.

Der Faktor wurde erhöht – das ist bereits erwähnt worden. Es ist sicher kein großes Gesetz, aber es hebt die Pensionshöhe von Witwen beziehungsweise Witwern an, wobei eine bestimmte Obergrenze nicht überschritten werden kann. Das ist ein wichti­ger Schritt angesichts der Krise, in der sich private Zusatzpensionen momentan befin­den.

Dieses Gesetz wird – das zeigt ein Überblick über die Pensionen in Österreich – meist Frauen helfen und wird daher von uns voll unterstützt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32



BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


10.32.56

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Ich kann das Anliegen der Kollegen Klug und Mayer, die Sprache in der Legistik gerade des ASVG zu verbessern, hiermit nur unter­stützen. Vielleicht kann man auch vom Bundesrat einmal eine Aktion dazu starten.

Aber zurück zur eigentlichen Gesetzesnovelle. Auch wir sind der Meinung, dass es ein ganz wichtiger Schritt war, hier diese Anpassung jetzt vorzunehmen. Ich möchte aber schon darauf aufmerksam machen, dass diese Anpassung ja eigentlich schon 2008 mit vorgenommen hätte werden können oder sollen.

Es ist damals in den letzten Sitzungen manches doch etwas zu schnell beschlossen worden, sodass es zu wenig vorberaten wurde und möglicherweise ein paar Pannen passiert sind, die bei intensiverer Vorberatung vielleicht nicht passiert wären.

Ich möchte jetzt aber noch ganz kurz zu einem anderen Thema kommen, wo meiner Meinung nach die Vorberatungen schon sehr lange dauern und es sich offensichtlich noch weiter verzögert, und zwar zur Grundsicherung. Herr Minister! Sie haben da ges­tern einige Aussagen getätigt, die – medial zumindest – etwas verwirrend sind, und da würde ich Sie bitten, dass Sie vielleicht in diesem Zusammenhang auch hier eine Klar­stellung geben, ob und bis wann jetzt eine Grundsicherung zu erwarten ist. Ich weiß schon, kein fixes Datum, aber vielleicht zumindest ein ungefähres.

Ich bin nämlich auch der Meinung, dass gerade in Zeiten wie diesen, wenn es um Krise geht, wenn es um Arbeitslosigkeit geht, wenn es um Kurzarbeit geht, gerade im Be­reich der Grundsicherung ein dringender Handlungsbedarf gegeben wäre. Und deshalb wäre es mir wichtig, dass Sie da vielleicht noch Klarstellungen geben.

10.34


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Hensler.

 


10.34.55

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bun­desrates! Als ich jetzt die Statements meiner Vorredner gehört habe, habe ich mir so gedacht, meine sehr geehrten Damen und Herren – und erlauben Sie mir, dass ich das persönlich sage –: Wo leben wir? Wir leben in einem wunderbaren Land vom Boden­see bis zum Neusiedler See; hier leben wunderbare Menschen. Und ich möchte es so formulieren, geschätzter Herr Bundesminister, es ist unsere Heimat. Und was ist unse­re Heimat? – Heimat heißt für mich Liebe, Geborgenheit und Sicherheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dieses Gesetz, das heute hier dem Bundesrat präsentiert wird, schlägt in diese Kerbe, schlägt in diese Grundvoraus­setzungen hinein.

Ich möchte auch noch etwas erwähnen, was mir persönlich sehr wichtig ist. Ich weiß schon, es ist kein Gesetz, das Millionen oder Milliarden Euro bewegt, aber es ist schlicht und einfach ein kleiner Mosaikstein im ganzen Sozialsystem generell.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte mich dafür bei Ihnen ganz besonders herzlich bedanken. Das ist keine Floskel. Ich bin ein Bauer und weiß, wovon ich spreche. Und ein Dankeschön dafür auch an die ganze Bundesregierung. Es sind etwa 100 000 €, wenn man es zusammenrechnet, ein bisschen über 5 000 Menschen be­wegt es, es ist sehr wichtig.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 39

Aber erlauben Sie mir, noch etwas anzureißen, geschätzter Herr Bundesminister. Wir haben in Österreich 3,4 Millionen Pensionsversicherte und bereits 2,1 Millionen Pensi­onsbezieher. Das ist sicher unbestritten, sehr viele, die involviert sind.

Meine Bitte an Sie – es sind ja meines Wissens in den nächsten Monaten Gespräche über Bezieher von Sozialhilfe –: Es ist sicherlich sehr wichtig, die Höhe von Erwerbs­unfähigkeits- und Invaliditätspension neu zu bemessen, da es sich hiebei ganz einfach um Menschen handelt, die wenig haben, die ganz einfach mit wenig auskommen müs­sen.

Abschließend noch eine Bemerkung. Wir leben in einer bewegten und zweifelsohne, ich möchte nicht sagen interessanten Welt, sondern in einer Welt, die zum Nachden­ken anregt. Und es sollte nicht nur das Materielle im Vordergrund stehen, sondern echte Werte wie Geborgenheit und Sicherheit sollten Priorität haben.

In diesem Sinne werden wir, unsere Fraktion, sehr gerne diesem Gesetzesbeschluss zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Hundstorfer das Wort. – Bitte.

 


10.38.20

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke einmal grundsätzlich für die Einstimmigkeit. Sie alle wissen, wie es passiert ist: Der 24. September 2008 war etwas hektisch in diesem Haus – nicht hier in diesem Saal, sondern da daneben –, und im Zuge dessen wurde dieser eine sehr wesentliche Punkt nicht ordnungsgemäß mit be­schlossen. Das ist die Antwort darauf.

Vielleicht nur zur Klarstellung: Wir gehen davon aus, dass dies, wie gesagt, rund 5 200 Menschen betrifft und die Gesamtkosten dafür rund 800 000 € betragen werden, die von allen Pensionsversicherungsanstalten (Bundesrat Hensler: Bei den Bauern 100 000!), von allen Pensionsversicherungsträgern aufgewendet werden müssen, man muss alles mitrechnen. Herr Kollege, Sie haben korrekterweise den Betrag genannt, den die Bauernversicherung aufzuwenden haben wird, also 100 000 €, in Summe 800 000. – Punkt eins.

Punkt zwei: Angesichts mancher Redebeiträge hätte ich eine Riesenbitte an Sie alle. Bei allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die wir zur Stunde in diesem Land haben, bei allen Schwierigkeiten, die wir in der Frage der Arbeitsplätze haben, würde ich trotz­dem um eine gewisse Versachlichung der Diskussion bitten.

Wir haben nicht 800 000 Menschen in Armut lebend in diesem Land, sondern wir ha­ben 450 000 Menschen, die wirklich sehr massiv armutsgefährdet sind. Bleiben wir bei den realen Zahlen, und tun wir nicht immer alles draufdoppeln und dazudoppeln! – Das ist einmal mein erster Punkt.

Zum zweiten Punkt, einer Klarstellung: Die bedarfsorientierte Mindestsicherung wird im Jahr 2010 kommen. Wir sind dabei, alles vorzubereiten, es gibt keinen Stillstand. Es wird nicht der 1. Jänner, aber es wird im Laufe des Jahres so weit sein.

Auch hier bitte und ersuche ich um eine sehr sachliche Diskussion, wissend, dass es dabei wirklich um die Personengruppe geht, die sich in einer sehr schwierigen Situation befindet. Es sind 260 000 Menschen in diesem Land, die von dieser bedarfsorientierten Mindestsicherung mit hoher Wahrscheinlichkeit Gebrauch machen werden können. Für diese 260 000 gilt es diese soziale Absicherung herbeizuführen. Das ist das Ziel, das dahintersteht, und das werden wir tun.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 40

Zur Frage des Pensionsrechtes. Auf ministerieller Ebene finden Vorbereitungen statt, gemeinsam mit den Sozialpartnern, mit den diversen Interessengruppen, um in der Frage I-Pension, in der Frage Berufsunfähigkeitspension Weiterentwicklungen zustan­de zu bringen. Wir haben eine Schwerarbeiter-Pensionsregelung, die in Wahrheit nie­mand in Anspruch nehmen kann, aufgrund derer niemand in Pension geht, weil sie so konstruiert ist, dass man in diese Regelung nicht hineinpasst, ob man will oder nicht.

Im Bereich der I-Pension – auch hier würde ich um eine sehr sachliche Diskussion bit­ten – beträgt die Durchschnittspension rund 750 €. Die I-Pensionisten beziehen im Durchschnitt eine Pension von 750, 780 €. Und wenn immer wieder behauptet wird – das ist hier jetzt nicht geschehen, sage ich gleich dazu –, in der Öffentlichkeit immer wieder gesagt wird, die Menschen flüchten sich in die Pension, dann gestatte ich mir festzustellen: Mit 780 € flüchtest du nicht in eine Pension! Da würde ich also auch um mehr Sachlichkeit ersuchen.

Wir haben in diesem Bereich etwas zu tun, das wird weiterentwickelt, und im Herbst wird es von meinem Ressort dann entsprechende Vorschläge geben, wie es mit den diversen Pensionssystemen weitergehen soll. Das betrifft vor allem I-Pension, Berufs­unfähigkeitspension und natürlich auch die Langzeitversichertenregelung.

Ich danke abschließend noch einmal, dass das einstimmig über die Bühne gegangen ist, weil es ein wesentlicher sozialpolitischer Schritt ist, eine Lücke, die entstanden ist, so rasch als möglich wieder dicht zu machen, wobei das Geld natürlich rückwirkend ausbezahlt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

10.43


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar betreffend ein Bundesgesetz, mit das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

10.44.164. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik Österreich und der Republik Öst­lich des Uruguay (47 d.B. sowie 8051/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.

 


10.44.27

Berichterstatterin Monika Kemperle: Geschätztes Präsidium! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Re­publik Österreich und der Republik Östlich des Uruguay liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

10.45.495. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (22. StVO-Novelle) und das Kraftfahr­gesetz 1967 geändert werden (315/A und 74 d.B. sowie 8062/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


10.46.14

Berichterstatter Werner Stadler: Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Ver­kehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (22. StVO-Novelle) und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


10.47.02

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Wir werden der heutigen Gesetzesvorlage nicht zustimmen, obwohl natürlich die Maßnahmen, die da gesetzt werden, schon wichtig sind, keine Frage. Die Regelungen für Section Control und die Abstandsrege­lungen sind ganz besonders wichtig, auch für die Verkehrssicherheit.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 42

Ich möchte Ihnen aber jetzt zum Thema Verkehrssicherheit kurz eine Presseaussen­dung (Ruf bei der ÖVP: Sagen Sie, warum Sie nicht mitstimmen!) – genau das erklärt jetzt, warum wir nicht mitstimmen – der Statistik Austria zur letzten Verkehrsunfallsta­tistik zitieren:

„Verkehrssicherheitsprogramm: Zielvorgaben 2007 weit überschritten

Ziel des österreichischen Verkehrssicherheitsprogramms ist es, die Zahl der Straßen­verkehrsunfälle bis zum Jahr 2010 auf rund 33 000 zu senken, jene der Verkehrstoten auf etwa 500. Die für das Jahr 2007 errechneten Zielvorgaben wurden jedoch deutlich überschritten: um rund 6 000 bei den Unfällen und um rund 60 bei den Verkehrstoten. Um die Ziele bis 2010 dennoch zu erreichen, müsste die Zahl der Unfälle innerhalb der nächsten drei Jahre um etwa 20 Prozent und jene der Verkehrstoten um fast 30 Pro­zent reduziert werden.“

Wir haben zwar hier einen kleinen Teil an Verkehrssicherheitsmaßnahmen geplant, aber mit dem, was bis jetzt vorliegt, wird es ganz sicher nicht möglich sein, dass wir un­sere Verkehrssicherheitsziele bis 2010 und darüber hinaus in irgendeiner Form noch erreichen können.

Ein wichtiger Punkt, der in der Verkehrsunfallstatistik der Statistik Austria auch ange­sprochen wird, sind die Alkoholunfälle. Da gibt es höhere Zunahmen als bei den Ge­samtzahlen, und die Zahl der Todesopfer stagniert.

Im Bereich Alkoholkontrollen, im Bereich Strafen für Autofahren nach zu hohem Alko­holkonsum gibt es keine Änderungen, gibt es keine Vorschläge, gibt es keine Ansätze, dass sich irgendwann einmal etwas ändern wird. Es passiert leider nichts. (Bundesrat Perhab: 0,0!) Zumindest könnte man die Strafen erhöhen. Es gibt auch Länder, in denen bei massiven Überschreitungen des Alkohollimits das Kfz beschlagnahmt wird. Das gibt es bei uns in Österreich nicht. Und warum nicht? (Bundesrat Mag. Klug: So einen Blödsinn brauchen wir aber auch nicht!) – Das bräuchten wir schon! In manchen Fällen wäre es schon ganz gut, wenn man ein Auto auch beschlagnahmen kann, wenn jemand allzu alkoholisiert damit unterwegs ist.

Ein weiterer Punkt, den die Statistik Austria unter den großen Verkehrssicherheitspro­blemen in Österreich anführt: Das Unfallgeschehen mit Motorrädern ist auf Vorjahres­niveau, aber es gibt mehr Mopedunfälle, gleichzeitig aber die niedrigste Zahl an Todes­opfern. Ebenso ist die Zahl der getöteten Fußgänger auf Vorjahresniveau geblieben, das heißt, es gibt keine Reduzierung. Bei den Fahrradunfällen gibt es mehr Verletzte, aber weniger Tote.

Es gibt zahlreiche Vorschläge der Grünen für Verbesserungen in der StVO. Es gibt sol­che Vorschläge auch vom Städtebund. Man kann auch den VCÖ fragen, auch von die­ser Seite gibt es viele Vorschläge. Wie gesagt, in diesem Bereich passiert in der StVO seit Langem nichts.

Bei der Zahl der Unfälle mit Kindern gibt es eine leichte Zunahme. Die Zahl der getöte­ten Kinder ist so niedrig wie nie, das ist erfreulich. Aber ein Punkt, der ganz sicher nicht erfreulich ist: Es gibt deutlich mehr Todesopfer auf Bahnübergängen. Im Jahr 2007 gab es da einige Fälle, die auch in den Medien breitgetreten worden sind, und fast die Hälf­te dieser Unfälle ereignete sich in Niederösterreich.

Natürlich wird immer wieder betont, dass da etwas zu unternehmen wäre, nur ist es nicht wirklich merkbar und spürbar, dass in Sachen Sicherung der Bahnübergänge viel passiert. In Korneuburg haben wir ein ganz „tolles“ Beispiel: einen Bahnübergang auf einer doch immerhin Landesstraße, für die Autofahrer ungesichert. Die Radfahrer müs­sen absteigen, denn die hören den Zug nicht, aber die Autofahrer können drüberfahren und bekommen nur ein Blinksignal. Das auf einer Landesstraße ist bedenklich. Ich


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weiß nicht, ob da irgendwann einmal etwas passiert. Das Problem mag vielleicht auch sein, dass für die Finanzierung dieser Bahnübergangssicherungen die ÖBB verant­wortlich ist, und dass es da üblicherweise nicht besonders schnell geht, ist ja allgemein bekannt.

Wie gesagt, wir werden deshalb nicht zustimmen, weil unserer Meinung nach die wich­tigsten Punkte der Verkehrssicherheitsfragen auch in dieser Änderung der StVO nicht berücksichtigt werden. Es sind zwar gute Änderungen, aber zu wenig.

Was unserer Meinung nach in der Gesetzesvorlage auch nicht ausreichend berück­sichtigt wurde, ist der Datenschutz. Wir haben auch im Ausschuss darüber ge­sprochen. Natürlich wird versichert, dass die Daten, die Fotos, die da gemacht wer-
den, gleich gelöscht werden. Im Gesetzestext steht es aber dummerweise nicht drin­nen. Vielleicht kann man das im Gesetzestext noch irgendwann einmal nachtragen. Dann müsste es nicht reichen, wenn die Frau Ministerin das sagt.
(Beifall des Bun­desrates Schennach.)

10.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Gruber. – Bitte.

 


10.52.24

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Kerschbaum! Ja, Sie haben vielleicht recht, dass man in verschiedenen Bereichen mehr tun könnte. Aber grundsätzlich verstehe ich nicht, dass Sie einer Novelle, die eigentlich in die richtige Richtung geht, nicht trotzdem die Zustimmung geben, auch wenn sie Ihrer Meinung nach vielleicht nicht hundertprozentig vollständig ist.

Wir wissen alle, es vergeht kein Tag, an dem wir nicht über die Medien, über das Fern­sehen Berichte über Verkehrsunfälle, Unfälle an Bahnübergängen und diverse andere Verkehrsunfälle sehen. Wir werden immer wieder damit konfrontiert, und wir zerbre­chen uns eigentlich auch immer wieder alle den Kopf, wie wir Verkehrsunfälle verhin­dern könnten. Dass menschliche Unzulänglichkeiten dabei eine große Rolle spielen, brauche ich, glaube ich, nicht extra zu erwähnen – ob es der Alkohol ist oder andere Dinge.

Mich stimmt auch der letzte Bericht des Verkehrsclubs Österreich sehr nachdenklich. Da wird festgestellt, dass die Unfallbilanz im Jänner 2009, was die Toten betrifft, ganz massiv angestiegen ist. Im Jänner 2009 sind bei Verkehrsunfällen 50 Menschen ums Leben gekommen. Das sind um neun Menschen mehr als im Jahr vorher.

Wir wissen, dass Verkehrsunfälle vielschichtige Ursachen haben. Neben technischen Mängeln an Fahrzeugen kommen manchmal auch der jugendliche Leichtsinn, Alkohol oder die Überforderung älterer Straßenverkehrsteilnehmer bei den heutigen Anforde­rungen im Straßenverkehr zum Tragen. Viel schlimmer ist es aber, dass fast die Hälfte aller schweren Verkehrsunfälle durch zu hohe Geschwindigkeit, Drängeln, viel zu ge­ringen Abstand und Alkohol zustande kommt.

Zurzeit gibt es in der Straßenverkehrsordnung von 1960 und dem Kraftfahrgesetz 1967 keine ausdrücklichen Bestimmungen über die Zulässigkeit des Einsatzes bildverarbei­tender technischer Einrichtungen. Nicht geregelt sind auch datenschutzrechtliche An­forderungen im Zusammenhang mit der Verkehrsüberwachung. Es ist daher meiner Meinung nach ausdrücklich zu begrüßen, dass mit dieser Novelle zur Straßenverkehrs­ordnung und zum Kraftfahrgesetz die in der Praxis bereits herangezogenen techni­schen Überwachungsmethoden definitiv neu geregelt werden.

Es werden in Zukunft erstmals in der Straßenverkehrsordnung abschnittsbezogene, punktuelle Geschwindigkeitsüberwachungen, aber auch der Einsatz von Rotlichtkame-


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 44

ras sowie die automationsunterstützte Abstandsmessung neu geregelt. Parallel dazu werden die zulässigen Einsatzzwecke festgelegt und die datenschutzrechtlichen Anfor­derungen normiert.

Frau Kollegin, Sie haben behauptet, dass dem zu wenig Rechnung getragen wird. Ich glaube, dass die Normierung dieser datenschutzrechtlichen Bestimmungen doch aus­reichend ist. Und sollte das nicht ausreichend sein, dann wird man sicher noch einmal darüber reden müssen.

Für uns Sozialdemokraten ist es besonders wichtig, dass diesen datenschutzrechtli­chen Bedenken, die ja von vielen Bürgern geteilt werden, Rechnung getragen wird und dass restriktive Datenverwendungs- und -löschungsregelungen zur Anwendung kom­men.

Neu sind auch Radarmessungen von vorne, um eine grenzüberschreitende Strafverfol­gung zu ermöglichen. Möglich ist in Zukunft auch Verkehrsbeobachtung mittels Kame­ra. Allerdings dürfen solche Bildaufzeichnungen zu keiner Identifizierung von Personen und Fahrzeugen führen.

Als wichtigstes Signal in die richtige Richtung sehe ich auch die Feststellung, dass ab­schnittsbezogene und punktuelle Überwachungen sowie sonstige bildverarbeitende technische Einrichtungen nur dort zur Anwendung kommen, wo besondere Gefahrensi­tuationen bestehen, zum Beispiel in Tunnelanlagen, bei Baustellen oder auf gefahren­trächtigen Straßenabschnitten. Diese Maßnahmen werden – dort angewendet, wo be­sonderes Gefahrenpotential vorhanden ist – auch von den Verkehrsteilnehmern akzep­tiert werden und nicht wie so oft als Schikane und billiges Abzocken gesehen werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Diese Novelle zur Straßenverkehrsordnung und zum Kraftfahrgesetz ist ein wichtiger Beitrag zur Verkehrssicherheit auf unseren Straßen und muss daher in unser aller Interesse sein. Daher werden wir Sozialdemokraten die­ser Novelle zur Straßenverkehrsordnung und zum Kraftfahrgesetz unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.

 


10.57.49

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Wir sprechen über die Straßenverkehrsordnung. Die FPÖ spricht sich im Zuge der Änderung der Straßenverkehrsordnung für sinnvolle Überwachungsmaßnahmen aus, aber gegen die Möglichkeit des Abkassierens.

Durch die Abschnittskontrollen soll sichergestellt werden, dass auch Ausländer in Ös­terreich Strafe zahlen müssen. Aber der ÖAMTC hat richtigerweise festgestellt, dass Fotos der Fahrer von vorne die zwischenstaatliche Datenweitergabe nicht sicherstel­len. In Italien beispielsweise wird angehalten und gleich kassiert. Das muss auch bei uns möglich sein. Es muss aber auch die EU erwähnt werden, die sich in ihrer Regulie­rungswut den Gurkenkrümmungen, aber nicht der Frage der Datenweitergabe und Si­cherstellung der Zahlungen annimmt.

Dass höhere Strafen mehr Sicherheit bedeuten, ist wohl ein frommer Wunsch ans Christkind. Das bewirken wohl eher mehr Kontrollen.

Außerdem muss über die Verwendung der Gelder, welche über die Strafen eingenom­men werden, diskutiert werden. Diese Gelder müssen der ASFINAG und damit dem Straßenbau zugute kommen. In der Realität stopfen damit aber zahlreiche Bezirks­hauptmannschaften und Gemeinden ihre Finanzlöcher. Außerdem gibt es keine klaren


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 45

Richtlinien für die Bürgermeister und deren Privatsheriffs. Somit müssen noch zahl­reiche Punkte in die Gesetzesänderung einfließen, um ein befriedigendes Ergebnis für unsere Bürger zu erreichen.

Wir haben hier heute schon zahlreiche Maßnahmen aufgezeigt bekommen, die die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen sollen. Dazu gehören die sogenannte Section Control, das Blitzen von vorne, damit endlich auch bei Bürgern aus dem Ausland ab­kassiert werden kann, die Abstandsmessung sowie die Kameraüberwachung von Lichtzeichen.

Interessant ist die Verkehrsbeobachtung auch deshalb, weil man die Ergebnisse auch veröffentlichen und an die Medien weitergeben kann. Ich sehe schon die sensations­lüsternen Medien, wie sie den Verkehr aufnehmen. Und dann wird man in Zukunft end­lich via Fernsehen auch die Unfälle sehen können, die von der Kamera aufgenommen worden sind.

Wir Freiheitlichen möchten nur eines feststellen: Würden die Einnahmen aus diesen Maßnahmen wirklich zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr dienen, könnten wir uns mit diesen Bestimmungen anfreunden. Wir fürchten jedoch, dass diese Maß­nahmen ausschließlich zur Auffettung des Budgets dienen werden. Der Autofahrer als Melkkuh der Nation – nein, danke! (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

11.01


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Junker. – Bitte.

 


11.01.15

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kerschbaum, ich gebe Ihnen recht: An der Sicherheit im Verkehr muss weitergearbeitet werden!

In dieser vorliegenden Änderung der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgeset­zes sind jedoch wesentliche Maßnahmen zur Beschleunigung und Verbesserung ent­halten. Die Möglichkeiten der Kontrolle des Verkehrs werden erweitert, und damit wird die Sicherheit auf unseren Straßen erhöht.

Es geht bei dieser Novelle um die Neuregelung des sogenannten Blitzens, und es wird die gesetzliche Grundlage für die Section Control – sprich: die Geschwindigkeitsmes­sung über eine gewisse Strecke – geschaffen. Es wird am Anfang und am Ende ge­messen und die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnet; ist sie erhöht, ergeht eine Anonymverfügung, und die irrelevanten Daten werden gelöscht. Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, dass diese Daten dann gelöscht werden.

Die Section Control besteht schon seit Längerem auch im Kaisermühlentunnel, aber der Verfassungsgerichtshof hatte die Abschaltung verlangt. Mit diesem Gesetz kann sie wieder in Betrieb genommen werden, und weitere Section Controls können nun zum Einsatz kommen.

Weiters wird auch das Radarfoto von vorne gesetzlich geregelt. Das Problem war ja, dass zum Beispiel die deutschen Raser nicht belangt werden konnten, da in Deutsch­land nur ein Radarfoto von vorne einen Wert hat. Ein Radarfoto von hinten hat in Deutschland keinen Wert, denn man ist dort der Auffassung, dass sich der Fahrer unter Umständen selber belasten könnte. Deshalb müssen auch die Radarfotos von vorne gemacht werden.

Die anderen Personen auf dem Bild werden unkenntlich gemacht. Also die Sorgen, die manchmal die Männer haben, dass die Beifahrerin eventuell die falsche am falschen Ort wäre (allgemeine Heiterkeit), sind daher nicht berechtigt. Ansonsten muss man halt ein bisserl langsamer fahren.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 46

Wichtig und notwendig war das auch deshalb, weil rund 46 Prozent aller Unfälle auf das Schnellfahren zurückzuführen sind. (Unruhe im Saal.) – Also, meine Herren, so schlimm wird es doch hoffentlich nicht sein!

Wenn man bedenkt, dass Geschwindigkeitsübertretungen die Ursache für ein Drittel der tödlichen Unfälle auf unseren Straßen sind, dann gelangt man auch zu der Auffas­sung, dass die Frontfotographie wirklich gerechtfertigt ist. Damit kann die Strafverfol­gung gegenüber ausländischen Lenkern bewerkstelligt werden, und die bisherigen Un­gerechtigkeiten gegenüber den inländischen Lenkern sind beseitigt.

Der hohe Anteil von Geschwindigkeitsübertretungen als Ursache für tödliche Unfälle rechtfertigt auch die abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung, die dann zum Einsatz kommt, wenn sie zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und damit zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt dringend erforderlich erscheint, das heißt, wenn einer besonderen Gefahrensituation begegnet werden muss.

Wesentlich zum Schutz von Fußgängern und damit auch von Kindern ist die automa­tionsunterstützte Feststellung von Missachtungen eines Rotlichtzeichens.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, dass die vorgesehenen Än­derungen in der Straßenverkehrsordnungs-Novelle zur Sicherheit auf Österreichs Stra­ßen beitragen werden und damit dem Schutz unserer Bevölkerung dienen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte.

 


11.05.38

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Alles, was der Sicherheit auf unseren Straßen dient, wird auch von unserer Fraktion mitgetragen. Das war schon im Nationalrat so, und das wird auch heute hier im Bundesrat so sein.

Über Details der StVO-Novelle wurde schon ausführlich referiert. Manfred Gruber hat einen wirklich exakten Abriss des neuen Gesetzes gebracht. Meiner Meinung nach sind auch gegen den Missbrauch von Datenmaterial ausreichend gesetzliche Regelun­gen vorhanden. Das ist ein wichtiger Punkt!

