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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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776. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 8. Oktober 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

776. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 8. Oktober 2009: 9.02 – 15.07 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird

3. Punkt: Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofs für das Jahr 2008

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird

5. Punkt: 32. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2008)

*****

Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 40

6. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Erwin Preiner, Mag. Harald Himmer, Monika Mühlwerth, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“ (177/A-BR/2009)

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesrätin Christa Vladyka und Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat           ................................................................................................................................. 7

Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Mandatsver­zicht des Bundesrates Mag. Walter Ebner .......................................................................................................... 8

Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Wahl eines Er­satzmitgliedes in den Bundesrat ......................................................................................................................... 9

Angelobung der Bundesräte Adelheid Ebner und Peter Zwanziger .......................... 9


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 2

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit dem König­reich Schweden zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 14. Mai 1959 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 39/1960 idgF                    32

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Entschließung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit durch den Herrn Bundespräsidenten ................................................. 33

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit Irland zum Ab­schluss eines Protokolls zur Abänderung des am 24. Mai 1966 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen in der Fassung des am 19. Juni 1987 unterzeichneten Pro­tokolls, BGBl. Nr. 66/1968 idF 12/1989 ..................................................................................................................... 34

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit Neuseeland zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 21. September 2006 un­terzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Ge­biete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 127/2007                             35

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit Gibraltar zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen ................................................................................................................. 35

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit dem Fürsten­tum Andorra zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen ........................................................................... ..... 36

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit der Helleni­schen Republik zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 18. Juli 2007 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 16/2009                36

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit der Portugiesi­schen Republik zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 29. De­zember 1970 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteue­rung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBI. Nr. 1972/85                    37

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit der Repu-
blik Polen zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 13. Jänner 2004 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 12/2005 idgF .................................................... 37


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 3

Antrag der Bundesräte Erwin Preiner, Mag. Harald Himmer, Monika Mühl­werth, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kolleginnen und Kollegen, den Selbständigen Antrag 177/A-BR/2009 der Bundesräte Erwin Prei­ner, Mag. Harald Himmer, Monika Mühlwerth, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamen­tarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“ gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme              39, 39

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................... 7

Fragestunde (144.)

Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ..................................... 10

Reinhard Jany (1692/M-BR/09); Elisabeth Grimling, Efgani Dönmez

Johann Kraml (1695/M-BR/09); Ferdinand Tiefnig, Monika Mühlwerth

Elisabeth Kerschbaum (1698/M-BR/09); Martina Diesner-Wais, Monika Kem­perle, Peter Mitterer

Martin Preineder (1693/M-BR/09); Ing. Hans-Peter Bock, Elisabeth Kerschbaum

Maria Mosbacher (1696/M-BR/09); Kurt Strohmayer-Dangl

Johann Ertl (1691/M-BR/09); Ing. Reinhold Einwallner, Martin Preineder, Stefan Schennach

Georg Keuschnigg (1694/M-BR/09); Reinhard Winterauer, Monika Mühlwerth

Wolfgang Sodl (1697/M-BR/09); Günther Köberl, Peter Mitterer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 31

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union .................................................................  38, 38

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 39

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 39

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (746/A und 329 d.B. sowie 8175/BR d.B. und 8177/BR d.B.) ................................................................................... 40

Berichterstatter: Dr. Franz Eduard Kühnel .................................................................. 40


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 4

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (766/A und 338 d.B. sowie 8178/BR d.B.)                       40

Berichterstatter: Dr. Franz Eduard Kühnel .................................................................. 40

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 41

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 43

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 45

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 47

Peter Zwanziger ...................................................................................................... ..... 50

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ..... 50

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 53

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 53

3. Punkt: Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofs für das Jahr 2008 (III-375-BR/2009 d.B. sowie 8179/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 53

Berichterstatter: Dr. Franz Eduard Kühnel .................................................................. 53

Redner/Rednerinnen:

Josef Kalina ............................................................................................................. ..... 53

Christoph Kainz ...................................................................................................... ..... 56

Efgani Dönmez ......................................................................................................  58, 62

Johann Ertl .................................................................................................................... 61

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-375-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................... 65

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (686/A und 272 d.B. sowie 8176/BR d.B. und 8180/BR d.B.)                    65

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ................................................. 65

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  66, 89

Dr. Magnus Brunner ............................................................................................... ..... 70

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 72

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ..... 74

Efgani Dönmez ........................................................................................................ ..... 76

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 78

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 80

Friedrich Hensler .................................................................................................... ..... 82

Reinhard Winterauer .............................................................................................. ..... 84

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ..... 86

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustim­mung zu erteilen ................................................................. 90


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 5

5. Punkt: 32. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2008) (III-374-BR/2009 d.B. sowie 8181/BR d.B.) ................................................................................................................. 91

Berichterstatterin: Waltraut Hladny .............................................................................. 91

Redner/Rednerinnen:

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 91

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ..... 92

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 95

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 97

Volksanwältin Mag. Terezija Stoisits .................................................................... ..... 99

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ............................................................................ ... 103

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek ...................................................................... ... 105

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-374-BR/09 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................. 107

6. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Erwin Preiner, Mag. Harald Him­mer, Monika Mühlwerth, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“ (177/A-BR/2009) ........................................................................... 108

Annahme des Selbständigen Antrages 177/A-BR/2009 .............................................. 108

Eingebracht wurden

Antrag der Bundesräte

Erwin Preiner, Mag. Harald Himmer, Monika Mühlwerth, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Aktuelle Herausforde­rungen im Bereich der inneren Sicherheit“ (177/A-BR/09)

Anfragen der Bundesräte

Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Hangrutschung in Doren (2724/J-BR/09)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Reform des Namensrechtes (2725/J-BR/09)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schim­böck, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konkurs der GLOBE INVEST AG (2502/AB-BR/09 zu 2706/J-BR/09)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Glasfaserausbau im ländlichen Raum (2503/AB-BR/09 zu 2707/J-BR/09)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bausparkasse Wüstenrot AG (2504/AB-BR/09 zu 2708/J-BR/09)


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 6

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Edgar Mayer, Dr. Mag­nus Brunner, Ing. Reinhold Einwallner Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanie­rung beziehungsweise Erweiterung beim landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Feld­kirch (2505/AB-BR/09 zu 2710/J-BR/09)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Reinhard Todt, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Wiener Flüchtlingsdorf Macondo (2506/AB-BR/09 zu 2709/J-BR/09)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bundes­räte Wolfgang Schimböck, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung für Betriebsfahrzeuge (2507/AB-BR/09 zu 2714/J-BR/09)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Ana Blatnik, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Interventionsstellen gegen Gewalt und Gewaltschutz­zentren (2508/AB-BR/09 zu 2712/J-BR/09)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Josef Kalina, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Nebentätigkeit von PolizistInnen und BeamtInnen des Innenressorts (2509/AB-BR/09 zu 2716/J-BR/09)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau des Opferschutzes (2510/AB-BR/09 zu 2715/J-BR/09)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Banken- und Versicherungspaket – Stand der Ausnutzung per 2. Quartal 2009 und per 30. Juni 2009 – Folgeanfrage zu NR 1201/J und NR 2180/J von Werner Kogler (2511/AB-BR/09 zu 2713/J-BR/09)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Schuldenmanagement der ÖBFA (2512/AB-BR/09 zu 2718/J-BR/09)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spekulationsgeschäfte der Länder Salzburg, Bur­genland und Kärnten (2513/AB-BR/09 zu 2719/J-BR/09)


09.02.31


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 7

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

 


Präsident Erwin Preiner: Ich eröffne die 776. Sitzung des Bundesrates und möchte alle anwesenden Bundesrätinnen und Bundesräte herzlich willkommen heißen.

Das Amtliche Protokoll der 775. Sitzung des Bundesrates vom 3. September 2009 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist das Mitglied des Bundesrates Wolfgang Schimböck.

09.02.55Einlauf

 


Präsident Erwin Preiner: Eingelangt sind Schreiben des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatz­mitgliedes und des Kärntner Landtages betreffend Mandatsverzicht eines Mitgliedes sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates.

Hinsichtlich des Wortlauts dieser Schreiben verweise ich auf die im Sitzungssaal ver­teilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandats­verzicht sowie Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes:

„Landtag von Niederösterreich

3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Haus 1a

Telefon 02742/9005-12431, Fax 13430

E-Mail: post.landtagsdirektion@noel.gv.at

www.landtag-noe.at

Ltg.-W-5/7-2008

An den

Präsidenten des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament

1017 Wien

Betreff:

Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Landtag von Niederösterreich hat in seiner 18. Sitzung am 1. Oktober 2009 folgen­de Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates durchgeführt.

auf Vorschlag des Klubs der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederös­terreichs

Adelheid EBNER

(Mitglied anstelle von Christa Vladyka)

Renate SElTNER

(Ersatzmitglied für Adelheid Ebner)


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 8

Ich beehre mich, den Bundesrat hievon in Kenntnis zu setzen.

St. Pölten, am 1. Oktober 2009

Der Präsident:

(Ing. Hans Penz)“

*****

Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes:

„JOSEF LOBNIG

ERSTER PRÄSIDENT DES KÄRNTNER LANDTAGES

zu Ldtgs.Zl. 5-3/30

Herrn

Erwin PREINER

Präsident des Bundesrates

Dr. Karl Renner Ring 3

1017 Wien                                                                                           KLAGENFURT, AM 6.10.2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Abgeordnete zum Bundesrat für das Land Kärnten Mag. Walter EBNER hat mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 bekannt gegeben, dass er auf die Ausübung seines Mandates zum Bundesrat mit sofortiger Wirkung verzichtet.

Ich ersuche um gefällige Kenntnisnahme und weitere Veranlassung.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage

Ergeht nachrichtlich an:

Frau Bundesratsdirektorin Dr. Susanne BACHMANN, Dr. Karl Renner Ring 3, 1017 Wien“

*****

„Freiheitlicher BZÖ –

Landtagsklub in Kärnten

An den

Präsidenten des Kärntner Landtages

Josef Lobnig

Landhaus

9020 Klagenfurt am Wörthersee                         Klagenfurt am Wörthersee, am 06.10.2009

Betrifft: Verzicht auf mein Mandat als Bundesrat-Mitglied

Sehr geehrter Herr Präsident,

gemäß § 3 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, BGBI. Nr. 361/1988, ver­zichte ich mit sofortiger Wirkung auf mein Mandat als Bundesrat.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Mag. Walter Ebner“

*****


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 9

„JOSEF LOBNIG

ERSTER PRÄSIDENT DES KÄRNTNER LANDTAGES

zu Ldtgs.ZI. 5-2/30

Betreff:              Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates

                             gem. Art. 35 Abs. 1 und 2 des Bundes-

                             Verfassungsgesetzes (B-VG)

Herrn

Erwin PREINER

Präsident des Bundesrates

Dr. Karl Renner Ring 3

1017 Wien                                                                                                    KLAGENFURT, 1.10.2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Kärntner Landtag hat in seiner 7. Sitzung am 1.10.2009 folgende Wahl in den Bun­desrat gemäß Artikel 35 Abs. 1 und 2 B-VG vorgenommen:

Auf Vorschlag des ÖVP-Klubs wurde zum Ersatzmitglied von Bundesrat Karl Petritz, Mag. Thomas GORITSCHNIG, Preliebler Straße 22, 9071 Köttmannsdorf gewählt.

In der Anlage wird eine aktuelle Liste der vom Kärntner Landtag entsendeten Mitglieder des Bundesrates und ihrer Ersatzmitglieder übermittelt.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage

Ergeht nachrichtlich an:

Herrn Bundesratsdirektor Dr. Georg POSCH, Dr. Karl Renner Ring 3,1017 Wien“

*****

09.03.10Angelobung

 


Präsident Erwin Preiner: Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwe­send. Es sind dies Adelheid Ebner und Peter Zwanziger. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführerin um Verlesung der Gelöbnisformel.

 


9.03.46

Schriftführerin Ana Blatnik: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Ana Blatnik leisten die Bundesräte Adel­heid Ebner (SPÖ, Niederösterreich) und Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörig­keit, Kärnten) ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.

 


*****


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 10

Präsident Erwin Preiner: Ich heiße die beiden neuen Mitglieder des Bundesrates sehr herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

09.07.15Fragestunde

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Bevor ich jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, verweise ich da­rauf, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an den Herrn Bundesminis­ter für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Bei dieser Gelegenheit ein herzliches Willkommen, Herr Bundesminister! (Allgemeiner Beifall.)

Ich ersuche nun den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Jany, um die Verlesung der An­frage.

 


Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1692/M-BR/2009

„Welche Maßnahmen haben Sie zur Unterstützung der Milchbauern, die europaweit durch niedrige Erzeugerpreise unter Druck gekommen sind, gesetzt?“

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der europäische Milchmarkt ist völlig in Unordnung geraten. Wäh­rend vor zwei Jahren die Preissituation noch eine sehr erfreuliche war, und zwar nicht nur bei der Milch, sondern auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft, sind dann im Zuge der Finanzkrise und des Platzens der Spekulationsblase und des Sinkens des Ölpreises auch der Milchpreis und die Agrarpreise insgesamt in den Keller gerasselt, sodass wir jetzt europaweit eine Milchpreissituation vorfinden, die existenzbedrohend ist, und in Österreich beispielsweise die Preise die Produktionskosten nicht abdecken. Daher ist es einfach notwendig, den Milchmarkt in Ordnung zu bringen.

Es sind wichtige Märkte weggebrochen, wie der asiatische Markt, China zum Beispiel, der osteuropäische Markt, ein Rückgang des Absatzes, was zu einem Überangebot führt. Daher war meiner Meinung nach die erste und vordringlichste Maßnahme, Ange­bot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Europäische Union, die bisher immer Markteingriffe abgelehnt hat, konnten wir da­zu bewegen, dass sie in den Markt eingreift. Seit Beginn des Jahres wurden Marktord­nungsinstrumente in Angriff genommen, das heißt im Konkreten Intervention und pri­vate Lagerhaltung. Es werden dabei Butter und Milchpulver aus dem Markt herausge­kauft, interveniert, also eingelagert und Exporterstattungen gemacht, das heißt, die Milch und die Milchprodukte außerhalb der EU verkauft. Diese Aktion läuft nach wie vor.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 11

Wir haben auf europäischer Ebene im Agrarministerrat erreicht, dass die Intervention und die Exporterstattung verlängert werden, weil einfach die Preissituation noch nicht entsprechend ist. Darüber hinaus hat die Agrarkommissarin vor Kurzem im Euro­päischen Parlament, zuletzt am vergangenen Montag in einem Sonderagrarministerrat, einen freiwilligen Quotenaufkauf, verbunden mit einer Vorruhestandsregelung, vorge­stellt. Das heißt, wenn Betriebe die Produktion aufgeben, kann diese Quote zurück­gekauft werden. Für uns ist das eine Defensivmaßnahme, die nur ein Teil der Lösung sein kann.

Beim letzten Agrarministerrat wurde eine High Level Group eingesetzt, also eine hoch­rangige Expertengruppe, die kurzfristige Maßnahmen vorbereiten soll.

Ich mache kein Geheimnis daraus, für mich ist das zu wenig. Es ist Österreich im Ver­bund mit Deutschland gelungen – anfangs waren es sechs Staaten auf europäischer Ebene –, mittlerweile auch Frankreich auf unsere Seite zu ziehen. Es sind 16 Staaten, jetzt aktuell sogar schon 20 Staaten, die dasselbe Forderungsprogramm haben. Aber die Kommission hat eben dem noch nicht stattgegeben. Ich halte das nicht für richtig und halte es bei allem Respekt für notwendig, dass die EU weitere Antworten gibt, weil wir einen europäischen liberalisierten Markt haben. Wir bleiben am Thema drauf, weil es einfach notwendig ist. Trotz – und damit schließe ich – einer steigenden Preisten­denz im Milchbereich, auch in Österreich, brauchen wir weitere Eingriffe, um die Milch­situation zu verbessern.

 


Präsident Erwin Preiner: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Im Jahr 2012 läuft die derzeitige Fi­nanzperiode im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik aus. Die Diskussion zur Zu­kunft der GAP hat schon begonnen. Welche Punkte sind aus Ihrer Sicht besonders wichtig für die österreichische Positionierung in dieser Diskussion?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es ist tatsächlich so, dass es mit dem Auslaufen der EU-Finanzperiode Ende 2012 ab 2013 neben vielen anderen Dingen auch eine neue Agrarpolitik geben wird. Die Diskussion hat auf euro­päischer Ebene bereits begonnen. Wir haben die Diskussion auch in Österreich, und zwar auch vor Ort, im Rahmen meiner Diskussionsreihe „Zukunftsfeld Bauernhof“ in al­len Bundesländern unter Einbeziehung der Bäuerinnen und Bauern, also der Hauptbe­troffenen, auch auf Expertenebene in Österreich, also auf vielen Ebenen, begonnen.

Das, was sich jetzt in der Krise zeigt, und das sei allgemein erwähnt, ist, dass das oft gescholtene und kritisierte Prämiensystem im Agrarbereich mit den Direktzahlungen den Effekt hat, dass es den Bauern Sicherheit gibt, denn wenn jetzt die Milchpreis­situation unerfreulich ist, die Getreidepreise niedrig sind, auch im Obstbereich und in anderen Sektoren die Landwirtschaft eindeutig Opfer der Krise geworden ist und die Bauern von den Erzeugerpreisen nicht leben können, dann ist die Direktzahlung ein entscheidendes Mittel, verbunden mit der Bergbauernförderung und dem Umweltpro­gramm, um die Einkommenssituation der Betriebe zu stabilisieren, ganz klar.

Mir geht es daher darum, dieses Modell abzusichern und auch um neue Elemente, wie beispielsweise Versorgungssicherheit, Konsumentenschutz, zu erweitern. Entgegen der Tendenz auf europäischer Ebene bisher sollten wir aber auch nach wie vor Markt­regulierungselemente haben. Wir können nicht nur einen freien, liberalisierten Markt propagieren und dann, wenn es zu einer Krisensituation kommt, so wie das jetzt der Fall ist, einfach zuschauen. Die Politik muss die Handlungsfähigkeit bewahren.


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Daher halte ich es für richtig, auch nach 2013 Marktregulierungssysteme aufrecht­zuerhalten, um eben flexibel auf Situationen reagieren zu können.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Grimling.

 


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, meine Frage: Welche innerösterreichischen Lösungen bieten Sie den heimischen Milchbauern nach dem Scheitern auf EU-Ebene am 5. Oktober an?

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, ich weiß nicht, was Sie unter „Scheitern auf EU-Ebene am 5. Oktober“ verstehen. Tatsache ist, dass am 5. Oktober, am vergangenen Montag, von Frankreich ein Sonderministerrat initiiert wurde – es war ja keine reguläre Ministerratssitzung –, wo klar war, dass keine Ent­scheidungen fallen werden. Frankreich war es ein Anliegen, dass die Europäische Kommission berichtet, wie sich die Maßnahmen der Europäischen Kommission auf den Milchmarkt auswirken werden. Die Kommissarin hat berichtet, dass der Preis im Durch­schnitt in Europa steigt, in etwa bei 26 Cent liegt. Auch in Österreich ist ja, wie gesagt, der Preis gestiegen, aber er ist noch nicht dort, wo wir ihn gerne hätten.

Das, was eine ziemlich heftige Diskussion ausgelöst hat, war, dass wir, wie bereits er­wähnt, 20 Mitgliedstaaten, einfach mehr Maßnahmen wollen. Die Kommission hat sich dem noch verschlossen, es hat ja auch formal keine Abstimmung stattgefunden. Im Vorjahr ist der Health Check auf europäischer Ebene beschlossen worden mit dem kla­ren Signal, dass ab 2015 die Milchquote ausläuft und dass es jährlich eine Quoten­erhöhung gibt, sogenanntes soft landing. Österreich war ja nicht dafür, aber die über­wältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten war dafür und ist auch heute noch dafür.

Die Möglichkeit, die ich national habe, ergreife ich, indem ich nämlich diese Quotener­höhung heuer aussetze, also nicht an die Bauern weitergebe, um nicht Produktion zu induzieren. Darüber hinaus haben wir dankenswerterweise, weil es den Beschluss des Marktordnungsgesetzes gegeben hat, hier im Hohen Haus auch die Möglichkeit, zum Beispiel die Saldierung zu verschärfen, also jene Bauern, die dieses System ausnutzen und extrem überliefern, sozusagen mehr zur Kasse zu bitten. Das ist ein richtiges Ele­ment, um hier eine Steuerung zu haben.

Des Weiteren wird es auch durch den Beschluss des Marktordnungsgesetzes möglich, dass wir ab 2010 die Milchkuhprämie an die Bauern auszahlen. Die finanzielle Bede­ckung ist gesichert. Das kann auch ein Teil der Lösung sein, wie man den Bauern in der jetzigen Situation helfen könnte.

Darüber hinaus geht es auch um einen verbesserten Bezeichnungsschutz. Sie kennen die Debatte über den Kunstkäse, wo der Konsument erwarten darf, dass er weiß, wel­ches Produkt er kauft. Wir wollen, dass es auf europäischer Ebene einen entsprechen­den Bezeichnungsschutz gibt.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Dönmez.

 


Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Minister, warum haben Sie sich auf EU-Ebene nicht für eine flexiblere Men­genlieferung eingesetzt, dafür, dass eine flexiblere Mengensteuerung bei der Milchquo­te eingeführt wird? Wenn man da flexibel ansetzen könnte, dann würde man sozusa­gen erreichen, dass dem entgegengewirkt wird, dass die Preise in den Keller rasseln.

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Ich muss Sie interpretieren, weil Sie mir nicht genau sagen, was Sie unter einer flexiblen Mengensteuerung verstehen. Es ist im Vorjahr im


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Agrarministerrat der Health Check beschlossen worden, wo gesagt wurde, dass die Milchquote, die ja bis 2015 gilt – jeder Nationalstaat hat eine Milchquote –, jährlich um ein Prozent im jeweiligen Mitgliedstaat erhöht wird, dass sozusagen die Produktion langsam ausgeweitet wird, um dann eine quotenlose Zeit zu haben – die es meiner Meinung nach nicht geben kann. Aber was den Punkt betrifft, dass diese einprozentige Quotenerhöhung europaweit einbehalten werden soll – national mache ich das zum Beispiel, da habe ich diese Möglichkeit –, um sozusagen die Produktion nicht anzuhei­zen, wenn Sie das ansprechen, dafür hat sich Österreich immer eingesetzt und tut es nach wie vor.

Die überwältigende Mehrheit der europäischen Mitgliedstaaten lehnt das ab, will das nicht und sagt, dass es nicht notwendig ist, das einzubehalten. Diese Diskussionen laufen. Also wenn Sie das meinen, dann muss ich sagen, dafür habe ich mich sehr wohl eingesetzt. Leider ist es allerdings so, dass dies die überwältigende Mehrheit nicht als notwendige Maßnahme ansieht.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, und ich bitte den Anfrage­steller, Herrn Bundesrat Kraml, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1695/M-BR/2009

„Welche zusätzlichen nationalen Maßnahmen werden Sie zur Lösung der Milchmarkt­krise in Österreich ergreifen?“

Diese Frage ist bei der vorhergehenden Hauptfrage schon ausreichend beantwortet worden. Ich komme daher gleich zur Zusatzfrage:

Sie haben den „Kunstkäse“ schon erwähnt. Wird in Österreich „Kunstkäse“ erzeugt? Wie wirkt sich der „Kunstkäse“ auf die Milchmarktmenge und auch auf die Preisgestal­tung aus?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Mit dem Begriff Kunstkäse, wie wir dieses Produkt plakativ bezeichnen, verbindet man die Fortent­wicklung der Lebensmittelindustrie, dass sozusagen Käse – er darf ja nach dem Le­bensmittelrecht nicht so bezeichnet werden – eben auch aus Nicht-Milchprodukten erzeugt werden kann, also Pflanzenfett-Eiweiß-Gemisch. Das ist ja nicht gesundheits­gefährdend, wir haben das immer dazugesagt. Schaut aus wie Käse, schmeckt wie Käse, ist kein Käse.

Es geht ganz einfach um Produktwahrheit. Wenn ein Mensch sagt, ich will das essen, soll er die Möglichkeit haben – Wahlfreiheit. Uns geht es immer nur darum, dass jeder Mensch eben erwartet, wenn er eine Pizza kauft, dass da echter Käse drauf ist. Das gilt ja auch für andere Produkte. Und wenn dann draufsteht, dass das nicht der Fall ist, dann liegt es in der Entscheidung des Konsumenten.

Nach unseren Berechnungen sind in Österreich in etwa 10 000 bis 15 000 Tonnen der­artige Produkte auf dem Markt. Auch in manchen österreichischen Betrieben wurde dieses Produkt erzeugt, wobei man dazusagen muss, dass es die große Masse in Deutschland gibt, wo es beispielsweise auch große industrielle Pizzaerzeuger gibt.

Was wir gemacht haben, ist, dass die nationale Codex-Kommission eine Klarstellung zur Kennzeichnung von diesem sogenannten Kunstkäse gemacht hat – Zuständigkeit:


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Bundesministerium für Gesundheit. Das ist erfolgt, um auf österreichischer Ebene mögliche Kennzeichnungen darzustellen. Wichtig ist, dass wir auf der europäischen Ebene eine Produktkennzeichnung haben. Wir haben uns diesbezüglich an die Ver­braucherschutzkommissarin gewandt. Ihre Antwort ist noch ausständig.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Tiefnig.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Mit dem von Ihnen vorgestellten Liquiditätspaket soll Österreichs Bäuerinnen und Bauern in der Zeit der schwierigen Lage Unterstützung geboten werden. Wie sehen die kon­kreten Maßnahmen aus?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Neben den natio­nalen Möglichkeiten im Milchmarkt ist es mir darum gegangen, den Bauern Liquidität zukommen zu lassen. Wenn seit Monaten der Milchpreis ein schlechter ist und die Er­zeugungskosten nicht abgedeckt werden, dann ist es notwendig, den bäuerlichen Be­trieben Geld zukommen zu lassen. Daher war es so, dass wir auf der europäischen Ebene erreicht haben, dass die Kommission gesagt hat, man kann die Direktzahlun­gen, die üblicherweise Ende des Jahres ausbezahlt werden – in Deutschland sogar erst im darauffolgenden Jahr, im Jänner, Richtung Feber –, vorziehen. Und ich mache das und nütze den von der Kommission vorgegebenen Rahmen maximal aus. Das heißt, wir dürfen maximal 70 Prozent der Direktzahlungen vorzeitig auszahlen.

Ich werde das in Österreich machen, und zwar statt im Dezember im Oktober, jetzt, 70 Prozent der Direktzahlungen den bäuerlichen Betrieben zukommen lassen. Das nützt nicht nur den Milchbauern etwas, sondern auch den Getreidebauern und allen, die im System der Direktzahlungen drinnen sind. Wir sind der einzige Staat, der das EU-weit macht. Darauf bin ich stolz, weil auch viele Instanzen hier mitarbeiten, und denen muss man auch dafür danken, dass das gewährleistet ist.

Es versuchen jetzt andere europäische Staaten, unserem Beispiel zu folgen. Da geht es um etwa 430 bis 450 Millionen €, die an die Bauern ausgeschüttet werden. Das ist deswegen wichtig, weil die Bauern durch Investitionen Kreditverpflichtungen, Zinsver­pflichtungen haben, im Zuge der Wirtschaftskrise ja auch investieren wollen – was na­türlich der Belebung dient – und weil sie vor allem enorme Einkommensverluste haben. Und um die Betriebe zu stabilisieren, erfolgt eben ein Vorziehen.

Des Weiteren wird der Agrardiesel ausbezahlt – der Ausgleich, um Wettbewerbsfähig­keit zu sichern –, wobei es sich in etwa um 48 bis 50 Millionen € handeln wird.

Und für notleidende Betriebe, die jetzt schon investiert haben und sozusagen ihre Zin­sen nicht zahlen können, sehen wir im Rahmen des AIK, also des Agrarinvestitionskre­dits, jetzt Stundungen für gewisse Zeiträume vor, um den Betrieben in dieser schwie­rigen Situation über diese Situation drüberzuhelfen – im Rahmen unseres Pakets.

Und das ist das Liquiditätspaket für unsere bäuerlichen Betriebe.

 


Präsident Erwin Preiner: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühl­werth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben ja schon die Saldierung erwähnt. Diese wird ja aufgehoben.

Meine Frage daher: Glauben Sie, dass es dadurch zu einer Entlastung des Milchmark­tes und zu einer Verbesserung der Preise kommen wird?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 



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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, verzeihen Sie, dass ich Sie korrigiere: Die Saldierung wird nicht aufgehoben. Das ist ein Wunsch von ge­wissen Gruppierungen, die sich davon eine Stabilisierung erhoffen. Das, was wir ge­macht haben beziehungsweise was wir nach Beschluss des Marktordnungsgesetzes machen werden, ist, dass wir die Saldierung verschärfen. Das heißt, jene Betriebe, die einfach viel mehr Milch produzieren, als sie dürften – also mehr, als ihnen ihre eige­ne Quote erlaubt –, werden stärker zur Kasse gebeten. Das heißt, die zahlen eine so­genannte Superabgabe – wobei aber dieses Geld, das wir hier einheben, leider nach Brüssel wandert. Daher waren wir gegen die Abschaffung der Saldierung: weil jetzt sozusagen unsere Bauern zahlen – auch wenn sie jetzt mehr liefern, als sie dürften –, wir aber das Geld nicht national verwenden können, sondern das geht in die EU. Und das halte ich nicht für sinnvoll, dass wir das dann abschaffen und dieses Geld nicht zur Verfügung haben.

Richtig ist, dass wir uns von der Verschärfung der Saldierung schon erwarten, dass der Anreiz, mehr zu produzieren, als die eigene Quote hergibt, einfach wegfällt – dass der betreffende Bauer eben sagt: auch wenn ich dabei einen Teil meiner Fixkosten in der Produktion abdecken würde, wird das so uninteressant, dass ich nicht überliefere – und wir damit weniger Angebot haben. Und ja, richtig – wie Sie meinen –, wir erwarten uns davon schon eine Stabilisierung des Marktes und damit eine Verbesserung der Preissituation für die Bauern.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, und ich ersuche die Anfra­gestellerin, Frau Bundesrätin Kerschbaum, um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage lautet:

1698/M-BR/2009

„Wird die Bundesregierung aufgrund Nichteinhaltung der EU-UVP-Richtlinie gegen das UVP-Verfahren für Mochovce 3 und 4 eine offizielle Beschwerde bei der EU-Kommis­sion einlegen?“

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Es ist eine diesbe­zügliche Beschwerde bereits bei der Europäischen Kommission anhängig. Im Falle dieser Gesetzgebung ist ja die Europäische Union die Hüterin des Rechtes. Es ist nicht Angelegenheit eines Mitgliedstaates, Recht zu bewerten, sondern die Kommission hat ja ein Verfahren, das läuft, und – das ist schon richtig – dort muss auf die Einhaltung gedrängt werden.

Im Übrigen hat die Slowakei ja jetzt ein neues UVP-Gesetz beschlossen – mit 1. Sep­tember, wenn ich nicht irre –, das diese Dinge berücksichtigen soll. Und daher gehen wir davon aus, dass die Europäische Union darauf achtet, dass EU-Recht eingehalten wird.

 


Präsident Erwin Preiner: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Es wäre halt nett, wenn auch die Bundesregierung sich die Richtlinienumsetzungen der UVP-Richtlinie in den Nachbarstaaten genauer anschauen würde und das nicht dem Land Oberösterreich überlassen würde.


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Aber nun meine Frage: Ich wüsste gerne Ihre Einstellung zu dem Vorstoß des Herrn EVP-Abgeordneten Rübig, der mehr oder weniger eine Verschrottungsprämie für Alt-AKWs fordert. Und außerdem gibt es noch den Vorstoß der EVP bezüglich des Uran­abbaus, nämlich den Uranabbau aus dem Emissionshandel herauszunehmen. Dazu würde ich gerne Ihre Haltung im Ministerrat erfahren.

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Zum einen: Ich meine, es ist jeder Region überlas­sen, auf die Einhaltung von Rechtsmaterien zu drängen, egal ob Oberösterreich, Wien, Niederösterreich oder die Republik Österreich. Die Europäische Union ist die Instanz, die darauf drängen muss, dass das EU-Recht eingehalten wird. Ich darf daran er­innern: Zu Jahresanfang, als die Slowakei im Zuge des Gasstreits Russland-Ukraine Bohunice hochfahren wollte, wurde ja in der Diskussion darauf verwiesen, dass im Bei­trittsvertrag der Slowakei zur Europäischen Union vermerkt war, dass Bohunice stillge­legt werden muss. Daher war es Angelegenheit der Europäischen Union, auf die Ein­haltung des Vertrages zu drängen.

Ich meine, dass in der politischen Debatte darauf verwiesen wird – das hat ja Öster­reich gemacht –, dass hier Recht unter Umständen nicht eingehalten wird, ist klar. Aber da ein Verfahren ohnedies läuft, mahlen die Mühlen des Rechts bereits.

Zum Vorstoß des Abgeordneten Rübig: Es ist sicher sinnvoll, derartige Dinge zu über­legen. Ich meine, dass für uns, für die österreichische Bundesregierung, die Kernener­gie keine Option ist, das steht im Regierungsprogramm (Bundesrat Schennach: In der Verfassung steht es vor allem!), weil sie ja für uns auch keine nachhaltige Form der Energiesicherung ist. Dies auch nicht im Sinne des Klimaschutzes – weil jetzt schon, das muss man erkennen, auf der ganzen Welt, nicht nur in Europa, viele sagen, wir setzen auf die Kernenergie, weil wir dadurch eine Verringerung der Treibhausgas­emissionen haben. Aber für mich ist das zu wenig, denn es bleiben hoch radioaktive Restelemente übrig, für die es keine Endlagerung gibt, auf der ganzen Welt nicht. Da­her ist für uns die Nutzung der Kernenergie keine sinnvolle Option.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Welche nächsten Schritte sind derzeit im laufenden UVP-Verfahren be­züglich Mochovce 3 und 4 geplant?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, es ist so, dass wir, Österreich, immer – das funktioniert auf bilateraler Ebene – bei der Slowakei gedrängt haben, ein ordnungsgemäßes Verfahren abzuhalten. Es hat in Bratislava eine Anhö­rung im Zuge der slowakischen UVE, der Umweltverträglichkeitserklärung, gegeben. Das, was ich in Zusammenarbeit mit der Slowakei erreicht habe, war, dass es in Wien eine Anhörung gegeben hat, die vor – ich weiß nicht genau – 14 Tagen stattgefunden hat. Das ist schon eine bemerkenswerte Sache, denn das hätte die Slowakei nicht ma­chen müssen. Ich bin nicht Anwalt der Slowakei und schon gar nicht Anwalt der Be­treiber. Mir ist es darum gegangen, dass die Bedenken der österreichischen Bevölke­rung in Österreich artikuliert werden können.

Ich war selbst bei der Anhörung dabei, die an der TU Wien stattgefunden hat. Und das ist mein Anliegen gewesen: dass alle Bedenken transparent vorgelegt werden sollen und dass die slowakischen Betreiber dazu Stellung nehmen müssen – unabhängig da­von, ob jetzt EU-Recht eingehalten wird oder nicht. Aber entscheidend ist, dass öster­


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reichische NGOs, Bürger dieses Recht haben, und es haben ja auch viele davon Ge­brauch gemacht.

Worum es geht, ist, dass bis 6. Oktober in den Landesregierungen ja auch die Unterla­gen zu den Stellungnahmen aufgelegen sind. Wir bekommen jetzt die Stellungnahmen zu uns ins Lebensministerium herein. Wir sammeln sie und leiten sie, plus der Stel­lungnahme, der Fachstellungnahme meines Ministeriums, an die zuständigen Behör­den in der Slowakei weiter.

Darüber hinaus gibt es bilaterale Konsultationen zwischen Österreich – Lebensminis­terium – und der Slowakei im Rahmen eines Nuklearabkommens, wo es ja dann um weitere technische Differenzierungen geht, weil die Slowakei bei dem Kraftwerk jetzt noch plant. Es liegen ja gewisse Pläne noch gar nicht vor, und da braucht man echte Fachexperten, die auch bewerten können, ob diese Planung entsprechend ist, sodass wir von einem mehrjährigen Prozess ausgehen, und da ist Österreich dran. Da erwar­ten wir von der Slowakei ganz klar volle Aufklärung und Transparenz und Beantwor­tung aller Fragen.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kemperle, bitte.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Werter Herr Bundesminister, was unter­nehmen Sie, damit die atomkritische Forschung in Österreich intensiviert wird und als Grundlage zur Umsetzung unserer Vision eines atomfreien Europas dienen kann?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Frau Bundesrätin, diese Forschung muss vorange­trieben werden, da hat die Wissenschaft in Österreich volle Unterstützung. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den immer wieder zitierten Euratom-Vertrag verwei­sen, aus dem immer wieder ein Ausstieg Österreichs gefordert wird. Unsere Experten sagen uns, dass gerade auch in diesem Vertrag sichergestellt ist – und worauf wir zum Beispiel dort auch drängen –, dass Forschung auch im Bereich der Sicherheit betrie­ben wird.

Faktum ist, dass viele Staaten in Europa jetzt zunehmend, wie ich erwähnt habe, auf die Kernenergie setzen. Und da muss die Forschung vorangetrieben werden, um ein­fach die Sicherheit zu erhöhen. Das ist etwas, was wir im Zusammenhang mit Euratom einfordern, weil wir ein derartiges Sicherheitsnetz spannen wollen, damit wir, wenn wir selbst nicht auf Kernenergie setzen, der Bevölkerung zusätzlich auch Sicherheit geben.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! In einem Schreiben an das Anti-Atom-Komitee haben Sie festgehalten, dass mit der jüngst in der Slowakei beschlossenen UVP-Novelle der Widerspruch zum EU-Recht behoben worden ist. Wie schätzen Sie die Chance ein, dass die EU diesem neuen Gesetz nun auch beitreten wird?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Im Zusammenhang mit diesem Schreiben ist öffent­lich behauptet worden, dass ich die Öffentlichkeit belüge. Ich weise das aufs Schärfste zurück. Sie haben es nicht gesagt, aber es ist auch gestern in den Medien kolportiert worden. Sie haben es richtig zitiert: Ich habe in diesem Schreiben lediglich darauf ver­wiesen – und auch vorher schon dahin gehend geantwortet –, dass die Slowakei auf­grund der Kritik ihr UVP-Gesetz novellieren musste, weil kritisiert wurde, dass zum Bei­spiel slowakische NGOs im UVP-Gesetz keine Parteistellung haben. Und da dieses


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Gesetz jetzt mit 1. September des heurigen Jahres in der Slowakei Gültigkeit hat, ge­hen wir davon aus, dass jetzt der Rechtsbestand gesichert ist. Das ergibt die Bewer­tung auch auf der europäischen Ebene. – Also dort ist klar, dass unser Standpunkt un­verändert ist. Die Slowakei muss wie Deutschland, wie Österreich und alle anderen Staaten Gesetze haben, die dem EU-Recht entsprechen.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zur 4. Anfrage, und ich ersuche den Anfra­gesteller, Herrn Bundesrat Preineder, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminis­ter, meine Frage lautet:

1693/M-BR/2009

„Wie schauen Österreichs Vorbereitungen für die Klimakonferenz im Dezember in Ko­penhagen aus, bei der über ein globales Klimaregime nach 2012 verhandelt werden soll?“

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, es ist tatsächlich so, dass die Vorbereitungen für Kopenhagen im Dezember gewaltige sind, nämlich welt­weite Anstrengungen, und es tagen ja vergangene und diese Woche in Bangkok Tau­sende Experten auf Fachebene, wo auch die Mühsal eines derartigen Weltklimaschutz­abkommens klar wird, wenn es zu Texten, die beispielsweise fünf Zeilen umfassen, hundert Anmerkungen gibt und man fünf Stunden über einen derartigen Text verhan­delt. Daran sehen Sie, wie mühselig das ist, weil einfach so viele Interessen weltweit aufeinanderprallen.

Klar ist, dass unser Ziel eindeutig ist, dass wir in Kopenhagen ein Weltklimaschutzab­kommen im Rahmen der UNO erreichen wollen, dass hier viele Dinge noch offen sind, dass die Europäische Union die einzige Region der Welt ist, die bereits ein Paket be­schlossen hat, nämlich im Vorjahr das Klima- und Energiepaket mit Einsparungszie­len – eben bis 2020 die Treibhausgase um 20 Prozent zu reduzieren, 20 Prozent mehr Energieeffizienz, 20 Prozent mehr erneuerbare Energie –, und wir, Österreich, uns eng mit den EU-Partnern abstimmen.

Unsere Strategie ist: Geführt von der jeweiligen Ratspräsidentschaft – im ersten Halb­jahr die Tschechen und jetzt Schweden als Ratsvorsitz der Umweltminister – in Koordi­nierung mit uns Umweltministern sind wir völlig auf einer Linie, nämlich: Unser Ange­bot, das der Europäischen Union, für Kopenhagen ist eine Reduktion der Treibhaus­gase um 20 Prozent – erweiterbar auf 30 Prozent, wenn andere Industrieländer der Welt hier mitgehen.

Unser Ziel ist aber auch, dass wir die Schwellenländer wie China, Indien, Südafrika, Mexiko, Brasilien mit ins Boot bekommen. Der arabische Raum hat zum Beispiel noch gar kein Angebot gemacht. Indien hat zuletzt bei einer Verhandlungsrunde gesagt, die Industrieländer sollen 80 Prozent einsparen. Das ist ausgeschlossen! Dann gibt es kein Klimaabkommen, weil das die Wirtschaft nicht verkraften kann.

Erfreulich ist, dass sich die USA unter Obama bewegen, denn bisher haben die USA über das Thema Klimaschutz nicht einmal verhandelt; sie sind ja auch dem Kyoto-Pro­tokoll nicht beigetreten. Jetzt sind die USA dabei, mit den bekannten Schwierigkeiten der Umsetzung in den USA, aber parallel verhandeln die USA mit China. Sie sehen also, es ist wirklich ein globales Anliegen.


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Ich war jetzt vor Kurzem in Kalifornien, wo auch Initiativen unternommen werden, wo sich zum Beispiel die US-Staaten der Westküste zusammenschließen zu einer Region, um selbst eigene Klimaschutzinitiativen zu setzen.

Es arbeiten also weltweit viele daran. Wir sind in Europa in dieser Frage wirklich ge­schlossen, haben ein Angebot, erwarten das aber auch von allen anderen Staaten. In enger Abstimmung ist Österreich überall mit dabei.

 


Präsident Erwin Preiner: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Wie haben sich die Gesamt­emissionen von Treibhausgasen in Österreich in den letzten Jahren entwickelt?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die Treibhausgas­emissionen liegen nach der Inventur 2007 – das sind die aktuellsten Zahlen; die aus der Inventur 2008 werden erst zu Beginn des nächsten Jahres vorliegen, das wird ja über das Umweltbundesamt erhoben – bei etwa 88 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Wir liegen damit um etwa 11,3 Prozent über dem Wert; tatsächlich müssten wir re­duzieren – da soll nichts beschönigt werden, das ist keine Frage.

Das aber, was erfreulich ist – und ich will da nichts schönreden –, ist, dass der Trend retour geht: Wir haben ein Minus gegenüber dem Jahr 2005 von 4,9 Millionen Tonnen. Und jetzt gibt es dann gleich die öffentliche Antwort: Naja, weil es wärmer ist und die Leute nicht so viel geheizt haben, und so weiter. Das ist schon auch richtig, aber man soll auch nicht – und darum geht es mir – die Bevölkerung demotivieren, denn ich stel­le eine große Bereitschaft in der Bevölkerung fest, Klimaschutzmaßnahmen auch im Haus zu setzen – Stichwort: thermische Sanierung, Stichwort: Ökologisierung, mehr Radfahren, und, und, und, es gibt ja viele Möglichkeiten. Die Bevölkerung ist bereit dazu.

Und was wir schon auch merken, ist, dass all die Klimaschutzmaßnahmen auch zu greifen beginnen. Wir dürfen da nicht müde werden und müssen es intensivieren, gar keine Frage, denn wir haben zum Beispiel von 1990 bis 2007 im Bereich Verkehr eine Steigerung der Treibhausgasemissionen um 73 Prozent – gewaltig!; wobei man da da­zusagen muss, dass die Hälfte auf den Tanktourismus zurückzuführen ist, weil bei uns der Sprit billiger ist als in EU-Nachbarstaaten, das aber uns angerechnet wird; das bringt einerseits Steuereinnahmen, ist andererseits aber schlecht für die CO2-Bilanz –, und auch die Industrie hat ein Plus von 20 Prozent der Treibhausgasemissionen zu verzeichnen, wogegen wir Rückgänge haben und die Ziele einhalten zum Beispiel in der Abfallwirtschaft – ein Minus von 40 Prozent – und in der Landwirtschaft – ein Minus von 13 Prozent. Dort haben wir – Abfallwirtschaft, Landwirtschaft und auch bei den fluorierten Gasen – unsere Ziele bereits erreicht. Bei der Raumwärme und beim Klein­verbrauch ebenfalls minus 23 Prozent – noch nicht erreicht, aber die Tendenz ist rich­tig.

