Misstrauensvotum

Der Nationalrat kann der Bundesregierung oder einzelnen Mitgliedern durch Beschluss das Vertrauen entziehen.

Misstrauensvotum

Der Nationalrat kann der Bundesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder durch ausdrückliche Entschließung das Vertrauen entziehen. Das Misstrauensvotum ist das schärfste Mittel der politischen Kontrolle. Es bringt zum Ausdruck, dass die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder keine Unterstützung mehr durch die Mehrheit im Nationalrat hat. In diesem Fall ist die Bundesregierung oder der/die betreffende Bundesminister:in vom Bundespräsidenten bzw. von der Bundespräsidentin des Amtes zu entheben.

Ein derartiger Beschluss wird mit einfacher Mehrheit gefasst, aber es ist notwendig, dass die Hälfte der Mitglieder des Nationalrates anwesend ist. Auf schriftliches Verlangen eines Fünftels der Abgeordneten ist die Abstimmung über einen eingebrachten Misstrauensantrag auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen. Diese Regelungen sollen verhindern bzw. erschweren, dass bei vorübergehender geringer Anwesenheit (z. B. aufgrund einer Grippewelle) Zufallsmehrheiten dazu genutzt werden, der Regierung das Vertrauen zu entziehen.

Misstrauensanträge

Misstrauensanträge sind ihrer Form nach Entschließungsanträge. Sie können sowohl als selbständige als auch als unselbständige Entschließungsanträge eingebracht werden. Nicht möglich ist die Einbringung eines Misstrauensantrags als Dringlicher Antrag, wohl aber als Unselbständiger Entschließungsantrag im Rahmen der Debatte über einen Dringlichen Antrag.

Abstimmung über Misstrauensantrag

Der Beschluss über einen Misstrauensantrag wird mit einfacher Mehrheit gefasst, aber es ist notwendig, dass die Hälfte der Mitglieder des Nationalrates anwesend ist. Auf schriftliches Verlangen eines Fünftels der Abgeordneten ist die Abstimmung über einen eingebrachten Misstrauensantrag auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen. Diese Regelungen sollen verhindern bzw. erschweren, dass bei vorübergehender geringer Anwesenheit (z. B. aufgrund einer Grippewelle) Zufallsmehrheiten dazu genutzt werden, der Regierung das Vertrauen zu entziehen.

Entzug des Vertrauens – "politische Verantwortlichkeit"

Ein Misstrauensvotum bedarf keiner besonderen Begründung – auch wenn eingebrachte Misstrauensanträge zumeist mit umfangreichen Begründungen versehen sind. Es bedarf auch keiner Verfehlungen rechtlicher Art durch ein Regierungsmitglied. Es geht ausschließlich um die politische Unterstützung. Man spricht daher auch von der "politischen Verantwortlichkeit" der Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat.

Eine Mehrheit des Nationalrats könnte also jederzeit die Absetzung der Bundesregierung erzwingen. Eine Bundesregierung kann daher auf längere Dauer nur bestehen, wenn sie von der Mehrheit der Abgeordneten unterstützt oder, im Fall einer Minderheitsregierung, zumindest toleriert wird.

"Gewaltenteilung" zwischen Regierungsfraktionen und Opposition

Es wird oft gesagt, dass das "parlamentarische Regierungssystem", in dem sich die Regierung auf eine Parlamentsmehrheit stützt, zu einer "neuen Gewaltenteilung" geführt habe: Es sind nicht mehr Parlament und Regierung, die einander gegenüberstehen – wie es in der Verfassung der Habsburgermonarchie der Fall war. Damals war die Regierung nur dem Kaiser verantwortlich.

Heute stehen einander vielmehr die Regierung und die sie unterstützenden Parlamentsfraktionen auf der einen Seite und die Opposition auf der anderen Seite gegenüber. Das erklärt, warum Misstrauensanträge unter stabilen politischen Mehrheitsverhältnissen praktisch nie eine Mehrheit finden, auch wenn sie von der Opposition immer wieder eingebracht werden. In der Zweiten Republik wurde bislang nur ein Misstrauensantrag angenommen: Am 27. Mai 2019 entzog eine Mehrheit im Nationalrat der Bundesregierung das Vertrauen, nachdem die Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ zerbrochen war.

Aber schon allein die Einbringung eines Misstrauensantrags kann erhebliche Wirkung haben – nicht nur durch die erhöhte Aufmerksamkeit in den Medien –: Das betreffende Regierungsmitglied muss im Nationalrat seine Position vertreten. Die Regierungsfraktionen müssen für eine möglichst vollzählige Anwesenheit ihrer Abgeordneten sorgen.

Kein Misstrauensvotum im Bundesrat

Das Misstrauensvotum steht nur dem Nationalrat zu, nicht aber dem Bundesrat. Die Bundesregierung ist somit in ihrer Existenz nicht vom Vertrauen des Bundesrats abhängig und kann auch dann erfolgreich regieren, wenn sie nicht über die Unterstützung der Mehrheit des Bundesrats verfügt. Dies kommt auch immer wieder vor, wenn die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat, die sich aus den Mehrheitsverhältnissen in den neun Landtagen ergeben, von jenen im Nationalrat abweichen.

Weiterführende Informationen

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Häufige Fragen zu Misstrauensanträgen

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