Wirtschaftlicher Wiederaufbau

Unmittelbar nach dem Kriegsende war Österreich zur Versorgungssicherung auf Hilfslieferungen der Alliierten angewiesen. Vor allem städtische Ballungszentren litten unter Hunger und materieller Not.

Die Teilung des Landes in vier Besatzungszonen erschwerte den raschen wirtschaftlichen Wiederaufbau; extremer Gütermangel bei gleichzeitig herrschendem Geldüberhang heizte die Inflation an. 

Weichenstellungen für den Wiederaufbau

Richtungweisende Entscheidungen trafen die Regierungsparteien mit der Verstaatlichung wichtiger Industriebetriebe und Banken 1946/47 und einer Währungsreform zur Eindämmung der Inflation. Der Wert der Schillingnoten wurde mit dem im November 1947 im Nationalrat beschlossenen "Währungsschutzgesetz" (BGBl. Nr. 250/1947) auf ein Drittel herabgesetzt.

Aus Protest traten die Kommunisten aus der Regierung aus. Der kommunistische Minister für Energiewirtschaft und Elektrifizierung hatte bereits im Ministerrat seine Zustimmung zum Entwurf verweigert.

Der Ministerratsbeschluss konnte daher nicht einstimmig gefasst werden. Dennoch legten die beiden anderen Regierungspartner ÖVP und SPÖ, die die Maßnahmen in bilateralen Gesprächen verhandelt hatten, den Entwurf dem Nationalrat vor, um ihn in einem zeitlich knapp bemessenen Verfahren zu beschließen. Die vier kommunistischen Abgeordneten stimmten dagegen.

Die mit dem Währungsschutzgesetz erzielte Anpassung der Geldmenge an den Warenumlauf trug dazu bei, dem florierenden Schwarzmarkt die Grundlage zu entziehen.

Bundeskanzler Leopold Figl (ÖVP) beklagte in seiner Neujahrsrede 1948 den Widerspruch zwischen der Anerkennung für die Leistungen Österreichs beim Wiederaufbau und dem Nichtzugestehen der vollen staatlichen Souveränität.

Zwischen Bewirtschaftung und Marktsystem

Versorgungskrise und fehlende privatwirtschaftliche Strukturen hatten nach dem Krieg die Weiterführung von Bewirtschaftungsmaßnahmen und staatliche Regulierung notwendig gemacht. Abgesehen von einer Minderheit innerhalb der SPÖ, die auf planwirtschaftliche Lenkung setzte, herrschte breiter Konsens über die Rückkehr zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Dass dem Staat weiterhin eine wichtige Lenkfunktion zukommen sollte, fand auch innerhalb der ÖVP Zustimmung.

Bis 1947 blieb die Versorgungslage prekär. Otto Sagmeister (SPÖ), Bundesminister für Volksernährung, konnte den Österreicher:innen im September 1949 die erfreuliche Nachricht überbringen: die Erhöhung der täglichen Kaloriennorm für die Lebensmittelzuteilung an Normalverbaucher:innen auf 2100. Vor dem Krieg war der durchschnittliche tägliche Kalorienverbrauch bei 3200 gelegen.

Der Marshall-Plan

Mit der Teilnahme an dem US-Hilfsprogramm bekannte sich Österreich zur Integration in das kapitalistische, marktwirtschaftliche System des Westens. Befürchtungen, die Sowjetunion könnte sich provoziert fühlen und auf eine Teilung des Landes bestehen, erwiesen sich als unbegründet. Späteren Bestrebungen nach Integration in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft setzte die Sowjetunion jedoch ein Veto entgegen.

Österreich profitierte besonders von der Marshall-Plan-Hilfe. Die zum überwiegenden Teil nicht als Kredit, sondern als Geschenk an Österreich vergebenen Mittel bewirkten einen nachhaltigen wirtschaftlichen Impuls und hohe Wachstumsraten.

In der konkreten Umsetzung, die über das Bundeskanzleramt gesteuert wurde, verstärkte die Marshall-Plan-Hilfe den Einfluss des Staates auf die österreichische Wirtschaft.