Das heißt, hier müssen wir sicher noch einiges tun. Das kann der Umweltminister nicht alleine machen, das steht außer Frage. Da sind alle Ressorts und vor allem auch die Bundesländer gefragt, und dann kann das Ziel erreicht werden.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ing. Bock.

 


Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister, meine Frage geht in die gleiche Richtung: Wie laufen die Vorbereitungen in der Hinsicht, dass ab 2013 Treibhausgas reduzierende Maßnahmen vor allem im Inland gesetzt werden?

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Minister, bitte.

 



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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Diese Maßnahmen müssen sicher in einer natio­nalen Kraftanstrengung erfolgen, Herr Bundesrat. Der Umweltminister ist wohl zustän­dig für diesen Bereich, aber, wie bereits erwähnt, im Bereich des Verkehrs endet die Kompetenz des Umweltministers.

Wir haben im Lebensministerium das Programm „klima: aktiv mobil“ laufen, in des­sen Rahmen wir versuchen, über Bewusstseinsbildung die Bevölkerung dazu zu ani­mieren, mehr Rad zu fahren und auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Wir ma­chen sehr viele Projekte mit Gemeinden und Städten und auch mit privaten Unterneh­men im Bereich des Mobilitätsmanagements, wo es darum geht, den Fuhrpark umzu­stellen. Wir haben sehr viele großartige Beispiele von Städten, Gemeinden, aber auch von Unternehmen – zum Beispiel in Betrieben in Vorarlberg habe ich das gesehen –, wo es sehr viel Berufsverkehr mit Fahrrädern gibt, wo die Betriebe dann auch Dusch­anlagen einrichten, damit die Menschen dann auch komfortabel ihre Arbeit verrichten können.

Die Klimaschutzmaßnahmen müssen sicher verstärkt werden. Den Verkehr im großen Ausmaß einzuschränken, das wird meiner Meinung nach nicht möglich sein. Was ich aber für sinnvoll erachte, ist, dass wir im Bereich der Antriebstechnik Änderungen vor­nehmen, also Motoren verbessern. Hier müssen wir Anstrengungen unternehmen.

Weil Sie in die Zukunft gefragt haben: Im Bereich der Forschung ist Elektromobilität ein großes Thema, dass man zum Beispiel Elektroautos, Elektrofahrzeuge implementiert. Wir haben große Flottenversuche laufen. So haben wir etwa in Vorarlberg ein Pilot­projekt, aber auch in anderen Regionen haben wir Projekte in Vorbereitung. Hier möch­te ich auch die Beimischung von Biofuels, von Biotreibstoffen zu den Treibstoffen er­wähnen, um diese umweltfreundlicher zu machen.

Für den Bereich der Raumwärme stehen, wie Sie wissen, mehr Finanzmittel bei den Bundesländern zur Verfügung, nämlich im Bereich der Wohnbauförderung. Hier haben wir eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern getroffen, um bei der thermi­schen Sanierung Standards zu haben, die in allen Bundesländern gleich sind, mit dem Ziel, Wohnraum zu sanieren. Da gibt es ein Riesenpotential. Auch viele andere Dinge werden gemacht, vor allem Bewusstseinsbildung, um die Treibhausgasziele zu errei­chen.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! In diesem Bereich hat ja der Umweltminister eine etwas problematische Stellung, denn er ist auf der einen Seite verantwortlich für die Immissio­nen, hat aber auf der anderen Seite relativ wenig Möglichkeiten, Maßnahmen zu tref­fen. Das geschieht in den anderen Ressorts.

Herr Minister, Sie reden in letzter Zeit sogar schon von Energieautarkie, aber wir wer­den jetzt schon die Klimaschutzziele nicht erreichen. Es geht im Prinzip schon um die Aufteilung der Forderungen beziehungsweise der Überzahlungen.

Meine Frage: Was ist mit dem Klimaschutzgesetz, das schon vor Jahren in Aussicht gestellt worden ist, wo es auch um die Aufteilung der Strafzahlungen wird gehen müs­sen?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Frau Bundesrätin, es ist richtig, ich halte die Ener­gieautarkie in Österreich für eine nicht nur faszinierende Vision, sondern auch für eine


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notwendige Maßnahme. Es kann nicht sein, dass in Österreich alle paar Jahre, wenn beispielsweise Russland und die Ukraine einen Gaskonflikt haben, nachgedacht wird, wie die Menschen und die Wirtschaft zu einer Energieversorgung kommen. Das darf nicht sein. Wir müssen verhindern, dass immer mehr Staaten in der Welt, die über Energieressourcen verfügen, Energie als politisches Druckmittel verwenden.

Ich will, dass wir aus dieser Abhängigkeit herauskommen, und daher halte ich es für richtig, vermehrt auf erneuerbare Energieträger zu setzen – unabhängig von der Errei­chung der CO2-Ziele. Aber das geht ja in Wahrheit Hand in Hand.

Wir haben das Ziel, 34 Prozent an erneuerbarer Energie bis 2020 zu erreichen. Wir ar­beiten derzeit aktuell an der Energiestrategie für Österreich, wie das dann umgesetzt werden soll. Dort sind riesige Potentiale vorhanden. Weltweit werden Anstrengungen unternommen, um diese Dinge zu erreichen.

Eine Anmerkung in diesem Zusammenhang, der Vollständigkeit halber: Es ist sehr un­erfreulich, was momentan bei den ÖBB passiert, indem die jahrelangen Anstrengun­gen, den Güterverkehr auf die Schiene zu bekommen – bei all den Schwierigkeiten, die es dabei gab –, umgedreht werden und gesagt wird: Wir verlagern das jetzt auf die Straße!

Nach den Berechnungen bedeutet das, dass 14 000 Lkws mehr auf der Straße fahren werden. Dann können wir – mit Verlaub – die Klimaschutzziele vergessen, denn im Ge­gensatz zur Bahn emittiert ein Lkw fünfzehn Mal mehr CO2. Dann brauchen wir über die Erreichung der Kyoto-Ziele gar nicht zu debattieren, wenn 14 000 Lkws mehr auf der Straße fahren. Das ist völlig absurd! (Bundesrätin Kerschbaum: Das ist nicht der einzige Grund!)

Nein! Aber unsere Vorgangsweise wird völlig konterkariert. Wir haben mit den ÖBB bis­her einen Konsens gehabt – es ist für die ÖBB sicher schwer, das wissen wir –, dass sie den Güterverkehr auf die Schiene verlagern, aber wenn jetzt 14 000 Lkws sozusa­gen retour kommen und ungleich mehr an CO2 im Bereich Verkehr emittiert wird – wo wir in diesem Bereich ohnedies eine Steigerung von 73 Prozent verzeichnet haben –, dann kann ich nur sagen: Das ist sehr ärgerlich! Kritik daran kommt ja schon von ver­schiedener Seite, und zwar nicht deshalb, weil man auf die ÖBB losgeht, sondern des­wegen, weil das umweltpolitisch eine völlig falsche Entscheidung ist. Die Signalwirkung ist fatal.

Nun zum Klimaschutzgesetz. – Es stehen immer die Strafzahlungen im Raum, aber das geht am Thema vorbei. Es geht nicht um Strafzahlungen, sondern der Sinn des Klimaschutzgesetzes ist ein anderer. Wir kennen den Reflex: Aha, Strafzahlungen, also machen wir beim Klimaschutzgesetz nicht mit!, aber das ist nicht der Punkt! Son­dern: Wir haben in Österreich, wie Sie ja erwähnt haben, unterschiedliche Kompeten­zen auf Bundesebene – in den Bereichen Verkehr, Industrie, Wirtschaft und Umwelt­schutz – und auch auf Länderebene – in den Bereichen Raumwärme und auch Ver­kehr. Das ist verfassungsmäßig geregelt. Es geht nun darum – und da sind wir jetzt mittendrin in der Diskussion mit den Bundesländern –, ein Klimaschutzgesetz zu schaf­fen, das Rechte und Pflichten verteilt.

 


Es kann nur in einer nationalen Kraftanstrengung gelingen, die Klimaschutzziele zu er­reichen. Die Bundesländer sind prinzipiell dazu bereit. Wir haben zwar den Durchbruch noch nicht erreicht, aber mein klares Ziel ist es, dass wir ein derartiges Gesetz haben – nicht, um dann zu sagen: Am Schluss bezahlt jemand die Zeche!, sondern um gemein­sam eine Welle zu machen, denn viele andere Staaten machen mehr im Klimaschutz­bereich als wir.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 22

Präsident Erwin Preiner: Ich heiße sehr herzlich unsere jungen Gäste hier im Saale willkommen!

Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, und ich ersuche die Anfragestellerin, Frau Bundes­rätin Mosbacher, um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Minister, meine ursprüngliche Frage lautet:

1696/M-BR/2009

„Wie versuchen Sie, die Kyoto-Ziele bis 2012 zu erreichen?“

Wie Sie die Kyoto-Ziele bis 2012 erreichen wollen, haben Sie aber schon ausführlich erläutert. Sie haben auch zur Frage der Strafzahlungen schon einiges hier gesagt. Da­zu habe ich aber noch eine Zusatzfrage:

In welcher Höhe rechnen Sie, falls Österreich die Kyoto-Ziele nicht erreicht, mit Straf­zahlungen?

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, die Strafzahlungen geistern immer wieder im Raum herum. Es ist nicht von Strafzahlungen die Rede – nicht deshalb, weil ich mir das wünsche, sondern deswegen, weil es so ist –, sondern es geht ganz einfach um Folgendes: Wenn man die Ziele nicht erreicht, dann muss Ös­terreich seine Ziele insofern einhalten, als wir Zertifikate kaufen und zeichnen müssen.

Deswegen arbeiten wir beim JI/CDM-Programm mit, um zum Beispiel in Entwicklungs­ländern Klimaschutzprojekte zu unterstützen, die teilweise auch von österreichischen Firmen und mit österreichischem Know-how betrieben werden, wodurch wir dann Emissionsrechte dazubekommen und unsere Bilanz verbessern. Das ist ein weltweites Programm, das sehr erfolgreich ist.

Also es geht darum, dass wir wirklich alle Anstrengungen unternehmen, um die Klima­schutzziele zu erreichen. Ich halte das noch für möglich, wenn alle mittun: der Verkehr, die Industrie, die Länder, die Gemeinden, die Städte. Im Bereich der Städte und Ge­meinden zum Beispiel ist sehr viel Bereitschaft vorhanden, das muss ich anerkennend sagen. Wie gesagt, es ist notwendig, dass da wirklich alle mittun.

Unser Ziel ist es auf jeden Fall, dass wir keine Nachzahlungen leisten müssen, keine Zertifikate nachkaufen müssen.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Im Konjunkturpaket II der Bundesregierung sind für den Bereich der ther­mischen Sanierung 100 Millionen € vorgesehen, die so der Konjunkturbelebung und dem Klimaschutz dienen sollen.

Meine Frage: Wie sind die ersten Erfahrungen und Erfolge damit?

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, der im Rahmen des von Ihnen erwähnten Konjunkturpakets zur thermischen Sanierung beschlossene Mit­teleinsatz in der Höhe von 100 Millionen € ist – das kann man ohne Übertreibung sa­gen – eine der erfolgreichsten Maßnahmen, die diese Bundesregierung initiiert hat.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 23

Dieses Projekt ist befristet mit eineinhalb Jahren, es läuft bis Ende 2010, weil wir den Menschen genügend Zeit geben wollen, Projekte einzureichen.

Im Bereich der privaten Haushalte, wo wir in etwa 50 Millionen vorgesehen haben – für Betriebe sind es ebenfalls 50 Millionen –, waren innerhalb von eineinhalb Monaten knapp 15 000 Anträge da, also ein enormes Potential, und zwar nicht nur Absichts­erklärungen, sondern auch reale Investitionswünsche, sodass diese Mittel relativ bald ausgeschöpft waren. Im betrieblichen Bereich sind es zirka 1 000 Projekte. Um nun den privaten Bereich abdecken zu können, haben wir jetzt die gesamte Summe von 100 Millionen auf die vorhandenen 15 000 privaten und die etwas mehr als 1 000 be­trieblichen Anträge aufgeteilt, sodass wir jetzt genug Investitionen haben.

Dass dieses Programm greift, hört man aus vielen Diskussionen, wo zum Teil die Leu­te, die investieren wollen, sogar sagen: Es ist schwer, jetzt einen Professionisten zu bekommen, weil die Betriebe ausgelastet sind. Erfreulicherweise, muss ich sagen, denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Impulse zu setzen, ist absolut notwendig.

Wir erwarten uns durch den Einsatz dieser 100 Millionen € Investitionen von in etwa 650 Millionen €. Vor Kurzem habe ich eine Studie gelesen, die sogar von 800 Millio­nen € ausgeht. Ich will da jetzt nicht sozusagen einer Preistreiberei das Wort reden. Fest steht: Diese Projekte werden jetzt umgesetzt, die Leute investieren und es wird gebaut. Wir werden dann sicher das Programm bewerten und untersuchen, welchen Effekt es hatte.

Wir gehen davon aus, dass wir damit in etwa 6 000 bis 7 000 Arbeitsplätze generieren können. Nach der Bewertung des Programms können wir dann die genauen Zahlen präsentieren.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zur 6. Anfrage, und ich ersuche den Anfra­gesteller, Herrn Bundesrat Ertl, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Minister, meine Frage lautet:

1691/M-BR/2009

„Was haben Sie unternommen, damit die vom Rechnungshof kritisierten intransparen­ten und unübersichtlichen Liegenschaftstransaktionen der Österreichischen Bundes­forste durch diese transparenter, übersichtlicher, nach Perioden abgegrenzt und für Dritte nachvollziehbarer dokumentiert werden?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, alle genehmigten Lie­genschaftstransaktionen – da geht es um Ankauf und Verkauf, auch um Grundstücks­tausch und um Einräumung von Dienstbarkeiten – werden seit Mai 2009 in einer Zu­satzentwicklung der bundesforstlichen Immobiliensoftware erfasst und bearbeitet – al­so da gibt es eine lückenlose Erfassung und Bearbeitung –, und ab Oktober 2009, also ab jetzt, kommt zusätzlich ein elektronischer Akt dazu, in dem alle Verwertungs- und Genehmigungsschritte nach Perioden abgegrenzt dokumentiert werden.

 


Präsident Erwin Preiner: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Laut Rech­nungshofbericht können das genaue Ausmaß und der Umfang der Liegenschaftstrans­aktionen nicht genau eruiert werden.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 24

Wie können Sie sich, Herr Bundesminister, diese unglaublichen Zustände erklären, da Sie als Eigentümervertreter die Aufsichtsräte der Österreichischen Bundesforste ent­senden?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, wie Sie wissen, be­zieht sich der Rechnungshofbericht auf die Zeit vor meiner Amtsperiode. Das soll keine Kindesweglegung sein, sondern ich möchte damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass in der Zwischenzeit sehr wohl Maßnahmen gesetzt wurden, um das zu erfassen.

Damit hier nicht falsche Gerüchte im Raum stehen bleiben – Sie haben es nicht be­hauptet, aber man könnte es missverstehen –: Natürlich sind die Liegenschaften er­fasst. Das, was genau erfasst wurde, waren Gebäude. Bei dem, was noch nicht erfasst war, handelt es sich im Wesentlichen um Jagdhütten. Aber im Sinne einer korrekten Darstellung muss ich sagen: Ach diese wurden mittlerweile erfasst. Die Österreichi­schen Bundesforste haben, wie bekannt, neben der forstlichen Nutzung auch viele jagdliche Nutzungen, viele Jagdreviere, und diese Gebäude sind jetzt auch erfasst.

Wie gesagt, durch die elektronische Aufarbeitung soll das jetzt ganz präzise erfolgen und sichergestellt werden.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ing. Einwall­ner.

 


Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Herr Bundesminister, Sie ha­ben jetzt hier ausgeführt, welche Maßnahmen Sie auf technischem Gebiet getroffen haben.

Werden noch weitere Maßnahmen im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung getroffen, um die Substanzerhaltung zu gewährleisten?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, laut Gesetz haben die Bundesforste die Pflicht zur Substanzerhaltung. Aber ich bin Ihnen dankbar für diese Ihre Frage, weil es gelegentlich in der öffentlichen Debatte so dargestellt wird, als ob es einen Ausverkauf von Liegenschaften der Österreichischen Bundesforste gäbe, um sozusagen Geld zu machen. Das passiert nicht!

Es ist so, dass die Bundesforste verpflichtet sind, wenn sie irgendwo Grundstücke ver­kaufen, dann anderswo welche zuzukaufen, also dafür zu sorgen, dass die Substanz erhalten wird. Da geht es vielfach um Abgrenzungen von Revieren und um den Kauf von Reviereinschlüssen, um eine bessere Jagdrevierbewirtschaftung zu gewährleisten, und um verschiedenste andere Dinge.

Mir ist es wichtig, das zu erwähnen, damit das öffentlich klar ist: Niemand hat ein Inter­esse daran – ich als Eigentümervertreter nicht und auch die Bundesregierung nicht –, die Bundesforste in der Substanz zu schmälern. Keine Frage!

Wichtig ist, dass der Einsatz der Software auch in einem Organisationshandbuch der Bundesforste zusätzlich geregelt ist – das ist sehr detailliert –, in dem die Mindestein­gaben dokumentiert sind. Es gibt auch zusätzliche Vorprüfungen und Genehmigungen durch die Stabsstellen – Immobilien, Wasser, Energie –, also viele Dinge, die sicher­stellen sollen, dass transparent und nachvollziehbar dokumentiert wird, wie Transaktio­nen über die Bühne gehen

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Preineder.

 



BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 25

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister, ich darf da anschließen: Wie hat sich das Unternehmen Bundesforste AG im Immobilienbereich seit seiner Ausgliederung entwickelt?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Seit der Ausgliede­rung im Jahr 1997 hat sich der Geschäftsbereich, der ursprünglich bei 13 Millionen € gelegen ist, jetzt auf zirka 32 Millionen € entwickelt, also mehr als verdoppelt. Seit 1997 bilanzieren die Bundesforste in allen Jahren positiv. Sie leisten einen Fruchtgenuss an die Republik und führen auch eine Dividende ab – so auch im heurigen Jahr.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es wird nicht nur an der Ausgliederung liegen, dass sich die Divi­dende und der Leistungsumfang der Bundesforste dermaßen positiv entwickelt haben, was uns alle freut.

Aber nun zu meiner eigentlichen Fragestellung: Der Rechnungshof schlägt ein paar ganz konkrete Dinge vor, wie zum Beispiel die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips bei den Grundstückstransaktionen. Weiters schlägt der Rechnungshof die Erfassung aller Liegenschaften vor. Des Weiteren, dass der Aufsichtsrat das Beteiligungsmanagement evaluiert.

Sie haben jetzt hier eine ganze Reihe von Dingen „angeleiert“. Können Sie uns ein bisschen präziser sagen – die Vorschläge des Rechnungshofs waren ja auch sehr prä­zise –, was Sie von den Rechnungshofvorschlägen in Angriff genommen haben?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich präzisiere jetzt die Vorschläge des Rechnungshofes – und ich kann sagen: die hat eigentlich schon mein Vorgänger, Josef Pröll, umgesetzt –, und das ist eine lückenlose Grundstückserfas­sung. Die hat es immer schon gegeben. Es soll hier nämlich nicht der Eindruck ent­stehen, bei den Bundesforsten herrsche Chaos. Lediglich bestimmte Gebäude, vor­nehmlich Jagdhütten, waren noch nicht erfasst. Es gibt derer in großer Zahl. Ich will Ihnen jetzt hier keine falsche Zahl nennen, aber ich kann sagen: Das geht in die Hun­derte. Es gibt Hunderte von Jagdhütten in den Revieren. Diese sind jetzt alle auch er­fasst.

Vier-Augen-Prinzip: ja, aber bei Grundstückstransaktionen ist es so: Das Ganze geht über den Vorstand, über den Aufsichtsrat, über zusätzliche Kontrollorgane. Also es muss schon gewährleistet sein, dass alles eingehalten wird und nicht, wie gerne der Eindruck erweckt wird, im stillen Kämmerlein irgendwelche Grundstückstransaktionen gemacht werden.

Ich hoffe, ich habe damit Ihre Frage beantwortet. (Bundesrat Schennach: Ist das eva­luiert worden?) Ja, das ist evaluiert worden.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir kommen nun zur 7. Anfrage, und ich ersuche den Anfra­gesteller, Herrn Bundesrat Keuschnigg, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Bundesminister, der heurige Som­mer war gekennzeichnet durch eine große Zahl von teils katastrophalen Unwettern. Daher meine Frage:


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 26

1694/M-BR/2009

„Welche Maßnahmen setzt das Lebensministerium, um den Schutz vor Naturgefahren optimal sicherzustellen?“

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, es ist tatsächlich so, wie Sie es sagen. Ein Hochwasser macht noch keinen Klimawandel, ist noch kein Be­weis für einen Klimawandel, aber die Häufigkeit der extremen Wetterereignisse, eng hintereinander folgend, und das jetzt schon mehrere Jahre lang, ist Indiz, ja Beweis da­für, dass wir einen Klimawandel haben.

Ich sage das deswegen, weil es noch immer Skeptiker – und das weltweit, auch in Ös­terreich – gibt, die sagen: Das Ganze stimmt ja gar nicht, das hat es immer schon gegeben! – Ja, aber in dieser Häufigkeit nicht. Und wir haben es heuer wieder erlebt: Wenn innerhalb von zwei, drei Tagen ein Drittel des Jahresniederschlags fällt, dann kann keine Hochwasserschutzmaßnahme ein derartiges extremes Ereignis – ein 120-, ein 150-jährliches Hochwasser – zurückhalten.

Wenn der Boden so vom Regen gesättigt ist, dass er nichts mehr aufnehmen kann, fließt alles oberflächlich ab. Das war in Niederösterreich, in der Steiermark und auch im Burgenland das Problem. Ich war dort überall vor Ort, das war dort überall zu sehen.

Wir haben derzeit in ganz Österreich in etwa 1 200 Baustellen, wo wir Projekte – das liegt in meiner Zuständigkeit – im Bereich Wildbach- und Lawinenverbauung machen, aber auch Maßnahmen zum Hochwasserschutz setzen. Da geht es nicht nur um die Errichtung von Rückhaltebecken, sondern auch von Retentionsflächen. Das heißt, wo ein Fluss über die Ufer treten kann, werden kontrollierte Überschwemmungsgebiete er­richtet, bis hin zu Dämmen, linearen Maßnahmen und, und, und.

Sie wissen, dass Kollegin Bures in diesem Bereich zuständig ist für die Flüsse Donau, March, Thaya. Auch sie setzt im Rahmen dieser ihrer Zuständigkeit zahlreiche Maß­nahmen.

In der Vergangenheit, vor allem in den letzten Jahren, sind zirka 6 000 , 7 000 derartige Projekte in Österreich umgesetzt worden – also sehr viele, über die man nicht spricht, die aber viel Leid verhindert haben, auch bei den heurigen Hochwässern.

Jene Projekte, die noch nicht umgesetzt wurden, müssen natürlich intensiviert werden. Diese werden jetzt bewertet und nach Priorität gereiht. Diese Reihung nach Priorität eines Hochwasserschutzprojektes erfolgt auf Bundesländerebene.

 


Präsident Erwin Preiner: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Keuschnigg.

 


Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Bundesminister, meine Frage ist eigentlich in dieser Ihrer Beantwortung bereits implementiert, nämlich, ob man auf­grund der größeren Zahl der extremen Klimaereignisse, bedingt durch den Klimawan­del, besonders reagieren kann. Ich glaube, diese Frage ist bereits beantwortet.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Winterauer, bitte.

 


Bundesrat Reinhard Winterauer (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister, Sie haben nun eine Reihe von Maßnahmen angeführt, die der Verhinderung von Naturgefahren dienen.

Meine Frage geht eigentlich wieder in Richtung Österreichische Bundesforste. In mei­ner engeren Heimat haben, wie auch woanders, die Stürme „Kyrill“ und „Emma“ eini­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 27

gen Schaden, Waldschäden hinterlassen. In einem geologisch und ökologisch sehr sensiblen Gebiet wie dem Inneren Salzkammergut kommt ja dem Wald eine besondere Schutzfunktion zu, sprich: Bannwald, Schutzwälder. Die Wirtschaftswälder sind bei uns eher untergeordnet.

Die Wiederaufforstung ist hier ein Gebot der Stunde. Ich bin direkt betroffen. Meine Wassergenossenschaft hat hier eine Karstquelle, die beeinträchtigt ist. Da gibt es tat­sächlich bereits Probleme, weil die Filterwirkung durch den Wald nicht mehr gegeben ist. Und jetzt gibt es ein Projekt der Österreichischen Bundesforste, ein sehr ehrgeizi­ges, hinsichtlich Wiederaufforstung, das aber nach meinen Informationen gefährdet ist. Wie Sie vorher gerade angeführt haben, hat Finanzminister Pröll für dieses und nächs­tes Jahr jeweils eine Bonuszahlung von 20 Millionen € gefordert, was aus dem Cash Flow offensichtlich nicht bedeckt werden kann. Dadurch sind jetzt solche Maßnahmen unter Umständen gefährdet.

Meine Frage geht jetzt dahin: Werden Sie mit Finanzminister Pröll, mit Ihrem Partei­freund, reden, damit diese Bonuszahlungen entweder reduziert oder ausgesetzt wer­den, damit solche ökologisch sinnvollen Projekte nicht gefährdet werden?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, ich rede immer mit meinem Parteikollegen und Finanzminister Pröll, auch über die unangenehmen Dinge, wenn es ums Geld geht. Es ist ja so – das müssen wir ja gerade aktuell hören, wenn es auf der europäischen Ebene um die Neuverschuldung der Staatshaushalte geht –, dass es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr schwer ist, Budgets einzuhalten, es werden die Defizite größer und die Steuereinnahmen geringer.

Der Zusammenhang, den Sie herstellen, stimmt so nicht, dass deswegen, weil die Bundesforste einen Fruchtgenuss, der festgehalten ist, und jetzt eine Dividende ablie­fern müssen, ökologische Maßnahmen ins Hintertreffen kommen. Das ist nirgendwo festgehalten, und es ist ganz klar, dass die Bundesforste diese ökologischen Maßnah­men machen.

Ich war selbst im Raum Pinzgau, wo große Hochwasser waren. – Ich weiß nicht, aus welcher Gegend Sie kommen. (Bundesrat Winterauer: Inneres Salzkammergut!) Aha. – Dort wurden zum Beispiel gerade in Zusammenarbeit mit den Bundesforsten und den zuständigen Gemeindevertretern, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern große Hochwasserschutzmaßnahmen gemacht, auch was die Zurverfügungstellung von Flächen anlangt.

Die Wiederaufforstung hat ja an sich nicht nur im Schutz- und Bannwald, sondern prin­zipiell eine uralte Tradition in Österreich, nämlich im Sinne der nachhaltigen Forstbe­wirtschaftung. Das ist ja waldbaulich auch notwendig.

Im Übrigen ist die Nachhaltigkeit ein weltweites Thema, ein Thema im Zusammenhang mit dem Klimaschutz, erleben wir doch im nordamerikanischen und auch im südameri­kanischen Raum, dass Wälder abgeholzt werden und eben nicht mehr wieder aufge­forstet werden, aber rein aus ökonomischen Gründen. Wir machen das immer, und da haben die Bundesforste einen klaren Auftrag, diese Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Ich nehme an, auch in Ihrer Region. Seien Sie mir nicht böse, wenn ich das jetzt nicht direkt beantworten kann. Klarer Auftrag ist aber, diese Dinge zu machen. Das steht außer Streit und hat mit der Dividende nichts zu tun.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Ich glaube, wir sind uns ja alle einig, dass dem Klimaschutz Vorrang zu


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 28

geben ist, auch wenn manchmal die Schritte dahin unterschiedlich sein mögen. Neben umweltfreundlichen Energieformen wäre natürlich auch ein Punkt die thermische Sa­nierung. Da haben wir, glaube ich, ein weites Betätigungsfeld, was vor allem die ther­mische Sanierung privater Gebäude anbelangt. Experten meinen, das würde zwar zu­erst einmal eine ordentliche Stange Geld kosten, würde sich aber innerhalb kürzester Zeit mehr als amortisieren.

Daher die Frage: Werden Sie, und wenn ja, wann, Fördergelder zur Verfügung stellen, damit die thermische Sanierung privater Gebäude vorangetrieben werden kann?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, ich kenne diese öf­fentliche Diskussion: Wenn ihr in die thermische Sanierung so viel investiert, dann gibt es so viel Steuereinnahmen, und dann rechnet sich das alles! Das klingt alles sehr wundersam, und vielleicht ist es auch so, das will ich ja gar nicht leugnen.

Ich möchte auf das verweisen, was ich vorhin in der Anfragebeantwortung gesagt ha­be. Klar ist, dass jetzt diese Projekte, die die privaten Haushalte und Betriebe einge­reicht haben, umgesetzt werden. Derzeit wird gedämmt und saniert, solang es die Wit­terung erlaubt, teilweise auch innen. Und wir können jetzt noch nicht sagen, wie tatsächlich die Auswirkungen sein werden, auch was die Steuereinnahmen betrifft.

Das heißt, richtig ist, dass wir das bewerten, wenn die Aktion durchgeführt ist, und da­her jetzt keine voreiligen Schlüsse ziehen können. Ob das, was wir erwarten, tatsäch­lich so kommt – wir hoffen das –, wird die Bewertung ergeben.

Auf das, was aber in der Zwischenzeit notwendig ist, darauf möchte ich schon verwei­sen. Für die thermische Sanierung haben wir auf Bundesebene 100 Millionen € aufge­stellt. Bei der Wohnbauförderung geht es in Hunderte und Milliarden Euro, die auf der Bundesländerebene vorhanden sind. Es ist Faktum, dass der Wohnungsneubau, der Häuserneubau zurückgeht und dass daher die Bundesländer auch mehr Finanzmittel haben und diese auch in Richtung Sanierung umschichten. Das war ja die Intention der 15a-Vereinbarung, die mittlerweile alle Bundesländer ratifiziert haben, wo man sagt, ja, wir werden Wohnbaugelder verwenden im Sinne dessen, wie Sie es gesagt haben. Das ist ja unbestritten, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist, für den Klimaschutz und für die Wirtschaft, gerade für die mittelständische, viel bringt, mehr in die thermische Sanierung zu gehen.

Also die Bundesländer haben sich dazu verpflichtet, und ich gehe auch davon aus, dass sie das tun, weil ja auch in der Bevölkerung großes Interesse dafür vorhanden ist.

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nun zur 8. und letzten Anfrage, und ich er­suche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Sodl, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1697/M-BR/2009

„Wie sieht die österreichische Positionierung im Rahmen der EU in Bezug auf die Kli­maverhandlungen in Kopenhagen aus?“

 


Präsident Erwin Preiner: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Bundesrat, wir haben das vorhin schon diskutiert. Österreich ist völlig in der Linie mit den anderen EU-Mitgliedstaaten.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 29

Bei jedem Treffen der Umweltminister, so auch jetzt in einer Woche in Luxemburg, steht das ganz oben auf der Tagesordnung. Die Koordinierung der EU-Mitgliedstaaten, was Kopenhagen anbelangt, hat derzeit der schwedische Ratsvorsitz, der schwedische Umweltminister in Verbindung mit der dänischen Umweltministerin, die ja Gastgeberin bei der UNO-Klimakonferenz Mitte Dezember in Kopenhagen ist.

Das, was wir auch auf der europäischen Ebene machen, ist, dass wir, die europäi­schen Umweltminister – und da sind wir einer Meinung; das kommt ja nicht immer in Europa vor, aber in diesem Fall schon –, uns koordinieren, wenn wir bei anderen Staa­ten vorstellig werden. Deswegen war ich zum Beispiel auch im Mai in den USA, weil wir dort bei den zuständigen Behörden, Umweltbehörden aus europäischer Sicht da­rauf gedrängt haben, dass die USA Klimaschutzmaßnahmen setzen – was ja auch passiert. Aber Sie kennen die Anstrengungen Obamas mit seiner Waxman-Markey Bill, sozusagen dem Klimaschutzgesetz, das in den Institutionen in den USA hängt; ob es bis Kopenhagen überhaupt beschlossen wird, steht in den Sternen.

Aber dort sind wir ganz klar auf der Linie mit unserem Angebot für Kopenhagen, näm­lich bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren und auf 30 Prozent zu erhöhen, wenn an­dere Industriestaaten und vor allem die Entwicklungsländer auch etwas tun.

Natürlich ist dabei auch die Finanzarchitektur wichtig: Wer soll das alles bezahlen? Die Entwicklungsländer sagen, wir müssen auch beim Klimaschutz mittun, aber wir haben keine Finanzmittel, das zu machen. Daher haben sich die EU-Finanzminister darauf verständigt, dass es eine Finanzarchitektur geben muss.

Das ist alles insofern noch nicht konkret, als es natürlich nicht sinnvoll ist, wenn Euro­pa, die Europäische Union alle Verhandlungspositionen auf den Tisch legt, sozusagen alle Karten auf den Tisch legt, während die anderen Staaten – zum Beispiel hat der arabische Raum noch gar nichts gesagt – abwarten und bei den Verhandlungen dann aktiv werden. Das ist also schon Teil der Verhandlungsstrategie des gemeinsamen Europa zu sagen, wir haben zwar unsere Positionen, wollen dann aber in den Ver­handlungen offen in einem sehr dynamischen Prozess verhandeln, denn wir erwarten von den anderen Staaten der Welt, dass sie ebenfalls Angebote machen.

 


Präsident Erwin Preiner: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Meine Zusatzfrage lautet: Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Kritik des Rechnungshofes an der Umsetzung der Klimastrategie?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte sehr, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Die Klimastrategie der Bundesregierung, die seiner­zeit beschlossen wurde, wurde ja von den Bundesländern nicht akzeptiert. Das ist ja auch ein Teil des Problems bei den Klimaschutzverhandlungen. Das ist bedauerlich, denn die Klimaschutzstrategie hat ja festgelegt, wo wir die Probleme haben – das sind ja objektiv nachprüfbare Zahlen –, auch die Zuständigkeiten – Verkehr, Industrie, Raum­wärme und so weiter.

Richtig ist, dass die Klimaschutzstrategie ein Teil des Lösungskonzeptes ist, eine Ba­sis, auf der wir arbeiten. Unbenommen davon müssen die Maßnahmen sowieso grei­fen, die wir vorhin auch besprochen haben, zum Beispiel im Bereich der thermischen Sanierung, was Wirtschaftseffekte, Arbeitsplätze und Klimaschutz bringt – ich gehe da­von aus und dränge auch darauf, dass die Bundesländer hier ihre Anstrengungen in­tensivieren –, weiters im Bereich des Verkehrs, wo es um verkehrsreduzierende Maß­nahmen geht, um Treibstoffbeimischungen, um Weiterentwicklungen in der Motorenin­dustrie, die Umstellung auf zum Beispiel Elektrofahrzeuge.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 30

Deswegen habe ich auch eine Radfahren-Kampagne in Österreich gemacht, um Be­wusstsein zu bilden, dass zum Beispiel 50 Prozent der Pkw-Fahrten kürzer als 5 Kilo­meter sind. Noch dazu verursacht der kalte Motor viel stärkere Treibhausgasemis­sionen. Es geht darum, einfach Bewusstsein zu bilden. Wahrscheinlich sind Sie wie ich, die meisten hier, im ländlichen Raum zu Fuß in die Schule gegangen. Heutzutage werden auch im ländlichen Raum die Kinder mit dem Auto in den Kindergarten und in die Schule geführt. Ich kritisiere das nicht, ich stelle nur fest.

Die Sache ist die, Bewusstsein zu bilden und zu sagen: Steigt um auf das Rad! – Ich kann niemanden dazu nötigen und will das auch nicht. Es geht mir darum, die Auto­fahrten zu reduzieren. Das sind ja nicht Kapricen eines Umweltministers, sondern auch wissenschaftlich erfasste Meinungen. Das war der Sinn dieser Radfahren-Kampagne und vieler anderer Dinge.

Deswegen tut mir aus umweltpolitischer Sicht die Aktion der ÖBB so weh, bei allem Verständnis für Strukturmaßnahmen, die gemacht werden müssen. Diese Verkehrung, nicht die Schiene für den Güterverkehr attraktiver zu machen, sondern auf die Straße zurückzuverlagern, ist schon eine umweltpolitische Niederlage. Ich hoffe, dass die ÖBB da umdenken und das nicht tun, gerade auch im Sinne des Klimaschutzes, damit wir eben die Ziele unserer Klimaschutzstrategie und die Umweltschutzziele erreichen.

 


Präsident Erwin Preiner: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Köberl.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Bundesminister, wir haben jetzt einiges über Klimaschutzstrategien gehört. Meine Frage: Wie steht es ak­tuell um das geplante Klimaschutzgesetz?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Die Initiative des Klimaschutzgesetzes geht ja schon auf meinen Vorgänger zurück. Der ist damals auch an den Widerständen der Bundes­länder – vorläufig – gescheitert. Gelebter Föderalismus; ich sage das hier in der Län­derkammer bewusst. (Heiterkeit.)

Ich denke, das ist überhaupt keine parteipolitische Frage, der Klimaschutz ist in Wahr­heit eine Überlebensfrage – ohne zu dramatisieren, es hat ja niemand etwas davon. Es geht um die Sicherung der Lebensqualität jetziger und vor allem kommender Genera­tionen. Da geht es nicht um eine Partei oder um den Bund oder die Länder. Ich sage Ihnen schon, in der Umweltreferentenkonferenz, die wir in Salzburg vor dem Sommer gehabt haben, haben mich teilweise die Diskussionen gewundert, wo Ländervertreter – nicht alle, aber manche – gesagt haben, der Bund soll sich um den Klimaschutz küm­mern. Das ist phantasielos und auch falsch.

Denn: Aufgrund der Verfassung haben wir Zuständigkeiten und haben auch die Länder Kompetenzen, vor allem, weil es darum geht, Umsetzungsmaßnahmen zu machen. Es ist nicht meine Intention, beim Klimaschutzgesetz zu sagen, wir schieben die Verant­wortung des Bundes auf die Bundesländer ab. Das wäre völlig verkehrt. Das tun wir auch nicht. Aber es geht darum, dass wir sagen, wir arbeiten gemeinsam an Konzep­ten, dass zum Beispiel im Bereich des Verkehrs, etwa im Bereich des öffentlichen Ver­kehrs, die Bundesstellen und auch die betroffenen Landesstellen zusammen Verkehrs­konzepte entwickeln. Oder hinsichtlich der Attraktivierung des Radwegenetzes und, und, und. Da gibt es ja ein Bündel von Maßnahmen – Kataloge, die alle fertig sind. Die Maßnahmen liegen alle auf dem Tisch.

Beim Klimaschutzgesetz – um auf Ihre Frage zurückzukommen – verhandeln wir der­zeit mit den Bundesländern im Rahmen des Kyoto-Forums, das eingerichtet wurde, um eine Plattform zu haben, damit wir ein gemeinsames Bundes-Klimaschutzgesetz errei­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 31

chen. Natürlich ist es mein Ziel, dass die Bundesländer mit dabei sind, aber ohne je­mandem den Schwarzen Peter zuzuschieben, sondern es geht ja auch um die Symbo­lik, um klarzumachen, wir wollen gemeinsam eine Kraftanstrengung machen. Ich hof­fe, dass die Bundesländer letztendlich dann doch mitmachen. Ich setze auch auf Ihre Unterstützung als Bundesräte in den jeweiligen Ländern – das gilt für alle Parteienver­treter –, damit wir ein derartiges Klimaschutzgesetz bekommen.

 


Präsident Erwin Preiner: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ein Zitat aus den Schlussfolgerungen des Europäi­schen Rates aus dem März:

„Der Europäische Rat erinnert ... daran, dass die einheimischen Energieressourcen, das heißt erneuerbare Energiequellen, fossile Brennstoffe und ... die Kernenergie, opti­mal genutzt werden müssen.“

Die Frage: Wie beurteilen Sie die Zustimmung des Bundeskanzlers im Europäischen Rat vom 19. und 20. März 2009 zu einer Formulierung zum Thema Klimawandel, dass erneuerbare Energie ebenso optimal genutzt werden müsse wie die Kernenergie und damit de facto eine Gleichstellung erfolgt?

 


Präsident Erwin Preiner: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Na ja, es ist jetzt nicht meine Position, den Herrn Bundeskanzler zu interpretieren. Es ist Faktum, dass viele europäische Staaten oder die meisten verstärkt auf Kernenergie setzen. Italien zum Beispiel ist bislang kernener­giefrei, überlegt aber, wieder einzusteigen. Also es ist ein Trend in diese Richtung da.

Wir müssen ja bei den Tatsachen bleiben, nämlich dass der Energieverbrauch steigt, und zwar überall, und dass viele überlegen, wie sie den gesteigerten Energiebedarf ab­decken können.

Ich versuche zu erklären, ich heiße das ja nicht gut, aber wir sind zweifellos in Öster­reich in der günstigeren Position, Wasserkraftressourcen zu haben, im Gegensatz zu vielen anderen Staaten. Das muss man schon sehen. Und daher tun wir uns da leich­ter.

Das, worum wir uns bemühen: Österreich ist zum Beispiel mit der Slowakei – wenn Sie sich an den Jahresanfang erinnern, als die Slowakei Bohunice hochfahren wollte, was dann Gott sei Dank nicht passiert ist; aber auch aus der Notsituation des Gasstreits zwischen Russland und Ukraine heraus – eine Energiepartnerschaft eingegangen. Wir waren mit österreichischen Firmen in Bratislava, um denen unsere österreichische Um­welttechnologie, Green Jobs zu präsentieren und Antworten zu liefern, wie sie zum Beispiel ihren Energiebedarf decken können, um ihnen zu helfen, nicht stärker in die Atomkraft einsteigen zu müssen. Wir bemühen uns hier. Klar ist, dass auf europäischer Ebene viele auf die Kernenergie setzen.

 


Präsident Erwin Preiner: Mit der Beantwortung der letzten Zusatzfrage ist die Frage­stunde nun beendet. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Danke schön! – Allge­meiner Beifall.)

10.16.08Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Erwin Preiner: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2502/AB bis 2513/AB und der Mitteilungen des Ministerrats­dienstes des Bundeskanzleramtes betreffend


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 32

den Aufenthalt der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures vom 29. September bis 9. Oktober 2009 außerhalb des EU-Raumes und Betrau­ung des Bundesministers für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos mit ihrer Ver­tretung

beziehungsweise

den Aufenthalt des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenhei­ten Dr. Michael Spindelegger am 8. und 9. Oktober 2009 in Albanien und Kosovo und Betrauung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich mit seiner Vertretung

und

den Aufenthalt der Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter vom 8. bis 11. Okto­ber 2009 in Italien beziehungsweise der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied vom 7. bis 9. Oktober 2009 in Paris

sowie jener Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG über die Aufnahme von Verhandlungen

betreffend Änderung von Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Königreich Schwe­den, mit Irland, Neuseeland, der Hellenischen Republik, der Portugiesischen Republik sowie der Republik Polen

beziehungsweise

zum Abschluss von Abkommen über den Auskunftsverkehr in Steuersachen mit Gibral­tar und dem Fürstentum Andorra

und

über ein Abkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 5)

*****

Schreiben des Bundesministers für Finanzen und des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Josef Pröll

Finanzminister                                                                                 Bundesministerium für Finanzen

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                             Wien, am 10. September 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2189-IV/4/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 30. Sitzung des Ministerrates am 8. September 2009 Verhandlungen mit dem Königreich Schweden zum Abschluss eines Protokolls zur Ab­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 33

änderung des am 14. Mai 1959 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 39/1960 idgF, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpas­sung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaus­tauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Der Generalsekretär

für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament, Dr. Karl Renner Ring 1-3                                                             14. September 2009

1017 Wien                                                                           GZ: BMeiA-RS.8.33.02/0002-I.2a/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 8. Sep­tember 2009 (Pkt. 10 des Beschl.Prot. Nr. 30) der Herr Bundespräsident am 8. Sep­tember 2009 die Entschließung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehest möglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage

BUNDESMINISTERIUM FÜR

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-RS.5.26.42/0002-V.1/2009

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über wissen­schaftlich-technische Zusammenarbeit; Verhandlungen

Vortrag

an den

Ministerrat

Am 10. Juni 2009 hat Bundesminister Dr. Johannes Hahn im Rahmen eines Arbeits­besuchs in Belgrad bilaterale Gespräche mit dem serbischen stv. Premier Minister und Wissenschaftsminister Bozidar Djelic geführt. Dieser hat großes Interesse an einer ver­tieften Zusammenarbeit gezeigt, wobei ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Republik Serbien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit als


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 34

Basis für die bilaterale Kooperation dienen und durch die Abhaltung eines Science Days sowie multilaterale Kooperationen bei EU-Projekten ergänzt werden soll.

