Stenographisches Protokoll

620. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 19. Dezember 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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620. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 19. Dezember 1996

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. Dezember 1996: 9.04 – 23.11 Uhr

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Tagesordnung

1. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes, des Bundesgesetzes über den Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste", des Bundesfinanzgesetzes 1997, des Pflanzenschutzgesetzes 1995 und des Rebenverkehrsgesetzes 1996 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996)

2. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Gründung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (BVWG-Gesetz)

3. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959

4. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959

5. Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, die Bundesabgabenordnung, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Karenzurlaubszuschußgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 1996)

6. Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Bundesgesetz über die Umsatzsteuervergütung an ausländischen Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Straßenbenützungsabgabegesetz und das Kraftfahrzeugsteuergesetz geändert werden (EU-Abgabenänderungsgesetz)

7. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutz


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620. Sitzung / Seite 2

gesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz von Verkehrsopfern geändert werden

8. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden (Bauträgervertragsgesetz – BTVG) und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert wird

9. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit ein Arbeitszeitgesetz für Angehörige von Gesundheitsberufen in Kranken-, Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen geschaffen (Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz – KA-AZG) und das Arbeitszeitgesetz geändert werden

10. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG), das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden

11. Beschluß des Nationalrates vom 29. November 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsruhegesetz geändert wird

12. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird

13. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gewerberechtsnovelle 1996)

14. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 über ein Bundesgesetz betreffend ergänzende Schutzzertifikate (Schutzzertifikatsgesetz 1996 – SchZG 1996)

15. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln (Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997)

16. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird

17. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird

18. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird

19. Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird

20. Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und das Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden

21. Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Staatsdruckerei (Staatsdruckereigesetz 1996)


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620. Sitzung / Seite 3

22. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996)

23. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik

24. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich

25. Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden

26. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen

27. Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

28. Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Gesellschaft mit beschränkter Haftung

29. Selbständiger


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620. Sitzung / Seite 4

Antrag der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 GO-BR (96/A-BR/96)

30. Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1997

*****

Inhalt

Bundesrat

Schlußansprache des Präsidenten Josef Pfeifer 33

Unterbrechungen der Sitzung 35 und 103

Antrag der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete

Antrag gemäß § 16 Abs. 3, den Selbständigen Antrag 96/A-BR/96 ohne Vorberatung in einem Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen 35

Annahme 36

Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 41 Abs. 3 um den Selbständigen Antrag 96/A-BR/96 als Punkt 29 36

Wahl der beiden Vizepräsidenten für das 1. Halbjahr 1997

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 57 Abs. 2 GO-BR 197

Debatte:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 197

Zurückweisung des Wahlvorschlages der freiheitlichen Fraktion 198

Wahl der beiden Vizepräsidenten 199

Wahl von zwei Schriftführern für das 1. Halbjahr 1997 199

Wahl von drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1997 200

Personalien

Krankmeldungen 15

Entschuldigung 15

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 35

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 32

Ausschüsse

Zuweisungen 33 und 35

Fragestunde

Landesverteidigung 15

Peter Rieser (679/M-BR/96)

Albrecht Konečny (670/M-BR/96)

Dr. Paul Tremmel (676/M-BR/96)

Karl Pischl (680/M-BR/96)

Irene Crepaz (671/M-BR/96)

Mag. Gerhard Tusek (681/M-BR/96)

Karl Drochter (672/M-BR/96)

Dr. Reinhard Eugen Bösch (677/M-BR/96)


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620. Sitzung / Seite 5

Dr. Kurt Kaufmann (682/M-BR/96)

Dr. Michael Ludwig (673/M-BR/96)

Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof (683/M-BR/96)

Horst Freiberger (674/M-BR/96)

Engelbert Weilharter (678/M-BR/96)

Mag. Karl Wilfing (684/M-BR/96)

Ferdinand Gstöttner (675/M-BR/96)

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer, Dr. Peter Harring und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privatisierung der Bank Austria und der Creditanstalt (1239/J-BR/96) 103

Begründung: Dr. Susanne Riess-Passer 103

Beantwortung: Bundesminister Mag. Viktor Klima 105

Redner:

Dr. Peter Harring 112

Bundesminister Mag. Viktor Klima 117, 125 und 136

Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof 117

Stefan Prähauser 119

Dr. Helmut Prasch 122

Mag. Harald Himmer 123

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 127

Albrecht Konečny 128

Dr. Reinhard Eugen Bösch 131

Dr. Kurt Kaufmann 132

Dr. Milan Linzer 135

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Peter Harring und Kollegen betreffend Änderung des Sparkassengesetzes 116

Annahme (E. 147) 138

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend die rasche Privatisierung von noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen 116

Annahme (E. 148) 138

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof und Kollegen betreffend vollständige Privatisierung aller im öffentlichen Eigentum stehenden österreichischen Banken zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa 134

Annahme (E. 149) 138

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen


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620. Sitzung / Seite 6

Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes, des Bundesgesetzes über den Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste", des Bundesfinanzgesetzes 1997, des Pflanzenschutzgesetzes 1995 und des Rebenverkehrsgesetzes 1996 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996) (428 und 506/NR sowie 5350 und 5351/BR d. B.)

(2) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Gründung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (BVWG-Gesetz) (425 und 511/NR sowie 5352/BR d. B.)

(3) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (507/NR sowie 5353/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (508/NR sowie 5354/BR d. B.)

Berichterstatterin: Aloisia Fischer 37

[Antrag, zu (1) 1. den im Artikel I § 4 Abs. 1, § 13 Abs. 4 sowie § 18 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, zu (2) gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben und zu (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Andreas Eisl 39

Josef Rauchenberger 42

Hermann Pramendorfer 44

Dr. Peter Harring 47

Karl Hager 49

Peter Rieser 51

Gottfried Waldhäusl 52

Johann Payer 56

Engelbert Schaufler 58

Dr. Paul Tremmel (zur Geschäftsordnung) 61

Gottfried Jaud 61

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 62


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 7

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (1) 1. den im Artikel I § 4 Abs. 1, § 13 Abs. 4 sowie § 18 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 65

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (2) gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 65

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben 65

Gemeinsame Beratung über

(5) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, die Bundesabgabenordnung, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Karenzurlaubszuschußgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 1996) (497 und 552/NR sowie 5355/BR d. B.)

(6) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Bundesgesetz über die Umsatzsteuervergütung an ausländischen Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Straßenbenützungsabgabegesetz und das Kraftfahrzeugsteuergesetz geändert werden (EU-Abgabenänderungsgesetz) (498 und 553/NR sowie 5356/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 66

[Antrag, zu (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben]


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620. Sitzung / Seite 8

Redner:

Engelbert Weilharter 66

Erhard Meier 67

Bundesminister Mag. Viktor Klima 70

 

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 71

Gemeinsame Beratung über

(7) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz von Verkehrsopfern geändert werden (311 und 449/NR sowie 5379 und 5357/BR d. B.)

(8) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden (Bauträgervertragsgesetz – BTVG) und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert wird (312 und 450/NR sowie 5358/BR d. B.)