Frau Kollegin Anneliese Junker, es gibt nicht nur Männer, die mit Freundinnen unter­wegs sind, sondern ich kenne auch Ehefrauen, die mit Freunden unterwegs sind. (All­gemeine Heiterkeit.) Das heißt, die Regelungen gegen den Missbrauch von Datenma­terial schützen nicht nur uns Männer, sondern auch Ehefrauen, die mit ihrem Freund unterwegs sind.

Es ist auch etwas angeklungen, was man meiner Meinung nach noch verstärkt beto­nen sollte – das habe ich auch im Rahmen der Behandlung einer anderen Gesetzes­novelle hier schon vorgebracht –: die Ungerechtigkeit bei der Bestrafung österreichi­scher Raser oder Fahrer im Ausland im Vergleich zur Bestrafung der ausländischen Fahrer bei uns in Österreich. Wir Österreicher werden rigoros abgestraft, egal, ob wir in Deutschland oder in Italien gegen die Verkehrsordnung verstoßen, aber umgekehrt werden fast bis zu 80 Prozent der Verstöße gegen die Verkehrsordnung durch auslän­dische Fahrer, die gerade durch die Section Control und auch durch statische Messun­gen erhoben werden, nicht bestraft, weil die Strafen für Übertretungen nicht eingeho­ben werden können, da diese entweder von Lenkern aus Ländern begangen werden, mit denen Österreich kein Abkommen hat, oder weil sie einfach nicht vollzogen wer­den.

Ich glaube, da besteht ein großer Regelungsbedarf, und daher sollte man bei der nächsten StVO-Novelle auch diesen Umstand verstärkt berücksichtigen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 47

Wir werden jedenfalls dieser StVO-Novelle unsere Zustimmung erteilen. (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.07


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Boden. – Bitte.

 


11.07.58

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist schon einiges über die vorliegende StVO-Novelle gesagt wor­den, daher kann ich mich kurz fassen.

Bisher gab es noch keine gesetzlichen Bestimmungen bezüglich bildverarbeitender Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung. Mit der 22. StVO-Novelle werden nun die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen geschaffen.

Ein Punkt, den heute noch niemand vorgebracht hat, ist, dass ein neues Verkehrszei­chen eingeführt wird. Es soll den Gefahrengütertransport in Tunnels regeln. Ich halte es für wichtig, dass dieses neue Verkehrszeichen jetzt kommt.

Den Ausführungen über den Datenschutz möchte ich nichts mehr hinzufügen. Ich glau­be, es ist wichtig, dass Dritte, die auf den Fotos abgebildet sind, beziehungsweise die Beifahrer unkenntlich gemacht werden. Da müssen wir dem Datenschutzgesetz unbe­dingt Rechnung tragen.

Geschätzte Damen und Herren, jeder von uns ist viele Tausende Kilometer im Jahr un­terwegs, und jedem passiert tagtäglich eine Situation, wo er nachher sagt: Glück ge­habt, ist sich gerade noch ausgegangen! Natürlich wollen wir Gesetze verabschieden, die der Sicherheit dienen. Aber jeder, der auf der Südosttangente oder bei der Einfahrt in den Stadlauer Tunnel unterwegs ist, der weiß, wo die Section Control beginnt, näm­lich dort, wo plötzlich jeder 80 km/h fährt, der davor 100 km/h gefahren ist. Und dort, wo die Section Control aufhört, fährt dann jeder wieder 100 km/h.

Ich glaube, dass es nur durch die Überwachung möglich ist, die Gefahren zu reduzie­ren, und dazu benötigen wir mehr Personal bei der Polizei.

Vor einigen Jahren haben wir, kann ich mich erinnern, festgestellt, dass sich durch die Grenzöffnung Richtung Osten bis 2020 der Verkehr in etwa verachtfachen wird. Ich glaube, wir sind auf dem besten Weg zu dieser Situation. Allerdings wird diese Ent­wicklung derzeit durch die Wirtschaftskrise etwas eingebremst.

Weiters wurde in der vorliegenden StVO-Novelle auch festgehalten, dass die zuständi­gen Regierungsmitglieder nach zwei Jahren dem Parlament einen Bericht vorlegen müssen. Ich glaube, auch das ist gut, denn dann kann man wieder nachjustieren.

Frau Kollegin Kerschbaum, ich darf zu Ihrer Anmerkung, dass es in Österreich ungesi­cherte Eisenbahnkreuzungen gäbe, noch Folgendes anmerken: Es gibt keine ungesi­cherten Eisenbahnkreuzungen! (Bundesräten Kerschbaum: Ja, aber!)

Jede Eisenbahnkreuzung ist gesichert durch ein Andreaskreuz oder durch eine Stopp­tafel oder durch ein Blinklicht oder durch einen Schranken. Es gibt auch Situatio-
nen, wo Autofahrer den Schranken missachten, und daher ist auch eine Stopptafel eine Sicherung der Eisenbahnkreuzung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Kerschbaum: Ja!)

11.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.

 


11.11.22

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist heute meine erste


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 48

Rede hier im Bundesrat, in der zweiten Kammer, und ich möchte diese Rede dazu nützen, mich einerseits persönlich vorzustellen und andererseits ein paar Gedanken grundsätzlicher Natur anzubringen.

Ich komme aus Niederösterreich, bin Bürgermeister der Weinbaugemeinde Pfaffstät­ten, 35 Kilometer südlich von Wien, einer Gemeinde mit zirka 3 600 Einwohnern, und ich bin froh und stolz, jetzt dieser zweiten Kammer anzugehören.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es waren die Bundesländer, die vor mehr als 80 Jahren diese Republik gegründet haben. Die Konstituierung – und das macht mich als Niederösterreicher besonders stolz – fand am 21. Oktober 1918 im Niederöster­reichischen Landhaus statt. Aus diesem Anlass gab es eine Festveranstaltung am 20. Oktober des Vorjahres, aber auch die derzeit laufende Ausstellung hier in der Säu­lenhalle erinnert heute noch daran.

So spannt sich der Bogen hierher zum Bundesrat. Der Bundesrat, der die Länderinter­essen bei der Bundesgesetzgebung wahren soll und auch wahrt, hat in der Republik Österreich eine starke und ganz wichtige Bedeutung. Unsere Aufgabe ist es, den Bun­desgesetzgeber beziehungsweise die Bundesgesetzgebung aus dem Fokus der Län­der zu beobachten und uns schon im Vorfeld diesbezüglich einzubringen.

Österreich baut auf dem Föderalismus auf: Neun starke Bundesländer bilden die Säule für eine starke Republik.

An dieser Stelle möchte ich auch ganz kurz den Europa-Gedanken ansprechen. Ich glaube, dass auch Europa nur dann wirklich stark sein kann, wenn sich starke Regio­nen und starke Länder zu einem gemeinsamen Europa bekennen. Ich bekenne mich dazu, und ich denke, dass das eine gute und auch richtige Basis ist.

Ich freue mich auf eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit hier in der zweiten Kam­mer der Bundesgesetzgebung, nämlich dem Bundesrat.

Ich komme jetzt auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt zu sprechen, nämlich auf die Änderung der Straßenverkehrsordnung. Diese stellt zweifellos eine Gesetzesände­rung im Sinne der Verkehrssicherheit dar. Die Unfallstatistik 2007 soll mir nun zum An­lass dienen, mich mit dem Thema näher auseinanderzusetzen.

Es gab im Jahr 2007 auf Österreichs Straßen 41 096 Verkehrsunfälle mit 53 211 – da­von leider 691 tödlich – verletzten Personen. Die Zahl der Unfälle ist um 3 Prozent ge­stiegen, die Zahl der Verletzten um 2,5 Prozent. Aber wir haben auch einen Anstieg des Kraftfahrzeugaufkommens zu verzeichnen. Daher meine ich, dass jede Maßnah­me, die der Verkehrssicherheit dient, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Ich möchte mich in meiner Rede vor allem dem Thema Section Control widmen. Wenn wir uns die Unfallursachen und die diesbezügliche Statistik ansehen, so können wir se­hen, dass 35,7 Prozent der Verkehrsunfälle aufgrund überhöhter Geschwindigkeit zu­stande gekommen sind. Daher gilt es, genau hier mit geeigneten Maßnahmen anzuset­zen.

Ich bin überzeugt davon, dass die Section Control, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt und an den richtigen Stellen eingesetzt wird, eine geeignete Maßnahme darstellt. Ich verwahre mich gegen einen Überwachungsstaat, und ich bin auch dagegen, Section Control in Österreich flächendeckend als eine Maßnahme, die zur Verkehrssicherheit dient, einzuführen, aber bei Unfallhäufungspunkten, bei Straßenabschnitten, wo es häufig zu Unfällen kommt, sollte sie doch eingesetzt werden. Ich denke da beispiels­weise an Tunnelabschnitte oder an Straßenabschnitte bei uns im südlichen Niederös­terreich, wie etwa an den Abschnitt der Südautobahn am Wechsel, für den auch Abge­ordneter Rädler, Bundesrat Preineder und Abgeordneter zum Niederösterreichischen


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 49

Landtag Hauer – unterstützt von den Freiwilligen Feuerwehren – Tempo 100 gefordert haben, nachdem die Section Control aufgehoben worden war. Nun wäre die Section Control eine geeignete Maßnahme.

Die Errichtung der ersten Section-Control-Anlage geht auf das Jahr 2003 zurück, und zwar war das auf der Donauuferautobahn, und im Jahr 2004 wurde auf der A 2 im Ab­schnitt Edlitz-Grimmenstein auch eine solche Anlage eingerichtet, weil dies eben auch ein Unfallhäufigkeitspunkt war.

Wie wir wissen, hat der Verfassungsgerichtshof diese Möglichkeit aufgehoben. Daher dient dieses Gesetz nicht nur der Reparatur, sondern ist vor allem ein Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit und damit auch ein Beitrag zur Vermeidung von menschlichem Leid.

Aber ich meine, gerade im Sinne der Straßenverkehrsordnung und der Sicherheit im Straßenverkehr, gilt es noch viele andere Dinge anzusprechen, sich sachlich mit ihnen auseinanderzusetzen und sie zum Wohle der Autofahrerinnen und Autofahrer und letztendlich zum Wohle der Menschen umzusetzen. Einige sind vielleicht schon ange­sprochen worden. Ich möchte dafür nur ein paar Beispiele anführen: Ich denke da etwa an die Schaffung von Rettungsgassen auf den Autobahnen, damit die freiwilligen Hel­fer und die Rettungskräfte schneller zum Unfallort kommen können.

Weiters meine ich, dass wir auch Regeln für den Bereich der Privatsheriffs brauchen. Ich verwahre mich dagegen, dass jeder Radarmessungen durchführen kann. Als Bür­germeister einer Gemeinde bin ich aber schon der Meinung, dass wir uns ernsthaft überlegen sollten, welche Möglichkeiten wir den Kommunen geben könnten, um im eigenen Wirkungsbereich Überprüfungen durchführen zu lassen – natürlich unter Wah­rung aller datenschutzrechtlichen Bestimmungen, das ist vollkommen klar.

Da sind wir gefordert, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das möglich ist. Es kann nicht sein, dass in einer Gemeinde – zum Beispiel auch in meiner Gemeinde – flächendeckend 40 km/h als Geschwindigkeitsbeschränkung ein­geführt wird, was natürlich sehr zum Wohle der Bürger ist und auch die Unterstützung und Akzeptanz der Bürger findet, man aber keine adäquaten Möglichkeiten der Über­wachung vorsieht.

Dafür ist die Bundespolizei zuständig, aber ich glaube, wir sollten auch andere Mög­lichkeiten der Überwachung schaffen. So haben wir schon vor 15 Jahren darüber dis­kutiert, wer Schwertransporte in dieser Republik begleiten soll. Das hat früher nur die Polizei gemacht. Es war damals undenkbar, dass das ein privater Sicherheitsdienst macht, dagegen gab es einen großen Aufschrei durch die Republik. Heute ist es selbstverständlich, dass Schwertransporte nicht von der Exekutive begleitet werden, sondern auch von privaten Sicherheitsdienstleistungsgebern. Die machen das hervor­ragend. Ich glaube, letztendlich muss bei jeder Maßnahme der Bürger der Gewinner in puncto Sicherheit sein.

Ich möchte abschließend noch auf die Ausführungen der Frau Kollegin Kerschbaum von den Grünen eingehen. Es ist schon sehr interessant, dass sie grundsätzlich dieser Maßnahme zustimmt und sagt, das alles ginge eigentlich in die richtige Richtung, sich aber letztendlich dann gegen diese Novelle ausspricht.

Da fällt mir das Beispiel aus dem Niederösterreichischen Landtag ein, wo die Grünen gegen die Einführung der Skihelmpflicht für Kinder und Jugendliche gestimmt haben, aber die Ersten waren, die mit dem Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll auf den Skipis­ten Skihelme verteilt haben. (Bundesrätin Kerschbaum: Wir wollten es für Erwach­sene auch!)


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 50

Jetzt machen Sie von den Grünen wieder das Gleiche: Einerseits sprechen Sie sich gegen diese StVO-Novelle aus, andererseits meinen Sie, dass die darin enthaltenen Maßnahmen hervorragend sind.

Abschließend: Wir müssen Schritt für Schritt mehr Sicherheit in dieser Republik schaf­fen. Das tun wir, denn die vorliegende StVO-Novelle enthält Maßnahmen in die richtige Richtung. Wir werden dieser daher selbstverständlich zustimmen.

Diese Koalitionsregierung aus SPÖ und ÖVP steht für mehr Sicherheit in diesem Land, und in diesem Sinne geben wir dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

11.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. – Bitte.

 


11.19.05

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Als siebenter Redner zur Änderung der Straßenverkehrs­ordnung muss ich feststellen, dass fast schon alles, was darin an Maßnahmen enthal­ten ist, gesagt wurde, aber einige Bemerkungen möchte ich doch noch dazu machen.

Die vorliegende Änderung der Straßenverkehrsordnung eröffnet wirksame Möglichkei­ten, die Raser, sprich: die Personen, die eine Geschwindigkeitsübertretung begangen haben, zur Verantwortung zu ziehen.

Über 40 Prozent aller Unfälle auf Österreichs Autobahnen werden von ausländischen Fahrern verursacht. Ein Drittel aller tödlichen Unfälle verursachen Raser. Es werden jährlich mehrere hundert Menschen durch Raserei getötet.

Über die Section Control wurde von meinem Vorredner schon viel gesagt. Die Section Control ist eine wirklich tolle Sache, und man kann und soll sie dort einsetzen, wo sie tatsächlich notwendig ist, wo sie zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beiträgt und wo wirklich Gefahrensituationen gegeben sind.

Zur Radarmessung von vorne möchte ich als ehemaliger Polizist, der 25 Jahre hin­durch mit dieser Sache betraut war, sagen, dass dies der wesentlichen Vereinfachung bei der Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren und nicht nur der Ausmerzung der Ungleichstellung mit deutschen Staatsbürgern dient. In Zukunft kann damit der wirk­liche Raser verwaltungsstrafrechtlich verfolgt werden – und nicht, wie dies bei einem Foto von hinten der Fall ist, wo dann im Führerscheinentzugsverfahren aufgrund zu ho­her Geschwindigkeit die Oma, der Opa oder der nicht mehr nachvollziehbare Ge­schäftspartner aus einem Drittstaat angegeben wird. Das bringt also eine wesentliche Verbesserung.

Wichtig bei der Section Control und der Radarmessung sind die Einhaltung der daten­schutzrechtlichen Gegebenheiten, aber auch die Sicherheit. Die Unkenntlichmachung von nicht relevanten Personen und die Löschung der Fotos nach Beendigung des Ver­fahrens sind ganz einfach Maßnahmen, die bei solch einer Änderung dazugehören.

Anführen möchte ich noch ganz kurz die automationsunterstützte Feststellung der Missachtung von Rotlichtzeichen. Diese Maßnahme bringt eine wesentliche Verbesse­rung zum Schutz unserer Kinder und älterer gebrechlicher Personen, vor allem jener Personen, die nicht unter den Vertrauensgrundsatz fallen. Aufgrund dieser Maßnahme können die Übertreter wirklich hundertprozentig verfolgt und die Vergehen geahndet werden.

Meine Vorredner haben schon sehr viel erwähnt. Ich möchte nur noch sagen, diese Änderung der Straßenverkehrsordnung dient jenen Personen, die mit dem Vollzug vor


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 51

Ort betraut sind. Das ist wirklich ein enormer Vorteil. Ein herzliches Dankeschön für diese Änderung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.22


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


11.22.20

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem ihr offensichtlich nicht verstanden habt, warum wir heute Nein sagen, habe ich mir ge­dacht, ich muss euch das noch einmal erklären. (Bundesrat Perhab: Kurz!) Nur ganz kurz. (Bundesrat Perhab: Kurz!)

Die Opposition hat die Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen. (Bundesrat Perhab: Wir auch!) Ja, aber die Regierungsparteien sagen sehr selten Nein – das habe ich eigent­lich hier herinnen noch nicht erlebt, aber das würde mich freuen. (Bundesrat Kainz: Bei einem Nein geht ja auch nichts weiter! Wir wollen ja etwas weiterbringen!)

Was das Weiterbringen angeht: Die Frage ist, was erreiche ich mit einem Ja und was mit einem Nein. Wenn ich Ja sage, dann kann ich euch zwar erzählen, dass das und das noch fehlt, aber ein Nein ist ein gewisser Druck. Vielleicht wollt ihr doch irgend­wann einmal – mit „ihr“ sind die Regierungsparteien gemeint –, vielleicht wollen die Re­gierungsparteien doch einmal die Zustimmung der Grünen und vielleicht strengen Sie sich doch einmal an, auch in den anderen Bereichen, die uns wirklich massiv fehlen in diesem Gesetz, ein bisschen mehr Dampf und ein bisschen mehr Druck zu machen.

Zum Kollegen Ertl möchte ich noch ganz kurz sagen: Auch wir sind sehr für Trans­parenz, gerade bei den Strafgeldern. Ich bin der Meinung, dass diese Strafgelder zu 100 Prozent der Verkehrssicherheit zugutekommen müssen. Wenn Sie sagen, das ge­höre in den Autobahnausbau gesteckt, indem man es der ASFINAG gibt, ist das ein Widerspruch in sich.

Erstens: Ein Autobahnausbau findet gerade in Niederösterreich ohnehin statt. (Bundes­rat Preineder: ... Sicherheit!) Im Übermaß haben wir den Autobahnausbau. Das Pro­blem im Zusammenhang mit der Sicherheitsfrage bei den Autobahnen – das Argument ist ja immer, wir brauchen eine Autobahn, damit die Leute sicherer unterwegs sind –: Es gibt weniger Unfälle im Verhältnis, das stimmt, aber es gibt auch, und das ist unbe­stritten, auf den Autobahnen viel schwerere Unfälle. Und gerade dann, wenn es um das Rasen und die Abstandsregelungen geht, sind auf den Autobahnen die massivsten Überschreitungen zu vermerken. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Also das wäre kontraproduktiv. Abgesehen davon hat das eine mit dem anderen nicht wirklich etwas zu tun. – Gelder für den Straßenbau zu verwenden wäre kontraproduk­tiv. Gelder für die Verkehrssicherheit einzusetzen wäre logisch und konsequent.

Kollege Gruber hat noch einiges gesagt, das ich auch gerne unterstreichen würde, etwa zum Thema Alkohol am Steuer. Ich sehe das auch so. Es wäre sehr viel zu tun bei der Bewusstseinsbildung, denn das ist nach wie vor ein Kavaliersdelikt (Ruf bei der ÖVP: Schon lange nicht mehr!); da kann man sagen, was man will. Selbst in meinem Bekanntenkreis.

Wenn die Leute sagen: Heute darf ich nichts trinken, denn heute stehen sie da drau­ßen und schreiben mich vielleicht auf!, dann hält in Wirklichkeit nur die Strafe viele Menschen davon ab, Alkohol zu konsumieren und sich dann ans Steuer zu setzen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das war schon immer!) In Wirklichkeit sollte der Grund dafür,


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dass man in alkoholisiertem Zustand nicht mit dem Auto fährt, der sein, dass man weiß: Wenn ich zu viel Alkohol konsumiert habe, dann gefährde ich meine Mitverkehrs­teilnehmer! – Das wäre zu bedenken. (Bundesrat Perhab: Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach!)

Das, was Kollege Kainz bezüglich der Überwachung auf den Gemeindestraßen gesagt hat, kann ich nur unterstreichen. Auch ich bin der Meinung, dass da dringend eine Reparatur notwendig wäre, denn gerade (Zwischenruf des Bundesrates Kainz– ja, da machen wir einen gemeinsamen Antrag, gerne (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, denn gerade in den Gemeinden ...

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Kersch­baum! – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (fortsetzend): Danke. – Es freut mich ja, dass meine Ausführungen zu heftigen Diskussionen führen. (Bundesrat Perhab: Immer! Im­mer!) Vielleicht einigen wir uns ja doch noch und ihr ändert das noch rechtzeitig.

Gerade in den Gemeinden ist es wichtig, Tempokontrollen durchführen zu können, weil dort die Fußgänger und Radfahrer besonders gefährdet sind.

Ich möchte noch ganz kurz zu den Schihelmen, obwohl wir nicht im Landtag sind, et­was sagen. Da ist auch die Frage gewesen: Ist das Glas halb voll oder halb leer? – Dass die Grünen diese Regelung abgelehnt haben, ist im Zusammenhang damit zu se­hen, dass auch Erwachsene einen Kopf haben (Zwischenruf des Bundesrates Mayer), und wenn, dann sollte man die Regelung eben auch für Erwachsene machen. – Die meisten Erwachsenen; nein, einen Kopf haben sie alle. Also: Einen schützenswerten Kopf haben auch Erwachsene, und deshalb haben wir ein Problem damit gehabt, dass die Schihelmpflicht nur für Kinder gelten soll, und auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung hat ein Problem dargestellt, denn das war sehr unklar geregelt. (Zwi­schenruf des Bundesrates Kainz.) – Ist aber zuerst anders verkündet worden.

Wie gesagt, die Opposition hat die Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen. Ein Ja würde euch vielleicht besser gefallen, aber wir sagen Nein in der Hoffnung, dass ihr euch in Zukunft mehr bemüht, uns ein Ja zu entlocken.

11.27


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der Herr Bundesminister wünscht das Wort. Ich erteile es ihm.

 


11.27.04

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin heute hier in Vertretung der zu­ständigen Ressortverantwortlichen und lasse mich auf keine inhaltliche Debatte ein – es ist schon alles gesagt worden, was inhaltlich zu sagen ist –, und ich möchte auch keine Überbewertung der Grünen betreiben (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP), aber es ist in Wirklichkeit genauso wie bei der Kurzarbeit: ein Schritt in eine ganz richtige Rich­tung, aber dann findet man noch etwas, was noch besser sein könnte, auch nur eine kleine Spur besser sein könnte – alles könnte immer noch besser sein, das ist gar keine Frage –, und dann sagt man Nein. (Bundesrat Mag. Klug: Ist auch ein Politstil!)

Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie von den Grünen nicht dazu beitragen möchten, den Menschen Verbesserungen zu bringen. Punkt. Ende. Das nehmen wir somit zur Kenntnis. Es ist traurig, denn ich glaube, gerade in Fragen der Verkehrssicherheit sollte man diesem weiteren Schritt in die richtige Richtung zustimmen.

Da Politik auch Spaß machen muss, sei es mir gestattet, einen kleinen Joke anzubrin­gen: Ich kann nicht ganz nachvollziehen, dass man bei der Debatte über die Beifahrer


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 53

immer sofort darauf verfällt, dass der Beifahrer jemand ist, mit dem man nicht gesehen werden will. (Allgemeine Heiterkeit.) – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

11.28


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

11.28.496. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesge-
setz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (34 d.B. und 73 d.B. sowie 8063/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


11.28.56

Berichterstatter Werner Stadler: Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte.

 


11.29.42

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, bei der Änderung des Schifffahrtsgesetzes handelt es sich im Großen und Ganzen um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Ich denke, gerade dann, wenn wir solche Bestimmungen umsetzen und umsetzen müssen, die auf europäischer Ebene vorgegeben werden, ist es wieder einmal an der Zeit, das in das richtige Licht zu stellen und auch ganz klar zu sagen, dass sehr viele Richtlinien, die in Europa beschlossen werden – auch diese –, einen Fortschritt für Österreich bringen. Ich glaube, es liegt auch in unserer Verantwortung, die Europäische Union immer wieder ins richtige Licht zu rücken. Ich meine, dass die Europäische Union hier sehr viele positive Aspekte mit einfließen hat lassen.

Aber nun zu den konkreten Punkten, die mit dieser Richtlinie umgesetzt werden.

Diese Harmonisierung der EU-Vorschriften und der Regelung der Zentralkommission für Rheinschifffahrt bringt gleiche technische Vorschriften für das gesamte Netzwerk


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 54

der europäischen Wasserstraßen. Es ist dann nicht mehr notwendig, dass Fahrzeuge mit mehreren Zulassungsurkunden unterwegs sein müssen und bei den Kontrollen alle dabeihaben müssen.

Auf nationaler Ebene gibt es eine Klarstellung dahin gehend, dass bei Fahrzeugen, denen von einer österreichischen Behörde eine Zulassung ausgestellt wurde, unab­hängig vom Firmensitz die österreichischen ArbeitnehmerInnenschutz-Bestimmungen gelten. Dies führt zu einer Verbesserung der Rechtssicherheit der Arbeitnehmer und auch der Arbeitgeber.

Der Grund dafür, dass ich als Vorarlberger beim Schifffahrtsgesetz hier heraußen ste­he, liegt in der Entschließung, die auf Initiative des Herrn Vizepräsidenten Weiss bei der Novelle zum Schifffahrtsgesetz entstanden ist. Dieser Entschließung des Bundes­rates wurde Rechnung getragen, und es kommt zu einer Aufwertung des Bodensee­patents. In Zukunft wird es den Besitzern des Bodenseepatents möglich sein, ein inter­nationales Zertifikat zum Führen von Sportfahrzeugen zu beantragen.

Wie gesagt, es ist schön, dass es ein Gesetz gibt, in das eine Entschließung des Bun­desrates direkt Eingang gefunden hat.

Ein weiterer Eckpunkt – das ist ein Detailbereich – im Bereich der Sport- und Freizeit­schifffahrt ist die freie innerstaatliche Behördenwahl. Das macht Sinn, erspart dem Antragsteller unsinnige Wege und führt zu einer Verwaltungsvereinfachung.

Abschließend ist zu sagen, dass die Neuerungen mehr Rechtssicherheit und fairere Wettbewerbsbedingungen bringen und natürlich die Zustimmung unserer Fraktion fin­den. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.32


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.32.48

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu diesem Tagesord­nungspunkt – mit dem Bodensee-Anrainer Jürgen Weiss im Einklang – zu Wort gemel­det. Der Herr Präsident hat das ja entsprechend vorbereitet. Der Dank der Vorarlberger oder der Bodensee-Menschen gilt daher unserem Vizepräsidenten Jürgen Weiss.

Zum Inhalt des Gesetzes gibt es über das, was Kollege Einwallner schon gesagt hat, hinaus nicht mehr viel zu sagen. Erwähnen möchte ich lediglich, dass damit auch einem Anliegen des Landes Vorarlberg entsprochen wird, weil sich das aus der beson­deren Rechtsstellung der Bodensee-Schifffahrt ergibt.

Im Begutachtungsverfahren zu einer früheren Änderung des Schifffahrtsgesetzes wur­de 2007 darauf hingewiesen, dass zahlreiche Anträge auf Ausstellung eines internatio­nalen Zertifikats für die Führung von Sportfahrzeugen deshalb abgelehnt werden mussten – und das ist der entscheidende Punkt –, weil das Bodensee-Schifffahrts­patent nicht als inländischer Befähigungsnachweis galt.