Im Rahmen des Abkommens sollen Mobilitätskosten gemeinsamer Forschungskoope­rationen und Veranstaltungen auf wissenschaftlich-technischem Gebiet durch die bei­den Vertragsparteien auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und unter Berücksichti­gung nationaler Prioritäten finanziert werden. Dadurch soll neben dem primären Ziel des Abkommens, die bilateralen Beziehungen im Wissenschafts- und Forschungsbe­reich zu fördern, insbesondere die gemeinsame Teilnahme an europäischen und ande­ren internationalen Forschungsprogrammen stimuliert und ausgebaut werden.

Die Bundesregierung hat den Bericht von Bundesminister Dr. Johannes Hahn mit Be­schluss vom 25. Juni 2009 zur Kenntnis genommen (sh. Pkt. 16 des Beschl. Prot. Nr. 25).

Für die Verhandlung des Abkommens wird nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:

Gesandter Dr. Hans Martin Windisch-Grätz                                         Bundesministerium für

Delegationsleiter                                                                                                             europäische und

                                                                                                                                                     internationale

                                                                                                                                               Angelegenheiten

Ministerialrätin Mag. Christine Buzeczki                                                  Bundesministerium für

Wissenschaft und

Forschung

Mag. Gisela Zieger                                                                                           Bundesministerium für

Wissenschaft und

Forschung

Das geplante Abkommen wird gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter haben und daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 B-VG bedür­fen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnah­me der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung stelle ich den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angeführten Zusammensetzung zu Ver­handlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zu ermächtigen.

Wien, am 2. September 2009

SPINDELEGGER m.p.

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 35

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                             Wien, am 21. September 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2190-IV/4/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 31. Sitzung des Ministerrates am 15. September 2009 Verhandlungen mit Irland zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 24. Mai 1966 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 19. Juni 1987 unterzeichneten Protokolls, BGBl. Nr. 66/1968 idF 12/1989, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpas­sung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaus­tauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                             Wien, am 21. September 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2187-IV/4/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 31. Sitzung des Ministerrates am 15. September 2009 Verhandlungen mit Neuseeland zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 21. September 2006 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 127/2007, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpas­sung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaus­tauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 36

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                             Wien, am 21. September 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2248-IV/4/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 31. Sitzung des Ministerrates am 15. September 2009 Verhandlungen mit Gibraltar zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsver­kehr in Steuersachen aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich ein Abschluss eines Abkommens gemäß dem neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaustauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                             Wien, am 21. September 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2224-IV/4/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 31. Sitzung des Ministerrates am 15. September 2009 Verhandlungen mit dem Fürstentum Andorra zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich ein Abschluss eines Abkommens gemäß dem neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaustauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                                     Wien, am 6. Oktober 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2240-IV/4/2009


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 37

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 33. Sitzung des Ministerrates am 29. September 2009 Verhandlungen mit der Hellenischen Republik zum Abschluss eines Protokolls zur Ab­änderung des am 18. Juli 2007 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 16/2009, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpas­sung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaus­tauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                                     Wien, am 6. Oktober 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2276-IV/4/2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 33. Sitzung des Ministerrates am 29. September 2009 Verhandlungen mit der Portugiesischen Republik zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 29. Dezember 1970 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen, BGBI. Nr. 1972/85, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpas­sung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaus­tauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Josef Pröll                                                                                                        BUNDESMINISTERIUM

Finanzminister                                                                                                                 FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Erwin Preiner

Parlament                                                                                                     Wien, am 6. Oktober 2009

1017 Wien                                                                                      GZ: BMF-010221/2259-IV/4/2009


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 38

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 33. Sitzung des Ministerrates am 29. September 2009 Verhandlungen mit der Republik Polen zum Abschluss eines Protokolls zur Abände­rung des am 13. Jänner 2004 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 12/2005 idgF, aufgenommen wurden.

Aufgrund der jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich der steuerlichen Trans­parenz und Amtshilfebereitschaft hat sich eine Revision des Abkommens zur Anpas­sung an den neuen OECD-Standard hinsichtlich des steuerlichen Informationsaus­tauschs von Bankauskünften als erforderlich herausgestellt.

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundes­regierung in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union:

BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                         Geschäftszahl: BKA 350.200/0160-I/4/09

An den                                                                                                  Abteilungsmail: mrd@bka.gv.at

Präsidenten des Bundesrates                                                Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

                                                                                                   Pers. eMail: ingeborg.heim@bka.gv.at

Parlament                                                                                                          Telefon: 01/531 15/2217

1017 Wien                                                                                                         Datum: 5. Oktober 2009

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundesminis­terin für Inneres Dr. Maria FEKTER innerhalb des Zeitraumes vom 8. bis 11. Oktober 2009 in Italien aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen

*****

BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                    Geschäftszahl: BKA 350.200/0163-I/4/2009

An den                                                                                                  Abteilungsmail: mrd@bka.gv.at

Präsidenten des Bundesrates                                                Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

                                                                                                  Pers. eMail: Ingeborg.heim@bka.gv.at

Parlament                                                                                                          Telefon: 01/531 15/2217

1017 Wien                                                                                                         Datum: 6. Oktober 2009

Sehr geehrter Herr Präsident!


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 39

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundesminis­terin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia SCHMIED innerhalb des Zeitraumes vom 7. bis 9. Oktober 2009 in Paris aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen

*****

 


Präsident Erwin Preiner: Eingelangt sind der Bericht über die Situation der österrei­chischen Land- und Forstwirtschaft (Grüner Bericht 2009) und der Bericht der Bundes­regierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2010 gemäß § 9 LWG 1992, die dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zur Vorbera­tung zugewiesen wurden.

Ich möchte an dieser Stelle Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich verabschie­den.

Ebenso ist der Außenpolitische Bericht 2008 eingelangt, der dem Ausschuss für aus­wärtige Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt ist auch der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH – Eisenbahn­regulierung 2008, der dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Des Weiteren ist der Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Ös­terreich 2008 (Lagebericht 2008) eingelangt, der dem Wirtschaftsausschuss zur Vorbe­ratung zugewiesen wurde.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüs­se des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heuti­gen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich gebe weiters bekannt, dass von den Bundesräten Preiner, Mag. Himmer, Mühl­werth, Mitterer, Schennach, Zangerl, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates der Selbständige Antrag 177/A-BR/2009 auf Abhal­tung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundes­rates zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“ eingebracht wurde.

Antrag gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR

 


Präsident Erwin Preiner: Des Weiteren wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsord­nung des Bundesrates beantragt, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorbe­ratung in Verhandlung zu nehmen.

Ich lasse daher über den Antrag der Bundesräte Preiner, Mag. Himmer, Mühlwerth, Mitterer, Schennach, Zangerl, Kolleginnen und Kollegen, den gegenständlichen An­trag 177/A-BR/2009 auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates ohne Vorberatung durch einen Aus­schuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen er­forderlich.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag der Bundesräte Preiner, Mag. Himmer, Mühlwerth, Mitterer, Schennach, Zangerl, Kollegin­nen und Kollegen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmen­


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einhelligkeit. Der Antrag, den Antrag 177/A-BR/2009 ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Ich werde daher die Tagesordnung um den Antrag 177/A-BR/2009 ergänzen und als Punkt 6 und somit letzten Tagesordnungspunkt in Verhandlung nehmen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Erwin Preiner: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichti­ge ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher wie verlautet vorgehen.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände beziehungsweise den Selb­ständigen Antrag 177/A-BR/2009 der Bundesräte Preiner, Mag. Himmer, Mühlwerth, Mitterer, Schennach, Zangerl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“ auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

10.21.221. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (746/A und 329 d.B. sowie 8175/BR d.B. und 8177/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (766/A und 338 d.B. sowie 8178/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich ersuche um die Berichte.

 


10.21.58

Berichterstatter Dr. Franz Eduard Kühnel: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass ich Sie durch die etwas abrupte Bewegung nicht aus dem Schlaf geweckt habe (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen) und werde zur Berichter­stattung schreiten.

Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 6. Oktober 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


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Ich komme zum zweiten Bericht. Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Fö­deralismus über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, liegt Ihnen auch in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 6. Oktober 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

 


Präsident Erwin Preiner: Ich danke für die beiden Berichte und halte fest, dass auf­grund der geltenden Geschäftsordnung des Bundesrates entsprechende Verlesungen und Informationen eben notwendig sind.

Ich begrüße Herrn Staatssekretär Dr. Ostermayer sehr herzlich in unserer Runde. (All­gemeiner Beifall.)

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Konecny. Ich erteile es ihm.

 


10.23.58

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass der Herr Präsident mir wegen einer einleitenden Abschweifung nicht gleich das Wort entzieht; das haben wir heute schon gesehen, ich verlasse mich auch darauf.

Herr Kollege Mitterer hat sich in einer Anfrage in der soeben zu Ende gegangenen Fra­gestunde mit der Frage von Atomkraftwerken beschäftigt. Ich möchte dem Haus in die­ser Sache über einen Erfolg berichten, an dem auch Herr Kollege Mitterer mitgewirkt hat und ebenso Herr Kollege Kühnel.

Wir haben im Europarat einen Bericht über die OECD behandelt, aus dem wir den Standpunkt der OECD – ich brauche nicht zu betonen, dass ich diesen Standpunkt für ziemlich schwachsinnig halte –, dass Atomkraftwerke die einzige keine Emissionen verursachende Energiequelle entsprechender Leistungskraft sind, die derzeit zur Ver­fügung steht, mit einem Abänderungsantrag, der auch meine Unterschrift getragen hat und den ich gemeinsam mit einem holländischen Kollegen ausgearbeitet habe, verblüf­fenderweise mit Mehrheit herausgebracht haben. Ich würde mir das auch vom Herrn Vizekanzler wünschen – in Anklang an Ihre Fragestellung. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

Das aber, wie gesagt, außerhalb dessen, wozu ich zu reden habe, und mit Dank an den Herrn Präsidenten, dass er diese Unziemlichkeit zugelassen hat.

Die beiden Punkte, die wir heute behandeln und die spiegelbildlich miteinander verbun­den sind – einerseits eine Verfassungsänderung, die gesetzliche Maßnahmen ermög­licht, und andererseits die spiegelbildliche Verankerung im Rechnungshofgesetz –, sind aus zwei Gründen bemerkenswert: erstens wegen des Inhalts und zweitens wegen der Genese.

Es ist im österreichischen Parlamentarismus – aber nicht nur im österreichischen Par­lamentarismus – nicht üblich, dass Vorlagen auf die Tagesordnung kommen, hinter de­nen langwierige, schwierige und letztlich erfolgreiche Verhandlungen von zwei Regie­rungs- und in diesem Fall auch zwei Oppositionsparteien stehen, die dieses Ergebnis gezeitigt haben – und ich habe bis jetzt nicht verstanden, warum es da keine Betei­ligung der dritten Oppositionspartei gegeben hat, die, als diese Vereinbarung abge­schlossen wurde, noch laut „Kuhhandel“ geschrien hat. Das hat dann irgendwie 14 Ta­ge lang gehalten, und bei einem weiteren Tagesordnungspunkt des heutigen Tages, zu dem ich nicht sprechen werde, waren dann die anderen diejenigen, die der FPÖ ihrer­seits einen Kuhhandel vorgeworfen haben.


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Ich halte das für keinen guten politischen Stil. Verhandlungen und Kompromiss gehö­ren zum parlamentarischen Grundgeschäft. Ein positives Verhandlungsergebnis ist kein Heiratsantrag zwischen zwei politischen Parteien, aber wenn die politische Arbeit Sinn machen soll, dann kann sie nicht nur daraus bestehen, dass es Mehrheiten gibt, sondern es gehört dazu, dass es zwischen den politischen Kräften eines Landes die Bereitschaft gibt, Fragen von nationalem und großem Interesse, in denen sich vielleicht nicht alle Parteien auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen können, gemeinsam zu behandeln und dann vielleicht zu einem Ergebnis zu kommen, das mehr als die Regie­rungsparteien zufriedenstellt.

Ich halte das für das Salz der Demokratie, für eines ihrer Zentralelemente und für et­was, das eigentlich öfter passieren sollte – ich sage das ganz ehrlich. Ich pflege in die­sen Fällen zu sagen: Zu der Tragik der Demokratie gehört, dass Regierungen dazu tendieren, Mehrheiten im Parlament zu haben. Ohne das wäre es viel spannender, wenn auch zugegebenermaßen viel anstrengender.

Nun, inhaltlich ist klar, dass hier eine Ausweitung der Prüfkompetenz besprochen, ver­handelt und vereinbart wurde, von der ein Teil heute hier nicht zur Beschlussfassung steht, weil er noch nicht abschließend diskutiert ist, weil da andere Partner einzubezie­hen sind, nämlich was die Prüfkompetenz gegenüber den Gemeinden betrifft. Das ist ein technisch und politisch problematisches Thema. Auf der einen Seite verstehe ich die Gemeinden, die sagen, es kann ja wohl nicht sein, dass, wenn der eine Prüfer fertig ist, der andere schon an die Tür des Rathauses klopft, weil er die Prüfung beginnen will. Es kann aber andererseits auch nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass manche dieser Prüfinstanzen in der Auswahl ihrer Zielobjekte, sagen wir, ein bisschen willkürlich und in der Qualität ihrer Prüfung und – was dazukommt – ihrer Beratung auch nicht gerade Weltspitze sind. – Es darf sich jeder aussuchen, wen ich damit ge­meint haben könnte.

In dem anderen Fall geht es um die Prüfkompetenz des Rechnungshofes gegenüber Unternehmen, die – und das ist jetzt die neue Formulierung – nicht mehrheitlich im öf­fentlichen Eigentum stehen, aber eben vom öffentlichen Eigentum beherrscht werden. Das ist eine auch anhand eines konkreten Anlassfalles, das stimmt schon, diskutierte notwendige Erweiterung der Prüfkompetenz, denn die Frage, wie hoch die Kapitalbe­teiligung ist, gibt über die realen Verhältnisse in vielen Fällen nur begrenzt Aufschluss.

Im Fall – sagen wir es eben – des Flughafens Wien ist naturgemäß die Beteiligung der Länder Wien und Niederösterreich eine Minderheitsbeteiligung, aber die unterneh­menspolitische Realität ist, dass diese beiden Großaktionäre das Geschehen, die Be­stellung von Funktionären, die Entscheidungen eindeutig dominieren, und insofern ist das nicht nur ein Anlassfall für die Forderungen, sondern durchaus auch ein gutes Bei­spiel dafür, was gemeint ist. Aber es beschränkt sich natürlich nicht darauf, es ist keine „Lex Skylink“, es ist eine notwendige und richtige Erweiterung der rechnungshofmäßi­gen Sorge für und Beaufsichtigung von österreichischen Geldern – Steuergeldern oder Unternehmensgeldern in diesen Fällen.

Das ist sicherlich als Fortschritt zu betrachten. Es hängt auch damit zusammen, dass wir in zunehmendem Maße in den letzten zwei Jahrzehnten eine wachsende Bedeu­tung und Kompetenz – nämlich inhaltliche Kompetenz, nicht gesetzliche Kompetenz – des Rechnungshofes beobachten können, dass heikle Bereiche der öffentlichen Ver­waltung und anderer Bereiche aufgegriffen werden. Man muss nicht immer der Mei­nung des Rechnungshofes sein, das ist keine Frage, auch diese Äußerungen stehen als letztlich politische Äußerungen in einer politischen, demokratischen Debatte, aber sie sind, sachgerecht aufgebaut, wertvolle Hinweise für das Handeln der Politik oder für das Handeln der geprüften Einrichtungen, Behörden und Unternehmen. (Vizepräsi­dent Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)


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Natürlich ist das keine ganz leichte Festlegung, und es mag schon sein, dass wir in Zu­kunft den einen oder anderen Fall haben werden, in dem wir verfassungsgerichtliche Entscheidungen brauchen werden, um die „Beherrschung“ zu definieren. Wenn auf­grund der finanziellen, rechtlichen und faktischen Gegebenheiten zwar klar sein sollte, dass eine Beherrschung durch Rechtsträger besteht, die selbst der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, so ist das eine gute Formulierung, aber sie schließt mög­liche weitere Diskussionen im Einzelfall nicht aus. Wir sind ein Rechtsstaat, und da habe ich volles Vertrauen darauf, dass es im Endergebnis in jedem Fall zu einer recht­lich soliden und befriedigenden Lösung kommen kann und kommen wird.

Ich freue mich, dass wir diese Regelung heute offensichtlich mit den Stimmen von vier politischen Parteien beschließen werden – ich lade Sie nochmals ein, Ihre Haltung zu überdenken, Kollegin und Kollege von der Freiheitlichen Partei, weil ich es einfach für falsch halte, aus Bestemm dabei zu bleiben; aber die Beschlussfassung ist keine Fra­ge –, und ich halte es, ich sage es noch einmal, inhaltlich und demokratiepolitisch für einen Schritt vorwärts.

Deshalb stimmen meine Fraktion und ich nicht nur zu, sondern wir tun das auch noch gerne. (Beifall bei SPÖ und ÖVP und der Bundesräte Schennach, Dönmez und Mit­terer sowie des Staatssekretärs Dr. Ostermayer.)

10.33


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


10.33.47

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße auch die Schülerinnen und Schüler bei uns im Saal. Herzlich willkommen bei uns im Bundesrat! Ich hoffe, ihr seid angetan von unseren Beratungen (Heiterkeit), was sich im Laufe des Vormittags weisen wird.

Die vorliegende Gesetzesänderung gibt dem Rechnungshof wesentlich mehr Möglich­keiten durch Ausweitung seiner Kontrollkompetenz. Das ist insgesamt begrüßenswert, andererseits darf man aber nicht erwarten, dass damit auch gleich alle Probleme in diesem Bereich gelöst sind. Es ist aber auch erfreulich, dass diese Materie eine so große Akzeptanz im Hohen Hause hat, ausgenommen natürlich, wie der Herr Profes­sor schon erwähnt hat, jene der freiheitliche Fraktion. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Die Frau Kollegin Mühlwerth wird sicher noch ein Loblied darauf singen. Frau Kollegin, wir freuen uns darauf – das muss ich in aller Deutlichkeit betonen!

Aber ich muss natürlich auch sagen, ich weise ganz entschieden den Terminus „Kuh­handel“ zurück, weil bei diesen Gesetzesmaterien wirklich nicht von einem Kuhhandel gesprochen werden kann, sondern von einer wesentlichen Verbesserung in diesem Bereich. Das möchte ich ganz klar betonen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth macht eine wegwerfende Handbewegung.)

Ein wesentlicher Punkt in diesem Bereich ist meiner Meinung nach die neue Bestim­mung der „tatsächlichen Beherrschung“, auch wenn es sich hier um einen noch unbe­stimmten Gesetzesbegriff handelt. Bisher wurde die Beherrschung durch die öffentliche Hand und damit eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes erst ab einer 50-pro­zentigen Beteiligung oder bei einer dieser gleichzuhaltenden Beherrschung angenom­men. Nun kommt zu dieser Beherrschung das Wort „tatsächlich“ hinzu – ein Wort mit großem Interpretationsspielraum. Dies sollte dann vorliegen, wenn aufgrund der finan­ziellen, rechtlichen und faktischen Gegebenheiten klar ist, dass der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Rechnungshofkontrolle unterliegenden Rechtsträgern die


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Unternehmung sozusagen dominiert. Wir freuen uns schon auf eine entsprechende Interpretation dieser „tatsächlichen Beherrschung“ durch den Verfassungsgerichtshof und dann damit verbunden auch auf eine entsprechende Rechtssicherheit.

Der zweite Punkt in diesem Paket ist für mich aber auch ein ganz wesentlicher, weil da sehr viel hineininterpretiert wurde und in den Medien und in der Berichterstattung auch von Geldgeschenken gesprochen wurde und davon, dass wir sozusagen den Banken das Geld nachgeworfen und die Realwirtschaft so vernachlässigt hätten. Mitnichten! Davon kann man überhaupt nicht sprechen, denn ich denke, es war auch im Sinne von uns allen – und da gab es auch einstimmige Beschlüsse aller Fraktionen –, dass wir dieses Bankenpaket umsetzen, um in dieser Finanzkrise sehr rasch reagieren zu kön­nen. Österreich hat in dieser Finanzkrise wirklich vorbildlich rasch reagiert. Wir haben damals mit dem Bankengesetz nicht nur rasch, sondern auch erfolgreich reagiert und den Finanzmarkt mit diesen Maßnahmen stabilisiert, um größere Schäden auf unse­rem Kapitalmarkt abwenden zu können.

Wir haben mit Haftungsübernahmen, mit Partizipationskapital von vielen Milliarden Euro diese Stabilisierung herbeigeführt. Es ist deshalb auch wichtig und richtig, dass diese Abwicklung nun auch einer Kontrolle durch den Rechnungshof unterzogen wird, weil wir hier auch eine Verpflichtung gegenüber dem Steuerzahler haben.

Der dritte Punkt, den Herr Professor Konecny auch schon angesprochen hat und der wirklich ein sensibler Bereich ist, an den wir entsprechend sensibel herangehen sollten, ist die Kontrolle der Gemeinden. Wir wehren uns nicht gegen die Kontrolle der Gemein­den, das ist falsch interpretiert, aber wir wollen auch nicht, dass da überbordend kon­trolliert wird, sozusagen ein Overkill im Bereich der Gemeinden, so wie es der Profes­sor angesprochen hat: Der eine Prüfer macht die Türe zu, und der nächste kommt schon herein.

Wir brauchen, sehr verehrte Damen und Herren, eine Neuordnung dieser Kontrollen. Unsere Bevölkerung – insbesondere die GemeindevertreterInnen und BürgermeisterIn­nen – soll in Zukunft wissen, wer die Prüfung der Gemeinden durchzuführen hat und wie sie vorzugehen haben. Keine Doppelgleisigkeiten, keine Mehrfachprüfungen, denn, wie gesagt, die Gemeinden sind geprüft genug! Der Gemeindebund und der Städte­bund sollen da mit eingebunden werden, damit wir zusammen mit dem Rechnungshof zu einem guten abgestuften System finden.

Wir haben in Österreich eine große Anzahl von Klein- und Kleinstgemeinden, und da frage ich mich schon allen Ernstes, ob Gemeinden mit 200, 300 oder noch weniger Einwohnern auch vom Bundesrechnungshof geprüft werden sollen. Die Gemeindekom­petenz liegt sowieso bei den Ländern, also da scheint es dann doch sinnvoller, die Landesrechnungshöfe mit einzubinden und zusammen mit den Prüfungsausschüssen in den Gemeinden und der Gemeindeaufsicht die Kontrolle durchzuführen, wobei ich dem Herrn Professor auch recht gebe: Kompetenz ist da wichtig, und die Vielfachprü­fung sagt noch nichts über die Prüfungsqualität aus. Das ist, glaube ich, entscheidend, was für eine Qualität wir in diesem Bereich zustande bringen.

Aus Vorarlberger Sicht lehnen wir ganz klar die Einziehung einer neuen oder zusätzli­chen bürokratischen Ebene ab, denn das würde nur zu zusätzlichen Aufwendungen in diesem Bereich führen. Es erscheint mir aber auch wesentlich, nicht nur zu prüfen, sondern damit auch klare Vorgaben zu verbinden, um Abläufe zu optimieren, damit die Steuermittel dann auch entsprechend effizient eingesetzt werden können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Schennach und Dönmez.)

10.39


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schenn­ach. – Bitte, Herr Kollege.

 



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10.39.41

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bundesregierung, die keine Zweidrittelmehrheit hat, fühlt sich so richtig wohl in der österreichischen Bundesverfassung (Heiterkeit), weil es ja dem Geist der Bundes­verfassung entspricht, dass sich eine Regierung mit der Opposition über Verfas­sungsmehrheiten zu unterhalten hat, mit dieser zu verhandeln hat, mit der Opposition in Gespräche, in einen gemeinsamen politischen Prozess kommen muss.

Das Jahr 1994 brachte einen demokratischen Frühling – im Jahr 1994, als die große Koalition keine Verfassungsmehrheit hatte, wurde unheimlich viel weitergebracht. – Jetzt sind wir wieder in einer Situation, in der eine Bundesregierung mit der Opposition verhandeln muss.

Alleine heute haben wir zwei solcher Materien, bezüglich derer die Verhandlungen un­terschiedlich ausgegangen sind, und in Kürze – nämlich bis zum 19. Dezember – wird der Herr Staatssekretär wieder eine solche Materie vorzulegen haben, und auch dafür, eine unabhängige Medienbehörde zu bekommen, wird er in Verhandlungen mit der Opposition treten müssen. Ich hoffe, er tut es frühzeitig, denn Mediengesetze sind sehr heikle Gesetze, aber eine unabhängige Medienbehörde ist ein wirklich tolles Ziel, das zum Beispiel wir immer im Visier hatten. (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Na sehr gut!)

Eine Fraktion stimmt heute dagegen: die freiheitliche Fraktion. (Bundesrätin Mühl­werth: Das ist falsch! Das ist falsch! – Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) – Frau Kollegin Mühlwerth, warten Sie einmal! Frau Kollegin Mühlwerth, nur eine Minute Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit! (Bundesrat Gruber: Noch ist nichts entschieden! Noch ist nichts entschieden!) Ich verstehe nicht, warum Sie sich nicht heute die Lorbeeren abholen, die wir beide einmal gepflanzt haben, nämlich im Dezember 2008: Im Dezem­ber 2008 haben wir hier eine gemeinsame Dringliche Anfrage (Bundesrätin Mühl­werth: Da haben wir aber mehr gewollt!) betreffend die Erweiterung der Zuständigkeit des Bundesrechnungshofes gestellt, und damals hat Herr Konecny gesagt: Das war eine interessante Auseinandersetzung, aber es ist, wie es ist.

Heute, Frau Kollegin Mühlwerth, könnten wir beide doch eigentlich froh sein, denn nun kommt genau jene Erweiterung der Zuständigkeit des Bundesrechnungshofes, was die Gemeinden betrifft, und das ist ja nicht wenig. Und wenn Kollege Mayer sagt, die Ge­meinden sind „übergeprüft“, dann kann ich als ein von Tirol nach Wien Ausgewan­derter nur sagen: Lassen wir einmal das Kalbl im Stall!, denn die Tatsachen, was die Prüfungen der Gemeinden betrifft, schauen anders aus, und das weißt du ganz genau: In den Gemeinden haben wir eine Gemeindeaufsicht, da prüft die rote Gemeindeauf­sicht die rote Gemeinde und die schwarze Gemeindeaufsicht die schwarze Gemeinde. (Bundesrat Gruber: Nicht überall! – Zwischenruf der Bundesrätin Ebner.) – Kommt, Freunde! Ich weiß, es sitzen viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier herin­nen, und alle sind da immer so schnell empört, aber Kontrolle ist doch nichts Schlech­tes, Kontrolle ist doch wichtig! Und wenn es eine unabhängige Kontrolle ist, ist sie doch von besonderem und noch höherem Wert! (Bundesrat Gruber: Zu Tode geprüft ist auch ...! – Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Es geht ja hier immerhin – und das habe nicht ich ausgerechnet, das haben verschie­dene Präsidenten des Bundesrechnungshofes ausgerechnet –, um 11 Milliarden € in jenem Bereich, der nicht geprüft wird! Und immerhin 70 Prozent – jetzt zitiere ich den gegenwärtigen Rechnungshofpräsidenten – der Gesamtausgaben der österreichischen Gemeinden sind – laut Moser – einer externen öffentlichen Finanzkontrolle entzogen. (Bundesrat Wenger: Das ist ein Blödsinn!) – Nein, das ist kein Blödsinn! Nein, aber ich weiß schon: Vorarlberger! (Bundesrat Mayer: Das war ein Salzburger!) – Vorsicht!


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Es gab einen Landesrechnungshof, nämlich den oberösterreichischen, der eine sehr wichtige Aufgabe übernommen hat: Er hat sich – bis auf den Sonderfall Wien – die Rechtslage der Prüfungen in den Ländern vorgenommen, und er hat festgestellt, dass die Landesrechnungshöfe die Gemeinden nur auf Initiative der Landesregierung – die können das gar nicht amtswegig (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht!), sondern nur auf Initiative – prüfen können und dass in nur vier Bundesländern überhaupt eine solche Gemeindeprüfung vorgesehen ist. Das ist die gegenwärtige Rechtslage, also von einer „Überprüfung“ kann überhaupt nicht die Rede sein! (Bundesrat Mag. Klug: Ich weiß, das wollt ihr wissen, aber das ist ...!)

Und auch da gibt es wieder Sonderfälle: Zum Beispiel kann es nur im Burgenland, in Oberösterreich und in Salzburg zu einem Gutachten kommen (Bundesrat Mag. Klug: Unterschiedlich! Unterschiedlich ist es! Ja, so ist es jetzt!), und in der Steiermark – das ist das vierte Bundesland, wo das überhaupt möglich ist – kann der Landesrech­nungshof nur die Landesmittel, aber nicht die Gemeindemittel überprüfen. (Bundesrat Mag. Klug: Unterschiedlich ist es! – Bundesrat Gruber: ... interessant, Geld hat kein Mascherl normalerweise!) – Na Entschuldigung! Es gibt, wie wir wissen, sehr unter­schiedliche ... (Bundesrat Mag. Klug: Es ist unterschiedlich!)

Gerade betreffend die Steiermark, wenn sich der Kollege jetzt schon gemeldet hat, möchte ich ihn nicht noch einmal an das erinnern, was wir im Dezember erlebt haben. Alleine, was die Gemeinde Hartberg (Bundesrat Mag. Erlitz – auf Bundesrat Gruber weisend –: Salzburger!) – ist er, ja, aber ich will ihn als Salzburger daran erinnern ... (Bundesrat Mag. Erlitz: Ich habe nichts gesagt! Ich bin aus der Steiermark!) – Das weiß ich ja! Ich will einen Salzburger daran erinnern – wir können auch über das Hof­amt Priel reden –, dass allein die Spekulation der Gemeinde Hartberg ... (Bundesrat Mag. Klug: Na ja: Veranlagung!) – Entschuldigung, hier hat es sich um sehr viel Geld gehandelt, und das sind öffentliche Mittel!

Und deshalb bin ich sehr froh, dass wir, dass die Opposition mit der Regierung hier heute zu diesem Kompromiss kommt, dass es künftig eine wirkliche Kontrolle und auch eine Erweiterung der Kompetenz des Bundesrechnungshofes geben wird. Um das dann auch tatsächlich umzusetzen und den entsprechenden verfassungsmäßigen Rahmen zu gewährleisten, werden wir wiederum eine Zweidrittelmehrheit brauchen.

Ich verstehe ja zwei Dinge bei meinem Freund Mödlhammer nicht; zwei Dinge betref­fend den Gemeindebund-Präsidenten werde ich nie verstehen: Einerseits, warum er versucht, den „letzten Mohikaner“ zu spielen, warum er sich hier so gegen die Kontrolle der Gemeinden – gegen eine ordentliche Kontrolle der Gemeinden – sträubt, denn im Bewusstsein der Gemeinden macht es schon etwas aus, wenn man nach dem Zufalls­prinzip eventuell vom Bundesrechnungshof geprüft werden kann, und zum Zweiten – Frau Wirtschaftskammerpräsidentin Jank hat das gestern anlässlich der Eröffnung der Medientage wieder erwähnt –, dass er sich in die Forderung verkrallt, dass die Werbe­abgabe keinesfalls fallen darf (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug) – etwas, was den Wirtschaftsstandort Österreich im Medienbereich und im Werbebereich wirklich be­nachteiligt.

Ich glaube, es gibt intelligentere Wege, den Gemeinden die für sie notwendigen Mittel zukommen zu lassen, als sich an einer völlig veralteten, aus dem Jahre 1929 herrüh­renden Werbeabgabe festzukrallen. – Aber möglicherweise wird Kollege Mödlhammer diesbezüglich doch einmal einsichtig.

Nun zum zweiten Punkt: Ja, die Erweiterung der Prüfkompetenz auch auf jene Unter­nehmungen, in denen die Republik nicht die Mehrheit hat, aber eine bestimmende, mit­unter – Sie wissen ja: Sperrminoritäten – auch dominierende Rolle einnimmt bezie­hungsweise die öffentliche Hand im Wesentlichen auch das personelle Management


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bestimmt, ist ein sehr wichtiger Schritt und bringt Transparenz in unsere Gesellschaft und in jene Bereiche, wo Kontrolle nottut.

Es wäre natürlich schön, wenn wir heute – wenn wir an unseren vorletzten Tagesord­nungspunkt denken, an die Volksanwaltschaft – auch die Zuständigkeit, die Kompetenz der Volksanwaltschaft betreffend so manchen ausgelagerten Bereich der Republik wie­derherstellten, denn Sie wissen, bei manchem gibt es keine Kompetenz der Volksan­waltschaft – wir werden heute ja noch genug Zeit haben, darüber zu reden.

Ich darf dem Herrn Staatssekretär noch etwas betreffend Mehrheitsverhältnisse mitge­ben, da Sie das ORF-Gesetz und das Mediengesetz bis zum 9. Dezember zu reformie­ren haben: Ich habe es schon immer als unsinnig, ich habe es schon immer als einen großen Unfug empfunden – weil es ja auch andere Möglichkeiten gibt, Frau Präsidentin Zwazl wird das aus dem Herzen der Wirtschaft bestätigen können –, dass der ORF bei Beteiligungen an einem Unternehmen immer die Mehrheit haben muss. Man sollte den ORF ruhig arbeiten und sich Beteiligungen holen beziehungsweise Beteiligungen ein­gehen lassen, zum Beispiel im Aufbau von Sendebetrieben außerhalb Österreichs, denn dass jede Firma, mit der der ORF zusammenarbeiten möchte, gleich von der Über­nahme bedroht ist, ist einfach ein Unfug.

50 Prozent plus 1 bei Beteiligungen ist ein Unfug und hat auch schon viel Geld gekos­tet, wie wir alle wissen. Minderheitsbeteiligungen des ORF sollten, glaube ich, durch­aus drinnen sein, und wenn die Minderheitsbeteiligung darüber hinaus noch im Inland ist, dann haben wir ja auch alle Formen der Kontrolle.

Wir werden diesem Gesetz gerne zustimmen, und, Kollege Konecny – ich habe es schon gesagt –, weil du im Dezember 2008 gemeint hast, dass das eine sehr interes­sante Initiative, Anregung war: Dass wir heute hier einen Erfolg haben, ist ein schönes Stück der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Opposition. – Danke. (Beifall der Bundesräte Dönmez, Kerschbaum, Mitterer und Zwanziger sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

10.51


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug: Jetzt wird das Geheimnis gelüftet!)

 


10.51.59

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schülerinnen und Schüler, die ihr heute hier seid! Ihr erlebt heute in der Debatte des Bundesrates etwas, das vielleicht auch euch manchmal im Unterricht passiert: dass ihr nicht so richtig aufgepasst habt. – Und genau das haben meine Kollegen hier im Bundesrat auch nicht getan. (Bundesrat Konecny: Oh! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Als das Bundesverfassungsgesetz und das Rechnungshofgesetz Im Nationalrat abge­stimmt wurden – das stimmt –, haben die Freiheitlichen in zweiter Lesung nicht zuge­stimmt, weil wir noch einige Änderungen haben wollten.

Und jetzt eine kleine Staatsbürgerkunde. Im Nationalrat gibt es drei Lesungen: In der ersten Lesung wird quasi das Thema behandelt, in der zweiten Lesung kann man noch Abänderungsanträge stellen, und in der dritten Lesung wird dann das Gesamtpaket mit allen vorher beschlossenen Abänderungen beschlossen. An diesem Punkt kann man nur dafür oder dagegen sein, während man in der zweiten Lesung auch noch getrennt abstimmen kann. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: ... jetzt in einer Schulstunde?)


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Wir haben in der dritten Lesung dem Gesamtpaket, sowohl dem Bundesverfassungs­gesetz als auch dem Rechnungshofgesetz, zugestimmt, nur damit das jetzt einmal klar ist! – So. (Bundesrat Mag. Klug: Bravo!)

Zu dem, was Kollege Mayer und Kollege Konecny kritisiert haben, diese öffentliche Auseinandersetzung, während der von beiden Seiten – sowohl von der der Grünen, als auch von der der Freiheitlichen – das Wort „Kuhhandel“ gefallen ist: Na ja, da sage ich Ihnen jetzt auch: Lassen wir doch die Kirche im Dorf!

Sie alle, wir alle wissen, dass in einer öffentlichen Auseinandersetzung, vor allem dann, wenn sie über die Medien geführt wird, die Worte nicht so mit Bedacht gewählt werden, wie wir das vielleicht sonst tun oder tun sollten (Bundesrat Gruber: Oder auch nicht tun!), und da halten sich ja oft auch die Regierungsparteien nicht zurück – Sie können es ja gleichfalls ziemlich deftig! Aber am Ende stellen wir fest, dass nicht immer alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Die Grünen und das BZÖ haben sich mit Ihnen in Bezug auf das Bankgeheimnis geeinigt, und wir von der FPÖ haben uns in Bezug auf das Ökostromgesetz geeinigt (Bundesrat Hensler: Ja, das war wichtig! Das war wichtig!), über das heute noch gesprochen werden wird.

Auch ich sehe es so: Das ist in der Demokratie ganz normal, und ich bin sehr froh, wenn es zu solchen Einigungen kommt. Manchmal hätte ich es ganz gerne, dass wir nicht nur dann darüber reden, wenn es um Zweidrittelmehrheiten geht und wir zu einer Einigung kommen müssen, sondern von Fall zu Fall wäre es ganz gut, wenn wir das auch bei einfachen Mehrheiten haben könnten. – Aber was nicht ist, kann ja noch wer­den.

Was uns sehr gut gefällt – das ist ja im Zuge dieser beiden Gesetzesänderungen ge­kommen –, ist, dass der Rechnungshof jetzt mit den Stimmen aller Parteien einen Son­derprüfungsauftrag erhalten hat, das Bankenpaket – seine Auflagen, seine Durchfüh­rung, die Verträge und so weiter – zu prüfen, weil wir meinen, dass es das Geld des Steuerzahlers ist, das hier zur Disposition steht, und da kann man in Wirklichkeit gar nicht genug prüfen. – Es ist eigentlich bedauerlich, dass diese Selbstverständlichkeit nicht schon im Zuge des Bankenpakets aufgenommen wurde, sondern dass es auch da wieder einer Kraftanstrengung seitens der Opposition bedurfte.

Was die Kompetenzerweiterung des Rechnungshofes betrifft: Na selbstverständlich, wir waren immer für die Erweiterung der Prüfkompetenzen! Und, Kollege Schennach, ich habe unsere Dringliche Anfrage natürlich nicht vergessen, habe aber auch festge­stellt, dass wir beide im Rahmen dieser Dringlichen Anfrage ein bisschen mehr gefor­dert haben, als jetzt dabei herausgekommen ist. Ich habe es mir extra noch einmal an­geschaut und habe mir gedacht: Damals haben wir doch ein bisschen mehr gefordert! (Bundesrat Schennach: Das ist richtig!) – Aber ich weiß auch, dass das manchmal so ist.

Wir haben eben – und darum haben wir auch in zweiter Lesung nicht zugestimmt – ge­sagt, dass uns diese 50 Prozent zu hoch sind; wir hätten gerne 25 Prozent gehabt. Das haben wir damals auch in einem gemeinsamen Antrag formuliert, und daher rührt un­sere Kritik. Wir haben auch, wie gesagt, einen entsprechenden Antrag dazu einge­bracht, aber leider hat dieser – natürlich, wie immer; das war ja nicht anders zu erwar­ten – keine Mehrheit gefunden.

Jetzt gibt es diese Kompetenz des Rechnungshofes, aber gerade was diese 50 Pro­zent und die Beherrschung durch die öffentliche Hand angeht, sehe ich das durchaus kritisch, dass das von Fall zu Fall wird neu bewertet werden müssen, denn auch wenn der Rechnungshof schon mit der Prüfung beginnen kann, heißt das ja noch überhaupt nicht, dass nicht einer, zum Beispiel der Eigentümer, kommt und sagt: Nein, ich will nicht geprüft werden!, das beim Verfassungsgerichtshof anhängig macht und dieser


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dann zu entscheiden hat. – Wiewohl ich dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes ab­solut vertraue (Bundesrat Mag. Klug: Das ist ja eine Frage der Eigentümerstruktur!), ist es eben doch nicht diese Transparenz und Selbstverständlichkeit, als die sie dann letz­ten Endes verkauft wurde, denn jetzt – so sehen es jedenfalls wir – ist es auf Skylink zugeschnitten.

Betreffend Skylink ist das absolut zu begrüßen – da hätte man schon längst mit der Prüfung anfangen müssen, denn das, was dort passiert ist, ist ja wirklich haarsträu­bend, nämlich wie dort Steuergeld „verschludert“ wurde, und das ist wöchentlich um Millionen gestiegen! (Bundesrat Mag. Klug: Das wird erst geprüft!) – Also ja, es ist ab­solut zu befürworten, dass Skylink geprüft wird, aber, wie gesagt, wir betrachten diesen Teil des Pakets als auf Skylink zugeschnitten, und das andere wird sich dann eben ein bisschen mühsam gestalten.

Was die Gemeinden anlangt: Wir waren uns einig, dass auch solche mit weniger als 20 000 Einwohnern geprüft werden sollten. Das ist man jetzt umgangen, indem man einfach das Volumen erhöht hat. Wir sprechen jetzt also nicht mehr von einer Einwoh­nerzahl, sondern wir sprechen von einem Volumen, das erhöht wurde. – Das finde ich schade, denn wir haben doch im Zuge der Krise erlebt, wie viele kleine Gemeinden einfach spekuliert und so das Geld des Steuerzahlers in den Sand gesetzt haben – das waren gar nicht so wenige!

Daher ist unser Ansatz: Ja, wir wissen schon, dass nicht jede Gemeinde geprüft wer­den kann, und nicht jede 200-Seelen-Gemeinde wird vom Rechnungshof geprüft wer­den (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), aber es reicht oft genug, dass man mittels eines Zufallsprinzips geprüft werden kann, und schon ist man vielleicht ein biss­chen sorgfältiger mit seinen Finanzmitteln, spekuliert nicht wild drauflos oder nimmt noch zusätzlich Geld auf, um spekulieren zu können – denn wir reden hier immer von Steuergeld!

Das soll jetzt nicht heißen, dass bei uns alle Gemeinden unter Generalverdacht ste­hen – wir wissen über die manchmal schwierige Situation der Gemeinden, die oft we­nig Geld haben, aber immer mehr Aufgaben wahrnehmen müssen, Bescheid! Das ist ähnlich wie bei den Schulen, diese müssen auch immer mehr Aufgaben übernehmen, haben dann aber nicht die nötigen Ressourcen dafür. – Das wissen wir schon, und ich will hier auch nicht generell sagen, dass alle Gemeinden schlecht wären, aber wir ha­ben uns ja im Zuge einer Dringlichen auch darüber unterhalten, wie viele Gemeinden es schon getroffen hat.

Erst jüngst war ein diesbezügliches Beispiel in der Zeitung, nämlich Trieben, mit 3 610 Einwohnern, dessen Gemeinderat wegen Bilanzmanipulation und Misswirtschaft abgesetzt wurde. Die SPÖ stellt dort zwar nach wie vor den Bürgermeister, hat aber or­dentlich Haare lassen müssen. – Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Misswirtschaft betrieben werden kann.

Bei all diesen Fällen, über die wir uns heute nicht zum ersten Mal unterhalten, war vom Landesrechnungshof nichts zu sehen und nichts zu hören, obwohl sich dieser da ja einschalten müsste. Und dass dann der Ruf laut wird: Na, dann lassen wir es doch den Rechnungshof als wirklich objektive, übergeordnete Bundesbehörde prüfen!, das darf dann nicht verwundern.

Es ist schade – aber es ist eben so –, dass man sich zwar etwas wünschen kann, aber nicht alle Wünsche erfüllt werden. Aber ich darf Ihnen versichern, wir werden diesen beiden Punkten heute hier zustimmen. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehö­rigkeit.)

11.00



BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 50

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Zwanziger. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


11.00.23

Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher! Da das heute meine erste Rede hier im Hohen Haus ist, möchte ich auch ein paar Ge­danken dazu bringen, vielleicht einige Dinge zu ändern.

Wenn man weiß, dass die Menschen draußen wirklich Probleme haben, dass am Ar­beitsmarkt und überall Reformen stattfinden sollen, in den Städten und in den Gemein­den, dann müsste es eigentlich auch hier im Parlament Reformen geben.

Es ist schon ein bisschen eigenartig, dass zum Beispiel nicht ernsthaft darüber nach­gedacht wird, die Zahl der Abgeordneten im Nationalrat zu senken. Es wird nicht ernst­haft darüber nachgedacht, die Bundesräte entweder aufzuwerten oder den Bundesrat zum Beispiel mit Landesregierungsmitgliedern oder Landtagsabgeordneten zu beschi­cken. (Bundesrat Mag. Klug: Das wird jetzt alles nachgesehen! – Heiterkeit. – Bundes­rat Konecny: Die Möglichkeit hätten alle Bundesländer!) – Ich rede vom Aufwerten. Solange es die Funktionen gibt, wird man es natürlich machen. (Anhaltende Zwischen­rufe.) Jedenfalls müssen überall Reformen stattfinden.