Berichterstatterin: Hedda Kainz 72

[Antrag, zu (7) und (8) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Milan Linzer 72

Johann Grillenberger 74

Dr. Peter Böhm 75

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 77

einstimmige Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (7) und (8) keinen Einspruch zu erheben 79

(9) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Arbeitszeitgesetz für Angehörige von Gesundheitsberufen in Kranken-, Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen geschaffen (Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz – KA-AZG) und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (386 und 537/NR sowie 5359/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 80

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Engelbert Weilharter 80

Mag. Gerhard Tusek 81

Johanna Schicker 82

Bundesminister Franz Hums 83 und 85


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 9

Dr. Paul Tremmel 83

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 85

(10) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG), das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden (461 und 539/NR sowie 5360/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 86

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Helga Moser 86

Dr. Kurt Kaufmann 87

Herbert Platzer 88

Bundesminister Franz Hums 89

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 89

(11) Beschluß des Nationalrates vom 29. November 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsruhegesetz geändert wird (374 und 469/NR sowie 5305 und 5361/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 90

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Gerhard Tusek 90

Horst Freiberger 91

Dr. Paul Tremmel 91

Ilse Giesinger 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP, der Bundesräte der SPÖ und einiger Bundesräte der Freiheitlichen, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der Freiheitlichen 93

(12) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird (375 und 533/NR sowie 5362/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 93

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Helmut Prasch 93

Dr. Kurt Kaufmann 95

Hedda Kainz 96

Karl Drochter 98

Alfred Gerstl 100

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 101

Stefan Prähauser 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP und der SPÖ und der Bundesräte der Freiheitlichen 103


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

(13) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gewerberechtsnovelle 1996) (47 und 529/NR sowie 5363/BR d. B.)

(14) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 über ein Bundesgesetz betreffend ergänzende Schutzzertifikate (Schutzzertifikatsgesetz 1996 – SchZG 1996) (335 und 528/NR sowie 5364/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Kurt Kaufmann 139

[Antrag, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Peter Harring 139

Josef Rauchenberger 141

Gottfried Jaud 142

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 143

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 144

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (14) keinen Einspruch zu erheben 144

Gemeinsame Beratung über

(15) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln (Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997) (324 und 524/NR sowie 5345 und 5365/BR d. B.)

(16) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (346 und 525/NR sowie 5346 und 5366/BR d. B.)

(17) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (366 und 526/NR sowie 5347 und 5367/BR d. B.)

(18) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (367 und 527/NR sowie 5368/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 145

[Antrag, zu (15), (16), (17) und (18) 1. der im Artikel I des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Andreas Eisl 146

Peter Rieser 147

Stefan Prähauser 148

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 150

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (15), (16), (17) und (18) 1. der im Artikel I des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 150

Gemeinsame Beratung über

(19) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird (324/A und 520/NR sowie 5369/BR d. B.)

(20) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und das Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden (343/A und 521/NR sowie 5370/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 11

(21) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Staatsdruckerei (Staatsdruckereigesetz 1996) (502 und 522/NR sowie 5371/BR d. B.)

Berichterstatter: Ludwig Bieringer 153

[Antrag, zu (19) dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, zu (20) 1. der im Artikel I Z 5 enthaltenen Verfassungsbestimmung des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und zu (21) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Andreas Eisl 153

Dr. Michael Ludwig 154

Anton Hüttmayr 155

Dr. Paul Tremmel 156

Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck 157

Staatssekretär Mag. Karl Schlögl 157

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (19) dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen 158

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (20) 1. der im Artikel I Z 5 enthaltenen Verfassungsbestimmung des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben 159

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (21) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 159

(22) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996) (458 und 544/NR sowie 5372/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 160

(Antrag, 1. den im Bericht angeführten Artikeln sowie im Artikel II des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 160

Mag. Karl Wilfing 162

Helga Markowitsch 163

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. den im Bericht angeführten Artikeln sowie im Artikel II des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 2. gegen


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den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 164

Gemeinsame Beratung über

(23) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik (496 und 541/NR sowie 5373/BR d. B.)

(24) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (501 und 542/NR sowie 5374/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 165

[Antrag, zu (23) und (24) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Paul Tremmel 166

Dr. Milan Linzer 167

Irene Crepaz 169

Ing. Johann Penz 171

Franz Richau 172


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Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (23) und (24) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 174

(25) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (457 und 543/NR sowie 5348 und 5375/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Michael Ludwig 175

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. John Gudenus 175

Gottfried Jaud 177

Ernst Winter 177

Engelbert Schaufler 180

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 181

(26) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen (163/A und 540/NR sowie 5349 und 5376/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Platzer 181

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Engelbert Schaufler 181

Erhard Meier 182

Mag. John Gudenus 183

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP, der SPÖ und einiger Bundesräte der Freiheitlichen, gegen die Stimme des Bundesrates Waldhäusl 185

(27) Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (462 und 513/NR sowie 5377/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 186

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Helga Moser 186

Therese Lukasser 187

Ferdinand Gstöttner 188

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 188

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 189

(28) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Gesellschaft mit beschränkter Haftung (423 und 523/NR sowie 5344 und 5378/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Michael Ludwig 189

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Peter Böhm 189

Hermann Pramendorfer 190

Anna Elisabeth Haselbach 191

Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck 193

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 194

(29) Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend


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620. Sitzung / Seite 14

Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 Geschäftsordnung Bundesrat (96/A-BR/96)

Redner:

Albrecht Konečny 195

Dr. Reinhard Eugen Bösch 195

Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck 196

einstimmige Annahme des Selbständigen Antrages betreffend Abhaltung einer Enquete unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck und Albrecht Konečny197

Eingebracht wurden

Berichte

16542-16885-EU über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e B-VG

Anträge

der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck und Kollegen betreffend eine Novelle zum Bundesgesetz, mit dem die Ermächtigung zur Veräußerung von Anteilsrechten an der "Creditanstalt-Bankverein" und der "Österreichischen Länderbank Aktiengesellschaft" und zum Erwerb von Anteilsrechten an Banken oder Bankholdinggesellschaften erteilt sowie das Bundesgesetz BGBl. Nr. 323/1987 abgeändert werden, BGBl. Nr. 163/1991 (94/A-BR/96)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete (95/A-BR/96)

der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete (96/A-BR/96)

Zurückgezogen wurde

der Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete (95/A-BR/96)

Anfragen

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer, Dr. Peter Harring und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privatisierung der Bank Austria und der Creditanstalt (1239/J-BR/96)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Kosten eines Beitritts zur NATO (1240/J-BR/96)

 


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Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Präsident Josef Pfeifer: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 620. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 619. Sitzung des Bundesrates vom 12. Dezember 1996 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Grete Pirchegger, Johann Kraml und DDr. Werner Königshofer.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Mag. Harald Repar.

Fragestunde

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bevor wir mit der Fragestunde beginnen, mache ich vor allem im Hinblick auf die seit der letzten Fragestunde in den Bundesrat neu eingetretenen Mitglieder darauf aufmerksam, daß jede Zusatzfrage im unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptfrage beziehungsweise der gegebenen Antwort stehen muß. Die Zusatzfrage darf nur eine konkrete Frage enthalten und nicht in mehrere Unterfragen geteilt sein.

Um die Beantwortung aller zum Aufruf vorgesehenen Anfragen zu ermöglichen, erstrecke ich die Fragestunde – sofern mit 60 Minuten das Auslangen nicht gefunden wird – im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten erforderlichenfalls bis auf 120 Minuten.