Nachdem diese Anregung im damaligen Gesetzesbeschluss keine Berücksichtigung gefunden hat, haben sich die Vorarlberger Bundesräte mit Unterstützung des boden­seekundigen Kollegen Schennach anlässlich der Beratungen im Bundesrat am 21. Mai 2008 zum Gegenstand einer Entschließung an den Verkehrsminister gewandt. – So ist es, Frau Kollegin Kerschbaum. Tatsächlich: Kollege Schennach ist bodenseekundig. (Bundesrätin Kerschbaum: Das werde ich ihm ausrichten!)


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 55

Im heute vorliegenden Gesetzesbeschluss wurde dem Anliegen des Landes Vorarlberg Rechnung getragen, und dafür bedanken wir uns sehr herzlich auch bei der Frau Bun­desministerin, in Vertretung bei Herrn Bundesminister Rudi Hundstorfer. Herr Bundes­minister, ich bitte Sie, das beim nächsten Ministerrat auszurichten: Ich bedanke mich sehr herzlich dafür!

Und wenn Sie Gelegenheit haben sollten, an der Eröffnung der Bregenzer Festspiele teilzunehmen, werden wir Sie gerne zu einer nicht unter das sogenannte Anfütterungs­verbot fallenden Ausfahrt auf dem Bodensee einladen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


11.35.21

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir werden zu­stimmen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) Ich hoffe, damit tragen wir ein großes Stück zur Umsetzung der EU-Richtlinie bei.

Prinzipiell geht es um eine Verbesserung bei der Kontrolle und beim Arbeitnehmer­schutz – das findet unsere Unterstützung. Die restriktive Rechtslage, insbesondere in Niederösterreich zu den Waterbikern, können wir aufrechterhalten. Sprich, es gibt kei­nen Grund, nicht zuzustimmen.

Weil wir beim Ausrichten waren: Herr Bundesminister, ich möchte Sie ebenfalls bitten, der Frau Ministerin etwas auszurichten. Es gibt neben der Binnenschifffahrt weitere Verkehrsträger, die sehr wichtig sind, und dazu zählt die Eisenbahn. Und ich würde mir wünschen, dass es im Bereich der Eisenbahn mit den europäischen Normen und mit gleichen europäischen Grundlagen etwas rascher vorangeht.

Es gibt in Österreich einen nicht allzu kleinen Wirtschaftszweig, der unter anderem mit Eisenbahnbau beschäftigt ist. Auch diese Betriebe würden großen Wert darauf legen, dass es in Europa Normen gibt, die gleiche Möglichkeiten für alle schaffen. (Bundesrat Stadler: Was zum Beispiel konkret?) – Zum Beispiel die Signale sind nicht überall gleich. (Bundesrat Stadler: Ach so!) Da gäbe es noch einiges zu verändern und anzu­gleichen, was dann vielleicht auch den Wirtschaftsbetrieben, die sich damit beschäfti­gen, Erleichterungen bringen würde, da sie dann nicht immer alles einzeln zulassen lassen müssten.

Da davon ein nicht unerheblicher Wirtschaftskreis betroffen ist, würde ich Sie bitten, das auszurichten.

Dem vorliegenden Beschluss werden wir natürlich zustimmen.

11.37


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 56

11.37.327. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Zusatzproto­koll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zu­sätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III) (50 d.B. sowie 8048/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Greiderer. – Bitte.

 


11.37.52

Berichterstatterin Elisabeth Greiderer: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegen­heiten über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Zu­satzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III).

Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

11.38.548. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Übertragung von Bundesbeteiligungen in das Eigentum der ÖIAG geändert wird (32 d.B. und 62 d.B. sowie 8053/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Vladyka. – Bitte.

 


11.39.11

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Übertragung von Bundesbeteiligungen in das Eigen­tum der ÖIAG geändert wird.

Da der Bericht in schriftlicher Form vorliegt, darf ich gleich zur Antragstellung kommen.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

 


Erster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 57

11.40.14

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Wir hätten im Prinzip kein Problem damit, der AUA, um die Liquidität für die nächsten Monate zu garantieren, diese 500 Millionen € zur Verfügung zu stel­len. Die AUA ist an sich ein gutes Unternehmen, wie auch die letzte Statistik bezie­hungsweise Untersuchung gezeigt hat. Sie ist eines der pünktlichsten Flugunterneh­men in Europa.

Wir kritisieren auch nicht, dass Sie heute mit Mehrheit diese 500 Millionen beschließen, aber Sie sollen dafür selbst die Verantwortung tragen, denn die Fehler, die zu dieser Destabilisierung des Unternehmens geführt haben, liegen in Entscheidungen der Poli­tik in den letzten Jahren.

Es geht nicht nur um 8 000 Beschäftigte der AUA, sondern letztlich um weit über 60 000 Beschäftigte rund um den Flughafen Wien, wenn wir den Flughafen Wien und die AUA zusammennehmen. Wir wissen derzeit nicht, oder es gibt nur Vermutungen, wie hoch die Nettoverschuldung der AUA mit Ende 2008 sein wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Aber sie wird – ich danke für die Zurufe –, das wissen wir, zwischen 1,1 und 1,2 Milliarden € liegen.

Was sind die Entscheidungen der Politik, die dazu geführt haben? – Zum einen wurde das AUA-Management nicht gut ausgewählt. Da muss man sich schon fragen, wer es denn zu verantworten hat, dass es rund um die AUA und letztlich rund um die ÖIAG ganz offensichtlich unfähige Manager gab. Warum gab es denn allzu willfährige Mana­ger, die zum Beispiel auf Wink der Politik seinerzeit, als die AUA noch positiv war, die Lauda Air zu einem viel zu überhöhten Preis teuer aufgekauft haben? Das war das erste Mal, dass die AUA ins Trudeln kam. Und das war nicht, weil die AUA gesagt hat, wir wollen sie kaufen, sondern weil die Politik gesagt hat: Jetzt kauft ihr sie! – Und da­mit ging der Weg nach unten los.

Wenn Sie diese 500 Millionen € heute hier beschließen, dann wissen Sie noch nicht einmal, ob die EU aus Wettbewerbsgründen dem ihre Zustimmung geben wird. Sie
hat der 200-Millionen-Spritze zugestimmt, aber ob diese 500-Millionen-Spritze, die Sie heute logischerweise – aufgrund der vielen Fehler der Politik mit dem von ihr ausge­suchten Management – beschließen, überhaupt halten wird, ist ungewiss.

Ich hoffe, dass sie halten wird. Aber Sie sind in der Regierung und Sie müssen diese Schritte jetzt rechtfertigen, so, wie Sie es rechtfertigen mussten – und damals hat, glaube ich, der größere Koalitionspartner Gift und Galle gespuckt –, als Herr Michaelis in die ÖIAG eingesetzt wurde, dessen Qualifikation jedoch von Anfang an umstritten war.

Dann kam ein Herr Ötsch, der noch vor gar nicht allzu langer Zeit die AUA als saniert erklärt hat – als saniert! Und innerhalb eines Jahres, nicht einmal eines Jahres seit dieser Erklärung sind wir bei einem Minus von einer Milliarde – und das bei bestverdie­nenden Managern, bei deren Abgang man auch noch eine glatte Million flüssiggemacht hat.

Das ist schon eine Frage. Sie geben heute Steuergelder für Abfertigungen von unfähi­gen Managern aus, es wurden entsprechende Mittel ausgegeben. Deshalb noch ein­mal: Ich habe kein Problem damit und ich kritisiere heute die Regierung nicht dafür, dass sie versucht, diese 500 Millionen für die Liquidität zur Verfügung zu stellen. Aber ich kritisiere dieses Spiel, diese Verzahnung von politischer Verhaberung mit einem Management, das zuvor all diese Probleme ausgelöst hat.

Ich hoffe für diese Regierung, dass wettbewerbsrechtlich diese 500 Millionen halten werden. Das sind, wenn man die 200 Millionen abzieht, letztlich nur 300 Millionen; im


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 58

Sinne und zur Sicherung des Unternehmens, seiner Beschäftigten und des Standortes Wien. Dafür wäre das notwendig.

Mit ein weiterer Punkt ist: Wie kann man auch nur so naiv sein, zu glauben, dass sich, wenn man ein Bieterverfahren auf eine Firma zuschneidert, nämlich auf die Lufthansa, dann zwei andere Unternehmen, die sich genauso dafür interessiert haben, und zwar die französische Air France beziehungsweise im anderen Bereich die Ryanair, nicht bei der EU über ein frisiertes, gebogenes Anbieterverfahren später aufregen und ihre Mög­lichkeiten nützen werden? (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Das ist eine Unterstellung!)

Deshalb noch einmal: Meine Kritik richtet sich auf das, was die Politik im Vorfeld bei der Bestellung von unfähigen Managern in der ÖIAG und auch in der AUA verursacht hat und zu dem willfährige Manager gezwungen werden.

Und ich hoffe sehr, dass Ihnen die EU zumindest das, was Sie heute mit Mehrheit be­schließen werden, nicht zurückwerfen wird. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kersch­baum.)

11.47


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


11.47.21

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär Lopatka! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte um die AUA verfolgt uns über weite Strecken. Und es gibt diese Diskussionen nicht nur hier im Parlament, sondern vor allem in den Medien und auch in der Öffentlichkeit. Und man muss Verständnis dafür haben, dass die Öffentlichkeit ob der Vorgänge rund um die AUA verärgert ist. Die Verantwortung bei der AUA wird unterschiedlichst wahrgenommen und vor allem unterschiedlichst interpretiert.

Ich verstehe das so: Wir haben die Verantwortung wahrzunehmen, denn es geht um Arbeitsplätze und es geht um den Standort der Fluglinie. Wir müssen diese Chance nützen, um den Standort Wien für die Fluglinie zu erhalten. In den Vordergrund stellen wir besonders die Sicherung und Erhaltung von Tausenden Arbeitsplätzen.

Wir haben es vorhin schon gehört: Wir wissen, es geht direkt und indirekt um insge­samt mehr als 60 000 Arbeitsplätze. Auf alle Fälle ist die Aussage des Vorstandes zu hinterfragen, denn er hat noch vor einem Jahr gemeint, das Unternehmen sei saniert. (Bundesrat Perhab: Das hören wir schon zum 50. Mal!) – Das zweite Mal. Nur Kollege Schennach hat vor mir gesprochen. – Auf alle Fälle ist diese Aussage zu hinterfragen.

Wie wir im Ausschuss erfahren haben, beträgt der derzeitige Schuldenstand der AUA zirka 1,1 Milliarden €. Sicherlich ist hier die Politik gefordert, dass die verantwortlichen Manager ihre Leistungen auch zu vertreten haben. Auch die Rolle des Aufsichtsrates und jene der ÖIAG sind meiner Meinung nach zweifelhaft.

Ich möchte im Zusammenhang mit der heutigen Materie ÖIAG auch zu den bevorste­henden Postamtschließungen Stellung nehmen. 293 Postämter sollen in den nächsten Wochen der nächsten Schließungswelle zum Opfer fallen.

In meinem Heimatbundesland Burgenland stehen nach der Schließungswelle in den Jahren 2000 bis 2006, die 63 Postämter betroffen hat, jetzt weitere vor dem Aus. Die Grundversorgung in den Gemeinden des ländlichen Raumes ist gefährdet, weitere Ar­beitsplätze werden vernichtet.

Kaputtsparen und Job-Abbau sind keine tauglichen Zukunftskonzepte für die Post. Es sind mehr Kreativität und offensive Zukunftsstrategien gefragt. Außerdem steht die Schließungswelle des Postmanagements in einem krassen Gegensatz zum derzeitigen Kampf der Bundes- und der Landespolitik um die Sicherung des Arbeitsmarktes.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 59

Die Beschäftigungsgarantie des Vorstandes gilt nur für 2009. Massive Einschnitte beim Personal sind vorprogrammiert. Gerade in einer Zeit stark steigender Arbeitslosigkeit – und das ist meiner Meinung nach unverantwortlich – stehen den Behauptungen seitens des Vorstandes, mit denen die neue Schließungswelle gerechtfertigt wird, folgende Fakten entgegen:

Der Postvorstand sagt, nur unrentable Kleinstfilialen werden geschlossen.  Tatsache ist, die Berechnungen der Post AG sind nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil! Die Post­gewerkschaft hat errechnet, dass das gesamte Filialnetz kostendeckend ist, aber durch falsche Zurechnung von Overhead-Kosten belastet wird.

Weiters behauptet der Vorstand, es gehe um Zukunftssicherung des Konzerns. – Ich behaupte, das stimmt nicht. Es geht dem Postvorstand in erster Linie um die Aktionäre. Noch im Vorjahr wurden erhöhte Dividenden ausbezahlt. Ich werde im Anschluss noch auf die Zahlen zu sprechen kommen. Es sollten uns die Interessen der Mitarbeiter und der Konsumenten wichtiger sein als jene der Aktionäre.

Weiters wird vom Postvorstand behauptet, die Postpartner seien ein vollwertiger Er­satz. – Ich sage ganz klar – ich komme aus einer Gemeinde, wo es auch ein Beispiel gibt, das ich nachvollziehen kann –: Das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Tat­sächlich funktionieren diese Postpartnerstellen in Einzelfällen, zum Beispiel wenn sie von Gemeinden betrieben werden. Das kostet die Kommunen aber sehr viel Geld, wie wir wissen. Ein vollwertiger Ersatz sind diese Postpartner nicht.

Weiters sagt der Vorstand, die Postversorgung bleibe in Zukunft gewährleistet. – Post­partner bieten aber in allgemeinen Fällen nicht die vollständige Dienstleistungspalette. Außerdem kann ein Partner ohne Angabe von Gründen jederzeit seinen Vertrag kündi­gen, kann auch zusperren. Dann sind der Postpartner und die Postversorgung in den betroffenen Gemeinden ein für alle Mal weg. In Wirklichkeit geht es um eine breit ange­legte Privatisierung des Filialnetzes. In erster Linie zahlen die Bürgerinnen und Bürger sowie die MitarbeiterInnen dafür die Zeche.

Außerdem wird es zu weiteren Schließungen kommen, wenn der eingeschlagene fal­sche Weg fortgesetzt wird. Dieser falsche Weg kann hier nur korrigiert werden, wenn es langfristige Zukunftskonzepte gibt, die die flächendeckende Versorgung sichern. Weiters muss es faire Rahmenbedingungen für die Liberalisierung durch ein neues Postmarktgesetz sowie den lang geforderten Branchen-Kollektivvertrag geben.

Ich darf jetzt ganz kurz Daten und Zahlen aus meinem Bundesland Burgenland brin­gen. Im Jahr 2001 gab es in meinem Bundesland 126 Postämter und insgesamt ...

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Sodl, auch wenn in der griechischen Mythologie die Postboten Flügel haben, ist der Zusammen­hang, wenngleich das Thema wichtig ist, mit der AUA doch etwas weit hergeholt. (Hei­terkeit.) Ich bitte, wieder zum Landeanflug auf das eigentliche Thema anzusetzen. (Bei­fall bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (fortsetzend): Ich sehe es schon so, dass über die ÖIAG ein Zusammenhang besteht, weil die Post mit 51 Prozent trotzdem noch dem Staat ge­hört und aktuell dazu ein Thema ist. Ich möchte aber trotzdem in dieser Form dem Herrn Präsidenten folgen und auf die AUA zurückkommen.

Die Bedenken unsererseits haben wir geäußert. Wir werden aber diesem Gesetzesbe­schluss trotzdem unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.55



BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 60

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ertl. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.55.08

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es geht um das Thema AUA. Was die AUA betrifft, so ist dieses Trauerspiel typisch für die Wirtschaftskompetenz von SPÖ und ÖVP.

Misswirtschaft von unfähigen Managern, Uneinsichtigkeit der Belegschaftsvertreter und gutgläubige Eigentümer, die keinen Überblick haben, sind daran schuld, dass ein ös­terreichisches Traditionsunternehmen jetzt nicht einmal mehr verschenkt werden kann. Unsere Großväter und Väter haben dieses Traditionsunternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aufgebaut. Jetzt muss der österreichische Steuerzahler sogar noch 500 Millionen € drauflegen, damit die Lufthansa die AUA übernimmt. Noch vor einem Jahr – wir haben es heute schon ein paar Mal gehört, Kollege Perhab –, nämlich genau vor einem Jahr hat der Flughafenvorstand im Zuge der 50-Jahr-Feier mit Stolz verkün­det: Die AUA ist entschuldet! – Unsere Kinder und Enkelkinder werden noch für die AUA bezahlen müssen! (Bundesrat Mag. Klug: Na geh!)

SPÖ und ÖVP haben die AUA zum Absturz gebracht. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) 8 000 Mitarbeiter wissen nicht, wie es weitergeht. Stellen Sie sich das vor: 8 000 Mitarbeiter! Wie viele Familien, wie viele Personen, wenn man eine Familie mit vier Personen nimmt und das hochrechnet, hängen da dran? Das sind zirka 32 000 Be­troffene. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Sind das lauter Alleinverdiener?)

Der Flughafen Wien wird massiv in seiner Existenz bedroht. Viele Zulieferbetriebe bis hin zur OMV verlieren ihre Aufträge. Was ist passiert? Warum wurde die Öffentlichkeit belogen? Laut Rechnungshofbericht spricht einiges dafür, dass man uns hier für dumm verkaufen will. Wieder einmal will sich die Regierung als Eigentümerin aus der Verant­wortung stehlen und schiebt die Schuld auf ÖIAG und Aufsichtsrat. Gleichzeitig versu­chen SPÖ und ÖVP, den Rechnungshof bei seiner Aufklärungsarbeit zu behindern. Wahrscheinlich drückt das schlechte Gewissen. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Was?)

Es muss untersucht werden, ob bei der Übernahme durch die Lufthansa alles mit rech­ten Dingen zugeht. Es ist gut, dass die EU das prüft. Ist es nicht komisch, dass Vor­standsdirektor Ötsch nun so schnell in die Versenkung verschwunden ist? Jedenfalls dürfte dieser die kolportierte Abfertigung von 1,1 Millionen € nicht bekommen, denn Ötsch hat uns immerhin Schulden von 1,1 Milliarden € hinterlassen. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Die Hiobsbotschaften über die AUA dringen in immer kürzeren Abständen an die Öf­fentlichkeit. Die Verantwortung hiefür tragen ganz allein ÖVP, SPÖ und ÖIAG. Wäre man den Empfehlungen der ersten Gutachten gefolgt und hätte frühzeitig nach einem strategischen Partner gesucht, wäre der Verkauf unter viel günstigeren Bedingungen vonstatten gegangen. (Bundesrat Perhab: Hättet ihr gesagt: Ausverkauf! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen, meine Herren, wer hat das erlaubt? Wer steckt hinter diesem Schla­massel? (Bundesrat Boden: Die FPÖ! – Bundesrat Konecny: Schüssel I, Schüs­sel II!) – Ich wiederhole: Eine Troika aus ÖVP, SPÖ und ÖIAG verursacht nun 500 Mil­lionen € Kosten aus Steuergeldern oder schlimmstenfalls sogar das Ende der AUA. Es erweist sich als vollkommen richtig, dass die Opposition das zum Gegenstand im Un­terausschuss des Rechnungshofausschusses gemacht hat, um die genaue politische Verantwortung abzuklären. Die Ignoranz, mit der Molterer, Faymann und Michaelis die AUA in Richtung Abgrund treiben ließen, ist beispielhaft für die wirtschaftliche Inkom­petenz der großen Koalition und der Unternehmer, welche ihrem System nahestehen.


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Während die große Koalition und die ÖIAG vor dem Scherbenhaufen AUA stehen und Kindesweglegung betreiben, indem die Verantwortung abgestritten wird, verweigern staatsnahe Betriebe dem Rechnungshof Auskünfte über Managergehälter, sodass der Rechnungshof gezwungen ist, den Gang zum Verfassungsgerichtshof anzutreten. Diese Unternehmen können nicht einerseits Steuergelder einfordern, aber dann gegen­über dem Rechnungshof und dem Parlament keine Transparenz gewährleisten!

Die FPÖ unterstützt daher die Forderungen des Rechnungshofes, diese Gehälter of­fenzulegen und ihre Höhe einer Beurteilung zu unterziehen, aber ÖVP und SPÖ blo­ckieren eine Aufklärung über diese Misere der AUA (Bundesrat Sodl: Ihr wart ja dabei, wie es beschlossen worden ist!): Der Rechnungshof-Unterausschuss zum Thema AUA benötigt für eine effiziente Arbeit dringend das sogenannte Berger-Gutachten bezie­hungsweise detaillierte Informationen über dieses, aber ÖVP und SPÖ blockieren be­wusst das Ersuchen der Opposition und verfolgen damit eindeutig eine Taktik der Ver­schleierung und Vertuschung.

Diese Taktik werden wir mit der Einbringung einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft unterbrechen. Die AUA befand sich bereits im Jahr 2006 in der Krise. Darüber müssen sich Ötsch und Michaelis, und damit AUA und ÖIAG, im Klaren gewesen sein, sonst wäre kein Gutachten in Auftrag gegeben worden. Das Ergebnis des Gutachtens, eine eindeutige Empfehlung zur Partnersuche, wurde jedoch ignoriert. Ötsch erklärt, er hatte den Auftrag, die sogenannte Stand-alone-Lösung umzusetzen. Später betrieben ÖIAG und AUA Kindesweglegung, indem widersprüchlicherweise be­hauptet wurde, dass man das Gutachten nicht kenne oder eine Stand-alone-Lösung herausgelesen werden könne. Dies legt den Verdacht nahe, dass die AUA sehenden Auges in die Misere geführt wurde, um der Lufthansa eine günstige Übernahme zu er­möglichen.

Um hierüber Aufklärung zu schaffen, benötigt der Ausschuss unter anderem das Ber­ger-Gutachten. Aber weil ÖVP und SPÖ Angst davor haben, dass ihre politische Ver­antwortung dadurch endgültig aufgeklärt wird, werden die entsprechenden Anträge der Opposition blockiert.

Da der gescheiterte AUA-Vorstand Ötsch 1,1 Millionen € an Abfertigung kassieren wird, muss ÖIAG-Chef Michaelis für diesen Irrsinn verantwortlich gemacht werden. Dieses wenig dynamische und noch weniger erfolgreiche Duo kassiert auf Kosten der Steuerzahler Millionen. (Bundesrat Konecny – nach einigen Versprechern des Red­ners –: Herr Kollege, wollen Sie nicht Ihr Rede-Manuskript jemandem geben, der es ordentlich vorlesen kann? – Bundesrat Gruber: Vielleicht kommt auch noch etwas über Seibersdorf!)

Michaelis muss genauso wie Ötsch seinen gut gepolsterten Sessel räumen! Ich habe keinerlei Verständnis dafür, meine Damen und Herren, dass die Totengräber der AUA auch nur einen Cent an Abfertigung bekommen! Im Gegenteil, die FPÖ wird im Parla­ment beantragen, die Herrschaften mit Schadenersatzklagen einzudecken. (Bundesrat Todt: Die freiheitlichen Minister waren zuständig!)

Ich erinnere an das gescheiterte Geschäft mit Al Jaber. Wäre dieses zustande gekom­men, würde der Steuerzahler jetzt nicht mit dieser Belastung dastehen. Jetzt so zu tun, als hätten ÖVP und SPÖ nichts mit dem Debakel der AUA zu tun, ist schlichtweg schamlos! Die ÖVP hält noch immer ihre schützende Hand über Ötsch und Michaelis. Schließlich ist es ein offenes Geheimnis, welcher Fraktion diese beiden Herrschaften angehören. Ich weise auch darauf hin, dass ein ehemaliger sozialistischer Innenminis­ter als Lobbyist noch versucht hat, den Österreichern den Verkauf der AUA an eine russische Fluglinie schmackhaft zu machen.


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Ich spreche daher, was die AUA betrifft, einerseits der ÖVP ihre Wirtschaftskompetenz ab und muss andererseits auch der SPÖ den Vorwurf machen, das Traditionsunter­nehmen AUA an ein dem Kommunismus nahestehendes Unternehmen zu veräußern versucht zu haben. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ sowie ironische Heiter­keit bei Bundesräten der ÖVP.)

Die Lufthansa wird den Österreichern dankbar sein, sie wird ein oder zwei Flugzeuge verkaufen, wird dazu 500 Millionen € einstecken und noch 2 000 bis 2 500 Mitarbeiter entlassen. Ein Gewinn für die Lufthansa! Wir haben die Ösis über den Tisch gezogen!, werden die Schlagzeilen in Deutschland lauten. Die Lufthansa wird bei ihrem Start mit einem Gewinn von 1 Milliarde € von Österreich abfliegen.

Mir ist völlig unverständlich, dass Österreich eine derartige Vorgangsweise zulässt. Dieser Verkauf muss durch den Rechnungshof geprüft werden! Auf die Frage im Fi­nanzausschuss über einen Sozialplan für die zu erwartende Kündigung von AUA-Be­schäftigten wurde keine zufriedenstellende Antwort gegeben. Aber wir haben ja unse­ren Staatssekretär hier, vielleicht kann uns der sagen, wie es mit den AUA-Beschäftig­ten weitergehen wird.

Abschließend darf ich noch anführen: Soviel mir bekannt ist, wartet schon der nächste Skandal auf uns Österreicher, nämlich der Ausbau des Flughafens. Auch da wurden bereits über 260 Millionen € versenkt. Und wieder stecken fast dieselben Personen da­hinter, auf jeden Fall dieselben Fraktionen! (Bundesrat Gruber: Andere gibt’s nicht!)

Für das Land Niederösterreich war es ein Vorteil, für den Flughafen ein Nachteil, dass der ehemalige Landesrat Gabmann als Vorstand zum Flughafen gewechselt hat. Kurz nach seinem Dienstantritt haben wir sofort die schrecklichste Politik erfahren, die man überhaupt erfahren kann: Gabmann teilte mit, dass er den blauen Betriebsrat nicht will und dieser entweder gekauft werden muss oder verschwinden muss. (Ruf bei der ÖVP: Wer hat denn das gesagt?)

Außerdem hat Gabmann gleich angedeutet (Bundesrat Konecny: Herr Kollege, Mit­leid, bitte! Es reicht!), dass auch 250 Flughafenmitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Dazu kann ich nur sagen: Ein richtiger „sozialer Super-Manager“! Danke an die Verantwortlichen, meine Herrschaften!

Meine Damen und Herren, seien Sie mir nicht böse (Bundesrat Konecny: Wir sind schon böse!), aber diese Misswirtschaft kann nicht unsere Zukunft sein! (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth. – Bundesrat Gruber: Das erinnert mich an Zeiten von Gor­bach und Reichhold!)

12.07


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte. (Bundesrat Gruber: Jetzt sehen wir das aus Vorarlberger Sicht!)

 


12.07.07

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Ertl, nach diesem Auf­tritt kann man dir eigentlich nicht einmal böse sein, denn dieser war einfach zum Ver­gessen, weil er erstens inhaltlich nicht richtig war und zweitens natürlich das Thema verfehlt hat, weit von jedem Erkennen der Problematik entfernt war. Und das ist der entscheidende Punkt, lieber Herr Kollege, denn ich glaube nicht, dass du dir im Klaren darüber bist, in welchem Dilemma sich die AUA – ein Flaggschiff der österreichischen Unternehmungen! – befindet, in welchem Dilemma sich diese Gesellschaft befindet. Und ohne diese Überbrückungsfinanzierung von 200 Millionen € wäre sie in der Nähe der Insolvenz beziehungsweise längst insolvent.


