Stenographisches Protokoll

128. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 16. November 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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128. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode        Mittwoch, 16. November 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 16. November 2005: 22.19 – 22.47 Uhr

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 3

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer und Herbert Scheibner, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschafts­gesetz 1985, das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 (Staats­bürgerschaftsrechts-Novelle 2005) geändert wird (1189 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 5. Dezember 2005 zu setzen ............................................................................. 6

Verlangen der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen De­batte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG                     6

Redner:

Mag. Terezija Stoisits ..................................................................................................... 6

Mag. Wilhelm Molterer .................................................................................................. 9

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 10

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 11

Dieter Brosz .................................................................................................................. 12

Annahme des Fristsetzungsantrages ............................................................................ 13

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer und Herbert Scheibner, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz (SPG-Novelle 2006) geändert wird (1188 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 5. Dezember 2005 zu setzen – Annahme ................  6, 13

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 3


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Eingebracht wurden

Berichte ........................................................................................................................... 5

III-181: Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Be­richtszeitraum 2003–2004; Bundesregierung

III-182: 4. Bericht zum Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frau­enförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2002); Bundesregierung

III-183: 5. Bericht zum Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frau­enförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2004); Bundesregierung

III-184: III. Bericht über die Anwendung der EMAS-Verordnung und die Vollzie­hung des Umweltmanagementgesetzes; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3352/AB zu 3453/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (3353/AB zu 3469/J)


22.19.57


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Beginn der Sitzung: 22.19 Uhr

Vorsitzende: Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Sitzung ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dr. Witt­mann, Parnigoni, Lackner und Broukal.

22.19.58Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 3352/AB und 3353/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2005 geändert wird (4. BFG-No­velle 2005) (1184 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert wird (4. BFG-No­velle 2006) (1185 d.B.),

Budgetüberschreitungsgesetz 2005 – BÜG 2005 (1186 d.B.);

Familienausschuss:

Antrag 733/A (E) der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Berufsausbildungsfonds;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuerge­setz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Boden­schätzungsgesetz 1970, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, die Bundesabgaben­ordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuer­gesetz, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen In­dustrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungs­gesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2005 (AbgÄG 2005) (1187 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 735/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Benachteiligung der gewerblichen MasseurIn im MMHmG;


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Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-No­velle 2006) (1188 d.B.),

Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 (1189 d.B.),

Antrag 728/A (E) der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „permanent zu wenig PolizistInnen in touristischen Regionen“;

Justizausschuss:

Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2006 – SchiedsRÄG 2006 (1158 d.B.),

Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006 – GIN 2006 (1168 d.B.),

Berufsrechts-Änderungsgesetz für Notare, Rechtsanwälte und Ziviltechniker 2006 – BRÄG 2006 (1169 d.B.),

Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG (1182 d.B.),

Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006 (1183 d.B.);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 731/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Heinz Gradwohl, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Zukunft der Spanischen Hofreitschule und die Standortsicherung des Bundesgestütes Piber;

Unterrichtsausschuss:

2. Schulrechtspaket 2005 (1166 d.B.),

Hochschulgesetz 2005 (1167 d.B.),

Antrag 727/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend 800 zusätzliche LehrerInnen-Dienstposten für Integrationsunterricht,

Antrag 729/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung von Pädagogischen Hochschulen,

Antrag 737/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend demokratische SchülerInnenvertretung,

Antrag 738/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des zweiten Kinderkongres­ses des Vereins „COOLE SCHULE“ 2005 in Wien,

Antrag 739/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schulsponsoring: SchülerInnen im Visier von Unternehmen und der Werbung;

Verfassungsausschuss:

Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 (1171 d.B.),

2. Dienstrechts-Novelle 2005 (1190 d.B.),

Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Woh­nungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldege­setz 1991 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (1193 d.B.),

Antrag 732/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einleitung eines Verfahrens gemäß Art. 142 Abs. 1 lit. e B-VG gegen den LH von Kärnten, Dr. Jörg Haider;


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Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG geändert wird (1159 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG geändert wird (1160 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1170 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1191 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisen­bahn GmbH“, das Eisenbahngesetz 1957 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs­gesetz geändert werden (1192 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Antrag 730/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Dipl.-Ing. Maximilian Hof­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisaus­zeichnungsgesetz 1992 geändert wird,