Ich beginne jetzt – um 9.05 Uhr – mit dem Aufruf.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Josef Pfeifer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 679/M, an den Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark), um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Peter Rieser: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

679/M-BR/96

Welche wirtschaftlichen Impulse gehen von den militärischen Einrichtungen in der Steiermark aus?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Impulse, die vom österreichischen Bundesheer für die Steiermark ausgehen, lassen sich im wesentlichen in drei Teile teilen:

Der erste sind die unmittelbaren Sachaufwendungen des österreichischen Bundesheeres, die im Bundesland Steiermark erfolgen. Diese betragen jährlich über 600 Millionen Schilling. Konkret waren es im Jahr 1995 618 Millionen Schilling.

Dazu kommen – zweitens – die wirtschaftlichen Impulse, die von den Beschäftigten und von den Löhnen und Gehältern, die sie beziehen, ausgehen.

Man muß davon ausgehen, daß das Bundesland Steiermark eine der Säulen des österreichischen Bundesheeres darstellt. Es sind dort zirka 3 700 öffentlich Bedienstete und zusätzlich

 


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zirka 700 Zeitsoldaten beschäftigt, sodaß sich daraus nicht nur eine sehr hohe Lohnsumme ergibt, sondern auch besondere Kaufkraft entsteht.

Drittens ist es so, daß im Zuge von Aufträgen an die österreichische Wirtschaft bestimmte Aufträge auf das Bundesland Steiermark entfallen, die in den Sachaufwendungen nicht unmittelbar an erster Stelle erkennbar sind.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Peter Rieser: Herr Bundesminister! Welche positiven wirtschaftlichen Auswirkungen hat die Beschaffung österreichischer Panzerfahrzeuge für unsere Region Steiermark?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Insgesamt muß man sagen, daß die im MECH-Paket enthaltenen Aufträge für die österreichische Wirtschaft überragende Bedeutung haben werden, weil dadurch ein Volumen von zirka 4 Milliarden Schilling an Aufträgen an die österreichische Wirtschaft ergeht.

Eine Detaillierung dahin gehend, was davon auf die einzelnen Bundesländer fallen kann, kann zurzeit noch nicht durchgeführt werden. Aufgrund von Aussagen der entsprechenden Führungskräfte der Firma Steyr ist jedoch davon auszugehen, daß namhafte steirische Firmen, wie etwa auch der Standort Liezen, aus diesem Grundauftrag an die österreichische Wirtschaft eine Reihe von Aufträgen erhalten sollen.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 670/M, an den Herrn Bundesminister. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Konečny (SPÖ, Wien). Ich bitte um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Albrecht Konečny: Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

670/M-BR/96

Welchen Stellenwert messen Sie der österreichischen Neutralität bei?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die österreichische Neutralität hatte 1955, als sie beschlossen wurde, und in der Folgezeit des kalten Krieges überragende Bedeutung, weil sie nicht nur die Grundlage dafür war, daß Österreich den Staatsvertrag erhalten hat, sondern darüber hinaus auch ein fixer Bestandteil der europäischen Sicherheitsarchitektur war.

Mit dem Ende des kalten Krieges hat sich die Funktion zweifellos enorm verändert, nämlich im Sinne einer ganz klaren Reduktion.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konečny: Verstehe ich Sie recht, daß Sie der österreichischen Neutralität keinen aktuellen Stellenwert zumessen, sondern sie als ein Überbleibsel der Auseinandersetzung des kalten Krieges betrachten?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß zweifellos davon ausgehen, daß in der heutigen Zeit beziehungsweise in den kommenden Jahrzehnten aus der Neutralität heraus kein Mehr an Sicherheit für Österreich entsteht. Über die Frage, ob darüber hinausgehende Funktionen vorhanden sind, gibt es derzeit eine Diskussion.


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Man muß davon ausgehen, daß die Sicherheitsfunktion in Zukunft im wesentlichen nur noch aufgrund einer Stabilisierung Ostmitteleuropas entstehen kann. Der einzig gangbare Weg, der realistisch ist, ist die Integration, sodaß ein Beitrag zur Integration zweifellos ein Mehr an Sicherheit für Österreich bringen kann.


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620. Sitzung / Seite 18

Präsident Josef Pfeifer:
Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konečny: Herr Bundesminister! Verstehe ich Sie auch in diesem Fall richtig, nämlich daß Sie einem gesamteuropäischen Sicherheitssystem, in dem sehr wohl neutrale Staaten nach Einschätzung anderer einen positiven Beitrag leisten könnten, eindeutig den Nachrang geben gegenüber einer Sicherheitsarchitektur für Ostmitteleuropa, die im Rahmen eines klassischen Militärbündnisses stattfindet?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß davon ausgehen, daß unsere wichtigste sicherheitspolitische Aufgabe die Konfliktprävention ist, also das Herbeischaffen einer Situation, daß Konflikte und Kriege gar nicht mehr entstehen.

Wenn wir uns die Frage stellen, wie wir das erreichen können, muß man sagen, daß Stabilität in Osteuropa, in Ostmitteleuropa die wesentliche Voraussetzung dafür ist. Und wenn wir uns dann weiters die Frage stellen, wie man diese Stabilität herbeiführen kann, kommt man drauf, daß es theoretisch drei Möglichkeiten gibt:

Erstens: durch die Dominanz eines Staates. Wir sind zum ersten Mal in der Geschichte des Kontinents so weit, daß die Dominanz eines einzelnen Staates oder mehrerer einzelner Staaten ausgeschlossen werden kann.

Zweitens: durch ein Gleichgewicht von Kräften. Dieses ist allerdings aufgrund der höchst unterschiedlichen Kräftepotentiale de facto unmöglich, sodaß allein die dritte Möglichkeit realistisch ist.

Die dritte Möglichkeit ist: durch Integration. Wir sind auf dem besten Wege, diese durchzuführen; einerseits, weil sich auf der politischen Seite mit der Etablierung der Europäischen Union die Möglichkeit ergibt, einen politischen Zusammenhalt durchzuführen, ihn auch auf die Länder Ostmitteleuropas und Osteuropas in einer schrittweisen Abfolge auszudehnen, und andererseits, weil darüber hinaus auf sicherheitspolitischem Gebiet nicht nur die Tendenz, sondern auch die Chance vorhanden ist, Europa sicherheitspolitisch zu integrieren.

Hier ist an erster Stelle unter rein europäischen Gesichtspunkten die WEU, die Westeuropäische Union, zu nennen, an zweiter Stelle zweifelsohne die NATO, die wesentliche Schritte gesetzt hat, um von der alten Konstellation wegzukommen, und die alles unternimmt, um die Länder Ostmitteleuropas zu integrieren und ganz Europa schrittweise in einen Sicherheitsverbund zu bringen.

Die Tatsache, daß wir ab dem nächsten Jahr erwarten können, daß drei unserer Nachbarländer – Tschechien, Ungarn und Slowenien – zusätzlich zu Polen als neue Vollmitglieder im Bereich der NATO aufgenommen werden, bedeutet sicher eine ganz wesentliche Änderung der bisherigen Position. Gleichzeitig soll auch ein Partnerschaftsvertrag mit Rußland geschlossen werden, sodaß man davon ausgehen kann, daß alle Integrationstendenzen wesentlich dazu beitragen werden, daß Europa stabil ist, daß präventive Konfliktvermeidung, Krisenvermeidung stattfinden können.

Wenn Österreich mit einer aktiven Teilnahme dazu einen Beitrag leisten könnte – und das steht für mich außer Zweifel –, dann wäre das nicht nur von österreichischem, sondern von gesamteuropäischem Interesse.

Ein Draußenstehen von Ländern, eine Nichtteilnahme am Integrations- und Entscheidungsprozeß würde sicher eher hinderlich wirken als ein Drinnensein.