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Und genau darum geht es: Es geht um diese 8 000 Arbeitsplätze, und – eine Zahl muss ich noch berichtigen – es geht um 65 000 Arbeitsplätze im Umfeld, lieber Herr Kollege! 65 000 Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie, in all den angeschlossenen Be­trieben und so weiter. Das ist der entscheidende Faktor! Und wenn wir hier jetzt nicht zur Tat schreiten und nicht eingreifen, dann ist die Gefahr groß, dass dieses Unterneh­men untergeht. Wer will schon den Untergang der AUA in Österreich? – Na bitte, Herr Kollege! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Was die von Ihnen zitierten Firmen betrifft, die hier sozusagen mit hinuntergezogen werden, wie die OMV oder der Flughafen: Gerade diese haben sich bereit erklärt, auch die AUA zu unterstützen, zu stützen in dieser schwierigen Situation. Ich denke, das ist auch ein besonderer Punkt, denn es geht auch um die Wertschöpfung von 4,8 Milliar­den €, und da darf man nicht fahrlässig umgehen. Dass Managementfehler auch ge­macht wurden, das gestehen wir schon ein, lieber Herr Kollege.

Ich muss Ihnen jetzt noch zur Historie des ÖIAG-Gesetzes etwas sagen: Ohne FPÖ hätte es nämlich kein ÖIAG-Gesetz gegeben. Da wart ihr mit uns im gemeinsamen Boot! Wer hat denn das mit beschlossen? – Und jetzt kommt Kollege Ertl hier heraus und lamentiert, wie man die FPÖ ins schlechte Licht stelle. Ihr habt das mit beschlos­sen! (Bundesrat Gruber: Ja! Hört, hört!) Wer hat sich denn den Kollegen Mitterbauer ausgesucht? (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Die FPÖ hat sich Mitterbauer ausgesucht, selbstverständlich! Und Mitterbauer hat dann Michaelis ausgesucht! – Jetzt sind wir am Ende der Kette angelangt. Und die FPÖ lamentiert und ist da völlig „unschuldig“, stellt sich hier ans Rednerpult und verteu­felt und verdammt alles. (Bundesrat Gruber: Kindesweglegung! – Bundesrat Boden: Das ist Kindesweglegung!)

Ihr wart selbst mit dabei! Daher müsst ihr jetzt auch das Ganze mittragen! Wenn man etwas beschlossen hat, dann steht man zu einer Sache auch, Herr Kollege Ertl! Das ist ein entscheidender Punkt, oder? (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Faktum ist, es geht um eine Finanzhilfe in der Höhe von 500 Millionen €, und das ist auch ein integrierender Bestandteil dieses Privatisierungsauftrages an die ÖIAG, weil eben die Lufthansa im Verlauf dieser Verhandlungen verlangt hat, dass die Eigenkapi­talbasis gestärkt werden muss, weil sich natürlich im Zuge dessen die Lufthansa auch mit verpflichtet, diese Mittel 1 : 1 der AUA zuzuführen – und das ist ein entscheidender Punkt.

Wenn man sich dann auch noch hier ans Rednerpult stellt und sagt, die ÖVP und die SPÖ behindern den Rechnungshof oder geben da Weisungen an den Rechnungshof – das ist wirklich Nonsens zum Quadrat! Das muss ich hier in aller Deutlichkeit sagen, denn: Der Rechnungshof ist dem Parlament verantwortlich, aber dass wir hier Weisun­gen erteilen und dass wir den Rechnungshof behindern, das ist so weit hergeholt! (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat mein Kollege ...!) – Bitte, Frau Kollegin Mühlwerth, lies die Rede von deinem Kollegen Ertl noch einmal nach! Er hat sie ja 1 : 1 auf dem Tisch liegen. Vielleicht auf Seite 3 im Absatz 5 steht genau, was er diesbezüglich ge­sagt hat. Das ist ja ein völliger Schmarrn!

Wir wissen inzwischen auch, dass es die Alternative eines Stand-alone nicht gibt, so wie zitiert wurde, denn Stand-alone wird sich nicht rechnen und wird sich nicht ausge­hen. Es würde höchstens gehen mit einem massiven Personalabbau – was wir natür­lich nicht wollen – und mit einem massiven Zurückstutzen des ganzen Streckennetzes. Dann ist das aber keine AUA mehr, sondern eine kleine Einrichtung, die noch irgendwo mit ein paar Flugzeugen fliegt. Und außerdem wäre das eine unabsehbare Schwä­chung des Wirtschaftsstandortes Österreich, und das ist ein ganz entscheidender Punkt.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 64

Ich habe ein Beispiel aus der Schweiz, weil wir Vorarlberger natürlich nicht nur zur Fluglinie, sondern auch zur Schweiz ein besonderes Naheverhältnis haben: Die Swiss­air hat ein Dilemma erlebt, das man überhaupt nicht nachvollziehen kann. Eines der besten Schweizer Unternehmen ist, weil es mit entsprechenden Problemen unterwegs war – aber das war vor der Wirtschaftskrise, vor einigen Jahren! –, am Boden zerstört worden. Diese Insolvenz wäre einfacher gegangen, denn die Swissair war damals nicht mehr lebensfähig. Und dann hat der Staat, haben die Kantone, also die Bundesländer, mehr als 3 Milliarden € hineingebuttert. Und was ist herausgekommen? – Die Swissair ging in Konkurs und wurde schlussendlich als Swiss weitergeführt, war dann wieder in­solvent und wurde dann von der Lufthansa übernommen.

Die Schweizer hätten das einfacher haben können – und in dieser Situation sind wir jetzt. Wenn wir diese 500 Millionen € beziehungsweise die 200 Millionen €, die schon zugeschossen wurden, nicht zur Verfügung stellen, dann wird es der AUA wahrschein­lich so ergehen wie den Schweizern, und der Staat wird Hunderte zusätzliche Millio­nen, wird Milliarden hineinbuttern müssen – und was dann wirklich herauskommt, das steht in den Sternen, lieber Herr Kollege!

Wenn Sie im Zusammenhang mit dem Rechnungshof-Unterausschuss eine Sachver­haltsdarstellung an die Staatsanwalt schicken, dann beeindruckt uns das nicht wirklich sonderlich, denn das wird im Sand verlaufen. Das wird im Sand verlaufen, denn eine derartige Sachverhaltsdarstellung ist einfach Nonsens, Herr Kollege!

Wesentliche Eckpunkte in diesem Vertrag mit der Lufthansa sind auch, dass der Sitz und die Entscheidungszentrale in Österreich bleiben, die Qualitätsmarke Austria wird beibehalten, und es wird auch garantiert, dass diese Drehkreuzfunktion, die wir in Schwechat, in Wien haben, mit einem attraktiven Streckennetz entsprechend gesichert wird. Und dazu verbleiben 25 Prozent in einer Stiftung, damit auch die Kernaktionärs­struktur erhalten wird.

Ich möchte abschließend schon auch noch auf die Belegschaft eingehen, weil Kollege Ertl hier behauptet hat, die Belegschaftsvertreter und das Management würden hier etwas verhindern beziehungsweise dass sich hier etwas Entscheidendes ändert. Es geht um ein 225-Millionen-€-Sparpaket, das hier geschnürt werden muss, nicht nur durch Einsparungen im Bereich der Flugstrecken, sondern auch bei der Belegschaft. Und insgesamt 225 Millionen € einzusparen, das ist wirklich eine happige Summe. 2 600 Mitarbeiter werden in den nächsten sechs Monaten Kurzarbeit machen; auch das ist mit dem Betriebsrat vereinbart. Auch mit dem fliegenden Personal wird derzeit verhandelt.

Wir haben derzeit Fastenzeit, und die AUA hat ihre „Fastenzeit“ auch begonnen, das kann ich Ihnen sagen: weniger Strecken, kürzere Arbeitszeit, geringere Kosten. Was mich allerdings schmerzt – und diesbezüglich bin ich wahrscheinlich mit dem Kollegen Klug einer Meinung –, ist die Verringerung der Einzahlungen in die AUA-Pensionskas­se um 75 Prozent. Damit gerät das auch von uns proklamierte System der zweiten und dritten Säule ein weiteres Mal massiv ins Wanken. Und ich darf auch zum wiederholten Male einfordern: Wir haben im Bereich der Pensionskassen wirklich höchsten Hand­lungsbedarf, denn die Glaubwürdigkeit der Pensionskassen, der privaten Vorsorge in den Augen der Bevölkerung ist auf dem Nullpunkt angelangt. Aber ich denke, das ist eine andere Geschichte, und die werden wir in nächster Zeit auch ganz sicher intensiv diskutieren müssen.

2009 wird für die Airlines – für alle – eines der schwierigsten Jahre überhaupt, wenn ich zum Beispiel daran denke, was die Ryanair aufführt, die diese lächerliche Kloge­bühr von 1,20 € einführt, weil sich eben insbesondere die Billig-Airlines alles nur Mög­liche ausdenken, um weiter Geld zu lukrieren. 1,20 € für das Klogehen in einer Flug-


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 65

linie – unglaublich! Aber wenn man es zusammenrechnet, dann wird das, haben sie herausgebracht, 100 000 € bringen. 100 000 € Klogebühr – so kalkulieren inzwischen die Fluglinien, insbesondere die Billig-Airlines.

Es bleibt zu hoffen – und das ist ein ganz wichtiger Punkt –, dass dieser Übernahme-Deal von der EU genehmigt wird. Viele Airlines wurden in den letzten Jahren gestützt, auch mit Zustimmung der EU, und deshalb bin ich guter Dinge, dass auch dieser Zu­schuss von 500 Millionen € – der ja nicht einmal aus dem Budget kommt, Herr Kollege, sondern von der ÖIAG, eurer guten Gesellschaft, die ihr mitbeschossen habt – die Zu­stimmung der EU findet. Ich bin also sehr zuversichtlich, dass das umgesetzt wird und dass die AUA im Rahmen der Lufthansa, dieses großen Flugunternehmens, wieder durchstarten kann und die Marke „Austrian Airlines“ in Österreich erhalten bleibt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.17


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


12.17.11

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Edgar Mayer hat eigentlich 80 Prozent der Argumente der ÖVP-Fraktion eindrucksvoll hier vorgebracht. (Bundesrat Gruber: Jetzt sind wir auf die restlichen 20 Prozent neugierig!)

Herr Kollege Ertl, du hättest diese Rede, die dein Klubdirektor oder Klubmitarbeiter ge­schrieben hat, gleich archivieren sollen, denn ich glaube, die war einfach eine Zielver­fehlung. Du hättest die Rede vorher einmal durchlesen müssen, denn, wie Edgar Mayer gesagt hat, es ist ja alles in dieser Zeit beschlossen worden, was das neue ÖIAG-Gesetz betrifft. Und es ist ja nicht alles schlecht gewesen, was wir damals ge­meinsam beschlossen haben. (Bundesrat Gruber: Nicht alles, aber viel!)

Ich darf nur daran erinnern, dass die ÖIAG im Jahr 2000 über 12 Milliarden € an Schul­den gehabt hat und so weiter. Dass wir heute in der Lage sind, über die ÖIAG 500 Mil­lionen € der AUA zuzuführen, das ist, glaube ich, auch ein Resultat davon, dass da­mals zumindest die wesentlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür geschaffen wurden. Das darf man vielleicht in der Kürze auch nicht vergessen.

Wie sieht es aber mit der AUA tatsächlich aus, und warum sind wir – das gebe ich auch durchaus zu – als österreichischer Entscheidungsträger in einem Dilemma? – Weil uns die Zeit, die Realität eingeholt hat. Wenn man heute die Presse liest, die Me­dien verfolgt, erfährt man, dass in der Bilanz der AUA 2008 ein Verlust von 430 Millio­nen € mit heutigem Stand ausgewiesen ist.

Meine Damen und Herren, 430 Millionen €! – Wir haben noch von den Aussagen des Vorstandes über Quartalsverluste vielleicht 26 Millionen € im Ohr, dann waren es schon 126 Millionen € – jetzt sind wir, mit heutigem Tag, bei 430 Millionen €! Das hat
ja auch den Vorstand veranlasst, eine Mitteilung an die Aktionäre zu machen, dass schon die Hälfte des Grundkapitals verbraucht wird. Das ist ja vom Aktienrecht her durchaus schon eine sehr bedrohliche Situation, und es besteht Handlungsbedarf. Ich glaube, wir können aus patriotischer Sicht nur hoffen, dass die Europäische Union die­sem Eigenkapitalzuschuss von 500 Millionen € zustimmt, und zwar schnell zustimmt, bevor irgendwelche größeren Liquiditätsengpässe auftreten. (Zwischenruf des Bundes­rates Ing. Kampl.)

Herr Kollege Kampl, ich hoffe, ich kann auch deswegen davon ausgehen, dass die EU zustimmt, weil es genug andere Beispiele europäischer Länder gibt, wo noch größere Summen geflossen sind: Air France, Olympic Airlines, Air Italia – hier sind über 2,3 Mil-


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liarden, 2,7 Milliarden € vom Staat für diese maroden Fluglinien zur Verfügung gestellt worden.

Es ist das kleinere Übel, wenn wir sagen, das ist jetzt ein Teil der Lufthansa; denn die Lufthansa hat zumindest bei der Übernahme der Swissair bewiesen, dass sie versucht, die nationale Marke auf dem Markt zu halten und vielleicht wieder in aktive, schwarze Zahlen zu bringen.

Als Steirer möchte ich an den nächsten Vorstand oder an die nächste Führung appel­lieren: Wir werden auch von der Steiermark aus alles tun, um unsere Flugverbindung von Graz nach Wien, die jetzt natürlich verdünnt wird – es werden acht Flüge –, zu er­halten. Kollege Mitterer, auch Klagenfurt ist betroffen; es werden einige Tagesflüge von Graz und von Klagenfurt nach Wien gestrichen, weil eben auch das innerösterreichi­sche Netz verdünnt wird, und zwar aufgrund einer mangelnden Frequenzauslastung.

Das ist nun einmal ein wirtschaftliches Gesetz, man kann die Flieger in Zeiten wie die­sen nicht leer herumfliegen lassen. Natürlich trifft uns das. Wir hoffen aber, dass wir, sollte es wieder eine Erholung geben, von Graz aus mit dem Netz der AUA auch wei­terhin Wien erreichen können.

Andererseits, wenn wir uns die zeitlichen Unterschiede zwischen den Verkehrsmitteln Bahn und Flieger anschauen, so könnten wir es vielleicht sogar bewerkstelligen, wenn wir einen ordentlichen Semmering-Basistunnel zusammenbringen, dass man von Graz nach Wien und retour mit der Bahn schneller ist als mit dem Flieger. Das ist aller-
dings noch Zukunftsmusik. Ich hoffe, dass wir in einer konzertierten Aktion beides erreichen können, nämlich die Erreichbarkeit per Flieger und per Bahn, was, glaube ich, den Wirtschaftsstandort Österreich stärkt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Mag. Klug.)

12.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


12.21.45

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An sich wollte ich mich wirklich nicht zu Wort melden, aber der verbale Rundumschlag des Kollegen Ertl zur angeblichen Wirtschaftskompetenz hat mir einige Gedanken aus der Erinnerung wie­der in den Vordergrund gebracht, und diese Gelegenheit wollte ich keinesfalls unge­nutzt lassen.

Lieber Kollege Ertl, in Anbetracht deines ohnehin mäßig artikulierten Rundumschlages im Bereich der Wirtschaftskompetenz möchte ich dir und deinen Kommilitonen von
der FPÖ im Zusammenhang mit der Kompetenz im Allgemeinen und der Wirtschafts­kompetenz im Besonderen Folgendes in Erinnerung rufen (Zwischenruf des Bundes­rates Ertl):

Lieber Kollege Ertl, eine Aufzählung in diesem Zusammenhang hätte durchaus noch angereichert werden können. Es hat außerordentliche Lichtgestalten im Zusammen­hang mit der Kompetenz und der Wirtschaftskompetenz gegeben! Eine Aufzählung dei­nerseits hätte vielleicht so lauten können: Michael Schmid, Erika Forstinger (Bundes­rätin Mag. Eibinger: Monika, nicht Erika!), Mathias Reichhold, Hubert Gorbach. (Bun­desrat Kraml: Das war geballte Intelligenz! – Zwischenruf des Bundesrates Ertl.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, diese Aufzählung im Zusammenhang mit der Wirtschaftskompetenz ist meines Erachtens derartig selbstredend, dass sie


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 67

nicht näher kommentiert werden muss. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Kerschbaum und Schennach.)

12.23


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.

 


12.23.47

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Unterschiedlichkeit der einzelnen Debatten­beiträge ist auch hier heute etwas klar zum Ausdruck gekommen, was uns im Zusam­menhang mit der AUA am Ende des Tages vielleicht zusätzliche Probleme bereitet hat. Was meine ich damit? – Die AUA ist für die Österreicherinnen und Österreicher mehr als bloß eine Fluglinie. Die AUA war etwas, was in unserem Selbstverständnis ein für alle Mal nur für Österreich und von Österreich aus betrieben hätte werden sollen; da­her – ich sage es ganz direkt – waren bei den Debatten die politischen Meinungen am Beginn übergreifend übereinstimmend.

Es hieß, man müsse alles tun, um zu einer Stand-alone-Lösung zu kommen. Es gab damals schon seitens der Grünen – das möchte ich nicht verhehlen – Meldungen, dass das nicht gehen würde. Trotzdem war es Common Sense, alles zu tun, damit die AUA als eigenständige Fluglinie erhalten bleibt. Das war auch in anderen Ländern so, wenn ich etwa an Italien denke; auch die Schweiz hat das lange versucht.

Jetzt sind wir in einer Situation, dass die Fluglinien insgesamt riesige Probleme haben. Es gibt kaum einen Bereich, der so direkt und unmittelbar von der Finanz- und Wirt­schaftskrise betroffen ist wie der Bereich des Luftverkehrs. Es wurde schon gesagt, und auch ich möchte es sagen, nämlich dass wir jetzt seitens der Bundesregierung alles tun, damit diese Übernahme unter den Bedingungen, die wir beim Privatisie­rungsauftrag festgelegt haben, auch tatsächlich erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Ich habe eine Bitte an Sie. Wissen Sie, es ist nicht sehr hilfreich, wenn wir hier schon vom Absturz und von Totengräbern reden – dann haben wir keine Zukunft. Ich glaube, es ist auch in Ihrem Interesse, dass die AUA eine Zukunft hat. Darum bitte ich Sie gerade in diesen Wochen und Monaten um Unterstützung. Wir tun auf europäischer Ebene alles, damit diese beiden Verfahren einen positiven Abschluss finden. Das ist erstens das Verfahren, das die Fusion von Lufthansa und AUA prüft, ein Fusionsver­fahren, und das zweite Verfahren ist jenes, das die Unterstützung für die AUA seitens der ÖIAG betrifft. Es ist sehr wichtig, dass das jetzt akzeptiert wird.

Wir stehen unter einem enormen Zeitdruck – es wurden vorhin die Zahlen genannt –, weil es sehr wichtig ist, noch vor dem Sommer seitens der Europäischen Kommission hiezu grünes Licht zu bekommen. Es wurde uns und dem Finanzminister diese Woche am Montag in Aussicht gestellt, dass diese Verfahren Mitte Juni tatsächlich einen posi­tiven Abschluss finden könnten.

Wo liegen nun die Probleme? Ich möchte nichts wiederholen, aber vielleicht noch ein­mal den Blick schärfen.

Der erste Punkt ist der von der Unterstützung her. Die Swiss wurde schon genannt. Meine Damen und Herren, es ist nicht nur die Swiss, sondern es sind in Europa seit 1991 17 Milliarden € für Fluglinien geflossen. Die AUA war in der Vergangenheit eine der ganz wenigen Fluglinien, an die kein einziger Euro an direkter staatlicher Unterstüt­zung geflossen ist. Und auch in den USA waren es seit 2001 18 Milliarden US-Dollar!

Angesichts dieser Tatsache möchte ich auch dem geäußerten Vorwurf entgegnen, dass es bei einer Größenordnung von 500 Millionen – bei der Swiss wurden vorher


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mehr als 3 Milliarden an Unterstützung gegeben – argumentierbar sein dürfte, dass das notwendig ist. Und – auch das wurde schon gesagt – es sind keine direkten Steu­ergelder, sondern die ÖIAG ist, bei aller Kritik, die es an den Managern geben kann, bis heute imstande, aus eigenen Mitteln, die die ÖIAG erwirtschaftet hat, dieses Geld zur Verfügung zu stellen.

Natürlich haben auch wir die Sorge, was die Arbeitsplätze betrifft. Zu Arbeitsplatz­garantien wie der Festschreibung des Rechtes auf Arbeit in der Verfassung muss ich sagen: Wir wissen, welchen Wert das hat. Wer kann das heute wirklich garantieren? – Niemand! Allerdings kann die Bundesregierung alles unternehmen, damit möglichst viele Arbeitsplätze gehalten werden können.

Diese Woche war wieder ein Betriebsrat der AUA bei mir. Ich war angenehm über­rascht – das findet man nicht in allen Berufsgruppen –, welche Beiträge diese Mitarbei­ter und Mitarbeiterinnen zu leisten bereit sind, um hier zu einer Lösung zu kommen, denn alle wissen, es geht um sehr viel. Es geht nämlich darum, ob wir eine internatio­nal zu beachtende und von der Größe her auch wirklich als internationale Fluglinie zu bezeichnende AUA in Zukunft haben werden.

Der Privatisierungsauftrag hat hiezu die wesentlichen Punkte festgeschrieben. Es wur­de schon gesagt, was diese wesentlichen Punkte sind:

Es ist wichtig für Österreich im internationalen Bereich, dass auf den Flughäfen, gerade im Osten, auch weiterhin die Bezeichnung „Austrian“ sichtbar ist. Man kann jetzt sa­gen, das ist lächerlich, aber ich halte es nicht für lächerlich, dass diese Marke weiter­hin ausgeschildert wird.

Der zweite Punkt besteht darin, dass das Headquarter in Wien verbleibt, sodass Wien ein Zentrum der Luftfahrt bleibt, dass also die Entscheidungszentrale hier in Österreich bleibt.

Dann das Streckennetz: Es wurde hier in der Länderkammer schon angesprochen, dass wir natürlich alles tun, damit das innerösterreichische Streckennetz möglichst er­halten bleibt; aber ich sage es so, wie es ist: möglichst erhalten bleibt. Natürlich wird es hier Abstriche geben. Alle großen Fluglinien nehmen jetzt einzelne Streckenführun­gen aus ihrem Programm, weil es eben notwendig ist, um wirtschaftlich zu überleben.

Ganz wichtig ist, dass der Flughafen Wien diese Schlüsselfunktion auch in Zukunft bei­behalten kann, was nämlich das Drehkreuz in Richtung Osten betrifft, das heute zwei­felsohne gegeben ist. Es ist ganz wichtig, dass diese Funktion erhalten bleibt.

Es wird schwierig sein, das auf europäischer Ebene durchzusetzen, nämlich dass die­ser österreichische Anteil gesichert bleibt und die österreichischen Interessen innerhalb der Lufthansa in einem Gremium entsprechend gewahrt werden.

Zusammenfassend: Ich bin zuversichtlich, dass es vor dem Sommer gelingen wird, dieses Privatisierungsverfahren zu einem positiven Abschluss zu bringen, sodass uns die AUA letztendlich als Austrian mit Wien als Entscheidungszentrale erhalten bleibt. Dass wir heute hier im Parlament, im Bundesrat die notwendigen Beschlüsse fassen, ist eine Voraussetzung dafür.

Ich danke daher all jenen, die diesem Beschluss ihre Zustimmung geben. Diejenigen, die das nicht können, bitte ich aber zumindest darum, in der verbleibenden Zeit hier keine Horrorszenarien an die Wand zu malen, denn das nützt niemandem – weder dem Wirtschaftsstandort Österreich noch den Mitarbeitern, noch diesem Prozess, der in einer ganz entscheidenden Phase ist. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.32



BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 69

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.32.129. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung des Rahmenbeschlusses über die Anwendung des Grund­satzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen im Be­reich des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens (EU-Finanzstrafvoll­streckungsgesetz – EU-FinStrVG) (37 d.B. und 64 d.B. sowie 8054/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Kom­munalsteuergesetz 1993, das Grundsteuergesetz 1955, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Verwaltungsver­fahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Finanzstrafgesetz geändert werden (Abgabenverwaltungsreformgesetz – AbgVRefG) (38 d.B. und 65 d.B. sowie 8047/BR d.B. und 8055/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Tirol aus Anlass des Jubiläumsjahres 2009 – 200 Jahre Erhebung Tirols (21 d.B. und 66 d.B. sowie 8056/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 9 bis 11 ist Frau Bundesrätin Vladyka. Ich bitte um die Berichte.

 


12.32.45

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung des Rahmenbeschlusses über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen im Bereich des verwal­tungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens, EU-Finanzstrafvollstreckungsgesetz, brin­gen.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 70

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kom­men.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf gleich zum nächsten Bericht kommen, nämlich zum Bericht des Finanzaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Grundsteuergesetz 1955, das Einführungsge­setz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Verwaltungsverfah­rensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Finanzstrafgesetz geän­dert werden, Abgabenverwaltungsreformgesetz.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstel­lung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf auch gleich den nächsten Bericht des Finanzausschusses bringen, nämlich je­nen über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bun­desgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Tirol aus Anlass des Jubiläumsjahres 2009 – 200 Jahre Erhebung Tirols.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Auch dazu liegt der Bericht in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antrag­stellung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


12.35.47

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da wir hier eine Debatte in einem durchführen, vorweg: Wir werden selbstverständlich der Reform der Abgabenverwaltung und des Finanzstrafvollstreckungsgesetzes unsere Zustimmung geben, aber – und das ist leider bedauerlich – nicht jener Vorlage zur Ge­währung eines Bundeszuschusses an das Land Tirol.

Das ist insofern bedauerlich, als wir hier in der Länderkammer eigentlich immer ge­meinsam, als es zum Beispiel um Burgenland und Kärnten ging, solchen Zuschüssen selbstverständlich unsere Zustimmung erteilten. In diesem Fall möchte ich jedoch den Kollegen der ÖVP Spiegelfeld-Schneeburg zitieren, der gemeint hat, wir können doch nicht 4 Millionen für die Zerstörung eines Denkmals überweisen. Deshalb gab es auch


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 71

die Gegenstimme des ÖVP-Kollegen im Ausschuss. Ich appelliere heute hier auch an andere Kollegen, seinem Beispiel zu folgen.

Worum geht es hier? Viele, die schon in Innsbruck waren, kennen die Rotunde und das Rundgemälde. Dieses Gemälde soll nun aus der Rotunde raus, obwohl das immer eine kunsthistorische Einheit war; die Rotunde und das Gemälde gehören zusammen und stehen unter Denkmalschutz! Nun soll das Gemälde auf den Bergisel übersiedeln. Dort soll ein Museum entstehen, das kein Konzept hat; beziehungsweise jenes Konzept, das es hat, ist historisch unzulänglich, überholt.

Der Bundesrat war noch vor nicht allzu langer Zeit auf Einladung des damaligen Tiroler Bundesratspräsidenten Kritzinger in Südtirol. Die, die dort waren, waren tief beein­druckt von dem Museum, das nämlich die wichtigen, auch die schmerzhaftesten Aspek­te – bis in die Zeitgeschichte – behandelte. Aber das, was hier am Bergisel entsteht, blendet die Zeit von 1809 komplett aus. Was ist das für ein Geschichtsmuseum, das dazu dient, die Rotunde zu zerstören? Man hat die Erhebung gegen die napoleonische Besetzung offensichtlich nicht besser zu würdigen gewusst, als dass halbherzig, ohne ein wirklich umfassendes modernes Museumskonzept etwas hingebaut wurde.