Es ist für mich persönlich natürlich eine große Ehre, das Land Kärnten hier zu vertre­ten.

Die Prüfungskompetenzen des Rechnungshofes da auszuweiten ist sicherlich ein wich­tiger Schritt in die richtige Richtung. – Entschuldigung, ist ja meine erste Rede. (Heiter­keit. – Bundesrat Mag. Klug: Ja, ja, passt schon!)

Es müsste im Prinzip ohnehin mehr Kontrolle geben. Ich hoffe, dass sich auch die Re­gierung in Zukunft die Managergehälter etwas genauer ansehen wird, denn es kann nicht sein, dass die paar Manager, die es gibt, so ungeheuer viel abkassieren, während andere nicht einmal wissen, wie sie ihre Einkäufe bezahlen sollen.

Abschließend möchte ich sagen, ich freue mich auf die Zusammenarbeit und wünsche Ihnen alles Gute. – Danke schön. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.03


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Oster­mayer. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


11.03.19

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrte Gäste! Liebe Schülerinnen und Schüler! Wir reden heute über die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofes. Ausgangspunkt war ein Fall – es ist auch schon mehrfach er­wähnt worden –, wo zwei Länder mit je 20 Prozent beteiligt sind und beide Länder sag­ten, sie wollen, dass durch den Rechnungshof geprüft wird. Die Vorstände sagten, sie können das, weil börsenotierte Aktiengesellschaft, in ihrer Verantwortung nicht ma­chen.

Insofern ist es ein guter Schritt, dass diese Ausweitung erfolgt. Es geht im Wesentli­chen um das Wort „tatsächlich“, das eingefügt wird, also von der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ableitend, der immer sozusagen eine rechtliche Beherr­schung verlangt hat, zu einer tatsächlichen Beherrschung.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 51

Dass das im Einzelfall viele Diskussionen und auch noch Entscheidungen des Verfas­sungsgerichtshofes zur Folge haben wird, ist, glaube ich, unbestritten. Aber dazu gibt es ja Höchstgerichte oder dieses Höchstgericht, um diese Entscheidungen dann im Einzelfall zu treffen.

Also es geht eigentlich um ein Wort: tatsächlich. Ursprünglich ging es um ein anderes Wort, nämlich um das Wort „nein“ zur Aufhebung des Bankgeheimnisses; das wurde dann zu einem „Ja, aber“.

Zur Kollegin Mühlwerth: Ich saß damals auch im Nationalrat und habe mitbekommen, dass die Freiheitlichen in zweiter Lesung nicht und in dritter Lesung dann zugestimmt haben. Ich habe auch in meiner Rede im Nationalrat intensiv appelliert an das Verant­wortungsbewusstsein, denn: Was wäre die Folge gewesen?

Wenn wir keine Änderung beim Bankgeheimnis vorgenommen hätten, wäre die Folge gewesen, dass Österreich weiterhin auf der sogenannten Grauen Liste der OECD ge­blieben wäre. Ich habe mir das angeschaut – das wurde ja einen Tag vor der Sitzung des Nationalrates dann abgeändert, und Österreich ist von der „Grauen Liste“ auf die „Weiße Liste“ gekommen –: Die British Virgin Islands sind auch von der „Grauen“ auf die „Weiße Liste“ gekommen, ebenfalls die Cayman Islands, die Niederländischen An­tillen und einige mehr. Wenn Österreich nicht auch auf die „Weiße Liste“ gekommen wäre, hätte das bedeutet, dass diese als Beispiele genannten drei Staaten von der „Grauen Liste“ auf die „Saubere“ sozusagen gekommen wären, Österreich aber nicht. Wir wären mit Andorra, Anguilla, Antigua und Barbuda, St. Kitts and Nevis, St. Vincent and the Grenadines und einigen weiteren Staaten auf der „Grauen Liste“ geblieben.

Es hat schon im Vorfeld die Diskussion darüber gegeben, was das zur Folge hätte. Es gibt Ökonomen, die geschätzt haben, dass das für die österreichische Wirtschaft, heißt: österreichische Arbeitsplätze, österreichische Unternehmen, die Folge gehabt hätte, dass Schäden in der Höhe von bis zu zweistelligen Milliardenbeträgen eingetre­ten wären. Warum?

Wir sind, wie wir alle wissen, ein extrem exportorientiertes Land. Das heißt, wir erzeu­gen viele Produkte, weil wir auch sehr innovative Unternehmen haben, die ins Ausland exportieren; die Exportquote beträgt 60 Prozent. Die EIB, also die Europäische Investi­tionsbank, hat zu diesem Zeitpunkt schon angedroht, dass es, wenn wir weiterhin auf der „Grauen Liste“ bleiben, keine Förderungen oder Kofinanzierungen für österreichi­sche Unternehmen geben wird.

Das heißt, wir waren in einer extrem kritischen Situation. Es hat daher auch viele Ge­spräche gegeben mit dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, mit Staatssekretär Schie­der, der für die Aushandlung der Doppelbesteuerungsabkommen zuständig war, damit wir über diese Zwölfer-Schwelle kommen. Es war nämlich die Vorgabe, wir müssen mindestens zwölf solcher Doppelbesteuerungsabkommen innerhalb eines bestimmten Zeitraums abschließen und natürlich das Bankgeheimnis für Ausländer aufheben, da­mit wir eben von dieser Liste wegkommen. Und das ist gelungen!

Ich finde es auch sehr toll und bin auch sehr dankbar dafür, dass letztendlich die große Verantwortung wahrgenommen wurde, dass dieses Gesetz beschlossen wird, damit wir von der „Grauen Liste“ auf die „Weiße Liste“ kommen und nicht zusätzlich und sinn­loserweise Arbeitsplätze in Österreich gefährdet werden.

Sonst gibt es, glaube ich, großen Konsens. Wir haben ja gehört, es werden jetzt auch, so wie im Nationalrat bei der dritten Lesung, die Freiheitlichen zustimmen. Also gibt es offenbar, ohne der Abstimmung vorgreifen zu wollen, eine einstimmige Beschlussfas­sung, und das finde ich sehr gut.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 52

Eine Anmerkung noch zum Ökostromgesetz: Dort ist es ähnlich. Das Ökostromgesetz, das 2008 beschlossen wurde, wurde in Brüssel angefochten. Die Europäische Kom­mission hat einen Teil genehmigt, einen Teil nicht genehmigt. In dem Teil, der sozusa­gen genehmigt wurde, geht es darum, dass man von Biomasse über Photovoltaik, über Windkraft wieder investieren kann. Auch im Photovoltaikbereich sind unter den öster­reichischen Unternehmen sehr starke Produzenten, diese müssen aber derzeit primär exportieren, weil im Inland die Betreiber nicht da waren. Ich bin auch in diesem Fall dankbar dafür, dass die Verantwortung wahrgenommen wurde, auch dieses Ökostrom­gesetz, den Teil, den wir jetzt umsetzen können, zu beschließen, damit dort eben die Investitionen in erneuerbare Energie stattfinden können.

Zu den Gemeinden noch: Da gibt es verschiedene Modelle, wie man das umsetzen kann, und ich glaube, es gibt auch einen sehr konstruktiven Diskussionsprozess. Auf eines aber möchte ich schon hinweisen – es wurde auch schon mehrfach gesagt –: Man muss aufpassen, dass wir keine Überkontrolle haben, dass es also nicht mehrere Stellen gibt, die gleichzeitig kontrollieren. Und zwar nicht nur, weil dies eine Belastung für die Gemeinden darstellt, sondern auch, weil in der Regel, wenn viele kontrollieren, die Kontrolle weniger präzise ist.

Man weiß ja, dass bei Akten, wo viele unterschreiben müssen, der Letzte nicht mehr so präzise schaut. Er denkt sich, diejenigen, die vorher unterschrieben haben, haben auch geschaut. Und das wird in diesem Fall auch so sein. Das ist eben Teil des menschli­chen Verhaltens.

Und zweitens: Wir diskutieren laufend darüber, wo wir in der Verwaltung einsparen kön­nen. Dann müssen wir auch darauf achten, dass die Kontrollen so effizient wie möglich sind und nicht unnötigerweise Doppelkontrollen erfolgen.

Das ist aber ein Punkt, bezüglich dessen auch der Rechnungshofpräsident dieser Mei­nung ist. Er hat auch heute wieder in der „Wiener Zeitung“ in einem Interview den Vor­schlag gemacht, dass man zwar die Kontrolle bei Gemeinden ausweiten sollte, dass man aber genau auf diese Doppelgleisigkeiten achten muss, dass man nicht neue Doppelgleisigkeiten einführt. Und er hat zusätzlich einen Vorschlag gemacht, wie man abstufen kann, wer wen prüft.

Ich glaube, auch da sind wir auf einem guten Weg, und auch da danke ich für die kons­truktive Zusammenarbeit.

Ich meine, dass das Wort „Kuhhandel“ falsch ist in diesem Zusammenhang. Dass Poli­tik Verhandeln, das Schließen von Kompromissen und sozusagen das Ringen um bes­ten Lösungen ist, ist Teil einer Demokratie, ein ganz wichtiger Teil einer Demokratie. Das Wort „Kuhhandel“ ist in Wirklichkeit eine Abwertung demokratischer Vorgänge. Daher glaube ich, dass es in unser aller Interesse sinnvoll wäre, solche Ausdrücke zu vermeiden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

11.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 53

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Des Weiteren gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofge­setz 1948 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.12.233. Punkt

Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofs für das Jahr 2008 (III-375-BR/2009 d.B. so­wie 8179/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich bitte um den Bericht.

 


11.12.37

Berichterstatter Dr. Franz Eduard Kühnel: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Tätigkeitsbericht des Asylge­richtshofes für das Jahr 2008 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 6. Oktober in Verhandlung genommen. Ich komme daher sofort zur Antragstellung.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Bundesrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen. – Ich danke.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kalina. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


11.13.32

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Wir haben hier einen Bericht vorliegen, den man mit Fug und Recht nach kurzer Tätigkeit als einen echten Erfolgsbericht bezeichnen kann: den Be­richt des neu, vor einem Jahr geschaffenen Asylgerichtshofes.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit doch auch sagen, dass es mich und meine Fraktion besonders freut, dass dieser Bericht so positiv ausfällt, weil es sich doch um eine sehr langjährige Forderung der SPÖ gehandelt hat, noch in Zeiten der vormaligen Bun­desregierung von ÖVP/FPÖ/BZÖ – wer immer da dabei war (Heiterkeit) –, aber da hat es etwas länger gedauert. Ich möchte in Richtung des Koalitionspartners sagen, dass man, wenn man sich die Erfolgszahlen ansieht, feststellen muss, dass die Ziele alle­samt erreicht worden sind. Ich glaube daher, es wäre gut gewesen, man hätte diese Einrichtung schon früher geschaffen. Dadurch hätte man sich den einen oder anderen Ärger ersparen können und vor allem die zu lange dauernden Verfahren schon früher verkürzen können.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 54

Ich möchte bei dieser Gelegenheit schon sagen: Wenn man diesen Bericht liest und die Zahlen sieht – 23 000 Verfahren, wie viele davon abgeschlossen und noch offen sind und so weiter –, so darf man nicht außer Acht lassen, dass sich hinter jeder ein­zelnen Ziffer ein Mensch verbirgt, das Schicksal eines Menschen. Das muss man bei diesen Debatten, glaube ich, immer im Hinterkopf behalten. Deswegen ist dieses The­ma auch so sensibel zu behandeln, und wir sollten nicht so diskutieren, als würden wir nur über Zahlen oder Budget oder Geld reden.

Umso erfreulicher ist es, in diesem Bericht zu sehen, dass die Ziele, die sich die Koali­tion gesetzt hat, die sich SPÖ und ÖVP hier gesetzt haben, allesamt erreicht wurden.

Wir haben als erstes großes Ziel formuliert, diesen sogenannten Rucksack – ein etwas unschöner Begriff, wenn man über Menschen spricht –, diesen Rucksack an Altverfah­ren abzubauen. Zur Erinnerung: Es handelt sich dabei um Leute, die nach Österreich gekommen sind und Asyl verlangt haben, die teilweise jahrelang hier sein mussten, ohne dass eine Entscheidung gefallen ist. Das ist ein für alle Beteiligten unerträglicher Zustand, und ich glaube, das Wichtigste ist, dass es da zu einer Verbesserung gekom­men ist.

Von den 23 600 Altverfahren, die sich durch das vorige, etwas komplizierte Verfahren aufgestaut haben, ist dem Asylgerichtshof schon im ersten Jahr geglückt, 32 Prozent abzuschließen, also 7 700 dieser alten Verfahren abzubauen. Das heißt weiters, es haben die Menschen Klarheit darüber erhalten, ob sie hier bleiben dürfen und Asyl erhalten oder ob sie in ihre Heimatländer zurückkehren müssen. Das ist, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiges Ziel und ein besonders großer Erfolg.

Der zweite Erfolg – das war auch ein Ziel dieses Asylgerichtshofes, und da gab es man­che Zweifel, die, glaube ich, jetzt eindrucksvoll widerlegt wurden – ist die Verfahrens­beschleunigung. Es ist unerträglich, wenn die Leute, wenn sie hierher kommen und Asyl verlangen, jahrelang warten müssen. Es ist aber auch unerträglich für die österrei­chische Gesellschaft, für die österreichische Bevölkerung, jahrelang einen derartigen Zustand erdulden zu müssen.

Nach diesem ersten Jahr ist es dem Asylgerichtshof geglückt, 50 Prozent aller neuen Fälle in weniger als sechs Monaten abzuschließen. Daher kann man sagen, auch die­ses Ziel ist voll erreicht, und es zeichnet sich hier eine deutliche Entspannung ab. We­sentliches Ziel ist es, dass die Menschen rasch Gewissheit haben und in weiterer Fol­ge auch den Zugang zum Arbeitsmarkt und den Schutz vor politischer, rassischer, reli­giöser Verfolgung rasch erhalten und hier integriert werden können und dass jene, die in einem strengen, sehr guten rechtsstaatlichen Verfahren diesen Schutz nicht zuer­kannt bekommen, auch rasch wieder in ihre Heimatländer zurückkehren können. Da­durch wird dieser jahrelange Zustand der Ungewissheit – die Leute haben keinen Zu­gang zum Arbeitsmarkt und wissen nicht, wie sich ihre Zukunft gestaltet –, dieser un­würdige Zustand so kurz wie möglich gehalten.

Auch das dritte Ziel, das wir uns gemeinsam gesetzt haben – auch ein ganz wichtiges Ziel –, wurde erreicht, nämlich die Qualität der Entscheidungen deutlich zu verbessern, die Qualität dieser Sprüche mit diesem erneuerten Verfahren deutlich zu verbessern. Ich glaube, die Mitarbeiter des Asylgerichtshofes können stolz darauf sein, dass in die­sem ersten Jahr lediglich 35 Fälle vom Verfassungsgerichtshof behoben wurden und davon wiederum die Hälfte eigentlich ein und dieselbe Rechtsmaterie betroffen hat.

Man sieht also, dass die Rechtsprechung besser und verlässlicher geworden ist, was für alle Beteiligten ein Erfolg ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir dem Ziel, das bei der Schaffung des Asylgerichtshofes gesetzt wurde, bis 2011 die Gesamtdauer eines durchschnittlichen


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 55

Asylverfahrens auf 18 Monate zu drücken, eigentlich jetzt schon nahe gekommen sind, und ich glaube, das sollte uns zufrieden stimmen.

Ich möchte aber trotzdem die Gelegenheit nützen, darauf hinzuweisen, dass es auch in diesem Bereich noch Probleme gibt, und den Herrn Staatssekretär bitten, das an die zuständigen Kollegen weiterzugeben. Ich spreche hier etwas an, was sich auch in die­sem Bericht findet, nämlich den unerfreulichen Anstieg der sogenannten Folgeanträge. Das heißt, jemand hat in diesem mehrstufigen Verfahren schon einen rechtskräftigen Bescheid erhalten, wurde abgewiesen mit seinem Wunsch, Asyl zu bekommen, und kann dann einfach durch das neuerliche Aussprechen, dass er wieder Asyl begehrt, davor bewahrt werden, abgeschoben zu werden.

Das hat – wie wir dem Bericht entnehmen können – dazu geführt, dass es im ersten Jahr eine Steigerung von über 50 Prozent gegeben hat; so viele zusätzliche Fälle sind beim Asylgerichtshof rein aus diesem Titel angefallen. In dem Zusammenhang ist es erfreulich – ich will nicht vorgreifen, wir werden im Bundesrat damit ja noch befasst, wenn es der Nationalrat beschlossen hat –, dass die Koalitionsparteien für das Hearing am 13. Oktober etwas vorgelegt haben, was diesen – ich würde sagen – Auswüchsen einen Riegel vorschiebt. Wessen Verfahren mit dem Begehr, Asyl zu erhalten, vom frü­heren Bundesasylamt, vom Unabhängigen Bundesasylsenat oder jetzt vom Asylge­richtshof, vom Verwaltungsgerichtshof oder vom Verfassungsgerichtshof abgewiesen wurde, der soll nicht neuerlich aufschiebende Wirkung erhalten, wenn es darum geht, ihn oder sie in das Heimatland zurückzubringen. Ich glaube, das ist vernünftig und wird jedenfalls auch ein Problem lösen.

Dennoch gibt es noch zwei offene Punkte, bei denen ich die zuständigen Regierungs­mitglieder bitte, rasch aktiv zu werden. Diese betreffen Regierungsmitglieder des Ko­alitionspartners – an erster Stelle möchte ich die Frau Innenministerin Fekter nennen, die ja mit Ihnen jede Woche in der Koordinierung sitzt. Ich denke mir, dass man das unbedingt vorbringen muss: Die Bedingungen in der Schubhaft gehören drastisch verbessert. Man darf nicht vergessen – obwohl das Verfahren der Abschiebung aus meiner Sicht richtig ist und ich mich dazu bekenne, dass es passiert –, dass diese Leute nicht straffällig geworden sind. Sie sind keine Kriminellen, sondern sie sind hier, weil sie Schutz gesucht haben oder sich ihr Leben verbessern wollten. (Bundesrat Mag. Klug: So ist es!) Sie werden abgewiesen und haben daher, so meine ich, ein Recht darauf, dass sie die Zeit bis zu dieser Verbringung in ihre Heimatländer in Würde hier verbringen können. Daher müssen wir die Bedingungen in der Schubhaft – die ja keine Strafhaft ist – deutlich verbessern. Ich bitte die Frau Innenministerin, das zügig anzugehen!

Der zweite Punkt ist nicht weniger wichtig, weil er – zu Recht – für viel Ärger in der Bevölkerung sorgt. Es handelt sich um das Problem, dass wir straffällig gewordene ausländische Staatsbürger – das sind ja nicht nur Asylwerber, sondern ausländische Staatsbürger insgesamt – oft nicht in ihre Heimatländer zurückbringen können, weil ihre Identität nicht geklärt ist oder weil uns die Heimatländer diese Leute schlicht und einfach nicht abnehmen. Da bitte ich insbesondere den Herrn Außenminister, aktiv zu werden. Ich glaube, da gibt es nur ein vernünftiges Vorgehen: Herr Außenminister Spindelegger sollte so rasch wie möglich Kontakt mit den jeweils aktuellen Schwer­punktländern, mit denen es Probleme gibt, aufnehmen – man kennt sie ja; ich möchte sie jetzt aber nicht explizit aufzählen, weil es ungerecht wäre – und mit diesen Abkom­men schließen, damit wir deren Staatsbürger, die eigentlich leugnen, dass sie Staats­bürger dieser Länder sind, dorthin bringen können.

Es ist für die österreichische Bevölkerung auf Dauer nämlich nicht hinzunehmen, dass wir teilweise Leute aufgreifen, diese gerichtlich verurteilt werden, sie ihre Haft absitzen und man sie dann nicht in ihre Heimatländer abschieben kann, weil irgendwelche for­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 56

malen Fragen ungeklärt sind. Ich denke, auch dieses Problem gehört so rasch wie mög­lich gelöst.

In Summe ist dies eine heikle Materie, weil es eben um Menschen geht. Wir müssen sehr vorsichtig sein, aber es zeigt sich an dem Asylgerichtshof, dass, wenn der gute Wille da ist, wenn man nicht polemisiert, sondern versucht, sachliche, humane, aber trotzdem rechtsstaatliche Lösungen zu finden, es auch gelingen kann. Der Asylge­richtshof ist ein gutes Beispiel dafür. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie der Bundesräte Kerschbaum und Dönmez.)

11.23


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.

 


11.23.58

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute den Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2008. Mein Vorredner hat es be­reits gesagt, Ende 2007 wurden die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grundla­gen dafür geschaffen, diesen Asylgerichtshof zu ermöglichen.

Ich denke, es war ein weiterer klarer und vernünftiger Schritt in Richtung eines Verfah­rensbeispiels, aber letztendlich auch ein Beispiel für konsequente und richtige Asylpoli­tik im Sinne der Betroffenen, aber auch im Sinne der Österreicherinnen und Österrei­cher. Warum im Sinne von beiden? Weil die Betroffenen relativ rasch oder rascher Klarheit in den Verfahren bekommen und weil wir dadurch auch ein Instrument haben, um eine Situation, die in den letzten Jahren durchaus immer öfters der Fall war, zu ver­hindern.

Dies gelang durch gesetzliche Grundlagen, die sich verändert haben, weil wir in der Asylpolitik und in der Asylgesetzgebung ständig evaluiert und auch verschärft haben. Ich sage das in aller Klarheit: Wir haben manche Dinge ausgeräumt und lassen diese gar nicht mehr zu – zum Beispiel durch das Erneuerungsverbot. Das ist etwas, was in der letzten Gesetzesnovelle erst verändert und auch hart kritisiert wurde, aber letzt­endlich sind wir heute alle froh, dass es so ist. (Bundesrat Mag. Klug: Die meisten!)

Ich glaube, das ist auch ein Beispiel dafür, dass der Standort den Standpunkt be­stimmt, aber dass Politik letztendlich auch Veränderung bedeutet und dass es die Auf­gabe der politisch Verantwortlichen ist, diese Dinge zu erkennen und zum Wohle der Betroffenen – aber vor allem auch zum Wohle der Österreicherinnen und Österrei­cher – umzusetzen.

Der Asylgerichtshof hat eine kurze, aber wirklich erfolgreiche Geschichte, und ich möch­te an dieser Stelle auch namens meiner Fraktion den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich danken, die dort eine Tätigkeit ausüben, bei der der Mensch im Mittel­punkt steht, die nicht immer einfach ist, aber im Rahmen derer aufgrund der gesetzli­chen Basis Entscheidungen zum Wohle der Menschen getroffen werden. Dazu möchte ich ihnen herzlichst gratulieren.

Es gibt zwei Erfolgsbereiche: den Abbau von Verfahrensrückständen und auch die Be­schleunigung in den Beschwerdeverfahren an sich. Beide Bereiche sind wirklich eine Erfolgsstory. Ich denke, dass auch die Zahlen für sich sprechen, da in 4 156 Fällen die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt wurde. Dies, sowie die Tatsache, dass in 1 565 Fällen die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und in 731 Fällen der Flücht­lingsstatus zuerkannt wurde, sind Beispiele dafür, dass die anderen Instanzen hervor­ragende, qualitätsvolle Arbeit liefern und auch der Asylwerber zu seinem Recht kommt.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 57

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Asylrecht ist ein Menschenrecht. Gerade Ös­terreich ist ein Land, das seinen Beitrag ganz hervorragend und in besonderem Maße leistet und immer geleistet hat, auch im Vergleich mit anderen Ländern. Es ist für die Österreicherinnen und Österreicher unbestritten, dass jene, die politisch oder religiös verfolgt werden, in unserem Heimatland Asyl bekommen. Die Frage ist jedoch die De­finition: Asyl ist ein Aufenthalt auf Zeit, und Österreich hat da eine sehr lange und gute Tradition und ist nicht nur im touristischen Bereich ein gastfreundliches Land, sondern auch in anderen Bereichen – gerade für jene, die Asyl brauchen.

Das Asylgesetz hat sich in den letzten Jahren verändert. Wir haben es angepasst und letztendlich auch verschärft. Unsere Aufgabe ist es, jene zu schützen, die verfolgt wer­den, aber wir müssen auch die Österreicherinnen und Österreicher vor jenen schützen, die das ausnützen. Wenn ich mir die heutige „Kronen Zeitung“ anschaue und auf Sei­te 10 lese, dass die Polizei Asylschwindel im großen Stil auffliegen ließ, so sind dies jene Schlagzeilen, die uns zeigen, dass wir in diesem Bereich noch besser und klarer werden müssen und diese Dinge nicht zulassen sollen. Natürlich – wir wissen das –, es gibt immer schwarze Schafe oder Leute, die ein System ausnützen, aber es kann nicht sein, dass man unter dem Deckmantel des Asyls den Sozialstaat Österreich ausnützt. Damit ist niemandem geholfen, nämlich auch nicht jenen, die wirklich Asyl brauchen, weil diese dann gleich wie die schwarzen Schafe behandelt werden.

Ich glaube, dass die konsequente Asylpolitik der letzten Jahre sehr klar nachvollzieh­bar ist und auch klar die Handschrift der Österreichischen Volkspartei trägt. Ich möchte mich auch bei Frau Bundesministerin Fekter sehr herzlich bedanken. Koalitionen ver­ändern sich, das mag sein, das ist in der Demokratie so. Die Asylpolitik ist in den letz­ten Jahren immer in der Hand der Österreichischen Volkspartei gewesen. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen dafür, dass man Politik mit Augenmaß, mit Menschlichkeit, aber letztendlich auch mit aller Klarheit und Härte umsetzen soll. Ich denke auch, dass der Herr Außenminister Spindelegger – weil das mein Vorredner angesprochen hat – auch seinen Beitrag leisten und dass diese Asylpolitik unterstrichen und Österreich im Mittelpunkt stehen wird.

Ich möchte aber noch kurz, auch als regionaler Mandatar, einen zweiten Gedanken ansprechen. Ich komme aus dem Bezirk Baden in Niederösterreich und bin Bürger­meister der Gemeinde Pfaffstätten. In unmittelbarer Nähe zu meiner Heimatgemeinde befindet sich die Nachbargemeinde Traiskirchen – eine Gemeinde, mit der wir uns her­vorragend verstehen. Wir wissen aber, dass Traiskirchen eine Stadt ist, in der sich seit Jahrzehnten ein Flüchtlingslager – mittlerweile in Erstaufnahmezentrum Ost umbe­nannt – befindet. Dieses Erstaufnahmezentrum hat den hervorragenden Ruf der Stadt Traiskirchen in vielen Bereichen – als Weinbau-Stadt, als Semperit-Stadt – immer ein bisschen überschattet.

Ich denke, dass Asylpolitik auch Solidaritätspolitik und Solidaritätsaufgabe ist, nämlich im Sinne der Europäischen Union. Es kann auch nicht sein, dass letztendlich Länder aufgrund ihrer geopolitischen Lage die Hauptlast tragen müssen. Das ist auch eine Frage, die wir uns europaweit stellen müssen. Asylpolitik macht auch die Solidarität der österreichischen Bundesländer – aller neun Bundesländer – in der Form notwendig. Das ist auch eine wichtige Voraussetzung. Wir tragen mit Traiskirchen die Hauptlast in unserer Region. Wir haben auch keine riesigen Probleme – ich sage das auch in aller Klarheit –, aber ich denke, dass die Forderung und der Wunsch, eine dritte Erstaufnah­mestelle vor allem im Süden Österreichs zu bekommen, sehr vernünftig und gerecht­fertigt ist, um letztendlich auch unsere Region zu entlasten.

Es kann nicht sein, dass wir im Bezirk Baden die Hauptlast alleine tragen. Es betrifft nämlich auch noch andere Gemeinden im Bezirk, weil sich ja jene Asylwerber, die in der Bundesbetreuung bleiben, aber nicht im Erstaufnahmezentrum unterkommen, in


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 58

der Region ansiedeln. Das gibt natürlich durchaus auch Reibungspunkte. Ich möchte da auch der Bevölkerung der Gemeinde Altenmarkt sehr herzlich danken, die bedingt durch eine häusliche Situation, nämlich ein altes Wirtshaus, einen sehr hohen Auslän­deranteil hat. Wir bemühen uns dort sehr, und das funktioniert auch, aber letztendlich ist das auch ein Beispiel dafür. Deshalb möchte hier in der Länderkammer an euch sehr herzlich appellieren, die Solidarität, die notwendig ist, aufzubringen und eine dritte Erstaufnahmestelle zu ermöglichen.

Ich freue mich auf die Diskussion und danke auch der Bundesregierung sehr herzlich im Zusammenhang mit dem Fremdenrechtspaket, das in Diskussion steht und auch im Nationalrat und im Bundesrat noch im November behandelt werden soll, in dem wieder ein bisschen sozusagen die Schrauben so gedreht werden, dass das Gesetz noch bes­ser greift und Missbrauch verhindert wird, jedoch dabei nie die Menschlichkeit und die menschliche Dimension aus den Augen verlierend. Ich gratuliere nochmals dem Asyl­gerichtshof zu dieser Erfolgsgeschichte. Unsere Fraktion stimmt diesem Bericht natür­lich sehr gerne zu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.32


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.32.27

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Einige Punkte wurden von meinen Vorrednern schon angesprochen. Wir werden den Bericht natürlich auch zur Kenntnis nehmen, obwohl wir uns ja eigentlich gegen die Errichtung des Asylgerichtshofes ausgesprochen haben, und zwar aus dem Grund, dass der Zugang zu den Höchstgerichten dadurch eigentlich gekappt worden ist, und das war nicht in unserem Interesse.

Was doch in unserem Interesse ist – und das möchte ich hier auch in aller Klarheit de­ponieren –, ist eine Verfahrensbeschleunigung, und zwar auf qualitativer Ebene. Das heißt für mich und für uns, dass schon in der ersten Instanz die Beamten eigentlich Ju­risten sein müssten, damit die Qualität der Entscheidung eine höhere ist und sich da­durch nicht wieder alles beim Asylgerichtshof anstaut.

Was ich noch gerne anmerken möchte – es ist auch das Wort „Menschlichkeit“ gefal­len –: Der Bericht ist sehr übersichtlich, enthält auch Grafiken, und natürlich wurde er im Auftrag einer Behörde erstellt, aber die Menschlichkeit geht mir ein bisschen ab. An diesem Bericht haben Menschen gearbeitet. Ich würde Sie ersuchen, dass Sie im Vor­wort jene, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben, auch namentlich erwähnen, um diese Herrschaften auch würdigen zu können. Ich bitte, das als konstruktive Kritik mit­zunehmen.

Erlauben Sie mir noch einen kurzen Sidestep, der meines Erachtens unabhängig vom Bericht platziert gehört. Wie es meine Vorredner auch schon angesprochen haben, gehören zu den am meisten novellierten Gesetzen in Österreich das Asylgesetz und das Fremdengesetz, und jede Novellierung wurde uns, egal von welchem Minister, von welcher Ministerin, mit der Absicht unterbreitet, dass es effizienter werden soll, dass es menschlicher werden soll, dass nur mehr jenen geholfen wird, die die Hilfe tatsächlich brauchen, und die Kriminellen draußen gehalten werden.

De facto ist es so, dass wir menschenrechtliche Härtefälle en masse haben. Man sieht es bei den Anträgen auf humanitäres Bleiberecht. Die Leute, die wir draußen haben wollen, sind leider Gottes nicht draußen; die sind noch immer hier. Das sind internatio­nal agierende Gruppierungen. Da muss man sich vernetzen, und diese Vernetzungsar­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 59

beit passiert auch. Es gibt ja diese Arbeitsgruppe, in der der Asylgerichtshof, das Bun­desasylamt, die Fremdenpolizei und das Bundeskriminalamt beisammen sitzen, wo In­formationen ausgetauscht werden. Dies ist wichtig, und es ist auch sinnvoll und gestal­tet das ganze Verfahren viel effizienter. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist: Im NGO-Bereich – und nicht nur im NGO-Bereich – gibt es auch derartige Arbeitsgruppen. Ich greife da den Bereich der Altersfeststellung heraus: Ich bin selbst als Sozialarbeiter in einer leitenden Funktion bei einer NGO im UMF-Bereich tätig. Bevor das Erstaufnahmezentrum errichtet worden ist, haben wir manchmal die skurrile Situation gehabt, dass meine Kollegen, Kolleginnen und ich die Jüngsten wa­ren. Also nicht die Klienten, die wir zu betreuen gehabt hätten, die UMF – die unbeglei­teten minderjährigen Fremden –, sondern wir gehörten zu den Jüngsten!

Das war ein riesengroßes Problem. Diese Probleme gibt es, die braucht man nicht zu negieren. Seitdem es diese Erstaufnahmezentren gibt, hat sich diese Problematik ent­schärft, aber es gibt jetzt Diskussionen über einen Entwurf – der am 13. Oktober höchst­wahrscheinlich auch durchgewunken wird –, gemäß dem Altersfeststellungen nur auf­grund medizinischer Gutachten gefällt werden, die äußerst umstritten sind und auch dem Stand der Wissenschaft nicht entsprechen. Diese Handwurzelröntgen haben eine sehr große Bandbreite, eine sehr große Toleranz, und da genaue Aussagen zu treffen, ist sehr, sehr schwierig.

Da gibt es eben eine Arbeitsgruppe, die sich kontinuierlich getroffen hat. Da waren NGOs wie die Asylkoordination dabei, die Kinder- und Jugendanwaltschaft, die Jugend­wohlfahrt unterschiedlicher Bundesländer, und auch die Betreuungseinrichtungen der Caritas, Volkshilfe oder Diakonie waren dabei. Da sind Maßnahmen und Empfehlun­gen erarbeitet worden, dass zum Beispiel nicht nur ein medizinisches Gutachten her­angezogen werden soll, sondern dass man mehrere Faktoren für die Altersbestimmung heranzieht. Gesundheit ist ein Aspekt. Der zweite Aspekt ist der psychologische, und der dritte sind die sozialarbeiterischen Einschätzungen. – Dieses Gesamtbild könnte man für Altersfeststellungen heranziehen.

Was macht die Frau Ministerin? – Sie blendet die Diskussionen, die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe, die jahrelang kontinuierlich zusammengetreten ist, vollkommen aus und fokussiert nur auf gesundheitliche Befunde. Das ist meines Erachtens eine sehr be­denkliche Herangehensweise. Es entspricht meiner Meinung nach auch nicht dem Stan­dard von Menschlichkeit, denn das ist politische Willkür. Wenn die Erkenntnisse der sinnvoll eingesetzten Arbeitsgruppe verwertet werden, aber die, in der die NGOs mit den Behörden zusammentreffen, nicht verwertet werden, dann ist das eine Frage der Wertigkeit und der politischen Verantwortung, und ich finde das – das muss ich ehrlich und in aller Klarheit sagen – verantwortungslos. (Beifall der Bundesrätin Kersch­baum.)

Was hier auch noch zu kritisieren ist: Wir haben in diesem Bereich einen Betreuungs­schlüssel – Sie werden es vielleicht nicht glauben – von sage und schreibe 1 : 170. Jetzt spreche ich als ausgebildeter Sozialarbeiter bei einem Betreuungsschlüssel von 1 : 170 nicht mehr von einem Betreuungsschlüssel. Dass sich bei diesem Betreuungs­schlüssel sehr viele Probleme ergeben, liegt auf der Hand. Man kann froh sein, wenn man den Verwaltungsaufwand, den man tagtäglich bewältigen muss, überhaupt noch zusammenbringt, und man sieht auch an der Burnout-Quote der Leute, die in diesem Bereich tätig sind, dass sie über ihre Grenzen arbeiten. Es ist damit weder den Betrof­fenen geholfen noch den Leuten, die im System arbeiten.

Wir haben ja auch die skurrile Situation, dass immer von Menschlichkeit und Hilfsbe­dürftigkeit gesprochen wird und davon, Hilfe jenen zukommen zu lassen, die sie brau­chen, dass gleichzeitig aber Rechtsberatungsfunktionen zurückgefahren werden und


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 60

die Therapiemöglichkeit finanziell ausgehungert wird. De facto haben wir in Oberöster­reich die Situation, dass das Projekt – es gibt ohnehin nur eines –, das sich genau auf diese traumatisierten Flüchtlinge spezialisiert hat, de facto die Tore zusperren muss, weil die Finanzierung nicht mehr vorhanden ist, und da frage ich mich schon, wie es um die Menschlichkeit bestellt ist.

Gerade bei Jugendlichen, die meistens schwer traumatisiert sind, gibt es ein Betreu­ungsschlüssel von ungefähr 1 : 9 und einen Tagsatz von 60 €. Liebe KollegInnen, die niedrigsten Tagsätze bei der Jugendwohlfahrt fangen bei 100 € an. Alleine daran sieht man schon, mit welcher Wertigkeit man sich diesem Bereich widmet, welche Rahmen­bedingungen für die Leute, die in diesem Bereich tätig sind, herrschen. (Bundesrätin Mühlwerth: Manche in Österreich haben weniger!) – 60 € Tagsatz für die Einrichtung. Zeigen Sie mir eine einzige Einrichtung, liebe Kollegin, die mit diesen Tagsätzen arbei­tet! Ich rede nicht von den Leuten. Wenn Sie meinen, was die Leute zur Verfügung gestellt bekommen, dann ist der höchste Tagsatz 290 € pro Person für Unterkunft und Hygieneartikel, und das liegt deutlich unter den Sozialhilfesätzen.

Aber zu einem anderen Punkt: die Schubhaft. Dazu kann man jetzt stehen, wie man will. Wenn man ein funktionierendes Asylwesen haben möchte, dann gehört auch die Schubhaft dazu. Aber da stellt sich die Frage, unter welchen Rahmenbedingungen.

Tut es Not, dass Menschen bis zu zehn Monate eingesperrt sind – womöglich in Ein­zelhaft –, fast keinen Ausgang haben, eine schlechte medizinische Versorgung haben und dass Familien auseinandergerissen werden, Kinder und Jugendliche in der Schub­haft sitzen, teilweise Menschen in der Schubhaft sterben? Und es gibt da keine politi­sche Verantwortlichkeit! Da wird zur Tagesordnung übergegangen as usual. Das sind doch Entwicklungen, die mich sehr bedenklich stimmen. Ich glaube auch kaum, dass man mit jeder Veränderung, die in diesem Bereich bisher stattgefunden hat, wirklich an den richtigen Schrauben dreht.

Man dreht an den Schrauben, die die Situation für beide Seiten eigentlich eine immer unerträglichere werden lässt. Hier kann ich noch ein Beispiel anführen: Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum Asylwerber, die zu einem Asylverfahren zugelassen wor­den sind, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, damit sie sich ihren Lebensun­terhalt selbst verdienen. Es ist doch menschlich und auch ökonomisch gesehen ein Irr­sinn, dass wir uns zigtausende Saisonarbeitskräfte Jahr für Jahr ins Land hereinholen, die das Geld in Österreich erwirtschaften und die Wertschöpfung wieder ins Ausland transferieren, aber gleichzeitig die Asylwerber in Österreich, die arbeitswillig und arbeits­fähig sind, vom Arbeitsmarkt fernhalten.

Das, bitte, versteht keiner. Das ist menschlich und auch ökonomisch nicht nachvoll­ziehbar. Ich würde auch Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen, ersuchen, diese Diskus­sion, diesen Gedankenanstoß in Ihren Fraktionen aufzunehmen, denn da gehört wirk­lich etwas geändert, denn das verstehen weder die Asylwerber noch die Österreiche­rinnen und Österreicher. Im Gegenteil, es schürt noch mehr Ressentiments, wenn man zuschauen muss, dass der Durchschnittsbürger „hackeln“ geht, und die sitzen den gan­zen Tag herum. Da könnten wir schon im Vorfeld viel Spannung herausnehmen, wenn wir das angehen.

Nichtsdestotrotz – um wieder ganz kurz auf den Tätigkeitsbericht zurückzukommen –: Die Gesamtjahreskapazität ist auf 16 000 ausgerichtet worden. Im Ausschuss habe ich erfahren, dass der Rucksack an UBAS-Verfahren abgebaut wird. Zurzeit sind noch in etwa 14 500 Verfahren offen. Es ist angepeilt, dass diese bis 2011 abgebaut werden und dann das Verfahren von der Antragstellung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht länger als 18 Monate dauern soll.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 61

Ich wünsche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin viel Kraft und viel Erfolg. (Der Redner wendet sich an die VertreterInnen des Asylgerichtshofs im Auditorium.) Ich würde Sie auch ersuchen, diese Kritik – die gut gemeint ist und, ich hoffe, auch so formuliert worden ist, dass man sie annehmen kann –, dass auch in der ersten Instanz die Beamtinnen und Beamten wirklich durch Juristen ersetzt werden, in Ihre Bespre­chungsgremien mitzunehmen, denn das wird letztendlich auch zu einer Arbeitserleich­terung in Ihrer Instanz führen.

Ich bedanke mich hiemit für die Aufmerksamkeit. Wir werden natürlich den Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

11.44


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. Ich er­teile ihm dieses.

 


11.45.03

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Der österreichische Nationalrat hat 2007 beschlossen, einen Asylgerichtshof einzurichten und den bis dahin bestehen­den Unabhängigen Bundesasylsenat – UBAS genannt – zu ersetzen.

Der Asylgerichtshof ist grundsätzlich die letzte Instanz im Asylverfahren. Er erkennt nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen und er erkennt über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungs­pflicht in Asylsachen.

Die Entscheidungen des Asylgerichtshofs werden hauptsächlich in Zweiersenaten ge­troffen. Insbesondere bei Grundsatzentscheidungen und in besonderen Fällen – wie et­wa, wenn im Zweiersenat keine Einigung getroffen wurde – erfolgt die Entscheidung in einem sogenannten Fünfersenat. Bei den einfachen Verfahren genügt ein Einzelrichter.

Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes durch den betroffenen Asylwerber ist aus­geschlossen, aber, Kollege Dönmez, das außerordentliche Rechtsmittel der Beschwer­de wegen Verletzung eines verfassungsmäßig geschützten Rechts beim Verfassungs­gerichtshof ist jedoch auch für Asylwerber vorgesehen.

Ist der Asylgerichtshof der Ansicht, dass hinsichtlich einer Rechtsfrage – nicht einer Tatsachenfrage – eine Grundsatzentscheidung zu fällen ist, so ist die getroffene Grund­satzentscheidung dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen, der dann binnen sechs Mo­naten über deren Richtigkeit zu befinden hat.

Wird diese Grundsatzentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt, so ist sie künftig für gleichartige Fälle verbindlich. Als Besonderheit ist auch vorgesehen, dass, wenn ein Antrag des Bundesministers für Inneres vorliegt, wonach eine Grundsatzent­scheidung getroffen werden muss, diese keine Auswirkungen auf den Einzelfall hat.

Die Zahl der betroffenen Berufungsverfahren hat zum Ende des zweiten Quartals 23 608 Berufungen betragen. Die Bilanz über das erste Halbjahr der Tätigkeit des Asyl­gerichtshofs zeigt hinsichtlich der Dauer der einzelnen Beschwerdeverfahren erste Schritte in Richtung einer Trendumkehr.

Von rund 4 500 beim Asylgerichtshof neu anhängig gewordenen Verfahren konnten 1 500 in einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten abgeschlossen werden. Bei jenen Fällen, in denen über die Zuständigkeit Österreichs oder eines anderen EU-Lan­des für die Durchführung der Asylverfahren zu entscheiden war – das waren die Dub­lin-Entscheidungen –, betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer in den vergange­nen sechs Monaten zehn bis 14 Tage.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 62

Der Asylgerichtshof hat – ausgenommen Entscheidungen über Fristversäumnisse, Wie­deraufnahme- beziehungsweise Wiedereinsetzungsanträge, Zurückziehungen von An­trägen auf internationalen Schutz oder Einstellen der Verfahren wegen Abwesenheit des Asylwerbers sowie Kassationen – insgesamt in 4 156 Fällen die erstinstanzlichen Entscheidungen bestätigt, in 1 565 Fällen die erstinstanzliche Entscheidung behoben und in 731 Fällen den Flüchtlingsstatus zuerkannt.

Abschließend möchte ich noch anführen: Asyl ist ein Menschenrecht. Ja für Asyl für wirklich Verfolgte und nein für Wirtschaftsflüchtlinge und illegale Zuwanderer! Unsere Sozialtöpfe werden durch Asylanträge, die absolut keine Chance haben, weil sie einfach den Kriterien der Genfer Konvention nicht entsprechen, geplündert. Es ist daher unbedingt notwendig (Bundesrat Dönmez: Es gibt, bevor es zum Asylverfahren kommt, ein Zulassungsverfahren! Wenn man zugelassen wird, kommt es zum Asyl­verfahren! Bitte das zu trennen!), auch die wissentliche Beihilfe zum Asylmissbrauch unter Strafe zu stellen. Leider gibt es viele Hilfsorganisationen, die wider besseres Wis­sen dazu anhalten, trotzdem einen Asylantrag zu stellen. Das ist wissentliche Beihilfe zum Asylmissbrauch und muss abgestellt werden.