Präsident Josef Pfeifer: Danke, Herr Bundesminister. – Bitte?

Bundesrat Albrecht Konečny: Herr Präsident! Sie gestatten mit die Bemerkung, daß ich ein wenig unzufrieden damit bin, daß der Herr Minister seine wirkliche Antwort auf die zweite Zusatzfrage gegeben hat und mich damit der Möglichkeit beraubt hat, dazu weiterzufragen.

Präsident Josef Pfeifer: Es ist gestattet – und schon geschehen.

Wir kommen zur 3. Anfrage. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark) , um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Extemporierend darf ich bemerken, daß der Raum der Beantwortung ein sehr weiter ist. – Aber nun zu meiner Frage:

676/M-BR/96

Stimmen Sie mit dem Wunsch des GTI Gen Majcen überein, daß das Bundesheer für die notwendigen Ankäufe zur Beschaffung von Gerät in den nächsten Jahren einen Budgetanteil von etwa 1 Prozent BIP benötigen würde, da dieser derzeit nur bei 0,8 Prozent liegt?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist richtig, daß die Planzahl von 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Grundlage der Planungen für die HG-Neu war und daß das ein Wunsch- und Sollwert ist. Andererseits gibt es auch keinen Zweifel darüber, daß selbstverständlich auch das Bundesheer den restriktiven Budgetkurs mittragen muß. Und das bewirkt, daß wir diese Planzahl bis heute nicht erreichen konnten.

Präsident Josef Pfeifer: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel: Wollen Sie diese Planzahl beim nächsten Budget erreichen, Herr Minister?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich weiß nicht, ob es realistisch ist, davon auszugehen, daß wir in den nächsten beiden Jahren, in denen der Sparkurs zweifellos fortgesetzt werden muß, diese Planzahl erreichen können. Langfristig gesehen ist das aber sicher ein Ziel, das ich anstrebe.

Präsident Josef Pfeifer: Wünschen Sie eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel: Sehen Sie dann, wenn Sie diese Norm nicht erreichen, eine Gefährdung der Effektivität des Bundesheeres?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Zweifellos werde ich nur Maßnahmen und Situationen vertreten, von denen ich überzeugt bin, daß sie vertretbar sind.

Das, was sich als Konsequenz ergibt, ist, daß wir unser Programm etwa für den Beschaffungssektor in der Form umgestellt haben, daß wir erstens auch Rüstungsgüter, die nicht vollkommen neu sind, auf dem Markt erwerben, daß wir zweitens schrittweise vorgehen, indem wir die Lose verkleinern und vom Beschaffungsrahmen her versuchen werden, nicht alle Bedarfsgüter auf einmal, sondern in einer schrittweisen Abfolge zu kaufen, und daß wir drittens die Prioritäten umgereiht haben, das heißt, uns darauf konzentrieren, was am allerwichtigsten ist.

Präsident Josef Pfeifer: Danke, Herr Bundesminister.


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620. Sitzung / Seite 19

Wir kommen zur 4. Anfrage, 680/M. Ich bitte Herrn Bundesrat Karl Pischl (ÖVP, Tirol), die Anfrage zu stellen.

Bundesrat Karl Pischl: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Unsere Gesellschaft ist geprägt von Gleichberechtigungs- und Gleichbehandlungsdiskussionen, die auch am Bundesheer nicht ganz spurlos vorübergehen. Deshalb meine Frage:

680/M-BR/96

Wann ist aus Ihrer Sicht mit einer Aufnahme von Frauen in das Bundesheer auf freiwilliger Basis zu rechnen?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.


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620. Sitzung / Seite 20

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Die beiden Regierungsparteien sind übereingekommen, innerhalb eines Jahres – das wäre mit März des nächsten Jahres – eine Vorlage über die Teilnahme von Frauen am österreichischen Bundesheer zu erstellen. Die Teilnahme soll selbstverständlich ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen.

So wie ich die Lage einschätze, würde ich davon ausgehen, daß es keine wesentlichen Differenzen zwischen den beteiligten Ministerien – nämlich dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für Frauenangelegenheiten – gibt, sodaß alle Fragen in relativ kurzer Zeit ausdiskutiert werden können, sodaß wir im nächsten Jahr die parlamentarische Beschlußfassung durchführen können und spätestens mit 1. 1. 1998 den Frauen der freiwillige Zugang zum Bundesheer ermöglicht werden kann.


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620. Sitzung / Seite 21

Präsident Josef Pfeifer:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Karl Pischl: Herr Bundesminister! Welche sogenannten innerbetrieblichen Maßnahmen sind dafür notwendig?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir wollen grundsätzlich, daß Frauen möglichst viele – das heißt: alle – Möglichkeiten haben. Das, was wir tun müssen, ist, daß wir selbstverständlich dafür Vorsorge treffen, daß für Frauen die gleichen Bedingungen hergestellt werden wie für Männer.

Es ergibt sich zum Beispiel, daß es bei einigen Anforderungsprofilen, wo etwa die körperliche Leistungsfähigkeit gefragt ist, einen natürlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt, etwa was das Sprungvermögen, das Laufvermögen et cetera betrifft, und da gibt es dann natürlich eine Differenzierung. In allen anderen Bereichen gelten für Frauen die gleichen Voraussetzungen wie für Männer.

Das, was zusätzlich noch gemacht werden muß, ist, daß man für die Frauen die Wohnmöglichkeiten so schafft, daß sie auch einen eigenen Bereich haben. Das geht ohne größere finanzielle Aufwendungen in der Form, daß man ihnen in einer Kaserne ein Stockwerk oder einen Teil eines Stockwerkes zur Verfügung stellt.

Das, was sich drittens noch ergibt, ist, daß man versuchen wird, in den einzelnen Einheiten keine einzelne Frau zu integrieren, sondern mehrere, sodaß es zu einem Gruppenbewußtsein bei den Frauen kommen kann und die Integration der Frauen in das Bundesheer dadurch erleichtert wird.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Karl Pischl: Herr Bundesminister! Sollten Frauen in allen Waffengattungen ausgebildet werden und sollten sie auch Zugang zur Militärakademie haben?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich glaube, daß die Zeit der geschlechtsspezifischen Differenzierung endgültig vorbei sein sollte. Selbstverständlich sollte man jenen Frauen, die sich freiwillig dazu entschließen, auch alle Möglichkeiten, alle Ränge und alle Karrierechancen eröffnen.

Für mich ist es ganz selbstverständlich, daß Frauen auch den Zugang zur Militärakademie, zu allen Bildungseinrichtungen, zu allen Rängen des Bundesheeres haben müssen. Und die Erfahrungen aus anderen Ländern wie etwa Schweden und Dänemark zeigen, daß Frauen nicht nur gerne davon Gebrauch machen, sondern daß die Integration der Frauen durchaus sehr erfolgreich bewerkstelligt werden kann.

Präsident Josef Pfeifer: Danke schön.

Wir kommen nunmehr zur 5. Anfrage, 671/M. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol) , um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Irene Crepaz: Herr Bundesminister! Ich bleibe beim Thema meines Vorredners.

671/M-BR/96

Wie würden Sie bei einer Öffnung des österreichischen Bundesheeres für Frauen deren volle Gleichberechtigung garantieren?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Gleichberechtigung ergibt sich daraus, daß schon jetzt, wenn der freiwillige Zugang ermöglicht wird, alle Voraussetzungen auf rechtlicher Basis gegeben sind, und zwar in der Form, daß es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt.

