Rechtsstellung

Kann das Staatsoberhaupt rechtlich verfolgt oder angeklagt werden? Und was passiert, wenn die Bundespräsidentin bzw. der Bundespräsident verhindert ist? Über die Rechtsstellung des Staatsoberhauptes.

Spitze der Verwaltung

Der Bundespräsident bzw. die Bundespräsidentin steht – gemeinsam mit der Bundesregierung – an der Spitze der Verwaltung des Bundes. Er/Sie ist an keine Weisung gebunden, wohl aber an die Gesetze.

Anders als einem Mitglied der Bundesregierung ist es dem Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin nicht erlaubt, dem Nationalrat oder dem Bundesrat anzugehören.

1929: Stärkung des Präsidenten

1920 hatte die Bundesverfassung vorgesehen, dass der Bundespräsident bzw. die Bundespräsidentin von der Bundesversammlung und die Bundesregierung vom Nationalrat gewählt werden. Das Parlament hatte also eine sehr starke Position, die von vielen heftig kritisiert wurde.

1929 stärkte eine Verfassungsnovelle die exekutive Gewalt: Volkswahl, Ernennung und Entlassung der Bundesregierung und die Auflösung des Nationalrats kamen als neue Rechte für das höchste Amt im Staat hinzu.

Das Volk wählt, das Volk setzt auch ab

Politisch verantwortlich ist der Bundespräsident bzw. die Bundespräsidentin dem Volk: Dieses könnte ihn/sie per Volksabstimmung absetzen. Über die Abhaltung einer solchen Volksabstimmung entscheidet die Bundesversammlung. (Diese kann wiederum nur vom Bundeskanzler auf Beschluss des Nationalrats einberufen werden). Lehnt das Volk aber die Absetzung des Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin ab, ist damit der Nationalrat aufgelöst.

Verfolgung und Anklage

An sich kann der/die Bundespräsident:in nicht behördlich verfolgt werden. Der Nationalrat kann allerdings einen Beschluss darüber fassen, ob die Bundesversammlung sich mit einer behördlichen Verfolgung des Staatsoberhaupts befassen soll. Spricht sich der Nationalrat dafür aus, hat der Bundeskanzler die Bundesversammlung sofort einzuberufen. Auch der Bundesrat hat das Recht, zu diesem Zweck die Einberufung einer Bundesversammlung zu verlangen.

Verstößt der/die Bundespräsident:in in seiner/ihrer Amtsführung gegen die Verfassung, kann die Bundesversammlung vor dem  Verfassungsgerichtshof Anklage erheben.

Diese Regelungen sind jedoch nur für Ausnahmesituationen gedacht und haben bisher in der Praxis der Zweiten Republik keine Bedeutung gehabt.

Was geschieht, wenn das Staatsoberhaupt verhindert ist?

Ist die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident verhindert, vertritt es zunächst der/die Bundeskanzler:in - aber nur in den ersten 20 Tagen.

Dauert die Verhinderung länger oder ist das Amt dauernd erledigt (z. B. durch Tod, Rücktritt, Amtsverlust z. B. aufgrund einer Verurteilung durch den Verfassungsgerichtshof), geht die Vertretung auf die drei Nationalratspräsidenten bzw. Nationalratspräsidentinnen über.