Meine Damen und Herren, ich halte die Vorgangsweise, dafür auch noch 4 Millionen € zuzuschießen, für unpassend. Dabei muss man bedenken, und das ist ja überhaupt die Chuzpe, die auf folgenden offiziellen Zahlen basiert: Das Rundgemälde in Innsbruck hat bisher 50 000 Besucher; dort, wo es jetzt hinwandert – so sagt das Land Tirol offi­ziell –, werden aber nur 45 000 Besucher erwartet.

Warum zerstört man hier eine kunsthistorische Einheit, wo man 50 000 Besucher hatte, und verlegt das Rundgemälde an einen Standort, wo man weniger Leute erwartet? Warum nimmt man eine Zerstörung auf sich und stellt irgendeine fragwürdige Sache auf?

Meine Damen und Herren, das ist der einzige Grund für unsere Ablehnung. Wir hätten hier – so wie bei ähnlichen Anlässen in allen anderen Bundesländern, ob das die Feier des Landes Burgenland war oder ob es auf Kärnten bezogen war – gerne zugestimmt. Aber an der Zerstörung eines denkmalgeschützten Objektes und an der Umsetzung eines unsinnigen Konzeptes werden wir uns nicht beteiligen. Ich danke schon jetzt all jenen, die sich darüber hinaus mit ihrer Stimme heute nicht daran beteiligen werden. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)

12.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

 


12.40.27

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Bock und ich haben uns die Beiträge aufgeteilt. Er wird sich als Tiroler natürlich mit dem Tiroler The­ma beschäftigen, und ich werde mich mit den trockenen Finanzthemen 9 und 10 der Tagesordnung befassen.

Die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse befassen sich mit steuerlichen Anpassungen in den verschiedensten Bereichen. Im Punkt 9 zum Beispiel geht es um das Finanzstraf­vollstreckungsgesetz – das sind ja Wortungetüme. Dieses Gesetz regelt die Vollstre­ckung von Geldstrafen und Geldbußen anderer EU-Staaten im Inland und die Vollstre­ckung von Entscheidungen österreichischer Finanzstrafbehörden in anderen EU-Mit­gliedstaaten.

Die vorliegende Gesetzesmaterie orientiert sich am EU-Verwaltungsstrafvollstreckungs­gesetz und regelt die sachliche sowie örtliche Zuständigkeit der Finanz- und Zollämter.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 72

Das Gesetz ist erforderlich, weil administrative Strafentscheidungen der Finanz- und Zollbehörden vom bestehenden EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz ausgenom­men sind. Die Vollstreckung von Strafen durch Finanz- und Zollämter sowie von Geld­strafen wegen Verwaltungsübertretungen durch die Bezirksverwaltungsbehörden oder durch Bundespolizeidirektionen setzt eine eigenständige Umsetzung des Rahmenbe­schlusses in Österreich voraus.

Der Tagesordnungspunkt 10 befasst sich mit der Abgabenverwaltung. Sie soll durch ein Abgabenverwaltungsreformgesetz vereinheitlicht und reformiert werden. Die not­wendigen Voraussetzungen dazu schufen Nationalrat und Bundesrat bereits mit dem 2007 beschlossenen Finanzverfassungsgesetz. Landesrechtliche Verfahrensbestim­mungen treten daher mit 1. Jänner 2010 außer Kraft. Von diesem Zeitpunkt an soll – so der vorliegende Gesetzentwurf – die Bundesabgabenordnung auch für die Erhe­bung der Landes- und Gemeindeabgaben durch Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden gelten.

Da gibt es natürlich auch Umstellungskosten. Diese betragen bei den Gemeinden zirka 3,5 Millionen €. Ersparnisse stehen dabei auch auf dem Programm, und zwar belaufen sie sich auf etwa 150 000 € im Jahr. Das ist eine relativ lange Amortisationszeit. Meine Damen und Herren, wir werden aber diesen Gesetzen selbstverständlich die Zustim­mung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.43


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

 


12.43.15

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist, glaube ich, ein guter Brauch, dass sich die Republik Österreich bei großen historischen Jubiläen in den Bundesländern mit einer sinnvollen finanziellen Gabe einstellt. So geschehen im Burgenland, so gesche­hen in Kärnten; so wollen wir es auch heute für Tirol beschließen.

Nun zu diesem Jubiläums-Gedenkjahr 200 Jahre Tiroler Freiheitskampf. Die Freiheits­kriege des Jahres 1809 waren für Tirol über viele Jahrzehnte ein prägendes politisches Ereignis, das heute noch seine Nachwirkungen hat. In diesem Gedenkjahr wird ver­sucht, ganz nüchtern die Geschichte dieser Zeit zu analysieren, vor allem ihre Nachwir­kungen über all die Jahre herauf.

Ich darf ganz kurz auf einzelne Aspekte eingehen. Vorurteilsfrei ist zu analysieren, was damals die Umstände waren und wie das nachgewirkt hat. Die Auswirkungen auf Po­litik und Kultur des Landes sind zu beurteilen. Auch die Person Andreas Hofer ist zu würdigen, mit allen Stärken, und niemand hat Vorbehalte dagegen, auch die Schwä­chen, die im damaligen Umfeld gesehen werden müssen, zu würdigen.

In diesem Gedenkjahr geht es in Tirol aber wesentlich mehr um die Gegenwart und um die Zukunft. Das Motto lautet: Vergangenheit trifft Zukunft. Die Geschichte ist also sau­ber zu analysieren und aufzuarbeiten, sofern das notwendig ist, und die Zukunft ist zu gestalten. Die Fragen sind: Wo steht dieses Land heute? Wo stehen wir wirtschaftlich? Wo stehen wir kulturell? Wo stehen wir österreichpolitisch und europapolitisch? – Das sind die entscheidenden Fragen.

Es wurden bei diesen Gedenkjahren immer sehr nachhaltige Investitionen getätigt. Ich erinnere an das Jahr 1959, das 150-Jahre-Gedenkjahr: In diesem Jahr wurde eine Landesstiftung, die heute noch segensreich wirkt, gegründet: die Tiroler Gedächtnis­stiftung. Da hat das Land Tirol gemeinsam mit allen Tiroler Gemeinden einen Fonds für


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 73

Stipendien für die Tiroler Jugend und für die Renovierung und Förderung von Kultur­gütern und Kulturprojekten im Lande gegründet.

Im Jahr 2009 ist, um dieses Thema einfach breiter anzulegen, einer der Schwerpunkte die Förderung von Jugendzentren in den Tiroler Gemeinden. Viele Tiroler Gemeinden sollen ein Jugendzentrum zur Förderung und Unterstützung der Jugend bekommen. Wir alle wissen, dass die Jugend in unserer Zeit schwierige gesellschaftliche Rahmen­bedingungen hat, dass die Vielfalt der Möglichkeiten erschwerte Orientierung mit sich bringt, dass wir Vereinzelungen haben, dass wir zerbrochene Familien haben, dass auch Armut wieder ein Wort ist. Ich glaube, in einem Jubiläums- oder, besser gesagt, Gedenkjahr ist es eine richtige Aufgabe, sich diesem Feld zu widmen.

Eine der Maßnahmen und eine bleibende Investition ist die besagte Investition in das Museum am Bergisel. Ich würde alle Kollegen bitten, das gesamte Konzept sehen zu wollen. Dort wird letztlich eine bleibende, zukunftsorientierte Stätte geschaffen. Wie ist das Konzept? – Es wird am Bergisel ein neues Museum gebaut, und es werden dort drei Museen zusammengezogen. Es wird eine neue Museumslandschaft geschaffen. Einbezogen wird das Kaiserjägermuseum, das sehr desolat und renovierungsbedürftig ist, also dringend adaptiert werden muss. Es wird das Riesenrundgemälde aufgebaut, und es wird ein neues zeitgeschichtliches Museum errichtet.

Diese drei Museen auf einem historischen Boden in einem guten, zeitgemäßen Muse­umsambiente mit allen musealen Möglichkeiten, die die Zeit bietet, von Videovorfüh­rung bis zu allem anderen, sind auch verbunden mit modernster Sportstättenarchitektur in nächster Nähe, der Bergiselschanze. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Ich darf Ihnen sagen – auf die Frage der Rotunde werde ich noch zurückkommen –, es entsteht hier wirklich eine dauerhafte Attraktion für das Land Tirol, für die es sich aus­zahlt, hundert Kilometer mehr zu fahren, für die Tiroler Familien, für die Tiroler Schu­len, für die Traditionsvereine und für die gesamte Bevölkerung.

Ich bin davon überzeugt, dass dieser Richtwert – Kollege Schennach hat ihn genannt – von 45 000 Besuchern eine vorsichtige Schätzung ist. Ich bin davon überzeugt, dass es bei weitem diesen Rahmen sprengen wird, weil dort wirklich eine attraktive Einrich­tung für die Zukunft entstehen wird. (Bundesrat Schennach: Ich habe nur Ihre Landes­rätin zitiert!)

Eines ist auch ganz klar: Es war eine Güterabwägung. Es ist eine schwierige Entschei­dung gewesen, das so zu machen. Ein Wort zur Rotunde: Im Nationalrat wurde davon gesprochen, sie würde abgerissen werden. – Da wird nichts abgerissen! Es geht um die Trennung des Gemäldes vom Bau. Wenn eine sinnvolle Neubelebung und Attrakti­vierung im Gesamtkonnex stattfinden kann, glaube ich, dass diese Entscheidung die richtige ist und dass die Zukunft uns diese Richtigkeit bestätigen wird.

Man muss wissen, dass diese Rotunde erstens einmal baufälligst beisammen ist. Wenn man davon spricht, dass die Übersiedlung dieses Gemäldes schwierig ist: In die Rotunde regnet es derzeit hinein! (Ruf bei der ÖVP: Wie im Parlament! – Heiterkeit.) Wie im Parlament. Es ist dort wirklich dringend einiges zu machen. (Zwischenruf des Bundesrates Gruber.)

Diese Rotunde liegt an einer verkehrsreichen Straße – ein grässlicher Standort! Sie ist isoliert als Einzelobjekt, ohne Parkplätze, ohne museale Infrastrukturmöglichkeiten, überall eingeschränkt. (Bundesrat Schennach: So dramatisch ist es dort auch wieder nicht, bitte!) Ich sage, wenn man diesen Gesamtkonnex, dieses Gesamtkonzept kennt, dann kann man sich, glaube ich, zu guter Letzt auch als Grüner durchaus positiv zu dieser Entscheidung stellen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrat Schennach und Bundesräten der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 74

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen im Namen der Tiroler Abge­ordneten zum Bundesrat sehr herzlich auch für die Stimme zu diesem Beschluss, den wir heute fassen, danken. Es ist ein wertvoller Beitrag für eine nachhaltige kulturpoli­tische Initiative im Lande Tirol. Wir laden Sie heute schon ein, am 20. September 2009 zum großen Tiroler Landesfestzug nach Innsbruck zu kommen. Sie werden ein interes­santes, ein vitales, ein junges, ein zukunftsorientiertes Tirol kennenlernen. Seien Sie herzlich eingeladen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.51


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kampl. – Bitte.

 


12.51.07

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 200 Jahre Tiroler Freiheits­kampf – Jubiläumsjahr 2009! Ein bisschen müssen wir schon in die Geschichte ein­gehen, und ich glaube, das ist im Sinne der Tiroler.

Was war 1809? (Ruf bei der ÖVP: Es ist eine schwerwiegende Geschichte! – Weitere Zwischenrufe.) – Da hat Napoleon mit seinen Truppen und mit seinen Verbündeten Tirol besetzt, und da hat es einen mutigen Mann gegeben. Das war Andreas Hofer, der Sandwirt vom Passeiertal, ein Bauer, ein Gastwirt, ein Weinhändler, der die Tiroler zusammengerufen und gesagt hat: So, liebe Freunde! Und sein Aufruf hat gelautet: „Mander, ’s isch Zeit!“

Liebe Freunde, wir sollten froh sein, denn die Geschichte hat bewiesen, dass eigentlich immer solche Männer unsere gesamte positive Bewältigung eingeleitet haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass zum Beispiel 1919 Tiroler aufgestanden sind, als sie an Südtirol angeschlossen wurden; da hat man keinen großen Andreas Hofer bemerkt. – In Kärnten sehr wohl! Kärnten hat damals einen großen Mann gehabt, Dr. Arthur Lemisch, der gegen die Prinzipien und gegen den Versuch von Wien, keine Maßnah­men in Kärnten zu setzen, aufgetreten ist. Nur die heimkehrenden Kärntner Soldaten haben die Grenze verteidigt, wodurch Kärnten unabhängig und ungeteilt geblieben ist!

Aber nun zu Tirol: Tirol hat am 11., am 25. Mai und am 13. August 1809, von dem wir ja heute sprechen, die großen Bergisel-Schlachten gehabt. Ich war nicht nur ein Mal, liebe Tiroler Freunde, sondern ich war schon mehrere Male in eurem Museum, und ich bin dort immer sehr begeistert davon weggegangen, welche Heimatliebe an dieser Ge­dächtnisstätte oder in dem Museum vorzufinden ist.

Wenn wir heute vom Bergisel-Museum oder der Gedächtnisstätte und dem Weiterbau reden – ein Teil ist ja abgebrannt, und es ist wirklich viel zu tun –, so tun wir, glaube ich, gut daran, dass wir alle sagen: Jawohl, wir haben eine gemeinsame Verpflichtung dafür, dass das Land Tirol diese 4 Millionen € bekommt, um damit eine geschichtliche Begebenheit für unsere Kinder und Jugendlichen nachvollziehbar zu machen.

Jährlich haben bisher 50 000 Menschen dieses Museum besucht. Ich komme aus einer Gemeinde, in der wir 250 000 Besucher im Jahr haben, und zwar im Dom zu Gurk. Ich weiß, welche Wirtschaftskraft auch 50 000 Menschen für so eine Stadt und für die Menschen dort bedeuten. Darüber freue ich mich, und wenn Planer für die Zukunft glauben, dass mindestens 40 000 Menschen das Museum besuchen werden, so zeigt das auch die große Verantwortung, und wir sollten zustimmen!

Ich möchte nur auf eines hinweisen. Wenn man schon diese große Kulturstätte in Tirol errichtet, dann sollte man auch der Menschen gedenken, die damals eine besondere Bedeutung hatten. Das vermisse ich bisher: die Gedächtnisstätte für Andreas Hofer! Wir wissen genau, dass Andreas Hofer am 20. Februar 1810 in Mantua erschossen


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 75

wurde. Wir wissen, dass seine Gebeine in einer Kirche in Innsbruck bestattet sind. Aber, liebe Tiroler Freunde, ein Denkmal in Tirol für diesen großen Andreas Hofer ist mir nicht bekannt. Sollte es das geben – vielleicht gibt es das irgendwo, still und leise, so wie für Anderl von Rinn –, so weiß ich es nicht.

Liebe Freunde! Ich möchte hier den Appell an die Tiroler richten. Wir Kärntner tragen unseren Mann, Dr. Arthur Lemisch, den damaligen Landesverweser, sehr hoch in den Kärntner Herzen. Für Tirol war es Andreas Hofer. Wir sollten uns darüber freuen, dass es diese Initiative für Tirol gibt, und wir sollten alle gemeinsam die Zustimmung hiezu geben. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

12.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bock. – Bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Kampl. – Bundesrat Ing. Bock – auf dem Weg zum Rednerpult –: Herr Kollege, wir nehmen lieber das Geld!)

 


12.56.00

Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren am Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 1809 war für die damals in Tirol lebenden Menschen ein sehr bewegtes Jahr. Das seit 1805 unter bayerischer Verwaltung stehende Land konnte und wollte dem massiven Steuer­druck, aber auch den aufklärerischen Reformen der neuen Machthaber Widerstand leisten. So geht es auch aus einem doch deftigen damaligen Tiroler Lied hervor, das wie folgt lautet:

Der Bayer hat das Land verheeret, wie eine Sau die Flur zerstöret. Franz, leg dem Rüssel Ringe an, damit er nicht mehr wühlen kann!

Hervor geht daraus, dass die Tiroler zurück nach Österreich wollten. Der Hilferuf an Kaiser Franz wurde zwar erhört, doch war auch er nicht in der Lage, die Tiroler von der bayerisch-französischen Allianz zu befreien; dem Kaiser war sein Hemd näher als der Tiroler Rock. Das Verhandlungsgeschick der damals agierenden Tiroler wird kein be­sonderes gewesen sein. Zurück blieben viele Tote auf Tiroler, bayerischer und franzö­sischer Seite und ein durch seinen Widerstand, seine Heimatverbundenheit und ganz besonders wegen seiner Hinrichtung zum Tiroler Mythos gewordener Andreas Hofer.

Im Jahre 1880 wurde am Bergisel, dem Berg der vielen Schlachten – die heute schon mehrmals bemüht wurden –, das Kaiserjägermuseum mit der Geschichte der Tiroler Freiheitskämpfer errichtet. Nur ein paar Jahre später, genau im Jahre 1896, entstand das Riesenrundgemälde mit dem Bild der Schlacht am Bergisel. Das ursprüngliche Ge­bäude – dies dürfte Kollege Schennach nicht gewusst haben – ist abgebrannt; da sich aber das Bild der Bergiselschlacht, das sogenannte Riesenrundgemälde, wieder ein­mal in einer Wanderausstellung befunden hatte, war es nicht den Flammen zum Opfer gefallen. Es wurde in einem neuen Bau, dem heutigen Rundgemälde, der Rotunde, untergebracht; die Raiffeisen-Landesbank ist die derzeitige Besitzerin des Bildes und auch des Gebäudes. Ich möchte festhalten, dass nicht geplant ist, die Rotunde abzu­reißen, sondern sie wieder herzurichten.

Nach einer intensiven Grundsatzdiskussion im Tiroler Landtag im Oktober 2006 wurde mit sehr großer Mehrheit – gegen die Stimmen der Grünen – der Beschluss für den Bau eines Museums der Traditionskultur in Tirol gefasst. Unter 74 Teilnehmern des in­ternationalen Architektenwettbewerbs wurde das Projekt der Innsbrucker Architekten Stoll/Wagner von der Jury einstimmig ausgewählt. Das denkmalgeschützte Kaiserjä­germuseum am Bergisel wird saniert. Die Hofer-Galerie im Erdgeschoß wird kompri-


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 76

miert und durch Exponate der Trentiner Sammlung und mit dem Thema des Ersten Weltkrieges ergänzt.

Die Dauerausstellung besteht aus mehreren ringförmigen Bauten. Die Themen werden in Zusammenarbeit mit Vertretern der Wissenschaft, der Museen und Sammlungen in Tirol, Südtirol und Trentino entwickelt. Sie spannen jeweils einen Bogen durch Raum und Zeit. Eine Vielzahl von Ereignissen, Geschichten und Personen, Natur und Idylle, Heimat und Grenzen, Diktat und Freiheit, Frauen und Helden, Treue und Glauben sol­len in der Dauerausstellung Platz finden. Ebenso ist ein Bereich für diverse Wechsel­ausstellungen vorgesehen.

Bereits vor sechs Jahren musste am Bergisel das Gasthaus, das im Eigentum des Stif­tes Wilten stand, zugesperrt werden. Dieses wurde inzwischen vom Land Tirol ange­kauft. Es soll nun abgerissen und in den Neubau integriert werden. Der gesamte Besu­cherraum wird behindertengerecht hergestellt, das Riesenrundgemälde ist, wie bereits berichtet, ebenfalls in den Neubau übersiedelt und unterirdisch mit dem Kaiserjäger-Museum verbunden.

Das neue Museum soll eine europäische Geschichte der Neuzeit erzählen, darin ge­spiegelt die Geschichte Tirols, immer wieder verdichtet um den Bergisel. Im Foyer wer­den die Veränderung Europas von einem Kontinent der blutigen Konflikte zu einem be­friedeten Europa, Entwicklung, Handling und Verlagerung der Konflikte sowie Möglich­keiten und Perspektiven in der EU dargestellt.

Der bestehende Parkplatz wird erweitert, ein Panoramaweg und eine Anbindung zur direkt angrenzenden Sillschlucht und zu den bereits vorhandenen Infrastrukturen wie der von der renommierten Architektin Zaha Hadid geplanten Sprunganlage und dem Andreas-Hofer-Denkmal wird hergestellt.

Die gesamte Museumsanlage soll in Zukunft ganzjährig geöffnet sein; die Verwaltung übernimmt die landeseigene Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft. Der Betrieb soll aus den Einnahmen kostendeckend finanziert werden.

Mit dem Bau wurde bereits im Vorjahr begonnen. Im Februar 2010, in etwa zum 200. Todestag von Andreas Hofer, soll die Eröffnung des 12,75 Millionen € teuren Mu­seumsbaues erfolgen.

Mit dem heutigen Beschluss wird der Bund 4 Millionen € Zuschuss beisteuern, so wie bereits bei anderen Jubiläumsfeiern, zum Beispiel der für den Kärntner Freiheitskampf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten bekennen uns zur Heimat. Wir bekennen uns zur Tradition und wir bekennen uns zur Geschichte unseres Landes. Heimat ist ein sehr unterschiedlich und oft gegensätzlich interpretierter Begriff. Heinrich Böll meinte: Heimat ist ein schönes Wort, aber man muss es immer wieder neu inter­pretieren.

Die Heimat, die ich meine, steht für Freiheit, steht für Offenheit, steht für Transparenz, steht für Gerechtigkeit und Toleranz. Deshalb ist Heimat mehr als Berge und Täler und blühende Wiesen, Sommerfrische, Brauchtum oder auch Hüttenzauber. Heimat ist ein ständiger politischer Auftrag. Die Tradition, vor allem der Traditionalismus war nicht im­mer gut für unser Land und hat auch einigen Menschen Leid zugefügt.

Die Geschichte unseres Landes soll nie unreflektiert und unkritisch betrachtet werden. Wenn ich gesagt habe, wir bekennen uns zur Geschichte unseres Landes, dann meine ich damit keine verklärte Verherrlichung unserer Vergangenheit. Es ist aber nicht ver­kehrt, wenn sich ein Land mit seiner Tradition, mit seiner Geschichte auseinandersetzt. Daher begrüßen und unterstützen wir die Errichtung des Museums der Geschichte und


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 77

Traditionskultur in Tirol. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl, Mitterer und Zangerl.)

13.03


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

 


13.03.59

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Da ich aus einem Bundesland komme, das weitgehend frei von Schützenkompanien ist, möchte ich mich in diese Tiroler Diskussion nicht einbringen. (Bundesrat Bierin­ger: Schade!)

Ich komme zurück auf das Abgabenverwaltungsreformgesetz, das – das wurde bereits erwähnt – auf der Grundlage einer 2007 im Rahmen der damaligen Finanzausgleichs­verhandlungen vorgenommenen Kompetenzänderung beruht und die Absicht umsetzt, die unterschiedlichen Verfahrensregelungen für Bundes-, Landes- und Gemeindeabga­ben und auch -steuern weitgehend zu vereinheitlichen. Das ist nicht zur Gänze mög­lich, weil etwa angesichts unterschiedlicher Steuersätze die Bagatellgrenzen zweck­mäßigerweise nicht vereinheitlicht werden können.

Dieses von den Gebietskörperschaften gemeinsam erarbeitete Vorhaben ist ein gelun­genes Werk geworden und bringt vor allem für die Bürgerinnen und Bürger, insbeson­dere für die Wirtschaftstreibenden, bei Steuern und Abgaben eine einheitliche Vor­gangsweise, was den Umgang damit wesentlich erleichtert.

Im Begutachtungsverfahren haben die Länder an eine Forderung der Landesfinanzre­ferentenkonferenz vom April 2008 erinnert, wonach angesichts der Überführung bishe­riger landesgesetzlicher Regelungen in die Bundesabgabenordnung und deren weitere einfachgesetzliche Änderungsmöglichkeit die Einrichtung eines Konsultationsmecha­nismus erforderlich sei. Der Bund wurde damals um eine entsprechende gesetzliche Verankerung ersucht.

Die Städte und Gemeinden haben sich dieser Forderung ausdrücklich angeschlossen. Damit sollte nach deren Meinung sichergestellt werden, dass Änderungen der Bundes­abgabenordnung, von denen dann künftig auch die anderen Gebietskörperschaften un­mittelbar betroffen sind, nicht einfach vom Bund vorgegeben werden, so wie das ver­fassungsrechtlich möglich wäre, sondern weiterhin gemeinsam erarbeitet werden.

Das findet zwar jetzt im Gesetzestext keinen Niederschlag, aber ich halte fest, dass sei­tens des Finanzministeriums die Bereitschaft bekundet wurde, auch künftig die Städte, Gemeinden und Länder in für sie relevante Änderungen der Bundesabgabenordnung einzubinden. Das halte ich für eine vernünftige Vorgangsweise, mit der der bewährte Konsens in diesem Bereich fortgesetzt werden kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Kerschbaum und Schennach.)

13.06


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. – Bitte.

 


13.06.35

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Liebe Frau Präsidentin! Lieber Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ein paar Worte zum Bundeszuschuss an das Land Tirol sagen, der in einer guten Tra­dition, wie das heute auch bereits erwähnt worden ist, gewährt werden soll. Ich möchte aber, und das ist der Anlass meiner Rede, gar nicht so leichte Kritik anbringen an dem, was teilweise mit diesem Geld geschehen soll.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 78

Ich möchte zum Thema Denkmalpflege Stellung beziehen, zum Denkmal Rotunde, in dem sich das Panorama befindet, von dem heute schon ausgiebig die Rede war. Das Gemälde soll letzten Endes unter Aufgabe des historischen Gebäudes versetzt, verlegt werden.

Ich meine, wir sollten schon genau betrachten, was da tatsächlich geschieht. Ich möch­te keine Unterstellungen machen, also niemandem unterstellen, viele Dinge vielleicht nicht bedacht zu haben. Denkmalpflege ist ein nicht so leicht filetierbarer Begriff. Seit über 100 Jahren besteht in einem historisch gewachsenen Zustand die Rotunde mit dem Panoramabild darinnen.

Um die Bedeutung dieses Gebäudes vielleicht auch in ein internationales Licht zu rü­cken, möchte ich darauf hinweisen, dass in der Herbstsession der UNESCO ein Antrag gestellt wurde, die Rotunde von Waterloo, wo auch an eine Schlacht von europäischer Bedeutung erinnert wird, zum Weltkulturerbe zu erheben und ein entsprechendes Verfahren in Gang zu setzen.

In dieser Herbstsession ist darüber gesprochen worden, dass es auf der ganzen Welt noch vier solche Gebäude gibt, und die Anregung an die Prüfungskommission von ICOMOS International erfolgt, die letzten vier Rotunden insgesamt unter Schutz zu stellen und die Erklärung zum Weltkulturerbe zu betreiben.

Und jetzt geht das Land Tirol daran, eines dieser vier weltweit noch im historisch ge­wachsenen Zustand bestehenden Objekte zu zerstören. Das tut mir leid!

Bei allem Verständnis für die Schaffung eines modernen MuseumsQuartiers, sollte man vielleicht auch einen kleinen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte machen und sich überlegen, wie dieses Verfahren gelaufen ist. Ich glaube, dass in diesem Fall im zuständigen Ministerium eine Fehlentscheidung getroffen wurde. Es gab eindeutige Stellungnahmen aller Fachleute und Fachorganisationen beginnend mit dem Bundes­denkmalamt bis hin zum Historikerverband.