Das zweite ist, daß man versuchen muß, auch de facto dieselben Möglichkeiten herbeizuführen. Das wird sich daraus ergeben, daß diese auch real geschaffen werden. In der Übergangszeit werden wir eine Kontrollinstitution einrichten, die sich hinsichtlich der Integration der Frauen besonders mit den Problemen, die dabei auftreten können, auseinandersetzt und gleichzeitig auch gewährleisten soll, daß Frauen in allen Fällen zumindest dieselben Chancen haben wie Männer.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Irene Crepaz: Herr Minister! Es werden sicherlich gesetzliche Änderungen erforderlich sein. Wie schauen diese gesetzlichen Änderungen aus, damit man einerseits die Wehrpflicht für Männer aufrechterhalten und andererseits den freiwilligen Zugang für Frauen ermöglichen kann? Wie schaut die gesetzliche Lage da aus?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das wesentliche ist ein Grundgesetz, das festlegen soll, daß Frauen in Zukunft freiwillig die Möglichkeit haben, den Wehrdienst abzuleisten – selbstverständlich keine Wehrpflicht.

Wir überprüfen weiters auch alle anderen Normen, ob Änderungen erforderlich sind. Eine erste Überprüfung hat ergeben, daß das Grundgesetz ausreichen würde, weil es bis jetzt keine geschlechtsspezifischen Normierungen im Bereich des Bundesheeres gibt.

Tatsache ist auch, daß es bereits jetzt über 3 000 weibliche Beschäftigte beim Bundesheer gibt und daß die Integration zwischen Männern und Frauen bestens funktioniert. Bis jetzt ist eben nur der rein militärische Bereich ausgeschlossen, und daß man diesen Bereich in der Zukunft öffnet, ist im Zuge einer Öffnung aller Berufe für Frauen meiner Ansicht nach unerläßlich.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Irene Crepaz: Ich kann mir vorstellen, daß es viele Maßnahmen benötigen wird, um auch im infrastrukturellen Bereich Änderungen zu erlangen. Mich würde interessieren: Gibt es schon eine Kostenschätzung, und weiß man ungefähr, wie viele Frauen den Zugang zum Heer suchen würden?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Was das Interesse der Frauen zum Zugang zum österreichischen Bundesheer betrifft, so gibt es internationale Richtwerte, bei denen man davon ausgehen kann, daß sie auch für Österreich Geltung haben würden. Das bedeutet, daß zwischen 5 und 10 Prozent der Beschäftigten beim österreichischen Bundesheer Frauen sein könnten, in der Anfangsphase kann man vorsichtig von 5 Prozent ausgehen.

Tatsache ist, daß sich über 300 Frauen bereits auf freiwilliger Basis zusammengeschlossen haben, um die Zugangsmöglichkeit zum österreichischen Bundesheer zu erhalten, und sie werden immer wieder initiativ, um das Projekt voranzubringen.

Die Frage der Infrastrukturkosten kann man so beantworten, daß de facto zumindest keine wesentlichen Zusatzkosten entstehen, sondern daß die Frauen in die gegenwärtige Infrastruktur integriert werden. Das kann man auf die Art und Weise tun, daß eben in einer Kaserne ein Stockwerk beziehungsweise ein Teil für Frauen freigemacht wird, und die Adaptionen, die dann erforderlich werden, sind derart minimal, daß sie einer zusätzlichen finanziellen Erörterung nicht unterzogen werden müssen.

Präsident Josef Pfeifer: Danke. – Wir kommen zur 6. Anfrage, 681/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich), um die Verlesung der Anfrage.


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620. Sitzung / Seite 22

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek:
Herr Bundesminister! Die Heeresgliederung Neu von 1992 war sicher eine der entscheidendsten Maßnahmen seit Bestand des österreichischen Bundesheeres. Daher meine konkrete Frage:

681/M-BR/96

Wie stellt sich die Umsetzung der Heeresgliederung Neu von 1992 dar?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Österreich hat als erstes Land Europas eine umfassende Reform der Heeresorganisation aufgrund der Veränderungen der geostrategischen Situation Europas vorgenommen. Alle anderen Länder sind uns im wesentlichen auch von den Tendenzen und den Grundstrukturen her gefolgt.

Wir haben sehr frühzeitig begonnen und konnten 1995 nach nur 22 Monaten, was international zweifellos eine Rarität darstellt, den Umstellungsprozeß bewerkstelligen.

Mit Ende 1995 wurde die Übernahme beziehungsweise Umorganisation abgeschlossen. Jetzt sind wir dabei, eine erste Überprüfung vorzunehmen, was sich davon im Laufe der Zeit bereits als neue Strukturvoraussetzung ergeben könnte beziehungsweise welchen Erfolg die einzelnen Maßnahmen gehabt haben. Wir möchten das einer sehr kritischen Überprüfung unterziehen, um daraus eine weitere Optimierung für die Zukunft vornehmen zu können.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek: Herr Bundesminister! Konnten in dieser Zeit bereits auch verwaltungsvereinfachende Maßnahmen als Begleitung der Heeresgliederung Neu erzielt werden?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben eine ganze Reihe von Verwaltungsvereinfachungen und Strukturreformen durchgeführt, die ich im wesentlichen so beschreiben möchte:

Ausgangspunkt war eine Verwaltungsreform im Bereich der Zentralstelle, wo wir nicht nur eine Fülle von Abteilungen umorganisiert, sondern effektiv um eine Anzahl von zehn Abteilungen reduziert haben – und damit auch 10 Prozent des Personals im Ministerium selbst. Das war die erste Maßnahme, weil ich davon ausgehe, daß jede Verwaltungsreform von oben begonnen werden soll und nicht von unten.

Wir haben das Armeekommando sowie mehrere andere höhere Kommanden aufgelöst, wie etwa das Kommando der Panzergrenadier-Division und das Kommando zur besonderen Verwendung an der Militärakademie, und darüber hinaus 25 Regimentskommanden der alten Landwehr-Stammregimenter, sodaß die Führungsstruktur des österreichischen Bundesheeres in einem gewaltigen Ausmaß reduziert wurde. Wir sind dabei, die jetzt bestehende Führungsstruktur einer nochmaligen Überprüfung zu unterziehen.

Präsident Josef Pfeifer: Eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek: Herr Bundesminister! Gerade bei der Truppe gab es verständlicherweise anfangs Ängste und Besorgnis. Wie sehen Sie die Situation heute?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wenn ich mich daran zurückerinnere, wie heftig die Diskussionen damals bei der Einführung der Heeresorganisation Neu waren im Hinblick darauf, ob sie richtig ist und ob sie nicht zu einer Verminderung der militärischen Effizienz führt, dann muß ich sagen: Die Erfahrung hat uns nicht nur recht gegeben, sondern in einem ungeheuren Ausmaß bestätigt. Es ist nicht nur die Tendenz, nämlich die Umstellung von der Raumverteidigung zu einem grenznahen Verteidigungsdispositiv, die Flexibilisierung, die Mobilisierung, die stärkere Einsatzorientierung ganz wesentlich gewesen, sondern darüber hinaus auch die Straffung der Organisation zweifellos eine richtige Maßnahme gewesen, die auch zukunftsweisend für andere war und wo wir von der Tendenz her sicher auch in Zukunft fortsetzen werden.

