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737. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 27. Juli 2006

 

 


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737. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 27. Juli 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 27. Juli 2006: 9.01 – 16.59 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossen­schaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarkt­aufsichts­behördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichts­gesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassen­gesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschät­zungs­gesetz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006

5. Punkt: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird

7. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen

8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bolivarischen Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

9. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer-


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umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundes­regierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeits­verfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

14. Punkt: Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

15. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hin­sichtlich der Nachtarbeit von Frauen

16. Punkt: Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kern­material

17. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft

18. Punkt: Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

19. Punkt: Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenz­überschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich

20. Punkt: Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwi­schen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine

21. Punkt: Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006

22. Punkt: Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das österreichische Parlament zum EU-Arbeitsprogramm 2006

23. Punkt: Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates

24. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates

25. Punkt: Jahresvorschau des BMGF 2006 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2006 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2006

26. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betref­fend Jahresvorschau 2006 (Bereich Bildung und Forschung) auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates


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737. Sitzung / Seite 3

27. Punkt: Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parla­ment zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006

28. Punkt: Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucher­schutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG)

29. Punkt: Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfer­tigungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden

31. Punkt: Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Montenegro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum

32. Punkt: Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Dritt­staaten

33. Punkt: Erster Bericht des Biopatent Monitoring Komitees

34. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von kulturellen Veranstaltungen und volkskund­lichen Veranstaltungen bzw. solchen Veranstaltungen, die der Pflege der eigenen Geschichte dienen, in der Sicherheitsgebühren-Verordnung

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Inhalt

Bundesrat

Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens von UN-Soldaten im Libanon.............. 15

Mitteilung des Präsidenten Gottfried Kneifel betreffend Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung     ............................................................................................................................... 37

Fragestunde (123.)

Finanzen ........................................................................................................................ 15

Albrecht Konecny (1528/M-BR/06); Ferdinand Tiefnig, Eva Konrad, Ing. Siegfried Kampl

Dr. Franz Eduard Kühnel (1523/M-BR/06); Wolfgang Schimböck, Stefan Schennach

Dr. Ruperta Lichtenecker (1527/M-BR/06); Wolfgang Schimböck, Martina Diesner-Wais

Günther Kaltenbacher (1529/M-BR/06); Ing. Hermann Haller, Stefan Schennach

Edgar Mayer (1524/M-BR/06); Helmut Wiesenegg, Eva Konrad

Peter Mitterer (1526/M-BR/06); Dr. Ruperta Lichtenecker, Albrecht Konecny, Franz Perhab


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Dr. Erich Gumplmaier (1530/M-BR/06); Franz Wolfinger, Elisabeth Kerschbaum, Harald Vilimsky

Sissy Roth-Halvax (1525/M-BR/06); Helmut Wiesenegg, Stefan Schennach

Nationalrat

Beharrungsbeschlüsse .................................................................................................. 38

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 40

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  38, 150

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend das Proto­koll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eid­ge­nossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1388 d.B. und 1475 d.B. sowie 7628/BR d.B.)                    41

Berichterstatter: Dr. Franz Eduard Kühnel .................................................................. 41

Redner/Rednerinnen:

Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 41

Jürgen Weiss .........................................................................................................  43, 53

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 48

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ........................................................... ..... 49

Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen, 1. gegen den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1388 d.B. und 1475 d.B. sowie 7628/BR d.B.) keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen – Annahme ..................................................................................................  44, 54

Entschließungsantrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verteilung der von der Schweiz zu leistenden Vergütung auf Bund, Länder und Gemeinden – Annahme (E 216-BR/06) ..............................  53, 54

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behörden­gesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichts­gesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensions­kassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1558 d.B. und 1585 d.B. sowie 7629/BR d.B.) ...................................................................................................... 54

Berichterstatter: Günther Molzbichler ......................................................................... 54


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3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird (1586 d.B. sowie 7630/BR d.B.)               54

Berichterstatter: Günther Molzbichler ......................................................................... 54

Redner/Rednerinnen:

Adelheid Ebner ....................................................................................................... ..... 55

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 56

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 57

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ..... 58

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ............................................................................... ..... 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 62

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Norm­verbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschät­zungs­gesetz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006 (1567 d.B. und 1587 d.B. sowie 7631/BR d.B.) ................................................................................................................. 62

Berichterstatter: Edgar Mayer ....................................................................................... 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 62

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bun­desgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (1555 d.B. und 1588 d.B. sowie 7632/BR d.B.) ........................................... 62

Berichterstatter: Günther Molzbichler ......................................................................... 63

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (844/A und 1589 d.B. sowie 7633/BR d.B.) .............. 63

Berichterstatter: Günther Molzbichler ......................................................................... 63

Redner/Rednerinnen:

Adelheid Ebner ....................................................................................................... ..... 63

Reinhard Jany ......................................................................................................... ..... 64

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 65

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 66

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ..... 67

Günther Molzbichler ............................................................................................... ..... 69

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 69

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 69


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Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1494 d.B. und 1593 d.B. sowie 7634/BR d.B.) ............................ 69

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 70

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Bolivarischen Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1507 d.B. und 1594 d.B. sowie 7635/BR d.B.)              ............................................................................................................................... 69

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 70

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1540 d.B. und 1595 d.B. sowie 7636/BR d.B.) ...................................................................................... 70

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 70

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1566 d.B. und 1596 d.B. sowie 7637/BR d.B.) ............................................................. 70

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................. 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................. 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................. 72

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................. 72

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundes­regierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der


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Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird (845/A und 1611 d.B. sowie 7608/BR d.B. und 7638/BR d.B.) ...................................... 72

Berichterstatter: Helmut Wiesenegg ............................................................................ 72

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 72

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ............................................................................... ..... 73

Manfred Gruber ............................................................................................................ 74

Josef Saller ................................................................................................................... 75

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 76

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreu­hand­berufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuch­haltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (846/A und 1578 d.B. sowie 7626/BR d.B.) ...................................................................................... 76

Berichterstatterin: Mag. Susanne Neuwirth ................................................................ 77

Redner/Rednerinnen:

Günther Kaltenbacher ............................................................................................ ..... 77

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 78

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 78

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ..... 79

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 79

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfas­sungs­gesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1559 d.B. und 1599 d.B. sowie 7627/BR d.B.) ................................................ 79

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher ...................................................................... 80

Redner/Rednerinnen:

Günther Molzbichler ............................................................................................... ..... 80

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 81

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 82

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ..... 83

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 83

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Um­weltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (1398 d.B. und 1613 d.B. sowie 7609/BR d.B.) ............................................................................... 84

Berichterstatter: Erwin Preiner ..................................................................................... 84

Redner/Rednerinnen:

Ernst Winter ............................................................................................................ ..... 84

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 85

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 85


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737. Sitzung / Seite 8

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................ 87

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1438 d.B. und 1602 d.B. sowie 7618/BR d.B.)             ............................................................................................................................... 87

Berichterstatter: Karl Bader .......................................................................................... 87

Redner/Rednerinnen:

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ..... 87

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ..... 88

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 90

Antrag der Bundesräte Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1438 d.B. und 1602 d.B. sowie 7618/BR d.B.) gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Annahme .................................................................................................................  89, 90

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Än­derung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (1442 d.B. und 1603 d.B. sowie 7619/BR d.B.)                90

Berichterstatter: Karl Bader .......................................................................................... 91

Redner/Rednerinnen:

Günther Kaltenbacher ............................................................................................ ..... 91

Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 91

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 93

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 95

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 96

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (1443 d.B. und 1604 d.B. sowie 7620/BR d.B.)              ............................................................................................................................... 96


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737. Sitzung / Seite 9

Berichterstatter: Karl Bader .......................................................................................... 97

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Über­einkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (1444 d.B. und 1605 d.B. sowie 7621/BR d.B.)        ............................................................................................................................... 96

Berichterstatter: Karl Bader .......................................................................................... 97

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend das Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenz­überschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich (1462 d.B. und 1606 d.B. sowie 7622/BR d.B.) ...................................................................................... 96

Berichterstatter: Karl Bader .......................................................................................... 97

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Euro­päisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine (1463 d.B. und 1607 d.B. sowie 7623/BR d.B.) ......................... 97

Berichterstatter: Karl Bader .......................................................................................... 97

Redner/Rednerinnen:

Ewald Lindinger ...................................................................................................... ..... 98

Hans Ager ................................................................................................................ ..... 98

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 99

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ... 101

Helmut Kritzinger ................................................................................................... ... 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 3. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staats­ver­trag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ................................................... 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 104

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 104

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-293-BR/2006 d.B. sowie 7610/BR d.B.) ................................................... 104

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105

22. Punkt: Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das öster­reichische Parlament zum EU-Arbeitsprogramm 2006 (III-294-BR/2006 d.B. sowie 7611/BR d.B.) ........................... 104

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105

23. Punkt: Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-296-BR/2006 d.B. sowie 7612/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 105

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105


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737. Sitzung / Seite 10

24. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-297-BR/2006 d.B. sowie 7613/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 105

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105

25. Punkt: Jahresvorschau des BMGF 2006 auf der Grundlage des Arbeits­pro­gramms der Kommission für 2006 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2006 (III-300-BR/2006 d.B. sowie 7614/BR d.B.) ................................................................................................................................... ... 105

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105

26. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Jahresvorschau 2006 (Bereich Bildung und Forschung) auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-302-BR/2006 d.B. sowie 7615/BR d.B.) ...................................................................... 105

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105

27. Punkt: Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische


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737. Sitzung / Seite 11

Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-305-BR/2006 d.B. sowie 7616/BR d.B.) ......................................... 105

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 105

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ... 107

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ... 108

Eva Konrad .............................................................................................................. ... 111

Staatssekretär Dr. Hans Winkler ........................................................................... ... 114

Mag. Gertraud Knoll ............................................................................................... ... 118

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 121

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 21, den Bericht III-293-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 22, den Bericht III-294-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 123

Antrag der Bundesräte Dr. Andreas Schnider, Kolleginnen und Kollegen zu Punkt 23, den Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-296-BR/2006 d.B. sowie 7612/BR d.B.) gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zur Kenntnis zu nehmen – Annahme ...........................................................  109, 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 24, den Bericht III-297-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 25, den Bericht III-300-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 26, den Bericht III-302-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 123

Antrag der Bundesräte Dr. Andreas Schnider, Kolleginnen und Kollegen zu Punkt 27, den Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-305-BR/2006 d.B. sowie 7616/BR d.B.) gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zur Kenntnis zu nehmen – Annahme    109, 124

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG) (836/A und 1615 d.B. sowie 7624/BR d.B.) ................................................................. 124

Berichterstatter: Ernst Winter ..................................................................................... 124

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ... 124

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ...................................................................... ... 125

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 126

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (1565 d.B. und 1616 d.B. sowie 7625/BR d.B.)                       126

Berichterstatter: Ernst Winter ..................................................................................... 126

Redner/Rednerinnen:

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ... 127

Christine Fröhlich ................................................................................................... ... 128

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 129

Gabriele Mörk .......................................................................................................... ... 130

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 131

Ewald Lindinger ...................................................................................................... ... 133

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ................................................................... ... 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegen­ständ­lichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben....................................................................................................................................... 135

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Boden­abfertigungs­gesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (847/A und 1577 d.B. sowie 7607/BR d.B. und 7639/BR d.B.) ............................................................................................................... 135

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 135

31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Über­einkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Monte­negro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum (1568 d.B. und 1576 d.B. sowie 7640/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 135

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 135


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 12

32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bun­desgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten (1543 d.B. und 1575 d.B. sowie 7641/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 135

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 135

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .....................................................................................  136, 142

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka .................................................................. ... 138

Maria Mosbacher ........................................................................................................ 139

Sissy Roth-Halvax .................................................................................................. ... 140

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 30, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 143

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 31, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 143

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 32, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 143

33. Punkt: Erster Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-304-BR/2006 d.B. sowie 7642/BR d.B.) ..................... 143

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................. 144

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 144

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ................................................................... ... 146

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-304-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................. 146

34. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von kulturellen Veranstaltungen und volkskundlichen Veranstaltungen bzw. solchen Veranstaltungen, die der Pflege der eigenen Geschichte dienen, in der Sicherheitsgebühren-Verordnung (154/A(E)-BR/2006 sowie 7617/BR d.B.) .................................................................... 146

Berichterstatter: Ing. Reinhold Einwallner ................................................................ 146

Redner/Rednerinnen:

Helmut Wiesenegg ................................................................................................. ... 147

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ... 148

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ... 148

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 7617/BR d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Überarbeitung der Sicherheitsgebühren-Verordnung (E 217-BR/06) .......................... 149

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Geheimtreffen der Innenminister der sechs größten EU-Staaten ohne Beiziehung der österreichischen Präsidentschaft (2422/J-BR/06)


Bundesrat
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Gabriele Mörk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend mangelnde Information der KonsumentInnen über die digitale Umstellung des ORF (2423/J-BR/06)

Gabriele Mörk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend mangelnde Information der KonsumentInnen über die digitale Umstellung des ORF (2424/J-BR/06)

Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rückzahlungen des Zuschusses zum Kindergeld (2425/J-BR/06)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Lanzenkirchner Werkskanal und das Verhalten der damit befassten Behörden (2426/J-BR/06)

Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Konzeptentwurf des Bundesministeriums für Finanzen zur Erhöhung der Abgaben für Wasserkraftwerke (2427/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Solidargemeinschaft zur Versicherungsdeckung von Schäden aus Elemen­tar­ereignissen (2428/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Maßnahmen zur Reduktion von Hörschäden bei Jugendlichen in Diskotheken (2429/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Unterstützung der Initiative „Global Marshall Plan“ (2430/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung im Rheintal und Walgau (2431/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend gemeinnützige Arbeit an Stelle einer Ersatzfreiheitsstrafe (2432/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Solidargemeinschaft zur Versicherungs­deckung von Schäden aus Elementarereignissen (2433/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ausstieg aus der Atomenergie und Forcierung des Ökostromausbaus (2434/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Neuordnung des öffentlichen Personennahverkehrs (2435/J-BR/06)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammen­führung der beiden Bahnlinien Außerfern – Allgäu (2206/AB-BR/06 zu 2402/J-BR/06)


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der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing.


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 Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über die Bekämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen und den Schutz der Jugend gegen sittliche Gefährdung auf Anbieter von Mobiltelefoniediensten (2207/AB-BR/06 zu 2414/J-BR/06)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verdoppelung der Übertragungskapazitäten für Strom auf den Trassen Dürnrohr–Slavetice und Wien Südost–Györ (2208/AB-BR/06 zu 2408/J-BR/06)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Radonbroschüre des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen (2209/AB-BR/06 zu 2404/J-BR/06)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Radonbroschüre des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (2210/AB-BR/06 zu 2403/J-BR/06)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Lagerung von radioaktiven Abfällen aus Österreich (2211/AB-BR/06 zu 2405/J-BR/06)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verdoppelung der Übertragungskapazitäten für Strom auf den Trassen Dürnrohr–Slavetice und Wien Südost–Györ (2212/AB-BR/06 zu 2407/J-BR/06)


 


09.01.38Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Gottfried Kneifel: Ich eröffne die 737. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 736. Sitzung des Bundesrates vom 6. Juli 2006 ist auf­gelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

09.02.09 Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens von UN-Soldaten im Libanon

 


Präsident Gottfried Kneifel: Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Herr Bundesminister! In den frühen Morgenstunden des gestrigen Tages haben wir die schreckliche Nachricht erhalten, dass vier UNO-Soldaten in der Krisenregion im Libanon in Ausübung ihres Dienstes für Frieden, Freiheit und Sicherheit von israelischen Treffern getötet wurden. (Die An­wesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich bin davon überzeugt, im Namen aller Mitglieder dieses Hauses zu sprechen, wenn wir in dieser Stunde zuallererst den Familienangehörigen aller vier Opfer unsere tiefe Anteilnahme ausdrücken und in weiterer Folge auch übermitteln.

Zugleich möchte ich namens des österreichischen Bundesrates einen ausdrücklichen Appell an die kriegsführenden Parteien und an jene Staaten richten, die diese unter­stützen, die Kampfmaßnahmen unverzüglich einzustellen und zu den Mitteln der fried­lichen und zivilisierten Konfliktlösung zurückzukehren.

Ich danke dem Herrn Bundespräsidenten, dem Herrn Bundeskanzler und der öster­reichischen Außenministerin nicht nur für ihre eindringlichen Friedensappelle, sondern auch für die eindeutige und klare Verurteilung der Aktion, die den Tod der vier UNO-Soldaten verursacht hat, und ich hoffe auf einen baldigen Waffenstillstand als Vor­aus­setzung für neue Friedensverhandlungen. (Alle Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.)

Ich danke Ihnen für die Gedenkminute. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

09.04.07Fragestunde

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Bevor ich jetzt – um 9.04 Uhr – mit dem Aufruf der Fragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, bis zu 120 Minuten er­strecken kann.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1528/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Konecny, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:


Bundesrat
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1528/M-BR/2006

„Sollte die Anleitung aus der Anti-Korruptions-Broschüre des Bundesministeriums für Finanzen ‚Lehnen Sie Geschenke und Vorteile konsequent ab!’ nicht nur für Ressort­bedienstete, sondern auch für Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre gelten, um eine unbeeinflusste und objektive Amtsführung zu garantieren?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Meine Damen und Herren Bundesräte! Herr Konecny, ich darf eingangs darauf hinweisen, dass es, wie Sie wissen, deutliche Unterschiede gibt bei den Rechts­grundlagen – auf der einen Seite für Mitglieder der Bundesregierung, auf der anderen Seite für Beamte beziehungsweise Vertragsbedienstete. Sie kennen das Unvereinbar­keitsgesetz, Sie kennen alle anderen Regelungen der politischen Verantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung, ob es Interpellationsrechte im Bundesrat oder im Nationalrat sind, ob es die finanzielle Kontrolle durch den Rechnungshof ist, ob es die rechtliche Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof ist, ob es die gesamte Verwal­tungstätigkeit des Bundes ist, die ja auch der unabhängigen Volksanwaltschaft und der Kontrolle durch diese unterworfen ist.

Die Broschüre, die Sie angesprochen haben, ist ausdrücklich für den beruflichen Zweck, also für den Beamten beziehungsweise Vertragsbediensteten zur Bewusst­seinsbildung entwickelt worden. Sie hat nicht den Zweck, die Privatsphäre des Beamten zu berühren. So soll weder die Fortführung von bestehenden Freundschaften oder Bekanntschaften verboten werden, noch sollen Einladungen, die mit der amt­lichen Stellung des Bediensteten nichts zu tun haben, untersagt werden.

Ich möchte an dieser Stelle, nachdem der Hintergrund Ihrer Frage ja relativ klar ist, nochmals ganz deutlich sagen, dass meine Arbeitskraft selbstverständlich der öster­reichischen Bevölkerung gehört, und ich betrachte es als großes Privileg, diese Verantwortung seit einigen Jahren wahrnehmen zu dürfen.

Ich glaube, ich habe immer unter Beweis gestellt, dass ich diese Verantwortung unbeeinflusst, unabhängig und stets den Pflichten meines Amtes entsprechend ausgeübt habe. Ich sage aber gleichermaßen bestimmt dazu, dass mein Privatleben mir gehört und das auch so bleiben wird und ich mir daher von niemandem vorschreiben lassen werde, wann, wo und wie oft ich meine Freunde auch in Zukunft treffen werde. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Minister, Sie haben die Rechts­grundlage angesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, wie Sie den Gesetzesantrag der Bundesräte Konecny und GenossInnen vom 23. Juni 2003 beurteilen, wonach unter anderen Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre während ihrer Amtstätigkeit keine Geschenke annehmen dürfen, welche in ihrem Wert die Bagatellgrenze im Sinne eines Vorteiles gemäß § 304 Strafgesetzbuch übersteigen und den bedauerlicherweise der Nationalrat nicht in Verhandlung genommen hat.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Konecny, verzeihen Sie, dass ich diesen Antrag nicht kenne (Bundesrat Konecny: Der wird Ihnen gerne zugänglich gemacht werden!) und daher auch nicht wirklich dazu Stellung nehmen kann. Ich kann nur sagen, dass ich mich, wie alle anderen Mitglieder der Bundesregierung auch, selbstverständlich auf Punkt und Beistrich an alle Gesetze


Bundesrat
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halte, die wir als Grundlage unserer Tätigkeit haben. Ich gehe davon aus, wir haben Gesetze, und wir haben damit Spielregeln, die festgelegt sind. Wenn der Gesetzgeber andere festlegen möchte, so liegt das in seiner Autonomie und seiner Gesetz­gebungshoheit, und dann werden wir uns selbstverständlich an eine neue gesetzliche Grundlage halten.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Tiefnig zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Minister, ich danke aus­drücklich dafür, dass Sie Ihren Urlaub unterbrochen haben und hier anwesend sind. (Bundesrätin Haselbach: Dafür, dass es der Steuerzahler zahlt, dass er kommt?!) Ich meine, wir hätten auch einen Staatssekretär, der diese Aufgaben wahrnehmen könnte.

Herr Minister, meine Frage lautet:

Hat die SPÖ seinerzeit, beim damaligen Bundeskanzler Vranitzky, dieselben strengen Maßnahmen angelegt wie heute bei Ihnen? (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich darf auf einen Bericht des Rechnungshofausschusses verweisen, der Ihnen wahrscheinlich bekannt ist: Nr. 342 in der XXI. Gesetzgebungsperiode, und ich darf auf den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses verweisen. Damals ist unter anderem die so genannte WestLB-Flugaffäre abgehandelt worden. Es hat damals eine Überprüfung der Westdeutschen Landesbank stattgefunden. Es haben die Düssel­dorfer Steuerfahnder dann auch die österreichischen Behörden darüber informiert, dass der seinerzeitige Bundeskanzler Dr. Vranitzky zusammen mit seiner Frau wäh­rend seiner Amtszeit zumindest 13 Gratisflüge im Wert von etwa 1,2 Millionen Schilling in Anspruch genommen hat.

Herr Dr. Vranitzky hat bei seiner Befragung diesen Sachverhalt auch bestätigt. Es hat daher auch eine sehr kritische Stellungnahme und Schlussfolgerung des Rechnungs­hofausschusses gegeben.

Ich glaube, dass hier jeder seine klaren Schlussfolgerungen ziehen kann. Man sieht nämlich sehr deutlich, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Ing. Kampl.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Konrad zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Herr Bundesminister! Wie ist die in der Anfragebeantwortung 2749/AB der XX. Gesetzgebungsperiode unter Punkt 18 ange­führte Rolle von Julius Meinl als Experte im Rahmen Ihres Russlandsaufenthalts am 8./9. Juni 2004 zu interpretieren?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrat! Ich habe damals die Anfrage, die Sie zitiert haben, entsprechend klar und deutlich beantwortet und habe daher dieser Anfragebeantwortung nichts hinzuzufügen. (Bundesrat Schennach: Na, na!)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Ich schätze Ihr hohes Verantwor-


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 18

tungs­bewusstsein für Österreich, Herr Bundesminister, und dass Sie heute hier sind. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ sowie Rufe: Das ist ja sein Job! – Bundesrätin Haselbach: Das Herkommen hat ihm auch der Steuerzahler gezahlt!)

Es wurden Ihnen seitens der Oppositionsparteien weitere so genannte Skandale vor­geworfen. Ich frage Sie, was eigentlich am Ende des Tages davon übrig geblieben ist.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bun­desrat! Ich bin versucht, den Einwurf aufzugreifen und zu sagen: Es ist nichts davon übrig geblieben. Vor allem, meine Damen und Herren, darf ich berichten, dass, wenn diese haltlosen Vorwürfe durch unabhängige Gerichte zu beurteilen waren, diese Vorwürfe wie Kartenhäuser zusammengebrochen sind und beispielsweise zu einer ganzen Reihe von rechtskräftigen Verurteilungen der Sozialdemokratischen Partei Österreichs eben wegen unhaltbarer und falscher Vorwürfe geführt haben. Es hat mehrere Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen wegen unhaltbarer Vorwürfe gegen mich gegeben, es hat auch Verurteilungen eines grünen Abgeordneten gege­ben, sodass man hier sehr klar sieht, was unter dem Stichwort „Dirty Campaigning“ zwei der politischen Parteien oder zumindest einer, der Sozialdemokratischen Partei, offensichtlich empfohlen worden ist.

Ich freue mich, dass man trotzdem für Österreich eine, wie ich meine, gute Wirtschafts- und Finanzpolitik im Interesse stabiler Staatsfinanzen, im Interesse der Entlastung, im Interesse eines guten Standortes, von mehr Arbeitsplätzen und einer reduzierten Arbeitslosigkeit umsetzen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1523/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Kühnel, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister, ich darf an Sie folgende Anfrage richten:

1523/M-BR/2006

„Wird bei der jetzigen durch das ‚Betrugsbekämpfungsgesetz 2006’ initiierten KIAB-Reform (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) auf die gerechte Aufteilung der Kontrollorgane zwischen den Bundesländern geachtet?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter Kühnel! Ich darf Ihre Frage dahin gehend beantworten, dass die Aufteilung der KIAB-Mitar­beiterinnen auf die Regionen natürlich nach sachlichen Kriterien erfolgt. Auf der einen Seite ist die Zahl der betrieblichen Akte, also wie viele Betriebe dort zu überprüfen sind, maßgebend, auf der anderen Seite haben wir auch, was die Finanzämter einerseits und was die Zollämter andererseits betrifft, in den Bundesländern zusätzlich auch einen Bevölkerungs- beziehungsweise Wirtschaftswachstumsschlüssel. Das heißt, wir glauben hier ein durchaus ausgeklügeltes System gefunden zu haben, das eine gerechte Aufteilung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KIAB sicherstellt und damit auch eine berechtigte Forderung des Rechnungshofes erfüllt.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Welche positiven Erfahrungen hat die KIAB hinsichtlich der Anmeldung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bereits vor Dienstantritt – es gibt derzeit einen Probebetrieb im Burgenland – gemacht?

 



Bundesrat
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Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Dr. Kühnel, ich darf wie folgt antworten: Dieser Probebetrieb im Burgenland funktioniert, so glau­ben wir, ganz gut. Die meisten kontrollierten Firmen halten sich an diese neue Re­gelung, die Anmeldung bereits vor Dienstantritt durchzuführen. Trotzdem, muss ich sagen, war ich auch hier von der Zahl der Unternehmen beziehungsweise der illegal Beschäftigten, die man mit der KIAB aufdecken konnte, negativ überrascht. Ich darf berichten, dass wir seit Jahresbeginn mit der KIAB im Burgenland 473 Betriebe über­prüft haben und dass es bei 74 Firmen Beanstandungen wegen fehlender Anmel­dungen gegeben hat. Von insgesamt 1 607 kontrollierten Arbeitnehmern waren 257 Per­sonen nicht angemeldet, also in etwa 15 Prozent der kontrollierten Arbeit­nehmer in 15 Prozent der Betriebe waren ohne Anmeldung.

Nachdem es ein Probebetrieb ist, machen wir dort, wo wir ArbeitnehmerInnen in Fir­men antreffen, bezüglich deren der Nachweis geführt wird, dass sie tatsächlich erst den ersten Tag dort sind, die Unternehmer darauf aufmerksam, dass es hier eine neue gesetz­liche Grundlage gibt und dass die Anmeldung so rasch wie möglich nachzuholen ist.

Ich glaube, dass das jedenfalls eine gesetzliche Grundlage ist, die uns eine viel wirkungsvollere Betrugsbekämpfung und Bekämpfung der illegalen Beschäftigung ermöglicht als die Bestimmung zuvor. (Bundesrat Dr. Kühnel: Danke für die umfas­sende Beantwortung!)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Bei der Dienstleistungsrichtlinie hat sich – Gott sei Dank – die Ver­nunft, sprich das Ziellandprinzip durchgesetzt. Es wird aber, glaube ich, sehr schwierig sein, vor Ort vieles nachzuvollziehen und zu kontrollieren.

Daher meine Frage an Sie: Wie wird bei der personellen Ausgestaltung der KIAB die notwendige erhöhte Kontrollmöglichkeit im Bereich der Dienstleistungsrichtlinie zum Tragen kommen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat, ich kann Ihnen jetzt die Zahlen nur ungefähr nennen. Wir haben ja die Arbeitnehmerkontrolle, also die Kontrolle, ob angemeldet oder nicht angemeldet, von Bundesminister Bartenstein vor einigen Jahren übernommen. Damals waren es nicht ganz 40 Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um diese Frage gekümmert haben. Wir haben den Mitarbeiterstock hier sehr, sehr deutlich erhöht, wir haben ihn vervielfacht im Vergleich zu damals. Es sind heute 326 oder 327 Mitarbeiter in der Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung tätig. Insofern glauben wir, dass wir ganz gut ausgestattet sind.

Betrugsbekämpfung ist ein wesentlicher Schwerpunkt für uns, und wir werden diesen Schwerpunkt in den nächsten Jahren in den verschiedenen Feldern, wo wir Betrugs­anfälligkeiten sehen, weiter setzen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Eine Bemerkung zuvor: In der ersten Fragerunde wurde eine bemerkenswerte devote Haltung, eine Dankbarkeitshaltung von Seiten der Regierungsfraktionen an den Tag gelegt. Also: Selbstbewusste


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Parlamentarier schauen, glaube ich, anders aus. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Frage! – Bundesrat Bieringer: ... auch an die Geschäfts­ordnung halten wie jeder andere!) Ja, ja, selbstverständlich!

Deshalb meine Frage an den Herrn Bundesminister: In welcher Form wurden die im Rechnungshofbericht 4/2006 geäußerte Kritik an der Betrugsbekämpfung und die im Bericht enthaltenen Empfehlungen berücksichtigt?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Schennach, wir greifen die Empfehlungen des Rechnungshofes immer auf und analysieren im Detail, was aus den Berichten hervorgeht, welche Stärke- und Schwächeanalysen der Rechnungshof macht, und versuchen dann im Sinne eines Projektmanagements dort, wo wir Übereinstimmung haben, beziehungsweise dort, wo wir Punkte dann noch mit dem Rechnungshof klären müssen, zu einer Abarbeitung zu kommen und zu schauen: Was wurde hier von einer unabhängigen, dritten Seite aufgegriffen und aus der Sicht des Rechnungshofes als Kritikpunkt angemerkt?

Wir versuchen das umzusetzen, abzuarbeiten und damit unsere Betrugsbekämpfung noch schlagkräftiger zu machen. Ich denke, wenn Sie sich die Aufgriffe im Bereich der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung ansehen, wenn Sie sich die Mehrergebnisse im Bereich des Abgabenbetrugs ansehen, wenn Sie sich unsere Pilotmodelle im Bereich zum Beispiel der Umsatzsteuerbekämpfung ansehen, wo es um Reverse Charge geht, werden Sie erkennen, dass wir die Betrugsbekämpfung auf andere Beine stellen konnten, und ich bedanke mich auch bei unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die das mit sehr großer Ambition und sehr großer Motivation betreiben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1527/M.

Ich ersuche die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker, ihre Frage zu ver­lesen.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister, meine Frage lautet:

1527/M-BR/2006

„Wie haben sich die Einnahmen aus der KÖST von 2000 bis 2005 entwickelt und wie wird die voraussichtliche Entwicklung von 2006 bis 2009 sein?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrätin Lichten­ecker, ich darf Ihnen die Zahlen vorlesen.

Im Jahre 2000 betrug das Aufkommen der Körperschaftsteuer 3,865 Milliarden €, im Jahre 2001 6,235 Milliarden €, im Jahre 2002 4,559 Milliarden €, im Jahre 2003 4,332 Mil­liar­den €, im Jahre 2004 4,470 Milliarden € und im Jahre 2005 4,418 Mil­liar­den €.

Sie sehen, dass wir von 2002 bis 2005 in etwa bei 4,3 bis 4,5 Milliarden € gelegen sind. Im Jahre 2006 hat sich die Körperschaftsteuer relativ gut entwickelt. Wir haben im Jahre 2005 überraschend hohe Körperschaftsteuer-Einnahmen gehabt. Das führt zu einem leichten Verzögerungseffekt auf Grund der Steuerreform, und es hat im letzten Jahr Herabsetzungsanträge für das Jahr 2006 gegeben. Das heißt, die Körper­schaftsteuer liegt zwar unter dem Voranschlag des Doppelbudgets, aber läuft trotzdem im Sinne der reduzierten Erwartungen zufrieden stellend.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 21

Wir rechnen für das Jahr 2007 aus unserer Sicht weiter mit einem etwas gedämpftem Aufkommen im Zusammenhang mit der Steuerreform.

Wir rechnen damit, dass im Jahr 2006/2007 das Durchschnittsaufkommen zwi­schen 3,5 und 4 Milliarden € liegen dürfte im Zusammenhang mit Steuerreform und Herabsetzungsanträgen.

2008 dürfte das Aufkommen auf einem Niveau in etwa des Jahres 2002 liegen, also bei 4,5, 4,6 Milliarden €, und meine Experten rechnen damit, dass im Jahre 2009 das Aufkommen bei etwa 5 Milliarden € liegen sollte.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister, glauben Sie, dass durch die reduzierten Einnahmen durch die Steuerreform, auch durch die KöST-Senkung, die Länder und die Gemeinden tatsächlich ihre Aufgaben erfüllen können, die sie auch zu erfüllen haben?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrätin: Ja. (Heiterkeit.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Schimböck gewünscht. – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! In Ihre Amtszeit fällt ja auch die Einführung der Gruppenbesteuerung. Das hat dazu geführt, dass die vielen Klein- und Kleinst-GesmbHs – und das ist ja die weit überwiegende Anzahl – nach wie vor Mindestkörperschaftsteuer zahlen, während die Großkonzerne es sich durch die Gruppenbesteuerung sozusagen richten können. Zu welchem Einnahmenausfall ist es durch die Gruppenbesteuerung im Bereich der Körperschaftsteuer gekommen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat, ich bin froh, dass ich auch das klarstellen kann, weil im Nationalrat von Mitgliedern Ihrer Frak­tion oft behauptet wird, das koste 600, 700 Millionen €. Alle Zahlen, die uns vorliegen – das sind noch keine Echtdaten, weil die Veranlagung für das erste Jahr der Gruppen­besteuerung, nämlich das Jahr 2005, noch nicht gemacht ist –, geben Hinweise darauf, dass wir eine Größenordnung haben sollten von – sage ich einmal – 130 bis 170, 180 Millionen €. Die ursprüngliche Schätzung ist bei 100 gelegen. Das Institut für Höhere Studien sagt: in etwa 170 Millionen €.

Wir glauben, dass sich die Ausfälle aus der Gruppenbesteuerung insofern in Grenzen halten, als die Aufwertung des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes, die auf der anderen Seite, auf der Habenseite steht, sehr beträchtlich war. Wenn man sieht, was an Inves­titionen in Österreich stattfindet, die damit natürlich auch für hoch qualifizierte Arbeits­plätze wichtige Beiträge leisten, auf der anderen Seite Wachstums- und Beschäf­tigungseffekte haben, dann kann man sehr klar sagen: Es ist nicht nur eine Gruppen­besteuerung, die größeren Unternehmen dient, sondern wir haben auch eine Reihe von Beispielen, wo kleinere und mittlere Unternehmen die Gruppenbesteuerung in Anspruch nehmen.

Wir haben nämlich gerade ein Phänomen gesehen: dass die Effekte der Gruppen­besteuerung vor der Steuerreform von großen Konzernen durch Umgehungskons­truktionen, zum Beispiel Kommanditgesellschaften, bereits in Anspruch genommen worden sind. Jetzt kommen die kleinen und mittleren Unternehmen nach und haben


Bundesrat
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tatsächlich auch einen Vorteil aus der Gruppenbesteuerung – ich glaube, vom Aufkom­mensentfall her absolut gerechtfertigt, wenn man sieht, welchen Vorteil für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort dieser Teil der Steuerreform bringt.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Diesner-Wais zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Wie hat sich die Umsatzsteuer in den Jahren 2000 inklusive 2005 entwickelt und wie sah im Vergleich dazu die Konsumentwicklung aus?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundes­rätin, die Umsatzsteuer ist in dem von Ihnen angesprochenen Zeitraum um 13 Prozent angestiegen, der Privatkonsum ist im gleichen Zeitraum um 14 Prozent angestiegen. Das heißt, das Umsatzsteueraufkommen ist fast im Ausmaß des Privatkonsums ange­stiegen, aber leider nicht im gleichen Ausmaß. Das ist auch der Grund dafür, warum wir versucht haben, von Seiten des Finanzministeriums in den letzten Jahren spezi­fische Schwerpunkte im Bereich der Betrugsbekämpfung, gerade im Hinblick auf die Umsatzsteuer, zu setzen – ich habe bereits die Regelung des Reverse Charge erwähnt –, damit wir den Umsatzsteuerbetrug wirkungsvoll bekämpfen können.

Das heißt, die Tatsache, dass der Konsum um 14 Prozent angestiegen ist, ist natürlich zu begrüßen, weil es doch auch zeigt, dass den Menschen mehr in der Brieftasche geblieben ist, dass sich die Steuerreform offensichtlich auch beim Privatkonsum gut ausgewirkt hat. Wir wissen, man braucht Privatkonsum, man braucht Investitionen, damit sich die Wirtschaft dreht und damit wir auch hohe Wachstumsraten haben, die wichtig sind bei einer Reduktion der Beschäftigung.

Ich bin auch froh darüber, dass uns die Wende auf dem Arbeitsmarkt heuer erstmals gelungen ist, nachdem wir viele Jahre mit Konjunkturbelebungspaketen und Attraktivie­run­gen für die Wirtschaft darauf hingearbeitet haben. Ich glaube, in Summe ein schöner Erfolg für unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1529/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Kaltenbacher, seine Frage zu verlesen.

 


Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Minister, meine Frage lautet:

1529/M-BR/2006

„Wie war der genaue Aktenlauf im Finanzministerium vom Einlangen bis zur Ablage des Berichtes der Nationalbank über die bei der Hypo Alpe-Adria-Bank AG vom 4. September 2001 bis 21. November 2001 durchgeführten Erhebungen gem. § 70 Abs. 1 BWG?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Kalten­bacher! Am 12. Dezember 2000 hat die gemäß § 71 Bankwesengesetz eingerichtete Expertenkommission beschlossen, dass es im Rahmen des Vor-Ort-Prüfungs­pro­gramms für das Jahr 2001 auch eine Überprüfung der Hypo Alpe-Adria hinsichtlich der Marktrisiken geben soll. Es hat dann am 21. August 2001 einen Umlaufbeschluss der Expertenkommission gegeben. Hier wurde diese Überprüfung um die Themenbereiche Risikomanagement und Großkreditrisken erweitert.


Bundesrat
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Das Bundesministerium für Finanzen hat dann mit einem Schreiben vom 22. August 2001 die Oesterreichische Nationalbank gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 des Bankwesen­gesetzes mit der Prüfung des Risikomanagements, der Großrisken sowie der Markt­risken der Hypo Alpe-Adria beauftragt. Dieser Prüfungsauftrag wurde vor der Ver­sendung an die Oesterreichische Nationalbank auch meinem Kabinett zur Kenntnis gebracht.

Ich habe persönlich gebeten, am 3. September 2001 den Prüfungsauftrag zu erweitern hinsichtlich Risken, die im Kroatien-Geschäft liegen könnten, soweit diese von Österreich aus prüfbar sind, Kreditrisken allgemein und Risken in Verbindung mit der General Commerce Bank.

In der 78. Sitzung der Expertenkommission am 11. September 2001 sind auch diese Erweiterungsmöglichkeiten angesprochen worden. Mein Ersuchen für diese Überprü­fung vom 3. September wurde in Telefonaten auch der damaligen Vize­gouverneurin  Dr. Tumpel-Gugerell und Direktor Mag. Ittner von der Notenbank weiter­geleitet.

Es hat dann am 4. September 2001 die Notenbankprüfung begonnen. Diese konnte im Jänner 2002 mit der Übermittlung des Prüfberichtes abgeschlossen werden.

Es gibt ein E-Mail vom 8. Jänner 2002, in welchem eine Zwischeninformation der Fachabteilung des Bundesministeriums für Finanzen an mein Kabinett gegangen ist, in dem festgehalten wird, dass der Bericht der Notenbank zwar noch nicht vorliegt, jedoch weder Gefahr in Verzug sei noch eine Gläubigergefährdung bestünde.

Am 24. Jänner 2002 wurde der Prüfbericht von der Notenbank versandt, ging am 28. Jänner 2002 in der Sektionsleitung des BMF ein, wurde am 31. Jänner 2002 an die zuständige Fachabteilung mit der Bitte um Erstellung einer Kurzinformation für mich weitergeleitet.

Der Prüfbericht, der dann von der Fachabteilung analysiert wurde, enthält in der summarischen Darstellung an mich die Aussagen, dass auch seitens der Bank keine wesentlichen Einwände gegen den Bericht erhoben wurden. Die Analyse des Prüfberichts zeigte weiter, dass es weder eine Verletzung der ordnungspolitischen Vorschriften des Bankwesengesetzes durch die Bank noch eine Gläubigergefährdung gegeben hat. Für eine weitergehende aufsichtsbehördliche Maßnahme in Bescheid­form hat es damals daher keine rechtliche Basis gegeben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ing. Haller.

 


Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Was sind sozusagen die Kernaussagen dieses Berichtes, insbesondere in der Zusam­menfassung?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat, die Kernaussagen des Berichtes darf ich wie folgt wiedergeben:

Es wurden im Rahmen dieser von der Notenbank durchgeführten Prüfung einerseits die Ermittlung des Eigenmittelerfordernisses für das Wertpapierhandelsbuch, andererseits das Kredit- und Beteilungsgeschäft mit Schwerpunkten Insolvenz der „General Partners Gruppe“ sowie Aktivitäten ausländischer Töchter geprüft.

Für den Inlandsbereich kam die Notenbank zu dem Ergebnis, dass zum Prüfungs­zeitpunkt ein angemessen begrenztes Risikoportfolio bestand. Es wurden aber auch einige Problemfelder identifiziert, in denen für die Bank Handlungsbedarf bestanden hat. Da ist es um die Gesamtkonzernsteuerung gegangen, um ein uneinheitliches Rating-System in der Bank, um unzureichende Zielvorgaben im Risikobereich des


Bundesrat
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Konzerns sowie um die Notwendigkeit, Limitwesen und Reporting in Bezug auf § 39 des Bankwesengesetzes weiterzuentwickeln. Betreffend das Wertpapierhandelsbuch wurden von den Prüfern Empfehlungen zu einer Reihe von Themenkreisen geäußert.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass zu den vorhandenen Mängeln in diesem Bereich von den Prüfern festgestellt wurde, dass diesen, gemessen an den Aktivitäten der Bank, keine zentrale Bedeutung zugekommen ist. Das heißt, die Prüfer haben damals gesagt: Vorhandene Mängel ja, aber keine zentrale Bedeutung, was die Aktivitäten der Bank in Summe betrifft.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister, sind bei den Nachforschungen der letzten Monate weitere kritische Prüfberichte aufgetaucht, ange­sichts derer keine Erhebungen eingeleitet wurden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Schennach, ich möchte die Unterstellung in Ihrer Fragestellung zurückweisen, weil ich gerade sehr klar ausgeführt habe, dass man im damaligen Prüfbericht 2001 offensichtlich sowohl von Seiten der Experten der Notenbank als auch von Seiten der Experten des Bun­desministeriums für Finanzen davon ausgehen musste, dass es weder eine Gläubiger­gefährdung noch eine Verletzung ordnungspolitischer Vorschriften des Bankwesen­gesetzes gegeben hat und daher eben keine Möglichkeit und keine Notwendigkeit bestanden, in Bescheidform entsprechend zu agieren.

Ich darf hinzufügen – weil bei der Hypo Alpe-Adria ja selbstverständlich die im Jahr 2004 eingetretenen Verluste vor diesem Hintergrund in der Diskussion zu sehen sind –: Wenn man sich den Prüfbericht des Jahres 2001 ansieht, dann muss man auf objektiver Basis sagen, dass es keine wie immer geartete Kausalität zwischen der Beurteilung des Prüfungsergebnisses im Jahr 2002 durch die Aufsichtsbehörde und den im Jahr 2004 eingetretenen Verlusten gibt.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1524/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mayer, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1524/M-BR/2006

„Welche Maßnahmen werden gesetzt, um die Länder Tirol und Vorarlberg, die enorme Schäden an ehemaligen Bundesstraßen B zu verzeichnen haben, für die bisher keine Mittel aus dem Katastrophenfonds vorgesehen waren, zu unterstützen?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundes­rat Mayer, es ist richtig, dass die Bundesländer Tirol und Vorarlberg diesbezüglich sehr deutliche Schäden erleiden mussten. Die Größenordnung, die man hier nennen kann, beträgt 50 Millionen €. Sie wissen, dass mit der seinerzeitigen Übertragung der Bundesstraßen B an die Länder auch die Katastrophenfondsmittel zur Behebung der Schäden und für Vorbeugungsmaßnahmen an diesen Straßen eben an die Bundes­länder übertragen worden sind.

Wenn man die letzten Jahre beobachtet hat, dann konnte man feststellen, dass es eine Reihe von Jahren gegeben hat, in denen es zu keinen Schäden oder nur geringen


Bundesrat
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Schäden gekommen ist, das heißt – unter Anführungszeichen –, das war ein „gutes Geschäft“ für die Länder, weil sie die Mittel aus dem Katastrophenfonds übertragen bekommen haben, es keine entsprechende Schäden gab und die Länder diese Mittel anderweitig, zum Beispiel für Ausbauten im Bereich der Bundesstraßen, verwenden konnten.

In diesem Jahr, mit dieser Hochwasserkatastrophe, sieht man, dass die Mittel für Tirol und Vorarlberg nicht ausreichend waren. Ich habe daher in Nachgesprächen mit den beiden Landeshauptleuten Herbert Sausgruber und Herwig van Staa einen Vorschlag für eine solidarische Unterstützung in solchen Fällen gemacht: erstens, dass der Katas­trophenfonds jährlich um 10 Millionen € aufgestockt werden soll; zweitens, dass diese Mittel ausschließlich für die Abgeltung von Schäden an ehemaligen Bundes­straßen zu verwenden sind, damit man nicht sagen kann: Wir verwenden diese Mittel auch anders! Drittens war der Finanzierungsvorschlag folgender: Ich habe auf der einen Seite angeboten, die Hälfte dieser 10 Millionen €, also 5 Millionen €, aus Bun­des­mitteln zu finanzieren, und auf der anderen Seite die Länder gebeten, in Form einer Kürzung der Zweckzuschüsse des Bundes zur Finanzierung der Straßen die zweite Hälfte, also die weiteren 5 Millionen €, beizutragen, damit man im Fonds jährlich 10 Millionen € hat.

Werden sie gebraucht, dann kann man die 10 Millionen € heranziehen, werden sie nicht gebraucht, dann bilden sie quasi die Basis für einen Fonds, der schön langsam anwachsen kann, damit man für solche Hochwasserkatastrophen dann auch jederzeit gewappnet ist. Dieser Vorschlag wurde von allen Ländern akzeptiert. Es gibt den Entwurf einer Novelle zum Katastrophenfondsgesetz und zum Zweckzuschussgesetz, den wir leider auf Grund der vorzeitigen Auflösung des Nationalrates in dieser Legis­laturperiode nicht mehr umsetzen konnten, aber ich hoffe sehr – und werde das natür­lich auch vorantreiben –, dass dieser Entwurf in der nächsten Legislaturperiode um­gesetzt werden wird.

Darüber hinaus darf ich darauf hinweisen, dass wir für diese Hochwasserkatastrophe auch Mittel aus der Europäischen Union bekommen haben und wir diese Mittel ent­sprechend mit diesen zwei Bundesländern teilen werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Ist die Finanzierung der notwendigen Vorhaben im Hochwasserschutz demnach auch für die nächsten Jahre gesichert?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat, aus meiner Sicht ist das absolut gesichert. Sie wissen, dass wir noch unter dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Erwin Pröll, mit meinem Ministerkollegen Sepp Pröll diesbezüglich Verhandlungen dahin gehend geführt haben, wie wir in den Prioritäten­reihungen, die ja vor allem Sache der Länder sind, nach den großen Hochwasser­katastrophen dazulernen können. Gibt es die Notwendigkeit, unter Umständen auch andere Prioritätenreihungen zu machen? Man hat ja jetzt gesehen, wo es auf der einen Seite ganz besonders virulente Punkte und Gefahrenzonen gibt, was Hochwasser betrifft.

Auf der anderen Seite haben wir eine sehr, sehr deutliche Budgetaufstockung für die nächsten Jahre durchgeführt, damit wir gemeinsam, Bund und Länder, im Hochwas­serschutzbereich einen sehr wirkungsvollen Schwerpunkt setzen können. Ich glaube, die Bevölkerung hat ein Recht darauf, zu sehen, dass die Bundesländer und der Bund jede Anstrengung unternehmen, um die Bevölkerung wirkungsvoll zu schützen. Daher ist das auch ein Schwerpunkt in der Budgetpolitik in den nächsten Jahren.

 



Bundesrat
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Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Wiesen­egg.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzter Herr Minister! Herr Präsident! Ich bedanke mich zuerst als Tiroler Bundesrat, dass es möglich war, zusätzlich 10 Millionen € für diese vom Kollegen Mayer bereits angesprochenen Mittel zu Verfügung zu stellen, stelle aber trotzdem folgende Frage:

Wann und in welcher Höhe werden die Mittel an das Bundesland Tirol fallen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann nur sagen: Ich hoffe, dass wir heuer, wenn möglich, noch zu einem Gesetzesbeschluss für die Veränderung des Katastrophenfondsgesetzes und des Zweckzuschussgesetzes kom­men, die ich angesprochen habe. Dann könnten wir auf dieser Basis auch die ersten 10 Millionen €, nämlich Länder auf der einen und Bund auf der anderen Seite jeweils 5 Millionen €, dotieren.

Die Frage der EU-Mittel müsste heuer entsprechend abgewickelt werden. Daher gehe ich davon aus, dass Tirol und Vorarlberg in diesem Jahr einen Millionen-Euro-Betrag zu Verfügung gestellt bekommen werden.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Konrad.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister, zu welchen finanziellen Auswirkungen kam es durch die Verländerung der Bundes­straßen B einerseits auf das Bundesbudget und andererseits auf die Budgets der Länder?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bun­desrat, die budgetäre Auswirkung war, dass wir 50 Millionen € an die Länder über­tragen haben. Es hat vorher im Bereich des Katastrophenfonds 50 Millionen € gegeben, die im Bundesbudget für Sanierungen der Bundesstraßen zur Verfügung standen. Und es hat natürlich den gesamten großen Block der Dotierung gegeben, wie viel Geld die Republik Österreich auf Bundesseite vorher für die Bundesstraßen ausgegeben hat. Wir haben den gesamten Block inklusive Katastrophenfondsmittel an die Bundesländer übertragen, das heißt, wenn Sie so wollen, haben wir eine Aufgabe weniger, nämlich die Verantwortung für die Bundesstraßen und dafür auch deutlich weniger an Budgetmitteln zu Verfügung.

Die Verantwortung wurde an die Länder übertragen, das Geld wurde an die Länder übertragen. Wir haben sogar in Summe etwas mehr an Geld übertragen, als vorher der Bund im Bundesbudget für die Bundesstraßen eingesetzt hat, weil die Länder sonst nicht bereit gewesen wären, diese Aufgabe zu übernehmen. Wir haben trotzdem gedacht, dass es im Sinne einer wirkungsvollen Zuordnung von Aufgaben einerseits, Geldmitteln andererseits eine für die gesamte Republik gute Maßnahme ist, wenn man die Bundesstraßen ausgliedert.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen zur 6. Anfrage, 1526/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mitterer, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Nach Bekanntwerden des BAWAG-ÖGB-Skandals war es, um künftigen Entwicklungen vorzubeugen, sicherlich not­wen­dig, die Notbremse zu ziehen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 27

Ich frage Sie daher:

1526/M-BR/2006

„Welche Konsequenzen wären eingetreten, wenn das BAWAG-P.S.K.-Sicherungs­gesetz nicht beschlossen worden wäre?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bun­desrat Mitterer, man muss sehen, welcher Schaden hier angerichtet wurde. Wir gehen heute davon aus, dass der Schaden in Summe, Gewerkschaft einerseits, BAWAG andererseits, doch bei über 3 Milliarden € liegen dürfte.