Es hat sich auch eine bekannte Persönlichkeit intensiv mit der Rettung der Rotunde auseinandergesetzt, nämlich Felix Mitterer, der Tirol in der „Piefke-Saga“ verherrlicht hat. Auch Felix Mitterer ist die Bewahrung des historischen Zustands sehr wichtig. (Bundesrat Mitterer: Der ist nicht mit mir verwandt!)

Diese Stellungnahmen, diese Bescheide waren alle eindeutig. Es ist dann eine Ent­scheidung im Ministerium gefallen, die keine Sachentscheidung war, sondern eine politische! Der Vizepräsident von ICOMOS International kommentiert diese als eine „schandbare Einmischung ins Kernfleisch einer Sachentscheidung“.

Man sollte schon auch berücksichtigen, dass es letzten Endes jetzt, nach dieser Ent­scheidung, vermutlich zu spät ist, sie zu revidieren, aber diese Rotunde ist in dem Zu­stand, wenn das Rundgemälde dort entfernt sein wird, natürlich dem Verfall preisgege­ben, zuletzt der Spitzhacke. Man hat den Abbruch nicht beantragt, obwohl auch schon in vielen Stellungnahmen der schlechte Bauzustand bekrittelt worden ist. Man hat den Abbruch deshalb nicht beantragt, weil dann ein anderes Verfahren in Gang gekommen wäre, in dem es vielleicht nicht so einfach gewesen wäre, mit einer einfachen Minister­weisung diesen rechtlichen Zustand herzustellen. Das ist für mich auch eine Form eines Umgehungstatbestands.

Summa summarum tut mir das alles sehr leid. Tirol hätte sich verdient, dass mit dem kulturellen Erbe etwas sorgfältiger umgegangen wird. Es ist natürlich nicht die gesamte Organisation dieses Gedenk- und Jubiläumsjahres, es ist auch nicht der Ausbau am Bergisel zu bekritteln, aber es wäre wohl auch mit der Rotunde und mit dem Rund­gemälde in der Rotunde gegangen. Ausflüchte wie, sie sei an einer verkehrsreichen


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 79

Straße gelegen, sind ebensolche. Für ein Stück Weltkulturerbe könnte man sogar eine Straße verkehrsberuhigen, auch in Tirol. Das muss möglich sein!

50 000 Besucher in der Stadt Innsbruck und 50 000 Besucher am Bergisel wären wahrscheinlich eine größere und nachhaltige Belebung von Kulturgut, als wenn alles an einem Ort quasi – ich will jetzt nicht polemisch werden – entsorgt wird.

Mir tut es leid, ich finde es schade, dass man mit dem kulturellen Erbe, mit einem sehr entscheidenden, und darauf wollte ich hinweisen, Teil des kulturellen Erbes Tirols so sorglos umgeht und dass diese Entscheidung so getroffen worden ist. Hätte man die Fachleute und sämtliche Organisationen, die sich – ich will Ihnen heute einen Vortrag über gelebte Denkmalpflege ersparen – mit diesen Dingen beschäftigen, gutachterlich tätig werden lassen und ihnen nicht per Weisung dreingeredet – und das ist mein eigentlicher Vorwurf –, dann hätte es wohl eine andere Entscheidung gegeben. Und diese Entscheidung wäre vielleicht in einigen Jahren als richtungweisend angesehen worden. Ein Stück Weltkulturerbe mitten in Tirol wäre mir lieber als ein Stück moderner Museumsbau, in dem unter anderem auch dieses Rundgemälde ausgestellt wird.

Mir tut das leid. Ich bekrittele deshalb aber sicherlich nicht den Bundeszuschuss per se, sondern dessen Verwendung. Ich finde dies schade und möchte damit schließen, dass ich einen sehr oft gebrauchten Terminus – „Geschichtslosigkeit ist Gesichtslosig­keit“ – verwende.

Wir begeben uns alle miteinander in Gefahr, aus kurzfristigen Überlegungen heraus mit der Zeit unser kulturelles Erbe zu verschleudern. Es ist ein schleichender und langsa­mer Prozess, aber wenn es dann dem Letzten auffällt, ist es zu spät.

Deshalb wäre mein Appell – ich will diese 4 Millionen € nicht bekritteln – an die Tiro-
ler Kollegen hier, diese Entscheidung nochmals zu überdenken. Ich weiß, dies ist kei-
ne politische Entscheidung, keine parteipolitische Entscheidung, es wäre eine Ent­scheidung fürs kulturelle Erbe! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Schennach.)

13.15


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Zangerl. – Bitte.

 


13.15.19

Bundesrat Stefan Zangerl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt vieles gesagt worden. Das meiste davon ist wahr, manches ist tendenziös berichtet worden. Ich habe mir zuerst gedacht, ich werde mich zu diesem Themenkreis nicht mehr äußern, aber schlussend­lich bleibt mir nichts anderes übrig. An die Adresse meines Kollegen, Herrn Spiegel­feld-Schneeburg, der ja tief in der Tiroler Geschichte wurzelt, möchte ich sagen: Wir bemühen uns sehr um unsere Traditionen, und wir in Tirol wissen schon, dass die Tra­dition die Lebensweisheit der Völker ist.

Es ist auch Grundsätzliches zu diesem Landesgedenken zu sagen. Es wird immer so dargestellt, als ob das Andreas-Hofer-Festspiele wären. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist es nicht! Es sind keine Andreas-Hofer-Festspiele! Wir gedenken auch nicht einer pulververhangenen, pulverumwölkten Zeit, die damals geherrscht hat und die uns aufgezwungen wurde, sondern wir gedenken der Menschen, die damals leben mussten. Wir gedenken all jener, die ihr Leben gelassen haben, wir gedenken jener, die wirtschaftlich ruiniert wurden, wir gedenken der starken Frauen dieses Landes, die nicht gefragt worden sind, ob sie das mittragen wollen oder nicht. Das ist die Basis, auf der wir uns bewegen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 80

Nur ein Teilaspekt davon ist die Verlegung dieses Rundgemäldes auf den Bergisel. Es hat geheißen, dass das Rundgemälde und die Rotunde eine Einheit seien. Es war nie in eine Einheit eingebunden, sonst wäre es mit dem Schuppen, in dem es damals ge­wesen ist, abgebrannt. Zuerst war das Rundgemälde in einem Schuppen unterge­bracht, dann hat man es in die weite Welt verliehen: einmal war es in London, es war in Paris, es war in Berlin, es war weiß Gott wo, natürlich auch in Wien. Zwischenzeitlich war es in Innsbruck, und zwar wieder in diesem besagten Schuppen.

Dann hat man gesagt, es ist aus der Zeit der Spätromantik und von damals herüber­gewachsen. Man brauchte auch eine patriotische Basis im Land, weil der Tiroler von Haus aus immer sehr die Tirolität in sich trägt und weniger, immer viel weniger Öster­reicher war, als er immer Tiroler gewesen ist. Da hat man also gesagt, man braucht das. Und dann hat man einen Riegelbau errichtet. Dieser Riegelbau steht seit beinahe 100 Jahren, und er ist auch nicht mehr gewesen als ein schlechtes Provisorium, denn Sie müssen sich vorstellen: Der Riegelbau ist ein Totalschaden, und das ist er nicht erst seit heute.

Wem gehört dieser Riegelbau? – Dieser Riegelbau samt dem Rundgemälde gehört der Raiffeisen Landesbank, der gehört nicht dem Land Tirol. Es ist also ein privater Besit­zer. Die Raiffeisen Landesbank würde dem Land Tirol dieses Rundgemälde zur Verfü­gung stellen, und den Rest, geschätzter Herr Kollege Schennach, der du auch aus Tirol stammst, kannst du dir kaufen um 1 €. Ich würde aber sagen, du bist nicht gut beraten, wenn du die Rotunde kaufst, weil der Abriss dieser Rotunde oder die Renovie­rung den Grundpreis um ein Vielfaches übersteigt. Es ist ein schlechter Bau, und das Rundgemälde ist in einem äußerst schlechten Zustand. Der Bau muss auch den gan­zen Winter über zugesperrt werden, geschätzte Zuhörer, denn wenn die Menschen hineingehen in diesen Riegelbau, der keine Dämmung hat, der nichts hat, würden ihre Ausdünstungen an der Leinwand herunterrinnen.

Ja, wo soll man also hin damit? – Man hat gesagt, okay, wir sanieren das zeitgemäß. Wir machen das am Bergisel im Zusammenhang mit diesem geplanten Museum. Es wird entsprechend beschallt, es wird nach einem neuen Konzept ausgestattet, mit einer Klimaanlage, sodass die Menschen auch im Winter hineingehen können. Es wird eingebaut in den Bergisel-Rundwanderweg. Und wenn es jetzt 50 000 Besucher waren und am Bergisel 40 000, dann nehme ich an, dass wir, wenn das angelaufen ist, 100 000 Besucher droben haben werden. Es wird ein Cluster sein, mit einer Eintritts­karte alt und neu, Tradition und Fortschritt. Das ist das Konzept am Bergisel.

Deshalb, geschätzte Abgeordnete, möchte ich schon darum ersuchen, dass man die­sem Unterfangen positiv gegenübersteht, denn wir müssen uns auch ein bisschen an der Zukunft orientieren. Von der Bausubstanz her, geschätzte Freunde, ist es kein so großer Verlust. Von der Idee her mag ich dem Herrn Kollegen Spiegelfeld vielleicht so­gar Recht geben. Die Idee wäre in Ordnung, wenn das Bauwerk jetzt top wäre; dann wäre die Verlegung sicherlich eine Sünde, die historisch nicht wieder gutzumachen ist.

Mit diesem Wissensstand schaut diese Sache aber ganz entscheidend anders aus. Ich hoffe, ich habe hier Aufklärungsarbeit leisten können.

Auch in Bezug auf das Museum möchte ich noch etwas anknüpfen. Es ist nicht so, dass man nicht weiß, was in dieses Museum hineinkommt. Wir haben sehr konkrete Vorstellungen. Es soll im Hinblick auf dieses Jahr 2009, auf dieses Ge- und Bedenkjahr ein Museum sein, in dem Exponate sind, wo der Geist der Freiheit weht, der auch in diesem Europa noch wichtig ist. Wir stellen uns vor, dass man dort den großen Tiroler Freiheitsbrief, übrigens die Magna Charta Tirols, aus dem Jahr 1342 zeigen könnte. Den ersten Freiheitsbrief für den Rest Österreichs hat es im Jahr 1848 gegeben – das sei nur am Rande angemerkt –, und dass man also in Tirol die Freiheit hoch schätzt,


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 81

darf man uns nicht verübeln. Wir möchten das dort eben zeigen und den Menschen nahebringen, dass Tirol eine ganz andere gesellschaftliche Entwicklung genommen hat als der Rest unserer Alpenrepublik. – Ich danke Ihnen, geschätzte Zuhörer, für Ihre Aufmerksamkeit und ersuche in diesem Sinne um Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

13.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.

 


13.21.21

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf mich auch bedanken, denn das war jetzt für mich eine hochinteressante Debatte, die man so nur im Bundesrat erlebt. Ich darf auch sagen, im Nationalrat wäre das schwer möglich.

Was uns betrifft, das Finanzministerium, das ich hier zu vertreten habe, ist zu sagen: Wir sind in der Sache eigentlich nur der Geldgeber, denn Kärnten, Burgenland und Tirol haben eine Sonderstellung. Kärnten, 1920: Volksabstimmung, Burgenland, das jüngste Bundesland, das zu Österreich gekommen ist, 1921: Zugehörigkeit zu Öster­reich, und eben Tirol, 1809: Volkserhebung, wird Geld gegeben. In der Sache selbst war Bundesministerin Schmied damit befasst, was den Denkmalschutz betrifft. Sie kennen das Ergebnis: Der Bund akzeptiert den Wunsch des Landes Tirol und leistet einen Beitrag. Zu Recht, denn – das ist schon angesprochen worden – das kulturelle und historische Erbe soll uns auch etwas wert sein! Ich bin mir sicher, dass mit diesen 4 Millionen ein Beitrag geleistet wird.

Noch einen Punkt, einen Satz zur Rotunde: Sie ist denkmalgeschützt und sie bleibt! – So viel dazu, weil in den Raum gestellt worden ist, dass durch die Verlegung dieses historisch wertvolle Gebäude dem Verfall preisgegeben wird. Die Rotunde kann nicht und darf nicht abgerissen werden, weil sie denkmalgeschützt ist.

Zweiter Punkt: Wenn einmal etwas gelingt, dann gelingt es uns immer wieder, darüber nicht zu reden. Wir sollten aber darüber reden, und deshalb möchte ich auch noch ganz kurz das Abgabenverwaltungsreformgesetz ansprechen. Damit ist eine bundes­staatliche Reform gemeinsam mit den Bundesländern gelungen, eine wirkliche Verwal­tungsvereinfachung, die wir in vielen anderen Bereichen brauchen. Es war für Abga­benpflichtige natürlich schwer einsehbar, von einem Bundesland in das andere nach unterschiedlichen rechtlichen Vorschriften ihre Abgaben leisten zu müssen.

Für jemanden, der zum Beispiel an der Landesgrenze lebt und das Verfahren in einem Betrieb abzuwickeln hat, in Bezug auf die Kommunalsteuer in Tirol oder Kärnten oder auch an der steirisch-niederösterreichischen Grenze aber jeweils andere Verfahren gelten, ist damit eine Vereinfachung gelungen. Ich hoffe, dass dieser kleine Schritt, der hier möglich war, wegweisend ist für den größeren, den wir jetzt gehen wollen, indem wir seit wenigen Wochen wieder einmal eine Verwaltungsreform in Angriff nehmen, die nur dann funktionieren kann, wenn auch seitens der Länder die entsprechende Unter­stützung da ist.

Letzter Punkt: Wir können auf die Tiroler stolz sein! Benni Raich hat heute den Riesentorlauf gewonnen, und wenn er morgen noch einmal gewinnt, dann gewinnt
er den Gesamtweltcup. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Mitterer
und Ing. Kampl.)

13.24


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 82

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein EU-Finanzstrafvollstreckungsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend ein Abgabenverwaltungsreformgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszu­schusses an das Land Tirol aus Anlass des Jubiläumsjahres 2009 – 200 Jahre Erhe­bung Tirols.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.25.5312. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Bör­segesetz 1989, das Sparkassengesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Fi­nanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Be­triebspensionsgesetz und das Finanzkonglomerategesetz geändert und das Bör­sefondsgesetz 1993 und das Börsefondsüberleitungsgesetz aufgehoben werden (45 d.B. und 67 d.B. sowie 8057/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias (44 d.B. und 69 d.B. sowie 8058/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll zwi­schen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur weiteren Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Nie­derlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 83

und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 unterzeichneten Protokolls und des am 26. Dezember 2001 unterzeichneten Protokolls (11 d.B. und 70 d.B. sowie 8059/BR d.B.)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozia­listischen Republik Vietnam zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Protokoll und Annex (16 d.B. und 71 d.B. sowie 8060/BR d.B.)

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31. Dezember 2007 und vor dem 1. August 2008 verstorben ist (22 d.B. und 72 d.B. sowie 8061/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun gelangen wir zu den Punkten 12 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 12 bis 16 ist Frau Bundesrätin Vladyka. Ich bitte um die Berichte.

 


13.27.23

Berichterstatterin Christa Vladyka: Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe zunächst den Bericht des Finanz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsge­setz 2007, das Börsegesetz 1989, das Sparkassengesetz, das Bundesfinanzierungs­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Betriebspensionsgesetz und das Finanzkonglomerategesetz geändert und das Börsefondsgesetz 1993 und das Börsefondsüberleitungsgesetz aufgehoben werden.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich darf daher sogleich zur Antragsstellung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht zu Tagesordnungspunkt 13 über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 84

Ich komme ferner zur Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 14: Beschluss des Na­tionalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll zwischen der Republik Ös­terreich und dem Königreich der Niederlande zur weiteren Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 unterzeichneten Protokolls und des am 26. De­zember 2001 unterzeichneten Protokolls.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme nun zum Bericht des Finanzausschusses zu Tagesordnungspunkt 15 über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll und Annex.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor, und ich darf sogleich zur Antragstel­lung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bringe zuletzt – zu Tagesordnungspunkt 16 – den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31. Dezember 2007 und vor dem 1. August 2008 ver­storben ist.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor, und ich darf sogleich zur Antragstel­lung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

 


2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 85

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die umfassende Berichterstat­tung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile ihm dieses.

 


13.32.55

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Die Berichterstattung hat aufgrund der umfangreichen Gesetzesmaterie länger gedauert, als ich jetzt dazu Ausführungen machen werde. Ich stehe dazu als Erster hier am Rednerpult, weil ich als Kontraredner gereiht wurde. Ich möchte aber betonen, dass vier dieser fünf Tagesordnungspunkte von uns positiv ge­sehen werden; nur der erste dieser fünf Punkte, nämlich das Bankwesengesetz, wird von uns abgelehnt, und das hat seine Gründe.

Schon am 26. Februar hat, im Rahmen einer Nationalratssitzung, unsere Fraktion dazu Bedenken geäußert und im Laufe der Debatte drei Abänderungsanträge eingebracht. Ich will diese nicht im Einzelnen erörtern, aber wesentlich war der Antrag auf Aufrecht­erhaltung und Festschreibung des Bankgeheimnisses in Österreich. Dieser wurde leider von allen anderen Fraktionen im Nationalrat abgelehnt, und somit wurde eine Chance vertan. Es war zu diesem Zeitpunkt relativ klar, dass Finanzminister und Vize­kanzler Pröll auch der Meinung war, dass wir in Österreich das Bankgeheimnis fest­schreiben sollten, und wir wollten ihm damit einen Gefallen tun.

Nun gibt es heute, ganz aktuell, in diesem Zusammenhang bereits eine Debatte in den Medien. Es gab heute nämlich eine Pressekonferenz, und der Herr Vizekanzler und Finanzminister hat bei dieser Pressekonferenz in Aussicht gestellt, dass das Bankge­heimnis in Österreich möglicherweise aufgeweicht wird. – Das wäre, meine sehr geehr­ten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, keine Stärkung des Ostge­schäftes unserer Banken – was der Herr Finanzminister eigentlich erreichen wollte –, denn bei Abschaffung des Bankgeheimnisses beziehungsweise bereits bei Aufwei­chung würde ein Abzug von Spareinlagen von österreichischen Banken erfolgen.

Damit retten wir in Österreich keine Banken, sondern wir gefährden sie. Deshalb wer­den wir auch heute diesem Gesetz nicht die Zustimmung geben. Ich ersuche Sie alle, das zu berücksichtigen: Wir dürfen das Bankgeschäft in Österreich durch die Aufwei­chung des Bankgeheimnisses nicht gefährden! (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl.)

13.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

 


13.35.32

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit den vorliegenden Gesetzesvorlagen beschließen wir heute Änderungen bei den Finanzmarktgesetzen, dem Bankwesengesetz, dem Wertpapieraufsichtsgesetz und weiteren Gesetzen.

Der große nationale Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der EG-Richtlinie über das aufsichtsrechtliche Verfahren beim Beteiligungserwerb an Banken, Wertpapierfir­men und Versicherungen hat in der EU zu unterschiedlichen Verfahren, zur Intranspa­renz und zur Behinderung des grenzüberschreitenden Beteiligungserwerbs geführt.

Mit den Änderungen in den Richtlinien für Banken, Nichtlebensversicherungen, Rück­versicherer und Lebensversicherer zielt die EU auf ein einheitliches und transparentes Aufsichtsverfahren ab.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 86

Die neuen Regelungen schränken den Ermessensspielraum der Aufsichtsbehörden bei der Zustimmung zu Zusammenschlüssen und Beteiligungserwerben bei Banken, Versi­cherungen oder Wertpapierfirmen in einer Weise ein, die im Wesentlichen der in Öster­reich üblichen Verwaltungspraxis entspricht.

Der Anlegerschutz in den einzelnen Finanzmarktgesetzen wird vereinheitlicht und außerdem die Produktfamilie Lebensversicherung um einen neuen Vertragstyp, näm­lich die kapitalanlageorientierte Lebensversicherung mit Garantiezins, erweitert.

Meine Damen und Herren! Bei Tagesordnungspunkt 13 liegt die Gesetzesgrundlage vor, den österreichischen Beitrag zur Entschuldung Liberias festzulegen. Konkret geht es dabei um die Überweisung von 4,8 Millionen Sonderziehungsrechten; das sind rund 5,56 Millionen €, die zugunsten Liberias an den Treuhandfonds für hochverschuldete arme Länder eingezahlt werden. Liberia hat mit allgemeinen Wahlen im Herbst 2005 den jahrzehntelang geführten Bürgerkrieg beendet. Seither wurden gute wirtschaftliche Fortschritte erzielt. Das Land wurde daher nach 20 Jahren wieder in den Internationa­len Währungsfonds aufgenommen.

Meine Damen und Herren! Ich kenne auch die kritische Diskussion im Zusammenhang mit dieser Unterstützung, ich glaube aber, dass in Liberia erste positive Schritte gesetzt worden sind und dass daher eine entsprechende Unterstützung sehr wohl vertreten werden kann, zumal die Unterstützung über einige Jahre hinweg geht und so auch die Fortschritte entsprechend kontrolliert werden können, was dort mit dem Geld passiert.

Meine Damen und Herren, es kann nicht so sein, dass die westliche Welt zwar die Bodenschätze Afrikas will, wirtschaftliche Hilfe aber oder Hilfe dann, wenn es ein Land geschafft hat, demokratische Verhältnisse aufzubauen, nicht gewährt. Letztendlich muss es auch in unserem Interesse sein, dass sich der afrikanische Kontinent politisch beruhigt und Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Bevölkerung dort auch ein menschenwürdiges Leben leben kann. (Präsident Reisenberger übernimmt wieder den Vorsitz.)

Im Tagesordnungspunkt 14 wird das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem König­reich der Niederlande geregelt. Durch die Abschaffung der Abzugssteuern in den Nie­derlanden auf Einkünfte von nicht ansässigen Künstlern und Sportlern wird eine Ände­rung des bilateralen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erforderlich, wobei durch eine Revision für diesbezügliche Einkünfte die Anrechnungsmethoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zur Anwendung kommen.

Meine Damen und Herren, wir werden all diesen Gesetzesvorlagen unsere Zustim­mung erteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.39


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.

 


13.39.56

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich spreche über Liberia. Liberia ist ein Staat in Westafrika und war zunächst ein Projekt zur Ansiedlung ehemaliger afroamerikanischer Sklaven aus den Vereinigten Staaten. Es ist einer der ersten unab­hängigen Staaten auf dem afrikanischen Kontinent.

Konflikte zwischen den Nachkommen ehemaliger afroamerikanischer Sklaven und län­ger ansässigen Ethnien prägen das Land bis heute. Von 1989 bis 2003 herrschte in Liberia Bürgerkrieg. Das Land hat jetzt zirka 3,5 Millionen Einwohner. Bereits einmal wurden international 420 Millionen € als Entwicklungshilfe bereitgestellt, und Liberia wurde in viele multinationale Gemeinschaften eingebunden.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 87

Die derzeitige Entwicklungszusammenarbeitspolitik führt in eine Sackgasse und hat augenscheinlich versagt, zumal keine nachhaltige Veränderung in Dritte-Welt-Staaten, insbesondere in Afrika, erreicht werden konnte. Daher soll es zu keiner Steigerung der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit und keine Budgethilfen geben, die nur weiter ineffizient Geld in korrupte Systeme pumpen, sondern man muss nachhaltige Wege zur Selbsthilfe finden.

Ein Großteil der afrikanischen Asylwerber in Österreich stammt aus Liberia. Bevor 5,56 Millionen € zur Entschuldung von Liberia durch Österreich bezahlt werden, muss eine Politik eingeführt werden, um Entwicklungsgelder an Rückübernahmeabkommen zu koppeln.

Bei der Entschuldung von Staaten in Afrika steht der Verdacht im Raum, dass mit dem Geld vergangene Waffenkäufe beglichen werden. Außerdem kann, wie es der Kollege im Finanzausschuss ausgedrückt hat, nur eine Kugel wieder eine ganz andere Politik herbeiführen. Wir werden daher das Verlangen nicht unterstützen.

13.42


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Zwazl. – Bitte.

 


13.42.19

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade die Ereignisse der jüngsten Zeit haben uns vor Augen geführt, wie international verflochten der Finanzsektor ist.

Bezogen auf den Finanzplatz Österreich erfolgen jährlich unzählige Beteiligungsvor­gänge beziehungsweise Erhöhungen von Beteiligungen über die Grenzen unseres Landes hinweg. So gesehen ist die europäische Zielsetzung vollkommen richtig, einen möglichst einheitlichen Rechtsrahmen für das Aufsichtsverfahren bei Beteiligungs­erwerben im Finanzsektor zu schaffen.

Damit wären zwei Ziele erreicht, die gerade für uns von der Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind: Rechtsklarheit und Transparenz. Bisher gibt es nämlich sage und schreibe 25 verschiedene Auslegungsvarianten der EU-Richtlinie.

Der große nationale Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Richtlinien über das aufsichtsrechtliche Verfahren hat in der Europäischen Union zu unterschiedlichen Ver­fahren, damit zu Intransparenz und daher zur Behinderung grenzüberschreitenden Be­teiligungserwerbs geführt.

Was erfolgt nun durch die neuen Regelungen konkret? Der Ermessensspielraum der Aufsichtsbehörden – sprich der Finanzmarktaufsicht – bei der Zustimmung zu den Er­werbsvorgängen wird eingeschränkt und der Anlegerschutz in den einzelnen Finanz­marktgesetzen vereinheitlicht.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Lebensversicherung zählt wohl zu den bedeutendsten Bereichen in der Versicherungsbranche. Sie entscheidet daher mit ihrer Entwicklung über das Wohl der gesamten Branche.

Das mit diesem Gesetz neu eingerichtete Versicherungsprodukt der kapitalanlageori­entierten Lebensversicherung mit Garantiezinssatz kann dazu einen äußerst positiven Beitrag leisten, denn dass der Versicherungsnehmer Anspruch auf eine bestimmte Leistung hat, entspricht am ehesten dem Produkt der Lebensversicherung.

Materielle Absicherung beschäftigt den größten Teil der Österreicherinnen und Öster­reicher. Am liebsten wird bei der Existenzsicherung zu weniger risikoreichen Veranla­gungsformen gegriffen. Die Lebensversicherung punktet mit Sicherheit und Ertragsga­rantie. Derzeit existieren in Österreich über 10 Millionen Lebensversicherungsverträge.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 88

Angesichts der uns allen nur zu gut bekannten Turbulenzen am Kapitalmarkt ist es ein überaus positives Signal, ein vielleicht konservatives, aber doch sehr sicheres Produkt am Markt zu positionieren. Nicht nur die Versicherungsunternehmen haben sich dazu einhellig positiv geäußert, sondern auch die Konsumenten werden dieses Produkt an­nehmen. – Davon bin ich überzeugt.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich ersuche um Zustimmung nicht nur zu diesem Gesetz, sondern auch zu den anderen Gesetzen. Ich bitte Sie auch um Zu­stimmung zu unserem österreichischen Beitrag zur Entschuldung Liberias in der Höhe von 5,56 Millionen €, vor allem deshalb, weil dort – vielleicht stört Sie das ja auch! – eine äußerst erfolgreiche Präsidentin amtiert (Bundesrätin Mühlwerth: Unterstellung!), die wirklich eine Topposition im Weltwährungsfonds innegehabt hat und die natürlich ein ungeheuer starker Garant dafür ist, dass dieses Geld bestens und positiv angelegt ist. (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.) Sie haben keinen Vorschlag gemacht, wie man dort besser helfen könnte.