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Wir kommen zur 7. Anfrage, 672/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien), um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Karl Drochter: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

672/M-BR/96

Welche Maßnahmen haben Sie zur Neuordnung des Beschaffungswesens gesetzt?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das Beschaffungswesen ist einer der sensibelsten Punkte in jeder militärischen Verwaltung, weil es ja nicht nur in Österreich, sondern auch international bei jedem größeren Beschaffungsfall sehr heftige Diskussionen gibt.


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Ich habe eine Trennung in mehrere Abschnitte eingeführt, sodaß eine ganz klare Vorgangsweise möglich ist, nämlich auf der einen Seite die Planung, auf der anderen Seite die Beschaffungsdurchführung. Das ist organisatorisch getrennt und auch im Bereich der Beschaffung, sodaß für den wesentlichen Teil eine Differenzierung zwischen der Fachabteilung und der Einkaufsabteilung vorgenommen wurde und zu diesem Zwecke eine eigene Einkaufsabteilung geschaffen und aus der Fachabteilung herausgelöst wurde.

In einigen unwesentlicheren Bereichen, wo ein sehr hoher zusätzlicher Kräfteaufwand für diese Differenzierung erforderlich wäre, ist das noch nicht erfolgt. Wir sind dabei, sehr kritisch zu überprüfen, ob eine derartige Maßnahme auch tatsächlich in allen Bereichen sinnvollerweise angewandt werden kann, ohne daß damit erhebliche Zusatzkosten und Kapazitätsengpässe entstehen würden. Von der Tendenz her werden wir aber dort fortschreiten.

Ich möchte dazusagen: Bei allen Großprojekten ist es ganz klar und selbstverständlich, daß dieser Beschaffungsvorgang kommissionell durchgeführt wird, damit gewährleistet ist, daß nicht Einzelentscheidungen, sondern Bewertungen aufgrund vorgelegter Planungen und aufgrund vorgelegter Richtlinien von einer Gemeinschaft von Experten durchgeführt werden.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter: Herr Bundesminister! Der Rechnungshof weist in seinem Dritten Teilbericht zum Beschaffungswesen des Heeres darauf hin, daß bei den Vertragsgestaltungen in Zukunft verstärkt auf die Interessen der Republik Österreich zu achten ist.

Meine Frage lautet: Welche Interessen der Republik Österreich wurden bisher vom Bundesministerium für Landesverteidigung mißachtet?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das ist eine Formulierung, die der Präsident des Rechnungshofes im Rechnungshofausschuß selbst erklärt hat, und ich möchte jetzt sinngemäß seine Erklärung wiederholen.

Es ist darum gegangen, daß das österreichische Bundesheer der Firma Hirtenberger einige Sturmgewehre zur Verfügung zur Entwicklung von Munition gestellt hat und keine Extraentschädigung für den Verleih dieser zwei oder drei Sturmgewehre für eine begrenzte Zeit verlangt hat, sodaß der Rechnungshof festgestellt hat, daß dadurch – zumindest theoretisch – der Republik Österreich ein Schaden entstanden ist und diese Interessen der Republik Österreich in Zukunft besser wahrgenommen werden sollten.

Unsere Leute haben davon Abstand genommen, weil die Verrechnung einer Gebühr für einen derartigen Fall des Verleihs einiger Sturmgewehre auf eine sehr begrenzte Zeit wahrscheinlich wesentlich höhere Verwaltungskosten und einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand ausgemacht hätte, als der Ertrag gewesen wäre.

Präsident Josef Pfeifer: Eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie haben im Laufe des heurigen Jahres an über 3 Millionen österreichische Haushalte eine Informationsbroschüre verteilen lassen.

Meine Frage lautet: Wie viele schußsichere Westen oder moderne Helme hätte man für österreichische Jungmänner dafür kaufen können?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß zweifellos sehr stark differenzieren zwischen normalem Sachaufwand, Personalaufwand und durchaus auch einem Informationsaufwand, der vorhanden ist.


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Herr Bundesrat! Wir sind in einer Gesellschaft, die sich selbst als Informationsgesellschaft bezeichnet, und der Betrag, den wir dafür aufwenden, ist äußerst gering. Es hat weniger gekostet als zum Beispiel die Kampagne des Frauenministeriums, die gerade durchgeführt wird und die darauf hinausläuft, daß in Zukunft Männer die Hälfte der Haushaltsarbeit erledigen sollen. (Bundesrätin Crepaz: Das hat aber einen Sinn!)

Das heißt, es liegt selbstverständlich im Interesse jedes Ministeriums, bestimmte Inhalte in einer werblichen Form, in einer informativen Form an die Gesellschaft heranzubringen.

Das heißt, das ist kein Aufwand, der einen anderen ersetzt, sondern der notwendig ist, um das Verständnis für bestimmte Anliegen der Landesverteidigung nicht nur zu schaffen, sondern auch bewußt zu machen. Und das dient eigentlich als Grundlage für bestimmte Beschaffungsvorgänge oder bestimmte Aufwendungen, die eine Gesellschaft auch für den Bereich der Sicherheit hat.

Präsident Josef Pfeifer: Danke. (Bundesrat Drochter: Herr Bundesminister, das habe ich nicht gefragt!) – Es ist keine Zusatzfrage mehr möglich. Es kann jemand anderer diese Frage stellen. (Bundesrat Ing. Penz: Wir sind in der Fragestunde! Halten Sie sich an die Geschäftsordnung! – Weitere Zwischenrufe des Bundesrates Drochter. ) Bitte, Herr Bundesrat! Die zwei Zusatzfragen sind erschöpft.

Wir kommen zur Anfrage 8, 677/M. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg). – Ich bitte ihn, die Frage zu stellen.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

677/M-BR/96

Wie bewerten Sie die kategorische Ablehnung eines NATO- oder WEU-Beitritts für Österreich durch den Bundeskanzler Dr. Vranitzky vom 29. 11. 1996, obwohl im Koalitionsübereinkommen vom 11. 3. 1996 vereinbart ist, daß es einen einvernehmlichen Bericht der Bundesregierung über die weiterführenden sicherheitspolitischen Optionen an das Parlament geben wird, der bis dato nicht vorliegt?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Der Herr Bundeskanzler hat zum Ausdruck gebracht, daß es sich hierbei um ein Positionspapier der Sozialdemokratischen Partei Österreichs handelt, das die Position vom 29. Oktober dieses Jahres beschreibt – nicht mehr und nicht weniger.

Selbstverständlich gilt für die Regierung insgesamt die Tatsache, daß wir alle sicherheitspolitischen Optionen – einschließlich eines Vollbeitrittes zur Westeuropäischen Union – überprüfen und darüber auch einen Bericht an das österreichische Parlament geben werden. Alles andere wäre ein Verlassen der Regierungslinie durch den Regierungschef, was ich mir absolut nicht vorstellen kann.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch: Herr Minister! Sind Sie der Ansicht, daß unsere Republik ordentliches Mitglied der parlamentarischen NATO-Versammlung werden sollte?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die österreichische Bundesregierung diskutiert jetzt – das heißt, in den kommenden Monaten – bis zum Zeitpunkt der gemeinsamen Vorlage eines Berichtes von Bundeskanzler, Außenminister und Verteidigungsminister an das österreichische Parlament alle sicherheitspolitischen Optionen, und dabei wird selbstverständlich, insbesondere dann, wenn sich die neue NATO formiert beziehungsweise sich präsentiert hat, Mitte des nächsten Jahres auch die Frage eines allfälligen NATO-Beitritts


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zur Diskussion stehen. Wir werden diese Frage intensiv überprüfen und dann einen entsprechenden Bericht an das österreichische Parlament abgeben.

