Stenographisches Protokoll

685. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 14. März 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

685. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 14. März 2002

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 14. März 2002: 9.01 – 22.23

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Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz)

2. Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Behörden-Überleitungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden

3. Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, das Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz geändert werden

4. Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz geändert wird

5. Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird

6. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002) erlassen und das Kraftfahrgesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz – Luft geändert werden

7. Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird

8. Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus samt Anlage

9. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G) erlassen und das Urlaubsgesetz geändert werden

10. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über die Beendigung der Tätigkeit des Internationalen Registeramts in Klosterneuburg

11. Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik Lettland zum Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 2

12. Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 15. Oktober 2001 betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals

13. Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz (BPG) geändert wird

14. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geändert wird

15. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der Sozialen Sicherheit

16. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über sozialen Sicherheit

17. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (Fachhochschul-Studiengesetz – FHStG) geändert wird

18. Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird

19. Kulturbericht 1998 der Bundesregierung

20. Kulturbericht 1999 der Bundesregierung

21. Kulturbericht 2000 der Bundesregierung

22. 3. Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 2000/2001)

23. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (E-Geldgesetz) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden

24. Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (VAG-Novelle 2002)

25. Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, das ASFINAG-Gesetz, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997, das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden und das Bundesgesetz über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen erlassen wird (Bundesstraßen-Übertragungsgesetz)

26. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird

27. Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird

28. Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird

29. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
685. Sitzung / Seite 3

30. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Bundesregierung der Bundesrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen

31. Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

*****

Inhalt

Bundesrat

Sitzungsunterbrechung 110

Ordnungsruf 182

Personalien

Krankmeldung 14

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 33

Ausschüsse

Zuweisungen 33

Fragestunde

Bundesministerium für Justiz 14

Georg Keuschnigg (1228/M-BR/02); Johanna Auer, Dr. Robert Aspöck

Ferdinand Gstöttner (1234/M-BR/02); Dr. Klaus Peter Nittmann, Alfred Schöls, Stefan Schennach

Gottfried Kneifel (1229/M-BR/02); Johann Kraml, Christoph Hagen

Dr. Peter Böhm (1232/M-BR/02); Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Mag. Dietmar Hoscher

Manfred Gruber (1235/M-BR/02); Dr. Klaus Peter Nittmann, Josef Saller

Dr. Vincenz Liechtenstein (1230/M-BR/02); Johanna Auer, Dr. Klaus Peter Nittmann

Johanna Auer (1236/M-BR/02); Dr. Peter Böhm, Ing. Franz Gruber

Alfred Schöls (1231/M-BR/02); Johanna Auer, Dr. Robert Aspöck

Christoph Hagen (1233/M-BR/02); Jürgen Weiss, Karl Boden

Dringliche Anfragen


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 4

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offizieres – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen (1912/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offizieres – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen (1913/J-BR/02)

Begründung: Albrecht Konecny 110

Beantwortung: Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 114

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 120

Redner:

Reinhard Todt 125

Dr. Ferdinand Maier 128

Anna Schlaffer (tatsächliche Berichtigung) 131

Harald Reisenberger 131

Dr. Peter Böhm 135

Stefan Schennach 136

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 139

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 140

Mag. Harald Himmer 141

Christoph Hagen 143

Ludwig Bieringer 145

Albrecht Konecny 147

Leopold Steinbichler 150

Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Dr. Peter Böhm, Dr. Ferdinand Maier und Kollegen betreffend Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres 130

Annahme (E/174-BR/2002) 151

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz) (744 und 993/NR sowie 6579/BR d. B.)

(2) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Behörden-Überleitungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden (994/NR sowie 6580/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Vincenz Liechtenstein 35

[Antrag, zu (1) und (2) gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Johann Kraml 35

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 37 und 45

Fritz Grillitsch 42

Reinhard Todt 43

Ulrike Haunschmid 46

Stefan Schennach 49

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 52


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 5

Ing. Franz Gruber 54

Friedrich Hensler 55

Anna Höllerer 56

Leopold Steinbichler 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1) und (2) gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 59

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, das Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz geändert werden (970 und 991/NR sowie 6575 und 6581/BR d. B.)

(4) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz geändert wird (992/NR sowie 6582/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 60

[Antrag, zu (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Karl Boden 61

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 62 und 68

Fritz Grillitsch 63

Mag. John Gudenus 64

Stefan Schennach 66

Germana Fösleitner 69

Dr. Vincent Liechtenstein  70

Johann Ledolter 72

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) und (4), keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 73

(5) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (843 und 1007/NR sowie 6583/BR d. B.)

Berichterstatterin: Germana Fösleitner 74

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Georg Keuschnigg 74

Johanna Auer 75

Thomas Ram 76

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 77

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 77

Gemeinsame Beratung über


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 6

(6) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002) erlassen und das Kraftfahrgesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz – Luft geändert werden (984, 97/A und 1008/NR sowie 6576 und 6584/BR d. B.)

(7) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (1009/NR sowie 6585/BR d. B.)

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 78

[Antrag, zu (6) dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44  Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und zu (7) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Stefan Schennach 78

Jürgen Weiss 80

Ferdinand Gstöttner 81

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 82

Anna Höllerer 83

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 85

Hans Ager 86

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (6), dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmenmehrheit) 87

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (7) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 88

(8) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus samt Anlage (902 und 996/NR sowie 6586/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Vincenz Liechtenstein 88

(Antrag, 1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Alfred Schöls 89

Harald Reisenberger 89

Mag. John Gudenus 93

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 95

Dr. Klaus Peter Wittmann 97

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 97

(9) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenar


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685. Sitzung / Seite 7

beit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G) erlassen und das Urlaubsgesetz geändert werden (724 und 995/NR sowie 6587/BR d. B.)

Berichterstatterin: Margarete Aburumieh 98

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Melitta Trunk 98

Alfred Schöls 100

Mag. John Gudenus 101

Stefan Schennach 103

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 105

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 108

Gemeinsame Beratung über

(10) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über die Beendigung der Tätigkeit des Internationalen Registeramts in Klosterneuburg (900 und 997/NR sowie 6588/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik Lettland zum Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht (768 und 999/NR sowie 6589/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 15. Oktober 2001 betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals (952 und 1000/NR sowie 6590/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Ledolter 108

[Antrag, zu (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben und zu (12) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 109

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (12), dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 110

Gemeinsame Beratung über

(13) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz (BPG) geändert wird (949 und 1024/NR sowie 6591/BR d. B.)

(14) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geändert wird (951 und 1025/NR sowie 6592/BR d. B.)


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685. Sitzung / Seite 8

Berichterstatter: Thomas Ram 151

[Antrag, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Hans Ager 152

Roswitha Bachner 152

Ulrike Haunschmid 154

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 155

Gemeinsame Beratung über

(15) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der Sozialen Sicherheit (749 und 1026/NR sowie 6593/BR d. B.)

(16) Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit (750 und 1027/NR sowie 6594/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 156

[Antrag, zu (15) und (16) keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (15) und (16) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 156

(17) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (Fachhochschul-Studiengesetz – FSHG) geändert wird (976 und 1013/NR sowie 6577 und 6595/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Saller 157

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Herwig Hösele 157


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685. Sitzung / Seite 9

Herbert Würschl 159

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 160

Ing. Gerd Klamt 162

Stefan Schennach 163

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 164

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 165

(18) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (579/A und 1014/NR sowie 6596/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Saller 165

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Gerhard Tusek 165

Herbert Würschl 167

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 167

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 168

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 169

Gemeinsame Beratung über

(19) Kulturbericht 1998 der Bundesregierung (III-201-BR/99 sowie 6597/BR d. B.)

(20) Kulturbericht 1999 der Bundesregierung (III-217-BR/01 sowie 6598/BR d. B.)

(21) Kulturbericht 2000 der Bundesregierung (III-229-BR/02 sowie 6599/BR d. B.)

(22) 3. Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 2000/2001) (III-232-BR/02 sowie 6600/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Gerhard Tusek 170

[Antrag, zu (19), (20), (21) und (22) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen]

Redner:

Reinhard Todt 170

Herwig Hösele 171

Mag. John Gudenus 173

Dr. Vincenz Liechtenstein 174

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 175

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 177

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (19), (20) und (22), den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 178

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (21), den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 178

(23) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (E-Geldgesetz) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (924 und 1019/NR sowie 6601/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 178

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Ledolter 179

Mag. Dietmar Hoscher 180

und (tatsächliche Berichtigung) 181

Dr. Robert Aspöck 181

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 182


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685. Sitzung / Seite 10

(24) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (VAG-Novelle 2002) (904 und 1018/NR sowie 6602/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 182

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Leopold Steinbichler 183

Mag. Dietmar Hoscher 183

Dr. Robert Aspöck 184

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 185

(25) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, das ASFINAG-Gesetz, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997, das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden und das Bundesgesetz über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen erlassen wird (Bundesstraßen-Übertragungsgesetz) (599/A und 1023/NR sowie 6578 und 6603/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 185

(Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Jürgen Weiss 186

Mag. Dietmar Hoscher 188

Christoph Hagen 189

Herwig Hösele 190

Johanna Schicker 192

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 192

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen betreffend rasche Realisierung des Semmering-Basistunnels 189

Ablehnung 193

Entschließungsantrag der Bundesräte Herwig Hösele, Ing. Gerd Klamt und Kollegen betreffend Artikel 15a B-VG-Vereinbarung im Zusammenhang der Verländerung der Bundesstraßen 191

Annahme (E/175-BR/2002) 193

 


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 11

Gemeinsame Beratung über

(26) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (927 und 1020/NR sowie 6604/BR d. B.)

(27) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird (968 und 1021/NR sowie 6605/BR d. B.)

(28) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (598/A und 1022/NR sowie 6606/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfredo Rosenmaier 194

[Antrag, zu (26), (27) und (28) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Jürgen Weiss 194

Horst Freiberger 195

Christoph Hagen 197

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (26), (27) und (28), keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 198

Gemeinsame Beratung über

(29) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (771 und 1015/NR sowie 6607/BR d. B.)

(30) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Bundesregierung der Bundesrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen (831 und 1016/NR sowie 6608/BR d. B.)

(31) Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (901 und 1017/NR sowie 6609/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Würschl 199

[Antrag, zu (29), (30) und (31) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (29), (30) und (31), dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 200


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685. Sitzung / Seite 12

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Christoph Hagen, Wilhelm Grissemann und Thomas Ram an den Bundesminister für Inneres (1906/J-BR/02)

der Bundesräte Christoph Hagen, Wilhelm Grissemann und Thomas Ram an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Fördergelder des Arbeitsmarktservice (AMS) (1907/J-BR/02)

der Bundesräte Christoph Hagen, Wilhelm Grissemann und Thomas Ram an den Bundesminister für Inneres betreffend vermehrte Einstellung von weiblichen Wachbeamtinnen (1908/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend unglaubliche Verschwendung von Steuermitteln durch den Bundesminister für Finanzen für Bankette im Finanzministerium (1909/J-BR/02)


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 13

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend unbefriedigende Anfragebeantwortung der Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss und Ilse Giesinger (1898/J-BR/2001) betreffend parteipolitisch einseitige Information an Vorarlberger Grenzgänger (1910/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Ilse Giesinger, Jürgen Weiss und Christoph Hagen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verordnung für bundeseinheitliche Grenzwerte für Mobilfund-Sendeanlagen (1911/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und GenossInnen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offizieres – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen (1912/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offizieres – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen (1913/J-BR/02)

der Bundesräte Jürgen Weiss und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend parteipolitisch einseitige Information an Vorarlberger Grenzgänger (1914/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Justiz betreffend Änderung des Notariatsaktgesetzes (1915/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Zugriff auf Rücklagen von Gebietskrankenkassen und Verankerung eines Modellversuches "Gesundheitsfonds Vorarlberg" (1916/J-BR/02)

der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend zu erwartendes Vorgehen der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit der Reise von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider in den Irak (1917/J-BR/02)

der Bundesräte Horst Freiberger und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einsetzung von pensionierten Beamten beim "Reformprojekt-Zoll" (1918/J-BR/02)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1746/AB-BR/02 zu 1902/J-BR/02)


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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich eröffne die 685. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 684. Sitzung des Bundesrates vom 21. Februar 2002 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Hedda Kainz.

Fragestunde

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.01 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Justiz

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 1228/M, an den Herrn Justizminister.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Georg Keuschnigg, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1228/M-BR/02

Wie beurteilen Sie den geringen Anteil gemeinnütziger Leistungen im Bereich der Diversion?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Der geringe Anteil gemeinnütziger Leistungen ist uns ein Ansporn, in diesem Bereich noch effizienter zu werden. Es gibt Listen darüber bei den Staatsanwaltschaften, und es ist unser Ziel, diesen Anteil zu heben, insbesondere deshalb, weil es ein Ziel des Strafvollzuges ist, nicht nur die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, sondern auch die Resozialisierung der Täter zu bewerkstelligen, und gemeinnützige Leistung ist sicherlich eine Methode, um diese Resozialisierungsversuche zu unterstützen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke, Herr Bundesminister. – Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Bundesminister! Wie erfahren die Gerichte von Vereinen, bei denen gemeinnützige Leistungen erbracht werden können?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sie erfahren dies durch eine Liste, die bei den Staatsanwaltschaften aufliegt und auch den Gerichten zugänglich ist, und in ständigen Dienstbesprechungen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Geschätzter Herr Bundesminister! Haben die Ergebnisse der Enquete-Kommission sowie die zweijährige Erfahrung mit der Diversion die Pläne der Regierung, die Diversion einzuschränken, verändert?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Mir sind konkrete Pläne der Regierung, die Diversion einzuschränken, nicht bekannt, wohl aber Pläne der Regierung, die Folgen und Auswirkungen der Diversion zu beobachten. An eine Einschränkung im weitesten Sinn ist nicht gedacht, wohl aber gibt es immer wieder Diskussionen ob einzelner Delikte, ob sie diversionell behandelt werden dürfen, behandelt werden sollen oder nicht. Mir ist bekannt, dass die Bundesregierung die Ergebnisse der Enquete-Kommission sehr wohl beobachtet und es vor allem – wie vorhin gefragt – im Bereich der gemeinnützigen Leistungen gerne sehen würde, wenn dieses Institut ausgebaut werden würde.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck gemeldet. – Bitte sehr.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bekanntlich hat die letzte Regierung und deren Justizminister keine Bindung der Einnahmen aus der Diversion für Opferhilfe vorgesehen. Daher lautet meine Frage: Wie hoch waren jene Mittel, die vor Antritt dieser Bundesregierung im Justizbereich für Opferhilfe zur Verfügung standen, und wie haben sich die Förderungen seither entwickelt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Bundesrat! Die Mittel, die zur Verfügung standen, waren – insoweit es sich um Prozessbegleitungsmaßnahmen gehandelt hat – meines Wissens gleich null. Wir sind in dieser Legislaturperiode dazu übergegangen, Prozessbegleitungsmaßnahmen zu setzen. Dies geschieht vor allem in der Form, dass den Verbrechensopfern therapeutische Hilfe sowie Anwaltshilfe zur Verfügung gestellt werden. Die Sätze für diese Hilfe sind genau geregelt, nämlich 800 S für Therapeuten und Sozialarbeiter und 1 000 S für Rechtsanwälte.

Wir haben dieses Programm im August voll anlaufen lassen und können berichten, dass kein einziger Antrag eines Verbrechensopfers unbeantwortet geblieben ist beziehungsweise abgewiesen werden musste. Wir akontieren diese Hilfe auch, damit man nicht von finanzieller Seite her sagen kann, es werde den Opfern zu wenig Hilfestellung gegeben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 2. Anfrage, 1234/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ferdinand Gstöttner, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1234/M-BR/02

Warum haben Sie bei der Ausarbeitung des höchst fragwürdigen neuen Vereinsrechtes die Einwände der "Interessenvertretung Österreichischer Gemeinnütziger Vereine" nicht berücksichtigt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Bundesrat! Die Frage beinhaltet die Unterstellung, dass das Vereinsrecht höchst fragwürdig gestaltet ist. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist eine Tatsache!) Ich möchte dem schon entgegentreten, weil anderenfalls die Signalwirkung der Frage missverstanden werden könnte, wenn ich nicht darauf eingehe.

Das Vereinsrecht ist in einer Art und Weise gestaltet, wie es im Vorfeld demokratischer nicht hätte entstehen können. Es wurde mit allen Vereinen gesprochen, auch mit den von Ihnen genannten Vereinen. Es wurde praktisch auf alle Argumente eingegangen, soweit dies in sach


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licher Hinsicht möglich war. Allerdings entsprach die Stellungnahme des von Ihnen genannten Vereines in einigen Bereichen eher einer fundamentalen Ablehnung als einer Anregung zur Diskussion. Aber soweit darauf eingegangen werden konnte, wurde darüber diskutiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Im Jahr der Freiwilligen hat die Bundesregierung noch die Tätigkeit der Vereine gewürdigt. Wieso werden nun Hunderttausende ehrenamtliche Funktionäre einem völlig undurchsichtigen Haftungsregime unterworfen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Bundesrat! Ich bitte Sie höflich, sich zunächst einmal die Überschriften und die Kapiteln dieses neuen Vereinsgesetzes, das gestern vom Justizausschuss beschlossen wurde und am nächsten Mittwoch im Plenum behandelt werden wird, durchzulesen. Sie werden sehen, dass sich dieses Gesetz in qualitativ außerordentlich hoher legistischer Art und Weise um Übersichtlichkeit und Klarheit der Sprache bemüht.

Zum Beispiel war es nach der derzeitigen Rechtslage den Verantwortlichen nur schwer möglich, selbst zu erkennen, ob und inwieweit sie haften. Allein die Haftungsfrage ist neu geregelt. Der Verein haftet bei Verpflichtungserklärungen seiner Vorstände oder Präsidenten mit seinem eigenen Vermögen, es sei denn – und diese Klarheit der Regelung ist völlig neu –, dass von den Organen gegen das Gesetz verstoßen wird oder sie privatrechtliche Verpflichtungen eingehen. Allein diese Regelung bringt jene Rechtssicherheit im vereinsprivatrechtlichen Bereich, die im Interesse aller 104 000 Vereine Österreichs wünschenswert war und ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sind derzeit aus der Sicht eines typischen Vereinsfunktionärs die Pflichten und Risiken einer Vereinsfunktion klar erkennbar?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Eindeutig ja! Das ist deshalb der Fall, weil wir die teilweise sehr schwierige Judikatur in diesem Bereich nach entsprechender Analyse in das neue Gesetz haben einfließen lassen, sodass nunmehr schon jedermann, vor allem auch der juristische Laie, durch bloßes Lesen des Textes erkennt, wann er sich in eine persönliche Haftungsgefahr begibt und wann nicht. Das war uns ganz besonders wichtig.

Ein weiteres wichtiges Motiv war die Staffelung der Rechnungslegung und der Kontrolle. Die kleinen ideellen Vereine, also gemeinnützigen Vereine, können weiterhin, allerdings im Rahmen einer größeren Rechtssicherheit, wirtschaften und agieren wie bisher. Größere Vereine – und das sind zum Teil sehr große Wirtschaftskörper, denken Sie an Bewährungshilfe, ÖAMTC, Arbö und so weiter – unterliegen allerdings einer intensiveren Kontrolle. Da größere Vereine auch sehr viele Dienstnehmer beschäftigen, sehr viele Gläubiger haben, sehr viele Umsätze tätigen, ist es notwendig gewesen, dass der Verein an sich auch einmal als Wirtschaftskörper durchdacht wird.

Ergebnis dieses Durchdenkens – gemeinsam mit entsprechender Flexibilität – ist das nun vorliegende Vereinsgesetz, das wir alle in der Regierung offen gestanden für einen großen Verbesserungsschritt halten.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr


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Bundesrat Alfred Schöls zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichsten Fortschritte im Vereinswesen durch die Schaffung eines Zivilverfahrensrechts?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Die wesentlichsten Fortschritte im Vereinsrecht bestehen darin, dass auf Grund der großen Bandbreite der Tätigkeiten der Vereine – nämlich vom kleinen Verein, der unbedeutende wirtschaftliche Tätigkeiten entwickelt bis hin zum Großverein, der wie eine Aktiengesellschaft geführt und kontrolliert werden muss und soll – das Gesetz nunmehr die Handhabe dafür gibt, auf all diese Verschiedenheiten und Ausprägungen einzugehen. Das ist vor allem im Bereich der Rechnungslegung der Fall, das ist im Bereich der Kontrolle der Fall, und das ist auch in den Haftungsfragen der Fall.

Der Herr Innenminister hat gestern selbst berichtet, dass er Präsident eines Vereines wurde, der 800 Millionen Schilling – das waren seine Worte – umgesetzt hat, und er nach ausführlichem Studium der Rechtslage eigentlich doch gewisse Sorge hatte, dass er ungewollt in eine Haftungssituation kommen könnte. Das ist ein typisches Denken und eine typische Befürchtung unserer auch ehrenamtlichen Vereinsfunktionäre, und diese Gefahr wollten wir im Sinne einer wirtschaftlich sauberen Lösung bereinigen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Was ist eigentlich die Motivation – abgesehen davon, dass dieses Gesetz schon ein altes beziehungsweise sehr früh beschlossenes Gesetz ist –, auf das Jahr der Freiwilligen nun mit diesem Gesetz zu antworten? Dieses Gesetz greift rechtlich in eine Vereinslandschaft ein, die doch eigentlich in der Praxis gut funktioniert. Es kommt eine ganze Reihe von strengen Haftungsregelungen und aufwendigen Gebarungsvorschriften. Das, was eigentlich interessant gewesen wäre, nämlich eine stärkere Trennung von Vereinstätigkeit und Unternehmenstätigkeit vorzusehen, schafft dieses Gesetz allerdings nicht.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich glaube, dass wir dasselbe Ziel verfolgen, Herr Bundesrat, allerdings eben ich aus der Sicht des Justizministers, der auch dort klare Regelungen schaffen will, wo die Unklarheiten noch nicht an den Tag getreten sind. Es ist richtig, dass das Gesetz im Prinzip funktioniert hat. Es ist auch richtig, wie Sie gesagt haben, dass es ein sehr altes Gesetz ist; es stammt aus dem Jahr 1867 und wurde im Jahr 1951 novelliert. Aber ebenfalls richtig ist, dass dieses Funktionieren von einer nicht unkomplizierten Judikatur getragen war, die dem Laien nicht zugängig war.

Es hat sich zum Beispiel an der Debatte um die Strafprozessordnungs-Novelle betreffend Vorverfahren gezeigt, dass man nicht zu lange damit warten soll, Gesetze auf Modernität und Novellierungsnotwendigkeit hin zu überprüfen, denn bei zu langem Warten wird der Regelungs- und Novellierungsbedarf so groß, dass eine Riesendebatte entsteht, die wiederum sehr schwierig zu bewältigen ist. Ich gehe deshalb so ausführlich auf Ihre Frage ein, Herr Bundesrat, weil sie wirklich den Kernpunkt trifft: Hätten wir bei der StPO schon früher Reformschritte gesetzt, hätten wir heute nicht die Notwendigkeit, ein gigantisches Reformwerk auf den Tisch zu legen, bei dem nicht nur sachlich, sondern auch politisch motiviert argumentiert wird.

Beim Vereinsgesetz haben Sie völlig Recht. Es hat – gerade noch – funktioniert, es war aber absehbar, dass es für das 21. Jahrhundert nicht mehr ganz fit ist. Man hat die Judikatur angesehen und durchdacht und diese Strukturen neu geschaffen. Ich selbst lese natürlich viele Gesetze, und ich habe es heute schon erwähnt: Sehen Sie sich einmal das Inhaltsverzeichnis an, also die Paragraphenstrukturierung, dann erkennen Sie das wirkliche Bemühen des Gesetzgebers, für jedermann, der das liest, Klarheit zu schaffen, und das vor allem auch in der


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Erkenntnis, dass normalerweise im Vereinsleben kein Anwalt herangezogen wird, weil das störend wird!

Es war uns ein Anliegen, dass das Gesetz wirklich "selbst erklärend" ist, und ich glaube, dass wir diesem Anliegen entsprochen haben. Es war keine politische Motivation dahinter. In die Vereinslandschaft sollte nicht eingegriffen werden – ganz im Gegenteil!, wir schätzen unsere Vereinslandschaft –, aber auf ihre differenzierte Ausprägung und auf ihre differenzierten wirtschaftlichen Erscheinungsformen sollte in Zukunft mehr eingegangen werden können.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke.

Wir kommen zur 3. Anfrage, 1229/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Gottfried Kneifel, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1229/M-BR/02

Wie weit sind Ihre Bestrebungen zur Zusammenlegung von Bezirksgerichten gediehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Die Bestrebungen, die Bezirksgerichte zusammenzulegen, sind mittlerweile nicht mehr meine, sondern schon ein Anliegen der Bevölkerung geworden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall des Bundesrates Dr. Aspöck.  – Rufe bei der SPÖ: Das darf ja nicht wahr sein!)  – Ja, das ist ein Problem, wenn etwas wahr ist, was nicht wahr sein darf, und darauf gehe ich jetzt gleich ein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Tatsache ist, dass ich diese Fragestunde heute zu einer sachlichen Information verwenden möchte. Sollten Sie allerdings mehrfach in dieser Art mit mir kommunizieren, werde ich Ihnen Unterlagen zur Verfügung stellen, die darlegen, wie Ihre Fraktion vor dieser Legislaturperiode darüber gedacht hat und welche Bestrebungen Broda gehabt hat, um die Bezirksgerichte zusammenzulegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich kann Sie bei Gelegenheit auch daran erinnern, was Kollege Jarolim in dieser Legislaturperiode zu mir gesagt hat. Er hat mich ausdrücklich – mit Rückendeckung der SPÖ! – dazu ermuntert, diese Zusammenlegung, die sehr sinnvoll ist, zu betreiben.

Ich sage Ihnen – ich weiß nicht, welche Bundesräte aus Oberösterreich kommen –, in Oberösterreich existiert eine Umfrage in der Bevölkerung, die besagt, dass 75 Prozent der Bevölkerung bereits vor Monaten für die Zusammenlegung waren! – Ich bitte Sie, kümmern Sie sich um die Bevölkerung, sprechen Sie mit der Bevölkerung, dann werden Sie neue Erkenntnisse gewinnen, und wir werden in dieser Frage keine Differenzen mehr auszutragen haben!

Die bezirksgerichtliche Verteilung auf die verschiedenen Sprengel in Österreich ist in manchen Bundesländern sehr weit gehend; sie entspricht dem Jahr 1848, als man noch mit dem Ochsenkarren zu Gericht gefahren ist, die Verhandlung absolviert hat und am selben Tag wieder nach Hause zurückgekehrt ist.

In Oberösterreich zum Beispiel wurden im Jahr 1848 – ich kann mich jetzt in der Zahl um eines oder zwei irren, weil ich hier in freier Rede antworte – zirka 46 Bezirksgerichte eingerichtet, und von diesen 46 Bezirksgerichten bestehen heute noch 43. Das heißt, das ist eine Struktur, die die Oberösterreicher nicht mehr wollen.

Nun zur Frage, wie weit wir in der Zusammenlegung fortgeschritten sind. – Die Zusammenlegung von Bezirksgerichten ist kein feindseliger Akt gegen die Bevölkerung (Bundesrat Manfred Gruber: Genau das ist es!), sondern ein Schritt in Richtung Verbesserung der justiziellen Versorgung. (Bundesrat Manfred Gruber: Aushöhlung der ländlichen Infrastrukturen!) Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.


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Wir haben bei den Bezirksgerichten einen großen Arbeitsanfall. Wir haben 40 Branchen, wir machen ständig neue Gesetze. Von der EU kommen Gesetze nach Österreich und in die anderen Mitgliedstaaten, die sofort gelten, ohne in den österreichischen Bundesgesetzblättern veröffentlicht zu werden. Die Rechtsfindung und die Rechtsberatung werden immer schwieriger. Wir müssen uns deshalb, auch im Sinne einer Kritik seitens des Rechnungshofes seit 1995, zu einer Arbeitsteilung bei den Bezirksgerichten entschließen, und diese kann nur dann eintreten, wenn dort mindestens zwei bis drei Richter tätig sind.

Das ist unser Ziel, und dieses Ziel haben wir in den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark bereits erreicht. Ich bedanke mich bei den verantwortlichen Landeshauptleuten und allen anderen, die daran mitgewirkt haben. In Niederösterreich haben wir 14 Standorte zusammengelegt, in der Steiermark zwölf. Das heißt, wir sind auf einem guten Weg.

Auf demselben guten Weg sind wir auch in Oberösterreich, nur hat dort leider in letzter Sekunde Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider – ohne für mich erkennbare sachliche Gründe, denn das Gespräch mit ihm war sehr sachlich und hat ihn sehr beeindruckt – Opposition gemacht, sodass wir zu einer Lösung kommen müssen. Haider hat die sachlichen Argumente, die er im Gespräch mit uns akzeptiert hat, nicht in die Öffentlichkeit weitergetragen.

Damit wir auch in Oberösterreich das Ziel der besseren Versorgung der Bevölkerung mit der Justiz erreichen können, gehen wir jetzt folgendermaßen vor: Die Standorte einzelner Gerichte werden an andere Standorte verlegt, sodass in einem Gerichtsgebäude dann zwei oder vielleicht drei Gerichte tätig sein werden. Die Synergieeffekte werden sich zu Gunsten der Bevölkerung einstellen, die bessere Versorgung wird sich einstellen, und es wird damit dem Wunsch der Bevölkerung, der schon vor Monaten von 75 Prozent getragen war, entsprochen werden. Wir handeln hier im Einvernehmen mit der Bevölkerung, ich gebe aber zu, dass einige Politiker das noch nicht eingesehen haben. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ein Trugschluss, Herr Minister!)  – Bitte erklären Sie der Bevölkerung, dass sie einem Trugschluss unterliegt bei ihren Antworten gegenüber Meinungsforschungsinstituten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Johann Kraml zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! In der heutigen Ausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" ist zu lesen, würde in der oberösterreichischen Landesregierung eine Einigung zu Stande kommen, würden nur 17 Bezirksgerichte zugesperrt werden, sollte es zu keiner Einigung kommen, werden es 25 Bezirksgerichte sein. – Sind diese zusätzlichen acht Bezirksgerichte jetzt sozusagen als Strafaktion gedacht, weil es keinen positiven Beschluss gegeben hat, weil Sie Ihre Wünsche nicht umgesetzt sehen, oder liegt dieser Aktion auch ein entsprechendes Schließungskonzept zugrunde? (Ruf bei der SPÖ: Nein, eine Umfrage!)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich bedauere sehr, dass ich den Artikel in den "Oberösterreichischen Nachrichten" nicht kenne, aber nichts liegt uns ferner, als an Strafaktionen zu denken. Tatsache ist, dass wir uns hier in rein sachlicher Art und Weise einer Argumentation bedienen, die von der Bevölkerung, wie gesagt, anerkannt wird.

Zur Rechtslage: Auf Grund eines Verfassungsüberleitungsgesetzes aus 1920 werden Bezirksgerichte wie folgt eingerichtet oder zusammengelegt:

Eine Verordnung der Bundesregierung muss durch eine entsprechende Verordnung der jeweiligen Landesregierung ergänzt werden. Dort, wo das nicht möglich ist, kann man mittels Bundesgesetz Standorte verlegen.

Ich habe nicht vor, mit legistischen Maßnahmen irgendwelche Strafsanktionen auszusprechen, sondern versuche nur, das Ziel einer besseren Versorgung der Bevölkerung zu verfolgen.


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Allein der Umstand, Herr Bundesrat, dass es in Österreich 99 Bezirkshauptmannschaften – die Städte mit eigenem Statut hinzugerechnet – und 192 Bezirksgerichte gibt, dass es also doppelt so viele Bezirksgerichte gibt, muss doch auch Ihnen zu denken geben. Das stellt doch eine uneffiziente Verwaltung der justiziellen Möglichkeiten dar.

Ich stelle mich den Bundesräten, soweit sie von der Sozialdemokratischen Partei kommen, gerne zur Verfügung, das heißt, wenn Sie wirklich einmal diskutieren wollen, so machen wir das sehr gerne. Wir haben einen Power Pointer, wir erklären Ihnen unsere Argumente – Sie werden, so glaube ich, beeindruckt sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Vorteile sind mit der Zusammenlegung von Bezirksgerichten für die rechtsuchende Bevölkerung verbunden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Die Vorteile für die rechtsuchende Bevölkerung liegen darin, dass sie einfach besser, schneller und präziser mit Rechtsauskünften und Rechtsberatungen versorgt wird.

Derzeit ist es so, dass allein in 29 Bezirksgerichten Österreichs nicht einmal ein Richter ausgelastet ist. Das heißt, der Richter persönlich ist schon ausgelastet, weil er auch an anderen Gerichten tätig ist, aber er steht den einzelnen Gerichten nicht den ganzen Tag zur Verfügung. Wenn Auskünfte erteilt werden, so können diese wahrscheinlich – ich drücke mich hier allgemein aus, aber es kann nicht anders sein – nicht in jener Präzision erteilt werden, die dann möglich ist, wenn eine Spezialisierung der juristischen Zusammenarbeit gegeben ist.

Wenn Sie heute einen Anwalt aufsuchen, werden Sie nicht primär jemanden suchen, der allein in einer Kanzlei tätig ist – es sei denn, Sie haben aus Gründen bestimmter Art sein Vertrauen, was auch der Fall sein kann –, sondern Sie werden, wenn Sie mit neutralen Gedanken beginnen, diese Suche anzustellen, jemanden suchen, der eine größere Kanzlei hat, in der eine Arbeitsteilung stattfindet. Dieses System ist nicht von gestern auf heute entstanden, sondern im Laufe der Jahre. Wir haben auch beim Obersten Gerichtshof Spezialsenaten, obwohl dort in Fünfersenaten judiziert wird, während bei allen Rechtsmitteln, Gerichten, Spezialsenaten und bei allen größeren Gerichten Spezialabteilungen – Strafsachen, Zivilsachen, Mietensachen, handelsrechtliche Sachen und vieles andere mehr – zu finden sind.

Das heißt, unser Ziel muss es sein, wirklich arbeitsteilende Rechtsberatung anzubieten, und das können wir nur dort, wo mehrere Richter in einem Gericht tätig sind. Das ist unser erklärtes Ziel.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke.

Wir kommen zur 4. Anfrage, 1232/M, an den Herrn Bundesminister.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1232/M-BR/02

Wie wollen Sie den Rechten der Bankkunden künftig stärkere Beachtung verschaffen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Die Rechte der Bankkunden sind in den letzten Jahrzehnten sehr oft in Gefahr geraten, und zwar dadurch, dass gesetzwidrige, vor allem konsumentenschutzgesetzwidrige Geschäftsbedingungen entstanden sind, indem die Verträge mit den Kreditnehmern unklar formuliert wurden und die Banken dadurch für sich beanspruchen konnten, ein Zuviel an Zinsen zu vereinnahmen, und indem die Gebühren der Banken teilweise zu hoch angesetzt sind.

Die Instrumentarien sehe ich wie folgt:

Erstens: Gespräche mit den Banken sind zum Teil erfolgreich, aber nicht überwiegend, weil die Banken nämlich nicht bereit sind, ein konstruktives rückzahlungsfreundliches Klima zu gestatten oder mit zu schaffen.

Zweitens: Musterprozesse und Sammelklagen, die ich mit Beginn dieser Legislaturperiode im Justizministerium sehr forciert habe, und zwar wie folgt, damit die Konstruktion einmal klar ist:

Der Verein für Konsumenteninformation hat die Möglichkeit, solche Verbandsklagen einzubringen, das heißt, Klagen einzubringen, die keinen bestimmten Einzelfall betreffen, sondern eine gesamte Situation, die für eine Mehrzahl von Kreditnehmern von Bedeutung ist. Wir, das Justizministerium, bezahlen alle Kosten dieser Rechtsabteilung des VKI, und wir übernehmen auch das Haftungsrisiko der Prozessführung. Das ist eine Zusatzleistung des Justizministeriums über den Mitgliedsbeitrag in der Höhe von 22 Millionen Schilling, den wir auch bezahlen, hinaus. Dieser Mitgliedsbeitrag entspricht der Gesamtsumme der Leistung aller Sozialpartner.

Wir nehmen also die rechtlichen Möglichkeiten, die schon vor dieser Legislaturperiode geschaffen wurden, endlich wahr, im Gegensatz zu meiner Vorgängerin Prammer zum Beispiel, und helfen den Kunden durch Klarstellung ihrer Rechte durch Gerichtsurteile. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Auf Grund dieser dankenswerten Initiativen sind auch schon Prozesserfolge im Sinne der Konsumenten erzielt worden. Es ist nur die Frage, ob sich das herumgesprochen hat. Könnten mit einem flächendeckenden Konsumentenberatungsangebot in ganz Österreich die Möglichkeiten der Bankkunden, ihre Interessen wirksam durchzusetzen, noch verbessert werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Meiner Ansicht ja, es handelt sich aber hier um zwei Philosophien, und wir befinden uns insbesondere mit der Arbeiterkammer in einer sehr ausführlichen Diskussion. Es ist klar, dass die Arbeiterkammern aus ihrer Sicht den Beratungsrechtsschutz für sich arrogieren wollen, es ist aber auch zu sagen, dass vor allem nach den Satzungen des VKI die primäre Anspruchsstelle für Beratung beim VKI liegt. Ich habe das aktiviert.

Es steht jetzt Folgendes zur Diskussion: Soll die Beratung näher zur Arbeiterkammer wandern, oder sollen der VKI und die Möglichkeiten des Justizministeriums ausgebaut werden? – Die Diskussion ist noch nicht ganz zu Ende. Im Gegensatz zu manchen Pressemeldungen schätze ich die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern sehr, glaube aber, dass sie in manchen Sparten bereits eine übertriebene Ausprägung findet; so zum Beispiel im Bereich des Konsumentenschutzes. Diese Materie halte ich nicht für eine genuine Sozialpartnermaterie, obwohl sie sich auch damit befassen, sondern ich glaube, dass da auch der Staat mitreden soll.

Mein Bestreben ist es, allen Österreichern, genau so wie bei den Bezirksgerichten, flächendeckend eine auch örtliche Bezugsstelle für den Konsumentenschutz zu geben. Es bieten sich dazu an – und das wird für viele neu sein – bestehende Strukturen, zum Beispiel die Struktur des ÖAMTC. Der ÖAMTC verfügt über 108 Stützpunkte in Österreich. Es wäre durchaus denk


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bar, dass man diese Stützpunkte und ihre Struktur dazu verwendet, auch Konsumentenschutzeinrichtungen anzusiedeln. Erste Gespräche waren durchaus sinnvoll. Dasselbe könnte mit der Arbeiterkammer geschehen, wenn man unbedingt in Schwarz-Roten-Machtaufteilungskategorien weiterdenken will. Das ist aber nicht meine Gedankenschiene, sondern man kann ruhig einmal neue Gedanken fassen und sagen, man solle nicht einen roten Klub oder einen schwarzen Klub bevorzugen, sondern denjenigen, mit dem man aktuell besser zusammenarbeitet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe da keine Präferenz, habe aber schon allein in den Gesprächen mit dem ÖAMTC gemerkt, dass eine große Bereitschaft dazu besteht, dass wir uns eines Teiles dieser 108 Stützpunkte bedienen können, um vor Ort Konsumentenschutzeinrichtungen anzusiedeln.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Her Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Was sind die Schwerpunkte des von Ihnen geplanten Zinsenrechts-Änderungsgesetzes?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Diese Planung bezieht sich auf einen Umsetzungsbedarf, den wir auf Grund der EU-Richtlinie über den Zahlungsverzugsverkehr haben. Ich glaube aber auch, dass das einem Bedürfnis der Bevölkerung entspricht.

Tatsache ist, dass viele, vor allem kleine Gewerbetreibende unter Zahlungsverzügen leiden. Die derzeitigen Verzugszinsen im kaufmännischen Bereich betragen 5 Prozent. Nach den Intentionen der EU könnte dieser Verzugszinsensatz auf 11,75 Prozent angehoben werden, wobei dies aber für Konsumenten nicht gelten soll.

Wir bewegen uns in dieser Richtung, und ich glaube, dass das für die österreichische Wirtschaft auch richtig und gut ist.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Haben Sie vor, neue formelle beziehungsweise informelle Gremien zur Beobachtung der Bankenlandschaft im Bereich des Konsumentenschutzes einzurichten?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir haben das nicht vor, denn wir haben das schon vor einem halben Jahr entriert. Tatsache ist, dass ich, also das Justizministerium, gemeinsam mit der Rechtsanwaltskammer Wien und der Volksanwaltschaft einen Verein "Mein Recht auf Kontrolle" gegründet habe.

Das hat folgenden Sinn – im Übrigen sind auch später als außerordentliche Mitglieder die Wirtschaftstreuhänder dazugekommen, das ist also keine schlechte Gesellschaft –: Die Rückforderungsansprüche der Kreditnehmer sind teilweise höchst schwierig zu errechnen. Das kann man ohne technische Unterstützung und ohne spezielles Know-how fast nicht machen. Das kann, wenn ich es jetzt einmal pauschal sage, kaum ein Rechtsanwalt mit einem vernünftigen, angemessenen Aufwand, und das kann auch kein Wirtschaftstreuhänder.

Es gibt Programme, die schon vom VKI, von der Arbeiterkammer und so weiter entwickelt wurden. Dieses Know-how fassen wir in diesem Verein zusammen. Dort kann man diskret, auch unter dem Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheit – wir haben kein Interesse daran, dass das an die große Glocke gehängt wird –, seine persönlichen Daten zur Verfügung stellen. Dann wird der Rückforderungsanspruch ausgerechnet, zumindest grundsätzlich und schematisch,


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und dann hat der Kreditnehmer einen Eindruck, in welchem Ausmaß er Rückforderungsansprüche hat, und kann mit diesen Unterlagen zu seinem persönlichen Rechtsanwalt, Wirtschaftstreuhänder oder auch zur Arbeiterkammer – wo auch immer – gehen und kann sich dann entschließen, das gerichtlich einzufordern oder vorher auch mittels Anwaltsmahnbrief geltend zu machen – je nach dem, wie es seiner persönlichen Lage entspricht.

Ich sage Ihnen auch, warum ich das forciert habe. Ich war auf Grund meiner Anwaltserfahrung – ich war über 27 Jahre Rechtsanwalt – etwas betrübt, als ich gemerkt habe, dass verschiedene Verbände – auch die Arbeiterkammern – eher dazu tendieren, sich nur einen groben Überblick zu verschaffen und dann auf Grund dieses groben Überblickes Teilbeträge im Rahmen eines Vergleiches an die Kreditnehmer zurückfließen zu lassen.

Meine Intention ist – offen gestanden –, dass, wenn jemand einen Rückanforderungsanspruch hat, diesen auch bekommen soll, und zwar zu 100 Prozent, zuzüglich Zinsen. – Das steht ihm zu. Ich sage auch etwas hinzu, weil es mir wirklich eine wichtige Sache ist: Ich glaube den Banken, und ich bin auch überzeugt davon – das ist jetzt keine taktische Äußerung –, dass diese Situation des Zuviel-Vereinnahmens von Zinsen mehr oder weniger irrtümlich entstanden ist. Im Laufe der Jahre ist das eben passiert. Man hat sich ein bisschen zu wenig darum gekümmert. Aber es wäre ein Zeichen österreichischer Bankenkultur, dass man sagt: Wir haben da irrtümlich zu viel vereinnahmt, und wir gehen vor wie jeder andere anständige Mensch auch, indem wir das irrtümlich zu viel Kassierte aus eigenem zurückgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muss Ihnen Folgendes dazu sagen: Wenn Sie im Supermarkt einkaufen und später draufkommen, dass Sie irrtümlich zwei oder drei Dosen zu viel mitgenommen haben, dann werden Sie diese, so glaube ich, zurückgeben, und das erwarte ich mir auch von den Banken. Die Zahlen sind leider gigantisch. Unsere Sektion VI hat bei vorsichtiger Berechnung ausgerechnet, dass allein aus Wohnbau- und Personalkrediten 31,6 Milliarden Schilling an zu viel vereinnahmten Zinsen – entschuldigen Sie, dass ich mich in Schillingen ausdrücke – bei den Banken geblieben sind. – Das sind aber gar nicht alle Zahlen.

Ich verstehe die Banken, da diese Summe gigantisch ist, und ich verstehe auch den Lobbyismus, den sie betreiben, indem sie erklären, es wäre für die Banken eine sehr schwierige Situation, all das zurückzubezahlen. Es bleibt aber das Problem: Haben wir Vertrauen in unsere Wirtschaftskultur? Können wir damit rechnen, dass die Banken das zu viel Vereinnahmte zurückgeben, oder nicht?

Eines sollte nicht passieren – das ist aber Tageserlebnis –, nämlich dass die Kunden hingehen, sich wie üblich fein machen – Sonntagsanzug anziehen, Krawatte anlegen, weil die Bank insbesondere auf dem Land eine Autorität ist –, sich dann überwinden und fragen: Darf ich bitte mitgeteilt bekommen, lieber Herr Bankdirektor, wie viel Sie zu viel vereinnahmt haben? – Darauf sagt er: Legen Sie 20 000 S her, dann heben wir den Akt aus. – Das sind Vorkommnisse. Manche Banken verlangen nur 3 500 S dafür, dass sie diese Auskunft geben.

Diesbezüglich erbitte ich doch die Unterstützung aller Volksvertreter, insbesondere auch jener hier, dass wir da gemeinsame Sache machen, damit ein der österreichischen Wirtschaftskultur entsprechender Schlussstrich gezogen werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Präsidentin Uta Barbara Pühringer:
Wir kommen nun zur 5. Anfrage, 1235/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Manfred Gruber, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Anfrage lautet:

1235/M-BR/02

Wollen Sie tatsächlich die Schließung von Bezirksgerichten ohne Zustimmung der Landesregierungen durchziehen?


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Präsidentin Uta Barbara Pühringer:
Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Wenn mich die sozialdemokratischen Fraktionen in den Bundesländern dazu zwingen, bleibt mir nichts anderes übrig. – Das ist ganz einfach.

Ich habe Ihnen heute schon angeboten, ein Spezialtreffen zwischen uns zu akzeptieren, bei dem ich Ihnen unsere Argumente darlegen kann. Ich komme auch in das Parlament. Ich war auch in den Landesregierungen, ich war in den Landtagen, ich habe keinen einzigen Gesprächswunsch ausgeschlagen. Sie müssen bedenken, sehr geehrter Herr Bundesrat, es geht mir nicht um einen, wie schon gesagt, feindseligen Akt gegenüber der Bevölkerung, sondern wir haben einfach einen Reformstau zu bewältigen, und das tut weh. Das ist mir klar, obwohl Herr Landeshauptmann Pröll vor zehn Jahren, als zusammengelegt wurde, gesagt hat: Es hat nicht wehgetan. Das muss man akzeptieren.

Wir haben heute eine Gesetzesmaschinerie, die, wenn es notwendig ist, sehr schnell funktionieren kann. Denken wir an die Terrorakte vom 11. September! Wir haben ein kleines Antiterrorpaket innerhalb weniger Monate beschlossen. Die sozialdemokratische Fraktion war noch im Justizausschuss dagegen und dann im Plenum in der zweiten Lesung dafür. Wir haben es innerhalb von zwei Monaten einstimmig durchgebracht.

Warum sage ich das? – In mir ist während dieser zweijährigen Tätigkeit als Justizminister folgende Erkenntnis gewachsen – das ist eine ganz klare Linie, ich habe das auch gestern im Justizausschuss gesagt –: Kleine Novellen entsprechen dem Rechtsschutzbedürfnis und dem rechtsstaatlichen Bedürfnis mehr als große Schritte, weil große Schritte natürlich auch den Effekt haben, dass man politisch mitdenkt, aus Prinzip dagegen ist und andere Forderungen damit verbindet. Das haben wir, wenn es um die Bevölkerung und ihre justizielle Versorgung geht, eigentlich nicht notwendig.

Hätte man in den letzten Jahrzehnten in kleinen Schritten die Struktur aufgearbeitet, hätten wir nicht heute diese unnötige und eigentlich unwürdige Debatte, weil wir alle dasselbe wollen, nämlich eine bessere und optimale moderne Versorgung der Bevölkerung.

Wir können aber nicht angesichts einer Struktur, mit der wir Weltschlusslicht sind, die Bevölkerung im Zweifel darüber lassen, dass es eine bessere Organisationsform gibt, deswegen muss ich dort – das ist in drei Bundesländern, nämlich in Oberösterreich, Salzburg und Tirol der Fall –, wo die sozialdemokratischen Fraktionen offen dagegen sind – zumindest in Oberösterreich und Salzburg, in Tirol ist es noch nicht ganz klar –, mittels Bundesgesetz zu dieser Zusammenlegungsmaßnahme schreiten. Die Regierungsfraktionen – ich sage es Ihnen ganz offen – sind dafür.

Es würde auf offenes Unverständnis in der Bevölkerung treffen, nachdem die Meinung in der Bevölkerung mittlerweile umgeschwenkt ist, die Zusammenlegung von Bezirksgerichten nun nicht zu machen, obwohl die Bevölkerung das mittlerweile auch will. (Bundesrat Würschl: Welche Bevölkerung meinen Sie? Die kenne ich nicht!)  – Ich glaube schon, dass Sie die nicht kennen, ich habe Ihnen das heute schon vorgeworfen. Wenn ich in die Bundesländer fahre, rede ich mit der Bevölkerung. Ich lese Meinungsumfragen. Ich kann nichts dafür, dass Sie Meinungsumfragen in dieser wichtigen Frage, die vier Monate alt sind, nicht kennen. Ich kann Ihnen aber das Angebot machen, sie Ihnen zu schicken. Ich werde das auch tun, Herr Bundesrat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Ist Ihnen bewusst, dass Sie, wenn Sie Bezirksgerichte mittels ministerieller Verordnung oder Nationalratsbeschluss verlegen oder zusperren, laut namhaften Verfassungsjuristen einen verfassungswidrigen Akt setzen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Eine diesbezüglich konkrete Äußerung eines Verfassungsrechtlers – Sie sagen namhaft, es gibt sicherlich sehr viele namhafte – kenne ich nicht. Im Gegenteil: Namhafte Verfassungsjuristen haben mir gesagt, dass die Weigerung der Landesregierungen, diesen sinnvollen Zusammenlegungen zuzustimmen, eher verfassungswidrig ist als alles andere. Und es ist tatsächlich so.

Ich erkläre Ihnen das ganz genau, Herr Bundesrat! Warum gibt es diese Verfassungsbestimmung aus 1920, also aus dem unmittelbaren Vorstadium des Geburtsjahres unserer Verfassung? – Die Landesregierungen sollten deshalb zustimmen können, wenn Bezirksgerichtssprengel gebildet werden, damit die Sprengel der Bezirksgerichte mit den Sprengeln der Bezirksverwaltungsbehörde nicht kollidieren. Das ist der Sinn dieser Bestimmung.

Wir verletzen diesen Sinn natürlich nirgends. Unser Traumziel wäre, eine BH ist gleich ein BG-Sprengel. Dieses Traumziel, das auch Sie haben könnten oder sollten oder hätten, wenn Sie die Sachlage zur Gänze kennen würden, würde bedeuten, dass wir 99 Bezirkshauptmannschaften und 99 Bezirksgerichte haben. Dann würden wir die Hälfte davon schließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wegen Profillosigkeit und äußerst schlechter Umfragewerte sucht die SPÖ Oberösterreich dringend einen Weg, um aus der Koalition mit der ÖVP auszubrechen. Als Vorwand soll ihr dabei die Reform der Bezirksgerichte dienen.

Ist es nunmehr richtig, dass die SPÖ in der Vergangenheit die Abschaffung des Zustimmungsrechts der Länder für die Zusammenlegung von Gerichten nach dem Übergangsgesetz gefordert hat?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Das ist richtig. Ich habe diese Urkunde auch schon gesehen, ich kann sie auch allen Bundesräten zur Verfügung stellen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Bitte darum! Das wird aber jetzt schon ein großes Packerl, das wir bekommen!) Es tut mir Leid, dass ich jetzt nicht direkt daraus zitieren kann, aber Sie können sich darauf verlassen, dass sich der Standpunkt der SPÖ – aus mir unerklärlichen Gründen – geändert hat, deshalb gibt es auch mein ständiges Gesprächsangebot, damit wir unsere Argumente darlegen dürfen. Wir haben die Bevölkerung überzeugt, warum sollen wir nicht auch die Bundesratsfraktion der SPÖ überzeugen können.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Josef Saller gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Josef Saller ( ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In Salzburg ist zwischen unserem Herrn Landeshauptmann und Ihnen beziehungsweise Ihrem Ministerium ein Kompromiss ausgehandelt worden. Die Probleme in Salzburg sind bekannt. Die Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin reist mit Populismus durch das Land und teilt mit, dass sie diesem Kompromiss in der Regierung nicht zustimmen werde.

Ich darf Sie fragen: Werden Sie trotzdem zu dem mühsam erreichten Kompromiss stehen und diesem zustimmen, und wann ist mit der Erlassung weiterer Verordnungen zu rechnen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ja, das ist richtig, wir haben einen Kompromiss mit dem Herrn Landeshauptmann erzielt, und auch die Freiheitliche Partei ist dafür. Wir haben auch geglaubt, dass die Sozialdemokratische Partei dafür sein wird, und dabei bleiben wir. Das hat sich aber, wie Sie richtig dargestellt haben, geändert. Wir bleiben dem Ziel der Zusammenlegung sozusagen treu und werden das auch mittels Bundesgesetz machen. Allerdings hoffe ich, dass sich Frau Landesrätin Gabi Burgstaller einmal mit uns zusammensetzen wird – wir fahren auch nach Salzburg, wenn das gewünscht wird –, damit wir ihr unsere Argumente vorlegen können, weil es uns um die Sache geht.

Nur ein Beispiel noch, obwohl schon soviel diskutiert wurde: Wir müssen zum Beispiel die Bezirksgerichte mit genau demselben Aufwand mit EDV-Leitungen versorgen wie jedes große Gericht. Alleine durch die Zusammenlegung der Bezirksgerichte würden wir uns nach unseren Plänen, ohne dass ein Arbeitsplatz auch nur gefährdet wäre, 40 Millionen Schilling jährlich ersparen.

Ich glaube, dass diese Bundesregierung auch um solche Beträge kämpfen darf, und dass es natürlich um mehr geht, ist auch klar. Aber ich hoffe, dass sich die sozialdemokratische Fraktion auf allen Ebenen dieses Landes zu einer Diskussion zur Verfügung stellt, damit wir sie überzeugen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 6. Anfrage, 1230/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1230/M-BR/02

Welche Konsequenzen werden Sie aus den Beratungen des Ottensteiner Strafrechtsseminars für die Reform des strafprozessualen Vorverfahrens ziehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir haben diese Beratungen sehr genau verfolgt. Es waren Hochschulprofessoren und unsere Spitzenbeamten, insbesondere Sektionschef Dr. Miklau, Dr. Pleischl und Dr. Pilnacek dort. Diese Beratungen haben zu keinem grundsätzlichen Umdenken, also zu keinen grundsätzlichen Zweifeln an der Reform, geführt. Aber das, was man mitgenommen hat, ist, dass wir natürlich in einigen Bereichen einen Feinschliff vornehmen werden.

Unter anderem ist dort auch klar geworden – zumindest nicht widerlegt worden, sondern in Diskussion gekommen –, dass das Weisungsrecht des Justizministers sehr transparent ist, dass es auch in der aktuellen Legislaturperiode nicht missbraucht wurde – auch von meinen Vorgängern Michalek und Krüger nicht, und so weiter –, dass aber das Trauma des Missbrauches des Weisungsrechts, das unter Broda entstanden ist, nach wie vor in den Köpfen ist.

Man muss bemüht sein, dieses Trauma wegzubringen. (Bundesrat Todt: Spitzelaffäre!) – Entschuldigen Sie, Sie haben sich jetzt nur versprochen, Sie denken an die 27 Weisungen, die Minister Broda bezüglich AKH erteilt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Sie denken wahrscheinlich gleichzeitig daran, dass dieser Justizminister keine einzige Weisung gegeben hat, weil einfach die rechtliche Harmonie mit der StA vorhanden ist, und ich nicht in die gesetzmäßige Tätigkeit der StA einzugreifen gedenke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesrat! Aber an sich hat natürlich dieses Seminar viele Erkenntnisse gebracht; wir verwerten alle. An der Grundstruktur des Novellenvorhabens wird sich aber nichts ändern, es


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wird möglicherweise eine bessere Durchleuchtung des Weisungsrechtes von den Oberstaatsanwaltschaften abwärts geben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Wie könnten Sie sich eine Einbindung des Richters im künftigen Vorverfahren, wie es beim Seminar vorgeschlagen wurde, zum Beispiel vorstellen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Es ist völlig richtig, es geht darum, dass die Kriminalpolizei vor Ort ermittelt, die Staatsanwälte die Ermittlungen leiten und der Richter vor allem dann angerufen werden soll, wenn es darum geht, dass Grundrechte gefährdet sind. Das ist zum Beispiel bei Observationen, bei Hausdurchsuchungen, bei der Verhängung der Untersuchungshaft und so weiter der Fall. Alle diese Maßnahmen werden auch in Zukunft nur unter Einbeziehung eines Untersuchungsrichters beziehungsweise über richterliche Entscheidung möglich sein.

Es wird aber bei der ganzen Diskussion vergessen, dass nur zirka 10 Prozent der Voruntersuchungen so ablaufen, wie das jetzt bei dieser Diskussion angedacht wird. Nur in 10 Prozent der Fälle von strafrechtlichen Vorverfahren gibt es Voruntersuchungen, die primär der Untersuchungsrichter leitet. Bei den restlichen 90 Prozent wird im Prinzip das Verfahren jetzt schon so abgewickelt, wie es die Novelle vorschlägt, nämlich mit den Schwerpunkten: StA überwacht und stellt die Anträge und Aufträge, und die Kriminalpolizei ermittelt vor Ort.

Wir gehen einen europäischen Weg, und ich danke der ÖVP, dass sie im Konsens mit uns dieses Gesetz macht. Wir werden im Gegensatz zu früheren Konstellationen in Koalitionen nicht ins Wanken geraten. Wir sind unserer Sache ganz sicher. Ich habe eine hervorragende Zusammenarbeit mit Herrn Innenminister Strasser und seinem Behördenapparat. Wir werden spätestens im Juni dieses Jahres mit dieser Vorlage in den Ministerrat gehen und dann diese im Justizausschuss beraten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer gemeldet. – Bitte schön.

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Gedenken Sie im Zuge der Reform des strafprozessualen Vorverfahrens die verfassungsrechtliche und dienstrechtliche Stellung der Staatsanwälte zu verändern?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Im Zuge der Novellierung der StPO ist an die gleichzeitige Behandlung dieser Themen nicht gedacht. Ich hoffe, dass wir uns jetzt nicht missverstehen: Natürlich beachten wir bei jedem Gesetz, ob es im Einzelfall eine Verfassungsbestimmung notwendig hat, um die Regelung verfassungskonform zu machen. Das bedenken wir natürlich. Diese Diskussion findet statt. Aber an eine Junktimierung zum Beispiel der Verankerung der Staatsanwälte in der Verfassung, also an eine gleichzeitige Behandlung, ist nicht gedacht. Das halte ich auch nicht für sinnvoll.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann gemeldet. – Bitte schön.

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wie bewerten Sie die Forderung der Standesvertreter, an Stelle des Justizministers eine andere Weisungsspitze vorzusehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Es ist schwer, das zu bewerten, weil keine konkreten Vorschläge vorliegen. Die undifferenzierte Propagierung eines so genannten Generalanwaltes an der Weisungsspitze hätte den Nachteil, dass dieser Generalanwalt nicht so wie ich eine gigantische, nicht mehr steigerungsfähige Verantwortlichkeit hat, nämlich verfassungsrechtlich gegenüber dem Verfassungsgerichtshof, politisch gegenüber dem Parlament, strafrechtlich gegenüber dem Strafgericht und zivilrechtlich gegenüber dem Zivilgericht. Das ist ein Kontrollbereich, der sich nicht steigern lässt.

Wenn sich der Generalprokurator denselben Kontrollsystemen mit denselben Konsequenzen unterwirft, also dass er auch dann nicht mehr Beamter wäre, wenn er eine Verfehlung macht, obwohl er als Beamter angetreten ist, dann sage ich, wohlan, warum nicht, aber dann frage ich mich auch, wozu das Ganze gut sein soll, weil es dasselbe ist. Ich verstehe die Diskussion deshalb nicht wirklich, weil keine konkreten Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Es gibt auch niemanden, der sagt, die Regierungsparteien verschließen sich einem anerkannten besseren System, als es das jetzige ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 7. Anfrage, 1236/M.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Johanna Auer, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1236/M-BR/02

Sind Sie sich bewusst, dass bei der von Ihnen geplanten Zivilprozessverfahrens-Novelle der Zugang zum Recht besonders für Personen mit wenig Gerichtserfahrung dramatisch verschlechtert wird?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich halte die Intention dieser Frage für einen Irrtum und bin gerne bereit, Ihnen hier Aufklärung zu geben. Der Zugang zum Recht ist manchmal schwierig, schon deshalb haben wir das Institut des relativen und des absoluten Anwaltszwanges. Das heißt, in einer Vielzahl von Fällen kann man vor Gericht nur sein Recht suchen und finden, wenn man sich eines Anwaltes bedient. Das Recht ist in den letzten Jahrzehnten nicht leichter und übersichtlicher, sondern schwieriger und unübersichtlicher geworden.

Mein Bestreben ist es, jedermann den Zugang zum Recht zu verschaffen, auch, und zwar dann, wenn er Vermögensprobleme hat, also vermögenslos ist oder wenig Vermögen hat, mit Hilfe der Verfahrenshilfe oder ergänzender Maßnahmen. Denken Sie daran, dass diese Regierung, dieses Justizministerium zum ersten Mal einen Opferfonds eingerichtet hat und kein Opfer eines Verbrechens in Österreich unbetreut bleibt, wenn es sich an das Justizministerium wendet! Der Zugang zum Recht wird also erleichtert.

Frau Bundesrätin! Aber eines ist natürlich klar: Die Gesetze werden schwieriger, und deswegen – ich sage es noch einmal, weil es mir so wichtig ist – bemühe ich mich, auch die Gesetze ständig zu novellieren. Wir haben gestern zwei Gesetze novelliert, wobei eines der Motive war, die Sprache und die Verständlichkeit zu verbessern. Das sind das Wohnungseigentumsgesetz und das Vereinsgesetz. Bitte, akzeptieren Sie das. Wenn Sie die Kritik hören, dass die Gesetzessprache oft unverständlich ist, dann stellen Sie die Zusatzfrage: Justizministerium oder anderes.

Unsere Gesetze sind anerkanntermaßen von einer höchst sprachlichen Qualität und von dem Element der Selbsterklärung getragen. Das ist wirklich unser Ehrgeiz. Wir schreiben auch bei jedem Gesetzesvorschlag dazu – das ist auch neu in dieser Legislaturperiode –, welches Gesetz dadurch entfällt und wieviel die Maßnahmen kosten. Also wir gehen hier, so glaube ich, schon umsichtig vor, und es würde mich sehr treffen, wenn jemand in Österreich sein Recht


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suchen will und es nicht findet. Das System an sich bietet die Möglichkeiten, dass jeder Schutz findet.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Danke, die hat sich bereits in den Ausführungen erschöpft.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrter Herr Bundesminister! Möglicherweise hat der kritische Unterton der vorherigen Hauptfrage auch auf den Wegfall des Widerspruchs abgezielt, des Widerspruchs gegen das echte Versäumungsurteil.

Meine Frage wäre: Welche Gründe sprechen für den Entfall des Widerspruchs, und sind nicht ohnehin andere Korrektive wie die erleichterte Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine ausreichende Abhilfe für den Rechtssuchenden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.


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685. Sitzung / Seite 30

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Ich muss einmal Folgendes erklären: Der Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil bedeutet, dass jemand verurteilt wird und innerhalb kurzer Frist durch die bloße Erklärung, er widerspricht diesem Urteil, also Widerspruch erhebt, dieses Urteil außer Kraft setzen kann.

Das ist eine Rechtsschutzmaßnahme, die vor zirka 12 oder 15 Jahren eingeführt wurde und die gleichzeitig dazu geführt hat, dass die Möglichkeiten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erleichtert wurden. Allerdings gibt es kritische Stimmen aus der Richterschaft, weil findige Anwälte oder auch Parteien durch eine sehr exzessive Handhabung der Widerspruchsmöglichkeiten eine meines Erachtens nicht erstrebenswerte Verfahrensverzögerung herbeiführen können. Das ist ein Problem.

Es gibt eine Berechnung des Oberlandesgerichtes Wien, also eine Modellstudie, dass mit Hilfe des Missbrauches des Widerspruchsrechtes ein Verfahren um bis zu zwei Jahre verzögert werden kann. Das kann man nicht aus der Sicht der beklagten Parteien rechtfertigen, weil wir haben auch Gläubiger bei Gericht, die zu ihrem Recht kommen wollen, und oft treten als Kläger auch Konsumenten und kleine Gewerbetreibende und so weiter auf. Das spricht also für den Wegfall der Missbrauchsmöglichkeit.

Wir haben einen Kompromiss gefunden, der auf einen Vorschlag der Arbeiterkammer zurückgeht, dass in Fällen, in denen sich die Partei schon gegenüber dem Gericht bemerkbar gemacht hat und erkennen hat lassen, dass sie von dem Verfahren Kenntnis hat, der Widerspruch nicht mehr möglich sein soll, weil dann kein Schutzbedürfnis mehr da ist. In jenen Fällen, in denen aber die Partei noch nie bei Gericht aufgetreten ist, soll auch weiterhin der Widerspruch bleiben. Wir sind da im Konsens mit allen Parteien. Ich glaube, mich zu erinnern, dass gestern alle vier Parteien dieser ZPO-Novelle zugestimmt haben. Es waren aber fünf Materien, vielleicht irre ich mich bei einer, aber wir haben einen Weg gefunden, der allen Interessen, so glaube ich, gerecht wird.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herr Ing. Franz Gruber gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Minister! Hat der Justizausschuss das Gesetz in der Fassung beschlossen, auf die sich die Hauptfrage bezogen hat?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.


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685. Sitzung / Seite 31

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Ja. Es wurde beschlossen, dass die Widerspruchsmöglichkeiten im aufgezeigten Sinne reduziert werden sollen – und das im Einverständnis mit der Arbeiterkammer und letztlich auch mit der sozialdemokratischen Fraktion. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört!)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 8. Anfrage, 1231/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Alfred Schöls, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1231/M-BR/02

Welche konkreten Verbesserungen im Bereich des Opferschutzes sollen gemeinsam mit der Vorverfahrensreform umgesetzt werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Im Opferschutzbereich soll das Informationsrecht der privat Beteiligten und der Opfer verbessert werden. Die Verfahrenshilfe soll ausgebaut werden. Es wird auch ein Antragsrecht für die Verbrechensopfer geben. Alles, was eigentlich aus prozessualer Sicht denkbar und sinnvoll ist, ist in dieser Strafprozessnovelle enthalten, und darüber wird, so glaube ich, dankenswerterweise auch nicht kontroversiell diskutiert.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Planen Sie allenfalls eine Vorschusspflicht des Staates für Opfer bestimmter Verbrechen, insbesondere für Opfer von Sexualdelikten?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir überwachen hier die Situation. Es gibt bereits einen Tatbestand § 373a StPO, wo das im Prinzip geregelt wird, es hindert uns das aber nicht, das zu überdenken. Wir gehen aber beim Opferschutz überhaupt neue Wege, die sich an folgender Leitlinie messen lassen können:

Wir wollen eine verbesserte Möglichkeit des Zuganges der Verbrechensopfer zu Institutionen, die ihnen Hilfestellung geben, und eine Verbesserung der Übersichtlichkeit. Ich zweifle aber momentan noch an der Übersichtlichkeit, weil es alleine im Bereich der Gewaltopferhilfe zwischen 90 und 166 Vereine gibt – das ist gar nicht so leicht feststellbar –, die sich bundesweit flächendeckend um diese Opferhilfe kümmern. Das ist eine gute Absicht, und diese Vereine haben sicherlich ihre Existenzberechtigung, und ich desavouiere sie mit keinem Wort. Wir überlegen nur, ob wir dieses Organisationssystem verbessern können, weil ich meine, dass man betriebswirtschaftlich denken muss – so wie auch bei der Bewährungshilfe, bezüglich der ich mich bemühe; für sie wird immerhin 400 Millionen Schilling jährlich aus dem Budget des Justizministeriums aufgewendet –, dass die Aufgaben ausgeweitet, präzisiert und in der Erfüllung und in der Effizienz verbessert werden, aber auch auf die betriebswirtschaftliche Seite Rücksicht genommen werden muss.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Johanna Auer gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Wird durch Ihre Anordnungen nicht die bestehende Struktur der funktionierenden, dezentralen und eigenständigen Verbrechensopferhilfe-Einrichtungen von einer zentralisierten Struktur zerschlagen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich zerschlage überhaupt nichts. Ich habe soeben erwähnt, dass ich nicht zu jenen gehöre, die die Absicht haben, diese Vereine zu desavouieren und in ihrer guten Absicht zu diskriminieren. Das ist das Letzte, was ich will. Aber in der Demokratie und in einem Staat, der sparen muss, muss Folgendes zulässig sein: nämlich die Überprüfung der Effizienz dieser Organisation.

Wir haben ein Modell, das auch funktioniert – und vom Rechnungshof geprüft wird –, und zwar mit gutem Erfolg: Das ist die Bewährungshilfe. Demgegenüber steht eine Zahl von 90 bis 166 Vereinen – diese Angabe ist sehr seriös, diese Zahlen lassen sich begründen –, die sich unkoordiniert um Verbrechensopferschutz bemühen. Und um diese Koordinierung möchte ich mich gemeinsam mit Herrn Sozialminister Mag. Haupt bemühen; sein Einverständnis liegt vor.

Natürlich müssen wir auch bedenken, dass manche dieser Institutionen sehr diskret arbeiten müssen, zum Beispiel die Frauenhäuser. Es kann nicht so sein, dass man, wenn eine Frau dort Schutz sucht, dem Mann mitteilt, wo sie ist, weil der Terror dann unter Umständen dort weitergeht. Wir müssen all das bedenken. Wir müssen auch den Datenschutz bedenken. Aber noch einmal: Es muss zulässig sein, die Frage zu stellen, ob das wirklich die bestmögliche Organisationsform ist, und das mache ich gerade.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sie werden es oft erlebt haben, viele unserer Kollegen haben es oft erlebt, dass sich ein als Zeuge vernommenes Opfer irgendwann einmal im Laufe der Verhandlung an den Richter wendet und sagt: Herr Richter! Bin ich hier eigentlich Zeuge oder Angeklagter oder – sehr oft – Angeklagte?

Nach Jahrzehnten, in denen in der Justizpolitik tendenziell eigentlich immer wieder der Täterschutz im Vordergrund stand, hat man heute das Gefühl, dass man sich auch einmal verstärkt um die Opfer kümmert. Ich möchte an dieser Stelle für diese epochale Trendwende unter Ihrer Ministerschaft auch einmal herzlich danken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang meine Frage: Wird durch die prozessualen Änderungen das Opfer künftig eher das Gefühl der echten Beteiligung am Verfahren als Rechtssubjekt als nur das Gefühl, rechtsloser Zeuge zu sein, haben können?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Danke schön, vor allem auch für die anerkennenden Worte, die ich gerne auch an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergebe.

Es ist unser Bestreben, dass das Opfer volle Information erhält, Beweisantragsmöglichkeiten erhält und vor allem auch das Gefühl bekommt, dass es auch im Mittelpunkt des Verfahrens und seines Geschehens steht. Das ist aber zum Beispiel auch der Fall beim außergerichtlichen Tatausgleich, da wird das Opfer auch mit einbezogen. Das ist auch in der StPO-Novelle beim neuen Privatankläger der Fall, und das ist auch dann der Fall, wenn es um die Diskussion geht, ob man das Weisungsrecht von der Oberstaatsanwaltschaft abwärts dadurch überprüfen kann, indem man einen Antrag an das Gericht stellt, denn es werden zwei Drittel aller Verfahren eingestellt, und sehr viele Anzeigen von Opfern gehen damit unter.

Ich möchte, dass die Bevölkerung das Gefühl hat, dass ihre Anzeigen – auch dann, wenn sie auf Vermutungen beruhen, das ist nun einmal so – auch tatsächlich überprüft werden. Das ist für das Verständnis der Bevölkerung wichtig, denn die Bevölkerung lebt in einem sehr starken Harmoniebedürfnis mit dem Strafrecht, das soll man nicht übersehen. Die Menschen haben ein sehr genaues und sicheres Gefühl, wann ein Verhalten bestraft werden soll und wie es bestraft werden soll und wie nicht.


Bundesrat
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Das Gefüge müssen wir pflegen, müssen wir ständig überdenken, und dazu gehört es auch, dem Opfer zu erklären, dass nicht Rache angesagt ist, wohl aber Entschädigung und Wiedergutmachung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 9. Anfrage, 1233/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Christoph Hagen, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1233/M-BR/02

Wie ist die vertragsrechtliche Situation der Heimbewohner derzeit aus Konsumentenschutzsicht zu beurteilen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sie wissen, dass der Konsumentenschutz derzeit beim Justizministerium angesiedelt ist – und hoffentlich auch dort bleibt. Wir haben festgestellt, dass in den Heimverträgen große Rechtsunsicherheit besteht. Das heißt, es gibt in vielen Heimverträgen Bestimmungen, die auf die Rechte, auch auf die Grundrechte der Heimbewohner nicht immer Rücksicht nehmen, zum Beispiel dass man die Heimbewohner in andere Zimmer verlegen kann, dass man die Vertragsbedingungen ändern kann und vieles andere mehr. Ich möchte das noch nicht so überdeutlich in der Öffentlichkeit sagen.

Wir gehen jetzt so vor, dass wir in vielen Fällen nach Studium der Heimverträge, ohne Ansehung der Person und der Organisation, die Heime darauf hinweisen – "abmahnen" heißt es im Sprachgebrauch des Konsumentenschutzrechtes – und dann allenfalls klagen.

Wir gehen auch so vor, dass wir Vertragsmuster entwerfen oder vertragliche Grundmuster überdenken, die wir allenfalls in das Konsumentenschutzrecht einfließen lassen. Ich muss aber sagen, dass manche Länder diesbezüglich auch sehr aktiv sind und dass wir das verfassungsrechtliche Problem haben: Inwieweit ist es eine Sache der Landesgesetzgebung, das zu regeln, und wo beginnt die Bundesgesetzgebung?

Hier gibt es eine verfassungsrechtliche Diskussion, die wir abwarten müssen, und dann werden wir endgültig legistisch tätig werden. Wir haben aber schon sehr viele Vorarbeiten in dieser Richtung gemacht.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Werden Sie einen besseren Konsumentenschutz bei Heimverträgen auch dann rasch vorschlagen, wenn die Regelung der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen längere Zeit in Anspruch nimmt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Genau, es gibt hier zwei Themen. Das eine sind die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, wo unser Ministerium ein hohes legistisches Niveau hat, weil das nicht nur die Heimverträge betrifft. Diese Materie bearbeiten wir getrennt von der privatrechtlichen Vertragsgestaltung. Wir sind in beiden Gebieten unterwegs und haben auch schon Studien dazu. Wir haben auch großes Lob dafür bekommen, dass wir den Mitgliedern des Justizausschusses diese Studien zur Verfügung gestellt haben, weil das eine Serviceleistung war, die anscheinend in anderen Ausschüssen gar nicht so sehr üblich ist.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss gemeldet. Ich bitte um diese Zusatzfrage.

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Werter Herr Bundesminister! Sind Sie bereit, eine schriftliche Übersicht zur Verfügung zu stellen, in welcher Weise das Konsumentenschutzrecht


Bundesrat
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zur Regelung der Vertragsverhältnisse zwischen Heimbewohner und Heimträger beitragen kann?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ja, das tun wir sehr gerne. Ich weiß nur nicht, ob das schon kompakt vorliegt. Aber ich werde jetzt gleich, wenn ich ins Ministerium zurückkehre, die diesbezügliche Anweisung geben, und ich hoffe, dass wir Ihnen diese Unterlage innerhalb von vierzehn Tagen bis maximal drei Wochen zur Verfügung stellen können – natürlich allen Fraktionen, wenn sie Interesse daran haben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Karl Boden gemeldet. Ich bitte um diese Zusatzfrage.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wie Sie wissen, gibt es schon seit längerem einen Initiativantrag des Kollegen Peter Kostelka bezüglich eines Bundes-Heimvertragsgesetzes, welches eine wesentliche Verbesserung der rechtlichen Situation von Heiminsassen bringen würde. Meine Frage an Sie: Unterstützen Sie diesen Initiativantrag?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich unterstütze das Ziel der Verbesserung der Situation. Ich kann Ihnen aber jetzt nicht garantieren – ich würde das über die Köpfe unserer Legisten hinweg tun –, dass alle Bestimmungen, die in dem Entwurf enthalten sind, auch übernommen werden. Aber das Ziel ist selbstverständlich akzeptiert, und wir werden diesen Initiativantrag, den wir haben, natürlich einfließen lassen, soweit es sich vom politischen Willen her ergibt. Aber ich glaube, da ist wieder einmal Sachpolitik angesagt, und Sie können diesbezüglich mit meiner Kooperation rechnen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke. Die Fragestunde ist damit beendet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Den eingelangten 3. Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 2000/2001) habe ich dem Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Eingelangt ist eine Anfragebeantwortung, 1746/AB, die dem Anfragesteller übermittelt wurde. Die Anfragebeantwortung wurde vervielfältigt und ist bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortung.

Eingelangt sind jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über die bereits früher eingelangten und zugewiesenen Kulturberichte 1998, 1999 und 2000 der Bundesregierung und über den Restitutionsbericht 2000/2001 abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe alle diese Vorlagen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.


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Behandlung der Tagesordnung

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 6 und 7, 10 bis 12, 13 und 14, 15 und 16, 19 bis 22, 26 bis 28 sowie 29 bis 31 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinn vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Ankündigung von Dringlichen Anfragen

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bevor wir aber in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und KollegInnen betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offiziers – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten vorliegt.

Weiters liegt mir ein zweites Verlangen im Sinn des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und KollegInnen mit dem gleichen Betreff an den Herrn Bundesminister für Inneres vor.

Gemäß § 61 Abs. 6 der Geschäftsordnung ziehe ich die dringliche Behandlung der beiden Anfragen zusammen. Die Zustimmung der unterzeichneten Bundesräte dazu liegt vor.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung der beiden Anfragen an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz) (744 und 993/NR sowie 6579/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Behörden-Überleitungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden (994/NR sowie 6580/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz), und

ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Behörden-Überleitungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden.


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Die Berichterstattung über die Punkte 1 und 2 hat Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Dr. Vincenz Liechtenstein: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beschluss des Nationalrats vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz).

Der Ausschussbericht liegt Ihnen allen vor, sodass ich ihn nicht verlesen werde.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Behörden-Überleitungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden.

Der Ausschussbericht liegt Ihnen allen vor, deswegen werde ich ihn nicht verlesen.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen nun in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Kraml. Ich erteile dieses.

10.17

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vom Feld bis zum Teller soll die Kontrolle im Lebensmittelbereich künftighin reichen. So lautete zumindest eine Aussage von Ihnen, Herr Bundesminister, bei der Vorstellung der Ernährungsagentur. So weit konnte man auch noch mitgehen, weil das für den Konsumenten an sich eine ausgezeichnete Sache wäre.

Vom Feld bis zum Teller soll der Konsument also Sicherheit haben, und das heißt es auch jetzt wieder. Schon alleine mit dem Begriff "Ernährungsagentur" kann ich nicht recht etwas anfangen. Wen soll diese Agentur ernähren? Soll diese Agentur den Produzenten ernähren, oder soll sie doch den Konsumenten ernähren, und auch das relativ sicher und gesund?

Meine Damen und Herren! Wo bleiben die Bundesländer? – Sie fehlen mir auch. Zu Beginn hat es geheißen, dass die Länder mittun müssen. Jetzt hat man das etwas anders formuliert, und zwar lädt man jetzt die Länder ein. Ich frage mich, warum die Länder bei einem solchen an sich, wie es immer wieder heißt, guten Gesetz nicht mittun wollen.

Auf meine Frage im Ausschuss, wie viele Stellungnahmen es im Begutachtungsverfahren gegeben hat und wie die Gewichtung zwischen den positiven und negativen Stimmen war, habe ich keine Antwort bekommen. Da Sie ja immer auf konkrete und richtige Zahlen Wert legen, Herr Bundesminister, muss ich natürlich jene Zahlen heranziehen, die kenne. Ich weiß zum Beispiel, dass es 48 Stellungnahmen gegeben hat, und von diesen 48 Stellungnahmen waren


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47 negativ. (Ruf bei der SPÖ: Hört! Hört! – Bundesrat
Konecny: War die 48. vom Kärntner Landeshauptmann?)

Wenn ich mir die heutige Rednerliste anschaue, dann sehe ich eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, die sich heute zu diesem Thema zu Wort melden – das ist ihr gutes Recht. (Ruf bei der ÖVP: Sind auch praktizierende Bauern dabei!) Ja, genau, darauf habe ich jetzt gewartet, zu hören, dass Sie alle praktizierende Bauern sind. Da denke ich mir, dass das Gesetz nicht so gut sein kann, denn wenn Sie sechs Redner brauchen, um erklären zu können, wie gut dieses Gesetz ist, dann passt etwas nicht. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesminister Mag. Molterer: Wollen Sie das Rederecht streichen?) – Nein, Herr Bundesminister, ich möchte das Rederecht nicht streichen! Ich sage nur, wenn man so viele Redner braucht, um ein gutes Gesetz – wie Sie sagen – erklären zu können, dann kann irgendetwas damit nicht stimmen.

Meine Damen und Herren! Vom Feld bis zum Teller – so das "Sprichwort" – soll es künftig Sicherheit für den Konsumenten geben. Das wünschen wir uns alle – ohne Zweifel –, aber da frage ich mich: Wer kontrolliert das Feld, und wer kontrolliert den Teller? (Bundesrat Keuschnigg – auf die Ministerbank weisend –: Dort sitzen sie!) – Dann sehe ich, dass das Feld der Landwirtschaftsminister kontrolliert, und den Teller kontrolliert auch der Landwirtschaftsminister. (Bundesminister Mag. Haupt: Nein, wir beide gemeinsam! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Das wünschen Sie sich, Herr Minister! (Bundesminister Mag. Haupt: Das ist Gesetz! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es sind auch in der EU schon Kontrolle und Produktion getrennt worden. Da sind einige Bereiche von Kommissär Fischler zum Konsumentenbereich verlagert worden. Das könnte man sicher auch in Österreich so machen.

Die Ernährungskontrolle ist in der Werbung relativ einfach: Da "kennt" jedes Ei seine Henne, jedes Stück Fleisch im Supermarkt "kennt" die Kuh und den Bauern, den Bauernhof, auf dem die Tiere aufgewachsen sind, jede spanische Erdbeere "kennt" ihren Herkunftsboden und damit auch die Düngemittel und die Pestizide, die dort verwendet werden. Vom Feld bis zum Teller gibt es eine lückenlose Kontrolle – zumindest in der Werbung.

Was spielt sich aber in diesem Bereich tatsächlich ab, meine Damen und Herren? – BSE, Maul- und Klauenseuche, Hormone in den Futtermitteln, Pestizide im Gemüse, auch wenn sie den Höchstwert nicht erreichen, per Etiketten veredeltes Fleisch, bei dem auch noch das Herkunftsland geändert wurde, verwechselte Schlachthöfe, Tierärzte, die von den Schlachthofbesitzern für ihre Arbeit bezahlt werden und daher in einer gewissen Weise abhängig sind. Dann hat es auch vom Hund gefressene Rinderohren gegeben. Ich weiß nicht, wie er sie vertragen hat, aber zumindest ist das so gesagt worden. All das ist in den letzten Monaten vorgefallen.

Jetzt werden Sie sagen, das sind nur einige wenige schwarze Schafe, das kennen wir. Das ist bei den Transporteuren und bei vielen anderen Dingen so; die Liste ließe sich fortsetzen. Jedes Mal, wenn es so einen Fall gab, haben Sie, Herr Bundesminister, eine strengere und eine noch bessere Kontrolle angekündigt. Nur recht weitergekommen sind wir bisher nicht, zumindest sehe ich das nicht.

Meine Damen und Herren! Jetzt rede ich immer vom Landwirtschaftsminister und nicht vom Gesundheitsminister. Es ist mir schon gesagt worden, dass er bei diesem Gesetz auch etwas zu sagen hat. Ich sehe das nicht so; das Gesetz sagt für mich etwas anderes aus, nämlich dass die kontrollierende Funktion ganz woanders liegt.

Meine Damen und Herren! Was bei der Ernähungsagentur fabriziert worden ist, bringt dem Konsumenten nichts und bringt auch dem Erzeuger nicht recht viel.