Wenn man sieht, dass es hier, nach heutigem Wissensstand, größenordnungsmäßig 120 Stiftungen, Sonderkonstruktionen und Gesellschaften gegeben hat, die in Liechtenstein, in Irland, auf allen möglichen Karibikinseln gegründet worden sind, damit man diese Verluste verschleiern und Geldverschiebungen außerhalb der normalen Bankenbilanz möglich machen konnte, dann wird einem klar, dass, nachdem das Bank-Management einerseits, die Gewerkschaftsspitze andererseits den Herrn Bundeskanzler und mich dringlich um Gespräche gebeten haben, ohne dieses BAWAG-P.S.K.-Sicherungsgesetz wohl die Insolvenz der Bank eingetreten wäre.

Wenn man bedenkt, welche Dramatik es auch in den USA im Zusammenhang mit der Refco-Kreditvergabe, im Zusammenhang mit dem Vorgehen der staatlichen Behörden, des Staatsanwaltes in den USA – dass man nämlich dort Konten der BAWAG blockiert hat, eingefroren hat – gegeben hat, dann wird einem klar, dass auch leider Gottes die Möglichkeit eines cross default – also einer Zahlungsunfähigkeit der Bank von den USA nach Europa – akut gegeben war.

Für uns war die Aufgabe einfach sehr klar, nämlich die viertgrößte Bank in Österreich zu retten, die Sparguthaben zu retten, die Arbeitsplätze in der Bank zu retten und damit natürlich auch weiteren Schaden vom Steuerzahler, von den Sparerinnen und Sparern einerseits, was die Einlagen betrifft, andererseits aber auch vom Finanzplatz Österreich abzuwenden.

Ich glaube, dass das durch eine sehr flexible Vorgangsweise der Bundesregierung und einen sehr schnellen Beschluss des Nationalrates gut gelungen ist und damit diese sehr große Gefahr für die Bank abgewendet werden konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Bundes­minister! Hätte es ohne dieses Gesetz Konsequenzen für den österreichischen Steuerzahler gegeben? Wenn ja, in welcher Höhe?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat Mitterer! Es gibt im § 1 des P.S.K.-Gesetzes eine Haftung des Bundes, und zwar für alle von der P.S.K. bis zum 31. Dezember 2000 begründeten Verbind­lichkeiten. Das ist ein Betrag, der seit dem Jahr 2000 abschmilzt, der aber noch immer eine Größenordnung von 5,5 Milliarden € ausmacht.

Wenn man sieht, dass das Volumen der gesicherten Einlagen in der BAWAG P.S.K. 17 bis 19 Milliarden € ausmacht, dann wird einem klar, dass über die Haftung der Republik im Ausmaß von 5,5 Milliarden € zuerst das Einlagensicherungssystem in Verantwortung gezogen worden wäre – ich sage einmal, für alle Banken in Österreich eine Größenordnung von etwa 3 Milliarden €, 2,5 bis 3 Milliarden €, eher 3 Milliarden €.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Darüber hinaus hätte es weitere Sicherungsmaßnahmen für Einlagen der Sparerinnen und Sparer der BAWAG P.S.K. geben müssen.

Das heißt also, der Schaden für den Steuerzahler wäre sehr deutlich höher gewesen, und international wäre der Umstand, dass eine Republik die viertgrößte Bank Pleite gehen lässt, für den Finanzplatz Österreich natürlich auch ein katastrophales Signal gewesen.

Es ist auf der einen Seite völlig unverantwortlich, was dort passiert ist, wie man alle Stufen der Aufsicht außer Kraft gesetzt hat, wie man systematisch und vorsätzlich offensichtlich gelogen und unverantwortliche Spekulationen durchgeführt hat, auf der anderen Seite gibt es, so glaube ich, ein funktionierendes Krisen-Management der Bundesregierung, wobei man alles getan hat, um auf einer objektiven, sachlichen Basis diese Bank zu retten. Aus heutiger Sicht ist das auch gelungen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker.

 


Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Minister, es hat in Bezug auf die BAWAG in den Jahren 2001 und 2003 von der Bankenaufsicht entsprechende Kritik gegeben.

Warum wurden dann nicht Maßnahmen betreffend die mangelhafte interne Revision gesetzt?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Bundesrat! Wenn man sich die kritischen Berichte ansieht, die es gegeben, hat, dann muss man hier sehr klar dazu Folgendes ausführen:

Es hat in keinem Bericht eine Aussage zu Verlusten, die eingetreten sind, gegeben. Es hat aber bis Ende 2000/Anfang 20001 bereits Verluste gegeben in der Größenordnung von 1,9 Milliarden €, nämlich Karibik-Verluste. Ende 2000/Anfang 2001 bereits 1,9 Mil­liarden € an Verlusten! Es hat keine Bemerkung in irgendeinem Prüfbericht darüber gegeben, dass es diese Verluste gibt. Es hat keine Bemerkungen darüber gegeben, dass die Bank in Problemen wäre, und es hat keine Bemerkung darüber gegeben, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund eine Haftung für die Bank übernehmen musste, weil die Bank sonst nicht mehr bilanzierungsfähig gewesen wäre.

Es hat kritische Bemerkungen zur internen Kontrolle und zu anderen Fragen gegeben.

Ich kann hier nur für meine Expertinnen und Experten und auch für die Finanz­marktaufsicht sagen: Wenn eine Bank und ein Bankenvorstand schriftlich zur Kenntnis gebracht haben: Wir nehmen eure kritischen Punkte auf, wir bedanken uns sehr dafür, dass ihr unsere Schwächen identifiziert habt, dass ihr diese kritischen Punkte analysiert habt, wir werden das alles besser machen! – das war die Reaktion vor allem im Jahr 2001 der Herren Elsner und Co auf den Prüfbericht der Oesterreichischen Nationalbank –, und wenn es darüber hinaus Prüfberichte des Wirtschaftsprüfers gab – diese sind ja mittlerweile auch öffentlich zugänglich –, dann hat man sehen können, dass der Wirtschaftsprüfer damals die Bank immer in den höchsten Tönen gelobt und gesagt hat: Alles bestens! Risiko-Management, auch interne Kontrolle: alles wunderbar!

Wenn es ein Zusammenwirken des Vorstandes, des Aufsichtsratspräsidenten und des Eigentümers gibt, die hier mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Reihe von Delikten – von strafrechtlich zu ahndenden Handlungen – gesetzt haben, dann ist festzuhalten, dass es, so wie man von der Polizei und der Exekutive nicht verlangen kann, dass sie einen


Bundesrat
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Dieb, einen Betrüger im Vorhinein identifiziert und seine Handlung unterbindet, auch in diesem Fall den Kontrollbehörden nicht gelungen ist.

Ich darf darauf verweisen: Die SEC in den USA gilt als eine der besten Aufsichtsbehörden der Welt. Selbst dieser Aufsichtsbehörde ist es nicht gelungen, zu sehen, dass Refco offensichtlich kein solides Unternehmen war, selbst dieser Behörde ist es nicht gelungen, zu verhindern, dass Refco an die Börse geht. Da hat es vorher alle möglichen Überprüfungen gegeben, und jetzt gibt es einen riesigen Insolvenzfall mit einer Schädigung einer Reihe von Anlegern.

Ich glaube einfach, bei dieser Massivität an krimineller Energie, die vom Vorstand, vom Aufsichtsratsvorsitzenden bis hin zum Eigentümer vorhanden war, kann man den Exper­ten keinen Vorwurf machen. Ich darf Ihnen versichern, ich habe mir das wirklich im Detail angesehen, weil ich allergrößtes Interesse an einer funktionierenden, an einer schlagkräftigen Aufsicht habe.

Ich meine, dass ich für Alfred Finz und für mich in Anspruch nehmen kann, dass wir im Februar 2000, im Monat des Antretens der damaligen neuen Bundesregierung, schon alles getan haben, damit eine neue Aufsicht in Österreich zustande kommt, weil wir nicht damit zufrieden waren, wie die Aufsicht bis dahin agiert hat. Und wir sind heute mit der Finanzmarktaufsicht auf einer ganz anderen qualitativen Basis, aber wir können jeden Tag besser werden. Das ist das Ziel für den Finanzplatz Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Konecny zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Minister, Sie haben jetzt ausgeführt, soweit ich Sie richtig verstanden habe, dass es, wenn eine solche „Bank in der Bank“, wie das auch genannt wurde, beschließt, sich selbständig zu machen, für die Ban­kenaufsicht keine Möglichkeit gibt, diese Manipulationen inklusive möglicher Kick­backs, die Sie in der Öffentlichkeit angedeutet haben, zu entdecken.

Die Frage ist, wieso Sie dann in diesem Zusammenhang den banktechnisch um einiges weniger gebildeten und aktionsfähigen Eigentümer soeben kriminellen Verhal­tens beschuldigt haben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe gesagt, dass es die Möglichkeit strafrechtlich relevanten Handelns gibt.

Sie müssen einfach sehen: Das ist der größte Skandal, den es in der österreichischen Bankengeschichte – leider Gottes – gibt! Sie müssen sehen, dass es immerhin einen Schaden von mehr als 3 Milliarden € gibt. Sie müssen sehen, dass dieser Skandal und die Vorgangsweise auch des Eigentümers – namentlich des Fritz Verzetnitsch und des Herrn Weninger und vielleicht auch noch anderer; das wird die Justiz zu überprüfen haben – ja dazu geführt haben, dass auch die Gewerkschaft mittlerweile leider Gottes in einer sehr misslichen finanziellen Lage ist.

Wenn man sich ansieht, welche Pflichten auch der Eigentümer hat – weil Sie den Eigentümer ansprechen: denken Sie an das Bankwesengesetz, denken Sie an das Aktiengesetz, denken Sie an das Vereinsgesetz! –, dann kommt man zu der Meinung, dass mit dieser Vorgangsweise sehr klar bewiesen wurde, dass es diesen Skandal gibt. Ich sage ausdrücklich dazu: Ich bedauere das sehr, weil uns allen lieber gewesen wäre, dass es diesen Skandal nicht gegeben hätte. Ich kann nur versichern, dass ich überall dort, wo ich international aufgetreten bin – beim Währungsfonds, in der Weltbank oder sonst irgendwo –, darauf angesprochen wurde und man gefragt hat: Na,


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wie ist das bei euch? Wie ist das mit anderen Banken, die in Osteuropa engagiert sind?

Das heißt, wir mussten da wirklich Überzeugungsarbeit leisten, dass man nicht sagt: Wir schütten das Kind mit dem Bade aus, und der Finanzplatz Österreich ist, weil es diese BAWAG-Krise und diesen BAWAG-Skandal gibt, in Summe in Mitleidenschaft gezogen und in seiner Reputation schwer geschädigt.

Ich glaube einfach, man hat hier völlig unverantwortlich agiert, ich glaube, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Reihe von Gesetzen auch von Seiten der Eigentümer gebrochen worden ist, sehr hoch ist.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich verstehe einfach nicht, wie man, wenn man weiß, dass es riesige Verluste gibt, dann einfach zuschaut, dass das unter den Teppich gekehrt wird, dass Stiftungen, Gesellschaften und Sonderkonstruktionen – 120 an der Zahl – in Liechtenstein, in Irland und auf karibischen Inseln gegründet werden und dass man solche Spekulationen einfach fortsetzt.

Es ist mir unbegreiflich, warum und wie man so etwas tun konnte. Es ist mir unbegreiflich, wie sich die Gewerkschaft von der Spitze her das zumindest angeschaut und jede Handlung unterlassen hat, um das zu verhindern – bei vollem Bewusstsein der Situation. Damit ist die logische Konsequenz, die man zu ziehen hat – und diese ist ja auch im Gesetz, das angesprochen wurde, im „Rettungsgesetz“, gezogen worden –, dass diese Bank zu verkaufen ist, weil die Gewerkschaft einfach eine schlechte Eigen­tümerin ist, sie sich hoffentlich und bestmöglich um Arbeitnehmerinteressen kümmert und eine wirkungsvolle Vertreterin der Arbeitennehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich ist, jedoch sicherlich gezeigt hat, dass sie nicht wirtschaften kann.

Ich hoffe sehr, dass sich die Justiz alle Geldströme im Detail ansieht und dass man die Schuldigen zur Verantwortung zieht.

Ich sage schon auch – lassen Sie mich damit schließen –: Ich habe nicht verstanden, warum es parteipolitische Angriffe gegen die Aufsicht, auch gegen meine Person gegeben hat und man jetzt fragt: Warum hat man nicht im Jahr 2001 irgendetwas aufgedeckt oder gefunden?

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Bank gerettet, obwohl man, wenn man parteipolitisch gedacht hätte, etwas ganz anderes hätte tun können. Wir haben uns eingesetzt und haben massiv an der Sanierung dieser Situation gearbeitet. Ich nehme hier auch die sozialdemokratische Spitze in die Pflicht, vor der eigenen Haustüre zu kehren und nicht mit Steinen zu werfen, wenn man selbst im Glashaus sitzt. Und die Verantwortung werden wir uns in den nächsten Monaten noch genau ansehen. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Perhab zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Von der Bun­desregierung wurde auch eine 900 Millionen €-Ausfallhaftung beschlossen.

Wie sieht hier der worst case für den österreichischen Steuerzahler aus, da ja meines Wissens der Österreichische Gewerkschaftsbund der Nationalbank die tatsächlichen Vermögensverhältnisse noch nicht darstellen konnte?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Der worst case sieht so aus, dass die 900 Millionen € tatsächlich schlagend


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werden würden und dass man daher aus dem Bundesbudget entweder gleich oder verteilt über eine Reihe von Jahren diese 900 Millionen € Zuschuss leisten müsste.

Wir werden selbstverständlich alles tun – ich führe da auch eine Reihe von Ge­sprächen mit dem Bankmanagement einerseits, mit der Gewerkschaftsspitze anderer­seits –, um das zu verhindern. Ich habe auch mehrfach formuliert: Ich gehe davon aus, dass es das größte Interesse des Österreichischen Gewerkschaftsbundes sein muss, alles zu tun, damit der Steuerzahler nicht auch noch in die Pflicht genommen wird, weil der Schaden ohnehin schon ein riesiges Ausmaß angenommen hat.

Daher hoffe ich, dass das nicht der Fall sein wird. Aber der worst case ist natürlich, dass es zu einer Inanspruchnahme kommt. In jedem Fall glaube ich, dass ich durch die Beantwortung der Frage des Bundesrates Mitterer gezeigt habe, dass auch aus der Sicht des Steuerzahlers diese Haftung übernommen werden musste, weil andernfalls der Schaden monetär, aber auch für den Finanzplatz Österreich ein viel größerer gewesen wäre. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Mitterer.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen zur 7. Anfrage, 1530/M.

Ich ersuche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Gumplmaier, um die Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Die Frage, die Sie mir hoffentlich korrekt beantworten können, lautet:

1530/M-BR/2006

„Welche Steuerersparnis brachte Ihre so gelobte Steuerreform im Jahr 2005 den hundert reichsten ÖsterreicherInnen (siehe Trend 7-8/2006)?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Verehrter Herr Bundesrat Gumplmaier, ich kann natürlich versuchen, Ihre Frage korrekt zu beantworten. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich unterstelle, dass die hundert reichsten Österreicherinnen und Österreicher jener Personengruppe angehören, die über 51 000 € an zu versteuerndem Einkommen verdient. (Demonstrativer Beifall der Bundesrätin Kersch­baum.) Ich wollte Ihnen nur die Unterstellungen nennen, damit man weiß, welche Rechnung wir angestellt haben.

Wenn das so ist, dann hat die Steuerreform, die Einkommensteuertarifsenkung dieser Personengruppe 165 € im Jahr gebracht, das heißt, eine Entlastung von 165 € pro Kopf dieser hundert reichsten Österreicherinnen und Österreicher.

Wenn Sie dazu zum Beispiel eine allein erziehende Mutter mit zwei Kindern mit 1 500 € Monatseinkommen vergleichen – jene Gruppe, die auch die Zielgruppe dieser Steuerreform war, denn wir haben gesagt, wir wollen den kleinen Einkom­mens­beziehern, wir wollen jenen, die ein Problem haben, ihre Existenz abzusichern und zu finanzieren, am stärksten helfen –, dann können Sie feststellen, dass diese allein erziehende Mutter mit zwei Kindern durch die beiden Etappen der Steuer­reform 2004/2005 nun einen Vorteil von mehr als 700 € netto hat. Das heißt, diese Mutter hat mehr als 700 € netto zusätzlich in der Brieftasche, was schon eine sehr deutliche Entlastung ist. (Bundesrat Gruber: Nur wissen sie noch nichts davon!)

Ich darf vielleicht noch hinzufügen, dass der Chef des Instituts für Höhere Studien, Professor Bernhard Felderer am 21. Juli 2006, also erst vor wenigen Tagen, im „Kurier“-Interview die Frage „Fand eine Umverteilung von unten nach oben statt?“, also


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hat man den Reichen, so interpretiere ich, durch diese Reform geholfen, wie folgt beantwortet hat:

„Diese Frage muss mit Nein beantwortet werden ...“. „Besonders die unterste Einkom­mensschicht sei“ unter dieser Regierung „wie nie zuvor entlastet worden. Die Steuer­reform brachte für Arbeitnehmer einen Freibetrag von bis zu 15.700 Euro pro Jahr. Das bedeutet, dass Nettoeinkommen von bis zu 1.200 Euro im Monat fast keine Steuern mehr zahlen.“

Meine Damen und Herren! Es ist wohl sehr klar bewiesen, dass diese Steuerreform gerade den niedrigen Einkommensklassen am meisten geholfen hat. Das zeigen auch der ansteigende Privatkonsum und in Summe eine florierende Wirtschaft in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Meine Zusatzfrage gründet sich auf folgende Informationen, die Ihnen offensichtlich nicht ganz zugänglich sind. Die hundert reichsten Österreicher haben allein ein Vermögen von 50 Milliarden € – ich zitiere den „trend“. Allein das private Geldvermögen ist im Jahr 2005 auf 356 Mil­liarden € gestiegen. Das ist ein Rekordzuwachs um 18 Milliarden € – ich zitiere die Nationalbank. Die Zahl der österreichischen Dollarmillionäre ist im Jahr 2004 um 6,9 Pro­zent gestiegen. Die 37 Prime-Unternehmen an der Wiener Börse haben einen Gewinnzuwachs von 116 Prozent. (Rufe bei der ÖVP: Frage! – Bundesrat Bieringer: Der soll keine Plauderstunde machen!)

Die Frage lautet: Werden Sie in Ihrer ...

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesrat, ich bitte, die Frage zu stellen!

 


Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (fortsetzend): Werden Sie in Ihrer verbleibenden Amtszeit dafür sorgen, dass in Österreich endlich eine Reichtum-Studie vorgelegt wird? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich freue mich sehr, wenn es in Österreich Menschen gibt, die gut verdienen. Ich freue mich sehr, wenn es Unternehmen gibt, die Rekordgewinne schreiben, von der Voest bis zu anderen Unternehmen, weil das zeigt, dass wir viele tüchtige Unternehmer haben, viele tüchtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben und dass wir einen tollen Arbeits- und Wirtschaftsstandort haben. – Erste Bemerkung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

Zweite Bemerkung: Da wir einen so guten Standort haben und viele unserer Unternehmen sehr, sehr gute Zahlen schreiben, so ist das auch eine Basis, wo man sieht: Sozial ist, was Arbeit schafft. Wenn es unserem Land gut geht – und wir sind eines der reichsten Länder der Europäischen Union und der Welt –, dann kann man auf einer solchen Basis auch ein entsprechend engmaschiges soziales Netz schaffen und dann kann man Solidarität üben und soziale Sicherheit geben, auch jenen Bevölkerungsgruppen, die nicht das Glück haben und die Ausbildung hatten, dass sie persönlich in dieser Situation sind.

Die dritte Bemerkung, die ich dazu machen möchte, ist, dass wir gerade deswegen, weil wir gesehen haben, dass es auch eine Reihe von Menschen in unserem Land gibt, die man zu entlasten versuchen sollte, die ein niedriges Einkommen haben, die Probleme haben, ihre Existenz zu finanzieren, eine Steuerreform gemacht haben, die dort ansetzt. Gerade deswegen haben wir eine Steuerreform gemacht, die 2,5 Mil-


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lionen Österreicherinnen und und Österreicher steuerfrei stellt, was die Lohn- und Einkommensteuer betrifft. Wir haben gesagt, ab einer gewissen Grenze soll man keine Einkommen- und Lohnsteuer mehr zahlen. Damit sind wir bei mehr als 15 000 € Jahresbezug ein Land, das bezüglich der Grenze, wann die Steuerpflicht beginnt, ab wann man beginnt, Lohn- und Einkommensteuer zu zahlen, wirklich sehr hoch liegt. Wir haben gesagt: Mehr Geld in der Brieftasche, mehr Geld zum Leben, mehr Geld für die eigene Familie, mehr Freiheit des Einzelnen! – Das ist unsere Zielsetzung.

Letzte Bemerkung: Weil Sie jetzt Vermögen und Geldzuflüsse in Österreich ange­sprochen haben, möchte ich Sie schon darauf aufmerksam machen, dass es sozialdemokratische Finanzminister vor mir waren, die eine Steuerstruktur hinterlassen haben, wo Österreich in der Besteuerung von Vermögen offensichtlich international sehr weit hinten liegt. Das heißt, wir besteuern Vermögen sehr niedrig.

Da möchte ich darauf hinweisen, dass es 1993 oder 1994 Ferdinand Lacina war, der das österreichische Stiftungsrecht geschaffen hat, und ich weiß nicht, wie ich jetzt Ihre Aussage interpretieren kann, aber ich kann nur sagen: Ich glaube, dass das gescheit war, was Ferdinand Lacina in diesen Fragen gemacht hat. Wir haben Geldzuflüsse nach Österreich, Österreich ist ein interessanter Standort. Wenn Sie sagen: Erhöhen wir die Steuern!, dann stellen wir Ihnen das Konzept Entlastung gegenüber. Wir wer­den sie nachhaltig fortführen, und wir werden sehen, wer damit bei der Bevölkerung besser liegt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Wolfinger.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Hat die Steuerreform Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum gehabt, und was sagen die aktuellen Wirtschaftsdaten dazu?

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bundesrat, natürlich hat die Steuerreform auch Auswirkungen auf das Wirtschafts­wachstum. Das zeigen Studien des Instituts für Höhere Studien, das zeigen Studien des Wirtschaftsforschungsinstitutes. Ich glaube, dass man heute wirklich sagen kann im dritten Jahr der Wirkung der Steuerreform, dass diese Steuerreform ein Erfolg für den Standort und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist.

Wir haben gemäß jüngsten Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitutes heuer im ersten Quartal real saisonal bereinigt ein Wachstum um 3 Prozent gehabt. Das ist deutlich höher, als die Eurozone gewachsen ist. Das ist deutlich höher, als unsere Nachbarländer und wesentlichen Handelspartner Deutschland, Italien, die Schweiz gewachsen sind. Wir haben eine Schätzung auf das gesamte Jahr, die bei einer Größenordnung von 2,5 bis 2,6 Prozent reales Wachstum liegt. Vielleicht schaffen wir sogar mehr.

Wir haben laut Wifo-Konjunkturtest in der Sachgütererzeugung so hohe Auftrags­bestände wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Wir haben mit der Inflationsrate von 2,1 Prozent – Mai-Wert – die drittniedrigste Inflationsrate der Eurozone. Wir haben, was die Beschäftigung betrifft, was die Stellenangebote betrifft, eine deutliche Ausweitung der Stellenangebote, die mit der Konjunkturerholung verbunden ist. Wir haben im Mai eine Ausweitung der Beschäftigung um zusätzliche 50 500 Beschäftigte in Österreich gesehen. Wir haben in den letzten Monaten auch einen Zuwachs der Vollzeitarbeit zu verzeichnen. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich verringert, im Mai um 11 500 gegenüber dem Vorjahr. Die Arbeitslosenquote lag bei 4,9 Prozent laut Eurostat, was den fünftniedrigsten Wert in der Europäischen Union darstellt.

Wir haben jahrelang auf die Wende auf dem Arbeitsmarkt hingearbeitet, und ich glaube, dass es das Wichtigste überhaupt ist, den Menschen Perspektive zu geben,


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den Menschen Beschäftigung zu geben und alles zu tun, damit die Arbeitslosigkeit sinkt. Ich bin sehr froh darüber, dass uns das heuer gelungen ist und dass offen­sichtlich eine Reihe von Indikatoren zeigt, dass es Österreich sehr gut geht, dass die Wirtschaft gut läuft, dass wir ein guter Standort sind – zum Wohle der Beschäftigten und zur Reduktion der Arbeitslosigkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Bun­desräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Bundesrätin Kerschbaum.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben vorhin erwähnt, Sie freuen sich für die tüchtigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die gut verdienen. Ich möchte jetzt zurück­kommen auf die tüchtigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die nicht so gut verdienen.

In Österreich gibt es 1 Million Menschen, die an der Armutsgrenze leben, und es gibt 480 000 Menschen, die akut armutsgefährdet sind.

Ich möchte daher gerne wissen: Welche Steuerersparnis brachte die Steuerreform 2005 für diese Menschen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Also erstens, Frau Bundes­rätin, sollten wir uns darauf einigen, dass eine Steuerreform im Regelfall jenen dienen kann, die Steuern zahlen. (Bundesrat Gruber: Es ist schon traurig, dass die Leute so wenig verdienen!) Wir haben eine Steuerreform umgesetzt, mit der auch die Negativ­steuer erhöht wurde. Wir haben eine Größenordnung von in etwa 25 bis 30 Millionen € jenen Menschen zukommen lassen, die keine Steuer zahlen, sondern von den Finanzämtern eine Auszahlung bekommen.

Ich darf darüber hinaus sagen, Frau Abgeordnete, dass die Personengruppe, die Sie ansprechen, also jene, die tatsächlich sehr niedrige Einkommen haben und keine Steuer zahlen, natürlich nicht die Zielgruppe einer Steuerreform ist, sondern die Zielgruppe einer wirkungsvollen Sozialpolitik.

Es ist dieser Bundesregierung gelungen, die Sozialquote sogar zu erhöhen, und sie hat damit nicht das getan, was uns oft vorgehalten wird, nämlich in diesem Bereich Streichungen, Reduktionen durchgeführt zu haben. Sie sehen das an Maßnahmen vom Kinderbetreuungsgeld bis zu einer Reihe von weiteren Sozialrechtsreformen, die wir durchgeführt haben, dass auch für jene Menschen eine wirkungsvolle Sozialpolitik im Sinne von Solidarität, im Sinne von sozialem Zusammenhalt in Österreich umgesetzt wurde.

Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass wir auch hier immer mehr tun können, aber die Voraussetzung dafür ist, dass der Standort gut läuft, dass die Wirtschaft funk­tioniert, dass wir Menschen Beschäftigung geben können. Ich glaube, das ist überhaupt das Wichtigste, dass die Menschen eine Aufgabe haben, dass sie eine Perspektive und damit auch ein Einkommen haben.

Was wir in der Sozialpolitik darüber hinaus tun können, ist, zum Beispiel die Integration auf dem Arbeitsmarkt zu fördern. Wenn ich daran denke, welche Schwerpunkte Martin Bartenstein im Bereich der Arbeitslosigkeit gesetzt hat, wo es darum geht, die Arbeitslosigkeit, die Jugendarbeitslosigkeit, die Frauenarbeitslosigkeit zu bekämpfen, dann glaube ich, dass die Erfolge der letzten Monate hier doch zeigen, dass es keine Alternative zur Arbeitsmarktpolitik, zur Sozialpolitik und zur Steuerpolitik dieser Bundesregierung gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Vilimsky.

 



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Bundesrat Harald Vilimsky (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Finanzminister! Anfang der neunziger Jahre hat man die Luxussteuer im Ausmaß von 32 Prozent abgeschafft – ersetzt wurde sie durch die Normverbrauchsabgabe, die bis zu 16 Pro­zent beträgt. Das macht die Anschaffung von neuen KFZ in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Ländern unglaublich teuer. Warum haben Sie bislang eigentlich nie daran gedacht, diese immense Belastung für Autofahrer abzuschaffen?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Weil wir es uns aufkom­mensmäßig nicht leisten können. Die Frage ist immer: Was macht man mit einer Steuerreform und einem Volumen, das wir uns erarbeitet haben, beispielsweise mit diesen 3 Milliarden €? Wir haben damals gesagt, wir wollen nicht 20, 30 Maßnahmen setzen, die uns auch einfallen würden. Da kann man, wenn Sie wollen, auch die Normverbrauchsabgabe dazurechnen, wobei ich meine, dass vom Grundsatz und von der Grundkonstruktion her eine Normverbrauchsabgabe im Sinne von Nachhaltigkeit, im Sinne von Ökologie, im Sinne des guten Umgangs mit unseren natürlichen Ressourcen eine gescheite Konstruktion ist. Dass man Autos, die mehr verbrauchen und die damit die Umwelt mehr belasten, höher besteuert, das halte ich für durchaus gescheit.

Aber die Zielsetzung der Steuerreform war einfach, dort zu entlasten, wo man ein Blitz­licht auf den Standort legen kann. Daher haben wir auf der einen Seite die KöSt von 34 Prozent auf 25 Prozent reduziert und auf der anderen Seite im Bereich der Arbeitnehmer eine Entlastung vorgenommen, den Tarifverlauf transparent und nachvollziehbar gemacht und das Steuersystem vereinfacht, damit man sich seine Steuer auch besser ausrechnen kann. Daher war die Normverbrauchsabgabe bis jetzt nicht das Ziel einer Reform.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass der Ankauf von Kraftfahrzeugen in einer Reihe von anderen Ländern sehr deutlich teurer ist als in Österreich. Nehmen Sie Griechenland, nehmen Sie die skandinavischen Länder, dort zahlen Sie noch deutlich mehr, als das in Österreich der Fall ist. Ich glaube, dass wir in Summe in Bezug auf Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe im guten Mittelfeld liegen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, 1525/M.

Ich ersuche die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Roth-Halvax, ihre Frage zu ver­lesen.

 


Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Auf Grund der getätigten Aussage des von mir geschätzten Kollegen Schennach liegt es mir daran, festzu­stellen, dass meine Frage nicht devot ist, sondern die einer absolut selbstbewussten Bürgermeisterin, die für die zukünftige Budgetgestaltung Ausführungen zu folgendem Themenkreis hören möchte:

1525/M-BR/2006

„Wie werden sich nach der aktuellen Einschätzung des Bundes die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden und die Bedarfszuweisungen an die Länder bis zum Ende der laufenden FAG-Periode entwickeln?“

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bun­desrätin! Die Entwicklung der Ertragsanteile der Länder darf ich Ihnen gegenüber dem jeweiligen Vorjahr wie folgt angeben: 2006 haben sich die Ertragsanteile um


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1,5 Prozent reduziert, 2007 werden sie aus unserer Sicht um 3,6 Prozent steigen, 2008 sollten sie um 5,4 Prozent steigen – auf der Basis der letzten offiziellen Steuer­pro­gnose des Bundesministeriums für Finanzen.

Bei den Ertragsanteilen der Gemeinden gab es im Jahre 2006, also heuer, einen leichten Rückgang um 0,7 Prozent. 2007 wird es eine deutliche Steigerung um 4,2 Prozent geben; 2008 eine Steigerung um 5,1 Prozent.

Dass die Ertragsanteile im Vergleich gemäß dieser Prognose von 2005 auf 2006 leicht sinken, liegt zum einen an den Auswirkungen der Steuerreform, zum anderen daran, dass die Ertragsanteile 2005 besonders hoch waren und damit die Vergleichsbasis besonders hoch war. Es war das Jahr 2005 für den Bund, aber vor allem für die Länder, Städte und Gemeinden ein besonders positives Jahr, was die Ertragsanteile betrifft.

Bei den Bedarfszuweisungen an die Länder zum Haushaltsausgleich gibt es folgende Steigerungsraten: 2006, also heuer, 5,2 Prozent plus, 2007 5,1 Prozent plus und 2008 sogar 19 Prozent plus.

Ich glaube also, in Summe eine wirklich attraktive Entwicklung der Ertragsanteile. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Wird gewünscht, und ich werde diese sachlich stellen, ohne Nebenbemerkungen: Wie hoch waren die Ertrags­anteile und Bedarfszuweisungen im Jahr 2005 im Vergleich zu den Schätzungen, die den Finanzausgleichsverhandlungen zugrunde gelegen sind?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 



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Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Im Vergleich zu den Pro­gnosen, sehr geehrte Frau Bundesrätin, welche die Basis für die Finanzaus­gleichs­verhandlungen waren, waren die Ertragsanteile ohne die Spielbankenabgabe und Bedarfszuweisungen der Länder im Jahr 2005 um 373 Millionen € und die der Gemeinden um 317 Millionen € höher, wobei jeweils 100 Millionen € dieser Mehrein­nahmen als Teil des Verhandlungsergebnisses anzusehen sind.

Das heißt: 100 Millionen € wollten wir quasi im Zuge der Finanzaus­gleichsverhand­lungen den Ländern, Städten und Gemeinden zur Stärkung ihrer Finanzkraft zusätzlich zur Verfügung stellen. Im Ergebnis wurden es tatsächlich 373 Millionen € für die Länder im Jahr 2005 und bei den Gemeinden 317 Millionen € mehr. Das war das ange­sprochene sehr gute Jahr 2005, was die Ertragssituation der Länder und Gemeinden betrifft.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Wiesen­egg.

 


Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Herr Minister, Sie wissen genauso wie ich als Bürgermeister, dass es enorm wichtig ist, dass die Gemeinden ihre Investitions­tätigkeiten voll und ganz ausfüllen dürfen. Sie haben jetzt selbst erwähnt, dass wir im Jahr 2005/2006 doch einen Rückgang hatten. Daher meine Frage:

Ist es richtig, dass sich seit Beginn des laufenden Finanzausgleichs die Investitionen der Gemeinden rückläufig entwickelt haben beziehungsweise die so genannte Finanz­spitze, die wir in den Gemeinden haben, so niedrig wie noch nie ist? Ist es daher ferner richtig, dass das negative Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung vor allem bei uns im ländlichen Raum hat?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bun­desrat – und offensichtlich auch Bürgermeister! Ich glaube nicht, dass das richtig ist, was Sie sagen. Ich nenne Ihnen nur ein paar Vergleichszahlen.

Ertragsanteile der Gemeinden im Jahr 1995, um hier einen längeren Vergleichs­zeitraum zu sehen: 1995 haben die Gemeinden 4,419 Milliarden € bekommen. Fünf Jahre später, im Jahre 2000, waren es 5,693 Milliarden €, also, jetzt im Kopf gerech­net, um etwa 1,270 Milliarden € mehr. Im Jahre 2005 sind aus den 5,693 Milliarden 6,437 Milliarden geworden, also wiederum um rund 750 Millionen € mehr. Und im Jahre 2008 werden aus den 6,4 Milliarden € in etwa 7 Milliarden € geworden sein.

Es ist uns gelungen, die Einnahmenquote und die Abgabenquote der Republik im Vergleich zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts zu senken, weil wir gesagt haben, wir wollen die Bevölkerung entlasten, und trotzdem haben die Gemeinden mehr Geld, haben die Länder mehr Geld, hat auch die Republik etwas mehr Geld. Es ist klar, wir alle müssen sparsam und zweckmäßig mit dem Steuergeld, das uns anvertraut ist, umgehen, aber in Summe glaube ich, dass man auf dieser Basis sehr gut wirtschaften können müsste. Und wenn man auch sieht, wie die Investitionen der Gemeinden, der Länder in den letzten Jahren angestiegen sind, ausgehend von schlechten Werten, die wir 2001/2002 hatten, dann glaube ich doch, dass man mit der Ertragsanteilssituation zufrieden sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Für die selbstbewussten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen Österreichs ist es natürlich von erheblicher Bedeutung, zu wissen, wer an der Spitze des Finanzministeriums steht.

Sie haben in einem O-Ton-Interview im „profil“ erklärt: Ich möchte nie in die Abhängigkeit eines Berufspolitikers geraten. Mehr als zwei Legislaturperioden lang möchte ich keinesfalls Finanzminister sein.

Meine Frage: Wie lange sind Sie schon Finanzminister, wie viele Legislaturperioden?

 


Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Bun­desrat Schennach, erstens dauert eine Legislaturperiode vier Jahre. Zweitens hat die erste Legislaturperiode kürzer gedauert. Das heißt, ich mache Ihnen gegenüber aus Ihrer Sicht wahrscheinlich die Drohung wahr, dass wir alles tun werden, um Rot-Grün zu verhindern und auf der anderen Seite eine positive Wirtschafts- und Finanzpolitik fortzusetzen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Die Fragestunde ist beendet.

10.14.36 Erklärung des Präsidenten betreffend Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Gottfried Kneifel: Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Im Vorfeld dieser heutigen Sitzung hat das Thema „Vertretung von Regie­rungsmitgliedern“ eine nicht unmaßgebliche Rolle gespielt. Ich habe daher zur Rechtssicherheit Experten des Hauses innerhalb der Bundesratsdirektion und darüber hinaus um eine Klarstellung gebeten, die ich Ihnen in aller Kürze zur Kenntnis bringen möchte, weil es, glaube ich, sinnvoll ist, dass alle Mitglieder des Hauses den gleichen Informationsstand haben.


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Erstens: Vertretung durch den Staatssekretär.

Gemäß § 78 Abs. 2 B-VG können den Bundesministern zur Unterstützung und zur parla­mentarischen Vertretung Staatssekretäre beigegeben werden, die an die Weisun­gen des Ministers gebunden sind. Dies ist in erster Linie dann der Fall, wenn sich der Bundesminister in Österreich aufhält.

Der Bundesrat kann die Teilnahme von Bundesministern an parlamentarischen Ver­handlungen auch dann verlangen, wenn er von einem Staatssekretär gemäß Artikel 78 Abs. 2 B-VG im Parlament vertreten ist.

Zweitens: Vertretung bei einer zeitweiligen Verhinderung gemäß Artikel 73 Abs. 1 B-VG.

Im Falle der zeitweiligen Verhinderung – dies ist vor allem bei einem Besuch im Nicht-EU-Ausland gegeben – betraut der Bundespräsident mit seiner Vertretung einen ande­ren Bundesminister, einen beigegebenen Staatssekretär oder einen leitenden Beamten des Ressorts.

Diese Regelung gilt ausdrücklich nicht für einen Aufenthalt in einem anderen EU-Mit­glied­staat.

Drittens: Wahrnehmung der Angelegenheit des Bundesministers im National- oder Bundesrat, falls sich dieser in einem anderen Mitgliedstaat der EU aufhält.

In diesem Fall – unabhängig davon, zu welchem Zweck das Regierungsmitglied im Ausland weilt – nimmt ein vom Regierungsmitglied namhaft gemachter Vertreter die Angelegenheit im Nationalrat oder im Bundesrat wahr.

Viertens: Im Vertretungsfall gemäß § 73 B-VG ist eine Zitierung des vertretenen Regie­rungsmitgliedes nicht möglich; es kann jedoch die Anwesenheit des Vertreters verlangt werden.

Ich will diese Klarstellung nicht bei mir behalten, sondern öffentlich an Sie weitergeben, um eine Klarstellung in dieser Sache zu erzielen.

*****

10.17.24 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Gottfried Kneifel: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteil­ten Anfragebeantwortungen 2206/AB bis 2212/AB sowie jener Verhandlungs­gegen­stände, die gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundes­rates unterliegen, beziehungsweise der Beharrungsbeschlüsse des National­rates gemäß Artikel 42 Abs. 4 B-VG vom 12. und 13. Juli 2006 verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen ist.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe Seite 13)

*****

Beharrungsbeschlüsse des Nationalrates gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG

Die ursprünglichen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates

vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das


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Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1560/NR d.B.),

vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozial­versicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1561/NR d.B.),

vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen öster­reichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsular­gebüh­rengesetz 1992 - KGG 1992) geändert wird (1562/NR d.B.),

vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezept­pflicht­gesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1621/NR d.B.),

vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1622/NR d.B.),

vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basis­tunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1625/NR d.B.),

vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­ver­sicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1563/NR d.B.),

vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungs­eigentums­gesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungs­gemein­nützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1623/NR d.B.) sowie

vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1624/NR d.B.)

werden gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

Beschlüsse des Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG

nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirt­schaftliche Entwicklung (IFAD VII) (1556 und 1591/NR der Beilagen)

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungsfonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI) (1557 und 1592/NR der Beilagen)


Bundesrat
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Beschluss des Nationalrates vom 14. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (856/A und 1632/NR der Beilagen)

*****

 


Präsident Gottfried Kneifel: Darüber hinaus sind die Beschlüsse des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Kraftfahrliniengesetz und das Führerscheingesetz geändert werden, eingelangt, die dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen werden.

Ebenso eingelangt sind die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates und die Jahresvorschau 2006 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des opera­tiven Jahresprogramms des Rates, die dem Ausschuss für Verfassung und Föde­ralismus zur Vorberatung zugewiesen wurden.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte der Bundesregierung, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über den bereits früher eingelangten und zugewiesenen Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betref­fend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unter­zeich­neten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen abgeschlossen und schriftliche Aus­schussberichte erstattet.

Darüber hinaus wurde auch die Vorberatung über den ebenfalls bereits früher ein­gelangten, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zugewiesenen Ent­schließungs­antrag 154/A (E)-BR/2006 der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen abgeschlossen und ein schriftlicher Ausschussbericht hiezu erstattet.

Ich habe diese Verhandlungsgegenstände sowie den Entschließungsantrag 154/A (E) der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Gottfried Kneifel: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 und 3, 5 und 6, 7 bis 10, 17 bis 20, 21 bis 27 sowie 30 bis 32 unter einem zu verhandeln.

Wir dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Daher werden wir so vorgehen.


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10.20.36 1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwi­schen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen (1388 d.B. und 1475 d.B. sowie 7628/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich bitte um den Bericht.

 


10.21.38

Berichterstatter Dr. Franz Eduard Kühnel: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen kurz aus dem Finanzausschuss berichten. Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich darf Ihnen mitteilen, dass ein Beschluss auf Grund der Stimmengleichheit im Ausschuss nicht zustande gekommen ist.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Einwallner. Ich erteile ihm dieses.

 


10.22.25

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit ein, zwei Sätzen noch ganz kurz auf die Fragestunde eingehen.

Herr Minister, Sie freuen sich über die Rekordgewinne der Konzerne. Sie freuen sich darüber, dass die Reichen immer reicher werden in diesem Land. Und genau da setzt unsere Kritik an. Wir kritisieren, dass es zu einer ungerechten Verteilung gekommen ist, dass Konzerne entlastet wurden und kleine und mittlere Unternehmen zum Beispiel noch keine Entlastung erfahren haben. (Widerspruch bei der ÖVP.) Gerade diese Unternehmungen leisten einen wichtigen Anteil für die österreichische Wirtschaft und für die österreichische Beschäftigung. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Baier: Ich würde in einen Hörapparat investieren!)

Herr Kollege Baier, schauen Sie sich die Zahlen an, und lesen Sie einmal ein bisschen nach, dann werden Sie draufkommen, wie es um die kleinen und mittleren Unter­nehmen in diesem Land bestellt ist. Die Situation ist nämlich tatsächlich schwierig, und ich halte es für überheblich, über dieses Thema zu polemisieren, wie Sie es hier machen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Da lachen die Hühner!)

Wie vom Berichterstatter erwähnt, geht es beim Tagesordnungspunkt 1 um ein Doppel­besteuerungsabkommen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Es ist eher ungewöhnlich in diesem Haus, dass man ausführliche und kontroversielle Debatten über ein Doppelbesteuerungsabkommen führt. Zumeist bieten diese Abkommen kaum Platz für große Redebeiträge und werden in der Regel sehr kurz behandelt. Bei dieser Materie ist es allerdings ein bisschen anders. Es handelt sich hier um eine Beson­derheit, weil es in diesem Fall zu einem enormen Steuerabfluss kommen wird und die Nachteile für den österreichischen Staat überwiegen.

Ich kann es schon vorwegnehmen: Wir sind der Meinung, dass dieses Abkommen schlecht verhandelt wurde, und werden aus diesem Grund hier auch nicht zustimmen.

Es kommt regelmäßig vor und es ist ein ganz normaler Vorgang, dass Abkommen zwischen zwei Staaten modifiziert werden müssen. Das heißt, beide Staaten sehen offenbar einen Bedarf, das vorhandene Abkommen zu aktualisieren und auf den neuesten Stand zu bringen. In diesem Fall war es aber offenbar ein bisschen anders:


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Das Betreiben kam vorwiegend von österreichischer Seite, und das löst zusätzliches Unverständnis aus.

Es wird ein seit Jahrzehnten gültiges Abkommen geändert, und das noch zu Lasten des österreichischen Fiskus. Für die Schweizer ist dieses Abkommen natürlich in dieser Form sehr erfreulich – und sie freuen sich auch sehr darüber. In vielen Schweizer Medien ist zu lesen und wird getitelt – ich darf zitieren –: Vorarlberger Grenz­gänger füllen die St. Galler Steuerschatulle. Freude beim Schweizer Steueramt. Die Grenzgänger bringen den Schweizer Gemeinden Geld.

Das sind die Kommentare in Schweizer Zeitungen, und in jedem dieser Berichte fehlt auch nicht die spitze Bemerkung, dass das Betreiben zur Änderung dieses Steuer­abkommens von österreichischer Seite kommt. In jedem dieser Berichte macht man sich mit ein, zwei Sätzen ein bisschen lustig darüber, dass es gerade die Österreicher betrieben haben, dass es hier zu einem nachteiligen Steuerabkommen für Österreich kommen wird.

Medien in Österreich, die sich damit auseinander setzen, sehen das natürlich ein bisschen anders, da heißt es dann: Neuregelung bringt Millionenloch. – Und das ist es, meine Damen und Herren! Trotz meiner geografischen Nähe zu unserem Nachbarland Schweiz kann ich Ihnen hier nicht detailliert über die öffentliche Finanzlage der Kantone und der Schweizer Kommunen Auskunft geben, aber es ist offenbar auch in der Schweiz so, dass es auf kommunaler und kantonaler Ebene diesbezüglich nicht mehr so gut aussieht. Aber müssen da wirklich wir Österreicher einspringen, um die Finanzen der Schweizer Gemeinden aufzubessern? (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In den Erläuterungen zu diesem Abkommen heißt es: Es ist notwendig, dieses Doppelbesteuerungsabkommen zu ändern, weil es sonst zu einem Steuerausfall von bis zu 80 Millionen € kommen könnte.

Meine Damen und Herren, ich halte diese Zahl für absolut unseriös! Diese Zahl von 80 Millionen € Entfall wurde auch im Ausschuss nur sehr dürftig erläutert. Die Annahme, dass jeder Grenzgänger ein Steuerschlupfloch nutzt, was in der Praxis alles andere als leicht und einfach ist, ist schlicht und einfach unseriös, unrichtig und stellt viele tausend Grenzgänger in das Eck der Steuerschwindler. Und da gehören sie aus meiner Sicht nicht hin, das ist eine Unterstellung, die diese Menschen nicht verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Zeit der Vertagung habe ich versucht, mit Steuerexperten zu sprechen und zu schauen, ob mir die 80 Millionen € an Steuerentfall irgendjemand bestätigen kann – erfolglos. Aber jeder, mit dem ich gesprochen habe, kommt zum Schluss, dass der österreichische Staat durch dieses DBA bis zu 20 Millionen € im Jahr verlieren kann. Genauso wie die 80 Millionen € kann auch niemand die genannten 9 Millionen € Steuerausfall nachvollziehen, die im Vorblatt genannt werden. Die Schätzungen von jenen, die das niedrig einschätzen, liegen bei 12 bis 15 Millionen €.

Ich bin gespannt, ob Sie, Herr Minister, in dieser Sache aufklären können bezie­hungsweise ob wir hier Aufklärung erhalten oder wieder nur die Zahlen des Vorblattes hier wiederholt werden.

Aber auch die Art und Weise, wie mit den Betroffenen umgegangen wurde, ist aus meiner Sicht alles andere als bürgerfreundlich und bürgernah.

Die größte Vereinigung der Grenzgänger in Österreich, der Grenzgängerverband, hat einen Brief an Sie, Herr Finanzminister, geschrieben und um Informationen gebeten und die Bedenken aus seiner Sicht geschildert. Der Brief – ich habe ihn in Kopie da – wurde am 24. November 2005 abgesendet, mit dem Ergebnis, meine Damen und


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Herren, dass bis vor drei Wochen noch keine Antwort eingelangt ist. Die größte Vereinigung der Grenzgänger schreibt an den Finanzminister einen Brief, und man erachtet es nicht einmal als notwendig, diesem Grenzgänger-Verband zu antworten.

Herr Minister, Sie haben in den letzten Jahren 17 Millionen € für Beratungen ausge­geben. Es wäre gut gewesen, wenn Sie jemand oder Abteilungen Ihres Ministeriums dahin gehend beraten hätte, dass man auf Briefe antwortet, denn das ist das Mindeste, was man tun sollte. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist jetzt keine Polemik, oder? – Rufe bei der SPÖ: Das ist Tatsache!) – Es ist eine Tatsache, dass 17 Millionen € ausgegeben worden sind! Das ist eine Tatsache!

Details zu dieser Vorgangsweise: Die Schweiz vollzieht dieses Abkommen bereits seit 1. Jänner dieses Jahres. Informiert darüber wurden diese Beschäftigten in der Schweiz jedoch nicht; alle waren sehr überrascht. Dann wurde seitens des Bundesministeriums für Finanzen zugesagt, dass es pauschal zu einer Absenkung der Vorauszahlungen in Österreich kommen werde. Diese Zusage gibt es zwar, nur: Gemacht wurde das leider nicht! Auch die Einkommenssteuervorauszahlungen für diese in der Schweiz Be­schäftigten wurden nicht pauschal herabgesetzt, wie das seitens des Finanz­minis­teriums zunächst zugesagt wurde.

Dazu hat aber nicht nur der Grenzgängerverband Bedenken geäußert: Auch die Kam­mer der Wirtschaftstreuhänder sieht Nachteile in diesem Doppelbesteuerungs­abkom­men. Ich zitiere dazu ganz kurz aus einer Stellungnahme der Wirt­schafts­treuhänder:

„Durch die Neuregelung werden einerseits in Österreich ansässige, aber in der Schweiz unselbständig tätige Personen gegenüber in der Schweiz ansässige Personen in eine schwierigere Wettbewerbssituation ... gebracht, da sie bei gleichen Löhnen und gleichen Lebenshaltungskosten zukünftig mehr Einkommenssteuer an den Fiskus abliefern müssen.“ – Sehr viel Kritik also an diesem Doppelbesteuerungsabkommen.

Warum das von Österreich aus so betrieben und vorangetrieben wurde – und dann auch noch zum Nachteil Österreichs verhandelt wurde –, ist meiner Überzeugung nach nicht nachvollziehbar, denn zweifelsohne hätte man Möglichkeiten gehabt, dieses Abkommen mit der Schweiz zugunsten Österreich zu verhandlen. Ein Verhand­lungspunkt wäre zum Beispiel gewesen, bei Körperschaften die Quellensteuer im Zusammenhang mit Dividenden zu verhandeln. Das wurde jedoch leider nicht gemacht; da gab es leider keine Veränderung.

Das Verhandlungsergebnis, das nun vorliegt, findet die Zustimmung der sozial­demo­kratischen Fraktion nicht. Wir lehnen dieses Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz ab. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

 


10.32.23

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diesen fünf heute auf der Tagesordnung stehenden Doppelbesteuerungsabkommen sind in dieser Gesetzgebungsperiode be­reits 19 andere vorangegangen. Diese Abkommen haben weitgehend übereinstim­mende Ziele und Inhalte, sind von fachlicher Zweckmäßigkeit geprägt und werden daher – das ist der einzige Punkt, wo ich Herrn Kollegem Einwallner Recht geben kann – sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat als Routineangelegenheit betrachtet und stets diskussionslos und einstimmig genehmigt.

Die heute zur Beratung stehende Änderung des 1974 abgeschlossenen Doppel­besteuerungsabkommen mit der Schweiz fällt aus dieser üblichen Vorgangsweise


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heraus. Der Genehmigungsbeschluss im Nationalrat wurde gegen die Stimmen der SPÖ gefasst. In der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates vom 4. Juli wurde dessen Behandlung über Antrag der SPÖ vertagt, und in der vorgestern abgehaltenen Ausschusssitzung fand ein von ÖVP und Grünen unterstützter Nicht-Beeinspruchungs- beziehungsweise Zustimmungsantrag wegen Stimmengleichheit keine Mehrheit.

Ich bringe daher neuerlich den Antrag ein, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend eine Änderung des Abkommens zwischen Österreich und der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und vom Vermögen, keinen Einspruch zu erheben,

sowie weiters, diesem Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG die Zustimmung zu erteilen.