Der Hintergrund dieser Praxis von verschiedenen Hilfsorganisationen ist, für die Dauer des Asylverfahrens das Aufenthaltsrecht und damit den Anspruch auf volle Betreuung zu erhalten. Wird in einem aussichtslosen Asylverfahren der volle Rechtsweg beschrit­ten, kann eine endgültige Entscheidung oft Jahre dauern. Diese Vorgangsweise ist sowohl für den Asylwerber als auch für den Staat ein nicht gangbarer Weg und gehört daher unbedingt eingestellt.

Deshalb war die Einrichtung eines Asylgerichtshofes unbedingt erforderlich. Ich danke allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Asylgerichtshofes für ihre Tätigkeit. – Dan­ke. (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

11.51


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.51.12

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Ich werde mich ganz kurz fassen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Ertl, du legst mir immer wieder einen Elfmeter nach dem anderen auf. Sich hier herauszustellen und zu sagen, dass die Sozialtöpfe geplündert werden, ist de facto nicht richtig. Ich kann dir sagen, warum: Bevor es zu einem Asylverfahren kommt, gibt es ein Zulassungsverfahren. Das findet in den Erstaufnahmezentren statt. Das weißt du als Polizist, der die Leute dort hinbringt, ohnehin sehr gut. Darum stellt sich für mich die Frage, warum du dich hier herausstellst und dennoch etwas sagst, was so de facto nicht stimmt. – Wurscht! Sei es, wie es sei.

Es gibt ein Zulassungsverfahren, und wenn man das Zulassungsverfahren durchlaufen hat, bei dem sich herausstellt, dass asylrelevanten Gründe vorliegen, dann wird man zum Asylverfahren zugelassen. Und wenn man zum Asylverfahren zugelassen wird, dann hat man auch Anspruch auf die Leistungen aus der Grundversorgung. Die Leis­tungen aus der Grundversorgung haben einmal primär nichts mit den Leistungen zu tun, die die Österreicher und Österreicherinnen, wenn sie bedürftig sind, aus dem So­zialhilfetopf bekommen. Bitte da nicht alles zusammenzumischen und falsche Informa­tionen zu verbreiten!

Für Asylwerber, die zu einem Asylverfahren zugelassen worden sind, gibt es drei Un­terbringungsformen. Da gibt es unterschiedliche Tarife, die NGO oder der Betreiber be­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 63

kommt 17 € Tagsatz. Damit muss er die gesamten Kosten, die für die Person, die er unterbringt, abdecken – von Personal über Betriebskosten und so weiter.

Dann gibt es die Möglichkeit, dass die Asylwerber in der NGO wohnen, etwa Volkshilfe, Caritas, wo auch immer. Da gibt es eine monatliche finanzielle Unterstützung von 150 € und einmal im Jahr eine Bekleidungshilfe von 200 €.

Wenn sich jemand – das ist in Oberösterreich so, das ist von Bundesland zu Bundes­land unterschiedlich – mindestens acht Monate in der Grundversorgung bei einer NGO ordnungsgemäß aufgehalten hat, dann hat er die Möglichkeit, auf Selbstversorger um­zusteigen. Das heißt, er kann sich irgendwo eine Garconniere suchen, mit zwei, drei Leuten zusammentun und bekommt dann maximal „Wohnbeihilfe“ – unter Anführungs­zeichen – und Verpflegungsgeld in Höhe von 290 €. (Bundesrat Ertl: Wie hoch ist die Wohnbeihilfe?) – Die Wohnbeihilfe gemeinsam mit dem Verpflegungsgeld ist maximal 290 €. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ertl.)

Ich weiß nicht, wie du auf diese 740 € Grundversorgung kommst. Aber das ist egal. Wir können das wirklich nachher bei einem Kaffee ausreden. Aber bitte nicht Kraut und Rü­ben zu vermischen und mit einer Selbstverständlichkeit hier heraußen zu stehen! Du holst ja die Leute ab und bringst sie in das Erstaufnahmezentrum; daher gehe ich da­von aus, dass du weißt, worum es geht.

Darum ist es für mich wirklich nicht nachvollziehbar, warum da entweder wissentlich oder unwissentlich mit falschen Zahlen operiert wird. Und das hat mich geärgert. Des­halb habe ich vorhin den Zwischenruf gemacht und mich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet. – Nichts Persönliches, aber das gehört gesagt. (Beifall der Bundesräte Schennach und Kerschbaum sowie Beifall bei der SPÖ.)

11.54


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


11.54.51

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen vom Asylgerichtshof! Es ist eine sehr angenehme Situation, wenn man in Vertretung des Bundeskanzlers hier steht und eine Institution, die quasi geschäftsordnungsmäßig dazu gehört, rundum gelobt wird oder die härteste Kritik ist, dass die Kolleginnen und Kollegen so bescheiden sind, dass sie nicht hineingeschrie­ben haben, wer den Bericht verfasst hat. Ich bitte, das in Zukunft zu berücksichtigen.

Ansonsten sind die Leute zahlreich angeführt. Wenn man sich den Bericht anschaut, sind ja alle Kolleginnen und Kollegen, die beim Asylgerichtshof beschäftigt sind und diese jetzt sehr umfangreich gelobte Arbeit leisten, angeführt.

Der Tätigkeitsbericht selbst umfasst ja nur das Jahr 2008. „Nur“ sage ich deshalb, weil ja der Asylgerichtshof erst Mitte 2008 seine Arbeit aufgenommen hat. Für alle, die aber die Folgezeit prüfen und lesen wollen: Auf der Homepage des Asylgerichtshofes ist auch schon die Bilanz für das erste Jahr Asylgerichtshof nachzulesen. Dieser Folgebe­richt bestätigt das, was für das erste Halbjahr drinnen steht, nämlich dass das Ziel, das genannt wurde, den großen Rückstau an Asylverfahren, den es zum Zeitpunkt der Gründung des Asylgerichtshofes gegeben hat, bald erreicht wird und dieser Rückstau tatsächlich zeitkonform abgebaut werden kann. Das ist natürlich ein ordentliches Stück Arbeit, das da zu leisten ist, das noch heuer und im nächsten Jahr zu leisten ist, wenn das Ziel, dass dieser Rückstau an Verfahren bis 2011 abgebaut wird, erreicht werden soll.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 64

Das zweite Ziel ist die Verfahrensverkürzung; auch dazu wurde schon viel gesagt. Ich darf noch einmal den Herrn Rechnungshofpräsidenten Moser zitieren, der heute in einem Interview gesagt hat, im Rahmen der Verwaltung könne man eine Milliarde ein­sparen. Und dann sagte er noch: „Verkürzt man Asylverfahren auf 12 Monate, erspart man sich 325 Millionen Euro.“

Ich will aber nicht den Fokus nur primär auf die Kosten legen, die man sich erspart, sondern schon auch auf die Menschen, die dahinter stehen. Ein wesentlicher Punkt auch der Änderungen, die jetzt im Fremdenrecht beschlossen werden sollen, insbeson­dere der Punkt, der die Folgeverfahren und Folgeanträge anlangt, hat schon zwei Sei­ten: Die eine Seite ist die Klarheit, dass Verfahren, die abgeschlossen sind, wenn sich kein neuer Tatbestand, kein neuer Sachverhalt ergibt, tatsächlich möglichst rasch erle­digt werden und man nicht immer wieder von vorne beginnt, weil das natürlich zur Folge hat, dass es zu einer Belastung der Behörden und in dem Fall auch des Asyl­gerichtshofes kommt, was dann verhindern würde, dass man die Ziele erreicht.

Aber der zweite Aspekt ist auch einer, der einerseits die österreichische Bevölkerung betrifft, aber andererseits auch jene Asylwerber betrifft, die berechtigterweise einen Asyl­antrag stellen, und zwar deshalb, weil sie natürlich auch länger warten müssen, wenn immer wieder Folgeanträge gestellt werden, insbesondere Folgeanträge, die nicht be­rechtigt wären. Insofern ist es ganz wichtig, dass es diese Regelungen, die jetzt in der Regierung beschlossen und ausverhandelt wurden, gibt.

Eine Anmerkung noch dazu. Nach dem Begutachtungsverfahren des Fremdenrechts­pakets hat es äußerst intensive Verhandlungen zwischen den beiden Koalitionspar­teien gegeben, wo es insbesondere auch darum ging, dass man die Regelungen so präzise formuliert, dass sie menschenrechtskonform und grundrechtskonform sind. Ich glaube, das ist uns gelungen, weil wir auch intensiv Verfassungsjuristen eingebunden und die Dinge wirklich ganz intensiv beraten und abgeklopft haben.

Eine weitere Anmerkung noch, weil das auch vorhin erwähnt wurde, damit man auch aus dem Bericht ersieht, was man herauslesen kann und welche Schlüsse wir auch aufgrund der Erfahrungen des Asylgerichtshofes ziehen können. Ein Punkt wurde schon erwähnt, nämlich der Punkt mit den Folgeanträgen, dass deren Zahl im letzten halben Jahr wieder relativ gestiegen ist und dass es daher auch sinnvoll ist, dass der Gesetzgeber da entsprechende Maßnahmen trifft. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth über­nimmt den Vorsitz.)

Wenn man sich die Tabelle ansieht, die auf der Seite 9 ist – Sie haben ja, glaube ich, alle den Bericht –, dann sieht man, wie in den letzten Jahren, beginnend im Jahr 2000, die Zahl der Anträge angestiegen ist, die nicht bearbeitet oder nicht rechtzeitig bearbei­tet werden konnten. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass zwischen 2000 und 2006 eine besonders hohe Zahl an Anträgen, Zuwanderungen und Staatsbürgerschafts­verleihungen gegeben war. Das zeigt aber auch, wie dringend es notwendig war, die­ses neue Instrument, diesen sogenannten Asylgerichtshof zu schaffen.

Der Rückstau wird dem Plan entsprechend abgebaut und konnte auch schon abgebaut werden. Die Dublin-Verfahren – auch das wurde erwähnt – werden mittlerweile inner­halb von zwei Wochen bearbeitet und erledigt.

Eine Zahl, die, wie ich glaube, noch nicht genannt wurde, die ich aber auch als sehr wesentlich erachte, ist folgende: Mehr als 50 Prozent der Fälle, die einlangen, werden in kürzerer Dauer als sechs Monate bearbeitet. Es wurde vorhin erwähnt, Ziel sei es, das zwischen sechs und zehn Monaten zu erledigen. Das konnte bei 50 Prozent der Fälle noch schneller bearbeitet werden.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 65

Der Dank, der eigentlich von allen hier an die Kolleginnen und Kollegen des Asylge­richtshofes ausgesprochen wurde, ist – wie ich meine – mehr als angebracht.

Eine Anmerkung noch: Der Asylgerichtshof wird in Kürze das erste Gericht in Öster­reich, aber auch in der Europäischen Union sein, das ein modernes Qualitätsmanage­mentsystem eingeführt hat und dafür auch das ISO-9001-Zertifikat bekommt. Das ist auch nicht etwas Selbstverständliches, sondern etwas, das sozusagen mit dem Geist in diesem Gerichtshof zu tun hat.

Vielleicht ein paar Anmerkungen zu den Punkten, die vorher noch außerhalb des un­mittelbaren Berichts gesagt wurden: Rückführungsabkommen hat Kollege Kalina ge­nannt. – Ja, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, an dem intensiv zu arbeiten ist! Es ergibt wenig Sinn, wenn am Ende von Verfahren festgestellt wird, dass es keinen Asyl­grund gibt, und dann nicht entsprechende Konsequenzen gezogen werden, oder Men­schen, die ohne Berechtigung hier leben, dann weiter hier leben und nicht entspre­chende Konsequenzen gezogen werden. Also, da haben wir Handlungsbedarf!

Ähnlich sehe ich es bei der Frage der Saisonarbeiter. Da gibt es auch bei uns ganz in­tensive Überlegungen und Vorarbeiten, wie man das Thema Saisonarbeiter/Asylwerber in den Griff bekommen kann.

Insgesamt danke ich Ihnen für die zahlreichen, sehr positiven Wortmeldungen. Ich sa­ge es noch einmal: Es ist angenehm, wenn man in einer Verantwortung hier stehen kann und weiß, da gibt es Kollegen und Kolleginnen, die ihre Arbeit hervorragend ma­chen und dann auch noch gelobt werden. – Dafür vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

12.02


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.03.174. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (686/A und 272 d.B. sowie 8176/BR d.B. und 8180/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. Ich bitte um den Be­richt.

 


12.03.32

Berichterstatter Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg: Sehr geehrte Frau Vizepräsi­dentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag:


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 66

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 6. Oktober 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


12.04.26

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich ist die Novelle dieses Ökostromgesetzes eine Enttäuschung. Eine Enttäuschung tut besonders deshalb weh, weil man vorher getäuscht worden ist.

Getäuscht fühle ich mich bei dieser Vorlage einerseits von der ÖVP. Da gibt es einen Minister Berlakovich, der uns heute noch in der Fragestunde erzählt hat, er strebt die Energieautarkie an. Mit diesem Gesetz wird es nie so weit kommen, damit wird es end­gültig verhindert sein. Ich bin enttäuscht von der ÖVP, denn es gibt aus ÖVP-geführten Landtagen, wie zum Beispiel Niederösterreich, Oberösterreich, Vorarlberg, Kärnten – das ist nicht ÖVP-dominiert, gehört aber auch dazu –, Anträge und Beschlüsse der Landtage, dass man doch ein Ökostromgesetz nach dem Vorbild des Deutschen Er­neuerbare-Energien-Gesetzes basteln möge. Das wurde offensichtlich ignoriert.

Ich weiß jetzt nicht, ob sich irgendjemand auf der rechten Seite dieses Hauses heute zumindest der Stimme enthält, aber es hat den Anschein, dass ihr das nicht macht und zustimmt. Das ist nicht das, was die Landtage und auch eure Fraktionen gefordert ha­ben. Insofern bin ich doch auch von dieser Seite sehr enttäuscht.

Noch mehr enttäuscht bin ich eigentlich von der FPÖ. (Zwischenruf des Bundesrates Hensler.) Ich hätte ja nie gedacht, dass mich die FPÖ enttäuschen kann! (Heiterkeit bei der ÖVP.) In dem Fall ist es euch leider gelungen! Wenn es einen Bereich gibt, wo man möglicherweise eine Übereinkunft mit der FPÖ noch finden könnte, dann ist es bei den erneuerbaren Energien. Ich weiß, da gibt es auch bei euch Leute, denen das wirk­lich ein Anliegen ist!

Das, was ihr in diesem Ökostromgesetz herausverhandelt habt, diese Zuckerl sind lei­der Peanuts. (Bundesrätin Mühlwerth: Auf die lange Bank schieben ...! Wäre das bes­ser gewesen?) – Nein! Da die Regierung in diesem Fall wirklich einen massiven Druck gehabt hat, eine Änderung durchzusetzen, hätte es bessere gemeinsame Verhandlun­gen geben können und weitaus mehr, was man hätte hineinbringen können. Das, was ihr da hineingebracht habt, sind leider Peanuts!

Es gibt in Wirklichkeit keinen Cent mehr für Ökostrom! Der Deckel bleibt gleich, es än­dert sich nichts! Es verschiebt sich ein bisschen etwas in Richtung Photovoltaik. Es gibt diese versprochene Photovoltaikförderung vom KLI.EN mit 35 Millionen €, aber bitte zu bedenken: Der KLI.EN ist auch gedeckelt. Für den KLI.EN wird es nächstes Jahr ins­gesamt voraussichtlich 150 Millionen € geben, davon haben wir jetzt 35 Millionen € für die Photovoltaikanlagen fixiert. Prinzipiell ist es ja gut, wenn diese gefördert werden. Es ist die Frage, ob man sie in diesem Ausmaß fördert – oder wie auch immer.

Im Prinzip ist es so, dass von den 150 Millionen € 35 Millionen € fix für die Photovoltaik vergeben sind, dann wird vielleicht noch irgendetwas kommen, dass man wieder ein­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 67

mal bei den ÖBB irgendwo unter die Arme greifen muss, wie das voriges Jahr der Fall war, und dann bleibt in Wirklichkeit vom KLI.EN, von dem, was er eigentlich sein sollte, nämlich die Förderung neuer Technologien und die Markteinführung von neuen Tech­nologien, wieder einmal nichts übrig. Es ist insofern zwar gut und schön, dass die Pho­tovoltaik gefördert wird, aber insgesamt gibt es keine zusätzlichen Mittel.

Ich verstehe daher nicht, warum ihr da zugestimmt habt und euch mit diesen Peanuts zufrieden gegeben habt. (Bundesrätin Mühlwerth: Weil wir das Gesetz überhaupt ein­mal in Gang setzen wollen!) Es tut mir leid, das ist eine Enttäuschung für mich.

Ich will auch nur kurz zitieren, was der Herr Abgeordnete Dipl.-Ing. Karlheinz Klement zu diesem Gesetz im Jahr 2008 gesagt hat, nämlich: „Dieses Ökostromgesetz ist ein Ökostrom-Blockadegesetz! Es verdient den Namen nicht. Es ist eine einzige Peinlich­keit für dieses Parlament und auch eine Peinlichkeit für eine Wirtschaftspartei wie die ÖVP.“

Das hat damals der FPÖ-Abgeordnete dazu gesagt, und jetzt plötzlich seid ihr der Mei­nung, es ist so, dass man zustimmen kann. Tut mir leid, das enttäuscht mich. (Bundes­rat Dr. Kühnel: Man kann ja klüger werden!) – Ich weiß nicht, ob er klüger geworden ist oder ob er sich einfach die Zustimmung zu billig hat abkaufen lassen.

Kurz zur KLI.EN-Förderung: (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Aber zumin­dest hättet ihr mit uns reden können! – Die KLI.EN-Förderung geht zurück auf ein Pro­gramm, das Minister Pröll damals noch ins Leben gerufen hat. Im Jahr 2007, interes­santerweise zu meinem Geburtstag, hat er damals verkündet, dass er sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2010 10 000 österreichische Dächer mit Solaranlagen zu be­stücken. – So steht es in der APA.

Schauen wir uns an, wie das mit der KLI.EN-Förderung bis jetzt funktioniert hat: Im Jahr 2008 waren es 12 Millionen € und 820 Anlagen. Wie wir wissen, war das in einer Viertelstunde weg.

Im Jahr 2009 waren es 18 Millionen €, das waren ein bisschen mehr Anlagen, das wa­ren ungefähr 1 500 Anlagen. Da gab es auch wieder das Problem, dass das Netz zu­sammengebrochen ist et cetera, et cetera. Viele, die gerne eine Photovoltaikanlage ge­habt hätten, sind übriggeblieben, sind auf der Strecke geblieben.

Auch wenn wir im Jahr 2010 35 Millionen € im KLI.EN-Fonds haben, wird es sich wie­der nicht ausgehen. Und selbst wenn man aus diesen 35 Millionen € noch einmal 3 000 Anlagen erhält, würden wir dieses Ziel, nämlich diese 10 000 österreichischen Dächer mit einer Photovoltaikanlage mit dem Geld nicht erreichen. Da hätte sich der Herr Minister etwas mehr einfallen lassen müssen!

Im Prinzip ist es so, dass auch in Niederösterreich spürbar dieser Run auf die PV-An­lagen ungebremst ist. In Niederösterreich gibt es eine Firma, mit der ich mich erst vor Kurzem unterhalten habe. Diese Firma hat um 85 Millionen € Anträge und Vorhaben in petto, kann das aber nicht umsetzen, weil das mit der Förderung nach wie vor nicht geklärt ist.

Wenn es wirklich eine vernünftige Photovoltaikförderung gäbe, würde dieser Run wirk­lich einiges ausmachen. Es ist mit den Peanuts, die derzeit unterwegs sind, leider nicht umsetzbar, ganz zu schweigen von dem, was es für Großanlagen gibt, nämlich 2,1 Mil­lionen €. Die werden in kürzester Zeit wieder weg sein.

Im ursprünglichen Ökostromgesetz 2008 sind einige harte Brocken. Diese bleiben er­halten, die habt ihr leider drinnen gelassen. Sie sind offenbar kein Problem mehr für euch.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 68

Auf der einen Seite gibt es ein massives Zuständigkeitschaos bei der Photovoltaik. Es gibt die KLI.EN-Förderung, die jedes Jahr vielleicht wieder neu beschlossen wird – oder auch nicht –, und dann gibt es noch die Länderförderung. In Niederösterreich ist das leider nur für Ein- und Zweifamilienhäuser. Diese Länderförderung ist zwar gut, da kann man sich nicht beschweren! Mit 3 000 € pro Kilowatt Peak ist es eine gute För­derung, das ist fast schon ein bisschen zu viel. Für Leute, die nicht in Einfamilien­häusern wohnen, gibt es diese Förderung aber nicht. Diese gibt es nur für Ein- bis Zweipersonenhaushalte. Und auch in dem Fall ist das Problem, dass sie jedes Jahr neu beschlossen wird. Und ob es sie im Jahr 2010 überhaupt wieder geben wird, weiß kein Mensch.

Wenn man überlegt, sich eine Photovoltaikanlage anzuschaffen, und nicht weiß, ob man nächstes Jahr, wenn man sie kaufen soll, die Förderung erhält, wird man es sich gut überlegen, ob man sie wirklich anschaffen will. Denn ohne Förderung ist es schwie­rig.

Ein Problem, das noch dazukommt, ist folgendes: Ein Gewerbebetrieb oder jemand, der in einem Mehrfamilienhaus wohnt, kann sich das alles leider schenken, denn diese erhalten diese Förderung nicht. Für Gewerbebetriebe und Mehrfamilienhäuser, für grö­ßere Anlagen gibt es nur die Ökostromgesetzförderung mit insgesamt 2,1 Millionen €. Dass da viel mehr Projekte bereits in Fahrt wären, ist nachgewiesen. Darüber brau­chen wir gar nicht zu reden.

Auf der anderen Seite gibt es schon Verbraucher, die sich in erster Linie über dieses neue Gesetz freuen werden, nämlich die Großverbraucher der Industrie, die im Prinzip der Stein des Anstoßes waren, warum wir das Gesetz heute neu beschließen müssen. Die EU-Kommission hat gesagt, die derzeitige Regelung laut Ökostromgesetz 2008 ist so nicht konform, die muss geändert werden. Wir hätten da ansetzen können, etwas zu verbessern!

Zur Zuschlagsbefreiung für die Großverbraucher: Wir haben im Ausschuss nachge­fragt, wie viel das ausmachen wird. Maximal 50 Millionen € für drei Jahre, habe ich gehört. Wenn ich mir anschaue, was jetzt das kontrahierbare Einspeisevolumen ist – sprich: das, was für Neuanlagen jährlich zur Verfügung steht –, so ist das fast genauso viel. Ich denke, das ist ein ganz schöner Brocken, der der Industrie da zugestanden wird. Ihr sagt auch ja dazu! Ich denke aber, es ist nicht Sinn und Zweck, Großverbrau­cher noch mehr zu fördern. Diese erhalten ohnehin schon einen besseren Tarif als andere.

Ein weiterer Kritikpunkt, der auch für die Großabnehmer besonders nett ist, ist diese Zählpunktpauschale, die es nach wie vor im Gesetz gibt. Zählpunktpauschale heißt, es gibt Fixkosten, egal wie viel Strom man über diesem Zählpunkt entnimmt – also nicht ganz egal, aber relativ egal. Da gibt es einen fixen Betrag, den man bezahlt. Für den Haushalt sind das 15 € und für die Industrie bis zu 15 000 €.

Schauen wir uns an, was die E-Control als Belastung durch Ökostrom pro Haushalt be­rechnet hat. Das macht 30 € insgesamt, davon sind 15 € die Zählpunktpauschale, also Fixkosten, die jeder Haushalt bezahlt, egal wie viel Strom er verbraucht. Bei der Belas­tung der Industrie steht als Beispiel dort: 638 000 €, davon sind 15 000 € die Zähl­punktpauschale, das sind dann nur noch 2 Prozent. Das heißt, indirekt ist genau diese Zählpunktpauschale – das haben wir am Anfang schon immer kritisiert – wieder eine Förderung für Großabnehmer. Großabnehmer zu fördern und große Abnahmen zu för­dern ist kontraproduktiv, wenn man den Energieverbrauch in diesem Land senken will.

Was bei der Zählpunktpauschale noch dazukommt: Investitionszuschüsse werden für diverse Anlage bezahlt, 12,5 Millionen € jährlich ungefähr für Kleinwasserkraft neu – das ist sehr positiv –, 7,5 Millionen € ungefähr jährlich für die mittlere Wasserkraft, die


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 69

eigentlich nicht in das Ökostromgesetz gehört, und 2,5 Millionen € jährlich für Kraft-Wärme-Kopplungen aus Ablauge, was meiner Meinung nach auch nicht in das Öko­stromgesetz gehört. Das heißt, wir fördern mit dieser Zählpunktpauschale vieles, nur nicht unbedingt alles, was Ökostrom betrifft.

Ein weitere Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist folgender: Es gibt ja nicht nur die Photovoltaik, über die sehr viel geredet wird. Beim Ökostromgesetz geht es ja auch vor allem um Windenergie, Biomasse, Biogas, Biothermie et cetera.

Wenn man sich den internationalen Vergleich anschaut, sieht man, dass wir in erster Linie niedrigere Einspeisetarife als alle anderen Länder rundherum haben und – was noch dazu kommt und was eigentlich viel schärfer ist – dass wir kürzere Förderungs­dauern haben. (Bundesrat Hensler: Das wird ja noch ausverhandelt!) – Ja, aber sie werden nicht sehr viel höher werden, als sie jetzt sind! (Bundesrat Hensler: Wenn ich gleich nein sage, kann ich nicht verhandeln!) – Da es insgesamt beschränkte Mittel gibt, Herr Kollege, kann man in einem gewissen Ausmaß neu verhandeln, aber man kann nicht in einer Größenordnung neu verhandeln, dass man die Zahlen erreicht, die sie im umliegenden Ausland haben! Wir haben insgesamt unsere Mittel beschränkt. (Bundesrat Hensler: Ich habe mir das eh angeschaut!) – Du hast es dir eh angeschaut!

Was aber meiner Meinung nach von den Auswirkungen her noch schlimmer ist, sind unsere kürzeren Förderungsdauern. Wenn man sagt, nach 13 Jahren ist Ende, dann heißt es zum Beispiel bei einem Windkraftwerk, dass man nach 13 Jahren nur mehr den normalen Marktpreis bekommt. Der Marktpreis ist – sagen wir einmal so – etwas Festgesetztes, aber nicht unbedingt der Wert von dem Strom. Derzeit ist der Markt­preis sehr niedrig, er liegt bei ungefähr 4,5 Cent, da kommt neue Ausgleichsenergie weg. Sprich: Auch wenn es fertig bezahlt und abgeschrieben ist, besteht die Gefahr, dass diese Windkraftwerke in Konkurs gehen müssen, weil nicht einmal die Wartung bezahlt werden können wird mit dem, was man an Einspeisetarifen dann erhalten wird. Darum kümmert sich offenbar niemand, denn das ist ja ein Teil der Wirtschaft, aber das ist vielleicht nicht so ein wichtiger Teil der Wirtschaft. Ich weiß es nicht.

Zu befürchten ist jedenfalls, dass sich das nicht ausgeht. Da würde ich schon bitten, falls es – angeblich soll es ja so sein – nächstes Jahr zu Neuverhandlungen kommt, dass man sich vielleicht doch überlegt, wie man so einen Preis zumindest festlegen kann, damit diese überleben können und nicht in Konkurs gehen müssen. Wenn sie in Konkurs gehen, ist das eine abgeschriebene Sache, um die es schade wäre.

Was mich an der Formulierung dieses Gesetzes aber fast am meisten stört, ist, dass da Ziele stehen, an deren Einhaltung in Wirklichkeit keiner mehr glaubt. Es ist zwar im Ausschuss gesagt worden, dass die 78,1 Prozent erneuerbarer Energie an der Ge­samtstromerzeugung nicht mehr drinnen stehen, ich habe aber extra nachgeschaut: Es steht noch drinnen! In Wirklichkeit glaubt kein Mensch mehr an die Erreichung dieses Zieles.

Herr Minister Pröll hat vor einem Jahr noch gesagt: Wir arbeiten daran, dass der Anteil von Strom, Wasserkraft, Biomasse, Wind- und Sonnenenergie am gesamten Energie­verbrauch von derzeit 70 Prozent weiter gesteigert werden soll.

Das heißt, wir sind noch eine ganze Stange weg von den 78,1 Prozent. Wenn man sich anschaut, welche fossilen Kraftwerksprojekte derzeit noch in der Pipeline sind – dazu braucht man sich nur den Versorgungsbericht anzuschauen –, dann sieht man, dass das bis zum Jahr 2016 Kraftwerksprojekte mit 2 940 Megawatt Peak elektrisch und 2 174 Megawatt Peak thermisch sind.

Abgesehen davon, dass die thermische Leistung wahrscheinlich nicht angebracht wer­den kann, weil diese Kraftwerke halt sehr zentral sind und meistens wenige Haushalte


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 70

in der Nähe liegen, sind das 2 940 Megawatt elektrisch, die man wieder fossil aufstel­len will. Auf der anderen Seite gibt es im Ökostromgesetz die Ziele, 1 500 Megawatt elektrisch insgesamt bis zum Jahr 2015 mit diesem Gesetz umsetzen zu wollen, ob­wohl sich das meiner Meinung nach auch nicht ausgehen wird.

Aber selbst wenn es sich ausginge, sind wir immer noch nicht bei den 78 Prozent – und das bei dem neuen Gesetz. Da geht es dann gar nicht mehr darum, dass man ver­sucht, von den 70 Prozent auf die 78 Prozent zu kommen, da müssen wir schon froh sein, wenn wir die 70 Prozent beibehalten.

Wenn man sich ans Rednerpult stellt und sagt: Wir machen jetzt dieses tolle neue Öko­stromgesetz, damit etwas weitergeht!, dann muss ich leider sagen: Entweder ist es ein Rechenfehler oder wir werden da absichtlich an der Nase herumgeführt! Das können Sie sich aussuchen.

Der Herr Umweltminister hat heute noch einmal gesagt, er strebt das Ziel der Energie­autarkie an. Ich denke, das ist einfach peinlich. Wenn man dieses Ziel der Energieau­tarkie tatsächlich anstrebt, dann müsste man auch mit dem Wirtschaftsminister mehr reden und sich vielleicht auch im Ministerrat dementsprechend verhalten. Mit diesem Ökostromgesetz wird er es jedenfalls nicht erreichen! (Beifall des Bundesrates Schenn­ach.)

Wenn wir eine tatsächliche Energieautarkie anstreben und vielleicht auch erreichen wollen, dann könnten wir uns eine ganze Menge Kosten sparen, nämlich zum Beispiel die 8 Milliarden € für die „Nabucco“-Pipeline, die – ich weiß schon! – nicht wir bezah­len, sondern die OMV und wir vielleicht nur ein bisschen etwas dazu.

Wir könnten es uns ersparen, über eine Verschrottungsprämie für alte AKWs in der EU zu reden, darüber, dass wir uns dafür einsetzen müssen, weil wir dann ja wirklich autark wären und all das nicht mehr bräuchten.

Heute hat es draußen, so viel ich gehört habe, ungefähr 28 Grad – ich möchte jetzt nicht sagen, dass das am Klimawandel liegt, sondern ich möchte nur darauf hinweisen, dass Sinn und Zweck dieses Ökostromgesetzes in Wirklichkeit ist, den Klimawandel so weit einzudämmen und aufzuhalten, dass nicht riesige Kosten für Reparaturen entste­hen.

Ich denke, es ist besser, jetzt Investitionskosten zu tätigen, um den Klimawandel aufzu­halten, damit wir später nicht viel massivere Belastungen haben und Strafzahlungen et cetera in Kauf nehmen müssen. Aber dafür reicht dieses Ökostromgesetz leider nach wie vor nicht. (Beifall der Bundesräte Schennach, Dönmez und Mitterer.)

12.20


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Dr. Brunner. – Bitte.

 


12.20.57

Bundesrat Dr. Magnus Brunner (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Was lange währt, wird endlich gut, könnte man im Zusammenhang mit die­sem Ökostromgesetz auch sagen, vor allem, wenn man den Prozess im letzten Jahr anschaut. Bis man nach der Beschlussfassung im Jahr 2008 mit der Europäischen Kommission verhandelt hat, hat es doch über ein Jahr lang gedauert. Die Kommission hatte ja einige Bedenken zu diesem Gesetz – etwa EU-Beihilfenwidrigkeit. Es wurde aber nicht angefochten, wie Herr Staatssekretär Ostermayer vorhin gemeint hat. Die Einzige, die Beschwerde eingelegt hat, war die Arbeiterkammer Österreich, die diesen Prozess auch nicht gerade beschleunigt und vereinfacht hat.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 71

Dem großen Einsatz des Herrn Wirtschaftsministers und seiner Beamten ist es zu ver­danken, dass wir dieses Gesetz jetzt doch noch beschließen können. Ich möchte mich dafür an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Durch diese Gesetzesänderung kommt es – und da komme ich jetzt auf Ihre Ausfüh­rungen, Frau Kerschbaum, zu sprechen – schon zu einigen Verbesserungen. Man kann natürlich immer mehr wollen, das ist keine Frage, aber man sollte auch anerkennen, dass es durch diese Gesetzesänderung zu Verbesserungen kommt, die vor allem auch für die Bundesländer sehr positiv sind.

Zuerst zum Gesamtvolumen, damit die Zahlen ein bisschen relativiert und verdeutlicht werden: Beim Unterstützungsvolumen ist die Erhöhung von 17 Millionen € auf 21 Mil­lionen € schon in Kraft getreten. Dabei geht es aber nicht nur um die 21 Millionen €, denn das sind 21 Millionen € Unterstützungsvolumen – also die Differenz vom Markt­preis auf den ausbezahlten Preis –, und das jedes Jahr und garantiert auf die gesamte Laufzeit! Wenn man das hochrechnet, bedeutet das, dass in diesem Gesetz insgesamt 2,4 Milliarden € enthalten sind, für die Photovoltaik allein sind es 160 Millionen.

Das muss man also schon ein bisschen relativieren. Es handelt sich dabei um Geld, das zwar nicht ausbezahlt wird, aber vertraglich garantiert ist – das ist vertraglich ga­rantiertes Geld! Das muss man schon auch sehen. (Bundesrätin Kerschbaum: In wel­chem Zeitraum?) – Auf die Zeiträume komme ich später noch zu sprechen, da gibt es ja auch einige Verbesserungen.

Eine intensive Forderung der Bundesländer wurde in diesem Gesetz auch berücksich­tigt, das betrifft auch den Photovoltaikbereich, nämlich die Abschaffung der Kofinanzie­rungsverpflichtung. Das ist schon ein wichtiger Punkt, weil damit den Bundesländern zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen, die sie bisher investiert haben. Der Strom­kunde zahlt sowieso, aber die Bundesländer müssen das nicht mehr kofinanzieren. Da werden Mittel frei, und diese Mittel können dann – das liegt an jedem Bundesland; von Vorarlberg weiß ich, dass man das tut – wieder in diesen Bereich investiert werden.

Bei der Kleinwasserkraft kommt es – auch ein sehnlicher Wunsch der Branche und des Kleinwasserkraftverbandes der Anlagenbetreiber – zu einer Umstellung von der Tarif- auf die Investitionsförderung. Auch das ist eine unglaublich gute Verbesserung, die diese Novelle mit sich bringt. Ein Anlagenbetreiber kann eine Investitionsförderung be­kommen und den Strom dann entweder auf dem freien Markt oder wo auch immer ver­kaufen.

Auch da werden Investitionen getätigt, die vor allem den strukturschwächeren Gebie­ten Österreichs, den ländlichen Regionen zugutekommen werden. Das ist insofern be­legbar, als es schon einige dieser Anträge gibt; auch Anträge auf Revitalisierung von alten Anlagen, also mehr Effizienz und Revitalisierung von bereits bestehenden Anla­gen.

Auch die Energieeffizienz beziehungsweise die Effizienz der Anlagen wird stark verbes­sert. Bei Biomasseanlagen gibt es zum Beispiel einen Technologiebonus; also auch für effiziente Anlagen einen Technologiebonus.

Bei älteren Anlagen werden Laufzeiten verlängert, wenn sie zum Schluss eine gewisse Effizienz vorweisen können, um nur einige dieser Punkte zu nennen.

Hinsichtlich der Laufzeitverlängerung werden wir immer mit Deutschland verglichen. Es kommt zu einer Verbesserung – noch nicht die 20 Jahre, aber 13 Jahre bei sonnen- und wind- und 15 Jahre bei den rohstoffabhängigen Anlagen.

Insgesamt ist das also ein Paket, das mehr als herzeigbar ist.

Ich möchte noch kurz auf den Vergleich mit Deutschland, der immer wieder kommt, eingehen; er wird auch von den Landeshauptleuten immer wieder strapaziert.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 72

Ich glaube, man verwechselt da auch gewisse Dinge. Es gibt im deutschen EEG natür­lich Punkte, die subjektiv besser sein mögen – längere Laufzeiten und so weiter –, aber das hat sich in den letzten Jahren alles sehr stark verändert. Die Einspeisetarife sind in Deutschland nicht mehr höher als bei uns. Im Photovoltaikbereich beispielsweise lie­gen sie bei uns höher als in Deutschland. Das muss man schon ein bisschen relativie­ren.

Es werden aber oft auch zwei Dinge verwechselt: auf der einen Seite die Inhalte und auf der anderen Seite das System an sich. Die Deutschen haben ein enormes Problem mit ihrem System – es ist intransparent, da wird alles in die Netztarife reingeschoben –, bei uns kann man klar sehen, was für Ökostrom ausgegeben wird.

Das hat aber auch eine soziale Komponente. Das zahlt natürlich der Endkunde. So­wohl Wirtschaftsunternehmen, Betriebe als auch Endkonsumenten zahlen natürlich das System. Da muss man natürlich auch einmal mit anderen Gruppierungen reden – Arbeiterkammer und so weiter –, die sich massiv dagegen wehren, da mehr Geld in die Hand zu nehmen.

Das EEG ist also nicht immer das Gelbe vom Ei. Wie gesagt, keine Transparenz – bei uns wesentlich mehr Transparenz. Mittlerweile ist Österreich vom System her sogar Vorbild für Deutschland. Einige deutsche Netzbetreiber waren vor Kurzem in Öster­reich und haben sich das österreichische System intensiv angeschaut, weil es Überle­gungen gibt, das österreichische System nach Deutschland zu verpflanzen.

Dass es sinnvoll ist, das deutsche EEG als Vorbild zu nehmen, würde ich wirklich stark relativieren.

Es wird im nächsten Jahr, wie wir schon gehört haben, aufgrund der Umsetzung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie, aber auch aufgrund der Entschließungsanträge im Na­tionalrat anscheinend zu einer Novellierung des Gesetzes kommen. Wegen der zahl­reichen Novellierungen in den letzten Jahren ist das Gesetz, zugegebenermaßen, doch etwas kompliziert geworden. Ich würde wirklich dafür plädieren und den Herrn Bundes­minister bitten, dass man bei der nächsten Novelle wirklich etwas abschlankt, konkreti­siert und vereinfacht, damit es für jeden Konsumenten und normalen Bürger etwas ver­ständlicher wird.

Dieses Ökostromgesetz ist natürlich ein Kompromiss, ein Kompromiss aller Interessen­gruppen, ein In-der-Waage-Halten der Interessen der Zahler – mit dieser Deckelung birgt es ja durchaus auch eine soziale Komponente in sich – und auf der anderen Seite des weiteren Ausbaus des Ökostroms. Es ist meiner Meinung nach ein guter Kompro­miss, weshalb wir diesem Ökostromgesetz selbstverständlich zustimmen. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Bock.)

12.28


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Mitterer. – Bitte.

 


12.28.20

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mir haben die heutigen Ausführungen von Herrn Professor Konecny sehr gut gefallen. Er hat auf die Problematik hingewiesen, dass Regierungen, wenn sie keine Zweidrittel-, keine Verfassungsmehrheit haben, verhan­deln sollen und müssen und dass das in der letzten Zeit auch geschehen ist – mit wechselnden Mehrheiten. Demokratiepolitisch ist das sehr angenehm und sehr gut, wenn auch der Bundesrat in dieser Angelegenheit keine Aufwertung erfahren hat, weil hier andere Verhältnisse herrschen als im Nationalrat – im Bundesrat hat die Koalition eine Zweidrittelmehrheit; sogar wesentlich mehr.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 73

Das neue Ökostromgesetz sollte den Anteil erneuerbarer Energie in Österreich erhö­hen. Wenn man die Erläuterungen zu diesem Gesetz liest, stellt man jedoch fest, dass teilweise das Gegenteil der Fall ist. Es ist auch zu erwarten, dass es zusätzlich noch zu einer Erhöhung des Strompreises kommt, in der Größenordnung von durchschnittlich etwa 150 € pro Betrieb in Österreich und 15 bis 20 € pro Haushalt in Österreich. Das ist etwas, was nicht eingeplant war, was wir nicht haben wollten und was vor allem auch die Wirtschaft nicht haben will.

Herr Bundesminister, Sie kommen ja auch aus dem Bereich der Wirtschaft, aus der Wirtschaftskammer. Präsident Leitl kritisierte lautstark, dass die Stromversorger bis zu 77 Millionen € mehr an Ökostromkosten verrechnet haben als tatsächlich erforderlich war.

Man sollte dem für die Zukunft einen Riegel vorschieben. Deshalb wehren wir uns auch gegen eine stille Erhöhung des Strompreises in der Größenordnung von bis zu 14 Pro­zent.

Dass die FPÖ in dieser Frage mitgeht, ist legitim, für mich nicht nachvollziehbar ist al­lerdings der Umstand, dass die FPÖ nicht wie die Grünen und das BZÖ bei der Zustim­mung zu dem Gesetz, mit dem das Bankgeheimnis etwas gelockert wurde, auch we­sentliche Vorteile für die Bürger herausverhandelt hat. Das heißt, da hat die FPÖ ihre Zustimmung praktisch ohne Kaufpreis hergeschenkt, und das ist schade, denn man hätte da auch Vorstellungen von uns nähertreten können, die im Nationalrat mittels Entschließungsantrag eingebracht wurden. Darin waren als wesentliche Ziele enthal­ten, dass erstens keine Strompreiserhöhungen kommen und zweitens die erneuerbare Energie in Österreich ausgebaut wird – Kärnten ist diesbezüglich ja Vorreiter. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)

Weiters wurde in diesem Antrag ein Gesetz gefordert, das geeignet ist, künftig eine überhöhte und nicht den tatsächlichen Aufwendungen entsprechende Weiterverrech­nung der Ökostrom-Verrechnungspreiskosten durch die Stromlieferanten zu verhin­dern. Das wurde gefordert und im Nationalrat auch diskutiert.

Es sollte eine Beschleunigung des Anbieter-Wechsels gewährleistet werden – auch das wurde debattiert, letztlich aber nicht beschlossen.

Im Bereich der thermischen Sanierung ist, das kann man sagen, viel geschehen, aber es könnte noch mehr sein. Es gefällt mir, dass es heute möglich ist, auch in wirt­schaftlichen Bereichen Förderungen für thermische Sanierung zu erhalten, das ist keine Frage, aber da sind die Grenzen noch nicht erreicht. (Zwischenruf des Bundes­rates Hensler.)

Das Prinzip der völligen Energieautarkie ist als grundlegende Zielbestimmung der ös­terreichischen Energie- und Umweltpolitik zu verankern. (Bundesrätin Kerschbaum: Entschuldigung, aber ohne dass es etwas kostet, wird es nicht gehen!) Ja. (Bundes­rätin Kerschbaum: Dann müsst ihr dazusagen, wer es zahlt! Die Konsumenten nicht, der Bund nicht, ...!) Wir haben leider noch nicht die Mehrheit. Grün und BZÖ haben noch nicht die Mehrheit im Nationalrat und im Bundesrat, sonst wären wir dort einen Schritt weiter.

Weiters geht es in diesem Antrag um die Zukunftstechnologien im Bereich der erneuer­baren Energieträger. Für Solar- und Windenergie, Photovoltaik und Kleinwasserkraft­werke sollen neue Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Wir Kärntner – ich weiß nicht, ob das alle hier im Bundesrat wissen – sind stolz darauf, dass wir gerade im Bereich der erneuerbaren Energie im Bereich der Photovoltaik mit der Firma Energetica und im Solarbereich mit GREENoneTEC aus der KIOTO-Gruppe


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 74

Weltmarktführer haben – und das im kleinen Land Kärnten! Das sind Dinge, die her­zeigbar sind.