Nun zur Kontrolle: Wer darf bei dieser Agentur eigentlich kontrollieren? – Es darf der Rechnungshof prüfen, die Volksanwaltschaft darf auch ein bisschen etwas tun – das Parlament hat keine Kontrolle. Da gibt es keine Informationspflicht, da gibt es keine Berichte an das Parla


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ment. Da denke ich mir wieder, es wird jetzt schön langsam Praxis, dass alle Berichte, wenn es sie noch gibt, in den Ausschüssen abgehandelt werden und nicht mehr ins Plenum kommen. In diesem Fall brauchen Sie sich auch nicht mehr im Ausschuss zu bemühen, weil es überhaupt keinen Bericht dazu gibt.

Die Ernährungskontrolle kostet Geld. Wenn man Kontrolle ernst meint, dann muss man diese Agentur auch mit dem entsprechenden Geld ausstatten. Die finanziellen Leistungen für diese Agentur scheinen mir doch ein bisschen zu wenig zu sein.

Meine Damen und Herren! Der Konsument muss absolutes Vertrauen in die Ernährungskontrolle haben können: lückenlose Kontrolle – ich habe das schon einige Male gesagt – vom Feld bis zum Teller, und das durch den Gesundheitsminister, was bei dem, was wir heute beschließen, nicht der Fall ist. Das ist schade für den Konsumenten, und genauso schade ist das für die Produzenten und die Landwirte. Daher wird unsere Fraktion diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.25

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Herbert Haupt. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.25

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem heutigen Gesetzesbeschluss über die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wird ein Schlussstrich gesetzt unter eine mehr als zweijährige Debatte über Verbesserungen im Bereiche des Konsumentenschutzes und, was Sie bezweifelt haben, werter Vorredner, über die Sicherheit der Produkte vom Feld bis zum Teller – verbunden mit den epidemiologischen Untersuchungen aus dem Bereich der Humanmedizin und auch mit den Zukunftserwartungen, die wir diesbezüglich im Forschungsbereich haben.

Ich darf Sie ebenso wie den Nationalrat darauf aufmerksam machen, dass mit der Agentur auch im finanziellen Bereich eine deutliche Verbesserung einhergeht. Die Mittel für diesen gesamten Bereich sind nunmehr abgesichert und unterliegen nicht Unwägbarkeiten von Bindungen und sonstigen Restriktionen auf Grund der Budgetentwicklungen. Es gibt für diesen Bereich ein Mehrvolumen in der Höhe von 200 Millionen und nach einem Einführungszeitraum eine Evaluierung, die nach 2004 vom Hohen Haus und von allen politisch Agierenden zu beschließen ist.

Ich sage es in aller Klarheit, Herr Kollege von der sozialdemokratischen Fraktion: Wenn nicht dem Bereich, den ich von Kollegin Prammer übernehmen musste, massiv Mittel entzogen worden wären, in den Anstalten nicht notwendige Infrastrukturmaßnahmen unterblieben wären, wenn nicht mit Budgetüberschreitungsgesetzen mehr als 18 Millionen Schilling aus dem Bereich des Konsumentenschutzes und der Lebensmittelkontrolle in den Frauenbereich übergeleitet worden wären und Organisationen aus Oberösterreich, bei denen die Frau Präsidentin des Bundesrates und die Frau Exfrauenministerin Prammer Präsidentin und Vizepräsidentin waren, nicht 600 000 S an Förderungen übermittelt worden wären, hätte ich einen Bereich vorgefunden, in dem eine Prüfung effizienter und besser möglich gewesen wäre, als es heute der Fall ist.

Ich lasse mich nicht für die Versäumnisse meiner Amtsvorgängerin Prammer prügeln, sondern ich bin sukzessive bemüht, den Bereich, den ich mit seinen schwachen Strukturen, mit seinem Personalmangel, mit nicht erfolgten Inneneinrichtungen aus der Vergangenheit geerbt habe, in entsprechender Form auszugestalten.

Von Ihnen und Ihrer Fraktion wird die Besetzung der Bundesanstalt in Wien kritisiert. Ich möchte darauf hinweisen, dass es dort Chemiker gibt, die hervorragende Arbeit leisten und nach 15 Jahren, in denen das Ressort sozialdemokratisch geführt wurde, bis heute noch keine fixen Dienstposten gehabt haben und erst durch mich in ein bleibendes Dienstverhältnis überführt worden sind, obwohl auch Kollegin Prammer wie mir bekannt war, dass dann, wenn


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der Kollege den Dienst dort quittieren würde, in wichtigen Bereichen der chemischen Untersuchungen tatsächlich die Zertifizierung dieser Bundesanstalt in Wien hinfällig gewesen wäre.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass die Personalplanung in diesem Bereich auf Grund der Verzögerungen im Vorbereich mangelhaft war, und zwar dort, wo es darum ging, Personen durch bessere Bezahlung, nämlich über das Beamtendienstrecht hinaus, von der Privatwirtschaft abzuwerben; da hat es immer Qualitätsengpässe gegeben. Durch die Möglichkeit, neben der Agentur auch eine Forschungsgesellschaft einzurichten und aus Forschungsergebnissen auch Drittmittel zu lukrieren und damit die finanzielle Gestion der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Anstalten besser zu gestalten, als es das reine Beamtendienstrecht der alten Anstalten ermöglicht hat, gibt es auch in der Qualität des Personals eine Verbesserung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es, seitdem ich Minister bin, in meinem Bereich eingeleitet worden ist, dass Schwerpunkte innerhalb der Anstalten gebildet werden, weil die Bundesanstalten eine Fülle von Untersuchungen, auch mit Schwerpunkten, in der Vergangenheit zu machen gehabt haben. Gerade bei den Untersuchungen auf die von Ihnen angesprochenen Pestizide, die im chemischen Bereich durchzuführen sind, mussten jeweils für die verschiedenen Gruppen – Paprika, Erdnüsse und was sonst alles jahreszeitlich zu untersuchen ist – die entsprechenden chemischen Apparaturen nachgeeicht, nachvalidiert und neu eingestellt werden, wofür immer mehrere Tage gebraucht wurden.

Ich glaube daher, dass die Schwerpunktbildung, die eingeleitet worden ist, auch wenn Sie sie nicht sehen wollen, eine deutliche Verbesserung gebracht hat. Ich darf Sie schon auf Folgendes hinweisen, was die Importe von Gemüse und all den in Frage stehenden Produkten betrifft: Die österreichischen Konsumenten werden mit gezielten Desinformationen verunsichert, weil bis dato alle gemessenen Pestizidwerte – bis auf einen einzigen Fall – absolut unter den Toleranzgrenzen der Europäischen Union gelegen sind. Sogar Greenpeace und Global 2000 mussten in ihren Aussendungen schlussendlich zugeben, dass die entsprechenden Grenzwerte nicht überschritten worden sind.

Ich darf Sie bezüglich Breite auch auf Folgendes hinweisen: Die zugrunde gelegte Cocktail-Theorie – um es so zu bezeichnen, weil es so in die Öffentlichkeit kommt – wurde 1995 von einem Wissenschafter entwickelt und 1997 vom gleichen Wissenschafter aus Schottland wieder zurückgezogen, weil er seinen Irrtum erkannt hat.

Ich halte es schlicht und einfach für unverantwortlich, mit einer wissenschaftlichen Erkenntnis, die zwei Jahre später vom gleichen Wissenschafter wegen Irrtums und Nichtwissenschaftlichkeit zurückgezogen werden musste, vorsätzlich die österreichische Bevölkerung zu verunsichern. Ich bitte gerade Sie als Bundesräte dieses Hohen Hauses, die Interesse daran haben müssen, die Konsumenten zu schützen, in der Öffentlichkeit dafür einzutreten, dass der Wahrheit und nicht Verunsicherungskampagnen in den österreichischen Medien Platz gemacht wird.

Ich sage auch in aller Klarheit: Es ist für mich keine Frage, dass wir in Österreich endlich auch im Bereich der Myko- und Aflatoxine zu reagieren haben. Ich bin in diesen Tagen auf Folgendes draufgekommen, weil Sie die Länder angesprochen haben: Manche Landesanstalten, die sich in dieser Bundesagentur nicht beteiligen, tolerieren in ihrem Bereich bei Gutachten erheblich höhere Aflatoxin- und Mykotoxinwerte, als es den europäischen Richtlinien entspricht. Ich bin nicht mehr bereit, das unter dem Motto des Föderalismus hinzunehmen, sondern ich werde dafür sorgen, dass für Aflatoxine und Mykotoxine in Österreich endlich solche Grenzwerte gelten, die jenen in der Europäischen Union entsprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich habe in diesen Tagen meine Beamten angewiesen, das im rechtlichen Bereich endlich umzusetzen, denn ich schicke nicht meine Beamten um sündteures Steuergeld nach Wellington, um über die Kodexkommission der Weltorganisation zu diskutieren, wo von Indien und anderen Staaten die Aflatoxine und die Erhöhung der Aflatoxingrenzwerte in Diskussion gezogen werden, wenn wir im innerösterreichischen Bereich gerade bei diesem für die Gesundheit der


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Kinder und der älteren Generation so wichtigen Grenzwert einen Wildwuchs haben. – Ich werde ihn in Zukunft nicht mehr tolerieren.

Ich sage das in der Klarheit: All das sind Versäumnisse, die ich "geerntet" habe. Ich kann nicht an einem Tag neben der BSE-Krise und den entsprechenden wirtschaftlichen Schäden die Versäumnisse von 30 Jahren beseitigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich werde sukzessive all das, was in diesem Bereiche zutage tritt, wo wir säumig sind, beseitigen und für die entsprechende Umsetzung sorgen, weil es aus meiner Sicht nicht möglich ist, dass europäische Grenzwerte in Österreich nicht umgesetzt werden. Das Vertrauen der österreichischen Konsumenten auch im Hinblick auf das Versprechen des Feinkostladens Österreich muss gerechtfertigt sein, es muss so sein, dass in Österreich mit Sicherheit zumindest die Grenzwerte der Europäischen Union eingehalten werden – besser noch, dort, wo sie wissenschaftlich fundiert sind, sogar strengere. Ich sage das, weil mir der Konsumentenschutz ein sehr wichtiges Anliegen ist.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass es durch die Agentur gelungen ist, jene Veterinärkolleginnen und -kollegen, die die BSE-Untersuchungen in den Anstalten vor Ort machen, nunmehr in den Dienststellenplan des Bundes aufzunehmen und damit auch langfristig die Kontrolle in zertifizierten Anstalten des Bundes sicherzustellen.

Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass eine Reihe von Landeshauptleuten und Referenten aus den Bundesländern im ersten Halbjahr 2001 massiv von mir verlangt haben – ähnlich wie in Bayern, Nordrhein-Westfalen und in anderen europäischen Regionen –, diese Untersuchungen nicht in Bundesanstalten, sondern von privaten Labors machen zu lassen. Ich habe mich erfolgreich dagegen gewehrt.

Die Landeshauptleutekonferenz hat mir noch im Juni des Jahres 2001 ausgerichtet, dass ich diese meine sture Haltung überdenken soll – ich stelle das etwas komprimiert dar; es war etwas vornehmer und höflicher formuliert, aber es ist darauf hinausgelaufen.

Auf Grund der bundesdeutschen Erfahrungen kann ich, so glaube ich, sagen, dass ich richtig, verantwortungsbewusst und auch besser gehandelt habe, indem ich mich für meine Bundesdienststellen und eine entsprechende Rekrutierung von qualifiziertem Personal für diese Bundesstellen eingesetzt habe.

Herr Kollege! Sie haben die Länder angesprochen: Wir haben von Anfang an davon gesprochen, dass wir die Länder einladen, mitzutun. Dieses Angebot an die Länder, mitzutun, besteht nach wie vor.

Gerade zu meinem Heimatbundesland Kärnten, in dem eine Medienkampagne läuft, so nach dem Motto: Der Bundesminister aus Kärnten vergisst Kärnten, Kärnten wird seine eigene Agentur machen!, muss ich sagen: Ich habe nichts dagegen, wenn Kärnten seine eigene Agentur macht und das zusammenführt, denn ich habe großes Interesse daran, dass diese Bemühungen des Bundeslandes Kärntens mit den Bundesdienststellen in diesem Bereich harmonisiert werden. Ich habe daher gebeten, mit Landeshauptmann-Stellvertreter Ambrozy, Landeshauptmann-Stellvertreter Pfeifenberger und Landesrat Wurmitzer in der Osterwoche noch einmal einen Gesprächstermin zu vereinbaren, um das, was sich auf Beamtenebene schon ein Jahr lang hinschleppt, endlich auf politischer Ebene abzugleichen und zu einem Ende zu bringen, denn ich meine, dass Südösterreich nicht nur in Graz, sondern auch in Klagenfurt eine entsprechende Untersuchungseinrichtung mit einer entsprechenden Zuordnung von Kompetenzen und Proben braucht.

Ihnen ist es vielleicht verborgen geblieben, aber wir liefern heute, um einen gleichmäßigen Betrieb der Anstalten durchzuführen, von aus Kärnten in den Salzburger Schlachthof Bergheim gelieferten Rindern die Proben nach Klagenfurt in die Landesanstalt, um dort eine Glättung der Untersuchungsfrequenz und damit eine Kostenreduktion zu erreichen. Ähnliches gilt für den Schlachthof in der Steiermark.


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Das ist auch für die Bundesdienststellen von Vorteil, weil damit klarerweise auch in den Bundesdienststellen nicht stoßweise Überstunden, Nachtstunden, Wochenend- und Sonntagsarbeit anfallen. Gerade das hat den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Anfangszeit in ihrer persönlichen Lebensführung erhebliche Probleme bereitet.

Ich meine daher, dass an diesem System zwei Dinge von besonderem Interesse sind: Durch die Zusammenfassung des gesamten Bereiches werden nun endlich auch die Daten der beiden Bereiche verknüpft, es kommt zu einem Datenaustausch, wodurch eine relativ rasche Reaktion in Krisensituationen möglich ist.

Ich gehe davon aus, dass sich auch die Vernetzung der Forschungsaufgaben positiv für die Konsumenten, aber auch für die Wirtschaft und die Betriebe in Österreich auswirken wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute nicht einfach, wenn ein Lebensmittelbetrieb Honig importieren will, denn auf Grund der Zersplitterung etwa der Honiguntersuchung, die ich geerbt habe – nämlich im Forschungsinstitut in Linz, im Naturhistorischen Museum, an der Universität für Bodenkultur und in meinen eigenen Anstalten –, muss man zwei Monate warten, bis man erfährt, ob man den Honig aus Bulgarien importieren kann, um ihn in Österreich auf den Markt zu bringen, oder nicht.

Man ist daher dazu übergegangen, solche Kontrollen in Deutschland durchführen zu lassen – mit dem Fehler, dass Deutschland in manchen Bereichen höhere Grenzwerte hat als Österreich, zum Beispiel bei Honig, wo wir null Toleranz haben, weshalb es dazu gekommen ist, dass solche Partien angekauft wurden und sich dann auf dem österreichischen Markt befunden haben, eben auf Grund von Gutachten aus dem Nachbarland, die die österreichische Rechtssituation nicht berücksichtigt haben.

All das sind Missstände, die abzustellen sind. Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren, dass die Agentur noch sehr viel Arbeit hat, dass sie in Zukunft noch sehr viel zu lösen hat. Ich bin der Letzte, der in diesem Zusammenhang etwas beschönigen möchte – im Gegenteil. Ich habe in meinem eigenen Bereich angefangen, Follow-up-Untersuchungen durchzuführen, in ausgesuchten Wochen im Jahr zu kontrollieren, auch zu überprüfen, was die einzelnen Schlachthöfe für Stichproben etwa für bakteriologische Untersuchungen in der Landesverwaltung einsetzen.

Es sind dabei Ergebnisse zutage getreten, wonach in manchen Regionen alle angelieferten Tiere pumperlgesund sein müssen, während in manchen Regionen durchaus fachlich zu erwartende bakteriologische Untersuchungen anzutreffen waren. Es ist selbstverständlich durch die mittelbare Bundesverwaltung vor Ort nachzusehen, was dort los ist. Ist man dort toleranter, oder sind dort die angelieferten Tiere tatsächlich um so viel gesünder, wie die Ergebnisse sagen?

Ich glaube daher, dass das Screening dieses Bereiches durchaus hilfreich ist, das eine oder andere, das sich in der Vergangenheit unter dem Titel des Föderalismus eingestellt hat, wieder dahin gehend zu harmonisieren, dass Österreich vom Neusiedler See bis zum Bodensee auch im Bereich der Lebensmittelsicherheit tatsächlich wieder Artikel 8 der Bundesverfassung erfüllt, dass Österreich ein einheitlicher Wirtschaftsraum ist.

Ich glaube, dass es für alle am Markt Beteiligten wichtig ist – für alle Konsumenten und für alle Produzenten, egal in welchem Bundesland sie sind –, dass mit gleichen Maßstäben gemessen wird und die gleichen Verordnungen und die gleiche Umsetzungsgenauigkeit gelten.

Ich darf Folgendes sagen, weil von Ihrer Fraktion, der SPÖ, immer das Argument kommt, ich solle mich dafür einsetzen, dass der Bereich des Konsumentenschutzes bei den Landesräten für Gesundheit liegt: Sehr geehrter Herr Kollege! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Ihre Fraktion in jenen Bundesländern, in denen Ihre Fraktion auf Grund der Landesverfassung die Zusammensetzung der Landesregierung beziehungsweise in einer Koalition beschlossen hat, eine durchaus andere Sicht hat, als Sie als Bundesrat heute zum Ausdruck bringen oder in Anfragen Ihrer Nationalratsfraktion zum Ausdruck kommt.


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Man kann doch nicht auf der einen Seite in einem Bundesland in einer Koalition eine Amtseinteilung machen, auf der anderen Seite aber in einer Anfrage der Nationalrats- oder Bundesratsfraktion dann sagen, dass sie einem nicht gefällt. Man hat die Verpflichtung, wenn man aus guten Gründen der Meinung ist, dass es auch bei der Zusammensetzung der Landesregierungen anders zu regeln wäre, vor Ort das Verhandlungsergebnis in jene Richtung zu bringen, in der man es haben möchte, und nicht den Bundesminister plakativ, populistisch zu bitten, sich gesetzlich für die in der Verantwortung der Länder liegende Zusammensetzung der Landesregierungen stark zu machen. (Bundesrat Kraml: Das trifft auf Oberösterreich nicht zu!)

Ich werde mich gesetzlich nicht stark machen. Meine Meinung, dass der Konsumentenschutz in den Bereich der Gesundheit gehört, ist unverrückbar. Wie die Landesregierungen ihre Kompetenzen innerhalb der Landesregierungen verteilen, ist Angelegenheit der jeweiligen Fraktionen vor Ort in den Landesregierungen.

Ich werde mir sehr genau anschauen, wie die einzelnen Fraktionen in den einzelnen Bundesländern das, was sie über die Nationalrats- und Bundesratsfraktion an mich herantragen, bei der Bildung der Landesregierung dann selbst – meistens einvernehmlich oder sogar verfassungsmäßig einvernehmlich – festlegen.

Ich sage das deswegen so wertfrei, weil die Diskussion zwischen Bundes- und Landesaufgaben sehr häufig an mein Ressort herangetragen wird. Bei den Kindergärten sind sich alle einig, dass es sich verfassungsmäßig um eine Angelegenheit der Länder, Städte und Gemeinden handelt, trotzdem werden bestimmte Fraktionen im Hohen Haus, nämlich die Oppositionsfraktionen, nicht müde, mir immer wieder vorzuwerfen, warum ich keine Kindergärten baue.

Ich sage in aller Klarheit: So, wie wir mit Kollegen Bartenstein für eine längere Öffnungszeit der Kindergärten sorgen, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, werde ich mich auch nicht direkt in die verfassungsmäßige Zusammensetzung der Länder einmischen, weil mir das nicht zusteht. Meine Meinung, dass Konsumentenschutz in den Bereich der Gesundheit gehört, ist aber unverrückbar, und ich werde sie nicht nur hier, sondern auch anderswo, wenn ich gefragt werde, äußern.

Diese Frage ist – verzeihen Sie mir – vor Ort bei der Bildung einer neuen Landesregierung und der Kompetenzverteilung von den jeweiligen Verhandlungsteams zu lösen – nicht über ein Bundesgesetz mittels Eingriff in die Bundesverfassung. Ich halte davon nichts. Seinerzeit hat es dieses Vorgehen für Taxifahrer und andere gegeben, die Bundesverfassung gezielt abzuändern. Ich bin ein Demokrat, der es durchaus anerkennt, wenn am Verhandlungstisch andere Ergebnisse erzielt werden, als er für gut erachtet. Ich sage das in aller Klarheit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Betrachten Sie die neue Agentur nicht immer als ein Konglomerat, in dem sich die Betriebswirte selbst kontrollieren. All jene Institute, die sich in dieser Agentur befinden werden – darin besteht Übereinstimmung zwischen Bundesminister Molterer und mir –, werden, um Synergieeffekte nutzen zu können, selbstverständlich nicht nur zertifiziert, sondern auch akkreditiert sein müssen.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass in der Agentur ein erheblicher Unterschied im Vergleich zum jetzigen Zeitpunkt bestehen wird: Heute kann ich jedem Beamten in meinem Haus, wenn er es sich gefallen lässt, eine mündliche Weisung geben. In der Agentur wird es nur möglich sein, schriftliche Weisungen zu geben. Diese schriftlichen Weisungen werden dann so lange, bis die Akten skartiert werden, aufliegen und für jeden nachprüfbar sein. Es wird daher eine klare Verantwortung geben, wer wofür zuständig war, welche Weisungen er gegeben hat oder welche Weisung er nicht gegeben hat. Ich glaube, dass die Agentur auf Grund dieser Transparenz eine Bereicherung ist, insbesondere für jene, die vor Ort arbeiten und so vor Willkür – ganz egal, wer im Ministerium sitzt und verfassungsmäßig das Weisungsrecht ausüben kann – geschützt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf auch darauf hinweisen, dass in diesem Gesetzentwurf für die Sachverständigentätigkeit innerhalb der Agentur deutlich gemacht wurde, dass weder Kollege Molterer noch ich daran denken, irgendeinen Sachverständigen in seinem Sach


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verständigengutachten zu beeinflussen. Im Gegenteil, wir haben das – obwohl die Rechtslage eindeutig ist, dass wir es sowieso nicht dürften – noch einmal in das Gesetz geschrieben, um unsinnigen Diskussionen darüber, dass nunmehr in diesem Bereich Weisungen erfolgen, Gutachten abgeändert werden und ähnliche Dinge mehr, von Anfang an entgegenzutreten.

Ich bin dem Juridikum der Universität Graz sehr dankbar dafür, dass nunmehr in einer Stellungnahme hinsichtlich des ursprünglichen abweichenden Entwurfes Einvernehmen darüber besteht, dass diese Lösung hervorragend ist, um das vom Juridikum Graz aufgezeigte Problem zu beseitigen.

Ich möchte zwei Dinge über das Begutachtungsverfahren sagen: Selbstverständlich kommen in einem Begutachtungsverfahren sehr viele negative Stellungnahmen herein. Jene mehr als 200 Personen beziehungsweise Stellen, die ebenfalls im Zuge des Begutachtungsverfahrens angeschrieben wurden und keine Stellungnahme abgegeben haben, werden aus Gründen der "Fairness" selbstverständlich nicht erwähnt.

Zweitens möchte ich Sie dringend ersuchen, nachzuvollziehen, was von den Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf im Gesetzentwurf positiv und was nicht berücksichtigt ist. Ich glaube nämlich, dass die Kritik nur daran anzuhängen ist. Von 49 negativen und einem positiven Gutachten zu sprechen, aber nicht zu sagen, wie viele von den uns einleuchtenden Abänderungen tatsächlich berücksichtigt wurden und welche nicht, ist nicht richtig. Ich hätte mir auch erwartet, dass Sie sagen, welche Probleme für Sie und Ihre Fraktion auftauchen.

Ich glaube, dass den Bereich der Lebensmittelagentur betreffend nicht nur gesehen werden soll, wer ernährt wird, sondern dass vor allem der erste Teil der Bezeichnung, den Sie vornehm unterschlagen haben, zu berücksichtigen ist: die Gesundheit. Die Gesundheit ist das, worauf es mir ankommt und was heute und auch in Zukunft in meinem Kompetenzbereich beziehungsweise im Kompetenzbereich des nachfolgenden Gesundheitsministers oder der nachfolgenden Gesundheitsministerin liegt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde meinen, dass es sinnvoll wäre, sich auf Landesebene – der Bundesrat ist sicher der richtige Ort, um noch einmal darum zu ersuchen – zu überlegen, ob es nicht wirklich Sinn machen würde, durch die Türe zu gehen, die die Bundesregierung mit der Agentur aufgemacht hat, nämlich dass sich die Länder mit ihren Einrichtungen beteiligen im Sinne einer gemeinsamen Zusammenarbeit, im Sinne von gemeinsamen Stichprobenplänen, von flächendeckenden Überprüfungen, vom Aufheben von Schikanen, dass nämlich zuerst die Landesanstalt mit ihren Organen einen bestimmten Betrieb prüft, eine Woche später die Bundesstichprobenprüfung und vielleicht einen Monat später die EU-Stichprobenprüfung erfolgt – und all das im selben Betrieb –, manche Betriebe aber gar nicht überprüft werden. Es würde Sinn machen, zusammenzuarbeiten, zu harmonisieren, mehr Sicherheit zu bringen und mit denselben Kosten ein besseres Kontrollsystem im Interesse der Konsumenten, das umfassend ist, zu haben.

Ich ersuche daher Sie, meine Damen und Herren, in Ihren Bundesländern dafür zu werben, dass die noch vor der Tür stehenden Landesanstalten und sonstigen Einrichtungen vielleicht in einer zweiten Stufe mit der Ernährungs- und Gesundheitsagentur so zusammengeführt werden, dass wir ein komplettes harmonisches Gebilde bekommen, in dem Forschung, Überprüfungspraxis und Beratungstätigkeit zu mehr Ernährungssicherheit und zu besserer Gesundheit der Bevölkerung führen, wo nicht das politische Hickhack – hie Bund, dort Land – auf Kosten der Konsumenten und der Steuerzahler weitergeht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grillitsch. – Bitte.

10.49

Bundesrat Fritz Grillitsch (ÖVP, Steiermark): Hoher Bundesrat! Meine Herren Bundesminister! Die Österreicherinnen und Österreicher stellen an die österreichischen Bauern ein großes Anforderungsprofil, nämlich gesunde Nahrungsmittel zu produzieren, umweltgerecht zu pro


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duzieren, die Landschaft offen zu halten und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Ich sage Ihnen: Wir Bauern erfüllen dieses Anforderungsprofil gerne und auch in Zukunft! Was wir aber brauchen und was vor allem der Konsument braucht, ist Lebensmittelsicherheit. Die Lebensmittelsicherheit ist unteilbar, und die Nachvollziehbarkeit darf nicht beim Bauern aufhören. Daher begrüße ich diesen Schritt zur Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit sehr und danke für diese Initiative.

Sie gewährleistet die Nachvollziehbarkeit vom Feld bis zur Ladentheke, von der Stalltüre bis zur Ladentheke. Ich meine, die Konsumenten haben ein Recht darauf, zu wissen, wer wie wo produziert, und die Information darf nicht beim Bauern aufhören. Meiner Meinung nach ist es wichtig, eine integrale Sicht zu haben, eben vom Feld bis zu dieser Ladentheke.

Gerade Krisen wie BSE und MKS verstärken diese Sehnsucht und diesen Wunsch der Konsumenten. Daher ist es für mich eigentlich unverständlich, dass in Debattenbeiträgen Ängste geschürt werden, wodurch wieder Unsicherheit in der Bevölkerung entsteht und kein Vertrauen in diese Agentur herrscht. Ich lade Sie ein: Schaffen wir gemeinsam Sicherheit für die Konsumenten, aber auch Kalkulierbarkeit für die Produzenten!

Die Agentur ist für mich ein Meilenstein für eine klare Offensivstrategie im Bereich der Lebensmittelsicherheit und der Lebensmittelqualität. Das Ziel ist nicht Krisenmanagement, sondern eine offensive Qualitäts- und Lebensmittelsicherheitspolitik für die Konsumenten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch der europäische Verbraucherschutzkommissar David Byrne hat Österreich für diesen Schritt, für die Einsetzung dieser Agentur im Rahmen der Wintertagung sehr gelobt, indem er gesagt hat, dass es sich um ein Pilot- und Vorzeigeprojekt innerhalb der EU handelt.

Ich erinnere daran, dass viele Regierungschefs in Europa vor dem Ausbrechen von BSE und MKS gemeint haben, Österreich betreibe eine Schrebergärtner-Landwirtschaft. Spätestens seit Hereinbrechen dieser Krisen wissen auch Herr Schröder und Tony Blair, dass wir mit dem ökosozialen Ansatz in Österreich seit Jahren einen vorbildhaften Weg in der Landwirtschaftspolitik gegangen sind (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen), und diesen werden wir weiter fortführen und damit auch unsere Vorreiterrolle weiter einnehmen.

Ich glaube, Österreich hat innerhalb der EU eine Schrittmacherrolle eingenommen, denn es gibt das europäische Modell, das diese Nachhaltigkeit auch für Europa festschreibt und die Grundlage für die so wichtigen WTO-Verhandlungen bildet, für die in Doha die Verhandlungsgrundlagen geschaffen wurden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir brauchen – wir Bauern stehen dazu – die Weiterentwicklung des Verbraucherschutzes, um noch mehr Vertrauen bei den Österreicherinnen und Österreichern zu gewinnen. Die Agentur sichert die Optimierung der Kontrolle entlang der gesamten Lebensmittelkette. Ich denke, dass dieser Schritt auch für den Konsumenten sehr wichtig ist, und zwar für die Nachvollziehbarkeit, die Sicherheit und die Transparenz.

Ich bedanke mich daher herzlich dafür, dass dieser Schritt eingeleitet wurde, und bitte Sie, die Konsumenten nicht zu verunsichern, gerade nach solchen Krisen, wenn sie den Wunsch nach Überschaubarkeit und Nachvollziehbarkeit haben. Helfen Sie mit, Vertrauen bei den österreichischen Konsumenten zu schaffen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Todt zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.52

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister für Landwirtschaft! Sehr geehrter Herr Bundesminister für Gesundheit! Sehr verehrte Damen und Herren! Der Bundesrat soll heute einem Gesetz zustimmen, mit dem in Österreich eine Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit eingerichtet werden soll. Ich


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halte es grundsätzlich für sehr wichtig, dass wir uns mit Fragen der Ernährungssicherheit in Österreich beschäftigen.

In den vergangenen Jahrzehnten haben Agrarpolitik und Wissenschaft sowie große Teile der Gesellschaft weitgehend verdrängt, dass agrarische Produktion immer im Zusammenwirken mit Pflanzen und Tieren, also lebender Natur, sowie ländlicher Entwicklung stattfindet. Gewerblich industrielle Strategien der Produktionsminimierung durch überzogene Spezialisierung und Massenerzeugung stehen jedoch in Widerspruch zu nachhaltigen, für die Gesundheit des Verbrauchers unbedenklichen sowie umwelt- und naturverträglichen Produktionsweisen.

Diese Fehlentwicklung beschränkt sich nicht nur auf Österreich und Europa. Landwirte in vielen Ländern sind nicht zuletzt auf Grund der Agrarsubventionen in den Industrieländern dem ruinösen Wettbewerb nach unten unterworfen.

Gleichzeitig steigen die gesellschaftlichen Kosten, um landwirtschaftliche Produktion zu erhalten, Übermengen abzusetzen, die Folgen ungesunder Ernährung zu finanzieren und die Beeinträchtigung der Natur zu reparieren.

Die Ernährungsskandale in Europa, wie Maul- und Klauenseuche, Dioxin in Lebensmitteln, BSE und so weiter, zeigen sehr genau, wie notwendig es ist, Ernährungssicherheit ernst zu nehmen. Alarmierend waren für uns auch jene Meldungen aus Österreich, dass in Produkten wie Paprika, Salat, Gurken, Paradeisern, Erdbeeren und Weintrauben Pestizidrückstände gefunden werden. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Ausländische Produkte!) Natürlich, diese Proben haben ausländische Produkte betroffen. Diese Vergiftungen könnten aber auch in österreichischen Produkten vorkommen. Mir stellt sich daher die Frage: Wer schützt die Konsumenten?

Herr Gesundheitsminister! Es gibt einen Bericht Ihres Ministeriums an die EU, der bis heute nicht veröffentlicht wurde. In diesem Bericht steht zum Beispiel, dass es bei Rucola-Salat ein Überschreiten von Pestizidrückständen um das 200-Fache gegeben hat. (Bundesrätin Haunschmid: Darum: Kaufen Sie österreichische Produkte, die kontrolliert sind!) Fast jeder dritte Paprika liegt über dem Grenzwert; bei den Proben wurde der Grenzwert um das Neunfache überschritten. Bei 15 Prozent des beliebten Kopfsalates gab es ebenfalls Grenzüberschreitungen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Gesundheitsminister! Ich frage Sie, ob Sie auch künftig die Unbedenklichkeit von Obst und Gemüse in den Regalen der Supermärkte garantieren können? – Es sollte seit mindestens einem Jahr über die Ereignisse informiert worden sein, bis jetzt hat das Büro des Ministers nichts unternommen. Man versucht, weiter zu beschwichtigen – wie Sie das auch zum Teil in Ihrer Rede getan haben.

Es wird aber eine Ernährungsagentur geschaffen, die Produktion und Kontrolle zusammenfügt. Mit einem Satz gesagt: Die Produzenten kontrollieren sich selbst und damit Pestizide und Gifte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) In der EU wird diese Kontrolle getrennt: Jene Kompetenzen, die sich mit der Lebensmittelkontrolle beschäftigen, sind von EU-Landwirtschaftskommissar Fischler zur EU-Konsumentenkommission gewandert. Das ist natürlich sinnvoll. Ein Landwirtschaftsminister, der hauptsächlich Lobbying für die Landwirtschaft betreiben muss, kann nicht selbst kontrollieren und hier Weisungen geben. Das ist für mich ein Widerspruch. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Was ändert sich denn durch die Schaffung der Ernährungsagentur, wenn wir wissen, dass in Martinsberg Fleisch aus Tschechien umetikettiert und als österreichisches Bio-Fleisch verkauft wurde?

Tatsache ist, dass diese Ausgliederung in eine Ernährungsagentur eigentlich nur eine Zusammenfassung der jetzt schon bestehenden Einrichtungen ist – allerdings, wie der Herr Gesundheitsminister gesagt hat, versehen mit einem massiven Sparprogramm. Eigentlich ist eine Sparprogramm-GesmbH gegründet worden: Es werden Mittel gekürzt, auf der anderen Seite wissen wir ganz genau, dass täglich immer wieder neue Probleme und Gefahren auftreten. Die Qualität der Kontrollen kann hier meiner Auffassung nach nicht gleich bleiben.


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Es ist auch nicht abzustreiten, dass – man kann es so sagen – die Agrarier über dieses Gesetz endlich in die Lebensmittelsicherheit, und zwar gesetzlich verbrieft, hineinregieren können. Dass die Lebensmittelkontrolle ausschließlich zu den Kompetenzen des Gesundheitsministers gehört, hat der Herr Gesundheitsminister auch gesagt. Es sollte auch so sein. Hier machen Sie aber etwas anderes, so wie das in der Europäischen Union üblich und überhaupt kein Problem ist. Sicherheit kann es nur dann geben, wenn Produktion und Kontrolle getrennt sind.

Mein Kollege Kraml hat bereits ausgeführt, dass mit dieser Ausgliederung auch dem Parlament sozusagen die Kontrolle und die Möglichkeit der Diskussion entzogen werden. Wir wollen aber eigentlich eine durchgehende unabhängige Kontrolle haben, wissen wir doch, dass immer wieder Probleme auftauchen, die wir bisher ausschließlich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher gelöst haben. Wir wollen daher eine Lebensmittelkontrolle als Kernaufgabe des Staates und keine Kompetenzzersplitterung. Wir wollen mehr statt weniger Kontrollen. Wir möchten, dass Lebensmittel- und Veterinärkontrolle sowie die Düngemittel- und Pflanzenschutzkontrolle ausschließlich vom Gesundheitsminister unter Einbeziehung der Gesundheitsreferenten der Länder wahrgenommen werden.

Wir wollen eine ausreichende finanzielle und personelle Dotierung der Untersuchungsanstalten. Ich denke, das ist die einzige Möglichkeit, die wichtigsten Anliegen der Konsumentinnen und Konsumenten zu berücksichtigen, nämlich gute, frische, gesunde und unverdorbene Lebensmittel in den Regalen zu haben. (Bundesrätin Haunschmid: Genau das wäre zu Ihrer Zeit wichtig gewesen!) Ich denke, wir haben ein Recht darauf, gesunde Lebensmittel zu essen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister Mag. Haupt hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.01

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Präsidentin! Ich möchte die Worte von Kollegen Todt so nicht im Raum stehen lassen. Herr Kollege Todt! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass etwa die Überschreitung bei Rucola und auch die anderen Zahlen, die Sie genannt haben, aus der Untersuchungsperiode des Jahres 1999 stammen, in der Ihre Kollegin Prammer aus dem Nationalrat Bundesministerin war. (Rufe ironischen Erstaunens und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Kraml: Da brauchen Sie sich nicht so zu freuen darüber!) Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass das der damalige Bericht betreffend den Zeitraum 1999 an die Europäische Union aus dem Jahre 2000 war. Ich bitte Sie, Herr Kollege, wenn Sie Zahlen in der Öffentlichkeit angeben, auch dazuzusagen, aus welchen Referenzperioden diese Zahlen stammen. (Bundesrat Gasteiger: Beweisen! Nicht nur sagen, sondern beweisen!)

Ich gebe Ihnen Recht, sehr geehrter Herr Kollege, dass die Untersuchungsqualität nicht so bleiben darf wie in der damaligen Zeit. (Bundesrat Gasteiger: Beweisen! – Bundesrat Dr. Aspöck: Das waren Ihre Minister!) Ich habe während meiner Amtszeit daher die Untersuchungsqualität und die Untersuchungshäufigkeit in meinem Amtsbereich deutlich erhöht. Ich habe in entsprechender Form die entsprechenden Zahlen ... (Bundesrat Gasteiger: Beweisen!) – Herr Kollege! Sie haben sich offensichtlich den EU-Bericht, den ich angeblich nicht in entsprechender Form publiziert habe, besorgt. Dann schauen Sie nach, und machen Sie das, was ein Gebot der Redlichkeit ist: Geben Sie bitte auch an, aus welchen Untersuchungsperioden die von Ihnen zu Recht kritisierten Zahlen stammen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich sage es jetzt noch einmal: Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass die Untersuchungshäufigkeiten, die damals bestanden haben, zu wenig waren. Ich habe sie deutlich nach oben angehoben. Ich füge auch hinzu, dass durch die vermehrte Kontrolle von ausländischer Ware, die nach Österreich gekommen ist und bei der auf Grund der Umweltsituation in diesen Ländern Kontaminationen zu erwarten waren, manche Importeure reagiert haben. Es kommen heute Gott sein Dank Waren über die Grenze nach Österreich, die zwar immer noch Pestizide und Rückstände


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enthalten, aber diese liegen unterhalb der entsprechenden Grenzwerte. Ich bitte Sie, auch das zu berücksichtigen.

Ich glaube, das ist doch durchaus in entsprechender Form so nachzuvollziehen, denn auch Global 2000 hat die Zahlen publiziert, und sogar Global 2000 hat anhand seinen Zahlen dokumentiert, dass nur in einem einzigen Fall, so wie ich es gesagt habe, eine Grenzwertüberschreitung vorlag, in allen anderen Fällen waren die Grenzwerte deutlich unterhalb. (Bundesrätin Haunschmid  – in Richtung SPÖ –: Das ist ja dumm, wenn Sie immer nur in der Vergangenheit blättern! – Bundesrat Konecny: Frau Kollegin, passen Sie auf Ihre Wortwahl auf! – Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid.  – Bundesrat Konecny: Ich pflege nicht zu schimpfen!)

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, Herr Kollege Todt, dass bei der Berücksichtigung der Grenzwerte mehrere Dinge miteinfließen. Es fließen auch die jeweiligen Lebensgewohnheiten in den einzelnen EU-Ländern ein, weil auch der unterschiedliche Verzehr von Fisch- und Fleischprodukten, Gemüse, vollbiologischen Nahrungsmitteln und ähnliches mehr in entsprechender Form für die Grenzwertfeststellung mitberücksichtigt wird.

Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass ich mich als einziger Gesundheitsminister in der Europäischen Union schlussendlich erfolgreich dafür eingesetzt habe, dass die strengeren österreichischen Grenzwerte des österreichischen Lebensmittelrechtes auch auf Weltebene weiterhin von Österreich vertreten werden und nicht durch die Europäische Union. Diese Abstimmung, die 14 :  1 in den europäischen Gremien ausgegangen ist, hat in der Sitzung der WTO in London zu dem Ergebnis geführt, dass sich die 15 europäischen Länder so wie bis dato in Zukunft wieder selbst vertreten werden.

Ich sage das gerade auch auf Grund der Sachkenntnis, dass innerhalb der europäischen Länder die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung, die für die Grenzwertbildung und die Kumulierungseffekte in den von Ihnen apostrophierten Bereichen herangezogen werden, so unterschiedlich sind. Das ist aber entsprechend wichtig, daher ist es auch für mich wichtig, dass die österreichische Lebensart und die österreichische Kultur, die sich auch in der österreichischen Küche und in den Verzehrgewohnheiten der österreichischen Bevölkerung ausdrücken, auch mit den entsprechenden Grenzwertfestsetzungen in diesem Bereich gewährleistet bleiben.

Ich würde Sie auch noch bitten, sich die entsprechenden Zahlen des Regierungsvortrages und des Parlamentsbeschlusses anzusehen. Bei 200 Millionen mehr für diese Legislaturperiode für die Agentur von einem Sparprogramm zu sprechen, halte ich schlicht und einfach für kühn. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

11.05

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Feinkostladen Österreich ist, glaube ich, weltweit bekannt, Produkte dieses Landes sind überall gefragt, aber im eigenen Land verwehrt sich eine Partei gegen eine eigene Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit – eine so soziale Partei, eine so auf Mitmenschen bedachte Partei, meine werten Kolleginnen und Kollegen!

Das erinnert mich an eine Ministerin Ihrer Fraktion, sehr geehrte Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei – ich glaube, Prammer hieß sie (Bundesrat Kraml: Da haben Sie ein gutes Erinnerungsvermögen!)  –, die diese Lebensmitteluntersuchungsanstalten zu Gunsten der Frauensektion ausgehungert hat. Zwei Budgetüberschreitungsgesetze gingen jeweils zu Lasten dieses so sensiblen Bereiches der Ernährungssicherheit, zweistellige Millionenbeträge waren das. (Bundesrat Manfred Gruber: Frau Kollegin! Sagen Sie nicht bewusst die Unwahrheit!) Herr Bürgermeister! Gerade Sie von einem Tourismusort wie Bad Gastein müssten sich dessen bewusst sein. (Bundesrat Manfred Gruber: Das einzige, was Sie können, ist, in die Vergangenheit


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schauen!) Ihre Kollegen, Herr Bürgermeister, bringen nur Zahlen von Pestiziden aus der Vergangenheit. (Bundesrat Manfred Gruber: Jetzt gibt es keine mehr!) Gerade Sie, Herr Bürgermeister, müssten für einen Ort wie Bad Gastein auf eine Agentur für Ernährungssicherheit bedacht sein. Sie müssten darauf bedacht sein, dass Ihre Gäste in das Bundesland kommen. (Bundesrat Manfred Gruber: Frau Kollegin! Ihnen ist es gelungen, im Ausland die Pestizide zu senken! Wunderbar, was Sie für einen Einfluss haben! Sie haben das gemacht!)

Wenn es dann wenigstens zu einem Aufschwung in dieser Frauensektion gekommen wäre, aber nein: Auch da musste erst diese Regierung den Frauen die Rechte und Möglichkeiten einräumen, die ihnen schon 30 Jahre lang gebührt hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Kraml: Das sind Ihre Vorstellungen von Frauenrechten!)

Niemand zweifelt an der Qualität österreichischer Produkte, niemand zweifelt an der Qualität der österreichischen Lebensmittelindustrie, und niemand zweifelt daran, meine Damen und Herren, dass österreichische Gastronomen und Köche nicht gesundheitsbewusst die Produkte verarbeiten und an den Endkonsumenten verabreichen. Aber überall muss es verstärkte Kontrollen geben. (Bundesrat Kraml: Das verhindern Sie nur!) Die äußere Einflüsse werden immer mehr. Die Bestrahlungswerte von Erdäpfeln zum Beispiel – das muss ich Ihnen sagen – bekommen wir sogar regelmäßig von einem deutschen Institut zugeschickt, damit wir Bescheid wissen, weil wir gerade in den Grenzgebieten noch immer Auswirkungen von Temelin haben. (Bundesrat Kraml: Von Temelin nicht, sondern von Tschernobyl! – Bundesrat Manfred Gruber: Sie meinen Tschernobyl!)

Notwendiger denn je ist ein Netzwerk von Controlling vom Anbau beziehungsweise von der Fütterung bis auf den Teller, was Herr Kollege Kraml als so lächerlich hingestellt hat. (Bundesrat Kraml: Ich habe es nicht als lächerlich hingestellt!) Ich finde das nicht lächerlich. Ich möchte zu meinem Gast gehen und wissen, was ich ihm serviere und was er konsumieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Manfred Gruber: Wir auch!)

Der Unterschied zwischen dieser Regierung und dieser jetzigen Opposition ist, dass es die Opposition war, die sich zum Beispiel dagegen verwehrt hat, dass sich ausländische Mitarbeiter oder Saisoniers, die neu zu uns kommen, also Arbeitskräfte, die wir zweifelsohne dringendst benötigen (Bundesrat Kraml: Billige Arbeitskräfte wollen Sie haben!) , einer Untersuchung unterziehen müssen. Das macht die Schweiz schon, solange ich denken kann. Auch ich habe mich, als ich in der Schweiz auf Praxis war, vorher an der Grenze einer Untersuchung unterziehen müssen.

Wir Wirte sind froh darüber, liebe Kolleginnen und Kollegen, und wir halten auch an einer freiwilligen Untersuchung unserer eigenen Mitarbeiter fest, weil wir der Meinung sind, dass Küche und Restaurant, alles, was offen mit Lebensmitteln in Verbindung kommt, strengstens kontrolliert und untersucht werden müssen. Sie bezeichnen das, weil es natürlich auf Grund freiheitlicher Mitwirkung in der Regierung basiert, als ausländerfeindlich, als Diskriminierung, wenn sich ein Ausländer untersuchen lassen muss. Es ist schade, dass Sie, und gerade Sie, Herr Bürgermeister, sich auch dazu bekennen, statt dass Sie dagegen gestimmt hätten. (Bundesrat Manfred Gruber: Frau Kollegin! Alle sollten gehen! Alle!) Wir alle gehen ohnehin. Das wissen Sie genau, dass wir alle gehen. (Bundesrat Manfred Gruber: Genau das haben Sie abgeschafft!) Wir haben das nicht abgeschafft (Bundesrat Manfred Gruber: Na sowieso!), das wissen Sie ganz genau, nur ist es in die Länderkompetenz zurückgefallen. In Oberösterreich gehen nach wie vor alle zur Untersuchung. Das möchte ich wirklich zurückweisen. Wenn es Salzburg nicht tut, dann ist es seine eigene Sache. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck.  – Bundesrat Kraml: Da müssen Sie sich besser informieren, Herr Kollege!)

Wir alle müssen sichergehen, dass wir Kontrolliertes von Feld, Flur und Stall einkaufen. Ein Tourismusland wie Österreich, meine Damen und Herren, kann es sich nicht leisten, auch nur einen negativen Fall zu haben. Wir Freiheitlichen und auch die Koalitionspartner wollen auch keinen einzigen Fall bei unseren Mitmenschen miterleben müssen. Da sind hoffentlich alle unserer Meinung. Das geht aber eben nur mit einer lückenlosen Kontrolle in engster Zusammenarbeit von beiden Ministerien, nämlich von Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium.


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Das müssen Sie doch bitte einmal in Ihre Köpfe hineinbringen, dass ein Samen vom Anbau bis zum Schluss, wenn das Produkt auf den Teller kommt, eine nahtlose Sache ist.

Was ist passiert? – Es passiert nichts anderes, als dass eine Agentur geschaffen wird, in der wir alles bündeln und in der wir nichts anderes tun, als alleine in der Verwaltung 130 Millionen Schilling einzusparen! (Beifall des Bundesrates Ing. Klamt.  – Bundesrat Manfred Gruber: Frau Kollegin! Strenge Trennung, gute Freunde!)

Meine Damen und Herren! Das Einsparen ist natürlich noch nie Ihre Sache gewesen. Sie haben noch immer nicht darüber nachgedacht, und Sie haben sich auch noch nie den Kopf darüber zerbrochen, wo wir einsparen könnten. (Bundesrat Manfred Gruber: Wir sollten das so machen wie in der EU!)

Ich glaube, diese Regierung will das vermeiden, was in anderen EU-Staaten passiert. Geben Sie, meine Damen und Herren Sozialdemokraten, nicht immer der jetzigen Regierung in allen Fällen die Schuld wie zum Beispiel in Martinsberg! Suchen Sie gerade in diesem Fall die Schuld in der Zeit Ihrer Regierung! Glauben Sie wirklich, dass dieses tschechische Fleisch nur in diesem letzten Jahr dieser Regierung eingeführt und umetikettiert wurde? – Sie haben keine Kontrolle gehabt. Sie haben die Schlampereien eingeführt. Niemand anderer! Diese Regierung hat diese Schlampereien von früher gutzumachen, aufzuarbeiten und vieles richtig zu stellen.

Wollen wir in einem der führendsten Tourismusländer der Welt, meine Damen und Herren, wirklich das Risiko eingehen wie in anderen EU-Staaten, die, wenn zum Beispiel Krankheitsbilder wie die Legionärskrankheit auftreten, drei Monate zurückverfolgen, wo sich dieser Mensch aufgehalten hat? – Erst nach sechs Monaten wird dann ein Hotelier auf einmal aufmerksam, dass er keine Gäste mehr bekommt, auch wenn er unschuldig ist, nur weil dieses Land, in dem dieses Krankheitsbild aufgetreten ist, den Tourismusbüros den Auftrag gibt, sämtliche Hotels nicht mehr mitzubewerben und keine Gäste mehr dorthin zu schicken. Wollen wir das wirklich haben? – Ich glaube, das könnten Sie angesichts Ihrer Betriebe in Bad Gastein schon gar nicht verantworten. Das muss ich Ihnen auch sagen. (Bundesrat Manfred Gruber: Begeben Sie sich nicht auf ein Gebiet, wo Sie sich nicht auskennen! Sie haben keine Ahnung davon!)

Kann sich ein Tourismusland wie Österreich das leisten? – Es ist daher – nochmals gesagt – eine ständige Kontrolle notwendig. Sie ist nahtlos umzusetzen. Die Ministerien müssen wissen, was jeweils im anderen Ministerium passiert. Der Gesundheitsminister muss wissen, welcher Samen in den Boden kommt, welche Frucht daraus entsteht, dann kann er das weiter kontrollieren. Ich sehe also hier nur Positives und sicher nichts Negatives. Aber Sie sehen natürlich das Gegenteil, weil es eben dieser Regierung gelingt, mit schlanker Verwaltung Optimales zu erreichen. (Bundesrat Kraml: Das sehen wir nicht!)

Was nützt Ihnen denn ein "ewiges Fass ohne Boden von Forderungen" nach Sozialem, wenn die Menschen, für die Sie alles einfordern, für die Sie Geld, Macht, Rechte einfordern, nicht sicher sein können, dass das Wichtigste für sie gesichert ist, nämlich ihre Gesundheit? – Ich glaube, dafür, dass sie das durchgebracht haben, gebührt diesen beiden Ministern ein herzlicher Dank von uns allen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht um die Bündelung von Futtermittelrecht und Pflanzenschutz und sämtlichen dazugehörigen Dingen, und all das soll, vom Feld bis zum Stall oder vom Stall auf den Teller, kontrolliert werden. Sparen ist bei Ihnen noch nie angesagt gewesen (Bundesrat Manfred Gruber: Sie sparen bei den anderen!) , und die bestmögliche Sicherheit und Kontrolle mit geringem Aufwand ist halt noch immer nicht in Ihren Köpfen verankert! Es ist Ihnen immer noch egal. Forderung nach sozialer Verbesserung, Forderung nach Infrastruktur und Verkehr, Forderungen nach Sonstigem – alles soll in einer einzigen Legislaturperiode erfüllt werden, alles, was Sie 30 Jahre lang nicht gemacht haben. Das ist ganz schön, das ist Ihre einzige Entschuldigung. Und das wird jetzt gemacht. (Bundesrat Manfred Gruber: Darum geht es uns so gut, weil wir 30 Jahre nichts gemacht haben! Glückliches Österreich!) Gott sei Dank! Dann


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können Sie sich natürlich fest die Hände reiben, weil andere Fraktionen das erledigen. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie sind dabei, es zu zerstören!)

Eines wäre wünschenswert: Sparen Sie einmal bei Ihren Gewerkschaften, bei Ihren Gewerkschaftsorganisationen! (Bundesrätin Schicker: Sparen Sie beim Hauptverband!) Da wollen Sie von diesen Bündelungen der Kräfte überhaupt nichts wissen. Wie da Ihre These ausschaut, dafür gebe ich Ihnen ein Beispiel: Die Fremdarbeiter brauchen in Ihren Augen nicht untersucht zu werden, aber jetzt werde ich Ihnen sagen, worauf Ihr Kollege Kaske besteht. Ein Lehrling bei uns in der Gastronomie absolviert ohnehin pflichtgemäß die Lehrlings- und Jugendlichenuntersuchung. Wenn ihm jetzt einmal genehmigt wird, von 22 Uhr bis 23 Uhr zu arbeiten, besteht Kollege Kaske darauf, dass dieser Lehrling wegen dieser einen Stunde am Vormittag frei bekommt, zu einem Gewerkschaftsarzt, zu einem Arbeitsmediziner geht und für diese eine Stunde die Genehmigung bekommen muss, dass er fähig ist, zu arbeiten. (Bundesrat Kraml: Ein Arbeitsmediziner ist kein Gewerkschafter!) Also bitte, meine Damen und Herren, wo bleibt denn da wirklich die Gerechtigkeit? Das ist Ihr Kollege, dagegen haben Sie nichts! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Natürlich machen Sie sich nichts daraus, denn das zahlt sowieso der Arbeitgeber. Er muss halt die 500 S zahlen und nicht wie sonst bei der Gesundheitsuntersuchung der Fremdarbeiter, für den das das Gesundheitsministerium beziehungsweise die Sozialversicherung übernehmen würde. So schaut es bei Ihnen aus: Putzen wir uns bei den Arbeitgebern ab! Was diese zahlen, das ist gut und richtig, aber was vom Gesundheitsministerium kommt und was der Fremdarbeiter zum Beispiel zu leisten hätte, das machen wir nicht. Da sind wir dann ausländerfeindlich. – Das ist Ihre Politik!

Ich sage Ihnen nochmals: Es kann sich dieses Land keinen einzigen Fall von Schlamperei in der Ernährungssicherheit leisten. Sie, die Damen und Herren von der Opposition, wären die Ersten, die diese beiden Minister zur Verantwortung ziehen würden, wenn etwas passiert. Wir von dieser Koalitionspartei wollen nicht, dass diese zwei Minister zum Handkuss kommen, wenn sie Ihre Schlampereien aufzuarbeiten haben. Sie haben ohnehin genug Schlampereien von Ihnen aufzuarbeiten, das muss ich Ihnen auch sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich glaube, Sie können mit dazu beitragen, den Konsumentenschutz zu gestalten, indem Sie nicht von Pestiziden befallenen ausländischen Produkten reden, sondern indem Sie vermehrt österreichische Produkte kaufen, damit das Bestehen der Bauern gesichert ist, denn ich hoffe doch sehr, dass viele kleine und mittelständische Betriebe erhalten bleiben, dass uns diese Bauern nach wie vor versorgen.

Auch wenn Ihr Kollege Cap die Bauern zu Demonstrationen aufruft oder dazu aufruft, nichts mehr zu arbeiten, dann sage ich Ihnen: Diese Bauern sind selbst zu einer Kontrolle bereit, weil auch sie ihre eigenen Produkte verzehren. Ich glaube, in einem sicheren Land wollen wir Produkte zur Verfügung haben, die wir mit gutem Gewissen essen können.

Ich bedanke mich nochmals im Namen des Tourismuslandes Österreich für diese Leistung, dass diese Agentur geschaffen wird. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

11.19

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Werte Damen und Herren! Ich nehme jetzt von meiner Vorrednerin zwei Worte mit, vor allem die Sehnsucht, die aus diesen herauskommt: Sie hat von der "jetzigen Opposition" mit ein bisschen Wehmut gesprochen. Also ich nehme die Sehnsucht, dass sich die Dinge verändern, aus Ihrer Wortmeldung mit. – Das kann auch herbeigeführt werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe mir gedacht, dass der heutige Tag im Bundesrat so etwas wie ein Molterer-Festspiel sein wird, aber die Ouvertüre ist mehr in Richtung Minister Haupt gegangen. Dazu muss ich schon sagen, Herr Minister: Bei allem Respekt – und ich bin nie despektierlich –, Lautstärke und Länge von Wortmeldungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Leistung des Gesundheitsministeriums an diesem Gesetz marginal war und die künftige Bedeutung Ihres Ministeriums an dieser Agentur marginalisiert wurde.

Zu Herrn Minister Molterer: Ich weiß nicht, Herr Minister, sind Sie ein bisschen amtsmüde geworden? (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Dieses Gesetz entspricht nicht seiner Normalform. Er ist an sich ein fiter Minister, aber das ist nicht seine Normalform. Vielleicht ist es im Bereich der Kompetenzerweiterung der Fall – Normalform eingetroffen –, aber nicht im Bereich der Trendwende, für die er oft verbal eintritt. Es ist auch nicht dieses Ringen, von dem er oft spricht, um diese echte Nahrungsmittelsicherheit erkennbar, aber auch nicht um das Zurückerkämpfen des Vertrauens der Bevölkerung in die Ernährung, ein Vertrauen, das durch BSE – wir haben es gehört, Kollege Todt hat das schon ausgeführt –, Dioxin, Tierfutterskandal, Schlachthausskandal, Schweineskandal, Betrügereien bei Export und Import von Fleisch, Gentechnik, industrialisierte Landwirtschaft und und und schwer erschüttert ist.

Aber dieses Gesetz, meine Herren Minister, bedeutet keine Verbesserung dieser Kontrollen. Es gibt auch keine Verbesserung der Transparenz, und schon gar nicht schafft es das Ziel, für das dieses Gesetz sein sollte, nämlich mehr Ernährungssicherheit. (Bundesrätin Haunschmid: Misstrauen Sie den Beamten?) – Das ist kein Misstrauen gegenüber den Beamten. Ich gehe einmal davon aus, dass Herr Molterer der Vater dieses Potemkinschen Dorfes ist. Ich habe auch gelesen, dass andere das Torso oder Placebo nennen, ich bleibe beim Potemkinschen Dorf. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. )

Das Auslagern, das Gründen einer Agentur geschieht ein bisschen unter dem Motto: "Viel Lärm um nichts". Aber das "nichts" stimmt eben nicht. Minister Molterer ist der Gewinner dieses heutigen Gesetzes: er und der Agrarbereich. Ich verstehe, dass das heute auch in der Rednerliste hier zum Ausdruck kommt. Er ist der Gewinner, und der Agrarbereich übernimmt als Produzent die gänzliche Kontrolle über die selbst erzeugten Produkte. (Bundesrätin Haunschmid: Das stimmt doch nicht!) Ja, es ist aber so. Es tut mir Leid! Das würde eigentlich, Frau Haunschmid – da sollten Sie sich stark machen –, in den Bereich des VerbraucherInnenschutzes und des Gesundheitsministeriums gehören. Aber das Gesundheitsministerium schaut durch die Finger. – Vielleicht ist es das übliche Schicksal von FPÖ-Ministern in dieser Koalition.

Aber das Gesetz wird verabschiedet, denn es wird auch heute hier die Zustimmung zu diesem Gesetz gegeben. Das garantiert auch die fast vollständige Bauernbundversammlung hier im Hohen Bundesrat. (Beifall bei der SPÖ.) So ist es! (Bundesrat Hensler: Sollten wir nicht da sein?) Nein, es ist schon in Ordnung. (Bundesrat Hensler: Weil Sie das so abwertend gesagt haben!) Nein, überhaupt nicht! Es ist gut, dass Sie da sind. Es ist auch nicht abwertend, wenn man sagt, dass die Produzenten nicht immer dieselben Interessen haben wie die Konsumenten, aber es ist das Ergebnis einer perfekten Lobbyarbeit. Gratulation! Gut gemacht.

Deshalb aber ist es trotzdem die Aufgabe der Opposition zu sagen, wie denn die Reform wirklich aussieht mit 177 Dienstposten weniger, 200 Millionen Schilling weniger und mit gleichzeitig 130 Millionen Mehrkosten an Ausgliederung. (Zwischenruf des Bundesrates Keuschnigg. ) Wissen Sie, was der Rechnungshof dazu sagt? Da Sie jetzt gleich einen Einwand erheben, schauen wir uns einmal die Stellungnahme des Rechnungshofes an. Der Rechnungshof sagt:

Dem Rechnungshof erscheint die Umsetzung der vorgegebenen Ziele der Strukturreform – da sitzt übrigens derzeit kein Roter drinnen – und Effizienzsteigerung der Bundesverwaltung beziehungsweise der Qualitätssicherung durch den vorliegenden Entwurf – der heute Gesetz wird – nicht erfüllt. – Rechnungshof, nicht Schennach!

Aus der Schaffung der Agentur lässt sich kein Vorteil – Frau Haunschmid, kein Vorteil – gegenüber dem Ist-Stand der Lebensmittelkontrolle erkennen. – Rechnungshof, nicht Schennach.


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Was ist also jetzt diese Agentur? Ein PR-Gag? – "Agentur" klingt sehr modern, zeitgemäß, trendig. Warum gab es vorher keine Schwachstellenanalyse für diese Agentur? Wieso gibt es nach wie vor keine Unabhängigkeit zwischen den Produzenten und den Konsumenten? Warum – Herr Minister Haupt hat gesagt, es ist alles nachprüfbar – wird die Agentur der parlamentarischen Kontrolle entzogen? Warum gibt es keine Informationspflicht wie zum Beispiel beim Umweltbundesamt? – Brauchen wir nicht! Wie soll denn dann diese Kontrolle, von der der Herr Minister gesprochen hat und die überall nachweisbar ist, ausschauen?

Aber für den Bundesrat besonders wichtig ist: Es bleibt das Koordinierungsdefizit mit den Ländern. Das kommt auch klar aus den Begutachtungen zutage: keine Sicherstellung des Informationsflusses, der Transparenz und vor allem der Einheitlichkeit der Kontrolltätigkeit. Durch die Einsparungen – die sind nicht zu leugnen – fehlen vor allem in den teureren Bereichen Kapazitäten. Das sind nicht die billigen automatisierten Untersuchungen, sondern die Vorsorgeuntersuchungen.

Die Frage ist: Wie sieht es dann mit dem wissenschaftlichen Personal für fundierte Risikobewertung zum Beispiel aus?

Wir hätten uns gewünscht, dass die Kontrollkompetenzen im Lebensmittel- und Veterinärbereich endlich im Gesundheitsministerium angesiedelt werden, dass sie dort gebündelt werden, dass es einen jährlichen Bericht geben würde, dass es zwischen Risikobewertung und Risikomanagement auch einen Unterschied gibt und dass es unabhängige Kontrollen gibt, und zwar sowohl bei den Herstellern als auch im Handel und auch – Herr Kollege Steinbichler – bei den bäuerlichen Betrieben, Langzeitprogramme etwa für die Schlachthöfe.

Noch etwas: Ich kann mich erinnern, Kollege Todt hat einige Sitzungen zuvor einmal eine Stellungnahme von den Veterinärärzten zitiert, und genau dort ist eines der Hauptdefizite gegeben, nämlich dass die Landesveterinäre größtenteils den Agrarressorts der Länder unterstellt bleiben. Das heißt, den Fleischuntersuchungstierärzten, die zum Beispiel einmal einen Missstand aufzeigen, fehlt nach wie vor die Rückendeckung.

Aber auch der EU-Inspektionsbericht zu den Rückstandskontrollen betreffend Österreich ist auch nicht gerade ein Ruhmesblatt. Da steht wörtlich: Es konnte jedoch nicht geprüft werden, in welchem Umfang die einzelnen Bundesländer ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nach Rückstandskontrollplan nachgekommen waren – Frau Haunschmid, was sagen Sie zu diesem Inspektionsbericht? –, weil eine derartige Auswertung dem Inspektionsteam nicht zur Verfügung gestellt wurde. – Da ist wieder das Problem: Alles kann man kontrollieren, aber dann wird einer Inspektion die Sache nicht zur Verfügung gestellt.

Es ist kein Alleingang, was ich hier fordere, was die Grünen fordern und was auch andere fordern. In Deutschland zum Beispiel wurden der gesundheitliche Verbraucherschutz und diese ganz klare Trennung zwischen Produktion und Kontrolle als essenziell betrachtet. Wir fordern hier also nichts Neues.

Die Ernährungsagentur, so wie wir sie heute haben ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Haupt. ) Ja, aber das ist eine andere Konstruktion, Herr Minister, das hat nämlich nicht die Landwirtschaft vorneweg, sondern den Verbraucherschutz in erster Linie. Die Ernährungsagentur ist nicht geeignet, mehr Sicherheit im Lebensmittelbereich zu schaffen und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Nun zum Schluss noch ein Hinweis für meine Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat aus dem Bundesland Wien, also für Herrn Kollegen Böhm, Herrn Kollegen Gudenus, Herrn Kollegen Himmer – Dr. Maier fehlt –: Sie alle haben bei der letzten Sitzung gemeinsam hier einen Beschluss gefasst – ich meine, ich habe das Bedürfnis nicht, aber Sie haben das Bedürfnis –, dass Sie künftig ein gebundenes Mandat haben, und Herr Dr. Böhm oder Herr Mag. Gudenus brauchen den Wiener Landeshauptmann als persönlichen politischen Führungsoffizier. Das ist Ihre Sache, meine ist es nicht. In diesem Sinne könnten Sie, nachdem Sie letztes Mal A gesagt haben zum gebundenen Mandat, heute schon einmal einen ersten Schritt für das B üben, und


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ich sage Ihnen, was der Wiener Landeshauptmann dazu denkt. Dieser würde künftig bei einem gebundenen Mandat Herrn Böhm und Herrn Gudenus Folgendes vorschreiben:

Gegen den Entwurf bestehen aus Sicht des Landes Wien gewichtige Bedenken grundsätzlicher Art. – Das sagt nicht wahnsinnig viel aus, aber es steht einmal so da. – Die beabsichtigte Schaffung einer Agentur für Ernährungssicherheit lässt befürchten, liebe Wiener Bundesräte, dass die bisherige ausgezeichnete Arbeit der Lebensmittelaufsicht für die Zukunft nicht gesichert ist. Es ist auch nicht ersichtlich – so das Land Wien – ob überhaupt ausreichend Ressourcen und so weiter und so fort zur Verfügung stehen.

Ich wollte Ihnen nur zeigen, welchen Hinkefuß der von Ihnen beschlossene Entschließungsantrag aus der letzten Sitzung hat, wenn Sie nun in Ihrer Meinung – Sie haben leider Gottes in dieser Frage eine andere – den Zuruf des Wiener Landtages, der in diesem Fall mehrheitlich ist – Herr Weiss hat dieses Problem in Vorarlberg ja nicht –, nicht beachten. Bei Herrn Dr. Böhm hingegen beginnt schon ein Problem sichtbar zu werden. (Bundesrat Dr. Böhm: Überhaupt nicht!)

Ich bitte Sie jetzt, im Sinne der Stellungnahme des Landes Wien, der Einrichtung einer Ernährungsagentur keine Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

11.31

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schennach! The winner is der Konsument. – Ich meine, dass uns mit dieser Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ein wirklicher Meilenstein – das hat mir nämlich in der Aufzählung der Attribute gefehlt, Herr Kollege Schennach, Sie haben offensichtlich ein selektives Auge (Bundesrat Schennach: Nein!)  – gelungen ist. Die Lebensmittelsicherheit ist ein Anspruch, den die Konsumenten zu Recht stellen, und sie haben ein Recht darauf, dass die Lebensmittel, die angeboten werden, sicher sind, und zwar alle Lebensmittel, die angeboten werden.

Die Lebensmittelsicherheit ist eine unteilbare Zielsetzung, wobei alle, die an der Lebensmittelkette teilhaben, Verantwortung tragen. Das ist eine Verantwortung der Produktion, eine Verantwortung der Verarbeitung, eine Verantwortung der Vermarktung und auch letztlich eine Verantwortung des Lebensmittelhandels. So gesehen, meine Damen und Herren, hat selbstverständlich auch die Landwirtschaft ihren Teil an dieser Verantwortungskette zu leisten. Da hier immer wieder gesagt wird, es solle sich sozusagen die Landwirtschaft nicht selbst kontrollieren, lade ich die Kolleginnen und Kollegen, die dieses sagen, einmal zum Nachdenken ein.

Erstens: Alle Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums, die in der Vollziehung der Gesetze Aufgaben haben, sind an diese Vollziehung der Gesetze gebunden und tun dies – völlig unabhängig von allfälligen Fragestellungen, welchen Beruf der jeweilige Ressortchef ausübt. Ich sage Ihnen im Interesse meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Folgendes: Hören Sie mit dieser Verunglimpfung meiner Mitarbeiter auf, denn das, was Sie hier sagen, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen) , würde bedeuten, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht korrekt handeln! Wenn Sie Beweise haben, legen Sie diese auf den Tisch, ansonsten hören Sie mit dieser Denunzierung auf – das ist es nämlich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Gudenus: So ist es!)

Eine weitere Frage, die in diesem Zusammenhang zu stellen ist, ist Folgende: Würde das heißen, dass in der Kontrolle etwa im humanmedizinischen Bereich ein Humanmediziner nicht mehr eingesetzt werden dürfte? Würde das heißen, dass jemand, der für den Vollzug des Veterinärrechts zuständig ist, nicht mehr Veterinärmediziner sein dürfte? – Denken Sie einmal darüber nach, was Sie da sagen! Wissen Sie, was Sie da sagen? – Sie werfen Kollegin Hostasch Befangenheit vor, die als Arbeiterkammer-Vizepräsidentin für die Kontrolle der Ar


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beiterkammer zuständig war. Ich tue das nicht, Sie tun das, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Herr Kollege Schennach! Sie haben sich selbst bloß gestellt. Wissen Sie, wer in Deutschland für das Veterinärrecht, das Lebensmittelrecht, das Düngemittelrecht und das Pflanzenschutzmittelrecht zuständig ist? – Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft! Wenn Sie nun sagen, es sei ausschließlich die Reihung der Titel relevant, Herr Kollege Schennach, dann muss ich Ihnen sagen, gehört das zum Tschauner, aber nicht in den Bundesrat; das muss ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine daher, dass wir eine wirklich kluge Entscheidung getroffen haben, sämtliche Kontrollinstitutionen und Kontrollkapazitäten zu vereinen, damit wir offensiv Qualitätsmanagement, Sicherheitsmanagement, Risikomanagement und Forschungsmanagement betreiben können. Das ist ein Fortschritt für dieses Land im Interesse der Konsumenten!

Meine Damen und Herren! Das ist auf europäischer Ebene ein Meilenstein, weil wir das erste Land sind, das diesen Schritt setzt. Wir haben damit einen kompetenten Ansprechpartner für die Lebensmittelagentur, die die Europäische Union schaffen will – nicht zersplittert, sondern einen!

Zur Frage der Finanzierung: Wir haben eine verantwortliche Finanzierung vorgelegt. Kollege Haupt hat schon darauf hingewiesen. Ich meine, dass der Bundesrat die Bundesregierung normalerweise danach überprüfen müsste, ob effizient mit den Mitteln umgegangen wird. Es muss doch auch im Interesse dieses Hauses sein, dass die Bundesregierung im Rahmen der Verwaltungsreform Dinge umsetzt, die letztlich zum sparsamen, schlagkräftigen und effizienten Mitteleinsatz führen.

Gestatten Sie mir aber noch, zu einigen Punkten der Diskussion Stellung zu nehmen! Zur Frage der Ländereinbindung: Ich bin interessiert daran, dass wir seitens des Bundes den Dialog mit den Ländern dahin gehend fortsetzen, inwieweit die Kooperation der Bundesländer mit der Ernährungs- und Gesundheitsagentur verbessert werden kann. Das ist wichtig. Was wir aber wollen, ist auch, dass wir das im Dialog weiterentwickeln. Wir werden daher mit allen Bundesländern die Gespräche in die Richtung führen, inwieweit die Vernetzung und die Kooperation gegeben sind.

Eigenwillig finde ich, dass die Länderkammer von Mitgliedern der Bundesregierung verlangt, sie sollten die Geschäftseinteilung in den Landesregierungen ändern. Ich habe immer gedacht, dass die Länderkammer die Hüterin der Rechte der Länder ist. Das wäre ja die Umkehr der Verhältnisse! Sie wollen – jetzt in Ihrer Diktion gesprochen – den Bock zum Gärtner machen. Wir gehen davon aus, dass die Länder selbst entscheiden wollen und auch in Zukunft entscheiden werden, wie sie die Geschäftseinteilung in der jeweiligen Landesregierung festlegen.

Kollege Todt – er ist leider im Moment nicht da – hat die Entwicklung der Landwirtschaft skizziert. – Jawohl, wir hatten Entwicklungen in Richtung Spezialisierung. Wir hatten etwa in Richtung Mechanisierungen gewisse Entwicklungen. Aber sagen Sie auch dazu, warum. Es wurde und wird nämlich seitens der Konsumenten der Wunsch geäußert, Lebensmittel möglichst billig zur Verfügung zu haben. Diese Diskussion müssen wir führen, meine Damen und Herren! Wer den Wert der Lebensmittel nicht hoch genug einschätzt, der auch im Preis zum Ausdruck kommt, stellt die Lebensmittelqualität in Frage.

Diskutieren wird das, dass – auch aus meiner Sicht – Qualität ihren Preis haben muss! Helfen Sie uns, meine Damen und Herren, dort, wo Sie Einfluss haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Beginnen Sie mit Ihren Institutionen, mit der Sozialpartnerschaft, der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft die Diskussion! Unterstützen Sie uns dabei, dass wir beispielsweise faire Preise im Lebensmittelhandel haben wollen, Preise, die auch den Wert der Produkte zum Ausdruck bringen. Das wäre eine offensive Strategie für die Konsumenten, das wäre auch eine offensive Strategie für die Produzenten. (Bundesrat Manfred Gruber: Zu oft haben wir ... Qualität und


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hohe Preise! Das sollte man nicht vergessen! – Bundesrätin Haunschmid: Bewusstseinsbildung ist das, Herr Kollege!)

Eine weitere Frage, die heute hier schon angeklungen ist, ist auch legitim. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wer in Österreich oder in der Welt, wo auch immer, zwölf Monate des Jahres über Erdbeeren auf dem Tisch haben will, darf sich nicht wundern, dass es überhaupt nicht möglich ist, in den Wintermonaten Erdbeeren ohne Chemie und ohne Konservierung zu erzeugen. Diese Diskussion muss geführt werden. Wer tatsächlich auch im Dezember und im Jänner Weintrauben haben will, dem muss bewusst sein, dass die Natur dafür nicht vorgesorgt hat, sondern dass dafür letztlich jemand unterstützend eingreifen muss. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Kraml: Das muss man auch sagen!)

Wenn wir daher die Qualität der Lebensmittel diskutieren, dann diskutieren wir auch, was ist natürlich. Und es ist nicht natürlich, ständig alles zu haben. Die Natur hat einen Kreislauf, für den die Natur verantwortlich ist; wir versuchen, dort einzugreifen. Machen Sie mit, helfen Sie uns, die Konsumenten dahin zu bringen, dass sie uns auch in der Qualitätsstrategie unterstützen! Dann sind alle die Gewinner! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Gruber. – Bitte.

11.40

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Die Herren Minister unserer Erfolgskoalition! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. Bundesrat Kraml: Faschingsscherz!) Hoher Bundesrat! Herr Schennach! Ich muss Ihnen Folgendes sagen: Jedes Kind braucht nicht nur einen Vater, sondern auch eine Mutter, und die beiden sind heute hier! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Bundesrat Mag. Gudenus: Hört, hört! Bundesrat Manfred Gruber: Da wundert mich nichts, was da für Kinder herauskommen!)

Die Ernährungsagentur ist in Zeiten von vergifteten Shrimps, Transformatorenöl im Tierfutter und Pestiziden in Tomaten – Herr Kraml und liebe Genossen, schreibt euch das hinter die Ohren: alles bei nicht österreichischen Produkten, versteht sich! (Bundesrat Manfred Gruber: Verschrei es nicht!)  – notwendig für die Konsumenten unseres Landes. Minister Molterer hat es vorhin schon gesagt.

Was die SPÖ über Jahrzehnte hindurch nicht zu Stande gebracht hat, das verwirklichen jetzt die Minister Molterer und Haupt in der kurzen Zeit, seit der diese Regierung erst besteht. (Bundesrat Boden: Was die ÖVP verhindert hat!) Mit der Regierung in rot-weiß-rot haben sie das umgesetzt! Das ist Koalition, wie sie sein soll! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.  Bundesrat Manfred Gruber: Die ÖVP war 14 Jahre auf Tauchstation!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Lebensmittelsicherheit ist eine Kernaufgabe des Staates, und die Gewährleistung der Lebensmittelqualität vom Feld bis zur Ladentheke ist Aufgabe der Ernährungsagentur.

Liebe Genossen! Das ist kein Widerspruch! (Bundesrat Manfred Gruber: Strenge Trennung, gute Freunde, Herr Kollege!) Die Agentur wird nicht nur eine Optimierung der Kontrolle entlang der gesamten Lebensmittelkette ermöglichen, sondern auch den Datenfluss zwischen Gesundheits- und Veterinärwesen, Landwirtschaft und Lebensmittelkontrolle sichern sowie gleichzeitig unabhängige und wissenschaftliche Informationen zur Verfügung stellen, was den Konsumenten mehr Sicherheit und Transparenz bringt.

Die Landwirtschaft befindet sich in einer sehr schwierigen Situation. Das Durchschnittseinkommen unserer Bauern wird zu 60 Prozent durch Ausgleichszahlungen sichergestellt (Ruf bei der SPÖ: Da hast einen Taschenrechner!), und die Produkte haben nicht mehr den Wert, den sie haben sollten.


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Liebe Genossen! Nehmen Sie sich die Worte, die Minister Molterer vorhin gesprochen hat, sehr zu Herzen! Deshalb müssen wir in Zukunft jene, die von der Erhaltung der bäuerlichen Strukturen profitieren, mitzahlen lassen. Da wird sicherlich auch der neue Infrastrukturminister, der selbst Bauer ist, gefordert sein.

Die Frage der Lebensmittelsicherheit ist grenzüberschreitend, und Herr Kollege Grillitsch hat es vorhin auch schon erwähnt: Die Kompetenzen der neuen Agentur reichen von der Vollziehung des Saatgutgesetzes, des Pflanzgut-, Sortenschutz-, Pflanzenschutzmittel-, Pflanzenschutz-, Futtermittel- und Düngemittelgesetzes bis hin zum Qualitätsklassengesetz.

Angesichts der EU-Osterweiterung wird die Qualität eine noch größere Rolle spielen. Deshalb darf es bei der Lebensmittelsicherheit keine Übergangsfristen geben. Lebensmittel, die auf den Binnenmarkt gelangen, müssen die Standards, welche unsere Agentur vorgibt, erfüllen. Dann wird sich Österreichs Landwirtschaft auf den Märkten, die durch die voranschreitende Globalisierung und die EU-Osterweiterung immer härter umkämpft werden, mittels Klasse und nicht mittels Masse durchsetzen können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Genossen! Herr Schennach! Der große Wurf mit der Ernährungsagentur ist für die Konsumenten und wohl auch für uns Bauern geglückt. Jetzt müssen nur noch die Sozialdemokraten zustimmen, denn die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaftspolitik und Lebensmittelpolitik ist mit diesem Bundesgesetz vollzogen.

Wir werden dem Gesetz – diesem europäischen Meilenstein – sehr gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Bundesrat Boden: Danke, Herr Genosse!)

11.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.

11.45

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Bundesminister! Hoher Bundesrat! Heute steht das Ernährungssicherheitsgesetz auf der Tagesordnung.

Ich möchte eingangs Folgendes klar und deutlich sagen: Für mich als Bauer und als Konsument ist das ein unheimlich wichtiges Gesetz. Das gilt einerseits für die Konsumenten und andererseits zweifelsohne auch für die Produzenten. (Bundesrat Gasteiger: Da brauchst du kein Gesetz!)

Ich möchte kurz erörtern, warum dem so ist: Diese Agentur wurde gegründet, und der Konsument verlangt – berechtigterweise – Sicherheit. Wie Sie alle wissen, gab es bezüglich der BSE-Krise immer wieder Verunsicherungen und Diskussionen. Der Grundgedanke war die Sicherheitsstrategie und darüber hinaus der Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen.

Der Vorteil für die Konsumenten liegt zweifelsohne auf der Hand, und viele Argumente sind bereits angesprochen worden: konzentrierte, harmonisierte Verwaltung aller Bundesagenden im Lebensmittelbereich, optimaler Mitteleinsatz und Überwachung aller Stufen der Nahrungsmittelherstellung. Die Agentur gibt mehr Sicherheit.

Was mich persönlich sehr freut, ist, dass dieses Gesetz im unmittelbaren Bereich der EU eine Vorreiterrolle einnimmt: In Europa hat Österreich diesbezüglich Vorbildcharakter. Ich möchte auch die Vorteile für die Produzenten – für die Bauern – in diesem Bereich nicht verhehlen: beste Absatzgarantie für unsere landwirtschaftlichen Produkte und Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Mitbewerbern. Sie kennen den zweifelsohne richtungsweisenden Ausdruck "Feinkostladen Österreich". – Zu dem wollen und müssen wir in absehbarer Zeit werden!

Folgendes ist auch unbestritten: Die österreichischen Bauern wollen und werden auch in Zukunft mit Qualität punkten. Wir haben dahin gehend im Umweltbereich schon sehr viele Akzente und Impulse gesetzt: 80 Prozent der Bauern beteiligen sich am Umweltprogramm.


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Ziel dieser Agentur soll und muss es sein, eine Bündelung der Aufgaben im Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung und eine Zusammenfassung aller Forschungs- und Untersuchungskapazitäten auf diesem Gebiet vorzunehmen.

Hoher Bundesrat! Zusammenfassend kann ich sagen, dass es ein hervorragendes Gesetz für alle Österreicherinnen und Österreicher, und zudem eines mit Weitblick ist. Dieser Bundesregierung liegt die Gesundheit, die Sicherheit und gleichzeitig die Existenzsicherung unseres Berufsstandes, der Bauern, am Herzen. Die ÖVP wird diesem Gesetz gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Höllerer. – Bitte.

11.48

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Dieses Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, so wie es uns heute vorliegt, hat vor allem zum Ziel, das Vertrauen der Konsumenten in die österreichischen Lebensmittel wieder herzustellen.

Herr Bundesrat Todt ist momentan nicht da, aber er hat behauptet, für ihn und für die Konsumenten sei Ernährungssicherheit sehr wichtig. (Bundesrat Gasteiger: Der probiert gerade die Ernährungssicherheit! Bundesrat Kramer: Für uns alle!) Er hat den Begriff "Ernährungssicherheit" in den Raum gestellt. Damit ist er nicht allein! Da ist er voll im Trend, das wird auch so erkannt.

Es hat eine Umfrage unter Konsumenten gegeben. Von 1 000 Befragten haben sich immerhin 41 Prozent dafür ausgesprochen, dass es sehr wichtig sei, sich mit der Ernährung zu beschäftigen; 47 Prozent haben das noch als wichtig erkannt.

Herr Bundesrat Todt liegt im Trend! – Mit dem Aufzeigen der Untersuchungsergebnisse und Daten hat er sich allerdings sehr in der Vergangenheit verheddert. (Bundesrat Gasteiger: Wie so oft!)

Es stimmt natürlich, dass es ein Anrecht der Konsumenten auf Lebensmittelsicherheit gibt. Diesen Ansprüchen muss dementsprechend auch mit Kontrolle und Sicherheit begegnet werden. Diese umfassende Kontrolle gilt für alle Produkte, die in Österreich am Markt sind, also nicht nur für die, die von österreichischen Bauern produziert werden, sondern wirklich umfassend für alle.

Selbstverständlich kann der Produzent nicht aus der Verantwortung entlassen werden, und es ist ganz wichtig, dass auch da Kontrollen stattfinden, denn die Lebensmittelkette soll in Österreich tatsächlich vom Produzenten bis zur Ladentheke durchgehend kontrollierbar sein.