*****

Einem Nicht-Beeinspruchungsantrag nicht zuzustimmen beziehungsweise Einspruch zu erheben, ist eine für Oppositionsparteien verständliche Demonstration politischer Ablehnung, die umso leichter von der Hand geht, als sie in der Regel durch Behar­rungsbeschluss des Nationalrates oder Fristablauf, also stillschweigende Zustimmung, für einen Einspruch rechtlich folgenlos bleibt.

Bei einem nach Artikel 50 Abs. 1 B-VG zu behandelnden Staatsvertrag ist das jedoch anders: Da Doppelbesteuerungsabkommen notwendigerweise auch, wenngleich nur ganz marginal, Angelegenheiten der Länder regeln, bedürfen sie der Zustimmung des Bundesrates. Diese kann – anders als bei Nicht-Beeinspruchung durch Fristablauf – nicht ersetzt werden. Der Bundesrat hat da die Möglichkeit eines absoluten Vetos, was – da das jetzt in den Medien irgendwie als besondere Rarität dargestellt wird – weder erstmalig noch selten ist: Wir hatten in dieser Gesetzgebungsperiode über 100 solcher Anwendungsfälle eines potentiellen absoluten Vetos.

Da aber die Nationalratsminderheit – jedenfalls fraktionell gesehen – die Bundes­ratsmehrheit bildet und es sich bei diesem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz tatsächlich erstmals um einen mehrheitsrelevant strittigen Beschluss nach Artikel 50 Abs. 1 B-VG handelt, gibt es da eine Art herostratischer Versuchung, mit der Nutzung einer solchen bisher einzigartigen Konstellation sozusagen in die Ge­schichte des Bundesrates eingehen zu können.

Gleichzeitig ist das aber auch ein Fall, in dem neben die Gesinnungsethik, die mit politischen Ablehnungsgesten der üblichen Art durchaus vereinbar sein kann, die Verantwortungsethik tritt: Wäre es im Lichte einer Güterabwägung tatsächlich verantwortbar, die Konsequenz eines Scheiterns der Änderung des Doppel­besteue­rungsabkommens mit der Schweiz für längere Zeit in Kauf nehmen zu wollen?

Wie bereits im Nationalrat beschränkt sich die Ablehnung im Wesentlichen auf das Argument, dass das bestehende Abkommen zum einseitigen finanziellen Nachteil Österreichs geändert werde. Da fällt zunächst einmal die für den Bundesrat nicht unwichtige Tatsache auf, dass die von solchen angeblichen finanziellen Nachteilen dieser Art als Finanzausgleichspartner mitbetroffenen Länder und Gemeinden keiner­lei Einwand gegen dieses Doppelbesteuerungsabkommen hatten; Sie brauchen sich ja nur die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren anzusehen.


Bundesrat
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In einer Länderkammer müsste das eigentlich doch zum Überdenken der von der SPÖ im Nationalrat vorgegebenen Ablehnung führen. Mit einer Vertretung der Länder kann das jedenfalls nicht begründet werden!

Die Ablehnung geht im Wesentlichen offenkundig auf die Haltung des SPÖ-Budget­sprechers, des Nationalratsabgeordneten Matznetter, zurück, der als „Beweis“ seiner Argumentationen im Nationalrat aus der vom ihm, Matznetter, als „amtliches Publi­kationsorgan“ des Kantons St. Gallen dargestellten regionalen Tageszeitung Werdenberger & Obertoggenburger vom 31. Jänner 2006 wie folgt zitiert hat – Herr Kollege Einwallner hat sich dann diesem Zitat angeschlossen –: „Vorarlberger Grenzgänger füllen St. Galler Steuerschatulle.“

Das ist irreführend, und zwar in zweifacher Hinsicht: Die erwähnte Publikation hat erstens mit dem Kanton St. Gallen nur insoweit zu tun, als die von einem privaten Verlag herausgegebene Zeitung in diesem Kanton erscheint und gelesen wird, und zweitens ist in der Schweiz sehr wohl bekannt, dass das höhere Steueraufkommen keineswegs der Änderung dieses Doppelbesteuerungsabkommens, sondern richtiger­weise den Auswirkungen der am 1. Jänner 2002 auch für die Schweiz in Kraft getretenen EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit auf das bisherige Doppelbesteuerungs­ab­kom­men zugerechnet werden muss.

Wenn man liest, was das Kantonale Steueramt tatsächlich geschrieben hat, nämlich in einem an Grenzgänger beschäftigende Betriebe gerichteten Schreiben vom November des Vorjahres, dann klingt das schon anders – sozusagen als authentische Interpretation des Schweizer Standpunktes – als beim Budgetsprecher der SPÖ. Ich zitiere aus diesem Schreiben des Kantonalen Steueramtes:

Bei fehlendem Grenzgängerstatus im steuerlichen Sinne entfällt nämlich nach gelten­der Ordnung die österreichische Steuerungsbefugnis für das Erwerbseinkommen. Österreich hat deshalb das Begehren gestellt, derartige Gestaltungsmöglichkeiten abkommensrechtlich auszuschließen. – Zitatende.

Besser als der Kanton St. Gallen kann man die mit dem Abkommen verbundenen Inter­essenslage kaum beschreiben. Die Schweiz hatte auch tatsächlich keinerlei Handlungsbedarf: Sie hätte aus der Weitergeltung des bestehenden Abkommens auf längere Sicht einen höheren Steuerertrag gehabt, als das nach dieser Änderung der Fall sein wird.

Wenn man die politische Brille abnimmt und den Sachverhalt näher betrachtet, kommt man zu zwei wesentlichen Fragen, welche die angeblich einseitige Veränderung zum Nachteil Österreichs in ein ganz anderes Licht rücken, denn: Ist es wirklich zum einseitigen Nachteil Österreichs, wenn künftig die Schweiz Vollstreckungshilfe bei der Einbringung von Steuerschulden gegenüber Österreich leistet? In der Schweiz arbeitende Grenzgänger konnten sich – in einem nicht unbeträchtlichen Maße – bisher dadurch der Bezahlung der in Österreich anfallenden Einkommenssteuer entziehen, dass sie beispielsweise exekutionsfähiges Vermögen vorausschauend ihrer Gattin übertrugen.

Derzeit bestehen in Österreich immerhin nicht-einbringliche Steuerrückstände bei Grenzgängern von über 5 Millionen €! Die Steuerleistung beschränkt sich in diesen Fällen faktisch auf jene 3 Prozent, die in der Schweiz bisher als Quellenein­kom­menssteuer eingehoben wurden.

Aus der künftigen Vollstreckungshilfe bei der Eintreibung von Steuerschulden, nämlich dem Einbehalt bei der Lohnzahlung – wie das sonst in Österreich auch gehandhabt wird –, hat die Schweiz keinerlei Vorteil, sondern, im Gegenteil, zusätzlichen Arbeits­aufwand! Ich verstehe daher nicht, wie man in einem solchen eindeutigen Vorteil für


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Österreich einen „Nachteil“ erblicken kann – und erst recht verstehe ich nicht, dass Sie durch die Ablehnung einer entsprechenden Änderung für die Aufrechterhaltung einer solchen Steuerungerechtigkeit eintreten!

Steuerungerechtigkeit besteht in diesem Falle nicht nur gegenüber in Österreich arbeitenden Steuerzahlern, sondern auch gegenüber jenen zahlreichen und weitaus überwiegenden Grenzgängern, die ihrer Einkommenssteuerpflicht regelmäßig nach­kommen. Das wäre sozusagen das erste Mal, dass Sie von der SPÖ sich für eine – noch dazu noch mit 3 Prozent exorbitant niedrige – Flat-tax erwärmen könnten!

Der zweite Vorteil liegt nicht so einfach und eindeutig auf der Hand, weil wir – naturgemäß – Vergleichswerte nur aus der Vergangenheit und nicht für die Zukunft haben. Es ist zunächst richtig, dass durch den Entfall der Besteuerungsgrenze von 3 Prozent für die Schweiz ein Mehrertrag und durch die Anrechnung der nun höheren Schweizer Steuerleistung für Österreich ein Minderertrag eintritt. Dabei darf aber Folgendes nicht übersehen werden: Zunächst leistet die Schweiz eine Ausgleichs­zahlung in Höhe von 12,5 Prozent ihres Steueraufkommens von allen in Österreich ansässigen Arbeitnehmern, die zudem bei einer Änderung der Grenzgängerrelation, also bei einem neuen Sachverhalt nach Ziffer 4 des Schlussprotokolls, neu verhandelt werden kann.

In weiterer Folge kann durch die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens vermieden werden, dass Grenzgänger unter Nutzung des Freizügigkeitsabkommens der EU mit der Schweiz durch gelegentliche Nächtigungen in der Schweiz aus­schließlich dort einkommenssteuerpflichtig werden und Österreich in diesem Falle überhaupt keine Steuereinnahmen erhält. Das österreichische Besteuerungsrecht hing bisher nämlich davon ab, dass ein Grenzgänger auch tatsächlich täglich an seinen Wohnort zurückkehrt, was er nach Schweizer Recht früher auch musste. Dass das ein Grenzgänger nach EU-Recht heute nicht mehr machen muss, öffnet einer Flucht aus dem österreichischen Besteuerungsrecht Tür und Tor. Wenn man sich das wesentlich niedrigere Steuerniveau der Schweiz und den leichten Zugang zu dieser Gestaltungs­möglichkeit vor Augen führt – das kennt man ja aus der Praxis –, so lässt sich unschwer eine gravierende Nutzung dieser Versuchung voraussehen, wobei es sich dabei um eine legale, auf der Grundlage österreichischer Gesetze und internationaler Abkommen basierende Überlegung handelt – aus subjektiver Sicht auch durchaus nachvollziehbar –, die jedoch zum Nachteil für Österreich ist.

In welchem Ausmaß dieser Steuerausfall eintreten und den mit der Änderung des Abkommens verbundenen Ausfall überwiegen würde, lässt sich mangels hellsehe­rischer Fähigkeiten natürlich nicht genau beziffern, dass er aber jedenfalls überwiegen würde, wurde bisher nicht ernsthaft bestritten.

In diesem Zusammenhang gehe ich auf das Argument „mangelhafte Berechnung“ ein, das Kollege Einwallner in der vorletzten Ausschusssitzung, vor seinem Ver­tagungsantrag, bemüht hat. Wenn sich Kollege Einwallner eine seiner guten Brillen aufgesetzt und genau gelesen hätte – aber eigenes Handwerk leidet bekanntlich Not (Heiterkeit) –, wäre ihm von vornherein Folgendes aufgefallen: Die von Kollegem Einwallner als „Beleg“ angeführte Kritik des Rechnungshofes an einer nicht aus­reichenden rechnerischen Dokumentation bezog sich naturgemäß auf den Begut­achtungsentwurf! Wenn man die Regierungsvorlage mit diesem Entwurf vergleicht, sieht man einen wesentlichen Unterschied, nämlich eine genauere, ausführliche und nachvollziehbare Berechnung der zu erwartenden Finanzströme.

Diese Berechnung ergibt einen saldierten Steuermindereingang von rund 9 Millionen €. Das wurde in der Zwischenzeit offenbar nachgelesen; jedenfalls gab es in der vorgestrigen Sitzung des Finanzausschusses dazu keine Wortmeldung. Der Unter-


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schied zu den verschiedentlich genannten 17 Millionen € – Herr Bundesrat Einwallner hat 12 bis 15 Millionen € genannt – ergibt sich hauptsächlich daraus, dass bei dieser Berechnung von einer Nettopendlerzahl von 7 300 Grenzgängern ausgegangen wird, während das Finanzministerium von 6 000 im Jahre 2003 veranlagten Grenzgängern und einer weiter sinkenden Zahl ausgeht.

Wenn man weiß, dass laut der Volkszählung 2001 Österreich 6 396 Grenzgänger in die Schweiz hatte und davon die rund 150 Schweizer Grenzgänger nach Österreich abzieht, sieht man, dass die Berechnungsgrundlage des Finanzministeriums zweifelsohne plausibler ist.

Dem steht bei Weitergeltung des Abkommens und einer weiteren Steuerverlagerung in die Schweiz ein Aufkommensverlust von bis zu – das Finanzministerium fügt ausdrücklich dazu: im Extremfall! – 80 Millionen € gegenüber.

Da es sich dabei um eine Vorausschau handelt, kann man natürlich über die Schwankungsbreite der angeführten Zahlen diskutieren. Das ist aber dem Grunde nach auch gar nicht entscheidend, denn maßgeblich ist das Faktum, dass nach der bisherigen und durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU veränderten Rechtslage die Schweiz auf jeden Fall einen Mehrertrag und Österreich auf jeden Fall einen Min­derertrag hat.

Die angestrebte Änderung zielt daher darauf ab, den nachteiligen Effekt einer sich faktisch von selbst vollziehenden Umstellung auf die – abgesehen von Grenzgängern – sonst durchwegs übliche Quellenbesteuerung so gering wie möglich zu halten.

Ich übertrage diesen Sachverhalt auf ein eigenes Beispiel: Wenn Sie darauf aufmerk­sam werden, dass der letzte Sturm das Dach Ihres Hauses beschädigt hat, haben Sie zwei Alternativen. Sie können sich denken: Ich sehe nicht ein, warum ich durch die Veranlassung einer Reparatur dem Dachdecker zu einem zusätzlichen Einkommen verhelfen soll! – Sie können aber auch, zweite Variante, überlegen: So lange die zu erwartenden Folgeschäden höher als die Kosten der Dachreparatur sind, werde ich in die Reparatur und die Vermeidung der Folgeschäden investieren!

Gibt es hier im Saal eigentlich jemanden, der sich in seiner privaten Lebensführung bei solchen Abwägungen üblicherweise für die erste Variante entscheidet? – Das ist offenkundig nicht der Fall, und das ist auch ganz natürlich so, da sich das mit dem gesunden Hausverstand deckt.

Ich verstehe daher nicht, warum Sie beim Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz für die unvernünftige Alternative eintreten wollen!

Herr Kollege Schimböck hat nicht nur Hausverstand, er hat auch wirtschaftliche Erfahrung – und daher hat er vorgestern im Finanzausschuss, aus dem Unterbe­wussten heraus, reflexartig, wenngleich von seiner Fraktion irrtümlich abweichend und sich dann korrigierend, zugestimmt.

In der vorletzten Sitzung des Finanzausschusses habe ich die im Begutachtungs­ver­fahren offen gebliebene Frage aufgeworfen, ob die Ausgleichszahlung der Schweiz von geschätzten 3,8 Millionen € auch wirklich das Schicksal einer Steuereinnahme teilt, somit in den Finanzausgleich einfließt und nicht vom Bund zur Gänze – rund 70 Prozent stünden ihm ja ohnedies zu – einbehalten wird.

Das Finanzministerium hat nun darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Aus­gleichszahlung um keine Abgabe im Sinne der Finanzverfassung, die der Aufteilung des Finanzausgleichs unterliege, handle.

Eine solche Betrachtungsweise mag zwar – wenngleich sie mir nicht ganz zwingend erscheint – formal rechtens sein, ist aber materiell betrachtet keineswegs recht und


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billig. Wenn die Länder und Gemeinden an einem unausweichlichen Aufkommens­verlust beteiligt sind, so muss das auch für die entsprechende Ausgleichszahlung der Schweiz gelten.

Ich erwarte mir daher vom Herrn Finanzminister eine Klarstellung, dass das entweder so gehandhabt wird – oder dass, wenn dem rechtliche Hindernisse entgegenstehen, das Finanzverfassungsgesetz und das Finanzausgleichsgesetz in dem notwendigen Maße geändert werden und dass seitens des Finanzministeriums die Bereitschaft erklärt wird, eine solche Änderung ehebaldigst zu betreiben.

Zusammenfassend: Der Steuerausfall durch eine höhere Anrechnung in der Schweiz entrichteter Einkommenssteuer von Grenzgängern wird teilweise kompensiert durch eine Ausgleichszahlung der Schweiz, und er wird weiters verringert durch die künftige Einbringlichkeit von Steuerschulden – und dient schließlich dazu, einen gravierenden Rückgang unseres Steueraufkommens durch die in Folge der neuen Arbeitnehmer­freizügigkeit in der Schweiz gegebene steuerliche Gestaltungsfreiheit bisheriger Grenz­gänger zu vermeiden.

Weiters sind künftig – das sei nur am Rande erwähnt – auch die Einkommen Schwei­zer Grenzgänger in Österreich zu versteuern, was zu einem, da ebenfalls anzu­rechnenden, Mehrertrag führt.

Von einem einseitigen Nachteil Österreichs beziehungsweise der Behauptung, Öster­reich habe dieses Abkommen schlecht verhandelt, kann also keine Rede sein! Dieses Abkommen bringt vielmehr eine Abfederung bereits heute feststellbarer Nachteile des bestehenden Abkommens – und sogar ausdrückliche Vorteile für Österreich.

Länder und Gemeinden haben gegen diese Änderung keinerlei Einwand erhoben.

Die angestrebte Teilung der Ausgleichszahlung kann auch gar nicht in einem Doppel­besteuerungsabkommen selbst geregelt, sondern nur innerstaatlich herbeigeführt werden, sodass sich auch daraus kein Grund für eine Ablehnung ableiten ließe.

Alles in allem überwiegen die Vorteile; die „Alternative“ wären ständig zunehmende Nachteile.

Es ist sowohl während der Zeit der Vertagung als auch in der heutigen Sitzung kein Grund dafür sichtbar geworden, warum ausgerechnet die Länderkammer von der zustimmenden Haltung der Länder abweichen und damit die Änderung des Doppel­besteuerungsabkommens mit der Schweiz auf Dauer ablehnen sollte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

10.49


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lichtenecker. – Bitte.

 


10.50.07

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Wir haben heute ein Doppelbesteuerungsabkommen vor uns liegen. Es ist nicht das einzige – das wurde schon ausgeführt –, sondern wir haben mehrere zur Behandlung vorliegen, wobei dazu zu sagen ist, dass es durchaus wichtig ist, Regelungen zu treffen, die Klarheit und Transparenz schaffen. Diesbezüglich ....

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Liebe Kollegin, darf ich Sie kurz unterbrechen! Ich habe leider etwas übersehen: Die beiden Anträge, die Herr Kollege Weiss eingebracht hat, sind – der Ordnung halber teile ich das mit – genügend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 49

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (fortsetzend): Bezüglich Steuern in Europa muss man natürlich auch andere Steuersysteme betrachten, wobei natürlich Harmoni­sierungen anzustreben sind.

So, wie momentan die Körperschaftssteuer bei uns geregelt ist, ist es ein Problem, dass wir in Österreich mit diesem Satz von 25 Prozent eigentlich inzwischen einen effektiven Steuersatz von 19 Prozent haben und damit an der untersten Grenze liegen. In Bezug auf die Einnahmen ist, wie Herr Bundesminister Grasser ja bereits in der Fragestunde ausgeführt hat, ein eindeutiger Verlust mit einhergegangen, was sich nachteilig im Hinblick auf die Finanzierung wesentlicher Aufgaben in unserem Staate auswirkt. Da, Herr Minister, stellen sich noch wesentlich größere Herausforderungen in Bezug auf ein gerechtes und faires Steuersystem in Europa, als jetzt eben schnell einige Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen.

Sie, Herr Bundesminister, haben ja heute auch ein Thema angesprochen, das mir sehr wichtig erscheint, nämlich das Thema Stiftungen. Steuerregelungen in Österreich hiezu – Sie haben das richtigerweise gesagt: das wurde nicht unter Schwarz-Blau eingeführt, sondern unter Rot-Schwarz – sind nicht nur in Europa, sondern weltweit einzigartig! Jegliches Stiftungsrecht ist geregelt auf Gemeinnützigkeit – nur das österreichische dient dazu, dass sich´s einzelne richten, um ihr Wohlergehen zu sichern! Das ist meiner Überzeugung nach nicht tragbar und längst einer Revision bedürftig!

Wenn Sie, Herr Minister, ausführen, dass das zu Zuflüssen im Finanzbereich geführt hat, so ist das wahr; das stimmt schon, aber: Wenn Sie als Finanzminister sich die Unternehmens-, die Gesellschafter– und Besitzerstruktur anschauen – da können Sie quer durch alle Branchen schauen – so sehen Sie, dass es da zum Gutteil schon um Stiftungen geht, um Stiftungen, die es schaffen, ihr Vermögen, ihre Gewinne der Besteuerung in normaler Form zu entziehen, denn wie wir wissen, ist die Besteuerung von Stiftungen in Österreich einzigartig niedrig, zum Nachteil für ganz Österreich!

Zu diesem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz hat ja Herr Kollege Weiss bereits einiges ausgeführt. Wir von den Grünen sind der Meinung, dass das nicht die optimalste Variante ist, es gibt sicherlich optimalere Versionen – und da gibt es auch etwas, Herr Minister, was wir schon vermissen, nämlich dass Sie die Vollstreckungs-Amtshilfe nicht gleich mitverhandelt haben, ein wesentlicher Punkt, denn in Österreich sind seit Beginn dieses Jahres immerhin schon 1 Million € an Steuern ausständig, Steuern, die man aber so nicht eintreiben kann. Das wäre jedenfalls ein Punkt gewesen, das mitzuverhandeln, das in dieses Abkommen sozusagen mit hinein­zunehmen.

Zweiter Punkt, ein innerstaatliches Thema: dass die Einnahmen genau aus diesem Bereich in den Finanzausgleich miteinbezogen hätte werden sollen.

Zwei Dinge also, die da noch anstehen, wie wir meinen.

Generell ist jedoch zu sagen, dass ohne dieses Abkommen, wie es jetzt vorliegt, größerer Schaden, größerer Nachteil für Österreich entstanden wäre – und daher wird dieses Abkommen unsere Zustimmung finden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

10.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister Mag. Grasser, Sie haben das Wort.

 


10.55.16

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Eingangs möchte


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 50

ich – da Herr Bundesrat Einwallner vorhin behauptet hat, Klein- und Mittelbetriebe wür­den von uns nicht entsprechend unterstützt; Rahmenbedingungen würden nicht ver­bessert – zwar jetzt diesbezüglich nicht ins Detail gehen, aber schon anführen, meine Damen und Herren, dass es eine Studie des Instituts für Höhere Studien gibt, aus der klar hervorgeht, dass diese österreichische Bundesregierung Entlastungen bei den Klein- und Mittelbetrieben von 1,3 Milliarden € umgesetzt hat. Ich wiederhole: Entlas­tungen für Klein- und Mittelbetriebe in Höhe von 1,3 Milliarden €!

Sie, meine Damen und Herren Bundesräte, haben gerade vor einigen Wochen ein Paket beschlossen, in dem es um Einnahmen-, Ausgabenrechner ging, ein Anliegen, das wir intensiv verhandelt haben, ein Paket, mit dem weitere sehr deutliche Verbes­serungen und Entlastungen in Höhe von über 200 Millionen € für Einnahmen-, Aus­gabenrechner umgesetzt werden. Dabei geht es um immerhin eine Gruppe von über 300 000 Betroffenen, für die es, wie gesagt, 200 Millionen € an Entlastung gibt.

In Summe, meine Damen und Herren, kann man daher von einer nachhaltigen Entlastung für Klein- und Mittelbetriebe in Höhe von 1,3 bis 1,5 Milliarden € sprechen. Ich möchte für diese Bundesregierung in Anspruch nehmen, dass wir bereits vor einigen Jahren durch die Bundesländer gereist sind und dort auf Klein- und Mittel­betriebe zugegangen sind und gefragt haben: Sagt uns, wo aus eurer Sicht die Prob­leme gegeben sind! Was sind die Schwächen in Bezug auf die Rahmenbedingungen? Was können wir für die Klein- und Mittelbetriebe besser machen? – Das hat es niemals zuvor in Österreich gegeben.

Daher nochmals: Uns ist es ein großes Anliegen und wir wollen alles tun, um gerade die Klein- und Mittelbetriebe spezifisch zu unterstützen, weil wir wissen,

dass diese den Großteil der Arbeitnehmer Österreichs beschäftigen,

weil wir wissen, dass sie für den Großteil der Wertschöpfung und des Wachstums in Österreich verantwortlich sind,

weil wir wissen, dass sie einen großen Teil der Steuern zahlen und insofern das Rückgrat unserer Wirtschaft sind.

Daher, meine Damen und Herren, möchte ich ganz einfach und jenseits jeder Polemik sagen: Diese österreichische Bundesregierung hat absolute Priorität in der Finanz-, in der Steuer-, in der Wirtschaftspolitik den Klein- und Mittelbetrieben unseres Landes gegenüber gesetzt – und wir werden das selbstverständlich auch weiterhin tun. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Zweite Fußnote, da von Herrn Bundesrat Einwallner die Beratungskosten ange­sprochen wurden: Wenn man, meine Damen und Herren – das auch ohne jede Polemik –, über Beratungskosten diskutiert, würde ich aber schon um ein gewisses Maß an Objektivität ersuchen. Maß der Objektivität wäre erstens, dass man auch anführt, was dabei herausgekommen ist. 17 Millionen € für Beratungskosten ist ja noch nicht etwas, das aussagekräftig ist, sondern man sollte dem schon gegenüberstellen, wofür dieses Geld eingesetzt wurde. Da würden Sie nämlich draufkommen, dass das Bundesministerium für Finanzen – im Gegensatz zu allen anderen Ressorts –, eben auf Grund der Kompetenzen des BMF, beispielsweise Privatisierungen durchzuführen hatte, dass dem daher große Privatisierungserlöse gegenüberstehen.

Da würden Sie weiters draufkommen, dass das Bundesministerium für Finanzen – ich verweise in diesem Zusammenhang auf den jetzt neben mir sitzenden Staatssekretär Alfred Finz – in Bezug auf eine Verwaltungsreform sehr intensiv verhandelt und dazu eine Reihe von Horizontalaufträgen vergeben hat, wobei wir in diesem Falle die Kosten für alle anderen Ressorts übernommen haben, daher also die Beratungskosten bei uns verbucht wurden, obwohl diese für alle Ressorts angefallen sind.


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737. Sitzung / Seite 51

Wenn Sie sehen, dass wir alleine bis jetzt – vom Jahre 2000 bis zum Jahre 2006 –, eben durch eine bessere, zweckmäßigere, schlankere, effizientere und sparsamere Verwaltung, Ersparnisse für den Steuerzahler von mehr als 7 Milliarden € erreichen konnten, dann, meine Damen und Herren, kann man wirklich nur sagen: Das war gut investiertes Geld, und das würde ich heute genauso noch einmal machen, weil sich das unterm Strich nicht nur zehn-, sondern hundertfach für den Steuerzahler gerechnet hat! – Das hätte ich mir gewünscht, dass Sie von der SPÖ das auch dazu sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Meine Damen und Herren, was dieses Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz betrifft, bedanke ich mich sehr, wenn es gelingen sollte, das heute mehr­heitlich zu beschließen, und lassen Sie mich zur Kritik, die dazu gekommen ist, ausführen: Ich hoffe, dass es hier nicht wirklich jemanden gibt, der glaubt, wie das Herr Bundesrat Einwallner ausgeführt hat, dass wir gegen österreichische Interessen und etwas zum Nachteil Österreichs verhandeln würden!

Herr Bundesrat Einwallner, ich muss Ihnen sagen, wir haben in unserem Ressort gerade im Bereich Doppelbesteuerungsabkommen größte Experten internationalen Rufs, die das für uns verhandelt haben, und ich darf in diesem Zusammenhang Herrn Professor Dr. Loukota nennen, der auch hier ist und der eine Reihe von sehr, sehr guten und für Österreich vorteilhaften Doppelbesteuerungsabkommen verhandelt hat – und dessen Anliegen es natürlich auch in diesem Falle war, ein gutes Abkommen für Österreich zu erreichen. Das möchte ich dazu ausdrücklich betonen!

Zweiter Punkt: Wir haben dieses Abkommen deswegen neu verhandeln müssen, weil es ein Personenverkehr-Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union gibt, das es bisher nicht gegeben hat, und weil es das gibt, haben die Grenzgänger steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten. Ich sage gleich dazu – ich habe viele Erfahrungen mit den Grenzgängern gemacht, die Grenzgänger sind uns ein Anliegen! Wir haben vor einigen Jahren mit den Grenzgängern monatelang Diskus­sionen geführt; ich habe mich persönlich mit den Grenzgängern zusammengesetzt, um eine Lösung zu erreichen, zu der dann alle Seiten gesagt haben, okay, das ist akzeptabel; auch die Grenzgänger glauben, dass das eine vernünftige Lösung ist.

Sie haben gesagt, das Thema Grenzgänger war uns nicht einmal eine Antwort wert. Lieber Herr Bundesrat Einwallner, ich weiß nicht, warum dieses Antwortschreiben offensichtlich nicht seine Adressaten erreicht hat. Ich kann Ihnen nur sagen – ich habe das recherchieren lassen –, es gibt einen entsprechenden Antwort-Entwurf und einen abgeschlossenen Akt im Finanzministerium. Dieser Brief trägt das Datum 3. Jänner 2006; Sie haben mir gesagt, die Anfrage war datiert mit 24. November 2005. Ich werde selbstverständlich überprüfen lassen, warum dieser Brief die Grenzgänger nicht erreicht hat. Wenn das so gewesen sein sollte, werde ich auch noch einmal Kontakt mit den Grenzgängern suchen, aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Briefe, die bei uns einlangen, selbstverständlich auch beantwortet werden und dass es uns ein großes Anliegen ist, auf all jene in der österreichischen Bevölkerung, die Probleme sehen, die Sorgen haben oder sonst etwas, zuzugehen, sich mit ihnen zusam­menzusetzen und zu versuchen, entsprechende Lösungen zu finden!

Zur Frage Grenzgänger-Besteuerung. Warum gibt es da Handlungsbedarf? – Auf Grund dieser neuen EU-Rechtslage Personenverkehr-Freizügigkeitsabkommen zwi­schen der Schweiz und der Europäischen Union. Und da unterstelle ich niemandem irgendetwas, da gehe ich nur davon aus, dass die Vorarlberger und selbstverständlich auch andere Österreicher g’scheite Leute sind.

Jetzt einmal Hand aufs Herz, meine Damen und Herren: Wenn Sie durch eine einfache Gestaltung Ihrer Lebensumstände, nämlich dadurch, dass Sie fallweise am Arbeitsort,


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737. Sitzung / Seite 52

also in der Schweiz, übernachten, erreichen können, dass Sie nicht mehr unter das österreichische Einkommensteuergesetz, sondern unter einen Schweizer Tarif fallen, wo Sie eine Durchschnittssteuerbelastung von nur 10 bis 15 Prozent haben, dann muss ich Ihnen sagen, da rede ich gar nicht davon, dass Sie unehrlich oder sonst etwas sind, sondern das ist eine völlig legale Gestaltung für jene Österreicherinnen und Österreicher, die in der Schweiz arbeiten. Blöd wären sie, wenn sie nicht ein, zwei Mal im Monat dort übernachten würden, um somit unter das Schweizer Steuerrecht zu fallen. Das ist ein absolut legaler Akt, der völlig in Ordnung wäre.

Ich frage Sie, Herr Abgeordneter Einwallner, und die anderen sozialdemokratischen Abgeordneten: Wie würden Sie es rechtfertigen, wenn alle Österreicherinnen und Österreicher, die ihre Einkommen nach österreichischen Steuersätzen zu besteuern haben, schlechter behandelt werden und die Grenzgänger, die in Wirklichkeit selbst­verständlich Österreicher sind, aber in der Schweiz arbeiten, in ein anderes Steuer­regime fallen?

Der Steuerausfall – Herr Bundesrat Weiss hat das im Detail ausgeführt – würde im Extremfall, wie Sie dankenswerterweise erwähnt haben, jährlich maximal 80 Mil­lionen € ausmachen, gerechnet ganz einfach so, dass alle Grenzgänger von dieser legalen Steuerfluchtmöglichkeit in die Schweiz Gebrauch machen. – Okay, jetzt machen das vielleicht nicht alle, aber bis zu 80 Millionen € könnte es ausmachen; nur um Ihnen ein Bedrohungspotential aufzuzeigen, das sich für das österreichische Budget, für den österreichischen Haushalt ergeben würde.

Das heißt, meine Damen und Herren: Wenn es zu keiner Abkommensrevision mit der Schweiz kommt, dann ist klar, dass es diesen größeren Steuervorteil geben wird; auch für die Schweiz, weil es dem Schweizer Finanzminister logischerweise nur recht sein kann, wenn sie in der Schweiz zu besteuern sind. Die Schweiz könnte dann auch die volle innerstaatliche Steuer von den Lohneinkünften erheben, und es müsste zu keinem Steuerausgleich mit Österreich kommen.

Meine Damen und Herren, reden wir über die 12,5 Prozent des Lohnsteuer­aufkom­mens, die angesprochen wurden, die unsere Experten herausverhandelt haben. Frau Abgeordnete Lichtenecker hat die Vollstreckungsamtshilfe angesprochen. Die Voll­streckungsamtshilfe, was die Grenzgänger betrifft, haben wir erreicht. Das ist Bestandteil des Abkommens. Die Schweizer leisten Vollstreckungsamtshilfe, was die Grenzgänger betrifft. Ich darf Ihnen sagen, diese Kombination, dass die Schweizer bereit sind, Amtshilfe zur Vollstreckung zu leisten und 12,5 Prozent des Lohn­steuer­aufkommens an Österreich zu refundieren, das ist einzigartig. Es gibt kein zweites Abkommen, das die Schweiz mit irgendeinem anderen Land abschließen würde oder abgeschlossen hätte, das diesen Gütekriterien gegenüber Österreich als zweiten Partner entsprechen würde.

Das heißt, hier haben wir wirklich viel erreicht. Sie haben schon eine Menge an Doppelbesteuerungsabkommen beschlossen – diese Bestimmungen hat es in keinem einzigen anderen Doppelbesteuerungsabkommen gegeben.

Wenn wir das Abkommen heute nicht beschließen, dann gibt es eine ganz legale Steuerfluchtmöglichkeit, und ich könnte auch niemandem gram sein, wenn er sie in Anspruch nehmen würde, weil er sich einfach eine Menge Steuergeld erspart. Für Österreich wäre das ein Schaden! Ich glaube daher, dass es keine Alternative dazu gibt, dieses Abkommen zu beschließen. Ich ersuche Sie, das entsprechend anzu­nehmen.

Die Frage im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich, die angesprochen wurde, ist eine Frage, die in einem zweiten Schritt zu diskutieren ist, wann immer man der Meinung ist, einen Entschließungsantrag oder sonst etwas einbringen zu müssen, das


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 53

steht selbstverständlich jedem frei. Es ist eine finanzausgleichsrechtliche Materie, die man dann im Detail diskutieren müsste: Gibt man auch den Ländern, Städten und Gemeinden ein Stück von diesem Kuchen ab oder nicht? Das müsste man zu gegebenem Zeitpunkt in einer Phase zwei besprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

11.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es liegt eine weitere Wortmeldung des Bundesrates Weiss vor. – Bitte.

 


11.06.05

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich greife die Anregung des Herrn Finanzministers gerne auf und bringe folgenden Entschließungsantrag ein (Bun­desminister Mag. Grasser: So war es nicht gemeint!):

Entschließungsantrag

der Bundesräte Weiss, Einwallner, Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, die nach Punkt 4 des Schlussprotokolls zu dem am 21. März 2006 unterzeichneten Doppelbesteuerungsabkommen von der Schweiz zu leistende Vergütung als gemeinschaftliche Bundesabgabe zu behandeln und demzufolge wie die direkt erhobene Einkommenssteuer auf Bund, Länder und Gemeinden zu verteilen.

Sollten dem zwingende Bestimmungen des Finanz-Verfassungsgesetzes oder des Finanzausgleichsgesetzes entgegenstehen, wird die Bundesregierung ersucht, sofort nach Beginn der XXIII. Gesetzgebungsperiode dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, mit der eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen wird.

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

11.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Diesmal teile ich es gleich mit: Der Antrag ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Es liegen hiezu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher nun zur Abstimmung.

Ich weise darauf hin, dass der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selb­ständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt. Er bedarf daher der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 54

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters lasse ich über den vorliegenden Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolle­ginnen und Kollegen abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustim­mung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Weiss, Einwallner, Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Ent­schließung.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit angenommen. (E 216-BR/06.)

11.09.322. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanz­konglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1558 d.B. und 1585 d.B. sowie 7629/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird (1586 d.B. sowie 7630/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun kommen wir zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung zu den Punkten 2 und 3 wird von Herrn Bundesrat Molzbichler übernommen. Ich bitte um die Berichte.

 


11.10.06

Berichterstatter Günther Molzbichler: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behörden­gesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 55

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abschluss­prüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte.

 


11.11.06

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vor­liegende Gesetzentwurf soll die so genannte Basel-II-Richtlinie umsetzen. Der Weg zu Basel II war ein sehr langer und schwieriger und war gepflastert mit großer Verun­sicherung – er hat sich jedoch gelohnt. Vieles konnte im Vorfeld schon abgeklärt und entschärft werden, nicht zuletzt auch durch die Einflussnahme unserer Wirtschafts­kammer.

Österreich hat im Verhältnis zur Größe des Landes sehr viele Kreditinstitute, und diese sind von der neuen Regelung in hohem Maße betroffen. Der vorliegende Gesetz­entwurf soll die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeiten der Kreditinstitute und die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten umsetzen. Die Neuerung ist ein dreiteiliges System, ein System, das auf drei Säulen aufgebaut sein wird.

Säule Nummer 1 enthält im Wesentlichen die klassischen, bisher bereits bekannten Ordnungsnormen; auch operationelle Risiken sind berücksichtigt. Dies bedeutet, dass Institute zur Erfassung der einzelnen Risiken entweder den Standardansatz anwenden oder mit aufsichtlicher Bewilligung im so genannten IRB-Ansatz interne Verfahren der Bemessung des Kredit- und Ausfallsrisikos verwenden. Die Berücksichtigung des operationellen Risikos tritt neu hinzu.

Säule Nummer 2 bildet eine verstärkte Bankenaufsicht und eine vermehrt risiko­spezifisch ausgestaltete Sorgfaltspflicht der Institute. Dies bedeutet, dass die unmittel­bar an die Kreditinstitute gerichteten Anforderungen der ersten Säule ergänzt werden. Sie schreibt weiters vor, dass die Institute über eigenverantwortliche Strategien und Verfahren für angemessene Risikoerfassungen und Eigenmittelbemessungen verfügen müssen. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde hat künftig Aufsichtsstrategien zu ent­wickeln, die auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen haben.

Säule Nummer 3 bildet eine erweiterte Offenlegungspflicht. Die neue Offenlegungs­pflicht umfasst insbesondere die Organisations- und Geschäftsstruktur der Kredit­institute. Sie stellt daher in den Anforderungen an die Kreditinstitute keinen Bestandteil der hoheitlichen Aufsichtstätigkeit dar, sondern tritt zum Komplex des Aufsichtsrechtes hinzu. Die Finanzmarktaufsicht wird, wie schon bisher, sowohl Gesetze und Verord­nungen als auch Leitlinien und Strategien für die Aufsichtstätigkeit veröffentlichen.

Bedacht genommen wurde in den Verhandlungen auch darauf, dass diese neue Richtlinie im Interesse der Unternehmen, der Kreditwirtschaft und vor allem auch der Kunden so einfach wie möglich ausgearbeitet wurde. Es sollte bei den Verhandlungen auch sichergestellt werden, dass Nachteile im Hinblick auf die Fremdkapital­auf­bringung der KMU in Österreich weitestgehend verhindert werden.


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737. Sitzung / Seite 56

Weiters war es ein Anliegen unserer Fraktion, dass im Zuge der Basel-II-Umsetzung geplante ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile für einzelne Sektoren, zum Beispiel Raiffeisen oder Sparkassen, hintangehalten werden.

In zähen Verhandlungen ist es weiters gelungen, eine Retail-Grenze von 1 Million € zu schaffen. Dies bedeutet, dass viele Betriebe die Möglichkeit haben werden, auch in Zukunft unter dieser Grenze von 1 Million € sozusagen außerhalb der genauen Risiko­beurteilung Finanzierungen wahrzunehmen. Die Kreditinstitute wissen um die wirt­schaftliche Situation der Klein- und Mittelbetriebe meist sehr gut Bescheid. Wir sehen darin eine große Chance für Klein- und Mittelbetriebe, die sich mit ihren Finanzierungs- und Kostenstrukturen näher auseinander setzen werden müssen.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass diese Richtlinie wichtig und notwendig ist und ein richtiger Schritt in die richtige Richtung war. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.16


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


11.16.06

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich möchte vorerst eine von den Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion initiierte APA-Aussendung aus unserer Sicht kommentieren. Kollege Schennach – er ist leider nicht da – beruft sich hier auf die heutige Situation und bezeichnet uns von der Fraktion der ÖVP als „devote und kriechende Mandatare“. – Das kann man nur in aller Schärfe zurückweisen!

Ich darf nur einen Satz in diesem Zusammenhang anführen: Wir haben Österreich reformiert, wir haben etwas weitergebracht, und dazu braucht es keine devoten und kriechenden Mandatare, sondern selbstbewusste, eigenständige Mandatare! – Das möchte ich hier in aller Form erwähnt haben, sehr verehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

Weil Sie von den Grünen sich wie so oft wieder einmal auf den Finanzminister ein­geschossen haben, kann ich hier an dieser Stelle nur sagen: Es war wie immer ein Schuss, der nach hinten losgegangen ist! Ich danke dem Herrn Finanzminister aus­drücklich dafür, dass er diese Art und Weise gar nicht erst kommentiert hat und Ihre Äußerungen, wie ich auch, natürlich zurückweist.

Ich komme auf die vorliegenden Gesetzesmaterien zu sprechen. Frau Kollegin Ebner, es ist schön, nach Ihnen zu sprechen, und ich kann Ihnen in aller Form nur Recht geben. Das möchte ich einmal erwähnt haben.

Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss, dessen Beratungen sich über Jahre hin­gezogen haben und zusammengefasst unter dem Titel „Basel II“ einen großen Bekanntheitsgrad erlangt haben, werden Materien für unsere Geld- und Kredit­wirtschaft, aber auch für die Kredit nehmende Wirtschaft mit weit reichenden Kon­sequenzen umgesetzt, wobei es bei dieser Basel-II-Geschichte um die Umsetzung einer EU-Richtlinie geht – auch schon angesprochen –, also um eine Weichenstellung, die in der EU vorgenommen wurde.

Österreich hat – und das ist auch besonders herauszustreichen – bei der Schaffung dieser Richtlinie sehr bewusst seinen Standpunkt vertreten und wichtige Punkte wie die Retail-Grenze oder die Valorisierung et cetera durchgesetzt. In diesem Rahmen wurde, wie erwähnt, in langwierigen Verhandlungen eine sehr praktikable Lösung auch für Österreich gefunden, weil wir auf Grund unserer nach wie vor großen Dichte an Bank- und Kreditinstituten einen besonderen Status im Bereich des Bankwesens haben.


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737. Sitzung / Seite 57

Ziel und Bestreben bei diesem Gesetz war es, bei der Kreditgewährung nach der Bonität der Kreditnehmer zu unterscheiden und dabei nicht zu sehr auf die typisch österreichische klein- und mittelständische Struktur der österreichischen Wirtschaft zu vergessen, weil sie das Herzstück unserer wirtschaftlichen Aktivitäten und somit Garant für Arbeit und Beschäftigung ist. Dies bedeutet, dass viele tausende Betriebe unterhalb der so genannten Retail-Grenze von 1 Million €, also außerhalb der Risiko­beurteilung, ihre Finanzierungen vornehmen können und somit keine zu großen Hürden für unsere KMUs entstehen, die – und das ist auch eine Tatsache! – zu einem hohen Prozentsatz fremdfinanziert sind. Deshalb sind sie selbstverständlich auch auf finanzierbare Kredite unserer Bankwirtschaft angewiesen.

Andererseits ist die Umsetzung von Basel II aber auch ein Auftrag an die Betriebe, in Hinkunft auch Rating-orientiert zu denken und zu handeln. Damit sollten unter normalen unternehmerischen Gesichtspunkten die Produktivität und die Konkurrenz­fähigkeit der Unternehmen ebenfalls ansteigen.

Dies ist eine sehr gute gesetzliche Lösung, bei der es vor allem durch gute Verhandlungen gelungen ist – wie erwähnt –, das als Schreckgespenst bezeichnete Basel II, in dessen Zusammenhang uns schon der Untergang von vielen Unternehmungen prophezeit wurde, in den Griff zu bekommen.

Besonders erfreulich ist, dass es in einer derart wichtigen Materie parteiübergreifend Konsens – zum Wohle unserer Wirtschaft – gegeben hat. Ich darf mich an dieser Stelle auch ausdrücklich bei unserem Herrn Bundesminister Karl-Heinz Grasser bedanken!

Wir werden dieser Gesetzesvorlage gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

11.20


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


11.20.44

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Beide Gesetz­entwürfe, die uns jetzt hier vorliegen, werden unsere Zustimmung finden.

Zum ersten Punkt, zur Umsetzung der EU-Richtlinie zu Basel II, möchte ich erwähnen, dass es uns Grünen besonders wichtig war, dass NGOs, die ja nicht gewinnorientiert sind, nicht auf Gewinn ausgerichtet sind, beim Rating keine Nachteile erfahren. Dieser Punkt ist uns ein sehr wichtiges Anliegen.

Weiters möchte ich noch eingehen auf das Thema „Kleinstbetriebe“, auf Ein-Personen-Unternehmungen, und deren Zugang zu Risikokapital. Wir, Herr Staatssekretär, glauben, dass wir diesbezüglich in Österreich einen enormen Nachholbedarf haben. Wir haben die Situation, dass die großen Betriebe eine gute Lobbying-Arbeit in ihrem Sinne machen, dass sie einen guten Zugang zum Kapitalmarkt, zum Finanzmarkt und natürlich zu all den Finanz-Förderinstrumentarien haben, die in Österreich zur Ver­fügung stehen; ein gut Teil ist inzwischen bei der aws angesiedelt. Das ist auch gut so, Kapitalzugänge sind wichtig sowohl für die großen als auch für die mittleren Unternehmen – aber insbesondere natürlich auch für die kleinen, kleinsten und Ein-Personen-Unternehmungen!

Zum Thema Risikokapital ist zu sagen, das wird derzeit von der klassischen Wirt­schaftsförderung auf jeden Fall nicht in dem Ausmaß abgedeckt, wie wir uns das vorstellen und wünschen würden. Von daher wäre es an der Zeit, entsprechende Förderinstrumentarien zu schaffen, die das auch tatsächlich möglich machen. Im


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Zusammenhang damit ist auch das Thema „Kreditvertragsgebühren“ und „Eintragungs­gebühren bei Hypotheken“ zu betrachten, für deren Abschaffung wir eintreten. (Demonstrativer Beifall der Bundesrätin Zwazl.) – Frau Kollegin Zwazl freut sich. Ja, das ist wirklich erfreulich, wenn wir in der Wirtschaftskammer irgendwann eine ge­meinsame Position finden. (Bundesrätin Zwazl: Was heißt „irgendwann“?) Irgendwann, jetzt, in dieser Situation.

Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen von ÖVP und BZÖ/FPÖ und so weiter – man weiß ja bei BZÖ und FPÖ nie, was sich in den nächsten Tagen Neues ergeben kann, ob es wieder eine neue kleine Fraktion gibt! Wie auch immer, uns ist es wichtig, einige Punkte in Bezug auf die Verbesserung der Bankenaufsicht, die wir mit einem Ent­schließungsantrag eingebracht haben, der in dieser Form aber keine Zustimmung gefunden hat, noch einmal zu thematisieren. Vergangene Zeiten, Beispiel Hypo Alpe-Adria, haben uns gezeigt, dass es hier großen Nachholbedarf gibt, dass entsprechender Handlungsbedarf gegeben ist, den wir so nicht abgearbeitet sehen. Wir können auch nicht erkennen, wann das geschehen sollte, Herr Staatssekretär!

Es geht uns darum, die Bankenaufsicht zu verbessern, zu stärken, die Frage der externen Rotation für Bankprüfer alle fünf Jahre verpflichtend einzuführen, eine Berichtspflicht der Internen Revision gegenüber dem gesamten Aufsichtsrat zu verankern. Es geht uns um die regelmäßige Überprüfung des Funktionierens der Internen Revision durch die Finanzmarktaufsicht, um eine schärfere und zeitnähere Informationspflicht der Bankprüfer gegenüber der Finanzmarktaufsicht, um eine bessere Ausstattung der Finanzmarktaufsicht.

Es gibt viele Bereiche, die uns hier fehlen, wo es aber genau darum geht, Themen wie Finanzmarktaufsicht und Bankenaufsicht aktiv anzugehen und entsprechende Qua­litäts­verbesserungen herbeizuführen, um einen guten und sicheren Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.25


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Zwazl. – Bitte.

 


11.25.26

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Einwand schon mitbe­kommen – nachdem ich gelobt wurde; dafür bedanke ich mich bei Ihnen, Frau Kollegin Ebner –, dass ich meine Rede streichen soll. Ich kann sie nur leider nicht streichen, weil ich mich beim Herrn Staatssekretär erstens einmal bedanken will und ihm zweitens etwas mitgeben möchte; Ruperta hat es schon angeschnitten. Ich nehme die Einwände der anderen Kollegen immer sehr ernst, zumal ich auch eine bin, die sagt, es geht ja nicht nach dem Valentin, dass ohnehin schon alles gesagt wurde, nur nicht von mir. Wir können ja ein bisschen zeitökonomisch vorgehen, deshalb habe ich mir das wirklich sehr zu Herzen genommen.

Ich meine, über den uns jetzt vorliegenden Gesetzentwurf können wir uns wirklich freuen, weil er sieben Jahre dauernde Verhandlungs- und Diskussionsprozesse zum Abschluss bringt. Mit dem Ergebnis können wir durchaus zufrieden sein. Gerade für die Wirtschaft ist das wichtig, weil in Klein- und Mittelbetrieben Verunsicherung und Existenzängste geherrscht haben, weil – und wir wissen auch, warum – bei unseren KMUs ganz einfach die Eigenkapitalquote sehr gering ist. Der Entwurf ist – und ich bedanke mich, ich freue mich ehrlich über jedes Lob – das Ergebnis einer musterhaften Zusammenarbeit aller: des Ministeriums, der Finanzmarktaufsicht, der Nationalbank, der Kreditwirtschaft und der Wirtschaftskammern.


Bundesrat
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Wir haben österreichweit Diskussionsveranstaltungen durchgeführt und haben dabei auf der einen Seite Ängste abgebaut und auf der anderen Seite die wesentlichen Anliegen unserer Betriebe an die Entscheidungsträger übermittelt.

Es war uns bald klar, dass Basel II für Banken und Wirtschaft eine Chance sein kann und ist. Die neuen Regelungen bedeuten, dass so genannte Soft Facts eines Unter­nehmens bei der Kreditentscheidung wichtig sind und auch berücksichtigt werden; das ist uns ganz wichtig. Die Person des Unternehmers, sein Innovationspotential, seine Fachkenntnis und die speziellen Möglichkeiten des Unternehmens sind gleichwertige Kriterien wie zum Beispiel ganz einfach betriebswirtschaftliche Kennzahlen.

Wir haben in der Wirtschaftskammer in Zusammenarbeit mit den Banken rasch Bera­tungsmöglichkeiten eingerichtet und die Unternehmen auf die Gespräche mit den Banken auf Basis der neuen Aspekte vorbereitet. Dadurch hat der Begriff „Rating-Verfahren“ viel von seinem Schrecken verloren. Es wird jetzt an den Banken liegen, die Unternehmen im konkreten Geschäftsfall über die Entscheidungskriterien zu infor­mieren und dadurch das Verständnis für die neuen Möglichkeiten zu stärken.

Aber ganz wichtig ist es auch, bei der Umsetzung von Basel II für die Banken ein Konzept zu finden, welches den Zusatzaufwand in Grenzen hält und unnötige Bürokratie vermeidet, weil die unnötige Bürokratie bei den Banken natürlich wieder für uns Kreditnehmer einen Rückschlag hat.

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Kreditwirtschaft muss durch eine ausgewogene Lösung gesichert sein. Auch dieses Ziel konnte in langwierigen und zähen Verhandlungen erreicht werden, weil sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Österreich bewusst waren und sind, und letztendlich hat das auch das Abstimmungsverhalten im Nationalrat bestätigt.