Antrag 736/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Rücknahme der ungerechtfertigten, zehntausende Kleinbetriebe in Tourismus und Gastgewerbe benachteiligenden Mindestumsatzschwelle beim Zugang zu Mitteln der TOP-Tourismus-Förderung;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 734/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen be­treffend gesetzliche Verankerung von Auskunftspflichten ausgegliederter Universitäten an das Parlament;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gleichbehandlungsausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 2003–2004 (III-181 d.B.);

4. Bericht der Bundesregierung zum Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2002) (III-182 d.B.),

5. Bericht der Bundesregierung zum Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst (Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2004) (III-183 d.B.);

Umweltausschuss:

III. Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft über die Anwendung der EMAS-Verordnung und die Vollziehung des Umwelt­managementgesetzes (III-184 d.B.).

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters weise ich zu:

dem Menschenrechtsausschuss den Antrag 740/A (E) der Abgeordneten Ellmauer, Mag. Posch, Dipl.-Ing. Achleitner, Mag. Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Folter und unmenschliche Behandlung;


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dem Justizausschuss den Antrag 741/A der Abgeordneten Neudeck, Großruck, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnüt­zigkeitsgesetz geändert wird.

Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner beantragt haben, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 1189 der Beilagen betreffend Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 eine Frist bis 5. Dezem­ber 2005 zu setzen.

Ferner liegt das von den Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese kurze Debatte wird sogleich stattfinden. Die Abstimmung über den Fristset­zungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte stattfinden.

Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner beantragt haben, dem Ausschuss für innere Angelegenhei­ten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 1188 der Beilagen betreffend Sicherheitspolizeigesetz eine Frist bis 5. Dezember 2005 zu setzen.

Für diesen Antrag wurde keine Debatte verlangt. Die Abstimmung über diesen Antrag erfolgt nach der Abstimmung über den ersten Fristsetzungsantrag.

22.22.12Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, dem Ausschuss für innere An­gelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 1189 der Beilagen betreffend Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 eine Frist bis 5. Dezember 2005 zu setzen. Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner oder die Erstrednerin zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mit­gliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.23.14

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, poštovane dame i gos­podo! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Klubobmann Molterer, ich bin im Jahre 1990 Abgeordnete zum Nationalrat geworden. Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie damals Minister. (Abg. Mag. Molterer: Nein!) Nein? (Abg. Mag. Molterer: Ich bin mit Ihnen Abgeordneter geworden!) Abgeordneter, okay. (Abg. Scheibner: Aber er war es nicht lang!) Sehen Sie, Sie sind mir damals, 1990, nicht so aufgefallen, dass ich das noch in Erinnerung hätte. Ich habe gedacht, Sie waren Minister. (Beifall


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bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Als solcher sind Sie mir aufgefallen, so und so, positiv, negativ, verschieden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich weiß aber jetzt nicht, Herr Minister außer Dienst und Klubobmann Molterer, ob Sie vor 1990 Abgeordneter hier im Nationalrat waren. (Abg. Jakob Auer: So ist das, ja! – Abg. Scheibner: Geh, redet euch das nachher aus! – Weitere Zwischenrufe.) – Nein, ich frage Sie, ob Sie vor 1990 schon Abgeordneter zum Nationalrat waren, weil ich mich nicht erinnere. Herr Klubobmann Molterer, ich weiß nicht alles. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Aber zugegeben, in manchen Gebieten, mit denen ich mich seit 15 Jahren beschäftige (Abg. Neudeck: Ist das eine persönliche oder eine Dringliche Anfrage?), weiß ich sehr viel – ich habe das Gefühl, viel mehr als Sie, und dieses Gefühl täuscht mich nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich weiß zum Beispiel auch ziemlich viel über Usancen im österreichischen Nationalrat, auch mehr als Sie, denn ich bin sicher insgesamt länger Mitglied des Nationalrates als Sie. Sie waren ja so lange Minister. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nur weil man Klubobmann einer großen Fraktion ist, braucht man wirklich nicht zu glauben – wir sind hier alle gleich, wir sind alle so genannte frei gewählte Abgeordnete. Die Freiheit des Einzelnen wird aber eingeschränkt durch Menschen wie Klubobmann Molterer. Fast könnte man sagen, das ist Folter. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeord­nete Stoisits, dieses Wort nehmen Sie bitte zurück!