Präsident Josef Pfeifer: Eine zweite Zusatzfrage wird nicht gewünscht.

Wir kommen zur Anfrage Nummer 9, 682/M. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich).

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann: Herr Bundesminister! Nachdem es vorige Woche gelungen ist, trotz heftigen Widerstands der SPÖ die Panzerkäufe für das Bundesheer zu fixieren, möchte ich Sie fragen:

682/M-BR/96

Was bedeutet die nunmehr fixierte Modernisierung der mechanisierten Truppen des Bundesheeres für dessen sicherheitspolitische Aufgabenstellung?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es war dieser Beschluß des Landesverteidigungsrates, dem eine Vierparteieneinigung zugrunde liegt, zweifellos eine der wesentlichen Beschlußfassungen für das österreichische Bundesheer seit seinem Bestehen, und zwar deshalb, weil die Mechanisierung eine unabdingbare Voraussetzung für die Effizienz des Heeres darstellt.

Man muß davon ausgehen, daß gerade im Falle Österreichs natürlich auch die Ausstattung der mechanisierten Truppe ein ganz wesentliches Element ist. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen: Die österreichische Armee ist eine Landarmee, wir haben ja keine Marine und wir haben auch nur relativ geringe Kapazitäten im Luftbereich. Das Kernelement jeder Landarmee ist die mechanisierte Truppe und im Bereich der mechanisierten Truppe von der Geräteausstattung her der Kampfpanzer und der Kampfschützenpanzer. Und insofern war das eine zentrale Antwort auf die sicherheitspolitischen Probleme, die an Österreich gestellt werden können.

Daß darüber hinaus auch eine Mechanisierung der infantristischen Truppen über den Radpanzer erfolgen soll und erfolgen muß, ist eine Tatsache, die man vielleicht auch daran bewerten kann, was international üblich und als notwendig erkannt wird.

Das heißt, eine Ausstattung der infantristischen Truppen mit Radpanzern gilt als unabdingbar für eine entsprechende Bewegungsmöglichkeit und Mobilität und Flexibilität im Bereich von Krisen, und ist daher auch eines der Ziele, die wir mit höchster Priorität verfolgen.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wann ist mit der ersten Auslieferung von Panzerfahrzeugen zu rechnen?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister. – Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Der Vertrag der mit der holländischen Regierung hinsichtlich der Übernahme des Kampfpanzers Leo unterzeichnet ist, sieht vor, daß die ersten Kampfpanzer mit 1. Juli des nächsten Jahres nach Österreich geliefert werden können, und wir können davon ausgehen, daß dieser Vorgang wahrscheinlich bis Ende 1998 abgeschlossen ist. Ähnlich wird es voraussichtlich mit dem Trägerfahrzeug für das PAL-4000 System, dem Jaguar sein, der auch im Zeitraum zweiten Halbjahr 1997 und im Jahr 1998 zur Gänze ausgeliefert und von uns übernommen werden kann.

Hinsichtlich des Pandurs und des Ascod, zweier Beschaffungen, die ungefähr wertmäßig zwei Drittel der Gesamtbestellung ausnehmen und die der österreichischen Wirtschaft zugute kommen sollen, müssen erst die entsprechenden Verträge erstellt werden. Die Experten gehen


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davon aus, daß das einige Monate in Anspruch nehmen wird und daß unmittelbar darauf das Produktionsprogramm entsprechend erfolgen soll. Diesbezüglich ist der Ablauf in Übereinstimmung mit der entsprechenden Firma zu vereinbaren.

Präsident Josef Pfeifer: Ein zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann: Herr Bundesminister! Sie haben gerade im Zusammenhang mit dem Ankauf von Pandur und Ascod erwähnt, daß zwei Drittel des Auftrages an die österreichische Wirtschaft gehen. Meine Frage ist: Welcher volkswirtschaftlicher Effekt ist mit diesen Ankäufen und mit dem Auftrag verbunden?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Zweifellos beträgt die Auftragsvergabe des österreichischen Bundesheeres an die österreichische Wirtschaft nicht nur eine große Summe, sondern es ist ein wirtschaftlicher Impuls von enormem Ausmaß, und zwar in der Form, daß Aufträge im Ausmaß von zirka 4 Milliarden Schilling an die österreichische Wirtschaft ergehen, was Tausende Arbeitsplätze sichern wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens werden die Aufträge nicht nur unmittelbar wirksam, sondern darüber hinaus werden österreichische Firmen in den Stand versetzt, derartige Produkte auch international anzubieten. Bereits die Auftragsvergabe des österreichischen Bundesheeres über 68 Stück Pandur hat dazu geführt, daß die betreffende österreichische Firma international anbieten konnte, in einem Fall bereits zum Zug gekommen ist, in einem weiteren Fall in höchst aussichtsreicher Position ist und damit Aufträge über weitere Hunderte Millionen beziehungsweise Milliarden Schilling aus dem Ausland nach Österreich hereingeholt werden können, was zweifellos weitere enorme wirtschaftliche Impulse auslösen wird.

Drittens muß man davon ausgehen, daß diese Produkte Produkte von höchster Technologie darstellen und damit auch ein Technologieschub für die österreichische Wirtschaft entstehen wird, was insgesamt für die Zukunft der gesamtösterreichischen Wirtschaft von besonderer Bedeutung ist, weil unsere Wettbewerbsfähigkeit selbstverständlich nur insbesondere im High-Techbereich die Voraussetzung bietet, daß wir auch gerade im Vergleich zu Billiglohnländern in unserer Umgebung auch in Zukunft konkurrenzfähig sein können.

Präsident Josef Pfeifer: Danke. Wir kommen zur Anfrage Nr. 10, 673/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien) , die Frage zu verlesen.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

673/M

Wie stehen Sie zu datenschutzrechtlichen Problemen, die bei der Einführung der milMed-Chipcard entstehen würden?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Das ist ein Projekt, bei dem das österreichische Bundesheer federführend ist. Bereits vor über einem Jahr, 1995, ist diesbezüglich eine Initiative ergangen, daß das österreichische Bundesheer eine Chip-Karte für den medizinischen Bereich einführen sollte. Die Projektvoraussetzungen sind so weit, daß auch in allernächster Zeit bereits Besprechungen mit dem Datenschutzrat stattfinden können, sodaß alle Fragen, die dabei auftreten können, selbstverständlich in der Form beantwortet werden, daß es keine datenschutzrechtlichen Probleme geben kann.

Was sich zur Zeit erschwerend auswirkt, sind die Überlegungen, eine Chipkarte als Krankenscheinersatz einzuführen, wodurch natürlich eine innerösterreichische Diskussion entstanden ist, die das Ganze etwas erschwert. Grundsätzlich ist die Möglichkeit, eine Chipkarte zu schaffen, die man bereits bei der Musterung erhält, auf der alle wesentlichen personenrecht


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lichen Daten, die für den Betreffenden von Interesse sind, gespeichert sind, und dazu die medizinischen Daten, die dann so spezifisch abgerufen werden, daß sie ein Außenstehender nicht abrufen kann, der gewünschte behandelnde Arzt jedoch sehr wohl, der sofort von der Blutgruppe bis zu Kinderkrankheiten alle Informationen bereit haben kann, nach meiner persönlichen Einschätzung ein Meilenstein in der Gesundheitsvorsorge, der erzielt werden kann, wenn das Projekt, wie geplant, durchgeführt wird.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wann gehen Sie davon aus, daß diese milMed-Chipcard nach dem Probebetrieb eingeführt wird?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister. – Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Ich getraue mir im Moment keine Prognose abzugeben. Wie gesagt, wir waren die ersten, die sich mit diesem Problem beschäftigt haben. Es ist jetzt wahrscheinlich ein wenig durch die Krankenschein-Diskussion überlagert, und insofern möchte ich keine Prognose abgeben, wann es wirklich eingeführt werden kann. Ich hoffe, daß wir im nächsten Jahr alle Voraussetzungen dafür schaffen können, daß sie auch tatsächlich in Betrieb gesetzt werden kann.