Die Umsetzung von Basel II ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft unserer KMUs! Aber trotz der Zufriedenheit mit dem Ergebnis dürfen wir nicht vergessen, dass weitere Maßnahmen dringend erforderlich sind. In der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode wurden schon wichtige Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die KMUs gesetzt, ein paar sind aber noch ausständig; diesbezüglich schließe ich mich dir, Ruperta (in Richtung der Bundesrätin Dr. Lichtenecker), an und möchte noch einmal sagen: Ich habe mich gefreut, dass neben Herrn Staatssekretär Finz auch Herr Bundesminister Grasser an diesen Verhandlungen teilnimmt, denn ich habe mir gedacht, wenn ich ihnen das im Doppelpack mitgeben kann, dass wir das dann unter Umständen schneller erreichen können. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker – Bezug neh­mend darauf, dass Bundesminister Mag. Grasser im Moment nicht im Saal anwesend ist –: Sollen wir ihn holen, er ist eh nur telefonieren?) – Nein, nein, bitte nein!

Ich weiß, dass hier ein sehr gutes Arbeitsklima herrscht und dass das auch weiter­gegeben wird. Man weiß auch im Finanzministerium, dass die Wirtschaft sehr hartnäckig ist und ihre Anliegen immer wieder bringt – und irgendwann wird alles umgesetzt.

Ich denke nur daran – und ich freue mich darüber –, dass es einen Verlustvortrag für Einnahmen-Ausgaben-Rechner gibt und nicht nur einen Anlaufverlust.

Herr Staatssekretär, etwas ganz, ganz Wichtiges ist die Abschaffung der Kredit­vertragsgebühr (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Sehr gut!) – sie stellt ein Novum dar, das wir in Österreich haben. Diese Gebühr beträgt 0,8 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent des Kredites und bedeutet insbesondere bei Betriebsübergaben eine massive Belastung.

Wenn man einen Kredit aufnimmt, so heißt das, dass man Geld braucht. Dazu kommt dann die Kreditvertragsgebühr und dann auch noch die Eintragung ... (Bundesminister


Bundesrat
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Mag. Grasser betritt wieder den Sitzungssaal.) – Herr Finanzminister, ich darf noch einmal beginnen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)

Na bitte, es ist doch ganz gut, wenn man länger redet; man erwartet es dann doch! (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Man kann es erwarten!)

Herr Bundesminister, ich habe sehr gelobt und gesagt, ich bin sehr froh darüber, dass wir Basel II jetzt haben und so weiter. Aber ich habe für meine heutige Rede auch drei wichtige Anliegen herausgenommen, bei denen ich mir noch Unterstützung wünsche, und ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich unseren Anliegen verschließt. Die Kreditvertragsgebühr zum Beispiel ist ein Faktum, das einfach weg gehört.

Ich habe soeben gesagt, dass ich dann, wenn ich Geld brauche, nicht noch zusätzliche Kosten bezahlen kann. Und da fiele wirklich sehr viel weg, da die Kreditvertragsgebühr eben 0,8 bis 1,5 Prozent beträgt. Dazu kommt dann noch – sozusagen im Doppel­pack – die Eintragung ins Grundbuch, für die man 1,2 Prozent des Pfandbetrages zu bezahlen hat. Das macht gerade für unsere Klein- und Mittelbetriebe, wenn sie sich 50 000 € oder 80 000 € aufnehmen, eine ganz schöne Summe aus.

Das dritte wichtige Anliegen, das ich heute hier noch loswerden möchte, ist die Ausarbeitung von Instrumenten zur Förderung von Beteiligungsfinanzierungen an KMUs. Damit soll diesen Unternehmen der notwendige Zugang zum Eigenkapital ermög­licht werden. Wir wissen, 99 Prozent unserer Betriebe sind KMUs und beschäf­tigen über zwei Drittel aller Mitarbeiter. Daher ist es ganz wichtig, dass sie auch in Zukunft weiter gut bestehen können, ihre Unternehmen ausbauen, und das geht nur, wenn wir genauso wie beim Konzept für Basel II alle so erfolgreich zusammenarbeiten. Und da gehen mein Wunsch und meine Bitte – ich habe ohnehin nur drei Punkte herausgenommen, Herr Finanzminister – vor allem in Richtung des Ministeriums. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

11.32


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


11.32.46

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Frau Präsi­dentin! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Ich möchte mich ebenfalls bei allen Klubs bedanken. Es hat hier für Basel II vorbildliche Zusammenarbeit gegeben, und das Ergebnis lässt sich sehen. Wir erlassen ebenso wie Deutschland unser Gesetz recht­zeitig, sodass wir mit 1. Jänner 2007 die Basel-II-Bestimmungen umsetzen können und anwenden können.

Es ist hier schon angesprochen worden, dass natürlich darauf zu achten ist, dass in der Praxis nicht übermäßige Verwaltungskosten bei den Banken entstehen, die natürlich nicht nur EDV-Aufzeichnungen zu führen haben, die selbstverständlich immer auf den letzten Stand zu bringen, upzudaten sind, sondern es sind jetzt auch aufwendigere Prüfungen bei der Einzelkreditvergabe durchzuführen. Diese Verwal­tungskosten müssen im Zaum gehalten werden, sodass sie nicht überborden und nicht auf die Kunden übertragen werden. Was haben wir davon, wenn wir bessere Schuld­zinsen erreichen, auf der anderen Seite aber ein Verwaltungszuschlag kommt und im Endeffekt mehr zu zahlen ist? Das ist eine Sorge, und diesem Kapitel muss man sich widmen – wir im Finanzministerium werden sehr darauf achten.

Ein anderer Punkt, den Frau Bundesrätin Lichtenecker angesprochen hat: Wir haben selbst im Basel-II-Abkommen für Kleinst- und Kleinunternehmungen günstige, gute


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 61

Regelungen getroffen, da unsere Wirtschaft kleinunternehmerisch strukturiert ist. Daher war es notwendig, entsprechende Regelungen zu treffen. Und das wurde, glaube ich, beim Basel-II-Abkommen sehr gut berücksichtigt und voll getroffen.

Eine andere Frage betrifft das Risikokapital für Kleinstunternehmungen – da würde ich vor allem auch Jungunternehmungen dazunehmen. Das ist eine Frage, die in den Bereich der Wirtschaftsförderung gehört. In diesem Zusammenhang ist im Rahmen der aws durch eine Zusammenfassung der einzelnen Instrumente sehr viel geschehen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Aber noch zu wenig!) Das ist aber ein Kapitel, an dem noch weiter gearbeitet werden muss. Die Regierung hat ja einen Kapital­markt­beauftragten, und dieser hat auch entsprechende Ideen. Das ist sicher ein Kapitel, das in einer von der ÖVP geführten Bundesregierung in der nächsten Gesetz­gebungs­periode selbstverständlich weiter verfolgt werden wird. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Was sonstige Wünsche betrifft, zum Beispiel Kreditvertragsgebühren, so haben diese schon bei der letzten Steuerreform eine große Rolle gespielt. Da war das ein Thema, man musste jedoch aus Betragsgründen Prioritäten und Schwerpunkte setzen, aber ich kann versichern, dass bei den weiteren Entlastungen, die die Regierung ja plant, auch die Frage der Kreditvertragsgebühr und anderes, zum Beispiel Gerichtsgebühren, noch einmal untersucht werden wird.

Als konkretes Projekt betrachten wir, dass die Unternehmungen – und davon sind dann sehr viele KMUs betroffen – von unnötigen „öffentlichen Arbeiten“, also Arbeiten für Behörden entlastet werden, zum Beispiel von Meldepflichten befreit werden. Da wollen wir eine Entlastung in der Höhe von 2 Milliarden € erreichen. Wir streben also an, durch Gesetzesvereinfachungen, durch den Wegfall von Meldungen die Wirtschaft spürbar zu entlasten, also nicht nur auf dem steuerlichen Sektor, sondern auch arbeitsmäßig zu entlasten, indem wir etwa nach dem Beispiel der Niederlande eine derartige Aktion vornehmen. Dazu gibt es schon ein konkretes Projekt im Finanzministerium.

Das Thema Entlastung, speziell für unsere KMUs, ist also ein wichtiges Anliegen des Finanzministeriums. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

11.36


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitäts­sicherungsgesetz geändert wird.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 62

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.38.074. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchs­abgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungs­ge­setz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006 (1567 d.B. und 1587 d.B. sowie 7631/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Molzbichler übernommen. – Ich sehe, er ist nicht im Saal. Kann bitte der Vorsitzende des Finanzausschusses den Bericht erstatten? – Er ist ebenfalls nicht hier. – Da der Stellvertreter hier ist, darf ich ihn um die Berichterstattung bitten.

 


11.38.44

Berichterstatter Edgar Mayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchs­abgabe­gesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungsgesetz 1970 geändert werden – UFGS-Novelle 2006.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht und die Antrag­stellung.

Es liegen dazu keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung. – Wir sind im Moment am Zählen (Bundesrat Dr. Kühnel: Es geht sich aus!), ob wir beschlussfähig sind. – Es geht. Kolle­ge Himmer, ich darf Sie bitten, dass Sie von Ihrem Platz aus das Stimmrecht ausüben!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.40.405. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (1555 d.B. und 1588 d.B. sowie 7632/BR d.B.)


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6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (844/A und 1589 d.B. sowie 7633/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen jetzt zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Berichterstattung dazu hat Herr Kollege Molzbichler übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

11.41.16

 


Berichterstatter Günther Molzbichler: Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Werte Kollegen! Entschuldigung, ich hatte gesundheitliche Probleme, des­wegen war ich leider beim Tagesordnungspunkt 4 nicht hier. Ich bitte noch einmal um Entschuldigung.

Zu Tagesordnungspunkt 5 liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli dieses Jahres mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht zum Tagesordnungspunkt 6 liegt Ihnen schriftlich vor; daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli dieses Jahres mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zum Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte.

 


11.42.20

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, wir kön­nen uns darüber freuen, dass im Jahr 1921 das schöne Bundesland Burgenland an Österreich angegliedert und als selbständiges und gleichberechtigtes Land in die Bundesverfassung aufgenommen wurde.

Das Burgenland hat sich in den mehr als acht Jahrzehnten zu einer guten wirt­schaftlichen Region im Osten Österreichs entwickelt, auf die wir alle berechtigt stolz sein können. Das milde pannonische Klima, der Nationalpark Neusiedler See, der Seewinkel mit seinen Seen und Lacken sind für viele Besucher ein beliebtes Aus­flugsziel geworden. Nicht nur das Klima, auch die kulinarischen Genüsse, vor allem aber der gute Tropfen Wein sowie das Kulturprogramm – ich möchte hier nur die Seefestspiele in Mörbisch erwähnen – bieten den Gästen unvergessliche Eindrücke und Stunden.

Auf Grund der EU-Unterstützung mit der Ziel-1-Förderung ist es mit Einsatz und Leistung der Menschen des Burgenlandes gelungen, dass das Burgenland ein anerkannter Wirtschaftsstandort geworden ist, wo sicherlich auch weiterhin das Wirt­schaftswachstum anhält beziehungsweise noch gesteigert werden kann.

Ich gratuliere unserem östlichsten Bundesland, seinen Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Engagement, zu ihrer Tätigkeit, zu ihren Leistungen und freue mich über den


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 64

Bundeszuschuss in Höhe von 2 Millionen €! Ich weiß, dass dieser finanzielle Beitrag bestens und zielführend eingesetzt werden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun einige Worte zum Glücksspiel. Erlauben Sie mir als Vertreterin des Bundeslandes Niederösterreich, das in der Causa Glücks­spiele und Glücksspielautomaten in den letzten Monaten medial im Mittelpunkt gestanden ist, einige Bemerkungen.

Es gibt mittlerweile – darüber sind wir froh – ein weiteres Erkenntnis des Verwal­tungsgerichtshofes, wo, sollte ein Antrag auf Genehmigung nach dem Veranstaltungs­gesetz einlangen, zu prüfen sein wird und sämtliche Materien, die hier einfließen, nämlich das niederösterreichische Spielautomatengesetz und auch das Glücks­spiel­gesetz des Bundes, berücksichtigt werden müssen.

Geldspielautomaten sind in unserem Bundesland Niederösterreich bis jetzt, Gott sei Dank, verboten.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben leider auch in Österreich Menschen, die illegales Glücksspiel betreiben. Das heißt, dass sie ohne behördliche Bewilligungen über Internet Wetten oder Glücksspiele anbieten. Und da haben wir enormen Handlungsbedarf beziehungsweise müssen wir rechtliche Möglich­keiten schaffen, um dies zu verhindern.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf die Schweiz aufmerksam machen, die eine Regelung eingeführt hat, wo zum Beispiel im Bankwesenbereich für Kreditkarten­unternehmen festgestellt wurde, keine Zahlungen für derartige Geschäfte zu tätigen. Eine ähnliche Regelung wurde auch für Provider geschaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Daher war es für uns klar, dass in diesem Fall nicht politisches Agieren in den Vordergrund gestellt werden darf, sondern dass von uns allen Lösungskompetenzen gefragt sind. Spielsucht, das wissen wir alle, ist nach wie vor ein Stiefkind der Forschung, und gerade dieser Wissensmangel kann zu sozial­politischen Irrtümern und Fehlinterpretationen führen.

Mit der Legalisierung des Glücksspiels kann die Problematik der Spielsucht wahrlich nicht aus der Welt geschafft werden, und man wird das illegale Spiel auch nicht immer zu verhindern wissen, und zwar deswegen nicht, weil durch die Legalisierung Hürden für sozial schwache und ängstliche Menschen abgebaut werden. Es werden ver­schärfte Kontrollen notwendig sein, und ich zweifle daran, dass diese Kontrollen im vorgesehenen Umfang auch wirklich durchgeführt werden.

Wir dürfen nicht verleugnen, dass es mehr Süchtige geben wird, mehr Menschen in die Schuldenfalle tappen werden und dass es mehr zerstörte Familien geben wird. Hier müssen wir politisch Verantwortung tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer Liberalisierung, wie diese zur Dis­kussion stand, könnten wir unsere Zustimmung nicht erteilen, da wir alle wissen, dass jede Liberalisierung zu einem höheren Anteil an Spielsüchtigen führt. Wir stehen jedoch weiterhin zur Monopolregelung in Österreich und werden daher dem vor­liegenden Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Jany. – Bitte.

 


11.47.49

Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Frau Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte das Kompliment an Niederösterreich weitergeben und möchte mich für die netten Worte bedanken, die das Burgenland betroffen haben. Es hat mich sehr gefreut.


Bundesrat
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Als Burgenländer möchte ich mich bei Herrn Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, bei der Bundesregierung und natürlich auch bei unserem Herrn Finanzminister für die Zuwendung, für die Jubiläumsgabe in der Höhe von 2 Millionen € recht herzlich bedanken.

Es ist vorgesehen, mit diesem Geld Projekte im Bereich Beschäftigung, im Sozialwesen, im Jugendbereich sowie im Kultur- und Bildungsbereich zu unterstützen.

Ein kurzer Rückblick in die jüngere Geschichte des Burgenlandes: Anfang des 19. Jahrhunderts verließen 30 000 Burgenländer das Burgenland und wanderten aus – die meisten nach Amerika und Kanada. Hauptgründe für diese Massenabwanderung waren die ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen, die den Menschen keine Lebensgrundlage boten.

Die Ostöffnung und der Fall des Eisernen Vorhanges im Jahr 1989 haben gesell­schafts- und wirtschaftspolitisch eine neue Ära in der Entwicklung des Burgenlandes eingeleitet. Der EU-Beitritt und die Anerkennung des Burgenlandes als Ziel-1-Region haben sich positiv ausgewirkt. 10 000 zusätzliche Arbeitsplätze konnten durch Betriebsansiedlungen und im Tourismus geschaffen werden. Trotz aller wirt­schaftlichen Erfolge ist jeder dritte burgenländische Arbeitnehmer ein Pendler – er muss in die benachbarten Bundesländer beziehungsweise nach Wien oder Graz auspendeln.

Wir brauchen daher für den ländlichen Raum und die Grenzregion dringend Impulse. Bereits geplant sind Infrastrukturmaßnahmen, die EU-Förderung von 2007 bis 2013, die ländliche Entwicklung. Mit dem von Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl initiierten Wirtschaftsfonds stehen zusätzliche Mittel zur Verfügung.

Wir setzen im Burgenland auf erneuerbare Energie, bis 2013 wollen wir energieautark werden.

Das Burgenland rückt somit als östlichstes Bundesland ins Herz Europas.

Ich möchte mich noch einmal für die Zuwendung, für das Geburtstagsgeschenk bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

11.50


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.50.59

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Ebner hat zuvor davon gesprochen, dass auch die Niederösterreicher dafür stimmen. Ich kann jetzt aus Wiener Sicht sagen: Auch Wien ist dafür, dass es zu diesem Bundeszuschuss kommt. Die Frage ist, wie lange diese Bundeszuschüsse für Kärnten und das Burgenland gewährt werden. Ich denke, mit 100 Jahren ist dann ein Maß erreicht, wo man sagen kann, dass das ausreichend ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na ja, sonst wollen die Vorarlberger dann irgendwann für 800 Jahre eine Sonderzulage.

Ich denke, damit ist ein klares Zeichen gesetzt worden und in beiden Ländern auch eine Entwicklung unterstützt worden, aber irgendwann haben sich solche Zweck­zuschüsse im Finanzausgleich wiederzufinden und nicht außerhalb des Finanz­ausgleichs. – Selbstverständlich ist das jetzt sinnvoll und richtig.

Interessant ist, dass sich das jetzt beim 85. Geburtstag in zwei Bereichen vom 80. Geburtstag unterscheidet: einerseits in der Höhe, nämlich in der Halbierung des Zuschusses, und andererseits scheint derzeit das Klima in der Bundesregierung für Minderheiten nicht zum Besten zu stehen. Beim letzten Zuschuss anlässlich des


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Geburtstages hat man explizit darauf hingewiesen, dass Volksgruppen zu fördern sind. Diese klare Zweckbindung, die es zum 80. Geburtstag gab, kommt diesmal nicht mehr vor.

Selbst die burgenländische Landesregierung hat ja in ihrer Stellungnahme gemeint, dass diese Zweckbindung unklar ist, nämlich wenn man sagt, dass dieser Zuschuss für Kultur und Bildung, für die Identität und die Vielfalt im Burgenland einzusetzen ist. – Positiv denkend kann man sagen: Da sind selbstverständlich die Volksgruppen inkludiert. Man kann aber auch sagen, dass sie nicht inkludiert sind, denn in den Bereichen Bildung und Kultur kann man die Vielfalt auch in ganz anderer Art sehen.

Das wäre schön gewesen. Vielleicht kommt hier seitens eines Vertreters der Regierung noch ein klares Wort dazu, dass da selbstverständlich auch die Volksgruppen zu sehen sind. Dann ist das eine Aussage, die sozusagen mit dem Gesetz mitgeliefert wird. Wir werden dem gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bun­desräten der ÖVP.)

11.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Kampl. – Bitte.

 


11.53.56

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Lieber Kollege Schennach, Kärnten und das Burgenland haben nach dem Ersten Weltkrieg bei der Werdung der Ersten Republik etwas zuwege gebracht, was man nicht geglaubt hat: Kärnten konnte die Einheit bewahren, und das Burgenland kam zu Österreich. – Daher die hohe Verantwortung für die Heimat. Sie stehen zu ihrer Heimat und werden hoffentlich auch in Zukunft bei Jubiläen zu ihrer Heimat stehen. Daher ist dieser Bundeszuschuss berechtigt.

Ich würde mir nicht anmaßen, den Tirolern jemals Andreas Hofer wegzunehmen oder auch andere Patrioten. Wir haben mehr Patrioten in Österreich, und wir sollten zu ihnen stehen.

Wenn das Burgenland und die Burgenländer ihre Heimat so schätzen und auch in Zukunft zu Österreich stehen, dann ist diese Spende, die wir gemeinsam beschließen werden, berechtigt. (Bundesrat Schennach: „Spende“?)

Als neuntes Bundesland 85 Jahre bei Österreich, wie das Burgenland es ist, ist, glaube ich, ein Grund zum Feiern, aber auch ein Grund, dass wir uns gemeinsam darüber freuen.

Das Burgenland mit seiner kleinen Struktur an der Grenze hat es in den 85 Jahren nicht leicht gehabt. Trotzdem waren und sind die Burgenländer gerne bei Österreich und waren und sind auch fleißige Österreicher.

Als Bundesland an der Grenze, am Eisernen Vorhang, mussten das Burgenland und seine Bevölkerung in den zehn Jahren der Besatzung viel entbehren. Ich glaube, das war in wenigen Bundesländern so der Fall wie dort unter der russischen Besatzung.

Wie schaut das Burgenland derzeit im Kreise der übrigen Bundesländer aus? – Sehr starke gewerbliche Wirtschaft ist dort entstanden – dank der Bundesregierung –, aktive Kulturtätigkeit und eine wesentliche Einkommensverbesserung in den letzten zehn Jahren.

Das Burgenland hat knapp 300 000 Bürger, knapp 110 000 Haushalte, 397 Kilometer Staatsgrenze, 3 965 Quadratkilometer (Bundesrat Molzbichler: Jetzt haben wir aber


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nicht Heimatkunde!), 171 Gemeinden und 2,5 Prozent Bevölkerungszuwachs. Es ist sehr erfreulich, dass es ein Bundesland gibt, das diesen Zuwachs auf Grund des Fleißes seiner Bevölkerung und mit Unterstützung der Bundesregierung zuwege gebracht hat.

Seit Österreich EU-Mitglied ist, wurde das Burgenland für eine höchstmögliche EU-Förderung als Ziel-1-Gebiet ausgewiesen.

Im Burgenland hat es in den letzten zehn Jahren zur Freude aller Österreicher sehr starke wirtschaftliche Impulse gegeben, und es hat damit sehr stark aufgeholt.

Vom Bundesministerium für Finanzen und der EU werden für das laufende Quartal für das Ziel-1-Gebiet Burgenland noch 158 Millionen zur Verfügung gestellt.

Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Wir danken auch für die zusätzlichen 2 Millionen €. Wir Kärntner waren sehr froh, als wir diese 2 Millionen erhalten haben. Damit kann man ... (Bundesrat Molzbichler: Die bis heute noch nicht ausbezahlt wurden!) – Mit den Gemeinden ist bereits verhandelt, wie es die Bürgermeister und die Gemeinden wollen. (Bundesrat Molzbichler: Bis heute noch kein Geld gesehen!) Es wird ausbezahlt, und die Bürgermeister haben schon Vorschläge eingebracht. (Bun­desrat Molzbichler: Es ist noch nicht ausbezahlt! – Bundesrat Gruber – in Richtung des Redners –: Hast du schon Geld bekommen, Siegi?)

Dem Kollegen Schennach möchte ich nur Folgendes sagen: Wir sind im Burgenland die Minderheit, und wir sind in Kärnten die Minderheit – und das ist interessant: Die Minderheit in Kärnten sind gute Kärntner, und die Minderheit im Burgenland sind gute Burgenländer. (Bundesrat Gruber: Genau so ist es!) Es stellt sich die Frage, warum man immer versucht, etwas hineinzuinterpretieren. Wir alle sind gute Österreicher und gute Europäer – und das wollen wir sein.

Ich bedanke mich im Namen der Burgenländer für die 2 Millionen €, die zur Verfügung gestellt werden. Meine Damen und Herren, herzlichen Dank! (Beifall des Bundesrates Mitterer und Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Warum habt ihr dann ein Defizit in Kärnten?)

11.58


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


11.58.57

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Am 21. Jänner 1921 wurde unser Bundesland Burgenland als selbständiges und eigenständiges Bundesland in die Bundes­verfas­sung aufgenommen. Im gleichen Jahr, am 18. Juni 1921, fand erstmals eine Land­tagswahl im Burgenland statt.

In der Zwischenzeit ist viel passiert, und es hat sich viel verändert, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Und so können wir mit berechtigtem Stolz dieses Jubiläum feiern. Aus dem ehemaligen Armenhaus Österreichs wurde ein international anerkannter Wirt­schaftsstandort.

In den Jahren 1932 bis 1937 kam es in unserem Bundesland zu einer Aus­wanderungswelle. Viele Landsleute mussten ihre Heimat und sehr oft auch ihre Familien verlassen, da die ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen ihnen keine Lebensgrundlage boten. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1945, war abermals die Eigenständigkeit eine große Herausforderung. Nach der gesicherten Selb- und Eigenständigkeit folgte ein neuer-


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licher Rückschlag. Unsere Nachbarländer kamen unter kommunistische Herrschaft, und durch die Errichtung des Eisernen Vorhanges lag das Burgenland an der toten Grenze. Das Land war von seinen gewachsenen historischen Lebensadern getrennt, und dies wirkte sich äußerst negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. (Vize­präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Trotz dieser Situation gingen unsere Vorfahren mit sehr viel Fleiß und Einsatz­bereitschaft an die Arbeit und schafften somit das Fundament für ein neues modernes und aufstrebendes Burgenland. Diesen Generationen des Wiederaufbaues und denjenigen, die an unser Burgenland geglaubt haben, gebühren Dank, Respekt und Anerkennung.

Es gab in den letzten Jahren einen tief greifenden Strukturwandel, eine Modernisierung der Wirtschaft. Viele innovative Betriebe haben sich in unserem Land angesiedelt. Sechs Technologiezentren wurden errichtet. Es wurden Thermen errichtet, geschaffen und ausgebaut. Aus einem Land der verlängerten Werkbänke wurde ein Standort innovativer Zukunftstechnologien.

In einer aktuellen Studie des WIFO heißt es – ich zitiere –: „Das Burgenland war seit Anfang der neunziger Jahre im Hinblick auf Beschäftigung und Wertschöpfung das wachstumsstärkste Bundesland.“ – Das Burgenland hat also nicht nur vom Ziel 1-Status profitiert, auch die Ostöffnung war maßgeblich für die neue wirtschaftliche Dynamik in unserem Land.

Mit der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 ist das Burgenland endgültig vom Rand in das Zentrum des neuen Europas gerückt. Dieser historische Schritt hat viele neue Heraus­forderungen, aber gerade für die Grenzregionen auch Chancen gebracht. Diesen wirtschaftlichen Aufschwung im Burgenland weiterzuführen steht an oberster Stelle für die politischen Verantwortungsträger im Land, an der Spitze für unseren Herrn Landeshauptmann Hans Niessl.

Der Wirtschaftsstandort Burgenland hat sich auf der Basis der bisherigen zwei Ziel 1-Förderungsperioden sehr dynamisch entwickelt. Bei den entscheidenden wirtschaft­lichen Kennzahlen liegt das Burgenland über dem Bundesdurchschnitt. Die Zahl der Beschäftigten ist seit 2000 um 6 Prozent gestiegen, österreichweit, wie wir wissen, um 3,2 Prozent. Das Wirtschaftswachstum lag 0,3 Prozent über dem Österreichwert. Im Tourismus wurden 2005 erstmalig mehr als 2,5 Millionen Nächtigungen erreicht, und auch 2006 geht dieser positive Trend weiter nach oben.

Diese vergangenen Jahre sind mit Sicherheit die erfolgreichsten Jahre in der Vergan­genheit. Man wird auch in Zukunft diese Modernisierung des Landes weiter fortsetzen. Der Bundeszuschuss in der Höhe von 2 Millionen € wird im Sinne der Zukunfts­sicherung im Bereich der Beschäftigung, der Wirtschaft, des Sozialwesens und der Jugend sowie bei Kultur- und Bildungsprojekten zur Stärkung der Identität in unserem Bundesland Verwendung finden.

Auch dem Land Kärnten wurde, wie wir heute schon gehört haben, im vergangenen Jahr eine Jubiläumsgabe in der Höhe von 2 Millionen € zugesichert, wobei die betrof­fenen Gemeinden bisher noch keinen Cent davon gesehen haben. Daher hoffe ich, dass der Überweisungsweg ins Burgenland um einiges kürzer sein wird als jener nach Kärnten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich möchte mich abschließend im Namen unserer Landsleute für die Jubiläumsgabe in Höhe von 2 Millionen € recht herzlich bedanken, und ich bin überzeugt, dass dieser Betrag im Sinne der Bevölkerung unseres Bundeslandes Burgenland verwendet wird. Ein herzliches und aufrichtiges


Bundesrat
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Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

12.04

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Bitte sehr, Herr Kollege Molzbichler gelangt noch ans Wort.

 


12.04.31

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte noch einmal einwenden, dass diese 2 Millionen € Zuwendung für das Bundesland Kärnten, auch als Jubiläumsgabe gedacht, bis heute nicht eingetroffen sind, und mich würde auch interessieren, wo diese Sache hängen geblieben ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Bundesrates Mitterer.)

12.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Kollege Molzbichler! Als Berichterstatter kann man sich den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend eigentlich nicht zu Wort melden. Ich bitte, das im weiteren Verlauf der Debatte zu beachten.

Gibt es weitere Wortmeldungen?  Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Offenbar ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar kommen wir zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

12.06.197. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1494 d.B. und 1593 d.B. sowie 7634/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bolivarischen Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung und der Steuerhinterziehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1507 d.B. und 1594 d.B. sowie 7635/BR d.B.)


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9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1540 d.B. und 1595 d.B. sowie 7636/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1566 d.B. und 1596 d.B. sowie 7637/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 7 bis 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu diesen Punkten ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Offenbar nicht anwesend. – Der Vorsitzende des Ausschusses erstattet Bericht.

 


12.06.57

Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe die Berichte des Finanzausschusses. Die Berichte liegen in schriftlicher Form vor.

Zu Tagesordnungspunkt 7: Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates am 25. Juli 2006 in Verhandlung genommen und folgenden Be­schluss gefasst:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Der Bericht über das Abkommen mit der Bolivarischen Republik Venezuela liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor. Auch hier zur Beschlussfassung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zum Bericht über das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi-Arabien. Der Bericht liegt ebenfalls schriftlich vor. Ich komme auch hier zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


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Und nun zum letzten Bericht betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Tschechischen Republik. Auch hier zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Soweit zu den Berichten.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich schicke voraus, dass alle vier Doppelbesteuerungsabkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regeln, sodass alle der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG bedürfen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Volksrepublik Algerien auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Einhelligkeit; der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Einhelligkeit; der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bolivarischen Republik Vene­zuela.

Ich lasse zunächst über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Königreich Saudi-Arabien.

Ich lasse zunächst über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.


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Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Tschechischen Republik.

Ich lasse zunächst über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte um ein Handzeichen. – Das ist Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene, die dem Antrag zustimmen wollen, um ein Handzeichen. – Das ist Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

12.11.5811. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird (845/A und 1611 d.B. sowie 7608/BR d.B. und 7638/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Er ist jetzt da. (Bundesrat Wiesenegg: Immer da! – Heiterkeit.) Ich bitte ihn um den Bericht.

12.12.50

 


Berichterstatter Helmut Wiesenegg: Ich bin immer so glücklich, wenn Frau Kollegin Fröhlich darauf verweist, wo ich bin.

Meine geschätzten Mitglieder des Bundesrates! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich komme zum Bericht des Finanzausschusses.

Der Finanzausschuss hat diesen Bericht in Verhandlung genommen und stellt den Antrag, der Ihnen in schriftlicher Form jetzt hier vorliegt, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.13.00

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Olympi­schen Winterspiele 2014 mögen eine durchaus spannende, tolle Geschichte sein. Es ist auch durchaus klug, sich zu bewerben, auch von Salzburg und seinen Nach­barregionen, wenn einige Punkte geklärt wären und würden. Das ist eine Voraussetzung für uns und zählt zu den wichtigen Bereichen, die wir uns von so einem


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Großprojekt erwarten. Das ist nun einmal eine Bewerbung für eine Olympiade, die man durchaus mit der Austragung der Fußballweltmeisterschaften in Deutschland ver­gleichen kann. Wir haben auch gesehen, dass Großveranstaltungen in diesem Ausmaß durchaus positive Effekte haben können, und zwar für die Stimmung in einem Land, für die Wirtschaftsregion selbst. Deswegen bedarf es einer guten Vorbereitung.

Ein touristisches Leitprojekt in dieser Größe braucht Folgeabschätzungen, bei­spielsweise in Bezug auf den Verkehr, der, wie wir wissen, immer ein großes logistisches Problem darstellt, wo wir nicht sehen, dass dies tatsächlich auch gegeben ist oder ein Verkehrskonzept auch schon erstellt werden würde. Wir sehen auch nicht, dass generell ... (Bundesrat Bieringer: Wer sagt Ihnen das?) Unseren Recherchen zufolge ... (Bundesrat Bieringer: Das gibt es ja schon längst!)

Herr Kollege Bieringer, ich verstehe durchaus Ihre Interessen, der Sie aus Salzburg kommen. Aber wenn Sie eine Dieselbusflotte als Vorkehrung im Rahmen eines ökologischen Verkehrskonzept nennen, dann, muss ich sagen, ist das schon etwas schwach. (Beifall bei den Grünen.) Man sollte wirklich darauf achten, ein Verkehrs­konzept zu wählen, das den Anforderungen entspricht.

Ein anderer Bereich: Wir wissen, dass auch die Ausbauvarianten im Wintersport immer ein Thema im Hinblick auf Ökologie und Umwelt darstellen. Auch das sehen wir so nicht gegeben.

Ein uns sehr wichtiger Bereich ist das Thema der Kostenabschätzungen. Es werden nicht einmal in einem vernünftigen Maß Rahmenschätzungen oder detaillierte Kosten­abschätzungen angegeben. Man würde doch erwarten, dass diese vorhanden sein sollten bei einer Dimension, wie sie hier vorliegt.

Kollege Bieringer! Das Letzte – und das haben wir gerade im Ausschuss gehabt – ist das Thema der Haftungsübernahme. Bis zum heutigen Tag hat niemand sagen können, was wir heute beschließen sollen. Wie hoch soll die Haftungsübernahme des Bundes sein? Was ist die maximale Obergrenze? Meine Damen und Herren! Das kann es wohl nicht sein! Wir beschließen hier etwas, und Sie wissen keine Höhe, keine Obergrenzen und sonst etwas! Bislang hat man das nicht in Erfahrung bringen können, und das kann es bei Gesetzesvorlagen wohl nicht sein.

Und zuallerletzt: Einen Manager zu bestellen, einen Geschäftsführer für die Olympia­gesellschaft 2014, ist natürlich wichtig, wenn man sich dafür bewirbt. Aber diesen Posten, einen attraktiven Posten nicht auszuschreiben und freihändig unter der Hand zu vergeben, ist unserer Meinung nach ein Skandal. Insofern sind auch da die Kriterien für Transparenz nicht gegeben.

Aus all den vorher genannten Gründen werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.16


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Finz das Wort.

 


12.16.43

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich habe mich deshalb gleich gemeldet, weil ich eigentlich diese Fragen beantworten kann. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Super!) Die finanziellen Auswirkungen werden nach Schätzungen des Finanzministeriums auf insgesamt 40 Millionen € geschätzt.

Was beinhaltet die Haftungserklärung? – Durch das Olympia 2014-Ermächtigungs­gesetz wird die Bundesregierung ermächtigt, gegenüber dem Internationalen Olym­pischen Komitee Verpflichtungen für Investitionsleistungen zu übernehmen. Das geht


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mit dem konform, wie es bei den anderen Winterspielen war. Was sind das für Leistungen?– Das sind die notwendigen Investitionen in die Sportinfrastruktur. Es haftet nicht der Bund allein, sondern es ist gedrittelt zwischen Bund, Land Salzburg und der Stadt Salzburg (Bundesrat Gruber: Und den Gemeinden!) und den Umland­gemeinden, ja, richtig, Stadt Salzburg und Anrainergemeinden. Das stelle ich klar.

Diese Haftungsübernahme ist erforderlich, damit wir überhaupt in die Bewerbungs­phase kommen. Ich würde sagen, diese Olympischen Spiele – und das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt – sind eine gewaltige Investition in die Zukunft. Es sind damit auch Investitionen in die Infrastruktur verbunden, die späteren Generationen zugute kommen. Es ist eine Investition vor allem für unsere Jugend. Und ich würde eigentlich bedauern, wenn das kein einstimmiger Beschluss wäre. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Gruber. – Bitte.

 


12.18.38

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Lichtenecker, ich glaube, ich brauche auf die Fragen, die du da gestellt hast, nicht mehr einzugehen. Der Herr Staatssekretär war so nett und hat das im Vorfeld erledigt. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Detaillierte Kostenschätzungen, Ausschreibungen und so weiter, das fehlt mir alles!) – Liebe Kollegin! 2014 ist an und für sich weit. Und hier genaue Zahlen zu nennen, wäre so ähnlich wie Kaffeesudlesen. Daran beteiligen wir uns nicht. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Na bitte, Herr Kollege!)

Aber es ist gerade vom Herrn Staatssekretär gesagt worden, dass es eine Aufteilung der Kosten gibt: 40 Prozent Bund, 40 Prozent Land Salzburg, 10 Prozent Stadt Salzburg und 10 Prozent die restlichen Gemeinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, dass sich Salzburg schon 2006 bemüht hat. Aber wir sind dann im Finale leider nicht zum Zug gekommen. Salzburg hat aber ein sehr gutes Konzept vorgelegt, das verbesserungsfähig war. Dieses Konzept wurde jetzt für 2014 eingebracht. Dieses Konzept führte zu dem Erfolg, dass Salzburg ungefähr vor einem Monat, nämlich am 22. Juni, in die engere Wahl als Olympiakandidat gezogen wurde.

Am 7. Juli 2007 wird beim IOC-Kongress in Guatemala die Entscheidung über den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 fallen, und ich gehe eigentlich davon aus, dass Salzburg dabei sehr gute Chancen hat.

Einer der wichtigsten Punkte für ein IOC-konformes Bewerbungsdokument ist die Haftungserklärung durch die Bundesregierung. Mit diesem Bundesgesetz wird sie dazu ermächtigt. Die Grundlage dafür ist der am 27. Juni 2005 abgeschlossene Vertrag zwischen Bund, Land Salzburg, Stadt Salzburg, den Umlandgemeinden und dem ÖOC. Den Aufteilungsschlüssel hat der Herr Staatssekretär schon genannt.

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Diese Winterolympiade 2014 wäre eine große Ehre für Österreich und eine besondere Chance für Stadt und Land Salzburg. Ich bin persönlich überzeugt, dass neben den formalen Aspekten einige Kriterien für eine erfolgreiche Bewerbung Salzburgs sprechen.

Eine bereits gute Infrastruktur, Frau Kollegin, kann umweltfreundlich und umwelt­schonend olympiareif gemacht werden. Konzepte diesbezüglich liegen vor, und die kann man sich auch anschauen. In Salzburg sind bereits viele Sportstätten und Sportanlagen vorhanden. Es bedarf eines relativ geringen Aufwandes, diese Sport­stätten olympiareif zu machen. Diese sinnvollen Investitionen in die Infrastruktur


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ermöglichen auch eine Wiederverwendbarkeit sowie eine garantierte Nachnutzung, was ja jetzt schon bei diesen Sportstätten passiert, die ja vor der Olympiade auch schon genutzt werden. Es könnten Spiele der kurzen Wege werden – eine immer wieder vom IOC aufgestellte Forderung.

Ich glaube, ein nicht zu unterschätzendes Signal für die Öffentlichkeit, aber auch für das IOC ist das von allen vier Fraktionen in diesem Haus beschlossene Antidoping­gesetz. Dieses Gesetz wird die Glaubwürdigkeit Österreichs und Salzburgs bei der Entscheidung nächstes Jahr sicher unterstützen.

Preistreiberei und Nepp sollten kein Thema sein. Hoteliers und Betriebe haben im Vorfeld in Salzburg bereits zugesagt, Fixpreise zu unterzeichnen. Ich glaube, damit sind wir auf einem guten Weg und es passiert uns nicht das, was in Turin passiert ist. Ich hoffe, es passiert uns auch etwas anderes nicht, was in Turin passiert ist, dass nämlich unsere Behörden und unsere Justitia etwas vorsichtiger sind und nicht nachher, so wie anscheinend die Italiener, mit leeren Händen dastehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich haben sportliche Erfolge höchste Priorität. Aber man sollte die damit verbundenen wirtschaftlichen Impulse nicht vergessen. Ich glaube, es ist eine unbezahlte Werbung für Österreich und auch für Salzburg. Sollte Salzburg den Zuschlag nächstes Jahr bekommen, wird Salzburg beweisen, nicht nur eine Kultur- und Festspielstadt zu sein, sondern auch eine würdige Sport- und Olympiastadt.

Und zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es findet heuer im September die Radweltmeisterschaft in Salzburg statt. Ich würde sagen, schauen Sie sich das an! – Danke. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Wir kommen gerne!)

12.23


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


12.23.51

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Für uns ist das also mehr als eine spannende Geschichte, wie es Frau Dr. Lichtenecker gesagt hat. Es ist eigentlich erstaunlich, denn sie hat an und für sich sehr positiv begonnen und hat eigentlich durchaus sehr viel Positives gesehen. Es ist sehr schade, dass sich die Grünen nicht dazu durchringen können, dem zuzustimmen.

Wir sind jedenfalls erleichtert, dass nach Stadt und Land auch der Bund in das olympische Boot gestiegen ist. Auch an der Durchführungsgesellschaft wird sich die Bundesregierung mit 49,9 Prozent beteiligen, und es ist daher auch besonders die Haftung zu begrüßen. Ich muss auch anfügen, dass gerade für dieses Ergebnis unserem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zu danken ist, der für Salzburg eine Beteiligung auf die Beine gestellt hat, wie sie noch kein Sportevent in Österreich bekommen hat.

Unsere Chancen stehen gut; denn wie stellt sich die Situation dar, ohne jetzt Visionen zu verbreiten? – Die europäischen Stimmen sind nahezu frei, da die Sommerspiele ja 2012, wie wir wissen, in London stattfinden. Die Chinesen bewerben sich für 2018. Das kann nur realisiert werden, wenn Korea 2014 nicht zum Zug kommt. Das Konzept ist nach den Wünschen des IOC sehr optimiert worden. Das muss man sagen. Wir gelten als ein besonders sicheres Land, haben daher da auch die besten Karten und haben einen ausgezeichneten Ruf als Gastgeber von Sportgroßveranstaltungen.

Dazu kommen noch einige wichtige Punkte. Wenn man denkt, dass zirka 2000 der besten Wintersportler zu uns kommen, dann bedeutet das auch einen außerge­wöhnlichen Ansporn für unsere Jugend. Ich erinnere nur daran, was Olympische


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Medaillen und auch andere Medaillen alles auslösen können. Der WM-Titel von Werner Schlager in Tischtennis löste beim Nachwuchs in den Vereinen einen wahren Boom aus. Oder nach dem Olympiasieg von Kate Allen im Triathlon konnte der Ver­band seine Mitgliederzahlen fast verdoppeln. Also es ist auf alle Fälle ein riesiges Projekt für unsere Jugend.

Die wirtschaftlichen Aspekte sind teilweise ja schon angesprochen worden. Die Werbewirksamkeit in Zeiten hart umkämpfter Tourismusmärkte ist etwas besonders Wichtiges. Das Geld kommt vom IOC, nicht aus unseren Steuertöpfen. Auch der beschäftigungspolitische Aspekt ist nicht zu vergessen. Man weiß, dass zirka 1 500 Arbeitsplätze im Laufe der acht Jahre benötigt werden, und dazu kommen noch zirka 500 Arbeitsplätze für die Olympiagesellschaft. Salzburg ist bestens gerüstet.

Ich komme ja selber aus einem Ort, wo dann Spiele stattfinden werden, aus Bischofshofen, wo die Sprungbewerbe sind. Wir sind natürlich besonders interessiert und sind äußerst gespannt darauf. Ich darf also sagen, wir haben in Salzburg – das kann man in Schlagworten aufzählen – die perfekte Hotelinfrastruktur. Ein Großteil der Sportstätten ist vorhanden. Die Erfahrung haben wir. Wir veranstalten jährlich Weltcuprennen und vieles andere mehr. Wir haben ein begeisterungsfähiges Publikum, das beweisen alle diese Veranstaltungen.

Was auch durchaus in Richtung Grün zu sagen ist: Es gibt kaum Eingriffe in die Natur! Wir haben das alles schon. Es muss nicht alles umgebaggert und neu gebaut werden, und es müssen nicht ganze Berge versetzt werden, das ist alles da. Dies bedeutet nicht zuletzt auch ein besonderes Aufbruchsignal für die gesamte Region, das wir immer brauchen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Schulterschluss zwischen Stadt und Land.

So gesehen ist das alles sehr zu befürworten. Man könnte zum Schluss sagen: Den Mutigen gehört die Welt, den anderen oder Grünen bleibt das Jammern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

12.28


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – (Bundesrat Wiesenegg: Nein, Herr Präsident!) Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

12.28.5312. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geän­dert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanz­buchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (846/A und 1578 d.B. sowie 7626/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth.

 


12.29.13


Bundesrat
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Berichterstatterin Mag. Susanne Neuwirth: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschafts­treuhandberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanz­buchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird.

Der Bericht liegt Ihnen in Schriftform vor. Ich komme sogleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

 


12.30.00

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In meiner Rede werde ich primär auf die Bilanzbuchhaltungsberufe, deren Regelung heute geändert wird, eingehen.

Seit 1. Juli 1999 sind neben den Wirtschaftstreuhändern auch zwei weitere Berufe, nämlich der Selbständige Buchhalter und der Gewerbliche Buchhalter, zu Buchhaltungstätigkeiten berechtigt. Die Befugnisse der beiden Berufe waren und sind sehr unterschiedlich.

In einer von der SPÖ initiierten und einstimmig angenommenen Entschließung wurde der Bundesminister gebeten, in der XXII. Legislaturperiode die Rechte der Selb­ständigen Buchhalter und der Gewerblichen Buchhalter anzugleichen und die derzeit getrennten Berufe zu vereinigen. Ziel sollte es sein, einen einheitlichen Buchhaltungs­beruf zu schaffen, im Rahmen dessen den Kunden eine umfassende, ihren Bedürfnissen entsprechende Dienstleistung erbracht werden kann.

In mehreren Parteienverhandlungen wurde nun das zu beschließende Gesetz erar­beitet. Wesentliche Inhalte sind: Zusammenfassung der bisher getrennten Berufe Gewerblicher Buchhalter und Selbständiger Buchhalter zu einem Bilanzbuchhalter. Gleichzeitig werden die Rechte nach den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Die Abgrenzung zum Steuerberater bleibt weiterhin aufrecht, und somit können mehr als 300 000 kleinere und mittelständische Unternehmungen zukünftig die Dienstleistung des neuen Bilanzbuchhalters in Anspruch nehmen.

Natürlich bedarf es bestimmter Voraussetzungen, um diesen Beruf ausüben zu können: einerseits der vollen Handlungsfähigkeit, besonderer Vertrauenswürdigkeit, geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse, aber auch die Fortbildung ist entsprechend nachzuweisen.

Weiters wurde in einem Vier-Parteien-Entschließungsantrag der Bundesminister ge­beten, sich diese neue Form des Berufes nach zwei Jahren anzuschauen und, sollten in einzelnen Bereichen Probleme auftreten, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Insgesamt gesehen werden sowohl für die Unternehmungen – es handelt sich da, wie gesagt, um klein- und mittelständische Unternehmungen –, aber auch für jene, die diesen Job zukünftig ausüben, transparente Kriterien geschaffen, und ich glaube, auch arbeitsmarktpolitisch kommt es für jene, die sich in diese Richtung bewegen, zu einer optimalen Darstellung des Berufes.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 78

Wir werden dieser Gesetzesvorlage gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.33.11

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch unsere Fraktion stimmt selbstver­ständlich diesem Gesetzentwurf zu. Ich darf vielleicht aus wirtschaftlicher Sicht ein paar Punkte herausgreifen:

Für uns sehr erfreulich ist die mit diesem Gesetz erfolgende Harmonisierung der beiden bisher nebeneinander existierenden Berufsbilder – wiewohl wir wissen, dass die Übergangsfristen hier wahrscheinlich noch ein gewisses Problem darstellen werden – und dass auch die Zulassung, glaube ich, so geregelt ist, dass beide Berufsgruppen, nämlich auch die Wirtschaftstreuhänder und auch der gewerbliche und selbständige Bilanzbuchhalter damit sehr gut leben können, weil in dieser paritätischen Kommission, die ja drei zu drei besetzt sein wird, wahrscheinlich doch eine einhellige Bestellungs­modalität erarbeitet werden wird.

Ich möchte diese Gelegenheit dazu benutzen, auch auf das einzugehen, was uns Herr Bundesrat Schennach im Vorfeld der heutigen Sitzung über die Medien kundgetan hat. Ich glaube, so kann man als Klubobmann einer grünen Fraktion im Bundesrat mit vier Mandataren nicht vorgehen, dass man einem Bundesminister in Bezug auf seine Gesetze ausrichten lässt: Die schmeiß ich halt in den Gully!, wie Schennach sich in der „Kleinen Zeitung“ drastisch ausdrückt. Ich glaube, das ist keine Form und keine Methode der Behandlung von Anfragen an einen Bundesminister für Finanzen.

Vielleicht habe ich mich verzählt, aber meines Wissens haben die Grünen hier im Bundesrat vier Mandate. Wenn sie auch hier, vielleicht als Probegalopp für den Nationalrat, mit der SPÖ eine rot-grüne Einheitsfraktion bilden, so glaube ich doch, dass diese Lösung in Zukunft nicht aufgehen wird. Und ich glaube, dass auch der Herr Klubobmann, der ja immer von devoter Behandlung spricht, vielleicht seine Tugend Bescheidenheit in Zukunft stärker herausstreichen sollte. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Konrad.)

12.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile ihr das Wort.

 


12.35.16

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Perhab, wenn Sie hier Äußerungen bezüglich eines der Mandatare unserer Fraktion beziehungsweise bezüglich meines Kollegen und Klubobmannes Schennach tätigen, dann ersuche ich Sie, diese auch in seiner Anwesenheit zu formulieren. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Und: Kritikpunkte in einer Zeitung zu formulieren ist das gute Recht von jedem Mandatar in Österreich! – Insofern, denke ich, ist in dieser Frage auch etwas Zurückhaltung angebracht. (Bundesrat Bieringer: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!)

Die Gesetzesvorlage, die wir heute hier behandeln, ist nach einer langen Serie von Verhandlungen in der Wirtschaftskammer und mit der Wirtschaftskammer zustande gekommen, und für uns ist das Ergebnis durchaus eines, mit dem man leben kann, wiewohl es nicht die perfekte Variante ist. Wir glauben, dass es sehr wohl Vorteile gibt:


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in Bezug auf die Rechte der Gewerblichen Buchhalter, dass Rechtslagen verein­heitlicht werden, dass es eine freie Kammerwahl gibt und so weiter. Hier gibt es Bereiche, die zu begrüßen sind, wenn auch festzustellen ist, dass wir bedauern und dass es einen Nachteil dieser Gesetzesvorlage darstellt, dass den Bilanzbuchhaltern die Arbeitnehmerveranlagung nicht ermöglicht wird beziehungsweise dass auch die Teilnahme an FinanzOnline nicht umfassend ermöglicht wird. Auch das ist ein Punkt, der mit einem negativen Beigeschmack behaftet ist.

Dennoch ist es summa summarum für uns so, dass das Positive überwiegt, wenn auch – und das muss man noch einmal betonen – die Übergangsregelungen keines­falls perfekt sind und wir hier durchaus eine schwierige Situation auf uns zukommen sehen.

Summa summarum, wie gesagt, ein Fortschritt in diesem Bereich, und daher wird die grüne Fraktion dieser Gesetzesvorlage zustimmen, wiewohl wir uns auch eine Evaluierung wünschen, die in dieser Form dann auch tatsächlich erfolgen wird, um auch entsprechende Adaptionen vornehmen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

12.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesminister, bitte.

 


12.38.08

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Zumal es sich hier erfreulicherweise um eine Einstimmigkeitsmaterie handelt, bin ich dieser Entschließung des Nationalrates selbstverständlich gerne nach­gekommen, wiewohl man hinzufügen muss: Es waren insbesondere – was in Öster­reich nicht alltäglich ist – die betroffenen Berufsgruppen selbst, die dann zu dieser „Vergemeinsamung“ eines Berufsbildes geführt haben. Wenig ist perfekt im Leben, aber es ist ein großer erster Schritt in die richtige Richtung. Dass es nach zwei Jahren eine Evaluierung geben soll, ist gut und richtig.