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Das nehme ich zurück, Frau Präsidentin, sehr gerne, ich möchte Ihnen ja keine Schwierigkeiten machen. (Abg. Dr. Fekter: ... Geschäftsordnung!) Ich nehme es gerne zurück: Es ist nicht Folter, es ist aber sicher eine unmenschliche Behandlung. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Jedenfalls führt sich die ÖVP-Fraktion wie ein Kindergarten auf, das steht fest. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Ruf bei der ÖVP: Eine Frech­heit!) Das steht jedenfalls fest. (Abg. Neudeck: Was Sie am Rednerpult tun, ist auch keine korrekte Haltung! – Weitere Zwischenrufe. – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Ich weiß jetzt nicht, ob das Zustimmungserklärungen für Klubobmann Molterer sind oder ob dieser Aufruhr Frau Präsidentin Prammer gilt. (Abg. Scheibner: Jetzt sagen Sie endlich einmal etwas zum Thema!) Frau Präsidentin, sie haben sich schon wieder beruhigt.

Jedenfalls seit 15 Jahren, seit ich Angehörige des Hohen Hauses bin, habe ich das, was hier heute passiert ist, noch nicht erlebt, nämlich dass die Regierung ein Gesetz, das eine Ministerialvorlage und ein Ministerialentwurf war, der in Begutachtung gegan­gen ist – jetzt sage ich einmal ganz unabhängig von der Sympathie, die man Minis­terialentwürfen und -vorlagen entgegenbringt: Es wurde über diese Ministerialvorlage, nämlich eine Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz, ein Begutachtungsverfahren durchgeführt. Dieses Begutachtungsverfahren hat – mir nicht unangenehm (Abg. Dr. Fekter: Dafür gibt es eine Geschäftsordnung!), Ihnen sicher ziemlich unange­nehm – ein desaströses Ende genommen. (Abg. Dr. Fekter: Nehmen Sie die Ge­schäftsordnung zur Kenntnis!)

Kaum eine Stellungnahme in diesem Begutachtungsverfahren hat ein gutes Haar an diesem Ministerialentwurf zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle gefunden. Denn in dieser Republik ist es immer noch üblich, dass sich begutachtende Stellen mit Materi­en, die ihnen zugewiesen werden, in einem gewissen Ausmaß beschäftigen, die einen intensiver, die anderen weniger intensiv, aber ehrlich und mit einem von Sachverstand geprägten Wissen. Auch in diesem Fall haben sie dieses Gesetz dem Begutachtungs-


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verfahren unterzogen. Mit der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle, Herr Klubobmann Molterer, ist das passiert.

Jetzt muss ich noch einmal in die Geschichte ausholen. Es hat in den 15 Jahren, seit ich im Innenausschuss mitarbeite (Zwischenrufe bei der ÖVP), ziemlich viele neue Gesetze, Novellen von alten Gesetzen, Novellen von neuen Gesetzen, die dann noch neuer wurden, im Bereich des so genannten Ausländerrechts in Österreich gegeben. Ich erlaube mir jetzt, das Staatsbürgerschaftsgesetz auch zum so genannten Auslän­derrecht zu zählen. (Abg. Scheibner: Ist ja Inländerrecht!) Diese Rechtsmaterie betrifft kaum österreichische Staatsangehörige, sondern sie betrifft in der Regel Menschen, die schon viele Jahre in Österreich sind. Früher einmal hat es auch welche gegeben, die ganz kurz hier gelebt haben und trotzdem sozusagen dem Staatsbürgerschafts­gesetz unterworfen wurden, durch Einbürgerung in relativ raschem Ausmaß.

Das ist 1998 abgestellt worden, zur Gänze abgestellt worden. Im Jahre 1998 gab es hier eine Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz, mit der sich das Hohe Haus sehr in­tensiv beschäftigte. Denn dieses Gesetz war seinerzeit, 1998, durch eines gekenn­zeichnet, was sämtliche anderen Gesetze, die in diesen 15 Jahren im Innenausschuss irgendwie behandelt wurden, mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle gemeinsam hatten: Es hatte auch positive Aspekte.