Es wurde heute auch schon gesagt, dass diese neue Lebensmittelagentur europaweit als Vorzeigeprojekt gilt und dass Herr Konsumentenschutzkommissär David Byrne dieses Projekt dementsprechend positiv bewertet und es auch als Vorbild für die Europäische Union hingestellt hat.

Ich kann auch die Bedenken der Opposition dahin gehend nicht teilen, dass die Kontrollen künftig nicht mehr so eine Effizienz wie bisher haben sollten. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass genauso wie bisher allen Kontrollen und Untersuchungen das strenge österreichische Lebensmittelgesetz zu Grunde liegt.

Da Sie davon sprechen, dass es angeblich Mängel bei der Ausführung gibt, mache ich Sie darauf aufmerksam, dass die Kompetenz der Behörden und der Beamten in keiner Weise anzuzweifeln ist, weder gegenwärtig noch in Zukunft. – Ganz im Gegenteil: Diese Agentur wird Synergieeffekte bringen, Doppelgleisigkeiten zu vermeiden helfen und auch in gewisser


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Weise – langfristig gesehen – in den verschiedensten Bereichen Kosteneffizienz bringen. (Bundesrat Gasteiger: Hoffen wir es! Bundesminister Mag. Molterer: Sicher!)

Es bedeutet, dass in Zukunft eine gewisse Flexibilität gegeben ist, dass es möglich ist, diese Untersuchungen rascher und transparenter durchzuführen, dass Informationen schneller und umfangreicher an die Öffentlichkeit weitergegeben werden können und dass die Zusammenarbeit in den einzelnen Strukturen, die bisher nicht so gut funktioniert hat, übergreifender stattfinden wird.

Es ist im Sinne der Bäuerinnen und Bauern, dass diese Kontrollmöglichkeiten für die Produkte der österreichischen Landwirtschaft selbstverständlich gegeben sind. Wir haben uns auch in der Zeit der Krisen, die wir jetzt hinter uns gebracht haben, intensiv mit den Konsumenten befasst und auseinander gesetzt.

Wir haben vor Ort – am "point of sale", in den Geschäften – mit den Konsumenten gesprochen, und es wurde uns zugesichert, dass es großes Vertrauen in die österreichischen Lebensmittel gibt. Immerhin haben 80 Prozent der Befragten gesagt, sie wüssten, dass die Bauern immer darauf bedacht sind, so zu produzieren, dass das große Vertrauen der Österreicher in die österreichische Landwirtschaft gerechtfertigt ist. Es wird auch in einer Studie über das Image der Landwirtschaft und der Landwirte im öffentlichen Bewusstsein, die vom Fessel-Institut durchgeführt wurde, bestätigt, dass die Befragten hohes Vertrauen in die Bauern und in deren Naturverbundenheit und verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen setzen.

Das bestätigt für mich, dass es so etwas wie Konsumpatriotismus gibt. Das heißt, dass die österreichischen Konsumenten in die österreichischen Produkte Vertrauen haben. Es ist aber noch nicht wirklich durchgedrungen und auch noch nicht wirklich verhaltensrelevant, dass man dem Vertrauen in die Produktion und in die Lebensmittel auch eine entsprechende Wertigkeit in der Bezahlung gegenüberzustellen hat, und auch, dass man keine gesunden, unbedenklichen und pestizidfreien Lebensmittel erwarten kann, wenn man für die Jahreszeit untypische Lebensmittel konsumiert – jetzt zum Beispiel sind schon Erdbeeren am Markt –, vor allem, wenn man genau weiß, dass die ausländischen Produkte sehr wohl Belastungen aufweisen. (Bundesrat Kraml: Warum? In Spanien scheint jetzt auch die Sonne!)

Die Österreicherinnen und Österreicher sollen die Produkte konsumieren, die von der österreichischen Landwirtschaft jahreszeitabhängig angeboten werden, dann können sie auch darauf vertrauen, dass sie beste Qualität bekommen und dass ihre Gesundheit dementsprechend gesichert und gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Gründung dieser Agentur für Ernährungssicherheit ist sowohl das Interesse der Bauern als auch das Interesse der Konsumenten auf das Beste gewahrt. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie können diesem Gesetzentwurf bedenkenlos zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

11.55

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Vater und liebe Mutter(an die Bundesminister Mag. Haupt und Mag. Molterer gewandt) dieser Agentur – um Herrn Kollegen Gruber zu zitieren! (Bundesrat Gasteiger: Und Mutter? Wer ist dann die Mutter? Bundesrat Kraml: Der Haupt? Darum ist er auch Frauenminister!)

In dieser laufenden Diskussion ist klar zum Ausdruck gekommen, dass die Ernährungsagentur zur Sicherheit der Konsumenten, aber natürlich auch der Bauern in Kraft treten wird. Aber auch die Bauern – das sei hier erwähnt – sind Konsumenten, und wir Bauern essen unsere qualitativ


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hochwertigen Produkte mit Stolz und Überzeugung. (Bundesrat Gasteiger: Hoffentlich! Bundesrat Kraml: Wir auch!)  – Ich erwähne das, damit hier keine einseitige Diskussion entsteht.

Ich denke, das wesentliche Ziel dieser Ernährungsagentur sollte sein, die Bauern in Zukunft vor großem finanziellen Schaden zu bewahren. Wir haben vergessen, dass die Rinderbauern heute noch unter 20- bis 25-prozentigen Preisverlusten – ausgelöst durch die internationale BSE-Krise – leiden. Es hat sich zwar der Absatz, aber nicht der Preis normalisiert, und die Ausgangslage hinsichtlich des Preises vor dem Beginn dieser Krise ist noch nicht wieder erreicht.

Ich darf in aller Deutlichkeit eines sagen: Wir haben in der heutigen Diskussion über die Fachleute gesprochen, und die Rolle der Experten ist doch wesentlich! Ich habe während der BSE-Krise hier in diesem Haus bereits einmal die Ernährung mit den drei "Ks" erwähnt. Damals haben selbsternannte Experten darauf hingewiesen, man möge dieses "so gefährliche" Rindfleisch durch Känguru-, Klapperschlangen- und Krokodilfleisch ersetzen. – Mahlzeit!

Diese Verunsicherung durch Experten ist sogar so weit gegangen, dass jene Fachleute und Partner der Bauern, von denen ich erwartet hätte, sie würden in dieser Krise Position beziehen – die Tierärzte und die Mediziner –, auch geschwiegen haben und dass – was für uns Bauern noch viel schwieriger war – die Metzger nicht genug Rückgrat hatten, den Konsumenten zu erklären, dass gute, wohlschmeckende Wurst nur mit Rindfleisch als Basis erzeugt werden kann. Auch sie haben sich zurückgezogen und mit Wurst, die ausschließlich aus Pute und ohne Rindfleisch hergestellt wurde, geworben.

Ich hoffe, die importierte tschechische Ostware, die da verarbeitet wurde (Bundesrat Kraml: Das war österreichische!), hatte den Qualitätsstandard österreichischen Rindfleisches. Ich hoffe, dass da die Kontrolle funktioniert hat und dass nicht kurzfristiges Gewinnstreben dahinter gestanden ist, diese Krise zu nützen, um zusätzlichen Gewinn zu lukrieren. Ich erwähne das nur, damit man sieht, welche Auswüchse es in Zeiten einer Krise geben kann.

Da es hier in diesem Hause üblich geworden ist, Zeitungsartikel zu verwenden, habe auch ich mir erlaubt, die Zeitung der Wirtschaftskammer mitzubringen, weil darin auch die Rolle der Supermärkte und der Marktketten von den Metzgern berechtigterweise bejammert wird. (Bundesrat Kraml: Das ist aber zu wenig! Ruf bei der SPÖ: Selber schuld!)  – Nein! Na ja, zum Teil selbst schuld, Herr Kollege, weil man da nicht mit Qualität dagegen hält, aber zum anderen Teil ist diese wirtschaftliche Macht der Supermärkte natürlich ein Problem.

Ich möchte ein Beispiel dazu bringen. Ich habe es letztes Jahr zu Weihnachten gut gemeint und mir gedacht, zur Dekoration des Festtagstisches wird meine Frau sicherlich Tomaten verwenden. Ich habe also in der weihnachtlichen Vorfreude ein Kilogramm Tomaten mit nach Hause genommen. (Bundesrat Kraml: Ich kaufe mir so was nicht im Winter!) Sie wurden nicht nur nicht gegessen, weil sie keinen Geschmack hatten: Wir haben auch einen Härtetest gemacht. Diese Tomaten sind sage und schreibe bis 7. Februar ohne Kühlung in ihrem Originalzustand – ohne Fäulnis und ohne Schrumpfung – in der Küche gelegen. (Bundesrat Kraml: Radioaktive Bestrahlung!) Wir haben sie dann auf den Komposthaufen geworfen.

Ich möchte wissen, welcher Experte mir bestätigen kann, dass diese Tomaten unbehandelt, natürlich und gesund waren. Mein bäuerliches Verständnis sagt mir, irgendetwas muss an diesen Tomaten faul gewesen sein,

Ich denke, der Herr Minister hat schon darauf hingewiesen, wie weit wir in diesem Fall von saisonalem Denken weggekommen sind. Die Natur hat immer Saison. Wir freuen uns jetzt auf die ersten Frühlingsboten, wir freuen uns auf das Erwachen der Natur. Aber die Fun- und Spaßgesellschaft hat es geschafft, die Leute so weit zu entwurzeln, dass sie es als selbstverständlich anschauen, dass man jahraus, jahrein, rund um die Uhr sämtliche Produkte in den Supermärkten erhalten und kaufen kann. Da ist interessanterweise der Preis oftmals völlig sekundär. Das fasziniert mich immer wieder. Gerade in den Supermärkten wird mit wertvollen Grundnahrungsmitteln geworben, werden die Kunden gekeilt, aber man sieht auch, dass der Preis für solche Saisonfrüchte oder – Anführungszeichen – so genannte "Saisonfrüchte" oft unermesslich


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hoch ist. Es werden horrende Preise dafür bezahlt, denn das gönnt man sich einfach. (Bundesrat Kraml: Weil sie so gesund sind!) Ich denke, da muss man wieder zurück zur Vernunft, da sind wir alle gefordert. Dazu können wir alle einen Beitrag leisten. Ich glaube, das wäre sehr wesentlich.

Kollege Todt ist leider nicht im Raum. (Bundesrat Gasteiger: Er prüft die Ernährungssicherheit!) Ich denke, wenn ich mich für ein Gesetz interessiere und wenn ich es ernst meine, dann sollte ich auch der Diskussion folgen, Herr Kollege Gasteiger! Aber mich hat es gefreut, dass Kollege Todt heute ein Versprecher passiert ist – er hat es nämlich anders gemeint, aber richtig bezeichnet, das ist noch besser –, er hat von einem Ernährungsskandal gesprochen. Ich habe als Bauer diesen Ausdruck wirklich gerne. Ich habe versucht, jetzt darauf hinzuweisen, dass bei der Ernährung manches im Argen und Vieles im Falschen liegt.

Besonders schwierig für unsere Bauern war, dass immer wieder bei Skandalen, egal ob bei Fleischimporten oder Gemüseimporten, sofort sie die Zeche dafür bezahlen. Ich denke, das ist tatsächlich ein Ernährungsskandal.

Kollege Schennach ist gerade hinausgegangen. – Natürlich ist die Argumentation des Rechnungshofes wichtig. Aber ich denke, da hat Herr Kollege Schennach wirklich selektiv geschaut – der Herr Minister hat es angesprochen –, denn der Rechnungshof müsste besonders positiv darüber schreiben, dass in diesem Fall auf Wirtschaftlichkeit geachtet wurde. Das sollte man nicht negativ darstellen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Noch einen Nachsatz zu den funktionierenden Systemen: Wir diskutieren heute in diesem Hause so, als ob bisher Lebensmittel überhaupt nicht kontrolliert worden wären. Es wird immer wieder Überkontrolle, zusätzliche Kontrolle und eine Kontrolle der Überkontrolle gefordert. Da müssen wir natürlich die Rechnungshofposition abwarten und einmal die Kostenseite betrachten. Wir hatten, wie ich meine, bisher ein funktionierendes Veterinärsystem und jede Menge von Lebensmittelinspektoren und -kontrolloren. Haben die bisher nicht kontrolliert?, stelle ich hier die Frage.

Ich hoffe, dass es durch die Einrichtung dieser Ernährungsagentur, die Gott sei Dank jetzt erfolgt, gelingen wird, die Zuständigkeit in der Ernährungsproduktion, die Qualitätssicherung sowie die Forschung und Untersuchungskapazitäten so zu bündeln, dass man den Verbrauchern in Zukunft ein Maximum an Lebensmittelsicherheit gewährleisten kann.

Meine Fraktion ist von der Sinnhaftigkeit dieser Agentur überzeugt. Dies bestätigt wieder, auch in diesem Bereich, die Vorreiterrolle Österreichs. Wir werden dieser Vorlage gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.


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Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Umweltkontrollgesetz, das Behörden-Überleitungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, das Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz geändert werden (970 und 991/NR sowie 6575/BR und 6581/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz geändert wird (992/NR sowie 6582/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, das Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz geändert werden und

ein Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über beide Punkte hat Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu Tagesordnungspunkt 3 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.


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Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters liegt der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz geändert wird, vor.

Mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates wird die Zitierung des "§ 64 a" im § 1 Abs. 1 des Agrarverfahrensgesetzes gestrichen.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Karl Boden das Wort. – Bitte.

12.07

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Genosse Gruber als Berichterstatter! Er hat sich vorhin in seiner Rede als Genosse angetragen, aber es wird sicher nicht angenommen werden. (Bundesrat Gasteiger: Wir nehmen Mitglieder noch auf!)

Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz sollte eigentlich eine Verwaltungsvereinfachung, also ein Bürokratieabbau, umgesetzt werden. Leider muss ich feststellen, dass dieses Gesetz nur wirtschaftlichen Interessen dient.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was macht diese Regierung mit unserem Wald? – 9 500 Hektar wurden bereits verkauft. Der Trinkwasserverkauf wird vorbereitet. Scheibchenweise versucht man, unser aller Hab und Gut zu verscherbeln (Widerspruch bei der ÖVP), um das von dieser Regierung so hochgejubelte Nulldefizit zu erreichen.

Was passiert aber in Wirklichkeit, meine Damen und Herren? – In Wirklichkeit entziehen wir uns die Grundlage der staatlichen Eigenständigkeit, das Mitspracherecht, und entlassen dies letztendlich aus der staatlichen Verantwortlichkeit. Das heißt, es wird nicht klar erkennbar, welche Politik gemacht wird. Durch Verschleierung und Bagatellisierung werden der österreichischen Bevölkerung die wahren Hintergründe vorenthalten. (Bundesrat Dr. Böhm: Bleibt das Wasser nicht in Österreich?)

Trinkwasser – und der Wald ist unser wichtigster Speicher für qualitativ hochwertiges Trinkwasser – wird in den nächsten Jahren jenes Gut sein, das wir nicht mehr im Überfluss zur Verfügung haben. Deshalb müssen wir sehr sparsam mit diesem Gut umgehen.

Herr Minister! Ich weiß, dass Ihr Ressort eines der schwierigsten ist. Ich weiß auch, dass Sie mit sehr viel Engagement und Kompetenz Ihre Arbeit machen. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen: Achten Sie bitte darauf, dass auch in Zukunft das öffentliche Interesse gewahrt bleibt, dass der Wald auch in Zukunft für die Menschen, vor allem für die Menschen aus den Großstädten erhalten bleibt, und vor allem, dass er zugänglich bleibt!

Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich komme nämlich aus einem Gebiet, wo es sehr viel Wald gibt, nämlich aus dem Waldviertel. Ich muss immer wieder feststellen, dass Gebiete abgesperrt werden und dass Spaziergänger, Jogger beziehungsweise das Ausüben von diversen Sportaktivitäten unerwünscht sind.

Seit 1996 wurde das Wegerecht um 10 Prozent eingeschränkt, obwohl man 1975 ein Forstgesetz geschaffen hat, welches breite Zustimmung gefunden hat. (Ruf bei der ÖVP: Woher haben Sie diese Zahlen? – Bundesrat Ing. Franz Gruber: Ich kann ja in deine Wohnung auch nicht hineingehen und duschen! – Heiterkeit.)

Mit der Ausweitung der Schlägerungsfläche von 500 auf 1 000 Quadratmeter habe ich persönlich kein Problem. Sehr wohl wird man diese Maßnahme gebietsweise aber gesondert betrachten müssen.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! In Ihrer Hand liegt es, in welcher Qualität wir in Zukunft unseren Lebensraum erhalten. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

12.11

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer das Wort. – Bitte.

12.11

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt sofort das Wort ergreifen, denn ich kann nicht im Raum stehen lassen, dass der Wald aus Österreich abwandert. Mir ist das nicht bekannt. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bekannt ist mir vielmehr, dass wir in Österreich im Durchschnitt pro Jahr etwa 7 000 Hektar Waldwachstum haben. Die Waldfläche vermehrt sich also in Österreich. Wir haben teilweise sogar Regionen, wo das Offenhalten der Landschaft, das Offenhalten des Siedlungsraums ein Problem ist.

Wir müssen daher selbstverständlich auch im Forstgesetz von der quantitativen Betrachtung, die im Jahr 1975 im Mittelpunkt gestanden ist, also von der quantitativen Sicherung, jetzt in Richtung qualitative Sicherung des Waldes gehen, und genau das machen wir mit dem Forstgesetz.

Wir gehen mit dem Forstgesetz auch in Richtung Stärkung der Eigenverantwortlichkeit des Waldeigentümers. Die Waldeigentümer haben den Nachweis erbracht, dass sie in der Lage sind, im Interesse der Allgemeinheit nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften.

Wenn Sie die Frage angesprochen haben, dass seitens der österreichischen Bundesforste tatsächlich Wald verkauft wird, dann bejahe ich das. Aber dann sagen Sie auch dazu, dass die österreichischen Bundesforste seit 1960 bis dato etwa um 30 000 Hektar gewachsen sind, und sagen Sie auch dazu, dass der Verkauf der Bundesforsteflächen an Waldeigentümer erfolgt, die in genau gleicher Art und Weise den Wald nachhaltig bewirtschaften wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wissen Sie, was mich bei dieser Diskussion etwas irritiert: Bis vor einigen Jahren – ich erinnere mich noch, ich bin jetzt doch schon einige Zeit Landwirtschaftsminister – war die Kritik genau umgekehrt. Die Kritik hat gelautet, die österreichischen Bundesforste seien nicht in der Lage, nachhaltig zu wirtschaften, das könne nur der Private. Ich meine, wir haben einen Fortschritt auf allen Ebenen erzielt. Die Bundesforste sind in der Zwischenzeit in der Lage, den Nachweis der Nachhaltigkeit zu führen, genauso wie die privaten Waldbesitzer. (Bundesrat Thumpser: Da muss man schauen, von wem die Kritik gekommen ist!) – Unter anderem von der Sozialdemokratie und von den Grünen. (Bundesrat Gasteiger: Wer ist "unter anderem"?) Ich erinnere an die Diskussion zur Bundesforstgesetz-Novelle des Jahres 1996.

Zur Frage der Sperre: Herr Bundesrat! Mir ist bekannt, dass zirka 1 Prozent – 1 Prozent! – der österreichischen Waldfläche derzeit entweder forstliches oder jagdliches Sperrgebiet ist – forstliches Sperrgebiet, das das Forstgesetz sogar vorschreibt, wenn es um den Schutz des Waldes geht, etwa bei Naturverjüngung, und jagdliches Sperrgebiet, das auf Grundlage der Landesjagdgesetze verhängt werden kann, wobei aber dieses neue Forstgesetz jetzt sogar den Passus enthält, dass von den Behörden die Sperren überprüft werden können, ob sie tatsächlich der Zielsetzung entsprechen.

Es gibt daher keinerlei Einschränkung der freien Betretbarkeit des Waldes durch dieses Forstgesetz. Ganz im Gegenteil, wir haben sogar die Überprüfung dieser Sperrgebiete verstärkt.

Herr Kollege! Es gibt aber auch in Zukunft eine Beschränkung der Nutzungsansprüche am Wald. Wenn Sie aus dem Waldviertel sind, dann müssen Sie auch wissen, dass ich nachhaltige Waldbewirtschaftung nur dann erfolgreich machen kann, wenn ich Nutzungsbeschränkungen habe. Daher bekenne ich mich dazu, dass etwa die Nutzung durch Mountainbiking nur auf vertraglicher Basis mit den Grundeigentümern, mit den Tourismusorganisationen und den Gemeinden erfolgt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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Ich habe die Diskussion in Oberösterreich verfolgt. In meinem Heimatbundesland, im Salzkammergut, wurde sie sehr intensiv geführt. Wissen Sie, was jetzt das Ergebnis ist? – Dass dieselben Gemeinden, bei denen ich 1995 war, genau mit dieser Vertragsregelung glücklich sind, und zwar warum? – Grundeigentümer-, Tourismus-, Jagd- und Gemeindeinteressen werden nun an einem Tisch besprochen, ohne den Gesetzgeber zu Rate zu ziehen. Ich meine doch, dass die Vernunft der Bürger so ausgeprägt ist, dass wir ihnen vertrauen können, dass sie auch das Richtige tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit einer Legende möchte ich auch aufräumen, denn sie wird durch Wiederholung nicht wahrer. Wir verkaufen unseren Wasserschatz nicht. Das Wasserrecht regelt sehr klar, unter welchen Voraussetzungen Wasser genutzt werden kann, aber eine Diskussion ist legitim. Wenn wir derzeit von unserem Wasserdargebot von rund 84 Milliarden Kubikmetern pro Jahr nur 3 Prozent nützen und 97 Prozent des Wassers ungenutzt Österreich verlassen, dann ist die Frage legitim, ob es nicht die Möglichkeit gibt, unter Sicherung ökologischer Auflagen, unter langfristiger Absicherung der Priorität österreichischer Interessen auch Wasser zu nutzen, beispielsweise wenn etwa im arabischen Raum Mineralwasser oder Wasser gebraucht wird. Ja warum sollen es denn nicht wir sein?

Aber es ist nicht daran gedacht, über die Verfügungsgewalt über das Wasser entscheiden zu lassen. Das werden wir auch in Zukunft selbst tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Und daher, meine Damen und Herren, ist das Forstgesetz – damit ich wieder zum Thema zurückkehre – ein Gesetz, das der Nachhaltigkeit eine neue solide Basis gibt, das alle Funktionen des Waldes optimal sichert, beginnend von der Wirtschaftsfunktion bis zur Erholungsfunktion, ein Gesetz, das dem Eigentümer mehr Verantwortung überträgt und damit Deregulierung und Entbürokratisierung durch den Staat ermöglicht – ich halte das für klug –, und ein Gesetz, das letztendlich für die Bevölkerung die Erholungsmöglichkeit und auf jeden Fall die freie Betretbarkeit des Waldes sicherstellt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Fritz Grillitsch das Wort. – Bitte.

12.18

Bundesrat Fritz Grillitsch (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Verehrter Herr Bundesminister! Ich verstehe diese dämonisierende Diskussion Ihrerseits, meine Damen und Herren der sozialistischen Fraktion, nicht. (Bundesrat Gasteiger: Sozialdemokraten!) – Sozialdemokraten, Entschuldigung. (Bundesrätin Haunschmid: Sind sie ja nicht!)

Ich nehme in Anspruch, dass gerade die Forstwirtschaft in Österreich den Begriff der Nachhaltigkeit geprägt hat. Wer waren jene Menschen – ich frage Sie, geben Sie mir eine Antwort! –, die nachhaltig diese Kulturräume bewirtschaftet haben, die Sie heute vielfach für schützenswert halten? (Bundesrat Boden: Adam und Eva!) Wer waren diese Menschen? Wer hat da Verantwortung und Kompetenz gezeigt, wer hat über Generationen Naturraummanagement betrieben? – Das waren die bäuerlichen Familien, meine Damen und Herren! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Unser Motto in der Land- und Forstwirtschaft hat immer schon gelautet, und es wird auch in Zukunft so lauten: Schützen durch Nützen, denn die österreichische Forstwirtschaft nutzt vom jährlichen Zuwachs derzeit nur zwei Drittel. Das heißt, da gibt es noch eine Reihe von Möglichkeiten, trotzdem ökologische Waldwirtschaft zu betreiben.

Daher bin ich sehr froh, sehr geehrter Herr Bundesminister, dass es nun diese Novelle des Forstgesetzes gibt, mit der in Wahrheit die Eigenständigkeit jener Menschen gestärkt wird, die über Generationen Verantwortung und Kompetenz gezeigt haben, meine sehr geschätzten Damen und Herren!


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Wenn Sie von Waldverkauf und Wasserverkauf sprechen, dann muss ich feststellen – der Herr Minister hat es bereits gesagt –: Wenn Sie angesichts von 3 Prozent Nutzung des Wassseraufkommens in Österreich eine derart dämonisierende Diskussion führen, dann finde ich das ganz einfach unverantwortlich. Es wird unsere Aufgabe sein, darüber nachzudenken, wie wir ökologisch, ökonomisch sinnvoll Wasser in entsprechender Form nutzen können. Das mit den Sperrgebieten ist ein so alter sozialdemokratischer Hut, dass wir ihn schon gar nicht mehr hören können, denn es ist ein Faktum, dass diese Sperrgebiete seit Jahrzehnten gleich geblieben sind.

Herr Bundesminister! Ich bin sehr froh, dass dieses Forstgesetz durch das Prinzip der Freiwilligkeit ausgezeichnet ist. Weg mit den Verboten und Zwangsverordnungen, wie Sie sie Ihrerseits zehn, ja 20 Jahre lang in Österreich betrieben haben! Wir sind für das Prinzip der Freiwilligkeit, nach dem Vertrag und nicht nach dem Verbot. Wir sind in der Lage, Mountainbike-Strecken anzubieten, wenn sie entsprechend kanalisiert sind, wenn entsprechende Entschädigungsrichtlinien vorhanden sind und wenn auch die Haftungsfrage entsprechend geregelt ist. Dann sind wir in der Lage, Strecken anzubieten, und das tun wir auch.

Ich habe selbst in der Steiermark gemeinsam mit Freunden, mit Grundeigentümern, mit Forstwirten vor vier Jahren von heute auf morgen 1 000 Kilometer anbieten können. Von diesen 1 000 Kilometern sind in der Steiermark 400 angenommen worden. Das heißt, nach diesem Modell der Freiwilligkeit, nach diesem Vertragsmuster sind noch 600 zu holen. Daher gilt für uns nicht das Verbot, sondern der Vertrag.

Somit begrüße ich diese Novelle des Forstgesetzes, weil sie uns auch für die Zukunft die Möglichkeit gibt, weiterhin nachhaltig unsere Wälder zu bewirtschaften, weiterhin auch entsprechend Naturraummanagement, und zwar nicht nur für die bäuerlichen Familien, sondern für die gesamte Gesellschaft, zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

12.23

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Österreicher lieben ihren Wald, so konnten wir in der Erstausgabe der heutigen "Kronen Zeitung" lesen. Die Österreicher haben auch allen Grund, ihren Wald zu lieben. Wir sind ein Waldvolk, und der Wald ist – man sieht es manchem an – ein wichtiges Stück Heimat für uns. Wenn man hört, dass 70 Prozent der Österreicher ihre Freizeit am liebsten in Wäldern verbringen, dann ist das für alle, die Wald besitzen und bewirtschaften, aber auch für die politischen Institutionen dieses Landes, in dem Fall vertreten durch Herrn Minister Molterer, ein Auftrag, den Wald so zu erhalten, dass wir ihn in den nächsten Jahren, ja Jahrhunderten weiterhin gerne besuchen und durchwandern können. Wir wollen ihn aber auch bewirtschaften.

Herr Bundesminister! Da Sie erst vom Wasser gesprochen haben, gestatten Sie mir in einem Punkt einen loyalen Widerspruch. Das Wasser zu nutzen ist eine Seite, aber Wasser zu exportieren ist die andere. Das exportierte Wasser hat keinen Rückfluss mehr nach Österreich, es nützt also der österreichischen Ökologie auf keinen Fall mehr. Aus diesem Grund, Herr Bundesminister, habe ich persönlich starke Bedenken gegen den Export ... (Bundesrat Ledolter: Wie kommt denn das Wasser der Donau wieder zurück, Herr Kollege?) – Gut, ja, holen Sie es aus Saudi-Arabien! Das ist ein sehr unsachlicher Einwurf, Herr Kollege! Der Einwurf ist nicht ganz würdig, lassen wir ihn!

Wir wollen heute über ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, das Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz geändert werden, sprechen. Ich glaube, diese vier Gesetze sind sehr wesentlich, und die Bemühung um Entbürokratisierung und Ver


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waltungsvereinfachung ist erkennbar. Die Neuregelung im Rodungsverfahren hat durchaus Sinn, ich komme später darauf zurück. Die forstliche Förderung ist weiterhin notwendig. Eine verstärkte Bedachtnahme auf Aspekte der Ökologie wird erfolgen, und dem gilt auch meine kritische Anmerkung zum Export von Wasser.

Die Neuregelung betreffend den Schutzwald ist sicherlich notwendig. Es wird auch die Neustrukturierung der forstlichen Forschung, Aus- und Weiterbildung erreicht.

Die Waldausstattung der Republik Österreich beträgt 47 Prozent, sie ist also wirklich groß. Der jährliche Flächenzuwachs wurde auch schon erwähnt, er beträgt 7 700 Hektar. Eine weitere Waldzunahme kann man sogar stellenweise als kritisch betrachten, wobei sicherlich auf Hochlagen für den Objektschutz oder in unterbewaldeten Landesteilen für Klima und Wasserschutz die weitere Aufforstung und natürliche Bewaldung gutzuheißen sind.

Es wird von einigen deshalb Kritik an diesem Gesetz geübt, weil die Fläche für anmeldepflichtige Rodungen von 500 Quadratmeter auf 1 000 Quadratmeter erhöht wird. Meine Damen und Herren! Sind Sie sich darüber im Klaren, dass 1 000 Quadratmeter etwas weniger Fläche sind als jene der Säulenhalle, die wir hier draußen sehen? Wenn man aus einer großen Waldfläche eine Fläche von 1 000 Quadratmeter, also eine Fläche, die geringer als jene der Säulenhalle ist, herausnimmt, dann kann man das wirklich nicht als dramatischen Eingriff in einen Waldflächenbestand bezeichnen.

Es wird dagegen argumentiert, dann kommen die Häuselbauer. Die Häuselbauer könnten auch auf einer 500 Quadratmeter großen Fläche ihre Hütte im Wald bauen, nur bekommt man nicht so schnell die Bewilligung. Wer jemals versucht hat, in seinem Wald eine Hütte, eine Jagd- oder Forsthütte zu bauen, wird erkannt haben, was das für ein Spießrutenlauf im positiven Sinne ist. Es wird eben der Wald von forstgerechten Eigentümern, die unter dem Schutz und nicht der Überwachung von Forstinspektoren stehen, nicht verhüttelt.

Ein großes Lob muss ich und will ich hier den Forstinspektionen, die in Österreich alle Waldflächen überwachen, aussprechen. Sie sind eine Stütze für jeden Waldbauern, aber auch für jeden Großwaldbesitzer. (Bundesrat Gasteiger: Die werden auch gestrichen! – Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch nicht zu befürchten, dass es zu einer Zerstückelung des Waldes im städtischen Nahbereich kommt. Meine Damen und Herren! Es gibt auch hier einen Flächenwidmungsplan. All die Befürchtungen, all die Horrorszenarien, die hier gezeichnet werden, können gar nicht eintreffen. Diese Befürchtung hat keinen Zweck.

Aber wichtig scheint mir zu sein, dass es einen Ausgleich zwischen den Interessen der Waldbesitzer und den Interessen der Erholungsbedürftigen gibt. Und diesen Ausgleich gibt es. Der Ausgleich wird aber nicht dadurch erreicht, meine Damen und Herren, dass wir den Forst für jede Art von Freizeitvergnügen öffnen. Nein, der Wald ist nur für jene zu öffnen, die den Wald gerne durchwandern wollen. Es soll kein Moto-Cross, kein Auto-fahren, kein Radfahren – außer jemand gibt freiwillig seine Rechte dazu her – und kein Reiten im Wald geben.

Es ist die Konkurrenz zwischen den Wanderern – vielfach Senioren – und den anderen Sportarten sehr stark zu erkennen. Daher sehen wir Waldbesitzer überhaupt keine Probleme, den notwendigen Kompromiss zwischen der österreichischen Bevölkerung und den österreichischen Waldbesitzern in Frage zu stellen. Das hat immer funktioniert. Lassen wir uns von einigen schwarzen Schafen auf der einen wie auf der anderen Seite nicht entmutigen! (Bundesrätin Schicker: Die gibt es!)  – Die gibt es überall, bei den einen wie bei den anderen, und hier gibt es einen Ausgleich. Wir brauchen ihn aber nicht zu dramatisieren.

Es wird vielfach die große Kilometerzahl von Forststraßen in Frage gestellt. Meine Damen und Herren! Die Forststraße ist eigentlich die Stelle, an der der Waldbesitzer sein Produkt der Ernte aufrichtet und zur Abfuhr bereit stellt. Diese Forststraßen sind absolut notwendig. Niemand baut leichtsinnig Forststraßen, denn wer jemals eine Forststraße gebaut hat, weiß, was eine


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Forststraße kostet. Und diese Kosten nimmt man nicht nur als Hobby auf sich, um den Wald mit Straßen zu durchziehen.

Aber ich bringe eine Anregung, Herr Bundesminister: Bei den Förderungen, die Österreich von der EU bekommt, aber auch bei den Förderungen, die der Staat den Waldbesitzern gewährt, fehlt ein Punkt, und zwar die Seilkranförderung. Die Seilkranbringung sollte gefördert werden, denn dort, wo Seilkräne eingesetzt werden, erspart man sich den einen oder anderen Forstweg, den man ohne Seilkran unbedingt braucht, um Forst zu bringen.

Vielleicht ist es Ihnen möglich, die Seilkranbringung in die Förderungen für den Forst einzubringen. Ich halte das für wichtig. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Seilkranförderung oder -bringung die waldschonendste Art der Bringung darstellt. Allerdings ist sie eine sehr teure Bringungsart, genauso wie ein Wegebau, und daher förderungswürdig.

Ich glaube auch nicht, dass die Anzahl der Klagen gegen Forstbesitzer – etwa, weil jemandem ein dürres Holzstück auf die Füße fällt, oder wenn man bei Wegen einen nicht so gepflegten Forst hat – besonders gravierend ist, meine Damen und Herren! Es sind Missstände da, oder sagen wir, es sind Bäume vorhanden, in die wir nicht hineinschauen können. Wir wissen nicht, was in einem Baum drinnen ist, und wenn solch ein Baum umstürzt und auf den Weg fällt, dann kann man das nicht vorhersehen.

Wir müssen auch davon ausgehen, dass jene, die den Wald als Erholungsfläche benützen, einen gewissen Menschenverstand einbringen und nicht zum Beispiel bei Sturmwitterungen in den Wald gehen. Man kann nicht die ganze Verantwortung für einen Waldbesuch dem Waldbesitzer auflasten. Mir liegt daran, dies festzustellen, weil man immer wieder damit konfrontiert wird: Da ist ein dürrer Baum oder da ist ein dürrer Ast! – Das soll ein Fußgänger, ein Wanderer selbst beurteilen können.

Meine Damen und Herren! Wir lieben den Wald. Lieben wir ihn weiter! Wir brauchen hier auch keine besondere Beachtung. Es ist in einem Ausschuss zum Beispiel kritisiert worden, dass der Wildschadenbericht nicht mehr dem Nationalrat zugeleitet wird. – Meine Damen und Herren! Wenn ich mir den Wildschadenbericht anschaue, und wenn ich dann die Zuwachsraten des Waldes in Österreich sehe, dann kann ich nur sagen, die Debatte im Hohen Haus darüber ist im Grunde genommen eine Zeitverschwendung. Beschäftigen wir uns mit wichtigeren Dingen! – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.34

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

12.35

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Herr Kollege Gruber! Ich möchte Ihnen sagen, bei Ihnen habe ich immer ein Problem. Ich weiß zwar nach der Sitzordnung, zu welcher Fraktion Sie gehören, aber wenn ich Sie dann reden höre, dann kenne ich mich nie aus, auch bei der vorhergehenden Rede nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Ich muss sagen, diese Rede war mir nicht ganz klar. Herr Dr. Böhm hat sich diebisch gefreut, er hatte sozusagen einen personellen Zuwachs, und die ÖVP hat dann immer ein Sitzplatz weniger. Aber ich freue mich darüber, dass Sie mein Wiederkommen hier an das Rednerpult mit so viel Freude erwartet haben, denn es ist schön, wenn man auf freudige Erwartungen trifft.

In diesem Zusammenhang sei gesagt: Der Herr Minister hat mich für die Tschauner Stegreifbühne empfohlen, das ist a priori keine schlechte Empfehlung. Man könnte auf seinem späteren Lebensweg auch einmal etwas anderes als Politik betreiben. Da werde ich dann auf Sie zurückkommen und Sie bitten, mir eine kleine Bestätigung zu schreiben, dass Sie das genau geprüft haben. (Bundesminister Mag. Molterer: Ein Empfehlungsschreiben!)  – Ein Empfehlungsschreiben wäre sehr nett, dann kann ich einmal dort vorsprechen.


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Aber es geht um einen ganz anderen Punkt, Herr Minister! Ich habe Ihnen gesagt – ich wollte mich nicht zu einer tatsächlichen Berichtigung melden –, in Deutschland hat man die Trennung als essenziell wichtig erkannt, und ich habe hinzugefügt, das Ministerium in Deutschland hat eine völlig andere Konzeption. Ich gehe davon aus, dass diese Erkenntnis des essenziell Wichtigen in der Folge zu einer Trennung führen wird. Dass es derzeit nicht möglich ist, weiß ich schon.

Kommen wir zum Nächsten. Sie würden wahrscheinlich sagen, heute ist jedes Gesetz bei diesen "Molterer-Festspielen" – ich nenne sie nach den "Tschauner-Festspielen" "Molterer-Festspiele" – ein Meilenstein. Aber ich bin froh – ich bin Ihnen ja nicht böse –, dass es den nächsten Tagesordnungspunkt gibt, bei dem wir alle einmal zustimmen können, und zwar zur Vorlage zum Umweltförderungsgesetz, und das ist auch ein gutes Gesetz. Ich habe mich dazu nicht zu Wort gemeldet, darum sage ich es gleich jetzt: Es ist ein gutes Gesetz.

Aber dieses Gesetz, Herr Minister, ist ein Problem. Vielleicht werden Sie es als ungebührlich betrachten, aber ich habe, ehrlich gesagt, jetzt Ihre Biographie nicht ganz im Kopf. Ich weiß nicht, ob Sie auch einmal Gemeinderat oder in der Kommunalpolitik tätig waren. (Bundesminister Mag. Molterer: War ich schon!)  – Gut, dann kennen Sie sich ja aus.

Vielleicht waren Sie in einer kleinen Gemeinde, ich weiß es nicht. Aber wenn Sie es in Wien waren, dann wissen Sie, was dieses Gesetz bedeutet. Das ist im Grunde genommen eine Art "Freecard" – das ist auch wieder Neudeutsch, würde Herr Gudenus sagen – für Abholzungserleichterungen. Das schafft auf das natürliche Umfeld von großen Städten einen unglaublichen Druck.

Die Stadt ist gefräßig. Sie ist ein Landschaftsverbraucher, und sie wächst. Und hier war das Rodungsgesetz zugegebenermaßen ein Problem, ein positives, hemmendes. Ich kenne einen Fall in Wien – er liegt derzeit ohnehin in Ihrem Ministerium –, bei dem es seit Monaten wegen drei Bäumen ein Rodungsverfahren gibt. Das ist mühsam, das gebe ich zu. Aber für diese drei Bäume bedeutet das eine entsprechende Behandlung und grundsätzliche Überprüfung, und das ist wichtig. Und wenn man unter dem Titel Verwaltungsvereinfachung den Grenzwert von 500 auf 1 000 Quadratmeter erhöht, dann fördert man diesen Druck und auch die Ausräumung.

Herr Gudenus! Es geht hier nicht um Ihre Jagdhütte oder um Jagdhütten im Allgemeinen. Darum geht es gar nicht. Es geht um die Ausräumung einer kleinräumigen Kulturlandschaft. Sie sagen, unser großer Saal da draußen, die Säulenhalle, hat nicht einmal 1 000 Quadratmeter. Ja, es geht eben um das Kleinräumige, Herr Kollege, und es geht im Städtenahbereich – Sie sind ja Bundesrat aus Wien – auch um Spekulationsgewinne.

Ich kenne das aus Döbling ganz gut, Herr Kollege, ich weiß, um welche Bereiche es dort geht. Da geht es um sehr viel Geld, und wenn man dort die Rodung erleichtert und ein reines Anmeldeverfahren macht, dann behaupte ich zwar nicht, dass dann der große Wald Österreichs in Gefahr ist – diesbezüglich stimmen die Zahlen, die der Herr Minister genannt hat, völlig –, aber ich betone, es geht um das große Umland.

Ich bleibe dabei, auch in der Nähe von großen Städten soll der Grundsatz gelten: Wald soll Wald bleiben, und es soll nicht zu einer Beweislastumkehr kommen. In vielen Bereichen ist die Beweislastumkehr wichtig, vor allem in der Ökologie. Aber in diesem Bereich, in dem nun das öffentliche Interesse an der Walderhaltung argumentiert werden muss und nicht das öffentliche Interesse an der Rodung, ist das eine Umkehr, die zu Lasten des Waldes geht.

Dass in diesem Fall die Behörde nur sechs Wochen Zeit hat, um dieses öffentliche Interesse – dies gilt auch bei Minister Molterer bezüglich Wasserrecht – zu argumentieren und ein öffentliches Interesse geltend zu machen, ist auch bei Wasserrechtsfragen eine verdammt knappe Zeit! Sie werden das wahrscheinlich wissen, da Sie in Ihrer Rede aufgezeigt haben, wie nahe Sie dem Wald stehen oder wie sehr Sie Experte in diesen Fragen sind.

Jetzt ist Herr Dr. Maier wieder nicht da. (Bundesrätin Schicker: Er sitzt auf der Beamtenbank!)  – Ich muss es wieder machen, meine Damen und Herren aus Wien, damit Sie sehen,


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welchen Beschluss Sie gefasst haben, meine lieben Kollegen Bundesräte aus Wien! Sie, Herr Dr. Maier, erleben das jetzt das erste Mal, es ist aber hier schon das zweite Mal.

Das Amt der Wiener Landesregierung – und Sie wollen künftig ein gebundenes Mandat – stellt fest ... (Bundesrat Dr. Böhm: Landtag!)  – Glauben Sie, dass das Amt der Wiener Landesregierung bei diesen Mehrheitsverhältnissen im Landtag einen anderen Beschluss fasst, Herr Dr. Böhm?! – Das ist ja Phantasie! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Amt der Wiener Landesregierung hält nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates fest, dass gegen das Gesetz gewichtige – das Wort fällt hier öfters – Bedenken bestehen, zumal offensichtlich von leitenden Grundsätzen des Forstgesetzes, dem Gebot der Walderhaltung abgegangen wird. Weiters ist kritisch anzumerken, dass unter dem Prätext einer Verwaltungsvereinfachung, besonders durch die geplanten Änderungen im Rodungsverfahren, wieder eine hohe Waldausstattung und positive Waldflächenbilanz für die Zukunft in Frage gestellt wird, was wieder weitreichende und nachhaltige negative ökologische Auswirkungen auf Klima und Wasserhaushalt mit sich bringen kann.

Das ist die Stellungnahme, nach der Sie, Herr Kollege Maier, Herr Kollege Himmer, Herr Kollege Gudenus und Herr Kollege Böhm, sich künftig in Ihrem Stimmverhalten hier in diesem Bundesrat lenken und leiten lassen wollen. Sie können auch jetzt wieder "B" sagen und das Gesetz ablehnen, ganz einfach ausgedrückt.

Ich wollte Ihnen nur zeigen, dass dieser Entschließungsantrag der letzten Bundesratssitzung Nonsens war. Entschuldigen Sie diesen Ausdruck, aber es ist Nonsens. – Danke. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

12.43


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685. Sitzung / Seite 69

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Molterer das Wort. – Bitte.

12.43

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Ich möchte ganz kurz noch auf die Frage der Rodung eingehen, weil Herr Kollege Schennach und auch andere darauf Bezug genommen haben.

Worum geht es denn hier eigentlich? – Bisher war jede Rodung bewilligungspflichtig, das heißt nach dem jetzt noch gültigen Forstgesetz. Was haben wir geändert? – Wir haben geändert, dass es bei Flächen bis zu 1 000 Quadratmeter an Stelle der Bewilligungspflicht ein Anmeldeverfahren gibt.

Es wird auch in Zukunft keine einzige Rodung in Österreich geben können, die den öffentlichen Interessen entgegen steht. Warum? – Die Behörde kann innerhalb von sechs Wochen das öffentliche Interesse anmelden, und dann wird aus dem Anmeldeverfahren automatisch wieder ein Bewilligungsverfahren. Und es ist schon legitim, zu sagen, dass die Behörde das öffentliche Interesse festzustellen hat. Ja, wer denn sonst?

Wir haben auch die Flexibilität im Gesetz eingebaut, dass die Behörde entscheiden kann. Herr Kollege Schennach! Wien hat bereits erklärt, es werde von dem Instrument des Anmeldeverfahrens im Rodungsfalle auch bis zu 1 000 Quadratmeter nicht Gebrauch machen und weiterhin für jeden einzelnen Quadratmeter ein Bewilligungsverfahren haben.

Dann muss aber das Land oder die Gemeinde Wien, in diesem Fall das Land Wien, letztlich auch die Verantwortung für die Bürokratie übernehmen, die daraus resultiert. So gesehen ist das also ein sehr kluges Gesetz, weil es der Behörde letztendlich den Ball übergibt – das ist dort, wo er auch hingehört –, um über das öffentliche Interesse abzustimmen und zu entscheiden. Kein Quadratmeter wird gerodet, wenn öffentliches Interesse dem entgegen steht. Davon können Sie ausgehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.45

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Fösleitner das Wort. – Bitte.

12.45

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schennach! Bei Ihrer Rede ist mir eines aufgefallen: Theorie und Praxis sind zwei sehr verschiedene Dinge, und ich denke, dass alle diejenigen, die praktisch mit der Waldwirtschaft zu tun haben, in dieser Novelle einen Meilenstein für die zukünftige Entwicklung der Forstwirtschaft sehen.

Herrn Kollegen Boden darf ich ein praktisches, positives Beispiel aus meinem Bundesland bringen. Wir haben in Oberösterreich – und das hat der Herr Bundesminister schon angesprochen – in guter Zusammenarbeit zwischen den Bundesforsten, den privaten Grundeigentümern, den Gemeinden, den Sportbegeisterten, den Mountainbikern und den Regionalvertretern Mountainbike-Strecken geschaffen, die zur besten Zufriedenheit der Mountainbiker funktionieren, ihren Wünschen entsprechen und auch sehr gut angenommen werden. Ich sehe also wirklich keinen Bedarf, alle Forststraßen für diesen Zweck offen zu halten.

Österreich wird zu Recht als attraktives Waldland, als Land mit einem großen Holzreichtum bezeichnet. Mit 47 Prozent Flächenanteil ist der Wald ein prägendes Element der österreichischen Kulturlandschaft und hat auch große Bedeutung für die ökologische Qualität unseres Landes. Mehr als 80 Prozent des österreichischen Waldes sind in privaten Händen und werden zu einem überwiegenden Teil in kleinen Betriebseinheiten von Bauern bewirtschaftet.

213 000 Betriebe bearbeiten eine forstlich genutzte Fläche von 3,92 Millionen Hektar, 2,1 Millionen Hektar davon in Form von Kleinwald. Und diese bäuerlichen Betriebe beziehen ihr Einkommen zum Teil oder ganz aus den Erträgnissen des Waldes. Für diese Betriebe ist der Wald natürlich von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.

Ich darf darauf hinweisen, dass am 6. März 2002 im Rahmen des Österreichischen Waldbauerntages in St. Pölten die Staatspreise für beispielhafte Waldwirtschaft vergeben wurden. Die Preisträger in den verschiedensten Kategorien beweisen eindrucksvoll, wie vorbildlich Österreichs Wälder bewirtschaftet und welch innovativen Leistungen gerade auch von den kleinen Forstbetrieben erbracht werden. Dabei geht es zum Beispiel um erfolgreiche Waldwirtschaftsgemeinschaften, Schmuckreisiggewinnung, Qualitätsholzerzeugung, Leitbetriebe für Waldpädagogik, Bioenergieprojekte, Hackschnitzelgewinnung, Energieholzvermarktung, um nur einige der innovativen und ausgezeichneten Ideen zu nennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade in der Energieholzvermarktung, der Hackschnitzelgewinnung hat sich in den letzten Jahren sehr viel bewegt. Damit leisten die Waldbauern einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Luftreinheit und zur Erreichung des Kyoto-Zieles. Als Oberösterreicherin bin ich natürlich besonders stolz, dass 36 Prozent der österreichischen Hackschnitzelanlagen in unserem Bundesland stehen.

Mit dieser Novelle wird aber auch der multifunktionalen Aufgabe des Waldes bestens entsprochen. Sie bringt eine klare Absicherung der Nachhaltigkeit, wesentliche Verwaltungsvereinfachungen, und sie stärkt – das wurde heute schon mehrmals betont – die Eigenverantwortlichkeit der Waldbewirtschafter.

Jedes Jahr wachsen in Österreich 7 700 Hektar Wald zu. Zu dieser positiven Waldbilanz kommt noch – denn geschlägert werden ja nur zwei Drittel des Zuwachses –, dass viele, nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Flächen, weil sie unwirtschaftlich sind oder weil sie eben auf Grund von Betriebsaufgaben nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden, vorwiegend und zunehmend aufgeforstet werden. Die Gefahr der Verwaldung nimmt damit drastisch zu.

In meinem Heimatbezirk haben wir Gemeinden – und ich glaube, dass das auch in anderen Bereichen so ist –, die eine Verwaldung von 70 bis 80 Prozent und mehr aufweisen, wo die Landschaft langsam, aber zunehmend in Gefahr ist, zuzuwachsen.


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Unsere gepflegte Landschaft ist aber nicht nur Erholungsraum, sondern auch Grundlage und Voraussetzung für den Tourismus, der für Österreich wirtschaftlich von enormer Bedeutung ist. Rodungen – das haben wir von meinem Vorredner gehört – waren bisher nur schwer möglich. Als Praktikerin – wir haben einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb – freue ich mich, dass diese Novellierung im Besonderen auch die ökologischen und die raumplanungsbedingten Erfordernisse stärker berücksichtigt und Rodungen von bis zu 1 000 Quadratmetern erleichtert.

Sie ermöglicht es endlich, ohne viel Bürokratie im ländlichen Raum rasch Strukturanpassungen und – das betone ich als Obfrau des oberösterreichischen Almvereines – auch Schwendungen im Almbereich durchzuführen, um eine Bewirtschaftung der Almen überhaupt zu erreichen.

Es geht nicht mehr nur um den quantitativen Schutz des Waldes, sondern um eine qualitative Weiterentwicklung der Forstwirtschaft. Mit der Verlängerung des Aufforstungszeitraumes von drei auf fünf Jahre und bei der Naturverjüngung auf zehn und bei Höhenlagen auf 15 Jahre wird der Naturverjüngung mehr Chance gegeben und damit der Nachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung entsprochen.

Dass diese Novelle durch die Verwaltungs- und Verfahrensvereinfachung nicht nur Zeit, sondern auch Kosten spart, sehe ich als positiven Zusatzeffekt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, Sie stimmen mit mir überein, dass wir uns auch in Zukunft in Österreich einen Wald wünschen, der den wirtschaftlichen, den ökologischen und den sozialen Anforderungen gerecht wird. Mit dieser Novelle werden die Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Meine Fraktion wird mit Überzeugung dieser Novelle zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. Ich erteile ihm das Wort.

12.54

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Forstgesetznovelle werden bewährte Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 beibehalten, jedoch auch sehr notwendige Verbesserungen vorgenommen, und zwar vor allem hinsichtlich Folgendem:

Erstens: Berücksichtigung internationaler Verpflichtungen und Prozesse, zweitens: Verstärkung der nachhaltigen Bewirtschaftung und Multifunktionalität, drittens: qualitative Verbesserung der Wälder, viertens: Stärkung der Eigenverantwortung der jeweiligen Eigentümer, fünftens: erhöhte Praktikabilität und sechstens: eine Verwaltungsrationalisierung.

Die diesbezügliche Anpassung wurde durch die Änderung des wirtschaftlichen, sozialen und internationalen Umfeldes unter natürlichen Produktionsbedingungen der Forstbetriebe notwendig.

Die wirtschaftlichen Bedingungen für Forstbetriebe stellen sich folgendermaßen dar: Erstens: Der Sägerundpreis stagniert seit 1976 mit geringfügigen Schwankungen. Dies bedeutet, dass er seit 1976 im Vergleich zu dem seit damals mehr als verdoppelten Verbraucherpreis real um mehr als 50 Prozent gesunken ist. Zweitens stellt sich bei Industrieholz die Situation noch dramatischer dar, da dessen Preis sogar nominell im Vergleich zu 1976 gesunken ist.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Marktsituation durch den internationalen und nationalen Konzentrationsprozess auf der Abnehmerseite weiter schwieriger werden wird. Während 1950 noch 3,3 Millionen Kubikmeter Schnittholz in 5 100 Sägewerken produziert wurden, erzeugen gegenwärtig 1 500 Säger 10,5 Millionen Kubikmeter, wobei aber die größten fünf Werke 7,5 Millionen Festmeter, somit 50 Prozent des Rundholzeinschnittes von insgesamt zirka 60 Millionen Festmeter, durchführen.


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Damit ist ersichtlich, dass sich auch in Anbetracht der gegenüber dem Verbraucherpreisindex noch stärker ansteigenden Lohnkosten die Forstbetriebe heute beim Auseinanderklaffen der Einnahmen-Ausgaben-Schere in einer Lage befinden, die es erfordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen derart zu gestalten, dass ihr Überleben nicht in Frage gestellt wird.

Die Stärkung der Eigenverantwortung und des Bürokratieabbaus als Motive der Novelle sollen dazu beitragen, wobei aber besonders darauf hinzuweisen ist, dass bei den maßvollen Änderungen der Schutz des Waldes nicht außer Acht gelassen wurde.

Das soziale Umfeld stellt fortdauernd höhere Ansprüche an die Forstbetriebe und an die Wälder. Die Freizeitwirtschaft drängt weiter in den Wald, und die Gesellschaft will verstärkt an der Nutzung der Waldflächen partizipieren. Die Forstbetriebe sehen den Tourismus vielfach als Chance und sind weiterhin bestrebt, in einer ausgewogenen Waldbewirtschaftung die Multifunktionalität des Waldes zu gewährleisten. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass die Holznutzung zirka 85 Prozent des Umsatzes der Forstbetriebe ausmacht, und die Forst- und Holzwirtschaft mit einem Exportüberschuss in der Höhe von 2,31 Milliarden Euro im Jahr 2001 knapp hinter dem Fremdenverkehr als zweitwichtigster Devisenbringer fungiert.

Die gesetzlichen Regelungen müssen daher so gestaltet sein, dass der Wald weiterhin als Wirtschafts- und Arbeitsraum zur Verfügung steht. Das internationale Umfeld bringt natürlich auch weitere Reglementierungen mit sich. Als Beispiel für die vielfach die Forstbetriebe diesbezüglich prägenden Unsicherheiten sind die beiden "Natura 2000"-Richtlinien – die Vogelschutz- oder Fauna-Flora-Habit-Richtlinie und die Wasserrahmen-Richtlinie – zu nennen.

Bei den in ihrer Intention grundsätzlich zu begrüßenden Regelwerken der EU darf aber nicht übersehen werden, dass durch eine undurchsichtige Reglementierung die notwendige Flexibilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhanden kommt beziehungsweise nationale Entbürokratisierungen wieder überkompensiert werden.

Nachfolgend stelle ich beispielhaft einige Bestimmungen kurz dar, durch die versucht wird, die eingangs genannten Motive und Ziele zu verwirklichen und den Forstbetrieben entsprechende Rahmenbedingungen gemäß gesetzlicher Basis zu verschaffen.

Der erste Bereich ist die Nachhaltigkeit. Da diese auch bereits im § 12 des Forstgesetzes 1975 enthalten ist, wurde sie nun gemäß internationaler Verpflichtungen definiert und die Multifunktionalität in ökonomischer, ökologischer, sozialer und kultureller Hinsicht besonders betont.

Es sind heute etliche Themen, die ich nur ganz kurz anschneiden möchte, bereits sehr ausführlich angesprochen worden. Das eine ist die Wiederbewaldung durch die verlängerten Wiederbewaldungsfristen: bei Aufforstung von drei auf fünf Jahre, bei Naturverjüngung von acht auf zehn, in Hochlagen von zehn auf 15 Jahre. Der Naturverjüngung wird in Hinkunft Vorrang eingeräumt werden. Nachdem die Umsetzung der bisherigen Wiederbewaldungsbestimmungen durch eine einschränkende Interpretation seitens des Verwaltungsgerichtshofs nicht der Intention der Forstgesetznovelle aus dem Jahr 1987 zur Verstärkung der Naturverjüngung entsprochen hat, wird dem Wald mehr Zeit gegeben, sich selbst zu verjüngen. Damit werden das Verjüngungspotenzial und die Ökologie der Wälder berücksichtigt und kann eine weiterreichende Baumartdiversität erreicht werden.

Österreich besitzt – das ist heute hier schon mehrmals gesagt worden – eine Waldausstattung von 47 Prozent der gesamten Fläche; die jährliche Flächenzunahme des Waldes beträgt 7 700 Hektar.

Die Rodungsfrage wurde schon vom Herrn Minister, aber auch von Frau Kollegin Fösleitner sehr eingehend behandelt. Deshalb möchte ich dazu im Moment nichts mehr sagen.

Eine zweite Sache ist natürlich die Frage des Schutzwaldes. Es ist nunmehr zwischen dem bisherigen Standortschutzwald – er schützt sich selbst, nämlich seinen Standort – und dem Objektschutzwald – er gibt Schutz – zu unterscheiden. Durch die Unterscheidung wird nun die Förde


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rung auf der gesamten österreichischen Schutzfläche von zirka 800 000 Hektar – das sind 21 Prozent der Waldfläche – möglich.

Laut der am 16. 2. vereinbarten Schutzwaldstrategie zwischen Bund, Ländern und Interessenvertretungen sind 37 Prozent des Schutzwaldes dringend sanierungsbedürftig. Die Kosten betragen 98,5 Millionen Euro im Jahr und sind damit nicht nur um ein Vielfaches niedriger als bei vergleichbaren technischen Maßnahmen, die 348 Millionen Euro im Jahr kosten würden.

Ich möchte auch nicht näher auf die Wälder mit besonderem Lebensraum, die Biotopschutzwälder, eingehen, da sie in § 32 in sehr klarer und sehr positiver Weise behandelt werden.

Ich möchte aber noch auf etwas zu sprechen kommen, das selbstverständlich in den etwas größeren Forstbetrieben von großer Wichtigkeit ist: Das ist § 113, die Bestellungspflicht. Die bisherige Bestellungspflicht – welche überdies ein österreichisches Unikum ist – mit der zwingenden Anstellung eines Försters ab 500 Hektar und eines Forstwirtes ab 1 800 Hektar führte dazu, dass bei den gegebenen schwierigen Rahmenbedingungen, nämlich steigenden Personalkosten und real stark fallenden Holzpreisen, insbesondere kleine Betriebe in ihrer Existenz besonders gefährdet waren.

Durch die erhöhte Mobilität – EDV, bessere Walderschließung sowie Wahrnehmung freier Personalkapazitäten durch Dienstleistungsbetriebe, wie Ziviltechniker und technische Büros, denen damit neue Tätigkeitsfelder und Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden – ist eine Einschränkung der Betreuung der österreichischen Wälder nicht zu befürchten. Damit sind eine Modernisierung und Beibehaltung der bewährten Prinzipien des Forstgesetzes 1975 gelungen und ein Ausgleich zwischen den vielfältigen Interessen am Wald, der ja vielfältige Einflüsse auf Pflanzen und Tiere und natürlich auch auf den Menschen hat, geschaffen worden.

Meine Fraktion gibt diesem Gesetz gerne ihre Zustimmung. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Ledolter das Wort. – Bitte.

13.05

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir nur ein Bedürfnis, meinen Zwischenruf von vorhin ein wenig zu präzisieren, weil ich der Meinung bin, dass es dem Niveau im Haus und vor allem der Reputation des Hauses nur zuträglich sein kann, wenn ich dies tue.

Bei allem Verständnis dafür, dass viele meinen, mit der Fiktion des Verkaufs von Trinkwasser die Bevölkerung verängstigen zu können und Unsicherheit erzeugen zu können: Diese Inszenierungen befinden sich nicht zwangsläufig im Einklang mit der Realität. Selbst dann, wenn wir Wasser nach Saudi-Arabien oder sonst wohin exportieren sollten, würden diese Wassermengen dem globalen Haushalt wieder zugeführt werden. (Bundesrat Mag. Gudenus: Aber nicht dem österreichischen Haushalt!)

Es fallen in Österreich auch nicht nur jene Niederschläge, die in Österreich verdunstet sind. Nicht nur das Wasser, das wir trinken, regnet es vom Himmel, meine Damen und Herren (Beifall des Bundesrates Schennach ), sondern ein Blick auf die internationalen oder europäischen Wetterkarten zeigt uns sehr deutlich, dass unser Regen vom Atlantik kommt, dass er einem Genua-Tief zugeschrieben wird, dass die Monsune an den Landesgrenzen nicht Halt machen. Insofern sind Wetter, Niederschläge, vor allem aber das Klima globale Erscheinungen. Auch in der Sahara regnet es nicht nur deshalb so selten, weil dort so wenig Wasser getrunken wird oder verdunstet.

Ich meine daher, dass es hoch an der Zeit ist, irgendwann einmal diese ganze Diskussion auf eine etwas sachlichere Basis zu stellen, mit diesen demagogischen Einstreuungen aufzuhören, dass wir unser Trinkwasser verschwenden würden, dass es sich um etwas handelt, was nicht


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einem revolvierenden System entspricht und dass wir endlich auch einmal klar machen, dass es volkswirtschaftlich von großem Nutzen wäre, wenn Österreich aus diesem Wasserschatz vernünftig, kontrolliert und überlegt – so wie es Willi Molterer auch immer wieder andenkt – Nutzen zieht. Es kann uns nur gut tun.

Mit dem Wasser haben wir ein Gut, mit dem wir durchaus auch wuchern können – im besten Sinne des Wortes, und wie es schon in der Bibel steht. Meine Damen und Herren! Lassen wir doch endlich einmal ab von diesen medialen, populistischen Kampagnen, die nur dazu führen, dass der einfache Bürger ein ungutes Gefühl im Bauch hat und glaubt, dass diejenigen, die sich sehr wohl dieser Verantwortung bewusst sind, vielleicht mit etwas reduziertem Verantwortungsbewusstsein vorgehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zur vorliegenden Gesetzesmaterie gratulieren und auch darauf hinweisen, dass Verkauf von Trinkwasser, Bewirtschaftung von Trinkwasser nicht bedeutet, dass wir damit die Verfügungsgewalt aus der Hand geben sollen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Aber die Gefahr besteht!)

13.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, das Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten und das Forstliche Vermehrungsgutgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (843 und 1007/NR sowie 6583/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird.


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Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Germana Fösleitner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Germana Fösleitner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach der Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Georg Keuschnigg das Wort. – Bitte.

13.11

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist im Wesentlichen unstrittig. Da das Umweltförderungsgesetz aber einer der wesentlichen Hebel der österreichischen Umweltpolitik ist, mit dem im Jahr 2000 7,2 Milliarden Schilling an Förderbarwert und damit ein Investitionsvolumen von mehr als 16 Milliarden Schilling ausgelöst wurden, möchte ich darauf doch näher eingehen.

Zur Veranschaulichung: Allein in der Siedlungswasserwirtschaft, dem wichtigsten und größten Aufgabenbereich dieses Gesetzes, werden seit mehr als 20 Jahren 3 bis 5 Milliarden Schilling jährlich investiert. Die Republik Österreich hat sich damit konsequent und systematisch einen auch im internationalen Vergleich sehr hohen Standard aufgebaut.

Ich erlaube mir an dieser Stelle auch einen Hinweis auf die Situation der Beitrittsstaaten in Mittel- und Osteuropa. Wenn man näher betrachtet, was bei uns in den letzten Jahrzehnten gelaufen ist, erkennt man, welch uferloser Investitionsbedarf in diesen Ländern bestehen wird, aber auch, welche Chancen letztlich für unsere Wirtschaft in diesen Beitrittsszenarien liegen.

Das Geld, das über dieses Gesetz mobilisiert wird, ist aber auch der Motor der Weiterentwicklung der Umweltpolitik insgesamt. Am dynamischesten ist in dieser Hinsicht die Umweltförderung im In- und Ausland. Wir bewegen uns hier im strategischen Bereich der Umweltpolitik. Da vorhin die Frage der Wasserpolitik angeführt wurde und im Umweltförderungsgesetz natürlich in hohem Maße Mittel bereit zu stellen sind, muss man schon ganz deutlich sagen: Wenn wir heute in Österreich über Wasserpolitik reden, kann es in erster Linie nur darum gehen, dass eine qualitative und preisliche Optimierung im Interesse der heimischen Bevölkerung hergestellt wird. Es geht derzeit noch lange nicht um wirkliche Exporttätigkeiten. Es geht um die Verbesserung der Situation für die heimische Bevölkerung. Und ich habe noch niemanden gehört, der dagegen wäre, dass die Preise für das Wasser und für die Abwasserentsorgung sinken.

Beim Umweltförderungsgesetz stehen in erster Linie natürlich die großen Brocken im Mittelpunkt. Ich verweise auf den Kyoto-Prozess, der eine rasche und konsequente Umsetzung der nationalen Klimastrategie notwendig macht. Das Reduktionsziel von 13 Prozent für Österreich wird demnächst völkerrechtlich verbindlich sein und eine Vielzahl von Maßnahmen erfordern. Ich verweise auf die unabdingbare Notwendigkeit, im Bereich der erneuerbaren Energien weiterzukommen, aber auch auf das Ziel, die CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu senken.

Flottenumstellungen sind dabei genauso gemeint wie das Mobilitätsmanagement insgesamt. Als Tiroler darf ich mir hier den Verweis auf die schwierige Transitsituation erlauben. Ich möchte auch in diesem Hause darauf hinweisen, dass es sich bei uns um ein existenzielles Problem handelt, dass wir hier über alle Parteigrenzen hinweg einig sind, dass wir auf dem Baubeginn der Unterinntal-Eisenbahn noch heuer bestehen müssen und werden, dass wir auf der Errich


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tung des Brenner-Basistunnels bestehen und dass wir bei der Verlängerung des Transitvertrages die Lkw-Obergrenzen, so lange es irgendwie geht, verteidigen werden. Wenn das auf europäischer Basis nicht möglich ist, werden wir rechtliche Möglichkeiten ergreifen, um uns auch in umweltpolitischer Hinsicht zur Wehr zu setzen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Neben der Umweltförderung im Inland, für die immerhin 30 bis 35 Millionen Euro im Jahr ausgegeben werden, möchte ich auch auf die Umweltförderung im Ausland, vor allem in den Beitrittsstaaten in Mittel- und Osteuropa, verweisen. Ziel ist – durchaus im eigenen Interesse –, durch die Förderung vor allem erneuerbarer Energien, vor allem auch von Biomasse, in den angrenzenden Ländern das Klima auch hierzulande zu verbessern. Dass es dabei durchaus auch um einen Know-how-Export geht, ist eine erfreuliche Nebenerscheinung.

Als Letztes möchte ich im Zusammenhang mit diesem Gesetz auf die Nachhaltigkeitsstrategie unseres Herrn Bundesministers Molterer verweisen, die ebenfalls über dieses Gesetz gesteuert und finanziert werden muss. Umweltpolitik kann nur erfolgreich sein, wenn sie in allen Lebensbereichen implementiert wird, in den Bildungs- und Forschungsbereich genauso wie in die Preispolitik bei Energien und Ressourcen, in allen Bereichen der Wirtschaftspolitik, es müssen aber auch soziale Gesichtspunkte gesehen werden.

Das heißt, wir müssen in der österreichischen Umweltpolitik weg von der Reparaturmentalität – Reparaturen sind manchmal notwendig, das wissen wir alle –, wir müssen weg von der anlassbezogenen Umweltpolitik und hin zu einer ganzheitlichen Umweltpolitik, die mit allen Lebensbereichen verwoben ist.

Mit dieser Novelle wird das Umweltförderungsgesetz weiterentwickelt, wird die Möglichkeit der Förderung von Klimaschutzprojekten im Ausland ausgeweitet, wird die Abwicklung erleichtert und wird die Anpassung an das EU-Beihilfenrecht vorgenommen. Damit wird eines der wichtigsten umweltpolitischen Instrumentarien auf den aktuellsten und modernsten Stand gebracht, und meine Fraktion wird dem selbstverständlich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Johanna Auer. Ich erteile ihr das Wort.

13.17

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Keuschnigg hat schon sehr ausführlich auf die Inhalte des Gesetzes hingewiesen. Bei der vorliegenden Novelle zum Umweltförderungsgesetz handelt es sich im Wesentlichen um Anpassungen sprachlicher und inhaltlicher Natur an das EU-Recht. So sollen in Zukunft klimarelevante Maßnahmen auch im Ausland möglich sein. Ziel dieser Förderungen ist es, Klimaschutz dort umzusetzen und klimarelevante Gase dort zu reduzieren, wo Förderungen eingesetzt werden, natürlich auch mit dem Ziel, die österreichische Umwelt zu entlasten.

Die Festlegung der förderbaren Länder soll mittels Verordnungen durch den Landwirtschaftsminister erfolgen, und ich bitte, dass das rasch geschehen sollte.

Geschätzte Damen und Herren! Die Änderung des Umweltförderungsgesetzes, die wir heute beschließen, ist ein Schritt in unserem Sinn, und daher findet es auch die Zustimmung der Sozialdemokraten. Es wird aber in Zukunft für den Klimaschutz mehr Geld zur Verfügung gestellt werden müssen, damit Probleme einer ernsthaften Behandlung zugeführt werden können.

Einige Kritikpunkte möchte ich trotzdem noch anbringen. Es gibt bis heute noch keinen nationalen Klimaschutzplan, und es wurden bis heute keine Schwerpunkte gesetzt. Konkret geht es – und auch hier möchte ich auf die Aussagen des Herrn Kollegen Keuschnigg hinweisen – um den gesamten Bereich der Althaussanierung, den gesamten Bereich der erneuerbaren Energien und den gesamten Bereich des umweltfreundlichen Verkehrs. Da gehören Themenbe


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reiche in Angriff genommen, weil einige der zu setzenden Maßnahmen auch arbeitsmarktpolitischen Charakter haben. Man braucht nur an die damit verbundenen Probleme in der Bauwirtschaft zu denken: Hier gäbe es Synergien, und es könnte der Bauwirtschaft arbeitspolitisch geholfen werden.

Es gibt aber auch positive Beispiele, und als burgenländische Abgeordnete möchte ich auch diese einbringen. Ich möchte darauf hinweisen, dass im Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel bereits Fördermittel eingesetzt wurden, um in drei Gemeinden Altlastensanierungen durchführen zu können. Nationalpark und Altlastensanierungen sind zwei Bereiche, die gut zueinander passen. Das ist uns im Burgenland gelungen und wäre nachahmenswert.

Geschätzte Damen und Herren! Die heutige Novelle ist uns im Großen und Ganzen von der EU vorgegeben. Auch das ist ein Grund dafür, dass wir dieser Novelle zustimmen.

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie auffordern, auf eine rasche Umsetzung des Umweltförderungsgesetzes zu drängen und nochmals verstärkt zu betonen, vor allem die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Thomas Ram das Wort. – Bitte.

13.21

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Noch ein paar kurze Bemerkungen zu meiner Vorrednerin, Frau Auer.

Auch ich bin selbstverständlich der Meinung, dass klimarelevante Maßnahmen sehr positiv für die Beschäftigungspolitik sind und dass diesbezüglich auf jeden Fall mehr getan werden sollte. Ich glaube aber, dass die Regierung auf dem richtigen Weg ist, entsprechende Maßnahmen zu setzen.

In diesem Zusammenhang, sehr verehrte Frau Kollegin, sollten Sie auch die Maßnahmen, die im Bereich der Wohnungspolitik von dieser Regierung getroffen werden, sehen. Da wird nämlich auch Beschäftigungspolitik betrieben, da geschieht eindeutig sehr viel Positives.

Aber jetzt zur Gesetzesnovelle, die uns heute zur Beschlussfassung vorliegt: Neben sprachlichen Anpassungen enthält die vorliegende Novelle auch wesentliche inhaltliche Anpassungen an die europäische Rechtslage. Sehr bedeutsam dabei erscheint mir die Ausdehnung der Umweltförderung auf das Ausland. Bisher ist die Umweltförderung im Ausland nur in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien möglich gewesen. Eine Ausweitung der Anzahl der möglichen Länder, in denen österreichische Umweltförderung geleistet werden kann, dient auch dazu, Klimaschutzziele zu erreichen und klimarelevante Gase im Interesse der österreichischen Umwelt zu reduzieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade im Zusammenhang mit der Bedrohung unserer Bevölkerung durch grenznahe Atomkraftwerke ist die internationale Zusammenarbeit vor allem auch im Bereich der erneuerbaren Energie von enormer Bedeutung. Österreich hat in diesem Bereich eine Vorreiterrolle in der EU, und wir sollten daran arbeiten, unseren Nachbarn den Weg in die richtige Richtung auch weiterhin zu weisen.

Neben der Förderung von klimarelevanten Maßnahmen im Ausland soll aber auch in Zukunft das Hauptaugenmerk selbstverständlich auf Maßnahmen im Inland gelegt werden. Die Umstellung von förderbaren Kosten auf umweltrelevante Kosten bietet die Möglichkeit, zahlreiche Projekte noch effizienter zu fördern. Die Neuordnung im Bereich der Abwicklung bietet mehr Möglichkeiten und einen größeren Handlungsspielraum bei allfälligen Anpassungen.

Auch die Zusammenarbeit zwischen den Förderungseinrichtungen wird dadurch verbessert, wodurch ein weiterer Vorteil für die Umwelt entsteht.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Gesetzesnovelle bietet eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Umweltpolitik in den nächsten Jahren, und deshalb wird ihr meine Fraktion gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.24

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Willi Molterer das Wort. – Bitte.

13.24

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich eingangs für die zu erwartende einstimmige Beschlussfassung für dieses Umweltförderungsgesetz bedanken. Es wurde auch schon im Nationalrat einstimmig angenommen, und ich sehe das als ein gutes Signal des parteiübergreifenden Konsenses an, wenn es um grundsätzliche Anliegen, wie etwa im Bereich der Umwelt, geht.

Die österreichische Umweltpolitik war immer ein Mix zwischen gesetzlichen Regelungen, Geboten und Verboten auf der einen Seite und Anreizen auf der anderen Seite. Dieses Umweltförderungsgesetz ist auch die Rechtsgrundlage für diese notwendigen Anreize. Es wird EU-konform weiterentwickelt. Es wird neue Maßnahmen enthalten können, wie etwa die Frage von Klimaschutzmaßnahmen in anderen Staaten, und es ist natürlich auch eine Verwaltungsvereinfachung mit diesem Gesetz verbunden.

Wir werden heute Nachmittag, Frau Bundesrätin, im Umweltausschuss das Kyoto-Protokoll der Ratifizierung unterziehen, damit auch der österreichische Bundesrat rechtzeitig tätig werden kann, um noch vor dem Sommer gemeinsam mit den Staaten der Europäischen Union unseren Beitrag zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls zu leisten.

Wir sind derzeit in der Endverhandlung über eine nationale Klimaschutzstrategie – der Entwurf liegt vor – zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und innerhalb des Bundes zwischen allen Ministerien. Wir sind jedenfalls gerüstet, damit wir den Kampf gegen den Klimawandel erfolgreich bestreiten können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.25

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002) erlassen und das Kraftfahrgesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz – Luft geändert werden (984, 97/A und 1008/NR sowie 6576 und 6584/BR der Beilagen)


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7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (1009/NR sowie 6585/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002) erlassen und das Kraftfahrgesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz–Luft geändert werden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über beide Punkte hat Herr Bundesrat Georg Keuschnigg übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002) erlassen und das Kraftfahrzeuggesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz–Luft geändert werden, liegen Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Auch der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Stefan Schennach das Wort. – Bitte.

13.28

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dass eine Ein-Mann-Fraktion als Erstredner hier steht, ist nicht sehr häufig, aber es entspricht doch einer gewissen Praxis hier im Hohen Haus: Es gibt in vielen Fällen Vier-Parteien-Verhandlungen, aber wenn es um Verfassungsbestimmungen geht, macht man plötzlich Drei-Parteien-Verhandlungen daraus.

Wir haben das bei den Mediengesetzen so erlebt, wir haben das beim Abfallwirtschaftsgesetz erlebt. Da ziehen sich drei Parteien zurück und verhandeln. Wahrscheinlich gibt es – und diesen Verdacht zu äußern, das müssen Sie der vierten Partei erlauben – auch Geschäfte, die dabei mitverhandelt werden. Ich muss das jetzt einmal so sagen, aber Sie können mich heute hier eines Besseren belehren.


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Nichtsdestotrotz hätte bei Vier-Parteien-Verhandlungen auf jeden Fall die Chance bestanden, so wie beim Umweltförderungsgesetz, das wir vorher einstimmig beschlossen haben, auch eine Einstimmigkeit zu erzielen. Dadurch hätte es in einigen Punkten eine Bewegung gegeben, denn der Herr Minister wird sicher sagen – und das gebe ich auch zu –, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 sei ein ganz großes und zentrales Umweltgesetz.

Das neue Gesetz enthält eine Reihe von positiven Punkten. So wird zum Beispiel das Nebeneinander von Bundes- und Länderkompetenzen bei Abfallanlagen, das in der Vergangenheit mühsam, kontraproduktiv und auch nicht im Sinne der Abfallwirtschaft war, beseitigt. Außerdem werden in Hinkunft alle diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen auf Bundesebene miteinbezogen werden, zum Beispiel das Denkmalschutzgesetz, das Strahlenschutzgesetz, das Gaswirtschaftsgesetz, das Elektrizitätswirtschaftsgesetz und das Bundesstraßengesetz. Weiters werden, was auch wichtig ist, das Naturschutzrecht der Länder ebenso wie bisher das Baurecht miteinbezogen. Das ist EU-konform, und damit holen wir etwas nach, was ohnehin irgendwann hätte geschehen müssen. Wir haben damit jetzt schon die volle Entscheidungskonzentration geschaffen. Eine solche Entscheidungskonzentration sollte es unserer Meinung nach nicht nur für vereinzelte Anlagen geben, sondern sie sollte auch in allen anderen zentralen Umweltgesetzen verankert sein.

Aber, Herr Minister Molterer, bei einer solchen Entscheidungsfülle, bei einer solchen Konzentration von Behörden stellt sich die Notwendigkeit von Transparenz und Kontrolle. Aber da kommt es zu einer Vernachlässigung, und zwar von nicht abfallwirtschaftlich-öffentlicher Interessen. Diesen Punkt hätten wir, hätte es Vier-Parteien-Verhandlungen gegeben, wahrscheinlich länger diskutiert, nämlich das Ausschalten von nachbarschaftlichen Parteienstellungen und von Parteienstellungen von Bürgerinitiativen und – jetzt im Aufbau – von den weichenden Behörden. Da es nun eine Konzentration gibt, müssen andere Behörden ihre Zuständigkeit abgeben. Dass diesen weichenden Behörden nachher noch eine Form von Parteienstellung zukommen sollte, diese Bestimmung wäre gut und auch im Sinne einer sorgfältigen Behandlung gewesen. Diese Parteienstellung hätte dieses Weichen auch kompensieren können.

Jetzt haben die Umweltanwaltschaften der Länder als einzige Stelle noch eine Parteienstellung – nicht mehr die Bürgerinitiativen, auch nicht mehr die Anrainer. Denkt man daran, was es da in der Vergangenheit an Diskussionen gegeben hat, so muss man sagen: Das ist ein großer Schritt zurück, eine Form der Entrechtung von Bevölkerungsteilen, die sich zu Recht oder zu Unrecht, aber auf jeden Fall subjektiv von einer Anlage, etwa von einer Abfallanlage, belästigt, bedroht oder gefährdet fühlen.

Weiters fehlen in diesem Gesetz noch zwei wichtige Punkte. Wo wird in diesem Gesetz dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Abfallvermeidung Rechnung getragen? Auch der Abfallwirtschaftsplan ist unpräzise, und die Standortauswahl, ausgenommen jene bezüglich der Deponien, ist nicht verbindlich. Dafür hätten wir uns eine höhere Verbindlichkeit und eine höhere Präzision erwartet.

Nun möchte ich auch ein paar Bemerkungen zum Nachhaltigkeitsgrundsatz sagen, von dem wir heute schon sehr viel gehört haben. Ich glaube, dass die Mutterschaft dieses Begriffes eher in der Nord-Süd-Diskussion zu finden ist als im Bereich der Forstwirtschaft, aber im Bereich der Forstwirtschaft ist der Begriff dann in der Ökologiediskussion sicher als einer der ersten verwendet worden. Wie dem auch immer sei, den Begriff "nachhaltige Entwicklung" haben wir in den großen Nord-Süd-Debatten in den siebziger Jahren gehabt. Aber diese Geschichtsforschung ist ja egal, das ist nicht wichtig.

Der Nachhaltigkeitsgrundsatz wird auch in diesem Gesetz zu wenig konkretisiert, er bleibt auch relativ unverbindlich.

Nun zu einer Frage, Herr Minister, die ich Ihnen schon vor Monaten gestellt habe, und zwar betreffend die Verpackungsverordnung, betreffend Ihre Verpackungsverordnung, die gegen den Plastikwahn, gegen die Plastikflut nicht greift. Diese Novelle, die heute beschlossen werden wird, wird nicht genützt, um zumindest Justierungen, Nachbesserungen und so weiter vorzu


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nehmen. Aus diesem Grund wird dieses Gesetz hier heute eine Gegenstimme bekommen – allerdings nur eine Gegenstimme, denn Herr Dr. Böhm und Freunde können zustimmen, da das Land Wien ihnen für diese Novelle grünes Licht gegeben hat. Sie dürfen oder können also zustimmen.

Für künftige Verhandlungen hier im Hohen Haus möchte ich Sie auffordern: Nützen Sie nicht nur bei einfachen Gesetzen, bei denen es zu Vier-Parteien-Verhandlungen kommt, sondern auch bei Verfassungsgesetzen diese Möglichkeit. Denn: Mit diesem heutigen Gesetz werden auch die Rechte der Länder beschnitten. (Präsidentin Pühringer übernimmt den Vorsitz.)

Ich wünsche mir, dass es in Hinkunft auch bei Verfassungsbestimmungen zu Vier-Parteien-Verhandlungen kommt und nicht nur zu Drei-Parteien-Verhandlungen, wie dies bei diesem Gesetz der Fall war. (Beifall bei Bundesrätin Mag. Trunk. )

13.35

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Bundesrat Jürgen Weiss. – Bitte.

13.35

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn schon der Wiener Landtag bezeichnenderweise grünes Licht gegeben hat, dann hätte ich mir gedacht, dass auch der grüne Wiener Bundesrat dem Gesetz zustimmen würde. (Beifall bei der ÖVP.) Aber er hat ausführlich dargelegt, warum das nicht sein soll.

Ich möchte kurz zwei Gesichtspunkte zur Sprache bringen. Herr Kollege Schennach hat schon darauf hingewiesen, dass mit Verfassungsbestimmungen in Zuständigkeiten der Länder eingegriffen wird. Das löst natürlich auch die Zustimmungspflichtigkeit dieses Gesetzes aus. Ich halte fest, dass ich von keinem einzigen Land, geschweige denn von einem Landtag, irgendeine kritische Äußerung in der Richtung gehört habe, dass man nicht zustimmen sollte. Natürlich hat man auf die Problematik aufmerksam gemacht. Aber man muss auch dazusagen, dass mit diesen Verfassungsbestimmungen im Prinzip lediglich bereits bestehendes Recht weitergeführt wird. – Das ist das Eine.

In einem zweiten Punkt, wo neues Verfassungsrecht geschaffen wird, nämlich dort, wo angeordnet wird, dass auch in Angelegenheiten der Vollziehung von Landesgesetzen der Landeshauptmann und nicht die Landesregierung die zuständige Behörde sein soll, wo das also neu ist, sieht das auf den ersten Blick grauslicher aus, als es in Wirklichkeit ist. Wenn man das in den Gesamtzusammenhang der Regelungsdichte der Bundesverfassung stellt, die ich in diesem Punkt kritisiere – das ist gar keine Frage –, also wenn schon die Bundesverfassung nun einmal in einer systematischen Weise sehr intensiv auch die Organisation der Willensbildung der Länder regelt, und zwar bis zu der Frage, dass der Landesamtsdirektor ein rechtskundiger Beamter sein muss und dass das Amt in Abteilungen gegliedert sein muss, die ihrerseits zu Gruppen zusammengefasst werden müssen und dergleichen mehr, wenn man also diese Detailverliebtheit berücksichtigt, dann ist die nun gefundene Regelung nicht systemfremd, und sie ist aus diesem Grund von den Ländern auch nicht in Zweifel gezogen worden.