Ich würde mir wünschen, dass auch entlang anderer Grenzen von Berufen und Berufsbildern derartige Fortschritte erzielt werden könnten wie bei dieser Zusam­menlegung von zwei Berufsbildern zu einem Beruf „Bilanzbuchhalter“. Das ist wirklich eine gute Sache. Und da es sich, wie gesagt, um eine Einstimmigkeitsmaterie handelt, erübrigt sich eine weitere Argumentation meinerseits. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

12.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

12.39.30 13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1559 d.B. und 1599 d.B. sowie 7627/BR d.B.)

 



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Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher.

 


12.39.46

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Molzbichler. – Bitte.

 


12.40.28

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Anfang April 2006 stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass Österreich die Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbes­serung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit nicht hinreichend in das österreichische Recht umgesetzt hat. Wie wir gehört haben und wie auch nachzulesen ist, betrifft dies vor allem Artikel 2, 7, 8, 11 und 13 der europäischen Richtlinie, und die Änderungen betreffen vor allem die Aufgaben und Befugnisse von Sicherheitsvertrauenspersonen.

Die bereits im Nationalrat abgesegnete Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes betrifft kaum die Kernpunkte dieses meines Erachtens sehr wichtigen Gesetzes. Das Gesetz wird nur wenig verändert, um dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes Folge zu leisten. Auf Grund dieser Novellierung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes müssen jedoch auch Novellierungen im Rahmen des Arbeitsverfassungsgesetzes und des Landarbeitsgesetzes durchgeführt werden, da diese natürlich miteinander korrespondieren.

Auf Grund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes und der nun darauf folgenden Veränderungen in der Gesetzgebung stimmen wir diesem Punkt selbstverständlich zu, da er für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Nachteile mit sich bringt. Den­noch, werte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, kurz einige Ergänzungen hinzuzufügen.

Auch wenn das Urteil des Europäischen Gerichtshofes von einigen Abgeordneten als Überregulierung empfunden wird und ich diesen Kritikpunkt durchaus nachvollziehen kann, denke ich mir, dass es gerade in einem Bereich wie jenem des Arbeit­nehmerIn­nenschutzgesetzes supranational Regelungen geben soll, ja Regelungen geben muss. Und gerade weil die nationalen Gesetzgebungen auf dem Gebiet des ArbeitnehmerIn­nenschutzes, wie zum Beispiel zwischen England, Schweden, Österreich oder Polen, völlig anders gelagert sind, sind solche Anpassungen der Gesetzgebung meines Erachtens größtenteils durchaus sinnvoll.

Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Präambel der Rahmenrichtlinie wird darauf hingewiesen, dass der Arbeitsschutz vor allem wegen des verstärkten Wettbewerbes gefährdet ist und dass Arbeitsschutzrichtlinien dadurch geschwächt werden können. Aus diesem Grunde ist es absolut wichtig, die Standards der Mitgliedstaaten im Rahmen der ArbeitnehmerInnenschutzgesetze zu bewahren beziehungsweise zu ver-


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bes­sern und negativen Veränderungen entsprechend entgegenzuwirken, um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Arbeit bestmöglich zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang weise ich auch auf das derzeitige berufsbedingte Gesund­heitsrisiko der Bauarbeiter hin, die bei den hohen Temperaturen, wie sie derzeit herrschen – bei Asphaltierungsarbeiten zum Beispiel werden mehr als 70 Grad Celsius gemessen! –, und bei der erhöhten Staub- und Ozonbelastung ihre Arbeit verrichten. Hier wäre es meines Erachtens auch notwendig, das Gesundheitsrisiko zu senken.

Dazu müsste die Gesundheit der Arbeitnehmer ernst genommen werden und abso­luten Vorrang haben. Selbstverständlich bedeutet dies für mich aber auch, dass auch für Bauarbeiter die Schwerstarbeiterregelung ohne Wenn und Aber gelten sollte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Na ja, aber sicher nicht immer!

Werte Kolleginnen und Kollegen! Aber auch der Begriff „Mobbing“ scheint bis dato im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nicht dezidiert auf. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass es in Österreich etwa 300 000 ArbeitnehmerInnen gibt, die von Mobbing betroffen sind. Hier erwarte ich mir weitere Maßnahmen, die in das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz aufgenommen werden, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich die größtmögliche Sicherheit und vor allem Gesundheit am Arbeitsplatz zu garantieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


12.45.22

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Molzbichler schon richtig festgestellt hat, hat der EuGH im April dieses Jahres auf Grund einer Vertragsverletzungsklage festgestellt, dass die Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der ArbeitnehmerInnen im Rahmen des Arbeitsvertrages nicht ausreichend umgesetzt sind.

Mit der vorliegenden Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, des Arbeits­verfassungsgesetzes und des Landarbeitsgesetzes wird diesem Urteil entsprochen und werden die Regelungen entsprechend abgeändert. Damit werden auch wichtige Punkte betreffend die Informationspflichten der Arbeitgeber an die Sicherheits­vertrauens­personen und die BetriebsrätInnen normiert. Information und Beratungs­gespräche und das Markieren und Aufzeigen von Gefahrenquellen sind wichtige betriebliche, auch präventive Erfordernisse und helfen sowohl den MitarbeiterInnen als auch dem Arbeitgeber.

ArbeitnehmerInnenschutz in Österreich hat einen hohen Entwicklungsgrad, an dem die Sozialpartner seit vielen Jahren kontinuierlich arbeiten und Verbesserungsvorschläge dazu machen. Ich möchte daher auch ausdrücklich betonen, dass das bestehende Gesetz eine auf sozialpartnerschaftlicher Ebene ausverhandelte Gesetzesmaterie war. Von der Sanierung des vom EuGH beanstandeten Gesetzes wurden die Sozialpartner auf Grund der fehlenden zeitlichen Voraussetzungen informiert.

Als gutes Beispiel derartiger sozialpartnerschaftlicher Weiterentwicklungen auf dem Gebiet des ArbeitnehmerInnenschutzes möchte ich die Evaluierung des Arbeitsplatzes erwähnen. Damit können Gefahrenpotentiale erkannt, Schutzmaßnahmen angedacht und Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Es gibt sicher viele Betriebe in Österreich, die diese Bestimmungen schon längst vor der EU-Richtlinie in ihren Arbeitsbereichen umgesetzt haben und deshalb auch zu bereits gelebtem Arbeitsrecht gemacht haben – da bin ich mir ziemlich sicher.


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Der technische Fortschritt ist nicht aufzuhalten, und damit soll auch entsprechendes Know-how einfließen, das die Gesundheit der Beschäftigten schützt, weil es das eigentliche Kapital der Unternehmungen darstellt. In größeren Betrieben, wo es Betriebsräte und Sicherheitsvertrauenspersonen gibt, ist der ArbeitnehmerInnenschutz hoch entwickelt. Das ist ein Faktum.

Wir sind deshalb auch angehalten, uns für kleine und mittelständische Betriebe ein­zusetzen, damit dort der Unfallschutz, der ArbeitnehmerInnenschutz auch greift, und das wird mit diesem Gesetzesbeschluss auch entsprechend umgesetzt – eine sehr gut gelungene Gesetzesmaterie für den Schutz der Arbeitnehmer und deren Gesundheit und damit, glaube ich, auch im Sinne der Wirtschaft unseres Landes! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

12.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


12.48.36

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss den Enthusiasmus meines Vorredners ein klein wenig einbremsen (Zwischenruf des Bundesrates Mayer) – nur ein kleines bisschen, aber das mache ich trotzdem –, denn es ist ja nicht etwa so, dass wir heute eine ganz freiwillige, selbst motivierte Aktion zu einer Verbes­serung des ArbeitnehmerInnenschutzes in Österreich behandeln würden, sondern die heute hier vorliegende Materie ist eben die Konsequenz einer Vertragsverlet­zungsklage gegen Österreich, auf Grund deren festgestellt wurde, dass Österreich eine EU-Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit nicht hinreichend umgesetzt hatte.

Das kann man so übersetzen: Österreich hat sich in der Vergangenheit in seiner gesetzlichen Regelung darum gedrückt, die Mindeststandards, die die EU vorschreibt, umzusetzen. Und das zeichnet kein sehr schönes Bild von dem Stellenwert, den der ArbeitnehmerInnenschutz in Österreich hat – meiner Meinung nach; ich sehe schon, mein Vorredner sieht das naturgemäß anders.

In der alten Regelung war es zum Beispiel so, dass es eine Ausnahme für Betriebe unter fünf Personen gab, und das vermittelt irgendwie das Bild, dass Arbeiter­nehmerInnenschutz etwas sei, was für Klein- und Mittelbetriebe schädlich, anstrengend und betriebsschädigend sei, dass er eine Last sei, vor der man kleinere Betriebe schützen müsse. Das kann eigentlich nicht der Hintergrund sein, vor dem man über so etwas reden möchte, und auch der Europäische Gerichtshof hat diesen Hinter­gedanken offenbar nicht durchgehen lassen. Wir beschließen also heute nicht eine tatsächliche Verbesserung, sondern wir erfüllen nun endlich, nach zweimaliger Auffor­derung, die Mindeststandards, die die EU in diesem Bereich vorgibt.

Eigenlob ist also nicht unbedingt angebracht, eher ein In-sich-Gehen, was den Stan­dard des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes in Österreich betrifft und was uns dieser auch wert sein sollte. Denn dieser ist kein Hemmnis für Betriebe, sondern es handelt sich dabei um ganz wichtige Regelungen, um einfach Sicherheit und Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu garantieren. Hilfreich wäre – um hier nur einen Vorschlag zu bringen – eine Bündelung der Kompetenzen auf Ebene der Minis­terien, denn momentan ist diese Materie verteilt auf Gesundheits-, Sozial- und Wirtschaftsministerium, und dies ist nicht unbedingt hilfreich, was den Arbeitnehmerin­nen- und Arbeitnehmerschutz in Österreich betrifft. (Beifall der Bundesrätin Kersch­baum.)

12.50



Bundesrat
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Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein das Wort.

 


12.50.56

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Sie könnten, Frau Bundesrätin, noch das Verkehrsressort hinzu­fügen, denn die Verkehrsarbeitnehmer sind ja dort gesondert erfasst.

Nur ganz kurz – es handelt sich ja wiederum um eine Einstimmigkeitsmaterie –: Ich möchte Herrn Bundesrat Molzbichler durchaus Recht geben, wenn er den Aspekt der Überregulierung hier angezogen hat. In der Tat ist ja manches von dem, was der EuGH uns auferlegt und was wir selbstverständlich umsetzen, schon etwas, das aus meiner Sicht in Richtung Überregulierung geht. Ist es denn zum Beispiel notwendig, per Gesetz – per Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren! – vorzuschreiben, wo der Arbeitnehmer persönliche Schutzausrüstung nach Benutzung zu lagern hat, oder könnte man das auch anders regeln, oder vielleicht gar nicht?, und dergleichen Punkte mehr. Selbstverständlich wird das umgesetzt, aber es geht in die Richtung, dass hier, glaube ich, die Sozialpartner in Österreich bei ihrer Konsensfindung richtig gesagt haben: Nicht alles muss bis ins Detail geregelt werden.

Ich möchte nochmals feststellen: Das, was hier die Basis des Arbeitnehmer­schutz­gesetzes ist, ist nicht nur von den Sozialpartnern einvernehmlich definiert und erar­beitet worden, sondern auch mit der Sozialdemokratie beschlossen worden. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Man kann und soll immer besser werden. Ich darf darauf hinweisen, dass gerade in den letzten zwei Jahren wesentliche Verordnungen zum Thema Arbeitnehmerschutz gekommen sind: die Verordnung über explosionsfähige Atmosphären – VEXAT, die Verordnung zum Thema Lärmvibrationen und die Grenz­werte­verordnung zum Thema Asbest. Also, die Entwicklung geht weiter, aber aus meiner Sicht, bitte, in der Substanz, im Interesse der Arbeitnehmer, und nicht unbedingt zur Erfüllung von überbürokratisierten Auflagen.

Dem Mittelstand ist Rechnung getragen, das halten wir in Österreich so. Deswegen ist auch der Mittelstand der Träger so vieler wichtiger wirtschaftlicher Interessen dieses Landes.

Und last, but not least – um hier der Frau Bundesrätin durchaus zu widersprechen –: Es ist der Arbeitnehmerschutz in Österreich auf einem europaweit allerhöchsten Niveau. Das widerspiegeln unter anderem auch die Gott sei Dank erfreulich niedrigen Unfallzahlen von Arbeitnehmern. Aber, wie gesagt, jeder einzelne Tote oder jede einzelne berufsbedingte Erkrankung ist einer/eine zu viel. Deswegen werden wir auf diesem Weg – ich gehe davon aus, gemeinsam mit den Sozialpartnern – konsequent weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

12.53


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


Bundesrat
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12.54.0214. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (1398 d.B. und 1613 d.B. sowie 7609/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Preiner.

 


12.54.20

Berichterstatter Erwin Preiner: Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli dieses Jahres betreffend Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Winter. – Bitte.

 


12.55.18

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gleich zu Beginn darf ich sagen: Wir als sozialdemokratische Bundesräte werden dieser Vorlage gerne die Zustimmung geben. Die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen wird durch diese Änderungen gefördert. Einerseits wird der Öffentlichkeitsbegriff dem im Übereinkom­men von Aarhus verwendeten angepasst und damit deutlich präzisiert, aber auch erweitert, andererseits wird der Beitritt zum Übereinkommen von Espoo über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen allen Mitgliedern der Vereinten Nationen möglich gemacht. Dem stimmen wir natürlich gerne zu.

Ich bin aber auch der Meinung, dass es vielleicht nicht ausreicht, auf diese Weise die Möglichkeit zu einem Beitritt zu schaffen, sondern dass vielleicht durch Anreize und manchmal auch durch diplomatischen Druck auch jene Länder zu einem Beitritt ermuntert werden sollen, in denen der Gedanke des Umweltschutzes vielleicht nicht so stark ausgeprägt ist und solch einen Stellenwert hat, wie dies in den europäischen Ländern üblich ist.

Kritisch muss man in diesem Zusammenhang aber anmerken, dass durch die Regie­rung die UVP im Inland vielleicht etwas zahnloser gemacht worden ist, denn der Bericht über die Vollziehung zeigt, dass durch die Novellierung des UVP-Gesetzes die Zeit für die Genehmigung von Anlagen und Projekten kürzer geworden ist. Das hat natürlich auch Vorteile für die Wirtschaft, aber nur mehr in einem Prozent der Verfahren – in Zahlen: bei 2 von 200 Projekten – erfolgte eine Ablehnung, und das ist natürlich schon ein gewisses Zeichen.

Der Gedanke, der der Änderung zugrunde lag – dass das UVP-Gesetz durch die Verhandlungen zu einem Verhandlungsgesetz wird, wodurch die Projekte in Bezug auf Umweltschutz verbessert werden –, ist rein theoretisch ein positiver. Rein praktisch


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wird aber natürlich von Projektwerbern auch ein massiver Druck auf Anrainer und die Behörden ausgeübt, einem Projekt, das Arbeitsplätze schafft, keine Steine in den Weg zu legen. Und das ist die negative Seite, ein Zustand, wo nicht tatsächlich faire Verhand­lungen stattfinden.

Eine weitere Beleuchtung dieses Themas würde vielleicht zu weit gehen. Aber noch­mals: Wir als Sozialdemokraten stimmen dieser Vorlage gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

12.58


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


12.58.32

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Hauptpunkt der Änderung der Espoo-Konvention ist, dass der Begriff „Öffentlichkeit“ an die Definition in der Aarhus-Konvention angepasst wird und dass das Abkommen für Nicht-ECE-Mitglieder geöffnet wird. Dies ist bei Projekten im grenzüberschreitenden Bereich sehr wichtig, denn hier können eventuell nachteilige Auswirkungen auch für das Nachbar­land entstehen. Und daher ist es von größter Bedeutung, dass wir da in Zukunft auch ein Mitspracherecht haben. Es ist eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, eben mit Einbindung der Nachbarn, und damit haben die Öffentlichkeit und auch die Zivilgesellschaft die Möglichkeit, am Verfahren teilzunehmen.

Ich selbst komme ja aus dem Waldviertel, aus dem Grenzbereich, und da fallen mir gleich als Erstes die Atomkraftwerke im Nachbarland ein, wo es von Vorteil ist, wenn die Möglichkeit zu einer grenzüberschreitenden Beteiligung am Verfahren besteht. Daher wollen wir diese Änderungen des Übereinkommens heute ratifizieren.

Es ist aber auch festzuhalten, dass die Änderung der UVP in Österreich bereits um­gesetzt wird. Anders als mein Kollege Winter – er hat Kritik an der Umwelt­verträglichkeitsprüfung geübt – glaube ich, dass ja gerade die Kommission einen Bericht gemacht hat und in diesem Bericht Österreich positiv erwähnt hat, was die Umsetzung der UVP betrifft. Da wir bereits eine vorzügliche Umsetzung von 136 Ver­fahren in Österreich hatten – davon ein Drittel in Niederösterreich –, konnten meiner Ansicht nach sowohl die Projektwerber als auch die Bevölkerung, die sich nun eingebunden fühlt, positive Erfahrungen machen.

Abschließend glaube ich, sagen zu können, dass die UVP ein gutes Instrument ist, um unsere Umwelt vor großen Beeinträchtigungen zu schützen. Wir sind aber natürlich ständig gefordert, sie weiter zu verbessern, auszubauen und, wie in diesem Gesetz, auch auszuweiten. Denn ich glaube, unsere Luft, unser Wasser und unsere Erde kennen keine nationalen Grenzen, und daher ist die grenzüberschreitende Zusam­menarbeit etwas besonders Wichtiges, damit wir auch noch in Zukunft unseren Kindern ein lebenswertes Österreich bieten können. (Beifall bei der ÖVP.)

13.01


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.01.27

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir werden dieser Änderung des Espoo-Übereinkommens zustimmen. Umweltschutz kennt keine Gren­zen und darf auch keine Grenzen kennen, denn auch Umweltbeeinträchtigungen kennen keine Grenzen. Diese Erfahrungen müssen wir leider immer wieder machen.


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Zuletzt kam es im Juni zur öffentlichen Erörterung – und diese ist noch weiter im Laufen – der Umweltverträglichkeitsprüfung für das Kernkraftwerk Paks in Ungarn. Da hat sich gezeigt, dass es nicht immer ganz so läuft, wie es in den Verträgen vorge­sehen wäre. Die Ungarn haben gemeint, ein Kernkraftwerk in Ungarn kann die Österreicher gar nicht mehr beeinflussen, und da bis jetzt nichts passiert ist, wird auch in den nächsten 20 Jahren nichts passieren. Sie waren somit der Meinung, dass Mitsprache nicht unbedingt erwünscht ist und zumindest nicht eingefordert wird. Es ist sehr erfreulich, dass Österreich trotzdem einige gute Stellungnahmen dazu abgegeben hat. Ein bisschen enttäuschend war, dass der Herr Bundesminister es nicht für wert befunden hat, etwas mehr Wind zu machen und vielleicht auch in der EU zu schauen, ob er noch Unterstützung von anderen Mitgliedstaaten in diesem Verfahren erlangen kann.

Grenzüberschreitende Verfahren gibt es aber auch dann, wenn Österreich sie anstrengt. Ich denke hier an diverse Hochleistungsstraßen-Ausbauten. Auch da läuft es nicht immer ganz so, wie man es sich vorstellt, wie zum Beispiel bei der Nord­autobahn. Ich nehme einmal an, dass es auch bei der B303 in Richtung Tschechien nicht sehr viel anders laufen wird.

Aber in vielen Bereichen kommt es in Österreich nicht einmal zu einer nationalen UVP, weil Autobahnen einfach gestückelt erweitert werden, sodass man dafür keine UVP braucht. Das ist uns in Korneuburg bei der A22 passiert, und das passiert jetzt bei der Flughafenautobahn, dass man eben sagt: Wir machen nur Abschnitte von 5 Kilometern Länge, dann brauchen wir keine UVP und brauchen auch nicht zu prüfen, ob es Umweltauswirkungen hat. – Das ist meiner Meinung nach auch nicht die richtige Vorgangsweise.

Nichtsdestoweniger finde ich es sehr wichtig, das Espoo-Übereinkommen an die Aarhus-Konvention anzupassen. Das Problem, das ich schon auch sehe, ist, dass die Aarhus-Konvention insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu den Gerichten in Österreich und momentan auch in der Verordnung der EU nicht ganz ideal umgesetzt ist – das ist jetzt einmal nett ausgedrückt. Es ist der Zugang zu den Gerichten einfach nicht im gewünschten und im notwendigen Ausmaß vorhanden.

Die letzte Schnellschuss-Aktion, die jetzt passiert – wir werden ein paar Tages­ordnungspunkte später unter den Verkehrsbelangen darauf eingehen –, ist eine Ände­rung der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich, und zwar eine doch immense Änderung, mit der sich der Umweltausschuss eigentlich überhaupt nicht befasst hat. Der Umweltminister hat auch keine Vorlage gelegt, sondern irgendjemand hat einen Abänderungsantrag eingebracht. Am Umgang mit dem Umweltverträglichkeits­prü­fungs­gesetz in Österreich ist es in letzter Zeit doch schon sehr auffällig, dass es immer wieder Anlassgesetzgebung gibt, zuerst bei Spielberg und jetzt bei der dritten Flughafenautobahn.

Ich weiß nicht, wo du (in Richtung der Bundesrätin Diesner-Wais) das Lob der EU für unser tolles UVP-Gesetz gesehen hast und wann dieses Lob ausgesprochen worden ist. Das Problem ist, dass in letzter Zeit in regelmäßigen Abständen unser UVP-Gesetz, das schon einmal viel besser war, abgeändert und zurückgestutzt wird und der Herr Minister offenbar nicht einmal die Zeit findet, sich damit zu beschäftigen, sondern es werden eben Abänderungsanträge von irgendwem eingebracht, und es wird nicht mehr in einem Umweltausschuss diskutiert.

Nichtsdestoweniger werden wir dem Espoo-Übereinkommen zustimmen. Ich hoffe, dass auch in Österreich an die Gesetzgebung wieder andere Maßstäbe angelegt werden. (Beifall bei den Grünen.)

13.05



Bundesrat
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Vizepräsident Jürgen Weiss: Wortmeldungen liegen hiezu keine mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht, danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich lasse zunächst über den Antrag abstimmen, gegen den Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wer auch diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

13.06.1715. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nacht­arbeit von Frauen (1438 d.B. und 1602 d.B. sowie 7618/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Bader. Ich bitte um den Bericht.

 


13.06.46

Berichterstatter Karl Bader: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zum gegenständlichen Tagesordnungspunkt liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich darf aus der Ausschusssitzung berichten, dass der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates am 25. Juli 2006 in Verhandlung genommen hat. Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte.

 


13.07.35

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Bundesgesetzblatt Nr. 122/2002 wurde das Bundesgesetz vom 25. Juni 1969 über die Nachtarbeit von Frauen, das ein generelles Frauennachtarbeitsverbot vorsah, aufgehoben und die Nachtarbeit im Arbeitsgesetz geschlechtsneutral geregelt. Mit diesem Beschluss erhielten die Frauen eine tatsächliche Chancengleichheit, was vor allem den Arbeitsmarkt betrifft.

Ich darf ein Beispiel aus meiner Heimatstadt Leoben bringen. Die Firma AT & S siedelte sich in Leoben zu einer Zeit an, als es unendlich schwierig war, Arbeitsplätze


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für die Region Obersteiermark zu schaffen. Für die Ansiedelung gab es zwei gra­vierende Gründe, nämlich zum einen die Nähe der Montanuniversität mit ihrer Forschungseinrichtung, die Weltruf genießt, und zum anderen die arbeitssuchenden Menschen. Die Produktion lief so gut an, dass innerhalb kürzester Zeit von einem Zweischicht- auf einen Dreischichtbetrieb mit Nachtarbeit umgestellt werden musste. 600 Frauen fanden Arbeit, aber es gab ein Problem: das Nachtarbeitsverbot für Frauen. Dank des großen persönlichen Einsatzes unseres Bürgermeisters Dr. Matthias Konrad, dem es gemeinsam mit Vertreterinnen der Frauen und der Konzernleitung gelungen ist, dieses Verbot aufzuheben, konnte die Zahl der Frauenarbeitsplätze auf 1 000 aufgestockt werden.

Wir Sozialdemokraten sind auf jeden Fall für die Beibehaltung der Nachtarbeit für Frauen, um eine Chancengleichheit zu garantieren und die Diskriminierung der Frauen zu vermeiden. Aber es müssen die Rahmenbedingungen passen.

In dieser Konvention wurden Punkte zur Abmilderung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit berücksichtigt, wie zum Beispiel die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit, die weitgehende Begrenzung der täglichen Arbeitszeit von Nachtschwerarbeiterinnen, Ausgleichsmaßnahmen bei ausnahmsweise vorkommender Überschreitung der Begrenzung, Versetzungsanspruch der Nachtarbeiter bei gesundheitlicher Gefährdung oder Betreuung eines Kindes.

Es fehlen unserer Meinung nach aber wichtige Punkte zum Schutz der Nacht­arbeiterinnen – weshalb wir dieser Vorlage nicht zustimmen können –, und zwar Folgendes: Der Nachtbegriff wurde gegenüber anderen Gesetzen um eine Stunde gekürzt. Die Anzahl der Nächte ist sehr hoch: 48 Nächte im Kalenderjahr. Die Saisonarbeit wurde nicht geregelt. Die Dauer von drei Stunden ist ebenfalls zu hoch, denn jemand, der um 2.30 Uhr in der Nacht zu arbeiten beginnt, erfüllt die drei Stunden nicht.

Der Durchrechnungszeitraum von 26 Stunden ist viel zu lang. Ersatzruhezeiten haben den Sinn, dass sich der Arbeitnehmer regeneriert. Bei einem Durchrechnungszeitraum von 26 Wochen kann davon keine Rede mehr sein.

Wirtschaftliche Interessen werden gegen die Gesundheit beziehungsweise Familien­pflichten aufgewogen. Die Pflege naher Angehöriger begründet keinen Versetzungs­anspruch auf einen Tagesarbeitsplatz. Es gibt keine Zeitgutschrift und kein Benach­teiligungs­verbot.

Auch wenn uns die schwarz-bunte Bundesregierung weismachen möchte, dass die Bestimmungen EU-konform sind, so ist dies nicht richtig. Wir Sozialdemokraten können der Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen nicht zustimmen, da für uns die Rahmenbedingungen nicht stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Zwazl. – Bitte.

 


13.11.44

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe einen Antrag ein, in dem ich Sie bitte, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, und ich möchte das auch begründen.

Wie meine Vorrednerin bereits ausgeführt hat, ist mit Wirkung vom 1. August 2002 das Arbeitsgesetz geändert und das Verbot der Nachtarbeit von Frauen aufgehoben worden. Die Bestimmungen über die Nachtarbeit wurden, wie schon ausgeführt,


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737. Sitzung / Seite 89

geschlechtsneutral formuliert, und es wurde unter anderem vorgesehen, dass jeder Arbeitnehmer, der mindestens 48 Nächte im Kalenderjahr mindestens drei Stunden in der Nacht – das ist die Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr – arbeitet, Anspruch auf verschiedene Ausgleichsmaßnahmen hat. Er hat diesen Anspruch! So besteht etwa der Anspruch auf Versetzung auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz entsprechend den betrieb­lichen Möglichkeiten, das Recht auf Information über wichtige Betriebsgeschehnisse oder auf regelmäßige ärztliche Untersuchung.

Es ist auch so, dass in der Erklärung drinsteht, dass das eine teilweise Zurückziehung des Vorbehaltes der Republik Österreich ist. Hier steht ja, dass die Republik Österreich den Vorbehalt hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes von Frauen aufrechterhält. Der Vorbehalt zu Artikel 11 lautet somit wie folgt:

„Österreich behält sich das Recht vor, Artikel 11 in Bezug auf den besonderen Arbeit­nehmerschutz von Frauen im Rahmen der in der innerstaatlichen Gesetzgebung vorgesehenen Beschränkungen anzuwenden.“

Das heißt, der Vorbehalt hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzgesetzes für Frauen bleibt aufrecht, und zwar im Verbot der Beschäftigung von Frauen mit bestimmten Arbeiten. Ganz klar ist es nun einmal beim Mutterschutzgesetz, im Bergbau und bei Beschäf­tigung mit einer gewissen Bleiexposition.

Wir Frauen haben immer Probleme mit der Diskriminierung am Arbeitsplatz gehabt. Man darf nicht vergessen, dass sehr viele Frauen in IT-Berufen und so weiter arbeiten, und das ist für uns in der Arbeitswelt immer eine Benachteiligung gewesen. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben, und darf diesen Antrag einbringen:

Antrag

der Bundesräte Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen,

gegen den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen keinen Einspruch zu erheben

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1438 d.B. und 1602 d.B. sowie 7618/BR d.B.) wird kein Einspruch erhoben.

*****

Der Antrag ist genügend unterstützt; hast du ihn vorliegen, Herr Präsident? (Vize­präsident Weiss nickt bejahend.) – Gut.

Ich bitte, dem die Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.15


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der soeben erwähnte Antrag ist tatsächlich aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 



Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 90

13.15.23

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über den Hintergrund dieser Debatte haben wir schon gehört, dass es bei der ursprünglichen Ratifikation dieser Konvention zwei Einsprüche von Österreich gab, nämlich einerseits den Ein­spruch in Bezug auf militärische Dienstleistungen und andererseits den Einspruch in Bezug auf das Verbot der Nachtarbeit von Frauen, den wir jetzt besprechen.

Bereits im Jahr 2000 hat Österreich den Vorbehalt betreffend militärische Dienst­leistungen zurückgezogen, denn damals wurde das Bundesgesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer eingeführt. 2002 wurde dann ein Gesetz aus dem Jahr 1969 aufgehoben, das die Nachtarbeit von Frauen generell verbot, und die Nachtarbeit wurde im Arbeitszeitgesetz geschlechtsneutral formuliert. Damit ist es nun rechtlich möglich, auch diesen entsprechenden Vorbehalt seitens Österreichs zurückzuziehen.

Es handelt sich allerdings – das hat meine Vorrednerin ausgeführt – nur um eine teilweise Zurückziehung, denn es gibt in der Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen nach wie vor die Regelungen über den untertägigen Bergbau und bezüglich einer gewissen Bleiexposition. Was diese Bereiche betrifft, bleibt auch der Vorbehalt Österreichs erhalten.

Dieser Angleichung ans EU-Recht – was es unserer Meinung nach darstellt – werden wir die Zustimmung erteilen. Ich muss allerdings anmerken, dass wir auch der Meinung sind, dass in Bezug auf Nachtarbeit mehr Schutzmaßnahmen und mehr Rechte für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nötig sind. Die Kritik der SPÖ an den fehlenden oder schlechten Rahmenbedingungen, was die Nachtarbeit betrifft, ist absolut zutreffend.

Der heute vorliegende Antrag befasst sich aber nicht mit einer inhaltlichen Umge­staltung dieser Rahmenbedingungen, sondern stellt eine Rechtsbereinigung dar. Unsere Zustimmung bezieht sich nicht darauf, dass wir mit der Situation um die Nachtarbeit zufrieden wären, sondern eben auf diese Rechtsbereinigung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.17


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

13.17.5816. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend eine Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (1442 d.B. und 1603 d.B. sowie 7619/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.


Bundesrat
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Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat Bader. Ich bitte um den Bericht.

 


13.18.10

Berichterstatter Karl Bader: Ich bringe den Bericht zum Tagesordnungspunkt 16. Er liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

13.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

 


13.18.41

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute eine Änderung des Übereinkommens, welches den physischen Schutz von Kernmaterial, die Verpflichtungen der Staaten bezüglich der Sicherung im Zusammenhang mit inter­nationalen Transporten von Kernmaterial sowie Strafverfolgungsfragen regelt.

Bisher waren Kernanlagen und der innerstaatliche Umgang mit Kernmaterial nicht entsprechend erfasst. Bereits 2005 gab es eine Änderung des Übereinkommens beziehungsweise wurden internationale Regelungen und Standards zur effizienten Sicherung von Kernmaterial und Kernanlagen gefunden. Bisher – und das ist schade – haben lediglich drei Staaten dieses Abkommen angenommen beziehungsweise ratifiziert.

Die Änderung dieses Übereinkommens verpflichtet die Vertragsstaaten, ein nationales System zum physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen zu errichten und aufrechtzuerhalten. Ein Katalog von Zielen und Grundsätzen beschreibt die not­wendigen Elemente eines solchen nationalen Systems, zum Beispiel, wie Kernmaterial während der Nutzung behandelt wird, wie bei Lagerung, Beförderung beziehungsweise Diebstahl oder sonstiger rechtswidriger Aneignung der Schutz sein soll.

Auch die umgehende Ergreifung umfassender Maßnahmen zur Lokalisierung und gegebenenfalls Wiederbeschaffung von abhanden gekommenem oder gestohlenem Kernmaterial ist zu gewährleisten. Weiters geht es darum, Kernmaterial und Kern­anlagen vor Sabotageakten zu schützen. – Dies ist nur ein Auszug aus den Regelungen.

Gerade die letzten Jahre, Monate und Wochen zeigen uns, wie die kriegerischen Aus­einandersetzungen – ob im Irak, in Afghanistan und nicht zuletzt im Nahen Osten – geführt werden. Es ist nicht immer auszuschließen, dass Krieger oder Elemente versuchen, mit Kernmaterialien Geschäfte zu machen. Daher ist es umso wichtiger, diese Standards verbindlich einzuhalten, umzusetzen und genau darauf zu schauen.

Wir werden dieser Vorlage unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Köberl. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.21.26

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Kaltenbacher schon ausgeführt hat, geht es bei der Änderung dieses internationalen Überein­kommens um den physischen Schutz des Kernmaterials. Das Problem war – wie wir


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 92

schon gehört haben –, dass bisher Kernanlagen und der innerstaatliche Umgang mit Kernmaterial nicht erfasst waren.

Das Ziel dieser Änderung ist eine internationale Regelung zur Sicherung von Kern­material vor dem Zugriff Dritter und die Sicherung der Kernanlagen gegen Sabotageakte, insbesondere terroristische Akte, sowie die Festlegung von nationalen und grenzüberschreitenden Notfallmaßnahmen. Diese 2005 beschlossene Änderung regelt eben die internationalen Standards und die effizientere Sicherung des Kern­materials und der Kernanlagen.

Österreich ist Vertragspartei dieses Übereinkommens, und das wurde auch im Bundesgesetzblatt Nr. 53 aus dem Jahre 1989 schon geregelt. Nach mehrjährigen und langwierigen Verhandlungen konnten auf der Vertragsstaatenkonferenz im Juli des vergangenen Jahres unter österreichischer Federführung ausgearbeitete Änderungen angenommen werden. Diese Änderungen des Übereinkommens verpflichten die Vertragsstaaten, ein nationales System zum physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen zu errichten und auch dauerhaft aufrechtzuerhalten.

Ich darf vielleicht einige Punkte nennen, die teilweise schon angeführt wurden. Es geht in der Präambel um eine Vielzahl von Elementen, die hinzugefügt worden sind, insbe­sondere den Schutz der öffentlichen Gesundheit und den Umweltschutz als zu schützende Güter. Weiters wird auf den Terrorismus und auf mögliche Sabotageakte gegen Kernmaterial und Kernanlagen hingewiesen, und es werden die Bedrohungen, welche von organisierter Kriminalität ausgehen, unterstrichen. Als neues Element wird in der Präambel betont, dass dem physischen Schutz bei der Unterstützung der Ziele der Nichtverbreitung von Kernwaffen große Bedeutung zukommt.

In Artikel 5 des Übereinkommens – dieser regelt die Zusammenarbeit der Vertrags­staaten – heißt es:

Die Änderung erweitert die Bereiche, in denen die Vertragsparteien zur Zusam­menarbeit verpflichtet sind. Gemäß Abs. 1 haben die Vertragsstaaten einander sowie der IAEO ihre Kontaktstelle für Angelegenheiten dieses Übereinkommens bekannt zu geben.

In Abs. 2, betreffend die Kooperation bei der Wiedererlangung gestohlenen Kern­materials, wurde nur insofern etwas abgeändert, als die IAEO nun ausdrücklich als zu benachrichtigende Organisation genannt wird.

Abs. 3 ist neu. Lit. a regelt die Zusammenarbeit bei der Abwehr drohender Sabotage­akte, vor allem den Umfang der Informationspflichten eines Staates, der von einem drohenden Sabotageakt in einem anderen Staat Kenntnis erlangt – dieser Infor­mationsfluss ist sicherlich wichtig –, und lit. b verpflichtet im Falle des Freiwerdens von Radioaktivität durch einen Sabotageakt zur Benachrichtigung bedrohter Nachbarstaaten.

In Art. 7 dieses Übereinkommens, der vom strafrechtlichen Standpunkt her das Kernstück des Übereinkommens darstellt, wurden bestehende Pönalisierungs­verpflich­tungen durch Einbeziehung der Umwelt als zu schützendes Rechtsgut ergänzt und teilweise auch neue Tatbestände in den Katalog aufgenommen. Zusätzlich darf ich darauf hinweisen, dass der Entwurf des Bundesministeriums für Justiz zur Änderung des Umweltstrafrechtes am 29. März 2006 im Plenum des Nationalrates beschlossen wurde, welcher die Umwelt als Lebensgrundlage, aufgeschlüsselt in die Elemente Wasser, Boden und Luft, unter noch umfassenderen strafrechtlichen Schutz stellt.

Artikel 16 des ursprünglichen Übereinkommens sah die Abhaltung einer Überprüfungs­konferenz fünf Jahre nach Inkrafttreten vor. Die Änderung soll gewährleisten, dass fünf Jahre nach Inkrafttreten erneut eine Überprüfungskonferenz abgehalten wird. Danach


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737. Sitzung / Seite 93

können Überprüfungskonferenzen, so wie schon bisher, auf Beschluss der Mehrheit der Vertragsstaaten stattfinden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir abschließend ein paar persön­liche Anmerkungen. Ich darf meinen Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat und im Bundesrat für den breiten Konsens bei der Beschlussfassung dieser Änderung im Interesse der nationalen und internationalen Sicherheit darbringen.

Eines sei an dieser Stelle auch nicht unerwähnt: Wie die meisten der Anwesenden sicherlich wissen, hat die konsequente Haltung der österreichischen Bundesregierung, vertreten durch Bundesministerin Elisabeth Gehrer, auch auf einem anderen Gebiet der Kerntechnologie zum Erfolg geführt. Die Einigung über das 7. Forschungs­rahmenprogramm im Bereich der EURATOM ist ein klarer Erfolg Österreichs, das sich in der entscheidenden Frage gegen den Willen der 24 anderen Länder durchsetzen konnte: 70 Prozent der EU-Mittel werden für die zukunftsweisende Kernfusions­forschung reserviert, 30 Prozent dürfen ausschließlich für Sicherheitsforschung einge­setzt werden.

Das heißt, es gibt kein Geld für die Planung oder den Bau von neuen Atomreaktoren, das hier zur Verfügung gestellt wird. Österreich hat sich mit seinem strikten Anti-Atom-Kurs durchsetzen können und ist so zu einem Schrittmacher der Anti-Atom-Linie in Europa geworden! – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.27.18

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Köberl, ich kann deine Euphorie nicht verstehen. Diese „zukunftsorientierte Tech­nologie der Kernfusion“ – die seit 70 Jahren zukunftsorientiert ist, von der noch über­haupt nie irgendein Ergebnis sichtbar geworden ist und auch in den nächsten 50 Jahren kein Ergebnis sichtbar werden wird, bei der sehr wohl auch Strahlung frei wird und so weiter – so hoch zu loben und auf der anderen Seite Ökoenergie immer wieder herunterzudrücken, ist mir absolut unverständlich!

Ich kann auch nicht verstehen, dass du sagst, das sei Anti-Atom-Politik. – Kernfusion ist auch Kernenergie, und Punkt. Das ist kein Grund zur Euphorie. (Zwischenruf des Bundesrates Köberl.) Dieser deiner Anmerkung möchte ich das anschließen. (Bun­desrat Mag. Himmer: Optimismus ...!) Optimismus – ja, das ist vielleicht Zweckoptimis­mus, weil schon ziemlich viel Geld hineingeflossen ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er war schon sehr euphorisch über diesen tollen Erfolg.

Ich gehe jetzt aber trotzdem auf den Tagesordnungspunkt ein, nämlich die Regie­rungsvorlage zur Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial. Im Bericht wird – auch einigermaßen euphorisch – zweimal erwähnt, dass Österreich die Federführung bei dieser Änderung gehabt hätte, dass Österreich auch bei der Übersetzung dieses Vertrags ganz wichtig war und eine eigene Übersetzungskonferenz dazu gestaltet hat.

Ich habe mir den Vertrag durchgelesen. Zwar bin ich keine Diplomatin, ich habe ihn aber teilweise doch als sehr zögerlich formuliert empfunden und weiß nicht, ob das an der Übersetzung oder an der Federführung bei der Erstellung liegt. Da aber erst drei Staaten unterzeichnet haben, nehme ich an, dass es diplomatisch nicht anders möglich war.


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Da vorhin gesagt wurde, wie sehr wir jetzt geschützt seien, möchte ich schon noch ein paar Dinge herausheben, die meiner Meinung nach zu zögerlich angesprochen worden sind. Da heißt es zum Beispiel:

„Hat ein Vertragsstaat Kenntnis von einer glaubhaften Androhung eines Sabotageaktes gegen Kernmaterial oder gegen eine Kernanlage in einem anderen Staat, so beschließt er geeignete Maßnahmen, ...“

Das heißt, er weiß es, und erst dann darf er geeignete Maßnahmen beschließen, „die zu treffen sind, um den betreffenden Staat ... und gegebenenfalls“ – also eventuell, vielleicht auch – „die Internationale Atomenergie-Organisation“ zu informieren. – Das halte ich nicht unbedingt für einen großen Vorstoß in Richtung Sicherheit.

Nächster Punkt: Wenn „im Falle eines Sabotageaktes gegen Kernmaterial oder gegen eine Kernanlage in einem Vertragsstaat dieser Staat“ dann „der Ansicht“ ist, „dass andere Staaten wahrscheinlich radiologisch betroffen“ sein werden, kann er dann die wahrscheinlich radiologisch betroffenen Staaten informieren.

Ich erinnere mich, wie das beim Kernkraftwerk Paks war. Da hat man gesagt: Ja, bis jetzt ist nichts passiert, und es wird auch nichts passieren, und die Anrainerstaaten geht das eigentlich nichts an, denn die haben bis jetzt ja noch nichts gemerkt von diesem Kernkraftwerk. – Angesichts dieser Haltung frage ich mich schon, ob das wirklich so ein großer Schutz für uns wäre, wenn einmal wo etwas passiert, und ob wir dann auch tatsächlich davon informiert werden.

Der nächste Punkt: Ein Vertragsstaat kann, soweit erforderlich, andere Vertragsstaaten unmittelbar oder über die Internationale Atomenergie-Organisation oder andere ein­schlägige internationale Organisationen konsultieren und mit ihnen zusammen­arbeiten. – Das finde ich schon interessant, dass man in einen Vertrag hineinschreiben kann, dass ein Staat mit einem anderen Staat zusammenarbeiten kann.

Wie gesagt: Ich bin kein Diplomat – oder keine Diplomatin –, ich denke nur, die Euphorie, dass man sagt, durch dieses Übereinkommen sind wir geschützt vor allen möglichen Angriffen, die auf Atomkraftwerke stattfinden können, ist nicht unbedingt angebracht. So sehr geschützt sind wir, glaube ich, durch diesen Vertrag nicht. (Präsident Kneifel übernimmt wieder den Vorsitz.)

Natürlich werden wir trotzdem zustimmen, keine Frage, denn es ist insgesamt gesehen doch ein Fortschritt. Es wird aber trotz dieses Vertrages notwendig sein, immer wieder zu beobachten, was rundherum passiert, was mit grenznahen Kernkraftwerken pas­siert – und auch in der Nähe von grenznahen Kernkraftwerken. So wird beispielsweise in den tschechischen Medien immer wieder kolportiert, dass die USA angeboten haben, in der Tschechischen Republik einen Teil eines Abwehrschirmes zu statio­nieren, wo Langstreckenraketen abgefangen werden sollen, eine Raketenbasis also.

Als einer der möglichen Standorte ist die Ortschaft Rapotice genannt. Diese liegt allerdings nahe am AKW Dukovany, und wenn man weiß, wie sicher Dukovany konstruiert ist, sollte man doch auch von österreichischer Seite einmal Bedenken anmelden. Die tschechischen Militärs sind zwar offensichtlich dafür – nicht gerade begeistert, aber dafür –, aber sicherlich stellen gerade solche Ziele doch eine Gefähr­dung auch für uns dar, denn wenn in Dukovany etwas passiert, werden wir in Österreich das ganz sicher merken.

Zu guter Letzt möchte ich noch betonen, dass der sicherste physische Schutz der Bevölkerung nach wie vor eine konsequente Anti-Atom-Politik und eine konsequente Friedenspolitik ist, und das auf europäischer Ebene. – Aber diesem Vertrag werden wir natürlich trotzdem zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.32



Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 95

Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


13.32.57

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätz­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte ganz kurz noch einmal zu Punkt 5 zurückkehren und eine Berichtigung vornehmen.

Herr Bundesrat Molzbichler und Herr Bundesrat Sodl haben hier gemeint, Kärnten hätte nicht ausbezahlt. Und: Hoffentlich geht es uns nicht auch so wie in Kärnten mit der Spende für 85 Jahre.

Tatsache ist, dass der Beschluss im Nationalrat und im Bundesrat im Dezember 2005 gefallen ist: für Kärnten 2 Millionen €. Das Geld wurde zweckgebunden für einzelne Projekte in den Gemeinden zugesichert. Der Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, hat die betroffenen Bürgermeister – im gemischtsprachigen Gebiet sind 90 Prozent der SPÖ zugehörig – schriftlich aufgefordert, förderungswürdige Projekte einzureichen. Die Einreichfrist endet mit 15. August dieses Jahres, danach erfolgt umgehend die Überweisung der Fördergelder vom Bund. Gefordert sind die betroffenen Bürgermeister.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Punkt 16: Ziel ist die gemeinsame friedliche Nutzung der Kernenergie und natürlich die Lösung der Folgeprobleme. Dieser Verpflichtung ist auch die Europäische Atomenergie beigetreten. Unter öster­reichischer Federführung wurde der Anwendungsbereich für den Umgang mit Kernmaterial verpflichtend festgelegt. Das geht bis hin zur Strafverfolgung. Wie bei internationalen Transporten mit Kernmaterial die Sicherheit gewährleistet sein muss, ist sicherlich von besonderer Bedeutung.

Diese Form der Energie wird schon seit über 50 Jahren zivil genutzt. Weltweite Störfälle sind uns bekannt:

Störfälle in Krško, in Slowenien, machen vor allem den Kärntnern Sorgen.

Störfälle in Temelín machen Österreich Sorgen.

Am 12. Dezember 1952 gab es in Kanada, in der Nähe von Ottawa, in einem NRX-Reaktor eine Explosion. 

7. Oktober 1957: Reaktorbrand im britischen Kraftwerk Windscale.

Jänner 1958: Explosion im sowjetischen Atomkraftwerk Majak im Ural.

7. Dezember 1975: Unfall im Kernkraftwerk Greifswald in der ehemaligen DDR.

28. März 1979: Unfall im amerikanischen Kraftwerk Three Mile Island, Pennsylvania.

26. April 1986 – und das ist, glaube ich, uns allen noch in Erinnerung –: die Ka­tastrophe im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl. Ich war in der Ulkraine und habe dieses Gebiet gesehen: Es ist heute noch unbewohnbar und öde. Die Menschen, die dort in der Nähe wohnen, sind vom Tod gezeichnet, und auch wir in Österreich haben durch den GAU in Tschernobyl große Schäden erlitten.

Daher ist es notwendig – und diese Bundesregierung hat eine entsprechende Ent­scheidung getroffen –, die Energieversorgung auch in Zukunft so zu lenken, dass auch die Entsorgung in sicheren Bahnen erfolgen kann.

Welche Sparmöglichkeiten gibt es? – Es ist unsere Aufgabe, das entsprechend zu untersuchen.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 96

Welche Alternativmöglichkeiten gibt es? – Ökoenergie muss Vorrang haben. Liebe Kollegin Kerschbaum, da bin ich voll Ihrer Meinung. Da sollten wir alle uns gemeinsam noch wesentlich mehr bemühen, denn es gibt viele, viele Möglichkeiten.

Die Kernkraftenergie ist bei der Bevölkerung sehr, sehr umstritten. Viele Staaten wollen mit der Atomenergie die Treibstoffemissionen in den nächsten 30 Jahren um mehr als 50 Prozent senken. Vor allem Großbritannien ist Pionier in dieser Richtung.

Die Atomenergie insgesamt sollte uns mehr fordern, denn in diesem Bereich tragen wir sehr hohe Verantwortung. Wir sollten dem heutigen Gesetz die Zustimmung geben, aber es gibt keine endgültige Lösung, Herr Staatssekretär. Die Atommüllentsorgung wird uns auch in Zukunft fordern, und ich hoffe, dass wir einer besseren Zukunft entgegengehen und nicht in Zukunft der Atomlobby das Wort reden. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

13.38


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Herr Staatssekretär? (Der auf der Regierungsbank sitzende Staatssekretär Dr. Winkler verneint.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmen­einhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.39.01 17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (1443 d.B. und 1604 d.B. sowie 7620/BR d.B.)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (1444 d.B. und 1605 d.B. sowie 7621/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend das Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusam­menarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich (1462 d.B. und 1606 d.B. sowie 7622/BR d.B.)


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 97

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Europäisches Ab­kommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine (1463 d.B. und 1607 d.B. sowie 7623/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen zu den Punkten 17 bis 20 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 17 bis 20 ist Herr Bundesrat Bader. Ich bitte um die Berichte.

 


13.40.04

Berichterstatter Karl Bader: Ich bringe die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 17 bis 20. Da sie alle in schriftlicher Form vorliegen, kann ich mich bei den einzelnen Berichten auf die Antragstellung beschränken.

Zum Tagesordnungspunkt 17, betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusam­menarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zum Tagesordnungspunkt 18: Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, darf ich ebenfalls gleich zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Absatz 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 19, Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenüberein­kom­men:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Und schließlich zum Tagesordnungspunkt 20 betreffend Europäisches Abkommen über Regelung des Personenverkehrs:

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Danke für die Berichte.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 98

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte.

 


13.43.02

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Österreich hat eine lange Tradition in der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Kunst, Kultur, Bildung, aber auch Wissenschaft. Die Republik Österreich will mit diesem Abkommen mit der Republik Albanien die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten fördern und weiter­entwickeln.

Gerade ein Land wie Albanien, in dem ein Viertel der Bevölkerung mit weniger als 1,6 € oder zwei Dollar pro Tag seinen Lebensunterhalt bestreiten muss, braucht Unter­stützung und Zusammenarbeit. 50 Prozent dieser Menschen sind Kinder und Jugend­liche unter 21 Jahren. Das Land ist von hoher Arbeitslosigkeit betroffen und benötigt daher Zusammenarbeit insbesondere im Bereich der Bildung.

Dieses Abkommen entspricht auch den Beschlüssen des Dritten Gipfels des Europarates, der Staats- und Regierungschefs, von 2005 in Warschau. Es heißt in der Empfehlung des Dritten Gipfels von Warschau:

Außerdem verstärken diese Beschlüsse die Rolle des Europarates zum Schutz und zur Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie sozialer Kohäsion, Bildung für alle sowie zur Wahrung des gemeinsamen Erbes und der kulturellen Vielfalt. Sie spiegeln die Absicht der Staats- und Regierungschefs zur Förderung der Kohäsion unserer Gesellschaften in ihren sozialen, bildungspolitischen, gesundheitlichen und kulturellen Dimensionen wider.

Zur Erreichung dieses Zieles verpflichtet sich der Europarat, den interkulturellen und interreligiösen Dialog sowohl unter den europäischen Völkern als auch zwischen Europa und seinen Nachbarregionen sowie den Schutz nationaler Minderheiten und die Freizügigkeit des Personenverkehrs auf dem Kontinent zu fördern, um Dis­kriminierung zu bekämpfen und Bestimmungen und wirksame Mechanismen zu ihrer Verhinderung und Beseitigung weiterzuentwickeln.

Der Europarat empfiehlt somit den 46 Mitgliedsstaaten, auch bilaterale Abkommen mit wirtschaftlich schwächeren Staaten abzuschließen. – Zitatende.