Unter positiven Aspekten verstehe ich Folgendes: Diese Novelle von 1998 enthielt Ver­besserungen für die Praxis der Behörden. Sie enthielt Präzisierungen für die Anwen­dung des Gesetzes (Abg. Dr. Fekter: Aber ihr wart dagegen!), weil ja die Durchführung dieser Gesetze und die Anwendung in den Ländern erfolgt. Sie enthielt auch Präzisie­rungen – manche könnten sagen: auch Erleichterungen – beim Erwerb der österreichi­schen Staatsbürgerschaft.

Diese Novelle von 1998 – ich erinnere Sie: große Koalition von Rot-Schwarz – enthielt Bestimmungen, die den Grünen nicht gefallen haben, und wir haben sie abgelehnt, nicht nur in dem Hearing, das es damals im Ausschuss gab. Es war nicht eine Aus­schusssitzung, es waren mehrere, nicht nur in parlamentarischen Veranstaltungen, die wir und auch andere Fraktionen durchgeführt haben. Ich erinnere mich sehr gut daran (Abg. Dr. Mitterlehner: Wieso erzählen Sie uns das?), wie der seinerzeitige Klubob­mann Professor Dr. Khol bei einer Veranstaltung der Grünen – sie fand im Abgeord­neten-Sprechzimmer statt (Abg. Scheibner: Ist ja eine Geschichtsvorlesung!) – den Standpunkt der einen Regierungspartei vertrat. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was wollen Sie uns sagen?)

Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass diese Novelle von 1998 im Hohen Haus und auch außerhalb diskutiert wurde. Für meine damalige und auch heutige Einschätzung war es zu wenig ausreichend, denn bestimmte Punkte, die sie damals enthielt, wurden, und das haben die letzten sechs Jahre auch gezeigt, nicht zufrieden stellend geregelt; es sind jetzt schon fast sieben Jahre. Nicht zufrieden stellend war es für die Praxis, es bedürfte einiger Korrekturen. Das ist jetzt noch keine inhaltliche Bewertung.

Jetzt hat sich diese orange-blau-schwarze Regierung als Abschluss des so genannten Fremdenrechtspakets auch eine Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz überlegt, und jetzt würde ich Sie bitten, geschätzte KollegInnen, diese Beurteilung selbst vorzuneh­men (Abg. Scheibner: Ist die Uhr eingestellt, Frau Präsidentin?), indem Sie einen Blick in das Staatsbürgerschaftsgesetz werfen, eine Novelle, die keinen einzigen Punkt enthält – und das ist nicht meine persönliche Einschätzung, sondern das hat sich durch dieses Begutachtungsverfahren ergeben –, die also keinen einzigen Punkt enthält, von dem man sagen könnte: Das sind jetzt Präzisierungen, das sind Erleichterungen in der Praxis, hier werden sich die Länder freuen, weil sie eher wissen, was der Gesetzgeber bei der Anwendung will, hier gibt es auch einen gewissen europäischen Zug.


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Das geltende Staatsbürgerschaftsgesetz kann man vom Niveau her durchaus nicht europäisch nennen, weil die Fristen, die in Österreich gelten, im absolut untersten Drittel sind. Aber das wundert mich nicht, weil es ja in den letzten Jahren sozusagen Standard geworden ist, dass sich da niemand Sorgen macht. (Abg. Scheibner: Sind Sie jetzt für oder gegen die Fristsetzung?) Nicht ein einziger Punkt ist in dieser Novelle enthalten, Herr Klubobmann Molterer, der Sinn machen würde! Diese Novelle, die hier eingebracht wurde, ist ziemlich dick, und wird jetzt via Frist dem Nationalrat zur Be­handlung bis 5. Dezember zugewiesen. (Abg. Dr. Mitterlehner: In dem Gesetz steht mehr drin!)

Dieses Gesetz, Herr Klubobmann Molterer, strotzt nur so von Bestimmungen, die einen Geist tragen, nämlich gegenüber jenen, die gerne die österreichische Staatsbür­gerschaft erwerben möchten und die, zugegeben, nach den jetzigen Bestimmungen einige Hürden zu passieren haben. Wir haben den Integrationsgedanken drinnen, wir haben bestimmte Kenntnisse der deutschen Sprache als Voraussetzung. Menschen müssen hier selbstverständlich auch einen verfestigten Aufenthalt haben, um die Staatsbürgerschaft erwerben zu können, denn – und jetzt spreche ich in der Diktion der heutigen und auch damaligen Regierungspartei ÖVP, das ist nicht meine Diktion – „die österreichische Staatsbürgerschaft ist ein kostbares Gut“.