Die Doppelbesteuerungsabkommen mit den Niederlanden, Vietnam und Deutschland erfüllen auch unser gemeinsames Ziel, Doppelbesteuerungen hintanzuhalten. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

13.46


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bock. – Bitte.

 


13.46.40

Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heute zwei Doppelbesteuerungsabkom­men – mit den Niederlanden und mit Deutschland – und ein Amtshilfeabkommen für den Bereich Einkommen und Vermögen mit dem Vietnam zu beschließen – an und für sich alles logische und rein verwaltungstechnische Angelegenheiten. Obwohl wir doch seit einigen Jahren Mitglied der EU sind, werden diese Staatsverträge immer noch be­nötigt.

Aus der Praxis weiß ich, dass die Erbschaftsabwicklungen mit der Bundesrepublik Deutschland sehr gut funktioniert haben. Was man allerdings benötigt, ist sehr viel Zeit und Geduld: Durch die verschiedenen Steuer- und Erbrechtsregelungen in Deutsch­land und Österreich dauern die Verfahren in der Regel selbst, wenn es ohne Erbstrei­tigkeiten abgeht, beinahe zwei Jahre. Aus meiner Sicht, wäre es wünschenswert, dass gerade diese Aufgaben in Zukunft europäisch geregelt werden könnten. Dies würde bedeuten, dass das gesamte europäische Vermögen im Falle einer Vererbung in einem Land abgewickelt werden könnte.

Bei dem heute vorliegenden Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich um ein formelles Wiederinkrafttreten einer im Jahre 2003 abgeschlossenen Vereinbarung.

Aufgrund der Abschaffung der Erbschaftssteuer in Österreich hat die Bundesrepublik Deutschland dieses Abkommen mit 31. Dezember 2007 einseitig gekündigt. Der Ver­fassungsgerichtshof musste sich mit der Materie befassen, und daher die rückwirkende Korrektur bei der Doppelbesteuerung.

Der Bundespräsident hat bereits im November 2008 die gesetzlichen Vereinbarungen unterschrieben, der Nationalrat hat die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, und wir werden heute unseren Beitrag dazu leisten.

Damit können die Erbangelegenheiten mit Vermögen in Deutschland und Österreich für die Todesfälle zwischen dem 31. Dezember 2007 und dem 1. August 2008 endgül­tig bearbeitet werden.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 89

Sehr geehrte Damen und Herren, nur wenn Steueroasen ausgetrocknet werden, kann eine faire Realwirtschaft erfolgreich sein. Die Abschaffung der Erbschafts- und Schen­kungssteuer war aus meiner Sicht nicht der richtige Weg, um Steuern und Abgaben richtig zu verteilen.

Mit einer entsprechenden Steuerfreistellung in der Wertgrenze zum Beispiel einer Eigentumswohnung könnten alle gleichbehandelt werden und trotzdem die von fast allen Parteien in dieser Angelegenheit sehr gerne missbrauchten „kleinen Leute“ belas­tungsfrei gehalten werden.

Sogar die OECD, die ja bekanntlich nicht unter kommunistischer Führung steht, rügt uns massiv wegen der Schieflage unserer Steuerstruktur. Selbständige und Unselb­ständige tragen trotz Steuerreform den Großteil der Steuerlast. Vom Vermögen, von den Vermögenszuwächsen und von den Spekulationseinkünften kommt viel zu wenig in die Staatskasse. Ich bin mir sicher, dass es eines Tages in ganz Europa zur Be­steuerung von Vermögen kommen wird.

Meine Damen und Herren! 1 Prozent der Bevölkerung besitzt auch in Österreich
ein Drittel des gesamten Vermögens. Es können nicht mehr die Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und Pensionisten und die Selbständi-
gen in den Klein- und Mittelbetrieben, die jeden Tag ihren Betrieb aufsperren und
für Beschäftigung sorgen, die Steuerhauptlast tragen. 
Ich danke Ihnen und bitte um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie der Bundes­rätin Kerschbaum.)

13.50


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.

 


13.50.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf es ganz kurz machen. Der Erstredner in dieser Debatte, Herr Bundesrat Mitterer, hat eine Sorge zum Ausdruck gebracht, die wirklich unberechtigt ist, nämlich dass mit den Erklärungen des Finanzministers heute unser Bankgeheimnis aufgeweicht worden sei.

Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe gestern gemeinsam mit dem Finanzminister von Luxemburg und dem Schweizer Kollegen den ganzen Tag hindurch bei der OECD genau diesen Punkt verhandelt, mit einem für Österreich sehr guten Ergebnis, nämlich dass seitens der OECD im Vorfeld zu dem G 20-Gipfel, der am 2. April in London statt­finden wird, außer Streit gestellt ist – was auch von der OECD offiziell erklärt wurde –, dass wir unser Bankgeheimnis in der Form, wie wir es haben, in der gesetzlichen Re­gelung, wie wir es haben, auch in Zukunft haben werden. Das ist ganz wichtig.

Streng davon zu trennen ist aber das gemeinsame internationale Vorgehen gegen jene, die durch Finanztransaktionen in Millionenhöhe Steuern hinterziehen wollen, die Geld waschen wollen. Es ist in unser aller Interesse, dass wir da grenzüberschreitend besser als in der Vergangenheit zusammenarbeiten.

Das heißt, wozu wir uns bereit erklärt haben und ich denke, das ist im Sinne der ehr­lichen und der österreichischen Sparer –, ist, dass unsere Banken bei Rechtshilfeersu­chen aus dem Ausland nicht nur, wenn es gerichtliche Verfahren gibt, sondern auch, wenn steuerliche Verfahren eingeleitet worden sind – zum Beispiel wegen Steuerhin­terziehung –, die Bereitschaft haben, das Bankgeheimnis zu öffnen, wenn solche An­fragen aus dem Ausland kommen und wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, damit wir bei Ermittlungsverfahren und bei der Verfolgung von Steuersündern unseren Bei­trag leisten. Das halte ich für richtig.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 90

Es ist ganz wichtig, das auch ganz klar manifest zu machen. Ich sage Ihnen auch, war­um: Weil aufgrund unseres Bankgeheimnisses von dritter Seite immer wieder versucht worden ist, Österreich mit sogenannten Steueroasen in einen Topf zu werfen. Und da­gegen muss man sich wehren. Daher war auch dieser Schritt notwendig, der hoffent­lich auch international so gesehen wird, weil wir es nicht zulassen wollen, dass Öster­reich da ungerechtfertigter Weise an den Pranger gestellt wird.

Wir haben kein Interesse, Steuerhinterziehern oder Geldwäschern auch nur irgendwie einen Dienst zu erweisen. Andererseits haben wir alles getan, um unser Bankgeheim­nis zu sichern. Ich sage es noch einmal: So, wie es mit einer qualifizierten Mehrheit, mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament abgesichert ist, so wird unser Bankgeheim­nis auch in Zukunft bleiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.53


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz sowie weitere Gesetze geändert und das Börsefondsgesetz 1993 und das Börsefondsüberlei­tungsgesetz aufgehoben werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Des Weiteren gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österrei­chischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande zur weiteren Abänderung des zwischen der Republik Ös­terreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 unterzeichneten Protokolls und des am 26. Dezember 2001 unterzeichneten Protokolls.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsberei­ches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 91

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zu­stimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam zur Vermeidung der Doppel­besteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll und Annex.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheit des selbständigen Wirkungsberei­ches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist so­mit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bun­desrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern bei Erbfällen, in denen der Erblasser nach dem 31. Dezember 2007 und vor dem 1. August 2008 verstorben ist.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsberei­ches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich darf auch hier die Stimmeneinhelligkeit konstatieren. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch hier ist die Stimmeneinhelligkeit gegeben. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 92

13.58.4017. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (386/A und 82 d.B. so­wie 8052/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. Ich bitte um den Bericht.

 


13.58.55

Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


14.00.01

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Worte zur Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes.

Das Kinderbetreuungsgeldgesetz beinhaltet einen zinsenlosen Überbrückungskredit, eine Art zinsenloses Darlehen. Harte Bedingungen stellen jedoch die Begleitmaßnah­men dar – dieses Geld sollte vor allem alleinstehenden Elternteilen quasi für die Start­phase zur Verfügung stehen, und ihnen soll so geholfen werden –, denn Ehepaare müssen sich verpflichten, die Rückzahlung gemeinsam zu übernehmen. Die Rückzah­lung richtet sich nach der Höhe des Einkommens, soll aber in Hinkunft mit dem 7. Lebensjahr des Kindes abgeschlossen sein.

Zwei Entschließungsanträge wurden dazu im Nationalrat eingebracht; einer von der BZÖ-Fraktion. Diese Anträge fanden jedoch leider keine Mehrheit.

Der Entschließungsantrag der BZÖ-Nationalratsfraktion enthält zwei Verbesserungs­maßnahmen: die Umwandlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in eine nicht rückzahlbare Familienförderung sowie die rückwirkende Streichung der geltenden Verpflichtung zur Rückzahlung des Zuschusses.

Wir können diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates keine Zustimmung erteilen. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

14.01


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


14.01.43

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der rechtliche Anspruch auf Zuschuss sieht im Kinderbetreuungsgeldgesetz derzeit folgendermaßen aus: Eltern mit nur geringem Einkommen, das heißt einkommensschwache und alleinerziehende Elternteile sowie verheiratete beziehungsweise in Lebensgemeinschaft lebende Mütter


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 93

und Väter, deren Partner/Partnerin niedrige Einkünfte hat, haben Anspruch auf einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Der Zuschuss beträgt zirka 180 € monatlich. Bei einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze wird der Zuschuss zurückgefordert.

Werte Kolleginnen und Kollegen! In der vorliegenden Gesetzesnovelle geht es nun dar­um, dass die Rückzahlung des Zuschusses, der als Überbrückungshilfe für finanziell schwierige Zeiten gewährt wird, geändert beziehungsweise bereinigt wird und somit viele Härtefälle zurückgenommen werden können.

Zum einen kommt es zu einer Anhebung der Abgabengrenzen, zum anderen zu einer Verkürzung des Beobachtungszeitraumes von 15 auf 7 Jahre, und zum dritten wird die Information für die Eltern, für Frauen und Männer, die diesen Zuschuss in Anspruch nehmen, verbessert, damit sie wissen, woran sie sind, wenn sie einen solchen Zu­schuss beantragen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe dem Kollegen Siegfried Kampl recht und meine auch, man sollte generell über Zuschussregelungen nachdenken, denn Zu­schüsse, die man zurückzahlen muss, haben immer einen unguten, einen etwas bitte­ren Beigeschmack. Wenn es zu einer neuerlichen Evaluierung des Kinderbetreuungs­geldes kommt, sollte diese Überlegung mit einbezogen werden, damit es zu dem kommt, was wir eigentlich alle wollen, nämlich zu einer Entlastung der Familien.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Fazit ist: Durch die nunmehr vorliegende Gesetzes­novelle sollen deutlich weniger Personen den Zuschuss zum Kindergeld auf Grund einer Verbesserung der Einkommenssituation zurückzahlen müssen. Der Zielsetzung, Härtefälle zu vermeiden, wird mit diesem Gesetz Rechnung getragen. Wir werden da­her dieser Novelle unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.04


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Ich erteile ihr dieses.

 


14.04.34

Bundesrätin Mag. Bettina Rausch (ÖVP, Niederösterreich): Meine Damen und Her­ren! Ich glaube, wenn wir in unserer Gesellschaft Zukunftsoptimismus haben wollen – den wir in Zeiten wie diesen umso mehr brauchen –, bedarf es auch junger Menschen, die ihr Leben mit Optimismus und Zuversicht angehen können. Und das tut man, glaube ich, viel eher, wenn man sich von der Gesellschaft nicht allein gelassen fühlt.

Die Unterstützung der Gesellschaft – also von uns allen, und nichts anderes ist ja eine staatliche Unterstützung – ist für den Start ins – wie immer man das jetzt versteht – Erwachsenenleben nicht mehr wegzudenken. Da geht es um Existenz- und Familien­gründung, bei der man immer wieder Unterstützung braucht.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, eine Art Überbrückungskredit, unterstützt gerade dort, wo es einen besonderen finanziellen Engpass gibt; er mag zeitlich be­grenzt sein oder auch nicht. Er ist somit Unterstützung nicht nur für die jungen Eltern, für die Mütter und Väter, sondern gerade auch für die Kinder, für die es ja höhere Aus­gaben gibt, sodass der finanzielle Engpass dann noch größer wird.

Mit der heute vorgelegten Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz wird zum einen, wie ich meine, handfest finanziell geholfen, indem die Einkommensgrenzen, ab denen die Rückzahlung schlagend wird, rückwirkend angehoben werden. Eine durchaus be­deutende Anzahl von Rückforderungen wird daher – und das ist unter anderem ange­sichts der preislichen Entwicklungen heutzutage notwendig – gar nicht mehr durchge­führt werden müssen.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 94

Da ist zum einen also die von mir so genannte handfeste finanzielle Hilfe, eine Erneue­rung, eine Verbesserung, zum Zweiten ist Gegenstand der heute vorgelegten Novelle, dass der Zeitraum, in dem der Zuschuss zurückgefordert werden kann, von bislang 15 Jahren auf sieben Jahre reduziert wird. Ich meine, das ist lebensnäher. Man muss sich nur überlegen, was im Zeitraum von 15 Jahren in einer Familie, im Leben eines Kindes alles passiert. 15 Jahre sind eine sehr lange Zeit. Und dass diese Frist jetzt verkürzt wird, gibt allen Betroffenen eine gewisse Sicherheit und zumindest eine relativ bessere Planbarkeit auch in ihrer finanziellen Gebarung, gibt Eltern, Elternpaaren Sicherheit, aber vor allem jenen Elternteilen, die nicht mit dem Kind zusammenleben, aber dann die Rückzahlung vornehmen müssen und die in ihrer Planbarkeit dadurch natürlich noch stärker eingeschränkt sind.

Und bei der Planbarkeit und Sicherheit geht es auch um die Information der Eltern schon in der Phase der Antragstellung, wo wir uns – ein Danke an die Frau Staats­sekretärin! – ja auch auf Verbesserungen freuen dürfen.

Ich glaube, Planbarkeit, Vertrauen und Sicherheit sind gerade in Zeiten wie diesen ne­ben finanzieller Hilfe ganz, ganz wichtige Faktoren für den Zukunftsoptimismus junger Menschen und junger Familien und letztlich somit auch für unsere ganze Gesellschaft. Und daher herzlichen Dank dir, liebe Frau Staatssekretärin, dass du die Beseitigung dieser Unsicherheiten und vielleicht auch Ungereimtheiten so rasch, so partnerschaft­lich auch im Rahmen des Runden Tisches und so konsequent in Angriff genommen hast.

In diesem Sinne freuen wir uns neben dem heutigen Beschluss auch darauf, dass wir in Zukunft über umfassendere Änderungen zum Kinderbetreuungsgeld in ähnlicher Form diskutieren können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.07


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kersch­baum. Ich erteile ihr dieses.

 


14.07.55

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Prinzip ist ja schon sehr vieles gesagt worden. Ich wollte nur den Kollegen Kampl darauf hinweisen, dass es, glaube ich, Frau Ministerin Haubner war, die damals den Zuschuss fürs Kin­derbetreuungsgeld eingeführt hat, und das in einer doch etwas chaotischen Ausfor­mung, die immer wieder zu Problemen geführt hat.

Ein Teil dieser Probleme wird jetzt bereinigt, und wir werden dieser Bereinigung auch zustimmen. Ich möchte aber trotzdem, ähnlich wie die Frau Kollegin Mosbacher, daran appellieren, dass man diesen Zuschuss insgesamt in der Weise überdenkt, dass es wirklich ein Zuschuss wird und nicht ein Kredit.

Im Prinzip geht es um Menschen, die ein geringes Einkommen haben, in erster Linie um viele alleinerziehende Frauen, die davon betroffen sind. Und es ist den Verwal­tungsaufwand wahrscheinlich nicht einmal wert, wenn man das wirklich abwägt, diese Rückforderungen einzubringen. Ich denke, die Verkürzung der Berechnungsdauer von 15 auf 7 Jahre ist schon einmal ein erster Schritt, aber insgesamt wäre es wirklich er­strebenswert, dass man auf einen echten Zuschuss umsteigt, damit den Menschen, die ohnehin wenig finanzielle Mittel haben und sich trotzdem für ein Kind entschieden ha­ben, auch wirklich Unterstützung zukommt und sie dann nicht immer dieses Damokles­schwert über sich hängen haben: Möglicherweise muss ich es in fünf Jahren zurück-


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 95

zahlen, und das treibt mich dann wieder nach unten. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

14.09


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


14.09.41

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden dieser Novelle schon zustimmen (Beifall des Bundesrates Mag. Himmer), wiewohl ich aber doch ein paar Kritikpunkte anbringen muss.

Da haben wir zum einen die Zuverdienstgrenze. Wir haben ja schon gehört, es ist die­ser Zuschuss ein Überbrückungskredit für jene Eltern, die es finanziell ein bisschen schwerer haben. Wohl ist er zinsenlos, aber in dem Moment, wo die Zuverdienstgrenze überschritten wird, muss er auch zurückgezahlt werden. Hier muss man wirklich schau­en, dass diese Zuverdienstgrenze auch entsprechend sozial verträglich ist, damit die Eltern mit der Rückzahlung nicht erst recht wieder in Not geraten.

Der zweite Punkt: Wir haben hier auf der einen Seite den Familienlastenausgleichs­fonds, der diese Transferleistungen, und das ist es ja eigentlich, zur Verfügung stellt. Gut. Die Gebietskrankenkasse zahlt es aus, und das Finanzamt fordert es bei Bedarf zurück. Hier entsteht wieder ein Verwaltungsaufwand von drei verschiedenen Stellen, zumindest aber von zwei. Es wäre daher doch überlegenswert, ob man das nicht an einer Stelle konzentrieren kann, denn wir reden ja alle so gerne von einer Verwaltungs­verschlankung und -vereinfachung.

Dritter Punkt: die leidige Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld. – Als es da­mals in der FPÖ/ÖVP-Regierung beschlossen worden ist, war dies ein von Anfang an ungeliebtes Kind, aber wir konnten uns diesbezüglich bedauerlicherweise gegen die ÖVP nicht durchsetzen. Aber wir sehen Jahr für Jahr, welche Schwierigkeiten diese Zuverdienstgrenze macht. Sie gehört abgeschafft, weil sie auch Väter davon abhält, in Karenz zu gehen. Die Väter sind meistens die Ersten, die über die Zuverdienstgrenze kommen, und daher sind sie auch am wenigsten bereit, in Karenz zu gehen. Wir sagen aber, Kindererziehung ist eine Familienleistung von beiden Teilen, also Vater und Mutter, und daher wäre es natürlich auch wünschenswert, dass die Väter in Karenz gehen können.

Vierter Punkt: Allein der Name „Zuschuss“ ist, wie wir gesehen haben, irreführend. Vie­len Menschen hat es nichts genützt, dass auf dem Antrag klar war, dass das ein zin­senloser Kredit oder ein zinsenloses Darlehen ist. Wir haben gesehen, so klar war es den Menschen offensichtlich nicht, und ich habe das hier an dieser Stelle schon unge­fähr vor einem Dreivierteljahr gesagt: Benennen wir diesen Zuschuss anders, weil die Bezeichnung irreführend ist. Die meisten Menschen glauben, das ist eine Transferleis­tung, die sie zur Überbrückung bekommen, aber nicht mehr zurückzahlen müssen – und dann kommt immer das böse Erwachen!

Das hätte man auch dieses Mal schon umbenennen können. Es wäre doch ein Leich­tes gewesen, einen anderen Terminus zu wählen, und statt „Zuschuss“ wirklich zu sagen, was auf die Menschen zukommt, nämlich ein zinsenloses Darlehen. Ich kann nur hoffen, dass es dieser Regierung gelingt, in Bälde einen klaren Begriff zu finden, an dem niemand zweifeln kann. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

14.12


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Hladny. Ich erteile ihr dieses.

 



BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 96

14.13.01

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die sozialen Leistungen in unserem Lande sind sehr gut, vor allem für die Familien. Mit dem Zuschuss zum Kinderbetreu­ungsgeld von 180 € monatlich können Härtefälle vermieden werden, und es wird der notwendige Lebensbedarf damit unterstützt.

Mit der Gesetzesnovelle, also mit der Verkürzung des Beobachtungszeitraumes von 15 auf sieben Jahre, mit der Anhebung der Abgabengrenze und der Verbesserung der Information für Mütter, Väter und Familien wird ein wichtiger Schritt in die richtige Rich­tung gesetzt. Das heißt aber nicht, dass für uns die Diskussion über das Kinderbetreu­ungsgeld beziehungsweise die Zuschüsse zu Ende sein kann, denn ein Zuschuss, der zurückgezahlt werden muss, ist nicht zufriedenstellend. Dies erfordert eine Grundsatz­diskussion über Zuschussregelungen und über faire, ausgewogene Lösungen für Eltern und Kinder. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.14


Präsident Harald Reisenberger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. Ich erteile ihm dieses.

 


14.14.00

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Salzburger Landtag hat sich in drei Ausschusssitzungen und einer Haussitzung mit diesem Thema befasst. Es war ein Schritt zu einer möglichst kostenfreien Zukunft in der Kinderbetreuung und Bildung. Sinn war eine Entlastung der Familien und die Gewährung von Zuschüssen zu den Be­treuungskosten.

96 Prozent der Vorschulkinder im Alter zwischen fünf und sechs Jahren werden in Kin­derbetreuungseinrichtungen betreut, und die Zahl der zu betreuenden Kinder wird im­mer größer. Für die Kinderbetreuung haben die Eltern oder auch andere Erziehungs­berechtigte Kostenbeiträge zu entrichten. Neben der Entlastung nahezu aller Salz­burger Familien mit Vorschulkindern wird auch ein wichtiger bildungspolitischer Aspekt verfolgt, nämlich das Ziel, dass Kinder im letzten Jahr vor Schulbeginn die Bildungsein­richtung Kindergarten besuchen.

In Zeiten finanzpolitischer Unsicherheit sind nicht Maßnahmen nach dem Gießkannen­prinzip gefragt, sondern vielmehr nach Treffsicherheit. Es geht auch nicht um ein Kör­berlgeld oder eine Vermehrung der Gemeindefinanzen, sondern es steht die direkte Hilfe für die Familien im Vordergrund, also die Entlastung der Familie.

Dank gebührt speziell in Salzburg, um eine Querverbindung herzustellen, unserer Lan­desrätin Doraja Eberle für diese konsequente Vorgangsweise und das qualitätsvolle und gute Angebot, das durchaus auch ein Beispiel für andere Bundesländer sein möge.

Auch bei der vorliegenden Gesetzesänderung geht es darum, Familien die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Es ist dies eine ehrenvolle und höchst sensible Aufgabe. Es handelt sich um eine Reparatur in einem Punkt, die möglichst rasch erfol­gen soll, und es gebührt in diesem Zusammenhang unser Dank Frau Staatssekretärin Marek, die ja bereits im Dezember 2008 zu einem Runden Tisch geladen hat, als bei Rückzahlungsforderungen bestimmte Härtefälle aufgetreten sind.

Ich darf abschließend sagen, es ist unsere dringliche Aufgabe, hier Hilfestellung zu leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.16



BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 97

Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lugsteiner. Ich erteile ihr dieses.

 


14.17.08

Bundesrätin Juliane Lugsteiner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Es ist schon sehr viel zum Kinderbetreuungsgeldgesetz gesagt wor­den. Ich möchte wiederholen: Es gibt einen Rechtsanspruch bei geringen Einkommen in der Höhe von ungefähr 180 € pro Monat. Aufgrund der Gesetzeslage muss man bei höheren Einkommen den Betrag – dieses Gesetz wurde 2002 beschlossen – innerhalb von 15 Jahren zurückzahlen. Dies wurde jetzt geändert und diese Frist auf acht Jahre verkürzt.

Auf Grund der Gesetzesänderung rechnet man damit, dass deutlich weniger, und zwar nur 50 Prozent der Genannten, den Zuschuss zurückzahlen müssen, obwohl noch im­mer viele wegen der Bezeichnung „Zuschuss“ glauben, dieser sei nicht zurückzube­zahlen. Hier sollte man vielleicht grundsätzlich über Zuschussregelungen nachdenken.

Insgesamt gibt es beim Kinderbetreuungsgeld auch in Zukunft Überlegungen, wie man diese Art von Zuschüssen mit einbeziehen wird. Kinderbetreuung und Familienpolitik müssen sich immer weiterentwickeln, um den Menschen zu helfen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.18


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. Ich erteile ihm dieses.

 


14.18.37

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Anspruchsbe­rechtigung, was das Kinderbetreuungsgeld angeht, würde schon viel gesprochen. Ein Zuschuss hilft, wenn eine gewisse finanzielle Not herrscht. Es ist wertvoll und sinnvoll, wenn man für Kinder im Kleinkindalter rund 180 € pro Monat auf das Konto bekommt. Doch das Wort „Zuschuss“ würde von vielen falsch verstanden. Es handelt sich näm­lich um einen zinsenlosen Überbrückungskredit für die Zeit des Kleinkindalters.

Seit 2002 haben zirka 75 000 Eltern davon Gebrauch gemacht. Bei einigen Tausenden kam es aber leider durch die berechtigte Rückforderung großteils durch Unverständnis oder auch durch eine falsche Meinung über diesen Zuschuss zu Härtefällen. Sache ist aber, Kredite müssen zurückbezahlt und Gesetze müssen eingehalten werden.

Dank der raschen Reaktion von dir, sehr geehrte Frau Staatssekretär, tritt jetzt auf Grund dieser guten Novellierung eine spürbare Erleichterung für die betroffenen Per­sonen ein.

Ich möchte nur zwei Schwerpunkte nennen, die heute schon genannt wurden.

Es ist dies die Einkommensgrenze, die seit 1. Jänner 2002 gilt und rückwirkend auf das Niveau vom 1. Jänner 2008 angehoben wird. Zweitens wird der Zeitraum, der zur Ver­fügung steht, um Rückforderungen auszusprechen, von 15 auf sieben Jahre verkürzt.

Weiters werden zukünftig die rückzahlungsverpflichteten Elternteile mittels RSb-Briefs davon verständigt, dass es sich wirklich um einen Zuschuss handelt und dieser zu­rückbezahlt werden muss.

Wer schnell hilft, hilft doppelt! Nach diesem Motto haben wir hier eine Novellierung eines Gesetzes zur Abstimmung vorgelegt, die sehr vielen Eltern, denen es finanziell nicht so gut geht und die diesen Zuschuss wirklich brauchen, wirksam und schnell hel-


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fen wird. Ich möchte mich nochmals bei dir, Frau Staatssekretärin, für die rasche, un­komplizierte und unbürokratische Novellierung bedanken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.20


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Marek. – Bitte.

 


14.21.02

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Dank an das Parlament zurückgegeben, denn eine Lösung schnell herbeizuführen und zu be­schließen, das geht nur, wenn das Parlament auch entsprechend mit dabei ist. Ich den­ke, dass wir da wirklich schnell reagieren konnten und eine Reparatur, mit der wir die sozialen Härtefälle entsprechend entlasten können, kurzfristig durchführen. Es wurde gesagt, das betrifft ungefähr 50 Prozent der Rückzahlungsverpflichteten – nämlich die kleinsten Einkommensbezieher –, die bisher noch zusätzlich rückzahlen mussten und nun nicht mehr rückzahlungsverpflichtet sind und von den Rückforderungen befreit sind.