Geschätzte Damen und Herren! Dieses Abkommen soll die Beziehung beider Staaten beleben und den Aufholprozess von Albanien fördern. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ager.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ager. Ich erteile ihm dieses.

 


13.46.06

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Punkte 17 bis 20 beinhalten, wie wir gehört haben, außenpolitische Themen. Generell, darf ich sagen, war die öster­reichische EU-Präsidentschaft eine Erfolgsgeschichte. Die Bundesregierung, die Botschaften, die Diplomatie, die Mitarbeiter in den Ministerien, Nationalrat und Bundesrat haben dazu entscheidende Beiträge und für das Ansehen Österreichs gute Arbeit geleistet. Wir sollten dies auch über alle Parteigrenzen hinweg würdigen.

Mein besonderer Dank gilt hier auch den Mitarbeitern, im Speziellen in den Ministerien, die weit über ihre Grenzen gegangen sind und so ganz entscheidend zu diesem Erfolg beigetragen haben, und ich bitte die Anwesenden, diesen Dank in den Ministerien weiterzuleiten.


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Wie richtig unsere Außenministerin damals mit ihrem Westbalkan-Schwerpunkt gele­gen ist, zeigt uns jetzt dieses Abkommen mit Albanien. Albanien und seine Menschen mussten vor gar nicht langer Zeit noch in totaler Isolation leben und sind daher sensibilisiert und voller europäischer Begeisterung, auch für Kultur, Bildung und Wissenschaft. Menschen wie unsere Ministerin Liesl Gehrer, die seit langem Hilfs­lieferungen organisiert hat, und unsere Außenministerin Plassnik, die heuer ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen unterzeichnet hat, sind gute Partner Albaniens.

Österreich war auch einer der ersten EU-Staaten, die das UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen unter­zeichnet haben. Das ist sehr wichtig, denn gerade in unserer heutigen schnelllebigen Zeit ist es nicht einfach, jahrhundertealte Traditionen zu bewahren. Mit diesem Abkommen bekommt die Brauchtumspflege auch in Österreich wieder eine neue Bedeutung.

Eine große Bedeutung wird dem Protokoll Nr. 2, dem Übereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften, beigemes­sen – das hat auch schon mein Kollege Lindinger gesagt –, weil es auf diesem Gebiet vieles erleichtert.

Abschließend noch zur Ukraine. Auch wenn es dort immer wieder zu Menschen­rechtsverletzungen kommt, ist es einfach wichtig, glaube ich, die Türen weiter offen zu halten. Das ist wichtig für die Menschen in dieser Region und für den Frieden in Europa.

Meine Fraktion wird diesen Gesetzen gerne zustimmen. Ich wünsche mir, dass unsere gegenseitige Achtung und unser Zusammenhalt bei der Arbeit für Österreich den bevorstehenden Wahlkampf überstehen, und wünsche Ihnen allen einen schönen Sommer! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Grünen.)

13.49


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


13.49.32

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Den Worten meiner beiden Vorredner zu Albanien kann ich nur zustimmen. Das alles ist wichtig und richtig für Südwesteuropa, und all die Initiativen, die hier gesetzt werden, insbesondere auch in der kulturellen Vertiefung, sind ganz besonders wichtig. Gerade die kulturellen Vertiefungen bieten auch der Jugend am Westbalkan – wenn man das so sagen will, man hört es dort nicht so gerne – Perspektiven.

Ich möchte hier schwerpunktmäßig zur Ratifizierung der UNESCO-Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt sprechen, denn wir alle können stolz sein, dass es diese Konvention gibt und dass Österreich hier ganz vorne mit dabei ist. Die große Bedeutung dieser Konvention hat sich vor allem auch im Rahmen des gesamten WTO- und GATS-Abkommens abgezeichnet, nämlich in der Frage: Was ist Handelsware und was ist nicht Handelsware?

Ich bin nicht jemand, der bezüglich der Globalisierung a priori übergroße Befürch­tungen hegt, aber es gibt Bereiche, in denen die Globalisierung auch eine Antwort erfahren muss im Sinne des Schutzes von Vielfalt, des Schutzes nationaler Interessen, im Sinne des Ausgleiches: Wie viel ist Staat? Wie viel ist privat? Und: Wie viel Staat kann eigentlich noch dabei sein?


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Und da, muss man sagen, ist diese Konvention insofern richtungsweisend, als sie klarstellt, dass Kultur und die Erzeugung kultureller Vielfalt keine Handelsware ist. Das hat ja gedroht in der gesamten WTO-Diskussion, dass man auch die Kultur unter dem Begriff Handelsware subsumiert. Das hätte ja letztlich bedeutet, dass sich die öffentlichen Förderer, also die öffentlichen Hände hier zunehmend zurückziehen müssten, um Klagen von privaten Kulturproduzenten zu vermeiden, die sagen, hier besteht eine Ungleichgewichtigkeit.

Es ist dies also eine ganz entscheidende Konvention, die mit Sicherheit auch Auswirkungen auf künftige andere Bereiche, die heute noch gar nicht geregelt sind, haben wird. Mit dieser Konvention bekommen die Staaten ein bindendes Rechts­instrument.

Das Allerwichtigste – ich möchte nur ganz kurz darauf verweisen – ist eben jener Artikel 20, der die Verantwortung des staatlichen Handelns in politisch sensiblen Bereichen völkerrechtlich verankert und das Verhältnis zum WTO/GATS-Abkommen regelt.

Meine Damen und Herren! Kultur kann man da nicht mehr unter dem Stichwort „wettbewerbsverzerrend“ diskutieren. Kultur ist keine Dienstleistung oder kein Handels­gut, sondern ist ein Wert an sich. Alles andere hätte nur zur Folge gehabt, dass irgendwelche Einheitskulturen, die mit mächtigen Finanzmöglichkeiten ausgestattet sind, in diesem Bereich einen Siegeszug antreten. Hier geht es um die kulturelle Vielfalt.

Mit ist aufgefallen, dass es im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates eine ganz interessante Diskussion dazu gegeben hat, die sich jetzt hier nicht nieder­geschlagen hat. Aber da ich selbst erst unlängst dort war und persönlich schon seit 20 Jahren irgendwie an dieser Diskussion partizipiere und nachdem nun ein Antrag schubladisiert oder vertagt wurde im Nationalrat, möchte ich diesen Antrag vielleicht hier doch kurz erwähnen.

Das Jahr 2008 kommt näher. Im Jahre 1938 hat es ein einziges Land gegeben, das gegen den Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich protestiert hat, nämlich Mexiko. Und nun liegt ein Antrag im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates, der vertagt wurde, der eines der wichtigsten Objekte, ein einzigartiges Objekt, da es nur einmal existiert, nämlich den so genannten – es ist zwar nicht richtig, aber so wird es immer bezeichnet – „Federschmuck des Montezuma“, zum Inhalt hat. Er ist es ja nicht, aber es ist das einzige derartige Exponat, das über das Tiroler Schloss Ambras – wie es dorthin gekommen ist, weiß man nicht; diese Kanäle sind dunkel – im Volks­kundemuseum gelandet ist.

Seit Jahrzehnten versucht Mexiko, versuchen mexikanische Gruppen, Österreich dazu zu bewegen, dass es dieses einzigartige Objekt ihrer eigenen Geschichte an Mexiko zurückgibt. Und wenn Sie einmal die Chance haben, das indianische, präkolum­bianische Museum in Mexiko zu sehen, werden Sie feststellen, dass dieses unver­gleichlich ist. Dieses Museum ist von einem dermaßen hohen Niveau, von einem dermaßen hohen Standard – aber diesem Museum fehlt einer der wichtigsten Kunst- oder Kulturgegenstände, nämlich dieser „Federschmuck des Montezuma“. (Zwischen­ruf bei der ÖVP.) In Kopie ist er dort, ja. Die Kopie könnte durchaus nach Österreich gehen und das Original dorthin, wo es eigentlich hingehört.

Ich will nur sagen, dass die UNESCO einmal eine Diskussion geführt hat: Nofretete will nach Hause. Diese Diskussion könnte im Sinne von „Nofretete will nach Hause“ durchaus einmal von der österreichischen Seite her in Bezug auf Mexiko geführt werden, und vielleicht könnte – im Sinne von „respect and honour“ – im Gedenken an das Jahr 1938 eine Initiative entwickelt werden, damit im Jahr 2008, 70 Jahre nach


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dem einsamen Protest Mexikos gegen den Einmarsch der Hitlertruppen, jene einsame Federkrone wieder nach Mexiko gebracht wird und die Kopie nach Österreich kommt. Das wäre ein schönes Zeichen und ein Danke an Mexiko. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

13.56


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile es ihm.

 


13.56.52

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ab und zu gibt es zufällig eine gute Reihenfolge, was die Rednerliste betrifft. Ich möchte eigentlich an das anschließen, was Stefan Schennach bereits gesagt hat, und ich glaube, dass die Dinge, die er angesprochen hat, auch etwas miteinander zu tun haben. Es haben Identitätszeichen auch etwas mit der eigenen Kultur zu tun. Das ist das eine.

Das Zweite: Ich glaube, es ist gut, dass es dieses UNESCO-Übereinkommen gibt und dass wir uns in den letzten Jahren sehr intensiv damit auseinander gesetzt haben. Ich denke, diejenigen, die ein bisschen mit Interkulturalität zu tun haben, wissen, dass das auch sehr stark an der Basis diskutiert worden ist, denn es gab 2001 bereits eine allgemeine Erklärung dazu, und nun liegt uns hier das Übereinkommen vor.

Ich glaube, das Allerwichtigste ist aber, dass es gerade jetzt aufliegt, in einer Zeit, in der wir eigentlich, wenn wir uns die Situation weltweit anschauen, feststellen müssen, dass Huntington mit seinem Buch „Kampf der Kulturen“ oder, wie der englische Titel lautet, und der ist in diesem Zusammenhang passender, „The Clash Of Civilizations“ im Grunde nicht Unrecht hat. Ich weiß, dass dieser Gedanke sehr extrem erscheint, aber im Grunde liegt hier etwas vor, das einem zu denken geben muss. Und wenn man an so manche kriegerische Auseinandersetzung denkt, wird man sehr rasch auch zu der Konsequenz kommen, dass sehr viel mit Kultur, mit Religion, mit der Vielfalt der Kulturen und in diesem Zusammenhang auch mit der Vielfalt der Religionen zu tun hat.

Und ich denke auch, dass hier eine vernünftige Antwort gegeben wird auf all das, was wir als „Globalisierung“ bezeichnen, und dass es auch wichtig ist, dass man die Kultur einmal in die Mitte auch unseres europäischen Denkens und internationalen Denkens stellt. Meines Erachtens muss der Ansatz, der sich ja auch in diesem Übereinkommen findet, dass das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen ist, auch konkrete Auswirkungen haben.

Und ich möchte auf etwas verweisen, was in unserem Ausschuss debattiert worden ist; ursprünglich habe ich auch darüber nachgedacht, wie es dazu kommt. Das hat Frau Vizepräsidentin Haselbach mitgebracht, und ich muss ihr da zustimmen. Dieses ganz konkrete Büchlein über interkulturelles Lernen, wo sie darum gebeten hat, dass das alle Bundesrätinnen und Bundesräte bekommen, damit man es auch weitergeben kann, ist eine interessante Produktion – nicht weil sie in Graz an der Uni gemacht worden ist, sondern auch deshalb, weil ich die Werdegeschichte ein wenig kenne. Es wurden Lehrerinnen und Lehrer mit eingebunden, als dieses Buch konzipiert worden ist, auch Lehrerinnen und Lehrer verschiedener Kulturen, soweit sie greifbar waren und auch mitarbeiten wollten.

Das halte ich für das Wesentliche und auch für das Wichtige dabei, dass so ein Übereinkommen im Grunde nicht in erster Linie ein gesetzlicher Text ist, sondern es ist eigentlich ein Text, der auf Leben beruht und den man auch mit Leben erfüllen muss.

In diesem Zusammenhang ist hier ein Punkt hauptsächlich anzusprechen, nämlich die Rolle der Zivilgesellschaft. Gerade wenn es um Kulturen geht, geht es um die Zivil-


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gesellschaft. Es geht darum, dass man sie partizipieren lässt an dem, was kulturelle Vielfalt betrifft. Aber man soll das nicht in erster Linie groß reflektieren und irgendwo wiedergeben, sondern man soll das Leben in dieser Vielfalt ermöglichen.

Ich denke auch weiters, hier liegt etwas vor, das einem auch die Möglichkeit gibt zu berufen, wenn etwas nicht so ist.

Auf der anderen Seite wird eine Streitkultur gepflegt, auf die ich hinweisen möchte, nämlich im Artikel 25, indem man versucht, wirklich mit Verhandeln, wenn sich zwei Parteien nicht einig sind, zu etwas zu kommen. Wenn das nicht funktioniert, kann man eine dritte Partei mit hereinnehmen, die vermittelt. Ich halte das hier für einen zukunftsweisenden Weg, wie man so ein Übereinkommen auch in gewisser Weise exekutiert, wenn ich das so sagen darf.

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Es wird sehr wohl zwischen Inter­kulturalität und Transkulturalität unterschieden. Ich halte es auch für wichtig, das ein wenig zu unterscheiden, denn man vermischt das leicht. Wir wissen, dass transkulturell vielfach auch etwas ist, was schon sehr gemischt ist. Ich möchte hier aber wirklich ein Wort dafür einlegen, dass gerade das Interkulturelle, das Zusammenleben mit seinen jeweiligen Lebensausdrücken, mit seinen – ich sage jetzt wirklich – Insignien, mit seinen Identitäten wesentlich ist und dass wir nicht zu rasch gleich immer Projekte, die transkulturell sind, fördern und steuern sollten, weil dann das Interkulturelle, was für mich ein wesentlicher Ausgangspunkt ist, auch der Überlegungen, auch der Positionie­rungen, auch eines Dialoges, oft oder manchmal zumindest unter den Tisch fällt.

Ich möchte mich da meinem Vorredner voll und ganz anschließen. Auf der einen Seite ist es wirklich toll, dass wir mit dem Übereinkommen ganz vorne mit dabei sind, aber auf der anderen Seite ist es auch wichtig, da oder dort ganz konkrete Zeichen zu setzen, wie man mit unterschiedlichen Kulturen umgeht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Grünen.)

14.03


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kritzinger. Ich erteile es ihm.

 


14.03.14

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mein Redebeitrag bezieht sich auf die Äußerungen des Kollegen Schennach über den Federschmuck des legendären Indiofürsten Montezuma. Ich habe mir heuer, ich glaube, schon zum zweiten oder dritten Mal angesehen, wie die Indios am Stephans­platz für die Rückgabe dieses Federschmucks demonstrieren. Sie sind mit einem Wohnwagen gekommen, dessen Nummerntafel jene eines benachbarten Staates war.

Ich glaube, es geht dabei um eine ganz prinzipielle Frage, abgesehen davon, dass dieser Federschmuck für die damalige Zeit wahrscheinlich einen ganz anderen Wert hatte, möglicherweise gar nicht gerettet worden wäre, hätte er nicht so einen Aufbe­wahrungsplatz gefunden, abgesehen davon, dass es ja ein gewisses, möchte sagen, Signal wäre für viele andere Museen, zum Beispiel in London oder Paris, wo unglaublich große Schätze aus Ägypten, Griechenland und anderen Ländern ausgestellt sind, die man gesammelt hat, bezüglich deren auch Forderungen bestehen, dass man sie zurückgibt. Ich glaube, Österreich ist gut beraten, dieses Symbol zu behalten. Oder man müsste generell eine andere Regelung finden.

Österreich hat in dieser Zeit dafür Sorge getragen, dass diese kostbare, vielleicht etwas ein wenig ins Legendäre hineinreichende Krone dieses Fürsten wirklich eine Sehenswürdigkeit und eine Attraktion auch für ausländische Besucher in Wien war und ist. Ich würde daher nicht dazu raten, dass man auf Grund einer solchen Demon-


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737. Sitzung / Seite 103

stration eine solche Regelung fände, das Original zurückgäbe und Österreich nur die Kopie hätte. Ich meine, die gegenwärtige Lösung ist absolut akzeptabel und für uns Österreicher die richtige. 

14.06


Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmungen über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgen getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen.

Da auch der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.


Bundesrat
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Schließlich lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegen­ständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Ein­spruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der vorliegende Beschluss ist somit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend das Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmen­übereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebiets­körperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich.

Da der vorliegende Beschluss ebenfalls Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Europäisches Abkommen über die Regelung des Per­sonenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.11.58 21. Punkt

Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum opera­tiven Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-293-BR/2006 d.B. sowie 7610/BR d.B.)

22. Punkt

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das österreichische Parlament zum EU-Arbeitsprogramm 2006 (III-294-BR/2006 d.B. sowie 7611/BR d.B.)


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 105

23. Punkt

Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Kon­sumentenschutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-296-BR/2006 d.B. sowie 7612/BR d.B.)

24. Punkt

Jahresvorschau des BMVIT 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-297-BR/2006 d.B. sowie 7613/BR d.B.)

25. Punkt

Jahresvorschau des BMGF 2006 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2006 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2006 (III-300-BR/2006 d.B. sowie 7614/BR d.B.)

26. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Jahresvorschau 2006 (Bereich Bildung und Forschung) auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-302-BR/2006 d.B. sowie 7615/BR d.B.)

27. Punkt

Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-305-BR/2006 d.B. sowie 7616/BR d.B.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 21 bis 27 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 21 bis 27 ist Herr Bundesrat Höfinger. Ich bitte um die Berichte.

 


14.13.54

Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen diese sieben Berichte zur Kenntnis bringen. Da Ihnen die Inhalte schriftlich bekannt sind und vorliegen, darf ich mich auf die Titel beziehungsweise die Antragstellung beschränken.

Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahres­programm des Rates für 2006.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 den Antrag, den Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 zur Kenntnis zu nehmen.


Bundesrat
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Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das österreichische Par­lament zum EU-Arbeitsprogramm 2006.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das österreichische Parlament zum EU-Arbeitsprogramm 2006 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Ein Beschluss über den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über die Jahresvorschau des BMVIT 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 den Antrag, die Jahresvorschau des BMVIT 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über die Jahresvorschau des BMGF 2006 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2006 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2006.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 den Antrag, die Jahresvorschau des BMGF 2006 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2006 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2006 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Jahresvorschau 2006 (Bereich Bildung und Forschung) auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 den Antrag, den Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Jahresvorschau 2006 (Bereich Bildung und Forschung) auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

Schließlich bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parla­ment zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006.

Ein Beschluss über den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

 


Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. Ich erteile es ihm.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 107

14.18.06

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, diese verschiedenen Berichte, die jetzt vom Berichterstatter vorgetragen wurden, sollten uns zum Teil wirklich sehr nachdenklich stimmen, denn insgesamt ver­stehen wir das Projekt der Europäischen Union als ein großes Bauwerk einer europäischen Sozialpolitik, einer europäischen Wirtschaftspolitik und einer euro­päischen Bildungspolitik. Betreffend Wirtschaftspolitik, würde ich jetzt sagen, müsste man schon sehr nachdrücklich anfügen, Herr Staatssekretär, ein Bauwerk einer fairen Wirtschaftspolitik.

Ich glaube, im Jänner fand der informelle Ministerrat in Österreich in Villach statt. Wenn ich mir vorstelle, dass in diesem Bereich die so genannte Flexicurity Einzug halten soll, wodurch Sicherheit durch Flexibilität gegeben sein soll, dann, denke ich, geht das einfach in die falsche Richtung.

Fairer Wettbewerb heißt, dass hier nach Regeln gehandelt wird. Es ist jetzt Gott sei Dank Vernunft eingekehrt, und man hat bei der Dienstleistungsrichtlinie, einem großen europäischen Regelwerk, zumindest die Sicherheit, dass das Ziellandprinzip zur Geltung kommen wird. Die Frage ist nun – und das vermisse ich in diesen ganzen Berichten –, wie das wirklich umgesetzt werden soll.

Es wird uns wenig helfen, wenn wir vom Ziellandprinzip sprechen und fairer Wett­bewerb für unsere kleinen und mittleren Betriebe in diesem Land herrschen soll, wenn wir nicht überprüfen können, aus welchem Bereich unsere Tischler, Dachdecker oder Spengler Konkurrenz zu gewärtigen haben, ob sie dann wirklich nach unseren Kollektivverträgen bezahlt werden, ob Kollege Bieringer die Abgaben in seiner Gemeinde als Bürgermeister bekommt, ob sie wirklich dort erbracht werden, denn es gibt ja bekanntlich ein so genanntes Drittlandprinzip. Wenn also zum Beispiel eine italienische Baufirma in Innsbruck baut, dann kann sie durchaus ihre Mitarbeiter aus Nordafrika mitbringen. Diese gelten ja dann bekanntlich hier als Arbeitnehmer eines EU-Landes.

Ich glaube, da wird einiges nötig sein. Es gab heute schon die Möglichkeit, den Herrn Bundesminister für Finanzen zu fragen, wie denn eigentlich die KIAB-Gruppe personell ausgestattet sein wird. Das werden einige hundert Frauen und Männer sein, die diese Betriebe unter anderem im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie kontrollieren sollen. Das ist ja nur ein schmaler Teilbereich, den diese Erhebungsgruppe wahrnimmt. Daher bin ich nicht sehr zuversichtlich, dass das funktionieren wird.

In einem dieser Berichte, Herr Staatssekretär, steht ein interessantes Stichwort zu lesen, nämlich „Anti-Dumping“. Da kommen wir jetzt genau hin. Im Bereich des Anti-Dumping geht es darum, dass Produkte, aber vor allen Dingen Dienstleistungen unter fragwürdigsten Umständen immer billiger werden, weil immer billigere Arbeitskräfte eingesetzt werden, Menschen, die sehr wenig verdienen, die eben nicht in den Genuss sozialer Leistungen wie andere EU-Bürger kommen. Ich glaube, wir sollten, wenn sich die EU zu einem Anti-Dumping bekennt, das vor allen Dingen sehr ernst nehmen. – Erster Punkt.

Ein zweiter Punkt, Herr Staatssekretär – Sie müssen heute hier alle Ressorts ver­treten –, der mich sehr bestürzt, ist, dass die Steuerharmonisierung in der Euro­päischen Union völlig ins Stocken gekommen ist. Das hängt natürlich mit dem Gesamtregelwerk der Europäischen Union zusammen, weil diese Steuerharmonisie­rung ausschließlich Aufgabe des Rates ist und noch dazu dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegt.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 108

Ich habe mir extra die Mühe gemacht, mir das herauszurechnen. Man muss sich vorstellen, dass in einem Zeitraum von einem Jahrzehnt in der Europäischen Union das Körperschaftsteueraufkommen um sage und schreibe ein Drittel gesunken ist! Das ist nichts anderes als der Ausfluss eines ständigen Steuerwettbewerbes, der dazu führt, dass die Kommunen, die Länder immer weniger Ertragsanteile bekommen. Heute ist vom Herrn Finanzminister erwähnt worden, dass der Rückgang jetzt wieder 1,3 Prozent im ersten Halbjahr betragen hat. Jetzt könnte man sagen, 1,3 Prozent seien ja nicht so dramatisch. Dem muss man allerdings gegenrechnen, wie es mit den Aufgaben aussieht, die von den Gemeinden in Österreich in den letzten Jahren zusätzlich übernommen wurden. Wenn man eine Menge neuer Aufgaben hat und die Einnahmen sinken, schaut es natürlich schlecht aus.

Ein Punkt, der mir da besonders aufstößt, ist der gesamte Bildungssektor. Hier finde ich nur einige Hinweise darauf, dass man den Akademikeranteil erhöhen, die Forschung forcieren will. Wenn ich mich in Österreich umblicke, dann schaut es so aus, Herr Staatssekretär – ich hoffe, das wird nicht das europäische Vorbild sein –, dass sich unsere Universitäten im Moment damit beschäftigen, die Mieten für die Gebäude aufzubringen. Ich hoffe, es ist nicht das europäische Modell, dass man die Gebäude der Universitäten in so eine – ich möchte fast sagen – Scheinfirma gegeben hat, dass die diese jetzt wieder an die Universitäten vermietet und manche Universitäten sich bemüßigt fühlen, Gelder zu lukrieren, um diese Gebäude überhaupt kaufen zu können.

Ich denke, die Universitäten haben in Österreich zwei Hauptaufgaben: die Lehre und die Wissenschaft, wie das auch in diesen Berichten angeführt ist, und nicht unbedingt den Immobiliensektor, mit dem man sich hier in Österreich neuerdings beschäftigt.

Ein Punkt abschließend: Es gibt den weiten Bereich der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Kindern. Auch dazu ist zu sagen: Wenn ich mich so umsehe, dort, wo nicht gerade eine sozialdemokratische Stadtregierung oder ein sozialdemokratischer Bürger­meister in einer Gemeinde ist, gibt es Kindergärten, wo die Vereinbarkeit zwischen Beruf, Familie und Kindern so ausschaut, dass man am Nachmittag die Kinder meistens zum Mitnachhausenehmen bekommt. (Bundesrat Mag. Baier: Hören Sie doch auf! – Bundesrätin Zwazl: Das stimmt überhaupt nicht!)

Wer das nicht glauben will, der kann sich eine Untersuchung der Oberösterreichischen Arbeiterkammer ansehen. (Bundesrat Bieringer: Auf die warten wir!) Die hat eine wunderschöne Landkarte dazu herausgegeben und ist sicher gerne bereit, das allen unwissenden Bundesrätinnen und Bundesräten in Datenträgerform zur Verfügung zu stellen.

Ich glaube, Herr Staatssekretär, man muss um Verständnis ersuchen, dass die Sozialdemokraten diesen Berichten in weiten Bereichen nicht folgen können und daher vieles nicht zur Kenntnis nehmen können. Insgesamt, Herr Staatssekretär, ist es zum Bauwerk eines sozialen Europa mit einer fairen Wirtschaftspolitik und einer ent­sprechenden Bildungspolitik noch ein weiter Weg. Ich würde Sie als Regierungs­mitglied schon sehr darum ersuchen, sich auch mit den Sozialdemokraten mit auf diesen Weg zu machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile es ihm.

 


14.25.09

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist ein Bericht? – Ein Bericht ist


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eine Art der Evaluation, sich zu orientieren, Einsichten zu bekommen und wohl auch Aussichten, wie es weitergehen könnte. Das, so nehme ich einmal an, ist ein Bericht.

Der nächste Schritt ist, so einen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Mein Verständnis von Kenntnisnahme ist nicht unbedingt, dass ich jede Zeile unterschreiben muss, wenn ich etwas zur Kenntnis nehme. Deshalb bin ich etwas verwundert darüber, wenn zumindest bei zwei Berichten, so wie es hier der Fall ist, nur eine Stimmengleichheit möglich war, weil ich daraus schließe, dass doch einige diese Berichte nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Das heißt, mein Verständnis, wenn ich etwas zur Kenntnis nehme, ist nicht unbedingt, dass ich das bis zum letzten Punkt unterschreiben muss, was da drinnen steht – da bin ich sehr froh als Parlamentarier –, sondern, dass die Ressorts das vorlegen müssen, was sie zuerst einmal vorhaben ... (Bundesrat Mag. Erlitz: „Zur Kenntnis gebracht“ müsste es heißen!)

Ich weiß nicht, ob wir da nicht ein bisschen Wortspielerei betreiben, denn wenn ich sage, ich nehme etwas zur Kenntnis, habe ich noch nicht abgestimmt, dass ich alles will, was da drinnen steht, denn ich nehme bei diesen Berichten Folgendes zur Kennt­nis, nämlich dass diese Regierung und ihre Ressorts sehr viel hackeln, sehr viel arbeiten und dass hier einiges drinnen steht. – Punkt eins.

Punkt zwei ist, dass sie aber nicht nur in der Vergangenheit gearbeitet haben, sondern in der Gegenwart arbeiten und auch für die Zukunft etwas machen wollen.

Jetzt möchte ich einfach meine Bemerkung, was für mich ein Bericht ist, vielleicht ein bisschen ausfalten, auch an dem schon angesprochenen Bericht, was Bildung betrifft. Aber bevor ich das tue, möchte ich, damit ich es auf gar keinen Fall vergesse, zwei Anträge einbringen, nämlich genau jene Anträge, die ja auf Grund der Stim­men­gleichheit in dem Sinn noch nicht gestellt wurden.

Antrag

der Bundesräte Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen auf Kenntnisnahme des Berichts der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-296-BR/2006 d.B. sowie 7612/BR d.B.) (TOP 23)

Die unterfertigten Bundesräte stellen folgenden Antrag:

Der Bundesrat wolle beschließen, den Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend EU-Arbeitspro­gramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-296-BR/2006 d.B. sowie 7612/BR d.B.) zur Kenntnis zu nehmen.

*****

Das wäre der erste Antrag.

Der zweite Antrag lautet:

Antrag

der Bundesräte Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen auf Kenntnisnahme des Berichts des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum


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operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-305-BR/2006 d.B. sowie 7616/BR d.B.) (TOP 27)

Die unterfertigten Bundesräte stellen folgenden Antrag:

Der Bundesrat wolle beschließen, den Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-305-BR/2006 d.B. sowie 7616/BR d.B.) zur Kenntnis zu nehmen.

*****

Ich glaube, die beiden Anträge liegen dem Präsidium vor.

Ich nehme jetzt in aller Kürze das Beispiel, was Bildung betrifft, weil es auch von meinem Vorredner angesprochen worden ist. Ich entdecke darin, dass sehr viele wesentliche Punkte angesprochen werden, die heute in der Bildungsdiskussion bedeutsam sind.

Ich nehme mir hier aber auch die Freiheit, ein Stück aus dieser Einsicht und Aussicht zu verdeutlichen. Es sind fünf, sechs wichtige Punkte enthalten. Ich glaube, wir haben als Parlamentarier auch die Aufgabe, ein paar Punkte anzusprechen, die vielleicht in dieser Art hier in diesem Bericht nicht vorhanden sind, denn ich sehe den Bericht als etwas, was war, was ist und was man sich vorstellt, die Aufgabe, das Ganze ein Stück zu erweitern – noch dazu, wie es ja auch in diesem Bericht heißt, da Bildung innerhalb unserer Gemeinschaft in Europa die Gemeinschaftsaktivität mit der breitesten Wirkung ist.

Erster Punkt: lebenslanges Lernen. Ich würde manchmal sehr gerne zum lebenslangen Lernen einfach dazuschreiben „lebensbegleitendes Lernen“, denn ich halte es für einen wesentlichen Punkt, dass Menschen in einer beruflichen Ausbildung miteinander unterwegs sind. – Das ist die eine Sache.

Die zweite Sache ist: Wenn man schon Fort- und Weiterbildung als so einen wichtigen Punkt nimmt, dann glaube ich aber auch, dass wir sie bei manchen Berufsgruppen auch verpflichtend einführen müssen. Ich bin selber als Berater, als Lebensberater tätig, und dafür sind im Gesetz 16 Stunden pro Jahr vorgeschrieben. Was ist bei Lehrerinnen und Lehrern gesetzlich vorgeschrieben? – Verpflichtend eigentlich nichts! Und da müssten wir einmal darüber nachdenken, ob nicht solche Aspekte sehr wohl hereingehören.

Nächster Punkt in diesem Zusammenhang: Ich glaube, wir sollten auch ein paar Finanzen mehr investieren, nicht nur in die IT-Infrastruktur, sondern auch in Pro­gramme, die es ermöglichen, lebensbegleitendes Lernen stärker zu aktivieren, nämlich über das weltweite Netz. Das sind für mich Punkte, die ich so jetzt noch nicht finde, wo ich aber gern hätte, dass man sein Augenmerk darauf legt.

Nächster Punkt wäre: Man geht heute auf Qualität und Vergleichbarkeit, und es ist darin auch die Rede von Qualitätscharta, von Qualifikationsrahmen. Dieser Punkt ist auch ausgewiesen, und diesen Punkten soll sich vor allem die finnische Präsident­schaft widmen, natürlich in Kooperation mit all den anderen Mitgliedsländern. Man sollte aber überlegen, ob man nicht die Qualitätsstandards, die man auch im Rahmen des Bologna-Prozesses angeregt hat, wo man bestimmte Dinge ganz klar und deutlich ausspricht, wo etwas in einer Bildungslandschaft als ein Modul oder ein Angebot die und die Qualität hat – ob das jetzt die Credits sind, ob das jetzt die Stundenanzahl ist und, und, und –, angleichen sollte, damit es eine Vergleichbarkeit gibt. Man sollte überlegen, weil vor allem die Erwachsenenbildung angesprochen wird, ob man nicht


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viel stärker die Kooperation aller Erwachsenenbildungsinstitutionen unter einem bestimmten Qualitätsmaßstab anstreben sollte.

Das heißt, nicht nur zu sagen: Hochschulen, Universitäten, Fachhochschulen, da lässt sich einiges modular und auch vom Angebot her austauschen, sondern auch zu überlegen, dass auch andere Erwachsenenbildungsinstitutionen hier gleiche oder ähnliche Standards anbieten können. Wenn sie die erreichen, dann wäre auch die Möglichkeit einer Anrechnung gegeben. Ich nenne jetzt bewusst zum Beispiel das Wirtschaftsförderungsinstitut. Ich nenne aber auch das bfi; auch andere Institutionen kommen dafür in Frage. Das heißt, wenn die dem Standard entsprechen, was Credits, was Stundenanzahl betrifft, was Qualifizierung des Personals betrifft, wenn ein Modul bestimmten Rahmenbedingungen entspricht, dann, glaube ich, könnten wir, auch was die Ressourcennutzung betrifft, hier wirklich ein Erwachsenenbildungskonzept entwickeln, das viel weiter ginge. Das kommt mir noch zu kurz.

Ein weiterer Punkt: Wir haben es hier in diesem Hohen Haus miteinander beschlossen: das Institut für Technologie und Wissenschaft in Klosterneuburg. Auf europäischer Ebene möchte man ein europäisches Institut. Und natürlich sagt nun Österreich – und darauf möchte ich wirklich Wert legen –, dass es wichtig ist, wenn man ein europäisches Institut entwickelt, dass dieses österreichische Institut, das ja quasi ein Vorläufer ist, als Knotenpunkt etabliert wird.

Ich möchte hier noch einmal eine Forderung von mir, die ich schon in der letzten Debatte in dem Zusammenhang erhoben habe, wiederholen. Es ist mir zu wenig, wenn es bei einem Exzellenzinstitut nur um Technologie geht. Es muss auch die Frage auftauchen, wie sehr auch philosophische Fragestellungen, ethische Fragestellungen hier unmittelbar mit hineingehören. Und dieses Institut kommt mir doch wieder sehr stark technologisch orientiert vor, ich glaube aber, wir müssen uns hier auch andere Fragen stellen, wie wir sie gerade auch in der letzten Zeit aus Brüssel hören, auch was die embryonale Forschung betrifft. Es ist nicht unwichtig, diese Fragen – und da gibt es noch ganz andere Überlegungen und Fragen innerhalb des Technologiesektors – in diesem Zusammenhang mit zu bedenken.

Das wäre von meiner Seite her die Überlegung zum Bericht an sich. Er gibt mir eine Einsicht, ich nehme das zur Kenntnis, sage mir, das ist der Weg, den die Regierung geht, das hat sie vor. Und ich nehme mir als Abgeordneter heraus, diese Punkte ein Stück weiter zu schreiben und in einem engen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern auszuloten, was ist der Weg, der uns neue Aussichten eröffnet, nicht mehr und nicht weniger! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.34


Präsident Gottfried Kneifel: Der von den Bundesräten Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag zum Tagesordnungspunkt 23 gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Der von den Bundesräten Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag zum Tagesordnungspunkt 27 gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ist ebenfalls genügend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin hat sich Frau Bundesrätin Konrad zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


14.35.27

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wäre jetzt zwar verlockend,


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dass ich mich auch noch in diese semantische Diskussion, was die Beschlussformel für diese Berichte hier zu bedeuten hat, einbringe. Ich werde der Verlockung aber widerstehen, weil wir diese Diskussion, soweit ich mich erinnern kann, noch jedes Mal bei ähnlichen Punkten gehabt haben. Wen es so sehr interessiert, der kann es auch nachlesen.

Ich habe mir diese Berichte durchgelesen und würde ja gerne die Meinung meines Vorredners teilen können, dass da ganz neue Ansätze drinnen sind oder Ziele, welche die Regierung in den verschiedenen Bereichen hier ausarbeitet. Ich konnte das leider nicht sehen. Das Meiste, was ich gelesen habe, kannte ich, sprachlich sehr ähnlich, aus anderen Zusammenhängen. Sehr große neue Ziele oder Erkenntnisse konnte ich nicht aus diesen Berichten herauslesen. Ich möchte nicht sagen, sie bestehen aus Floskeln, aber es kommt durchaus die eine oder andere vor, wobei man sagen muss, dass die Berichte durchaus von verschiedener Qualität sind.

Ich werde mich jetzt in der Methode meinen Vorrednern anschließen und einzelne Aspekte aus verschiedenen Berichten herausgreifen. Anfangen möchte ich mit dem Bericht des Ministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und mich hier auf den Themenbereich Jugend spezialisieren. Es wird in diesem Bericht eine ganze Reihe von Zielen genannt, die auf EU-Ebene zum Thema Jugend gesetzt worden sind, und diese Ziele sind mir wirklich alle sehr bekannt vorgekommen. Ich glaube, die sind relativ wortgleich schon in den vergangenen Jahren so nachzulesen gewesen.

Es werden also Ziele genannt – die Wege dazu fehlen. Zum Beispiel ist ein immer wieder zitiertes Ziel: Wir wollen eine bessere Einbindung der Jugend in das politische System, in das politische Handeln und Denken bewirken. – Ja, die Botschaft hör’ ich wohl, aber ich weiß nicht, wie man es sich vorstellt, dahin zu gelangen. Ich sage jetzt nur einen Punkt, der mir zu diesem Thema immer wieder einfällt. Die Diskussion über die Wahlaltersenkung haben wir schon sehr oft geführt, vor ein paar Monaten auch hier im Bundesrat, ein Monat später dann auch im Tiroler Landtag, wo ich dann sehr enttäuscht war, dass die SPÖ bei dem Antrag der Grünen, eine Wahlaltersenkung zu beschließen, leider nicht mitgegangen ist. Wir haben damals hier dem SPÖ-Antrag zugestimmt. Die Umstände sind schwierig, und wir hoffen, dass sich die Situation bessern wird.

Eine Wahlaltersenkung wäre nur ein konkreter Schritt hin zu einer besseren Ein­bindung von Jugendlichen in politisches Denken, Arbeiten, in politische Systeme. Es werden aber hier noch weitere Themenbereiche genannt wie zum Beispiel, ein sehr wichtiges Thema: Ein EU-Ziel ist eine bessere Einbindung von jungen Menschen in den Arbeitsmarkt. Und da geht es jetzt sehr ans Eingemachte. Ich nehme an, dass für die meisten betroffenen Personen in den nächsten Jahren die Frage: Finde ich einen Job, finde ich eine Lehrstelle?, von größerer Bedeutung ist als die Frage: Darf ich wählen? Aber diese Themenbereiche muss man nicht unbedingt gegeneinander abwägen.

Mir fällt jetzt schon auf, die EU postuliert Ziele, wir müssen Jugendliche besser einbinden in den Arbeitsmarkt, wir müssen die Schulabbrecherquote senken. Auch wenn Österreich in diesen beiden Themenbereichen eine relativ gute Position einnimmt im Vergleich zu anderen Ländern, ist die Entwicklung leider eine negative. Das heißt, wir haben hier das EU-Ziel, uns hier zu verbessern, und dieses EU-Ziel kann meiner Meinung nach nur erreicht werden, wenn alle EU-Länder ihre eigene Position hier verbessern. In Österreich geht die Entwicklung aber in die andere Richtung.


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Sie haben wahrscheinlich alle von der Studie, ich glaube, der Arbeiterkammer gehört; sie wurde am 19. Juli veröffentlicht und befasst sich mit den Jobchancen für junge Menschen. Ich zitiere: Fast 77 000 Junge zwischen 15 und 24 konnten nach der Pflichtschule keine Lehre oder weiterführende Schule beginnen oder flogen ohne Abschluss aus dem Bildungssystem. Zusätzlich zu den 77 000 Dropouts kamen fast 29 000 Jugendliche nicht am Arbeitsmarkt unter, obwohl sie eine Lehre, weiterführende Schule oder Hochschule abgeschlossen hatten. In Summe fehlen also faire Chancen für 105 000 Jugendliche in Österreich.

Wenn wir jetzt das Ziel haben, dass die EU als Gesamtes eine bessere Eingliederung von jungen Menschen in den Arbeitsmarkt erreichen soll, wir aber in Österreich solche gegenteilige Entwicklungen haben, dann müssen wir auch beginnen, vor der eigenen Tür zu kehren. Die EU wird dieses Ziel nicht erreichen, nur weil es in einem Bericht steht. Die EU kann dieses Ziel nur erreichen, wenn jedes Land einen Beitrag leistet, auch Österreich, und Österreich muss sich hier anstrengen.

Ähnliches gilt auch für die Frage der Schulabbrecher. Da hat Österreich zwar einen im internationalen Vergleich guten Wert, allerdings steigt diese Zahl in den letzten Jahren. Schulabbrecher und -abbrecherinnen sind ganz besonders gefährdet, wenn es dann um den Einstieg in den Arbeitsmarkt geht. Auch hier braucht es von Seiten Österreichs größere Anstrengungen.

Einen Satz zum Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen. Ich habe diesen Bericht durchforstet nach frauenspezifischen Themen, habe mir zuerst die Inhaltsangabe durchgelesen und wurde nicht fündig. Ich habe mir gedacht, das kann es nicht sein, und habe die Inhaltsangabe beiseite gelegt und den Text zu lesen begonnen – und bin doch tatsächlich auf etwas gestoßen, was zum Thema Frauen gesagt wird. Um nur einen Ausschnitt hier zu zitieren:

„Wie die Kommission selbst feststellt, sind in den letzten Jahren gute Fortschritte im Bereich der Gleichstellung gemacht worden, dennoch bestehen nach wie vor geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Beschäftigungsniveau, in der Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit, in der Bezahlung, im Zugang zu Führungspositionen.“

Es wird hier noch etwas weiter ausgeführt, weitere Probleme werden genannt, und es endet mit der etwas lapidaren Feststellung: „Österreich wird diesem Thema hohe Aufmerksamkeit schenken.“

Das sind zehn Zeilen in einem 22-seitigen Bericht zum Thema Frauen. – Mir ist das zu wenig! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Zum Abschluss jetzt noch zwei Sätze zum Bericht des Bundeskanzleramtes. Zwei Punkte sind mir hier aufgefallen: einerseits das sehr wichtige und sehr lobenswerte Vorhaben, eine aktivere Bürgerinnenschaft und Bürgerschaft für Europa herzustellen. Das, glaube ich, kann man vergleichen mit dem Vorhaben des Großvaters, der einen Kastanienbaum im Garten pflanzt, in der Hoffnung, dass die Enkelkinder sich irgendwann in seinen Schatten setzen und sich erholen können. Hoffen wir, dass es schneller geht! Dieses Ziel wird ja auch schon seit langem postuliert: Wir wollen die BürgerInnen mehr einbinden in Europa, und es soll ein Europagefühl entstehen. Momentan, glaube ich, hat man den Stein der Weisen hier noch nicht gefunden. – Aber das nur als Nebensatz.

Was mir besonders ins Auge gesprungen ist, war der Punkt II.4: „Europäisches Jahr des interkulturellen Dialogs“. – Dieses Programm wird hier kurz erläutert, und als Ziele des Programms werden hier genannt die „Sensibilisierung der BürgerInnen für das Konzept einer aktiven Unionsbürgerschaft, die kulturelle Unterschiede achtet und auf


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gemeinsamen Werten der EU aufbaut“, und das „Herausstreichen des Beitrags der einzelnen Kulturen zu unserem gemeinsamen Erbe“.

Ich muss jetzt ein bisschen polemisch werden: Ich hoffe, dass es in diesem Themen­bereich auch für diverse Politikerinnen und Politiker Seminare geben wird! Wenn ich mich nur erinnere an die Aussagen der Innenministerin Prokop über die integrations­unwilligen Moslems in Österreich, dann frage ich mich: Leisten die denn keinen Beitrag zur Kultur, oder will man diesen Beitrag nicht? – Man wird sich jetzt im Wahlkampf anschauen können, wie zumindest zwei Parteien, wenn nicht mehr, auf Kosten anderer Kulturen Stimmen machen wollen.

Ich glaube, wenn man den Bürgerinnen und Bürgern von Europa beibringen möchte, dass jede Kultur einen Beitrag zu einem großen Ganzen und zu einer Gemeinsamkeit leisten kann, dann müsste man damit anfangen, dass wir die verschiedenen Kulturen respektieren und nicht ständig ins Negative zerren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.43


Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Winkler. Ich erteile es ihm.

 


14.43.28

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Bundesrat Schnider sehr dankbar dafür, dass er hier ein bisschen zurechtgerückt hat, worum es in dieser Debatte geht. Es geht im Wesentlichen um die Herstellung einer Beziehung zwischen einerseits europapolitischen Tatsachen, Vor­haben und andererseits Vorhaben der Regierung, der einzelnen Ressorts, wie diese europapolitischen Vorgaben umgesetzt werden sollen. Diese Berichte schauen einer­seits in die Vergangenheit, andererseits sind sie zukunftsweisend, indem Programme vorgelegt werden, wie die verschiedenen europapolitischen Themen umgesetzt werden sollen.

Ich möchte es so halten wie die Bundesräte bisher und einige Themen herausgreifen, um einerseits zu zeigen – wir befinden uns jetzt in der Mitte des Jahres 2006 –, was in diesem halben Jahr, das ja ein bedeutsames Jahr für Österreich war, weil wir den Vorsitz im Rat der Europäischen Union hatten, geschehen ist, und andererseits, was beabsichtigt ist, in Zukunft zu tun, beziehungsweise wie es europapolitisch weitergehen wird.

Wenn ich mit einer eher allgemeinen Feststellung beginnen darf: Wir haben das von Anfang an, auch zu Beginn unseres Vorsitzes gesagt: Es geht bei einem Vorsitz nicht darum, in einer abgeschlossenen, sozusagen isolierten Zeitspanne gewisse Dinge zu erreichen, umzusetzen – und was nicht erreicht wurde, stellt sozusagen ein Scheitern dar –, sondern es geht bei jedem Vorsitz um ein Kontinuum. Es geht darum, etwas zu übernehmen, was der vorige Vorsitz nicht zu Ende geführt hat, und es geht natürlich auch darum, Dinge, die man als Vorsitz nicht zu Ende führen konnte, der nächsten Präsidentschaft weiterzugeben. Die Europäische Union ist ja ein lebender Organismus, der natürlich nicht immer nur in Zeitspannen von sechs Monaten betrachtet werden kann.

Lassen Sie mich einige der Themen ansprechen, die vor allem für den österreichischen Vorsitz von besonderer Bedeutung waren. Es sind in den fast vier Wochen, die seit dem Ende des österreichischen Vorsitzes vergangen sind, viele Bilanzen gezogen und Analysen gemacht worden. Wenn Sie sich zum Beispiel die Schlussdebatte im Europäischen Parlament vergegenwärtigen oder wenn Sie viele der internationalen


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Kommentare lesen, so ist doch einhellig festgestellt worden, dass dieser öster­reichische Vorsitz sehr viel weitergebracht hat, sehr viele Themen angesprochen, zu Ende geführt und auch richtige Weichen für die Zukunft gestellt hat.

Ich möchte einige der wichtigen Themen während des österreichischen Vorsitzes ansprechen; lassen Sie mich mit einem der vielleicht wichtigsten Themen überhaupt beginnen: mit der Zukunft Europas, der Zukunft des Verfassungsvertrages. Das war, wenn Sie sich zurückerinnern, im Jänner 2006 ein Thema, über das eigentlich niemand reden wollte. Es hat geheißen, der Verfassungsvertrag ist tot, den gibt es nicht mehr, wir wissen nicht, wie wir weitermachen sollen – großer Katzenjammer war angesagt. Ich glaube, jetzt am 30. Juni 2006, ist ein neuer Schwung in diese Debatte gekommen: Man beschäftigt sich mit der Zukunft Europas, man beschäftigt sich wieder mit dem Verfassungsvertrag, aber man beschäftigt sich diesmal in einer grundsätzlich positiven Grundstimmung. Und ich glaube, das ist zweifellos das Verdienst des österreichischen Vorsitzes gewesen.

Es war nicht zu erwarten – das hat auch der österreichische Vorsitz niemals be­hauptet –, dass es uns gelingen könnte, in diesen sechs Monaten das Problem, die Fragen im Zusammenhang mit dem Verfassungsvertrag endgültig zu lösen. Aber es konnte beim Europäischen Rat im Juni eine sehr klare Weichenstellung vorgenommen werden, wie es mit der Debatte, wie es mit der Beratung, wie es mit diesem Thema in Zukunft weitergehen soll. Die finnische Präsidentschaft wird diesen Ball aufnehmen und im Sinne der Schlussfolgerungen des Rates vom Juni weitermachen. Aber auch von der finnischen Präsidentschaft wird man keine Wunder erwarten können. Es wird eine Präsidentschaft sein, die das Thema sozusagen weiterhin am Leben erhalten – und dann zu der wahrscheinlich sehr wichtigen deutschen Präsidentschaft überleiten wird.

Ein weiteres Thema, mit dem sich der österreichische Vorsitz sehr intensiv beschäftigt hat – auch im Zusammenhang mit der Zukunft Europas –, war das Thema Erweiterung. Auch in diesem Bereich sind sehr wesentliche Dinge gemacht worden, ist sehr vieles beschlossen, sehr vieles bekräftigt worden. – Es ist heute schon aus anderem Anlass auf den Balkan, auf den Westbalkan hingewiesen worden. Einer der wichtigen Schwerpunkte des österreichischen Vorsitzes war die europäische Perspektive, die Zukunftsaussichten der Länder des Westbalkans. Auch diese Debatte wird natürlich weitergeführt werden.

Auch über die Frage: Wie ist die durchaus wünschenswerte Erweiterung, was Südost­europa betrifft – ohne dass wir hier einen konkreten Zeitplan vorgeben wollten oder konnten –, im Zusammenhang mit der notwendigen Reformierung der Institutionen der Europäischen Union, mit der Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union zu sehen? – Da hat der Europäische Rat sehr deutliche Vorgaben gemacht: Er hat etwas be­kräftigt, was es seit 1993, nämlich seit dem Gipfel, dem Europäischen Rat von Kopenhagen, gibt: dass die Erweiterungsfähigkeit der Europäischen Union eines der wesentlichen Kriterien bei der Beurteilung weiterer Erweiterungsschritte ist.

Die einzelnen bereits angelaufenen Beitrittsverfahren sind fortgeführt worden. Da hat Österreich, wie überhaupt insgesamt während des Vorsitzes, nicht in einem engen nationalen Interesse, sondern im europäischen Interesse als Dienstleistung für Europa, für die Europäische Union gehandelt, die Verhandlungen mit Kroatien begonnen und weitergeführt, aber auch die Verhandlungen – wie es der Beschluss des Europäischen Rates vom Oktober 2005 verlangte – mit der Türkei begonnen, die aber, wie wir alle wissen, nicht nur offen sind in ihrem Ergebnis, sondern sehr, sehr lange dauern werden und wo auch klargestellt wurde, dass selbstverständlich alle Kriterien, alle Bedingungen für einen solchen Beitritt von der Türkei erfüllt werden müssen, ein-


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schließlich der Bedingung, die bereits vertraglich zugesicherten Rechte an Zypern zu geben.

Ein ganz wesentliches Thema, das etwas unerwartet kam, war das Thema Energie. Österreich ist ja bekanntlich schon nach acht Stunden seiner Präsidentschaft mit einer Krisensituation konfrontiert gewesen. Das Thema Energie ist auch horizontal in eine ganze Reihe von Fragen mit eingeflossen. Beim Europäischen Rat sowohl im März als auch im Juni hat das Thema Energie eine große Rolle gespielt. Auch da werden die ersten Ansätze, die unter österreichischem Vorsitz erreicht werden konnten, vom fin­nischen Vorsitz weitergeführt werden müssen; das erscheint uns sehr wesentlich. Aber auch in diesem Bereich sind sehr wesentliche Impulse von der österreichischen Präsidentschaft ausgegangen.