Jetzt gibt es eine Novelle, die überall die Daumenschrauben ansetzt! Sie setzt die Dau­menschrauben an gegenüber Kindern ab dem zehnten Lebensjahr, die mit ihren Eltern nach Österreich zugewandert sind, und sie sagt: Wenn du in Deutsch nicht eine posi­tive Note hast, dann wirst du nicht eingebürgert, dann darfst du nicht eingebürgert wer­den.

Herr Klubobmann Molterer! Haben Sie sich schon überlegt, was das für eine Familie heißt – denn Minderjährige werden immer gemeinsam mit ihren Eltern eingebürgert –, was das heißt, wenn Sie Kinder, weil sie in Deutsch keine positive Note haben, sozu­sagen in Geiselhaft nehmen für die Staatsbürgerschaft einer ganzen Familie? Haben Sie bis jetzt je ernsthaft darüber nachgedacht? (Abg. Gaál: Unchristlich!)

Ich meine – und so habe ich Sie als Minister für Landwirtschaft und Umwelt und eini­ges mehr kennen gelernt, auch als Mediensprecher der ÖVP (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen) –, dass Sie bis jetzt immer nachgedacht haben, aber diesmal nicht! Was heute passiert, ist die größte Farce, die ich in den letzten 15 Jah­ren, seit ich Mitglied des Hohen Hauses bin, erlebt habe. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Sie brechen alle Regeln, die es bisher gegeben hat! (Abg. Scheibner: Was ist mit der Glocke?) Und das werde ich Ihnen so schnell nicht vergessen, auch wenn ich noch ... (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

22.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist erschöpft.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Mag. Molterer. Seine Redezeit beträgt, so wie die der folgenden Redner, 5 Minuten.

 


22.33.56

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine Damen und Herren! Frau Präsi­dentin! Manche Stellungnahmen richten sich von selbst; dies war eine solche. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie hat aber einen Vorteil: Es ist jetzt sehr klar geworden, warum die Fristsetzung notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dieses neue Staatsbürgerschaftsgesetz ist eine der wich­tigsten Gesetzesmaterien, die wir hier zu beraten haben. (Abg. Binder-Maier: Wer glaubt ...!) Ich sage es sehr klar: Sie ist so wichtig, dass sie nicht verzögert und nicht


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verschleppt werden darf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.) Das ist auch in der Geschäftsordnung so geregelt, Frau Abgeordnete Stoisits, die Sie offensichtlich nicht kennen. (Abg. Krainer: Sie haben die Regierung ...!)

Es geht um die Frage, dass eine Einbürgerung nur möglich ist und möglich sein soll bei entsprechenden Sprachkenntnissen. Ich stehe dazu, das ist richtig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Es ist eine Einbürgerung in Zukunft nur möglich, wenn die demokratische Ordnung und die Geschichte Österreichs und der Bundesländer gekannt wird. Ich stehe dazu, das ist richtig! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist eine Vereinheitlichung der Fristen vorgesehen. Meine Damen und Herren, ich stehe dazu, und auch das ist richtig! (Beifall bei der ÖVP.) Es ist vorgesehen, dass nicht nur ein Aufenthalt, sondern die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes nachgewiesen werden muss. Ich stehe dazu, weil es richtig ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun zur Vorgangsweise, Frau Kollegin: Wir haben uns am 10. November in der Präsi­diale darüber unterhalten. Die Klubdirektoren wurden gebeten, einen Konsens zu erzie­len. Am 15. November hat es diesen Termin gegeben, hier wurden vier Ausschusster­mine – vier Ausschusstermine! – festgehalten und festgelegt. Hier steht: Seitens der SPÖ besteht gegen diesen Vorschlag kein Einwand. Das war eine sehr gute Ge­sprächsebene. Und dann steht hier: Die Grünen sprechen sich grundsätzlich gegen die vorgeschlagenen Termine aus.