Ich möchte allerdings an meine Zustimmung einen Wunsch anknüpfen, weil mir die Verfassungsbestimmung zur praktischen Handhabung verbesserungsbedürftig erscheint. Hintergrund war offenkundig der, dass man gesagt hat: In mittelbarer Bundesverwaltung ist der Landeshauptmann die zuständige Behörde. Wenn wir sagen, er ist es auch in Angelegenheiten der Landesgesetze, dann ist das in einer Hand vereinigt. – So weit die gute Absicht.

Nun wird aber Folgendes übersehen: In der Regel ist es so, dass die Geschäfte der Landesregierung durch die Geschäftsordnung der Landesregierung auf einzelne Regierungsmitglieder verteilt werden. In keinem einzigen Land ist, so weit ich weiß, der Landeshauptmann Abfallwirtschaftsreferent und für die Vollziehung der entsprechenden Landesgesetze zuständig. Nun gibt es nach der Bundesverfassung die Möglichkeit, dass der Landeshauptmann als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung wegen des sachlichen Zusammenhanges Angelegenheiten der


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Vollziehung von bundesrechtlichen Abfallregelungen dem bereits zuständigen Regierungsmitglied mit überträgt, damit das in einer Hand vereint ist. Für beide Vorgänge gibt es ausdrückliche Regelungen in der Bundesverfassung, insbesondere hinsichtlich des Umstandes, dass der Landeshauptmann bei Aufrechterhaltung seiner Weisungsmöglichkeit die Angelegenheit dann an andere Regierungsmitglieder überträgt.

Hinsichtlich der neu eingeführten verfassungsrechtlichen Zuständigkeit des Landeshauptmannes in Angelegenheiten der Landesgesetze fehlt aber eine solche verfassungsrechtliche zweifelsfreie Grundlage, und daher kann nach unserer Befürchtung der Fall eintreten, dass die Verfassungsbestimmung eigentlich das Gegenteil dessen bewirkt, was beabsichtigt war, und das liegt weder im Interesse des Bundes noch in jenem der Länder. Daher wäre diesbezüglich eine Klarstellung – sei es auch durch eine Nachbesserung der Verfassungsbestimmung – zweckmäßig, denn sonst haben wir den Zustand, dass faktisch, wenn man die Einheit der Oberbehörde und der politischen Verantwortung will, der Landeshauptmann in allen Ländern Abfallwirtschaftsreferent sein müsste, und das kann auch politisch nicht gewollt sein.

Mein zweites Anliegen ist: Das Abfallwirtschaftsgesetz bringt im Wesentlichen zwei Register: eines, das es vom Wesen her schon gegeben hat, nämlich die Bewegungsdaten, die bestimmen, was wohin verbracht wird und so weiter, und jetzt kommen auch noch die Stammdaten über die Abfallersterzeuger, Abfallverarbeiter, mit gewerberechtlichen Angaben und dergleichen mehr dazu. Andererseits haben wir nach dem Gewerberecht ein zentrales Gewerberegister vorzusehen.

Wir haben in den Ländern nun die Sorge, dass es eine bunte Vielfalt an unterschiedlichen Registern zu verwandten Sachverhalten gibt, was für die praktische Handhabung eine große Mühsal darstellt. Daher richte ich an die zuständigen Bundesminister – einer sitzt hier, aber er ist natürlich auch auf das Einvernehmen mit den anderen Ministern angewiesen – den Appell, in diesem Bereich möglichst koordiniert vorzugehen und eine Zersplitterung der Registerführung nach Möglichkeit zu vermeiden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.42

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. – Bitte, Herr Bundesrat.

13.42

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Einzelne Punkte des Abfallwirtschaftsgesetzes wurden sehr lange und sehr intensiv verhandelt, letzten Endes gab es trotz differenzierter Betrachtungsweise eine Reihe wichtiger Verbesserungen und Einigungen.

Ein positiver Punkt ist die Sicherung der Parteienstellung durch die Umweltanwaltschaft im vereinfachten Verfahren. Ursprünglich war da überhaupt keine Parteienstellung vorgesehen, weder für die Nachbarn noch für die Anrainer.

Wichtig ist auch, dass das Antragsrecht der Umweltanwaltschaft beim Feststellungsbescheid wieder aufgenommen worden ist.

Ein weiterer zentraler Punkt ist der gesamte Kontrollbereich. Da mit der Deponieverordnung ab 2004 die Notwendigkeit für eine zusätzliche Kontrolle gegeben ist, ist es wichtig, dass es ab 2005 das Datenregister geben wird und dass ein klarer Zeitplan mit Umsetzungsschritten festgelegt wurde.

Zentraler Punkt war auch die Klärung hinsichtlich des einheitlichen Standes der Technik bezüglich der Behandlungsgrundsätze.

Positiv ist im Sinne der Transparenz die Möglichkeit für Beiratsmitglieder, nun nicht nur in Gutachten, sondern auch in sämtliche Unterlagen und Daten Einblick zu haben.


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Mit einigen Punkten sind wir nicht zufrieden, so zum Beispiel mit dem Abbau von Nachbarschaftsrechten, mit der Verpackungszielverordnung, die keine gute Lösung darstellt, und mit den sonderkartellrechtlichen Bestimmungen im Rahmen der ARA. Aber im Großen und Ganzen sind wir mit dem, was ausverhandelt worden ist, zufrieden. Es wurden wichtige Punkte eingebracht und auch entsprechend verhandelt, sodass wir, die sozialdemokratische Fraktion des Bundesrates, keinen Einwand gegen den Beschluss des Nationalrates erheben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.44

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger. – Bitte, Herr Bundesrat.

13.44

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir haben heute über eine Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz zu befinden, das an und für sich ein relativ neues Gesetz ist im Vergleich zu anderen Gesetzen, die heute hier besprochen werden, denn dieses Gesetz ist erst zirka zehn Jahre alt. Es muss novelliert werden, aber das hängt auch mit der Sache selbst zusammen.

Ein Abfallwirtschaftsgesetz ist wie kein anderes Gesetz ganz eng mit der industriellen und mit der technologischen Entwicklung verbunden. Es ist ein gutes Zeichen für unser Land, dass dieses Gesetz auf einen neuen Stand gebracht werden muss, weil das bedeutet, dass sich die Technologie und die Industrie in Österreich weiterentwickeln. Es muss natürlich deshalb ein Gesetz wie das Abfallwirtschaftsgesetz immer etwas nachhinken. In Koinzidenz können die beiden wahrscheinlich kaum sein. Es ist dies also ein Gesetz, das quasi nie fertig wird, weil sich die Technologie vielleicht zu sehr ändert, zu schnell ändert. Das enthebt uns aber nicht der Verpflichtung, es immer optimal, wie es sich heute für uns darstellt, zu formulieren.

Es wurde das alte Gesetz insbesondere wegen einiger Vertragsverletzungsverfahren angegriffen, es wurde kritisiert, es sei nicht EU-konform. Das stimmt in weiten Teilen. Ich selbst war in wirtschaftlicher Stellung oft mit diesen Dingen konfrontiert, mit den unterschiedlichsten Richtwerten, die die EU, die die Länder und die der Bund gehabt haben. Die EU-Konformität war also herzustellen. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch darauf hinweisen: Was wird dann bei einer möglichen EU-Osterweiterung sein? Wie sieht das in den Beitrittskandidatenländern aus? – Wir wissen, dass dort Industriestandards, wie es sie bei uns gibt, bei weitem nicht eingehalten werden. Das ist dort vielleicht auch gar nicht möglich, weil es in manchen dieser Staaten viel wichtiger ist, die Produktion aufrechtzuerhalten. Das ist wichtiger, als diesen Dingen, die dann sekundär Beachtung finden, wie eben ein Abfallwirtschaftsgesetz, Genüge zu tun.

Trotzdem sollte zu diesem Gesetz, das wir heute verabschieden werden, eine uneingeschränkte Zustimmung zu erwarten sein. Allerdings wird Kollege Schennach, wie wir heute von ihm gehört haben, diesem Gesetz nicht zustimmen. Das kann ich nicht verstehen, denn dieses Gesetz stellt einen großen Meilenstein dar. Vielleicht ist es nur parteipolitisches Kalkül, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Mir kommt das so vor, als ob man eine Gehaltsaufbesserung, die in einigen Stufen erfolgt, nur deswegen verweigert, weil man nicht alles auf einmal bekommt. Ich habe schon ausgeführt: Es ist in diesem Fall immer nur ein Kompromiss zu schließen, um an den Idealzustand heranzukommen. (Bundesrat Schennach: Die Entrechtung der Anrainer!) – Ich komme noch darauf zu sprechen.

Ein modernes Abfallwirtschaftsgesetz hat drei Punkte im Auge, so auch dieses. Das ist die Vermeidung von Abfall, die Vermeidung von schädlichen Emissionen und das Recycling. Das sind Dinge, mit denen sich die Wirtschaft und die Industrieunternehmungen auseinander setzen müssen und die sehr viel Geld kosten, und zwar nicht nur deshalb, weil dadurch die Produktion verteuert wird, sondern auch deswegen, weil Technologieumstellungen notwendig sind. Wir haben das in Österreich zum großen Teil gemeistert, das weiß ich.


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Besonders positiv ist der Umstand, dass es ein Bundesgesetz ist, also ein Gesetz für das gesamte Bundesgebiet, und wir jetzt nicht mehr neun Bundesländergesetze zu exekutieren haben werden, sondern nur mehr eines. Denken Sie nur, wie schwierig es war, Grenzwerte für das Abwasser festzulegen! Da wurden vom Bund andere Werte vorgeschrieben als in den Ländern, und Betriebe, die bundesländerüberschreitend waren, haben überhaupt verschiedene Werte befolgen müssen.

Es war auch sehr viel – ich möchte es einmal provozierend sagen – nicht Ausgegorenes in dem alten Gesetzeswerk enthalten. Es wurden Grenzwerte beim Abwasser festgelegt, die eigentlich durch die analytischen Gegebenheiten, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, vorgegeben waren. So ist es zum Beispiel verboten, dass im Abwasser mehr als 0,5 mg Kupfer pro Liter enthalten ist. Der Wein darf in Niederösterreich 2 mg Kupfer haben. Ich darf alle nur auffordern, den Wein ja nicht wegzuschütten und zum Wohl der Wirtschaft in unseren Weinbaugebieten den Wein zu trinken. Dagegen werden vielleicht die Ärzte Einspruch erheben, aber jedenfalls kommen sie nicht mit dem Abfallwirtschaftsgesetz in Konflikt, wenn sie solchen Wein wegschütten.

Das neue Gesetz ist sicher ein gutes Gesetz, das die Funktionen der Sammler und Behandler von Abfall regelt. Eine Ressourcenschonung ist damit auch verbunden. Innerbetrieblich anfallende wiederverwertbare Stoffe stellen jetzt nicht unbedingt mehr Abfall dar. Es hat da obskure Dinge gegeben, nämlich dass in Stahlfirmen und Walzwerken Verpackungsmaterial – dort sind Stahlbänder, die die Zargen zusammenbinden – als Abfall angesehen wurde. Das durfte nicht zum Schrott gegeben werden, denn das war definitionsgemäß Abfall. Letztlich ist es wahrscheinlich genauso wieder in einen Stahlofen gekommen wie das andere, aber es musste anders deklariert werden und war vor allem auch mit Kosten verbunden.

Herr Schennach beklagte den Wegfall der Anrainerrechte. Ich glaube, dass dieses Manko doch weitestgehend durch die Einbeziehung des Umweltanwaltes ausgeglichen wurde. Wir wissen, dass bei den Verfahren, bei denen nur die Anrainer selbst vertreten sind, also ohne Anwalt kommen, mehr die Emotionen zum Tragen kommen als der Inhalt. Ich glaube, dass dann, wenn ein Umweltanwalt seine Funktion wirklich seiner Verpflichtung gemäß ausübt, etwas Gutes dabei herauskommen wird. Das ist meiner Meinung nach in diesem Gesetz gut geregelt.

Wir sind jetzt eine Handy-Generation oder eine Handy-Gesellschaft geworden. Wer hätte vor 15 Jahren noch gedacht, dass jeder einmal mit solch einer "Gurke" herumlaufen wird? Das heißt aber, dass zirka acht Millionen Batterien im Umlauf sind. Es ist auch eine höhere Zahl bekannt.

Meine Damen und Herren! Nicht zu vergessen ist, dass es eine Batterieverordnung gibt, die natürlich weiterhin in Kraft bleibt. Es gibt eine Elektronikgeräteverordnung, die natürlich weiterhin in Kraft bleibt. Des Weiteren in Ausarbeitung ist eine EU-Elektrogeräte-Richtlinie, die vieles noch besser regeln wird.

Das elektronische Datenmanagement im Rahmen des Abfallwirtschaftsgesetzes ist, so glaube ich, ein weiterer Meilenstein, sodass wir insgesamt sagen können: Wir werden einem guten Gesetz zustimmen, weil es uns ein großes Stück weiterbringen wird. Die nächste Novellierung wird uns sicher wieder ein großes Stück weiterbringen, und wir werden hoffentlich dabei nie zum Stillstand kommen beziehungsweise nie damit aufhören, das Abfallwirtschaftsgesetz zu novellieren, denn das würde bedeuten, dass auch unsere Industrie stillsteht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.51

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Anna Höllerer. – Bitte, Frau Bundesrätin.

13.51

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin und Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Hause! Diese umfangreiche Neufassung des Abfallwirtschaftsgesetzes wird dazu beitra


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gen, dass die Abfallvermeidung und die Abfallverwertung gestärkt werden, und damit wird selbstverständlich auch dem Prinzip der Nachhaltigkeit entsprochen.

Der genaue Inhalt dieser Novelle wurde von meinen Vorrednern bereits geschildert. Ich möchte hier nur noch etwas aufzeigen, was gerade für meinen Betrieb von großer Wichtigkeit ist.

Es kommt mit dieser Neufassung des Abfallwirtschaftgesetzes zu einer wesentlichen behördlichen Beschleunigung durch die Einführung eines vereinfachten Verfahrens für bestimmte Kleinanlagen oder Anlagenänderungen. Die große Änderung, die letztendlich ausschlaggebend dafür ist, dass ich hier auch einige Kritik anbringe, betrifft die Dokumentation der gefährlichen Abfälle mittels Begleitschein. Bisher musste die Meldung schriftlich erfolgen, in Hinkunft wird die Erfüllung dieser Meldepflicht einer elektronischen Erfassung unterworfen, und diese Datenerfassung stellt sich bei den Deponien als besonders schwierig und aufwendig dar.

Auch in meinem Betrieb, in dem in einem kleineren Umfang Verpackungsabfälle gesammelt und der Wiederverwertung zugeführt werden, besteht bereits Meldepflicht und Erfassungspflicht. Wir sammeln zirka 20 Tonnen Glasabfall im Jahr und verbringen ihn weiter an ein Glaswerk. Das funktionierte bisher sehr gut. Ich möchte Ihnen anhand eines praktischen Beispiels erklären, wie das jetzt gehandhabt wird. Es ist eine schriftliche Festhaltung in Form von Wiegezetteln und Checklisten erforderlich. Es wird genau bestimmt, wie eine Sammlung und eine Ablieferung stattfinden müssen. Der Abfall muss von bestem Grundmaterial sein.

Wir haben in unserem Betrieb eine Kleinsammelstelle eingerichtet, weil es erstens in den öffentlich zugänglichen Sammelstellen äußerst schwierig war, größere Glasmengen zu entsorgen, da die Einwurföffnungen sehr klein sind, und weil wir zweitens bei einem Besuch eines Glaswerkes festgestellt haben, dass bei den öffentlichen Containern eine große Verunreinigung mit anderem Müll passiert, der in mühsamer Arbeit, in händischer Arbeit aus dem Rohmaterial entfernt werden muss. Aus diesen Gründen haben wir uns entschlossen, eine eigene Sammelstelle einzurichten, die zwar nicht öffentlich zugänglich ist, die wir aber für unsere Kunden und Bekannten gerne zur Verfügung stellen, da es uns sehr wichtig ist, dass wir diese Glasscherben in reinster Qualität sammeln und auch wieder so an das Glaswerk weitergeben können.

Um diese Scherben dann abliefern zu können, wird eine Liste erstellt, auf welcher genau festgehalten ist, von welchem Betrieb – Betriebsnummer und Kennzeichen des LKWs sind anzugeben – das Glasmaterial angeliefert wird. Es ist dann anhand einer Checkliste vorzugehen, auf welcher die erste Frage, die sich auf die Kontrolle bezieht, lautet: Wie sauber ist eigentlich der LKW, der das Material anliefert? Gibt es da Verunreinigungen an Stoßstange, an den Reifen, am Fahrgestell, an der Abwurfkante der Ladebordwand? – Wenn das der Fall ist, dann kann man das Material nicht abladen, sondern muss es wieder mitnehmen.

Diese Checkliste enthält weiters Fragen hinsichtlich der Scherbenqualität und hinsichtlich einer eventuellen Verunreinigung der Scherben. An der Abladestelle wird noch einmal kontrolliert, wie sich die Abwurfkante nach dem Öffnen der Ladeluke präsentiert, ob es tatsächlich keine Verunreinigung gibt. Ob die Container, in welchen die Glasscherben transportiert werden, in einem sauberen Zustand sind, wird noch nach der Entleerung der Container geprüft und kontrolliert.

So stellt sich heute die Vorgangsweise bei der Anlieferung eines Recycling-Materials an ein Glaswerk dar. Entspricht man diesen Bedingungen nicht, die da gestellt werden, so hat man das Material unverzüglich wieder mitzunehmen und öffentlich zu entsorgen. Es ist möglich, es im Glaswerk abzugeben.

Man ist angehalten, beste Qualität im Sinne einer umfassenden Abfallwirtschaft an das Glaswerk, das das Grundmaterial weiter verarbeitet, zu liefern.

Ich wollte das hier aufzeigen, damit Sie einmal hören, wie praktikabel die Anwendung dieses Abfallwirtschaftsgesetzes bisher war und natürlich auch in Zukunft sein wird. Das wird auch noch weiter ausgebaut werden, auch wenn es momentan eine Diskussion bezüglich der neuen Datenerfassung gibt.


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Für mich bedeutet dieses Gesetz, dass Österreich eine maßgebliche Stellung bei der Mülltrennung und bei der Wiederverwertung einnimmt. Österreich nimmt im Abfallwirtschaftsbereich eine Spitzenposition innerhalb der Europäischen Union ein.

Unser Ziel muss es sein, noch bessere Bedingungen für alle Abfallsammler, für alle Abfallverwerter und für jeden Haushalt, der Abfall produziert, zu schaffen. Dabei muss selbstverständlich das Augenmerk immer auf die Abfallvermeidung gerichtet sein.

Wir haben es hier mit einem Abfallwirtschaftsgesetz zu tun, das die hohen Standards der österreichischen Umweltgesetze enthält und das die Nachhaltigkeit zum Ziel hat. Diese Gesetzesnovelle bringt auch Erleichterungen für Klein- und Kleinstbetreiber von Anlagen mit sich.

Das ist ein wirklich wichtiges Umweltgesetz, dem auch Sie, Herr Schennach, unbedingt die Zustimmung geben sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

13.58

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer. – Bitte, Herr Minister.

13.58

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Innerlich hat Kollege Schennach seine Zustimmung ohnehin gegeben, das ist in seiner Rede durchgeklungen. Vielleicht überlegt er sich in den nächsten paar Minuten, auch noch den Schritt vom Hirn bis zur Hand zu machen. (Bundesrat Dr. Aspöck: Darf er nicht, sonst geht ihm der Pilz an den Kragen!)

Mit dem neuen Abfallwirtschaftsgesetz, meine Damen und Herren, haben wir auf die Notwendigkeit der Entwicklung der letzten zehn Jahre reagiert. Es ist nach wie vor ein Gesetz, das die Ziele Vermeiden, Verwerten und verantwortlich Entsorgen in den Mittelpunkt stellt. Es ist ein Gesetz, das nun auf die Herausforderungen der Strategie der nachhaltigen Entwicklung reagiert, etwa auf die Notwendigkeiten, die sich auf Grund des Klimaschutzes ergeben, und vor allem auch auf die Notwendigkeiten, die sich aus dem Zieldatum 2004 ergeben, das, wie Sie wissen, für die österreichische Abfallwirtschaft ein Schlüsseljahr ist.

Frau Bundesrätin Höllerer hat darauf hingewiesen, dass wir Weltmeister im Sammeln von Abfall sind, und ich danke der österreichischen Bevölkerung, den Menschen in Österreich, dass sie diese Arbeit machen, dass sie diese Last auf sich nehmen.

Wir haben mit diesem neuen Gesetz dem Prinzip der Verwaltungsvereinfachung, der Rechtsbereinigung Rechnung getragen. Wir haben ein für die Wirtschaft sinnvolleres Gesetz, weil es die Wirtschaft nun nicht mehr mit neun respektive zehn Abfallrechten zu tun hat, sondern mit einem rechtsharmonisierten Bereich. Ich danke auch den Ländern für die Bereitschaft, diesen sinnvollen Schritt zu tun.

Die Verfahrenskonzentration ist ein wichtiges Ziel dieses Gesetzes. Bisher war die Frage, die Bundesrat Weiss im Zusammenhang mit der Verfahrenskonzentration aufgeworfen hat, kein Thema auf Landesebene. Wir werden aber diese Fragestellung dahin gehend prüfen, inwieweit hier tatsächlich ein Problem besteht beziehungsweise allenfalls auch Lösungen gefunden werden können.

Was die Frage des elektronischen Datenmanagements betrifft, so kann ich sagen, wir haben dieses massiv verbessert. Ich nehme auch gerne die Anregung auf – das ist auch mein Ziel –, mit den Datenregistern der Gewerbebehörde eine bessere Abgleichung zustande zu bringen.

Eine Anmerkung zur Frage der Verfahrensbeschleunigung, meine Damen und Herren, weil sowohl Kollege Schennach als auch Bundesräte der Sozialdemokratischen Partei die Fragen der Nachbarschaftsrechte angesprochen haben: Wenn wir den Weg vereinfachter Verfahren gehen, dann ist logischerweise damit verbunden, dass es auch zu einer Änderung im Bereich der Nachbarschaftsrechte kommt. Das ist dem vereinfachten Verfahren systemimmanent. Daher


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begrüße ich es, dass in den Verhandlungen die Möglichkeit gefunden wurde, die Rechte des Umweltanwaltes auszuweiten, damit auch der Umweltanwalt eine entsprechende Position bekommt.

Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, Herr Kollege Schennach, dass die Behörden selbstverständlich auch im vereinfachten Verfahren Interessen von betroffenen Bürgern zu vertreten haben – dann, wenn sie tatsächlich betroffen sind. So gesehen gehe ich davon aus, dass im vereinfachten Verfahren angesichts dieser Behördenaufgabe auf der einen Seite und der Einbeziehung des Umweltanwaltes auf der anderen Seite keine qualitative Einschränkung, sondern letztendlich nur eine rechtlich notwendige Präzisierung erfolgt.

Mine Damen und Herren! Daher sehe ich hierin ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie wir die notwendige Flexibilität in der Umweltgesetzgebung gewährleisten, ohne dem Recht der Umwelt auf der einen Seite und dem Recht der Bürger auf der anderen Seite in irgendeiner Weise eine Schmälerung zuzufügen. Uns liegt ein gutes Gesetz vor, das für die nächsten Jahre die Grundlage einer erfolgreichen Abfallwirtschaftspolitik in Österreich sein wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bitte um Verständnis dafür, dass nunmehr Frau Kollegin Benita Ferrero-Waldner übernimmt, weil ich um 14 Uhr an der Sitzung des Umweltausschusses teilnehmen werde, in deren Rahmen wir die Ratifikation des Kyoto-Protokolls vornehmen werden. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich die Kollegen nicht warten lassen darf. (Beifall bei der ÖVP.)

14.03

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hans Ager. – Bitte.

14.03

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Meine Ausführungen betreffen die Punkte 6 und 7 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft erlassen und das Kraftfahrgesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz – Luft geändert werden, sowie Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird. Mein Schwerpunkt liegt allerdings beim Abfallwirtschaftsgesetz, und da werde ich in erster Linie die Sichtweise der Wirtschaft darlegen.

Ich glaube, eine der größten Herausforderungen für die Zukunft, und zwar eine gemeinsame, ist eine umweltgerechte und nachhaltige Nutzung unserer Abfälle. Zielsetzung dieses Abfallwirtschaftsgesetzes war und ist eine Vereinfachung der bisher geltenden Bestimmungen und die Streichung nicht mehr zeitgemäßer Regelungen. Weiters muss die verstärkte Förderung von innovativen Technologien absolute Priorität haben, denn unbehandelten Abfall zu deponieren ist eine Verlagerung des Problems zur nächsten Generation – das wissen wir alle.

Im Wesentlichen hat dieses Gesetz im Anlagenrecht sowie auch im Berufsrecht seine Ziele und Vorgaben erfüllt: Es werden die Umweltstandards in Österreich erhalten, längst fällige EU-Vorgaben erfüllt und die Nachhaltigkeit im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gefördert.

Womit ich allerdings aus der Sicht der Wirtschaft nicht zufrieden sein kann, sind einige Dinge, die im so genannten Datenpool zusammengefasst sind. Liebe Frau Bundesministerin! Sie sind nicht die richtige Ansprechpartnerin, aber der Herr Bundesminister kennt meine Anliegen ganz genau, daher brauchen wir mit dem Inhalt nicht hinterm Berg zu halten. Es stört mich aus der Sicht der Wirtschaft Folgendes:

§ 14 Abs. 1 ermächtigt den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dazu, im Einverständnis mit dem Wirtschaftsministerium in einer Verordnung, abweichend zu § 17 Abs. 5 und § 21 Abs. 3, die Eintragungspflichten hinsichtlich Identifikation der Abfallerzeuger und Standorte in das elektronische Datenregister sowie über Jahressummenwerte pro Abfallart hinausgehende Meldepflichten festzulegen. Die gleiche Erweiterung der Meldepflichten ins elektronische Da


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tenregister ist in den §§ 5 und 6 auch verankert. – Das heißt, die Meldung an das Register erfolgt doch wieder personenbezogen, und das gefällt uns in der Wirtschaft nicht.

§ 6 Abs. 4 besagt, die Behörde kann einen Feststellungsbescheid erlassen, ob eine Sache Abfall ist oder nicht. Sie muss der Oberbehörde eine Kopie schicken. Diese kann innerhalb von 6 Wochen abändern oder aufheben, obwohl der Bescheid in der Zwischenzeit schon rechtskräftig geworden ist. – Es soll mir dann jemand erklären, wie das in der Praxis gehen soll!

Noch etwas, was wir auch sonst da und dort immer wieder feststellen: Gebietskörperschaften brauchen im Gegensatz zu Privatunternehmen ihre Tätigkeit in der Abfallsammlung und -behandlung nicht anzuzeigen.

Aus der Sicht der Wirtschaft ist dieser Datenpool ein zusätzlicher Aufwand zu den bereits bisher bestehenden Meldepflichten. Er hat keine Auswirkung auf die Umwelt, dafür aber auf das hohe Niveau der Verwaltung. Das gefällt uns in der Wirtschaft auch nicht.

Ich möchte meine Ausführungen mit dem Hinweis auf einen ganz besonderen Punkt beenden, und zwar die Verpflichtung zur Meldung von Nicht-Geschäftsfällen. Dazu hätte ich folgenden Vergleich aus der Privatwirtschaft anzubieten: Ein Kunde betritt ein Geschäft, ohne etwas zu kaufen, und der Geschäftsinhaber muss daraufhin sofort der Behörde melden, welcher Kunde was in seinem Geschäft nicht gekauft hat.

Abschließend möchte ich sagen: Ich glaube, im Sinne der etwa 50 000 im Bereich der Abfallwirtschaft Österreichs Beschäftigten, die zwar im täglichen Leben mit Müll, Abfall und Schmutz zu tun haben, ansonsten aber für uns alle sehr wichtige Aufgaben zu erledigen haben, sollten diesem Datenpool mit einer raschen Novellierung die "Giftzähne" gezogen werden. Das wünsche ich mir aus der Sicht der Wirtschaft. – Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.08

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmungen über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgen getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002) erlassen und das Kraftfahrgesetz 1967 und das Immissionsschutzgesetz – Luft geändert werden.

Da der gegenständliche Beschluss in dessen § 38 Abs. 1, 2 und 4 beziehungsweise § 90 Abs. 4 und § 91 Abs. 2 Verfassungsbestimmungen enthält, welche die Zustimmung der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung einschränken, bedarf dieser gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.


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Der Antrag, dem gegenständlichem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Gestatten Sie mir, bevor ich zu Punkt 8 der Tagesordnung komme, eine persönliche Anmerkung: Ich habe es mir nicht so spannend vorgestellt, als Vorsitzende eine Abstimmung durchzuführen, bei der eine Anwesenheit der Hälfte der Bundesrätinnen und Bundesräte notwendig ist. Man beobachtet dabei ständig, dass ein paar hereinkommen, dann wieder ein paar hinausgehen. Das geht so hin und her, und man zählt ganz nervös mit. – Also ich habe gedacht, dass das einfacher ist. Man beobachtet das doch etwas nervös von hier oben.

Ich bitte Sie daher, wenn Ihnen bekannt ist, dass bei einer Abstimmung ein erhöhtes Quorum notwendig ist, vielleicht auch ein bisschen selbst darauf zu achten. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus samt Anlage (902 und 996/NR sowie 5686/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich komme damit zu Punkt 8 der Tagesordnung: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus samt Anlage.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Vincenz Liechtenstein: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus.

Der Ausschussbericht ist bekannt und allen zugegangen. Deswegen werde ich ihn jetzt nicht verlesen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Danke.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. – Bitte.


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14.14

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kommt nicht alle Tage vor, dass im österreichischen Parlament in der Frage der Terrorismusbekämpfung eine solch breite Übereinstimmung herrscht. Ich erinnere mich daran, dass, als wir im Innenausschuss die Frage der Rasterfahndung diskutiert haben, als wir die Frage der Telefonüberwachung diskutiert haben, als in anderen Bereichen die Frage von Überflugsgenehmigungen diskutiert wurde, da und dort versucht wurde, politisches Kleingeld zu schlagen.

Es ist für mich auf der einen Seite erfreulich, dass wir heute eine solch breite Zustimmung haben, auf der anderen Seite finde ich es aber bedauerlich, dass es Ereignisse wie jenes tragischen Ereignisses des 11. September bedurfte, damit wir uns hier dessen besinnen, wovon die Rede ist. Es wird in der Frage der Bekämpfung der Kriminalität und des Terrors manchmal auf der einen Seite so getan, als ob in Zukunft – gestatten Sie mir den sehr banalen Vergleich – jeder Hendldieb fürchten müsste, dass er durch die Rasterfahndung erfasst wird, und es werden polemisch Ängste in der Bevölkerung geschürt. Auf der anderen Seite – es ist mir ein Bedürfnis, auch das einmal klar festzuhalten – sitzt, wenn die Frage des Terrorismus angesprochen wird, der eine oder die andere dann doch mit einem Augenzwinkern da und meint: Vielleicht könnte der Terrorist des anderen mein ideologischer Freiheitskämpfer sein?

Terrorismus hat also nicht nur viele Ursachen, die es zu bekämpfen gilt, sondern der Terrorismus hat auch viele Gesichter. Daher ist es notwendig, dass wir uns hier nach dem Grundsatz: Null Toleranz gegen Terrorismus!, als gefestigte Demokraten finden.

Ich hoffe, dass die Ereignisse des 11. September, so tragisch sie waren und so schlimm sie für viele heute in der Folge noch immer sind, immerhin jene Nachhaltigkeit haben, dass wir nicht wieder in diese einfache – ich sage das auch einmal sehr vereinfacht – Amerika-Beurteilung verfallen, wie sie manches Mal in Europa stattfindet, auch in der Frage des militärischen Einsatzes, die etwa darauf hinausläuft, dass wir sagen: Der Nordatlantische Pakt hat die Aufgabe, dass finanziert wird und dass, wenn der Hut brennt, die Amerikaner kommen und den Kopf hinhalten. Aber sobald es einmal ein bisschen kühler wird und der Hut nicht mehr so stark brennt, dann fragen wir: Was tun eigentlich die Amerikaner hier?

Ich hoffe, es ist mir gelungen, mit diesem einfachen Sidestep aufzuzeigen, wie verantwortungslos ich manches Mal auch die Diskussion in dieser Frage finde.

Zum Schluss ein Dank an dich, Frau Bundesministerin, sowie an alle anderen Ressortverantwortlichen – ich meine damit auch den Innenminister und den Justizminister –, die in dieser Frage betreffend null Toleranz gegen Terrorismus schnell gehandelt und auch die entsprechenden Vorlagen geliefert haben, denen wir gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.18

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Harald Reisenberger. – Bitte.

14.18

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Kollege Schöls hat ganz wichtige Dinge ausgesprochen: Null Toleranz gegen Terrorismus! – 100prozentig okay. Auch damit, dass man Terroristen nicht mit Freiheitskämpfern verwechseln soll, als die sie von manchen so quasi bezeichnet werden, bin ich d’accord. Ich habe nur das Gefühl, das müssen wir in unserem Land Österreich auch dem einen oder anderen einmal ein bisschen klarer machen – ich werde heute noch kurz darauf zu sprechen kommen. (Ruf bei der ÖVP: Nur einem!) – Oder nur einem, das mag schon sein – hoffen wir es! Ich glaube es nicht ganz, aber einem ganz sicher.

Ein Satz noch zu dem Thema: Amerika hilft, wenn es uns schlecht geht; dann haben wir die Amerikaner gern da, ansonsten brauchen wir sie nicht.


Bundesrat
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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin schon dafür, eine internationale Allianz zu haben beziehungsweise zu bilden. Nur tun wir nicht so, als ob Amerika der Einzige wäre, der uns in solchen Situationen immer aus der Patsche helfen kann oder will. Wenn wir die Vergangenheit, auch die jüngere Vergangenheit betrachten, so ist zu beobachten, dass auch in Amerika sehr wohl die Überlegung im Vordergrund steht, ob wirtschaftliche Notwendigkeiten einen Angriff ihrerseits oder eine Einmischung ihrerseits rechtfertigen oder nicht. (Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das soll man bei aller Solidarität, bei aller Wichtigkeit der Zusammenarbeit nicht vergessen.

Wir haben heute das Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vorliegen. Die Finanzierung von Straftaten innerstaatlich unter Strafe zu stellen, ist eine wichtige, gute Sache. Es ist die Einfrierung oder die Beschlagnahme solcher Güter und Finanzmittel vorgesehen. Auch die Anstiftung zur und die Beteiligung an der Begehung solcher Straftaten wird durch dieses Gesetz erfasst. Das halte ich für äußerst wichtig, und ich glaube, dass wir auf die Anstiftung und Beteiligung in diesem Zusammenhang ein noch viel größeres Augenmerk richten müssen als auf diejenigen, die bei diesen Straftaten an der vordersten Front stehen. Es sind etliche daran mitbeteiligt, die glauben, dabei im Hintergrund oder irgendwo auf der Seite ein bisschen mitpartizipieren zu können.

Terror ist eine Angelegenheit, die nicht nur aus enger technischer oder militärischer Sicht betrachten werden muss, sondern Terrorismus bedarf natürlich auch einer politischen Analyse. Ich glaube, darüber sind wir uns alle im Klaren. Daher gehören zu den Regelungen und zu den Mechanismen, um die es hier geht, natürlich auch die materiellen und die politischen Fragen, die damit zusammenspielen, sowie strategische und ökonomische Interessen, die bei manchen leider Gottes im Vordergrund stehen. Das heißt aber auch, dass die Politik für die Nahostregion einer Neuorientierung bedarf.

Die arabische Welt sieht den Westen unterschiedlich: auf der einen Seite als fortschrittlich, mächtig – er kann etwas, macht etwas, tut etwas –, auf der anderen Seite, wie wir auch alle wissen, als – aus ihrer Sicht heraus – machtpolitische oder ideologisch-kulturelle Bedrohung. Ein Dialog kann natürlich nur stattfinden, wenn er zwischen mehr oder weniger gleichberechtigten Partnern stattfindet. So ist das bei Dialogen eben, wenn sie zu einem Ergebnis führen sollen. Diesbezüglich, so glaube ich, müssen wir, gerade als Österreicher, schon die Frage bedenken: Was ist ein Dialog zwischen Gleichberechtigten?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Wenn damit unter anderem ein Dialog des Kärntner Landeshauptmannes mit Saddam Hussein gemeint ist, dann ist das nicht jener Dialog, von dem ich mir vorstellen kann, dass er in irgendeiner Weise etwas Positives bewirken kann. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Da fehlt aber die Phantasie! – Bundesrat Dr. Aspöck: Das war auch nicht unter den Auspizien der Terrorismus...!)

Lieber Herr Kollege! Dieser Dialog ist auch nicht Terrorismusbekämpfung, sondern ganz im Gegenteil! (Bundesrat Dr. Aspöck: ... nicht der Terrorismusbekämpfung, sondern humanitären Zwecken!) Grüße vom österreichischen Volk zu überbringen, ein Bild zu übergeben, blutige Händedrücke – all das sind Sachen, die sicherlich alles andere als produktiv sind. (Zwischenrufe der Bundesräte Dr. Nittmann und Haunschmid. ) Kollege Gudenus, der gleich nach mir das Wort ergreifen wird, kann uns dann vielleicht noch erklären, wie genau sein Wissen darüber ist. Er hat in einem Interview in sehr wohlwollenden Worten einige Informationen über all die Vorbereitungen zu diesem Besuch geliefert, und er kennt sich dabei aus. Vielleicht bekommen wir heute noch weitere Informationen. Das wäre, so glaube ich, sehr wichtig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reden wir daher hier nicht nur über andere Dinge, und tun wir nicht so, als würde uns diese Angelegenheit nicht interessieren! Es geht um das Thema Terrorismus! Es geht darum (Bundesrat Dr. Aspöck: Aber nicht bei dieser Reise!), was wir als Österreicherinnen und Österreicher in dieser Welt darstellen! Ob uns oder Ihnen das gefällt oder nicht: Das ist nun einmal so, es tut mir Leid! (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist


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Schmähführen und keine seriöse Analyse!) Es geht also um genaues Wissen darüber, wie es bei dieser Reise zugegangen ist, um deren Finanzierung, um alles, was damit zu tun hat. (Bundesrätin Haunschmid: Sie waren ja sogar dabei, gell?!) Herr Kollege Gudenus! Sie haben in diesem Interview auch diesen Abdul Moneim Jebara als einen durchaus nicht unbekannten Menschen bezeichnet – also einen, den Sie kennen.

Betreffend Waffenhändler Jebara darf ich noch einmal in Erinnerung bringen: sechseinhalb Jahre Haft in Deutschland wegen räuberischer Erpressung, geheimdienstlicher Tätigkeit und Waffenschmuggels (Rufe bei der SPÖ: Oh! Hallo! Wahnsinn! Solche Freunde! – Bundesrat Gasteiger: Ich bin ganz enttäuscht!), meine sehr verehrten Damen und Herren! 1990 musste er binnen zwei Tagen die Bundesrepublik verlassen – oder er durfte sie verlassen; ich weiß nicht, wie man das sehen will. Was geschah dann? – Dann kam er nach Kärnten. – Ich glaube nicht, liebe Frau Kollegin Haunschmid, dass das in Ihrem Interesse als Vertreterin der Tourismus-Branche war, dass er offensichtlich gemeint hat: Kärnten – Urlaub bei Freunden! (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrätin Mag. Trunk und Bundesrat Dr. Aspöck. )

Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Jebara als Freund bezeichnen könnten, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ihn die große Mehrheit in Kärnten als solchen sehen oder bezeichnen würde.

Im November 1990 gab es einen gültigen Sichtvermerk in Kärnten. 1991 bekam er die Gewerbeberechtigung als Import- und Exportkaufmann – sehr wichtig für den Waffenhandel, damit er weiß, wie er seine Waffen dementsprechend gut verkauft.

Zwischendurch, meine sehr verehrten Damen und Herren – nur um ein bisschen die Erinnerungslücken in Bezug auf diese Person aufzufüllen –, hat dieser gute Mann, der ein so ehrlicher, guter Kaufmann zu sein vorgibt – und zumindest für manchen offenbar auch ist –, noch versucht, einen gestohlenen Scheck im Wert von 90 000 DM – für ihn sicherlich eine Kleinigkeit – in Österreich einzulösen. (Ruf bei der SPÖ: Oh! Na Gott im Himmel!) Diesbezüglich, meine sehr verehrten Damen und Herren – gerade die Kolleginnen und Kollegen aus Kärnten werden es am besten wissen – gab es eine Anzeige des Landesgendarmeriekommandos Kärnten. Die Staatsanwaltschaft Kärnten hat dieses Verfahren aber interessanterweise eingestellt. – Das geht nicht bei jedem, so glaube ich.

Es gibt eine schöne Oper, die "Der Kaufmann von Venedig" heißt – sie ist ein Ohrenschmaus, wunderbar. Jetzt gibt es einen anderen Kaufmann, nämlich den Kaufmann in Kärnten, Jebara. Dieser verursacht mir Magenkrämpfe. Das ist der Unterschied zwischen diesen zwei Kaufleuten. (Bundesrat Dr. Aspöck: Damals bei Noricum, das war ein sozialistischer Minister, der das gemacht hat!)

Ich verstehe eines nicht: Wir haben in Österreich Gesetze, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie – in allen Parteien, in allen Fraktionen – zum Großteil mitbeschlossen haben. Eines dieser Gesetze ist die Gewerbeordnung, und diese Gewerbeordnung besagt im § 13 ganz klar und deutlich, neben der Nennung vieler anderer Voraussetzungen in diesem Zusammenhang, dass, wenn jemand eine mehr als dreimonatige Haftstrafe verbüßt hat, ihm ein solcher Gewerbeschein nicht zu erteilen ist.

Das gilt in ganz Österreich – nicht aber in Kärnten (Bundesrat Gasteiger: He! Hallo!): Da spielen sie offensichtlich eine andere Musik, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ja Amtsmissbrauch! – Rufe bei den Freiheitlichen: Mach eine Anzeige!) Sechs Monate, bevor dieser Gewerbeschein erteilt wurde, hat das Generalkonsulat in München eine Warnung – Warnung, bitte schön! – vor Jebara ausgesprochen, und zwar wegen terroristischer Verbindungen. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ja Amtsmissbrauch, was wir da hören!)

Terroristische Verbindungen – wir sind beim Thema! Ob es Ihnen gefällt oder nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion, wir sind mitten im Thema. – Wegen terroristischer Verbindungen!


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Es gab eine Alarmmeldung an das Außenamt in Wien. Dieses hat das selbstverständlich nach Kärnten weitergegeben. Das Ministerium hat offensichtlich richtig und vorbildhaft gehandelt.

Nur das Außenministerium beziehungsweise Innenministerium hat 1991 auch eine Weisung für ein Aufenthaltsverbot erteilt. – Kärnten ist anders. Die Kärntner Sicherheitsdirektion hat mitgeteilt, wie es so schön auf Amtsdeutsch heißt: Leider müssen wir das Begehren des Innenministeriums sozusagen negativ bescheiden. (Rufe bei der SPÖ: He! Schämt euch! – Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ja ein Wahnsinn, was da los ist!)

Jetzt komme ich wiederum auf das zurück, was unsere sehr geehrte Frau Ministerin zu diesem Thema, Terrorismusbekämpfung, meint. Sie sagte – das finde ich so wichtig –:

"... der Terrorismus ist ein sehr komplexes Phänomen. Terrorismus muss auf allen Ebenen bekämpft werden: zum einen im militärischen Bereich ..., zum anderen dadurch, dass wir heute in Afghanistan am Einsatz der ISAF beteiligt sind. Ebenso wichtig ist der Bereich der Armutsbekämpfung."

Weiters sagte sie: "Wir müssen selbstverständlich auch die internationale Kooperation bestmöglich durchführen, und diese ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur bei der Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Terroristen, sondern auch und ganz besonders in anderen Bereichen notwendig. Dem Terrorismus muss in jedem Bereich der Boden entzogen werden."

Frau Ministerin! Das sehe ich genauso und kann es nur voll unterstreichen. Nur Recht muss auch in ganz Österreich Recht bleiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann und darf nicht auf der einen Seite ein Recht geben und auf der anderen Seite eine Person oder einige Personen eines Bundeslandes, die glauben, sagen zu können: Ich schaffe mir mein Recht selbst.

Ich frage mich manchmal, wie jene Kolleginnen und Kollegen in der freiheitlichen Fraktion, die Rechtsanwälte oder Rechtswissenschafter sind, die sich auskennen – es gibt doch einige davon –, damit klarkommen, wie hier das Recht zu biegen versucht wird.

Haiders Schandreise zum Terrorismus unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe ist nichts anderes als ein Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Ein Skandal ist diese Rede!)

Meine Hochachtung gebührt hier (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Bundesrätin Schicker: Ich möchte etwas hören, aber ich höre nichts!) der Kärntner ÖVP und Herrn Wurmitzer, der den Untersuchungsausschuss nicht nur mitgetragen hat, sondern der auch heute noch dazu steht. Es gehört offensichtlich auch in der Koalitionspartei schon Mut dazu, zu etwas zu stehen und etwas wissen zu wollen, auf das wir eigentlich alle ein Anrecht haben.

Das Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus ist gut. Meine Fraktion wird es unterstützen, und wir werden dem selbstverständlich zustimmen. Frau Ministerin! Sorgen Sie nur dafür, dass in Zukunft Terrorbekämpfung nicht nur auf dem Papier stattfindet, sondern dass alle in Österreich – auch wenn sie glauben: "Das Gesetz bin ich!", und "Das was Wien oder eine Bundesregierung oder sonst irgendwer sagt, interessiert mich nicht!" (Bundesrätin Haunschmid: Das haben Sie 30 Jahre lang geglaubt, "das Gesetz bin ich"!)  – dazu beitragen müssen. Es geht um Kärnten, es geht um Österreich, es geht um uns alle, und es geht um unsere Reputation in der Welt. Erfüllen Sie dieses Übereinkommen mit Leben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. – Bitte. (Bundesrat Gasteiger: Jetzt sind wir gespannt, was er sagt!)


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685. Sitzung / Seite 93

14.30

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! "Dialog der Religionen als Weg zur Stärkung des Friedens": Vor zwei Tagen noch war dies eine große Veranstaltung in den Redoutensälen, der Dialog der Religionen der Christen und der Moslems, die sich in den letzten tausend Jahren wirklich nicht nur friedlich gegenübergestanden sind. (Bundesrätin Haunschmid: Hoffentlich war da ein Sozialdemokrat dabei!)

Lieber Kollege Reisenberger! Wenn man es darauf ankommen lässt, nur jenes zu finden, was einem als dialogunfähig erscheint, weil Blut an den Händen sein könnte – wie er es sagt –, dann würde ich es als Politiker bevorzugen, nur nach Nordeuropa zu reisen. Denn dort habe ich eine gewisse Sicherheit, dass das, was Sie hier rundherum vorwerfen, nicht stattfindet. Ich fahre daher auch sehr gerne nach Nordeuropa, dort findet das nicht statt. – Ich finde Ihre Bemerkungen letztklassig. (Bundesrat Reisenberger: Dann waren sie gut!) Sie vergessen, dass die Causa Noricum wirklich eine Causa missglückten sozialdemokratischen Waffenexportes war. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind hier heute zusammengekommen, um über ein Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zu sprechen. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.) In dem Thema sind wir uns alle einig. Uneinig werden wir uns wahrscheinlich darüber sein: Was ist Terror, und was ist Freiheitskampf? – Das wird bei der ganzen Angelegenheit nicht ausgesprochen. Darüber sind sich auch die Damen und Herren in den Vereinten Nationen nicht einig. Sie stimmen wohl alle ab, gegen den Terror zu sein, aber wenn man die Kollegen in den verschiedensten Außenämtern darauf anspricht, was Terror ist, dann wird man unterschiedliche Meinungen zu hören bekommen, und ebenfalls dann, wenn man sie darauf anspricht, was Freiheitskampf ist. Manchmal ist also das eine auch das andere.

Uneinig sind wir wahrscheinlich auch über den Umfang, in dem wir den internationalen Terrorismus bekämpfen wollen, sowie darüber, wie wir ihn bekämpfen wollen und wie er bekämpft werden soll. Die eigenartige internationale Arbeitsteilung macht mir etwas zu schaffen. Auf Englisch heißt das: The US fights, the UN feeds, and the EU founds. – Die Amerikaner kämpfen, die UNO füttert, und die EU finanziert. Ich glaube, das kann es ja nicht sein.

Was ist Terrorismus? Wo entsteht er? – Krisengeschüttelte politische Gebilde in Teilen der ehemaligen Sowjetunion, in Teilen Afrikas, in Teilen Lateinamerikas geben einen ungeheuer guten Bodensatz ab, um Terrorismus zu bilden. Unterschiedliche ethnische Gruppen, das Fehlen einer regulierenden staatlichen Struktur (Bundesrat Gasteiger: Im Irak!), das ist es, was Terrorismus schafft. Aber in der Hinsicht werden wir mit diesem heutigen Gesetz wenig bewirken können.

Die Erkenntnis, dass junge, instabile Nationalstaaten wichtige Relaisstationen des internationalen Terrorismus sind, ist eine Tatsache. Die neuen Staaten sind oft nicht in der Lage, die uralten Konflikte zu bewältigen, die in Phasen des politischen Zusammenbruchs wieder hervortreten. Es muss daher als Primat sichergestellt werden, die Sicherung existierender Restbestände staatlicher Strukturen zu fixieren. Staatliche Strukturen, verlässliche Rechtsgrundlagen, klare territoriale Grenzen sowie ein eindeutig verteiltes Gewaltmonopol sind und bleiben die wichtigsten Vorkehrungen gegen die Entstehung destabilisierender Rückzuggebiete und damit auch gegen das Entstehen von Terrorismus.

"Wir müssen den Terrorismus verstehen – nicht akzeptieren, verstehen –, bevor wir ihn bekämpfen", meint die grüne Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer. Es ist eine unglückliche Denkformel, von einer irrationalen "Achse des Bösen" zu sprechen, und sie gibt auch gar keine Antwort auf die Ursachen des Terrorismus.

Was können wir also vom Terrorismus wissen? – Erstens: Terroristen sind gelegentlich die Bündnispartner früherer Etappen. So war es bei Bin Laden, so war es bei Milosevic und auch bei Saddam Hussein; um nur drei zu nennen. Ich fordere daher auf – aber das ist ganz unwesentlich, denn die handelnden Personen müssen es selbst tun –: Politische Strategen


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müssen in der Wahl ihrer Partner in Zukunft vorsichtiger und nachhaltiger vorgehen. (Bundesrat Manfred Gruber: Ja! Das unterschreibe ich!)

Zweitens: Die ideologischen Führer terroristischer Gruppen sind stets charismatische Intellektuelle und Söhne der oberen Klasse, denen es gelingt, bestehende gesellschaftliche Probleme und soziale Konflikte geschickt zu instrumentalisieren und zu überhitzen. Ihre Denkstrukturen gilt es zu verstehen, bevor man sie mit Erfolg bekämpfen kann.

Drittens: Terrorismus braucht ein Urtrauma, durch das er sich motiviert. Das Urtrauma der islamischen Welt ist der Nahost-Konflikt und die Besetzung der heiligen Stätten Mekka und Medina durch so genannte Fremde. Dazu schreibt auch die "Frankfurter Allgemeine" von gestern: "Denn wenn die nahöstlichen Wurzeln des Terrorismus – neben der politischen Korruptheit der mit Washington verbundenen Herrscher und dem Konflikt mit Israel – etwas mit dem Gefühl der Geringschätzung und der Marginalisierung zu tun haben, dann wird heute jeder militärische Versuch, das Regime des Saddam Hussein zu stürzen, nicht als weltpolitischer Hygieneakt begrüßt werden, sondern zu einer neuen gefährlichen Triebkraft weiterer antiamerikanischer Ausbrüche werden, als ob es dafür nicht schon genügend Munition durch die schlimme Lage der Palästinenser gäbe." – So die "Frankfurter Allgemeine" gestern im Leitartikel.

Weitere Einsichten sind nötig. Terroristen sehnen sich geradezu nach Märtyrern, deshalb muss man jede Überreaktion vermeiden. Terroristen vertreten ein apokalyptisches schwarz-weißes Weltbild. Wer ihnen in der Sprache des Heiligen Krieges antwortet, bestätigt sie, statt sie zu widerlegen. Besonders gefährlich sind die Nachfolgegenerationen terroristischer Gruppen.

Da sich die terroristische Gewalt also vor allem aus geistigen, weichen Faktoren nährt, genügt es nicht, allein die harten, materiellen Grundlagen zu zerstören. Man muss auch die Köpfe der Terroristen oder ihrer Anhänger erreichen. Mit einer militärischen Abschreckungsstrategie allein kann das aber unmöglich gelingen. Im Gegenteil, man bestätigt diese Menschen in ihrer Qual, man bestätigt ihr dualistisches Weltbild, das die Menschheit in Freund und Feind unterteilt. Wer den El-Kaida-Kämpfern offiziell den Krieg erklärt, ihnen aber den Kriegsgefangenenstatus verweigert, trägt nur dazu bei, dass sich die islamischen Krieger unter Ewigkeitsgesichtspunkten in eine moralisch überlegene Position hineinfantasieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zunächst einmal müssen wir den Entstehungsort ausmachen. John O'Neill, der ehemalige Chef der Anti-Terror-Abteilung des New Yorker FBI-Büros sagte bereits im Juli 2001, also zwei Monate vor dem berühmten Ereignis: "Alle Antworten, alle Schlüssel zur Zerschlagung von Osama Bin Ladens Organisation liegen in Saudi Arabien." Tatsächlich stammen 13 der 19 Entführer vom 11. September aus Saudi Arabien.

Wie entsteht also Terrorismus? – Er entsteht vor allem in solchen Gesellschaften, in denen eine verlogene, heuchlerische Atmosphäre und eine große, innere Spannung herrschen. Schaut man sich die saudiarabische Gesellschaft genauer an, so lässt sich feststellen, dass es in keinem anderen Land des Nahen und Mittleren Ostens eine derart krasse Diskrepanz zwischen der offiziellen Staatsreligion und dem Lebensstil der Eliten gibt. Der provokante Kontrast zwischen dem religiösen Puritanismus der Wahabiten und der verwestlichten Dekadenz des Saud-Klans verhindert notwendiges politisches Vertrauen zu diesen Eliten.

Kann ein moralischer Rigorismus vorzüglich gedeihen? – Gerade Söhne reicher Eltern gebärden sich in solchen Ländern oft als radikale Verfechter der reinen Lehre. Zugespitzt gesagt, meint die Grüne Antje Vollmer: "Bei den brutalen Angriffen auf die Türme des World Trade Cen-ters handelte es sich zugleich um ortsverschobene Symptome eines innerislamischen Kulturkampfes. Denn sie waren zugleich als Attacke gegen die Heiligtümer der eigenen korrupten Elite gemeint."

Wir müssen den Terrorismus von innen bekämpfen. Wenn die Vereinigten Staaten den Kampf gegen den Terrorismus unilateral führen, verhindern sie, dass terroristische Bewegungen aus dem Inneren der jeweiligen Gesellschaft heraus bekämpft werden. Sie blicken allein von außen auf die arabische Gesellschaft. Es fehlt dabei der kulturell und politisch informierte Kennerblick


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von innen, ein präzises Wissen, das nur die betroffenen Gesellschaften selbst haben können. Das macht den Kampf gegen den Terrorismus oberflächlich und unpräzise. Die Formel "Achse des Bösen", die so unterschiedliche Länder trifft, ist ein beunruhigendes Zeichen für dieses mangelnde Unterscheidungsvermögen.

Anstatt einen Terrorismus an sich zu bekämpfen, sind die Gesellschaften vor Ort in die Lage zu versetzen, den Terrorismus als ureigenes Problem und teilweise als Generationenproblem zu begreifen. Im Falle von Saudi Arabien, aber auch Ägypten heißt das, dass die politischen und geistlichen Eliten dazu ermutigt werden müssen, in den Attentätern ihre eigenen Kinder zu erkennen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.

Es ist bis heute unklar, welche Kriterien den Bündnisfall für beendet erklären können. Es fehlt das klare Ziel, es fehlt aber auch die so genannte Exit-Strategie, der klar definierte Ausgang; vielleicht ist die Frau Bundesminister in der Lage, dazu eine Aussage zu treffen. Diese Unklarheit hat einen einfachen Grund: "Kampf gegen den internationalen Terrorismus" kann alles Mögliche heißen. Woran soll also zu erkennen sein, dass er besiegt ist? Wann ist dieser Krieg beendet? – Auch hier haben wir es, wie bei einer operativen Terrorbekämpfung, mit einem Problem der mangelnden Genauigkeit zu tun. Mit einer überhitzten Pathos-Strategie – "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!" – werden Partner auf Dauer gebunden, können aber dennoch nicht über die Zielsetzung und Vorgehen bestimmen.

"Diese Debatte braucht ein nüchternes Klima ohne moraltheoretische Überanstrengung", meint Klaus Naumann, ein ehemaliger deutscher General. Wiederum aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von gestern: "Washington wird sich viel mehr als bisher zu prüfen haben, ob es sich bei seinen politisch-strategischen und energiewirtschaftlichen Interessen weiterhin auf Cliquen stützen will, deren repressiven und antiliberalen Charakter der Zusatz ‚gemäßigt’ verschleiert. Wenn es auch – das im Lichte des 11. September gesehen – ein Großprojekt für die nächsten Jahre gibt, dann hat es mit der Versöhnung dieser Region mit der Modernen, mit Pluralismus und mit so etwas wie Demokratie zu tun."

Die Situation bringt aber auch eine Chance: Die notorische Behauptung, nichts werde mehr so sein wie bisher, lässt sich auch optimistisch deuten. Ab jetzt werden es sich die Staaten nicht mehr erlauben, leichtfertig und interessegeleitet mit terroristischer Gewalt umzugehen. Alle Staaten werden in Zukunft bei der Wahl ihrer Partner vorsichtiger sein, weil sie es sich nicht mehr leisten können, potenzielle Terroristen heranzuzüchten. Wir Österreicher sind zum Glück in der Lage, nicht immer diese Nagelprobe bestehen zu müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.45

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner. – Bitte. (Bundesrat Gasteiger: Das ist erklärungsbedürftig, Kollege Gudenus, was du jetzt gesagt hast!)

14.45

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Bundesrätinnen und Bundesräte im Hohen Hause! Ich glaube, in einem sind wir uns alle einig: dass nach den Terroranschlägen des 11. September, die wirklich allen friedliebenden Staaten gegolten haben, das Thema des Terrorismus plötzlich in das Zentrum unserer Aufmerksamkeit gerückt ist. Darum hat es auch eine weltweite Solidarisierung mit den Vereinigten Staaten gegeben.

Sie wissen, auch die Europäische Union bekundete am 21. September ihre Absicht, mit den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten, um die Täter, die Verantwortlichen und die Komplizen dieser barbarischen Tat gemeinsam zu bestrafen. Die Europäische Union stellte fest, dass die von den USA gegen die El Kaida in Afghanistan unternommenen militärischen Operationen auch im Sinne der Satzung der Vereinten Nationen und der Resolution 1368 rechtmäßig waren. Die EU-Staaten erklärten, jeweils nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten zu handeln. Auch Österreich hat sich daher dieser Herausforderung gestellt.


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Die Ursachen des Terrorismus sind sehr komplex. Daher muss auch deren Bekämpfung eine komplexe sein, und zwar auf drei Ebenen.

Die erste Ebene ist die militärische Ebene. Sie wissen, auch Österreich hat hierzu seinen Teil beigetragen, vor allem durch die Genehmigung von Überflügen durch Militärflugzeuge der Anti-Terror-Allianz im Hinblick auf die Resolution des Sicherheitsrats, aber auch dadurch, dass österreichische Soldaten heute im Rahmen der ISAF unmittelbar im Kampf gegen die Terroristen dabei sind. Die Sicherung des Friedens ist als eine wesentliche Voraussetzung für den Aufschwung Afghanistans zu sehen.

Damit komme ich schon zur zweiten Ebene. Die zweite Ebene ist vor allem der langfristige Kampf gegen den Terror, das ist die Ebene von Entwicklung und Kampf gegen die Armut. Deshalb war ich selbst in Tokio und habe mich dafür eingesetzt, dass wir etwas "pledgen" können. Wir haben 12,3 Millionen Euro zugesagt, die in drei Bereichen angelegt werden: im Bereich der Entminung, im Bereich von Frauenprojekten – wobei es vor allem um die Erziehung und die Basisgesundheit geht – und in Alternativplantagen für den Drogenanbau. Ich glaube, wir haben hier gute Arbeit geleistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die dritte Ebene, die vor allem in dem jetzt vorliegenden Gesetz angesprochen wird, ist die internationale Kooperation. Denn es geht nicht nur um die Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Terroristen, sondern vor allem auch darum, dem Terrorismus den Boden zu entziehen. Ich darf sagen: Wenn nicht gerade bei der Finanzierung, wo dann wird denn dem Terrorismus Boden entzogen? – Daher hat die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister den Antrag gestellt, das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zu unterzeichnen – Sie wissen, die Unterzeichnung hat am 24. September stattgefunden –, um zum In-Kraft-Treten dieses Übereinkommens einen möglichst positiven Beitrag zu leisten.

Dieses Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, insbesondere die Finanzierung von Terrorstraftaten innerstaatlich unter Strafe zu stellen und auch Maßnahmen zur Einfrierung von Geldmitteln zu treffen, die für die Durchführung von Terrorakten vorgesehen sind. Außerdem sieht das Übereinkommen auch die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung von Personen vor, die terroristische Aktivitäten gesetzt haben oder in Verdacht stehen, solche zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles von dem, was in diesem Übereinkommen geregelt ist, ist bereits durch die Resolution 1373 der Vereinten Nationen vom 28. September völkerrechtlich verpflichtend vorgeschrieben. Aber wir haben es hiermit in die innerstaatliche Gesetzgebung umgesetzt.

Ich möchte nur noch auf einen Punkt eingehen, der in der Diskussion genannt worden und sehr wichtig ist: Es ist dies die Frage der Definition des Terrorismus. Es ist richtig, dass es noch immer keine Definition des Terrorismus gibt. Derzeit steht die so genannte Globalterrorismus-Konvention im Rahmen der Vereinten Nationen in Verhandlung. Leider ist das schwierigste Problem bei dieser Konvention die Frage der Abgrenzung zwischen Terroristen einerseits und Freiheitskämpfern andererseits. Trotzdem war es meiner Ansicht nach richtig, diese Definition nicht in den Mittelpunkt dieser Konvention über die Finanzströme zu stellen, sondern pragmatisch eine Lösung zu finden, um dem Terrorismus den Boden zu entziehen.

Lassen Sie mich abschließend nur sagen, dass die Konvention über Terrorismusfinanzierung derzeit bereits von 23 Staaten ratifiziert worden ist, wobei Antigua und San Marino die Letzten waren, und die Konvention damit – es heißt ja so – 30 Tage nach Ratifikation der 22. in Kraft treten wird. Damit ist zwar der Weg für die Ratifikation geebnet, aber ich freue mich, dass auch Österreich das Zeichen gesetzt hat, möglichst schnell und verstärkt zu diesem In-Kraft-Treten beizutragen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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14.52

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat.

14.52

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Außenministerin! Ich möchte noch einige Anmerkungen zur Rede des Kollegen Reisenberger machen. Kollege Reisenberger spricht vage von Waffenhändlern, er spricht vage von Sympathien für das Terrorregime in Bagdad, und er spricht vage davon, dass Jörg Haider – er lässt es anklingen – tatsächlich irgendwelche Sympathie für das Phänomen Terrorismus hätte. Ich finde, das ist eine ziemlich kriminelle Unterstellung. (Bundesrat Gasteiger: Warum fliegt er dann zu Saddam Hussein hinunter? – Bundesrat Manfred Gruber: Das kann man in der Zeitung nachlesen!)

Kollege Reisenberger unterschlägt allerdings, dass es sozialistische Minister waren (Bundesrätin Bachner: Unterschlagen hat er nichts!), die eine Zeit lang die besten Handelsvertreter der österreichischen Waffenindustrie im Ausland waren, weswegen sie sich auch strafgerichtlich wegen Verstößen gegen das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial verantworten mussten. Kollege Reisenberger unterschlägt, dass es Bruno Kreisky war, der Yassir Arafat oder Muammar al-Gaddafi in Westeuropa hoffähig gemacht hat. Ich weiß nicht: War es richtig? War es falsch?

Er unterschlägt auch – das ist heute noch von Bedeutung, und man darf nicht müde werden, es zu betonen –, dass der heutige Vorsitzende der SPÖ, Herr Gusenbauer, noch 1982 geschrieben hat: "Die wahren Terroristen sitzen in New York und Tel Aviv." – Er hat sich bis heute nicht von diesen Aussagen distanziert. Solange er das nicht getan hat, hat die SPÖ kein moralisches Recht, bei diesen Themen mitzureden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Aber er ist nie zu Saddam Hussein geflogen!)

14.53

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen damit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist wiederum Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G) erlassen und das Urlaubsgesetz geändert werden (724 und 995/NR sowie 6587/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G) erlassen und das Urlaubsgesetz geändert werden.


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Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Margarete Aburumieh übernommen. – Bitte, Frau Bundesrätin.

Berichterstatterin Margarete Aburumieh: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit  (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G) erlassen und das Urlaubsgesetz geändert werden.

Der Ausschussbericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich darf annehmen, dass Ihnen der Inhalt bekannt ist. Daher komme ich gleich zum Antrag.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte, Frau Bundesrätin.

14.56

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Frau Außenministerin! Ich denke, es macht auch politisch Sinn und ist wahrscheinlich nicht nur Zufall, dass diese beiden Tagesordnungspunkte, die Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus und das jetzt vorliegende Gesetz betreffend Entwicklungszusammenarbeit, unmittelbar aufeinander folgen.

Ich denke und teile Ihre Auffassung, Frau Außenministerin, dass es verschiedene Ebenen der Bekämpfung des Terrorismus gibt. Ich würde nur in dem Sinn, eine Vision zu haben, die Reihenfolge umkehren und nicht sagen, die erste Ebene sei die militärische und die zweite jene der Entwicklungszusammenarbeit und Diplomatie. Vielmehr würde ich mir für die Zukunft wünschen – ich denke, das ist legitim –, dass zuerst Entwicklungszusammenarbeit, zuerst ökonomische Schritte zum Ausgleich von Reich und Arm auf dieser Welt vollzogen werden und es darüber politische Akkordanz gibt, damit wir uns die militärische Ebene sparen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Wir alle wissen – auch diejenigen, die nicht jahrelang unmittelbar im Bereich der Entwicklungshilfe und Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet haben –, dass Entwicklungshilfe auf sehr vielen verschiedenen zusätzlichen Ebenen geschieht und auch von sehr vielen Organisationen durchgeführt wird. Das heißt, dass auch von Seiten Österreichs sehr viel Engagement dahinter steckt. Es geht einerseits um finanzielle und budgetäre Leistungen, andererseits sehr stark um den Transfer von Know-how, und die dritte Ebene ist die diplomatische Ebene. Es ist natürlich auch eine Frage der Effizienz von ehrlicher wirtschaftlicher Kooperation und nicht der Ausbeutung von Zweite-, Dritte- und Vierte-Welt-Ländern.

Ein sehr wesentlicher Teil und hoch sensibler Bereich, in dem wir keine Gemeinsamkeit mit der Freiheitlichen Partei und dem Kärntner Landeshauptmann finden können, ist die Zusammenarbeit von demokratischen Kräften mit demokratischen Kräften in diktatorischen Systemen, das heißt, die Zusammenarbeit von Demokraten mit Demokraten, die dort natürlich die so genannte Opposition darstellen. Dafür gibt es seitens der Sozialdemokratie und aller Demokraten ein ausdrückliches Ja und starke Unterstützung, nicht aber für Zusammenarbeit oder Händeschütteln von Demokraten mit Diktatoren. Ich denke, das ist eine ganz klare und definitive Unterscheidung. (Bundesrat Hagen: Wie ist das mit Nordkorea? – Bundesrat Dr. Böhm: Was ist dann mit Nordkorea? – Bundesrat Mag. Gudenus: Wissen Sie, dass das immer Demokratien sind?)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun zum zweiten Bereich: All das kann aber nur – Punkt 1 – glaubwürdig und – Punkt 2 – effizient sowie mit Folgewirkung geschehen, wenn es in


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einem gesamtgesellschaftlichen politischen Klima passiert, in dem vorausgesetzt ist, dass wir alle wissen und auch zur Kenntnis nehmen, dass die Armut und der Mangel an Demokratie in vielen Teilen der Entwicklungshilfeländer keine selbst verschuldete Armut ist, und zwar deshalb, weil es Teil der neuen Formen von Kolonialismus ist und weil es auch zeitgenössische Ausbeutung des gesichtslosen Gesellschaftsfeindes Kapital ist. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Ich denke, wenn in Österreich diese Übereinstimmung herrscht, dann wird es auch, so hoffe ich, für die Zukunft die Übereinstimmung geben, dass Entwicklungshilfe nicht Benefiz im klassischen Sinne ist, sondern dass Entwicklungshilfe ein wesentlicher Teil, wie die Frau Außenministerin vorhin auch erwähnt hat – der Friedenssicherung ist. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich erspare es Ihnen – Sie kennen sie –, die Fakten, die krassen Gegensätze aufzulisten. Nur ein kleines Beispiel: Es ist unerträglich – ich denke, es muss uns allen unerträglich sein –, dass auf dieser Welt drei Milliardäre mehr besitzen und verdienen, als 48 Entwicklungsländer der Welt zusammen an jährlichem Einkommen haben. (Beifall bei der SPÖ.) Ich denke, es geht in der internationalen Politik bei der Bekämpfung der Armut nicht um Feindbilder – Milliardäre –, sondern es geht um einen demokratischen, gerechten Ausgleich zwischen einigen, die zu viel haben, und anderen, die nicht existieren können.

Die zweite Perversion, auch auf politischer Ebene – wir kennen sie alle –: Österreich und auch Europa leben trotz zunehmender Armut in einem satten Wohlstand. Millionen Menschen in den Entwicklungsländern sterben an Hunger, und in den reichen Staaten sterben Millionen Menschen an Folgen des Wohlstands, an Überernährung. Im eigenen Interesse und im Interesse einer effizienten Friedenssicherung sind wir aufgefordert – auch zum Selbstschutz, nicht nur Benefiz ist angesagt –, die Entwicklungshilfe auszubauen und effizient zu machen.

Frau Außenministerin! Sie werden verstehen können, dass die sozialdemokratische Fraktion und auch ich ganz persönlich kein Verständnis dafür haben – es stimmt, es ist ein Faktum, Österreich war nie Spitzenreiter mit seinem Budget im Bereich der Entwicklungshilfe; das war so, wir waren im mittleren oder unteren Feld zu finden –, dass der Budgetanteil für die Entwicklungshilfe von 0,26 Prozent mittlerweile auf 0,19 Prozent gesunken ist. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. ) Das ist eine Tatsache, Frau Außenministerin! Ich kann mich nur an Budgetzahlen, Fakten und Prozenten und nicht an irgendwelchen Aussendungen orientieren. Sie werden es mir widerlegen, wenn es nicht stimmt. Wenn Sie ein Mehr an Mitteln für die Entwicklungshilfe bereitstellen, obwohl das in den Budgets nicht verankert ist, dann sage ich Ihnen nicht danke schön dafür, sondern ich gratuliere Ihnen dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Kritikpunkt – ich habe mir auch die Debatte im Nationalrat zum Teil angehört und auch nachgelesen – ist die vertane Chance, klare Entscheidungs-, Kooperations- und Koordinationsstrukturen aufzubauen. Da kommt der Einwand: Es gibt ja den Beirat. – Ich werde Ihnen sagen, was mit den Entscheidungen des Beirates passieren kann.

Wir Sozialdemokraten hätten uns gewünscht, dass die Frau Außenministerin die Chance nützt und eine starke Koordinations- und Kooperationsstelle schafft – auch mit klaren Kompetenzen. Dass nämlich drei Stellen zuständig sind, etwa im Bereich der Katastrophenhilfe, das leuchtet jedem ein, dass das nicht sehr effizient sein und schnell gehen kann. Wir hätten Ihnen ad personam im Sinne der besseren Koordination und Kooperation gerne mehr Kompetenzen und Entscheidungsrecht zugestanden.

Warum sage ich das? – Der geschaffene Beirat wird wahrscheinlich zu 99,9 Prozent funktionieren und auch in Ordnung sein, wenn das entsprechende politische Klima gegeben ist. Aber ich muss Ihnen berichten – das ist keine Unterstellung, sondern beruht auf Fakten; es gibt Anträge im Kärntner Landtag, es gibt Beschlüsse und Gegenbeschlüsse –, dass der Entwicklungshilfe-Beirat im Land Kärnten, der seit vielen Jahren gute Arbeit leistet – zugegebenermaßen mit wenig Mitteln, im Schnitt 1 bis 1,5 Millionen; die zahlreichen Anträge wurden von Expertinnen und


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Experten evaluiert, ich bin selbst eine Zeit lang in diesem Beirat gesessen, bin jetzt stellvertretendes Mitglied und kann sagen, dass der Konsens immer war, dass 1 Million für so viele Förderprojekte zu wenig ist; wir hatten immer ein schlechtes Gewissen, wenn wir eine Reihung vornehmen mussten –, eineinhalb Jahre lang nicht offiziell getagt hat, weil der Vorsitzende nicht dazu eingeladen hat. Der Vorsitzende ist der jeweilige Landeshauptmann.

Mittlerweile hat dieser Beirat getagt, und alle Projekte und Ansuchen des Beirates wurden beiseite geschoben. Im Landtag und in der Landesregierung wurde das damit begründet, dass diese 1 Million nicht für Entwicklungshilfe, sondern zur Bekämpfung der Armut in Kärnten verwendet wird. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Vertreterin des Kärntner Landtages schäme ich mich dafür und frage mich: Gilt jetzt der Slogan "Kärnten blüht auf", oder nimmt die Armut zu? – Aber selbst wenn die Armut zunimmt – und sie nimmt zu –, ist 1 Million – gestohlen, das sage ich bewusst, aus dem Bereich der Entwicklungshilfe – für die Bekämpfung der so genannten Armut in Kärnten ein zynischer und gemeiner Ansatz. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Nachdem der Herr Landeshauptmann via Fernsehkameras sein Bedauern über die Situation der Kinder im Irak zum Ausdruck gebracht hat – das sage ich ganz unzynisch –, habe ich gedacht, wenn diese Reise auch zum Schaden Österreichs war, so hat sie vielleicht doch zum Nachdenken angeregt, und diese 1 Million wird jetzt dafür eingesetzt, wofür sie auch vorgesehen war, nämlich für die Entwicklungshilfe. – Nein! Wir, ÖVP und SPÖ gemeinsam, haben letzte Woche noch einmal versucht, zu erreichen, dass diese 1 Million an die Entwicklungshilfeprojekte ausbezahlt wird. – Es folgte ein Nein dazu, und das halte ich für nicht in Ordnung.

Frau Außenministerin! Ich ersuche Sie ganz konkret, in einem Gespräch mit dem Kärntner Landeshauptmann diese Sache zu klären, denn ich denke, auch Kärnten muss seinen finanziellen Beitrag zur Entwicklungshilfe leisten. Die dafür vorgesehenen Budgetmittel zu streichen, ist ein schlechtes Beispiel, wenn ich Terrorismus an den Wurzeln bekämpfen will. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

15.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

15.07

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einigen Teilen ihrer Ausführungen gebe ich Frau Kollegin Trunk Recht, weil es auch nach meinem Verständnis für uns als reiche und so genannte zivilisierte Welt eine moralische Verpflichtung ist, jene Völker und jene Länder, die nicht in der Lage sind, aus dieser – unverschuldeten – Armutsfalle herauszukommen, zu unterstützen.

Ich persönlich – man mag das jetzt vielleicht als Kleinkrämerei bezeichnen, aber für mich ist das ein deutliches Signal – begrüße es, dass in den neuen gesetzlichen Regelungen von Entwicklungszusammenarbeit und nicht mehr von Entwicklungshilfe die Rede ist. Der Begriff "Entwicklungshilfe" erinnert mich – auch Frau Kollegin Trunk hat das angesprochen – an Kolonialismus; wir geben großzügig etwas ab, ein bisschen Geld, ein bisschen gute Ratschläge, und meinen, damit sei es schon getan. Wenn wir von "Entwicklungszusammenarbeit" sprechen, wie das auf Grund dieser neuen Vorlage nun der Fall ist, dann glaube ich, dass wir auf dem rechten Weg sind. Diesbezüglich ist Ihre Schlussfolgerung, liebe Frau Kollegin Trunk, nicht ganz richtig, so glaube ich, denn diese Vorlage hat die Weichen eindeutig in diese Richtung gestellt.

Es liegt ein Katalog vor, der die Ziele dieses Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes klar definiert. Es geht um die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern durch Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, welche zu einem Prozess des nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums führen soll. Damit wäre auch ein struktureller, institutioneller und sozialer Wandel verbunden. Es geht um die Sicherung des Friedens und der menschlichen Sicherheit, insbesondere durch die Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und guter Regierungsführung. Es geht um die Erhaltung der Umwelt und den Schutz natürlicher


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Ressourcen als Basis für eine nachhaltige Entwicklung. Ich glaube, das sind Ansätze, die bestätigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ich möchte auch einen zweiten vorgebrachten Kritikpunkt ansprechen, nämlich die Frage des Beirates. Fürwahr, der Beirat ist verkleinert worden, aber ich glaube, wir sollten aus den Erfahrungen lernen, und diejenigen, die mit dem Beirat zu tun gehabt haben, haben klar bestätigt, dass der alte Beirat auf Grund seiner Größe ganz einfach nicht arbeitsfähig war. Daher hat man versucht, ein zwar kleineres, aber effizienteres und arbeitsfähigeres Gremium einzurichten. Ich meine, wir sollten uns jetzt nicht darauf versteifen, dass davon die Rede ist, dass dieser Beirat nur zweimal jährlich zusammentreten kann, denn es gibt auch die Möglichkeit, diesen Beirat nach Bedarf einzuberufen. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass die im Beirat vertretenen Experten durchaus von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Zum Schluss noch: Wiewohl es mich nicht befriedigt, aber ich würde schon um Ehrlichkeit bitten, wenn wir von den Zahlen bezüglich Entwicklungshilfe sprechen. Es hat eine Korrektur gegeben, es sind nicht 0,19, sondern 0,22 Prozent. – Fürwahr auch kein Grund, sich hinzustellen und zu sagen: So gut sind wir! – Ich möchte jetzt auch nicht andere Regierungen in anderen Ländern zum Vergleich heranziehen, aber die rot-grüne Regierung in Deutschland gibt auch nicht viel mehr her als wir. (Ruf bei der SPÖ: Die haben aber eine Wiedervereinigung zu zahlen!)

Wir sollten nicht polemisieren, sondern den Gesetzestext ernst nehmen, wir alle sollten Entwicklungszusammenarbeit leben, wir sollten gemeinsam versuchen, die Zielvorstellung zu erreichen. Die ÖVP-Fraktion trägt das Ihre dazu bei, indem wir dieser heutigen Vorlage die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.12

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

15.12

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Es ist erstaunlich, wie ein Thema, welches den Titel Entwicklungszusammenarbeitsgesetz trägt, die fehlgeleitete Erotik der Kollegin Trunk gegenüber Landeshauptmann Haider zum Ausdruck bringt. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Trunk: Er liebt was anderes!) Aber vielleicht ist auch auf diesem Gebiet Entwicklung und Zusammenarbeit förderlich und zum Vorteil des Landes Kärnten tunlich.

Wenn ich mir bei den Erläuterungen zu diesem Gesetz den Allgemeinen Teil in der Einleitung anschaue, will ich vorweg sagen: Selbstverständlich werden die Freiheitlichen und auch ich diesem Gesetz zustimmen – trotzdem ist es eines der Gesetze, bei denen eine gewisse Nachdenklichkeit und auch die Abwägung verschiedener Argumente, zumindest Darlegung verschiedener Argumente notwendig sind, weil es sich hier um Geld der österreichischen Steuerzahler handelt.

In der Erläuterung zum Allgemeinen Teil heißt es:

"In den vergangenen 25 Jahren hat sich die schon damals aufgezeigte Entwicklungsproblematik weiter zugespitzt. Während einigen wenigen Entwicklungsländern, vor allem in Asien, der Weg zur Industrialisierung gelungen ist, hat eine größere Zahl kaum Fortschritte gemacht. Die Zahl der in absoluter Armut lebenden Menschen ist inzwischen auf 1,4 Milliarden angestiegen. Die Kluft zwischen dem Fünftel der reichsten Länder und dem Fünftel der ärmsten betrug 1960 30: 1, 1990 60: 1 und 1997 74: 1. Diese Armut ist auch eine der Hauptursachen für immer neue Konflikte, die wiederum ihrerseits jede weitere Entwicklung im Keim ersticken, und für Umweltzerstörung in teilweise globaler Dimension."

Zu diesem Thema wurde auch gestern in der "Frankfurter Allgemeinen" über eine Auseinandersetzung zwischen dem amerikanischen Finanzminister Paul O’Neill und dem Präsidenten der Weltbank James D. Wolfensohn berichtet. Denn Wolfensohn forderte eine Anhebung der Hilfe


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um 40 bis 60 Milliarden Dollar jährlich, und der amerikanische Finanzminister weist diese Forderung zurück, indem er die Ergebnisse der Entwicklungshilfe in den letzten 50 Jahren stärkstens in Zweifel zieht. Wenn ich die Einleitung zu unserem Gesetzestext, den ich eben verlesen habe, hier vor Augen habe, dann muss ich sagen, ich hege einige Sympathien für die Aussagen des amerikanischen Finanzministers, dass die Entwicklungshilfe im Großen und Ganzen nicht – harmlos ausgedrückt – das bringt und brachte, was man hier und in anderen Parlamenten und bei schönen Reden immer von sich gegeben hat. In unserem Text wird 25 Jahre Entwicklungshilfe erwähnt, und es steht, die Armut sei angestiegen. Da muss ich sagen, es ist irgendetwas falsch gelaufen, meine Damen und Herren!

Es wird aber vom Weltbank-Präsidenten auf die guten Erfolge in China hingewiesen, wo die Zahl der Armen in der Landbevölkerung in den vergangenen 20 Jahren von 250 Millionen auf 34 Millionen verringert worden sei. In Vietnam habe sich die Zahl der Armen halbiert, und in Indien sei der Anteil der Frauen, die lesen und schreiben können, in den vergangenen zehn Jahren von 39 Prozent auf 54 Prozent angestiegen.

Weiters meint er: Im Jahr 1990 reichte 1 Milliarde Dollar Finanzhilfe nur dafür aus, rund 100 000 Menschen dauerhaft aus der Armut zu befreien. 1998 konnte mit demselben Betrag schon 284 000 Menschen geholfen werden. Die Produktivität der Entwicklungshilfe, so meint er, hat sich also nahezu verdreifacht. Auch besonders erfolgversprechend hätten sich die zinsenlosen Langfristkredite erwiesen, die die International Development Association, die IDA, der Weltbank an die ärmsten Entwicklungsländer vergeben.

Die erheblichen Meinungsunterschiede über den Kurs der Entwicklungshilfe werden vermutlich die Konferenz der Vereinten Nationen zur Entwicklungshilfe prägen, die Anfang kommender Woche im mexikanischen Monterrey stattfinden wird. Der amerikanische Präsident Bush wird nach Monterrey reisen, um die Haltung seiner Regierung zu bekräftigen. Ich bin überzeugt, dass auch Österreich bei dieser Konferenz vertreten sein wird.

Jetzt kann man natürlich zur Entwicklungszusammenarbeit durchaus mit dem Wort Solidarität, internationale Solidarität argumentieren – ein Punkt, der das christliche Gebot der Nächstenliebe beinhaltet und wo auch davon die Rede ist, dass die Hingabe des Zehenten an die Armen als christlich zu bezeichnen ist.

Gegenwärtig geben aber die Vereinigten Staaten nicht ein Zehntel, sondern immerhin ein Tausendstel ihres Sozialproduktes für staatliche Auslandshilfe aus, und Ähnliches steht auch in anderen Demokratien zu erwarten und wird durchgeführt. Aber die Demokratien haben den Interessen ihrer eigenen Bürger zu dienen.