Dieser Antrag hatte das Ziel, dass in der nächsten Zeit keine weiteren Strompreiserhö­hungen vorgenommen werden – für die Ewigkeit können wir nicht reden – und dass der Anteil der erneuerbaren Energie in Österreich erhöht wird.

Die Europäische Union strebt zurzeit, was die erneuerbare Energie anlangt, eine Quote von etwas über 20 Prozent an – derzeit liegt sie bei 12 Prozent. Österreich hat ja die­ses Ziel bereits erreicht. Es wurde auch schon erwähnt, dass das hauptsächlich damit zusammenhängt, dass man, wenn das Land gebirgig ist, Wasserkraft nützen kann, was mit der Donau in Ungarn eher nicht erreicht wird. Kärnten hat bereits 42 Prozent an erneuerbarer Energie.

Ich würde mir trotzdem wünschen, dass die Förderung für Solartechnologie und Photo­voltaik noch erhöht wird, denn die beiden von mir genannten Firmen exportieren mehr als 90 Prozent ins Ausland. Es ist zwar sehr erfreulich für eine österreichische, für eine Kärntner Firma, wenn der Export forciert wird, aber der Prozentsatz ist deshalb so hoch, weil im eigenen Land zu wenig in diesen Bereich investiert wird. Deshalb fordern wir auch eine Erhöhung der Förderung für die Bereiche Photovoltaik und Solarenergie.

Dieser Antrag, der meines Erachtens sehr gut durchdacht ist, fand keine Mehrheit im Nationalrat, deshalb lehnen wir heute dieses Ökostromgesetz ab. (Beifall des Bundes­rates Zwanziger.)

12.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Beer. – Bitte.

 


12.35.12

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir behandeln heute eine Novelle zum Ökostromgesetz. Das Ökostromgesetz ist nicht nur ein österreichisches Thema, son­dern betrifft die gesamte EU, wird in der EU abgehandelt; und die Form, wie wir in Österreich es behandeln, wird wahrscheinlich beispielgebend für die EU sein.

Wir alle haben das langwierige Prüfungsverfahren miterlebt. Es gab sehr viele Gesprä­che, und letztendlich wurde unser Ökostromgesetz von der EU in weiten Teilen goutiert, es kam doch zu einer Einigung, aber wir haben noch ein Thema, das uns noch weiter beschäftigen wird, nämlich der Industriedeckel.

Es wird auch ein Hauptprüfungsverfahren geben, in dem es noch viele Veränderungen und Gespräche über eben diesen Industriedeckel wird geben müssen. Dieser Indus­triedeckel wird nicht nur Österreich betreffen, sondern er muss alle Staaten in der EU betreffen, erstens, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, und zweitens, um ein wirklich europaweit gültiges Gesetz, an das sich alle Mitgliedstaaten halten, zu ermög­lichen.

Dieses Ökostromgesetz gibt uns auch die Möglichkeit der Sicherung von Arbeitsplät­zen in Österreich, zum Beispiel durch den Ausbau von Fernwärme, von Photovoltaik und anderen alternativen Stromerzeugungs- und Energiegewinnungsmaßnahmen.

Aber nicht nur die Sicherung von Arbeitsplätzen, sondern auch die Belebung der Kon­junktur in dieser schwierigen Zeit, die wir jetzt erleben, ist wichtig und wird durch unser Ökostromgesetz ermöglicht. Nicht zuletzt gelingt uns auch eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch die Maßnahmen, die durch das Ökostromgesetz gefördert werden, angeregt werden oder verordnet werden. Im Allgemeinen sind Ökostromanlagen, in welcher Form auch immer – es gibt ja nicht nur einige wenige, über die wir hier ge­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 75

sprochen haben –, auch eine zukunftsträchtige Möglichkeit, Energie zu gewinnen, wenn nicht überhaupt die einzige Möglichkeit in Zukunft, denn wir haben in Österreich schon einen sehr hohen Ausbaugrad bei den Wasserkraftwerken erreicht.

Der Stand der Technik ist aber bei Weitem noch nicht ausreichend, und es muss eine rasche Weiterentwicklung geben. Das bedeutet auch, dass in diesen Bereichen mehr Förderungen – nicht nur Förderungen von unserem Staat, sondern auch von der Wir­tschaft – gewährt und mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung getätigt wer­den müssen. Diese Forschung und Entwicklung kann nicht der Staat allein überneh­men, sondern das ist auch eine Verpflichtung für die Firmen, die mit ihren Entwicklun­gen schlussendlich auch Gewinne machen. Man kann nicht immer die Kosten nur auf den Staat abwälzen und die Gewinne den Privaten überlassen!

Es ist auch schon angesprochen worden, dass hier in Österreich die Förderungen nicht großartig seien. Die Förderung von Ökostrom in Österreich beträgt jedoch, über einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet, 7,53 Cent pro Kilowatt. Deutschland hat – weil Deutschland als recht gut dargestellt wurde – nur eine Förderung von 7,1 Cent pro Kilowatt. Wir liegen damit in Europa in einem ähnlichen Umfeld, es wird bis auf einige wenige Ausnahmen überall so ziemlich das Gleiche bezahlt.

Die Ökostromerzeugung ist aber mit Kosten verbunden. Diese Kosten haben die Wirt­schaft und auch die Endabnehmer, die Konsumenten, die „kleinen“ Konsumenten zu tragen. Wir haben nicht wirklich Sorge, dass sich die Wirtschaft nicht zu Wort meldet, wenn es bei der Abrechnung Unregelmäßigkeiten gibt oder die Abrechnung nicht so genau nachzuvollziehen ist, aber insbesondere für den Konsumenten, für den „kleinen“ Konsumenten gehören diese Kosten überprüft und auch von der Bundeswettbewerbs­behörde kontrolliert. Es ist dazu im Nationalrat auch ein Entschließungsantrag betref­fend die Kontrollmöglichkeiten eingebracht worden. Wir werden uns dann anschauen, wie das funktioniert und ob der Endverbraucher nicht doch unnötig zur Kasse gebeten wird.

Um auch ein bisschen auf den Vorwurf einzugehen, dass in diesem Gesetz eine Schief­lage bezüglich Großabnehmern vorhanden sei: Wir sollten nicht vergessen, dass Groß­abnehmer im Normalfall sehr viele Menschen beschäftigen. Man muss sich anschau­en, welche Industriezweige das benötigen, wie viele Menschen dort eigentlich beschäf­tigt sind. Dass es sicherlich auf Dauer eine Energievermeidung geben muss, ist keine Frage, aber wir sollten nicht versuchen, die Welt an einem Tag zu retten, und schon gar nicht Österreich allein, sondern eben im Konsens des großen europäischen Um­felds und auch mit Maß und Ziel.

Erwähnt sei vielleicht auch noch – aber das ist, glaube ich, heute schon gesagt wor­den –, dass wir eben 35 Millionen € an Förderungen für Photovoltaikanlagen zur Verfü­gung stellen. Das Schöne bei diesen 35 Millionen ist, dass jeder einzelne Häuselbauer persönlich davon profitiert. Das heißt, er erspart sich ein wenig beim Bau und später dann bei seinen Energiekosten. Außerdem ersparen wir uns durch diese Photovoltaik­anlagen wieder CO2-Ausstoß.

Zum Abschluss sei noch gesagt, dass in Österreich einzig und allein ein weiterer Aus­bau von Ökostromanlagen zukunftsweisend ist. Ohne diese Form der Energiegewin­nung werden wir sicherlich in Zukunft zu Energiebeziehern aus dem Ausland werden müssen, da ganz einfach aufgrund der fortschreitenden Technik der Bedarf an Energie immer größer wird.

Es sei auch ganz deutlich gesagt, dass Atomstrom, wie auch in der EU schon disku­tiert, keine Alternative ist und in Österreich auch von der Bevölkerung nicht gewünscht wird. Es sollte niemand versuchen, Atomstrom als Ökostrom zu verkaufen und diese Art der Stromerzeugung als sauber zu bezeichnen. Für den ersten Moment mag es so


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 76

aussehen, als ob es eine saubere Energie wäre, aber: Wer von uns möchte schon den radioaktiven Abfall in seinem Umfeld gelagert haben? Wer möchte neben einem Atom­kraftwerk wohnen, immer in dem Gefühl, mit einem möglichen Störfall konfrontiert zu werden oder vielleicht sogar mit einem Super-gau? – In dieser Gefahr möchte ich nicht leben!

Meiner Meinung nach ist diese Novelle ein weiterer Schritt in Richtung Energieunab­hängigkeit und Erzeugung sauberer Energie. Daher muss man diesem Ökostromge­setz, auch wenn es möglicherweise noch einigen Anpassungsbedarf hat, unbedingt zu­stimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


12.45.00

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Kolleginnen! Ich habe gestern in der Zeitung gelesen, dass die Exporte bis zu 40 Prozent wegbrechen und dass man überlegt, Milliarden an Krediten zur Verfügung zu stellen, damit dieser Wegbruch nicht so schmerzhaft ausfällt. Das kann man – wie im Fall der Bankenkrise – begrüßen, aber die Politik, die sozusagen die Rahmenbe­dingungen festlegt, kann auch eine Wertigkeit einführen. Und zwar könnte man her­gehen und sagen, dass diese Kredithaftungen primär jene Betriebe erhalten, die im Ökoenergiebereich tätig sind. Diese Firmen sollen letztendlich belohnt werden und nicht jene Technologien und Arbeitsweisen, die auf alten Strukturen beruhen. Das ist eine Frage, die die Politik beantworten kann, indem sie festlegt, mit welcher Wertigkeit sie an diese Veränderungen herangeht.

Es treten überall auf der Welt Veränderungen ein, auch in Ländern, in denen es bis vor wenigen Monaten nicht denkbar war. Nur bei uns in Österreich ist man eher ein biss­chen resistent gegen Veränderungen. Man setzt eher auf Altbewährtes und übersieht dabei, welche Chancen wir verpassen. Ich habe mir angesehen, wie wir international mit unserer Energiepolitik dastehen. Ich kann mich noch erinnern, dass Österreich eine Zeit lang wirklich Weltführer war, aber ab dem Jahr 2000 beim Weltklimaschutzindex ziemlich weit nach hinten gerutscht ist. Länder wie Mexiko und Brasilien sind noch vor uns, und das sollte uns doch zu denken geben.

Es sind in der Geschichte dieser Regierung viele Gesetze verabschiedet worden, die nicht verfassungsgemäß waren. Noch nie in der Geschichte dieses Landes haben Poli­tiker und Politikerinnen mit Regierungsverantwortung Fehler gemacht, wo man sich dann der Verantwortung gestellt hat. Wir sind nach wie vor Spitzenreiter, wenn es dar­um geht, dass es eigentlich keine Konsequenzen gibt. Bei uns ist bisher noch niemand zurückgetreten. Diese Klimaverschlechterung auf politischer Ebene wirkt sich auch auf das Klima draußen aus.

Wir befinden uns zweifelsohne weltweit in einer entscheidenden Umbruchsphase, und es ist bedenklich und bedauerlich, dass wir da noch auf althergebrachte Technologien setzen. Ich habe mir von der E-Control eine Tabelle ausgedruckt, bei der es um die österreichische Versorgungssicherheit bezüglich des Stromes geht: Kraftwerksausbau­ten bis 2016. Von den 22 geplanten Kraftwerksbauten sind zehn, die nach wie vor mit fossilen Energieträgern, sprich Gas und Kohle, betrieben werden sollen. Kollege Gott­fried Kneifel ist leider nicht im Saal, ich hätte ihm gerne die Frage gestellt, wie das mit dem geplanten Kraftwerk in Enns ist, wo tatsächlich ein 800 bis 1 000 Megawatt-Kraft­werk mit Kohle betrieben werden soll. – Das kann doch bitte nicht ernst gemeint sein! Alle reden vom Einsatz von erneuerbaren Energien, und wir investieren in eine Ener­


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gie, in eine Technologie aus dem vorigen Jahrhundert, die wieder in eine Abhängigkeit von den Zuliefererstaaten führt. Was wir vor einigen Monaten für Engpässe gehabt ha­ben, was die Gaslieferung betroffen hat, wissen wir alle, das brauchen wir nicht im De­tail auszuführen.

Dass natürlich gewisse Kräfte in diesem Land, die mit der Politik und mit der Wirtschaft und mit dem Bankenwesen und mit dem Energiesektor sehr eng verwoben sind, da massiv auf der Bremse stehen und versuchen, mit allen – wie soll ich sagen? – Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, hier einen Umbruch hinauszuzögern, ist, sage ich ein­mal, aus Ihrer Position heraus (in Richtung Bundesminister Dr. Mitterlehner) verständ­lich, denn keiner wird den Ast absägen, auf dem er sitzt und wo er seine Einnahme­quellen hat, aber, bitte, gesellschaftspolitisch, wirtschaftspolitisch und auch für die Um­welt ist das ein Wahnsinn. Wir müssen den Schwenk auf die erneuerbaren Energien vollziehen.

Herr Minister, Sie sind aus Oberösterreich – wissen Sie, dass wir dort hervorragende Fir­men haben, die in diesem Bereich tätig sind? Es wird jede sechste Solarzelle in Ober­österreich produziert, die in Export gehen, jeder fünfte Pelletsheizkessel. Die Firmen schreien nach qualifiziertem Personal. Es gibt Ressourcen, aber was es nicht gibt, sind Rahmenbedingungen, um das weiter auszubauen; sei es in der Forschung, sei es in der Technologie, sei es auch in der Subvention.

Wie wir in der Debatte vorhin gehört haben: Jeder schreit danach, aber wie das finan­ziert werden soll, wird nicht geklärt. Die Wirtschaft sagt: Nein, nicht mehr an finanzieller Belastung!, den Kunden mutet man das auch nicht zu. Dann stellt sich natürlich be­rechtigterweise die Frage: Wer soll das finanzieren? Und das ist eine Frage der Wer­tigkeit. Wenn wir uns anschauen, wofür in den letzten Monaten und Jahren Geld aus­gegeben worden ist, Eurofighter, Lärmschutzwände, die keiner braucht, und so weiter, dann ist für mich klar: Es ist eine Frage der Wertigkeit! Das Geld ist vorhanden.

Wir sollten es nicht verabsäumen, in diese Technologien massiv zu investieren, denn letztendlich profitieren alle davon. Treibhausgase und Luftverschmutzung werden zu­nehmen, wenn wir so weitermachen, die Importabhängigkeit wird auch beibehalten, und unsere Entscheidungsfähigkeit hat einen begrenzten Handlungsspielraum. Die Ressourcen werden knapper, und das heißt, dass die Preise steigen werden. Knappe Ressourcen bedeuten gleichzeitig auch Konflikte um die Ressourcen. Daher ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man Milliarden in ein Pipeline-Projekt hineinsteckt, wenn man eine Wirtschaft vor Ort hat, die gut aufgestellt ist, die nach qualifizierten Mit­arbeitern schreit, wodurch auch die Wertschöpfung im Land bleiben kann und man gleichzeitig die Umwelt schont. Dass man angesichts dessen Geld ins Ausland trans­feriert, das ist für mich wirklich nicht nachvollziehbar. Da werden Sie noch einigen Er­klärungsbedarf haben.

Eines kann ich Ihnen garantieren: dass wir mit derartigen Projekten die Kyoto-Ziele si­cher nicht erreichen werden. Das sind nette Zahlenspiele, die wir uns vorgenommen haben, und jeder Experte/jede Expertin, mit dem/der Sie reden, wird Ihnen bestätigen, dass sich selbst dann, wenn wir die Ziele heute europaweit und weltweit erreichen wür­den, die Klimaerwärmung um zwei Grad erhöhen wird. Wissen Sie, was zwei Grad be­deuten? – Dass viele Landstriche unter Wasser stehen werden, dass Ernteausfälle drohen – und das führt von der Energiepolitik zu der Thematik, über die wir vorhin ge­sprochen haben, zur Asylpolitik.

Sehr viele Menschen werden ihre Existenzgrundlage verlieren, werden aufgrund dieser Veränderungen gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen. Sie werden zwar nicht poli­tisch verfolgt, sondern sie müssen einfach wirklich gehen, weil sie ihre Existenzgrund­lage verlieren werden. Dem könnte man entgegenwirken, wenn man eine kluge Politik


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mit Weitblick machen und eben massiv in Technologien investieren würde, die umwelt­schonend sind, die auch die Wertschöpfung in Österreich belassen, die auch sehr viel Potenzial für junge Leute bieten, dass diese eine ordentliche Ausbildung bekommen, und die eben nicht so sehr abhängig sind von den Entwicklungen auf dem Arbeits­markt.

Das ist eine Zukunftsbranche, die im Aufwind ist. Ich sehe das an der Fachhochschule in Oberösterreich für Ökoenergietechnik. Dort gibt es Studiengänge, die überbucht sind, und die Studenten/Studentinnen dieser Fachhochschule sind in der glücklichen Posi­tion, dass sich Firmen schon in deren Warteschleife hängen und wirklich in einem Wett­bewerb versuchen, sie anzuwerben, noch bevor das Studium abgeschlossen ist, weil sie gefragte Kräfte sind. Also da ist sehr viel Bedarf. (Beifall der Bundesräte Kersch­baum, Schennach und Mitterer.)

Eines noch abschließend: Die IEA empfiehlt, dass bis zum Jahr 2030 10,5 Billionen Dol­lar in Energieeffizienz und alternative Energieträger investiert werden sollen. Wir könn­ten an diesem Kuchen ein riesengroßes Stückchen mitschneiden, wenn wir die Wei­chen dafür schon heute stellen würden. Das Know-how ist vorhanden, die Firmen sind vorhanden, an den politischen Rahmenbedingungen müssen wir alle miteinander noch ein bisschen arbeiten. – Danke. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum, Schennach und Mitterer.)

12.54


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Ertl. – Bitte.

 


12.54.51

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Kollege Dönmez, ein bisschen weit hergeholt scheint mir das schon zu sein, den Klimawandel mit dem Asylproblem zu vergleichen. (Bundesrätin Kerschbaum: Na, bitte, was denn?)

Aber nichtsdestotrotz spreche ich zum Ökostromgesetz. – Mehr als 1 000 € bezahlt je­der Österreicher für fossile Energieträger, für Öl, für Gas, und das jährlich. Mit steigen­den Energiepreisen werden wir fast täglich belastet. Wir fördern damit Arbeitsplätze und Reichtum im Ausland. Es ist notwendig, dass wir aber die Schätze, die wir haben, für uns selbst nutzen. Wir haben Wasserkraft, wir haben Biomasse, wir haben Geother­mie, Windkraft, die Kraft der Sonne – all das kann von uns genutzt werden. Leider lei­den wir unter den gesetzlichen Voraussetzungen.

Das Ökostromgesetz, das 2006 beschlossen worden ist, ist leider ein Ökostromverhin­derungsgesetz. Nach vielen Monaten Wartezeit ist ein neues Ökostromgesetz von der EU genehmigt worden, zumindest teilweise genehmigt worden, das auch nicht ganz unseren Vorstellungen entspricht und meilenweit von einem Ökostromgesetz, das es in Deutschland gibt, entfernt ist. Wenn wir aber diesem Gesetz nicht zustimmen, die not­wendige Zweidrittelmehrheit nicht herstellen, dann muss wiederum ein Neuentwurf no­tifiziert werden, und es würden wieder viele Monate vergehen, bis wir uns von dem Ökostromgesetz 2006 verabschieden könnten. Deswegen haben wir uns entschlossen, diesem Gesetz zuzustimmen. Wir werden diesem Gesetz, mit dem wir bei Weitem nicht zufrieden sind, zustimmen, weil es besser ist als das, was wir bis jetzt gehabt ha­ben.

Es ist aber auch gelungen in sehr zähen Verhandlungen mit der Regierung, für die Photovoltaik Verbesserungen zu erreichen. Unmittelbar nach Beschluss dieses Öko­stromgesetzes werden bereits die Verhandlungen für ein neues Ökostromgesetz be­ginnen. Sichergestellt ist, dass mehr Geld für die Photovoltaik zur Verfügung gestellt


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wird, für Investitionsförderungen, und dass die Deckelungen für die Photovoltaikförde­rungen angegriffen und geöffnet werden. Damit kann sich Österreich auf die Strom­preisparität, die wir zirka im Jahr 2015 erreichen werden, vorbereiten. Etwa dann wird Strom aus einer Photovoltaikanlage gleich teuer sein, wenn nicht sogar billiger als nor­mal bezogener Strom, und der private Strombezieher wird daraus einen Nutzen ziehen können.

Wenn sich die heimischen Firmen auf diesen bevorstehenden und von jedem Experten vorhergesagten Boom nicht vorbereiten können, dann werden erfolgreiche Unterneh­men aus dem benachbarten Ausland nach Österreich hereinarbeiten und dann haben wir wieder das Nachsehen. Deswegen ist es notwendig, jetzt Geld in die Hand zu neh­men und damit die erneuerbare Energie zu fördern. Manche tun so, als wäre erneuer­bare Energie zu teuer und nicht leistbar. Das entspricht aber nicht der Wahrheit. Es wäre viel zu teuer, jetzt nicht auf jene Quellen der erneuerbaren Energie, die wir in Ös­terreich haben, umzusteigen. Geothermie, Wasserkraft oder die Kraft der Sonne: Sie alle schicken keine Rechnungen! Das alles haben wir gratis und hier zur Verfügung.

Es war notwendig, im Rahmen der Verhandlungen mit den Regierungsparteien bei der Investitionsförderung darauf zu achten, dass dieser Förderwettlauf, den es immer wie­der gibt, beendet wird. Sie wissen, man muss vor dem Computer sitzen, der Schnellste bekommt dann die Förderung. Es müsste daher mehr Geld in die Hand genommen werden und müsste vorgesorgt werden, dass jene Menschen, die sich für eine Photo­voltaikanlage entscheiden, auch mit einer Unterstützung durch den Staat rechnen kön­nen.

Jeder, der für sich auf erneuerbare Energie setzt, entlastet den öffentlichen Haushalt, Wir müssen Emissionszertifikate und Umweltförderung im Ausland zukaufen, um unse­re Klimaschutzziele zu erreichen. Aber diese Klimaschutzziele werden wir und können wir zurzeit nicht erreichen.

Meine Damen und Herren! Erneuerbare Energie und Ökostrom sind nicht aufzuhalten – helfen wir mit! Der Einzige, der eine Umstellung auf erneuerbare Energie am meisten behindert, ist die Politik. Die fossilen Energievorräte werden in absehbarer Zeit zu En­de gehen – nicht ob, sondern wann, wird die Frage sein! Erneuerbare Energie führt zum Ende der politischen Erpressbarkeit durch Abkehr vom fossil-atomaren Altsystem.

Arbeitsplätze schaffen und bestehende Arbeitsplätze sichern: Investitionen in die Ener­gieautonomie Österreichs stellen eine Möglichkeit dar, gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen, Wertschöpfung und technologischen Vorsprung für Österreich zu erreichen und die Natur zu schonen.

Klimaschutz: Versuche der fossil-atomaren Industrie, Kompromiss- und Übergangslö­sungen als Alternativen zu einer nachhaltigen Energiewirtschaft zu präsentieren, kön­nen nur als Zeitschinderei aufgefasst werden. Fazit: Fossile Ressourcen, die verbren­nen, sind endgültig verloren. Sie gelangen im Endeffekt als CO2 in die Atmosphäre. Bei umfassender Umstellung auf erneuerbare Energie könnten auch wir die Kyoto-Ziele er­reichen.

Ein ehrliches Energiekonzept muss deshalb die Information beinhalten, dass ein Um­stieg auf heimische, nachhaltige Energieformen nicht ohne innovative Ideen, ohne Sparsamkeit und ohne Fleiß zu haben sein wird. Aber wenn man bedenkt, welch groß­artige Leistungen vom österreichischen Volk in diesem Land schon erbracht worden sind, dann ist es für einen undenkbar, dass der Umstieg auf eigene, erneuerbare Ener­gie nicht gelingen würde. Ein kleiner politischer Wille wird vieles in unserem Land zu unser aller Gunsten ändern.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 80

Helfen wir mit, dass sich auch die heimischen Firmen im Markt der erneuerbaren Ener­gie etablieren können, dass sich jeder Österreicher eine Ökostromanlage leisten kann und dass wir unsere Klimaschutzziele erreichen können! Wir werden uns auch weiter­hin dafür einsetzen, dass wir schon in wenigen Jahren auch in Österreich ein Erneuer­bare-Energie-Gesetz haben werden. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

13.02


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Schennach. – Bitte.

 


13.02.18

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Diese heutige Beschlussfassung tut einfach weh! Sie tut aus verschiedenen Gründen weh.

Zum einen, Herr Kollege Ertl, ist die FPÖ zu früh vom Verhandlungstisch aufgestan­den. Es hätte wahrscheinlich mehr Sinn gemacht – da Sie hier ja nahezu eine Kontra­rede gehalten haben –, mit den beiden Oppositionsparteien noch etwas länger zu ver­handeln. Es mag schon stimmen, und es stimmt, dass es im Bereich der Photovoltaik nun 35 Millionen € mehr gibt. Aber diese 35 Millionen werden nicht hinzugefügt, sondern sie werden zu Lasten anderer Ökoenergieprojekte abgezogen! Das heißt, da kommt nichts hinzu, es ist lediglich eine Umschichtung.

Sie sagen, dieses Gesetz, dem Sie heute zustimmen, muss dringend verbessert und neu verhandelt werden. Ich garantiere Ihnen, Sie werden in nächster Zeit keinerlei Ver­handlungen dazu erleben!

Es tut doppelt weh, wenn man die Wurzeln des zuständigen Ministers sieht. Der zu­ständige Minister kommt aus Oberösterreich, einem Land, das, was die Ökoenergie­technik betrifft, sich in einer Weise dynamisch aufstellt wie kein anderes Bundesland in Österreich. Wenn man einmal schaut, was in Oberösterreich an Solaranlagen geschaf­fen wurde, so sieht man in den letzten Jahren ein Ausmaß – und ich glaube, alle, die einmal ein Fußballfeld durchschritten haben, wissen, dass das ein langer Weg ist –, dass dort Solarzellen im Ausmaß von hundert Fußballfeldern auf die Dächer gesetzt wurden. 150 Firmen in Oberösterreich haben sich zum Öko-Cluster zusammengeschlos­sen. Oberösterreich ist das einzige Bundesland, das tatsächlich eine CO2-Reduktion geschafft hat, eine echte CO2-Reduktion, im Gegensatz zu allen anderen Bundeslän­dern.

Das heißt – und das tut so weh –, dass wir auf der einen Seite immer wieder diese Lip­penbekenntnisse zur erneuerbaren Energie und zur Nachhaltigkeit haben, aber wenn es dann auf die Nagelprobe ankommt – und dieses Ökoenergiegesetz ist eine Nagel­probe –, dann versagt der österreichische Gesetzgeber. Dann bringt der österreichi­sche Gesetzgeber nicht jenen Punch auf die Bretter, der notwendig wäre.

Die nächsten Jahre – egal, ob in Österreich oder in der Europäischen Union – sind ganz entscheidende Jahre dafür, ob uns in Europa und in Österreich der wirkliche Um­stieg im Bereich der Ökoenergie und der Einstieg in die erneuerbare Energie gelingen wird. Nicht „Nabucco“ schafft das, sondern die Berechnungen des Club of Rome zei­gen, dass mit einer Investition von 85 Milliarden € Europa umgestellt werden kann. Wir sehen, dass die EU zum Beispiel im Rahmen der Euro-Mediterranen Partnerschaft nun 5 Milliarden € in die Hand nimmt, um im euro-mediterranen Raum den Einstieg in die erneuerbare Energie zu fördern.

Das ist derselbe Betrag, den die EU zur Abwendung der Wirtschafts- und Finanzkrise aufgewendet hat! Das zeigt weiters vor dem Hintergrund der 20/20/20-Ziele oder vor dem Hintergrund der Beschlussfassung der französischen Regierung, was zum Bei­


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spiel die Energieautarkie öffentlicher Gebäude betrifft, dass hier ein Zug auf der Schie­ne ist.

Österreich könnte hier enorm aufgestellt sein, würde auch der heimische Markt ent­sprechend gefördert werden. Drei österreichische Photovoltaik-Anbieter gehören näm­lich heute bereits zur Weltspitze; zwei sind Marktführer, einer ist Zweiter. Der eine kommt aus Tirol und hat noch nie eine Zelle in Österreich verkauft. Er hat – wenn man die Tiroler Energiebilanz anschaut, wonach über 50 Prozent aller Haushalte mit Öl be­heizt werden – einen Teil seines Werkes nun nach Güssing verlegt.

Güssing hat die Energieautarkie geschafft, und der Bürgermeister von Güssing hat ge­sagt: Wir produzieren den Strom, und wir können den Strom zu Preisen anbieten, die wir bestimmen. Deshalb kommt es nun zu dieser massiven Betriebsansiedlung in Güs­sing, zu diesen vielen Arbeitsplätzen, die in Güssing geschaffen worden sind und die den Menschen von Güssing das Auspendeln ersparen. Es sind über 1 300 Arbeits­plätze allein in Güssing! Früher, bevor die Ökostrom-Revolte oder Ökoenergie-Revolte passiert ist, mussten diese Menschen nach Wien pendeln und galt das als ein benach­teiligtes Gebiet.

Es ist ja interessant: Wenn es eine Regierung ernst meint, so wie es derzeit die franzö­sische Regierung in der Tat tut, dann müssen in Österreich Hotelbetten freigemacht werden. Erst kürzlich war eine große Delegation von Bürgermeistern aus der Bretagne hier und hat die österreichischen Orte besucht, die genau jene Energieautarkie bieten, welche herzustellen sie jetzt in Frankreich gezwungen werden. So waren sie zum Bei­spiel in Güssing, sie waren in Wels, in Munderfing und so weiter. Das alles sind hoch dekorierte, einsame Orte, dort kommt man sich ein bisschen schon so vor, als würde man Asterix, Obelix und deren Dorf sehen – weil die österreichische Gesetzgebung nicht dem entspricht, was wir benötigen würden!

Herr Kollege Ertl, das mit dem Asyl war kein Scherz von Herrn Dönmez. Ich kann Ihnen auch gerne die Unterlagen dazu geben. Wissen Sie, dass aufgrund des Klima­wandels ein Staat des Pazifiks bereits als gesamter Staat Asyl bekommen hat, heute Staatsgebiet auf Neuseeland und als Gesamtstaat Asyl bekommen hat? – Drei weitere sind derzeit akut bedroht. Ökokatastrophen und Verwüstungen generell werden auch entsprechend neue Flüchtlingsströme nach sich ziehen.

Deutschland hat es ernst gemeint, und wir sehen heute bei den Anbietern eine sehr starke deutsch-schweizerische Schiene, was die erneuerbaren Energien betrifft. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, auch wenn zum Beispiel die oberösterreichische Wirtschaft, Herr Bundesminister, hier wahrlich dagegenhält, nämlich mit dem, was Kol­lege Dönmez erwähnt hat: Jede fünfte thermische Solaranlage in der EU kommt aus Oberösterreich, jede sechste Pellets-Heizung der EU kommt aus Oberösterreich – und das trotz der Grundlagen, muss man dazusagen, die es hier in Österreich gibt!

Kollege Brunner hat von Transparenz gesprochen. Ja, Transparenz wurde gerade ein­gefordert. Und zwar sagt die E-Control, die ja die Aufsicht über die Mehrausgaben, die Mehraufwendungen bei Ökostrom führt, es sagt Herr Boltz von der E-Control:

„Wir haben die Mehraufwendungen während der letzten 3 Jahre genau unter die Lupe genommen und kommen heute zu folgendem Ergebnis: Es besteht der dringende Ver­dacht, dass die von Stromlieferanten an ihre Stromkunden weiter verrechneten Öko­stromaufwendungen in stark überhöhtem Ausmaß weiter gegeben werden.“

Boltz sagt weiters:

„Wenn es sich bestätigt, dass diese Ökostromkosten überhöht weiter verrechnet wer­den, dann ist das Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.“


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 82

Von wegen Transparenz! Diese Transparenz tut not und gehört dazu. Ich fordere Sie auf, Herr Bundesminister, diesem Verdacht nachzugehen. Wir wissen schon, dass hin­ter dieser Ökostrom-Einigung – nicht von Ihrer Seite, aber von Regierungsseite – stark die marktbeherrschenden Energiekonzerne mit die Feder geführt haben, denn nur so kann man verstehen, dass es doch zu einer krassen Benachteiligung gekommen ist. Dieses Wollen – wenn wir uns das zum Beispiel in Schweden oder in den baltischen Staaten anschauen: wir wollen diese erneuerbaren Energien durchsetzen! – spüren wir hier in Österreich nicht.

Ein letzter Punkt ist die Nicht-Wiederauflegung des zweiten Althaussanierungsschecks aus Bundesmitteln. Das ist ein schwerer Schlag! Es kostet in einer Zeit, in der wir um jeden Arbeitsplatz kämpfen, zirka 7 000 Arbeitsplätze. Beziehungsweise, positiv formu­liert, wir könnten hier 7 000 Arbeitsplätze schaffen! Die Förderung der Althaussanie­rung geht nicht an große Firmen, sondern gefördert werden die kleinen Firmen vor Ort. Das ist nämlich eine Handarbeits- und arbeitsintensive Tätigkeit.

Wir haben Sie dringend ersucht, diesen zweiten Althaussanierungsscheck wiederauf­zulegen, 10 000 Häuser zu sanieren, Arbeitsplätze zu schaffen und es den Menschen dadurch zu ermöglichen, 90 Prozent ihrer Energiekosten einzusparen. Den gibt es nicht mehr! Das ist genau das, was umgekehrt die französische Regierung ihren Bür­germeistern nun zur Auflage macht, aber wir legen ein neuerliches Ökostromgesetz vor und verzichten genau auf diesen ganz, ganz wichtigen Punkt, der Arbeitsplätze schafft. Das tut weh – weil ich gesagt habe, es tut weh.

Da könnten wir in der Tat zeigen, dass Ökoenergie nicht nur unser Anteil entsprechend unseren Verpflichtungen ist, die wir im Emission Trading ohnedies eingehen müssen – da haben wir hohe Ausgaben zu erwarten, da können wir wirkliche Schritte zur Redu­zierung des Ausstoßes von CO2 und von Treibhausgasen erbringen –, sondern dass wir bei einer massiven Förderung dieser Wirtschaft gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen. Die Ökoenergie schafft Arbeitsplätze!

In Oberösterreich – Herr Minister, Sie wissen das ganz genau – wurde der Lehrberuf Ökoenergietechniker/-technikerin zum ersten Mal eingeführt. Heute ist das ein bundes­weiter Lehrberuf. In Wels gibt es die Fachhochschule für Ökoenergietechniker/-techni­kerinnen. Das heißt, wir haben hier ein Doppelstudium, einerseits als Lehre, anderer­seits als Studium. Da rede ich noch gar nicht von den Solarinstallateuren und -installa­teurinnen, die wir in der Folge bekommen.

Das heißt, der gesamte Arbeitsmarkt ist betroffen. Zum Beispiel eine Studie der Univer­sität Linz besagt, dass wir bei einem entsprechenden Investitionsprogramm – die ober­österreichische Landesregierung hat sich ja dazu bekannt, bis 2030 energieautark zu werden, und hat auch entsprechende Schritte in Gang gesetzt – allein in den nächsten sechs Jahren in Oberösterreich 50 000 sichere Arbeitsplätze schaffen.

Aber das geht nur, wenn auch die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen mithalten! Dazu gehört ein ambitioniertes Ökostromgesetz, aber nicht dieses Ökostromgesetz, das uns hier vorgelegt wird und das in seinem Kern einfach eine Mogelpackung ist. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)

13.15


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Hensler. – Bitte.

 


13.16.00

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die Diskussion recht aufmerksam mitverfolgt. Erlauben Sie mir, dass ich da persönlich etwas sage. Es ist si­


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cher unbestritten, all diese Argumente, egal, in welchem Bereich sie sich bewegen, ge­hen in diese Richtung, gerade auch von den Grünen – und da gebe ich meinem Kol­legen Magnus Brunner sehr wohl recht –: Es könnte immer mehr sein. Das ist unbe­stritten.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme aus der Region, dem Bezirk Bruck an der Leitha. Im unmittelbaren Bereich gibt es dort 250 Windräder, im Umkreis von sieben, acht Kilometern vier bis fünf Biogasanlagen. Sie werden verstehen, ich weiß, wovon ich spreche, und ich sage hier bewusst: Es war höchste Zeit – und danke schön, Herr Bundesminister! –, dass dieses Gesetz beschlossen wurde. Es ist ganz einfach eine Grundvoraussetzung gewesen, in sehr vielen Bereichen, für Menschen, die mehr gegeben haben, die sehr wohl erkannt haben, dass erneuerbare Energie nicht nur eine Sache von Lippenbekenntnissen ist, sondern Taten gesetzt haben, die gesagt haben: Jawohl, wir steigen in diese Energie ein; jawohl, wir tragen dazu bei, dass wir eine schönere Umwelt haben; jawohl, wir sind dabei!

Aus diesem Grund bin ich davon überzeugt, dass dieses Gesetz bei Gott nicht der letz­te Schritt ist. Es ist aber der richtige Schritt in die richtige Richtung, Herr Bundesminis­ter!

Aber erlauben Sie mir jetzt, vom Standpunkt der Landwirtschaft ein paar Worte zu sa­gen. Es ist für uns in der österreichischen Landwirtschaft so: Es hat Priorität, dass wir den Tisch der Österreicherinnen und Österreicher decken; dann kommt der Futtertrog, und dann natürlich erneuerbare Energie. Wie ich bereits erwähnt habe, ist das wichtig: Wir brauchen diese erneuerbare Energie, wir brauchen saubere Energie und Unabhän­gigkeit vom Ausland.

Sie kennen ja alle – es ist auch heute bereits angerissen worden, und die Diskussion darüber gab es in den letzten Jahren immer wieder – die Probleme im Hinblick auf Ukraine, Russland und vieles mehr. Ich sage Ihnen hier ganz offen und ehrlich: Alle, die Verantwortung tragen, sollen sich im Klaren sein, dass es wichtig ist, auf Eigenini­tiative zu setzen, und dass es wichtig ist, auch einen gewissen Beitrag zu leisten, wenn man nicht vom Ausland abhängig sein will!

Es geht dabei um Arbeitsplätze in unserer Region. Es sind dies Arbeitsplätze hier in unserer Heimat und nicht im Osten. Darum ist es, glaube ich, unheimlich wichtig, dass es diese Unabhängigkeit gibt. Es sind ja bei uns, wenn man es zusammenrechnet, na­hezu oder mehr als 70 000 Arbeitsplätze, und das ist wichtig.

Es geht ganz einfach Hand in Hand, und das ist eine Grundvoraussetzung für die Zu­kunft. Speziell für bäuerliche Betriebe – das möchte ich nicht verhehlen – ist Biomasse wichtig. Es ergibt sich daraus auch ein zusätzliches Einkommen. Es ist ganz einfach für unsere Bauern – das wurde heute bereits kurz erwähnt – in einer schwierigen Lage ein gewisses Standbein. Aber das brauchen wir, um dahin gehend auch gewisse Rah­menbedingungen zu schaffen.

Ich möchte jetzt gar nicht mehr darauf eingehen, denn es ist ja schon besprochen wor­den, wo die großen Vorteile liegen. Für mich ist der Hauptvorteil, dass es ganz einfach etwas gibt, dass etwas da ist, das wir in der Landwirtschaft für den Konsumenten be­reitstellen können.

Abschließend: Der Anteil erneuerbarer Energie an der Erzeugung in Österreich beträgt derzeit 66 Prozent. Das sollte wesentlich erhöht werden, der angestrebte Prozentsatz ist ja bereits genannt worden.

Ich möchte dieser Bundesregierung danke schön sagen, und danke auch Ihnen, ge­schätzter Herr Bundesminister und auch Herrn Bundesminister Berlakovich. Es ist ein Gesetz, das da ist, ein Gesetz, das wir zum gegebenen Zeitpunkt brauchen, ein Ge­


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setz, das in die richtige Richtung weist, Richtung alternative Energie für Konsumenten und Produzenten. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch eine Bitte an dich, geschätzter Herr Bundesminister: Über Einspeistarife, den Rohstoffzuschlag wird ja bereits verhandelt. Ich ersuche dich, diese beiden Werte auf ein gerechtes und kostendeckendes Niveau anzuheben.

Wir werden diesem Gesetz sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Reisenberger.)

13.22


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Winterauer. – Bitte.

 


13.22.20

Bundesrat Reinhard Winterauer (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsiden­tin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weshalb dieses Ökostromgesetz ... (Rufe bei der ÖVP: Und der Minister?!)

Herr Bundesminister! Alle! Oftmals übersieht man die wichtigsten Leute, aber ich kom­me noch auf Sie zurück.

Weshalb dieses Ökostromgesetz novelliert wird, ist von meinen Vorrednern ausrei­chend dargelegt worden. Selbstverständlich stimmt unsere Fraktion dieser Gesetzes­änderung zu, und ich selbst tue das wirklich mit Genugtuung. Mit Genugtuung deshalb, weil ich mich als gelernter Verfahrenstechniker seit Jahrzehnten der Nutzung der alter­nativen Energie zuwende, und das nicht nur persönlich, sondern auch dort, wo ich poli­tisch Verantwortung getragen habe. Wir haben etwa 1983 in unserem Bundesland die erste thermische Solarnutzung für unser Parkbad eingeführt. Wir haben 1985 – also schon vor etwa 25 Jahren – eine Biomasseheizung für die Volksschule errichtet, und wir haben – ich glaube, das war 1988 – für unser Rathaus die geothermische Energie genutzt. Das hat bis hin nach Japan Exkursionen ausgelöst.

Das heißt, wir haben da schon lange eine Vorreiterrolle eingenommen. Umso mehr er­freut mich natürlich, dass Kollege Schennach die Situation in Oberösterreich gelobt hat. Ich vermute allerdings, dass es da bisher einfach eine kleine Informationslücke ge­geben hat. Also ungefähr so: Seit Anschober in der Landesregierung ist, wissen wir es, sind wir auch auf dem aktuellen Informationsstand, was geschieht. Die Oberösterrei­chische Kraftwerke AG, jetzt Energie AG Oberösterreich hat nämlich schon vor über 25 Jahren in meiner Nachbargemeinde ein Solarkraftwerk errichtet, um damit die Dop­pelsesselbahn auf den Loser zu betreiben. Auch in Seewalchen gibt es schon seit über 20 Jahren ein Solarkraftwerk. Das gibt es also alles schon sehr lange, aber es kann sicherlich nicht genug getan werden.

Ich bin in diesem Punkt wirklich auch ein bisschen enttäuscht von den Grünen, das muss ich ganz ehrlich sagen. Aus den Beiträgen der Kollegin Kerschbaum und des Kollegen Dönmez habe ich den Eindruck gewonnen, dass euch die Fundamental­opposition wichtiger ist als ein ökosozialer Fortschritt. Ihr habt herumgeeiert, Haare in der Suppe gesucht, weswegen man jetzt unbedingt dagegen sein muss. (Bundesrätin Kerschbaum: Da gibt es sehr viele Haare!) Es war einfach unglaubwürdig, was ihr da geboten habt.

Umso mehr hat mich überrascht, dass die FPÖ diesem Gesetz zustimmt. Sie stimmt aber nicht nur zu. Dafür sind wir natürlich dankbar. Ich persönlich bin wirklich für ihren Vorstoß dankbar, die privaten Kleinphotovoltaikanlagen zu fördern. Ich profitiere davon sozusagen auch in meiner engsten Umgebung. Ich habe zu Hause eine große thermi­sche Solaranlage für die Warmwasserbereitung, und es ist mir ein Anliegen, auch eine


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Photovoltaikanlage zu installieren. Ich werde dann also auch einer der Ersten sein, der versucht, diese Förderung zu nutzen.

Es gibt jedoch immer auch dieses betriebswirtschaftliche Argument, das ja richtig ist. Die Photovoltaik rechnet sich nicht beziehungsweise rechnet sich nur dort, wo es sinn­vollerweise autonomen Betrieb gibt wie zum Beispiel bei Schutzhütten, Almhütten oder sonstigen Einsatzorten, wo kein Versorgungsnetz vorhanden ist. Wo die Anschlusskos­ten ins Gewicht fallen, da rechnet sich Photovoltaik also ohnedies. Wenn jedoch ein Versorgungsnetz zur Verfügung steht, dann wird immer dieses betriebswirtschaftliche Argument vorgebracht und auf den Kilowattstundenpreis verwiesen. Da gibt es also im­mer den Aspekt des wirtschaftlichen Erfolges zu beachten.