Es hat heute noch einen weiteren Versuch gegeben – dass das alle Kolleginnen und Kollegen wissen! –, es hat heute noch einen Versuch gegeben, und es war klar, dass die Grünen neuerlich die Termine abgelehnt und gesagt haben, sie wollen eigentlich im Jänner und im Feber weiterreden. Damit war für uns klar: Verschleppen und verzögern war das Ziel. Dem werden wir nicht zustimmen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher nehmen wir selbstverständlich, meine Damen und Herren, das Recht in An­spruch, das uns die Geschäftsordnung gibt! Das Recht, das im Übrigen allen hier im Haus zur Verfügung steht, und selbstverständlich auch der Mehrheit dieses Hauses. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.36.49

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Klubobmann Molterer! Wir haben verstan­den: Mehrheit ist Mehrheit! Das ist Ihre Philosophie, die Sie hier dargestellt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber ich sage Ihnen etwas: Es geht auch noch um andere Werte als um die arithmetische Richtigkeit, dass eine Mehrheit eine Mehrheit ist. (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das im Bundesrat?) Ja, und das ist die Art und Weise, wie man hier in diesem Haus miteinander umgeht. Immer, wenn hier Sonntagsreden entwickelt werden, dann wird über die Umgangsformen philosophiert. (Abg. Scheibner: Bundesrat!)

Sie wissen ganz genau, am Freitag gibt es eine Präsidiale, die extra deswegen ange­setzt wurde, damit ein Innenausschusstermin gefunden wird. Daher verstehe ich nicht, warum heute hier ein Fristsetzungsantrag gestellt wird, wenn wir am Freitag eine Präsi­diale haben, damit es einen ordentlichen Innenausschuss gibt und damit Sie dort die­ses Gesetz mit Ihrer „Mehrheit ist Mehrheit“-Mehrheit beschließen können. Ich ver­stehe das also nicht. (Abg. Neudeck: Warum machen Sie das ...?)


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Ich sage Ihnen etwas: Es ist heute nicht der Moment, um darüber eine substanzielle Debatte zu führen. Aber lassen Sie mich trotzdem zwei Gedanken vorbringen. Selten hat ein Gesetz so negative Begutachtungsergebnisse gefunden! Eigentlich dürfte die­ses Gesetz hier überhaupt nicht beschlossen werden. Das ist nämlich die Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das müssen Sie dann den Österreichern und Österreicherinnen weismachen, was Sie hier beschließen. Es ist dann Ihre Sache. (Abg. Scheibner: Gerne!) – Ja, gerne.

Jetzt komme ich gleich zu einem zweiten Punkt: Nicht hier lamentieren über Sprach­kenntnisse, oder noch besser darüber, dass von denen, die nach Österreich kommen, endlich Deutsch gesprochen wird! Wenn Sie Hunderte Lehrerarbeitsplätze einsparen und es gar nicht möglich ist, dass durch Begleitlehrer Deutsch gelernt werden kann, und wenn Sie dann noch einen Wahlkampf darüber führen, ist das überhaupt der größte Skandal! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist überhaupt der größte Skandal. Ja, ich sage „Sie“, weil das in diesem Misch­masch zwischen Freiheitlichen und BZÖ-lern in dem Sektor irgendwie drinnen ist. Herr Scheuch vielleicht nicht, aber alle anderen, es ist in dem Sektor drinnen. Das muss hie und da kritisch aufgearbeitet werden, wenn das auch noch als Begründung eingebracht wird, dass man hier mit einer Fristsetzung vorzugehen hat. (Abg. Scheibner: Jetzt reden Sie sich in einen Wirbel hinein!) Es ist dies also keine saubere Vorgangsweise! (Abg. Neudeck: Wieso? Werdet ihr erst um zehn munter?)