Globalisierung der Wirtschaft hingegen hängt auch mit Entwicklungszusammenarbeit zusammen, weil behauptet wird, die Globalisierung hilft den Armen, den Ärmsten dieser Länder. Die Globalisierung der Wirtschaft ist etwas ganz Anderes als Solidarität, das meinte schon der erste Globalisierungsexperte, der schottische Professor der Moralphilosophie Adam Smith. Er unterschied genau: In der menschlichen Kleingruppe, in welcher jeder jeden kennt, muss das leitende Prinzip Sympathie sein, die freundschaftliche, menschliche Zuwendung, oder anders ausgedrückt mit heutigen Worten: Solidarität. Dieses gesellschaftliche Koordinierungsprinzip empfahl und schrieb er in seinem berühmten Buch "The Theory of Moral Sentiments".

Ganz anders hingegen ist es im Fall eines komplexen großgesellschaftlichen Systems der Weltwirtschaft. Dieses ist für den einzelnen Entscheidungsträger wegen seiner unendlich komplexen Verflechtung grundsätzlich undurchschaubar. Jetzt zitiere ich Professor Erich Streissler, den zumindest jene kennen, die auf der Wiener Universität Jura und Volkswirtschaft studiert haben und ihn zum Teil auch prüfungsmäßig nicht immer angenehm in Erinnerung haben – so auch ich –, aber trotzdem bin ich ihm jetzt, nachdem alles durchstanden ist, sehr freundschaftlich verbunden, und daher zitiere ich ihn auch gerne.

Wie weiß ich, so schreibt Streissler, wenn ich Biobananen zu einem überdurchschnittlichen Preis kaufe, ob der Preisvorteil wirklich wie vorgeschützt den kleinen Bananenbauern zukommt


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oder nicht eher dem österreichischen Vertriebsnetz, amerikanischen Großgrundbesitzern oder ausländischen Politikern? – Mangels Vorstellbarkeit der viel zu komplexen Wirtschaftszusammenhänge ist also jegliche Art von Solidarität unmöglich, so meint Streissler. Er kann sich mit den undurchschaubaren Zusammenhängen von wirtschaftlichen Großgesellschaften nur auf eines verlassen, nämlich – wie Adam Smith – auf self interest.

In Verfolgung dieses Eigeninteresses werden das Recht und die Gesetzgebung in Schranken gewiesen, und wir versuchen, unseren Vertragsverpflichtungen voll nachzukommen. Mehr zu verlangen, ist niemandem von uns möglich. So lange der freie Wirtschaftsverkehr weder durch physischen Zwang noch gar durch Krieg verzerrt ist – als Pazifist ging Smith von solcher Verzerrungslosigkeit aus –, so lange kein Protektionismus vorherrscht, solange führt internationale Arbeitsteilung zur Maximierung der Konsummöglichkeiten aller Beteiligten. Wenn Entwicklungsländer erstens rational und zweitens freiwillig exportieren, so erhalten sie im Freihandel vielleicht keinen ihnen fair erscheinenden Preis, das heißt nicht einen solchen, den sie in der schönsten aller Welten erhalten möchten, wohl aber, rein logisch zwingend, notwendigerweise einen höheren Preis, als wenn sie diese Güter behalten würden. Das wäre Globalisierung. Das wäre vorteilhaft, wenngleich, wie so vieles im Leben, durchaus nicht allen Hoffnungen entsprechend.

Streissler meint weiter: Überhaupt war das 20. Jahrhundert eher ein Jahrhundert der Entflechtung als ein Jahrhundert der Verflechtung. Eine Verflechtung der entwickelten und weniger entwickelten Länder war am Anfang des 20. Jahrhunderts vielleicht noch erkennbar. Derzeit treiben die Triade Europa-USA-Japan eigentlich hauptsächlich miteinander Handel. Bis auf Erdöl macht der westliche Handel kaum mehr – Sie werden es nicht glauben – als 1 Prozent aus.

Die entwickelte Welt wurde, als Ganzes genommen, fast autark infolge substituiver technischer Neuerungen. Auch Tee, Kaffee, Kakao, die auch von immer mehr Ländern erzeugt werden, und teilweise Bananen bleiben neben Tourismus-Attraktionen fast allein noch übrig. Daher wird wohl auch die europäische Osterweiterung keineswegs mittelfristig die Erfolgsstory werden, so meint Streissler, die wirtschaftsunkundige, meist in Brüssel beheimatete Europapolitiker erwarten. Das wirtschaftliche Schicksal der vormaligen DDR soll uns eine Lehre sein. Zehn Jahre intensivster Entwicklungshilfe hat noch zu wenig im Aufholprozess dieses Teiles Mitteleuropas geführt. Wir sollten uns daher bei der Einsetzung und Verwendung unserer Steuermittel sehr bemühen, zu sehen, wie diese Mittel eingesetzt werden, nicht nur das Herz sprechen lassen – das ist wichtig –, auch die Vernunft verwenden und schauen, dass das, was als Globalisierung bezeichnet wird, nicht zu einer gekonnten Triade der Vermögenden gegenüber den Unvermögenden verkommt und verbleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

15.25

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Außenministerin! Lieber Herr Kollege Gudenus! Ich weiß nicht, ob es an der Uhrzeit liegt, aber mir sind Ihre Ausführungen jetzt vorgekommen wie eine Tour der Qual. Ich habe irgendwie das Gefühl gehabt, das ist ein Dossier eines neuen Beitrags, den Sie für Ihre Postille "Zur Zeit" schreiben, oder vielleicht eine Rechtfertigung dafür, dass Sie dem zustimmen, das unglaublich aus sich herauspressen müssen und dann doch noch versuchen, das Ganze mit Triaden, und was weiß ich, zu versehen. (Bundesrätin Haunschmid: Das kommt auf das Niveau an!) Aber dass Sie dann neoliberale Wirtschaftswissenschaftler und vor allem den republikanischen Finanzminister der USA so quasi als Schiedsrichter über gelungene oder nicht gelungene Entwicklungszusammenarbeit zitieren, ist schon ein bisschen ein weiter Weg. Sie werden verstehen, dass das nicht meiner ist. Vielleicht hätten Sie andere Maßnahmen für Ihre Bewertung heranziehen sollen, zum Beispiel die WTO, die Weltbank, den International Monetary Fund oder was auch immer. (Bundesrat Mag. Gudenus: Schennach vielleicht!)


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Frau Bundesrätin Trunk hat in ihrer Rede wörtlich gemeint: Wir waren nie Spitzenreiter. Schade, dass sie jetzt nicht da ist, aber das ist schon eine gewagte Annäherung an das Thema, denn den Spitzenplatz hatten wir in den letzten 30 Jahren nicht einmal annähernd im Visier, sondern das österreichische Problem oder das Problem der Bundesregierung war, die rote Laterne des letzten Platzes abzugeben und überhaupt einmal das Mittelfeld innerhalb der Geberländer zu erreichen. Das definiert wahrscheinlich eher die österreichischen Leistungen in der Entwicklungszusammenarbeit. Oder in anderen Worten ausgedrückt: Das Paradoxon österreichischer Entwicklungszusammenarbeit hat sich immer darin kristallisiert, dass die private Entwicklungshilfe, Entwicklungszusammenarbeit ein Vielfaches dessen war, was die staatliche ausgemacht hat. Das ist nahezu eine weltweit einmalige Situation. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Herr Gudenus! Wir werden dann ein Kolloquium über die Welt draußen miteinander abhalten, aber ich werde mit Interesse dieses Dossier, das Sie sicher veröffentlichen werden, noch einmal durchlesen.

Frau Ministerin! Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass es nach 30 Jahren endlich zu einer Novelle des Gesetzes über Entwicklungszusammenarbeit kommt. Man hat es immer wie ein Strohhalm angesehen, wenn sich das Hohe Haus mit dem Thema der Entwicklungszusammenarbeit befasst, und betont, wie wichtig das für die NGOs und für alle jene ist, die in diesem Bereich tätig sind.

Nun ist diese Novelle da, und es gibt einige positive Punkte. Ich denke, es wäre schöner gewesen, wenn wir es geschafft hätten, dem Thema angemessen ein gemeinsam getragenes Gesetz zusammenzubringen. Aber jetzt möchte ich zuerst einmal die positiven Punkte erwähnen.

Das eine sind sicherlich die Prinzipien der Gleichstellung von Mann und Frau, was ein ganz wichtiges entwicklungspolitisches Anliegen ist. Denn wen von den Ärmsten trifft es noch immer am meisten? – Es ist dies die ländliche Bevölkerung und dort wieder vorwiegend die Frauen. Wichtig ist auch, dass in diesem Gesetz noch im Nachhinein aufgenommen wurde, dass die Bildungs- und Informationsarbeit verankert wurde.

Herr Gudenus hat wie auch Frau Trunk und alle anderen vorher von diesen unglaublichen Zahlen gesprochen. Das sind an sich Zahlen, die uns immer wieder erdrücken, die uns erwürgen. All das stimmt, denn diesen Zahlen ist nichts mehr hinzuzufügen. Das wichtige Bekenntnis der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in den letzten Jahren war doch, eine klare Orientierung im bilateralen Bereich, im Hinblick auf die "least developed countries" zu haben. Und da hat man auch bei den so genannten Ärmsten der Armen eine Länderschwerpunktsetzung vorgenommen. Dann habe ich nicht die ganze Welt in ihrem Elend und in ihrer Ausformung vor mir, und ich kann auch andere Evaluierungen an diese Form der Entwicklungszusammenarbeit setzen. Dass es eine moralische und politische Verantwortung Österreichs ist, sollte hier eigentlich gar nicht mehr erwähnt werden müssen.

Nun fehlen aber in diesem Entwurf einige Dinge, vor allem was sich Österreich denn vorstellt. Was wird denn der künftige österreichische Beitrag sein, damit es eben – Bild Gudenus – zu diesen gerechteren weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommt? Oder wie wird der Beitrag Österreichs zu sozialen und ökologischen Ausrichtungen dieser Strukturanpassungsprogramme internationaler Finanzinstitutionen aussehen, die auch heute schon genannt wurden?

Oder: Wie schaut unser Beitrag zu dem Abbau der einseitigen Handelshemmnisse aus, denn die Rollbalken oder Zollschranken, Herr Gudenus, werden nicht von der einen, sondern von der anderen Seite, nämlich unserer Seite errichtet? Oder wie sieht die Gretchenfrage, die ganz große Gretchenfrage aus, nämlich der Schuldenerlass für die Entwicklungsländer, insbesondere für die "least developed countries"?

Im Jahr 2000 kam es zu dieser bitteren Situation, dass auf Grund der Kürzung der Ermessensausgaben die bilaterale Programm- und Projektzusammenarbeit auf dem historischen Tiefpunkt angelangt ist, nämlich bei 20 Prozent. Das gab es noch nie.


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Seit 1970 – stellen Sie sich das einmal vor: seit 1970! –, seit 32 Jahren hat jede Bundesregierung immer wieder dasselbe Ziel: Wir wollen 0,7 Prozent erreichen. – Wir sind bei 0,19 Prozent. Das allein, meine Damen und Herren, kann doch bei einer Novellierung nach 30 Jahren nur eine Konsequenz haben: Schluss mit dieser Sonntagspredigt oder was auch immer! Schreiben wir endlich das in das Gesetz, was wir auch erklären! Aber genau dieses Finanzziel ist gesetzlich nicht festgeschrieben.

Ich bin kein Prophet, werde nie ein Prophet sein und habe auch nicht die Ambitionen, ein Prophet zu werden, und trotzdem sage ich: Es werden wiederum Jahrzehnte ins Haus gehen, und man wird sich immer wieder von neuem rechtfertigen und an den 0,7 Prozent, die andere Länder erbringen, orientieren. Es sind dies Länder vergleichbar mit Österreich, die einfach andere Leistungen erbracht haben: Schweden, Finnland, die Niederlande. Diese haben – für uns beschämend – ganz andere Leistungen gesetzt.

Es geht nicht um die Amerikaner, Herr Gudenus! Lassen wir die Amerikaner weg. Das ist ein ganz anderes Kapitel in dieser internationalen Diskussion. Das ist eine europäische Debatte, und wir vergleichen uns in diesen Bereichen ausschließlich mit anderen europäischen Geberländern. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sie brauchen mir nicht vorzuschreiben, mit wem ich vergleichen soll!) – Nein, das tue ich natürlich nicht. Ich habe es nur kritisiert, ich würde niemals erlauben, so wie Sie es sich wünschen, dass Ihnen der Wiener Bürgermeister das Stimmverhalten vorschreibt. Davon bin ich bitte weit entfernt. Ich will nicht Ihr politischer Führungsoffizier werden, den haben Sie sich selbst ausgesucht. Sie haben sich diesen mit dem Wiener Bürgermeister selbst ausgesucht. Wir wissen es, und ich weiß jetzt nicht, ob von Seiten der Wiener Landesregierung eine Stellungnahme dazu vorliegt, aber das erspare ich Ihnen jetzt. Das können wir dann wieder zu anderen Gesetzen machen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Haben Sie einen politischen Führungsoffizier? Das ist eine interessante Ausdrucksweise! Das ist ein SED-Ausdruck!)

Heute saßen hier schon Herr Minister Molterer und Herr Minister Haupt, und eigentlich müsste jetzt auch Finanzminister Grasser hier sitzen, denn er hat da Wesentliches mitzureden. Wenn die Entschuldungsleistungen hineingeschrieben werden und das Gesetz sagt: 0,35 Prozent, dann heißt das, wir sind wieder am Tiefstand, was die unmittelbare Hilfe betrifft, nämlich auf 0,19 Prozent, meine Damen und Herren! Genau das ist der Punkt, bei dem wir sagen: Da können wir nicht mit! Hier steht zwar 0,34 Prozent, aber das stimmt nicht. Das ist nicht die Realität!

Frau Bundesministerin! Wir hätten Ihnen, so wie das auch Frau Trunk heute schon gesagt hat, jegliche Machtfülle in diesem Bereich zugestanden. Wir hätten gesagt: Die zentrale Koordinationskompetenz und vor allem eine Koordinationskompetenz gegenüber dem Finanzministerium gehören in das Ministerium der Frau Außenministerin. Aber das, was ich nicht verstehe, ist: Warum waren Sie persönlich dagegen, und warum ist dazu kein Mechanismus vorgesehen?

Abschließend sei gesagt: Herr Schöls hat noch als Präsident dieses Hauses einen sehr wertvollen Beitrag zum Jahr der Freiwilligen geleistet. Die Anerkennung der NGOs, ihre großen Verdienste um ihre Leistungen und das Wissen, dass sie es eigentlich sind, die wohl die Hauptlast in den Projekten der Entwicklungszusammenarbeit tragen, finde ich in diesem Gesetz nicht. Es wäre schön gewesen, wenn auch diesen NGOs in diesem Gesetz für ihre Leistung über Jahrzehnte eine entsprechende Anerkennung gewährt worden wäre.

In diesem Sinne bin ich froh, dass das Gesetz grundsätzlich einmal reformiert wird, aber ich bin nicht froh mit dem Ausgang. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

15.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

15.36

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss schon sagen, seit dem Jahr 1974 – das heißt seit 28 Jahren – ist es zum ersten Mal gelungen, ein neues Gesetz für


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die Entwicklungszusammenarbeit zu erstellen. Wir haben seit zwei Jahren mit allen politischen Parteien, mit den NGOs und mit allen interessierten Gruppen an einem der neuen globalen Lage entsprechenden Gesetz gearbeitet. Ich halte es für ein gutes Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich auf einige wesentliche Punkte eingehen, die ich anders sehe als einige der Damen und Herren Bundesräte, die vorhin gesprochen haben!

Erstens: das Kohärenzgebot. Das ist klar im § 1 Abs. 5 formuliert. Ganz im Gegensatz zu dem, was hier gesagt wurde, gibt es bitte eine klare gesetzliche Festlegung, dass der Bund die Ziele und die Prinzipien der Entwicklungspolitik bei den von ihm zu verfolgenden Politikbereichen, die die Entwicklungsländer berühren, zu berücksichtigen hat. Das heißt, das ist eine fundamentale und sehr weitreichende Bestimmung, die die gesamte Bundesregierung verpflichtet. Ich möchte schon sagen: Das beste Koordinationsgremium ist selbstverständlich der Ministerrat. Im Vorfeld und auch beim Ministerrat selbst werden die einzelnen Positionen abgestimmt. Das heißt, es ist falsch zu sagen, da gebe es keine Koordination und keine Kohärenz. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Das Zweite ist auch etwas, was hier weniger angesprochen wurde, was mir aber schon sehr wichtig ist. Es ist dies die Verankerung der Rolle der Entwicklungs-Nichtregierungsorganisationen. Kaum wie ein anderes OECD- Land wickelt Österreich seine Entwicklungszusammenarbeit über die NGOs ab, und zwar ist das bei uns zirka die Hälfte. Das ist wesentlich mehr als in allen anderen vergleichbaren Ländern. Es handelt sich also nicht nur um den inzwischen stark ausgeweiteten Bereich der Kofinanzierungen, sondern vor allem auch um die häufigen Fälle der direkten Beauftragung von NGOs. Dazu muss ich sagen: Wir sind sogar weitgehend einem Textentwurf der AGEZ gefolgt. Der einzige Unterschied gegenüber dem Vorschlag der AGEZ ist, dass die Regierungsvorlage sagt, dass in erster Linie die Kapazitäten der Entwicklungsländer zu nutzen sind. Was ist denn daran schlecht?, frage ich Sie.

Ich glaube, dass wir genau damit den Anliegen der NGOs nützen, aber selbstverständlich die Interessen des Partnerlandes der Entwicklungszusammenarbeit voranstellen müssen, denn wo würde denn sonst das sogenannte "Ownership-Prinzip" bleiben?

Ich freue mich, dass positiv vermerkt wurde, dass die Verankerung der entwicklungspolitischen Bildungs- und Kulturarbeit, die ausdrücklich von der AGEZ verlangt wurde, in das Gesetz aufgenommen wurde.

Ich möchte sagen, dass auch einem anderen Wunsch Rechnung getragen wurde, indem nämlich jetzt dem Parlament jährlich das Drei-Jahres-Programm übermittelt wird.

Zum Beirat, der angesprochen wurde, möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Ich war lange genug Staatssekretärin und habe mich sehr vorrangig auch mit dem Thema Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt und habe den Beirat selbstverständlich immer wieder einberufen, und zwar in der alten Form. Ich muss Ihnen sagen, der Beirat sollte ein beratendes Gremium sein, und das war er leider wirklich nicht. Es konnte überhaupt nichts Neues, nichts im Sinne eines "Think Tanks", im Sinne einer Institution, die dem Minister oder in diesem Fall der Staatssekretärin Möglichkeiten aufzeigt, wie man in der Zukunft arbeiten soll, geboten werden. Daher wollte ich einen neuen Beirat, einen etwas kleineren, aber effizienten, der mir auch tatsächliche Beratung liefert, denn hier geht es um weltpolitische Fragen, die zum Teil bei den Vereinten Nationen, aber selbstverständlich auch zum Beispiel bei der Weltbank oder beim Internationalen Währungsfonds angesprochen werden. Wir brauchen Leute, die eine globale Sicht haben. Ich habe daher gebeten, auch internationale Experten einzubeziehen. Hier zu sagen, dass der Beirat nicht seine Funktion erfüllt, ist absolut falsch.

Zur Frage der Finanzierung, die natürlich eine sehr wichtige ist und über die wir auch immer wieder gesprochen haben: Erstens muss ich Ihnen noch einmal sagen: 0,19 Prozent ist eine absolut nicht gesicherte Zahl, denn bisher liegt überhaupt nur die Zahl des Jahres 2000 vor, und das waren 0,23 Prozent. Das ist zwar unter dem EU-Durchschnitt, liegt aber ungefähr im


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OECD-Durchschnitt. Jedenfalls ist 0,19 keine gesicherte Zahl, die also nicht verwendet werden kann.

Ich darf Ihnen aber eine sehr erfreuliche Mitteilung machen: Es gibt einen wesentlichen Fortschritt in Richtung Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels im Rahmen der Europäischen Union. Gerade heute, vor wenigen Stunden, ungefähr um zwölf Uhr, ist eine EU-interne "silent procedure" zu Ende gegangen, die wir diesen Montag beim Rat der Außenminister beschlossen haben. Damit wurde nun eine gemeinsame europäische Position zum "financing for development" zur Konferenz von Monterrey beschlossen, an die sich Österreich selbstverständlich halten wird und, ich denke, auch all jene, die meinen, dass es keine Bewegung hinsichtlich des 0,7-Prozent-Ziels gibt.

Es ist ein Kompromiss gefunden worden – das war ein Kompromisstext, den die spanische Präsidentschaft vorgelegt hat –, nämlich gemeinsam bis zum Jahre 2006 eine Anhebung der ODA-Leistungen der EU auf 0,39 Prozent zu erreichen. Ich glaube, das ist ein schöner Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Zusammenhang mit Monterrey, wo selbstverständlich die österreichische Bundesregierung vertreten sein wird, und zwar voraussichtlich durch Staatssekretär Morak, der den Bundeskanzler vertritt – es sind die Regierungschefs als Erste eingeladen –, möchte ich Ihnen sagen, dass hier sechs Bereiche angesprochen sind.

Das Erste ist die Frage der heimischen Ressourcen der Entwicklungsländer, bei der es darum geht, wie die Entwicklungsländer selbst verstärkte Ressourcen bekommen können. Da geht es vor allem um die Frage, wie das Steueraufkommen dort verstärkt werden kann, denn sehr oft bezahlen in diesen Ländern nur sehr wenige Schichten Steuern.

Das Zweite sind internationale private Ressourcen; hier geht es vor allem um die Frage der Direktinvestitionen.

Das Dritte ist eine Frage des Handels, vor allem des verstärkten Marktzuganges.

Beim vierten Bereich geht es um die Frage: Wie sieht nicht nur die Quantität der Entwicklungszusammenarbeit aus, sondern vor allem auch deren Qualität? – Ich erinnere nur an die Frage von "good governance" oder der guten Regierungsführung. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Initiative, denn die Staaten können dann selbst produktiv ihr Budget für andere, für eigene Dinge verwenden.

Schließlich geht es darum, das internationale Finanzsystem zu stabilisieren.

Was die österreichischen Positionen betrifft – Österreich hat hier einen besonderen Input in der Europäischen Union geliefert –, ist ganz wesentlich, dass wir gesagt haben, wir wollen, dass wir für die Frage von Monterrey auch die Vereinigten Staaten weiterhin im Konsens halten. Hier hat die EU Konzessionen gemacht, damit die Vereinigten Staaten dabei bleiben.

Da ist ebenfalls ein moderner Gedanke beinhaltet, nämlich die Frage der produktiven Kapazitäten – diese müssen gefördert werden. Schließlich soll die so genannte Frage der "global public goods" gestärkt werden; innovative Finanzquellen, zum Beispiel Energiesteuern, sollen mit überlegt und angesprochen werden.

Ich glaube, wir gehen in eine Konferenz von Monterrey mit einer abgestimmten EU-Position, die über den normalen Monterrey-Kompromiss hinausgeht. Ich muss sagen, wir können hier durchaus zufrieden sein, wie wir das auch mit dem Entwicklungszusammenarbeitsgesetz sein können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


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Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über die Beendigung der Tätigkeit des Internationalen Registeramts in Klosterneuburg
(900 und 997/NR sowie 6588/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik Lettland zum Überein-kommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht
(768 und 999/NR sowie 6589/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 15. Oktober 2001 betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals
(952 und 1000/NR sowie 6590/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird, wobei ich gleich vorausschicken kann, es sind bis jetzt keine Redner für diese Tagesordnungspunkte gemeldet.

Es sind dies Beschlüsse des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über die Beendigung der Tätigkeit des Internationalen Registeramts in Klosterneuburg,

eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik Lettland zum Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht sowie

einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 15. Oktober 2001 betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals.

Die Berichterstattung über die Punkte 10 bis 12 hat Herr Bundesrat Ledolter übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Johann Ledolter: Verehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Öster


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reich und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über die Beendigung der Tätigkeit des Internationalen Registeramts in Klosterneuburg.

Da der Bericht schriftlich vorliegt, darf ich mich auf den Antrag beschränken:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich setze fort mit dem Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik Lettland zum Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht.

Auch hier liegt der Bericht schriftlich vor, sodass ich mich auf den Antrag beschränken kann:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der nächste Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten betrifft den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Ver-treter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 15. Oktober 2001 betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals.

Auch dieser Bericht ist Ihnen in schriftlicher Form zugegangen.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrats erfolgt getrennt.

Wir kommen daher zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Feber 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Weltorganisation für geistiges Eigentum über die Beendigung der Tätigkeit des Internationalen Registeramts in Klosterneuburg.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 28. Februar 2002 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik Lettland zum Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 28. Feber 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 15. Oktober 2001 betreffend die Vorrechte und Immunitä-ten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrats gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrats gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Ist der Herr Bundesminister für die dringliche Anfrage schon im Haus? – Wir haben jetzt um 16 Uhr zwei dringliche Anfragen zu behandeln. (Bundesrätin Haunschmid: Nein, ist noch nicht da!) – Er ist noch nicht da. Dann würde ich empfehlen, dass wir jetzt bis 16 Uhr unterbrechen, weil wir die nächsten Tagesordnungspunkte mit drei gemeldeten Rednern bis 16 Uhr nicht unter Dach und Fach bringen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 16 Uhr.

(Die Sitzung wird um 15.54 Uhr unterbrochen und um 16.02 Uhr wieder aufgenommen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offizieres – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen (1912/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Repatriierungsaktion eines österreichischen CIVPOL-Offizieres – politische Verantwortung dafür – Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Vorschriften der Vereinten Nationen (1913/J-BR/02)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringlichen Anfragen der Bundesräte Konecny und Kollegen an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten sowie an den Herrn Bundesminister für Inneres.

Die Anfragen sind inzwischen allen Bundesräten zugegangen. Es erübrigt sich daher eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Konecny als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist zugegebenermaßen ein "erhebendes" Gefühl, wenn man schon vor einer dringlichen Anfrage mitgeteilt bekommt, dass all das entbehrlich und unnötig sei und ohnehin schon alles geklärt sei.

Besonders originell ist es, wenn Kollege Bieringer im Vertrauen darauf, dass der Hauptausschuss des Nationalrates vertraulich ist, behauptet, dass dort schon alles aufgeklärt wurde. –


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Das ist eine Behauptung, die man wirklich nur im Schutze dieser sozusagen Immunität anstellen kann. Das Gegenteil ist wahr. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nichtsdestoweniger erscheint es mir notwendig, zunächst einmal klar zu sagen, damit die Grundlage unserer politischen Auseinandersetzung von vornherein geklärt ist, worum es in dieser Debatte nicht gehen kann: Es kann nicht darum gehen, eine Vorverurteilung oder einen Vorfreispruch eines österreichischen Polizeibeamten vorzunehmen. Beim gegenwärtigen Stand der Erhebungen kann man Meinungen haben, aber die sind irrelevant – der Bundesrat ist mit Sicherheit kein Gremium, das diese Entscheidung zu treffen hat –, und das ist nicht Gegenstand dieser Anfrage und nicht Gegenstand der Debatte.

Es kann schon gar nicht darum gehen, hier eine Attacke dagegen auszuüben, dass die Republik für einen österreichischen Staatsbürger als Bediensteten und als jemand, der letztlich in ihrem Interesse im Kosovo tätig ist, eine Fürsorgepflicht hat. Es kann nicht darum gehen, die Ausübung dieser Fürsorgepflicht zu attackieren. Und schon gar nicht kann es darum gehen, den Einsatz von Mitbürgern, von österreichischen Polizisten, aber in anderen Gegenden der Welt, von österreichischen Militärs zu diffamieren, die einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Sicherheit, zur Erreichung normaler demokratischer, rechtsstaatlicher Bedingungen in verschiedenen Weltgegenden leisten.

Worum es geht, das ist, sich einmal mehr mit einer Regierungspolitik auseinander zu setzen, die sich relativ zutreffend mit der Bezeichnung "management by chaos" beschreiben lässt und die aus unerfindlichen Gründen – aber vielleicht kennen Sie Gründe dafür – das Licht der Öffentlichkeit ganz offensichtlich scheut.

Es ist unvorstellbar, dass ein Vorfall – ob es sich jetzt um Beschuldigungen oder um Tatsachen handelt, sei bewusst offen gelassen –, der so tief in unser außenpolitisches Engagement eingreift, nicht von den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung öffentlich gemacht wird, nicht dem Hauptausschuss des Nationalrates, der über eine solche Entsendung zu beschließen hat und im Fall Kosovo auch beschlossen hat, zur Kenntnis gebracht wird, sondern dass die ganze Angelegenheit weit über dem großen Teich durch eine Zeitungsveröffentlichung in der "Washington Post" öffentlich wird – nicht gerade das Zentralorgan der österreichischen Bundesregierung –; und ab diesem Zeitpunkt spielt sich hinhaltender Informationswiderstand ab.

Meine Damen und Herren! Die Reaktion der österreichischen Medien hat mit aller Eindrücklichkeit gezeigt – und das ist ein Warnzeichen an Ihre Adresse –, dass diese Champignon-Methode der Informationspolitik in Österreich nicht mehr toleriert wird! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.  – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Champignon-Methode heißt, dass Sie über all diese Vorfälle die Öffentlichkeit im Dunkeln lassen – und wenn etwas herauskommt, dann füttern Sie sie mit Mist! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hier hat sich – es ist ein starkes, aber zutreffendes Wort, Kollege Böhm – einmal mehr gezeigt, welch hohes Maß an Reaktionsunfähigkeit – offensichtlich auch auf Grund von Verunsicherung – insbesondere im Bereich des Außenministeriums herrscht, das letztlich auch zu einer schwer wiegenden Beschädigung österreichischer Interessen führt.

Ich brauche Ihnen – wir werden das aber noch tun – nicht in Erinnerung zu rufen, Frau Ministerin, wie Ihr Verhalten in dieser Angelegenheit von den österreichischen Medien bewertet wurde. Es war, wie man so sagt, ein strenges, aber gerechtes Urteil. Ich brauche Ihnen nicht in Erinnerung zu rufen, dass da in höchstem Maße Grundwerte einer Demokratie missachtet wurden. – Krisenbewältigung auf die Schnelle und im Geheimen gehört mit Sicherheit nicht zu diesen Grundwerten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Ich sage Ihnen noch etwas: Es ist eine Provokation, wie sich hier innerhalb weniger Tage die Wirklichkeit offensichtlich verändert. Ganz offensichtlich ist es so – ich möchte das jetzt gar nicht qualifizieren –, dass nach einer Legende und einem Haupttitel, unter dem diese Angelegenheit präsentiert werden kann, gesucht wurden:


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In der ersten oder vielleicht zweiten Stunde, so genau weiß ich das nicht, hat der Herr Innenminister mit der Begründung "aus disziplinären Gründen" beim Außenministerium um Mithilfe bei der Heimholung der betroffenen Person ersucht.

Dann hat eine Mutation stattgefunden: Innerhalb etwa eines Tages hat sich das in "humanitäre Gründe", was nicht ganz dasselbe ist, verwandelt.

Ich zitiere hier bewusst aus der "Parlamentskorrespondenz", um die Vertraulichkeit des Hauptausschusses nicht zu brechen; Sie können sich also alle Proteste diesbezüglich sparen: Bis vergangenen Dienstag hat sich die gesamte Angelegenheit in eine Art Heldengeschichte verwandelt, in der die finstere Intrige – ich korrigiere mich, das Zitat heißt: die "große Intrige" – ganz offensichtlich des Herrn Steiner gegen Österreich – oder laut Originalzitat: "gegen einen verdienten Österreicher" – aufgeklärt, bekämpft und entsprechend niedergemacht wurde.

Meine Damen und Herren! Das geht so nach dem Motto: Die Zukunft ist ja klar, nur die Vergangenheit ist fortwährenden Veränderungen unterworfen, wie einmal Ilja Ehrenburg, der das bei seinen Nahebeziehungen zum Stalinismus genau gewusst haben muss, genannt hat. Es geht nicht an ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Ganz im Gegenteil. Wenn Sie mir zugehört haben, wissen Sie, was ich betont habe, und Sie wissen auch, in wessen Nähe ich ihn gerückt habe.

Hier geht es darum, dass ganz offensichtlich eine Legende gezimmert wurde und man sich, nachdem sich Ihre Spin-Doktoren nach einwöchigem Nachdenken dazu entschlossen haben, dass die Patriotismus-Masche nicht so schlecht gelaufen ist und man sie vielleicht noch einmal exhumieren könnte, dafür entschieden hat.

Ich zitiere noch einmal – und da beginnt es kabarettreif zu werden – aus dem Hauptausschuss: Herr Abgeordneter Karl Schweitzer von der FPÖ hat darauf hingewiesen, dass es darum ginge, Österreicher im Ausland zu schützen, und dass hier absolute Gleichbehandlung angebracht sei. Er hat die Kühnheit besessen, die "Volxtheater"-Karawane und deren Behandlung und den Einsatz der österreichischen Behörden für diese Menschen in Italien als Musterbeispiele dafür zu nennen. (Bundesrat Ledolter: Das ist so nicht richtig!)

Frau Bundesministerin! Wenn man das als Maßstab nimmt, dann hätten Sie sich ... (Bundesrat Ledolter: Das ist so nicht richtig!)  – Was ist nicht richtig? (Bundesrat Ledolter: Herr Schweitzer hat ganz anders zitiert! Er hat bei dieser ... wörtlich zitiert!) Herr Kollege! (Bundesrat Ledolter: Ich bin zwei Plätze neben ihm gesessen!)  – Das ist vertraulich. Ich zitiere aus der "Parlamentskorrespondenz", die eine Festschreibung dieser Wahrheit beinhaltet. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. –Bundesrat Ledolter: Aber doch bitte keine Märchen!)

Herr Kollege Ledolter! Es gibt im österreichischen Volksmund die schöne Formulierung: "eingefahren" – bleiben wir dabei! (Bundesrat Manfred Gruber: Lesen oder besser hören!) Lesen, Herr Kollege, ganz einfach lesen.

Kehren wir zurück. Wenn dieser Fall nach dem Vorbild der "Volxtheater"-Karawane von der Frau Bundesministerin behandelt worden wäre, dann hätte das so ablaufen müssen: Nach Bekanntwerden der ganzen Angelegenheit hätte die Frau Bundesministerin in der Öffentlichkeit erklären müssen: Kein Wunder, der Mensch hat immer schon eine miserable Dienstbeschreibung gehabt!, um 24 Stunden später festzustellen, dieses Urteil sei auf Grund dubioser Informationen aus dem Innenministerium zu Stande gekommen. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Nein! Von Gleichbehandlung kann hier tatsächlich keine Rede sein. Hier geht es um ein schwieriges, zweifelsfrei von zwei Seiten zu betrachtendes Problem. – Keine Frage, es wäre mit dieser Obsorgepflicht nicht vereinbar, einen Menschen unter schwierigen Bedingungen in einem fremden Land einfach sich selbst zu überlassen.


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Es ist die zweite Ebene, dass Österreich einen großen Teil seines internationalen Renommees der Tatsache verdankt, dass es engagiert, mit einer großen Anzahl von Menschen, immer wieder bei Einsätzen der UNO mitgewirkt hat.

Ich kann das, was in dieser Woche geschehen ist, nicht als professionell ansehen. Da gibt es ganz offensichtlich eine Weisung, durch Vorsprachen bei der UNO eine entsprechende Lösung zu erreichen. Diese Weisung wird offenbar innerhalb von wenigen Stunden durch eine andere Weisung ersetzt, deren Ergebnis der ja schon viel zitierte Brief ist, aus dem – wie immer man es sehen will – nur herausgelesen werden kann, dass Österreich mit der Beendigung seiner Mitarbeit droht. Ob das so ist, weil sich keine Menschen mehr für solche Einsätze melden oder weil die Bundesregierung solche Einsätze nicht mehr unterstützen wird, mag offen bleiben. Die Drohung per se ist in diesem Brief mit großer sprachlicher Deutlichkeit enthalten.

Ich kann Englisch, Frau Ministerin, und Sie haben selbst wiederholt darauf hingewiesen, dass das Vokabel "jeopardize" "in Gefahr bringen" heißt – und genau darum geht es. Wenn der Vertragspartner der UNO sagt "in Gefahr bringen", dann spricht man nicht von einem Dritten, sondern von sich selbst.

Wir sehen also unsere Einsätze als gefährdet an. Ich habe offen gelassen, ob Sie meinten – das lässt sich aus dem Text nicht herauslesen –, weil sich unter diesen Umständen keine Freiwilligen mehr melden werden oder weil die Bundesregierung solche Einsätze nicht mehr veranstalten wird. Diese beiden Deutungsmöglichkeiten sind von der sprachlichen Formulierung her abgedeckt, aber dass man nicht vom Wetter redet, das Einsätze gefährden könnte, das geht aus dem Wortlaut des Briefes eindeutig hervor. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Kehren wir also zurück! Gleichzeitig gibt es, soweit ich das verstanden habe – Ihre Antworten werden hier vielleicht etwas zur Aufklärung beitragen –, sehr unklare Haltungen und Handlungen im Kosovo selbst, die damit enden, dass die in Rede stehende Person ohne Kontaktnahme mit der UNO aus dem Land verbracht wird.

Nochmals:  Ich habe nicht die Absicht – es gibt einige Fragen dazu, weil wir das wissen wollen –, zu bestreiten oder in den Bereich der Legende zu verweisen, dass jemand, der mit solch schwerwiegenden Vorhaltungen konfrontiert ist, auch selbstmordgefährdet sein kann. Ich habe nicht die Absicht, mit Ihnen darüber zu diskutieren – Sie haben hier sicher die besseren Informationen, vor allem der Herr Innenminister –, welche Reaktion erforderlich ist, um das Leben dieses Menschen zu schützen.

Wie man das aber der anderen Seite beibringt, wie man da die Kontakte pflegt, ob man das mit dem groben Geschütz dieses Briefes macht, mit der Verhängung eines allgemeinen Kriegszustandes und einer Informationssperre gegenüber den UNO-Behörden ... (Bundesrat Ledolter: Das ist eine maßlose Übertreibung!)  – Nein, das ist keine Übertreibung. Herr Kollege! Ihre Kenntnisse zu diesem Thema würden mich sehr interessieren. Die maßlose Übertreibung ist eigentlich ... (Bundesrat Ledolter: Ich möchte Ihnen das Angebot eines Kolloquiums draußen machen!)  – Gerne, ja. Das können wir dann nachholen. Ich bin auch bereit, falls ich zu neuen Erkenntnissen komme, das in die Debatte einzubringen, nur: Von meinem Wissensstand aus ist diese Formulierung außerordentlich zurückhaltend und kommt der Wahrheit nur von den Zehenspitzen her in die Nähe. (Beifall bei der SPÖ.)

Tatsache ist, dass Österreich am Ende dieser "professionellen", "wohlkalkulierten" Vorgangsweise mit schweren Vorwürfen der UNO konfrontiert ist, sich dem Problem ausgesetzt hat, diesen heiklen juridischen Fall im Land zu lösen, mit der Forderung konfrontiert ist – wir entnahmen das den heutigen Zeitungen –, diesen Mann auszuliefern, was die Sache mit Sicherheit doppelt problematisch macht.

Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist "management by chaos". Einen Österreicher zu schützen, ist eine Sache. Es so zu tun, dass dabei die Reputation der Republik unbeschädigt bleibt, ist das, was man von einer Regierung verlangen kann. Die Vorgangsweise, die gewählt


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wurde, hat genau den gegenteiligen Effekt erzielt. Diese Affäre ... (Bundesrat Dr. Maier: Und was ist jetzt mit der Dringlichen?)  – Herr Kollege! Nach allem, was in der letzten Woche in den Zeitungen gestanden hat, ist diese Dringliche bestenfalls eine kleine Fortsetzung einer mit Recht großen öffentlichen Empörung, zu deren Ursachen ich Ihnen schon etwas gesagt habe.

Eine Regierung, die sich einer solchen Situation gegenübersieht – ganz abgesehen davon, dass sie anders vorgehen hätte sollen –, unterliegt der selbstverständlichen Pflicht, dem – ich möchte fast sagen – parlamentarischen Dienstherren, nämlich dem Hauptausschuss des Nationalrates, zum ehest möglichen Zeitpunkt einen Bericht vorzulegen. Dort ist die Entsendung beschlossen worden, nicht in den Kabinetten der beiden Ressorts. Es ist ein gelinder Skandal, dass es eines Antrages der Opposition bedarf, damit in einer aktuellen Aussprache dieses Thema überhaupt auf die Tagesordnung kommt, und es keine Selbstverständlichkeit ist, darüber bei der erstbesten Gelegenheit zu berichten, wenn man schon nicht eine eigene Sitzung dafür macht. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Wir haben eine Fülle an politischen und quasiparlamentarischen Gremien, in denen ein Bericht in einer so heiklen außenpolitischen Lage sinnvoll und möglich gewesen wäre. Aber die tat-sächliche Information über das Vorgehen der Regierung – der österreichische Volksmund hat dafür die Formulierung "Würmer aus der Nase ziehen" – wird so zwischendurch zufällig, manchmal hat man auch den Eindruck irrtümlich, mitgeteilt. Das ist kein demokratischer Informationsstaat. Das ist nichts, was den Menschen Vertrauen einflößen kann – weder Vertrauen zu diesen Einsätzen noch Vertrauen zur Obsorge durch diese Bundesregierung.

Dass sich all das in eine lange Reihe von ähnlich chaotischen Vorgangsweisen, nota bene im Außenministerium, einreiht, ist fast schon nicht mehr erwähnenswert. Hier wird eben keine konsistente Politik betrieben, hier ist man nicht auf der Höhe der Aufgaben, die gestellt sind, sondern ich fürchte, man wurstelt sich bestenfalls so durch.

Wie das zwischen den beiden Ressorts gelaufen ist – dazu gibt es Informationen, die nicht verifizierbar sind, aber in denen von einem hohen Lautstärkepegel gesprochen wird –, werden wir vielleicht nach der Beantwortung der Fragen wissen, wie ich überhaupt sehr hoffe, dass wir nach der Beantwortung der Fragen eine vernünftige Chronologie und vielleicht auch vernünftige Begründungen für die einzelnen Schritte der Vorgangsweise bekommen. Eines wird mit Sicherheit nicht möglich sein: dass einmal mehr mit einer guten Legende – wir haben einen Österreicher heimgeholt – die sachlichen Fragen, die bleiben, aus der Welt geschafft oder übertüncht werden sollen.

Jawohl, das ist geschehen, das steht außer Debatte und wird von niemandem aus den Reihen der Opposition kritisiert. Die Art und Weise, wie es geschehen ist, ist schädlich für unser Land – im Übrigen auch schädlich für diesen konkreten Menschen – und bietet ein Sittenbild dieser Regierung. Und wenn, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang nicht nur von Seiten der Opposition Rücktrittsforderungen erhoben wurden, dann ist das nicht politische Bosheit, sondern die einfachste Logik des Landes, die man sich vorstellen kann. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach.)

16.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich zunächst die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, Dr. Benita Ferrero-Waldner, zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

16.24

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe bereits in der aktuellen Aussprache im Hauptausschuss am Dienstag sehr ausführlich zum Fall des eben aus dem Kosovo repatriierten UNMIK-Polizisten Stellung genommen. Ich tue das aber gerne noch einmal, da ich glaube, dass es sich tatsächlich um einen sehr wichtigen Fall gehandelt hat, bei dem wir – ganz anders als die Opposition das hier gesagt hat – in kurzer Zeit professionell, schnell und richtig reagiert haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss natürlich verstehen, dass es in solchen Fällen primär darum geht, einem in Not geratenen Österreicher zu helfen, und dabei Erklärungen oft Sache eines späteren Zeitpunktes sind. Es geht nicht um die Erklärungen, es geht darum, dass man jemandem schnell und professionell hilft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch festhalten, dass ich es sehr bedaure, dass in diesem Fall zahlreiche negative Meldungen abgegeben wurden, bevor die wirklich relevanten Details des Falles überhaupt bekannt waren. Aber wenn Sie glauben, dass die Menschen kein Vertrauen mehr in uns haben würden, irren Sie. Nur durch die Behandlung des Falles, indem man einen Polizisten total geschützt hat, hat man, so glaube ich, das Vertrauen verstärkt, denn sonst würde sich niemand mehr für solche freiwilligen Einsätze melden.

Worum ging es denn? – Ein Österreicher war in Gefahr. So etwas kommt öfter vor. Gerade gestern haben wir das wieder mit dem ORF-Reporter Franz Normann gesehen, den wir aus Ramallah schnell und ebenfalls unbürokratisch herausgeholt haben. (Bundesrat Bieringer: Hätten wir das auch nicht machen sollen? Genauso wenig wie bei dem Polizisten? Das ist ja ein Wahnsinn!) Genauso verhält es sich auch mit diesem Fall. Ich möchte daher auch ein paar wichtige Punkte hervorheben.

Erstens – noch einmal gesagt –: Das Leben eines Österreichers war in Gefahr. Ich kenne kein höheres Gut für eine Außenpolitik, als alles, aber wirklich alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür zu tun, dass das Leben eines Österreichers nicht unnötig aufs Spiel gesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie wissen, dass uns zwei voneinander unabhängige ärztliche Gutachten vorliegen, die ich hier aus Gründen des Datenschutzes nicht vorlegen kann. Aber Sie wissen auch, dass darin von erheblicher Lebensgefahr die Rede war. Es stand viel auf dem Spiel, wir mussten also entschlossen vorgehen. Der Gesundheitszustand von Martin A. hat sich zum damaligen Zeitpunkt – ich würde sagen stündlich – verschlechtert.

Zum Brief des Missionschefs unserer Vertretung in New York ist festzuhalten – ich komme natürlich im Detail noch darauf zu sprechen –, dass dies nicht der erste Schritt in der Sache Martin A. war, sondern dass diesem zahlreiche Aktivitäten unserer Vertretung in New York vorausgegangen sind, die allesamt auf Grund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der befassten UN-Organe erfolglos blieben. Daher zwang uns der Zeitdruck zu handeln. Das ist professionelles Handeln. Alles andere wäre unprofessionell gewesen.

Ich möchte hier auch etwas anmerken, weil Sie gesagt haben, der Hauptausschuss hätte informiert werden müssen: Der Hauptausschuss ist nur für die Genehmigung von Entsendungen zuständig, nicht aber für die Abberufungen. Es gibt eine ganze Reihe von Fällen von Repatriierungen, die aus den verschiedensten Gründen durchgeführt wurden. Das hat der Herr Innenminister ganz klar im besagten Hauptausschuss erwähnt.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Manchmal verlangt die Diplomatie auch klare Worte, aber nicht Drohungen, und manchmal ist es auch notwendig, glasklar auf den Punkt zu bringen, worauf es ankommt. Sie wissen, in dem von Ihnen so oft zitierten Brief an den UNO-Generalsekretär heißt es: "I would like to bring to your personal attention the case of Martin A., an Austrian civilian police officer in Kosovo" – und jetzt heißt es, – "the handling of which could seriously jeopardize the Austrian participation, not only in UNMIK, but in peacekeeping opera-tions in general."

Was heißt das? – Das heißt, die Behandlung des Falles könnte ernsthaft die österreichische Beteiligung gefährden. Dieser Satz bringt auf den Punkt, worauf es uns ankommt. Wir haben nicht, wie Sie unterstellen wollen, mit der Beendigung unserer UNO-Aktionen gedroht, sondern wir haben von einer Gefährdung unseres UNO-Engagements gesprochen. Das ist ein großer Unterschied. Gerade in der Diplomatie ist das ein Unterschied, weil wir die Worte, wie ich schon sagte, sorgfältig wählen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wie Sie ja wissen, können wir sowohl bei Soldaten als auch bei Polizisten nur auf Freiwillige zurückgreifen. Und dieses Wort, wie gesagt, drückt aus, dass dies gefährdet sein könnte. Es beinhaltet sozusagen diese Argumentation.

Daher noch einmal: Ich stehe klar dazu, der Schutz des Lebens eines Österreichers hat höchste Priorität. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte auch Ihre Diktion mit Nachdruck zurückweisen. So eine Diktion bin ich nicht gewöhnt. Ich nehme das Wort, das Sie über die Repatriierung erwähnt haben, nicht in den Mund, aber ich weise es in jeder Form zurück. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Repatriierung ist eine Konsularangelegenheit. Martin A. war zu dem Zeitpunkt der Repatriierung nicht verhaftet. Er stand unter Immunität, und er konnte sich frei bewegen. Vergleichbare Fälle hat es bei anderen Entsendestaaten schon oft gegeben, wie Sie auch zum Teil in der "Washington Post" nachlesen können.

Ich möchte es daher noch einmal sagen: Unsere Vertretung in New York und Botschafter Dr. Pfanzelter, ein ausgezeichneter aktiver Botschafter, der übrigens mit dem UNO-Generalsekretär ein ausgezeichnetes Verhältnis hat, handelte in völliger Übereinstimmung mit mir. Ich habe ihm die nötigen inhaltlichen Weisungen nach Koordination mit dem Innenministerium und im Wege des derzeit amtierenden Generalsekretärs des Außenministeriums, der gleichzeitig der Sektionsleiter der Konsularsektion ist, gegeben.

In einem persönlichen Telefonat, das ich mit Kofi Annan am 2. März, nämlich zu dem Zeitpunkt, als Kofi Annan wieder in New York war, geführt habe, unterstrich dieser auch, dass Österreich als internationaler Peacekeeper höchstes Ansehen genießt, und es war ihm auch klar, in welch schwieriger Lage wir uns befanden und dass es uns natürlich um den Schutz eines Österreichers ging. Ich finde, dass wir dieses Verständnis, das der UNO-Generalsekretär hier ausgedrückt hat, eigentlich in noch viel größerem Maße – das müsste doch eine Selbstverständlichkeit sein – in Österreich erwarten dürften. Wie ich schon sagte, erstaunt es mich sehr, dass Sie das nicht so sehen, denn es ist international Usus, dass sich in schwierigen Situationen das ganze Land, das heißt auch die Opposition, hinter die Bundesregierung und hinter den Außen- und den Innenminister stellt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Nicht die SPÖ!) Und es war eine schwierige Situation, meine Damen und Herren!

Jetzt müssen Sie zeigen, wo Sie stehen.

Daher lassen Sie mich auf einige Fragen, die Sie gestellt haben, auch im Detail eingehen. (Bundesrat Konecny: Auf alle, nicht auf einige, Frau Ministerin!)

Zur Frage 1: "Wie lautet der genaue Wortlaut des Briefes in dieser Angelegenheit an Kofi Annan?"

Ich darf Ihnen den Brief vorlesen, Sie kennen ihn, aber wenn Sie ihn noch einmal hören wollen, gerne:

"New York, 28. February 2002

Excellency,

I would want to bring to your personal attention the case of Mr. Martin A., an Austrian CIVPOL officer in Kosovo, the handling of which could seriously jeopardize the Austrian participation not only in UNMIK but in peacekeeping operations in general.

Allegations of misconduct against Mr. A. have been raised. He has subsequently been arrested and detained. The investigating prosecutor in Kosovo has now requested, that his immunity be waived. A decision by the UN Legal Advisor is imminent. According to information that the Austrian Federal Government has received the circumstances under which Mr. A. has been arrested and detained as well as the allegations raised against him give grave reasons to believe that


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Mr. A. may have been framed. Initial inquiries raise serious questions about the role of several UN officials on the ground.

Due to the seriousness of the matter and the contradictory information I have been formally instructed by the Austrian Federal Government to request the immediate establishment of a UN inquiry commission with Austrian participation before any further action is taken.

Moreover I have been instructed by the Austrian Federal Government to convey that Austria will not accept the waiving of immunity of Mr. A. without the report of such an investigation be brought to the attention of the Austrian Federal Government for comment.

Please accept, Excellency, the assurances of my highest consideration."

Zu den Fragen 2, 4 und 5:

Ich habe Herrn Botschafter Pfanzelter im Wege des amtierenden Generalsekretärs des Außenministeriums – ich habe es schon gesagt – die nötigen inhaltlichen Weisungen erteilt. Diese Weisung erfolgte unmittelbar nach einer Koordinationssitzung mit dem Innenministerium, und der Brief entspricht damit voll meiner inhaltlichen Weisung.

Zur Frage 3:

Das Schreiben wurde auf Grund einer klaren inhaltlichen Weisung, die ich der österreichischen Vertretung in New York im Wege des amtierenden Generalsekretärs des Außenamts gegeben habe, verfasst, zugestellt und mir danach umgehend vorgelegt. Selbstverständlich war Botschafter Pfanzelter zu dieser Formulierung ermächtigt. Der Wortlaut des Schreibens findet meine Zustimmung.

Zur Frage 6:

In einem Schreiben vom 6. März des Assistant Secretary-General an Botschafter Pfanzelter informierte uns die UNO über die Aufhebung der Immunität von Martin A.

Zur Frage 7:

Es gab wiederholt Gespräche auf Beamtenebene, wobei von Seiten der UNO Interesse an der Aufklärung des Falles bekundet wurde. Darüber hinaus habe ich mit UN-Generalsekretär Annan in einem Telefonat am 2. März auch vereinbart, dass der Fall auf Beamtenebene genau geprüft wird.

Zur Frage 8:

Die inhaltliche Weisung an die österreichische Vertretung New York erfolgte in Koordination mit dem Innenministerium. Es war nicht erforderlich, irgendwelche andere Ressorts einzubeziehen.

Zur Frage 9:

Ich habe über den Fall in der Regierungssitzung in St. Wolfgang kurz berichtet.

Zur Frage 10:

Der österreichische CIVPOL-Polizist wurde nicht rechtsgültig verhaftet, weil er unter Immunität stand. Die Vorwürfe wurden mir am 27. 2. bekannt.

Zu den Fragen 11 und 12:

Am 27. 2. gab es erste Weisungen des Leiters der UNO-Abteilung auf Beamtenebene, bei der UNO zu intervenieren. Nachdem aber diese Bemühungen nicht erfolgreich waren – ich sage es noch einmal –, habe ich am 28. 2. – eben im Anschluss an eine interministerielle Sitzung mit dem Innenministerium – Botschafter Pfanzelter im Wege des amtierenden Generalsekretärs des Außenamtes die Weisung erteilt, die politische Ebene, das heißt den UNO-Generalsekretär


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einzuschalten. Ich wurde auch danach laufend über die Entwicklungen informiert. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Zur Frage 13:

Es gibt zwei unabhängige medizinische Gutachten, in denen von erheblicher Lebensgefahr ausgegangen wird. Diese wurden uns im Wege des Innenministeriums zur Kenntnis gebracht.

Zur Frage 14:

Die akute Gefährdung wurde von einem deutschen Militärarzt am 27. 2. gegen 20 Uhr festgestellt.

Zur Frage 15:

Die Auswahl und die Vorbereitung des entsendeten Personals obliegen dem jeweiligen Fachressort, in diesem Fall dem Innenministerium.

Zur Frage 16:

Die entsendeten Beamten unterstehen der jeweiligen UN-Stelle. Eine subsidiäre Zuständigkeit besteht seitens des entsendenden Ressorts.

Zur Frage 17:

Die gegen den österreichischen CIVPOL-Polizisten erhobenen schweren Vorwürfe wurden vom Innenministerium der Staatsanwaltschaft angezeigt und sind dort Gegenstand eines laufenden Verfahrens. Ebenso werden die Vorwürfe von UNMIK auf das Genaueste untersucht.

Zur Frage 18:

Keine, er ist Gegenstand laufender Untersuchungen.

Zu den Fragen 19 bis 23:

Darüber kann ich Ihnen wegen der laufenden Untersuchungen der UNMIK und wegen des Schutzes von Personen keine Auskunft geben.

Zur Frage 24:

Ja, durch eine Verbalnote im Wege der Außenstelle Priština. In der Note wurden Tatsache und Zeitpunkt der Repatriierung sowie der Grund hiefür, nämlich Gefahr in Verzug wegen ernster und imminenter Gefahr für sein Leben und das Fehlen adäquater medizinischer Fazilitäten angeführt.

Weiters besagt die Verbalnote: Die Behörden wurden davon informiert, dass der Polizist bei seiner Ankunft von einem Arzt des Innenministeriums untersucht wurde. Sie wurden darüber informiert, dass der Polizist von einem Untersuchungsteam verhört und die Resultate an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden sind. Im Übrigen wurden die UNO-Behörden im Kosovo auch um einen umfassenden Bericht über das Resultat der Untersuchungen im Kosovo ersucht.

Zur Frage 25:

durch den physischen Zusammenbruch des Polizisten.

Zur Frage 26:

Die Beurteilung des gegenwärtigen Gesundheitszustands dieses CIVPOL-Polizisten ist nicht Gegenstand der Vollziehung meines Ressorts. Ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, dass es zwei unabhängige ärztliche Gutachten gibt, die von erheblicher Lebensgefahr zum Zeitpunkt der Repatriierung ausgehen.


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Zur Frage 27:

Einschlägige Regeln sind in den "Notes for the Guidance of UNCIVPOL on Assignment in United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) – UNMIK Police" vom 4. Juni 2001 enthalten. In Abschnitt VI dieser Regelung, nämlich unter "General Conditions of Service", ist zum Status des UNMIK-Personal festgehalten, dass CIVPOL als "Experts on Mission" gemäß Artikel VI des UN-Privilegien und -Immunitätenabkommens von 1946 Immunität vor Verhaftung und Festhaltung genießen.

Zur Frage 28:

weil dies die ursprüngliche Weisung des zuständigen regionalen Kommandanten war. Nach der Aufhebung der Immunität und der Einleitung eines Strafverfahrens durch den internationalen Untersuchungsrichter vor einem kosovarischen Richter bestand auch die Gefahr einer länger andauernden Untersuchungshaft in – ich sage das hier deutlich – einem örtlichen kosovarischen Gefängnis, und zwar in Gemeinschaftszellen.

Zur Frage 29:

Es besteht keine Vereinbarung in diesem Sinn. Gemäß der UNMIK-Verordnung 1999/24 über das anwendbare Recht im Kosovo gelten die Verordnungen und Erlässe des Special Representative of the Secretary General sowie das jugoslawische Recht, wie es am 22. März 1989 im Kosovo in Kraft stand. Dazu zählen auch das jugoslawische Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung.

Zu den Fragen 30, 31 und 33: (Bundesrat Konecny: Zu 29a sagen Sie nichts?)  – Das habe ich Ihnen beantwortet. (Bundesrat Konecny: Nein! Haben Sie nicht!)

Die Ergebnisse der Erhebungen der österreichischen Behörden wurden in einer Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft übermittelt. Die Erhebungen der Staatsanwaltschaft und die Untersuchungen in Österreich sind noch nicht abgeschlossen. Die UNO untersucht den Fall im Kosovo und führt derzeit Untersuchungen durch.

Zur Frage 32:

Nein, es wird mir aber laufend berichtet.

Zur Frage 34:

Nach mehreren mündlichen Vorsprachen im zuständigen Department der UNO in New York und einem ausführlichen Gespräch des Leiters der österreichischen Außenstelle in Priština mit dem dortigen UNMIK-Leiter, nämlich am 2. März, ist eine ausführliche Note an die Vereinten Nationen mit der österreichischen Argumentation hinsichtlich der Frage der Immunität und der Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Festnahme in Vorbereitung.

Zur Frage 35:

Andere Nationen sind in ähnlicher Weise vorgegangen, wie wir es getan haben. Wie gesagt, das ist auch in der "Washington Post" nachzulesen.

Ich hatte am Montag eine internationale Pressekonferenz in Brüssel. Dieses Thema wurde nicht einmal angesprochen. Ich habe mit UNO-Generalsekretär Annan vereinbart, dass die ganze Angelegenheit auf Beamtenebene geklärt wird, und damit meine ich natürlich auch die Frage, ob der Beamte auch von der UNO korrekt behandelt wurde. Sehen Sie den Fall als das an, was er ist, und reden Sie keinen internationalen Schaden herbei! Dieser ist nämlich nicht eingetre-ten.

Übrigens: Als Bundesminister Scheibner kürzlich in New York war, hat ein sehr freundliches Gespräch mit dem UNO-Generalsekretär stattgefunden, bei dem dieses Thema nicht angespro


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chen wurde. Das möchte ich hier ausdrücklich noch einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Glauben Sie wirklich, dass gerade ich, Herr Bundesrat Konecny, die ich so viel mit der UNO zu tun habe, so viel für die UNO tue und selbst in der UNO gearbeitet habe, eine Drohung an die UNO aussprechen würde? – Ich glaube, das sollten Sie auch einmal bewerten!

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich Ihnen sagen, dass ich mich bemüht habe, diese Fragen so weit und so vollständig wie möglich zu beantworten.

Ich möchte auch noch einmal die Situation auf den Punkt bringen: In einer Krisensituation hatten wir eine Entscheidung zu treffen zwischen der Gefährdung des Lebens eines Österreichers und einer Vorgangsweise, die möglicherweise in einem Spannungsverhältnis zu den Verfahrensregeln der UNO steht. Ich habe mich – und ich glaube, berechtigterweise – für den Österreicher entschieden. – Danke. (Bravo-Rufe bei der ÖVP. – Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Strasser zur Beantwortung der an ihn gerichteten Anfrage das Wort. – Bitte.

16.46

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Benita! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf zu Beginn meiner äußersten Betroffenheit Ausdruck verleihen: Ich habe hier in einem Zwischenruf, der aus dem Bereich der sozialdemokratischen Bundesräte kam, hören müssen, dass einem Beamten des Innenministeriums unterstellt wird, er hätte etwas "angestellt". (Bundesrätin Schlaffer: Einspruch!) Ich bin darüber zutiefst betroffen und möchte die Kollegin dringend bitten, entweder diesen ungeheuerlichen Vorwurf zu belegen oder ihn zurückzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Auch für einen Polizisten gilt die Unschuldsvermutung. (Bundesrat Dr. Nittmann: Nicht bei der SPÖ!) Darauf lege ich Wert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gehen wir von den unbestrittenen Tatsachen und Sachverhalten aus:

Einem österreichischen UNO-Polizisten wird vorgeworfen, einen Häftling misshandelt zu haben. Dieser österreichische Polizist bestreitet sowohl gegenüber unseren Behörden und Ermittlern als auch durch seinen Anwalt vehement diese Vorwürfe.

In zwei unabhängigen ärztlichen Gutachten werden die erhebliche Gesundheitsgefährdung des Beamten und mangelnde adäquate medizinische Versorgung und Behandlungssituation vor Ort attestiert.

Damit ist für den Beamten und selbstverständlich für die Republik Gefahr in Verzug. Das sind die von allen völlig unbestrittenen Sachverhalte.

Was hat Österreich getan? Was hat das Innenministerium gemeinsam mit dem Außenamt getan? – Wir haben mehrere Ersuchen an die UNO gerichtet, sämtliche Erhebungsergebnisse zu übermitteln, um in Österreich entsprechende Veranlassungen, so sie notwendig sein sollten, zu treffen. Wir haben um eine entsprechende Untersuchungskommission unter österreichischer Beteiligung vor Ort ersucht. Wir haben die unverzügliche Repatriierung unseres Kollegen veranlasst und durchgeführt. Wir haben eine ärztliche Untersuchung durch den Chefarzt des Innenministeriums und die anschließende psychologische Betreuung sichergestellt. Wir haben – wie es nun einmal unsere Vorgangsweise in all diesen Fällen ist, denn das ist keine Besonderheit – eine Sachverhaltsdarstellung an die zuständige Staatsanwaltschaft übersandt.


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Somit kann zusammengefasst und nach erster Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes gesagt werden:

Als Innenminister ist es meine selbstverständliche Fürsorgepflicht, für die Sicherheit und die Gesundheit jedes Beamten – egal, ob im Inland oder im Ausland – möglichst gut vorzusorgen und sie zu gewährleisten. Diese Fürsorgepflicht beinhaltet nicht nur, die körperliche und psychische Integrität und Gesundheit sicherzustellen, sondern die Sorgfaltspflicht umfasst auch – was für mich ganz klar ist –, dafür zu sorgen, dass ein Beamter, der seinen Dienst für die Republik Österreich verrichtet und in vielen Fällen dabei auch sein Leben einsetzt, im Verdachtfall die Möglichkeit eines fairen Verfahrens hat. Dafür werde ich mich auch weiter einsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist wohl eine Selbstverständlichkeit, über die man gar nicht zu diskutieren braucht, dass nicht nur das Innenministerium und der Innenminister, sondern auch alle anderen Regierungsstellen und selbstverständlich auch das Außenamt alles unternehmen, um ihrer Verpflichtung gegenüber den eigenen Staatsbürgern auch im Ausland voll nachkommen zu können. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das gilt nicht für die SPÖ!  – Bundesrat Konecny: Das ist richtig! Um uns kümmert sich keiner!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da Sie in Ihrer Anfrage gemeint haben, dass in diesem Fall das Licht der Öffentlichkeit gescheut worden sei, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Dieser Fall ist – was die Informierung des Hauptausschusses und Ähnliches betrifft – ganz genau so behandelt worden wie unzählige Fälle, in denen österreichische Kontingentsmitglieder – aus welchen Gründen auch immer: aus medizinischen, aus psychologischen oder auch aus disziplinären – repatriiert worden sind.

Es wurden sechs Beamte während des UNO-Einsatzes im Irak repatriiert; beim UNO-Einsatz in Kambodscha waren es drei Beamte; aus Ruanda wurden 20 Beamte repatriiert; aus Moçambique und Ostslawonien jeweils einer; aus Bosnien zwei; und ein Beamter wurde aus dem Kosovo vom Innenministerium in die Heimat zurückgeholt – alle aus den unterschiedlichsten Gründen.

Genauso war es bei diesem Beamten, der aus gesundheitlichen Gründen zurückgeholt wurde. Wissen Sie, wer als Erster über all diese Fälle den Hauptausschuss informiert hat? – Es war Innenminister Strasser! Und all diese Fälle – mit Ausnahme des letzten – fielen nicht in meine Amtszeit! Wo Sie hier eine unterschiedliche Bewertung, Argumentation und Informierung egal welcher Gremien sehen, das bitte ich Sie, mir zu beantworten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte gerne noch einen zweiten Punkt ansprechen, bevor ich auf die Fragen eingehe: Jawohl – da gibt es überhaupt nichts darum herumzureden –: Wir haben – so wie immer, wenn uns Vorfälle bekannt werden, bei denen es Vorwürfe disziplinärer Natur gegen österreichische Beamte gibt – eine Rückholung angeordnet. Wir haben das zu einem Zeitpunkt getan, zu dem wir nicht wissen konnten, dass dieser Beamte gesundheitlich in höchster Gefahr schwebt. So wie es die Frau Außenministerin in ihrer Anfragebeantwortung schon dargelegt hat, haben wir Kenntnis vom Gesundheitszustand unseres Mitarbeiters erst nach diesem Vorfall bekommen. – Ich werde bei der Beantwortung noch im Detail darauf eingehen.

Ich sage Ihnen ganz offen und sehr klar: Ich werde als Innenminister der Republik Österreich alles dafür tun, dass Beamte, die im Ausland in Not geraten, zurückgeholt werden können, soweit es rechtlich möglich ist. Da kann die Diskussion laufen, wie sie will: Ich werde mich dafür einsetzen, dass österreichischen Beamten – wenn das irgendwie möglich ist – das Unheil und der Unbill kosovarischer Gefängnisse erspart bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein letzter Punkt ist mir sehr wichtig – und das kommt von Herzen: Ich spreche im Namen dieses Beamten, der aus gesundheitlichen Gründen in seine Heimat zurückgebracht worden ist, im Namen der österreichischen Sicherheitsexekutive und auch als Innenminister dir, liebe Benita,


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meinen herzlichen Dank aus für die hervorragende Unterstützung und Zusammenarbeit und für die vorbildliche Art und Weise, in der – ausgehend von der Frau Außenministerin – der Generalsekretär des Außenamtes, der zuständige Sektionsleiter, der zu diesem Zeitpunkt Generalsekretär war, und unser UNO-Botschafter hervorragend für diesen Österreicher gearbeitet haben. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich komme nun zur Beantwortung Ihrer Fragen.

Zur Frage 1:

Das Schreiben wurde vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten verfasst.

Zur Frage 2:

Nein.

Zur Frage 3:

Ja. Am 27. Februar 2002 stellte das Innenministerium im Wege des Außenamtes das Ersuchen, den zuständigen Beamten aus disziplinären Gründen zu repatriieren. Die österreichische Vertretung bei den Vereinten Nationen teilte den Vereinten Nationen mit, dass der in Rede stehende Beamte zur psychologischen Beobachtung und medizinischen Betreuung unverzüglich in sein Heimatland repatriiert werde.

Zur Frage 4:

Ja.

Zur Frage 5:

Am 27. Februar 2002 war dem Innenministerium bekannt, dass dem Beamten seitens der Vereinten Nationen vorgeworfen wurde, einen kosovarischen Verdächtigen bedroht und misshandelt zu haben. In einem solchen Fall ist es üblich, den betreffenden Bediensteten unverzüglich im Einvernehmen mit den Vereinten Nationen zu repatriieren. Am 28. Februar 2002 erhielt unser Haus Kenntnis, dass Ärzte eine rapide Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beamten festgestellt haben. Es war daraufhin notwendig, den Beamten wegen Gefahr in Verzug aus medizinischen Gründen unverzüglich zu repatriieren.

Zur Frage 6:

Das Außenamt erhielt am 6. März ein Schreiben des zuständigen Beamten der Vereinten Nationen über die Aufhebung der Immunität.

Zur Frage 7:

Nach den mir vorliegenden Informationen gab es eine mündliche Mitteilung des CIVPOL-Leiters Jorsback an die österreichische Vertretung in New York, dass der österreichischen Forderung gemäß eine Untersuchungskommission eingesetzt werden wird.

Zur Frage 8:

Das wäre rein physisch nicht möglich gewesen, da ich mich zu diesem Zeitpunkt auf einer Dienstreise im Ausland befand.

Zur Frage 9:

Der Journaldienst der Generaldirektion erhielt in der Nacht vom 26. auf den 27. Februar 2002 einen Anruf über einen Vorfall im Kosovo.

Zur Frage 10:


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Das Innenministerium hat eine telefonische Verständigung des Außenamtes am 27. Februar durchgeführt; am selben Tag folgte ein Schreiben an die Vereinten Nationen im Wege des Außenamts; dann folgten weiters: ein Schreiben am 28. Februar an das Außenministerium; eine Besprechung am 28. Februar im Außenministerium; eine Besprechung am 1. März im Außenministerium; eine Übermittlung einer ersten Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht für Strafsachen Wien am 1. März; eine Übermittlung einer weiteren Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht für Strafsachen Wien am 5. März; ein Schreiben am 12. März 2002 an das Außenamt mit dem Ersuchen – neuerlich an die Vereinten Nationen – um Übermittlung der relevanten Akten und eine Untersuchungskommission zu installieren.

Zur Frage 11:

Ich wurde von den zuständigen Beamten meines Hauses über den Sachverhalt informiert und stimmte deren Beurteilung, dass der Beamte wegen Gefahr in Verzug aus gesundheitlichen Gründen repatriiert werden müsse, zu. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen sehr offen: Ich stehe einmal mehr voll hinter den Weisungen des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit und seinen leitenden Beamten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage 12:

Die österreichischen Teilnehmer von Auslandseinsätzen werden vor Antritt ihrer Tätigkeit mittels Spezialtests auf psychische Besonderheiten überprüft. Im Rahmen eines zweiwöchigen außerordentlich selektiven Ausbildungs- und Auswahlverfahrens wird alles Menschenmögliche getan, die psychische Belastbarkeit der Bediensteten zu ermitteln.

Zur Frage 13:

Der psychologische Dienst unseres Hauses bietet nach Einsätzen entsprechende psychologische Betreuung von UNO-Beamten an. Bei entsprechenden Kriseneinwirkungen auf die Person wird eine Notfallrepatriierung von UNO-Teilnehmern vorgenommen.

Zur Frage 14:

Diese Information wurde dem Innenministerium vom österreichischen Kontingentskommandanten im Kosovo übermittelt.

Zur Frage 15:

Die akute Gefährdung trat nach Information des österreichischen Kontingentskommandanten im Laufe des 27. Februar 2002 auf. Das Innenministerium erhielt davon – wie bereits erwähnt – am 28. Februar Kenntnis.

Zur Frage 16:

Dem Vernehmen nach soll es während eines Verhörs zu Übergriffen gegen einen albanisch-kosovarischen Verdächtigen gekommen sein. Bis zum heutigen Tag haben die Vereinten Nationen trotz mehrmaliger Urgenz keinen schriftlichen Bericht über diese angeblichen Vorwürfe vorgelegt.

Zur Frage 17:

Wie schon erwähnt, gibt es keinen schriftlichen Bericht der UNO zu diesem Sachverhalt.

Zu den Fragen 18 und 19:

Ich bitte um Verständnis, da besteht eine laufende Untersuchung. Daher kann ich Ihnen aus Gründen des Schutzes von persönlichen Daten und von in die Untersuchung involvierten Personen keine Auskunft geben.


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Zur Frage 20:

Der Beamte wurde von den mit der administrativen Abwicklung der Auslandseinsätze betrauten Beamten sowie einem Arzt und einem Psychologen unseres Hauses abgeholt.

Zur Frage 21:

Der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit. Ich sage wieder einmal: Er hat dabei meine volle Rückendeckung.

Zur Frage 22:

Nachdem die Entscheidung getroffen war, den Beamten wegen Gefahr in Verzug unverzüglich zu repatriieren, wurden die Vereinten Nationen in New York im Wege des Außenamtes und der österreichischen Vertretung in New York über diese Entscheidung informiert.

Zur Frage 23:

Betreffend den gesundheitsgefährdenden Zustand des Beamten wurde noch am Abend seines Eintreffens in Wien eine ärztliche Untersuchung durch den Chefarzt unseres Hauses durchgeführt. Die weitere ärztliche und psychologische Betreuung erfolgte und erfolgt entsprechend der ärztlichen und psychologischen Beurteilung.

Zur Frage 24:

Einschlägige Regelungen gibt es. Im Abschnitt VI dieser Regelungen ist zum Status des UNMIK-Personals unter anderem festgehalten, dass CIVPOL-Polizisten als "Experts on Mission" gemäß Artikel VI der UN-Privilegien und des Immunitätsabkommens von 1946 Immunität vor Verhaftung und Festhaltung genießen.

Zur Frage 25:

Wäre der Beamte gemäß § 190 Strafgesetz der Bundesrepublik Jugoslawien angeklagt worden, welches derzeit im Kosovo gültig ist, wäre auf Grund der darin ausgesprochenen Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren der Fall von dem von der UNO eingesetzten internationalen Ankläger beziehungsweise Untersuchungsrichter an ein kosovarisches Bezirksgericht weitergegeben worden.

Zur Frage 26:

Es besteht keine Vereinbarung in diesem Sinn. Gemäß der einschlägigen UNMIK-Verordnung über das anwendbare Recht im Kosovo gelten die Verordnungen und Erlässe des Special Representative of the Secretary General sowie das jugoslawische Recht, wie es am 22. März 1989 im Kosovo in Kraft stand. Dazu zählen auch das jugoslawische Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung.

Zu den Fragen 27 und 28:

Von unserem Haus wurde dem Staatsanwalt beim Landesgericht für Strafsachen Wien, wie bereits erwähnt, eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt. Gleichzeitig wurde der uns vorliegende Sachverhalt auch der Dienstbehörde des Beamten, der Bundespolizeidirektion Wien, zur disziplinarrechtlichen Beurteilung übermittelt. Die Vereinten Nationen wurden ersucht, eine internationale Kommission unter österreichischer Beteiligung einzurichten. Bisher liegen uns leider keine weiteren Informationen über die Errichtung dieser Kommission vor, auch ist der Stand dieses Verfahrens im Kosovo nicht bekannt.

Zur Frage 29:


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Über die Causa wurden innerhalb des Innenministeriums umfangreiche Aufzeichnungen geführt.

Zur Frage 30:

Nach den mir vorliegenden Informationen wurden mehrere Mitglieder des österreichischen UNMIK-Kontingentes zu diesem Fall befragt.

Zur Frage 31:

Von unserem Haus wurden insgesamt drei Schreiben im Wege des Außenamtes an die UNO gerichtet. In den Schreiben wurde auch die Überprüfung sämtlicher mit diesem Fall verbundener Umstände, das heißt Rechtmäßigkeit, Haftumstände und andere, sowie die Errichtung einer österreichischen Untersuchungskommission, wie bereits erwähnt, mit österreichischer Beteiligung gefordert.

Zur Frage 32:

Ja.

Zur Frage 33:

Ich zitiere: Inspektor A ist verdächtig, am 25. 2. 2002 einen 21-jährigen Kosovo-Albaner in der Ortschaft Orahovac/Kosovo durch Anwendung körperlicher Gewalt und gefährlicher Drohung und Nötigung zu einem Geständnis gezwungen zu haben. – Zitatende. Zusätzlich wurden die unserem Haus vorliegenden relevanten Dokumente übermittelt.

Zur Frage 34:

Das Verfahren liegt bei der Staatsanwaltschaft beim Landesgericht für Strafsachen in Wien.

Zur Frage 35:

Es ist sowohl im Interesse Österreichs – wie ich meine, am allermeisten im Interesse des Beamten in diesem Fall – als auch der UNO gelegen, diesen Fall vollständig, umfassend und endgültig aufzuklären.

Zur Frage 36:

Ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten wurde bisher nicht eingeleitet. Es wäre auch nicht möglich, da die von den Vereinten Nationen angeforderten Informationen bisher nicht eingelangt sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nun in die Debatte ein, in der die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Reinhard Todt das Wort. – Bitte.

17.06

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Außenministerin! Sie ist jetzt leider nicht da, ich werde aber trotzdem meine Rede fortsetzen, obwohl dies in einem sehr hohen Ausmaß ihre Verhaltensweise betrifft.

In dieser dringlichen Anfrage geht es, wie die Fragen und auch die Antworten bewiesen haben, zumindest die Antworten des Herrn Bundesministers Strasser, darum, in diesem Fall Licht ins Dunkel zu bringen. Die Beantwortung der Fragen durch die Frau Außenministerin hat mich nicht sehr befriedigt. Es wurden Dinge wiederholt, die in der österreichischen Presse bereits nach


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zulesen sind. Ich werde dann auf einen ganz konkreten Punkt eingehen, bei dem es einen Widerspruch gibt und über den ich noch gerne Aufklärung hätte.

Ich möchte sagen, die Art und Weise, wie dieser Fall gehandelt wurde, vor allen Dingen wie dieser Fall vom Außenministerium gehandelt wurde, stellt eindeutig einen weiteren Flop in der österreichischen Außenpolitik dar. (Beifall bei der SPÖ.) Dieses Mal ist allerdings nicht nur die Frau Außenministerin betroffen, sondern auch der Herr Innenminister. (Zwischenrufe.) – An sich habe ich das auch zugestanden, ich war sehr beeindruckt von der Beantwortung der gestellten Fragen. Ich habe dies bis jetzt in der Form noch nicht gehört. Somit hat er sicher einen gewissen Beitrag zur Aufklärung dieses Falles geleistet.

Ich möchte aber noch einige Punkte zu den an das Außenministerium gestellten Fragen im Hinblick auf diesen Fall sagen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten solche Flops leistet. (Bundesrat Dr. Nittmann: Von der SPÖ angepatzt wird!) Ich erinnere zum Beispiel daran, dass sie in Zeiten der so genannten EU-Sanktionen in Großbritannien eine ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Die Sie initiiert haben! Schmutzkübelpartei! Rohrkrepierer! – Bundesrat Dr. Aspöck: Herr Kollege! Kommen Sie mit Waldheim auch noch? – Bunderat Dr. Nittmann: Alte Hüte!) – Sicher kommt das auch noch, natürlich. Ich will doch nur an ein paar Punkte erinnern, damit man weiß, wo diese Geschichte einzureihen ist. Sie hat in Großbritannien eine PR-Agentur beauftragt, um mit der früheren Regierungschefin Margaret Thatcher reden zu können. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) – Sie können es auch direkt tun, sie gehört ja Ihrer Fraktion an.

Einer der Punkte, an den ich erinnern möchte, ist, dass die Frau Außenministerin einer Delegation 180 Glock-Pistolen als Gastgeschenk für die Ordnungshüter im Kosovo übergeben hat. Das ist besonders wichtig.

Die Waldheim-Geschichte wurde von Ihnen schon erwähnt. Ich brauche nicht extra zu erwähnen, was diesbezüglich hämisch von den Zeitungen geschrieben worden ist. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Die Waldheim-Geschichte ist eine gute Geschichte!)

Zum Thema "Volxtheater-Karawane" brauche ich weiter nicht mehr viel zu sagen. Mein Vorredner Bundesrat Konecny hat das bereits in ausführlicher Art und Weise getan. (Bundesrat Dr. Nittmann: Was reden Sie dann überhaupt, wenn Sie nichts zu sagen haben?)

Eine der Geschichten, die ich aber schon erwähnen möchte, ist die Reisediplomatie. In einem seltsamen Wettlauf mit Bundespräsidenten Thomas Klestil hat die Frau Außenministerin die gleichen Länder bereist, darunter Zypern, Oman, China. (Bundesrat Dr. Nittmann: Mein Gott!) Die Differenzen mit Frau Margot Klestil sind auch nicht unbekannt und haben für entsprechende Meldungen in den Klatschspalten gesorgt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist eine einzige Schmach, was Sie daherquasseln!)

Die Haider-Irak-Reise dürfte Ihnen noch in besonderer Erinnerung sein, denn die letzte dringliche Anfrage richtete sich ebenfalls gegen sie, und zwar nahm sie Bezug auf die Haider-Irak-Reise. Da haben Sie auch genügend Gelegenheit gehabt, die Dinge zu beurteilen. Diese Sache ist allerdings noch nicht zu Ende, es geht natürlich noch weiter, denn Herr Landeshauptmann Haider wird sich sicher nicht davon abbringen lassen, weitere Auslandsreisen zu machen. Ich hoffe, Sie können dann richtiger darauf reagieren.

Nun zu Ihren Antworten: Sie haben gesagt, das ganze Land könne sich hinter die Handlungen der Bundesregierung stellen, ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Die SPÖ eh nicht!) Das ganze Land, die Bevölkerung, die Medien können sich nur dann dahinterstellen, wenn darüber richtig informiert wird. (Bundesrat Dr. Nittmann: Nur die SPÖ nicht, das wissen wir eh!) Ihre Information war so, dass Sie auf jede Ansprache nur reagiert und nur zizerlweise gesagt haben, was denn überhaupt Sache ist.

Ich möchte Sie auf einen Widerspruch in Ihrer Anfragebeantwortung hinweisen. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)  – Gut. Ich lasse


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Sie gerne reden, ich muss sowieso Wasser trinken. (Bundesrat Dr. Nittmann: Vielleicht wird Ihre Rede dann etwas flüssiger! – Weitere Zwischenrufe.)

Frau Bundesministerin! Ich möchte Sie gerne darauf hinweisen, dass Sie in Ihrer Beantwortung gesagt haben, dass der Polizist nicht verhaftet worden sei. Ich kann mich an Aussagen erinnern, in denen Sie gemeint haben, der Polizist sei sehr wohl verhaftet gewesen. Heute haben Sie gesagt, der Polizist sei nicht verhaftet gewesen, da diese Polizisten unter Immunität stünden. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das wäre gar nicht erlaubt gewesen! Das wäre Unrecht!)  – In dem Brief an die UNO stand aber, dass der Polizist verhaftet war, beziehungsweise in anderen Aussagen haben Sie gemeint, dass er verhaftet war. (Bundesrat Dr. Nittmann: Zu Unrecht verhaftet!) Ich hätte gerne Aufklärung dieses Widerspruchs.

Wenn ich die heutige Beantwortung und die Medienberichte Revue passieren lasse, dann muss ich sagen, ich habe auch bei jenen Aussagen, die ich per Zufall oder aus Interesse gelesen habe, feststellen müssen, dass Sie sich genau in dieser Frage immer wieder in Widersprüche verwickeln.

Ich möchte Ihnen die Beurteilung durch einige Kommentatoren der österreichischen Innenpolitik nicht vorenthalten. Ich beginne gleich mit Herrn Sperl vom "Standard", der schreibt (Bundesrat Dr. Nittmann: Das steht eh in der Dringlichen! Das können wir eh lesen!):

"Kaum hat das Außenministerium die Irritationen rund um Haiders Irakreise überstanden, ist dessen Chefin in die nächste Pfütze gestiegen. Die UNO zeigt sich befremdet über die Gangart Wiens.

Benita Ferrero-Waldner durchmisst hoch erhobenen Hauptes und immer lächelnd die diplomatische Welt. Aber dabei sieht sie die Lachen und Bodenwellen nicht, das Wetterwendische der Politik." (Bundesrat Dr. Nittmann: Sie haben Ihre eigene Anfrage nicht gelesen!)

Ich zitiere weiter: "Sicher aber ist, dass nicht nur der Kärntner Landeshauptmann die Außenpolitik der Republik beschädigt, sondern dass das wenig überzeugende Verhalten der Ressortchefin in Krisensituationen zu einem mindestens ebenso großen Problem geworden ist. Sie zeigt zu wenig Managementfähigkeiten (was sie eigentlich gelernt hat) und lässt jene Souveränität vermissen, die bei einer Außenministerin selbstverständlich sein sollte." (Beifall bei der SPÖ.)