Weshalb bin ich trotzdem so dankbar? – Da das für Kleinanlagen genutzt werden kann, weil es sich in erster Linie oder fast ausschließlich auf den privaten Haushalt bezieht, gibt es für mich jedoch auch noch eine hauswirtschaftliche Komponente. (Bundesrätin Kerschbaum: Ja, warum geht es da immer nur um Einfamilienhäuser und nicht auch um Sozialwohnungen?) Unter hauswirtschaftlicher Komponente, Kollegin Kerschbaum, verstehe ich, dass ich auch keine betriebswirtschaftliche Begründung finden werde, wenn ich mir eine neue Küche oder ein neues Wohnzimmer kaufe. (Bundesrätin Kerschbaum: Und für Sozialwohnungen gilt das nicht?) Das muss ich also schon da­zusagen, aber vielleicht sind Sie, Kollegin Kerschbaum, in der Hauswirtschaft noch nicht ganz so versiert, das gestehe ich Ihnen zu. (Beifall des Bundesrates Gruber.)

Deshalb glaube ich auch an eine Breitenwirkung der Photovoltaik. Mein innerster Traum ist überhaupt der, dass ich einmal ein marktfähiges Elektroauto bekomme, bei jeder Radnabe ein Motor, ABS und ASR, natürlich elektronisch gesteuert und mit Batterie betrieben. Die Batterie wird mit Solarenergie geladen. Die Tankstelle der Zukunft: Ich komme zur Tankstelle, hole mir eine andere Batterieeinschubeinheit und die alte wird wieder mit Photovoltaik aufgeladen. Mit solchen Produkten könnten wir Breitenwirkung auch in privaten Haushalten erzielen.

Der Grund, weshalb diese Novelle notwendig wurde, ist die sogenannte Industriede­ckelung. Lassen Sie mich noch ein Beispiel anführen aus dem Betrieb, in dem ich ur­sprünglich als Techniker gearbeitet habe. Der Betrieb erzeugt Graphitelektroden. Zur Erzeugung dieser Graphitelektroden ist im dritten Produktionsschritt besonders viel elektrische Energie notwendig. Da wird nämlich bei einer Temperatur von 2 900 bis 3 200 Grad, also etwa Lichtbogentemperatur, das Molekulargefüge der Kohleelektro­den in ein Graphitgefüge umgewandelt. Das hat einen enorm hohen Strombedarf zur Folge, weil ein solcher Ofen einen Anschlusswert von 5 Megawatt hat.

Es wäre nicht einzusehen, wenn die Aufschlagszahlungen nicht gedeckelt würden. Das dient der Standortsicherung. Deshalb, Kollegin Kerschbaum, habe ich vorhin vom öko­sozialen Fortschritt gesprochen, weil es sich dabei auch um eine Sicherung des Stand­orts handelt.

Man sollte auch nicht immer versuchen, Extrempositionen einzunehmen. Sicherlich kann man auch Visionen entwickeln, aber Politik in der Praxis war für mich immer die Kunst des Machbaren. Und ich denke, dieses Gesetz ist auch ein Teil dieser Kunst des Machbaren.

Da ich jetzt gerade von Politik spreche: Frau Präsidentin! Mit Verlaub, das ist mein letz­ter Auftritt hier im Parlament nach 35 Jahren Kommunalpolitik, sieben Jahren Landes­politik und drei Jahren Bundespolitik, mit wechselndem Erfolg, das muss ich auch da­zusagen (allgemeine Heiterkeit), aber doch sehr intensiv, denn ich gehe in den beruf­lichen und jetzt auch politischen Ruhestand. Ich habe das alles sehr intensiv und live erlebt. Das Spannendste war die Kommunalpolitik, weil man da unmittelbar am Ge­


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schehen und beim Bürger ist. Man kann unmittelbar für die Lebensqualität der Betrof­fenen sorgen.

In diesem Zusammenhang habe ich noch einen Wunsch: Wir sind zwar eine Länder­kammer, keine Frage, aber trotzdem auch im weitesten Sinne zuständig für die föde­rale Struktur dieser Republik. Da jedoch die Landesinteressen in der Praxis, und das haben wir schon oft in diesem Haus diskutiert, in hohem Maße von der, zwar verfas­sungsmäßig nicht verankerten, aber trotzdem institutionalisierten Landeshauptleute­konferenz wahrgenommen werden, sollten wir uns vermehrt der Belange der Städte und Gemeinden annehmen. Ich denke, dass sich die Kommunen unsere Unterstützung verdient haben. Dort findet die Politik vor Ort für unmittelbare Lebensqualität statt, und dabei haben sich die Kommunen unsere, und dann vor allen Dingen eure Unterstüt­zung verdient.

Ich wünsche allen viel persönlichen und politischen Erfolg und danke für die schönen Stunden, die ich hier verbringen durfte, und für die interessante Tätigkeit. (Allgemeiner lang anhaltender Beifall.)

13.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bevor ich Herrn Bundesminister Mitterleh­ner das Wort erteile, darf ich diese letzte Rede des Kollegen Winterauer zum Anlass nehmen, ihm und auch dem Herrn Kollegen Einwallner, den wir heute – vorübergehend wie ich hoffe – zum letzten Mal in diesem Hause sehen, alles Gute für den weiteren Lebensweg zu wünschen. Herzlichen Dank für die intensive Arbeit zum Wohle dieses Hauses! (Allgemeiner Beifall.)

Die Wünsche gelten natürlich auch für die heute abwesenden Bundesräte.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


13.33.30

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Auch von mei­ner Seite alles Gute für Kollegen Winterauer. Sie haben es ja miterlebt: Gerade aus der Kommunalpolitik heraus kann man wirklich stimmungsvoll zu dem einen oder anderen Thema überleiten und auch den Erfolg nachvollziehen. Ich kann das nur unterstützen.

Ich möchte damit auf das gegenständliche Thema zu sprechen kommen, insbesondere zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Schennach, Stellung nehmen. Für jemanden, der gesagt hat, dass diese Beschlussfassung wirklich wehtut, und das gleich siebenmal, schauen Sie relativ gut und erholt aus. (Heiterkeit.)

Auch ich muss jedoch sagen, dass mich Ihre doch ziemlich verkürzte Darstellung eini­germaßen schmerzt, weil Sie dem nicht gerecht werden, was hier und heute tatsäch­lich geschieht beziehungsweise im Nationalrat geschehen ist. Und da sollten Sie die Dinge meines Erachtens auseinanderhalten. Ich danke hier insbesondere der Freiheit­lichen Partei, denn was tatsächlich umgesetzt wird, ist ja nichts anderes, als die Be­schlussfassung des Vorjahres, vom 8. Juli, mehr oder weniger zu aktualisieren.

Frau Kollegin Kerschbaum, Sie haben immer wieder angesprochen, dass Sie in dem Gesetz noch das und das gelesen haben. Das ist natürlich richtig und gar nicht anders möglich, weil die Europäische Kommission das ja geprüft hat. Österreich hat die Notifi­zierung selbst beschlossen, unter anderem auch die Deckelung der Industriebeiträge bei einem bestimmten Produktionswert. Das hat ein Vorprüfungs- und nunmehr Haupt­prüfungsverfahren eingeleitet, und das gesamte Gesetz hat ja insgesamt einen Vorbe­halt gehabt.


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Daher ist jetzt klar: Wenn wir den einen Teil, zu dem das Hauptprüfungsverfahren ein­geleitet wurde, nämlich die Industriedeckelung, nicht mehr im Gesetz drinnen haben, dann kann der andere Teil des Gesetzes nur mit Zweidrittelmehrheit in Kraft gesetzt werden. Dann können Sie aber nicht im anderen Teil des Gesetzes wieder Änderungen vornehmen oder die Zusätze, die Sie haben wollen, hineinnehmen, denn sonst fängt auch für diesen Teil wieder die Prüfung und die Notifizierung an. Und natürlich hat die Europäische Kommission auch sehr klar auf den anderen Teil des Gesetzes Bezug ge­nommen und sich nicht nur mit der Industriedeckelung befasst. Daher ist das, was wir heute haben, nichts anderes als der pragmatische Vorgang, wenigstens den einen Teil des Gesetzes in Kraft zu setzen.

Um das auch für Sie einigermaßen zu entkräften: Ich glaube durchaus nicht, dass die­ses Gesetz der Weisheit letzter Schluss ist. Das sind aber Gesetze zumeist überhaupt nicht, und sie müssen daher auch entsprechend weiterentwickelt und novelliert wer­den. Eine solche Novellierung hat auch der Nationalrat bereits in einem Entschlie­ßungsantrag in dem Sinne vorgesehen, als der Deckel einer Überprüfung zugeführt und auf der anderen Seite auch die Ausweitung der KLI.EN-Mittel im Bereich Photo­voltaik auf 35 Millionen € überprüft werden sollen.

Sie wissen, im Vorjahr waren das, glaube ich, 12 Millionen €, heuer waren es immerhin 18 Millionen € und nächstes Jahr werden es 35 Millionen € sein. Das ist nicht nichts! Wie Kollege Brunner schon sehr sinnig ausgeführt hat, ist das, was wir hier beschlie­ßen, ja auch vom Volumen her nicht wenig. Es sind 3 Milliarden €, mit denen der Öko­strom die gesamten Förderjahre über gefördert wird. Da kommen weitere 2 Milliarden € dazu. Das bedeutet für den Konsumenten, der jetzt mit 35 € im Monat belastet ist, zu­sätzlich 12 € pro Monat. Das ist ebenfalls nicht wenig.

Damit sind wir auch schon bei der Problematik, die hier immer wieder ventiliert worden ist: Warum wird die Photovoltaik nicht entsprechend gefördert? – Weil, und das dürfte Ihnen entgangen sein, Ökostrom, insbesondere die Förderung von Ökostrom ganz klar eine Zielsetzung hat. Die Zielsetzung ist die, dass wir fördern, auch für bestimmte Lauf­zeiten die Tarife garantierten, um dann den Schnittpunkt mit dem Marktpreis zu errei­chen.

Wenn Sie sagen, dass ein Windanlagenbetreiber nach 13 Jahren auf einmal den Markt­preis hat, dann entspricht das der Zielsetzung. Dann muss es eben auch seine Zielset­zung sein, seine Investitionskosten vorausschauend in eine Kosten-Nutzen-Rechnung einzubringen, denn geförderte Tarife zahlt im Endeffekt immer jemand, nämlich der Steuerzahler beziehungsweise auf der anderen Seite eben der Konsument und die Wirtschaft insgesamt.

Daher ist es notwendig, auch im Sinne der Konkurrenzfähigkeit die Marktnähe anzu­streben. Ich und viele andere teilen durchaus die Einschätzung, dass Solarenergie in Zukunft ein ganz, ganz wichtiger Faktor werden wird. Nur ist es ein Trugschluss, zu meinen, dass eine besonders hohe Förderung im Solarbereich auch einen besonderen Technologiesprung auslösen wird.

Sie sprechen immer wieder Deutschland an: Dort sehen Sie das genau. Deutschland hat keine Beschränkungen, keinen Deckel, was den Ökostrom anbelangt. Es ist aber auch ganz klar, warum Deutschland sich das erlauben kann: In Deutschland ist der An­teil an erneuerbarer Energie am Gesamtenergieverbrauch wesentlich geringer. Sie ist jetzt, im Jahr 2007, bei 8,6 Prozent gelegen, bei uns bei 25,6 Prozent. Und ich will gar nicht von der erneuerbaren Stromerzeugung reden, denn da hat Deutschland 15 Pro­zent, wir 69 Prozent. Daher ist es bei uns sehr viel, in Deutschland sehr wenig. In Deutschland spielt es beim Gesamtverbrauch kaum eine Rolle, daher kann man es


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auch sehr leicht in die Preise hineinrechnen und braucht nicht extra eine Ausweisung, wie wir sie haben.

Deswegen kann ich auch nicht so einfach das, was in Deutschland im Gesetz steht, auf Österreich übertragen. Wir haben ein ganz anderes System, auch bei den Landes­organisationen, auch bei unserer Gesamteinrichtung OeMAG. Es ist also anders und wird in Deutschland nicht ausgewiesen.

Die Kernfrage ist doch: Hat die Förderung von Photovoltaik in Deutschland einen Tech­nologiesprung gebracht? 20 Milliarden zahlt Deutschland auf 20 Jahre gerechnet in diesen Bereich hinein. Das hat aber keinen Technologiesprung gebracht. Sie haben dort Beschäftigte und eine Beschäftigtenentwicklung genauso wie in Österreich. Die ist positiv, aber Sie wissen schon auch, wo die meisten Komponenten im Bereich der Pho­tovoltaik erzeugt werden: in Indien, in China und in anderen vergleichbaren Ländern.

Daher ist die Fragestellung: Ist es nicht richtiger, wie wir es jetzt machen, dass wir auf Objektförderung umstellen und eher von den Tarifen etwas weggehen, weil dadurch wesentlich mehr Druck ausgeübt wird, im Bereich der Technologie auch zu forschen?

Wenn Sie allerdings garantierte Fördervarianten haben wie in Deutschland, dann ist es relativ komfortabel, auch für die Industrie, diese Systeme anzubieten.

Und was ich ebenfalls als Trugschluss sehe, ist, weil Sie immer wieder Oberösterreich oder Tirol als Beispiel nennen, dass man aus dem ableiten kann, dass hier zweifellos Marktchancen gegeben sind, dass das in Korrelation zu möglichst hohen Förderbedin­gungen in Österreich stehen muss. Das ist ein Irrtum! Sie können auch auf dem Markt Chancen haben, wenn Sie entsprechend investieren und auch europaweit, ja weltweit verkaufen. (Präsident Preiner übernimmt den Vorsitz.)

Daher ist die Fragestellung aus meiner Sicht folgende – und da dürften ein paar Ver­wechslungen vorliegen –: Sie sollten beim gesamten Energieverbrauch die Klimaschutz­ziele und dann die Ziele, die erneuerbare Energie auszuweiten, unterscheiden und dann einmal schauen, wie es mit dem geförderten Ökostrom in diesem Zusammen­hang aussieht. Dann werden Sie Folgendes feststellen – uns wird immer vorgehalten, es ist ein Wahnsinn, welche Chancen wir uns dadurch entgehen lassen, dass wir jetzt ein Ökostromgesetz beschließen, das zum Klimaschutz, zu den Notwendigkeiten in diesem Bereich eigentlich wenig beiträgt –: 1,5 Prozent geförderter Ökostrom ist der Anteil am Gesamtenergieverbrauch in Österreich. Das ist relativ wenig. Man könnte sa­gen, das kann alles wunderbar ausgeweitet werden. Schauen Sie einmal, wo die Aus­weitungsmöglichkeiten liegen!

Ich habe von Ihnen, von allen drei Rednern das Wort „Wasser“ relativ wenig gehört, weil es bei Ihnen irgendwo ein Problembereich sein dürfte. Das geht eher in den Klein­bereich, bei den größeren Anlagen gibt es schon die Schwierigkeiten.

Das ist die Situation. Und wir werden, was die erneuerbare Energie anbelangt, alle An­strengungen, die wir uns jetzt überhaupt leisten können – es wird nämlich auch teuer sein –, setzen müssen, um bis zum Jahr 2020 die 34 Prozent zu erreichen.

Ich mache Ihnen einen relativ pragmatischen Vorschlag: Wir nehmen jetzt, was die er­neuerbare Energie anbelangt, möglichst auch marktnahe Elemente auf, wie beispiels­weise Windräder oder auf der anderen Seite Wasser, natürlich in einem bestimmten Um­fang auch Biomasse, weniger Photovoltaik. Wenn dort der Technologiesprung kommt, wenn das günstiger wird, dann besteht die Möglichkeit, da wir alle zwei Jahre auch den Plan für erneuerbare Energie revidieren und diesen auch der EU vorlegen müssen, den Anteil an Photovoltaik zu erhöhen, und dann wird das auch in etwas besserer Nähe zum Markt sein.


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Sie sollten schon sehen, jetzt haben wir bei Photovoltaik die höchsten Kosten im Ver­hältnis zum Marktpreis, bis zum Zehnfachen, was die Einspeistarife anbelangt. Der Marktpreis ist 4 Cent, 45 Cent im Bereich Photovoltaik. Das freut denjenigen, der ein­speist, aber weniger den Konsumenten. Daher sollten wir hier doch eine Gewichtung vornehmen, die insgesamt auch dem Konsumenten und der Wirtschaft hilft, und nicht einfach sagen, Photovoltaik ist das Maß aller Dinge, daher kann alles an Mitteln nur in diesen Bereich hineingehen. Was die Kosten der CO2-Vermeidung anbelangt, da sind wir bei den Zielen, was die erneuerbare Energie und die Klimaschutzziele anbelangt. In diesem Bereich ist es ganz einfach so, dass Photovoltaik derzeit die höchsten Kosten für jede Tonne CO2-Vermeidung verursacht.

All das muss man irgendwo bewerten, und damit sind wir auch bei der zweiten Kompo­nente, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Die werden vor allem im Bereich Effizienz liegen und im Bereich Effizienz vor allem dort, wo es darum geht, im beim Hausbrand, beim Autoverkehr die Richtlinien, die Regelungen so zu entwickeln, dass wir da wirk­lich die 20 Prozent Einsparungen bis zum Jahr 2020 erreichen können.

Daher sollten Sie das eine, was Klimaschutz, Kyoto-Ziel und Ähnliches anbelangt, von dem trennen, was hier vorliegt.

Da auch die Entschließungsanträge angesprochen worden sind: Wir arbeiten auch an einer Novellierung des Gesetzes insgesamt, werden schauen, dass wir im KLI.EN die Mittel bereitstellen können. Damit, so glaube ich, wird dem System und auch dem Kon­sumenten insgesamt mehr gedient, als würden wir jetzt gar nichts beschließen.

Ich habe schon inhaltlich beschrieben, dass wir nicht das deutsche Gesetz und unser Gesetz vergleichen können. Aber selbst wenn es so wäre, wenn wir das einfach ab­schrieben, müssten wir die Institutionen, alles ändern, und bis wir das umsetzen, ver­gehen mindestens eineinhalb Jahre, die jetzt eigentlich verloren wären, weil nichts ge­macht werden könnte im Bereich der Rohstoffzuschläge, was Biomasse anlangt ... (Eini­ge Bundesräte nicken.) – Nicht nicken, denn ich sehe schon eine Gefahr in dem Ge­samtbereich, das ist eine Kostenfrage.

Wenn mir jetzt gesagt wird, das ist schon siliert worden, was alles sozusagen jetzt in den Anlagen drinnen ist mit den Kosten des Vorjahres, dann gilt natürlich das Argu­ment auch für den Fall, dann müsste ich mir anschauen, was im Jahr 2006 gewesen ist. Da waren die Preise wirklich sehr günstig. Aber das ist eine andere Geschichte, über die Tarife werden wir noch reden. Es könnte nichts gemacht werden in dem Be­reich, was die Rohstoffzuschläge betrifft, wir hätten auch keine Förderungsmöglichkeit für die Anlagenförderung im Bereich der Wasserkraft, also eine ganze Menge, auch keine Möglichkeit, was die einzelnen Tariflaufzeiten anbelangt, wenn wir dieses Gesetz nicht hätten.

Daher nehmen Sie es so, wie es ist, es ist ein sehr positiver Zwischenschritt, das Haupt­prüfungsverfahren in dem anderen Bereich läuft, und die Verbesserungen werden wir weiterhin gemeinsam entwickeln. Ich hoffe, dass diesen Zwischenschritt möglichst alle unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.45


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


13.46.04

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie ha­ben mich, glaube ich, nicht ganz richtig verstanden. (Zwischenrufe.) Erstens habe ich von 78 Prozent, von diesem 78-Prozent-Ziel geredet, das wir nicht erreichen werden.


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Das hat sehr wohl auch etwas mit dem Ökostrom zu tun und nicht mit allem anderen, zumindest nicht mit dem Verkehr. Also das 78-Prozent-Ziel hat nichts oder wenig mit dem öffentlichen Verkehr zu tun. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitter­lehner.) – Weil das nächstes Jahr zu erreichen wäre, und das schaue ich mir an. Wenn Sie mir das zeigen, dann stimme ich das nächste Mal dem Ökostromgesetz zu, wenn wir nächstes Jahr die 78 Prozent haben. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Spie­gelfeld-Schneeburg.) – Das scheint mir ein bisschen naiv zu sein.

Die zweite Geschichte ist, dass Sie jetzt uns erzählen, dass Photovoltaik die teuerste Form ist. Es ist keine Frage, dass Photovoltaik die teuerste Form ist. Aber wenn Sie mir wirklich aufmerksam zugehört hätten, dann hätten Sie vielleicht mitgehört, dass ich gesagt habe, es gibt diese Landesförderung in Niederösterreich und gemeinsam mit dem KLI.EN ist diese Förderung sehr gut, ja fast schon zu gut, weil diese 60 Prozent eigentlich doch etwas massiv sind. Ich kritisiere nebenbei auch noch, dass diese nie­derösterreichische Förderung in erster Linie für Einfamilienhäuser, maximal Zweifami­lienhäuser gewährt wird, aber nicht für die große Zahl und auch nicht für Gewerbebe­triebe.

Und ich habe auch noch kritisiert, dass die 35 Millionen €, die aus dem KLI.EN kom­men, den anderen Technologien abgehen werden, weil der KLI.EN gedeckelt ist. Also können Sie mir jetzt nicht sagen, wir fordern mehr Photovoltaik auf Kosten der ande­ren, genau das habe ich kritisiert. Darum verstehe ich jetzt Ihre Kritik an meinen Aus­führungen nicht. – Danke. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Schennach.)

13.47


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen liegen nun nicht mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Somit erkläre ich die Debatte für geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss ein Fall des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungs­gesetz ist, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von min­destens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erhe­ben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 91

13.49.365. Punkt

32. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2008) (III-374-BR/2009 d.B. sowie 8181/BR d.B.)

 


Präsident Erwin Preiner: Nun gelangen wir zum 5. Punkt der Tagesordnung – wir ver­abschieden noch Herrn Wirtschaftsminister Dr. Mitterlehner. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Hladny. Ich ersuche um den Bericht.

 


13.50.00

Berichterstatterin Waltraut Hladny: Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Volksan­wälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für BürgerInnen­rechte und Petitionen über den 32. Bericht der Volksanwaltschaft 2008 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, sodass ich sogleich den Antrag stelle, den 32. Bericht der Volksanwaltschaft zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsident Erwin Preiner: Ich danke für den Bericht.

Bevor wir nun in die Debatte eingehen, heiße ich die drei nun eingetroffenen Volks­anwälte, Frau Mag. Stoisits, Herrn Dr. Kostelka und Frau Dr. Brinek, sehr herzlich will­kommen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.50.50

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Meine sehr ge­schätzten Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Volksanwaltschaft hat verschiedene Prüfaufträge, einerseits die gesamte staatliche Verwaltung zu untersu­chen, darunter versteht man eben alle Behörden, die Ämter, die Dienststellen im Be­reich der mittelbaren und der unmittelbaren Bundesverwaltung, darüber hinaus aber auch in der Privatwirtschaftsverwaltung. Und diese Zuständigkeit führt dazu, dass wir jährlich einen umfassenden Prüfbericht bekommen, der sowohl an den Nationalrat als auch an den Bundesrat geht. In diesem Bericht ist eine Fülle von Informationen enthal­ten, sehr gediegene Informationen, aber auch bunte Informationen, wenn man so sa­gen kann. Denn wenn man ihn durchblättert, stellt man doch gelegentlich fest, dass es in einem sehr gut entwickelten Land wie Österreich doch das eine oder andere an Ku­riositäten gibt.

Mein Dank gilt als Erstes den Volksanwälten, die uns den Bericht vorgelegt haben, an­dererseits aber auch den vielen sichtbaren und unsichtbaren Köpfen und Händen, die diese Informationen zusammengetragen und dann in Berichtsform gekleidet haben.

Nun zum Inhalt. Das eine ist, was ich sehr positiv finde, dass es zu einer eklatanten Steigerung der Zahl der Sprechtage in den Bundesländern gekommen ist, im Vergleich zum Jahr 2007 immerhin von 17 Prozent. Wenn wir solch eine Wachstumsrate in der Wirtschaft hätten, könnten wir nur sagen, wir sind Weltmeister. Aber es gibt Gebiete, wo solche Wachstumsraten noch möglich sind.

Das Zweite ist, dass man 1 500 Beratungsgespräche geführt hat, wo Bürgern geholfen werden konnte, und dass es über 7 000 persönliche Kontakte, schriftlich, telefonisch, mit den Bediensteten der Volksanwaltschaft gegeben hat.

Da ich zum ORF ein, ich will nicht sagen, gestörtes Verhältnis, aber zumindest ein kri­tisches Verhältnis habe, kann ich nicht beurteilen, ob bei der Sendung „Bürgeranwalt“ 320 000 Seher ein gutes Ergebnis sind oder nicht. Aber, wie gesagt, als Faktum sei das festgehalten.


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Besonders herausheben möchte ich im Kurzbericht, dass sich auch die Volksanwalt­schaft damit intensiv beschäftigt hat, wo es für den Gesetzgeber notwendig wäre, be­sonders rasch zu handeln. An der Spitze stehen da das Sachwalterrecht, das offen­sichtlich einer dringenden Überarbeitung bedarf, dann der Bereich des Unterhaltsvor­schusses, einerseits schnellere Verfahren, das hängt natürlich wieder ein bisschen mit der personellen Ausstattung der diversen Behörden zusammen, und der Bereich der Jugendwohlfahrt, wo etwas zu geschehen hat.

Obwohl wir seit 64 Jahren Frieden haben, sieht man, dass das Problem der Flieger­bomben und Blindgänger noch immer gegeben ist – auch bei mir im 1. Bezirk sind neulich bei der Neugestaltung des Rudolfsparks plötzlich Granaten gefunden worden – und eine Regelung getroffen werden sollte, wie das mit den Kosten in Zukunft sein wird.

Wenn der Gesetzgeber diese Ideen aufgreift, dann werden wir in den nächsten Sitzun­gen des Bundesrates sicher das eine oder andere zu tun haben.

Ich komme zum Schluss. Ich darf mich noch einmal für den Bericht und für die um­fassende Arbeit bedanken.

Zuletzt möchte ich eine der Kuriositäten erwähnen, nämlich die Kaserne in Wals-Sie­zenheim. Also wenn man das liest ... (Bundesrat Schennach: Schade, dass der Bie­ringer nicht mehr da ist!) Nein, Landesverteidigung ist Bundessache in jeder Richtung. Dass sich die Landesverteidigung in der Angelegenheit der Kaserne Wals-Siezenheim so wenig kämpferisch zeigt, um endlich die Mittel zu bekommen, um diesen Missstand dort zu beheben, bekümmert mich, denn die Bundesheerreformkommission hat unter anderem auch sichergestellt, dass durch diverse Liegenschaftsverkäufe sozusagen theoretisch Geld dann in die Kasse der Landesverteidigung kommt. Es wird dort also nicht mit der notwendigen Nachhaltigkeit gearbeitet.

Als Letztes finde ich – und das kränkt mich als Wiener etwas –, dass man im Bereich der Behinderten bei den Schrägaufzügen für die Behinderten, damit man im Rollstuhl zum Beispiel Treppen überwinden kann, in Wien ein ganz besonders intensives Ver­fahren hat, um es vornehm auszudrücken. Vielleicht wäre da eine gewisse Beschleuni­gung der Abläufe, um zur Förderung zu kommen, möglich.

In diesem Sinne noch einmal Dank, und ich danke Ihnen für das Zuhören. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.56


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte.

 


13.56.36

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte VolksanwältInnen! Auch mir ist es ein Anliegen, zu Beginn meines Debattenbeitrages für diesen sehr umfangreichen und detaillierten Bericht Dank zu sagen, Dank an die Volksanwaltschaft, an die Volksanwäl­te und auch besonderen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Volksan­waltschaft dafür, dass sie uns alljährlich mit einem so umfangreichen und guten Bericht versorgen.

Die Zahl der Anliegen, die an die Volksanwaltschaft herangetragen werden, steigt re­gelmäßig und erreicht inzwischen eine sehr große Zahl. Dies sollte uns in diesem Haus, die wir für die Gesetzgebung zuständig sind, einerseits natürlich nachdenklich stimmen, auf der anderen Seite, muss ich auch sagen, ist es natürlich ein Vertrau­ensbeweis für die Volksanwaltschaft und zeigt, dass die Akzeptanz der Volksanwalt­schaft bei den Bürgerinnen und Bürgern sehr hoch ist. Das zeigt sich auch – und das


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 93

kann ich aus Vorarlberg sagen – bei den installierten Landesvolksanwälten, die es in Tirol und Vorarlberg gibt, dass die Bürger das sehr gerne in Anspruch nehmen.

Wir haben am Dienstag, so finde ich, auch schon die Ehre gehabt, dass alle drei Volks­anwälte bei uns im Ausschuss waren, und wir konnten dort eine sehr ausführliche und informative Diskussion führen. Da dieser Bericht ja umfangreich ist, kann man hier in der Debatte immer nur den einen oder anderen Aspekt herausgreifen. Auch ich möchte das tun.

Auch heuer wieder berichten die VolksanwältInnen, dass es Probleme bei Anliegen gibt, die ausgelagerte, ausgegliederte Gesellschaften betreffen, dass die Antwort Qua­lität, die Antwort Geschwindigkeit eine, sagen wir einmal, mäßige ist. Da bestätigen sich natürlich die kritischen Stimmen, die immer schon gegen diese Auslagerungen waren. Andererseits denke ich, dass wir auch darüber nachdenken sollten, wie wir da eine Ausweitung der Prüf- und der Zuständigkeitskompetenz der Volksanwaltschaft er­reichen können.

Laut letztem Jahresbericht war ein signifikanter Anstieg bei der Zahl der Anliegen im Be­reich des Fremdenrechtes zu verzeichnen. Das ist im Zuständigkeitsbereich von Frau Mag. Stoisits. Mich würde interessieren, wie sich das entwickelt hat, ob die Zahl der Anliegen immer noch so groß ist, ob diese Zahl steigt oder ob es jetzt zu einer Sta­gnation gekommen ist.

Ich bin auch dankbar für den Hinweis, den Sie im Ausschuss noch einmal gemacht ha­ben, dass es schon für die Beamten schwierig ist, Gesetzesmaterien wie das Fremden­rechtspaket zu interpretieren, zu kennen, und noch viel schwieriger für all jene Men­schen, die es direkt betrifft. Solch ein Gesetz wie das Fremdenrechtspaket ist eigent­lich nicht mehr lesbar.

Ich möchte kein Kuriosum aus dem Bericht hervorheben, sondern eine Tatsache, die mich persönlich sehr überrascht hat, und zwar, dass es keine Entschädigung für öster­reichische Contergan-Opfer gibt. Ich bin daher Herrn Volksanwalt Kostelka dankbar da­für, dass er dieses Thema aufgegriffen hat.

Es gibt einige österreichische Contergan-Opfer, die nie aus dem deutschen Entschädi­gungsfonds Geld erhalten haben. In Österreich hat es das Medikament auch gegeben, unter einem anderen Namen, und daher wurden sehr häufig Fristen versäumt, und die Ansprüche konnten in Deutschland nicht geltend gemacht werden. Jetzt lese ich in die­sem Bericht, dass die Volksanwaltschaft sehr bemüht ist, in Deutschland noch eine Re­gelung zu finden, um den Opfern vielleicht doch noch einmal eine Chance zu geben, einen Antrag zu stellen. Auf der anderen Seite gibt es auch die Forderung, das öster­reichische Gesundheitsministerium – immerhin war das Medikament in Österreich vom Gesundheitsministerium zugelassen – aufzufordern, einen Unterstützungsfonds einzu­richten oder eine entsprechende Entschädigung zu leisten.

Kollege Kühnel hat die Jugendwohlfahrt angesprochen, und da ist auffallend, dass es in diesem Bereich ein eklatantes Ansteigen der Zahl von Fällen gibt. Ich denke schon, dass es eine wesentliche Aufgabe ist, dass wir da ganz genau hinschauen. Es ist mir schon bewusst, dass es einfach ein Missverhältnis zwischen Anstieg der Fälle und vor­handenen Planstellen gibt, und es ist mir schon bewusst, dass dieser Bereich in die Kompetenz der Länder fällt, aber gerade wir als Länderkammer könnten hier zum Aus­druck bringen, dass wir es für sehr notwendig halten, dass es flächendeckend in allen Bundesländern mehr Planstellen gibt und dass auch besonderes Augenmerk darauf gelegt wird, dass die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten vor Ort auf einem sehr hohen Maß ist.


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Abschließend zum Volksanwaltschaftsbericht ein ganz kurzer Blick auf die internatio­nale Tätigkeit. Als wir den Bericht 2007 hier debattiert haben, war die Volksanwalt­schaft noch im Bewerbungsverfahren um das Generalsekretariat des Internationalen Ombudsmannes. Inzwischen kann man erfreulicherweise berichten, dass der Sitz tat­sächlich, wie gewünscht, in Wien ist. Ich darf erinnern, dass es eine ganz klitzekleine Unterstützung auch von unserer Seite gegeben hat. Wir haben uns damals in einer parteiübergreifenden, einstimmigen Entschließung für die Unterstützung dieses Anlie­gens der Volksanwaltschaft ausgesprochen, und es freut mich sehr, dass es tatsäch­lich zum Sitz dieser internationalen Organisation in Wien gekommen ist. Ich gratuliere der Volksanwaltschaft sehr herzlich dazu. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, wie schon von der Frau Vizepräsidentin angekündigt, ist das heute meine letzte Bundesratssitzung, und daher erlaube ich mir, ganz kurz vom eigentlichen Debattenthema ein bisschen abzuschwenken.

Ich kann natürlich nicht auf eine solch bewegte politische Karriere zurückblicken wie Kollege Winterauer, der 35 Jahre Kommunalpolitik hinter sich hat. Ich habe die Worte der Frau Vizepräsidentin sehr deutlich gehört, die gemeint hat, es sei ein Abschied auf Zeit. Ich kann Ihnen nicht versprechen, ob ich jemals wieder in den Bundesrat kommen werde, ich weiß es nicht, aber ich sehe das tatsächlich auch so, dass es kein generel­les Ende meiner politischen Tätigkeit sein wird.

Ich werde Ihnen jetzt nicht die hier im Saal schon oft gehörten Sätze einer Stärkung des Bundesrates mitteilen. Ich glaube, dass gerade im Hohen Haus – ich weiß nicht, wie oft ich sie in den letzten fünf Jahren gehört habe –, gerade hier in diesem Saal die Stärkung des Bundesrates ohnehin einhellige Zustimmung erfährt. Mir ist es aber trotz­dem ein Anliegen, Ihnen, meine Damen und Herren, Dank auszusprechen, Dank für die interessanten, herausfordernden und spannenden Debatten, die wir geführt haben, auch ein ganz besonderes Dankeschön für die mir von Ihnen entgegengebrachte Wert­schätzung, die ich in den letzten Jahren erfahren durfte.

Meinen beiden Kollegen aus Vorarlberg ebenfalls ein Dankeschön, denn es war auf einer sehr sachlichen Ebene eine gute Zusammenarbeit, die wir in den letzten Jahren gepflegt haben. Unabhängig davon, wie die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat wa­ren, hat die Zusammenarbeit immer bestens funktioniert.

Ich wünsche Ihnen persönlich und natürlich dem Bundesrat alles Gute für die Zukunft. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.05


Präsident Erwin Preiner: Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Wir haben es soeben auch von Herrn Bundesrat Einwallner vernommen, manche der Kollegen schei­den heute als Mitglied des Bundesrates aus dem Hohen Haus aus. Ich möchte daher auch meinerseits ein sehr herzliches Dankeschön an die drei ausscheidenden Bun­desräte aussprechen.

Ich bedanke mich sehr herzlich für euer Engagement, für eure interessanten Debatten­beiträge, auch für eure Mitarbeit in den zahlreichen Ausschüssen. Persönlich bedanke ich mich sehr herzlich für die Freundschaft, die ihr mir entgegengebracht habt.

Ich wünsche euch für die Zukunft alles erdenklich Gute, weiterhin politisches Engage­ment und vor allem Gesundheit auf eurem weiteren Lebensweg; und es ist ja auch nicht ausgeschlossen, dass der oder die eine oder andere doch in den Bundesrat zu­rückkehren kann. In diesem Sinne nochmals alles erdenklich Gute. (Allgemeiner Bei­fall.)

 


Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 95

14.06.57

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Volksanwälte! Wenn man unmittelbar nach der Rede des Kollegen Einwallner zu Wort kommt, darf man ganz kurz replizieren.

Lieber Kollege Einwallner, wir hatten in diesen Jahren ein besonders gutes Verhältnis, deshalb auch von meiner Seite mein Dank dafür. Deine Abschiedsrede trifft sich heute mit einem Thema, das dich im Bundesrat sehr stark verfolgt hat, nämlich das mühsame Ingangsetzen des Bürgerinitiativen- und Petitionsausschusses, dessen Vorsitzender du warst; dass dies gelungen ist, war sicherlich ein Verdienst deinerseits, der du dich im­mer wieder bemüht hast, dass die Materien auch tatsächlich dorthin kommen, wo sie hinkommen sollen. Diese Vorgangsweise war ja nicht so ganz unbestritten, deshalb auch ein Dank. Gerade die Anzahl der Fälle, die an die Volksanwaltschaft herangetra­gen werden, aber auch die Fälle, die wir im Bürgerinitiativen- und Petitionsausschuss bekommen haben, zeigen umso mehr, wie notwendig dieser unmittelbare und direkte Kontakt und das Hören von Bürgeranliegen und Bürgerinnenanliegen wirklich sind. Noch einmal auch von meiner Seite als unmittelbar darauffolgender Redner ein herz­liches Dankeschön. (Allgemeiner Beifall.)

Vieles an den Fakten wurde vom Kollegen Kühnel schon vorweggenommen, aber eines, das gerade der General außer Dienst vergessen hat, ist, dass die Volksanwalt­schaft auch Sprechstunden in Kasernen abhält. Das erachte ich als sehr wichtig, und vielleicht könnte man jenen Punkt, den Kollege Kühnel als „Schmankerl“ herausge­hoben hat, ein bisschen präzisieren: Wenn junge Männer, die den Präsenzdienst leis­ten, in einer Kaserne in Wals-Siezenheim in einem Hundert-Betten-Zimmer nur notdürf­tig voneinander abgetrennt schlafen müssen, so entspricht das einfach nicht mehr menschenwürdigen Zuständen, und das gehört aufs Dringendste saniert. Wir erwarten uns ja gleichzeitig, dass diese Präsenzdiener befähigt werden – zum Beispiel im Katas­trophendienst –, ihren Einsatz zu leisten beziehungsweise im Ausland ihren Einsatz zu leisten.

Es ist heute, im Jahr 2009, ein Hundert-Betten-Zimmer, das nicht eine entsprechende menschenwürdige Abtrennung hat, einfach unerträglich. Deshalb zeigt es sich auch, dass es wahrscheinlich wichtig ist, dass die Volksanwaltschaft nicht nur in den Bezirks­hauptmannschaften, sondern eben auch zum Beispiel in Kasernen ihre Sprechtage ab­hält.

Bemerkenswert finde ich außerdem, dass trotz dieses Runs auf die Volksanwaltschaft Beschwerden, die außerhalb des Prüfungsauftrages liegen, nicht zurückgewiesen wer­den, sondern Rechtsauskunft und Rechtsberatung gegeben werden und die Volksan­waltschaft darüber hinaus auch noch amtswegig von sich aus tätig wird. Deshalb ein großes Kompliment und ein Dankeschön für das, was Sie hier für Österreich und für seine Bürgerinnen und Bürger leisten!

Was auffällt und uns als Gesetzgeber schon etwas alarmieren muss, ist, dass es ein­fach die Top 3 immer gibt; seit wir die Berichte der Volksanwaltschaft bekommen, füh­ren das Soziale, Justiz und Inneres.

Es erfordert eine enorm sorgfältige Arbeit auch des Gesetzgebers, denn es zeigt, dass ganz schnell Grundrechte verletzt werden können, ganz schnell Gleichheitsgrundsätze verletzt werden können und die Bürgerinnen und Bürger soziale Härten, die zum Bei­spiel durch schlampige Abfassungen von Gesetzestexten zustande kommen, erleben müssen.

Mir sind im Bericht drei Dinge aufgefallen, wovon eines bereits im Regierungspro­gramm als ein Vorhaben genannt wird; es betrifft den Bereich Pflegegeld. Das ist ein Dauerbrenner, den wir haben. Ich weiß nicht, wie oft wir schon über das Pflegegeld


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 96

diskutiert haben, aber es ist jetzt Inhalt der Regierungserklärung, dass es zu einer Re­form insbesondere bei der Sachwalterschaft kommen muss. Vielleicht sollte man zur Entlastung der Volksanwaltschaft auch überlegen, eine zentrale Anlaufstelle in Öster­reich für Pflege und für Behinderte zu schaffen, denn es stellt sich immer wieder die Frage, wer für diese beiden Bereiche zuständig ist. Wir haben hier einen Spagat, einer­seits das Pflegegeld, die einzige Bundessozialleistung, andererseits wieder sind die Länder für Sozialleistungen zuständig. Das wäre meiner Meinung nach etwas, das zu überlegen ist.

Das Zweite, was nicht minder bedenklich ist – und auch die Volksanwaltschaft hebt hier den mahnenden Finger –, betrifft das Thema „Unterhaltsbevorschussung“. Es ist ein­fach bitter, dass es zahlreiche Kinder gibt, deren Existenz nicht ausreichend gesichert ist, weil das Unterhaltsbevorschussungsgesetz Löcher wie ein Emmentaler aufweist und soziale Härten innewohnend hat. Meiner Ansicht nach muss etwa die Erhöhung des Rechts auf Unterhaltsbevorschussung bis 19 Jahre hineinkommen. Aber auch bei der Rückforderung, an der es ja immer hängt, braucht es eine großzügigere Hand sei­tens des Gesetzgebers, denn die Unterhaltsbevorschussung ist aus dem Blickwinkel zu sehen, dass wir Kinder und deren Existenz absichern wollen.

Der dritte Bereich betrifft die Familienbeihilfen, die einerseits befristet vergeben wer­den – was so gar nicht vorgesehen ist –, auf der anderen Seite extrem lange Wartezei­ten mit sich bringen. Hier brauchen wir eine Reform, die in die Richtung der Dynamisie­rung geht. Es zeigt sich auch an den Fällen, die an die Volksanwaltschaft herange­tragen wurden – nicht nur, was ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger beispiels­weise bei den Befristungen oder bei den Wartezeiten betrifft –, dass wir hier einiges zu tun haben.

Das sind einmal jene drei Bereiche. Zwei möchte ich noch herausheben. Die Volksan­waltschaft fordert praktisch die Bundesregierung auf, einen verfassungskonformen Zu­stand herzustellen. Herr Kollege, Sie werden das jetzt hier zum ersten Mal hören (Bun­desrätin Mühlwerth: Aber sicher nicht zum letzten Mal!) – dort, wo Sie herkommen, werden Sie es nicht zum ersten Mal hören. Aber dass es noch immer keine Topogra­phieverordnung für Kärnten gibt und dass seit dem Jahr 2003 kein verfassungskonfor­mer Zustand besteht, ist ein Skandal. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung hier nichts tut und die Volksanwaltschaft einmal mehr festhält, dass dieser Zustand nicht verfassungskonform ist. – Es geht um die sogenannte Ortstafelfrage, für jene, die sich fragen: Wovon spricht er jetzt?

Von Bürgerinnen und Bürgern werden immer wieder Fälle herangetragen, die das lei­dige Thema der Adoption betreffen. Da sich die Länder irgendwie verabredet haben, dass zum Beispiel Frauen ohne Männer in Österreich keine Inlandsadoptionen durch­führen können, aber bei durchaus berechtigtem Kinderwunsch der Versuch gemacht wird, ein Kind zumindest aus dem Ausland zu bekommen, haben wir bei den Adoptio­nen dringenden gesetzlichen Handlungsbedarf. Diesen Handlungsbedarf sieht leider die Justizministerin, der ich das auch schon einmal in einer Fragestunde sehr dringlich nahegebracht habe, überhaupt nicht. Jetzt sagt die Volksanwaltschaft, wir haben hier einen gesetzlichen Regelungsbedarf, und ich teile diese Meinung.

Noch ein Dauerbrenner, Kollege Kühnel hat es angesprochen: Der derzeitige Landes­hauptmann von Tirol hat als früherer Innenminister – nur damit Sie jetzt nicht verges­sen, wie lange das her ist, dazwischen war er nämlich Verteidigungsminister, also lang, lang ist es her – hier vom Rednerpult aus versprochen, binnen einen Jahres eine Re­gelung zu den Fliegerbomben zu machen. Es ist wirklich schon sehr, sehr lange her. Dann stand es sogar in einer Regierungserklärung, und man hat sich schon gefreut, dass es für jene, die bei den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs eine Bombe aufs


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 97

Grundstück gelegt bekommen haben, endlich zu einer Lösung kommt. Ich nenne nur Salzburg oder dass die Stadt Salzburg über Jahre mit dem Bund prozessieren musste.