Zum letzten Punkt noch: Na klar, die Geschichte Österreichs lernen lassen – aber am besten die letzten fünfeinhalb Jahre seit dem Jahr 2000! Es wäre das Allerwichtigste, das nicht zu vergessen. Das haben Sie sicher nicht drinnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher: nein zu diesem Fristsetzungsantrag! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.39.41

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Frau Stoisits hat Betrachtungen darüber angestellt, wer mehr weiß, weil er länger im Parlament ist. Ich möchte sagen, von dem Standpunkt aus gesehen weiß ich mehr und habe mehr Erfahrung, weil ich schon 23 Jahre im Parlament bin, Frau Abgeord­nete Stoisits. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Aber so etwas habe ich eigentlich noch selten erlebt, dass es nicht gelingt, einen Termin für einen Innenausschuss, der ungemein wichtig ist, zustande zu bringen. (Abg. Scheib­ner: Uns hat man damals in der Opposition gar nicht gefragt!)

Frau Abgeordnete Stoisits, Ihre Empörung ist eigentlich nur eine gespielte Empörung, denn Sie wissen ganz genau, dass Sie verhindert haben, dass es einen Innenaus­schuss gibt. Vier Termine! Herr Dr. Epp und Herr Dr. Zögernitz rennen seit Wochen von einem Klub zum anderen, um einen Termin zustande zu bringen. Endlich hatten wir eine Drei-Parteien-Einigung mit der SPÖ. War alles in Ordnung? – Nein, die Grü­nen sagen nein.

Sie sagen deshalb nein, weil Sie mit der Materie nicht einverstanden sind. Das ist ja ganz klar! Sie wollen ganz einfach diese Gesetze, vor allem das Staatsbürgerschafts­gesetz verhindern und deshalb haben Sie sich gedacht: Wir machen das mit der Ver­zögerungstaktik.

Herr Abgeordneter Cap, Sie sagen, am Freitag ist eine Präsidiale wegen dieses Ter­mins. Warum machen wir dann heute den Fristsetzungsantrag? – Wir haben ja keine


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andere Möglichkeit, als heute den Fristsetzungsantrag einzubringen, denn wir wissen ja nicht, ob es nicht am Freitag wieder keinen Termin gibt, wenn die Grünen diesen Fundamentalstandpunkt haben: Nein, es gibt in diesem Jahr keinen Innenausschuss. Also das war ganz einfach eine dringende Lösung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Gefahr im Verzug, oder was? Wo brennt es denn? Herrscht Staatsnotstand?)

Und im Übrigen brauchen sich die Grünen, Frau Abgeordnete Stoisits, Sie brauchen sich überhaupt nicht aufzuregen über den Fristsetzungsantrag an und für sich, denn in der letzten Sitzung des Bundesrates hat die grüne Fraktion acht Fristsetzungsanträge gestellt und hat das überhaupt nicht problematisiert. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Oho! So schaut es also aus! Aha!)

Zum Inhalt möchte ich auch noch etwas sagen: Ja, wir bekennen uns dazu, dass das Staatsbürgerschaftsgesetz verschärft wird. Es gab in den letzten fünf bis zehn Jahren eine zunehmende Zahl von Einbürgerungen, zuletzt waren es über 40 000 Einbürge­rungen, und viele Menschen waren überhaupt nicht integriert, konnten nicht einmal einen Satz Deutsch sprechen. Das waren Leute, die schon 30 Jahre im Land sind. Da hat es noch Stützlehrer gegeben und alles, da hat es überhaupt keine Einschränkung gegeben, sondern es war ganz einfach nicht die Voraussetzung da, dass man integriert ist, wenn man die Staatsbürgerschaft erreichen möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Van der Bellen schämt sich! Er ist schon gegan­gen! – Abg. Öllinger: Herrscht Staatsnotstand?)

Wir jedenfalls stimmen diesem Fristsetzungsantrag zu, weil wir ihn dringend brauchen, um diese Materie zu erledigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer – in Richtung Grüne –: Wie ist das nun mit den Fristsetzungen im Bun­desrat?)

22.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.42.58

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Herr Klubobmann Molterer, Sie begeben sich auf ziemlich dünnes Eis. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir haben in der Präsidiale einen Vorschlag der Klubdirektoren diskutiert, der zumin­dest in dieser Periode einzigartig war, wo nämlich ein Terminvorschlag für die Sitzun­gen des Innenausschusses ohne Akkordierung mit einem der Parlamentsklubs zustan­de gekommen ist. Ohne Akkordierung! Das ist eine völlig unübliche Vorgangsweise, und normalerweise werden Termine der Ausschüsse in einem Rundlauf akkordiert. (Abg. Scheibner: Das haben Vorschläge so an sich!) Sie haben genau gewusst, dass es keinen Akkordierungsversuch mit dem grünen Klub gegeben hat. – Punkt eins.