Ich zitiere Peter Rabl aus dem "Kurier", der meint: "Der jüngste innen- und außenpolitische Eiertanz um einen schwerer Vergehen in Kosovo beschuldigten österreichischen UN-Polizisten ist nur ein weiteres Glied einer langen Kette von Pleiten, Pech und Pannen dieser Ministerin. Wieder einmal dauerte es mehrere Tage, bis nach ständig wechselnden Argumenten und Erklärversuchen einigermaßen klare Fakten vorlagen." (Bundesrat Dr. Nittmann: Eine Reihe von Pleiten, Pechen und Pannen ist Ihr Vortrag! Kommen Sie zu einem Ende! – Heiterkeit.)

Ich möchte noch gerne ein letztes Zitat bringen und komme dann zum Schluss.

"Ferrero-Waldner hat mit dieser Serie den ganzen Kredit verspielt, den sie sich mit ihrer gnadenlosen Lächel-Offensive gegen die EU-Sanktionen erworben hatte. Wobei ihre Rolle bei der Beseitigung der Österreich-Quarantäne wesentlich überschätzt wurde und wird. Die entscheidenden Fäden hat Wolf ..." (Weitere Zwischenrufe. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage es jetzt klar und deutlich: "Die entscheidenden Fäden hat Wolfgang Schüssel in aller Stille und jenseits der Öffentlichkeit mit seinen christdemokratischen Kollegen in Madrid und Luxemburg gezogen."

Dies zeigt nur, wie die österreichische Presse diese Causa und die Frau Außenministerin beurteilt. (Bundesrat Ledolter: Zeitung lesen wir ja selbst, Herr Kollege!)  – Ich kann dieser Beurteilung durch die österreichische Presse nichts mehr hinzufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17


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685. Sitzung / Seite 128

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Bevor ich Herrn Bundesrat Dr. Ferdinand Maier als nächstem Redner das Wort erteile, möchte ich bitten, den Geräuschpegel so niedrig zu halten, dass die Ausführungen des Redners verständlich bleiben. Es ist zwar niemand verpflichtet zuzuhören, aber man sollte andere nicht daran hindern.

Ich bitte auch, Zwischenrufe darauf zu beschränken, sie vom Sitzplatz aus zu machen und nicht ... (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Jetzt spricht der Präsident, und da ist man ruhig, Herr Kollege! – Bundesrat Mag. Hoscher: Die Belehrungen können Sie sich sparen, Herr Kollege!)

Am Wort ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. – Bitte.

17.18

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Außenministerin! Herr Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst sagen, dass ich die Meinung von Ernst Strasser teile, die er am Beginn seiner Beantwortung vertreten hat. Er hat gesagt, er sei betroffen ob der Aussage oder des Zwischenrufes einer Kollegin, die in Wirklichkeit eine Vorverurteilung hier in den Raum gestellt hat und nicht bereit war, sie zurückzunehmen. (Bundesrätin Schlaffer: Das ist eine Behauptung!)  – Ich hätte erwartet, dass Sie herausgehen, sich zu einer tatsächlichen Berichtigung oder was auch immer zu Wort melden, um diesen Vorwurf, den Sie erhoben haben, zurückzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin aber genauso betroffen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ob der Qualität der Ausführungen meines Vorredners, und ich würde den ORF bitten, keinen Beitrag dieser Diskussion auszustrahlen. Das würde dem Ansehen dieses Bundesrates schaden. (Bundesrat Gasteiger: Zensur! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin aber auch betroffen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn wenn Ehrlichkeit in Ihren Reihen noch einen Stellenwert hat, dann hat das Herr Professor Konecny heute ausreichend bewiesen, indem er gemeint hat: Man kann eine bestimmte Meinung vertreten, aber das ist in dieser Diskussion irrelevant. Es geht hier in Wirklichkeit um die Regierungspolitik. Es ist ja sowieso schon Wurst – diesen Eindruck hat man bei Ihren Dringlichen, die Sie in jeder Sitzung stellen –, welche Dringliche Sie stellen, es geht in Wirklichkeit um Parteipropaganda – sagen wir, wie es ist –, und das haben Sie noch nicht gelernt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde Ihnen raten, nehmen Sie Anleihen bei jenen politischen Gruppierungen in Europa, denen Sie nahe stehen, die bereits in Opposition sind, und lernen Sie ein bisschen Opposition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube aber auch, dass man die Begründung nachliefern soll, warum Sie jetzt schon das zweite Mal eine Dringliche gegen die Außenministerin einbringen.

Das ist völlig klar: Wenn Sie sich die Sympathiewerte der Frau Außenminister anschauen, dann stört Sie das, weil Sie noch nie einen Außenminister mit solchen Sympathiewerten gehabt haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Anlässlich des kommenden Außenministergipfels wird vielleicht die Frau Außenministerin im Rahmen eines Abendessens neben Außenminister Joschka Fischer zu sitzen kommen. Vielleicht löffelt man dort eine Champignoncremesuppe – weil Herr Konecny heute von Champignons geredet hat. Aber beim Löffeln dieser Champignoncremesuppe fragt die Frau Außenministerin Joschka Fischer, wie lange er denn noch der Außenminister dieser rot-grünen Regierung in Deutschland sein werde? – Dann kommt Herr Joschka Fischer wahrscheinlich ein bisschen ins Zittern und patzt sich an. (Heiterkeit.)

Dieser Umstand führt aber dazu, dass es darüber eine Berichterstattung in den Zeitungen gibt. Ich garantiere Ihnen, die nächste dringliche Anfrage in diesem Haus wird lauten: Warum hat sie


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nichts unternommen, um Joschka Fischer vor der Champignoncremesuppe zu schützen? (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die vorliegende dringliche Anfrage durchliest, dann könnte ein kritischer Außenstehender von Falschheit, Heuchelei und Verlogenheit reden. (Bundesrat Konecny: Das ist nicht zulässig!)  – Herr Kollege Konecny! Ich sage das nicht, ich behaupte nur, dass Sie aus den Diskussionen im Hauptausschuss nichts gelernt haben und auch nichts lernen wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gehen wir die dringliche Anfrage ein wenig durch! Da haben Sie doch die Stirn, zu formulieren, im Zentrum jeder einzelnen dringlichen Anfrage in der letzten Zeit stand die Sorge um das österreichische Ansehen und die Beschädigung der internationalen Reputation. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was haben Sie im Rahmen der Sanktionendiskussion aufgeführt! Der Herr Kollege von der SPÖ, der zuerst ein bisschen irritiert etwas vorgelesen hat, hat auch Herrn Waldheim angesprochen. Muss ich Sie daran erinnern, welchen innen- und außenpolitischen Schaden Sie mit der Frage Waldheim angerichtet haben? Warum ist denn Herr Sinowatz zurückgetreten? Warum ist er verurteilt worden? – Das ist für Sie kein Thema mehr. Das ist aber eine Frage des internationalen Ansehens, und das haben Sie und Ihre Partei zu verantworten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir schon ein bisschen über die Außenpolitik reden, dann frage ich Sie: Welche Haltung hat Außenminister Lanc in den siebziger Jahren zur Europäischen Union eingenommen? Welche Haltung hat Außenminister Gratz, der aus dem Amt gegangene Bürgermeister von Wien, eingenommen, der in den Fällen Noricum und Lucona nicht sehr ruhmreich gewesen ist? Was hat er in der Frage der Europäischen Union für eine Haltung eingenommen? (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Sozialdemokraten! Ich habe das erst unlängst gesagt: Ich habe Ihnen erklärt, wie die Repräsentanten der SPÖ mit den Regimen des Kommunismus umgegangen sind. Und ich kann Ihnen auch erklären, warum Sie das nicht verstehen wollen. (Zwischenruf des Bundesrates Manfred Gruber .)

Ihr Kollege, der vorhin gesprochen hat, ist, wie ich erfahren habe, leitender Sekretär der Wiener SPÖ. Er ist wahrscheinlich der, der demnächst den Aufmarsch am 1. Mai organisieren wird müssen. Meine Damen und Herren! Das ist in Wahrheit ein Relikt des Kommunismus! Da es das inzwischen auch nicht mehr am Roten Platz gibt, wird es hier von den Sozialdemokraten noch immer hochgehalten. Ich habe Michael Häupl einmal geraten, er solle sich das patentieren lassen und zumindest den Tourismus in Wien dadurch fördern. Das hat er leider nicht gemacht, aber ich warte schon, bis Ihre Präsentanten wieder mit den roten Tüchlein winken. In Wahrheit winken Sie damit der Vergangenheit zu! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Wenn man Ihre dringliche Anfrage weiter durchliest, dann findet man darin – ich möchte es Ihnen vorlesen –, dass diese österreichische Tradition im Bewahren der außenpolitischen Haltung in den letzten Monaten, aber insbesondere in den letzten Wochen verlassen wurde.

Jetzt frage ich Sie: Haben Sie je mitbekommen, was bisher von dieser Regierung außenpolitisch gemacht wurde? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Das ist Ihnen offensichtlich nicht Recht, das kann ich schon verstehen. Ich rufe nur in Erinnerung: die Entschädigungszahlungen, die Restitutionen, die Frage der EU-Politik im Sinne der Erweiterung, der Verkehrspolitik, der Personenfreiheit, aber auch der Sicherheitspolitik sowie die Frage der Terrorismusbekämpfung. All das sind Initiativen der Frau Außenministerin. Das ist Ihnen nicht Recht, und das ist mir völlig klar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich würde gerne einmal den Fall umdrehen. Was wäre gewesen, wenn ein Beamter Österreichs in Afghanistan zu Schaden gekommen wäre, und wenn das Außenamt, insbesondere die Frau Außenministerin, nicht agiert hätte? – Sie hätten hier einen Rabauz gemacht und eine Dringliche eingebracht, und zu Recht hätten Sie das gemacht. – Jetzt wurde zum Glück vom


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Außenamt und vom Innenministerium richtig gehandelt, aber dass Ihnen das nicht Recht ist, zeigt eine etwas verunglückte dringliche Anfrage. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber diese dringliche Anfrage zum Anlass nehmen, um der Frau Außenministerin, dem Herrn Innenminister und allen Beamten zu danken – ich glaube, das sollten wir alle tun – für diesen Einsatz zum Schutz dieses Opfers und dafür, dass dort, als Gefahr im Verzug war, richtig und rasch gehandelt wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein und ersuche den Bundesrat um Zustimmung:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ludwig Bieringer, Dr. Peter Böhm, Dr. Ferdinand Maier und Kollegen betreffend Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesrat hat volles Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres und ersucht sie, ihre erfolgreiche politische Tätigkeit zum Wohle der österreichischen Bevölkerung fortzusetzen."

*****

(Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Konecny! Ich habe davon gesprochen, dass, wenn ein kritischer Außenstehender Ihre dringliche Anfrage durchliest, er auf die Idee kommen könnte, von Heuchelei, Falschheit und Verlogenheit zu reden. Was mich an Heuchelei erinnert, ist Ihr Verhalten anlässlich des seit wenigen Tagen laufenden Prozesses im Fall Omofuma. Da hat gestern Ihr ehemaliger Innenminister ausgesagt, dass er wusste, dass es im Rahmen des Abtransportes von Häftlingen zum Verkleben des Mundes kommt. Wo ist denn da Ihre Humanität? Wo waren Sie denn da und haben sich aufgeregt? Der gehört Ihrer Fraktion an!

Wo haben Sie gegen Ihren damaligen Minister Schlögl, den Liebling der Partei – kurzfristig war er dann auch noch in Niederösterreich tätig; jetzt ist er weg –, eine Initiative unternommen? – Damals hätte ich eine dringliche Anfrage von Ihnen erwartet, als das aktuell war! Aber was haben Sie gemacht? – Nichts! Jetzt wiegen Sie Ihr Haupt ein bisschen und sagen vermutlich: Da kann man nichts machen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt gebe ich Ihnen noch einen Rat mit. (Bundesrat Konecny: Nein! – Bundesrat Manfred Gruber: Das ist eine Drohung! – Weitere Zwischenrufe.)

Ihr Kollege Schieder hat im Hauptausschuss etwas Richtiges gesagt. Wenn es Ihnen wirklich ernst ist, wenn Ihnen dieser oder ein anderer Sachverhalt ein Anliegen ist, dann greifen Sie zum Hörer, rufen Sie den zuständigen Minister oder die Ministerin an und erkundigen Sie sich, was los ist! Inszenieren Sie hier keine dringliche Anfrage, die inhaltlich schwach ist und eher eine Intrige darstellt, sonst kommt man auf die Idee, dass das, was im Hauptausschuss schon gesagt wurde, stimmt.

Sie erinnern sich vielleicht daran, wie Steiner, der ehemalige Berater für außenpolitische Fragen bei Schröder, abgeschoben wurde. Im Rahmen eines Besuches in Moskau ist er, nachdem er Kaviar geordert hat, vom Dienst suspendiert worden. Und jetzt haben Sie ihn dorthin abgeschoben, damit er dort die Lage koordiniert. Da muss man einmal nachfragen, wie denn überhaupt die Informationen und Dokumente an die Öffentlichkeit gekommen sind!


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Abschließend, und das sollten Sie im Interesse der Steuerzahler wissen: Allein der Umstand, dass die Frau Außenministerin heute hier die dringliche Anfrage beantworten muss – und das ist das Recht der Opposition, das zu hören, gar keine Frage, aber Sie sollten endlich einmal bessere Fragen stellen und vielleicht nicht so oft, weil dadurch wird es nicht besser –, wird den Steuerzahler rund 12 000 € kosten. Sie muss einen eigenen Flug nehmen, um zum Gipfel nach Barcelona zu fliegen, sie kann nicht mehr mit derselben Maschine fliegen wie die anderen. Das sind Kosten, die in Wahrheit Sie verursacht haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Bieringer, Dr. Böhm, Dr. Maier und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer das Wort. Ich mache auf die Redezeitbegrenzung von 5 Minuten aufmerksam. – Bitte.

17.30

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Maier hat mich jetzt dazu veranlasst, mich zu einer Berichtigung zu Wort zu melden, obwohl ich die Absicht hatte, mich für einen Debattenbeitrag zu melden, bei dem ich dann mehr Zeit gehabt hätte. Aber es ist mir jetzt ein Bedürfnis, eine Richtigstellung zu machen, um diesen Punkt in der heutigen Debatte vielleicht ein für allemal vom Tisch zu bekommen und nicht Anlass für weitere Vorwürfe zu geben.

Kollege Maier! Sie haben mir unterstellt, dass ich eine Vorverurteilung getroffen habe. Ich möchte dazu klarstellen, dass mein Einwurf allein auf die Person des Franz Normann gerichtet war und es nicht meine Absicht war, in irgendeiner Weise etwas zu unterstellen. Es war eine von mir als Frage formulierte, zugegebenermaßen nicht sehr geschickte Zwischenbemerkung, und ich entschuldige mich insoferne dafür, als ich betone, es war nicht meine Absicht, in irgendeiner Form dem betroffenen Beamten zu unterstellen, irgendetwas getan zu haben, was gegen das Gesetz verstößt.

Selbstverständlich bin ich auch gerne bereit – ich verweise dabei auf meine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Exekutivbeamten, die eine, wie ich meine, sehr gute ist –, hier an Ort und Stelle festzuhalten, dass ich die Tätigkeit sowohl jener, die in Österreich ihren Dienst versehen, als auch all jener, die im Ausland tätig sind, sehr schätze und mich eigentlich voller Bewunderung dahin gehend äußern möchte, was diese Menschen leisten.

Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen, und gleichzeitig ersuche ich, dass dieser Punkt jetzt vom Tisch ist und nicht weiterhin Anlass dafür gibt, mir in weiteren Wortmeldungen diesen Vorwurf zu unterstellen. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

17.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Reisenberger. Ich erteile ihm das Wort.

17.33

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, es war ein wunderbares Schauspiel, was uns Herr Kollege Maier hier geboten hat. Es ist schon interessant, dass sich gerade ein Raiffeisenmann eher mit den Lagerhäusern beschäftigt als mit dem 1. Mai oder irgendwelchen ideologischen Gedanken, die es dabei gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist auch, wie ich meine, gar nicht so unaktuell und gar nicht so überraschend, wenn der Entschließungsantrag nur für unsere sehr verehrte Frau


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Ministerin gemacht wird. Der Herr Minister bleibt übrig – vielleicht zu Recht, vielleicht zu Unrecht, das weiß ich nicht.

Sie haben es hier anders formuliert. Rhetorisch sind Sie ja gut darauf, das wissen wir ja, aber trotzdem sollten Sie, wenn Sie einen Kollegen hier beurteilen wollen – als großer Herr Oberlehrer oder Dorfschullehrer; ich weiß nicht, wie man es bezeichnen soll (Ruf bei der SPÖ: Lagerhaus-Lehrer!)  –, doch ein bisschen die Grenzen des guten Benehmens beachten! – Ich weiß schon, das gelingt uns nicht immer, auch mir gelingt das nicht immer, aber wir sollten es zumindest versuchen. Auch das gehört eigentlich zu unserer Arbeit.

Sie haben natürlich versucht – und ich verstehe das auch –, vom Inhalt und vom Thema wegzukommen, denn das ist für Sie nicht ganz angenehm. Vor allem ist es auch nicht ganz angenehm, wenn man darüber spricht, warum und wie etwas Bestimmtes passiert ist, und wenn man alles genau wissen will, was eigentlich jedem von uns nicht nur zusteht, sonst was wir alle selbst verlangen sollten.

Ihre Argumente, die Sie bringen, Ihre Erinnerungen an Minister aus den siebziger Jahren zeigen auch, dass man an die guten Zeiten, als noch eine sozialdemokratische Politik gemacht wurde, zurückdenkt. Sie vergessen dabei aber, zu sagen, dass zu dieser Zeit durchaus andere politische Verhältnisse geherrscht haben, dass europaweit eine andere Situation gegeben war, auf die man damals eingehen musste und die man nicht eins zu eins mit der heutigen vergleichen kann. Wenn Sie das tun, dann tut es mir Leid, dann sind Sie ein paar Jahre hinten nach.

Vielleicht hatte diese Wortmeldung aber auch einen anderen Sinn, vielleicht hat Herr Kollege Maier gemeint, er könne damit ins Fernsehen kommen, denn Nachfolger von ÖVP-Wien-Obmann Görg kann nur jemand werden, der wenigstens zwei, drei Mal pro Woche im Fernsehen ist. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es finden bereits offensichtlich die Diskussionen zwischen den zwei Ministern, die eine größere Chance haben, statt, um dies vielleicht machen zu können.

Aber kommen wir zum Thema und zu unserem Antrag zurück. Ich glaube, wenn wir über diesen Fall sprechen, dann haben wir alle miteinander ein Problem – wir ein größeres als Sie, Frau Ministerin und Herr Minister, weil wir nicht dabei waren und nicht wissen, was tatsächlich dort passiert ist. (Bundesrat Ledolter: Dass es nichts hergibt, das ist das Problem!)  – Hören Sie zu, dann ersparen Sie sich solche Meldungen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines steht aber für uns als Sozialdemokraten und vor allem für uns als Gewerkschafter fest: dass keinem die Unschuldsvermutung abgesprochen werden darf. Dies gilt für jeden, wie Sie, Frau Ministerin, völlig richtig gesagt haben, natürlich in erster Linie auch für einen Exekutivbeamten! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Sie haben die Berichtigung gehört, aber nicht verstanden, das ist das Problem.

Es ist eine Grundvoraussetzung, wenn wir hier von diesem Fall sprechen, dass wir nach wie vor davon ausgehen dürfen und müssen, dass die Unschuld dieses Kollegen, eines österreichischen Beamten, der für uns, für Österreich im Ausland Dienst gemacht hat, hier in Frage gestellt, aber nicht widerlegt worden ist.

Fragwürdig ist die Behandlung des Vorfalles durch die Ministerien. Fragwürdig ist für mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie man dort mit Informationen, auch mit der Informationspflicht gegenüber dem Parlament, gegenüber den Mandataren, gegenüber der Öffentlichkeit umgeht. Da setzt mein Kritikpunkt an, und da hätte ich doch ganz gern einige Informationen erhalten, die mir bis jetzt versagt wurden. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Die Informationen, die wir bekommen haben, kamen spät und mangelhaft. Und auch heute sind die Informationen nicht ohne Wenn und Aber und mit einigen Einschränkungen gegeben worden. Ich verstehe schon, in einem laufenden Verfahren ist es für uns alle wichtig, uns nicht


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unerlaubt zu exponieren. Nur: Klare Fakten, die schon längst bekannt sind, Dinge, die gemacht worden sind, müsste man im Grunde genommen hier auch klar und deutlich sagen können.

Wir haben die Frage gestellt: Welche Untersuchungen über die Belastbarkeit der einzelnen Menschen, die zu solchen Einsätzen geschickt werden, werden eigentlich gemacht? – Dies betrifft vor allem die extremen Problemlagen im Ausland, die Extremsituationen, in die man kommen kann. Wir haben jetzt gesehen, das ist nicht nur Theorie, das ist leider Gottes auch in der Praxis der Fall, daher haben die Untersuchungen natürlich ihren Grund.

Wir wissen schon, dass es eine "Grundausbildung" – unter Anführungszeichen – gibt, sie nimmt aber in Wahrheit nicht auf derartige Extremsituationen Rücksicht.

Frau Ministerin und vor allem Herr Innenminister! Im Grunde ist es ganz einfach, und Sie haben es selbst gesagt: "Wir müssen es umsetzen!" – Da geht es um unsere Obsorgepflicht, Ihre Obsorgepflicht als Chef, als derjenige, der verantwortlich ist für jene Kollegen, die in diesen Ländern eingesetzt werden, und dafür, schon im Vorhinein solche Situationen möglichst zu vermeiden, und es geht für die Beamten darum, zu wissen, was mache ich, wenn so etwas passiert.

Wir haben es da im Grunde genommen mit einer ähnlichen Situation zu tun wie in einem Betrieb. Da hat auch der Chef die Obsorgepflicht. Wenn wir uns in Österreich umschauen, dann stellen wir fest, Lokführer, Busfahrer, Straßenbahnfahrer, Lehrer, ja sogar Unternehmer, kluge Unternehmer gehen in Schulungen, um sich auf Extremsituationen vorbereiten zu lassen. Man sollte es nicht glauben, aber auch für Lehrer gibt es Extremsituationen, und Kinder können manchmal sehr kritisch, sehr streng und vor allem auch sehr unfair sein. Auch das kann eine Extremsituation darstellen. Daher lässt man sich, will man sich darauf vorbereiten und schulen.

Derzeit gibt es so gut wie keine Schulung und Vorbereitung für Extremsituationen. Die psychologische Betreuung, die unsere Kollegen vor Ort erfahren sollten, ist so gut wie nicht vorhanden. Ich sage das ganz bewusst, auch auf Grund von Informationen und Gesprächen mit Kolleginnen und mit Kollegen, die bereits einen solchen Dienst hinter sich haben. Es gibt zwar auf dem Papier einige Sachen, aber die tatsächliche Umsetzung ist so gut wie nicht vorhanden. Aber das ist unsere Pflicht! Es ist Ihre Pflicht, Herr Minister, sich als Dienstgeber entsprechend dafür einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Menschen in Extremsituationen hilflos ausgeliefert sein zu lassen, das ist nicht das, was sie verdienen. In einem kosovarischen Gefängnis in Haft oder nicht – diesbezüglich gibt es die unterschiedlichsten Aussagen. Heute haben wir gehört, er sei noch nicht in einem solchen gewesen, aber er habe befürchtet, in ein solches zu kommen. Ganz klar: In einer solchen Situation rasten viele aus, und da hat man natürlich auch – und das kann ich mir lebhaft vorstellen – Angst, was da auf einen zukommt, Angst davor, was einem da alles passieren könnte.

Herr Minister! Sie haben sehr theatralisch dargestellt, wie es da unten zugeht, wie diese Gefängnisse sind. Ich glaube es Ihnen, und ich kann mir vorstellen, dass da jemand denkt: Bevor ich mir das antue – da ist mir alles andere lieber.

Mir geht es jetzt aber nicht darum, dass man ihn nach Hause gebracht hat – danke schön; so etwas ist wichtig für unsere Kolleginnen und Kollegen –, sondern darum, wie das geschehen ist, wie die Informationen erfolgten, wie es weitergegangen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Februar 2001 waren insgesamt 4 446 Menschen im Kosovo im Einsatz, aus Österreich kamen 70, jetzt sind es noch 69, wenn meine Information stimmt, Frau Ministerin. Jetzt frage ich: Welchen Schutz bieten wir den 69 Personen, die noch unten sind? Was machen wir jetzt? Welchen Schutz bieten wir ihnen an? – Sie sind in dieser Situation im Ausland alleine gelassen, von anderen, die auch dort unten sind, angefeindet. Wir haben das schon gehört, wir haben auch diesbezügliche Anrufe bekommen.

Es ist nicht leicht für Sie, aber: Was ist hier vorgesehen? Welchen Schutz haben diese Personen, was geschieht allein, um unsere Menschen dort zu schützen? Sie haben selbst


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gesagt, das sei allein schon vom Dienstrecht her Ihre Aufgabe, Ihre Verpflichtung. Was wollen Sie tun? Was ist hier vorgesehen? Was dürfen jene Kollegen erwarten, die jetzt ihren Dienst für uns, für die Republik Österreich dort unten versehen? Welche Veränderungen dürfen sie erwarten? – Ich glaube, es ist notwendig, dass es bezüglich der Rahmenbedingungen für die Arbeit dieser Menschen Veränderungen geben muss, dass auch eine gewisse Sicherheit gewährleistet wird, um in Zukunft den Dienst entsprechend ausüben zu können.

Wenn man hier so professionell ist wie bei der Änderung der Voraussetzungen, warum man jemanden nach Hause schickt, bin ich zuversichtlich, denn das ging schnell. Herr Minister! Ich hoffe, dass Sie dann genau so schnell sind, wie Sie auch in Österreich schnell sind, wenn es im Bereich der Exekutive um etwas geht, was Ihren Vorstellungen nicht ganz entspricht, vor allem auch betreffend die Personalplanung. Da kommt es relativ rasch zu Veränderungen, aber eben nur auf einer Ebene.

Dass es noch keinen internen Bericht gibt, Frau Ministerin! Herr Minister, ist schon eigenartig. Informationen zu bekommen und zu geben, das ist schön und gut, nur ist dieser Vorfall nicht zwei Tage her, sondern er liegt schon länger zurück. Ich glaube, dass wir es schon längst versäumt haben, diesen Bericht einzumahnen – und zwar alle Fraktionen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei.

Es ist sicherlich richtig, dass, wenn ein strafrechtliches Verfahren im Laufen ist, alles andere hintanzustellen ist. Wir haben gehört – der Herr Minister hat das gesagt –, dass besagte Person, nachdem sie nach Österreich gekommen ist, von zwei Ärzten untersucht worden ist und psychologisch betreut wird. Entweder ist diese psychologische Betreuung sehr schlecht – ich kenne diese Psychologen oder Ärzte nicht ... (Bundesrat Ledolter: Ein Arzt!) Ein Psychologe muss nicht unbedingt ein Arzt sein, wie wir alle wissen. Offenbar treibt man diesen Menschen in die Situation – ich kann es mir nur so vorstellen –, dass er über seinen Anwalt seine Aussage in die "Kronen Zeitung" bringt. Das ist alles andere als gut, es ist eher schädlich, wenn man in einem laufenden Verfahren über die Medien arbeitet und versucht, sich zu rechtfertigen. Es entsteht ein Gefühl der Verlassenheit, der Hilflosigkeit. – Herr Minister! Da muss ich auch wieder sagen: Helfen Sie ihm! Helfen Sie mehr, denn offensichtlich passiert hier zu wenig! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Gudenus: Das stimmt doch nicht, was Sie sagen! So ein Schwachsinn! – Bundesrat Konecny: Herr Präsident! Das Wort "Schwachsinn" ist gefallen vom Herrn Kollegen Gudenus! Ich ersuche Sie, nach Prüfung des Protokolls einen Ordnungsruf zu erteilen! – Es hat alles seine Grenzen, Herr Kollege! – Bundesrat Dr. Nittmann: Ihre Anfrage zum Beispiel! – Bundesrat Mag. Gudenus: Da redet einer 5, 10 Minuten darüber, dass unsere Beamten schutzlos sind! – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Gudenus! Das Problem ist: Ich rede 5, 10 Minuten, vielleicht eine Viertelstunde, aber wir müssen uns Sie auch anhören, ob es uns gefällt oder nicht, und das, was ich heute von Ihnen gehört habe, war viel schlimmer! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Situation im Kosovo wird nicht morgen vorbei sein. Die Frau Ministerin hat dem Hauptausschuss geschrieben – so steht es im Protokoll –, dass auf Grund der hervorragenden Bedeutung der Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit in unmittelbar Nachbarschaft Österreichs an eine Fortsetzung gedacht sei. – Zuerst war das nur auf sechs Monate beschränkt. – Die Entsendung von bis zu 70 Exekutivbeamten und zwei Verbindungsoffizieren im Rahmen der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo – UNMIK – liege im besonderen österreichischen Interesse, schreibt die Frau Ministerin.

Ich glaube auch, dass das wichtig ist, und um das auch in Zukunft machen zu können, müssen alle nur erdenklichen Verbesserungen getroffen werden, um andere Voraussetzungen für diejenigen zu schaffen, die dort hingehen und dort bleiben müssen.

Wir müssen ihnen auch klar machen, auf was sie sich einlassen, welche Möglichkeiten wir haben und wie schnell wir, wenn es notwendig ist, helfen können. Dazu gehören auch eine ordentliche Vorbereitung, eine entsprechende Information und eine Betreuung vor Ort, nämlich die Obsorgepflicht, die ganz wichtig ist.


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Wir haben in diesen Fällen nicht zu urteilen – und wir wollen es auch gar nicht –, ob es jetzt richtig ist, ob es gesetzmäßig ist, wie, auf welche Art und Weise dieser Mensch nach Österreich gekommen ist. Was wir wissen wollen ist, welche Möglichkeiten ... (Bundesrätin Haunschmid: Was für ein "Mensch"? – Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist ein Österreicher!) – Ein "Mensch" ist für Sie kein Begriff? Ein Mensch ist ein Mensch. Sie sind ein Mensch, ich bin ein Mensch. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich hoffe, dass solche Situationen nicht wieder vorkommen, doch müssen wir uns Gedanken machen, wie wir diese in den Griff bekommen, wie man sie von vornherein möglichst ausschaltet und wie man für die Menschen in Zukunft, die unten ihren Dienst versehen, eine Sicherheit gewährleisten kann.

Es gab keine Informationen in Österreich! Die Informationen, lieber Herr Kollege, bekommt man wieder einmal über die Medien. Wenn wir Österreicher aus der "Washington Post" erfahren müssen, was passiert, dann ist es nicht unverschämt, zu sagen, dass die Informationspolitik dieser Regierung mehr als unzulässig ist. Und das prangern wir an!

Noch etwas ist mir wichtig ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Sie haben jetzt einen neuen Satz, Herr Kollege! Jetzt konnten Sie den alten schon so gut. Sie sollten sich nicht umgewöhnen, sonst wird es ein bisschen undeutlich. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich glaube, Österreicher im Ausland, auch im Kosovo, repräsentieren durch ihre Tätigkeit Österreich. Das ist eine ganz wichtige Sache. Wir fordern eine entsprechende Information und mehr Sicherheit in diesem Zusammenhang. Herr Minister! Ich spreche Sie vor allem als Dienstgeber an: Erfüllen Sie Ihre Pflicht! Geben Sie diesen Kollegen auch die entsprechende Sicherheit, um ihre Arbeit ordentlich verrichten zu können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

17.49

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Bundesministerin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich finde es höchst bedauerlich, dass Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Fraktion, einen so tragischen Vorfall zum Gegenstand Ihrer heutigen dringlichen Anfrage gemacht haben!

Ich finde es noch trauriger, dass Sie – und Sie mögen es noch so lebhaft bestreiten – den beiden Bundesministern letztlich einen Vorwurf daraus machen, dass sie ihre Schutzpflicht für einen österreichischen Beamten wahrgenommen haben (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ja, wäre es Ihnen lieber gewesen, wäre es nach Ihnen gegangen, man hätte den Betroffenen den Behörden im Kosovo überlassen? Gehen Sie etwa davon aus, dass diese über dieselben Qualitäten verfügen wie die österreichische Rechtspflege? – Das wäre ein vernichtendes Urteil über die österreichische Gerichtsbarkeit, ja im Grunde eine unfassbare Abqualifikation! (Bundesrat Freiberger: Haben Sie Reisenberger nicht zugehört?) – Ganz so sicher bin ich mir da nicht, Herr Kollege, wenn ich Ihre dringliche Anfrage lese.

Sie schreiben auf Seite 3: "Gleichzeitig werden Vorwürfe erhoben, dass die Untersuchung gegenüber dem österreichischen Beamten in menschrechtsverletzender Weise durchgeführt wurde. Entspricht das der Wahrheit, stellt sich die Frage" – also für Sie die Frage –, "warum diesbezüglich nichts unternommen wird, da jeder das Recht hat, dass bei allen Verfahren die Menschenrechte und die Menschenwürde beachtet werden." Also Sie meinen, vor Gerichten im Kosovo werden die Menschenrechte und die Menschenwürde beachtet!

Nicht weniger befremdlich ist es, dass Sie sich – nicht heute in Ihrer dringlichen Anfrage, aber in öffentlichen Stellungnahmen mancher Ihrer führenden Funktionäre – in Missachtung der


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Unschuldsvermutung einer klaren Vorverurteilung des Beamten schuldig gemacht haben. Vor allem aber muss ich Sie eines fragen, meine Damen und Herren von der SPÖ: Nehmen Sie das Anliegen Ihrer dringlichen Anfrage wirklich ernst? – Erlauben Sie, dass ich daran erhebliche Zweifel anmelde, müsste ich Ihnen doch sonst völlige Inkonsequenz, wenn nicht Doppelbödigkeit unterstellen, und das will ich gar nicht.

Zumindest eines muss ich Ihnen aber doch vorhalten: Ihre ideologisch bedingte und motivierte Einseitigkeit. Erinnern Sie sich nicht mehr daran, dass ja Sie es waren, die, und zwar mit großer Vehemenz, Kritik an der Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner geübt haben, sie hätte sich angeblich – das stimmte ja so gar nicht – nicht umgehend für die in Genua in Untersuchungshaft genommenen Mitglieder der so genannten "Volxtheater-Karawane" eingesetzt! Da ging Ihre Kritik in die genau gegenteilige Richtung! Das soll glaubwürdige Politik sein?! – Das nimmt Ihnen niemand ab! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich will Ihnen auch keineswegs unterstellen, dass damals Ihre Position deshalb eine andere war als heute, weil es damals um weit links stehende, um nicht zu sagen linksextreme Teilnehmer an gewalttätigen Ausschreitungen gegangen ist, sich heute aber bloß um einen österreichischen Polizisten handelt, der sich freiwillig zu einem UN-Friedenseinsatz gemeldet hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: Da weiß man, wo das Herz der SPÖ schlägt!)

Inzwischen ist ja durchaus bekannt, dass das italienische Höchstgericht, der Kassationsgerichtshof, festgestellt hat, dass die über die erwähnten Mitglieder der "Volxtheater-Karawane" verhängte Untersuchungshaft zu Unrecht aufgehoben worden ist, weil völlig ausreichender Tatverdacht bestanden hatte.

Ihnen aber konnte es damals nicht rasch genug gehen, dass die Verdächtigen aus der Haft entlassen und nach Österreich überstellt werden – und das aus Italien, einem zweifellos demokratischen Rechtsstaat.

Es ist also gar keine Frage, dass die gegen den österreichischen Polizeibeamten erhobenen schwer wiegenden Vorwürfe korrekt zu untersuchen sein werden. Das geschieht – das ist ja angekündigt –, und die entsprechenden Verfahren zur völligen Aufklärung des Falles laufen. Dass sich aber der Bundesminister für Inneres auf Grund der ihm zugekommenen Informationen um die Repatriierung des ihm unterstellten Beamten bemüht hat, war notwendig und richtig.

Ihre Kritik an seinem Vorgehen wie an dem Vorgehen der Frau Außenministerin, die ihn im Verhältnis zu den Vereinten Nationen tatkräftigst unterstützt hat, entbehrt nach unserer Überzeugung jeder Grundlage und jeder Berechtigung. Unser Vertrauen in die Amtsführung beider Bundesminister ist durch das von der Opposition kritisierte Vorgehen zum Schutz des betroffenen österreichischen Polizeibeamten nicht bloß nicht erschüttert, sondern klar und eindeutig verstärkt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

17.54

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lieber Herr Dr. Maier! Ich glaube, wir sollten den 1. Mai lassen. Entschlanken wir die Debatte! Sie und ich sind zu jung, um an der Geschichte dieses Tages, an der Erkämpfung dieses Tages als wichtiges Symbol beteiligt gewesen zu sein. (Bundesrat Dr. Maier: Wir feiern, und sie marschieren! Das ist der Unterschied!)

Sie wissen aber auch, dass der Versuch von anderer Seite, diesen Tag der Arbeiterbewegung wegzunehmen, auch ein sehr denkwürdiger Tag war. (Ruf bei der SPÖ: Weil ihr niemanden findet zum Marschieren!) Lassen wir heute aus dieser Diskussion den 1. Mai heraus! (Weitere Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Es gibt auch andere Formen der Aufmärsche, etwa freiheitlicher Art, die auf Schiffen stattfinden, oder auch von der ÖVP. Ich lade Sie einmal nach Tirol ein. Das gibt es dort auch, nur in einer ein bisschen anderen Art. Es ist die städtische ÖVP, die das vielleicht nicht kennt, aber kommen Sie aufs Land, dort werden Sie es auch sehen.

Aber jetzt entschlanke ich mich. Ich habe mich nur ein bisschen herausgefordert gefühlt, Herr Dr. Maier! Das war schon eine klassische Rede für einen Spitzenoppositionellen im Wiener Rathaus. Was die Görg-Nachfolge angeht, so war das heute schon so etwas wie eine Bewerbungsabgabe, und ich finde das ganz in Ordnung. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Ehrlich gesagt – und da treffen wir uns wieder –, auch ich mache mir als Oppositioneller in Wien um den Zustand Ihrer Partei in Wien Sorgen. Also, Herr Dr. Maier, das wäre eine Sache! (Beifall bei der SPÖ.) Ich hoffe, Sie gewinnen.

Es ist hier über die Anständigkeit oder die Unanständigkeit dieser Diskussion diskutiert worden. Es ist die verdammte Pflicht der Opposition, eine solche Diskussion zu hinterfragen, egal, welche Opposition es ist. Liebe Freiheitliche Partei! Denken Sie an Ihre lange Geschichte von Hinterfragungen und dringlichen Anfragen! Es ist die Aufgabe, es ist geradezu ein Muss, es zu tun, wenn zwischen Washington, Priština und Wien eine diplomatische, eine politische und eine menschliche Affäre diskutiert wird. Es müssen diesbezüglich Nachfragen gestellt werden, auch über die Performance des Außenministeriums selbst, denn – und da wird mir die Frau Außenministerin vielleicht sogar Recht geben – die Schlangenlinie der Argumentation oder gewisse Kapriolen der Argumentation im Rahmen des Außenministeriums sind unübersehbar.

Frau Außenministerin! Ich habe Ihnen wie immer sehr genau zugehört, und ich habe Ihnen auch zum Beispiel im "Inlandsreport" vor zwei Tagen sehr genau zugehört. Da haben Sie gesagt, dass der UN-Polizist Österreichs trotz seiner Immunität inhaftiert wurde und in ein Gefängnis mit Kosovaren gesperrt wurde, und hier galt es zu handeln, denn Sie sagten, er wurde in die selbe Zelle gesperrt mit Menschen, die er selbst als Polizist befragt oder beamtet behandelt hat. – Das hatten Sie gesagt, und heute sagen Sie, dass er nicht inhaftiert war. (Ruf: Beamtshandelt!) Beamtshandelt, ja! Ich bin froh, dass Sie aufklären. Dazu dient ja eine dringliche Anfrage, dass man die Dinge aufklärt. Das ist keine böse Aktion. Herr Innenminister Strasser! Es ist keine böse Aktion, auch wenn Sie dabei ein bisschen spitz schauen (Heiterkeit), aber solche Dinge müssen wir aufklären.

Weiters: Ich nehme einige Dinge zur Kenntnis – und das ist auch das Gute an solch einer dringlichen Anfrage. Ich nehme zur Kenntnis, dass – das ist eine tolle Sache, da fühlt man sich als Staatsbürger auch ganz anders – die Republik Österreich ungebrochen für jeden österreichischen Staatsbürger und für jede österreichischen Staatsbürgerin im Ausland eintritt. – Das ist toll. Das ist aber auch eine Selbstverständlichkeit.

Jetzt geht es aber auch um die Frage der Geschwindigkeit. Nicht wir beide direkt, aber andere hatten im Sommer eine Diskussion über das Thema der Geschwindigkeit dieser Intervention für österreichische Staatsbürger.

Ich glaube, die Eltern jener Menschen, für die genauso die Unschuldsvermutung galt – Frau Haunschmid, Sie haben hier einen Zwischenruf gemacht, für den sich zu entschuldigen es mindestens so wichtig wäre (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid ); sicher! –, wären froh gewesen, wenn von offizieller österreichischer Seite schneller oder zumindest mit ähnlicher Geschwindigkeit reagiert worden wäre wie in dieser Angelegenheit. (Bundesrat Dr. Böhm: Kosovo ist nicht Italien!) – Ja, wunderbar! Der Kosovo ist nicht Italien. Bulgarien ist nicht Rumänien. Tschechien ist nicht Österreich. Darüber müssen wir jetzt nicht diskutieren. (Bundesrat Dr. Nittmann: Es geht um den Menschenrechtsstandard!)

Die nächste Sache, über die wir alle uns heute einig sind, ist, dass die Unschuldsvermutung selbstverständlich auch für einen UN-Polizisten gilt, einen Menschen, der sicherlich seinen Dienst in einer extremen Lebenssituation versieht. Alle Fraktionen, so hoffe ich, sind der Meinung, dass Österreich, egal ob auf militärischer oder auf polizeilicher Ebene, solche inter


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nationalen Verpflichtungen nicht in Frage stellt und diesen internationalen Verpflichtungen auch nachkommt. Das ist auch eine Klarstellung, die wir heute mittels dieser dringlichen Anfrage bekommen haben. (Präsidentin Pühringer übernimmt den Vorsitz.)

Die Frau Außenministerin hat gefragt, wo die "Schlangenlinie" sei, von der ich sprach. Das ist ein Ausdruck, den ich den Medien entnommen habe, denn nicht immer will man kreativ sein. Sie können nicht sagen, dass alle österreichischen Medien in der Beurteilung des Handlings dieser Angelegenheit gleichgeschaltet wurden. Ich habe nicht ein Verfolgungsgefühl, dass ich glaube, dass die österreichischen Medien schon alle gleichgeschaltet sind, auch wenn die Konzentration der österreichischen Medien zu großer Sorge Anlass gibt.

Ich habe in der letzten Sitzung hier gesagt: Frau Außenministerin! Ich glaube Ihnen vollinhaltlich, dass Sie von der Reise Haiders zum Happening mit Diktator Saddam nichts gewusst haben.

Aber in dieser Angelegenheit habe ich meine Zweifel, ob Sie sich nicht mehr als notwendig schützend vor Vorgänge stellen – ich weiß es nicht. Aber Sie werden noch einmal das Wort ergreifen, um das klarzustellen. Eines ist jedenfalls klar: Es geht nicht darum, wie jetzt die genaue Übersetzung ausschaut, sondern es geht darum, wie ein Brief ankommt. (Bundesrat Mag. Himmer: Wenn Sie ihn interpretieren!)

Herr Kollege Himmer! Nicht die Opposition in Österreich hat diesen Brief zuerst kommentiert, sondern der Sprecher von Kofi Annan hat ihn zuerst interpretiert oder auch die "Washington Post". (Bundesrat Mag. Himmer: Das könnten Sie als Österreicher durchaus auch kritisch sehen!) Das kann man auch kritisch sehen, aber trotzdem muss ich mir überlegen – das sage ich Ihnen als Tiroler –: Was wäre gewesen, hätte die österreichische Bundesregierung einen ähnlichen Brief, meinetwegen auch in Englisch, in einer ganz anderen Sache an die italienische Regierung geschickt und gesagt, sie setzt das Südtirolpaket aus, wenn nicht ...? Wie wäre denn das zum Beispiel bei der italienischen Regierung angekommen? (Bundesrat Dr. Nittmann: Der Vergleich ist unzulässig! – Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner: Das sind jetzt zwei Paar Schuhe!)

Natürlich sind es zwei Paar Schuhe, und natürlich ist nicht jeder Vergleich super. Das weiß ich auch, Frau Ministerin. Ich bekenne mich dazu, dass nicht jeder Vergleich punktgenau ist. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) – Nein, nein, so nicht!

Die Frage ist, wie ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Lieber Kollege Gudenus! Es ist die Frage – und dahinter  steckt jetzt der tiefere Grund –, wie so ein Brief ankommt. Ich glaube, dass die UNO öfter solche Briefe bekommt. Ich denke, dass das Verhalten der USA in Sachen UNESCO in der Vergangenheit nicht elegant war. Aber warum – und da sollten Sie sich jetzt einmal kurz an der Krawatte nehmen – fällt so etwas, wenn es aus Österreich kommt, immer so besonders auf? Das hat schon – Sie waren leider letztes Mal nicht da – mit jenem unwürdigen Schauspiel zu tun, das wir in Bagdad vor noch nicht allzu langer Zeit erlebt haben. Vielleicht wird auch deshalb wesentlich sensibler reagiert und hinterfragt, wenn aus Österreich etwas kommt. Schön ist es nicht.

Ich komme jetzt noch einmal auf die Performance des Außenministeriums zu sprechen. Ich zitiere in diesem Zusammenhang eine Aussage des früheren Kabinettchefs des ÖVP-Vizekanzlers Riegler, der als Chefredakteur der "Tiroler Tageszeitung" meinte:

"Österreichs Außenpolitik ist mitsamt dem Großteil des politischen Personals völlig ungeübt, die seit dem EU-Beitritt übernommene aktive Rolle zu spielen. Wer an der internationalen Sicherheitspolitik teilnehmen will, muss deren Standards erfüllen." – Ende des Zitats von Claus Reitan. (Zwischenruf bei der ÖVP: Der war nie Kabinettschef!) – Sie haben Recht. Okay! Aber Sie wissen, dass die Pressereferenten in den Kabinetten oft eine sehr wichtige Rolle spielen. Aber es ist okay. (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich bin es nicht. Ich bin in keinem Ministerium jemals gewesen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Das ist wichtig. Genau! (Bundesrat Dr. Nittmann: So soll es auch bleiben!) Na ja, es war heute schon irgendwie die Sehnsucht


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spürbar, dass sich das ändern soll, wie wir aus einem Redebeitrag eines Mitgliedes der FPÖ gehört haben. Aber das ist eine andere Geschichte.

Frau Außenministerin! Wenn das jemand wie Herr Reitan – durchaus kein Journalist, der auf der linken Seite dieses Hauses angesiedelt ist – schreibt, so müssen Sie sich hier auch die Frage gefallen lassen, wie es dazu kommen konnte, dass diese Interpretation der Übersetzung zum plötzlichen Strohhalm wurde und dass nachher die Argumentation doch in eine ganz andere Richtung gelaufen ist.

Meine Damen und Herren! Die Rolle dieses Polizisten wird geklärt. Auch das ist eine wichtige Klarstellung, die heute hier getroffen wurde. Sie wird auf zwei Ebenen geklärt – auch das ist eine wichtige Klarstellung –, nämlich auf der österreichischen Ebene und auf jener der UNO. Die Frage ist nur, Frau Außenministerin: War es wirklich optimal, wie die Repatriierung erfolgt ist? Es ist die Frage: War es in voller Übereinstimmung mit der UNO oder nicht?

Ich habe der Beantwortung beider Anfragen zugehört, aber ich muss ehrlich sagen: Die genaue Antwort darauf habe ich nicht herausgehört. Vielleicht wäre es möglich, das in einer zweiten Stellungnahme Ihrerseits hier zu erfahren.

Ich glaube, dass ein Teil dieser Verstimmung auf die Form beziehungsweise die Art der Repatriierung zurückgeht. Ich glaube auch, dass ein Verfahren in Österreich, wenn es mit der Zustimmung der UNO geschieht, eine wesentlich höhere Garantie hat, Aufklärung zu schaffen, als in der derzeitigen Situation im Kosovo. Ich glaube, das ist keine Frage.

Es ist auch keine Frage, dass wir hier alles unternehmen müssen, um nicht bei den restlichen Soldaten und Polizisten, egal wo immer sie sind, große Verunsicherung entstehen zu lassen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Tragen wir doch dazu bei!)

Aber eines ist schon klar: dass der Vorwurf, der hier im Raum steht, und der Verdacht, der hier erhoben wird, nicht gering sind. Folter ist, so glaube ich, eines der schwer wiegendsten Verdachtsmomente, das man der Exekutivgewalt gegenüber überhaupt aussprechen kann. (Ruf bei den Freiheitlichen: Auch da gilt die Unschuldsvermutung!) – Die Unschuldsvermutung gilt auch da, das ist völlig klar. Aber es gilt, einen so schwer wiegenden Verdacht in einem Land, in welchem es heute und jetzt darum geht, ordentliche Verhältnisse in den Bereichen Staatsgewalt, Justiz und Exekutive wieder herzustellen, aufzuklären. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. )

Herr Kollege Maier! Was haben Sie jetzt gesagt? – (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) Sie sagen es mir nachher. Gut.

In diesem Sinne: Frau Außenministerin! Ich erwarte mir hier von Ihnen vor allem zu dem Widerspruch zwischen Ihrer heutigen Erklärung und jener in der Sendung "Inlandsreport" von vor zwei Tagen eine Klarstellung. – Ich danke. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

18.10

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Ministerin.

18.10

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zuerst möchte ich eine Berichtigung anbringen – ich habe zufällig die Unterlagen hier, wie ich mich im "Inlandsreport" ausgedrückt habe –: Ich habe nicht von Verhaftung gesprochen, sondern ich habe gesagt, dass dieser Polizist sogar in ein Gefängnis mit Kosovaren gesteckt wurde. Meine zweite Äußerung lautete, dass man diesen einen Österreicher in den kosovarischen Gefängnissen so lange lässt, bis aufgeklärt ist, ob er tatsächlich etwas angestellt hat oder nicht. – Das finde ich absolut absurd!

Jetzt darf ich Ihnen schildern, was vorgefallen ist: Es ist dieser Polizist nicht verhaftet worden, denn er konnte nicht verhaftet werden, weil er Immunität genießt. Aber man hat ihn vorüber


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gehend angehalten und dann wieder freigesetzt. Das heißt, es war eine widerrechtliche Anhaltung, und darauf habe ich mich bezogen. Wie Sie sehen, habe ich es anders ausgedrückt, als es hier behauptet wurde. Ich bitte, genau zu zitieren, wenn man mir etwas unterstellen will.

Zu dem Artikel in der "Tiroler Tageszeitung", der hier vom Bundesrat Schennach zitiert wurde, möchte ich Folgendes sagen: Das wirft in Wirklichkeit die Frage auf: Wie sind unsere Peacekeeping-Truppen wirklich gehalten? Welchen Status haben sie? Diese Frage ist vorhin hier aufgeworfen worden. Das ist auch für uns eine wichtige Frage!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Österreich sind derzeit zirka 450 Soldaten bei KFOR im Kosovo und zirka 70 Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Für die Soldaten gilt nach den internationalen Übereinkommen die Gerichtsbarkeit des Heimatstaates – im Unterschied zu den Polizisten. Die Polizisten sind leider schlechter gestellt, sie sind sozusagen dem lokalen Recht unterworfen, aber mit gewissen internationalen Aspekten.

Wenn Sie den "Report" gesehen haben, dann werden Sie, Herr Bundesrat Schennach, auch gehört haben, dass ich gesagt habe, dass, obwohl das jetzt von uns als einzigem Staat ausgehen wird, ich mich darum bemühe, bei der Stellung der Polizisten eine Änderung herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das wird allerdings nicht sehr schnell gehen, das wird eine langfristige Sache sein, aber ich glaube, dass es notwendig ist, denn nur so wird es in Zukunft möglich sein, Freiwillige, sowohl Polizisten als auch Soldaten, für einen UNO-Einsatz zu gewinnen. Ich glaube, dass das ganz wesentlich ist.

Ein dritter Punkt, der mir auch wichtig ist: Es wurde hier von der Volxtheater-Karawane gesprochen. Sie wissen, dass die Mitglieder dieser Gruppe festgenommen wurden. Dann hat es über einen Tag gedauert, bis die italienischen Behörden unseren konsularischen Behörden überhaupt bekannt gegeben haben, dass Österreicher festgenommen wurden. Dann hat es wieder über einen Tag gedauert, bis man herausgefunden hat, in welchen Gefängnissen diese Österreicher waren, die, wie Sie wissen, zwischen Männern und Frauen aufgeteilt waren. Dadurch wurde natürlich das Ganze in die Länge gezogen. Dann haben aber diese festgenommenen ÖsterreicherInnen, als man ihnen angeboten hat, österreichische Anwälte beizuziehen, und zwar Botschaftsanwälte, dies abgelehnt.

Daher kann man diese beiden Fälle – und ich habe das bei einem Rat für auswärtige Angelegenheiten ganz genau dokumentiert – überhaupt nicht miteinander vergleichen. Im Übrigen ist es so, dass im einen Fall die italienische Gerichtsbarkeit bereits am Zug war, während im anderen Fall noch überhaupt keine Gerichtsbarkeit stattgefunden hat beziehungsweise die Immunität noch nicht aufgehoben war.

Der letzte Punkt, den ich hier ansprechen möchte, ist die Frage betreffend die Repatriierungsaktion. Diese Repatriierung wurde durchgeführt – ich sage es noch einmal –, weil auf Grund der medizinischen Gutachten Gefahr im Verzug war. Die UNO wurde tags darauf im Wege der österreichischen Vertretung in New York selbstverständlich über diese Repatriierung informiert. Ich glaube, wir hätten nicht korrekter handeln können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.15

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Ernst Strasser. – Bitte, Herr Bundesminister.

18.15

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die bisherige Debatte sehr genau verfolgt, und ich muss feststellen: Auf der einen Seite meinte Herr Bundesrat Reisenberger, unsere Beamten hätten zu wenig Schutz bekommen, auf der anderen Seite aber meinten Herr Bundesrat Konecny und Herr Bundesrat Todt, wir hätten diesen Beamten zu sehr geschützt, indem wir ihn nach Österreich gebracht haben. Ich nehme das so zur Kenntnis, verehrte Damen und Herren des Bundesrates! (Bundesrat Konecny: Nein! Das ist einfach falsch!)


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Zu Bundesrat Schennach darf ich sehr klar sagen: Hätten wir nicht so gehandelt, wie wir gehandelt haben, dann wäre die Gefahr außerordentlich groß, dass ein Beamter, bei welchem eine erhebliche Gesundheitsgefährdung von nichtösterreichischen Ärzten festgestellt wurde, heute in einem kosovarischen Gefängnis einsitzen müsste, und zwar wahrscheinlich in einer Zelle mit anderen Häftlingen und wahrscheinlich auch in UN-Uniform, vielleicht sogar mit Häftlingen, die er einige Wochen davor verhört hat. (Bundesrat Bieringer: Genau das ist es!)

Ich darf Ihnen ganz offen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich werde, auch wenn Sie von schweren Vorwürfen sprechen – Sie sprechen von schweren Vorwürfen! –, alles, was auf rechtlichem Gebiet und auf diplomatischen Wege möglich ist, und alles, was uns in unserer Organisation möglich ist, tun, um so etwas zu verhindern, und zwar unabhängig davon, um welchen Beamten es sich dabei handelt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen auch ganz klar: Ich will gar nicht nachschauen, warum das so gekommen ist, denn für mich steht fest: Es ist unverständlich, nicht nachvollziehbar und für mich auch nicht akzeptabel, dass das, was für Soldaten des österreichischen Bundesheeres Gott sei Dank und vernünftigerweise gilt, nämlich dass für sie die österreichische Rechtsprechung gilt, nicht auch für unsere Beamten im Innenministerium gelten sollte. Daher werde ich mich dafür einsetzen, dass dann, wenn es Vorwürfe gibt, diese vor österreichischen Richtern, vor österreichischen Beamten geklärt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.18

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. – Bitte, Herr Bundesrat.

18.18

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben heute vom Kollegen Reisenberger bereits eine Nachhilfestunde zum Thema Extremsituationen bekommen, und dieses Thema möchte ich nun gerne aufgreifen: Ich glaube, die Sozialdemokratie befindet sich nach wie vor in einer Extremsituation, nämlich in der Opposition, mit der sie noch nicht fertig geworden ist. (Ruf bei der SPÖ: Die Wiener ÖVP.)

Ganz anders hat die Frau Bundesministerin in einer Extremsituation den Überblick behalten. Das ist übrigens derselbe Überblick – wenn Sie die Zeitungen, die Sie so gerne zitieren, gelesen hätten, dann wüßten Sie das –, den sie beim Popularitätsranking immer wieder hat. Bei diesem Ranking schaut nämlich die Frau Bundesministerin von der "Popularitäts-Treppe" auf Ihre Kollegen Gusenbauer und Cap hinunter. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Da Ihre Kollegen wissen, dass sie auf diese Treppe nie hinaufkommen werden, geht es natürlich jetzt darum, die Frau Bundesministerin von dort herunterzuholen. Ich glaube, man sollte einmal ganz deutlich aussprechen, worum es Ihnen hier wirklich geht. Wir wissen, dass Sie um den heißen Brei herumreden (Bundesrat Konecny: Was Sie machen, weiß ich nicht, wir reden punktgenau!), dass es Ihnen in Wahrheit nur darum geht, die Außenministerin herunterzumachen. Das ist es, worum es Ihnen in diesem Zusammenhang wirklich geht.

Wenn ich mir die Worte des Herrn Kollegen Konecny vergegenwärtige, der gemeint hat, dass er als Antwort von der Frau Bundesministerin "Mist" bekäme, dann muss ich schon sagen: Das ist ein flegelhaftes Heruntermachen der Bundesministerin, das diesem Hohen Haus unwürdig ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, Herr Kollege, ich greife das Thema "Mist", das Sie selbst aufgebracht haben, sehr gerne auf.

Zum Thema Mist: Die Frau Bundesministerin war nämlich in den ersten Wochen und Monaten ihrer Amtszeit als Ministerin damit beschäftigt, Ihren Mist wegzuräumen. – Das ist zum Thema


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Mist auch einmal zu bemerken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Reisenberger: Schüssel-Mist war das, ...!)

In der Folge hat sie sich hervorragend etabliert. Im Übrigen, so möchte ich sagen, hat es noch nie in der Bundesregierung eine Frau gegeben, die in einer solch wichtigen Funktion war und eine bei der Bevölkerung so sehr anerkannte Performance hatte wie unsere Außenministerin. (Beifall bei der ÖVP.)

Wissen Sie, da denke ich mir schon: In der Sozialdemokratie reden und philosophieren Sie so gerne darüber, wie wichtig die Frau in der Gesellschaft ist und dass die Frauen wichtiger sein müssen, und sprechen über das neue Rollenbild und die Frau im Beruf und was in diesem Zusammenhang nicht noch alles wichtig ist. (Bundesrätin Schicker: Sind Sie nicht dafür, Herr Kollege?) Aber wenn es einmal eine solche Frau gibt, die in Ihren Augen nur eben das Makel hat – für uns ist das natürlich kein Makel –, keine Sozialdemokratin zu sein, dann müssen Sie diese heruntermachen, weil Sie das nicht aushalten. Seien wir doch einmal ganz ehrlich: Eine solche Frau haben Sie noch nie gehabt! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dasselbe gilt für den Innenminister: Womit war der Innenminister in den ersten Wochen beschäftigt? – Er war mit den von Ihnen mitorganisierten Demonstrationen beschäftigt. Wir haben eigentlich auch erst mit eineinhalb Jahren beziehungsweise zwei Jahren Verspätung hier vom Kollegen Konecny erfahren dürfen, dass die Bildung der Regierung prinzipiell legitim war. Das hat einer gewissen Nachdenkphase bedurft, bis er zu dieser an sich einfachen Erkenntnis gekommen ist. (Heiterkeit der Bundesräte Dr. Böhm und Ram. )

Während Kollege Konecny noch auf dem Weg zu seinen Erkenntnissen war, war der Innenminister damit beschäftigt, sicherzustellen, dass Ihre Freunde und Kollegen einmal in der Woche um den Ring spazieren können. Er hat das natürlich wahrgenommen und hat natürlich Ihre Rechte sichergestellt, nämlich das Demonstrationsrecht. Er hat sich dann in der Folge natürlich um andere Dinge gekümmert, die der Bevölkerung noch wichtiger sind. Deshalb fühlen sich die Österreicher bei Kollegen Strasser auch sicher.

Sie haben sich nicht bei jedem sicher gefühlt. Da kenne ich einen, bei dem sie sich überhaupt nicht sicher gefühlt haben! Aber sie haben sich auch bei Schlögl nicht so sicher gefühlt wie bei Strasser. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten den Freiheitlichen.)

Was lernen wir daher daraus? – Es ist heute schon von Extremsituationen die Rede gewesen. Mit Extremsituationen umzugehen, muss man lernen, hat Kollege Reisenberger gesagt. Wir haben auch schon öfters gesehen, wie Genossen in Extremsituationen reagieren. (Bundesrat Reisenberger: Perfekt! Perfekt!) Was war denn, als wir Kollegen Klima gefragt haben, was er in Stockholm eigentlich gemacht hat! – Das war für ihn offensichtlich eine Extremsituation, denn daraufhin hat ihn Herr Nationalratspräsident Fischer abgeholt, und sie sind hinausgegangen. Er hat nicht einmal ein Wort gesagt! Das war einfach eine Extremsituation. Oder: Wie hat Ihr Kollege Sinowatz in der Extremsituation reagiert, als es einen ÖVP-Kandidaten für die Präsidentschaft gegeben hat, der populär war, wie im Fall Waldheim? – Das waren nur zwei Ihren letzten großen Vorsitzenden.

Um wieder die Bemerkung des Kollegen Konecny aufzugreifen: Was lernen wir aus den Extremsituationen? (Bundesrat Manfred Gruber: Sie gar nichts!)  – In Extremsituationen bauen Sie Mist! Das lernt man aus den Extremsituationen. (Bundesrat Freiberger: Warum seid ihr dann drittstärkste Partei geworden? – Bundesrat Manfred Gruber: Die drittstärkste Kraft in diesem Land nimmt den Mund ganz schön voll! – Bundesrat Gasteiger: Zu voll!) Sie zitieren hier jedes Ereignis, jeden Vorfall und jede Quelle – das finde ich übrigens putzig, dass Sie immer vorlesen, was Sie in der Zeitung gelesen haben. Wissen Sie, ich fange jetzt nicht an, zu zitieren, was SP-nahe Journalisten über den Zustand der Sozialdemokratie schreiben. (Bundesrat Konecny: Trauen Sie sich nicht?) Das könnte ich auch (Bundesrat Manfred Gruber: Sie können das nicht!), das würde Stunden und Tage füllen. Ich denke aber, wir als Mandatare


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haben eine eigene Meinung. Sie hingegen sind eigentlich sehr medienfixiert, weil Sie immer öfter aus den Zeitungen vorlesen, was Sie darin Tolles gefunden haben.

Ich möchte zur Abrundung nur noch Folgendes sagen: Dass Sie diese Dinge aufgreifen, dass Sie diese Regierung kritisieren und die einzelnen Minister attackieren, das ist ja im Prinzip okay. Sie sind in der Extremsituation, dass Sie in Opposition sind. (Bundesrat Würschl: Nicht mehr lange!) Aus dem Grund ist das völlig legitim. (Bundesrat Konecny: Es zahlt sich fast nicht mehr aus! – Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrätin Schicker  – auf den Redner weisend – zu Bundesrat Konecny: Das hat er nicht gehört, Albrecht, leider! – Bundesrat Konecny: Im Hören ist er nicht so gut!) Aber – und das sieht die Bevölkerung natürlich auch – die Grenze sollte wohl dort gezogen werden, wo das Land Schaden nimmt. (Bundesrat Manfred Gruber: Das wollen wir verhindern!) Sie haben – da brauche ich nur Sinowatz und Klima zu nennen, und da reiht sich Konecny einwandfrei ein – aus parteipolitischen und parteitaktischen Gründen sehr oft nicht auf die Reputation des Landes Rücksicht genommen. Daher habe ich eine Bitte an Sie: Lernen Sie, Österreicher zu sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen und Bravo-Ruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )

18.26

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster ist Herr Bundesrat Christoph Hagen zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.26

Bundesrates Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich habe mich eigentlich über diese dringliche Anfrage des Herrn Konecny gewundert. Ich verstehe die Aufregung nicht. Ich kann der Frau Ministerin nur ein großes Lob dafür aussprechen, dass sie einen österreichischen Exekutivbeamten in einer schwierigen Situation nicht im Stich gelassen hat. Das finde ich sehr wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Konecny! Ihre Anfrage – oder besser gesagt, die Anfrage der SPÖ, die Sie ja unterzeichnet haben – kann ich nur, um mit Ihren Worten zu sprechen, als Champignondünger bezeichnen, denn mehr ist diese Anfrage nicht wert. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben! (Bundesrat Manfred Gruber: Ha, ha, ha! – Bundesrätin Schicker: Und niemand klatscht! Nicht einmal die Eigenen klatschen!)

Auch für einen österreichischen Exekutivbeamten gilt die Unschuldsvermutung, das will ich Ihnen auch einmal sagen. Mit Ihrem Benehmen, das Sie an den Tag legen, verurteilen Sie einen österreichischen Exekutivbeamten im Vorhinein. Das ist wirklich nicht tolerierbar! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Es wurde niemand verurteilt!)

Ich möchte nun ein bisschen auf Details eingehen: Worüber sprechen wir hier eigentlich? (Bundesrat Konecny: Das frage ich mich bei Ihnen auch!) – Wir reden über diesen Exekutivbeamten und sein angebliches Fehlverhalten. Ich glaube, ich bin hier in diesem Saal der Einzige, der aus der Praxis erzählen kann, wie es wirklich zugeht mit einem zehnfachen Räuber; einen Mordversuch hat er auch noch gemacht. Ich glaube, ich bin der Einzige, der mit solchen Leuten schon Kontakt gehabt hat, sogar körperlichen Kontakt, da ich gegen diese Leute einschreiten musste, um sie der Strafverfolgung zuführen zu können. Ich glaube nicht, dass hier sehr viele mitreden können – Sie, Herr Professor Konecny, wahrscheinlich am allerwenigsten, denn Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, wie diese Leute sich benehmen. Sie müssen sich das einmal vor Ort ansehen, wie diese Leute sich benehmen!

Ich weiß nicht, sonst halten Sie immer so viel von "NEWS", aber heute habe ich von Ihnen überhaupt nichts aus "NEWS" gehört. Sie schreiben in Ihrer dringlichen Anfrage – und damit möchte ich auf diese zurückkommen –:

"Festgehalten werden muss auch in der Causa Kosovo: Bisher liegen der österreichischen Öffentlichkeit keine umfassenden Informationen zum Sachverhalt vor. Diese Aufklärung herbeizuführen, ist Sinn dieser Dringlichen Anfrage."


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Letztes Mal haben Sie der Frau Ministerin vorgeworfen, sie sei nicht informiert über "NEWS"-Berichte, die ihre Beamten nicht gelesen haben. Anscheinend können Sie aber auch nicht lesen, denn das ist bereits in "NEWS" gestanden. Da müssen Sie die Öffentlichkeit nicht erst über das Ganze informieren. – Diesbezüglich will ich Ihnen hier Nachhilfeunterricht geben, das will ich Ihnen einmal hinter die Ohren schreiben!

Ich glaube, dass die SPÖ durch solche Aktionen wie diese dringliche Anfrage das Land Österreich im Ausland beschädigt. Nicht damit, was Sie der Ministerin vorwerfen, sondern durch Ihr Benehmen wird Österreich im Ausland beschädigt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Mag. Gudenus: So ist es!)

Sie schreiben dann in dieser dringlichen Anfrage – das habe ich sehr lustig und amüsant gefunden –:

"Ohne eine Antwort der UNO abzuwarten und ohne diese darüber zu informieren, soll am 28. Februar der österreichische CIVPOL-Polizist von seinem Vorgesetzten, Arnold Holzmann, aus dem Militärspital abgeholt und zum Flughafen in Skopje gebracht worden sein. Dort bestieg er den AUA-Flug OS780 und landet am 1. März um 18.40 Uhr in Wien."

Das müssen Sie erst einmal erklären, wieso man von Kosovo bis Wien fast einen ganzen Tag lang fliegt. Ich glaube, da haben sie eine Weltumrundung mitgemacht! (Heiterkeit bei Bundesräten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat


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Manfred Gruber: Das fehlt aber schon an Niveau!) So glaubhaft ist Ihre Anfrage! – So viel nur dazu. Also, ich muss sagen, ich wundere mich über Sie.

Ich möchte Ihnen ein paar Details aus dem Leben von Exekutivbeamten erzählen, und ich komme hiezu noch einmal auf diesen Häftling zurück, der wegen zehnfachen Raubes und wegen Mordversuch verurteilt war. Vielleicht haben Sie das noch nicht erlebt – ich nehme es Ihnen nicht übel, Sie können es nicht erlebt haben. Ich habe es aber in meiner beruflichen Tätigkeit auch schon erfahren, dass ein Häftling, so wie laut "NEWS" angeblich dieser Häftling – vielleicht lesen Sie es einmal, dann wissen Sie auch Bescheid – neben das WC gemacht hat. Das kommt öfter vor. Das tun manche Häftlinge boshafterweise, um die Exekutivbeamten zu ärgern. Da müssen Sie einmal die Nase hineinhalten! Ich glaube, das ist nicht gerade sehr appetitlich.

Deshalb kann ich auch das Benehmen des Polizisten – sofern das, was in der Zeitung steht, richtig ist – absolut verstehen, dass er nämlich gesagt hat: Grab ein Loch und mach da hinein, denn diese Sauerei wollen wir nicht noch einmal haben! – Da kann ich den Kollegen verstehen. Dass sich ein Beamter, wenn dieser zehnfache Räuber und versuchte Mörder tätlich gegen ihn vorzugehen versucht, zu wehren hat, liegt wohl in der Natur der Sache und ist absolut richtig und korrekt. Und dass natürlich auch in Österreich Erhebungen erfolgen, wenn es gegen einen Häftling zu einer Abwehr kommt, ist auch klar und auch richtig so. Aber deswegen kann ich doch nicht einen österreichischen Exekutivbeamten im Ausland mit anderen Häftlingen, die er dort eingesperrt hat – aus gutem Grunde wahrscheinlich –, in ein Loch stecken und warten, bis er darin verrottet!

Ich weiß nicht, wo Sie leben, was Sie sich vorstellen! (Bundesrat Reisenberger: Das hat kein Mensch von uns verlangt!) Da wollen Sie zivilisiert sein, und dann kommen Sie mit Methoden daher wie im alten Russland! Ich glaube, Sie waren dort zu viel zu Besuch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um noch einmal auf jenen Deutschen zu sprechen zu kommen, der die Anzeige gemacht hat: Ich habe so etwas auch erlebt während meiner dienstlichen Tätigkeit, und zwar haben wir  (Bundesrat Konecny: Woher wissen Sie das? Die Frau Minister und der Herr Minister haben uns das nicht mitgeteilt!)

All das steht in "NEWS", in Ihrer Stammzeitung, die von Ihren Parteigeldern mitgefördert wird. Also da müssten Sie schon Bescheid wissen! (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Manfred Gruber: Mach dich nicht lächerlich da draußen!) – Nein, Kollege! Ich mache mich nicht lächerlich! Lächerlich macht ihr euch!

Ich möchte da noch einmal darauf zurückkommen. Der deutsche Kollege, der diese schwer wiegenden Behauptungen aufgestellt hat, war bei dieser Amtshandlung überhaupt nicht dabei! Wie kann man so etwas auf Hörensagen behaupten? Das wäre so, als würde ich sagen, Herr Kollege Gusenbauer war in Moskau (Bundesrat Manfred Gruber: ... geht heute Haselsteiner hin! Da braucht Gusenbauer nicht hinzufahren!) und hat dort weiß ich was gemacht, und dann kommt der russische Polizist und beschuldigt ihn. Ich möchte wissen, was Sie dann tun!

Aber nur so viel dazu: Es gibt hier Probleme, das ist mir auch klar. Das muss untersucht werden, und das wird auch in Österreich untersucht, und das ist richtig so. Ich kann nicht einen österreichischen Staatsbürger einem wirklichen "Bananenstaat" – unter Anführungszeichen – überlassen, der jetzt erst – ich weiß nicht, ist es schon eine Republik? – nach einem zehnjährigen Bürgerkrieg wieder demokratische Rechte zu üben hat, und ich glaube, dass es richtig war, diesen Mann nach Österreich zu bringen. Ich darf Sie nur daran erinnern, wie Sie, als die Mitglieder der "Volxtheater-Karawane" in Italien festgehalten wurden – zu Recht festgehalten wurden (Bundesrat Freiberger: Was? Zu Recht?)  –, geschrien und getobt haben, was die Frau Außenministerin alles falsch gemacht hätte, sie hätte diese Menschen sofort heraufholen müssen. Da wäre es für Sie in Ordnung gewesen, dass man sie heraufgeholt hätte, obwohl es nicht möglich war.

Sie messen hier mit zweierlei Maß, und das ist absolut verabscheuungswürdig. Das kann ich nur ablehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bravo-Ruf des Bundesrates Grissemann. )

18.34

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. – Bitte.

18.34

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Außenministerin! Sehr geschätzter Herr Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Konecny! Du hast gemeint, dass ich aus dem Hauptausschuss etwas zitiert hätte, was vertraulich wäre. Die Geschäftsordnung des Nationalrates sieht vor, dass Verhandlungen im Hauptausschuss nicht öffentlich sind. Zwischen nicht öffentlich und vertraulich ist ein riesiger Unterschied (Bundesrat Konecny: Aber wir sind schon eine Öffentlichkeit da?), und ich bleibe dabei, werter Herr Kollege Konecny: Sowohl die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten als auch der Herr Bundesminister für Inneres haben im Hauptausschuss des Nationalrates alle Fragen glasklar und eindeutig beantwortet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Das hat sogar auch Herrn Kollegen Schieder zu der Feststellung gebracht: Wenn es schon war, dass Herr Steiner da wieder etwas gesagt hat, dann sagen Sie das! – Daran kann ich mich noch genau erinnern, dass das Herr Schieder gesagt hat – und Sie werden Kollegen Schieder hoffentlich nicht unterstellen, dass er zur Regierungskoalition gewechselt ist. Das glaube ich nicht. (Bundesrat Konecny: Nein, das ist er nicht. Er hat ein paar andere Sachen auch noch gesagt.)

Herr Kollege Reisenberger! Sie haben gesagt, wir würden nur der Außenministerin das Vertrauen aussprechen. Sie müssen schon aufpassen, welchen Antrag Herr Kollege Dr. Maier vorgelesen hat. (Bundesrat Konecny: Vorgelesen hat er es nicht, im Text steht es!) Da steht: "betreffend Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres". Das hat er eindeutig so vorgelesen. Sie müssen daher schon aufpassen, was hier gesagt wird, wenn Sie kritisieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Reisenberger! Ich finde es schon ein bisschen komisch, dass Sie den Herrn Bundesminister für Inneres auffordern (Bundesrat Reisenberger: Das weiß ich! – Bundesrat Konecny: Das sind wir gewöhnt! – Ruf bei der SPÖ: Das ist nichts Neues!), dass er die


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Polizisten, die im Ausland sind, besser beschützen soll. – Ich kenne mich jetzt bald wirklich nicht mehr aus. Wenn alle Innenminister das so gut gemacht hätten, wie Innenminister Strasser das macht, dann hätte die Exekutive in Österreich einen noch besseren Ruf, als sie ihn heute schon hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie hätte eben wissen müssen, dass Einem nicht alles Wurscht gewesen ist, was dort geschieht, sondern dass nur linke Methoden eingeführt werden sollten, damit es Einem im Innenministerium auch besser gefallen hätte können. Das möchte ich Ihnen schon gesagt haben. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie die hervorragende Amtsführung des Innenministers auch nur ansatzweise kritisieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Konecny! Ich werde mich heute auf ein paar Presseaussendungen, die es in sich haben, konzentrieren.

Du hast am 8. März gesagt, dass "die Vorgangsweise des Außenministeriums im Zusammenhang mit der Repatriierungsaktion des österreichischen UNO-Soldaten ...". – Das steht in der Aussendung vom 8. März. Dann ist der Herr Innenminister der falsche Ansprechpartner! Da würde ich dich bitten, dass du den Herrn Verteidigungsminister fragst, falls es sich um einen UNO-Soldaten handelt. Ich habe bisher immer geglaubt, dass es ein UN-Polizist gewesen ist. (Bundesrat Dr. Böhm: So ist es auch! – Bundesrat Konecny: Das kannst du doch der Dringlichen entnehmen!)

Herr Kollege Konecny! Ich freue mich, dass du am nächsten Dienstag im Bundesrat die Anfragen stellen wirst. Ich weiß zwar nicht, an welchem Dienstag eine Bundesratssitzung stattfindet. Vielleicht hast du das mit der Hauptausschusssitzung des Nationalrates von nächstem Dienstag verwechselt! – So ernst sind Ihre Ankündigungen, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, zu nehmen, so ernst nehmen Sie es mit der Wahrheit! (Bundesrat Konecny: Und du hast wirklich zwei Tage warten müssen!)

Herr Kollege Cap hat am gleichen 8. März eine Aussendung gemacht, in der er schreibt:

"Ferrero-Waldner nimmt ihre Verantwortung nicht wahr und ist daher rücktrittsreif."

Ich kenne mich wirklich nicht mehr aus: Wer hat die Verantwortung nicht wahrgenommen? – Wenn wir solch eindeutige Erklärungen, wie die heute hier von der Frau Bundesministerin abgegebenen Erklärungen darüber, was in dieser Angelegenheit von Seiten des Außenministeriums gemacht wurde, auch von Ministern der SPÖ in den letzten 30 Jahren gehabt hätten, dann wäre wahrscheinlich vieles in diesem Land anders gelaufen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Heute gibt es eine Presseaussendung von Kollegen Reisenberger mit einer ganz kühnen Überschrift: "Österreichische UNO-Polizisten von Strasser im Stich gelassen". – Herr Kollege Reisenberger! Auf solch eine wundersame Meldung, die im Reich der Märchenwelt anzusiedeln ist, will ich von diesem Pult aus gar nicht eingehen.

Ich greife ein halbes Jahr zurück auf eine Aussendung vom 3. August 2001 der Kollegen Konecny und Schennach – SPÖ- und Grüne-Bundesräte – über eine Anfrage an Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner betreffend “unverständliche Inaktivitäten der Außenministerin”. Darin heißt es: “Die primäre Aufgabe der Außenministerin muss es in einem Fall wie diesem sein, für eine schnellstmögliche Enthaftung der österreichischen StaatsbürgerInnen zu sorgen."

Genau das hat die Frau Bundesministerin auch jetzt getan, damit der Polizist nicht verhaftet wurde, sondern so rasch wie möglich wieder nach Österreich gekommen ist. Ich bedanke mich sehr herzlich dafür, Frau Bundesministerin, dass Sie das so eindrucksvoll gemacht haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Hier habe ich auch eine Aussage, die Kollege Cap am 9. August gemacht hat: "Cap: Das sei letztlich für alle Österreicher von Interesse, die irgendwann einmal im Ausland Probleme bekommen und ein Recht darauf haben, dass sich die Republik Österreich um sie kümmert." –


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Die Frau Bundesministerin braucht diese Belehrung von der sozialdemokratischen Fraktion sicher nicht. Sie hat immer wieder eindrucksvoll bewiesen, für alle Österreicher, die im Ausland sind, da ist und für alle Österreicher danach trachtet, dass sie so rasch wie möglich wieder nach Österreich kommen, wenn sie Probleme gehabt haben.

Ich weiß schon, dass Ihnen gerade diese zwei Bundesminister, die Frau Bundesministerin und der Herr Bundesminister, nicht so richtig passen und dass Ihnen die hervorragende Arbeit, die die Frau Außenministerin und der Herr Innenminister leisten, auch nicht passt. (Bundesrat Konecny: Sind das die einzigen zwei deiner Meinung nach? – Heiterkeit bei der SPÖ.) Denn nur so ist es zu erklären, dass Sie hier diese Anfrage stellen.

Wenn ich Revue passieren lasse, was diese Bundesregierung alles gemacht und geleistet hat, dann möchte ich nur eines herausgreifen: die Entschädigung für NS-Sklaven- und Zwangsarbeiter. 30 Jahre lang hätte die SPÖ Zeit gehabt, diese Entschädigungen in die Wege zu leiten. Diese Regierung hat heiße Eisen angepackt und auch diese Probleme souverän gelöst. Wenn sich alle anderen Staaten an dieser Bundesregierung ein Beispiel nehmen und es ebenfalls so machen würden, dann würde es in dieser Welt wahrscheinlich ein bisschen anders aussehen.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommend darf ich ausdrücklich festhalten, dass es dabei bleibt: Wir sind stolz auf die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und auf den Herrn Bundesminister für Inneres! Wir werden mit Freuden den Entschließungsantrag, den Kollege Maier eingebracht hat, unterstützen, weil wir felsenfest davon überzeugt sind, dass diese Regierung Hervorragendes leistet.

Ich darf die beiden Regierungsmitglieder bitten: Machen Sie zum Wohle dieses österreichischen Volkes und zum Wohle unseres Vaterlandes so weiter! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.43

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Konecny: Ja!)  – Bitte, Herr Professor Konecny. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Die Zweite heute!)

18.43

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Aber viel kürzer, weil ich nur 20 Minuten Zeit habe. – Frau Präsidentin! Die beiden Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist dies eine eigenartige Debatte von Seiten der Regierungsabgeordneten, weil die einen versucht haben, sehr ins Detail zu gehen – mit starken Misserfolgserlebnissen –, und die anderen, nach dem bekannten Würmer-Beispiel, lieber von etwas anderem geredet haben.

Ich kann naturgemäß keine Kritik daran üben, wenn Huldigungsadressen meines Kollegen von der ÖVP zum Ausdruck gebracht werden. Es ist das gute Recht jeder Partei, sich die Objekte ihrer Zuneigung auszusuchen. (Bundesrätin Giesinger: Wir suchen nicht Objekte aus, sondern Menschen!)  – Menschen.

Kollege Maier hat einen wirklich bemerkenswerten lapsus linguae geliefert. Auch wenn er es nicht gerne hört, er hat beim Vorlesen des schriftlichen Antrages – wobei der schriftliche Antrag Sie beide gleichrangig bedenkt – tatsächlich den Herrn Innenminister geschluckt. (Bundesrätin Giesinger: Nein! Das stimmt nicht! Da haben Sie nicht zugehört!) Ob ich daraus eine Präferenz des ehemaligen Wiener Landesparteisekretärs auf der Suche nach einem neuen Opfer für den Schleudersitz an der Spitze der Wiener ÖVP herauslesen soll, weiß ich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde auch gerne wissen – aber das kann ich wieder nicht fragen, weil es wirklich kein Gegenstand der Vollziehung ist (Bundesrätin Giesinger: Warum hören Sie nicht zu?)  –, ob Sie, wenn Sie getuschelt haben, gesagt haben: Mach du es, ich nicht! Wie war das? Oder haben Sie


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gesagt: Wir einigen uns auf einen Dritten, Maier soll es machen, es ist eh schon Wurscht? (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Manfred Gruber: Das wird schief gehen!)

Dort, wo Kollegen versucht haben, ins Detail zu gehen, war es besonders peinlich. Da wurde insbesondere enthüllt, dass wir nicht einmal den Kalender kennen. Ich würde dem lieben Vorarlberger Kollegen vorschlagen, seinen Schulatlas zur Hand zu nehmen, die Entfernung und insbesondere die Straßenverhältnisse zwischen Priština und Skopje in Betracht zu ziehen und dann festzustellen, ob man den Flug am 28. noch erwischen kann, wenn man dort am 28. wegfährt. Ich war dort, die Antwort ist eindeutig nein. Daher sollte man mit solchen Enthüllungen sehr vorsichtig sein. (Bundesrat Hagen: Sie haben es geschrieben, Herr Kollege!)

Es stimmt ja auch, das ist nicht nebenan. Nehmen Sie den Atlas her, und schauen Sie nach! Was Sie nicht wissen können – so wie ich nicht weiß, wie man mit Mördern umgeht, das ist nicht mein Metier –, ist, dass die Straßenverhältnisse dort nicht das sind, was man üblicherweise als tempofördernd bezeichnet. – (In Richtung Schriftführung): Entschuldigen Sie, ich habe Sie da vorne gesucht; ich habe nicht gewusst, dass Sie hinten sitzen.

