Fachinfos - Judikaturauswertungen 01.04.2025

Antrag nach Auskunftspflichtgesetz zu Reisen des Bundespräsidenten

BVwG 5.2.2025, W298 2292389-1/2E

Ein Nationalratsabgeordneter (Beschwerdeführer) brachte ein Auskunftsersuchen nach dem Auskunftspflichtgesetz bei der Präsidentschaftskanzlei ein, worin er eine nach Personen gegliederte Reisekostenaufstellung zu bestimmten Reisen des Bundespräsidenten begehrte. Die Präsidentschaftskanzlei übermittelte eine gesamthafte Kostenabrechnung je Reise, ohne aber die Kosten auf die einzelnen Mitarbeiter:innen aufzuschlüsseln. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies eine dagegen erhobene Beschwerde ab, weil dem Begehren auf Auskunft die Amtsverschwiegenheit der Präsidentschaftskanzlei sowie das Grundrecht auf Datenschutz ihrer Mitarbeiter:innen entgegenstünden. Der Beschwerdeführer sei zudem - entgegen seinem Vorbringen – kein "public watchdog" im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer, ein Abgeordneter zum Nationalrat, hatte eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz an das Bürgerservice des Bundespräsidenten bei der Präsidentschaftskanzlei gestellt, womit er nähere Informationen über Reisen des Bundespräsidenten zu Festspielen sowie die damit verbundenen Kosten erlangen wollte. Diese Anfrage wurde von der Präsidentschaftskanzlei zwar beantwortet, allerdings im Umfang nicht zur Zufriedenheit des Beschwerdeführers, der deshalb eine bescheidmäßige Erledigung beantragte. In dem in der Folge erlassenen Bescheid ergänzte die Präsidentschaftskanzlei ihre bereits erteilte Auskunft, nahm jedoch keine weitere Aufschlüsselung der Kostenpunkte vor.

Zur Bekämpfung dieses Bescheids wandte sich der Beschwerdeführer an das BVwG und brachte vor, dass die Präsidentschaftskanzlei seine Fragen nicht gesetzeskonform beantwortet habe: Es sei nämlich nicht nachvollziehbar, welche Kosten für die Reise sowie Beherbergung welcher Person verursacht worden seien und auch die Reisebewegungen des Bundespräsidenten und seiner Mitarbeiter:innen seien nicht nachvollziehbar.

Die Präsidentschaftskanzlei erließ eine Beschwerdevorentscheidung, in der sie dem Beschwerdeführer die Erteilung einer weitergehenden Auskunft verweigerte: Eine Auskunftserteilung habe nämlich zu unterbleiben, wenn dies ein Sicherheitsrisiko für den Bundespräsidenten, seine Ehefrau oder die Mitarbeiter:innen der Präsidentschaftskanzlei bedeute. In der Folge entschied das BVwG.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Die Beschwerde sei abzuweisen: Laut einem rezenten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) hätten Nationalratsabgeordnete, wenn sie nicht in ihrer Funktion als Organe der Gesetzgebung tätig würden, ein Auskunftsrecht nach dem Auskunftspflichtgesetz. Dem Beschwerdeführer – der in diesem Fall erkennbar nicht in seiner Funktion als Nationalratsabgeordneter auftrete – stehe folglich "wie jedermann" ein Auskunftsrecht nach dem Auskunftspflichtgesetz zu. Ein darüber hinausgehender Informationszugang aus Art. 10 EMRK sei ihm jedoch verwehrt: Er sei als Nationalratsabgeordneter nämlich entgegen seinen Behauptungen kein "public watchdog" im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) (vgl. dazu grundlegend EGMR [GK], 8.11.2017, 18030/11, Magyar Helsinki Bizottság gg. Ungarn; darauf aufbauend die Urteile vom 3.2.2022, 39325/20, Šeks gg. Kroatien und vom 4.3.2025, 4326/18, Girginova gg. Bulgarien sowie die Entscheidungen österreichischer Gerichte VfGH 4.3.2021, E 4037/2020; OGH 5.12.2022, 5 Ob 178/22w und VwGH 24.10.2024, Ra 2023/05/0006). Die Privilegierung als "public watchdog" erfordere insbesondere journalistische Recherchen oder die Tätigkeit in einer Nichtregierungsorganisation. Dass sein Auskunftsbegehren als Vorbereitungsschritt für solche Tätigkeiten dienen sollte, gehe aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hervor, vielmehr werde es mit der parlamentarischen Kontrollpflicht begründet. Hinzu komme, dass selbst die Privilegierung als "public watchdog" keine Informationspflichten begründe, soweit Geheimhaltungspflichten des Staates entgegenstünden.

Folglich sei gemäß § 1 Abs. 1 des Auskunftspflichtgesetzes zu prüfen, ob und inwieweit dem Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers gesetzliche Verpflichtungen der Präsidentschaftskanzlei entgegenstünden, nämlich hier die Amtsverschwiegenheit gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG und die Pflicht zur Geheimhaltung personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 und 2 DSG. 

Dies sei hier der Fall: Zum einen würde eine genauere Beantwortung der Frage betreffend Bahnreisekosten auf unverhältnismäßige Weise in das Grundrecht auf Datenschutz der Mitarbeiter:innen der Präsidentschaftskanzlei eingreifen, weil dafür eine Auflistung der einzelnen Mitarbeit:innen erforderlich wäre. Zudem sei eine Beurteilung, ob Steuergeld zweckmäßig verwendet worden sei, bereits anhand der erteilten Auskunft über die Gesamtkosten der jeweiligen Reise möglich; inwieweit eine genaue Auflistung der Reisekosten jeder einzelnen Person dafür notwendig wäre, sei hingegen nicht nachvollziehbar.

Zum anderen würde eine genaue Auskunft über die Transportmittelwahl einzelner Personen Rückschlüsse auf personenbezogene Daten einzelner Mitarbeiter:innen des Bundespräsidenten und seiner Ehegattin zulassen. Überdies könnte eine Veröffentlichung der Information, welcher bzw. welche Mitarbeiter:in mit welchem Transportmittel auf welcher Strecke gefahren ist, die Sicherheit des Bundespräsidenten, seiner Ehefrau und seiner Mitarbeiter:innen gefährden, zumal solche Reisen öfter erfolgten. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer bereits eine genaue Auskunft zu den gewählten Transportmitteln und den Gesamtkosten ihrer Benützung erhalten.

Ebenso würde eine genaue Aufschlüsselung der Beherbergungskosten auf einzelne Mitarbeiter:innen personenbezogene Rückschlüsse zulassen und habe daher zu unterbleiben. Wiederum würde auch die Sicherheit des Bundespräsidenten gefährdet, wenn genauere Daten zu den Kosten einzelner Zimmer offengelegt würden, zumal in Zukunft dieselben Unterkünfte gebucht werden könnten. Eine genauere Aufschlüsselung sei daher aufgrund der Amtsverschwiegenheit sowie der datenschutzrechtlichen Geheimhaltungsinteressen der an den Reisen beteiligten Personen nicht zu erteilen.

Im Ergebnis habe die Präsidentschaftskanzlei daher zu Recht eine weitere Auskunftserteilung verweigert.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.