Ein Thema möchte ich noch ansprechen. Es ist vielleicht nicht das weltbewegendste, aber doch etwas, wo ich gerne zugebe, dass der österreichische Vorsitz und ich persönlich etwas enttäuscht waren, dass uns da kein Erfolg gelungen ist, nämlich bei der Grundrechte-Agentur, die ja bekanntlich in Österreich angesiedelt werden soll und wo es entgegen aller Bemühungen – ich habe mich auch persönlich sehr dafür eingesetzt – leider nicht gelungen ist, eine endgültige Einigung zu erzielen. Wir er­warten von der finnischen Präsidentschaft, dass sie sich gerade bei diesem Thema besonders engagiert, denn eines ist klar: Der Verfassungsvertrag hätte den Bür­gerinnen und Bürgern in Europa sehr viel an mehr Demokratie, an Mitspracherecht, an Transparenz gebracht. Nun wissen wir, dass der Verfassungsvertrag in absehbarer Zeit, zumindest in der vorliegenden Form, nicht in Kraft treten kann. Das ist bedauer­lich, aber umso mehr müssen wir versuchen, in jenen Gebieten, wo es inner­halb der bestehenden Verträge möglich ist, diese Gedanken, diese Grund­prinzipien des Europäischen Verfassungsvertrages weiter fortzuführen.

Eines der wichtigen Themen – da hat sich Österreich sehr engagiert – ist die Frage der Menschenrechte insgesamt: Menschenrechte nicht nur in Europa, sondern Men­schenrechte in der Welt! Und so hoffe ich, dass es unter finnischem Vorsitz zu einer endgültigen Einigung über die Grundrechte-Agentur kommen kann. (Unruhe im Sitzungssaal.)

Ein wesentlicher Erfolg – ich glaube, man kann es als Erfolg bezeichnen; es wurde schon erwähnt – ist natürlich die Dienstleistungsrichtlinie. Zu Beginn des Jahres 2006 hatten wir in dieser Frage einen Zustand übernommen, angesichts dessen, glaube ich, niemand viel Geld darauf verwettet hätte, dass es möglich sein würde, bis zum Ende der österreichischen Präsidentschaft eine grundsätzliche Einigung über die Dienst­leistungsrichtlinie zu erzielen. Ich möchte hier an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen, dass ...(Anhaltende Unruhe im Sitzungssaal.)

 


Präsident Gottfried Kneifel: Am Wort ist der Redner!

 


Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler (fortsetzend): Ich möchte noch erwähnen, wie wichtig die Rolle des Euro­päischen Parlaments in dieser Angelegenheit war. Das Europäische Parlament war es, das in einer ziemlich großen Kraftanstrengung quer durch die Fraktionen mit einer überwältigenden Mehrheit in einer ersten Lesung den Rat dazu gebracht hat, ebenfalls eine Zustimmung zu einem Kompromiss zu geben, der, glaube ich, letztlich für alle vorteilhaft ist, der die Rechte der Arbeitnehmer berücksichtigt und nicht beschneidet, der andererseits aber auch ein Mehr an Dienstleistungsfreiheit in Europa gewährt, was sicherlich auch zu einem Mehr an Arbeitsplätzen führen wird.

Da die Frage der Umsetzung angesprochen wurde: Selbstverständlich ist die Frage der Umsetzung jetzt sehr wichtig. Es sind – ich bin der Erste, der das zugibt – bei weitem noch nicht alle Fragen gelöst, es werden einige Fragen wahrscheinlich auch vom


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Europäischen Gerichtshof zu lösen sein; es ist eine komplexe Materie. Die endgültige Lösung ist ja noch immer nicht formell erreicht, es muss ja noch eine zweite Lesung im Europäischen Parlament geben. Und dann haben die Staaten drei Jahre Zeit, das um­zusetzen. Da wird man selbstverständlich im engen Einvernehmen und in enger Diskussion auch mit den Parlamenten zu Lösungen einer Umsetzung kommen müssen.

Flexicurity – da das auch angesprochen wurde – war zweifellos ein wichtiges Thema, ein Leitthema unserer Präsidentschaft im Beschäftigungsbereich und ist auch von der Europäischen Kommission als wichtiges Instrument der Beschäftigungspolitik anerkannt.

Was die Universitäten betrifft, möchte ich sagen, dass selbstverständlich auch die österreichischen Universitäten aktiv an den europäischen Forschungsprogrammen teilnehmen werden. Im Übrigen ist eine Finanzierung von Gebäuden an öster­reichischen Universitäten durch die Europäische Union nicht vorgesehen.

Es ist das EIT angesprochen worden, das European Institute of Technology. Der Herr Bundeskanzler hat sich ganz besonders dafür eingesetzt, dass dieses EIT, dieses europäische Exzellenzinstitut, auch in die Schlussfolgerungen des Rates aufgenommen wird. Und das ist gelungen.

Das österreichische Exzellenzinstitut in Klosterneuburg kann sich natürlich am künf­tigen europäischen Technologieinstitut ebenso beteiligen wie auch andere exzellente Einrichtungen der österreichischen Universitäten und der Wirtschaft. Thematisch geht es nicht nur um Naturwissenschaft und Technik, sondern natürlich auch um inter­disziplinäre Forschung.

Was die Beschäftigung von Frauen betrifft, so gilt hier etwas, was für sehr viele Bereiche gilt, die angesprochen wurden. Bei den Lissabon-Zielen, bei den, glaube ich, sehr wesentlichen Feststellungen, Zielen, Beschlüssen, die beim März-Rat gefasst wurden, handelt es sich um Materien, wo die nationalen Kompetenzen und die euro­päischen Kompetenzen nebeneinander entwickelt werden müssen. Bei vielen der Bereiche, wo auch die Bürgerinnen und Bürger Sorgen haben – Beschäftigung, Wachstum, soziale Sicherheit, Familie, Gleichstellung von Mann und Frau –, gibt es bestenfalls europäische Rahmenzuständigkeiten. Das heißt, die Europäische Union kann die Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb deren dann die nationalen Volks­wirtschaften, die nationalen Gesellschaften ihre nationalen Regelungen zu finden haben. Aber genau darum geht es, und darum ist es auch beim März-Gipfel gegangen, dass man Rahmenbedingungen schafft für jene Bereiche, wo keine ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union gegeben ist.

Die Frage der Steuer und Steuerharmonisierung ist ein geradezu klassisches Beispiel dafür, dass nicht alles gelingen kann, auch wenn einzelne Staaten wie Österreich das wollen, und ich glaube, wir haben hier einen breiten Konsens, dass wir viele Dinge gewollt hätten. Aber in vielen Bereichen – und Steuer ist einer dieser Bereiche – ist Einstimmigkeit erforderlich, und diese Einstimmigkeit ist zu unserem Bedauern sehr oft nicht zu erzielen.

Wesentlich ist aber, dass es während der österreichischen Präsidentschaft immerhin gelungen ist, das Thema KöSt-Bemessungsgrundlage wieder in der politischen Dis­kussion zu verankern und dafür eine breitere Unterstützung seitens der Mitglieds­staaten zu erreichen. Es gibt eine Mehrheit, die diesem Projekt grundsätzlich positiv gegenübersteht, und wir können nur hoffen, dass sich dieser Trend verstärken wird und es letztlich auch zu einer gesamteuropäischen Lösung kommt.


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Lebenslanges Lernen ist selbstverständlich ein ganz wesentlicher Bereich. Das zuständige Ressort setzt im Bereich Generationenpolitik auch zahlreiche Initiativen, und diese bestimmen natürlich auch das politische Handeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, Sie würden von mir erwarten – oder vielleicht auch nicht –, dass ich jetzt zu jedem einzelnen dieser Themen in all diesen Berichten Stellung nehme. Abgesehen davon, dass wir dann noch am Abend hier sitzen würden, sage ich Ihnen ganz ehrlich, dass mir die Detailkenntnis bei all diesen Bereichen, die sehr spezifisch sind, fehlt. (Vizepräsidentin Haselbach über­nimmt wieder den Vorsitz.)

Ich möchte mich an dieser Stelle abschließend sehr herzlich bedanken. Es wurde in der Debatte ein Dank ausgesprochen an alle Ressorts, an das ganze Team, das die österreichische Präsidentschaft abgewickelt hat. Es war ein Team, das unter der Führung des Bundeskanzlers, der Außenministerin und aller Ressortchefs gearbeitet hat. Die vielen Beamten, von denen einige hier sitzen, haben sehr Wesentliches zum Gelingen dieser Präsidentschaft beigetragen. – Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich mich auch bei all den hier anwesenden Beamtinnen und Beamten bedanke. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.59


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir setzen in der Debatte fort. Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Knoll. – Bitte.

 


15.00.00

Bundesrätin Mag. Gertraud Knoll (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir zunächst noch eine Vorbemerkung zu Sinn und Zweck dieser Berichte.

Lieber Andreas Schnider, wenn es so dargestellt wird, als dürfte man Vorhaben nur zur Kenntnis nehmen, dann sehe ich das wirklich anders als du! In den Vorhaben sind ja die Pläne für morgen formuliert, und Entscheidungen beginnen mit den Weichen­stellungen. Daher geht es dabei sehr wohl auch um die grundsätzliche Frage, ob die Richtung stimmt. Und wenn man der Meinung ist, dass die Richtung nicht stimmt, dann geht es nicht nur um das Zerlegen einzelner Teile, sondern auch um eine politische Bewertung der gesamten Sache. Im Hinblick darauf sind solche Vorhabensberichte sehr wohl wesentlich mehr als nur Texte, zu denen man ja sagen kann.

Die Europäische Union steht ohne Zweifel, wie wir alle wissen, vor großen Heraus­forderungen, wahrscheinlich vor den größten seit ihrem Bestehen überhaupt, und es müssen Lösungen gefunden werden, um eine empfindliche Vertrauenskrise zu beheben. Die entscheidenden Antworten auf die Globalisierung wurden nämlich noch nicht gegeben.

Kollege Schimböck hat das für ganz wesentliche Bereiche schon im Detail besprochen, es fehlt aber auch eine gemeinsame Außenpolitik, um ein friedenspolitisches Gegen­gewicht wirklich wirksam werden zu lassen, damit zum Beispiel ein Desaster wie der Irak-Krieg nicht noch einmal passiert. In diesem Zusammenhang ist allen auf allen Ebenen, die sich hier Mühe geben, Dank auszusprechen, nicht nur den politischen Institutionen, sondern selbstverständlich auch vielen NGOs, die enorme Arbeit über die Grenzen hinweg leisten und oft sehr undankbar belächelt werden, weil man immer wieder denkt, dass bewusstseinsbildende Arbeit nur so etwas wie „political software“ ist. Das ist sie tatsächlich nicht, denn was ist in einer Vertrauenskrise wichtiger als kontinuierliche, seriöse bewusstseinsbildende Arbeit? In Wirklichkeit wollen nämlich nur Dumme belogen werden!


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Das ist auch der Grund, warum letztlich in der Politik auch das teuerste Marketing und die glamourösesten Inszenierungsversuche nicht ausreichen. Die Menschen sind nämlich nicht so dumm! Es mag sein – das gestehe ich schon zu –, dass manche manchmal gerne auch ein bisschen in schönere Märchenwelten mit glitzernden Per­sonen wegkippen, weil ihr Alltag ziemlich hart ist. Letztere werden dann aber auch brutal wieder aufgeweckt. Das wirkliche Leben stellt sie nämlich vor ganz andere Fragen, und die Hauptfrage, welche die Menschen in Europa beschäftigt, ist das Problem, Arbeit zu haben, von der man auch leben kann, von der man eine Wohnung bezahlen, der Familie den Tisch decken und vielleicht auch einmal ein bisschen mehr, etwa einen ein gemeinsamen Urlaub, machen kann.

Ich kenne viele Familien – und ich bin sicher: Sie auch –, die ständig von Existenz­sorgen und Stress belastet sind, weil sie genau diese existenziellen Probleme täglich niederdrücken. Sie werden krank davon, trauen sich aber nicht, das zu sagen oder in Krankenstand zu gehen, weil sie Angst haben, den Job zu verlieren. Sie wollen aber auch nicht als Niemand in diesem immer reicher werdenden Europa gelten. Wer will schon dorthin gehören, wo man zum „Rand“ gezählt wird? Die Probleme all dieser Menschen, von denen ich jetzt rede, belegen, dass der Satz, den der Finanzminister heute wieder so glorreich darzulegen versucht hat: Sozial ist alles, was Arbeit schafft!, zynisch und falsch ist. – Das ist es nämlich nicht! Und es muss sich niemand rühmen, dass die Sozialquote gestiegen ist! Warum ist denn die Sozialquote hoch? – Weil die Arbeitslosigkeit so hoch ist! Das kann man doch nicht als „soziale Wärme“ interpretieren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der Grünen.)

Wenn große Unternehmen riesige Gewinne machen, während gleichzeitig nach wie vor Rekordarbeitslosigkeit zu verzeichnen ist, die Armut aus diesem Grund immer weiter steigt und die Löhne gleichzeitig im Keller bleiben, dann halte ich es schon für bemerkenswert, wenn sich der Herr Finanzminister heute wieder dessen rühmt, dass die Arbeitslosigkeit kleiner geworden ist! (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Ich möchte aber nicht, dass er sich Wiens Erfolge an seinen Hut heftet! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Wien ist nämlich der einzige Ort, wo die Arbeitslosigkeit tatsächlich kleiner geworden ist und in nur einem Jahr um 9 000 Arbeitsplätze mehr geschaffen wurden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie doch einmal auch auf das, was die Wirtschaftsforscher immer wieder belegen! (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.) Sie sagen nämlich, dass die Entlastungen der Wirtschaft, mit welchen Sie sich so gerne rühmen, kaum Wirkung auf die Beschäftigung haben. Das ist Tatsache! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das zeigt auch, dass die EU die wichtigste Hausaufgabe zur Behebung der Vertrauenskrise nicht geleistet hat. Noch einmal: Es geht nicht um jede Arbeit, sondern es geht um existenzsichernde Arbeit. Das ist für die Menschen in Europa das Thema Nummer eins, und das ist im Grunde genommen auch das erste Sicher­heitsthema. Dieses Problembewusstsein fehlt bei diesen konservativen neuen Begrif­fen, zum Beispiel beim Schlagwort „Europäisches Lebensmodell“. Ich frage Sie: Wo ist das europäische Sozialmodell? Warum hat man sich davon verabschiedet? (Zwischen­ruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Ist es möglich, dass dieser Begriff jetzt auch deshalb in diesen Berichten fehlt, weil man überhaupt nicht gewillt war, die Lissabon-Strategie weiterzuentwickeln und ganz klare Vorhaben festzuschreiben, wie man diese Krise beheben will? Dieser Bereich kommt in den Berichten nirgends vor! Privatinitiativen, Ehrenämter und Aussichten auf Almosen sind jedoch keine Antworten auf die soziale Schieflage, in die Menschen heute geraten können. Die Menschen brauchen Rechtsansprüche in einem sozialen Netz, das ihnen Aussichten auf eine Zukunft gewährt. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.)


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Selbstbedienungsläden!? – Wenn Sie sich darüber lustig machen wollen, wie Leute unter der Armutsgrenze leben, dann tun Sie mir Leid! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Ich mache mich darüber nicht lustig! Ich glaube, jeder Mensch hat ein Recht auf Sicherheit und Teilhabe in diesem Lande und in einer Gesellschaft, die zu den reichsten dieser Welt zählt. Alles andere ist eine beschämende Armuts­finanzierung, mit der Leute bewusst am Rand der Gesellschaft gehalten werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt telefoniert Kollege Bieringer. Er wird sich dann wahrscheinlich auch darüber noch lustig machen, wenn ich jetzt die Frauenpolitik mit einbeziehe und sage: Es ist wirklich beschämend, wenn am Beginn des 21. Jahrhunderts die Altersarmut für Frauen wiederum zum Faktum wird. Es wird nämlich jetzt so getan, als wäre Teilzeit und geringfügige Beschäftigung das ganz Normale, das sich Frauen noch dazu meist freiwillig aussuchen, und das passe schon für sie.

Wenigstens hat sich aber gleichsam als Erleuchtung auch im konservativen Lager die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine unab­dingbare Notwendigkeit ist. Dazu muss man gratulieren!

Nun noch zu einem ganz anderen Teil des EU-Arbeitsberichtes. (Bundesrat Tiefnig: Sie hätten 30 Jahre Zeit zu dieser Erkenntnis gehabt! – Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Darf ich noch fertig reden?!

Es geht jetzt um einen anderen Teil des Arbeitsberichtes und um Finnland als Vorsitzland: In seiner Antrittsrede hat der finnische Ministerpräsident betont, dass ihm die EU-Erweiterung, Energiepolitik und Transparenz, vor allem aber auch die Reform der Politik betreffend justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit sehr wichtig sind.

Im Hinblick darauf finde ich es nämlich bezeichnend, wenn die Position Österreichs, also des Staates, der gerade den EU-Vorsitz übergeben hat, in diesem Bericht akkurat fehlt! Das ist umso erstaunlicher, wenn man hört, dass im März ein Treffen der Innenminister der sechs größten EU-Länder stattgefunden hat, bei dem ganz heikle Punkte der Kooperation in Sicherheitsfragen besprochen wurden, und Österreich nicht einmal eingeladen war. Das erzeugt bei mir nicht unbedingt großen Stolz und Befriedigung. Da geht es nämlich auch um die Kernfrage: Wie geht es mit der Demokratie mitten in einem juristisch überhaupt nicht definierten „war against terrorism and corruption“ weiter? Wie schaut es da aus?

Die Frage des Gesetzgebungsverfahrens ist der Schlüssel dazu! Derzeit kann nur der Ministerrat einstimmige Beschlüsse fassen; das Europäische Parlament hat aus­schließlich ein Stellungnahmerecht. – Ich denke, es wäre ein ganz entscheidender Fortschritt für die Demokratie, wenn in Zukunft das Europäische Parlament selbst mehrheitlich entscheiden könnte.

Weiters teile ich die Auffassung zur derzeitigen Entwicklung im Prozess um die Europäische Verfassung im Positionspapier der finnischen Ratspräsidentschaft, wo es heißt, dass lediglich die Fortsetzung der Denkpause das Vorantreiben des Verfas­sungs­prozesses nicht hinreichend fördert.

Herr Staatssekretär Winkler, auch diesbezüglich befinde ich mich im völligen Wider­spruch zu Ihnen; meine Analyse ist eine andere: Ich meine, dass das eine sehr vornehm formulierte, aber nichtsdestotrotz sehr deutliche Kritik am EU-Vorsitz Österreichs ist, bei dem zwar viel geglänzt, das Substanzielle aber nicht stattgefunden hat. Damit ist aus meiner Sicht das Nichts-Sagen zur Lissabon-Strategie, wie es weitergeht, gemeint; dass keine Impulse und Signale gesetzt wurden, wie es mit dem Europäischen Sozialmodell weitergeht.


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In Anbetracht dessen braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn der Bun­deskanzler in einem ATTAC-Wettbewerb „Lachen über Europa, heiße Luft, die hohlen Phrasen des Monats“ im Ranking mit seinem Europa-Sager: „Wir müssen den Bürgern zuhören!“ ganz vorne liegt. – Dazu wäre es in der Tat höchste Zeit, aber nicht nur mit Lippenbekenntnissen, sondern tatsächlich mit politischen Taten! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

15.11


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


15.11.44

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schnider, in erster Linie geht es darum, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Ich sehe es aber auch so, dass vor einer Kenntnisnahme eine inhaltliche Diskussion sicherlich notwendig und wichtig ist, und ich meine, dass eine Kenntnisnahme nur dann erfolgen kann, wenn der Inhalt zwar umfassend ist und alles drinnen steht, was drinnen stehen soll, aber auch nicht zu viel drinnen steht.

Das ist mein Kriterium, und ich möchte hier jetzt begründen, warum wir den Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie und den Bericht des Umweltministeriums leider ablehnen müssen.

Beim Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie geht es zwar ständig um die Lissabon-Strategie, die das Wachstum behandelt. Dagegen kommt die Göteborg-Strategie, bei der es um Nachhaltigkeit geht, kaum vor.

Beim BMVIT fehlt mir – das wurde auch im Ausschuss besprochen – eine detaillierte Aufstellung der jetzt zugesagten vorhandenen TEN-Finanzierungen. Wir hätten uns nämlich mehr erwartet. Jetzt sind insgesamt 8,2 Milliarden € für sehr viele Projekte vorhanden, und ich möchte gerne wissen, für welche Projekte es wieviel Geld gibt und wo etwas gestrichen und wie wird das anders finanziert wird.

Weiters fehlt uns eine Beschreibung des Standpunkts Österreichs zum Thema „grenz­überschreitende Durchführung von Rechtsvorschriften über Verkehrssicherheit“ und auch zum Thema „Einbeziehung externer Kosten in die LKW-Bemautung“. Ich habe im Ausschuss schon gehört, dass dazu noch nicht besonders viel vorliegt. Es wird aber von österreichischer Seite immer wieder betont, wie wichtig es ist und wie Österreich darum kämpft, dass externe Kosten mit einberechnet werden, im Bericht steht aber nichts darüber!

Das Tüpfelchen auf dem i im Bereich Verkehr ist aber die Überarbeitung des Weiß­buches zur Verkehrspolitik der EU. – In dieser Überarbeitung des Weißbuches ist nämlich ein ganz wichtiger Eckpfeiler der nachhaltigen Verkehrspolitik aufgegeben worden, und zwar der „Modal Shift“, die Verlagerung des Langstreckengüterverkehrs auf die Schiene. Es wird jetzt nur mehr in einem Nebensatz „die Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger dort, wo es angemessen ist“ erwähnt.

Ich denke, das ist eine intensive Aufweichung des diesbezüglichen Ziels, das wir in Europa seit 2001 verankert haben. Das Weißbuch stellt zwar auf der einen Seite fest, dass das Ziel bisher nicht erreicht wurde und die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend waren. Dass die Conclusio aber darin besteht, dass dieses Ziel einfach über Bord geschmissen und gesagt wird: Führen wir halt alles mit dem Auto!, das ist unserer Überzeugung nach nicht der richtige Weg!

Wir lehnen diesen Bericht aber letztendlich deswegen ab, weil uns viele Punkte darin gänzlich fehlen.


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Den Bericht des Umweltministeriums müssen wir leider auch ablehnen. Er ist sehr umfassend, interessant und in vielen Dingen sehr informativ. Natürlich gibt es viele Bereiche, in denen wir mit dem Ministerium beziehungsweise mit dem Minister nicht einer Meinung sind, aber prinzipiell ist der Bericht sehr umfassend.

Ich möchte nur kurz anführen, in welchen Bereichen wir gröbere Meinungs­verschie­denheiten haben. Einerseits betrifft das den Emissionshandel. Die Mitgliedstaaten wären verpflichtet gewesen, bis 30. Juni 2006 die neuen Allokationspläne heraus­zugeben. Diese Frist wurde nicht eingehalten. Inzwischen gibt es eine Einigung, aber diese Einigung schaut so aus, dass die Industrie und die Energieversorger genauso viel CO² emittieren dürfen wie bisher. Das ist auf dem Weg zu einer Reduktion der CO²-Emissionen sicherlich nicht zielführend. – Punkt.

Unser nächster Kritikpunkt betrifft die Luftqualität: Es ist zwar sehr schön, dass es jetzt endlich Grenzwerte für PM 2,5-Partikel geben soll. Dass aber die Erreichung der Grenz­werte für die PM 10-Partikel von 2005 auf 2008 verschoben werden kann, ist unserer Überzeugung nach auch nicht der richtige Weg. Nur weil Österreich diese Grenzwerte 2005 nicht erreicht, weil es keine Maßnahmen gesetzt hat, kann es nicht der richtige Weg sein, zu sagen: Dann erreiche ich sie halt 2008! Ich habe den Eindruck, dass da irgendwie auf ein Wunder gehofft wird, denn ich sehe noch immer keine Maßnahmen, die diese Zielerreichung in die Wege leiten sollen!

Das sind jetzt einmal die Punkte in dem Bericht, in denen es inhaltlich keine Über­einstimmung gibt. Und ich habe gesagt, dass ich doch auch inhaltlich diskutieren dürfen möchte. Das wäre mir schon sehr wichtig! (Zwischenruf des Bundesrates Ager.)

Der Grund, warum wir diesen Umweltbericht leider trotzdem ablehnen müssen, ist die fehlende Initiative der Bundesregierung im Bereich der Anti-Atom-Politik. Im Bericht wird massiv angekündigt, und zwar über drei Seiten, was nicht alles passieren wird. Letztlich hat es aber keine Anti-Atom-Initiativen gegeben. Es gab eine Aufstockung des EURATOM-Forschungsprogrammes – über das wir heute schon geredet haben – in einer Höhe, von der man im Bereich erneuerbarer Energien und entsprechender Effizienzkriterien nur träumen könnte! Es gibt aber keine Reform des EURATOM-Vertrages und keine diesbezüglichen Initiativen. Ein geplantes Hearing im Euro­paparlament wurde abgesagt.

Im neuen Grünbuch für Energiepolitik findet sich eine Fixierung auf CO²-arme Ener­gieträger, die in Wirklichkeit nur Atomkraft sein können, denn erneuerbare Energie ist CO²-neutral und nicht CO²-arm. Das sind Schritte in die falsche Richtung, und das bedeutet sicherlich keinen Fortschritt in Richtung Anti-Atom-Politik! Das wurde aber in diesem Bericht versprochen. Nun ist die Präsidentschaft vorbei – und dieses Versprechen wurde nicht eingehalten! Es ist auch nicht erkennbar, dass Anstren­gungen in dieser Hinsicht vorgenommen worden wären. Deshalb ist für uns dieser Bericht in diesen Teilen falsch, und deshalb lehnen wir ihn ab. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.18


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Berichte getrennt erfolgt.


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Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kom­mission 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun stimmen wir über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das österreichische Parlament zum EU-Arbeitsprogramm 2006 ab.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

 Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Bericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend EU-Arbeits­programm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen vor, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, den gegen­ständ­lichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ihre Zustimmung geben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über die Jahresvorschau des Bundesminis­teriums für Verkehr, Innovation und Technologie 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahrespro­gramms des Rates.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die Jahresvorschau des Bundes­minis­teriums für Gesundheit und Frauen 2006 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2006 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2006.

Wieder ersuche ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Jahresvorschau 2006 betreffend den Bereich Bildung und Forschung auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministeriums für Inneres an das österreichische Parlament zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006.


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737. Sitzung / Seite 124

Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Dr. Schnider, Kolleginnen und Kollegen vor, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen wollen, um ihre Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.23.3028. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Verbraucher­behör­den-Kooperationsgesetz – VBKG) (836/A und 1615 d.B. sowie 7624/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Winter übernommen. Bitte um den Bericht.

15.23.47

 


Berichterstatter Ernst Winter: Frau Präsidentin! Ich erstatte den Bericht des Justiz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Ver­braucherbehörden-Kooperationsgesetz).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf mich daher auf die Antrag­stellung beschränken.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


15.24.28

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wir haben es hier mit einer Richt­linien­umsetzung zu tun. Es ist dies eine Verordnung, die in innerösterreichisches Recht transformiert wird, wobei der Artikel 1 bereits in Kraft getreten ist und die Arti­kel 2 und 3 im Dezember 2006 in Kraft treten werden.

Das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz lässt natürlich auch noch eine Reihe von Dingen offen, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Herr Staatssekretär, ich denke jetzt an die gesamte Problematik, die sich im Bereich der Finanz­dienst­leistungen entwickelt, wovon ein Gutteil bereits im Internet abgewickelt wird, wobei dann eben der Konsumentenschutz zum Teil scheitert.

Zweitens glaube ich, dass es wirklich sehr wichtig sein wird, dass zu einem funktions­fähigen Konsumentenschutz auch die entsprechenden kartellrechtlichen Bestim­mungen im europäischen Raum ausgebaut werden, denn im Bereich der Finanzdienst­leister und auch im Bankwesen gibt es in einigen europäischen Ländern bereits nur mehr ganz wenige Anbieter für die Konsumentin und den Konsumenten und nur mehr wenige Institute auf diesem Markt tätig sind, die sich dann eben exorbitante Margen teilen. Dort findet das, was die Europäische Union will, nämlich ein freier, fairer Wettbewerb – mit der Betonung auf fair  eigentlich nicht mehr statt.


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Es gibt Untersuchungen, dass im Bankwesen in jenen Ländern, wo es zu mono­polistischen Entwicklungen gekommen ist, bereits Margen von 30 Prozent und mehr für die Institute gegeben sind. Das heißt, wenn man dort etwas veranlagt oder eine Versicherungsdienstleistung in Anspruch nimmt, lukriert der Vertragspartner für den Konsumenten einen Anteil von 30 Prozent. In Anbetracht dessen glaube ich, dass es ganz dringend notwendig ist, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten und entsprechen­de Bestimmungen auszubauen.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt im Bankenbereich hinweisen, der in den letzten Jahren sehr von sich reden gemacht hat, und zwar auf den Umgang mit der so genannten Zinsgleitklausel. – Sie wissen, dass man es bei den Banken immer wieder sträflich vernachlässigt hat, dass, wenn eine Zinsgleitklausel vorlag, der Kreditneh­mer/die Kreditnehmerin nicht entsprechend informiert wurde und bei einer Absenkung von Zinsen die Zinsen auch tatsächlich abgesenkt wurden. Umgekehrt wurden bei Sparguthaben die Zinsen, auch wenn sie erhöht wurden, dem Sparer nicht erhöht.

Das war – wie ich salopp sagen möchte – wirklich eine jämmerliche Darstellung beziehungsweise eine sehr dramatische Entwicklung in der Bankenlandschaft!

Konsumentenschutz ist daher sehr wichtig, und zwar vor allen Dingen, wie gesagt, im Bereich der Finanzdienstleistungen und der Kommunikationstechnologien. Ich glaube, dass wir da erst am Anfang stehen, wobei der Ausbau in diesem Bereich sicherlich nur im europäischen Konnex erfolgen wird können.

Ich möchte abschließend noch ein Beispiel bringen, und zwar die Richtlinie 261 aus 2004 über Fluggast-Entschädigungen: Sie wissen, dass es dazu Hunderte Beschwer­den in Österreich gibt, die bisher nicht erledigt werden konnten, weil es an ent­sprechenden Möglichkeiten zur Streitschlichtung fehlt. Das wird vom Verkehrsminis­terium sicherlich noch weiter zu betreiben sein!

Insgesamt kann man sagen, dass es ganz wichtig sein wird, den Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen noch viel mehr in den Mittelpunkt des Konsumentenschutzes zu stellen, da es für die einzelne Konsumentin/den einzelnen Konsumenten wirklich sehr schwer ist, ihre/seine Rechte durchzusetzen.

Ich ersuche Sie daher, diese Entwicklung noch weiter zu berücksichtigen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.28


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. – Bitte.

 


15.28.23

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute ein Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz zu beschließen. Es geht hiebei um eine EU-Richtlinien Umsetzung, es geht um den weiten Bereich des Konsumentenschutzes und um ein gegenseitiges Amtshilfeverfahren.

Es ist dies ein gutes Gesetz, und es hilft uns, im Bereich des allgemeinen Konsumen­tenschutzes einen vernünftigen Schritt weiter zu tun. Immer dann, wenn es Verfeh­lungen gibt, ist es gut, wenn Ansprechpartner bekannt sind, und das vorliegende Gesetz schafft Klarheit im Hinblick auf die vielfältigen Aktivitäten, die im Rahmen des österreichischen Konsumentenschutzes in den Ministerien stattfinden.

Ich bin froh darüber, dass dieses Gesetz so beschlossen wird und – wie ich hoffe – einstimmig beschlossen wird. Ich danke dafür, dass das so möglich ist! Meine Fraktion ist sehr einverstanden mit diesem Gesetz.


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Zu den Ausführungen des Kollegen Schimböck möchte ich nur ein Wort sagen: Ich kenne mittlerweile seine Reden, in welchen er immer Dinge einfordert und mit ganz gefährlichen Studien untermauert. – Ich bin sehr froh darüber, dass Österreich ein guter Finanzplatz ist und dass wir Banken und eine Finanzwirtschaft haben, die in diesem Lande den Mittelstand finanziert.

Ich weiß, wovon ich rede. In Deutschland ist die Situation im Vergleich dazu schwieriger. Das ist ein Thema. Wir können stolz darauf sein, dass es – Kollege Schimböck, gerade in Oberösterreich! – Banken gibt, denen der Mittelstand wichtig ist. – Das ist sicherlich einer der entscheidenden Faktoren unseres wirtschaftlichen Erfolges. Ich meine, wir sind auch mit unserem Finanzplatz auf einem sehr guten Weg und brauchen keine gräulichen Szenarien an die Wand zu malen.

Auch mit der einzigen Bank, die derzeit im Gerede ist, wird es in irgendeiner Form gut weitergehen. Auch da hat die Regierung Standfestigkeit und Problemlösungsfähigkeit bewiesen. Gerade der Mittelstand und der Wirtschaftsstandort Österreich werden es uns danken. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

15.30


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Nein? (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Er ist gestrichen!)

Es liegen dazu sonst keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Nein, auch der Herr Staatssekretär nicht.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmen­einhellig­keit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.31.42 29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels (1565 d.B. und 1616 d.B. sowie 7625/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Winter übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


15.31.58

Berichterstatter Ernst Winter: Frau Präsidentin! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juli 2006 betreffend ein Überein­kommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,


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2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte.

 


15.32.58

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungsvorlage über das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels umfasst 35 Seiten, zehn Kapitel und 47 Artikel.

Den Schwerpunkt meiner Ausführungen stellt vor allem der Schutz von Kindern und Jugendlichen dar. Als Mutter und stolze Oma ist es für mich einfach unfassbar, dass es überhaupt notwendig ist, Gesetze und Vereinbarungen zu erlassen, die das höchste Gut, das größte Geschenk, die Zukunft jedes Staates, nämlich die Kinder zu schützen.

Skrupellose Verbrecher, die aus Profitgier Kinder und Jugendliche an perverse Kunden vermitteln und Menschenhandel betreiben, machen dies erforderlich. Die Mitglied­staaten des Europarates und die anderen Unterzeichner des Übereinkommens ver­pflichten sich, dass alle Maßnahmen oder Initiativen gegen den Menschenhandel nicht diskriminierend sein dürfen und dass die Gleichstellung von Mann und Frau berücksichtigt sowie die Rechte der Kinder mit einbezogen werden müssen.

Die internationale Zusammenarbeit beinhaltet auch die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung, Pornographie und Prostitution von und den Menschenhandel mit Kindern und jungen Erwachsenen sowie den Schutz von Zeugen gegen Einschüchterung.

In Artikel 4 – Begriffsbestimmungen – gilt als Menschenhandel bereits die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme eines Kindes zum Zwecke der Ausbeutung. Als Kind gilt eine Person unter 18 Jahren. Jede Vertragspartei verpflichtet sich, Maßnahmen zu treffen, um die Gefahr, dass Kinder Opfer werden, zu verringern, insbesondere durch Schaffung eines schützenden Umfeldes für Kinder sowie durch die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Kindern.

Maßnahmen, die einer Nachfrage entgegenwirken, die alle Formen der zum Men­schen­handel führenden Ausbeutung von Kindern begünstigt, schließen die Schärfung des Bewusstseins für die Verantwortung, gezielte Informationskampagnen sowie in den Schulunterricht einbezogene Erziehungsprogramme für Buben und Mädchen mit ein, in denen die Unannehmbarkeit und die verheerenden Folgen von Diskriminierung, die Bedeutung der Gleichstellung von Mann und Frau und die Würde der Menschen vermittelt werden.

Als besonders schwierig erweist sich oft die Identifizierung der Kinder und Jugend­lichen. Es sind daher eine gute Zusammenarbeit von Hilfsorganisationen für Men­schenhandel und besonders geschulte und qualifizierte Personen unerlässlich, damit den Bedürfnissen der Opfer in der Ausnahmesituation in einem Verfahren gebührend Rechnung getragen wird.

In Kapitel III Artikel 10 werden die besonderen Schutzmaßnahmen aufgelistet, die sofort greifen, wenn ein unbegleitetes Kind als Opfer identifiziert wird. Der Schutz des Privatlebens, Schutz vor Veröffentlichung in den Medien, Unterstützung der Opfer, Zugang zum Bildungswesen für Kinder, Gesundheitsversorgung, Aufenthaltstitel, Ent­schädigung und Rechtsschutz sowie die Rückführung der Opfer werden in weiteren Kapiteln ausführlich behandelt.


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Besonderes Augenmerk wird im Falle von Kindern auf Programme gelegt, die das Recht auf Bildung, Maßnahmen zur Sicherung angemessener Fürsorge oder die Auf­nahme durch ihre Familien oder geeignete Fürsorgeeinrichtungen beinhalten. Opfer, die Kinder sind, werden nicht in einen Staat zurückgeführt, wenn es nach Durchführung einer Risiko- und Sicherheitsbeurteilung Hinweise darauf gibt, dass eine Rückführung nicht zum Wohle des Kindes wäre.

In den Sanktionen und Maßnahmen gilt es bei den Straftaten des Menschenhandels als besonders erschwerend, wenn sie gegen Kinder verübt werden.

Als besonders erwähnenswert finde ich die Installierung einer Expertengruppe zur Bekämpfung des Menschenhandels.

Die Regierungsvorlage ist ein Schritt zur Zusammenarbeit im Europarat zum Thema Menschenhandel. Es wird sicherlich die Praxis zeigen, welche Punkte nachjustiert werden müssen. Wir Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass das Überein­kommen gewisse Mängel aufweist. Wir fordern nach wie vor speziell die Fest­schreibung einer geeigneten Pönalisierung der Freier, die vorsätzlich und wissentlich die Zwangssituation eines gehandelten Opfers ausnützen.

Da es uns aber ein großes Anliegen ist, gerade dieses menschenverachtende Verbrechen als ersten Schritt europaweit und in weiterer Folge hoffentlich weltweit zu bekämpfen, werden wir dem Übereinkommen zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.38


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fröhlich. – Bitte.

 


15.38.23

Bundesrätin Christine Fröhlich (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass sich der Menschenhandel in den letzten Jahren zu einem der größten Betätigungsfelder der international agierenden kriminellen Netzwerke entwickelt hat. Die Drehscheibe ist der Balkan. Es gibt Studien, nach denen der Menschenhandel nach dem Waffenschmuggel und dem Drogenhandel bereits die drittgrößte Einnahmequelle krimineller Organisationen ist.

Wenn man sich vorstellt, dass nach dem illegalen Handel mit Waffen und Drogen der illegale Handel mit Menschen schon an dritter Stelle steht, dann löst das – wie ich meine, zu Recht – Betroffenheit aus und erfordert effiziente Eindämmungs­maßnahmen.

Eine dieser Maßnahmen ist dieses Übereinkommen, das wir heute hier genehmigen werden, weil ja Maßnahmen gegen international agierende kriminelle Banden nicht nur auf nationaler Ebene gesetzt werden beziehungsweise nicht nur nationale Antworten gegeben werden können, sondern weil da einfach gemeinsame, staatsübergreifende Bemühungen erforderlich sind.

Solche Bemühungen versucht dieses Übereinkommen des Europarates gegen den Menschenhandel in die Tat umzusetzen. Diese Maßnahmen dürfen nicht nur in den Zielländern getroffen werden, sondern es sind auch passende Maßnahmen in den Ursprungsländern und in den Transitländern notwendig.

Meiner Meinung nach ist dieses Übereinkommen ein wichtiger Schritt nach vorne, und zwar vor allem deshalb, weil es in wenigen Punkten Begriffsbestimmungen und auch gemeinsame Maßnahmen festsetzt, beispielsweise eine einheitliche Definition von Menschenhandel und die Festlegung der Verpflichtungen aller Vertragspartner,


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einheitliche Straftatbestände zu schaffen sowie eine Zusammenarbeit im Bereich der Verfolgung zu gewährleisten.

Letztlich sollen vorbeugende Maßnahmen möglich gemacht und auch eine Verpflich­tung zu wirksamen Grenzkontrollen und zum Opferschutz in diesem Übereinkommen festgelegt werden.

Gott sei Dank kann man sagen, dass wir in Österreich in den letzten Jahren schon vor diesem Übereinkommen sehr viele Maßnahmen getroffen haben, wie zum Beispiel den eigenen Straftatbestand in § 104 einzuführen, genauso aber im Ausländer­beschäf­tigungsgesetz und im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz Möglichkeiten eines humanitären Aufenthaltes und auch einer Beschäftigung für Opfer einzuräumen.

Durch einen Beschluss der Bundesregierung wurde im Jahr 2004 auch eine Task-Force gegründet, um diese Situation beobachten und künftig wichtige Maßnahmen eher treffen zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Konecny.)

15.42


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach – diesmal schon. – Bitte.

 


15.42.06

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Frau Präsidentin! Ich war vorher ordnungsgemäß abgemeldet. – (Bundesrätin Roth-Halvax: ... trotzdem gefehlt!) – Ich habe nicht gefehlt, ich saß hier, Frau Altpräsidentin! – (Allgemeine Heiterkeit. Bundesrätin Roth-Halvax: Es gibt charmantere Ausdrucksweisen!) – Entschuldigung, aber es heißt so! Selbst mit 32 kann man Altpräsident werden. Ich habe das immer beim Kollegen Himmer bewundert, dass er als Altpräsident durch die Gänge geht, und die Frau Roth-Halvax ist im Geiste und in ihrer Tatkraft mindestens so jugendlich wie der Kollege Himmer. (Bundesrätin Roth-Halvax: Vergelt’s Gott!)

Meine Damen und Herren, davon, dass wir uns beim Phänomen des Menschen­handels alle einig sind, brauchen wir uns nicht gegenseitig zu überzeugen. Auch in Österreich steigt seit Jahren die Zahl der Strafprozesse im Bereich Menschenhandel und moderne Sklaverei. Wir kennen die Situation: Das Problem wächst einfach. Es ist allerdings nicht nur auf den Balkan reduziert, wie es meine Vorrednerin dargestellt hat. Es gibt auch das Fernostproblem oder das Karibikproblem, insbesondere die Ukraine und Russland beziehungsweise das gesamte Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sind ebenfalls problematisch. Natürlich gibt es auch moldawische und transnistrische Ein­flüsse, die sich dann am Balkan widerspiegeln, und die italienische Armee ist ja in den letzten Monaten gerade am Balkan sehr massiv dagegen vorgegangen. – Das schlägt leider am Balkan durch.

Aber kommen wir doch zur Situation hier bei uns: Was Österreich betrifft, verstehe ich einiges nicht. Wir sind alle Feuer und Flamme für diese Konvention, aber irgendwie ist es eine sehr halbherzige Geschichte. Einerseits beschließt Österreich einen Erfüllungs­vorbehalt, und gleichzeitig besteht aber kein Bedarf an Ausführungsgesetzen.

Also einerseits steht in Artikel 50 Abs. 2 ein Erfüllungsvorbehalt, und gleichzeitig heißt es in den Erläuterungen, wir haben keinen Bedarf an Ausführungsgesetzen. Das bedeutet im Grunde, dass wir jetzt miteinander eine Konvention verabschieden, uns gegenseitig auf die Schulter klopfen und sagen, was wir denn alles gegen den Men­schenhandel tun, und im Grunde besteht durch die Situation, die wir hier vorfinden, eine absolute Pattstellung: Es geschieht durch das, worüber wir hier abstimmen, überhaupt nichts. Gar nichts! – Das sollte uns nur klar sein.


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Ich würde also alle, die heute hier ans Rednerpult gehen, bitten, sich vielleicht doch etwas Zurückhaltung aufzuerlegen, sodass wir nicht zu den großen Heroen gegen den Menschenhandel werden. Wir beschließen nämlich jetzt genau null. – Das ist nur Bekenntnisliteratur. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Wir haben auf der einen Seite den Erfüllungsvorbehalt, und auf der anderen Seite haben wir alles erfüllt. – Fein! Also sollten wir doch einmal darüber reden, wie wir denn eigentlich in der Praxis damit umgehen und wo denn Österreich tatsächlich Hand­lungsbedarf hätte.

Was ist mit Frauen, die zu Sexarbeit gezwungen wurden und werden und mit der Tatsache, dass die Fremdenpolizei zwar für die Opfer eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen vorsieht, die aber gleichzeitig ein Beschäftigungsverbot inkludiert?

Wie können wir Frauen sichern und dazu ermutigen, sich zu melden, wenn sie sich in einer solchen Form von Sklaverei befinden, ohne dass sie von Abschiebung oder von anderen Zwangsmaßnahmen bedroht sind? Wie können wir diesen Teufelskreis durch­brechen? – Dazu bedarf es Umsetzungen, die wir aber mit dem Erfüllungsvorbehalt gleichzeitig ausschließen.

2005 fanden in Österreich übrigens 27 000 Zurückweisungen an den Grenzen und 5000 Abschiebungen statt. – Wie ermittelt man da die Opfer von Menschenhandel, die darunter verborgen sind?

Oder betrachten wir die sozialrechtliche Schlechterstellung bei Aufenthalts­bewilligun­gen aus humanitären Gründen: Das sind zum Beispiel gegenüber 380 € monatlich, die jemand bekam, der bisher eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung hatte, jetzt nur mehr 180 €. – Von wegen Schulterklopfen und wie toll wir sind: Das ist das, was wir jemandem anbieten, der Opfer von Menschenhandel wurde – eine Form der modernen Sklaverei, wo wir versuchen, der Täter habhaft zu werden und die Frauen aus diesem schrecklichen Los zu befreien. Das, meine Damen und Herren, ist kein Grund, uns heute auf die Schultern zu klopfen!

Es besteht auch kein Anlass zu der Behauptung, wir hätten etwas ganz Tolles erreicht. Wichtig ist, dass es diese Konvention gibt. Wir werden ihr auch zustimmen, aber ich betone es noch einmal: Wir haben ganz genau null beschlossen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.48


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mörk. – Bitte.

 


15.48.59

Bundesrätin Gabriele Mörk (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Menschen­handel ist einer der menschenverachtendsten Bereiche, und daher ist strafrechtlich, aber auch vor allem präventiv dagegen vorzugehen. Deshalb stimmen wir auch gerne diesem vorliegenden Übereinkommen zu.

Zum Bereich Menschenhandel haben meine Vorredner schon sehr viel gesagt. – Lassen Sie mich aber noch auf einige wenige Punkte eingehen:

Opferschutzrechte müssen in diesem Zusammenhang ausgebaut und dazu flankierende Maßnahmen gesetzt werden. Ich habe im Februar in einer Fragestunde an die Frau Justizministerin eine Anfrage bezüglich Menschenhandel gestellt, und sie hat damals mitgeteilt, dass das Justizministerium mit dem Verein Lefö – das ist ein in Wien angesiedelter Verein – einen Vertrag abgeschlossen hat und dass sich Lefö um


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Opfer des Menschenhandels kümmert und diese psychosozial und vor allem juristisch betreut.

Ich denke, das ist ein äußerst begrüßenswerter Schritt, aber ich glaube nicht, dass eine Beratungsstelle für ganz Österreich ausreicht, sondern dass es sehr wohl notwendig ist, auch im Westen Österreichs eine zweite derartige Beratungsstelle einzurichten.

Wie wir alle wissen, wird bei Opferschutzeinrichtungen gespart. Ich habe auch schon in meiner Rede zum Anti-Stalking-Gesetz darauf aufmerksam gemacht, wie schwierig die Situation – vor allem die finanzielle Situation – der Wiener Interventionsstelle ist. Die Opfer können nicht mehr in allen Bezirken betreut werden, weil die finanzielle Ausstattung nicht in der nötigen Höhe zur Verfügung gestellt wird. Daher appelliere ich an Sie, Herr Staatssekretär, aber auch an alle Mitglieder der Bundesregierung, die dafür zuständig sind, dass allen Interventionsstellen in Österreich entsprechende finan­zielle Mittel zur Verfügung gestellt werden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die internationale Zusammenarbeit von Justiz und Polizei gegen die organisierte Kriminalität ist zu stärken, um diesen ver­breche­rischen Aktivitäten entgegenzusteuern und um diese Form der Kriminalität bestmöglich zu bekämpfen. Darüber hinaus muss aber auch versucht werden, in den Ländern, in denen besonders für den Menschenhandel rekrutiert wird, die Strukturen zu verbessern, sodass eine präventive Wirkung eintritt. Dazu ist verstärkt eine wirtschaftliche, aber auch eine politische Zusammenarbeit mit diesen Ländern von Seiten der reicheren Länder herzustellen.

Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt muss natürlich auch darin bestehen, jenen Frauen in Österreich, die bereits Opfer von Menschenhandel geworden sind, möglichst effi­zient zu helfen. Es geht darum, diese Frauen aus der Gewalt zu befreien und ihnen die Rückkehr zu einem normalen Leben – sei es in ihren Heimatländern oder sei es gegebenenfalls auch in Österreich – zu ermöglichen.

In einem Erlass des Innenministeriums ist zwar vorgesehen, dass Opfer von Men­schenhandel eine Bedenkfrist von 30 Tagen gewährt bekommen, in der sie nicht abgeschoben werden sollen, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht in dieser Zeit einvernommen werden und aussagen müssen.

Erfahrungswerte aus anderen europäischen Ländern – Beispiele sind Belgien, die Niederlande und Italien – haben gezeigt, dass die Opfer eine gewisse Bedenkfrist brauchen, um sich zu erholen, und dass sie erst nach einer längeren Zeit bereit sind auszusagen. In diesen aufgezählten Ländern haben die Frauen drei Monate Zeit, bis sie eine Aussage tätigen müssen. – Ich denke, es wäre gut, das auch in Österreich einzuführen.

Als dringend notwendig erachte ich, dass auch in Österreich darüber diskutiert wird, ob ein Tatbestand für das wissentliche und vorsätzliche Ausnützen der Abhängigkeit und Hilflosigkeit einer Zwangsprostituierten geschaffen wird. Ich denke, mit einer ent­sprechenden Strafnorm würde man signalisieren, dass dieses menschenverachtende Verhalten vom Staat nicht toleriert wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. Bitte.

 


15.54.00

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss heute ausnahmsweise auch einmal dem


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Kollegen Schennach Recht geben. Er ist ja heute mit seiner Meinung sehr oft weit danebengelegen, aber wenn er sagt, dass der Menschenhandel überproportional zugenommen hat, dann hat er Recht. Wo er Recht hat, hat er Recht, der liebe Kollege Schennach!

Die Problematik des Menschenhandels ist in Europa insbesondere seit der Befreiung der kommunistischen Staaten und der damit verbundenen Ostöffnung in Erscheinung getreten und betrifft vor allem den Handel von Frauen und Kindern zum Zwecke der Prostitution. Bis zu 99 Prozent der Betroffenen sind Frauen – sehr junge Frauen –, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vorwiegend aus den verarmten Gebieten Osteuropas in die westlichen Länder gelockt werden und hier oft unter unmenschlichen Bedingungen sexuell ausgebeutet werden.

Wie heute schon ausgeführt – um auf die Kollegin Fröhlich zu replizieren –, gehört der Menschenhandel in seiner herabwürdigenden Form nach dem Waffenhandel und der Drogenkriminalität zu den drei größten Einnahmequellen der organisierten Kriminalität. Weltweit sind pro Jahr Hunderttausende Menschen vom Menschenhandel betroffen, und es sind mehr als ausreichend Fälle dokumentiert.

Nach einer Schätzung der Europäischen Union sind in Europa bisher etwa 500 000 Frauen Opfer von Menschenhandel geworden. Davon sind 100 000 Kinder und Jugend­liche, die im Westen der Prostitution zugeführt werden. Es kann daher jede Maßnahme nur begrüßt werden, die geeignet ist, dem gegenzusteuern.

Eine dieser Maßnahmen ist dieses Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels, weil es in einigen wichtigen Punkten auch Begriffs­bestimmungen bringt wie zum Beispiel die einheitliche Definition von Menschenhandel, weil gewisse Verpflichtungen für alle Vertragspartner festgelegt werden, weil einheitliche Straftatbestände geschaffen werden, aber auch deshalb, weil die Zusam­menarbeit bei der Verfolgung von Straftatbeständen ermöglicht wird.

Wichtig erscheint mir auch, dass der Menschenhandel – sei es innerstaatlich oder auch grenzüberschreitend – ausdrücklich als Menschenrechtsverletzung gebrandmarkt wird.

Dazu gehören weiters auch wirksame Grenzkontrollen und der vorbeugende Opfer­schutz, weil – und das ist bei diesem Abkommen entscheidend – Maßnahmen gegen international tätige Banden staatenübergreifend gesetzt werden müssen. Dazu bedarf es eben staatenübergreifender Aktionen, was mit diesem Übereinkommen des Europarates gegen den Menschenhandel umgesetzt wird.