Meine Damen und Herren! Was aber das Betrüblichste ist, das ist wirklich eine Frage der politischen Kultur. Ich erhebe keinen Anspruch darauf, dass Sie uns Recht geben müssen. Nein, natürlich nicht, wir konkurrieren politisch, und eines der wesentlichen Unterscheidungs- ... (Bundesrat Steinbichler: ... das ist der Unterschied, mit Ihrer Oppositionspolitik! – Bundesrat Freiberger: Die drittstärkste Partei!)

Herr Kollege! Ich wäre ein bisschen vorsichtig mit den Werturteilen. Kollege Himmer, der neben Ihnen sitzt, soll Ihnen erklären, wie das mit dem Unterhaus ist, wenn man zur viertstärksten Partei wird. Da wäre ich wirklich ein bisschen zurückhaltend. Kollege Himmer macht sich schon ganz schmal, weil ihm ein ganzer Sessel im Bundesrat eigentlich nicht mehr zusteht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich aber trotzdem das ausführen darf, was ich ausführen wollte (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler )  – Herr Kollege, darf ich reden, ohne dass Sie ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Herr Kollege! Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Frequenz Ihrer Zwischenrufe deren Inhalt anpassen würden; dann kämen Sie viel seltener dran. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage nochmals, wir befinden uns in einer politischen Konkurrenz. Wenn wir für die Menschen in unseren Darstellungen, in unseren Zielsetzungen unterscheidbar sind, dann ist das für die Demokratie nur gut. Allerdings würde ich mir erwarten, dass Menschen, die hier das Wort ergreifen, auf das eingehen, was von der jeweils anderen Seite gesagt worden ist. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Sie meinen wahrscheinlich Ihre eigenen Kollegen!) Sie haben hier mit großer Heftigkeit ... (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: ... auf Zeitungsartikel eingegangen!)  – Herr Kollege! Auch für Sie gilt dieselbe Anregung: Wenn Sie schon nichts zu sagen haben, dann machen Sie dabei bitte nicht solch einen Wirbel. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde mir dringend wünschen, dass das, was Sprecher dieser Partei zum Ausdruck bringen, als solches kritisiert wird. Ich habe – Sie können es im Protokoll nachlesen, wenn Sie wollen – von Anfang an zwei Dinge klargestellt: Erstens geht es hier nicht um eine Schuldzuweisung, allerdings auch nicht um eine Unschuldszuweisung. Dafür sind wir nicht kompetent, und wir haben keine Informationen. Daher kann ich den Kollegen gewissermaßen nicht freisprechen; ich habe dafür erstens keine Kompetenz und zweitens keine wie immer gearteten Informationen, die mich dazu in die Lage versetzen würden. Ich würde mich allerdings auch hüten, andere Beteiligte als Denunzianten darzustellen. Ich weiß es nicht, und Sie auch nicht, unter uns gesagt. Da sollten wir der Justiz – gerne auch der österreichischen – einfach freie Fahrt lassen. – Das ist das erste Faktum. Wir streiten hier nicht um die Schuld eines Menschen, wobei wir über die Bedingungen, die Vorwürfe, die Gegenargumente oder allfällige Zeugen nichts wissen.


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Wir streiten zweitens nicht darum, dass ein Österreicher, der diesen Beschuldigungen ausgesetzt ist – ob sie zu Recht oder zu Unrecht bestehen – und der zudem in einer Extremsituation offenbar mit psychischen Störungen reagiert hat, in eine Situation verbracht wurde – nämlich ins Heimatland –, wo ein gewisser Schutz für ihn gegeben ist.

Das waren sozusagen die ersten zwei Absätze meiner Rede, meiner Begründung. Wenn Sie jetzt periodisch und immer wiederkäuend den Sprechern dieser Fraktion – oder mir oder uns – das Gegenteil davon unterstellen, dann ist das recht lustig, aber es hat nichts mit der politischen Auseinandersetzung zu tun. Der Respekt, den man in der politischen Auseinandersetzung erwarten kann, liegt immerhin darin, dass man auf die wirklichen Argumente der jeweils anderen Seite antwortet. Wir haben eine Menge vorgebracht. (Bundesrätin Giesinger: Das gilt aber für Sie auch!)

Ja, selbstverständlich! Ich wiederhole gerade einige davon, Frau Kollegin, wobei ich den ersteren Vorwurf – das sage ich jetzt auch persönlich – Ihnen nie zu machen gehabt habe. Wenn Sie uns ordentlich "heruntergemacht" haben, dann haben Sie aus Ihrer Sicht einen Grund dazu gehabt. Da haben wir kein Problem miteinander, wenn es andere Standpunkte gibt.

Ich wiederhole unsere Überzeugung: Das war das Gegenteil einer punktgenauen Landung. Der Fall-out, der internationale politische Fall-out dieser Operation, ist unnotwendig groß geworden, auch wenn das Kernziel – diesen Menschen vor einer schwierigen Situation zu bewahren – erreicht wurde. Ihre bescheidene Auskunftsfreudigkeit ... (Bundesrat Bieringer: Nein!)

Ich begründe es auch, lieber Ludwig – dort nämlich, wo es um den eigenen Erkenntnisstand der Ressorts geht –: Natürlich hätte uns interessiert, was im Wesentlichen in den selbstverständlich existierenden internen Berichten Ihrer Ressorts steht – das ist nicht vorlesbar –, woraus ersichtlich ist und ersichtlich sein sollte, wie die Sinnhaftigkeit der einen Aktion abgewogen wurde und warum dann aus bestimmten Gründen das Gegenteil getan wurde.

Ich sage noch einmal: Auch wenn das Ziel dieser Operation erreicht wurde, so wurde doch in einer wenig punktgenauen Operation viel Staub aufgewirbelt, der für Österreichs internationales Ansehen nachteilig ist. Es ist zum Zweiten – dazu hat sinnvollerweise einmal niemand Stellung genommen, weil man dazu eigentlich nichts sagen kann – von Ihnen nicht und von Ihnen nicht klargestellt worden, worin denn die Begründung dafür besteht, dass dieses Thema in Österreich auf dem Umweg über Washington ein solches wird.

Der Ort, sich hinzustellen – vor allem, wenn man ein reines Gewissen hat – und zu sagen: Das ist der Sachverhalt, wir fühlen uns verpflichtet für die österreichische Politik!, wäre der Hauptausschuss. Zu sagen, er ist nur für die Entsendung verantwortlich, ist formal ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Natürlich! Aber derjenige, der entsendet hat, ist doch wohl darüber zu informieren, wenn im Zuge der Entsendung etwas schief geht! Daher ist das Formalargument – wie es ausgeht, geht den Hauptausschuss nichts an – wirklich sehr eng und nicht gerade von einem parlamentarischen Verständnis geprägt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn hier – nicht am 28., aber am 8. oder am 6. – eine entsprechende umfassende Information erteilt worden wäre, hätten wir möglicherweise immer noch über manches zu diskutieren gehabt. Die Vorgangsweise dieser beiden Mitglieder der Bundesregierung, denen Sie hier das Vertrauen oder die Unterstützung aussprechen wollen, hat mit gutem Grund den Eindruck erweckt, dass man sehr zögerlich mit dem Herausrücken der Wahrheit ist – warum auch immer. Ich finde das schädlich, und zwar nicht für die Bundesregierung – das ist nicht mein Problem –, aber für die Republik, für unser Land und für das Verhältnis zwischen Politik, Medien und Bevölkerung.

Das Ansehen Österreichs ist mit Abstand das Vorrangigste für unsere politischen Aktionen. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Seit wann? – Ruf bei der ÖVP: Den Eindruck hat ja keiner bei Ihnen!) Lieber Kollege! Es gibt Grenzen dessen, bei dem ich noch ruhig bleiben kann, und das ist jetzt sehr knapp an dieser Grenze. Ich würde um die Erlaubnis bitten, das Thema wechseln zu dürfen, um mich nicht einem Ordnungsruf auszusetzen. (Bundesrat Dr. Maier: Sie können


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auch Platz nehmen!) Das tue ich gleich, Kollege Maier, aber nicht auf Ihrem Schoß, sondern an der Seite derjenigen, die wirklich für diese Republik eintreten.

Meine Damen und Herren! Sie klammern sich an die Bundesregierung. Es ist Ihre Regierung, niemand macht sie Ihnen streitig, die Mehrheit der Österreicher schon gar nicht. (Bundesrat Schöls: Dabei wärt ihr schon gern!) Bitte? (Bundesrat Schöls: Dabei wärt ihr schon gern bei der Regierung!) Bei dieser Regierung wirklich nicht! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Keine Frage: Wenn man sich die Resultate der Arbeit dieser Bundesregierung anschaut, dann wären wir sehr gerne in der Bundesregierung, aber in einer anderen. Denn das kann man alles besser machen, keine Frage! (Beifall bei der SPÖ.) Aber nicht in dieser Bundesregierung! Da könnten wir uns leider nicht mehr in den Spiegel schauen. ("30 Jahre Zeit"-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nahezu alles, was in diesem Land Bedeutung hat und wovon auch diese Bundesregierung zehrt – wie auch das internationale Ansehen dieser Republik –, ist das Resultat dieser 30 Jahre. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Die Frage ist: Sind Sie dabei, dieses Kapital zu verspielen? (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat.

18.56

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Kollege Konecny! Sie überschätzen sich maßlos. Sie glauben, Sie können die Arbeit besser machen als die Bundesregierung. Ich sage Ihnen eines: Sie bringen es nicht einmal trotz ärgster Bemühungen zu Stande, eine sachliche Kritik zu konstruieren. Sie versuchen – und das ist die Peinlichkeit –, mit dieser Dringlichen einen Spagat zu flechten, um hier zwei erfolgreiche Minister dieser Bundesregierung zu beschmutzen, doch nicht einmal das gelingt Ihnen! Da wollen Sie behaupten, Sie könnten besser arbeiten?

Ich möchte Ihnen beweisen, dass man mit zwei Sätzen – also ohne eine lange Predigt, wie Sie sie hier vorgetragen haben – ganz Wesentliches sagen könnte. ("Tu es!"-Rufe bei der SPÖ.)

Ich hätte dasselbe Mitgefühl von Ihnen erwartet für jene Beamten (Bundesrat Konecny: Mitgefühl brauchen Sie?), Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, für jene 108 Beamten, die bei den Donnerstags-Demonstrationen verletzt worden sind. Ich hätte da dieselbe Sensibilität von Ihnen erwartet.

Wenn Sie sich Sorgen um die Reputation und die Wirkung Österreichs nach außen machen, dann denken Sie endlich darüber nach, was Sie mit diesen Sanktionen verursachen, was Sie mit diesen Demonstrationen verursachen, welches Bild wir vermitteln und wie Sie versuchen, diese zwei erfolgreichen Minister, die hier erfolgreich entgegenhalten, darzustellen. – Ich danke und bitte darum, nachzudenken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.58

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich habe mir soeben das Wortprotokoll des Debattenbeitrags von Herrn Bundesrat Maier bringen lassen, weil ja in Frage gestanden ist, wie der Text seines Antrages, den er vorgelesen hat, gelautet hat.

Ich darf verlesen: "Der Bundesrat hat volles Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres und ersucht sie ...", und so weiter. – So steht es im Protokoll. ("Hört, hört!"-Rufe bei der ÖVP.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist jetzt nicht mehr der Fall.


Bundesrat
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Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Bieringer, Dr. Böhm und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Vertrauen in die Arbeit der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und des Bundesministers für Inneres vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit. (Ruf bei der ÖVP: ... hoch! – Bundesrat Konecny: Das kann man sagen: Hände hoch bei dieser Regierung!)

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E/174-BR/2002)

Fortsetzung der Tagesordnung


Bundesrat
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Präsidentin Uta Barbara Pühringer:
Ich nehme die Verhandlung zur Tagesordnung wieder auf.

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz (BPG) geändert wird (949 und 1024/NR sowie 6591/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geändert wird (951 und 1025/NR der Beilagen sowie 6592/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 13 und 14 hat Herr Bundesrat Thomas Ram übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Thomas Ram: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz – BPG – geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hans Ager. – Bitte.

19.01

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Werte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Wir kommen wieder zurück in die Niederungen des normalen Plenums. Die Punkte 13 und 14 betreffen ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird.

Durch die gegenständliche Regierungsvorlage bezüglich dieses Betriebspensionsgesetzes können Arbeitnehmer nunmehr die volle Ausschöpfung der steuerlichen Begünstigung nach § 108a EStG vornehmen. Insbesondere Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen profitieren durch eine größere Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung.

Ein Fortschritt ist in diesem Gesetz auch, dass der Arbeitnehmer seine eigenen Beiträge einschränken, jederzeit einstellen oder für den Zeitraum von mindestens zwei Jahren aussetzen kann. Weiters kann er für die Dauer einer Bildungskarenz oder einer Freistellung seine Beiträge in der bisherigen Höhe weiterzahlen. Dies ist maßgeschneidert für die vielen Situationen eines Arbeitnehmers und zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem Ministerium, nämlich jenem für Wirtschaft und Arbeit, zu haben.

Nun zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz: Hier regelt man, dass der Arbeitnehmer bei einem auf eine bestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsverhältnis nicht benachteiligt werden darf und informiert werden muss, wenn ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit frei wird oder der Betrieb übergeben wird. Dies ist eine wesentliche Verbesserung der Stellung österreichischer Arbeitnehmer und bringt mit sich, dass einvernehmliche Lösungen leichter erzielt werden können. Mit einer fünfjährigen Haftung des Veräußerers wurde eine praktikable Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefunden. Den Wirtschaftsstandort und den Wohlstand Österreichs sichern leistungswillige Arbeitnehmer und zukunftsorientierte Arbeitgeber gemeinsam.

Die Zustimmung für diese Gesetze war im Nationalrat einstimmig. Wir alle sollten dem auch hier zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.04

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Roswitha Bachner. – Bitte.

19.04

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Wie schon mein Vorredner gesagt hat, diskutieren wir heute über die Änderungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes und des Betriebspensionsgesetzes. Ich möchte vorweg gleich sagen, dass auch meine Fraktion die Zustimmung zu diesen Änderungen geben wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ich nicht doch einige Kritikpunkte zu diesen Änderungen anbringen möchte. Aus unserer Sicht – da bin ich nicht konform mit Ihnen – wurden die Ansprüche der Arbeitnehmer nicht ausreichend berücksichtigt.

Lassen Sie mich zunächst auf den ersten Punkt, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, eingehen. Dabei wurden ein paar wesentliche Punkte zum Schutze der Arbeitnehmer außer Betracht gelassen. Erster Punkt: Es gibt wichtige Personengruppen, die hier nach wie vor nicht mit einbezogen sind. Das sind die Vertragsbediensteten, das sind die Hausgehilfinnen und die Hausangestellten, und das sind die Beschäftigten nach dem ORF-Gesetz. Das heißt, wesent


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liche Beschäftigungsgruppen sind von diesem Gesetz nicht erfasst und in diesem nicht inkludiert.

Ein zweiter Punkt, bei dem wir wesentliche Mängel erkennen, betrifft die Informationspflicht. Diese ist hier ebenfalls nicht ausreichend geregelt. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie sich das persönlich vorstellen können, aber da Sie Mandatare und Vertreter des Volkes sind, also auch der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer, werden Sie auch mit vielen diskutieren und schon oft die Gelegenheit gehabt haben, zu hören, welche Ängste die Menschen haben, wenn es zu einer Betriebsveräußerung gekommen ist. Deshalb betrachten wir es als einen wichtigen Punkt, dass die Menschen in solchen Situationen ausreichend informiert werden.

In Betrieben, in denen es Betriebsrätinnen und Betriebsräte gibt, wird sehr viel von den Ängsten abgefedert, weil dort ein besserer Zugang des Betriebsrats zum Betriebsinhaber gegeben und mehr Informationsfluss vorhanden ist und weil das natürlich auch an die Belegschaft weitergegeben wird. Aber dort, wo es das nicht gibt, ist es unabdingbar, dass eine direkte Information – und zwar eine schriftliche, verpflichtende Information – an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt, sowohl des Verkäufers als auch des Käufers, damit die Betroffenen rechtzeitig die inhaltlichen Schwerpunkte ihrer künftigen Änderung erkennen können. Es geht schließlich und endlich um die Existenz der Menschen, und sie haben berechtigte Ängste.

Ein weiterer Punkt, in dem wir eine Problematik erkennen, ist die nicht vorhandene Möglichkeit des Durchgriffsrechts auf die Konzernmutter. Das heißt, wenn Tochtergesellschaften – das kommt nicht allzu selten vor, wir haben leider diese Erfahrungen – finanziell ausgeräumt und dadurch teilweise in den Konkurs getrieben werden, dann haben die Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, auf die jeweilige Konzernmutter zurückzugreifen und dort ihre Ansprüche geltend zu machen, sondern sie verlieren diese. Das wäre ebenfalls ein Punkt, den man noch verbessern müsste.

Ein weiterer Punkt, der auch in eine ähnliche Richtung geht, ist folgender: Wenn ein Betrieb veräußert wird und schon zum Zeitpunkt der Veräußerung bekannt ist, dass die Bonität des Käufers schlechter als die des Verkäufers ist, hat der Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, das Dienstverhältnis zu kündigen und mit seinen Ansprüchen auszutreten. Das heißt, er ist praktisch in diesem System gefesselt und muss trotz rechtzeitigen Erkennens der nicht vorhandenen Bonität des Käufers sozusagen mitgehen.

Frau Staatssekretärin! Es wäre uns besonders wichtig, auch in diesen Punkten Verbesserungen zu erreichen.

Herr Bundesrat Ager hat gesagt, es sei ein Vorteil, wenn Wirtschaftsministerium und Arbeitsministerium in einem Ministerium vereint sind. So, wie es jetzt der Fall ist, kann ich diesen Vorteil nicht erkennen. Einen Vorteil werde ich erst dann erkennen, wenn es wirklich Ausgewogenheit gibt. Ich bin nicht dafür, dass alles zu Lasten der Wirtschaft gehen soll, aber es kann auch nicht so, dass gerade das schwächere Glied in der Kette von Beschäftigungsverhältnissen auch noch der Draufzahler ist. Deshalb würde ich bitten – es gab dazu auch im Nationalrat einen Entschließungsantrag und einen Abänderungsantrag –, dass man diese Dinge noch repariert.

Herr Bundesrat Bieringer – er ist jetzt leider nicht im Saal – hat in seinem Debattenbeitrag vorweg die hervorragende, souveräne Leistung der Regierung dokumentiert. Ich denke mir, wenn die Regierung wirklich hervorragende Arbeit leistet, dann muss es ein geringer Aufwand sein, diese Punkte, die ich jetzt aufgezeigt habe, noch zu reparieren. Das wäre dann wirklich zur vollsten Zufriedenheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Der zweite Punkt, auf den ich kurz eingehen möchte, ist das Betriebspensionsgesetz. Auch hiezu werden wir unsere Zustimmung geben, weil wir darin ebenfalls sehr viele positive Punkte erkennen können. Ich möchte nur auch wiederum auf einen Punkt hinweisen, bei dem wir eine


Bundesrat
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Problematik erkennen und wir die Regierung auffordern wollen, da besonders achtsam zu sein und entsprechende Präventivmaßnahmen durch die geeignete Gesetzgebung herbeizuführen.

Mir geht es dabei um Folgendes: Meine Fraktion hat bereits im Sommer 2000, als das Pensionskassengesetz geändert und damals der Anteil der Aktien auf 50 Prozent erhöht wurde, davor gewarnt, welche Auswirkungen dies haben könnte. Wir haben jetzt bereits – leider, muss ich sagen – die ersten Erkenntnisse daraus, was das bedeuten kann. Die Werte konnten nicht gehalten werden. Die Betroffenen sind natürlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dadurch jetzt verminderte Ansprüche erhalten. Bei rund 5 000 Leistungsbeziehern – und das sind in Wahrheit die Angaben der Versicherungsträger – muss eine Kürzung in der Höhe von 3 Prozent erfolgen. Das ist das Resultat dieser Maßnahmen.

Dieses Beispiel zeigt uns auch, dass die Altersvorsorge der Menschen keine Spielwiese für riskante Veranlagungen sein darf (Beifall bei der SPÖ) , sondern die Regierung, wie ich jetzt bereits gesagt habe, wirklich aufgefordert ist, Gesetze zu beschließen, die den Menschen Sicherheit bei den Anwartschaften, aber auch bei den Leistungen geben. Wenn sich schon die Tendenz abzeichnet, dass der staatliche Beitrag zur Pensionsvorsorge immer weiter zurückgenommen werden soll, während sowohl die private als auch die betriebliche Vorsorge immer mehr forciert werden sollen, dann muss man auch geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, damit man das dann auch wirklich vertreten und den Leuten auch Ängste nehmen kann.

Positiv bemerken möchte ich, wie dies auch Herr Bundesrat Ager bereits getan hat, dass es jetzt auch für Personen mit niedrigem Einkommen die Möglichkeit gibt, den maximalen Steuerfreibetrag auszuschöpfen. Einschränkend dazusagen muss ich jedoch, dass jedem von uns natürlich bewusst sein muss, welche Möglichkeiten für Niedrigstlohnbezieher bestehen, einen maximalen Steuerbetrag auszuschöpfen. Aber grundsätzlich ist es als positiv zu werten. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile es ihr.

19.13

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir erwarten nicht, dass die sozialdemokratische Fraktion immer in Jubel ausbricht, wenn diese Regierung Verbesserungen, wenn auch kleine, bringt. Diese werden zwar mitgetragen, aber man merkt, dass sie dies immer mit einem etwas flauen Gefühl im Magen tun, aber sehr wohl wissen, dass sie, wenn sie dieses Gesetz, das heute da beschlossen wird, nicht mittragen und nicht ja dazu sagen, das Gesicht bei "ihren"– unter Anführungszeichen – Arbeitnehmern total verlieren würden.

Ich möchte dazusagen: Wir wissen, dass diese Vorlagen keine großen Vorlagen sind, dass es aber sehr wichtige Punkte sind, die heute zur Abstimmung gelangen, weil sie Verbesserungen bringen, die für die Betroffenen sehr wichtig sind. Ich möchte damit sagen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Wenn man einmal zu einem Antrag ja gesagt hat und sich im Ausschuss nicht einmal zu Wort gemeldet hat, dann wäre es gut, nicht hinterher immer zu sagen: Das und das wäre besser gewesen. Sie hätten Gelegenheit genug, im Ausschuss Ihre Meinungen zu sagen, und sollten nicht immer dann, wenn es zur Abstimmung kommt, im Nachhinein noch etwas nachlegen.

Einmal darüber nachzudenken, dass es nicht so selbstverständlich ist, dass Betriebe wieder übernommen werden, vor allem die klein- und mittelständischen Unternehmen, dass dafür gesorgt wird, dass sie einen Nachfolger erhalten, einmal darüber nachzudenken, dass mit den vielen kleinen und mittelständischen Betrieben viele Arbeitsplätze erhalten bleiben, einmal darüber nachzudenken, was diese Regierung erreicht hat, was Sie während Ihrer Regierungstätigkeit nicht erreicht haben, das wäre schon einmal ganz gut von Ihnen. Es sind, so glaube ich, schon längst nicht mehr Ihre Arbeitnehmer alleine, sondern spätestens in den letzten zwei Jahren wurden diese Arbeitnehmer, wie wir wissen, diejenigen, die sich von dieser Regierung


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wirklich geschützt fühlen können, meine Damen und Herren! (Bundesrat Boden: Sie sind schützenswert vor Ihnen!)

Wenn Sie einmal darüber nachdenken, was bereits erreicht wurde, was Sie nicht erreicht haben, dann brauche ich Ihnen nur das Wort Kindergeld zu sagen, das eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht. Das kostet zwar rund 700 Millionen Euro im Jahr, aber das wäre bei Ihrer Fraktion und während Ihrer Regierungszeit unter einem Finanzminister Edlinger nicht möglich gewesen, der den Familienlastenausgleich immer umgeschichtet hat, damit er andere Schulden damit abdecken konnte.

Meine Damen und Herren! All das, was hier passiert, die mögliche Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung und somit die volle Ausschöpfung der entsprechenden Auswirkungen beim Betriebspensionsgesetz, beim Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, mit dem eine Endloshaftung der Betriebsveräußerungen hintan gehalten und eine praxisgerechte Haftungsregelung getroffen wird, was auch einen ausreichenden Schutz im Arbeitnehmerinteresse mit sich bringt und zusätzlich auch den IAG-Fonds vor einem Missbrauch schützt, wäre Ihre Aufgabe in den letzten 20 oder 30 Jahren gewesen, als Sie der Regierungsfraktion angehörten.

All das wird in dieser Regierung nachvollzogen, verbessert, in Kraft gesetzt, und wir Arbeitgeber tragen das mit, obwohl es oft, wie ich sagen muss, nicht leicht ist, wenn Gesetze alleine dem Schutz des Arbeitnehmers dienen. Aber wir wissen, dass in der neuen Zeit ein Arbeitnehmer nicht nur irgendein Arbeitnehmer ist, sondern ein Mitarbeiter, ein Partner sein soll, und wir wissen auch, dass wir alle diese Dinge tun, um die Zukunft unserer Kinder zu erhalten.

Deshalb müssen wir in erster Linie dieser Regierung einen Dank abstatten, dass wir das erreicht haben, nämlich eine Zukunft ohne Schulden für Österreich. Ich glaube, Schulden, die in Österreich angehäuft würden, wären nicht so gut, um die Zukunft unserer Kinder zu sichern. Ich bedanke mich also noch einmal aus ganzem Herzen bei dieser Regierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.18

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Es ist das nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht. – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebspensionsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 156

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der Sozialen Sicherheit (749 und 1026/NR sowie 6593/BR der Beilagen)

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit (750 und 1027/NR sowie 6594/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung. – Ich bitte, im Saal zu bleiben. Wir haben keine Wortmeldungen, sodass wir gleich zur Abstimmung kommen. – Danke.

Wir gelangen also zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der Sozialen Sicherheit und

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit.

Die Berichterstattung über die Punkte 15 und 16 hat in Vertretung von Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk Herr Bundesrat Wolfinger übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der Sozialen Sicherheit.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage vom 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der Sozialen Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .


Bundesrat
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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (Fachhochschul-Studiengesetz – FHStG) geändert wird (976 und 1013/NR sowie 6577/BR und 6595/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Josef Saller übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Josef Saller: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich bringen den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (Fachhochschul-Studiengesetz – FHStG) geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich kann daher auf die Verlesung verzichten.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche um Debatte und Abstimmung.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herwig Hösele. – Bitte, Herr Bundesrat.

19.24

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erfolgsgeschichte, gute und zukunftsweisende Innovation einer fundierten praxisorientierten Berufsausbildung auf wissenschaftlicher Basis – das war wortwörtlich die übereinstimmende Wertung der Sprecherinnen und Sprecher aller vier Nationalratsfraktionen am 28. Februar zur jetzt zur Debatte stehenden Novelle zum Bundesgesetz über die Errichtung von Fachhochschullehrgängen. – Richtigerweise.

1993 ist das Gesetz unter Wissenschaftsminister Dr. Busek geschaffen worden. Mittlerweile gibt es über 100 bewilligte Studiengänge mit rund 15 000 Studierenden. – Das ist ein ganz großer bildungspolitischer Erfolg, wahrscheinlich die bedeutendste bildungspolitische Innovation der letzten Jahrzehnte.

Mit der nunmehrigen Gesetzesnovelle, mit der auch die Fachhochschul-Bakkalaureats-Studiengänge eingerichtet werden und die europäische Vergleichbarkeit und Anrechnung der Fachhochschulstudien auch durch die verpflichtende Einführung des European Credit Transfer Systems sichergestellt wird, werden weitere wichtige Schritte gesetzt.


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Eine wichtige Änderung ist auch die Klarstellung der Standortfestlegungskompetenz für die Studiengänge durch den Minister, in dem Fall die Frau Ministerin.

Diese Novelle ist aus meiner Sicht in Kombination mit dem Beschluss des Konjunkturgipfels der Bundesregierung vom 5. Dezember 2001, wonach durch ein Startfinanzierungsprogramm der Länder für das Studienjahr 2002/03 mit der "Aktion 600 plus" eine Verdoppelung der neuen Anfängerstudienplätze erreicht werden soll, ein weiteres Kapitel der Erfolgsstory Fachhochschulen in Österreich.

Das Ziel, dass ein Drittel aller Studienanfänger in Österreich ein Studium an Fachhochschulen beginnen soll, dessen Erreichung, soviel ich weiss, im Regierungsprogramm bis 2005 formuliert wurde, wird damit früher erreicht werden. Es ist dies ein Erfolg der Bildungspolitik dieser Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern. Die Bundesländer setzen große finanzielle Kraftanstrengungen, aber es ist ein finanzieller Einsatz, der sich lohnt. Die bestmögliche Qualifikation und noch dazu die bedarfsorientierte Qualifikation unserer Jugend ist wohl die beste Investition in die Zukunft.

Die Steiermark verfügt seit Herbst 2001 über 3 000 bewilligte Studienplätze, und im Herbst 2002 sollen sechs neue Studiengänge – jedenfalls werden sie beantragt – mit 190 Plätzen dazukommen, davon 100 Plätze in der "Aktion 600 plus", wobei ich auf den Antrag des Studienganges "Journalismus, Kommunikation und Medienwirtschaft" besonders hinweisen möchte. Dieser soll auch Nukleus einer Medienakademie und eines Medienkompetenzzentrums im Südosten mit Strahlkraft auf die Nachbarregionen Sloweniens, Kroatiens, Ungarns und Oberitaliens sein – im Sinne der Initiative einer Zukunftsregion.

Insgesamt ist es auch im Zusammenhang mit einer Art Informations- und Kommunikations-Cluster in der Steiermark zu sehen. Wir haben Informationsmanagement- und Informationsdesign-Lehrgänge. Nun soll dieser Fachhochschul-Studiengang für Journalismus, Kommunikation und Medienwirtschaft dazukommen. Heute haben in Graz der Wissenschaftsreferent der Stadt Graz und der Wissenschaftsreferent des Landes gemeinsam die Ausbaupläne für den Campus am Fachhochschulstandort Graz West dargestellt. Es werden 9 000 Quadratmeter Fläche dazu kommen.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass in der Steiermark das Bemühen besteht, eine optimale Abstimmung des Fachhochschul-Studienangebotes mit den Universitäten im Sinne einer intelligenten Ergänzung und Verstärkung vorzunehmen. Gleichzeitig erfolgt eine gut gelungene Abstimmung mit dem Bedarf der Wirtschaft und der Hightech-Landschaft der steirischen Unternehmen sowohl im Grazer Großraum als auch im obersteirischen Raum.

So wollen wir die Erfolgsstory Fachhochschulen in der Steiermark und in Österreich fortschreiben, wobei die internationalen Vergleiche zeigen, dass die Potenziale noch nicht voll ausgeschöpft sind und dass durchaus einiges noch an Möglichkeiten besteht. In Deutschland sind 40 Prozent aller Studierenden an Fachhochschulen, in den Niederlanden sogar 65 Prozent.

Ein gut organisiertes offenes Bildungssystem von der Grundschule bis zur Universität und bis zum lebensbegleitenden Lernen ist der wohl entscheidende Standortfaktor und Wettbewerbsvorteil für Österreichs Zukunft. So erfreulich für uns die PISA-Studie für die Grundschulen ist, so erfreulich sollen auch die Resultate bei den Fachhochschulen, Universitäten und im gesamten Bildungssystem bis zum lebensbegleitenden Lernen insgesamt sein, ganz im Sinne des auf der Homepage der Frau Ministerin formulierten Zieles: in fünf Jahren Europareife in Bildung und Wissenschaft!

Wir freuen uns auf die Fortsetzung der Erfolgsstory Fachhochschulen. (Beifall bei der ÖVP.)


Bundesrat
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19.30

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl. – Bitte, Herr Bundesrat.

19.30

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir von der sozialdemokratischen Fraktion werden dieser Novelle zum Bundesgesetz über die Fachhochschul-Studiengänge zustimmen, weil damit notwendige Adaptierungen im Gesetz stattfinden.

Es sind dies keine wesentlichen Reformschritte, sondern es haben sich eben Dinge ergeben, die einfach in das Gesetz genommen werden müssen. Dazu gehört etwa – ich darf nur kurz daran erinnern – das dreistufige Studiensystem, das Kollege Hösele schon formuliert hat, beziehungsweise die Tatsache, dass formale Bildungsabschlüsse konkret angesprochen werden.

Es ist auch in Ordnung, wenn die internationale Vergleichbarkeit, vor allem im europäischen Raum, angesprochen wird oder wenn klargestellt wird, wer die Studiengänge tragen kann, also wenn die Trägerschaft definiert wird. Es ist auch in Ordnung, wenn die Entscheidungskompetenz bezüglich der Standortfrage angesprochen wird. Da würde ich aber durchaus meinen, dass dieses Spannungsmoment, wer kompetent ist, Entscheidungen bei den Standorten herbeizuführen, selbstverständlich auch weiterhin bestehen bleiben wird: Ist dies die Politik im heutigen Sinn, eben von Seiten der Frau Bundesministerin, oder der Fachhochschulrat?

Ich würde meinen, dass da ein Mittelweg gegangen werden soll. Es ist klar, dass die Politik als Geldgeber selbstverständlich weiterhin einen wesentlichen Beitrag leisten muss, und es ist auch klar, dass von der fachlichen Seite her der Fachhochschulrat zu hören ist. Ich würde meinen, dass das durchaus in Ordnung ist. Ebenso trifft dies auf den Punkt zu, der hier angeführt worden ist, nämlich auf die Anrechenbarkeit und die Durchlässigkeit beim Doktorratsstudium.

Grundsätzlich, sehr geehrte Damen und Herren, meine ich, dass der universitäre Bereich mit der Fachhochschule zu kooperieren hat. Da gibt es immer wieder Spannungsmomente, die vielleicht auch regional bedingt sind, aber dieses Spannungsmoment wird es im tertiären Bildungsbereich, so glaube ich, immer geben, wenn es verschiedene Bildungswege gibt. Ich finde es aber durchaus positiv, wenn eine Alternative zur Universität gegeben ist und wenn auch eine gewisse Konkurrenzsituation Platz greift. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In den Lobgesang des Kollegen Hösele möchte ich aber auch ein paar Bemerkungen einfließen lassen, was durchaus als Aufforderung verstanden werden kann. Ich glaube, dass wir seitens der Politik rasanter und mit mehr Engagement die Entwicklung von Fachhochschulen vorantreiben sollen. Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle kennen junge Leute, wir alle kennen Berufstätige, die sich gerne weiterbilden würden, die gerne eine Möglichkeit finden würden, einen Fachhochschul-Studiengang zu besuchen, was aber nicht möglich ist, weil die Distanz zu groß ist oder weil auch die entsprechenden Plätze vor Ort nicht gegeben sind. Das hat zur Folge, dass viele Anwärter, die die Voraussetzungen erbringen, diesen Studiengang nicht besuchen können, weil kein Platz vorhanden ist.

Was mir auch besonders wehtut, ist – hier möchte ich vor allem in die so genannte rechte Reichshälfte blicken, in die Richtung Konservativer und in die Richtung von Unternehmerinteressen (Zwischenruf bei der ÖVP)  –: Es muss eindeutig gesagt werden, dass junge Menschen, die sich entscheiden, den dualen Ausbildungsweg zu gehen, sprich eine Lehre zu absolvieren, und die durchaus bereit wären und auch die Fähigkeiten und Interessen mitbringen, sich weitere Qualifikationen zu erwerben, heute die Möglichkeit, Fachhochschul-Studiengänge zu besuchen, nicht mehr in dem Ausmaß vorfinden, das wir uns vorgestellt haben.

Es ist kein positives Zeugnis, sehr geehrte Damen und Herren, wenn etwa der kleine Prozentsatz von bescheidenen 11 Prozent noch weiter sinkt. Wir sind derzeit, Frau Bundesministerin, bei, so glaube ich, 8 oder 9 Prozent angelangt. Das heißt, der Bildungsweg für junge Menschen, die die duale Ausbildung wählen, ist in einer Sackgasse gelandet. Sie reden immer wieder von der "Karriere mit Lehre", aber das redet man Leuten ein, die keine eigenen Kinder haben.


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Ich würde meinen, da müsste man die Politik ernster nehmen und vor allem diese Jugendgruppe entsprechend unterstützen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach .)

19.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.34

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir eigentlich in den wesentlichen Punkten bei diesem Gesetz Übereinstimmung haben, weil ich es wirklich für wichtig und für die Bildungslandschaft in Österreich für unverzichtbar erachte, dass diese Novelle heute beschlossen wird. Obwohl Kollege Hösele hier schon sehr viel gesagt hat, was ich durchaus unterstreichen kann, möchte ich doch noch einige Sätze hinzufügen.

Tatsache ist nicht nur, dass wir derzeit schon zirka 15 000 Studierende an Fachhochschulen haben, Tatsache ist auch, dass diese Zahl entsprechend den Berichten in den nächsten Jahren überproportional steigen wird. Das heißt, es wird wahrscheinlich so ausschauen, dass in etwa acht Jahren jeder dritte Studierende ein Studierender oder eine Studierende an einer Fachhochschule sein wird. Ich glaube daher, dass es ganz wichtig ist, der Fachhochschule auch entsprechende Bedeutung zuzumessen.

Wenn Herr Kollege Würschl gemeint hat, dass es ein Problem darstelle, dass zu wenig Lehrlinge oder Absolventen einer Berufsschule an die Fachhochschule kommen, kann ich ihm Recht geben. Die Gründe, warum das so ist, sehe ich aber in der Tatsache, dass man in den letzten, ich würde sagen, 20 bis 30 Jahren seitens der damals verantwortlichen Bildungspolitiker zu wenig Wert darauf gelegt hat, die entsprechende Aufwertung der Berufsschüler vorzunehmen. Ich weiß sehr gut, dass vor 20 Jahren eigentlich alle gesagt haben, die Kinder sollten in eine AHS gehen. Es war schon die BHS nicht sehr viel wert und noch viel weniger waren die Lehrlinge wert.

Erst in den letzten zwei bis fünf Jahren, so möchte ich sagen, hat sich diese Anschauung Gott sei Dank geändert, und Sie können sich selbst ausrechnen, wer dafür Verantwortung trägt, dass sich das nun in dieser Relation abspielt.

Aber ich gebe Ihnen auch wieder Recht, wenn man sagt, hier muss etwas getan werden. Wir müssen versuchen, diese Quote zu erhöhen, damit auch in Zukunft unsere Absolventen der Berufsschulen, die Lehrlinge und natürlich auch die Meister eine Chance, und zwar eine relativ praktikable Chance haben, an die Fachhochschule zu kommen.

Ein Punkt ist hier noch nicht angesprochen worden, den ich auch erwähnen möchte, weil er für mich doch eine Wichtigkeit hat: Es sind noch immer zu wenig Frauen an den Fachhochschulen. Ich hoffe, dass es da zu einer Veränderung kommt, denn die Tatsache, dass weniger als ein Drittel Frauen die Fachhochschulen besucht, kann mich überhaupt nicht zufrieden stellen. Es muss auch hinterfragt werden, wie weit der Mathematikunterricht und auch der Unterricht für die naturwissenschaftlichen Fächer tatsächlich erfolgt, denn eines ist klar: Ich habe gerade jetzt vor einigen Tagen einen Vortrag über die PISA-Studie gehört, und da hat uns Herr Dr. Haider, der der PISA-Studien-Macher ist, entsprechende Erläuterungen dazu gegeben. Er hat gesagt, es sei eigentlich interessant, dass die Mädchen bis 14 oder 15 Jahre sehr wohl an Naturwissenschaften und Technik interessiert sind, und dann plötzlich kommt der Umbruch.

Da muss etwas getan werden, denn ich glaube, das könnte man doch mehr fördern. Das beweisen auch andere Staaten, dass es bei Mädchen sehr wohl ein Interesse an Naturwissenschaften, also an Chemie, Biologie, Physik und so weiter, gibt, wenn man dieses Interesse mit entsprechenden verstärkten pädagogischen Bemühungen weckt und fördert.

In diesem Zusammenhang darf ich – da auch die Steiermark genannt wurde – auf Kärnten verweisen, denn ich freue mich, feststellen zu können, dass wir auch in Kärnten einiges dafür tun,


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damit die Zahl der Fachhochschul-Lehrgänge erhöht wird. Wir haben in Kärnten mittlerweile drei Standorte, wir haben Klagenfurt, Spittal und Villach. Ich freue mich sehr, dass ab dem heurigen Jahr Feldkirchen dazukommt. Ich freue mich deshalb besonders, weil es sich hiebei um Humanmanagement, Gesundheits- und Pflegemanagement handelt, und ich bin überzeugt davon, dass das sehr viele Mädchen und Frauen studieren werden, weil das durchaus ein Beruf ist, der Frauen ansprechen wird. Ich glaube auch, dass dieser Ausbildungsschwerpunkt Zukunft hat und dass mir immer mehr solche Absolventen wollen und brauchen.

Ich freue mich auch, dass Wolfsberg neue Initiativen gesetzt hat, und ich weiß, dass sich Wolfsberg bemüht, ebenfalls einen Lehrgang zu bekommen, und zwar "Innovative Engineering". Ich würde mich für Wolfsberg sehr freuen, wenn das ebenfalls klappte.

Zwei neue Lehrgänge sind ebenfalls im Einreichstadium, nämlich "Internationale Beziehungen" für Villach und "Ökoeffiziente Produkt- und Verfahrenstechnik" in Klagenfurt. Ich nehme an, dass es klappen wird, dass dieses Lehrgänge bei uns abgehalten werden. Das halte ich für eine ganz wichtige bildungspolitische Maßnahme, die damit getroffen wird und die auch den bildungspolitischen Stellenwert des Landes Kärnten stärken wird.

Zuletzt noch ein Punkt, den ich ansprechen möchte: die Dropout-Quote. Ich weiß wohl, dass manche sagen, man könne nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, und es sei falsch, wenn man eine Universität einer Fachhochschule gegenüberstellt, aber ich glaube, das ist schon ein wichtiger Punkt. Ich kenne nahezu keine Fachhochschul-Dropouts, wogegen ich sehr viele kenne, die die Universität nur für einige Zeit besuchen beziehungsweise nach ein, zwei oder vier Semestern draufkommen, dass sie eigentlich nicht dafür geeignet sind oder dass andere Gründe dafür sprechen, dass sie diese Ausbildung abbrechen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, weil es den Staat immerhin sehr viel Geld kostet, wenn jemand einen Ausbildungsgang nicht weiter besucht und frühzeitig abbricht.

Zuletzt darf ich noch einen Wunsch hinzufügen. Ich würde mir wünschen – das werden wir dann auch unserem Herrn Finanzminister sagen –, dass es zu einer steuerlichen Entlastung für diejenigen kommt, die in diese Fachhochschulen investieren. Das ist sicher der richtige Weg, um mehr private Förderer für diese Bildungsinstitutionen zu gewinnen.

Zuallerletzt darf ich noch sagen, dass wir in Österreich grundsätzlich eine gute Bildungslandschaft haben, gleichgültig, welcher Bereich hier angesprochen wird, angefangen bei den Pflichtschulen über die sekundären Schulen bis hin zu den postsekundären Bereichen, über die wir gerade sprechen, aber wir dürfen uns nicht ausruhen, sondern müssen uns immer mit den Besten messen.

Da die PISA-Studie angesprochen wurde, muss gesagt werden: Wir sind zwar glücklicherweise in der Situation, dass wir uns im guten Mittelfeld bewegen, aber bitte vergleichen wir uns nicht mit den Schlechteren – Deutschland ist da sicher ein warnendes Beispiel –, sondern vergleichen wir uns mit Finnland oder messen wir uns mit den Ländern, die ganz vorne sind. Ich glaube, es ist immer ein Ansporn, sich mit den Besseren zu messen, als zu sagen, wir sind ohnehin halbwegs gut, wir brauchen nicht mehr an uns zu arbeiten, um einige Punkte vorzurücken. Selbstverständlich müssen wir daran arbeiten.

Arbeiten wir also an diesen Verbesserungen, und bauen wir auch diese Institutionen aus – das ist mein Wunsch –, die letztlich den Absolventen einen Eintritt in die Wirtschaft ermöglichen und nicht ins Arbeitsamt! Auch dafür ist die Fachhochschule ein Garant.

Daher gibt es seitens meiner Fraktion sehr gerne die Zustimmung dazu, weil wir wirklich glauben, dass wir mit diesem Gesetz auch im Bereich der internationalen Bildungslandschaft einen Schritt nach vorne gesetzt haben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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19.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

19.43

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entwicklung der Fachhochschulen ist unbestritten eine Erfolgsgeschichte. Die Tatsache, dass die Idee, zwischen den berufsbildenden höheren Schulen und den Universitäten eine zusätzliche Ausbildungsebene zu etablieren, so eingeschlagen hat, bedeutet aber auch, dass wir über Jahrzehnte eine Lücke in unserem österreichischen Bildungssystem entstehen ließen, die geschlossen werden musste.

Ich beschränke mich in meinen Ausführungen eher auf den technischen Bereich, dem ich auf Grund meiner Berufspraxis näher stehe. Die angesprochenen Problemstellungen werden sich aber durchaus auch auf andere Bereiche der Berufsausbildung anwenden lassen.

Wir hatten in Österreich ein sehr erfolgreiches, den Bedarf der Wirtschaft abdeckendes Berufsausbildungssystem. Facharbeiter wurden dual ausgebildet, Führungskräfte für unsere Klein- und Mittelbetriebe wurden weitgehend aus den Reihen der Absolventen der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen rekrutiert. Absolventen der technischen Hochschulen waren für die Führungsetagen der Großbetriebe vorgesehen, waren in Entwicklungsbereichen zu finden oder wurden selbständige Unternehmer, Zivilingenieure und so weiter.

In der Mitte der achtziger Jahre habe ich beim Besuch von beruflichen Seminaren in Deutschland junge deutsche Fachhochschulabsolventen kennen gelernt – in Deutschland gab es damals schon diese Fachhochschulen – und habe erkannt, dass die Ausbildung dieser jungen Kollegen den Ausbildungsstand der österreichischen HTL-Absolventen weit übertraf. Einige Jahre vorher wurden die Absolventen unserer höheren technischen Lehranstalten noch in vielen Fällen den graduierten deutschen Ingenieuren vorgezogen, weil sie mit 19 bis 20 Jahren über ein gutes Allgemeinwissen verfügten und ein technisches Basiswissen besaßen, welches von den diversen Betrieben mittels Schulungen und Praxis gezielt erweitert wurde.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die österreichische Verwaltung und Politik den Handlungsbedarf erkennen und die höheren technischen Lehranstalten, die unsere praxisorientierten Ingenieure ausbildeten, an den Stand der deutschen Fachhochschulen und damit an die europareife Ingenieurausbildung heranführen müssen. Zum damaligen Zeitpunkt wäre eine derartige Erweiterung noch kostengünstig zu bewerkstelligen gewesen. Man hätte nur die an großen HTL-Standorten bereits bestehenden zweijährigen Ausbildungsstätten für Maturanten entsprechend adaptieren müssen. Die entsprechenden Infrastrukturen – Werkstätteneinrichtungen, Labors et cetera – waren vorhanden. Es wäre nur notwendig gewesen, von Seiten der Administration und der Politik die Nähe zur Wirtschaft, zu den großen Betrieben zu suchen und die auch noch bis heute gegenüber den Fachhochschulen bestehenden Ressentiments der technischen Universitäten abzubauen.

Auch aus diesem Grund bin ich ein Verfechter einer Verwaltungsreform und meine, dass auch unsere verantwortlichen Beamten im Bildungsbereich lernen müssen, zu gestalten und nicht nur zu verwalten.

Dieser kleine Ausflug in die Vergangenheit sei mir gestattet, weil ich der Ansicht bin, dass wir die höheren technischen Lehranstalten und die berufsbildenden höheren Lehranstalten in die Thematik Fachhochschule mit einbeziehen müssen, um Synergieeffekte nutzen zu können.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Gedankengang entwickeln! In meiner Berufspraxis habe ich auch mit EDV-Spezialisten, mit Entwicklungsingenieuren aus Singapur zu tun gehabt. Ich musste feststellen, dass diese jungen Damen und Herren Ingenieure ihren akademischen Abschluss sehr früh machen und in der Altersklasse, in der unsere jungen Diplomingenieure die technischen Universitäten verlassen, bereits voll im Berufsleben stehen und als so genannte Senior Engineers hohe Verantwortung tragen.

Die Entwicklung der Fachhochschulen ist eine Erfolgsstory, weil wir uns damit im internationalen Trend bewegen und den Bedarf der Wirtschaft berücksichtigen. Wir müssen aber aufpassen, dass wir über die Verbindung und Durchlässigkeit zu den Universitäten nicht die Praxisorientierung wieder verlieren und die Studienzeiten anpassen, das heißt uferlos


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verlängern. Es muss in Zukunft klare Abgrenzungen geben: den Schwerpunkt Praxisorientierung bei den Fachhochschulen und den Schwerpunkt Forschung und Entwicklung an den Universitäten.

Die gegenständliche Gesetzesnovelle ist sicherlich zu begrüßen. Wir befinden uns im europäischen Umfeld und müssen dafür Sorge tragen, dass wir dem europäischen System der Anrechnung von Studienleistungen entsprechen. Fachhochschul-Bakkalaureats-Studiengänge in Verbindung mit Fachhochschul-Magister-Studiengängen und einem verpflichtenden Berufspraktikum sind zu begrüßen. Es muss uns nur klar sein, dass wir nicht wie in früheren Zeiten mit einer Weichenstellung Jahrzehnte lang auskommen werden.

Die Arbeitswelt bewegt sich immer schneller, das Rezept für die Zukunft unseres österreichischen Bildungssystems wird sein: motivierte Studierende, motivierte Lehrende und ein sehr flexibles Verwaltungsmanagement. Es wird die große Herausforderung sein, Bewährtes zu erhalten und immer wieder kostengünstig mit Neuem zu verbinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte. (Bundesrat Hösele: Muss das sein? – Bundesrat Schennach: Ja, ausnahmsweise schon! Wissen Sie schon wieder, welche Fraktion Sie haben? – Okay!)

19.50

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich habe mich deshalb noch zu Wort gemeldet, um vielleicht als jemand, der an einer Fachhochschule Nacht für Nacht und Woche für Woche unterrichtet, auch ein bisschen Praxis hereinzubringen, und ich kann nur sagen: Nach all dem, was ich so von der Fachhochschule weiß, ist es sicherlich eine der gelungensten Reformen im Bildungsbereich.

Ich habe selten so motivierte Menschen gesehen. Das sind nicht nur junge Menschen – das hat überhaupt nichts mit jung zu tun, manche Studierende sind älter als ich, und ich bin auch schon 45, also das ist es nicht –, aber die Leute sind enorm motiviert, denn sie gehen Nacht für Nacht dorthin und das acht Semester hindurch. Das muss man einmal als eine ganz große Leistung von vielen Menschen würdigen, die diese Fachhochschulen angenommen haben.

Ich habe – und das ist jetzt kein Schmäh, meine Damen und Herren – vor ein paar Minuten ein SMS bekommen, anhand dem Sie das ersehen können: Juhu! Meine Bewerbung an der Fachhochschule ist angenommen! Welch ein Traum!, schreibt eine Mitarbeiterin, die mittlerweile auch nicht so viel jünger ist als ich.

Das zeigt, dass es dieses Bedürfnis gibt, in einem bestimmten Stadium des Lebens eine Qualifizierung zu erwerben, und wenn man sieht, mit welcher Begeisterung an die Arbeit gegangen wird, dann erkennt man: Das ist keine Irgendwie-Schule, keine Irgendwie-Zweitausbildung, sondern da wird sehr viel gefordert, und die Studierenden leisten in der Doppelbelastung Beruf und Arbeit und manche sogar auch in der Dreifachbelastung als Eltern Enormes.

Es ist dies eine Schule, die auch sehr lebens- und berufsorientiert ist, und das Wichtige wäre jetzt, sie in den nächsten Schritten – das haben einige Vorredner schon gesagt – erstens flächendeckend einzurichten, um von der Bundeshauptstadt und von den Landeshauptstädten, so wie Sie gesagt haben, auch in einige Bezirkshauptstädte zu kommen. Es soll ja nicht nur ein Privileg der Zentren sein, eine solche mögliche berufsorientierte Ausbildung anzubieten.

Das Zweite, Frau Ministerin, wäre, dass man bei den Zugangskriterien doch Überlegungen anstellt, die in meinen Augen noch ein bisschen berufsorientierter sein könnten, als sie es derzeit sind. Im Augenblick habe ich das Gefühl, dass sie noch zu sehr schulorientiert sind, also entweder in Richtung Matura oder Zulassungsprüfung gehen. Hier sollte man noch eine Spur mehr in die Berufswelt gehen.


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Das Nächste sind noch zwei Punkte, von denen ich glaube, dass sie notwendig sind, da man jetzt langsam einen Überblick hat über das, was in den letzten Semestern geschah, das sind die Qualitätssicherung und die Evaluierung. Das scheint mir für die nächsten Schritte wichtig zu sein.

Aber noch einmal: Das ist sicherlich eines der gelungensten Kapitel der Bildungsreform. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.

19.55

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin sehr froh, dass diese wichtige Bildungsfrage hier so positiv diskutiert wird, und bedanke mich für die Wortmeldungen, die aufgezeigt haben, wie wichtig dieses Studienangebot ist.

Fachhochschulen bieten eine praxisorientierte Berufsausbildung auf wissenschaftlicher Basis. Universitäten bieten eine wissenschaftliche Berufsvorbildung mit großen Anteilen im Bereich der Forschung. Ich glaube, es ist ganz wichtig, diese Unterschiede aufzuzeigen.

Worauf es mir dabei ankommt, sind zwei sehr wichtige Gesichtspunkte. Ich meine – genauso wie die Vorredner es hier gesagt haben –, wir sollten noch mehr junge Menschen aus dem Bereich der dualen Ausbildung ermutigen, weitere Bildungswege zu beschreiten. Wir haben dazu die Voraussetzungen geschaffen. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen mit der Berufsreifeprüfung, die den jungen Menschen, die eine Lehre gemacht haben, die Möglichkeit gibt, in weiterführende Bildungsgänge an Fachhochschulen, an Universitäten einzusteigen. Dieses Angebot gibt es, und ich bitte alle, die im Bildungsbereich in den Bundesländern verantwortlich tätig sind, darauf zu achten, dass dieses Angebot bekannt gemacht wird, dass es in Berufsschulen bekannt gemacht wird, dass es an Berufsschulen angeboten wird, damit die jungen Menschen wirklich die Möglichkeit erhalten, diese Berufsreifeprüfung zu machen.

Das Zweite, was mir sehr wichtig ist: Ich halte es von besonderer Bedeutung, dass wir mit der Lebenszeit der jungen Menschen sorgsam umgehen. Deshalb werden wir im Herbst einige Modellprojekte vorstellen, laut derer aus dem Bereich der berufsbildenden höheren Schulen ein Einstieg in ein höheres Semester der Fachhochschule möglich ist. Das heißt, dass das Wissen, das bereits an einer HTL, an einer HAK erworben wurde, anerkannt wird. Die Schwierigkeit ist nur: Man kann nicht generell sagen, jeder, der eine BMHS macht, steigt in das dritte Semester einer Fachhochschule ein, denn wenn jemand in einer Handelsakademie war, wird es sehr schwer gehen, dass er das dritte Semester einer technischen Fachhochschule besucht. Deswegen muss man diese Pilotprojekte ganz speziell und fachspezifisch definieren und auch durchführen.

Ich habe mit dem Vorsitzenden der Fachhochschulkonferenz und dem Fachhochschulrat vereinbart, diese Modellprojekte zu erarbeiten, sie im Herbst vorzustellen, sie im Herbst zu verwirklichen, und dann wollen wir auf diesem Weg weiterschreiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Gstöttner. )

Wir haben auch sichergestellt, dass Fachhochschulabschlüsse an den Universitäten anerkannt werden. Ich halte es für ganz wichtig, dass man sich darauf verlassen kann, dass an Fachhochschulen eine gute Grundlage geboten wird und dass junge Menschen, die eine Ausbildung haben, in ein Doktoratsstudium einsteigen können, wenn sie wollen.

Ich glaube, dass diese Fachhochschulen wirklich eine Erfolgsstory sind. Ich danke Ihnen für die allseitige große Zustimmung, und – wenn ich vielleicht noch einen Wunsch zur späteren Stunde aussprechen darf – ich wünsche mir, dass wir im Bereich des Universitätsgesetzes 2002 auch diese gemeinsame Vorgangsweise haben werden, denn für Bildung ist es wichtig, dass sie von


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allen politischen Parteien getragen wird und dass es dort eine große Gemeinsamkeit gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Bundesräte Gstöttner und Schennach. )

19.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben ist somit angenommen .

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (579/A und 1014/NR sowie 6596/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Saller übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Josef Saller: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Der Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche um Einleitung der Debatte und Abstimmung.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Tusek. – Bitte.

20.00

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der nun zur Debatte stehende Gesetzesbeschluss des Nationalrates umfasst zwar nur kleine, aber durchaus wichtige Änderungen des vor fünf Jahren in Kraft getretenen Universitäts-Studiengesetzes. Mit diesem Gesetz ist es möglich geworden, dass die Universitäten selbst und eigenverantwortlich im Sinne einer echten Autonomie entscheiden können, ob sie eine Studienrichtung in der bisherigen Form als Diplomstudium anbieten oder ob sie auf das neue System des Bakkalaureats- und Magister-Studiums umsteigen.

Ich halte dieses Angebot für hervorragend, und es sollte alles unternommen werden, die Chancen zu einem individuellen Profil jeder Universität oder Fakultät entsprechend zu nutzen.


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Ich gebe aber auch zu, dass es relativ leicht ist, von hier aus über richtungsweisende Wege der Bildungspolitik zu sprechen und die richtigen Rahmenbedingungen vorzugeben, die tatsächliche harte Arbeit steckt aber dann im Detail. Es ist nach meiner Überzeugung sehr wichtig, dass nicht von oben her, vom Gesetzgeber oder von der Frau Bundesministerin, Einzelheiten, Details bis zu den Studienplänen vorgegeben werden, sondern dass die einzelnen Studienkommissionen autonom und eigenverantwortlich diese Studienpläne selbst erlassen.

Es hat bereits – und auch das gehört hier erwähnt – viele Diskussionen und auch sehr viele Arbeiten beziehungsweise Vorarbeiten an einzelnen Universitäten gegeben, aber manchen ist offenbar die Zeit davongelaufen. Daher halte ich es für absolut sinnvoll, noch ein Jahr dazuzugeben, damit diese Vorarbeiten abgeschlossen und die Studienpläne rechtzeitig erlassen werden können.

Es ist mir schon klar, dass es nicht ganz einfach ist, einen Systemwechsel durchzumachen und völlig andere Voraussetzungen zu erarbeiten, als sie bisher gegeben waren. Die Universitäten – das erwähnte die Frau Bundesministerin in ihren Ausführungen – haben vor allem das Ziel, für die Wissenschaft auszubilden, und das Ziel der Forschung. Beim neuen Zweig, beim Bakkalaureats-Studium, soll es zwischen Fachhochschulen und dem wissenschaftlichen Studium, der wissenschaftlichen Ausbildung und der Forschung eine Zwischenebene an den Universitäten geben, in der vor allem auch bereits Berufsorientierung enthalten sein sollte.

Dieser Systemwechsel ist sicherlich nicht einfach. Wenn man viele Jahre, Jahrzehnte, man könnte fast sagen, Jahrhunderte einen bestimmten Weg gewohnt ist, ist es schwierig, sich innerhalb von fünf Jahren auf eine völlig neue Aufgabe einzustellen. Ich glaube aber – und das ist wichtig –, dass dieses Jahr von allen Beteiligten genutzt werden muss und dass auch ein Appell an die Universitäten selbst gerichtet werden muss, dieses Jahr entsprechend zu nützen, um Studienpläne zu erstellen und dieses neue Angebot dann tatsächlich zur Verfügung stellen zu können.

Denn die Alternative ist: Wenn Studienpläne nicht so rechtzeitig im nächsten Jahr verabschiedet werden, dass sie im Oktober 2003 in Kraft treten können, dann muss von Gesetzes wegen diese Möglichkeit des Studiums gestrichen werden.

Abschließend ganz kurz noch zur zweiten Änderung, die für mich ebenfalls wichtig ist: die Umwandlung der Studienrichtung Umweltsystemwissenschaften an der Universität Graz in ein reguläres Studium, indem dieses Studienangebot in das Gesetz aufgenommen wird. Die Grundidee dieses Studiums ist, neben fachspezifischer Ausbildung die Grundlagen anderer Disziplinen kennen zu lernen und zwischen ihnen Querverbindungen herzustellen. Kaum ein Gebiet – das traue ich mich als Biologe zu sagen – ist so vernetzt wie gerade Umweltsystemwissenschaften. Umweltveränderungen und die aus ihnen erwachsenden Probleme verlangen eine vernetzte Betrachtungsweise und auch vernetzte Lösungsansätze.

Daher soll gerade mit diesem Studium den Studierenden ermöglicht werden, nach einer fundierten Ausbildung in verschiedenen Gebieten wie zum Beispiel der Betriebswirtschaft, der Volkswirtschaft, aber auch der Naturwissenschaften, der Chemie, der Physik, der Geographie und ähnlichen Zusammenhänge zwischen diesen Einzelgebieten zu sehen, zu erkennen und im Sinne eines vernetzten Denkens dann auch entsprechend anwenden zu können. Ich glaube, dass solche – und die Vergangenheit hat das bereits gezeigt – gut ausgebildeten jungen Menschen durchaus auch sehr gute Chancen am Arbeitsmarkt haben.

In diesem Sinne ersuche ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, gegen diesen Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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20.07

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Würschl. – Bitte.

20.07

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir Sozialdemokraten wollen dieser Novelle zum Universitäts-Studiengesetz unsere Zustimmung geben. In dieser Novelle sind ebenfalls keine wesentlichen Reformschritte enthalten, sondern es werden in erster Linie Wünsche von den Universitäten formuliert, und ich meine, dass es richtig ist, dass man diesen Wünschen seitens der Politik Rechnung trägt.

Es geht darum, Studienpläne kundzumachen. Weiters wird – wie Kollege Tusek vorher formuliert hat – auch die Möglichkeit geschaffen, dass an der Universität Graz das Diplomstudium Umweltsystemwissenschaften in das reguläre Studienangebot aufgenommen wird. Auch ich meine wie Kollege Tusek, dass vor allem das vernetzte Studieren positiv hervorgestrichen werden muss, weil das eben von der Praxis her entsprechend gefordert wird und auch zukunftsorientiert ist. – Vom Inhalt her können wir dieser Gesetzesnovelle also nur die Zustimmung erteilen. Gestatten Sie mir, geschätzte Frau Bundesministerin, aber doch, bei einer Diskussion über die Universität wiederum auf die Studiengebühren hinzuweisen. Ich würde meinen, dass wir diese sozialen Barrieren abzubauen haben. Wir sind ein so reiches Land, dass wir nicht jungen Menschen oder auch deren Eltern Geld abverlangen sollten, wenn sie einen bestimmten Bildungsweg einschlagen, wenn sie zusätzliche Qualifikationen für ihr Leben erwerben wollen.

Ich meine, dass wir verpflichtet sind, diese Barrieren von der Politik her abzubauen, denn jeder von uns kennt konkrete Beispiele von Alleinverdienern, die zwei oder drei Kinder haben, von Alleinverdienern mit kleinen Einkommen, die ihre Kinder universitär ausbilden lassen wollen. Es ist, so glaube ich, nicht der richtige Ansatz, dass wir genau von diesen Familien, von den jungen Menschen oder auch von Berufstätigen Studiengebühren im Ausmaß von 10 000 S oder umgerechnet 726 € pro Jahr einfordern. Ich würde also meinen, dass wir aufgerufen sind, diese Barrieren abzubauen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Lindinger. – Bitte.

20.09

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir sprechen heute zur Änderung des Universitäts-Studiengesetzes. Im Speziellen geht es um die zeitgerechte Kundmachung von Studienplänen, um deren In-Kraft-Treten nicht zu versäumen.

Diese Debatte hier ist auch schon ein Vorgeplänkel zum derzeit noch in Beratung befindlichen Universitäts-Studiengesetz, das die Autonomie vorsieht, das aber heute in seiner ganzen Fülle natürlich nicht zur Debatte steht.

Im Speziellen geht es hier um die Studienrichtung Umweltwissenschaften der Universität Graz, die zu einem regulären Studium umgewandelt werden soll. In diesem Studium sollen die naturwissenschaftlichen Fächer Chemie und Physik mit Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft und Geographie vernetzt sein. Als Naturwissenschafter freut man sich über eine solche Vernetzung, denn man bemerkt immer wieder, dass jemand, wenn er nur ein Fach studiert hat, Schwierigkeiten hat, sich im Nachbarfach zurechtzufinden, da oft schon die Bezeichnungen der verwendeten Gleichungen und Formeln unterschiedlich sind, ich denke beispielsweise nur an das Vorzeichen der Enthalpie, das Maschinenbauer mit jenem für Naturwissenschafter verwechseln.

Mir scheint, dass durch diese Vernetzung ein neues Universalstudium in Gang kommt, aber leider nur auf dem naturwissenschaftlichen Sektor. Heute wird allerdings gerade bei Forschungsergebnissen, die fast zu 100 Prozent von Naturwissenschaftern erarbeitet wurden, auch immer wieder die ethische Verantwortung eingefordert. Ich denke jetzt etwa an die Ergebnisse der Biologie, der Medizin, aber auch der Atomphysik. Auf Grund dieser mangelnden Koordination mit dem ethischen Bewusstsein entsteht auch eine sehr große Technikfeindlichkeit in der Bevölkerung, die wir auf Schritt und Tritt erleben können. Das mag für manche Menschen im ausgehenden 20. Jahrhundert etwa so gewesen sein wie für die Maschinenstürmer des


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19. Jahrhunderts, das ist aber weder für die Weiterentwicklung der Wissenschaft noch für unser Zusammenleben förderlich.

Wenn ich möchte, dass diese ethische Komponente auch in ein höheres Studium beziehungsweise Universitätsstudium mit einbezogen wird, dann meine ich natürlich keine Utopien nach dem Muster der Frankfurter Schule, sondern gewachsene ethische Überlegungen, die einen realen Untergrund haben.

Eine Universitätsreform, wie sie jetzt in Verhandlung steht, scheint mir ungefähr die Qualität zu haben, wie sie vor weit mehr als über 100 Jahren die Humboldt’sche Universitätsreform hatte. Damals ging es um eine völlige Erneuerung der Schul- und Studienbedingungen. Die Grundschule, das Gymnasium und die Universitäten wurden reformiert, und viele Universitätsneugründungen waren damals die Folge davon. Zum ersten Mal wurde die Lehr- und Lernfreiheit verankert. Die Schule wurde vom Drill befreit. Heute würde man vielleicht sagen: Die Schule wurde von politischen Vorgaben gesäubert. Das Erziehungssystem wurde geändert, und es wurde eine Prüfungsordnung eingeführt.

Meine Damen und Herren! All das gilt heute noch. Hinzugekommen sind aber ein Stipendienwesen und auch das Finanzierungssystem: Die Studiengebühren, die eng damit zusammenhängen, wären zu überdenken und in diese Reform mit einzubringen. Heute wurde bereits über das Baccalaureats-Studium gesprochen, und mit der Einbeziehung dieses Baccalaureats-Studiums wird doch ein sehr wesentlicher Schritt gemacht.

Ich sprach von der Humboldt’schen Reform, die sicherlich in der Zeit, als sie durchgeführt wurde, ein sehr philosophisches und klassisches Weltbild vermittelt hat, welches damals richtig war. Die Zeiten und die Welt haben sich in der Zwischenzeit allerdings sehr stark verändert. Viele Universitätsstudien entsprechen, wenn man sie als Berufsausbildung betrachtet, heute oft nicht den tatsächlichen Erfordernissen. Die Absolventen kommen überqualifiziert auf den Markt und fangen mit ihren akademischen Titeln nichts an. Ich kenne Fälle, dass Leute, die sich bewerben, mangels anderer Möglichkeiten ihre akademischen Titel verschweigen, um nicht sofort wegen Überqualifikation abgewiesen zu werden.

Das Baccalaureats-Studium sollte, wie ich meine, ein zusätzlicher Studienzweig sein, der dezidiert auf eine spätere Verwendung im Berufsleben abgestimmt ist. Natürlich kann aber auch dieses Studium in Richtung wissenschaftliche Ausbildung weitergeführt werden, die letztlich mit einem Doktoratsstudium abschließt. – Die Hochschulausbildung muss die Forschung als letztes Ziel haben. Die Baccalaureats-Ausbildung hingegen soll als erstes Ziel eine adäquate Berufsausbildung haben.

Frau Ministerin! Ich glaube, diese Vorhaben werden der große Wurf dieser Regierung und Jahrhundertprojekte sein, die der Humboldt’schen Reform sicherlich an die Seite gestellt werden können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.15

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Anlässlich der Einrichtung der Studienrichtung Umweltsystemwirtschaften wurde mehrfach darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, vernetzte Studien anzubieten. – Ich meine, es wird auch in Zukunft notwendiger denn je sein, dass Bildungseinrichtungen quer über ihre Einrichtung hinweg zusammenarbeiten, also Universitäten mit Fachhochschulen und Universitäten mit anderen Universitäten, damit wir wirkliche Bildungs-Cluster bilden, in welche auch die Wirtschaft mit einbezogen wird.

Ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Schritt besonders auch für den Bereich der Erwachsenenbildung ist, welche immer notwendiger wird. – Ich stelle mir vor, dass wir an Fachhochschulen und Universitäten vorhandenes Wissen für die Weiterbildung der im Berufsleben Ste


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henden mit den modernen Medien zugänglich machen. Das an einer Fachhochschule vorhandene Wissen sollte doch für die Weiterbildung im Berufsleben genutzt werden! Dafür sind die neuen Medien da, und das müssen wir in Zukunft auch so handhaben.

Eine Bemerkung möchte ich noch zu den Studienbeiträgen machen, die als soziale Barrieren bezeichnet werden: Meine Damen und Herren! Sie sind es nicht! Wir haben zahlreiche Studien, die uns aufzeigen, dass dann, wenn es keine Studienbeiträge gibt – die Studienbeiträge halten sich mit 10 000 S im Jahr in einem sehr vertretbaren Maß –, auch nicht mehr Kinder aus unterprivilegierten Schichten studieren. Notwendig ist es vielmehr, das Bewusstsein für Bildung grundzulegen und die Förderungen und Hilfestellungen für diejenigen, die es brauchen, auszubauen.

Das haben wir gemacht: Wir haben die Studienförderung auf 144 Millionen Euro oder 2 Milliarden Schilling erhöht, also um genau 32,7 Millionen Euro beziehungsweise 450 Millionen Schilling. 32,7 Millionen Euro mehr an Studienförderungen werden jetzt ausgegeben, und das wird sehr gut angenommen. Diejenigen, die es wirklich brauchen, bekommen eine Unterstützung.

Das zeigt sich auch an der Zahl der Studierenden: Wir haben in Österreich über 194 000 Studierende an den Universitäten, Bayern mit seinen 12 Millionen Einwohnern hat 150 000 Studierende, und die Schweiz mit etwa 6 Millionen Einwohnern hat 90 000 Studierende. – Wir liegen also auch da gut. Wir geben denjenigen, die es brauchen, die notwendige finanzielle Unterstützung, und ich glaube, das ist der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.18


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

19. Punkt

Kulturbericht 1998 der Bundesregierung (III-201-BR/99 sowie 6597/BR der Beilagen)

20. Punkt

Kulturbericht 1999 der Bundesregierung (III-217-BR/01 sowie 6598/BR der Beilagen)

21. Punkt

Kulturbericht 2000 der Bundesregierung (III-229-BR/02 sowie 6599/BR der Beilagen)

22. Punkt

3. Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 2000/2001) (III-232-BR/02 sowie 6600/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

Kulturbericht 1998 der Bundesregierung,

Kulturbericht 1999 der Bundesregierung,

Kulturbericht 2000 der Bundesregierung und

3. Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen.

Die Berichterstattung über die Punkte 19 bis 22 hat Herr Bundesrat Tusek übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Mag. Gerhard Tusek: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich bringe die Berichte des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Diese Berichte liegen in schriftlicher Form vor. Daher erspare ich mir die vollinhaltliche Verlesung.

Erstens: Bericht über den Kulturbericht 1998 der Bundesregierung. – Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Zweitens: Bericht über den Kulturbericht 1999 der Bundesregierung. – Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Drittens: Bericht über den Kulturbericht 2000 der Bundesregierung. – Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Viertens: Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den 3. Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 2000/01). – Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

20.20

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegenden Kulturberichte der Jahre 1998 und 1999 finden, im Gegensatz zum Kulturbericht 2000, unsere Zustimmung.

Die Berichte aus dem Jahr 1998 und 1999 weisen eine innovative Handschrift auf. Beachtliche Erfolge wurden erzielt. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) Unter anderem handelt es sich hiebei um den bleibenden Erfolg auch unseres ehemaligen Staatssekretärs Wittmann betreffend das Riesenprojekt Museumsquartier, das verwirklicht wurde.

Das Museumsquartier war über Jahre die größte Kulturbaustelle Europas. Mit der Errichtung des Museumsquartiers wurde Großartiges für Österreich und Wien geschaffen. Die internatio


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nale Bedeutung des Museumsquartiers zeigt sich zum Beispiel an der großen Zahl der Besucherinnen und Besucher und an der allgemeinen Anerkennung.

Kultur bedeutet aber nicht nur, Vergangenes darzustellen und museal zu zeigen, sondern ist auch Ausdruck gesellschaftlicher Veränderungen und Auseinandersetzungen. Und ich habe den Eindruck, dass sich die Weltoffenheit von Kultur und Kunst jetzt zu provinzieller Muffigkeit in der Kultur wandelt.

Eigentlich hätte Kultur die Aufgabe, der Politik einen Schritt voraus zu sein. Ich befürchte aber, dass sich das Klima in Österreich verändert hat. Ich möchte ein Beispiel hiefür bringen. – Der Kärntner Landeshauptmann kann ungeniert sagen: Wenn Künstler sich nicht regierungskonform äußern, dann werden sie einfach nicht gefördert, und wenn ihnen das nicht passt, dann können sie das Land verlassen. – Zumindest werden diese Künstler ausgegrenzt. – Kultur kann nur Tradition haben, wenn es etwas zu tradieren gibt. – Ich habe den Eindruck, dass damit das Innovative, das Provokante und die Erregung nicht gefördert werden! (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) Durch diese Bundesregierung ist ein Kulturklima entstanden, in Anbetracht dessen ich befürchte, dass sich Neues, Innovatives kaum oder nicht entwickeln kann.

Da dieser Kulturbericht auch Ausdruck des geänderten Kulturklimas ist, können wir dem Kulturbericht 2000 nicht zustimmen. Selbstverständlich werden wir aber dem Restitutionsbericht 2000/01 zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

20.24

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meinen Informationen zufolge fand gestern auch die Diskussion und Beratung der Kulturberichte 1998, 1999 und 2000 im Ausschuss des Nationalrates statt, und zusätzlich wurde dort auch der Kunstbericht 2000 beredet, welch selbiger dort von Seiten der SPÖ keine Zustimmung gefunden hat. Ich glaube aber, dass die drei Kulturberichte im Ausschuss einstimmig angenommen wurden. – Im Hinblick darauf glaube ich, dass Sie, Kollege Todt, auf der falschen Baustelle sind, denn für die Freiheit der Kunst sind wir wirklich alle! Wir sind aber gegen die Instrumentalisierung von Kunst und Kultur für parteipolitische Zwecke (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), was wir in dieser Republik bedauerlicherweise über 20 Jahre unter der sozialdemokratischen Hegemonie erleben durften beziehungsweise mussten. Dieses Staatskünstlertum gibt es Gott sei Dank jetzt nicht mehr! (Bundesrat Kraml: Nehmen Sie sich zusammen, Herr Kollege!)

Für uns gilt das Motto der Wiener Sezession "Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit". – Letztlich galten einmal viele Dinge, die in den großartigen österreichischen Museen und Bundesmuseen zu sehen sind, als anstößig und haben zu Auseinandersetzungen geführt. Die Schaffung von künstlichen Gegensätzen, was museal ist und was nicht, entsprechen der 68er-Methode. – Das ist jetzt längst vorbei, denn mittlerweile schauen die Museen auf dieser Welt etwas anders aus, und in Österreich erfreulicherweise noch etwas mehr, weil sie an sich sehr lebendige und positive Einheiten sind.

Ich möchte sagen: Wenn man Kunst und Kultur insgesamt betrachtet, dann kann man feststellen, dass echtes Kunst- und Kulturverständnis über die Epochen hinweg geht. Es gibt Zeitentwicklungen. Man kann nicht sagen: Die moderne Kunst ist das Wichtigste, das andere ist für das Museum! Das ist nicht gut! – Gott sei Dank gibt es derzeit ganz hervorragende und tolle künstlerische Äußerungen vieler Leute, die ganz bestimmt mit dieser Regierung nichts zu schaffen haben, die sich aber auch von früheren Regierungen nichts anschaffen lassen wollen haben.

Am meisten imponiert mir im Augenblick der Kulturphilosoph Rudolf Burger, er war viele Jahre lang Rektor der Akademie, von dem man ganz sicher nicht sagen kann, dass er ein Wende


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philosoph ist. Das hätten Sie vielleicht ganz gerne gesagt. Er ist jedoch ein Mann, der ganz sicher unbestechlich ist, und so etwas imponiert mir!

Ich möchte jetzt noch ganz kurz über die wirklich wohlgelungenen Kulturberichte 1998,1999 und 2000 sprechen, die in sehr informativer Weise das darstellen, was im Ministerium Gehrer in Sachen Bundesmuseen, Denkmalschutz, Landeskonservatorate et cetera getan wird. Es ist der Beamtenschaft außerordentlich zu danken, dass diese Berichte so informativ gestaltet werden und insbesondere auch dafür, dass das so gut gemacht wird.

Der Kulturbericht ruft nachhaltig ins Bewusstsein, dass der Kleinstaat Österreich eine Kulturgroßmacht ist. Die österreichischen Bundesmuseen gehören zu den ersten Museumsadressen der Welt. Im Oktober 2001 hat eine Jury britischer Experten das Wiener Naturhistorische Museum zu einem der zehn besten Museen der Welt gewählt. Das ebenfalls 2001 eröffnete Museumsquartier, über dessen Entstehungsgeschichte in den Kulturberichten mehrfach ausführlich referiert wird, ist nicht nur das größte Kulturprojekt in der Geschichte Österreichs, sondern nimmt mit seinen 20 Institutionen auf insgesamt 60 000 Quadratmetern Nutzfläche weltweit Platz acht im Ranking der großen Kunst- und Kulturzentren ein.

Ich habe eine Äußerung der Frau Ministerin aus dem gestrigen Ausschuss gelesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass schon eine Million Menschen dort waren, aber wie dem auch sei, es ist ein Welterfolg, das muss man schlicht und einfach nach diesen wenigen Monaten sagen! Das Zusammenwirken von Bund, Gemeinde Wien und Privaten ist eine sehr positive Sache, und das sollte man wirklich würdigen.

Insgesamt meine ich, dass durch die finanziellen, organisatorischen und gesetzlichen Anstrengungen in den letzten Jahren in Richtung Vollrechtsfähigkeit sehr viel zum Positiven verändert worden ist. – Stichwort Autonomie: Diese brauchen wir nicht nur für die Museen, sondern auch für die Universitäten. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Punkte in diesem Zusammenhang. Nicht zuletzt deshalb ist Österreich wiederum eine der beliebtesten Kulturdestinationen weltweit geworden.

Ich muss es noch einmal sagen: Es dürfen ja keine künstlichen Gegensätze zwischen Museum und zeitgenössischer Kunst herbeigeführt werden. Es kann jemand am Vormittag ins Kunsthistorische Museum gehen und sich am Abend die Zadek-Inszenierung anschauen. Im Gesamten dürfte das schon passen!

Die Bundesmuseen sind natürlich im Wesentlichen in Wien konzentriert, aber wir haben Gott sei Dank auch in den Bundesländern eine reiche Kunst-, Kultur- und Museenlandschaft. – Ich darf für unser Bundesland ein wenig Werbung machen: 2003 – Graz – europäische Kulturhauptstadt, seit vielen Jahren erstmals in Alleinstellung. In diesem Zusammenhang möchte ich auch dankbar hervorheben, dass wir durch die Mitfinanzierung des Bundes nicht nur ein sehr attraktives Programm machen, sondern auch einige sehr attraktive neue Bauten errichten können, etwa das Kunsthaus oder die Mur-Kulturinsel. Es können aber auch viele Architektur- und Baujuwele der letzten Jahrhunderte auf Hochglanz gebracht werden, insbesondere auch mit Hilfe des Landeskonservators und mit Hilfe von Denkmalschutzmitteln des Bundes.

Die Grazer Altstadt zählt seit 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe, und ich greife jetzt ein Paradeprojekt heraus, nämlich die Renovierung des Mausoleums Kaiser Ferdinands II., eines der bedeutendsten Bauwerke des Frühbarocks in Österreich mit einer Innenausstattung von Johann Bernhard Fischer von Erlach, einem gebürtigen Grazer, der allerdings dann auch in Wien mit wesentlich größeren Mitteln ganz große Bauten planen und schaffen konnte, von der Karlskirche bis zum Winterpalais des Prinzen Eugen, dem heutigen Amtssitz des Herrn Finanzministers. – Dass dieses Grazer Mausoleum jetzt restauriert werden kann, ist Ergebnis des beispielhaften Zusammenwirkens von Bund, Land – vor allem meiner Chefin, der Frau Landeshauptmann –, der Stadt Graz, der katholischen Kirche, privater Initiativen und des Vorsitzenden des Komitees für den Grazer Dom, Kommerzialrat Julius Kainz, und des Dompfarrers.


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Verehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte mich in diesem Zusammenhang sehr herzlich bedanken und teile gerne mit, dass wir die Kulturberichte 1998, 1999 und 2000, welche Dokumentationen einer wohl gelungenen und durchdachten Politik sind, sehr gerne zustimmend zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

20.33

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! In meiner Wortmeldung möchte ich mich auf die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den österreichischen Bundesmuseen und den Sammlungen, also auf den Restitutionsbericht, beziehen.

Es ist in diesen wenigen Jahren geglückt – und das ist sehr lobenswert –, die Restitution als solche vorzunehmen. So wurde zum Beispiel im Fall Bloch-Bauer ein Rechtsgutachten von Universitätsprofessor Dr. Rudolf Welser und seinen Assistenten Dr. Christian Rabl erstellt.

Ein Punkt befriedigt mich nicht, nämlich dass die Sammlung Leopold eine Ausnahmestellung hat. Kritische Anmerkungen beziehungsweise längere Artikel dazu konnte man in der "Frankfurter Allgemeinen" vom 7. 12. 1993 sowie in der "Frankfurter Allgemeinen" vom 20. 11. 2001 lesen.

Vor wenigen Tagen konnte man in der ORF-Sendung "Bilder einer Leidenschaft" die Sammlertätigkeit der Familie Leopold verfolgen. – Ich will diese keineswegs in Frage stellen! In der "Presse" bemerkt Barbara Petsch dazu in der "TV-Kritik: "Sonst noch etwas? Ja, also unangenehme Themen wie Beschlagnahmungen, Streitigkeiten um die Herkunft von Bildern wurden kaum erwähnt. Wie es sich für eine Eloge gehört."

Wir wissen, dass Voraussetzung für die Anwendung des Rückgabegesetzes Bundeseigentum am betreffenden Objekt ist. Nur der Bundeseigentümer kann über sein Eigentum verfügen und bestimmen, ob er sich davon ohne rechtlichen Zwang trennt. Ausdrücklich weist das Rückgabegesetz darauf hin, dass keinerlei Anspruch auf Übereignung begründet wird.

Der Eingriff in das Eigentum einer anderen Person – einer natürlichen oder juristischen, wie sie die Stiftung Leopold ist – ist nicht möglich, da es sich dabei um ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht handelt. Die Leopold Museum-Privatstiftung ist ein eigenes Rechtssubjekt, das nicht dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur untersteht. Weisungen an Vorstandsmitglieder wären rechtswidrig, da diese in ihrer Geschäftsführung ausschließlich den Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes beziehungsweise dem Stiftungszweck, zu dem die Restitution nicht zählt, verpflichtet sind. Es wurde daher unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es sehr wünschenswert wäre, wenn die Stiftung Leopold hinsichtlich der Rückgabe von Kunstgegenständen analog zum Rückgabegesetz des Bundes vorgehen würde.

Das erfolgt leider Gottes nicht, aber die Stiftung Leopold ist ja in Gebäuden des Bundes untergebracht, und insofern sehe ich sehr wohl eine Möglichkeit, da irgendwie einen Hebel anzusetzen.