Heute haben wir wieder einen Volksanwaltschaftsbericht, in dem steht: Für jene bedau­erlichen Menschen, auf deren Grundstück eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Welt­krieg liegt, gibt es bis heute keine Regelung. Letztlich müssen diese Menschen das be­zahlen, was im Fall von Salzburg besonders dramatisch ist, weil es zum Beispiel eine Bombe auf dem Grundstück einer Friseurin gibt, die sagt: Ich kann mir die Hebung nie leisten!, und daneben am nächsten Grundstück wohnt eine Familie mit mehreren Kin­dern und sagt: Bitte tut doch diese Fliegerbombe weg!

Das Thema ist jetzt besonders dramatisch, weil durch die Korrosion jetzt die gefährli­che Zeit kommt, in der diese Fliegerbomben auch noch von selber und nicht nur durch Baumaßnahmen hochgehen können.

Die Volksanwaltschaft zeigt zwar Missstände im Bereich des Inneren, im Bereich der Polizei, auf, aber sie sagt auch immer eines – was ich auch klar und deutlich unter­schreibe –: Wir haben eine Personalknappheit bei der Polizei. Das muss man einfach anerkennen und auch danach handeln, um hier Abhilfe zu schaffen, denn viele Fehler, die durchaus passieren, kommen aus diesem Bereich.

Zum Schluss: Heute gehe ich nicht auf den wirklich immer wieder bemerkenswerten und wichtigen Grundrechtsteil ein, sondern sage nur: Liebe Kolleginnen und Kollegen, schaut euch an, was nach dem Grundrechtsteil kommt. Da kommt nämlich die Antidis­kriminierung.

Ein Dank an die Volksanwaltschaft, dass auch dieser Bereich in dieser Ausführlich­keit – Diskriminierung nach dem Geschlecht, nach der Religion, nach der Herkunft und so weiter – behandelt wird. Das ist etwas, das in einer Gesellschaft, in der jeder auf den anderen zugehen muss, ganz wichtig ist. Wenn die Niederösterreichische Landes­regierung nun den Missstand abstellt, dass Bewerbungen nur durch das Internet mög­lich sind und sie künftig auch schriftlich möglich sind, dann ist zumindest schon etwas geschehen. Wir sind zwar in einer Gesellschaft, die sich digital immer mehr präsentiert, aber das technische Gerät sollte nicht über die Chancen eines Menschen in seinem Fortkommen entscheiden.

In diesem Sinne bedanke ich mich herzlich bei der Volksanwaltschaft für den vorgeleg­ten Bericht. Ich sehe, bis auf unseren Kollegen aus Vorarlberg sprechen heute die Wie­ner, die Mandatare aus Wien. Das hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass pro 100 000 Bürger die meisten Fälle hier in Wien anfallen, und das hat, glaube ich, nicht nur mit der örtlichen Nähe zur Volksanwaltschaft zu tun. – Danke schön. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.20


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile es ihr.

 


14.20.52

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meinen Ausführungen sei vorangestellt, dass ich den beiden ausscheiden­den Bundesräten Winterauer und Einwallner alles, alles Gute für ihren weiteren Le­bensweg wünsche. Ich kann nur unterstreichen, was sie gesagt haben: Auch wenn es manchmal heftig zugeht und auch die Worte heftig sind, glaube ich dennoch, sagen zu können, dass wir es immer wieder schaffen, eine gemeinsame Basis zu finden – allen Unterschieden, die wir haben, zum Trotz. Und das finde ich auch gut so. Das ist auch richtig so.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 98

Nicht nur dieser Bericht, sondern auch die anderen Berichte der Volksanwaltschaft zei­gen, wie wichtig sie ist und wie gut es ist, dass es sie gibt. Ich glaube, wir können ins­gesamt stolz sein für Österreich, dass wir diese Volksanwaltschaft eingerichtet haben. Wir wissen ja auch, dass andere Länder unserem Beispiel durchaus gefolgt sind.

Im Jahre 2008 – das steht auch in diesem Bericht – gab es so viele Prüfverfahren wie noch nie. In über 68 Prozent der Fälle musste dem Sachverhalt detailliert nachgegan­gen werden, was eine Steigerung von über 6 Prozent darstellt. Das zeigt, dass doch einiges immer wieder im Argen liegt, sodass dem auch nachgegangen werden muss.

Erfreulicherweise hat die Volksanwaltschaft nicht nur über jene Dinge zu berichten, die wir über Jahre immer wieder in den Berichten finden und die sich nicht verbessert und geändert haben, sondern sie kann auch Erfolge aufweisen, wo sich dann die Minis­terien offensichtlich doch erweichen haben lassen. Ein Erfolg, der Ihnen wirklich gelun­gen ist und der ganz wesentlich war, war die Pflegegeldeinstufung der schwerstbehin­derten Kinder; ein weiterer Punkt die Rechtsposition von SpitalspatientInnen bei fehler­haften Medizinprodukten; die Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel, die verbessert wurde; und auch, dass man nicht den doppelten Spitalskostenbeitrag zahlen muss, wenn man von einem Spital ins andere verlegt wird. Herzliche Gratulation, dass Ihnen das wenigstens gelungen ist! – Ich weiß, auch Sie müssen harte Bretter bohren, bis dann endlich das passiert, was eigentlich nötig ist.

Das ist gerade bei der Volksanwaltschaft so bedauerlich und auch verwunderlich, denn sie ist so nahe am Bürger wie kaum jemand von uns. Sie hört täglich die Beschwerden der Bürger und wo sie – vermeintlich oder auch tatsächlich – nicht zu ihrem Recht kommen. Und da, denke ich, könnten die Regierungsparteien mehr auf die Volksan­waltschaft hören und entsprechende Gesetzesänderungen vornehmen – zum Beispiel wenn es um so grundlegende Dinge geht wie, dass schlechter situierte Menschen ein­fach nicht zu ihrem Recht kommen, weil sie an den Kosten scheitern. Das kann es wohl nicht sein in einer Demokratie, dass ich zu meinem Recht aus Kostengründen nicht komme, weil ich mir das nicht leisten kann! – Da sagt nach wie vor das Bundes­kanzleramt Nein.

Oder: Wenn es um Menschen geht, die aufgrund von Unkenntnis ihre Ansprüche zu spät geltend gemacht haben – zumal doch jeder Kenner der Sozialmaterie sagt, das ist so komplex, dass es für den Experten oft nur schwer zu durchschauen ist, geschweige denn für einen einfachen Bürger, der noch dazu dieses Juristendeutsch nicht wirklich versteht! Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, dass wir uns auch manchmal schwertun damit, wir müssen auch manchmal einen Absatz dreimal lesen, um zu wis­sen, was eigentlich damit gemeint ist. Wie soll dann der – unter Anführungszeichen – „einfache Bürger“ es verstehen? Und auch dann, wenn dieser Anspruch als richtig er­kannt wird, bekommt er es rückwirkend nicht ersetzt, weil er es eben zu spät gemacht hat, so nach dem Motto: Da hast du eben Pech gehabt! – Ich denke, das muss in einem Staat, der sich auch Sozialstaat nennt, nicht wirklich sein.

Oder auch die Berechnung der Hinterbliebenenpension, wo die Volksanwaltschaft kriti­siert, dass der Berechnungszeitraum zu kurz ist – und das tut sie nicht zum ersten Mal. Da denke ich mir auch, ein Hinterbliebener hat ohnehin schon einen Verlust zu verkraf­ten, und dann sind wir auch noch kleinlich mit den Berechnungsmonaten. Das, denke ich, muss auch nicht sein.

Ein Punkt, den ich schon öfter an anderer Stelle hier in diesem Hohen Haus kritisiert habe oder hinsichtlich dessen ich gefordert habe, dass man darüber nachdenken soll­te, ob man das wirklich noch braucht, ist die Schulsprengeleinteilung.

In Zeiten wie diesen, wo wir so viel von Mobilität reden und wo wir ein Schulsystem ha­ben, das sehr auf Schwerpunkte, auf Schwerpunkte in der Bildung und in der Ausbil­


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 99

dung setzt, ist so ein Schulsprengelsystem wirklich anachronistisch. Auch wenn mir schon klar ist, dass das eine finanzielle Frage der Gemeinden ist, die dann zahlen müssen, aber da muss eine Lösung gefunden werden, und es wird auch eine Lösung geben, wenn man sie will. Das Schulsprengelsystem ist mir wirklich schon lange ein Dorn im Auge, und ich bin ganz froh, dass die Volksanwaltschaft diese Thematik eben­falls sieht, weil ich mir denke, in ihr habe ich vielleicht doch einen guten Verbündeten.

Oder, letzter Punkt – denn das ließe sich alles endlos auflisten; einen Teil haben ja mei­ne Kollegen schon abgehandelt, das ist aber auch so etwas Grundsätzliches –: wenn Finanzämter sich ewig Zeit lassen mit ihren Bescheiden, die zum Vorteil der Steuer­pflichtigen sind.

Wenn wir eine Steuerschuld haben, dann ist das Finanzamt – das wissen wir alle – im­mer sehr schnell da. Wenn das Finanzamt eine Schuld gegenüber dem Bürger hat, dann kann das etwas länger dauern. Es gibt Finanzämter, bei denen es nicht so ist, aber es gibt auch solche, wo sich das wirklich zieht wie der berühmte Strudelteig. Und da, denke ich, könnte man, sollte man, müsste man und muss man auch Abhilfe schaf­fen.

Ich danke abschließend den Volksanwälten für ihre wichtige Tätigkeit, und ich danke ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre unterstützende Arbeit bei ihrer Tätigkeit und für die Tatsache, dass wir jedes Jahr so einen umfassenden, wichtigen und auch sehr gut lesbaren Bericht bekommen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

14.27


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Frau Volksanwältin Mag. Stoisits. Ich erteile es ihr.

 


14.27.43

Volksanwältin Mag. Terezija Stoisits: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Als Allererstes möchte ich mich als derzeitige Vorsitzende der Volksanwaltschaft für Ihre lobenden Worte bedanken, die auch uns, aber vor allem unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegolten haben. Wir werden das natürlich sofort an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitertragen. Es freut mich immer wieder, zu hören und auch zu sehen, dass die Berichte, die wir legen, so gut aufgenommen werden, aber nicht nur die Berichte, sondern dass offensichtlich auch quasi die Mundpropaganda, die sich durch die Arbeit der Volksanwaltschaft bis zu Abgeordneten und Bundesräten durchspricht, gut funktioniert.

Das zeigt ja auch die Tatsache – und das haben ja praktisch alle vier RednerInnen hier betont –, dass diese Struktur, die wir uns selbst gegeben haben – die Volksanwalt­schaft ist jetzt in ihrem 32., bald schon im 33. Arbeitsjahr –, dass der persönliche Kon­takt mit Menschen in diesem Land ein ganz wesentlicher Punkt in der Arbeit ist. Und die – ich glaube, von Herrn Dr. Kühnel – bereits erwähnten 231 Sprechtage, die wir im Jahr 2008 in ganz Österreich abgehalten haben, haben ja mit sich gebracht, dass es dort mit mehr als 1 500 Menschen direkten, unmittelbaren, persönlichen Kontakt von uns gegeben hat. Diese persönlichen Kontakte sind deshalb so wichtig, weil es ja auch – eigentlich ziemlich viele – Menschen gibt, die sich nicht schriftlich so gut aus­drücken können, die nicht so quasi sagen: Jetzt setze ich mich hin und schreibe einen Brief oder ein E-Mail, in dem ich präzise die Frage, das Problem oder den Missstand, den ich an die Volksanwaltschaft herantragen möchte, ausformulieren kann! – Und ge­rade diese Menschen nehmen das Angebot von Sprechtagen in ganz Österreich, auch in Wien natürlich, sehr stark in Anspruch.


BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 100

Man könnte ja fast sagen, es könnte nie genug Sprechtage geben, weil die Komplexi­tät, die die Gesetze mit sich bringen, nicht nur Mandatare, ob jetzt im Nationalrat oder im Bundesrat, vor große Herausforderungen stellt. Ich war lange genug Abgeordnete, um zu wissen, dass es Gesetze gegeben hat, die ich auch nicht verstanden habe und bei denen ich das Gefühl hatte, eigentlich verstehen es nur die, die es geschrieben ha­ben.

Und jetzt komme ich direkt zu den Auswirkungen, die wir dann als VolksanwältInnen feststellen. Es geht ja auch um die Anwendung der Gesetze, und zahlreiche, um nicht zu sagen, viele Missstände, die die Volksanwaltschaft bei ihrer Arbeit ortet – und im­merhin haben wir ja 15 Prozent der Prüfverfahren, die wir durchgeführt haben, mit einer Beanstandung eines Missstandes in der Verwaltung beendet –, sind auch darauf zu­rückzuführen, dass sich die Gesetze heute durch eine Komplexität auszeichnen – oder eigentlich das Gegenteil von „auszeichnen“: durch eine Komplexität belastet sind –, die es auch den Anwendern, nämlich den Beamtinnen und Beamten und Vertragsbediens­teten auf allen Ebenen – denn wir prüfen ja Gemeinde-, Länder- und Bundesverwal­tung – manchmal schier unmöglich macht, das auch zu durchschauen.

Ich habe im Ausschuss schon das Beispiel zitiert, dass, als die große Fremdenrechts­novelle des Jahres 2005, die 2006 in Kraft getreten ist, durch die alle fremdenrechtli­chen Gesetze geändert wurden – Asyl-, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, Frem­denpolizeigesetz, Grundversorgung –, als dieses Paket dann in Kraft war, das Innen­ministerium ein ungefähr so dickes Handbuch (die Rednerin hält ein Exemplar des Berichts der Volksanwaltschaft in die Höhe), wie unser Bericht, für die Anwender in den Behörden erstellen musste. Ob das der richtige Weg ist? – Da unterstütze ich Frau Bundesrätin Mühlwerth in ihrer Analyse, die sie mit uns teilt und ich in diesem Fall mit ihr.

Ich komme damit zum zweiten Punkt: Aus der Sicht von uns VolksanwältInnen ist jener Teil des Berichts, der sich nicht mit den Einzelfällen beschäftigt, sondern der die legis­tischen Anregungen beinhaltet, ein ganz wesentlicher, und wir haben im Bericht 2008 ja aufgezeigt, dass wir im Jahr 2008 insgesamt 38 legislative Anregungen an den Ge­setzgeber gerichtet haben. Es werden auch welche umgesetzt, aber lange nicht alle. Die Erfolgsquote der Umsetzung von legislativen Anregungen der Volksanwaltschaft ist also durchaus ausbaubar. Das hängt nicht an uns, das hängt am Gesetzgeber. Und Sie sind ja Gesetzgeber, deshalb auch unsere Bitte an Sie, nicht nur auf der Ebene des Nationalrates und des Bundesrates, sondern – Sie sind ja Vertreter der Länder hier im Hohen Haus – auch auf der Länderebene.

Deshalb auch mein Hinweis, den ich hier anbringen möchte: dass die Volksanwaltschaft ja nicht nur an den Nationalrat und an den Bundesrat Bericht legt, sondern auch an alle Landtage – exklusive jener von Tirol und Vorarlberg, wo es ja Landesvolksanwälte gibt. Ich kann Sie nur bitten, auch einmal einen Blick in diese Länderberichte zu werfen, die wir zweijährlich in allen Bundesländern legen – in Wien jährlich –, weil ich glaube, dass es für Bundesräte und Bundesrätinnen auch interessant ist, über die Ergebnisse der Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Bereich der Landesverwaltung Bescheid zu wissen.

Als nächste allgemeine Bemerkung noch etwas, was auch Herr Dr. Kühnel angespro­chen hat, der irgendwie so gesagt hat, er wisse nicht, wie wichtig der ORF ist: Also, für die Volksanwaltschaft ist der ORF zweifelsfrei sehr wichtig! Die Sendung ist – wenn man das jetzt im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag oder den Public Value des ORF messen will – eine sehr erfolgreiche Sendung. Wenn am Samstag um halb sechs Uhr nachmittags durchschnittlich über das Jahr 332 000 Menschen diese Sen­dung anschauen, dann zeigt das nicht nur, dass die Sendung gut gemacht ist, sondern dass auch dieses Format – das ist ja nicht Fiction, sondern das ist Realität, denn die Fälle, die gezeigt werden, sind ja Fälle aus dem Alltag der österreichischen Bevölke­


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rung – gut ankommt. Das ist auf der einen Seite gut für den ORF, aber andererseits vor allem auch gut für die Volksanwaltschaft, weil das sozusagen unser Hauptmedienträ­ger ist. Und wir merken ja immer wieder, wenn wir einen Fall dort präsentieren, dass sich aufgrund der Darstellung im ORF Menschen melden, die ähnliche Fragen oder ähnliche Probleme oder Missstände aufzeigen.

Somit möchte ich jetzt noch zu den Punkten kommen, die aus meinem Prüfbereich an­gesprochen worden sind. Ich glaube, von zumindest zwei Rednern – Bundesrat Schenn­ach und auch Bundesrat Dr. Kühnel – wurde auf die Frage der Fliegerbomben einge­gangen. – Ja, da war ich, als ich Volksanwältin geworden bin, geradezu euphorisch, weil ja der auch angesprochene ehemalige Bundesminister Platter einen Entwurf zur Lösung dieser Problematik in seinem Ressort hat ausarbeiten lassen. Dieser ist auch in Begutachtung gegangen, wurde begutachtet, wurde von der Volksanwaltschaft selbst­verständlich auch begutachtet, und wir haben unsere Kritik und Verbesserungsvor­schläge angebracht – und damit ist dieser Prozess beendet gewesen.

Seither ist nichts mehr passiert! Und ich kann Ihnen sagen – und ich habe das auch an einem exemplarischen Fall im ORF dargestellt –, die, die es trifft, trifft es aber so hart, weil es ja hier – und das möchte ich jetzt noch einmal betonen – vor allem um die Fra­ge der Ortung von Fliegerbomben geht. Also, wenn man einmal ganz genau weiß, da ist eine und die ist gefährlich, dann wird sie entsorgt. Aber es gibt ja Menschen, die ihre Häuser stehen haben, und da gibt es einen Kataster und da weiß man, ungefähr da liegen Fliegerbomben – und für die Ortung dieser Fliegerbomben gibt es keinen Cent Zuschuss! Und das gibt es in allen Bundesländern, natürlich konzentriert eher in städti­schen Gebieten, wo das immer wieder vorkommt. Erst vor ein paar Monaten ist so eine Fliegerbombe in einer Gärtnerei im 23. Bezirk hier in Wien detoniert. Gott sei Dank war es eine Gärtnerei, und das Einzige, was passiert ist, war ein Krater neben einem Glas­haus. Aber das kann theoretisch auf all diesen Verdachtsflächen, die es gibt, passie­ren.

Ich bitte Sie jetzt – ich kann Sie nur bitten –, Ihren Einfluss überall geltend zu machen, damit dieses Problem – und Bundesrat Schennach hat ja erörtert, warum es immer vi­rulenter wird, nämlich aufgrund der Korrosion – gelöst wird. Die jetzige Bundesministe­rin, unsere ehemalige Kollegin, ist in dieser Frage – bedauerlicherweise, für die Volks­anwaltschaft – nicht aktiv geworden.

Die zweite Problematik, die angesprochen wurde, meinem Prüfbereich betreffend, be­traf das Innenministerium. Das hat vor allem Ing. Einwallner angesprochen und auch gleichzeitig eine Frage gestellt. – Ja, die erhöhte oder eigentlich ziemlich rasant gestie­gene Beschwerdezahl in diesem Bereich hat sich, jetzt würde ich einmal sagen, auf diesem hohen Niveau leider – man muss immer sagen: leider – stabilisiert; nicht nur stabilisiert, sondern auch im Jahr 2009 werden sich die Fallzahlen erhöhen.

44 Prozent der Beschwerden aus dem Bereich Innenministerium betreffen den Kom­plex Fremdenrecht, und da wiederum die Hälfte davon das Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz – also jenes Gesetz, das sozusagen Zuwanderinnen und Zuwanderer in Österreich betrifft.

Es sind natürlich viele Beschwerden dabei, wo die Volksanwaltschaft keinen Missstand in der Verwaltung feststellen kann, weil der Missstand – sage ich jetzt ein bisschen vielleicht salopp – im Gesetz liegt.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus einem Komplex: Die große Novelle zum Staatsbür­gerschaftsgesetz aus dem Jahr 2006 produziert unglaublich viele dramatische – „Ein­zelfälle“ kann man gar nicht mehr sagen, weil es ja so viele sind – Fallgruppen durch die gesetzlichen Bestimmungen, wie sie im Jahr 2006 geändert wurden, wo beispiels­weise – wiederum eine Fallgruppe daraus – Menschen, die in Österreich anerkannte


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Flüchtlinge sind, durch die Tatsache, dass sie alt sind, älter sind, krank sind, invalid sind, nicht mehr berufstätig sein können, vom Zugang zur österreichischen Staatsbür­gerschaft ausgeschlossen sind. Das sind Menschen, die nie die österreichische Staats­bürgerschaft bekommen können, weil sie krank sind und deshalb nicht diese ASVG-Richtsätze erfüllen können – und die besonders dramatisch dadurch betroffen sind, dass sie ja nicht sagen: Na gut, habe ich halt nicht die österreichische Staatsbürger­schaft, behalte ich halt meine türkische oder serbische oder kroatische oder bosni­sche!, sondern dass das Menschen sind, die hier anerkannten Flüchtlingsstatus haben, die keinen – unter Anführungszeichen – „eigenen“ Pass haben, sondern nur einen Frem­denpass, und damit beispielsweise auch vom Zugang zu ihren Familien völlig abge­schnitten sind.

Also das ist ein Problembereich, wo es ganz eindeutig legistischen Änderungsbedarf gibt, um dieser kleinen Fallgruppe helfen zu können, weil es eben null Ermessensspiel­raum im Staatsbürgerschaftsgesetz gibt.

Als letzte Anmerkung erlaube ich mir – auch in meiner Eigenschaft als Vorsitzende – hier zu sagen, dass die Volksanwaltschaft selbstverständlich Forderungen zu ihrer Weiterentwicklung erhebt – das wurde bereits kurz angeschnitten –, und zwar vor al­lem was die Frage des mangelnden Prüfauftrags bei ausgegliederten Rechtsträgern betrifft. Mein Kollege Dr. Kostelka wird noch Stellung dazu nehmen im Zusammenhang mit den ÖBB, um das zu illustrieren.

Damit Sie wissen, was ich meine, bringe ich ein Beispiel aus meinem Prüfbereich: die Bundesimmobiliengesellschaft. – Die BIG gehört zu 100 Prozent dem Bund. Also das gehört sozusagen der Republik, uns allen, wenn man so will. Die BIG unterliegt nicht der Prüfzuständigkeit der Volksanwaltschaft.

Ich hatte, als ich Volksanwältin wurde, sofort Gespräche mit den beiden Vorständen, und diese haben mir versichert, dass es da keine Probleme geben wird. – Na ja, es hat keine Probleme gegeben, solange es keine Prüfverfahren gegeben hat.

Jetzt, wo es erstmals tatsächlich um Fragen geht, haben sie geschrieben, es gebe nach der Bundesverfassung keine Verpflichtung ihrerseits, meine Fragen zu beantwor­ten. Ich hoffe hier immer noch auf eine, wenn man so will, amikale Lösung. Aber Basis für unsere Arbeit ist das keine.

Noch einmal: Das ist eine unserer zentralen Forderungen. Wir haben jetzt an den Volksanwaltschaftsausschuss des Nationalrates ein Reformpapier über die wichtigsten Punkte für die Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft übermittelt, und wir hoffen, dass es durch parlamentarische Diskussion im Volksanwaltschaftsausschuss zu Schrit­ten kommen wird, die zumindest jenen Level für die Volksanwaltschaft wiederherstel­len, den der Rechnungshof hat.

Also wir sind da ohnehin sehr bescheiden: Dort, wo der Rechnungshof einen Prüfauf­trag zur Gebarungskontrolle hat, sollte die Volksanwaltschaft zumindest die Prüfzu­ständigkeit für die Verwaltung und für die Tätigkeit der ausgegliederten Rechtsträger haben. Das gibt es im Moment noch nicht.

Als allerletzte Anmerkung quasi das Aktuellste: Im Regierungsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP wurde vereinbart, dass die nationale Präventionsstelle im Sinne des so­genannten OPCAT-Übereinkommens – das ist das Zusatzprotokoll zur Antifolterkon­vention der UNO – in der Volksanwaltschaft eingerichtet wird. Dieser Prozess ist jetzt im Laufen. Wir als Volksanwaltschaft hoffen hier auf ein Ergebnis im Sinne der Umset­zung dieses Abkommens.

Ich erlaube mir, zu sagen, dass ich davon ausgehe, dass wir auch die Unterstützung des Hohen Bundesrates in diesen Fragen haben werden. Möglicherweise werden wir


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dann nächstes Jahr, wenn wir über den Jahresbericht 2009 hier diskutieren werden, schon darüber berichten können. Aber Sie werden jedenfalls, sollte es so weit kom­men, ohnehin schon vorher damit befasst werden, weil es ja dafür die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen gilt. – Danke ganz herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

14.43


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt nun Herr Volksanwalt Dr. Kostelka. – Bitte.

 


14.44.05

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Am Ende einer längeren Debatte werde ich versuchen, einige Schlaglichter in diesem Zusammenhang zu formulieren.

Die erste Bemerkung möchte ich anknüpfend an die Ausführungen des Herrn Bundes­rates Kühnel im Zusammenhang mit der Unterbringung in den Kasernen machen. Was hier geschieht – auch der Herr Bundesrat Schennach hat darauf Bezug genom­men –, ist prohibitiv für eine Bereitschaft der österreichischen Jugend, sich der Vertei­digung und der Katastrophenhilfe zu widmen.

Ich glaube, dass ein junger Mensch heute Anspruch hat, in einer Kaserne so unterge­bracht zu werden, wie er auch zu Hause wohnt. Und das ist nicht nur im Zusammen­hang mit der mangelnden Privatsphäre nicht der Fall. In einem 100-Bett-Zimmer ist eine Privatsphäre praktisch nicht mehr gegeben. Wenn die jungen Leute nach einem Nachteinsatz oder nach einem Einsatz bei schlechtem Wetter nicht einmal die Möglich­keit haben, ihre Einsatzkleidung für den nächsten Tag zu trocknen, dann beginnt das auch im gesundheitlichen Zusammenhang problematisch zu werden.

Ich sage hier ganz klar, dass es Unterkünfte beim Österreichischen Bundesheer gibt, die, wären sie nicht im Bundesheer, sondern würde es sich um Unterkünfte von sozial Schwächeren handeln, von den entsprechenden kommunalen Behörden sofort ge­sperrt werden würden. Das ist eine Situation, die, würde ich meinen – und ich hoffe auch auf Ihre Zustimmung –, letztendlich für die Republik in ihrer Verantwortung für die jungen Menschen, die ja nicht freiwillig beim Bundesheer sind, schlicht und einfach nicht akzeptabel sind.

Herr Bundesrat Ing. Einwallner hat zu Recht auf die Problematik der ausgegliederten Rechtsträger verwiesen. Es geht hier – lassen Sie mich das ganz offen sagen – nicht darum, dass die Volksanwaltschaft Zuständigkeit in Bereichen erhält, wo sie bisher nie zuständig war, sondern es geht letztendlich darum, ihr etwas zurückzugeben, was sie aufgrund der gesetzlichen Entscheidungen auch dieses Hauses verloren hat.

Was ist der Hintergrund? – Die Volksanwaltschaft ist nur zuständig für die Prüfung der Verwaltung. Solange Bahn, Post, der ganze Telekombereich – und eine derartige Lis­te hat in der Zwischenzeit schon 100 Positionen – noch Teil der Verwaltung waren, un­terlagen sie selbstverständlich der Kontrolle der Volksanwaltschaft. Aber in dem Au­genblick, in dem eine Organisationsreform vorgenommen wurde, durch die die Bahn nicht mehr eine Sektion des Verkehrsministeriums war, sondern eine eigene Aktienge­sellschaft wurde, hat die Volksanwaltschaft ihre Zuständigkeit verloren.

Viele dieser Einrichtungen erfüllen nach wie vor natürlich öffentliche Aufgaben – nicht nur beispielsweise die Bahn, sondern auch alle Krankenhäuser, Müllabfuhr oder Ent­sorgungsunternehmungen, Wassergenossenschaften: All diese Einrichtungen unter­stehen theoretisch nicht mehr der Zuständigkeit der Volksanwaltschaft.

Ich bekenne mich in diesem Zusammenhang ganz offen dazu, dass die Volksanwalt­schaft in diesen Bereichen jenseits der rechtlichen Grundlagen das nicht zu Kenntnis nimmt. Aber wir müssen uns auch dessen bewusst sein, dass das eine Zeit lang funk­tioniert. Wenn es aber wirklich zu einer anderen inhaltlichen Beurteilung zwischen


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Volksanwaltschaft und dem geprüften Bereich kommt, dann gibt es solche Antworten, wie sie Frau Volksanwältin Stoisits genannt hat: Dann besinnt man sich in den ausge­gliederten Rechtsträgern natürlich darauf, dass eine Zuständigkeit der Volksanwalt­schaft formell verfassungsmäßig nicht besteht.

Das heißt aber, dass der Widerstand genau dann kommt, wenn im Interesse des Bür­gers eine solche Kontrolle sinnvoll und notwendig wäre. Ich glaube, dass es letztend­lich in diesem Zusammenhang um nichts anderes geht, als von den anderen Ländern in Europa, aber auch darüber hinaus, zu lernen.

Es gibt kein Land in Europa, in dem nicht auf die Entwicklung in diesen Bereichen Rücksicht genommen worden ist. Selbst das ausgliederungsfreudige England hat den Grundsatz aufgestellt: Wo öffentliches Geld drinnen ist, dort ist auch die Kontrolle der Volksanwaltschaft in entsprechender Weise gegeben.

Nächster Punkt: Jugendwohlfahrt. – Eine ganz kurze Bemerkung zu einem ganz gro­ßen Problem: Ich glaube, die Ereignisse um die Kinder von Pöstlingberg oder auch eine Reihe anderer derartiger Ereignisse werden nicht die letzten sein. Worauf wir in diesem Zusammenhang in aller Deutlichkeit aufmerksam gemacht haben, ist, dass dann, wenn die Personalstände – auch wenn die Budgets in Form einer Valorisierung angehoben worden sind – in keiner Weise ausgeweitet wurden, die Jugendämter bei einer Steigerung von 150 Prozent der Fälle in 15 Jahren ihren Aufgaben nicht mehr wirklich gerecht werden können. In diesem Zusammenhang können diese Ämter nicht mehr tun, als auf den ersten Augenschein hin Prüfungen vorzunehmen – wenn es die überhaupt gibt.

Es ist ja kein Zufall, dass es am Pöstlingberg einen Fall gegeben hat, wo die Mutter Akademikerin war, die sich entsprechend artikulieren konnte, wo also die Verhältnisse für die prüfende Einrichtung nicht ganz so einfach waren und wo die Behörde diese Auseinandersetzungen schlicht und einfach gescheut hat. Das liegt im System. Ich glaube, dass es hier auf jeden Fall zu einer Nachrüstung von Personalständen und Budget kommen muss.

Nun zum Thema Pflegegeld. – Da haben wir ein echtes Problem, und zwar eines, das gerade diese Kammer in besonderem Maße berühren sollte. Föderalismus ist eine sinnvolle Einrichtung, und gerade der Bundesrat steht dafür. Aber wenn es in einem Bereich wie im Pflegegeldbereich so große Unterschiede von Bundesland zu Bundes­land gibt, die für die dort lebende Bevölkerung nicht erklärbar sind, dann ist das eine unbefriedigende Situation.

Es gibt Bundesländer, wo es doppelt so viel Zuerkennung in Teilbereichen gibt wie in den anderen. Es gibt Bundesländer, in denen die Verfahren wesentlich länger dauern als in den anderen. Es ist ein Akt der Vereinheitlichung notwendig, der hier auch im In­teresse des Föderalismus angestrebt werden muss.

Die Rechtsmittelkosten sind ein wirkliches Problem. Wovon wir in diesem Zusam­menhang sprechen, ist die Verfahrenshilfe, vor allem bei den öffentlichen Gerichten, vor allem im Verwaltungsgerichtshof. Das heißt, Richter entscheiden, ob es sinnvoll ist, einen Prozess zu führen. Eine Verfahrenshilfe gibt es nicht, wenn nicht eine richterliche Entscheidung vorliegt, dass es ein sinnvoller Prozess ist, keine Obstruktion oder keine unnotwendige Prozessführung. Wenn dann aber trotzdem, obwohl Richter meinen, dass dieser Prozess sinnvollerweise zu führen ist, ein entsprechendes Rechtsmittel nicht zum Erfolg führt, dann ist das Ergebnis, dass der Betreffende, der sich den Pro­zess ohnedies nicht leisten konnte und deswegen die Verfahrenskosten bezahlt be­kommen hat, die Verfahrenskosten eines solchen Urteils der Gegenseite zu tragen hat.


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Antragsprinzip in der Sozialversicherung ist ein altes Anliegen der Volksanwalt­schaft. Ich habe so oft darüber geredet, dass ich glaube, es nicht neuerlich ausbreiten zu müssen. Es ist unfair dem Beschwerdeführer, den Österreicherinnen und Österrei­chern gegenüber, schlicht und einfach davon auszugehen, dass die Sozialversicherung zwar weiß, wen es betreffen könnte, sich aber verschweigt, in Einzelfällen mitunter so­gar falsche Auskünfte gibt, und wenn es dann auf den Punkt gebracht wird, es keine rückwirkende Zuwendung solcher Leistungen gibt.

Zwei abschließende Bemerkungen, meine sehr geehrten Damen und Herren:

Bei der gesamten Problematik der Topographie-Verordnung, aber auch der Ortsta­feln geht es schlicht und einfach darum, dass der Verfassungsgerichtshof seit Jahren, ja seit Jahrzehnten eine ganz klare Position einnimmt, ausdrücklich erklärt, was verfas­sungskonform ist und was nicht, und dass die Reaktion der vollziehenden Gewalten praktisch null ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bedenken Sie: Wenn das in irgendeinem an­deren Bereich passieren würde, würde mit Recht ein Sturm der Entrüstung durch die Republik gehen! Und das würde ich mir wünschen und erwarten in diesem Zusammen­hang. Recht, ob man es haben will oder nicht, muss Recht bleiben! Letztendlich hat sich Österreich zur Erlangung seiner Freiheit im Jahre 1955 dazu ausdrücklich ver­pflichtet, und diese Konsequenzen sind jetzt auch zu tragen.

Letzte Bemerkung: Die internationale Tätigkeit der Volksanwaltschaft. – Es ist kein kleiner Beitrag, der da geleistet wurde, denn bei den Auswahlkriterien war natürlich die Kontinuität, die von den Bewerbern zu erwarten ist, ein wesentlicher Punkt. In diesem Zusammenhang waren zwei einstimmige, von Regierungs- und Oppositionsfraktionen in gleicher Weise die Entscheidung mittragende Entschließungen eine sehr, sehr we­sentliche Hilfe.

Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist etwas, was kein anderes Land vorzeigen konnte, und das hat deutlich gemacht, dass diese Republik zu dieser Bewerbung steht.

Die internationale Anerkennung der Volksanwaltschaft bringt letztendlich mit dieser Entscheidung auch zum Ausdruck, dass wir eine anerkannte Rolle spielen. Wir haben im Auftrag des Europarates beispielsweise jetzt schon Gutachten abzugeben gehabt. Es ist eine Tätigkeit, die letztendlich nicht nur europaweit, sondern im Grunde genom­men weltweit einen Beitrag Österreichs zur Entwicklung der Demokratie und der Rechts­staatlichkeit darstellt.

Ich darf mich in diesem Sinne bei diesem Hohen Haus für diese Entschließung sehr, sehr herzlich bedanken, und ich hoffe, Sie werden uns auch in Zukunft in diesem Zu­sammenhang nicht ganz vergessen. (Allgemeiner Beifall.)

14.56


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt nun Frau Volksanwältin Dr. Brinek. – Bitte.

 


14.56.25

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin und lieber Kollege aus der Volksanwaltschaft! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Weil zu den allgemeinen Themen schon viel ausgeführt wurde, möchte ich mich auf ein paar Einzelbeispiele und einzelne Themen beziehen.

Das Erste ist die Frage der Sachwalterschaft, die Änderung des Sachwalterschafts­rechts, wie es Dr. Kühnel angesprochen hat.

Wir haben im Ausschuss eine gute Diskussion gehabt und konnten Ihnen, glaube ich, darlegen, wie sehr sich gesellschaftliche, wirtschaftliche und sozioökonomische Verän­


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derungen auch bei uns in den Beschwerden und in den Prüferwartungen der Bürge­rinnen und Bürger niederschlagen. Gesellschaftliche Veränderungen spiegeln auch das Problem wider, das sich rund um die Sachwalterschaft identifizieren lässt, wenn man davon ausgeht, dass wir, Gott sei Dank, älter werden, dass Menschen durch­schnittlich ein höheres Lebensalter erreichen, dass aber der Weg dorthin nicht immer bedeutet, gesund und wohlbehalten und fit alt zu werden.

Gegenwärtig gibt es zwischen 80 000 und 90 000 Personen, die besachwaltert sind; davon etwas mehr als 50 000 voll. Es wenden sich einerseits Bürgerinnen und Bürger, Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer als Besachwalterte an mich als Volks­anwältin und erzählen mir ihre Schwierigkeiten mit der gerichtlichen Entscheidung, mit dem Weg zur Besachwalterung und vielleicht wieder aus ihr heraus, und andererseits Angehörige, wo eindeutig erkennbar ist, dass es zu Kollisionen hinsichtlich der Erwar­tungen und der Annahmen, wer jetzt was zu entscheiden hat oder nicht zu entscheiden hat, kommt, und wo das Ganze sich durch lange gerichtliche Verfahren zu einem Fami­lien- und Angehörigenproblem auswächst, wo wir eigentlich einen Handlungsbedarf se­hen.

Klar ist für uns, dass das Älterwerden und Wohlfühlen und das Erleben, Wohlfahrtser­fahrung im positivsten Sinn eines modernen Staates zu haben, nicht ohne Weiteres – ich sage es einmal so – zu managen sind. Familien wandeln sich. Die Großfamilie gibt es nicht mehr. Und wir von der Volksanwaltschaft, vor allem in meinem Prüfbereich, sehen bei unseren Bemühungen, hier Lösungen zu entwickeln, legistische Anregungen zu machen, die wir unter das Schlagwort „Alterswohlfahrt“ gestellt haben, dass das ein Prozess ist, an dem wir noch arbeiten müssen.

Weiters ist angesprochen worden das Thema „Unterhaltsvorschuss“. Wir haben auch darauf in unserem Bericht Bezug genommen. Es gab in der Zwischenzeit ein soge­nanntes Familienrechts-Änderungspaket, wo Veränderungen beziehungsweise Ver­besserungen im Zusammenhang mit Unterhalt beschlossen worden sind. Im Wesentli­chen ging es dabei um Beschleunigung. Für die Volksanwaltschaft ist weiterhin unbe­friedigend, dass es eine strikte Verbindung zu einem Unterhaltstitel gibt.

Wir meinen, dass Kinder, egal, mit welchem dramatischen, krisenhaften oder konflikt­haften familiären Hintergrund, so etwas wie einen Mindestunterhalt auf alle Fälle haben sollten. Aber auch hier ist es wie bei vielen anderen Themen: Wir werden dranbleiben, wie man auf Wienerisch sagt. Wir werden hartnäckig auf Basis der Prüfergebnisse wei­tere Anregungen machen.

Ebenso wurde angesprochen so etwas wie barrierefreier Zugang – autonome Bürger sollen selbst zu ihrem Recht kommen. In der Tat – das Wiener Beispiel ist angespro­chen, Sie können das aber für jedes Bundesland nehmen – bedarf es in Wien erhöhter Bezirksbudgets oder einer Anstrengung um Sondermittel, damit der Zugang zu den Be­hörden, etwa den Magistratischen Bezirksämtern, für Menschen zumindest rollstuhlfrei, wenn nicht insgesamt barrierefrei gemacht wird.

Die jeweilige bundesgesetzliche Vorschrift kennt zwar eine Frist, aber wir sollten davon ausgehen, dass wir schon früher an diese Frist denken müssen, bevor wir an diesem Datum angekommen sind.

Ein Beispiel aus dem Vorjahr war auch, wie sehr sich die gesellschaftliche, soziale, ge­sundheitspolitische Veränderung auch in einer politischen Entsprechung, was Unter­stützung, Förderung und so weiter betrifft, niederschlagen können soll. In jeder Senio­reninformation finden Sie Hinweise und Angebote über das, was Treppenlift oder Stie­gensteigehilfe heißt. Die sind meistens TÜV-geprüft und in ein paar Stunden zu mon­tieren. In Wien fällt das unter das Wiener Aufzugsgesetz mit all den Schwierigkeiten;


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also da wird die Sicherheit ganz streng genommen. Das ist in keinem anderen Bundes­land so. – Das nur zur Illustration.

Vielleicht findet man auch hier einen Weg, wo sich einerseits größtmögliche Sicherheit, aber geringstmögliche Schikane und einfachster Zugang zu Förderungen finden wer­den.

Einige Punkte wurden von Ihnen allen angesprochen, von Kühnel, Einwallner, Schenn­ach und Mühlwerth, etwa: Präzision des Gesetzgebers ist gefordert. – Ja, das stimmt, aber wir prüfen die Verwaltung, das heißt, wie die Verwaltung mit dem Gesetz umgeht. In diesem Zusammenhang gibt es immer die Einschätzung: Haben wir Vorarlberger, Salzburger, Tiroler, Oberösterreicher die bessere Verwaltung – oder sind wir nur be­schwerdescheu? Dazu kann ich Ihnen nur sagen, schließen Sie aus der Statistik nicht unmittelbar, kausal, dass es, wie gesagt, eine bessere Verwaltung, scheuere Bürger – oder umgekehrt – gibt! Das hat so viele Ursachen!

Wir haben jedenfalls mit dem Hinausgehen in die Bundesländer, mit dem Besuchen der Bezirkshauptmannschaften gute Erfahrungen gemacht. Und nach Möglichkeit – wir sehen das ja auch an den Anfragen: wann kommen Sie wieder? – werden wir dem ge­recht und forcieren unsere Besuche. Da gibt es immer die Überlegung: Sollen wir auch kleine BHs regelmäßig besuchen, oder dürfen wir davon ausgehen, dass auch im länd­lichen Bereich die Menschen in die Zentren kommen? Kommen wir lieber öfter in die Zentren, oder besuchen wir auch die Peripherie, wie das so schön heißt? Das ist im­mer ein Suchen und Adaptieren an die jeweiligen Nachfragen.

Noch eine kleine Bemerkung: Ja, zentrale Anlaufstellen für Pflege, für anderes, da sind Sie als Vertreter des konstruktiven Föderalismus gefordert. Das betrifft viele Dinge aus dem Prüfbereich der Volksanwältin Stoisits, etwa den Kindergartenbereich, wie jetzt gerade sichtbar wird.

Also in vielen Bereichen, können wir sagen, sind bundeseinheitliche Rahmenrichtlinien, Rahmengesetze hilfreich, damit wenigstens der Bürger den Eindruck hat, egal, ob er am Neusiedler See wohnt oder am Bodensee, es gelten dieselben oder die gleichen Bedingungen.

Ich will schon schließen. Ich bedanke mich sehr für die in der Debatte geäußerte Zu­stimmung, für das geäußerte Vertrauen und für die Ermunterung, weiterhin sorgfältig und konsequent im Sinne der Bürger zu prüfen. Wir werden das sicher im nächsten Arbeitsjahr genauso tun, wie wir es bisher getan haben. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

15.04


Präsident Erwin Preiner: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist somit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


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Ich möchte noch ein herzliches Dankeschön an die drei heute erschienenen Volksan­wälte sagen. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen im kommenden Jahr!

15.04.146. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Erwin Preiner, Mag. Harald Himmer, Moni­ka Mühlwerth, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“ (177/A-BR/2009)

 


Präsident Erwin Preiner: Wir gelangen nun aufgrund der ergänzten Tagesordnung zum Punkt 6 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 177/A-BR/2009 der Bundesräte Preiner, Mag. Himmer, Mühlwerth, Mitterer, Schennach, Zangerl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Aktuelle Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit“.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung ge­ben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf Ab­haltung der gegenständlichen Enquete ist somit angenommen.

Hinsichtlich des Termins, der Tagesordnung und des Teilnehmerkreises für die soeben beschlossene Enquete darf ich auf den bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zu­gegangenen Selbständigen Antrag 177/A-BR/2009 verweisen.

*****

Die Tagesordnung ist somit erschöpft.

15.05.47Einlauf

 


Präsident Erwin Preiner: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt zwei Anfragen – 2724/J und 2725/J – einge­bracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 5. November 2009, 9 Uhr, in Aus­sicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.


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Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 3. November 2009, 13 Uhr, vorgese­hen.

Ich wünsche nun allen Anwesenden hier im Saal ein schönes Wochenende und eine unfallfreie Nachhausefahrt!

Die Sitzung ist geschlossen.

15.06.30Schluss der Sitzung: 15.07 Uhr

 

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1017 Wien