Kollege Schennach hat auch gemeint, dass wir „null“ beschließen. Null ist einfach null, null ist nichts, aber dann müssten wir heute auch nicht über die Gesetzwerdung dieses Protokolls diskutieren. Österreich hat nämlich – und das ist auch entscheidend – in diesem Bereich bereits wichtige Vorarbeiten geleistet und ist als erstes Land diesem Übereinkommen beigetreten.

Auch haben wir bereits im Jahre 2004 mit dem Strafrechtsänderungsgesetz einen eigenen Tatbestand im Strafgesetzbuch geschaffen, aber genauso im Ausländer­beschäfti­gungsgesetz oder im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz wichtige begleitende Maßnahmen gesetzt.

Wir dürfen auch mit einem gewissen Stolz anmerken, dass dieser Maßnahmenkatalog sozusagen während der Auslaufphase der österreichischen Präsidentschaft finalisiert wurde und als ein weiterer Erfolg unseres EU-Vorsitzes bezeichnet werden kann.

Nochmals: Aus österreichischer Sicht sind wir in der sehr guten Lage, dieses Überein­kommen gegen den Menschenhandel übernehmen zu können, ohne im nationalen Recht merkliche Adaptierungen vornehmen zu müssen.


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Lieber Kollege Schennach – er ist inzwischen schon wieder eingetroffen –, wir klopfen uns trotzdem auf die Schulter, obwohl du gesagt hast, wir müssen uns hier nicht auf die Schulter klopfen. Wir klopfen uns wirklich auf die Schulter: Da kann ich unserer Re­gierung nur höchstes Lob und Anerkennung aussprechen! Österreich hat in dieser Problematik die Hausaufgaben längst gemacht, und in aller Bescheidenheit: Wir sind damit wieder ein Vorbild für die ganze EU. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Schennach: Und wofür braucht man den Erfüllungsvorbehalt?)

15.58


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Lindinger. Bitte.

 


15.58.27

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Mayer, wir sollten für den ganzen Europarat Vorbild sein, nicht nur für die Europäische Union, denn ... (Bundesrat Mayer: Ich habe gesagt „EU“!) – EU, ja. Für den Europarat sollten wir Vorbild sein, weil das ein Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Men­schenhandels ist. (Bundesrat Mayer: ... für die EU ... für den Europarat!) – Na ja. Wichtiger wäre es, dass wir auch für die osteuropäischen Länder, die es hauptsächlich betrifft und die noch nicht Mitglied der Europäischen Union sind, bei der Umsetzung dieses Übereinkommens Vorbild sind.

Geschätzte Damen und Herren! In der letzten Sitzung der Parlamentarischen Versammlung im Juni in Straßburg wurde der Bericht über die Beschlüsse des dritten Gipfels des Europarates der Staats- und Regierungschefs vom Mai 2005 in Warschau vorgelegt. In diesem Bericht wurde besonders auf das organisierte Verbrechen und den Menschenhandel eingegangen. Ferner wurde der Europarat angewiesen, seinen Beitrag gegen Menschenhandel und organisiertes Verbrechen zu leisten.

Der Begriff „Menschenhandel“ bezeichnet in Artikel 3 die  Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen;“

Allein an dieser Definition von Menschenhandel, geschätzte Damen und Herren, erkennt man den Großteil der betroffenen Personengruppe, nämlich Kinder und Frauen, und gerade dieser Personengruppe muss besonderes Augenmerk geschenkt werden, denn – weil Kollege Mayer das angeschnitten hat – diese Personen werden zumeist in Mitgliedsländer der Europäischen Union verschleppt. Und gerade diese Länder müssen hier vorbildlich sein, das durch ihre Gesetze unterbinden und ent­sprechende Maßnahmen setzen.

Der Europarat beschäftigte sich seit seinem Bestehen mit den Menschenrechten und somit auch mit Menschenhandel. Eine Reihe von Empfehlungen an die Mitgliedstaaten wurden seit Bestehen beschlossen, so zum Beispiel eine Empfehlung zu Frauenhandel und Zwangsprostitution im Jahre 1997, eine Empfehlung zu Gewalt gegen Frauen in Europa im Jahr 2002, eine Kampagne gegen Frauenhandel, eine Empfehlung aus dem Jahr 2003, dann eine Empfehlung zur Frage der Migration in Verbindung mit Frauenhandel und Prostitution, eine Empfehlung zum Organhandel in Europa im


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Jahr 2004 sowie Empfehlungen zur häuslichen Sklaverei, Leibeigenschaft, Au-Pair und den so genannten Katalogbräuten.

Geschätzte Damen und Herren! Als Mitglied der Delegation im Europarat freut es mich, dass wir heute auch hier im Bundesrat einem Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels die Zustimmung geben und somit ratifizieren. Aber am wichtigsten ist, dass dieses Übereinkommen in allen 46 Mitgliedsländern des Europarates ratifiziert wird und dass in den Mitgliedstaaten auch Maßnahmen gesetzt werden, um den Menschenhandel in Zukunft einzudämmen oder sogar zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Grünen.)

16.03



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737. Sitzung / Seite 135

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Mainoni, Sie sind am Wort. – Bitte.

 


16.03.06

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Das ist natürlich ein sehr wichtiges Thema, das hier im Bundesrat erörtert wird, denn, wie bereits erwähnt wurde, neben Waffenschmuggel und Drogen­handel als größte Einnahmequellen grenzüberschreitender Kriminalität steht an dritter Stelle bereits der Menschenhandel. Und das nicht umsonst! Bei Waffenschmuggel und Drogenhandel ist es so, dass sowohl Täter als auch Opfer das wollen. Beim Waffen­schmuggel ist es so, dass der Täter die Waffen verkaufen und das Opfer die Waffen auch kaufen möchte; es hat keiner Interesse daran, dass der Schmuggel tatsächlich aufkommt. Beim Drogenhandel ist, durch die Sucht bedingt, das Opfer ebenfalls daran interessiert, Drogen zu bekommen. Und ähnlich ist das natürlich auch beim Men­schenhandel. Durch Einschüchterung und strafrechtliche Tatbestände sind die Opfer oft nicht in der Lage, sich tatsächlich zu artikulieren.

Deshalb ist gerade dieser Akt hier besonders wichtig, wenn er auch nur symbolischen Charakter hat, wiewohl symbolischer Charakter nicht allein gegeben ist.

Zum Inhalt darf ich noch einmal ganz kurz ausführen: Es handelt sich natürlich in erster Linie um das Thema „sexuelle Ausbeutung“, die wohl schrecklichste Form dieses Tatbestandes Menschenhandel, der uns immer wieder begegnet. Es geht aber zum Beispiel auch um Arbeitsausbeutung oder auch um Ausbeutung durch Organ­entnahmen; Bereiche, die jedenfalls in Österreich bereits ins Recht übernommen und durch die Diskussion darüber hier und heute noch einmal in der Öffentlichkeit dargestellt werden sollen.

Stichwort Erfüllungsvorbehalte; dazu darf ich schon noch ganz kurz Stellung nehmen. Dieser Erfüllungsvorbehalt ist rein formaler Natur, weil das Übereinkommen nicht unmittelbar anwendbar ist. Ich bitte, das schon auch zu beachten! Die Aussage, dass es sich hier um nichts, um „null“ handelt, stimmt einfach so nicht, denn es hat auch international Geltung. Das bitte ich in diesem Zusammenhang schon auch zu bedenken!

Österreich hat dieses Übereinkommen bereits am ersten Tag unterzeichnet, und bisher hat nur noch ein weiterer Staat dieses Übereinkommen ratifiziert. Mit der Zustimmung hier und heute, die, wie ich auf Grund der Äußerungen der Bundesrätinnen und Bun­des­räte annehmen darf, einstimmig erfolgen wird, ist Österreich das zweite Land bei der Beschlussfassung. Ich meine, dass das ein sehr gutes internationales Signal darstellt, dass Österreich gerade in diesem wichtigen Bereich Menschenhandel, in diesem Strafrechtstatbestand Menschenhandel sehr rasch reagiert. – Danke schön. (Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer und bei der ÖVP.)

16.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung. Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmen­einhellig­keit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständ­lichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch hier ist wieder Stimmeneinhelligkeit gegeben. Der Antrag ist somit angenommen.

16.07.2330. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz und das Um­welt­verträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (847/A und 1577 d.B. sowie 7607/BR d.B. und 7639/BR d.B.)

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Monte­negro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum (1568 d.B. und 1576 d.B. sowie 7640/BR d.B.)

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten (1543 d.B. und 1575 d.B. sowie 7641/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun kommen wir zu den Punkten 30 bis 32 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Die Berichterstattung zu den Punkten 30 bis 32 hat Herr Bundesrat Stadler übernom­men. Ich bitte um die Berichte.

 


16.08.19

Berichterstatter Werner Stadler: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Berichte zu diesen drei Tagesordnungspunkten liegen Ihnen vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.


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Zu Tagesordnungspunkt 30:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 25. Juli 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 31:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 32:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


16.09.45

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass diese drei Vorlagen nicht alle einstimmig beschlossen werden, liegt an uns Grünen, und zwar deshalb, weil wir als Einzige gegen die Änderung des Umweltverträglich­keitsprüfungs­gesetzes stimmen werden.

Diese Änderung ist für mich persönlich aus zwei Gründen eigentlich eine Frechheit. (Rufe bei der ÖVP: Moment!)

Der eine Grund ist das Zustandekommen dieser Gesetzesvorlage, nämlich durch einen Abänderungsantrag zu einem Initiativantrag, der überhaupt nichts mehr mit dem ursprünglichen Initiativantrag zu tun hat! Wir diskutieren darüber überhaupt nicht mehr im Umweltausschuss, sondern der Antrag passiert nur mehr den Verkehrsausschuss – auch das ist für mich nicht richtig. In letzter Zeit kommt das leider immer öfter vor, dass nicht mehr in Ausschüssen diskutiert wird, sondern derartige Anträge einfach nur mehr kurzfristig im Plenum eingebracht werden.

Der zweite Grund ist natürlich, dass geplant ist, unzumutbar hohe Lärmgrenzwerte im Bereich von Flughäfen einzuführen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Wo steht denn das? Bitte, wo steht das? Sag mir das, ich finde das nicht!) – Das kommt schon noch.

Zu Punkt eins: Es gab eine Vorlage, einen Initiativantrag, betreffend auch das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz, und in diesem Initiativantrag ging es darum, dass eine Erläuterung angehängt werden sollte, und zwar sollte bei dem Begriff „Land­wirtschaftskammer“ auch die Abkürzung in Klammern angeführt werden. Dass man dafür einen eigenen Beschluss auf Gesetzesänderung fasst, war von Anfang an ein bisserl seltsam, und vor der Nationalratssitzung stellte sich dann auch heraus, dass das Ganze offensichtlich doch andere Gründe hatte. Am Tag der Nationalratssitzung wurde ein Abänderungsantrag eingebracht, in dem verlangt wurde, dass Lärmgrenz­werte im Bereich von Flughäfen durch Verordnung festgesetzt werden sollen; nur mehr durch Verordnung, und diese Verordnung ist noch nicht erlassen. Dass die Lärmgrenzwerte in dieser Verordnung höchstwahrscheinlich nicht dem entsprechen werden, was in der Mediation ausgemacht worden ist, ist aber schon auch klar.


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In der Mediation festgelegt worden sind: 45 dB in der Nacht, 54 dB bei Tag. Die Welt­gesundheitsorganisation sagt: Gesundheitsschädlich sind 55 dB bei Tag, 45 dB in der Nacht. Im Vorfeld dieses Abänderungsantrags war die Rede von 65 dB bei Tag und 55 dB in der Nacht. Das sind 10 dB mehr, und das ist eine Verzehnfachung des Lärms.

Es stimmt, die Grenzwerte sind noch nicht festgeschrieben, es steht nur drinnen: wird noch per Verordnung festgelegt. Aber diese Verordnung wird der Nationalrat nicht beeinflussen können. Sie wird wahrscheinlich von zwei Ministern festgelegt, und zwar nicht in der Höhe 45/55, sondern sicher darüber.

Abgesehen davon – auch schon in der Gesetzesänderung, die vorgeschlagen wird – ist festgeschrieben, dass es emissionsseitig keine Maßnahmen gibt, sondern nur mehr immissionsseitig. Das heißt, wenn die Grenzwerte überschritten werden, können Lärmschutzfenster eingebaut werden, wenn der Anrainer das möchte; wenn er nicht will, hat er Pech gehabt. Bei der Mediation allerdings ist festgehalten worden, dass auch emissionsseitig Maßnahmen gesetzt werden müssen, wenn die Lärmgrenzwerte nicht eingehalten werden, sprich: weniger fliegen. – Das ist ein Unterschied! Unab­hängig von der Höhe der Dezibel, es ist ein immenser Unterschied, ob man durch Lärmschutzfenster vor Lärm geschützt wird oder ob einfach weniger Lärm in der Umgebung stattfindet!

Liebe Frau Kollegin Roth-Halvax, die du meines Wissens auch sehr aktiv an der Mediation teilgenommen hast, das wirst du doch auch so aussagen können! (Bun­desrätin Roth-Halvax: Nein, nicht ganz!) Du wirst mir sicher Recht darin geben, dass es ein Unterschied ist, ob man durch Lärmschutzfenster lärmgeschützt ist oder ob einfach weniger Lärm in der Umgebung verursacht wird.

Ich möchte noch einmal auf das Zustandekommen dieses Gesetzes zu sprechen kommen, denn das ärgert mich schon gewaltig: Dieses UVP-Gesetz war einmal ganz annehmbar. Inzwischen gab es eine Lex Spielberg, wo dann eben reduziert wurde und zurückgeschraubt wurde und eben nicht mehr jedes Projekt bewilligt werden musste. Jetzt gibt es eine Lex Flughafen. Gerade im Bereich der Flughäfen, wo bisher verhandelt wurde und die Flughäfen auch Zugeständnisse machen mussten, gerade in diesem Bereich werden jetzt Zugeständnisse von Seiten des Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetzes ermöglicht, und der Herr Umweltminister, der zuständig ist für dieses Gesetz, hat damit aber überhaupt nichts mehr zu tun, denn diskutiert wird nur mehr im Verkehrsausschuss. – Das ist für mich so einfach nicht in Ordnung und nicht akzeptabel! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe im Ausschuss nachgefragt, ob denn das wirklich so ein abrupter Einfall der beiden Abgeordneten war, die diesen Abänderungsantrag eingebracht haben, und da habe ich dann schon erfahren, dass Herr Bundesminister Pröll angeblich vorher darüber informiert hat, dass mit dem derzeitigen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz eine dritte Piste normalerweise nicht möglich ist, weil die Lärmgrenzwerte nicht einzu­halten wären. – Das wurde mir im Ausschuss dazu gesagt, und es wurde auch bestätigt, dass diese Änderung natürlich im Zusammenhang mit der dritten Piste steht, was denn? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dass die Änderung im Zusammenhang mit der dritten Piste steht, wurde mir im Ausschuss auf meine Frage hin gesagt.

Ich habe auch nachgefragt, ob den Herren Wittauer und Regler höchstpersönlich eingefallen ist, dass sie diese Änderung haben wollen, oder ob nicht vielleicht doch vom Ministerium irgendwann einmal ein Anstoß dazu gekommen ist. Darauf allerdings habe ich nur eine ausweichende Antwort, jedenfalls kein Nein bekommen.

Ich finde, alle diese Dinge zusammen, nicht mehr darüber zu diskutieren, sondern einfach nur mehr in Schnellschussaktionen das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz zu ändern, das kann auf diese Art und Weise nicht weitergeführt werden. Wir werden


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737. Sitzung / Seite 138

weiterhin Klagen seitens der EU-Kommission, seitens der EU erhalten, dass wir unsere Umweltgesetzgebung vernachlässigen.

Der Herr Umweltminister gibt zum Thema „Lärm“ eine Publikation mit dem Titel „[Laut]schrift“ heraus, in der großartig verkündet wird, wie umweltschädlich und vor allem wie gesundheitsschädlich der Lärm ist und was man alles dagegen tun kann. Aber wenn es dann dezidiert um das Gesetz geht, dann ist er nicht vorhanden. Und das ärgert mich ganz besonders.

Aus diesen beiden Gründen, dass nämlich die Gesetzesänderung an und für sich unzu­mutbar ist und dass auch die Vorgangsweise, wie diese Gesetzesänderung zustande gekommen ist, unzumutbar ist, lehnen wir diese Vorlage natürlich ab. (Beifall bei den Grünen.)

16.16


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor ich Herrn Staatssekretär Kukacka das Wort erteile, möchte ich Folgendes sagen:

Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass im Zusammenhang mit der Werdung dieses Gesetzes das Wort „Frechheit“ gefallen ist. Ich würde wirklich bitten, dass wir uns in der Wortwahl zumindest so zurückhalten, dass auf keiner Seite dieses Hauses irgendwelche Kränkungen oder Sonstiges zustande kommen! Also, bitte, befleißigen wir uns einer Sprache, die dieses Hauses würdig ist!

Herr Staatssekretär Kukacka, Sie haben sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.17.43

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns einig darin, dass jede Großstadt und so natürlich auch Wien einen Flughafen braucht, den Flugverkehr braucht, dass das einfach auch eine Voraussetzung für die Qualität eines Wirtschaftsstandortes ist. Und es ist auch gar nichts Neues, dass der Flughafen Wien aus verkehrspolitischen Grün­den eine Erweiterung braucht, weil er absolut an der Kapazitätsgrenze angelangt ist. Deshalb gibt es seit vielen Jahren Bemühungen um eine dritte Startbahn, und dazu hat auch ein wirklich umfassendes Verfahren stattgefunden, ein Mediationsverfahren, bei dem es letztlich großes Einvernehmen gegeben hat über die Kriterien, bei deren Erfüllung die Möglichkeit für eine dritte Start- und Landepiste bestehen soll.

Das Vorhaben kommt nicht aus heiterem Himmel, das war allen Anrainern klar, und es gibt dazu auch keine vernünftige Alternative! Das muss man der Gerechtigkeit halber dazusagen. Es hat auch keine Aushöhlung der Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben oder ein überfallsartiges Verfahren, sondern Intention ist es einfach, durch diese Novelle auch die Ergebnisse des Mediationsverfahrens in diese Umweltverträglich­keitsprüfung einfließen zu lassen. Das heißt, es ist überhaupt nur möglich, den Bau der dritten Piste in einem UVP-Verfahren zu genehmigen, wenn es hier zu einer ent­sprechenden Anpassung kommt. Dadurch soll die UVP-Genehmigung ermöglicht werden, und negative Auswirkungen dieses Projekts, nämlich Lärmausbreitung, sollen durch diese Novelle entsprechend reduziert werden.

Die Anrainer haben bei Erreichung eines bestimmten Immissionsschwellenwertes Anspruch darauf, bestimmte Lärmschutzmaßnahmen zu erhalten, wie eben zum Beispiel den Einbau von Schallschutzfenstern und Ähnliches mehr.


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An den bestehenden Immissionsschwellenwerten wird überhaupt nichts geändert! Das, was im Vorfeld der Diskussion behauptet wurde – gerade auch von den Grünen –, ist nichts anderes als der übliche „Alarmismus“, den Sie betreiben, der aber sachlich in keiner Weise gerechtfertigt war! Es kommt also zu keiner Erhöhung der Lärm­grenzwerte!

Der nationale Gesetzgeber – wobei wir aber nur einen bestimmten Einfluss haben, weil wir natürlich nicht die Emissionswerte und die technischen Möglichkeiten am Flugzeug selbst festlegen können – kann nur dafür sorgen, dass für die Betroffenen der Lärm so gering wie möglich ist, und das wird durch dieses Gesetz ermöglicht. Das heißt, eine maßgebliche und eine sinnvolle Reduzierung der Auswirkungen ist daher nur durch Maßnahmen bei den betroffenen Anrainern möglich. Und genau das wird durch diese UVP-Gesetz-Novelle ermöglicht.

Es ist das also ein Gesetz zum Schutz der Anrainer – und nicht das Gegenteil, was hier von manchen behauptet wurde! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

16.21


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir setzen die Debatte fort. Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


16.22.15

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Werte Damen und Herren! Die Richtlinie über die Sicherheit von Luftfahrzeugen aus Drittstaaten, die Flughäfen der Europäischen Union anfliegen, sieht Regeln und Verfahren zur wirksamen Durchsetzung internationaler Sicherheits­standards bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten vor.

Mit diesen Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre auf Grund von Artikel 16 des Abkommens über den zwischenstaatlichen Luftverkehr beste­hende Befugnis zur Überprüfung von ausländischen Luftfahrzeugen, die auf ihren Flughäfen landen, harmonisiert ausüben.

Die Erfassung von Informationen über gemeldete Mängel, die Durchführung von Überprüfungen von Luftfahrzeugen und deren Besatzung und schließlich die Vor­schreibung von Sofortmaßnahmen bei Vorliegen einer Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt sollen innerhalb der Gemeinschaft möglichst einheitlich erfolgen, um eine lückenlose Reaktion auf Sicherheitsmängel zu erreichen. So ist gewährleistet, dass die Einhaltung der internationalen Sicherheitsstandards nicht nur bei Luftfahrzeugen der Gemeinschaft, sondern auch bei Luftfahrzeugen aus Drittländern harmonisiert über­prüft wird und somit ein weiterer Schritt zur Erreichung des Zieles eines einheitlichen hohen Niveaus der zivilen Luftverkehrssicherheit in Europa gesetzt wird.

Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist gut, dass so hohe Standards gefordert werden, unerwähnt bleiben soll aber nicht, dass es für den Konsumenten teurer wird: Laut EU-Vorschrift gibt es auf Flughäfen seit heuer strengere Kontrollen, und diesen müssen sich nun auch das Flugpersonal sowie die im abgesperrten Vorfeld-Bereich Beschäf­tigten unterziehen. In Schwechat bedeutet das pro Tag 4 000 Kontrollen mehr. 13 neue Checkpoints wurden errichtet und 150 Securities eingestellt. – Kosten: 8 Mil­lionen €. Diese Kosten werden natürlich dem Konsumenten verrechnet.

Seit 1. März 2005 werden demnach Flughafen-Mitarbeiter einer Zuverlässig­keits­überprüfung unterzogen. Laut einem Sprecher des Innenministeriums hat das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vom März 2005 bis


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737. Sitzung / Seite 140

15. März 2006 rund 14 900 derartige Überprüfungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden an das Verkehrsministerium weitergeleitet. Erst wenn eine positive Beurteilung vorliegt, darf eine Zugangsberechtigung zum Flugplatz erteilt werden.

Nicht nur in Wien werden die Sicherheitsgebühren den Konsumentinnen und Konsumenten angerechnet: So zum Beispiel werden die Passagiergebühren auch am Flughafen Zürich erhöht. Mit dieser Erhöhung reagiert die Flughafen Zürich AG, so eine Mitteilung, auf den Anstieg der Sicherheitskosten von 88 Millionen Franken im Jahre 2003 auf 101 Millionen Franken im Jahre 2005.

Erwähnt sei auch noch: Das Europäische Parlament hat den Weg für EU-weit ein­heitliche Dienst- und Ruhezeiten für Piloten freigemacht. Grundsätzlich soll die höchstzulässige tägliche Flug-Dienstzeit bei 13 Stunden liegen. Zudem soll es für Kabinenpersonal künftig einheitliche Ausbildungserfordernisse geben.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden Gesetzesmaterie soll die Um­setzung von EU-Vorgaben in nationales Recht erfolgen. Aus Gründen der Über­sichtlichkeit sollen die vorgeschlagenen Bestimmungen nicht in ein bestehendes Gesetz eingefügt, sondern es soll hiefür ein eigenes Gesetz geschaffen werden.

Meine Fraktion wird diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und des Bundesrates Ing. Kampl.)

16.26


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax. – Bitte.

 


16.26.54

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Für mich stellt es eine Verpflichtung, ja gera­dezu eine Notwendigkeit dar, zu diesem Tagesordnungspunkt Stellung zu nehmen, weil ich, wie hier bereits gesagt wurde, sehr intensiv in dieses Mediationsverfahren mit einbezogen war und weiß, dass das, was wir dort ausverhandelt haben, Verpflichtungen sind, Verpflichtungen, die ja auch unterschrieben wurden.

Dieses Mediationsverfahren war das bisher europaweit größte Verfahren dieser Art, eines, an dem über 55 Gruppen beteiligt waren. Beeindruckend ist, dass wir damit den Beweis liefern konnten, dass es dann – selbst bei so schwierigen Infrastruktur-Pro­jekten und mit so vielen Gruppen –, wenn man fair und offen miteinander arbeitet, möglich ist, eine Einigung zu erzielen.

Worum geht es denn eigentlich bei dieser Abänderung des UVP-Gesetzes? – Ich bitte, diese Äußerung Herrn Staatssekretär Kukacka zu glauben: Wenn es diese Änderung nicht gäbe, wäre die Durchführung dessen, was wir ausverhandelt haben, gar nicht möglich.

Was war denn auszuverhandeln möglich? – Wir konnten erreichen, dass in der Zeit zwischen 21 Uhr und 7 Uhr die – theoretisch mögliche – zusätzliche Kapazität einer dritten Piste nicht ausgenützt wird. Das ist etwas, was vorher gar nicht möglich gewesen wäre! Wir konnten weiters erreichen, dass in der Zeit zwischen 22.30 Uhr und 6 Uhr selbst bei einem Drei-Pisten-System nur eine Piste in Betrieb ist. – Das sind ganz wesentliche Dinge, die in diesem Mediationsverfahren aufgearbeitet wurden!

Noch eine ganz wesentliche Sache: In der Zeit zwischen 23.30 Uhr und 5.30 Uhr werden nicht mehr als durchschnittlich vier Starts und vier Landungen pro Nacht durch­geführt. – Das ist eine Deckelung, eine Halbierung der bisherigen Kapazität! Das


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bedeutet eine Reduktion auf die Hälfte dessen, was es im Jahre 2004 gegeben hat! – All das ist in diesem Mediationsverfahren ausverhandelt worden.

Während des ganzen Mediationsverfahrens war auch Herr Dr. Hans-Peter Hutter anwesend. Herr Dr. Hutter hat uns medizinisch beraten, und er hat letztendlich, nach vielen Diskussionen, diesen Maßnahmen sozusagen seinen Sanctus gegeben und dem zugestimmt, da seiner Ansicht nach durch diese Deckelung der Zahl an Starts und Landungen für die Anrainer die Gewissheit gegeben ist, dass diese ausverhandelte Reduzierung der Flugbewegungen bestehen bleiben wird.

In diesem Zusammenhang wurde auch ein Umweltfonds gegründet. Und was ist die Aufgabe dieses Umweltfonds? – Jene Gemeinden, die dadurch in ihrer Entwicklungs­möglichkeit beeinträchtigt sind, werden unterstützt und gefördert.

Dieser Fonds wird mit jährlich 4 Millionen € ausgestattet. Und aus diesem Fonds, von diesen 4 Millionen €, werden innerhalb jener Lärmzonen, die über diesem dB-Grenz­wert liegen, die Schallschutzfenster und auch Wintergärten bezahlt. Und wenn im Winter, wenn die Fenster geschlossen sind, der Schlaf nicht gewährleistet ist, muss auch eine erforderliche Lüftung eingebaut werden. Das sind Maßnahmen und eine Qualität der Standards, die schon sehr beachtenswert sind.

Auch die Lärmzonendeckelung ist eine sehr wichtige Sache. Im Mediationsverfahren haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass der Flughafen nicht beliebig weiter wachsen soll, sondern eine Lärmzonendeckelung eingeführt wird. Diese Qualität muss man sich vorstellen, nämlich dass festgeschrieben wird, dass der Flughafen nicht beliebig weiter wachsen soll. Das ist ja eine Maßnahme für die Lebensqualität der Leute, die dort leben, die eigentlich epochal ist.

Bei der Lärmzonendeckelung ist es so, dass in jenen Zonen, in denen der Lärm über 54 dB ist, keine Neuwidmung für Siedlungsgebiete stattfinden kann. Das bedeutet, dass der Flughafen die Sicherheit hat, dass er sich jetzt innerhalb der festgelegten Gebiete bewegen kann, und dass es den Gemeinden auf der anderen Seite möglich ist, eine Entflechtung zwischen den An- und Abflugrouten und dem Wohngebiet durchzuführen.

Die Festlegung der Lärmzonen beruht auf einer Verkehrsverteilung. Das heißt, die An- und Abflugrouten wurden hier festgelegt. Und diese Verkehrsverteilung ist die Grundlage für das UVP-Verfahren der dritten Piste. Wenn einvernehmlich mit allen Gruppen eine Veränderung dieser Verkehrsverteilung herbeigeführt wird, darf sich die Zahl der Betroffenen innerhalb der Fluglärmzone nicht verändern.

Es sind hier wirklich qualitativ hochwertige Maßnahmen vorgesehen, sodass ich nicht verstehe, dass man daran noch rütteln und dagegen sein kann. (Vizepräsident Weiss übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es wurde auch das Dialogforum eingeführt. Das Dialogforum soll die korrekte Einhaltung der in diesem Mediationsverfahren festgelegten Maßnahmen überprüfen. Dabei geht es um die Einhaltung der Flugrouten – diese werden jährlich evaluiert. Es sind auch Begehrlichkeiten noch nicht ausdiskutiert worden, zum Beispiel lärm­schonendere Landungsverfahren und allfällige Änderungen der Start- und Lande­routen.

Durch das, was in der Vereinbarung festgeschrieben ist, und durch das, was auch nachher im Dialogforum stattfinden wird, ist sichergestellt, dass die Ergebnisse des Mediationsverfahrens umgesetzt und die Vereinbarungen eingehalten werden.


Bundesrat
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Susanne Rynesch müssten Sie eigentlich kennen, sie ist die Vertreterin der Österreich-Plattform Fluglärm. Sie hat vor Beginn des Mediationsverfahrens etwas sehr Richtiges gesagt, nämlich: Einer Bürgerinitiative stehen grundsätzlich zwei Wege offen: entweder radikal dagegen zu sein oder sich auf den Dialog einzulassen.

Ich würde mir wünschen, dass ihr euch öfter auf einen Dialog einlässt, bei dem dann etwas sehr Sinnvolles herauskommt, und nicht sofort total in Opposition geht. Susanne Rynesch ist eine Fachkraft mit hervorragenden Fachkenntnissen. Es wäre schön gewesen, wenn ihr Susanne Rynesch vor Erarbeitung eurer Stellungnahme kontaktiert und befragt hättet. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

16.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Frau Bun­desrätin Kerschbaum gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 


16.33.55

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Frau Kollegin, ich denke, das Mediationsverfahren wäre in der Form nicht zustande gekommen, wenn es nicht einen gewissen Druck gegeben hätte auch von Seiten des Flughafens, verhandeln zu müssen, um diese dritte Piste bauen zu können. Und wenn jetzt der Druck zum Teil genommen wird, indem man Grenz­werte einzieht, die höchstwahrscheinlich doch höher sein werden als jene, die im Mediationsverfahren herausgekommen sind, dann wird wahrscheinlich der Druck, künftig zu verhandeln, für andere Flughäfen, aber auch für Schwechat, wenn dort noch einmal ausgebaut werden sollte, geringer sein, und dann wird man auch nicht so gut verhandeln können.

Ich bin ganz deiner Meinung, Kollegin Roth-Halvax, dass es sicher sehr sinnvoll war, dieses Mediationsverfahren durchzuführen, und dass dabei viele sinnvolle Maßnahmen herausgekommen sind. Aber das, was wir jetzt beschließen, ist eine Änderung des UVP-Gesetzes. Und das verändert das Mediationsverfahren ja nicht, denn das Me­diations­verfahren war vorher und war sicher sinnvoll. Die Änderung des UVP-Gesetzes ist meiner Meinung nach im Gegensatz dazu nicht sinnvoll.

Ich verstehe auch nicht, warum man bei einem UVP-Gesetz nur immissionsseitig ansetzen kann und nicht emissionsseitig. Für mich besteht ein großer Unterschied, ob ich durch Lärmschutzfenster, Wintergärten und Sonstiges geschützt werde oder durch sinnvolle Verteilung oder eine Reduktion des Umgebungslärms. Da besteht ein enormer Unterschied, denn durch Wintergärten und Schallschutzfenster kann ich leider nur die Innenräume besser nutzbar machen, aber die Gegend rundherum nicht.

Ich finde es auch schade, wenn du, Kollegin Roth-Halvax, sagst, wir hätten vorher Frau Rynesch – ich kenne sie gar nicht – befragen sollen ob unserer Stellungnahme. – Man hätte vielleicht auch vorher in diversen zuständigen Ausschüssen über diese Geset­zesänderung und darüber, was man damit bezweckt, reden müssen. Es ist einfach die Vorgangsweise sehr seltsam, nämlich dass ich sage, ich ändere das UVP-Gesetz, mache einen Initiativantrag mit einer Änderung zum UVP-Gesetz, in dem ich eine Abkürzung zu irgendeiner Klammer dazuschreibe, dann im Nationalrat ändere ich aber diesen Initiativantrag ab, mit massiven Änderungen bei den Lärmgrenzwerten, denn vorher hat es keine Lärmgrenzwerte in dem Sinn gegeben, sondern da ging es nur um Lärmgrenzwerte bezüglich Gesundheitsgefährdung.

Es waren nicht Dezibel festgeschrieben, sondern da ging es nur um die Gesund­heitsgefährdung. Und das ist natürlich anders auslegbar. Da gibt es WHO-Grenzwerte.


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Aber wenn jetzt per Verordnung durch Umweltminister und Verkehrsminister die Grenzwerte festgelegt werden, wird der Nationalrat nicht mehr dazu befragt werden, wie hoch die Grenzwerte sein sollen, und der Bundesrat schon gar nicht.

Ob es dann noch eine nächste Mediation geben wird, wenn ein anderer Flughafen eine weitere Piste bekommt oder wenn der Flughafen Wien-Schwechat vielleicht doch noch weiter ausgebaut wird, darauf bin ich schon gespannt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.)

16.36


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, der Republik Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, der Republik Island, der Republik Kroatien, dem Königreich Norwegen, Rumänien, Serbien und Montenegro und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums samt Anhängen und Korrigendum.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen letztlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahr­zeugen aus Drittstaaten.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

16.38.4033. Punkt

Erster Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt vom Bundes­minis­ter für Verkehr, Innovation und Technologie (III-304-BR/2006 d.B. sowie 7642/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Sodl. Ich bitte um den Bericht.

 


16.38.54


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 144

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ersten Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 den Antrag, den Ersten Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


16.39.47

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hätte im Ver­kehrs­ausschuss einige Fragen zu diesem Bericht des Biopatent Monitoring Komitees gehabt, aber leider war kein zuständiger Beamter anwesend, es haben beim letzten Tagesordnungspunkt alle den Saal verlassen. Daher muss ich jetzt hier meine Fragen beziehungsweise meine Bedenken gegen diesen Bericht vorbringen.

Mich wundert, dass zwar in der Einleitung schon festgehalten wird, dass der Bericht jetzt nicht besonders viel Neues hervorbringt, weil nur ein sechsmonatiger Berichts­zeitraum begutachtet wurde. Aber in der entsprechenden Entschließung des National­rates steht, nach spätestens einem Jahr ist ein Bericht zu erstellen. Deshalb verstehe ich nicht, dass man sagt, ich habe nicht genug Zeit gehabt, etwas wirklich Vernünftiges zu berichten, wenn doch ohnehin mehr Zeit gewesen wäre.

Dem Bericht entnehme ich auch – ich würde Sie bitten, mir zu sagen, ob das so stimmt –, dass sich das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im Biopatent Monitoring Komitee nicht vertreten sehen wollte, da der Konsumentenschutz zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Entschließung des Nationalrates im Bundesministerium für Justiz, welches in der Entschließung nicht genannt ist, ressortierte.

Heißt das jetzt ernsthaft, dass das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Gene­rationen und Konsumentenschutz nicht in diesem Komitee vertreten war? Und wenn dem so ist, kann ich das schon überhaupt nicht nachvollziehen, denn ich habe in der Entschließung des Nationalrates nachgelesen, und da heißt es: In diesem Komitee sollten jedenfalls auch Vertreter der Sozialpartner, des VKI, UBA und Gentechnik-Volksbegehrens eingebunden sein. Es sind viel mehr eingebunden worden, die da nicht dezidiert aufgezählt sind. Also verstehe ich absolut nicht, warum sich das doch zuständige Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumen­tenschutz da heraushält. Das ist mir absolut unverständlich.

Insgesamt ist zu diesem Bericht zu sagen: Es ist sicher eine interessante Zusam­menfassung der Problematik, aber von Monitoring habe ich nicht besonders viel in diesem Bericht gefunden. Es heißt aber Monitoring Komitee.

Im Bereich der Wirtschaft gibt es eine Statistik, die irgendwo abgedruckt wurde. Zusätzlich wurden 133 Fragebögen an KMUs und Forschungseinrichtungen verschickt, von denen 38 beantwortet wurden. Da stellt sich für mich die Frage, ob ein profes­sionelles Institut damit beauftragt wurde, diese Umfrage zu machen, oder ob das die


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Sekretärin ausgeschickt hat, denn ich denke, wenn ich 133 Fragebögen habe, dann kann ich das direkt erledigen und muss nicht ausschicken und hoffen, dass doch zwei oder drei Leute zurückschreiben. Diese Umfrage ist für mich daher nicht wirklich repräsentativ.

Im Bericht ist immer wieder von einer positiven Auswirkung auf die Arbeitsplätze die Rede. Diese positive Auswirkung auf die Arbeitsplätze schließt man daraus, dass in der Befragung erhoben wurde, dass es Betriebe gibt, die meinen, das hätte eine positive Auswirkung auf die Arbeitsplätze. Ich würde mir schon wünschen, dass man das, wenn man es in den Raum stellt, doch mit Daten untermauert und nicht allein auf Grund einer Umfrage mit 38 Fragebögen, die zurückgekommen sind, sagt, dass das so toll für die Arbeitswelt ist.

Bei den Investitionen ist es prinzipiell dasselbe. Da müssten doch andere Daten vorhanden sein als eine Befragung mit 38 Antworten.

Auf Seite 9 wird des Weiteren in den Raum gestellt, dass ein europaweites wett­bewerbsfähiges Patentrecht für forschungsorientierte Unternehmen einen Anreiz bietet, Investitionen in Europa zu tätigen, was sich positiv auf Innovationskraft und Schaffung von Arbeitsplätzen auswirkt.

Wenn man sich jetzt die Erhebungen im Detail anschaut, nämlich dass selbst nur in einem Teil dieser 38 beantworteten Fragebögen genau diese Aussage getroffen wurde, finde ich das schon ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

Im Bereich Konsumentenschutz waren offensichtlich nur mehr die Arbeiterkammer, VKI und Gentechnik-Volksbegehren interessiert, etwas zu machen. Das ist aber leider die Minderheit.

Im Bereich Konsumentenschutz steht sogar im Bericht, Arbeiterkammer und VKI haben keine Auswirkungen auf Preis und Qualität, Zugang zu Waren et cetera feststellen können. Gleichzeitig wird eingeräumt, „dass bisher auch keine systematische Suche mit besonderem Augenmerk auf Biopatente und deren Auswirkungen auf Konsu­mentInnen seitens des VKI und der AK erfolgt ist.“ – Das heißt eigentlich, dass nichts geschehen ist.

Die Frage ist, sind jetzt Arbeiterkammer und VKI dafür zuständig, herauszufinden, ob es einen Einfluss auf die Konsumenten hat oder nicht, oder ob da nicht dieses Komitee zuständig wäre und ob nicht dieses Komitee Untersuchungen anstreben, in Auftrag geben, selbst machen oder zumindest bezahlen müsste.

Des Weiteren steht beim Konsumentenschutz, dass für die Zukunft angedacht ist, Ent­wicklungen im medizinischen Bereich zu überprüfen, wenn diesbezüglich Daten vorhanden wären und dem Komitee auch zugänglich gemacht werden würden. – Was ich schon besonders interessant finde. Das heißt, das Komitee bekommt gar nicht alle Daten, was die Preisentwicklung bei Medikamenten betrifft? Oder wie ist dieser Satz zu verstehen? Im Bereich Konsumentenschutz steht eigentlich nur drinnen, dass nichts geschehen ist und dass nichts untersucht werden konnte oder untersucht worden ist.

Ein weiterer Punkt, der mich in diesem Bericht sehr irritiert hat, war die Geschäfts­ordnung des Komitees. In dieser Geschäftsordnung des Komitees sind die Minder­heitenrechte nicht besonders groß geschrieben. Die Minderheiten haben, soweit ich es verstanden habe, keinen Einfluss auf die Tagesordnung. Die Tagesordnung wird vom Leiter festgelegt. Die Minderheiten können zwar irgendwo Anmerkungen im Bericht machen, sie können aber nicht sagen, in welche Richtung es weitergehen soll, in welche Richtung dieses Komitee Untersuchungen anstellen und berichten soll.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 146

Da ich auch einer kleineren Partei angehöre, lege ich natürlich sehr viel Wert auf Minderheitenrechte, und gerade bei diesem doch sehr komplizierten und sehr strittigen Thema bin ich der Meinung, dass auch die Minderheiten ihre Fragen beantwortet bekommen sollen. Das sind in diesem Fall leider VKI, Arbeiterkammer und Gentechnik-Volksbegehren. (Beifall bei den Grünen.)

16.46


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Staatssekretär Mainoini.

 


16.46.34

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Ich darf nur ganz kurz Stellung nehmen dahin gehend, dass das, wie Sie selbst, Frau Bundesrätin, gesagt haben, eine sehr komplexe und komplizierte Materie ist und im Moment auch keine entsprechenden Beamten zur Verfügung stehen.

Darf ich Sie ersuchen, mit einer schriftlichen Beantwortung Ihrer Frage vorlieb­zu­nehmen, die in absehbarer Zeit erfolgen wird? – Danke vielmals.

16.46


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es noch weitere Wortmeldungen dazu? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke, nein.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

16.47.2034. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von kulturellen Veranstaltungen und volks­kundlichen Veranstaltungen bzw. solchen Veranstaltungen, die der Pflege der eigenen Geschichte dienen, in der Sicherheitsgebühren-Verordnung (154/A(E)-BR/2006 sowie 7617/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 34. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Einwallner. Ich bitte um den Bericht.

 


16.47.54

Berichterstatter Ing. Reinhold Einwallner: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entschließungsantrag der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von kulturellen Veranstaltungen und volkskundlichen Veranstaltungen bzw. solchen Veranstaltungen, die der Pflege der eigenen Geschichte dienen, in der Sicherheitsgebühren-Verordnung.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher komme ich zum Antrag.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten den Antrag, der Bundesrat wolle die dem schriftlichen Ausschussbericht angeschlossene Entschließung annehmen. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.


Bundesrat
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737. Sitzung / Seite 147

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.48.42

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Meine ge­schätz­ten Kolleginnen und Kollegen! Vorausgeschickt sei – und das ist, wie ich meine, auch unbestritten und selbstverständlich –, dass bei Veranstaltungen, die klar gewinnorientiert sind und kommerziellen Zielen dienen, also somit auf Gewinn abzielen und Erwerbsinteressen dienen, im Falle der Inanspruchnahme der vorgeschriebenen Polizeipräsenz die tatsächlich anfallenden Kosten nach der Sicherheitsgebühren-Verordnung auch zu bezahlen sind. Die Ausnahme und den Spielraum, geschätzte Damen und Herren, kennen Sie. Dieser ist im Sicherheitspolizeigesetz und in Verbindung mit der Sicherheitsgebühren-Verordnung geregelt. Damit ist das keine Lex Reutte, sondern betrifft uns im besonderen Fall alle.

Der Ausnahmenspielraum geht nämlich völlig an den bestehenden Interessen der Kommunen oder gar der Körperschaften öffentlichen Rechts vorbei und stellt, so wie ich das festhalte, insbesondere für uns Gemeinden eine eklatante Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und somit eine Verletzung der Gleichbehandlung dar, denn die Ausnahmen oder Begünstigungsregeln tragen in keiner Weise den heute an die Kommunen und Gemeinden gestellten, sehr vielfältigen Aufgaben Rechnung.

Im Gegenteil: Die Gemeinden werden bei Veranstaltungen in ihrem Wirkungsbereich durch die Vorgaben von zusätzlichen öffentlichen Sicherheitsorganen und zusätzlichen privaten Sicherheitsdiensten durch die übergeordneten Behörden, und zwar ohne Wenn und Aber, finanziell sehr stark belastet, wenn die vorgegebenen Freiräume, die ich bereits erwähnt habe und die in der Sicherheitsgebühren-Verordnung festgehalten sind, nicht gegeben sind.

Zudem kommt noch der unhaltbare gesetzliche Zustand, meine geschätzten Damen und Herren, dass innerhalb unseres Bundesgebietes da unterschiedlich vorgegangen wird und somit Gemeinden vereinzelt „geknebelt“ werden.

In Bezug auf kulturelle, volkskundliche oder der Geschichte dienende Veranstaltungen besteht – auch wenn sie mit einem bescheidenen und nicht auf Gewinn ausgerichteten Entgelt verbunden sind, einem Entgelt, mit dem zumindest die Unkosten abgedeckt werden sollen – nach heutiger Auslegung dieses Gesetzes bei der Vorschreibung solcher Gebühren ebenfalls Kostenpflicht, ohne dass aber in dieser Verordnung – wenn sich jemand eingehend mit dieser Verordnung befasst hat, weiß er das – die Höhe des Entgeltes et cetera festgelegt worden wäre. Gleichfalls ein unhaltbarer Zustand, der zu Ungleichheit führt!

Geschätzte Damen und Herren! Zudem müssen die Gemeinden bei Veranstaltungen mit größeren Besucherzahlen ohnehin ein Sicherheitskonzept vorlegen, das ebenfalls durch die Gemeinden bezahlt werden muss und überdies Grundlage solcher Über­wachungsanordnungen ist.

Zudem ist wirklich nicht nachvollziehbar, geschätzte Damen und Herren – ich wende mich jetzt da insbesondere an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier –, weshalb zum Beispiel generell Glaubensgemeinschaften bei Veranstaltungen aller Art davon ausgenommen sind, Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechts jedoch keine Ausnahmeregelung bekommen! Ausgenommen sind davon auch Sportver­anstaltungen, selbst wenn Startgelder verlangt beziehungsweise bestimmte Einnah­men erzielt werden.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 148

Abschließend sage ich Ihnen, geschätzte Damen und Herren, dass die Gemeinden jederzeit und ohne viel Bürokratie belegen können, dass sie ihre Verantwortung im Sinne des öffentlichen Interesses selbstverständlich wahrnehmen und in diesem Zusammenhang keinerlei Gewinnabsicht besteht. Daher wäre es nur gut und billig, die Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechts von zusätzlicher finanzieller Belastung bei Veranstaltungen oder dergleichen zu befreien oder das zumindest anzupassen.

Daher ist die Botschaft meines Entschließungsantrages die, dass Sie, geschätzte Damen und Herren – ich ersuche Sie darum, insbesondere die Vertreter der Kommunen, Bürgermeisterinnen, Bürgermeister et cetera –, diesen Entschließungs­antrag im Sinne wirklicher Gerechtigkeit unterstützen mögen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.53


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


16.53.27

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben den Antrag gehört, und jeder hier im Hohen Hause, der Bürgermeister oder Bürger­meisterin ist, weiß um diese Situation. Dieses Anliegen ist wirklich hundertprozentig zu unterstützen, und ich würde wirklich allen empfehlen, auch da nach dem Gleich­heitsgrundsatz vorzugehen.

Es kann doch nicht so sein, dass die eine Bezirkshauptmannschaft das entsprechend vollzieht, wir die Gebühren dann zu 100 Prozent erfüllen müssen, dass aber andere Bezirkshauptmannschaften nicht so agieren.

In meinem Bezirk ist es zum Beispiel nicht üblich, derartige Maßnahmen zu setzen; in anderen Bezirken aber sehr wohl. Daher sollten wir, wie ich meine, gemeinsam dafür eintreten, dass es diesbezüglich zu einer einheitlichen Regelung kommt. – Danke. (Beifall der Bundesräte Mitterer, Vilimsky und Mag. Himmer sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.54


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


16.54.00

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wäre natürlich schön gewesen, wenn wir einen Vertreter des Innenressorts hier gehabt hätten. Vom Kollegen Spiegelfeld-Schneeburg wurde ja schon angesprochen, dass ich einige Zahlen gebracht habe. Man muss sich natürlich schon sehr kritisch anschauen, wie es mit den Gemeinde­finanzen ausschaut und dass es für die Gemeinden jetzt, eben auf Grund dieser Verordnung, zu einer ganz exorbitanten Belastung kommt, wobei es ja infolge des Sicherheitspolizeigesetzes zu dieser Verordnung gekommen ist.

Wenn ich mir anschaue, was die Gemeinden da alles zu bestreiten haben, und wenn ich mir anschaue, wie es den Gemeinden tatsächlich geht, so finde ich das schon mehr als bedenklich. Da hat es heute von ÖVP-Seite den Zwischenruf gegeben, wir hätten uns das doch 30 Jahre lang anschauen können. Meine Damen und Herren, ich schaue mir die Gemeindefinanzen eigentlich nur mehr von 1995 bis 2005 an, denn wissen Sie überhaupt, was in Ihrer Regierungszeit da alles passiert ist?! Ich bin eigentlich fast


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 149

verwundert, dass Sie von ÖVP, FPÖ beziehungsweise BZÖ überhaupt noch Bürger­meister finden, die Ihre Regierungspolitik hier verteidigen!

Meine Damen und Herren! 1995 hatten die Gemeinden noch eine freie Finanzspitze von 11,6 Prozent, sprich von fast einer Milliarde €. 1996 waren es 14 Prozent, 1997 13,4 Prozent, 1998 14,4 Prozent, 1999 12,5 Prozent. Und dann kam ja bekanntlich eine andere Regierung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, das wissen wir, und wenn Sie in Ihre eigenen Gemeindefinanzen schauen, dann sehen Sie das ganz genau: Im Jahre 2000 hatten die Gemeinden nur mehr eine freie Finanzspitze von 2,4 Prozent, diese ist im Jahre 2003 abgesunken, und auch im Jahre 2004 lag sie nur mehr bei 2,7 Prozent, sprich: effektiv nur mehr 290,4 Millionen €. Der Schuldendienst hingegen, den Österreichs Gemeinden zu bedienen haben, hat sich auf 780 Millionen erhöht! – Und in einer solchen Situation kommen dann auch noch solche Verordnungen!

Da bin ich jetzt völlig beim Kollegen Wiesenegg: Das Sicherheitspolizeigesetz hat als Grundlage die Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit – und das ist nichts anderes als ein Beitrag zum Gemeinwohl in unserem Staate. Dass man da aber noch die Hand aufhält und einer Gemeinde, die Veranstaltungen von allgemeinem Interesse unterstützt, Geld für diese Dienstleistung abknöpft, das ist schon ein starkes Stück! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Da, Herr General Kühnel, geht es in den Gemeinden genauso um die öffentliche Sicherheit wie beim Bundesheer, und das sollte doch wohl eine Selbstverständlichkeit in unserem Staate sein!

Ich meine daher, dass jeder gut beraten wäre, sich dieser Meinung anzuschließen. Auch in Oberösterreich, Kollege Bader, haben wir viele solcher Veranstaltungen, und es ist nicht einzusehen, dass von Gemeinden, die etwas für ihre Bürgerinnen und Bürger tun, eben im Wege ihrer Vereine, die sie ja auch unterstützen – und das hat auch etwas mit dem Respekt vor den Menschen zu tun, die in diesen Vereinen tätig sind –, Beträge einbehalten werden!

Ich bitte Sie daher, unseren diesbezüglichen Antrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Ent­schließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 217/BR-2006.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

16.58.19Einlauf

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 14 Anfragen, 2422/J bis 2435/J, einge­bracht wurden.

Weiters gebe ich noch bekannt, dass der Selbständige Entschließungsantrag 156/A (E) der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend pauschale Abrechnung von Aushilfskräften in der Tourismusbranche eingebracht wurde. Dieser wurde dem Finanzausschuss zur Vorberatung zugewiesen.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, 5. Oktober 2006, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 3. Oktober 2006, ab 13 Uhr vorgesehen.

Ich wünsche Ihnen allen, soweit das unter den Rahmenbedingungen der Wahlwerbung möglich ist, einen erholsamen Sommer! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
737. Sitzung / Seite 150

16.59.10Schluss der Sitzung: 16.59 Uhr

 

 

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