Auch das Folgende wurde bereits von meinem Vorredner gesagt: Bei Alleinerziehen­den ist es ja so, dass der Unterhaltsverpflichtete auch der Rückzahlungsverpflichtete ist. Wir haben also einerseits die Information des Rückzahlungsverpflichteten sicherge­stellt, weil ein Kritikpunkt unter anderem war, dass nicht immer sichergestellt war, dass der Unterhaltsverpflichtete tatsächlich auch die Information bekommen hat, dass er dann zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet wird. Das ist durch einen RSb-Brief sichergestellt. Diese Maßnahme wurde bereits im Dezember gesetzt; wir konnten wirk­lich sofort reagieren.

Auch beim Formular gibt es Änderungen, da das von mehreren Seiten als Kritikpunkt genannt wurde. Der Begriff Zuschuss mag in manchen Bereichen irreführend wirken, weil das den Eindruck erweckt, er ist nicht rückzahlungspflichtig. Daher haben wir auch da sofort reagiert und die Antragsformulare dahingehend verändert, dass auf der ersten Seite ganz groß und klar ersichtlich und sogar farblich hinterlegt die Information, dass es sich um ein Darlehen handelt, das zurückzuzahlen ist, angebracht ist. Aus dem Grund haben wir die pragmatische Lösung, die aber von der Wirkung sicher die effektivste ist, gefunden.

Tatsächlich ist es so, dass wir eine Einzelmaßnahme, eine kurzfristige Sanierung rück­wirkend setzen, um eben – ich habe es eingangs gesagt – die Ärmsten, die sozial Schwächsten zu entlasten. Die Zuschussregelung wird aber grundsätzlich – das haben wir uns vorgenommen und ist auch im Regierungsprogramm festgehalten – in der Neu­ordnung des Kinderbetreuungsgeldes erfolgen, und wir werden auch überlegen, was wir einfacher gestalten können.

Es stimmt schon – ich denke, Sie, Frau Bundesrätin Mühlwerth, haben das gesagt –, der Verwaltungsaufwand in der Exekution ist tatsächlich ein großer. Da sind wir im ge­genseitigen Interesse durchaus bemüht, Vereinfachungen insgesamt durchzuführen.

Eine Information noch, da immer wieder die Frage gestellt wird, wie viele Alleinerzie­hende den Zuschuss beziehen. Interessanterweise sind mittlerweile etwa die Hälfte der Antragsteller Paare und die andere Hälfte alleinerziehende Elternteile – entgegen der Annahme, dass der Zuschuss zu einem überwiegenden Teil von Alleinerziehenden be­antragt wird.

Etwas möchte ich noch betonen, was immer wieder vergessen wird: Es ist, wie ich meine, gerade für die sozial Schwächsten ganz wichtig, erwerbstätig sein zu können, sich selbst das Einkommen zu verdienen. Da war sicher eine Errungenschaft, dass wir


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mit der Kinderbetreuungsgeld-Novelle 2008 die Zuverdienstgrenze bei den Zuschuss­beziehern von de facto Erwerbsverbot, das heißt der Geringfügigkeitsgrenze auf die gleichen 16 200 € anheben konnten wie bei den anderen Kinderbetreuungsgeldbezie­herinnen und -beziehern. Das war, glaube ich, eine ganz, ganz wichtige Sache.

Frau Bundesrätin Mühlwerth, Sie haben etwas verwechselt: Die Zuverdienstgrenze – und das ist das Problem bei der Frage des Zuschusses, warum dieser rückgezahlt wer­den muss beziehungsweise rückgefordert wird – ist etwas anderes als die Abgaben­grenzen.

Der Zuschuss ist, wie ja mehrfach betont wurde, ein rückzahlungspflichtiges Darlehen. In dem Moment, in dem das Einkommen eine gewisse Grenze, nämlich die Abgaben­grenze übersteigt, wird ein gewisser Prozentsatz des Einkommens zurückgefordert, und das so lange – und das haben wir von 15 auf sieben Jahre verkürzt –, bis der Zu­schuss zurückgezahlt ist.

Das ist auch dann so, wenn der Zuschuss zu Recht bezogen wird, das heißt, wenn die Zuverdienstgrenze zum Kinderbetreuungsgeld nicht überschritten wurde. Daher hat das mit der Zuverdienstgrenze in dem Fall nichts zu tun. Das sind zwei unterschied­liche Dinge.

Sie haben auch gesagt, die Zuverdienstgrenze gehöre abgeschafft. Die Diskussion ist ja immer wieder auch präsent und hoch aktuell, nicht zuletzt deswegen, weil Väter da­durch abgehalten würden, der Familie mehr Zeit zu widmen. Da sage ich Ihnen, Frau Bundesrätin: Gerade wegen der Väterbeteiligung ist es wichtig, dass wir die Zuver­dienstgrenze beibehalten. Gerade beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungs­geld, wo wir uns ja gemeinsam vorgenommen haben, 80 Prozent des letzten Nettoein­kommens beim Kinderbetreuungsgeld als eine Säule festzusetzen, muss es natürlich eine Zuverdienstgrenze geben! Wenn wir von Väterbeteiligung reden, dann reden wir von der Zeit der Väter in der Familie und für die Familie. Warum sollte jemand Zeit in der Familie verbringen, wenn es völlig unabhängig davon ist, ob er weiterarbeiten kann und die gleichen Bezüge dazuverdienen kann?

Ich meine, es ist auch wegen des Lenkungseffekts, gerade um die Väter in der Familie zu haben, wichtig, eine Zuverdienstregelung auch weiterhin zu haben. Dass wir sie flexibler und individueller gestalten wollen, haben wir gemeinsam im Regierungspro­gramm vereinbart.

Der Verfassungsgerichtshof hat ja heute – das für all diejenigen, die es vielleicht noch nicht wissen – sämtliche Klagen bezüglich der Zuverdienstgrenze abgewiesen und hat in allen Punkten bestätigt, dass die Zuverdienstgrenze eben nicht verfassungswidrig ist. Für uns ist das wirklich der Schritt, der es ermöglicht, dass wir mit Vollgas – so sa­ge ich einmal – in die Neuregelung beim Kinderbetreuungsgeld gehen können und eine für die Eltern individuellere, flexiblere und vielleicht auch einfachere beziehungsweise praxisnähere Regelung finden können – im Sinne unserer Familien und, wie Frau Bundesrätin Rausch gesagt hat, gerade für die jungen Familien.

Ich bin überzeugt, dann werden wieder mehr Familien auch Ja zum Kind sagen und sich trauen, ein Kind zu bekommen, weil die Rahmenbedingungen entsprechend flexib­ler sind. – Ich danke für die Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)

14.28


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 100

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.28.4418. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astro­nomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astrono­mische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Bedingungen (10 d.B. und 78 d.B. sowie 8064/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astrono­mische Forschung in der südlichen Hemisphäre (13 d.B. und 79 d.B. sowie 8065/BR d.B.)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Übereinkom­men zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische For­schung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll (14 d.B. und 80 d.B. sowie 8066/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir kommen nun zu den Punkten 18 bis 20 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu diesen Punkten ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Ich bitte um die Berichte.

 


14.29.35

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Sehr geehrter Präsident! Ich darf die Be­richte zur Kenntnis bringen und komme zum ersten Bericht, zum Bericht des Aus­schusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organi­sation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und der dazugehörigen Be­dingungen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 101

Ich komme zum zweiten Bericht, zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astro­nomische Forschung in der südlichen Hemisphäre.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Dieser Bericht legt ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur An­tragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme zum dritten Bericht, zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Auch zu diesem Punkt liegt der Bericht in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Erlitz. Ich erteile ihm dieses.

 


14.32.08

Bundesrat Mag. Wolfgang Erlitz (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Nachredner und ich dürfen Sie jetzt ein wenig in die Welt der Wissenschaft entführen.

Durch diese vorliegenden Verträge wird Österreich nach jahrzehntelangen Bemühun­gen nun endgültig ESO-Mitglied, Mitglied der Europäischen Südsternwarte. Diese ist im Jahre 1962 gegründet worden, um auch europäischen Ländern Beobachtungen auf der südlichen Hemisphäre zu ermöglichen. Warum gerade auf der südlichen und nicht auf der nördlichen Hemisphäre, das wird sicherlich Kollege Köberl dann genau sagen. Jedenfalls ist das für die astronomische Forschung eines kleinen Landes wie Öster­reich von großer und folgenschwerer Bedeutung.

Dieser zentrale Schritt, nämlich Mitglied der ESO zu werden, fällt auch in ein entschei­dendes Jahr, und zwar in ein für die astronomische Forschung bedeutsames Jahr. Die UNO hat nämlich das Jahr 2009 zum Internationalen Jahr der Astronomie ausgerufen. Warum? – Vor 400 Jahren hat der italienische Astronom Galileo Galilei erstmals ein Teleskop entwickelt, für Beobachtungen verwendet und machte damit eine Reihe von Entdeckungen. Fernrohre eröffneten damals schon und natürlich auch in den letzten 400 Jahren den Forschern und Sternfreunden neue Horizonte und führten auch zu einem neuen Bild des Weltalls.

Johannes Kepler veröffentlichte im Jahre 1609 – also vor genau 400 Jahren – seine „Astronomia Nova“, eines der bahnbrechenden Bücher über unser Sonnensystem. Und


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erstmals gelang ihm eine gewisse physikalische Begründung der himmelsmechani­schen Gesetze. Wer sich vielleicht noch an seine Schulzeit erinnert: Die Kepler’schen Gesetze mussten wir alle einmal lernen.

Dieser Johannes Kepler begründete auch in Graz eine Tradition astronomischer und astrophysikalischer Forschung. Er hat von 1594 bis 1600 in Graz gelehrt, aber nicht, Herr Kollege Schnider, an der Jesuitenuniversität, sondern an der evangelischen Stifts­schule. Er war ein Ketzer, er war Protestant und musste deswegen Graz – leider! – verlassen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Schnider.) Er war jedenfalls evangelisch und musste Graz im Zuge der Gegenreformation verlassen.

Die Teleskopgrößen haben sich natürlich in den vergangenen Jahrhunderten stark wei­terentwickelt. Dieses VLT, dieses Very Large Telescope der Europäischen Südstern­warte ist nun das größte Teleskop der Welt. Und österreichische Forscher haben jetzt einen erleichterten Zugang dazu. Es handelt sich dabei um vier Teleskope, die parallel geschaltet werden; der Durchmesser eines Teleskops beträgt 8 Meter.

Die ESO hat auch für die nächsten Jahre ein weiteres Teleskop geplant, das einen Hauptspiegel mit einem Durchmesser von 42 Metern hat. In Observatorien dieser ESO findet sich also hochmoderne Technik, dort findet Spitzenforschung statt. Dort werden regelmäßig bedeutende Entdeckungen gemacht. Benutzen dürfen diese Instrumente allerdings nur Forscher aus Ländern, die Mitglied der ESO sind. Astronomen aus ande­ren Staaten haben zwar unter Umständen auch die Möglichkeit, dort zu beobachten, aber Mitgliedsländer – so wie Österreich – werden eben vorrangig behandelt bezie­hungsweise vorrangig gereiht.

Österreich hat bereits in der Vergangenheit an zahlreichen Projekten der ESO mitge­arbeitet, wenngleich bisher quasi als Trittbrettfahrer – weil wir kein ordentliches Mitglied waren – mit teils verzögertem Zugriff auf wissenschaftliche Daten. Die Forscherge­meinde Österreichs spricht jedenfalls in diesem Zusammenhang von einer Sternstunde der Astronomie. Und damit bleibt Österreich auch mit den Universitäten in Wien, Inns­bruck und Graz einerseits für international renommierte Astronomen weiterhin als Wis­senschaftsstandort attraktiv, andererseits sollte damit aber auch dem österreichischen Nachwuchs das Forschen auf diesem Gebiet schmackhaft gemacht werden.

Die mit diesem Beitritt verbundenen Chancen und Zukunftsperspektiven sollen wohl die Eintrittsgebühr rechtfertigen. Es sind 24,1 Millionen €, ein Teil davon in In-kind-Leis­tungen, das heißt durch High-Tech-Leistungen oder Know-how und so weiter erbracht. Also das sollte wohl die Eintrittsgebühr von 24,1 Millionen € beziehungsweise auch den jährlichen Mitgliedsbeitrag von 3 Millionen € rechtfertigen oder mehr als rechtfertigen.

Das soll es uns wert sein. Jedenfalls sollten wir, so meine ich, uneingeschränkt diesen Verträgen zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.37


Präsident Harald Reisenberger: Bevor ich zur nächsten Worterteilung komme, ge­statten Sie mir eine Information: Herr Bundesminister Hahn, so wurde mir gesagt, ist – wahrscheinlich wegen dieser widrigen Wetterbedingungen – in einem Verkehrsstau steckengeblieben. Frau Staatssekretärin Marek hat spontan seine Vertretung über­nommen. Wir bedanken uns dafür. (Allgemeiner Beifall. – Ruf bei der ÖVP: Wesentlich charmanter!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Köberl. Ich erteile ihm dieses.

 


14.37.36

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Staatssekretärin – als charmante Vertretung des zuständigen Ministers! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Man könnte scherzhaft meinen, es


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obliegt den Steirern, Herr Kollege Erlitz, dem Bundesrat den Blick in neue Dimensionen oder neue Galaxien zu öffnen. (Heiterkeit.) – Das als Eingangsstatement.

Wir haben schon gehört, es geht bei diesen drei Tagesordnungspunkten um die Euro­päische Südsternwarte. Warum Europäische Südsternwarte? – Die Erklärung hiezu lieferte in einer ganz interessanten Ausschusssitzung Herr Ministerialrat Mag. Dr. Da­niel Weselka, bei dem ich mich eingangs herzlich bedanken möchte. Ich glaube, das war die erste Ausschusssitzung, in der es eine Powerpoint-Präsentation gegeben hat, und diese war sehenswert. Auf jeden Fall herzlichen Dank dafür. (Allgemeiner Beifall.)

Zählt die Astronomie zu den ältesten Wissenschaften überhaupt, so ist sie auch ein Opfer ihrer Zeit und unserer Zeit geworden, weil es, wie wir gehört haben, durch die Lichtverschmutzung nicht mehr möglich ist, in jenen Regionen astronomische For­schung zu betreiben, die sehr stark bevölkert sind – das ist eben die Nordhalbkugel un­seres Planeten –, sodass es sich um außergewöhnliche Bedingungen handeln muss, damit es sich lohnt, solche Rieseninvestitionen zu tätigen.

Dazu zählt die Atacama-Wüste auf dem Staatsgebiet Chiles. Wir haben gehört, dort gibt es rund 300 Tage eine Fernsicht, wo man mit freiem Auge über 300 km weit sehen kann. Es gibt dort keinen Niederschlag; dieses Gebiet zählt zu den trockensten über­haupt auf unserem Planeten. In einer Höhe von 2 000 bis 5 000 Metern sind diese Ein­richtungen untergebracht.

Wir haben schon gehört – Kollege Erlitz hat es auch erwähnt –: Die Einrichtungen, die sich dort befinden, waren die Entwicklung eines über 40 Jahre dauernden Prozesses, im Zuge dessen sich europäische Staaten zusammengeschlossen haben, um gemein­sam astronomische Forschung zu betreiben.

Seit 2006 gibt es diese Beitrittsverhandlungen für Österreich, 2008 und mit dem heuti­gen Beschluss über die Bühne gegangen.

Es geht dort um Projekte, die natürlich vorzugsweise auch wieder den Forschungsstät­ten und Wissenschaftlern in den Mitgliedsländern zugute kommen. Wir haben gehört, dass die Beobachtungszeiten zwei- bis vierfach überbucht sind, ganz einfach dadurch, weil jeder versucht, zu dieser Spitzentechnologie seinen Beitrag zu leisten.

Interessantes Detail: Zwölf Monate gibt es dort ein Exklusivrecht für die jeweilige For­schungsstätte, ab dann sind die Ergebnisse auch allgemein zugänglich.

Das Headquarter oder der Hauptsitz, wie es auf Deutsch heißt, der ESO befindet sich interessanterweise in der Nähe von München, ein Großteil der technischen Einrichtun­gen, wie gesagt, in Chile.

Wir haben die Details schon gehört. Das Very Large Telescope, das derzeit in Betrieb ist, hat einen Spiegeldurchmesser von über acht Metern. Weitere technologische De­tails sind, dass diese vier Spiegel verbunden sind und noch einmal vier bewegliche Spiegel mit einem Durchmesser von 1,8 Metern das Ganze verstärken. Damit ist wirklich ein Vorstoß in neue Dimensionen möglich. Ein Beispiel dafür: Damit kann man 4 Milliarden mal mehr sehen als mit dem menschlichen Auge. Das sind Dinge, die dort wirklich Spitzentechnologie ermöglichen.

Das neueste geplante „Kind“ beziehungsweise Projekt der ESO ist das sogenannte European Extremely Large Telescope. Hier geht es um einen Spiegel mit einem Durch­messer von 42 Metern, der ab 2018 das weltweit größte Auge auf dem Himmel sein soll. Wozu? – Damit soll auch eine der größten wissenschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit, nämlich das Aufspüren von erdähnlichen Planeten und Sternen mit be­wohnbaren Zonen, möglich sein. Dazu kommen die Erforschung der Eigenschaften der ersten Sterne und Galaxien und das Sondieren der sogenannten dunklen Materie und dunklen Energie.


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Wir haben schon gehört, Österreich hat eine lange Tradition auf dem Gebiet der Astro­nomie. Es sind nicht nur Namen wie Johannes Kepler, der von der Steiermark dann weitergezogen ist nach Linz, wo auch die Universität nach ihm benannt ist, sondern interessantes Detail am Rande: Es war vor mehr als 100 Jahren, nämlich genau 1883, als die Universitätssternwarte in Wien das damals größte je gebaute Linsenfernrohr mit einem Durchmesser von 68 cm beherbergen durfte. Dieses Fernrohr ist übrigens wie­der in Betrieb. Und wir haben eine Einladung bekommen, uns – damit sind die Mit­glieder des Bundesrates, also die Politiker gemeint – dorthin bei Nacht, aber nicht bei Nebel zu begeben, um auch einmal den Sternenhimmel beobachten zu können.

Wie gesagt, ich glaube, dieser Beitritt ist ein Schritt, den Österreich sicherlich nicht zu bereuen hat. Wenn man bedenkt, dass es hier wirklich um Spitzentechnologie geht und dass auch unsere Forschungsstätten, sprich die Universitäten Wien, Graz und vor al­lem Innsbruck, davon profitieren und damit wirklich zu Weltklasse-Unis werden können, wo es diesen Zugang gibt, wird sich meiner Meinung nach dieser Beitritt allemal aus­zahlen.

In diesem Sinne wird unsere Fraktion natürlich diesen Anträgen auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.43


Präsident Harald Reisenberger: Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie haben einen fliegenden Wechsel auf der Regierungsbank erlebt. Ich darf in unserer Mitte wieder Frau Bundesministerin Bandion-Ortner begrüßen. Herzlich willkommen!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organi­sation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Be­dingungen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäi­schen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsberei­ches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Arti­kel 50 Abs. 2 Z. 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich konstatiere hier die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist so­mit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend ein Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisa­tion für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.46.2321. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend eine Änderung des Übereinkommens zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Re­publik Polen, Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschulbildung im Rahmen des Central European Exchange Programme for University Studies („CEEPUS II“) (17 d.B. und 81 d.B. sowie 8067/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Bitte um den Bericht.

 


14.46.51

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Feb­ruar 2009 betreffend eine Änderung des Übereinkommens zwischen der Republik Ös­terreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hoch­schulbildung im Rahmen des Central European Exchange Programme for University Studies zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Blatnik. Ich erteile ihr dieses.

 


14.48.02

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Frau Bundesministerin! Gospa zvezna ministrica! Bei dieser Regierungsvorlage geht es um die Verlängerung der Geltungsdauer des CEEPUS II-Übereinkommens um zwei Jahre.


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Es ist ein Programm zur Förderung der Zusammenarbeit und des Austausches auf dem Gebiet der Hochschulbildung in Zentraleuropa. Hier geht es um einen Austausch und ein Studienprogramm sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrerinnen und Lehrer sowie um die akademische Mobilität speziell in Mittel- und Osteuropa.

Damit wird die wissenschaftliche Kooperation in diesem Raum auf eine neue Ebene gehoben. Es wird nicht nur die Zusammenarbeit der Universitäten in diesem Raum ge­fördert, sondern durch den Austausch der Studierenden, der Lehrerinnen und Lehrer kann sich eine neue Ebene des Einander-Verstehens, des Abbaus von Vorurteilen und Misstrauen entwickeln.

Neben dem konkreten Nutzen der Forschung für uns alle, der Entwicklung freund­schaftlicher und gut nachbarschaftlicher Beziehungen wird diese Form der Kooperation auch den Standort der österreichischen Universitäten und Forschungseinrichtungen stärken.

Der berühmte italienische Schriftsteller Umberto Eco hat einmal gemeint, dass durch den Austausch von Studentinnen und Studenten, von Lehrerinnen und Lehrern im Rahmen der EU eine neue europäische Elite heranwachsen wird, die vor Nationalis­men und Engstirnigkeit gefeit sein wird.

Ich glaube, gerade in Zeiten einer ernsten Wirtschaftskrise ist es notwendig, auf Bil­dung und Ausbildung zu setzen, aber auch auf Vernetzung und Kooperation. Wir brau­chen eine innovative Wissensgesellschaft, die Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit findet.

Wir werden diesem Beschluss des Nationalrates selbstverständlich zustimmen.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörig­keit.)

14.50


Präsident Harald Reisenberger: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Eibin­ger. Ich erteile ihr dieses.

 


14.50.51

Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir kön­nen stolz darauf sein, dass dieses CEEPUS-Programm eine Initiative Österreichs ist, und zwar aus der Mitte der neunziger Jahre – und nicht, wie manche vielleicht meinen, ein EU-Programm. Das war eine österreichische Initiative, um den Austausch mit Stu­dierenden aus Mittel- und Osteuropa zu forcieren.

Inhalt dieses Abkommens ist einerseits die Anrechnung von Prüfungsleistungen, ande­rerseits aber auch die Entwicklung von gemeinsamen Studienprogrammen, von soge­nannten Joint-Bachelor-, Joint-Master-Programmen beziehungsweise von Doppel-Di­plomen. Das heißt, dass man ein Studium eben zum Teil in Österreich und in einem der Vertragsstaaten absolviert und am Ende des Studiums sowohl einen österreichi­schen Abschluss als auch einen Abschluss des anderen Landes hat. Ich halte das für eine ganz hervorragende Sache.

Es ist kein Zufall, dass ich als Steirerin mich hiezu zu Wort melde, denn die Steiermark hat durch ihre geographische Lage natürlich ein Naheverhältnis zum südost- und ost­europäischen Raum. Nicht nur an steirischen Universitäten gibt es bereits zahlreiche Studierende aus diesen Ländern, sondern es gibt auch viele steirische Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen dorthin pflegen, die zum Teil dort Außenstellen haben. Ar­beitnehmer, die in Österreich, aber auch in einem dieser Staaten studiert haben, sind


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bei diesen Unternehmen natürlich besonders gefragt. Man kann sagen, dass die Aus­tauschstudenten von heute die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kontakte von morgen darstellen, was gerade in Krisenzeiten wie diesen besonders wichtig ist.

Ein weiterer Aspekt: die Mobilität. Wenn man als Student in ein anderes Land geht, um dort einen Teil des Studiums zu absolvieren, dann ist man natürlich auch im Be­rufsleben mobil und eher bereit, seinen Arbeitsplatz in ein anderes Land zu verlegen. Gerade uns Österreichern wird ja diesbezüglich eine gewisse Inflexibilität vorgeworfen, wobei es ja da nicht zuletzt so ist, dass es oft auch an Fremdsprachenkenntnissen mangelt. Fremdsprachenkenntnisse werden natürlich auch bei Austauschprogrammen gefördert.

So ein Programm stellt daher eine große Chance gerade für uns junge Menschen dar, aber eben nicht nur für diese, sondern für Europa insgesamt, denn das alles wird, wie bereits Ana Blatnik sagte, dazu beitragen, dass wir in Europa stärker zusammenwach­sen, dass wir einander besser verstehen, was ja heute leider noch immer keine Selbst­verständlichkeit ist, wobei das aber quer durch alle Altersgruppen geht.

Ich möchte noch ganz kurz darauf eingehen, warum wir jetzt eine Verlängerung des CEEPUS-Programmes beschließen. Es ist so, dass sich die teilnehmenden Länder auf teilweise sehr unterschiedlichem Niveau, was die Universitäten anlangt, befinden, und der Zeitrahmen war dafür einfach zu kurz, um gemeinsame Studienprogramme zu ent­wickeln. Wenn wir aber den Blick hier auf Österreich richten, müssen wir sagen – bei all dem, was bei uns in den letzten Jahren im Umbruch war; eben auch mit der Umstel­lung auf Bachelor- und Master-Studien –, dass es verständlich ist, dass man eben auch für dieses Programm noch ein wenig Zeit benötigt.

Im Rahmen des CEEPUS-Programmes gibt es bereits 50 multilaterale Netzwerke; al­lein im nächsten Jahr kommen weitere 15 hinzu, wie wir ja bereits im Ausschuss gehört haben. Das ist dann ein, wie ich meine, wirklich starkes Universitätsnetzwerk, und Ös­terreich kann dabei seine Rolle als Partner für Osteuropa einmal mehr stärken bezie­hungsweise neuerlich unter Beweis stellen und sich selbst natürlich auch als interes­santen Hochschulstandort etablieren. Die Reputation Österreichs in diesen Ländern ist ja nicht zuletzt durch diese Programme sehr hoch.

Daher gibt es von unserer Seite natürlich volle Unterstützung hiefür, und dieses Ab­kommen wird sehr begrüßt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

14.54


Präsident Harald Reisenberger: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.55.2822. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 108

die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (51 d.B. sowie 8068/BR d.B.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Nunmehr kommen wir zum 22. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Ich bitte um den Bericht.

 


14.55.50

Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Meine Damen und Herren! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Februar 2009 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Republik Vietnam über die gegenseitige Anerken­nung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstel­lung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. März 2009 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 11. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Harald Reisenberger: Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.57.0223. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert“ (175/A-BR/2009)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wir gelangen nun, und zwar aufgrund der ergänzten Tagesordnung, zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 175/A-BR/2009 der Bundesräte Harald Reisenberger, Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert“.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung ge­ben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf Abhaltung der gegenständlichen Enquete ist somit angenommen.

Hinsichtlich des Termins, der Tagesordnung und des Teilnehmerkreises für die soeben beschlossene Enquete darf ich auf den bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zu­gegangenen Selbständigen Antrag 175/A-BR/2009 verweisen.

*****


BundesratStenographisches Protokoll767. Sitzung / Seite 109

Bevor ich die Tagesordnung für erschöpft erkläre, darf ich noch eine Mitteilung in eige­ner Sache machen.

Meine Damen und Herren, Sie haben bereits großteils, glaube ich, eine Einladung für den 25. März ins Wiener Rathaus bekommen. Auf dieser Einladung ist ein kleiner Feh­ler passiert, den ich hiermit korrigieren möchte: Diese Einladung ist zwar für eine Per­son, aber Sie sind natürlich herzlichst eingeladen, eine Begleitperson mitzunehmen. Ich würde mich jedenfalls freuen, Sie dort zahlreich begrüßen zu dürfen.

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Die Tagesordnung ist erschöpft.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 26. März 2009, 9 Uhr, in Aussicht ge­nommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 24. März 2009, 13 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

14.59.25Schluss der Sitzung: 14.59 Uhr

 

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Parlamentsdirektion

1017 Wien