In einem Artikel in der "Frankfurter Allgemeinen" vom 20. 11. 2001 ist im letzten Absatz zu lesen: "Nach dreijähriger Diskussion wäre nun endlich eine sachgerechte, objektive Provenienzforschung durchzuführen. Zudem ist nicht einzusehen, weshalb die mit Staatsgeldern angekaufte Sammlung Leopold nun als Privatstiftung in fragwürdigen Fällen nicht dem Kunstrückgabegesetz aus dem Jahre 1998 unterliegen soll."

Der abschließenden Meinung des Stephan Templ in der "Frankfurter Allgemeinen" schließe ich mich an: "Das muss ebenso korrigiert werden wie das Gesetz selbst. Es billigt dem Geschädig


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ten keinen Anspruch zu." – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. – Bitte.

20.37

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde hier zum Restitutionsbericht schon etliches sehr Wesentliches gesagt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang vor allem der Frau Ministerin danken, dass sie gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit diesbezüglich sehr aktiv geworden ist, was auch weltweit gesehen und anerkannt wurde. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Ich glaube, das ist ganz wesentlich, denn wenn man erst 50 Jahre nach Ende eines Verbrechensregimes beginnt, alles in Ordnung zu bringen, dann freut man sich selbstverständlich, dass es tatsächlich geschieht. – Danke noch einmal, Frau Ministerin!

Ich glaube, dass gerade das uns Österreichern heute selbstverständlich das Recht gibt, auch über andere Dinge zu sprechen, zum Beispiel über Unrechte, die Alt-Österreichern von anderen Völkern Europas zugefügt worden sind, die in den europäischen Raum nicht mehr passen und für welche wir Ausgleich brauchen. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm. )

Die Restitution von Kunstgegenständen – es gibt noch welche – müsste schneller vorangehen und erledigt werden. Dem aktuellen Bericht ist zu entnehmen, dass der Beirat im Jahr 2001 sechs Mal getagt hat, im heurigen Jahr ist er allerdings noch nicht zusammengetreten, obwohl eine lange Liste unerledigter Fälle zur Beschlussfassung ansteht. – Aber der Wille ist da.

Die Kommission für Provenienzforschung ist in der vergangenen Woche wieder zusammengetreten. Wir müssen aufpassen, dass man uns nicht nachsagt, dass man versucht, die Sache in die Länge zu ziehen, denn dieser Wunsch ist nicht vorhanden. Dass die Frau Ministerin das Gegenteil will, ist uns allen klar, und das wird auch von außen gesehen, aber man muss das immer wieder forcieren.

Ist der Rückgabebeschluss gefasst, dann heißt das oft noch lange nicht, dass die Gegenstände auch gleich ausgefolgt werden. Es wäre interessant zu erfahren, wie viele der in den Berichten aufgelisteten Gegenstände noch auf ihre tatsächliche Rückgabe warten. In vielen Fällen sind die Rechtsnachfolger der Geschädigten noch gar nicht gefunden. Die Suche nach ihnen kann vom Bund leider nicht wirklich aktiv betrieben werden, denn er hat dafür auch keine Mittel zur Verfügung. Sind die Rechtsnachfolger bekannt, müssen sie meist viele Formalitäten absolvieren, und zwischen Rückgabebeschluss und Ausfolgung vergeht durchschnittlich ein Jahr.

Selbstverständlich sollte es da auch eine aktive Hilfestellung durch Organisationen geben, die Betroffene in ihren Reihen haben, ob es sich nun um die Israelitische Kultusgemeinde oder andere Organisationen handelt, mit welchem man optimal und positiv zusammenarbeiten kann.

Man muss auch bedenken, dass dem Beirat nur solche Fälle vorgelegt werden, bei denen eine Rückgabe zu erwarten ist. Die Fälle werden von der Provenienzforschung vorgefiltert. Umso wichtiger wäre es, dass die einzelnen Bundesmuseen danach trachten, umfassende Berichte über die Provenienzforschung in ihren Sammlungen zu veröffentlichen, um eine Kontrolle der Forschungsergebnisse zu ermöglichen.

Als Expertengremium sollte die Kommission für Provenienzforschung für die Diskussion der Berichte zur Verfügung stehen und diese der Öffentlichkeit genau kommunizieren. Das findet bis heute nicht klar erkennbar statt. In Deutschland ist es gelungen, einen Leitfaden zur Provenienzforschung in Form einer Handreichung zu publizieren und unter der Internet-Adresse "www.lostart.de" eine Datenbank für vermisste Kunstgegenstände einzurichten. Allein in den


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letzten drei Monaten wurden in Deutschland zwei internationale Tagungen zur Raubkunst abgehalten. Bei uns war das hingegen noch nicht möglich.

Wie kann es sein, dass die Provenienzforscher noch immer in jedem einzelnen Fall die Zwangslage von Menschen nachweisen müssen, die 1938 unter die Nürnberger Rassengesetze gefallen sind? Offenkundig fehlt es auch an der Grundlagenforschung, die im Einzelfall vorausgesetzt werden könnte. Am besten wäre es, wenn die Kommission für Provenienzforschung die Möglichkeit hätte, Forschungsaufträge zu vergeben, wie das bei der Historikerkommission der Fall ist, denn Themen gäbe es in diesem Zusammenhang genug! Gerade hier im Bundesrat sollte man sich daran erinnern, dass es erst in drei von neun Bundesländern, und zwar in Wien, Oberösterreich und in der Steiermark, Rückgabegesetze für Kunstgegenstände gibt und dass den Städten und Gemeinden mit Ausnahme der Stadt Wien derartige Gesetze bis jetzt noch fehlen.

Es ist traurig, dass es immer noch öffentliche Sammlungen gibt, die sich seit Jahrzehnten der Forschung betreffend die Provenienz ihrer Bestände und einer allfälligen Rückgabe von angeeigneten Gegenständen erfolgreich entziehen können. Ich möchte jetzt nicht auf einzelne Museen eingehen, die, wie ich glaube, alle bekannt sind. Mein Vorredner, Kollege Gudenus, hat schon die Frage der Stiftung Leopold angesprochen, und es ist bekannt, dass die Frau Bundesministerin – und das ist sehr positiv – schon längst gefordert hat, dass das Kunstrückgabegesetz 1998 nach einer entsprechenden Anpassung auch dort angewendet werden sollte beziehungsweise müsste. Auch das muss selbstverständlich juridisch durchgetragen werden, denn es gibt dort etliche Fälle, bei welchen man nicht genau Bescheid weiß. Ich kenne Herrn Leopold persönlich und weiß, dass er ein hochanständiger Mensch ist und stets dazu bereit war, wenn irgendwo ein Verdacht aufgetaucht ist, im positiven Sinn aktiv zu werden.

Ich möchte deshalb die Frau Bundesministerin noch einmal bitten, falls nötig unmissverständlich klarzustellen, wo die Notwendigkeit, etwas aufzuzeigen, besteht. Es muss hier selbstverständlich noch einmal betont werden, dass die Bundesländer, die heute noch keine Kunstrückgabegesetze haben, diese beschließen mögen.

Abschließend möchte ich dazu sagen: Wir brauchen dafür natürlich ein positives Bild und eine klare Entscheidung. Es ist leider erst nach etlichen Jahrzehnten zum Tragen gekommen, dass Eigentumsrecht genauso europäisches Recht ist, wie es unser eigenes Recht ist. Wir waren in den letzten 50 Jahren eine Demokratie, und es ist klar, dass gerade wir, die wir jetzt entsprechende Maßnahmen unter der Frau Ministerin gesetzt haben, das Recht haben, zu sagen, dass auch in den anderen Räumen Europas das freie Recht gelten muss. – Ich bin selbstverständlich dafür, dass die sieben von den über 140 Beneš-Dekreten, welche die Vertreibung und Enteignung von Leuten betreffen, ebenso wie die diesbezüglichen AVNOJ-Gesetze in Slowenien beseitigt werden müssen, weil sie in Europa nichts mehr verloren haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Nichtsdestoweniger darf ich sagen: Herzlichen Dank für den Bericht, den wir gern zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte.

20.46

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich habe mich jetzt trotzdem noch einmal zu Wort gemeldet, obwohl ich meine Wortmeldung schon zurückgezogen hatte. Der Grund dafür sind, wie Sie sich denken können, die Ausführungen von Herrn Kollegen Todt, in denen er allgemein und kryptisch von einem dunklen und dumpfen Klima in Österreich und speziell in Kärnten in Bezug auf die Kunstszene gesprochen hat.

Herr Bundesrat Todt! In Anbetracht dessen möchte ich Sie jetzt fragen, ob Sie überhaupt wissen, dass Sie hier in Österreich leben, und ob Sie vielleicht auch einmal nach Kärnten


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kommen würden? (Zwischenruf des Bundesrates Todt. ) Wir laden Sie gerne ein, damit Sie sehen, wie das Kunstklima dort ist! Wenn Sie dann in Kärnten sind, dann sollten Sie auch einmal an einer Kunstveranstaltung teilnehmen, damit Sie sehen, wie offen unser Klima in dieser Hinsicht ist. (Bundesrat Todt: Wenn Sie mich einladen, sehr gerne!)

Lieber Herr Kollege Todt! Ich glaube, dass Sie die Zitate ein bisschen verwechselt haben. So hat etwa der Kärntner Künstler Valentin Oman, den ich im Übrigen sehr schätze und dessen Bilder ich sehr mag, im Hinblick auf das Klima in der Kunst einmal gesagt, dass er, wenn Haider Landeshauptmann wird, über die Karawanken auswandert. – Er lebt allerdings heute noch in Kärnten, er lebt gerne in Kärnten, und ich bin stolz darauf, dass er in Kärnten lebt, denn er ist ein ausgezeichneter Künstler. (Bundesrätin Schicker: Schade, dass Melitta nicht da ist! Sie würde etwas anderes sagen!) – So weit zum dumpfen Klima. Ich glaube, auch Melitta schätzt die Werke von Valentin Oman! Ich glaube nicht, dass sie da anderer Meinung ist! (Bundesrat Konecny: Mögen Sie auch Kolig?) Welchen Kolig meinen Sie: Anton oder Cornelius? – Anton mag ich sehr gerne, er gehört der Nötscher Schule an. Wir können auch gerne in einem Privatissimum über Kunst reden, im Moment rede ich aber doch über den Kulturbericht der Ministerin. Ich bin aber gerne bereit, dann im Speziellen auf die Kärntner Künstler einzugehen.

Ich möchte zu einigen Punkten beziehungsweise zum Kunsthistorischen Museum noch ganz kurz etwas sagen: Ich glaube, dass es sich als sehr positiv herausgestellt hat, dass Sonderausstellungen gemacht wurden. Das hat sich auch im Hinblick auf die Besucherzahl erwiesen. Am Beispiel der Ausstellung "Karl V." ebenso wie der Ausstellung "7 000 Jahre persische Kunst" hat sich gezeigt, dass sich diese Sonderausstellungen durchaus positiv auf die Entwicklung der Besucherzahlen ausgewirkt haben. Ich glaube daher, dass Kunstpräsentationen in dieser Form durchaus häufiger durchgeführt werden sollten. Ich freue mich auch darüber, dass die Klimtausstellung "Klimt und die Frauen" eine Besucheranzahl von 300 000 erreicht hat. Ich glaube, das ist wirklich ein sensationeller Erfolg, zu welchem man den Verantwortlichen gratulieren kann!

Einen letzten Aspekt im Hinblick auf den Bericht 2000 möchte ich noch erwähnen: Ich freue mich, dass es auch im Naturhistorischen Museum zu einem Besucherzuwachs gekommen ist. Dieses Museum hat immerhin jahrelang unter einem Besucherrückgang gelitten, und man hatte sich die Frage zu stellen, warum das der Fall ist. – Dazu möchte ich in Anbetracht der jetzigen Entwicklung erwähnen, dass es meiner Meinung nach eben doch wichtig ist, dass – wie es das Naturhistorische Museum vorgezeigt hat – innovative Besucherangebote gemacht und eventuell auch flexible Öffnungszeiten angeboten werden. All das führt dazu, dass es einen entsprechend regen Besucherzustrom gibt und geben wird. Das heißt: Das Erlebnismuseum soll das Museum der Zukunft werden, und in diesem Sinn glaube ich, dass wir keine Sorgen haben müssen, dass die Museen zu wenig Besucher haben.

Noch eine Bemerkung zur Freiheit der Kunst: Diesbezüglich darf ich mich direkt an meinen Kollegen Todt wenden. Herr Kollege Todt! Das Recht auf Freiheit der Kunst ist nicht automatisch mit einem Rechtsanspruch auf Subvention verknüpft. Es ist dies jedoch ein Grundrecht, das ich für wahnsinnig wertvoll erachte, und ich bin sehr froh, dass auch in unserer Verfassung verankert ist, dass den Menschen das Recht auf freie künstlerische Gestaltung und Entfaltung eingeräumt wird. Das war nicht immer so, das hat sich erst im 20. Jahrhundert mit der Entwicklung der Grundrechte entwickelt.

Ich möchte jetzt aber doch noch etwas sagen, was hier zu wenig beziehungsweise noch gar nicht angeklungen ist: Man sollte in diesem Zusammenhang auch einmal erwähnen, dass die Regierung, so wie sie sich jetzt darstellt, erstmalig für die Künstlerpensionen etwas getan hat. Das halte ich für weitaus wichtiger als einen Subventionsanspruch beziehungsweise die Degradierung des Künstlers zum Bittsteller. Ich glaube, das ist sehr wichtig, bringt die Künstler und letztlich auch die künstlerische Entfaltung weiter.

Zuletzt darf ich Ihnen noch etwas sagen: Von Experten wird immer über Kunst und darüber diskutiert, was Kunst ist und wer überhaupt das Recht hat, das zu beurteilen. – Mir hat ein Zitat von Emil Nolde immer recht gut gefallen, der ein sehr trauriges Schicksal erlitten hat, in Anbe


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685. Sitzung / Seite 177

tracht dessen man meinen könnte, dass er sehr depressiv und verbittert war. – Dennoch hat er gesagt: "Kunst ist nicht für die Experten, sondern für die Menschen, und daraus ergibt sich, dass die Kunst eigentlich auch ein Spiegel Gottes ist." Ich halte das für einen wunderschönen Spruch, und in diesem Sinne beende ich meine kurze, eigentlich nicht geplante Wortmeldung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.52

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich meine, dass ich noch zwei Dinge ins rechte Licht rücken muss.

Bei allen Kompetenzzuordnungen der letzten Bundesregierung und dieser Bundesregierung sind die kulturellen Angelegenheiten in meinen Kompetenzbereich gefallen. Ich habe sehr gut mit Kollegen Wittmann zusammengearbeitet. Allerdings hatte er mit dem Museumsquartier absolut nichts zu tun! Das Museumsquartier war gemäß Kompetenzverteilung und Bundesministeriengesetz eindeutig meiner Kompetenz zugeordnet. Ich habe damals eine unendliche Geschichte übernommen und daraus eine endliche Geschichte gemacht! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens möchte ich richtig stellen, dass gestern im Kulturausschuss der Kulturbericht 2000 und der Kunstbericht 2000 behandelt wurden. Der Kulturbericht 2000 wurde auch von der SPÖ-Fraktion sehr gelobt. Die Beamten wurden sehr gelobt, und der Kulturbericht 2000 wurde meiner Erinnerung nach auch von der SPÖ-Fraktion angenommen. Der Kunstbericht wurde nicht angenommen, aber der Kulturbericht, der sich mit den Museen, mit der Nationalbibliothek und mit dem Denkmalschutz beschäftigt, wurde sehr wohl einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig, darauf hinzuweisen, welch große Arbeit von unserer Provenienzforschung geleistet wurde. In den vergangenen drei Jahren wurden 1 296 inventarisierte Gegenstände zurückgegeben. Es wurden jedoch viel mehr Gegenstände untersucht. In den Sammlungen befinden sich oft viele Gegenstände, und wir machen das ohne großes Aufsehen und auch ohne große eigene Belobigung, weil wir glauben, dass das ein Akt der Fairness ist, dass man das aber nicht hochspielen sollte. Man sollte das mit den Partnern fair machen. Der Grund dafür, dass es manchmal länger dauert, bis wir etwas wirklich zurückgeben, ist, dass wir etwas nicht an die Falschen zurückgeben wollen. Deswegen brauchen wir sehr viele rechtliche Bestätigungen. Es ist nämlich gerade nach dem Krieg passiert, dass von den Amerikanern Gegenstände an Leute zurückgegeben wurden, die behauptet haben, der Besitzer zu sein. Heute stellt sich jedoch heraus, dass das gar nicht zutraf. Selbstverständlich ist es für uns sehr schwer, all das wieder aufzurollen, und deswegen sind wir so genau, denn bei der Rückstellung muss 100-prozentig rechtlich abgesichert sein, wer der wirkliche Besitzer ist.

Meine Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch auf die Bedeutung des Denkmalschutzes hinweisen. In einem Kulturland wie Österreich kommt dem Denkmalschutz eine besondere Bedeutung zu. Daher hat die Bundesregierung im Jahr 2002 ein besonderes Programm für den Denkmalschutz beschlossen. Im Rahmen der Konjunkturoffensive wurden 10 Millionen Euro zusätzlich für den Denkmalschutz zur Verfügung gestellt. Diese Summe wird für 50 sehr wichtige Denkmäler aufgewendet. Wenn man weiß, dass zu jedem Schilling, der vom Bund für den Denkmalschutz ausgegeben wird, 10 S von privater Seite dazukommen, dann ist klar, dass gerade diese Initiative eine echte Kulturbelebung bedeutet und auch eine echte Möglichkeit bietet, vielen Menschen im Denkmalschutz Arbeit zu geben.

Auch das ist, wie ich glaube, ein wichtiger Aspekt im Denkmalschutz. Der Denkmalschutz ist sehr arbeitsintensiv und vor allem sehr personalintensiv. Er verlangt sehr viel Spezialkenntnisse und Spezialhandwerkkenntnisse, und deswegen ist diese Initiative zur Belebung der Konjunktur sehr gut. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


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685. Sitzung / Seite 178

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Kulturbericht 1998 der Bundesregierung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Kulturbericht 1999 der Bundesregierung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Kulturbericht 2000 der Bundesregierung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den 3. Bericht der Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen.

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (E-Geldgesetz) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (924 und 1019/NR sowie 6601/BR der Beilagen)


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (E-Geldgesetz) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Kraml übernommen. Ich darf um den Bericht bitten.

Berichterstatter Johann Kraml: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses.

Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

20.59

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir heute schon einige kontroversielle Themen zu behandeln hatten, kommen wir nunmehr mit dem E-Geldgesetz zu einer Materie, die den Nationalrat einstimmig passiert hat. Dies war nicht nur deshalb so, weil es eine sehr überlegte Regierungsvorlage ist, die EU-Recht in nationales Recht umsetzt und mit welcher daran gegangen wird, die Rahmenbedingungen für die Arbeit mit E-Geld zu schaffen, vor allem aber die Emission und die Aufsicht über die Institute zu regeln, sondern auch deshalb, weil es einen gemeinsamen Abänderungsantrag aller vier im Nationalrat vertretenen Fraktionen mit dem Ziel und der Orientierung gegeben hat, das Know-how, die Ressourcen, den Erfahrungsschatz und das ganze Repertoire der Oesterreichischen Nationalbank für die Ziele der Bankenaufsicht einzusetzen, zur Realisierung und Wahrnehmung der Prüfkompetenz, vor allem im Hinblick auf Markt- und Kreditrisken, die durch die emittierenden Institute eingegangen werden oder die sich im Rahmen der Emissionen darstellen.

In diesem Zusammenhang ist auch eine Abänderung beziehungsweise Erweiterung des Bankwesengesetzes erfolgt und ist die Finanzmarktaufsicht klar geregelt worden. Für diese Maßnahme schießt der Bund bisher schon per anno 3,5 Millionen Euro der Finanzmarktaufsicht zu, und somit entstehen für diese von der Finanzmarktaufsicht wahrzunehmenden Aufgaben keine neuen Kosten. Insofern ist dies eine gesetzliche Regelung, die kostenneutral und daher sehr positiv und steuerschonend ist. Die von der Finanzmarktaufsicht wahrzunehmenden Belange betreffen die Konzessionserteilung, die Ausübung der Aufsicht und auch die Einrichtung und Befassung als Verwaltungsstrafbehörde.

Über die Ziele dieser Regelung ist eingangs schon gesagt worden, dass es – wie auch schon aus dem Titel dieses Gesetzes ersichtlich – in erster Linie darum geht, die rasche Entwicklung des elektronischen Handels zu gewährleisten und in einem gemeinschaftlichen Rahmen für die E-Commerce-treibenden und mit E-Geld wirtschaftenden Institute gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Natürlich soll auch die technologische Innovation nicht behindert und den Erfordernissen des Marktes Rechnung getragen werden.

Weiters ist es ein Ziel, als Ersatz für Münzen und Banknoten auf Chipkarten beziehungsweise in Computern gespeichertes elektronisches Geld dem Markt zuzuführen und damit die Zahlungsgeschwindigkeit zu erhöhen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist in der Tatsache zu sehen, dass die Kreditinstitute, die ohnehin derzeit schon den verschärften Bedingungen hinsichtlich Aufsicht unterworfen sind, mit jenen Instituten gleichgestellt werden, die nur E-Geld emittieren und derzeit noch nicht in dieses strenge Reglement eingebunden sind. Es gilt, gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den reinen E-Geld-Kreditinstituten und den Banken im weiteren Sinne zu schaffen.

Ausdrücklich möchte ich noch darauf hinweisen, dass damit natürlich auch die Einbeziehung in die strengen Geldwäscherichtlinien verbunden ist. Auch dies ist zu beachten. – Insgesamt ist dies eine gute, sehr zukunftsorientierte und innovative Regelung, die den positiven Weg dieser Regierung in wirtschaftlichen Angelegenheiten fortsetzt, und somit darf ich auch namens meiner Fraktion die Zustimmung zu diesem Gesetz signalisieren (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 180

21.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

21.05

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Dass das vorliegende Gesetz insbesondere betreffend die Finanzmarktaufsicht im Nationalrat mit Verfassungsbestimmung verabschiedet werden konnte, ist ein weiterer Ausdruck der Unhaltbarkeit der Theorie einer Fundamentalopposition der SPÖ. Es sei darauf hingewiesen, dass dies gerade im Wirtschaftsbereich nicht der erste Fall unserer Zustimmung zu einer Verfassungsbestimmung ist. Dies ist sicherlich auch ein Erfolg des politischen Aufeinanderzugehens, wenngleich doch nicht ganz in Vergessenheit geraten sollte, dass dieses Aufeinanderzugehen von Regierungsseite in Wirklichkeit erst durch das Erkenntnis des VfGH zu Teilen der Bundeswertpapieraufsicht induziert wurde.

Unbestritten ist, dass eine funktionierende Finanzmarktaufsicht, und zwar unabhängig von ihrer technischen Konstruktion, ein nicht unwesentlicher Faktor der Attraktivität eines Finanzplatzes ist, und unbestritten ist wohl auch, dass der Finanzplatz Wien beziehungsweise der Finanzplatz Österreich Maßnahmen zur Steigerung seiner internationalen Attraktivität in Wirklichkeit gut gebrauchen kann.

Ich glaube, die Zielsetzung der Finanzmarktaufsicht hat sich gegenüber dem im Sommer des vergangenen Jahres beschlossenen Gesetz nicht geändert. Was uns damals getrennt hat, war die organisatorische Umsetzungsphilosophie, weil nach unserer Ansicht damals die Einbindung der Oesterreichischen Nationalbank noch zu gering war.

Ich glaube, historisch gesehen sind die Tränen, die mancher zumindest bildlich darüber vergossen hat, dass wir vor einem Dreivierteljahr nicht zugestimmt haben und daher keine weisungsungebundene Behörde gebildet werden konnte, doch etwas merkwürdig, denn es war gerade die ÖVP – und allen voran Abgeordneter Stummvoll -, die etwa noch 1998 dem von uns unterbreiteten Vorschlag einer derartigen weisungsungebundenen FMA nicht zustimmen wollte. Das Argument war damals, man wolle grundsätzlich – also nicht speziell einen Minister, sondern grundsätzlich – den Finanzminister nicht aus seiner diesbezüglichen Verantwortung entlassen. Diese Auffassung scheint sich offensichtlich mittlerweile geändert zu haben.

Es ist schon betont worden, dass gerade die nunmehr vorgesehene stärkere Einbindung der Oesterreichischen Nationalbank und das Know-how der Oesterreichischen Nationalbank der Finanzmarktaufsicht sicherlich zu Gute kommen werden. Vorortprüfungen der Markt- und Kreditrisiken bei Kreditinstituten werden nunmehr durch jene Institution erfolgen, die hiefür die größte Erfahrung, die größte Kompetenz und wohl auch die größte internationale Reputation besitzt, etwas, womit auch im Zusammenhang mit der EZB argumentiert wurde.

In diesem Lichte ist auch die Ausschussbemerkung zu Finanzkonglomeraten zu sehen, die in Hinkunft stark an Bedeutung gewinnen könnten. Die OeNB verfügt eben über die organisatorischen wie auch personellen Grundstrukturen für die Bankenaufsicht, da sie seit Jahrzehnten in diesem Bereich etwa durch die Erstellung und Analyse der Bankenstatistiken, die Analyse der Revisionsberichte, der Vorortprüfungen oder auch der Risikomodellprüfungen vertreten ist.

Die nunmehrige Konstruktion wird sowohl der Stabilität des Finanzplatzes Wien beziehungsweise Österreich zu Gute kommen als auch den Sparer- und Gläubigerinteressen. Weiters wird die Effizienz der FMA erhöht, und es kommt zur besseren Nutzung von Synergien auch im Sinne einer größtmöglichen Kosteneffizienz. Kollege Ledolter hat darauf schon hingewiesen.

Als ein Teil des Eurosystems muss Österreich gerade auch in diesem Bereich internationalen Standards genügen. Ich verweise etwa nur auf die Artikel-IV-Konsultationen des IWF vom Juli 2000.

Der nunmehrige rechtliche Rahmen wird auch zu einer Beschleunigung aufsichtsrechtlicher Vollzugsmaßnahmen führen und deren Durchsetzbarkeit letztlich auch erhöhen. Globale Finanzmärkte erfordern eine kontinuierliche Verbesserung und ständige Weiterentwicklung von Aufsichtsbehörden, um zumindest ein gewisses Maß an Wettbewerbsneutralität im Finanzsektor zu gewährleisten. Endgültig wird das sicherlich nicht erreichbar sein.


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Es sollte aber, so glaube ich, doch zumindest am Rande festgehalten werden, dass es zur Erreichung dieser genannten Ziele verschiedene technische Möglichkeiten gibt und dabei der Weg der Allfinanzaufsicht – der etwa in Großbritannien nach großen Bankeninsolvenzen meiner Meinung nach nicht besonders erfolgreich beschritten wurde, wie die Empirie zeigt –, nicht das internationale gängige Modell darstellt. Auch gibt es dazu noch nicht allzu lange spezifische Erfahrungswerte. Die gängige Aufsichtspraxis beruht in Europa und in den USA hingegen auf einer Verstärkung der nationalen und international bestehenden einzelnen Aufsichtsbehörden sowie dem Ausbau der Konsolidierungsvorschriften.

In mehr als zwei Drittel der Euroländer liegen die Kompetenzen der Bankenaufsicht bei der Zentralbank, und zwar ausschließlich bei der Zentralbank, da das Ziel der Systemstabilität genaue und detaillierte Kenntnisse der Bankenstruktur erfordert, und letztlich ist es ja die Notenbank, die im Fall von Systemkrisen als letzte Refinanzierungsquelle zur Verfügung stehen muss. – Ich glaube, eine effiziente FMA ist also auch im Hinblick auf einen Spillover von Systemkrisen auf den realen Wirtschaftsbereich von großer Bedeutung. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte wie Kollege Ledolter ganz kurz auch das E-Geld-Gesetz erwähnen, das man hier nicht vergessen sollte, weil gerade auch der Erfolg der Euro-Umstellung gezeigt hat, dass lieb gewordene Zahlungsmittel wie zum Beispiel der Euroscheck wegfallen und durch neue Zahlungsformen – eben im Bereich des so genannten elektronischen Geldes – substituiert werden. Es ist hier ebenfalls wichtig, dass Regelungen im Interesse der Wirtschaft und der Konsumenten getroffen werden. Auch aus diesem Grund wird meine Fraktion die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck. Ich erteile ihm das Wort.

21.10

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ledolter hat ausführlich über den Inhalt dieses Gesetzes Auskunft gegeben. Es war fast eine Vorlesung. Du hast eigentlich alles gesagt, was darüber vom Inhalt her zu sagen ist.

Es war natürlich zu erwarten, dass Kollege Hoscher darauf eingeht, dass es Änderungen gegeben hat. Er ist daher noch einmal auf die längst abgehandelte Debatte mit Herrn Abgeordneten Stummvoll im Nationalrat eingegangen. Dankenswerterweise hast du noch einen neuen Aspekt gebracht; das war für mich sehr interessant, so weit habe ich mich gar nicht hineingekniet. Dein internationaler Überblick von China bis Amerika war höchst spannend.

Der langen Rede kurzer Sinn: Es gibt für mich eigentlich nichts Neues mehr dazu zu sagen, sondern es ist lediglich darauf hinzuweisen, dass frühere Divergenzen über das Wie ausgeräumt werden konnten, dass es jetzt eine unabhängige Aufsichtsbehörde gibt und dass das vorliegende Gesetz eines der wenigen Beispiele ist, die zeigen, dass der wesentlichste Punkt der Demokratie, das miteinander Reden, auch zu sehr positiven Ergebnissen – hier zu einer sehr positiven Reform – führen kann.

Bei diesem Tagesordnungspunkt ist daher nicht der parteipolitische Hickhack und die Verdienstlichkeit um den einen oder anderen Beistrich angesagt, sondern die gemeinsame Freude über die gelungene Reform. Meine Fraktion wird diesem Vorschlag selbstverständlich auch zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Hoscher das Wort. Ich mache auf die Redezeitbeschränkung aufmerksam. – Bitte.

21.12

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Die Redezeit werde ich nicht ganz ausschöpfen. – Ich danke dir für die netten Worte, die du gesprochen hast.


Bundesrat
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Ich muss nur eines tatsächlich berichtigen: Über China habe ich nichts gesagt. (Heiterkeit.)

21.1


Bundesrat
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2

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall, danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ordnungsruf

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor wir zum nächsten Punkt der Tagesordnung kommen, gebe ich Folgendes bekannt: Herr Bundesrat Professor Albrecht Konecny hat geltend gemacht, dass Herr Bundesrat Mag. Gudenus in einem Zwischenruf gesagt habe: “Das stimmt doch nicht, was Sie sagen! So ein Schwachsinn!”

Die inzwischen angeforderte Mitschrift zeigt ganz klar, dass diese Formulierung so verwendet wurde.

Ich komme daher dem Ersuchen nach und erteile für die Ausdrucksweise “So ein Schwachsinn!” einen Ordnungsruf.

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (VAG-Novelle 2002) (904 und 1018/NR sowie 6602/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 24. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Johann Kraml übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Kraml: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses.

Der Bericht liegt vor. Ich komme zum Beschlussantrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein. – Bitte.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Leopold Steinbichler das Wort. – Bitte.

21.14

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei der vorliegenden Novelle zum Versicherungsaufsichtsgesetz 2001 wird durch die Erhöhung der Eigenmittelerfordernisse der Finanzplatz Österreich zusätzlich gestärkt.

Meine Fraktion wird dieser Novelle zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Bravo für die Kürze!)

21.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile ihm das Wort.

21.15

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist mir fast peinlich, aber diese Kürze werde ich wahrscheinlich nicht einhalten können, wiewohl ich nicht auf China eingehen werde. (Heiterkeit.)  – (In Richtung Bundesrat Dr. Aspöck: ) Ich weiß, du kommst wieder nach mir.

Nach der Versicherungsaufsichtsgesetz-Novelle, die wir hier im Dezember des vergangenen Jahres behandelt haben, folgt also mit dem vorliegenden Entwurf ein weiterer Anpassungsschritt im Bereich der Versicherungswirtschaft. Wiederum, so glaube ich, wurde ein sehr gangbarer Weg gefunden und ein Ausgleich zwischen den Konsumenteninteressen und den Interessen des betroffenen Wirtschaftsbereiches geschaffen. Die Novelle ist angelehnt an zwei – beabsichtigte, muss man hinzufügen – EU-Solvabilitätsrichtlinien, ergänzt um einige Maßnahmen zur Stärkung der Versicherungsaufsicht.

Eckpunkte sind eine beträchtliche Erhöhung des Eigenmittelerfordernisses – darauf wurde hingewiesen –, die Anzeigepflicht der Bestellung von Vorstandsmitgliedern an die Aufsichtsbehörde schon vor der Bestellung, die Anzeigepflicht der Ausgliederung wesentlicher Teile der Geschäftsgebarung an andere Versicherungsunternehmen, Neuregelungen betreffend Informationspflicht über Rückversicherer, Lebensversicherungen und so weiter. Per Abänderungsantrag wurde unter anderem noch die Haftung von Abschlussprüfern an jene von Banken angeglichen und damit eine gewisse Entlastung kleinerer Versicherungsunternehmen erreicht.

Es wurde ebenfalls schon darauf hingewiesen, dass, wie die Finanzmarktaufsichts-Novelle, auch diese VAG-Novelle sicherlich zur Stärkung des Finanzmarktes beitragen wird. Ich glaube, dass wir aber doch auf einzelne Punkte noch ganz kurz eingehen sollten, die vielleicht in einer künftigen Novelle diskutiert werden sollten.

Dazu gehört etwa § 17a Abs. 1, der normiert, dass Verträge von Versicherungsunternehmen, durch welche wesentliche Teile der Geschäftsgebarung – also etwa Vertrieb, Leistungsbearbeitung, Vermögensveranlagung und so weiter – zur Gänze oder in wesentlichem Umfang einem anderen Unternehmen übertragen werden, der FMA unverzüglich anzuzeigen sind. Damit sind also auch Ausgliederungsvorgänge mit einem anderen Versicherungsunternehmen erfasst. Ob hier nicht zum Teil eine zu hohe Bürokratisierung vorliegt, ist dann fraglich, wenn man etwa bedenkt, dass bei der Ausgliederung in ein anderes Versicherungsunternehmen – möglicherweise sogar desselben Konzerns – der ausgegliederte Bereich ohnehin von der Versicherungsaufsicht erfasst wird.

Ich glaube, auch § 17c Abs. 1a wirft einige Fragen auf. Vor Abschluss eines Rückversicherungsvertrages muss sich das zedierende Versicherungsunternehmen nachweislich über verschiedene Rahmenbedingungen des Rückversicherers informieren, etwa Vermögenslage, Finanzlage, Ertragslage oder auch – unter Anführungszeichen, wie es im Gesetz heißt – "wesentliche nicht finanzielle Informationen".

Ob diese Bestimmung in der Praxis auch in der geregelten Art und Weise erfüllt werden kann, scheint zumindest in Teilbereichen zweifelhaft zu sein. Vor Abschluss jedes Rückversicherungsvertrages im Detail nachweislich die rechtlichen Voraussetzungen, die Vermögens-,


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Finanz- und Ertragslage des Rückversicherers zu prüfen, zudem noch unbestimmte, eben "wesentliche nicht finanzielle Informationen", deren Konkretisierung überdies in der Verordnungsermächtigung der FMA nicht ausdrücklich vorgesehen ist, einzuholen, wird in Einzelfällen unter Umständen zu erheblichen Problemen führen, umso mehr, wenn man in Betracht zieht, dass in manchen Geschäftsfällen der Rückversicherung die Platzierung eines Risikos ja sehr kurzfristig erfolgt, etwa telefonisch oder über einen Makler, sodass die erforderliche Risikoübernahme zwangsläufig zumindest verzögert wird.

Auch das Standing heimischer Versicherungsunternehmen auf dem internationalen Rückversicherungsmarkt könnte leiden, könnte durch diese Tätigkeit erschwert werden, und all das, obwohl die Prüfung der Bonität von Rückversicherungen in einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung von Versicherungsunternehmen ohnehin abgedeckt werden muss.

Eine Alternative wäre etwa gewesen, im Bericht des Abschlussprüfers nach § 82 VAG die Ratings jener Unternehmen, mit denen Rückversicherungsbeziehungen bestehen, anzuführen oder die Versicherer zu verpflichten, die Rating-Informationen über Rückversicherer laufend und nicht nur anlassbezogen zu beobachten.

Praxisprobleme bringt unter Umständen auch § 18 Abs. 1 mit sich. Danach sind in der fondsgebundenen wie auch in der indexgebundenen Lebensversicherung die Grundsätze der Kapitalanlage Bestandteil der versicherungsmathematischen Grundlagen, die ihrerseits bei Änderungen oder Ergänzungen wiederum der FMA mitzuteilen sind. Bei der fondsgebundenen Lebensversicherung bestimmt allerdings der Kunde, also der Versicherungsnehmer, über die Grundsätze der Kapitalanlage sowie über die Zusammensetzung der Fondswerte, die der Versicherung zu Grunde liegen. Ich glaube, dass die Grundsätze der Kapitalanlage beziehungsweise jegliche Änderung der Fondszusammensetzung in diesem Konnex eine andere Qualität aufweisen als die grundsätzlichen versicherungsmathematischen Eckpunkte des Unternehmens.

Wie gesagt, das sind einige Punkte, die man vielleicht als Anregung für eine künftige Novelle mitnehmen könnte. Das ändert allerdings nichts daran, dass meine Fraktion zustimmen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Schennach. )

21.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck. Ich erteile ihm das Wort.

21.19

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ergibt sich fast das gleiche Bild wie beim vorigen Tagesordnungspunkt, nur dass sich Kollege Steinbichler sehr kurz gehalten hat und Kollege Hoscher dafür wieder einen ausführlichen Bericht über sämtliche Änderungen gegeben hat.

Ich darf daher einleitend sagen, dass ich mich zunächst den Ausführungen des Kollegen Aspöck zu Tagesordnungspunkt 23 voll und ganz anschließen kann. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Einen Punkt, der im Nationalrat diskutiert wurde, hat Kollege Hoscher vergessen, und da ich es so schön vorbereitet habe, darf ich einige kurze Worte dazu verlieren.

Die SPÖ hat moniert, dass bei den Ausschlussgründen für Vorstandsmitglieder der Grund der erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit gefordert ist, und das sei zu ungenau. Das möchte ich noch einmal kurz erklären, vor allem für die Damen und Herren von der SPÖ. (Präsidentin Pühringer übernimmt den Vorsitz.)

Das ist eine Aufforderung, die meines Erachtens vom Grund her ins Leere geht. Diese Aufforderung ist ebenso unerfüllbar wie diejenige, von der Rechtsordnung oder gar von einer Rechtsprechung zu 100 Prozent Gerechtigkeit erwarten zu wollen. Recht und Gerechtigkeit sind zweierlei Dinge, wie wir wissen. Das lehrte mich schon mein seinerzeitiger Hochschullehrer Univ.-Prof. Dr. René Marcić bei der Einführungslehre zur Philosophie auf der Juridischen. Bei dem einen handelt es sich um eine gesatzte Ordnung, bei dem anderen um eine philosophische


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Kategorie. Um es plakativ zu verdeutlichen, sage ich nur beispielsweise: "Privateigentum ist Diebstahl." Spätestens jetzt muss jedem klar werden, dass doch alles eine Frage des Standpunktes ist.

Die teilweise Kritik der Sozialdemokratie erweist sich als unerfüllbar, weil nicht möglich. Wenn man davon ausgeht – ich mache jetzt einen kleinen Gedankensprung –, dass unbestimmte Begriffe notwendiger Bestandteil jeder Gesetzgebung sind, dann weiß man, dass der Ruf nach Erläuterung dieser unbestimmten Begriffe wieder nur unbestimmt ausfallen kann. – Den Rest mit vielen Beispielen erspare ich mir.

Zur tatsächlichen Berichtigung möchte ich Kollegen Hoscher nur sagen: Jeder in diesem Haus, der mich kennt, weiß, dass ich gerne zu plakativen Übertreibungen neige und daher nicht wortwörtlich China gemeint habe. Ich meine auch nicht 100 000 Arbeitsstunden, wenn ich sage, dass du dich sehr gut darauf vorbereitet hast; es waren sicher nicht mehr als zehn Stunden.

Ich möchte abschließend sagen, dass ich mich – wie schon ausgeführt – den früheren Ausführungen anschließe und dass wir dem Entwurf selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.23

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, das ASFINAG-Gesetz, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997, das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden und das Bundesgesetz über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen erlassen wird (Bundesstraßen-Übertragungsgesetz) (599/A und 1023/NR sowie 6578 und 6603/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Bundesstraßen-Übertragungsgesetz.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Kraml übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Kraml: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses.

Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich komme zum Beschlussantrag.


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Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

21.24

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Übertragung der Bundesstraßen an die Länder ist ein Reformvorhaben, an dem sich zahlreiche frühere Bundesregierungen die Zähne ausgebissen hatten, ob die Zähne nun schwarz, rot oder blau gefärbt waren. (Bundesrat Dr. Aspöck: Blau, das war nur kurze Zeit!)

Es ist diesmal im Zuge einer groß angelegten Bemühung um Staatsreform und Senkung des Verwaltungsaufwandes gelungen. Darüber freuen wir uns gemeinsam mit dem Finanzminister, der dazu naturgemäß einen wichtigen Beitrag leisten musste und auch geleistet hat, und gemeinsam mit dem im letzten halben Jahr als Vorsitzender der Landeshauptmännerkonferenz tätig gewesenen Landeshauptmann Dr. Pröll, ohne dessen Durchsetzungsstärke und Argumentationskraft es bei seinen Kollegen in den anderen Ländern vermutlich nicht möglich gewesen wäre, die Interessen letztlich unter einen gemeinsamen Hut zu bringen.

Im Zuge der Bemühungen um die Senkung des Verwaltungsaufwandes war man in erster Linie bemüht, so genannte Win-Win-Projekte zu finden, das heißt Projekte, bei denen Einsparungseffekte bei allen Beteiligten zu erzielen waren und nicht nur zu Lasten eines anderen Partners zu lukrieren gewesen wären. Da ist man naturgemäß auch bei den Bundesstraßen gelandet, weil es da – das wird auch in der Begründung des Antrages deutlich – zahlreiche Doppelgleisigkeiten gegeben hat.

Wo liegen nun die Vorteile für beide Partner? – Sie liegen für die Länder auf der Hand und sind im Antrag ausführlich dokumentiert. Die Länder bekommen mehr Entscheidungsspielraum und können eigenständig Prioritäten setzen. Sie können Bauprojekte, aber auch zahlreiche Erhaltungsmaßnahmen flexibel, rasch und regional auf die tatsächlichen Bedürfnisse angestimmt selbst in die Hand nehmen. Der Vorarlberger Straßenbaureferent Gorbach hat das in die plakative Formulierung gekleidet, die Bettelfahrten seien zu Ende.

Die Vorteile für den Bund sind in dem Antrag, der dem Gesetzesbeschluss zu Grunde gelegen ist, sehr zurückhaltend beschrieben. Bei den Staatsreformverhandlungen war man davon ausgegangen, dass als Folge der Übertragung der Bundesstraßen im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, also der klassischen Bundesstraßenverwaltung, 70 Planstellen eingespart werden können. Der kapitalisierte Betrag dieser Einsparung ist auch in das Gesamteinsparungsziel von 3,6 Milliarden Schilling eingeflossen.

Im Antrag findet dieser Einsparungseffekt merkwürdigerweise keine Erwähnung mehr. Das ist ungewöhnlich und ist mir aufgefallen. Inzwischen ist mir auch der Grund dafür klar geworden. Im Nationalrat wurde eine Entschließung verabschiedet, wonach der Bundesminister ersucht wird, seine Bemühungen hinsichtlich einer Koordination des Straßennetzes zwischen Bund und Ländern fortzusetzen und eine Vereinbarung darüber anzustreben. Da geht es um die Erfassung von statistischen Daten, die Angelegenheiten technischer Richtlinien, das Zulassungswesen und dergleichen mehr.

Dieser ganze Vorgang erinnert fatal an die Übertragung der Wohnbauförderung in früheren Jahren. Da ging man auch davon aus: Wenn man das, was auf Bundesebene und auf Landesebene gemischt wahrgenommen wird, an die Länder übergibt, müsste es doch möglich sein, im Bundesministerium in diesem Bereich wesentliche Einsparungen zu erzielen. – Wenn Sie die Organisationsstruktur ansehen, werden Sie feststellen, dass es noch immer Dienststellen gibt,


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die sich jetzt nicht mehr mit Wohnbauförderung, sondern mit Wohnbauforschung, mit Wohnbaukoordinierung und internationalen Kontakten der Wohnbauförderung befassen.

So etwas steht hier offenbar auch an. Ich denke, es wird notwendig sein, sehr genau zu beobachten, welcher Einsparungseffekt betreffend die Planstellen im Bundesministerium tatsächlich umgesetzt wird. Es wird auch Aufgabe unserer parlamentarischen Kontrollfunktion sein, darauf zu achten, dass dieser vom Finanzministerium als wichtiger Teil der Verhandlungen angesehene Einsparungseffekt nicht vom anderen beteiligten Minister wieder zunichte gemacht wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf einen besonders unverständlichen Umstand hinweisen. Das Bauproduktewesen ist bei uns im Wesentlichen Landessache und wird inzwischen auch gut koordiniert. Es hat hier berechtigte Kritik gegeben. Die Länder haben darauf mit einer Vereinbarung und einem gemeinsamen Prüfungsinstitut geantwortet, dem Institut für Bautechnik. Der Bund hat in diesem Bereich, nämlich hinsichtlich der Materialien, die bei Bundesbauten – Autobahnen, Eisenbahnen, bisher auch Bundesstraßen – verwendet werden, eine schmale Zuständigkeitsvermutung seinerseits. Es war nicht ganz unbestritten, ob sie gegeben sei. Er hat dafür ein eigenes Bundesgesetz, eigene Planstellen und dergleichen mehr geschaffen, und er hat die Einladung der Länder ausgeschlagen, sich an dem gemeinsamen Institut zu beteiligen.

Jetzt würde dieser geringe Zuständigkeitsbereich durch das Abwandern der Bundesstraßen noch weiter verkleinert werden. Was macht man daher? – Man macht eine Entschließung, es möge im Prinzip alles beim Alten bleiben. Das kann nicht Sinn der Staatsreform gewesen sein.

Der Bund lukriert noch einen zweiten Vorteil, nämlich die Überwälzung des Finanzierungsrisikos für die Bundesstraßen ab dem Jahre 2009. Die Finanzierung ist für die Länder nur für den einigermaßen überschaubaren Zeitraum bis 2008 gewährleistet. Es ist daher verständlich, dass die Länder erwarten, dass über eine längerfristige Perspektive zumindest eine 15a-Vereinbarung abgeschlossen wird.

Eine solche wäre auch aus einem zweiten Grund zweckmäßig: Der Bund schenkt mit der Bundesstraßenübertragung unter anderem zahlreiche Liegenschaften – etwa Straßengrundstücke und Liegenschaften, die für die Erhaltung notwendig sind – den Ländern. Eine Schenkung ist üblicherweise ein zweiseitiger Rechtsakt, der eine vertragliche Beziehung ausdrückt. Es braucht einen, der etwas schenkt, und einen, der etwas annimmt. Dafür braucht es eine rechtsförmliche Grundlage. Was wir hier haben, ist die Vornahme einer Zwangsschenkung an die Länder im Kleide eines Bundesgesetzes, eine einseitige Schenkung, bei der zwar politisch mehr oder weniger klargestellt ist, dass sie dem Empfänger willkommen ist – sonst hätte es ja diese Einigung nicht gegeben –, aber das ist eben eine bloß politische und keine ausreichende rechtliche Grundlage, wie dies beispielsweise eine 15a-Vereinbarung gewesen wäre.

Ich möchte gar nicht in Zweifel ziehen, dass der Bund von seiner Zuständigkeit her unter dem Titel Zivilrechtswesen ohne Eingriff in Länderzuständigkeiten berechtigt wäre, zu sagen: Ich habe hier eben mit einem einfachen Bundesgesetz Sonderprivatrecht gemacht – genauso, wie es ihm nach der Zuständigkeitsverteilung möglich wäre, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch in der Weise zu ändern, dass man sagt, Schenkungen sind künftig nicht mehr annahmebedürftig.

Sowohl in diesem Beispielsfall als auch hier, da man mit einfachem Bundesgesetz offenkundig Sonderprivatrecht geschaffen hat, ist allerdings geltend zu machen, dass dies zum Sachlichkeitsgebot und zum Gleichheitsgrundsatz in einem argen Spannungsverhältnis steht. Daher wäre es auch zur Sanierung dieses unbefriedigenden verfassungsrechtlichen Zustandes zweckmäßig, der Anregung der Länder nach Abschluss einer 15a-Vereinbarung beizutreten.

Das ändert aber nichts daran, dass es sich bei dieser Übertragung der Bundesstraßen und diesem sehr komplexen Gesetzeswerk um ein großes gemeinsames Reformwerk von Bund und Ländern handelt, dem wir gerne zustimmen und das wir auch als Ansporn für möglichst viele


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andere Ressorts sehen wollen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

21.33

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. – Bitte.

21.33

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit der so genannten Verländerung der Bundesstraßen B wird einerseits ein Schritt zur effizienteren Bewirtschaftung des heimischen Straßennetzes geleistet, andererseits auch die Chance eröffnet – und das wurde bereits erwähnt –, in einem föderalen System Synergien zu finden. Ob die Länder tatsächlich gut verhandelt haben, wird letztlich von ihnen selbst abhängen.

Der Absolutbetrag, der als Abgeltung des Bundes vereinbart wurde, ist hier sicherlich nicht die einzige Bezugsgröße, die zur Beurteilung heranzuziehen ist. Das wird allein schon daraus ersichtlich, dass etwa eine Umsetzung des Generalverkehrswegeplanes im Bereich des jetzt verländerten B-Netzes unter Berücksichtigung von baulicher und betrieblicher Erhaltung mit den nunmehr vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln mehr als 34 Jahre benötigen würde. So gesehen ist der Abgeltungsbetrag an die Länder eigentlich um rund 130 bis 140 Millionen Euro pro Jahr zu niedrig angesetzt.

Umso bedeutender wird es sein, dass die Bundesländer untereinander zu konsequenten Akkordierungen sowohl der Ausbaupläne als auch der Erhaltungsmaßnahmen kommen. Nur wenn diese Synergien wahrgenommen werden, wird das Verhandlungsergebnis mit dem Bund auch materiell gut sein.

Die Zersplitterung der gegenständlichen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern darf daher nicht von einer Schrebergartenmentalität der Länder untereinander abgelöst werden. Denn die formelle Vereinigung von Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung ist, für sich genommen, zwar eine Verwaltungs-, aber noch keine wirtschaftliche Reform. Sie muss erst durch Kooperation mit Leben erfüllt werden.

Bei aller Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf mutet aber doch zumindest ein Detail recht eigenwillig an. Der Initiativantrag der Abgeordneten Böhacker und Stummvoll enthält die begrüßenswerte Aussage, durch eine Neustrukturierung des ASFINAG-Konzerns könnten Synergien geschaffen und Doppelgleisigkeiten in der Tätigkeit der Straßengesellschaften vermieden werden. Dem ist an und für sich uneingeschränkt zuzustimmen. Im Artikel 9 des Antrages ist aber eine entsprechende Änderung des Bundesgesetzes betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften vorgesehen. Derer gibt es ja noch zwei, nämlich die ÖSAG sowie die Alpenstraßen AG.

Böhacker und Stummvoll schlugen daher vor, für beide Gesellschaften die Möglichkeit zu eröffnen, sie durch Beschluss der jeweiligen Hauptversammlung in eine GmbH umzuwandeln. Für eine – unter Anführungszeichen – "Konzernzusammenarbeit" unter der Mutter ASFINAG ist das an und für sich eine sinnvolle Maßnahme, da gesellschaftsrechtlich der Durchgriff im Bereich einer GmbH wesentlich einfacher erfolgen kann. Darüber hinaus wurde in Aussicht genommen, die Gesellschaft mit der ASFINAG unter Ausschluss der Abwicklung verschmelzen zu können. Eigenartigerweise findet sich dieser Passus aber nur für die ÖSAG und nicht für die Alpenstraßen AG.

Dieser aus Effizienzgesichtspunkten völlig unbegründbare Kniefall wurde im Plenum des Nationalrates konsequent weitergetrieben. Denn in einer unscheinbaren Ergänzung zu einem Abänderungsantrag in zweiter Lesung wurde von genau jenen Abgeordneten Böhacker und Stummvoll, die in ihrem eigenen Antrag vermeinten, Synergien zwischen ASFINAG, ÖSAG und Alpenstraßen AG wahrnehmen zu wollen, nun für die Alpenstraßen AG auch noch die Umwandlungsmöglichkeit in eine GmbH gestrichen. Offenbar kann es also nur ein Einsparungspotenzial zwischen ASFINAG und ÖSAG geben, aber nicht im Verbund mit der Tiroler Gesellschaft.


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Das ist meiner Ansicht nach ein Kniefall, der aus Straßenbewirtschaftungs-Überlegungen heraus ein Selbstfaller ist und der im Übrigen auch zeigt, dass man nicht einmal mehr der eigenen Hauptversammlung in der Alpenstraßen AG vertraut. Denn diese müsste die Umwandlung in eine GmbH ohnehin erst selbst beschließen und ist dazu ja nicht verpflichtet. Ich bin jedenfalls nach wie vor der Überzeugung, dass für die Bewirtschaftung eines Netzes von rund 1 500 Kilometern eine Gesellschaft völlig ausreichend ist.

Im Hinblick auf Verwaltungsreform-Aspekte – das ist jetzt eine Kritik an der Länderseite – ist auch nicht einzusehen, weshalb zum Beispiel die auf den nunmehr verländerten Straßenzügen eingehobenen Strafgelder dem Bund zufließen. Hier hätten sicherlich die finanziellen Sicherheitsüberlegungen zugunsten einer weiteren Verwaltungsvereinfachung zurückstehen können. Ich glaube nicht, dass man unbedingt eine Pauschalabgeltung benötigt hätte.

Zumindest kritisch anmerken sollte man auch die im Artikel I § 4a Abs. 5 normierten Sonderzuschüsse an die Länder Kärnten und Vorarlberg. Ich möchte hier nicht die Sinnhaftigkeit der in den Erläuterungen angeführten B 100 beziehungsweise B 200 qualifizieren, sondern lediglich anmerken, dass sich dieser Verwendungszweck im Sinne von konkreten Projekten im eigentlichen Gesetzestext nicht wiederfindet.

Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass ohne die rasche Einführung des LKW-Road-Pricings auch die nunmehr vorliegende Maßnahme unter wirtschaftlichen Gesamtverkehrsaspekten suboptimal ist. Auch im Konkurrenzverhältnis zwischen den einzelnen Verkehrsträgern wird ein halbwegs akzeptables Gleichgewicht ohne eine Neutralisierung der externen Kosten des LKW-Verkehrs durch eine fahrleistungsabhängige Bemautung nicht erzielbar sein.

Ähnliche Effizienzüberlegungen sind in der Debatte um den Semmering-Basistunnel anzustellen; ein weiterer wichtiger Aspekt des Gesamtverkehrskonzeptes. Da Minister Reichhold in der heutigen "Kronen Zeitung" unmissverständlich klargelegt hat, dass bezüglich der Umsetzung des Semmering-Basistunnels "die Zeit dränge", wie er gesagt hat, darf ich folgenden Entschließungsantrag zu seiner Unterstützung einbringen.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Johanna Schicker, Mag. Dietmar Hoscher und KollegInnen betreffend rasche Realisierung des Semmering-Basistunnels

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ebenso wie bei der Lösung der Problematik der Bundesstraßen mit aller Kraft für den raschestmöglichen Bau des Semmering-Basistunnels einzutreten.

*****

(Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach. )

21.39

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Der von den Bundesräten Professor Konecny und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend rasche Realisierung des Semmering-Basistunnels ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen. – Bitte.

21.40

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein wahrlich großer Wurf ist diese Verländerung der


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Bundesstraßen. Oft schon wurde diese Gesetzesänderung angedacht und auch gefordert, doch nun wird diese alte Forderung der Länder Wirklichkeit.

Wieder ist es die FPÖ-ÖVP-Regierung, der es gelungen ist, eine Doppelgleisigkeit zwischen Ländern und Bund aus der Welt zu schaffen, eine Doppelgleisigkeit, welche oft zu jahrelangen Verzögerungen von Straßenprojekten geführt hat, und auch eine Doppelgleisigkeit, welche den Steuerzahler knapp 3 Millionen Euro im Jahr gekostet hat. – Zu Kollegen Weiss möchte ich sagen, auch ich hoffe, dass sich das auswirken wird und dass nicht zusätzliche Posten in verschiedenen Ministerien geschaffen werden. Ich glaube daran, dass das nicht der Fall sein wird.

Nun fragt man sich, warum dies nicht schon früher geschehen ist. Zu dieser Frage gibt es eine einfache Erklärung: weil der damalige rote Finanzminister zwar die Bundesstraßen mit den enorm hohen Kosten an die Länder abgeben wollte, jedoch von den begleitenden finanziellen Maßnahmen oder Rahmenbedingungen für die Länder nichts wissen wollte. Er wollte die Länder mit den zusätzlichen Kosten im Regen stehen lassen. Dies ist dank eines freiheitlichen Finanzministers nicht geschehen. Daher können wir dieses wirklich gute Gesetz heute im Bundesrat verabschieden.

Was mich als Vorarlberger Abgeordneten – im Gegensatz zu Kollegen Hoscher – sehr freut, ist die Tatsache, dass durch die dem Land Vorarlberg gewährten Zweckzuschüsse von insgesamt 207 Millionen Euro zwischen 2002 und 2008 dringende und schon lange anstehende Verkehrsprojekte für die Zukunft verwirklicht werden können. Auch zwei Sonderzuschüsse in der Höhe von 113 Millionen Euro für die dringend erforderliche Bregenzerwaldstraße-Neu und die Südumfahrung Feldkirch konnten in diesem Zusammenhang ausverhandelt werden. Ich kann Ihnen versichern, dieses Geld wird dafür verwendet werden, da diese Projekte bereits anstehen.

Ich glaube, dass mit diesem Gesetz eine wirklich gute Lösung sowohl für die Länder als auch für den Bund gefunden werden konnte. Daher wird meine Fraktion diesem Gesetz mit Freude zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.42

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herwig Hösele. – Bitte.

21.42

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst ein paar kurze Worte dazu, wieso wir dem eingebrachten Entschließungsantrag betreffend ein Bahnprojekt im Zusammenhang mit dem Bundesstraßenbau nicht unsere Zustimmung geben: Es handelt sich um einen Pleonasmus und um eine Tautologie. Die Sache des Semmering-Basistunnels ist von der Bundesregierung und vom Nationalrat politisch entschieden. Es handelt sich de facto nur noch um eine Rechtsfrage, die zu klären ist.

So sind auch die Aussagen des Herrn Bundesministers Reichhold der letzten 14 Tage zu werten. Ich bin da an sich sehr zuversichtlich. Wir könnten einen anderen Entschließungsantrag einbringen – wir bringen ihn aber nicht ein –, der ungefähr so lauten könnte: Die Bundesregierung und insbesondere der neue Herr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden gebeten, ihre erfolgreiche Tätigkeit im Interesse Österreichs fortzusetzen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Dann ist ja der Semmering-Basistunnel schon in Bau!) Denn er wird das zu Stande bringen, was die Bundesminister Einem, Streicher, Klima, Scholten et cetera nicht zu Stande gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Als Zweites darf ich ganz allgemein sagen, dass der heutige Beschluss – wie es schon mehrfach angesprochen worden ist – ein wichtiger Meilenstein in Richtung Föderalismus, Verwaltungsvereinfachung, Abbau von Doppelgeleisigkeiten und Doppelbürokratie sowie Reduktion der im Geiste des heimlichen österreichischen Staatsdichters Robert Musil so trefflich beschriebenen Parallelaktionen sein sollte. Dies ist auch einer der wesentlichen Punkte im Raschauer-Bericht gewesen, der insgesamt allerdings festgestellt hat – da möchte ich mich Herrn Präsi


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denten Weiss gerne anschließen –, dass in der Zentralverwaltung, also auf der Ebene der Ministerien, die größte Einsparungsmöglichkeit besteht. Dem sollten wir uns auch anschließen.

Insgesamt wird der Beschluss, wie Sie wissen, von allen neun Landeshauptleuten und von allen neun Bundesländern getragen. Ganz besonders darf ich auch auf die Rolle von Landeshauptmann Niessl und von Landeshauptmann Häupl hinweisen. Landeshauptmann Niessl hat am 6. März anlässlich der letzten Landeshauptleutekonferenz die Übertragung der Kompetenz für die Bundesstraßen als großen Erfolg für die Länder gewertet, da nunmehr verstärkt regionale Schwerpunkte gesetzt werden könnten – rascher, effizienter, kostengünstiger. Er hat auch die 15a-Vereinbarung gefordert, deren Abschluss ja ein einstimmiger Beschluss der Landeshauptleutekonferenz ist.

Bereits am 24. Jänner hat der gegenwärtige, sehr umsichtig und verantwortungsvoll agierende Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz Landeshauptmann Pühringer in einem Schreiben an Finanzminister Grasser die gemeinsame Länderposition festgehalten. Die Verländerung einschließlich der Finanzausstattung der Länder erfolgt auf einfachgesetzlicher Basis. Nach einhelliger Länderauffassung soll die Verländerung zusätzlich durch eine Vereinbarung nach Artikel 15a B-VG- abgesichert werden, damit sie nicht einseitig vom Bund verändert oder widerrufen werden kann. Dies ist eine durchaus übliche Vorgangsweise, führt der Landeshauptmann weiter aus, und er verweist darauf, dass der Bund selbst diese Vorgangsweise bei der Krankenanstaltenfinanzierung, der Lehrerbesoldung und der Wohnbauförderung angewandt hat.

In diesem Sinne haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht, und ich bitte um Ihre Zustimmung:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Herwig Hösele, Ing. Gerd Klamt und Kollegen betreffend Artikel 15a B-VG-Vereinbarung im Zusammenhang der Verländerung der Bundesstraßen

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Bundesrat als die Länderkammer des österreichischen Parlaments begrüßt die Verländerung der Bundesstraßen im Sinne des Föderalismus – mit Abbau von Doppelgeleisigkeiten in der Verwaltung und erhöhtem Gestaltungsspielraum bei verkehrspolitischen Prioritäten –, wobei für die Länder bei der Übernahme neuer Aufgaben auch deren Finanzierung auf einer langfristigen Basis sichergestellt werden muss.

Er ersucht daher im Sinne des einstimmigen Beschlusses der Landeshauptleutekonferenz vom 6. März 2002 die Bundesregierung, mit den Ländern Verhandlungen über eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG betreffend die Finanzierung der den Ländern übertragenen Bundesstraßen B für die Zeit nach 2008 aufzunehmen.

*****

Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 192

21.47

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Der von den Bundesräten Hösele, Ing. Klamt und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Artikel 15a B-VG-Vereinbarung im Zusammenhang der Verländerung der Bundesstraßen ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Schicker. – Bitte.

21.47

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark) (das Rednerpult einstellend): Jetzt werde ich noch größer – oder kleiner, wie immer man es nennen mag. (Bundesrat Weiss: Schade, wenn wir Sie nicht sehen! – Bundesrat Schöls: Man soll nicht so hoch hinaus wollen! – Heiterkeit.) Herr Kollege Schöls! Wem haben Sie das zugerufen? – Ich fühle mich davon wirklich nicht betroffen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Das sagt der Richtige!)

Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann diesen Debattenbeitrag meines steirischen Kollegen Hösele selbstverständlich nicht unbeantwortet lassen, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Es ist schon eine Kühnheit, so möchte ich sagen – ich hätte dafür auch noch ein anderes Wort auf Lager, aber gewisse Wörter verwende ich im Hohen Haus nicht –, als einer der an Dienstjahren, an Dienstmonaten jüngsten steirischen Bundesräte hier herauszugehen und uns aufzuklären, wie es um den Semmering-Basistunnel steht. Diese rechtlichen Belange ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Lieber Herr Kollege Hösele! Erkundigen Sie sich bei Ihrem Kollegen Missethon! Wir haben hier schon gemeinsame Entschließungsanträge aller steirischen Bundesräte durchgebracht, und es war überhaupt kein Problem, auch die anderen Fraktionen mit einzubinden.

Sind Sie für den Semmering-Basistunnel, oder sind Sie nicht dafür? (Bundesrat Konecny: Er glaubt daran!) Herr Kollege Missethon und Herr Kollege Weilharter – er ist heute leider nicht da –, sie alle haben auch schon diesbezügliche Entschließungsanträge von uns unterstützt. Deswegen möchte ich Sie ersuchen ... (Bundesrat Bieringer: Ja, aber die Situation ist jetzt etwas anders, Frau Kollegin!) Ich spreche von den steirischen Bundesräten; wahrscheinlich musst du heute dem Klubzwang entsprechen, Herr Klubobmann, darüber bin ich mir schon klar. (Bundesrat Bieringer: Aber geh, den gibt es ja bei uns nicht!)

Er soll sich seiner steirischen Richtlinien bewusst werden. Dieses Miteinander, das die Frau Landeshauptmann in der Steiermark immer ankündigt, findet hier im Bundesrat nicht statt, Herr Kollege Hösele! (Bundesrat Konecny: Das war einmal! Jetzt fürchtet sie sich!) Ich werde der Presse entsprechend mitteilen, dass Sie nicht für den Semmering-Basistunnel sind.

Ich sage Ihnen nur eines: Es ist einfach zu wenig, lieber Herr Kollege Hösele, es ist zu wenig ... (Bundesrat Hösele: Sie haben nicht zugehört! Sie haben einfach nicht zugehört beim Lesen!) Sie haben gelesen, Sie geben es jetzt zu, ja. (Bundesrat Konecny: Aber nicht alles!) Ich sage Ihnen in freier Rede, was ich mir von Ihrer Stellungnahme denke. (Zwischenruf des Bundesrates Hösele. ) Es ist zu wenig, wenn Frau Landeshauptmann Klasnic zum Beispiel beim Tunnelanstich des Semmering-Straßentunnels "lieber Erwin" sagt und er mit "liebe Waltraud" antwortet. Das ist zu wenig.

Wir müssen uns zusammentun, um den Semmeringtunnel für die Steiermark und für Kärnten zu erreichen. Das wollte ich Ihnen nur sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.50

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 193

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Professor Konecny und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend rasche Realisierung des Semmering-Basistunnels vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt. (Bundesrat Freiberger: Tusek war dabei!)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Hösele, Ing. Klamt und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Artikel 15a B-VG-Vereinbarung im Zusammenhang der Verländerung der Bundesstraßen vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E/175-BR/2002)

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (927 und 1020/NR sowie 6604/BR der Beilagen)

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird (968 und 1021/NR sowie 6605/BR der Beilagen)

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (598/A und 1022/NR sowie 6606/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 bis 28 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 26 bis 28 hat Herr Bundesrat Alfredo Rosenmaier übernommen. Ich bitte um die Berichte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
685. Sitzung / Seite 194

Berichterstatter Alfredo Rosenmaier:
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.

Der Bericht des Ausschusses liegt Ihnen vor. Ich nehme deshalb von der Verlesung Abstand.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird.

Da Ihnen der Bericht des Ausschusses vorliegt, nehme ich von der Verlesung ebenfalls Abstand.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf auch den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird, bringen.

Der Bericht des Ausschusses liegt Ihnen ebenfalls vor. Deshalb nehme ich wiederum von der Verlesung Abstand.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche um Einleitung der Debatte und schließlich um Ihre Abstimmung. – Danke.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss. – Bitte.

21.55

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beschränke mich ganz kurz auf die Änderung des Einkommensteuergesetzes.

Dem Budgetbegleitgesetz 2001 lag bekanntlich die Absicht zu Grunde, Steuerschlupflöcher zu stopfen, wenn Pensionsansprüche in Abfindungszahlungen umgewandelt werden. Betroffen davon waren allerdings nicht nur frühere ÖMV-Manager und Bankdirektoren, sondern auch die in der Schweiz und in Liechtenstein tätigen Grenzgänger, die in der Regel Tages- oder Wochenpendler sind. Sie haben daraufhin sehr vehement darauf hingewiesen, dass sie nach den Regelungen der Schweizer Pensionskassen keine Wahlmöglichkeit haben und ihre Ansprüche auch nicht, wie es durchaus sachgerecht wäre, an eine österreichische Pensionskasse übertragen können.

Interessant ist jetzt allerdings, dass im Zuge der Abfertigung-Neu ähnliche Regelungen mit einer ganz beachtlichen Steuerbegünstigung in Aussicht gestellt werden, was die Grenzgänger in ihrer Kritik selbstverständlich bestärkt. Offen ist in diesem Zusammenhang überdies die Frage, inwieweit auf diesem Gebiet die Rechtshilfe mit der Schweiz entwickelt ist und ob sie tauglich genug ist, die da bestehenden Probleme befriedigend in den Griff zu bekommen.


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Da es sich bei den Grenzgängern um eine gut organisierte Zielgruppe von rund 12 000 Personen und dazu noch die Familienangehörigen handelt, hat das Ganze selbstverständlich auch für die in Vorarlberg tätigen politischen Parteien eine gewisse Relevanz. Es ist daher nahe liegend, dass ein Wettbewerb um die Zustimmung der Grenzgänger einsetzt: wer sich denn nun engagierter für deren Anliegen einsetze.

In dieser politischen Auseinandersetzung hat dann das Finanzministerium – konkret: der Finanzminister – einen besonderen Akzent gesetzt. Er hat unter Zuhilfenahme amtlicher Adressenbestände und unter Zuhilfenahme von Steuermitteln allen 12 000 Grenzgängern einen Brief geschrieben, in dem er sie über die in Aussicht stehende, vom Parlament, von Bundesrat und Nationalrat, noch gar nicht beschlossen gewesene Regelungsabsicht informiert. Er erklärte ihnen, dass ein Drittel der Pensionsabfindung aus Liechtenstein oder der Schweiz künftig steuerfrei bleiben werde, und er schreibt dann wörtlich: "Mit dieser Lösung haben wir Dank des Engagements von Herrn Landesstatthalter Hubert Gorbach und Herrn Klubobmann Dieter Egger eine faire Besteuerung erreicht." – Ende des Zitats. (Bundesrat Freiberger: Wahnsinn! – Bundesrat Konecny: Und das mit Steuermitteln!)

Wir haben dann vom Finanzminister Auskunft darüber erbeten, welche denn die maßgeblichen Gründe dafür seien, die Würdigung des Engagements für eine Lösung des durch den Finanzminister selbst herbeigeführten Problems auf solche Mandatare zu beschränken, die "rein zufällig" der FPÖ angehören – als ob sich nicht auch Vorarlberger Nationalratsabgeordnete, als ob sich nicht auch der Landeshauptmann dafür eingesetzt hätten. (Bundesrat Thumpser: Ein Skandal! – Bundesrat Freiberger: Eine Frechheit!) Wir haben daraufhin eine Anfragebeantwortung bekommen, in der der Finanzminister dies wie folgt erklärt hat. Ich zitiere: "Die nunmehr vorgeschlagene Lösung wurde in eingehenden Diskussionen mit den beiden genannten Persönlichkeiten erarbeitet."

Das beantwortet zwar die gar nicht gestellte Frage nach Gründen für die Nennung der beiden angeführten FPÖ-Politiker, nicht jedoch die tatsächlich gestellte Frage, warum die Würdigung des Engagements auf solche Mandatare beschränkt wurde, die der FPÖ angehören. Sowohl durch den Brief als auch durch die Antwort wird der völlig unzutreffende Eindruck erweckt, andere als der Partei des Finanzministers angehörende Mandatare hätten sich für eine Lösung nicht eingesetzt. Die parteipolitische Motivation für den unter Verwendung amtlicher Adressen und öffentlicher Mittel versandten Brief wird durch diese Art der Beantwortung daher nicht entkräftet, sondern geradezu verstärkt. Es ist selbstverständlich, dass wir hier eine Frage nachgelegt haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Interessieren würde mich nun Folgendes: Auch nach dieser heute zur Diskussion stehenden Neuregelung sind die Grenzgänger noch nicht zufrieden. Sie haben kürzlich eine große Versammlung abgehalten, bei der sie gefordert haben, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden möge. Die Zeitungen berichten darüber Folgendes – ich zitiere wörtlich –: "Rückendeckung für die Grenzgängeranliegen unterstrichen mit ihrer Anwesenheit und ihren Wortmeldungen unter anderem Klubobmann Dieter Egger" – Klammer: – "(FPÖ)". – Soweit die Zeitungsberichte.

Wenn der Herr Finanzminister schon das Engagement für die nun in Rede stehende Lösung in einem Brief gewürdigt und den Grenzgängern erklärt hat, dann bin ich jetzt gespannt, ob die Grenzgänger vom Finanzminister wieder einen Brief bekommen werden, in dem er ihnen erklärt, warum er diesmal der Forderung des freiheitlichen Klubobmannes Egger nicht Rechnung tragen wird. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Darauf warten wir mit Interesse. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.01

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Horst Freiberger. – Bitte.

22.01

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Kollege Weiss ist zu Beginn seiner Ausführungen in


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haltlich auf die Änderung des Einkommensteuergesetzes eingegangen. Das erspare ich mir aus zeitökonomischen Gründen. Zu dieser Anfrage und zur Vorgangsweise des FPÖ-Ministers werde ich am Schluss meiner Ausführungen Stellung beziehen.

Ich möchte einleitend sagen, dass die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ allen drei Vorlagen die Zustimmung geben werden. Bei der zweiten Vorlage, dem Nationalbankgesetz, geht es lediglich um die Umsetzung einer EU-Verordnung zum Schutz des Euro. Es ist so, dass Kreditinstitute, die Banken, die Nationalbank auch jetzt schon die Verpflichtung gehabt haben, gefälschte oder der Fälschung verdächtigte Euro-Banknoten oder -Münzen aus dem Verkehr zu ziehen. Zu den Banken und Kreditinstitutionen sind nun die Wechselstuben hinzugekommen. Was zusätzlich geregelt wurde, ist, dass, wenn ein Verstoß vorliegt und diese falschen Banknoten oder Münzen nicht eingezogen werden, es nun Sanktionsmöglichkeiten gibt. Die Nichteinziehung bedingt eine Verwaltungsübertretung und eine Geldstrafe bis zu 7 000 €. Es ist dies daher ein sehr sinnvolles Gesetz.

Die dritte Materie regelt das Umsatzsteuergesetz. Da gab es Schwierigkeiten bei der grenzüberschreitenden Personenbeförderung, nämlich bei der sehr verwaltungsaufwendigen Besteuerung dieser Umsätze. Es war dies ein Modell der Einzelbesteuerung. Hier wird nun dem EU-Recht entsprechend eine Besteuerung im Veranlagungsverfahren geschaffen. Es wird angestrebt, im Wege einer Verordnung den Vollzug möglichst einfach zu gestalten.

Wie ich eingangs schon gesagt habe, erscheinen uns diese drei Gesetzesänderungen sehr sinnvoll. Deshalb werden wir diesen Änderungen die Zustimmung geben.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nun zu dem Verhalten des Bundesministers Grasser. – An sich habe ich nicht das Bestreben, sozusagen einen innerkoalitionären Konflikt, der dadurch zweifelsohne auch entsteht, noch mit Munition zu versorgen. (Bundesrat Hagen: Ach geh!) Ich denke, da sind die beiden Regierungsparteien selbst Manns genug, sich das auszumachen. Aber es ist dies, wenn eine Regierungspartei, im konkreten Fall Bundesminister Grasser als zuständiger Bundesminister, anlässlich der bevorstehenden Regelung dieser Einkommensteuergesetzmaterie an 11 519 Vorarlberger Grenzgänger einen Brief schreibt und in diesem Schreiben parteipolitische Werbung betreibt – Kollege Weiss hat ja aus seiner Anfragestellung vorgelesen –, meiner Meinung nach wirklich skandalös. Als Bundesminister auf offiziellem Papier des Ministeriums und auf Kosten des Ministeriums parteipolitische Information an die betroffenen Menschen weiterzugeben und Propaganda zu betreiben, das ist ein wirklicher Skandal.

Es haben sich – Kollege Weiss hat es angesprochen – sämtliche politische Gruppierungen dieser Thematik angenommen, weil es da eine Ungerechtigkeit gab. Hier ist eine Lösung gefunden und zu Stande gebracht worden, mit der die Betroffenen jetzt vielleicht noch nicht ganz zufrieden sind, aber ich glaube, dass alle sehr konstruktiv an einer Lösung gearbeitet haben. Auch die SPÖ-Abgeordneten haben im vergangenen Jahr, am 1. 3. 2001, im Nationalrat einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Man hätte diese Sache auch schon früher lösen können. Dass es dann so kommt, dass der Bundesminister einen Brief mit unrichtigen Informationen schreibt, ist mehr als befremdend.

Darüber hinaus ist die Beantwortung der Anfrage, die Sie gestellt haben, mehr als befremdend. Wenn man sich diesen Satz zu Gemüte führt – "die nunmehr vorgeschlagene Lösung wurde in eingehenden Diskussionen mit den beiden genannten Persönlichkeiten erarbeitet" –, so muss man sagen, entspricht das absolut nicht der Wahrheit, denn alle politischen Gruppierungen haben gemeinsam nach einer Lösung gesucht und sie auch gefunden.

Herr Staatssekretär! Vielleicht können wir von Ihnen diesbezüglich schon etwas erfahren. Vielleicht denkt man im Ministerium jetzt daran, diesen 11 519 Menschen eine weitere Information zukommen zu lassen, die der Wahrheit entspricht: dass gemeinsam gerungen wurde, um hier eine Lösung zu finden, und dass, wie gesagt, der Informationsgrad, insbesondere wenn es ein offizielles Schreiben eines Ministers ist, der Wahrheit entsprechen sollte, und ob wir damit rechnen können, dass die Menschen davon in Kenntnis gesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08


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Präsidentin Uta Barbara Pühringer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen. – Bitte.

22.08

Bundesrat Christoph Hagen: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn wir heute die Änderung des Einkommensteuergesetzes beschließen, so sind wir Vorarlberger Abgeordnete, wie wir bereits gehört haben, davon besonders betroffen, geht es bei dieser Gesetzesänderung doch um einige tausend Vorarlberger Grenzgänger, welche in der benachbarten Schweiz und in Liechtenstein ihren Lebensunterhalt verdienen.

Meine Damen und Herren! Ein kurzer Rückblick: Das Schweizer oder Liechtensteiner Pensionssystem besteht aus drei Säulen; deren erste ist die staatliche Pensionsvorsorge, auch AHV-Pension genannt, mit einer Höchstpension von maximal 2 000 Schweizer Franken. Die zweite Säule ist die betriebliche Pension, welche der Betrieb aus Teilen des Einkommens des Arbeitnehmers leistet. Drittens gehört dazu die freiwillige private Pensionsvorsorge, die jedem freisteht.

Bis zum Jahr 2001 musste der Grenzgänger mit dem so genannten Hälftesteuersatz höchstens ein Viertel seiner im Ausland erworbenen Zusatzpension des Betriebes, also der zweiten Säule, nach dem Schweizer Pensionssystem versteuern. Das bedeutete eine Steuerleistung von maximal 25 Prozent. Wenn der Grenzgänger den Betrag aus der zweiten Pensionssäule nach seiner Pensionierung in Richtung Österreich mitnahm, so musste derjenige, welcher sich diese zweite Säule monatlich ausbezahlen ließ, den Normalsteuersatz von 27 bis 28 Prozent leisten.

Hier war eine klare Ungerechtigkeit gegeben, weshalb im Budgetbegleitgesetz 2001 dieser Umstand geändert wurde und nun jeder Grenzgänger, welcher den Gesamtbetrag der zweiten Säule ins Land nahm, den Normalsteuersatz zu bezahlen hat.

Diese Maßnahme führte unter den Grenzgängern zu Unstimmigkeiten, da es nicht jede Betriebspension zuließ, die zweite Säule auf Raten, also als Pension, auszuzahlen, sondern teilweise mussten die Grenzgänger die angesparte Pension, also dieses Kapital, diesen Gesamtbetrag mitnehmen. Dadurch hat sich natürlich der Steuersatz auf 50 Prozent oder knapp 50 Prozent erhöht. Damit ist wieder eine Ungerechtigkeit entstanden.

Jetzt komme ich zu dem, was Kollege Weiss angeschnittenen hat. Ich möchte hier einmal bemerken, dass es auf Grund harter Verhandlungen und auf Grund von Überzeugungskraft gelungen ist – das ist über ein Jahr oder zirka ein Jahr gegangen –, eine Lösung zu finden. Hier haben sich Landesstatthalter Hubert Gorbach und Klubobmann Dieter Egger vom Vorarlberger Landtag besonders eingebracht, und sie haben mit dem Finanzminister diese Drittellösung ausverhandelt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, diese Drittellösung ist eine sehr gute Sache, mit der die Grenzgänger leben können, weil sie jetzt alle gleich behandelt werden und gegenüber dem österreichischen System nicht übermäßig bevorzugt sind. Es ist also auch hier eine Gerechtigkeit geschaffen worden.

Zu dem von Kollegen Weiss Angesprochenen möchte ich schon bemerken, dass die Verhandlungen, wie gesagt, hauptsächlich von freiheitlichen Personen geführt wurden (Bundesrat Freiberger: Ist das ein Parteigesetz?), aber verkauft wurde es dann vom lieben Herrn Nationalrat Gottfried Feurstein – das hast du leider vergessen zu sagen –, als ob es seine Erfindung gewesen wäre, obwohl er in diese Verhandlungen nur teilbedingt eingebunden war. Das sollte man hier der Wahrheit halber schon bemerken. Ich glaube daher, dass es vom Finanzminister richtig war, darauf hinzuweisen, wer da wirklich verhandelt hat und wem diese Änderung zu verdanken ist, denn das ist auch richtig so. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher. )

Wenn jetzt Kollege Freiberger hier von unrichtigen Informationen seitens des Finanzministers spricht, so sage ich: Sie sprechen die Unwahrheit oder Sie sind unwissend. Das, was der Finanzminister geschrieben hat, ist nämlich die Wahrheit, und das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. (Bundesrat Freiberger: Ist es nicht wahr, dass andere auch aktiv waren bei der Gesetz


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werdung?) – Ja, dazu kann ich Ihnen sagen, Kollege Lackner von der SPÖ war medial aktiv, er war bei den Grenzgängern aktiv und hat alle aufgewiegelt. (Bundesrat Freiberger: Was hat er? Aufgewiegelt? – Bundesrat
Konecny: Ach, aufgewiegelt hat er!)

Ich kann Ihnen sagen, dass mit dieser Lösung, die jetzt gefunden wurde, der Großteil der Grenzgänger zufrieden ist und dass nur ein geringer Teil, der natürlich Ihrem Kollegen Lackner und dem ÖGB nahe steht, jetzt noch einen Wirbel macht. Aber das ist die Minderheit, das kann ich Ihnen versichern. – Das sei zu diesem Thema gesagt. (Bundesrat Konecny: Werden die jetzt ausgeschlossen von Ihnen?) – Es wird niemand ausgeschlossen. (Bundesrat Konecny: Gut!) Wir machen es nicht wie die SPÖ. (Bundesrat Gasteiger: Über die Grenze schauen! Nach Tirol!)

Wünschenswert wäre es natürlich, wenn für die Zukunft eine Möglichkeit geschaffen würde, die es zuließe, diese zweite Säule als Gesamtbetrag steuerlich begünstigt in eine österreichische Pensionskassa einzuzahlen und somit gleiche Bedingungen sowohl für österreichische Zusatzpensionsbezieher als auch für Grenzgänger zu schaffen.

Meine Fraktion wird dieser Gesetzesänderung selbstverständlich zustimmen. Es ist gut, dass es eine Regierung gibt, die sich auch der Probleme kleiner Gruppen, die etwas weiter weg von Wien sind, annimmt und ihre Staatsbürger dabei unterstützt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.15

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 199

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (771 und 1015/NR sowie 6607/BR der Beilagen)

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Bundesregierung der Bundesrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen (831 und 1016/NR sowie 6608/BR der Beilagen)

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (901 und 1017/NR sowie 6609/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zu den Punkten 29 bis 31, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Bundesregierung der Bundesrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen und

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Die Berichterstattung über die Punkte 29 bis 31 hat Herr Bundesrat Herbert Würschl übernommen. Ich bitte darum.

Berichterstatter Herbert Würschl: Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik liegt Ihnen vor. Der schriftliche Bericht ist Ihnen allen bekannt.


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685. Sitzung / Seite 200

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ebenso ist Ihnen der schriftliche Bericht betreffend das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Bundesregierung der Bundesrepublik Jugoslawien bekannt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Drittens liegt Ihnen der schriftliche Bericht über das Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. März 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.


Bundesrat
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685. Sitzung / Seite 201

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Bundesregierung der Republik Jugoslawien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen.

Da auch dieser vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er ebenfalls der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Februar 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Da der vorliegende Beschluss ebenfalls Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er gleichfalls der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 13 Anfragen, 1906/J bis 1918/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Freitag, der 5. April 2002, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, den 3. April 2002, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.23 Uhr