Punkt zwei, heute, unser heutiger Vorschlag für die Ausschüsse: Frau Kollegin Partik-Pablé, kein Ausschuss in diesem Jahr? Der Vorschlag des grünen Klubs hat heute ge­lautet: 22. November halbtägiger Ausschuss. 29. November sogar bewusst ohne Kolle­gin Stoisits – da haben wir gewusst, dass Kollegin Stoisits nicht teilnehmen kann –, um dort das Sicherheitspolizeigesetz zu diskutieren, und am 30. November, um das Staatsbürgerschaftsrecht zu diskutieren.

Mit diesem Vorschlag sind wir heute in die Verhandlungen gegangen, und ich kann Ihnen auch noch sagen, warum der 29. November für uns nicht gegangen ist, um das Staatsbürgerschaftsrecht zu diskutieren. Sie werden vielleicht selbst wissen, dass an diesem Vormittag das Kuratorium das Nationalfonds tagt. Und wollen Sie uns jetzt sa-


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gen, dass Frau Kollegin Stoisits an dieser Sitzung nicht teilnehmen soll, wo seit Jahren die Sitzungen akkordiert sind, nur weil Sie sich justament einbilden, dass da die Sit­zung des Ausschusses stattfinden soll?

Zwei Stunden später, um 13:30 Uhr beginnt der Justizausschuss. Es wird Ihnen wohl bekannt sein, dass Kollegin Stoisits im Justizausschuss als Justizsprecherin der Grü­nen vertreten ist. Und dann kommt von Ihnen noch ein Vorschlag für einen Termin für den 2. Dezember. Das war heute die Alternative. Wissen Sie, dass wir seit vier Mona­ten einen Termin für den Menschenrechtsausschuss zu akkordieren versucht haben? Und wissen Sie zufälligerweise, wer die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses ist? – Die Frau Kollegin Stoisits. Zu diesem Zeitpunkt schlagen Sie also vor, den Innen­ausschuss zu machen.

Dann kommen Sie her und sagen, dass wir uns weigern, einen Termin zu vereinbaren. Das ist extrem dünnes Eis, auf das Sie sich da begeben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zu Ihrer Fristsetzung: Das Einzige, was wir Ihnen angeboten haben und gewünscht hätten, dass Sie es verändern an Ihrem Vorschlag der Klubdirektoren von der vorigen Woche, dass wir statt dem 29. November, an dem Frau Kollegin Stoisits im National­fonds ist, am 30. November, also einen Tag später, das Staatsbürgerschaftrecht in Diskussion nehmen. Und so wie der Vorschlag der Klubdirektoren – Ihr akkordierter, SPÖ, ÖVP und Freiheitliche! – gelautet hat, dass nämlich beabsichtigt ist, das Staats­bürgerschaftsrecht in Diskussion zu nehmen und anschließend, nach Führung des Hearings sollen die Beratungen der Staatsbürgerschaftsrechtsnovelle auf 2006 vertagt werden. Das war Ihr gemeinsamer Vorschlag vorige Woche! Und jetzt gehen Sie her und beantragen eine Fristsetzung, wo von einer Vertagung überhaupt nicht mehr die Rede ist und wo Sie hier ohne eine vernünftige parlamentarische Diskussion durchge­hen wollen. Und dann kommen Sie her und sagen, die Grünen verhindern irgendetwas.

Am 5. Dezember, das haben Sie übrigens äußerst günstig gewählt, ist Krampus und das hat es sich wirklich verdient, dass Sie am Krampustag diese Vorgangsweise wäh­len. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Mol­terer und Scheibner, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 1189 der Beilagen betreffend Staatsbürgerschaftsrechts­novelle 2005 eine Frist bis 5. Dezember 2005 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

*****

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Mol­terer und Scheibner, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 1188 der Beilagen betreffend Sicherheitspolizeigesetz eine Frist bis 5. Dezember 2005 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Dienstag, den 6. Dezember 2005, 10 Uhr in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen.

Die Sitzung ist geschlossen.

22.47.45Schluss der Sitzung: 22.47 Uhr

 

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