Präsident Josef Pfeifer: Eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig: Herr Bundesminister! Wird begleitend zur Einführung und während des Projektverlaufs der milMed-Chipcard auch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit geleistet, um auch die Präsenzdiener auf die Einführung dieser milMed-Chipcard hinzuweisen?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister. – Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Das werden wir mit Sicherheit tun, weil ich glaube, daß es auch notwendig ist, auf den Vorteil von derartigen Maßnahmen hinzuweisen und ein Bewußtsein dafür zu schaffen. Sehen Sie diese Stellungnahme vielleicht im Zusammenhang mit der Frage, die ein Kollege von Ihnen kurz davor gestellt hat: Eine notwendige Informationsleistung ist zweifellos nicht mit einer Investitionsentscheidung in einen unmittelbaren Vergleich zu bringen. Selbstverständlich ist es gerade bei neuen Projekten ist auch notwendig, Informationsarbeit zu leisten, weil es sich um ein Pionierprojekt für die österreichische Gesellschaft handelt, das in weiterer Folge in ganz andere Bereiche noch hineingehen kann, wobei jetzt das österreichische Bundesheer die Vorreiterrolle hat und wo wir selbstverständlich auch den Teil, der für die Information notwendig sein wird, dafür zur Verfügung stellen müssen.

Präsident Josef Pfeifer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur Anfrage Nr. 11, 683/M. Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. h.c. Manfred Mautner Markhof (ÖVP, Wien), die Frage zu stellen.

Bundesrat Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

683/M

Wie beurteilen Sie das neu eingeführte Institut "Militärperson auf Zeit"?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister! – Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Die Einführung dieses Rechtsinstitutes war mir ein persönliches Anliegen aus der Erfahrung heraus, daß es notwendig ist, auch einen entsprechenden rechtlichen Standard für alle Mitarbeiter des österreichischen Bundesheeres zu schaffen. Die Situation, die ich bezüglich des Institutes der Zeitsoldaten vorgefunden habe, war dafür zweifellos nicht ausreichend, wenn man bedenkt, daß


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die Leute, die als Zeitsoldaten beim Bundesheer tätig waren, damit de facto ein normales Beschäftigungsverhältnis gehabt, verschiedene Versicherungsleistungen jedoch nicht gehabt haben, zum Beispiel keinen 13. und 14. Gehalt, keine Überstunden und verschiedenes andere mehr, sie wurden aus dem Sachaufwand bezahlt und nicht aus dem Personalaufwand.

Das waren die Gründe, die mich dazu veranlaßt haben, da eine Umstellung zu betreiben, und ich kann nur sagen, die ersten Ergebnisse, die vorliegen, sind sehr, sehr erfolgversprechend, nämlich nicht nur im Sinne von mehr Gerechtigkeit, sondern durchaus auch im Sinne einer Verbesserung des internen Betriebsklimas, weil durch die Angleichung des rechtlichen Status natürlich auch eine Aufwertung dieser Zeitsoldaten im internen Bereich vonstatten gegangen ist.

Wir haben im heurigen Jahr – wenn ich noch einige Zahlen dazu nennen darf – zirka 2 400 Zeitsoldaten umgestellt auf Militärpersonen auf Zeit, daher ist mit Ende des Jahres der überwiegende Anteil der zeitverpflichteten Soldaten auch tatsächlich bereits im neuen Rechtsverhältnis.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage, bitte.

Bundesrat Dr. Manfred Mautner Markhof: Die wurde eigentlich schon beantwortet. Danke vielmals.

Präsident Josef Pfeifer: Wir kommen zur Anfrage 12, 674/M. Herr Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark) , ich bitte Sie, die Anfrage zu stellen.

Bundesrat Horst Freiberger: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

674/M-BR/96

Welchen Stellenwert hatten die zugesagten Kompensationsgeschäfte für die Entscheidung zugunsten des Zielerfassungsradars der Firma Thompson?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Kompensationsgeschäfte hatten im Falle der Bestellung des Zielerfassungsradars, des Zielzuweisungsradars, des Tieffliegererfassungsradars keine entscheidende Bedeutung. Es war so, daß die Kommission, die eingesetzt war, aufgrund einer gründlichen technischen und kaufmännischen Bewertung davon ausgegangen ist, daß es eine eindeutige Reihung der Produkte gibt, daß allerdings im Vertrag, wie bei allen großen Verträgen auch die Bereitschaft zu Kompensationsleistungen der anbietenden Firmen festgehalten ist, und daß diese Kompensationsleistung auch tatsächlich angeboten worden ist, und zwar in einem Ausmaß, das nicht unerheblich ist: Meines Wissens sind 370 Prozent des Auftragswertes als Kompensationen vorgesehen.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Horst Freiberger: Herr Bundesminister! Welche Firmen, aber vor allem welche Technologien kommen für diese Kompensationsgeschäfte in Frage?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es geht insbesondere um den hochtechnologischen Bereich. Wir haben ja darüber ein Gutachten erstellen lassen, das besagt hat, daß gerade in diesem Bereich die höchsten Zukunftschancen für die österreichische Wirtschaft bestehen. Das heißt, der gesamte elektronische Bereich, der High-Techbereich ist da gefordert, wobei sich insbesondere auch durch den Aufholprozeß, den die österreichische Wirtschaft in den Handelsbeziehungen mit Frankreich hat – einerseits gibt es aufgrund der geographischen Nähe ein ungeheures Potential, andererseits ist aufgrund der bisherigen Geschäftsbeziehungen ein absolut unterproportionaler Wert vorhanden –, die Möglichkeit ergibt, eine tatsächliche Verbesserung der österreichischen Wirtschaftsstruktur durchzuführen.


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Über einzelne Firmen kann ich Ihnen im Moment nicht Bescheid sagen, meines Wissens unterliegen diese auch dem Datenschutz. Ich bin aber gerne bereit, darüber, wenn es rechtlich möglich ist, auch Auskunft zu geben, wobei ich dazusagen muß, daß das nicht mein Kompetenzbereich ist, sondern der des Wirtschaftsministers, der die Kompensationsgeschäfte abhandelt.

Präsident Josef Pfeifer: Wünschen Sie eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Horst Freiberger: Auch wenn es im Kompetenzbereich des Wirtschaftsministers ist – diesbezüglich wurden ja die Vorgespräche intensivst geführt –, möchte ich Sie noch fragen, ob Sie einschätzen können, wie sich die beschäftigungspolitischen Effekte in Österreich auswirken werden.

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Grundsätzlich muß man sagen, daß die Bewertung der Kompensationsgeschäfte in der österreichischen und auch in der internationalen Literatur keine einheitliche ist, sondern daß die Meinungen sehr auseinandergehen. Tatsache ist, nach meiner persönlichen Einschätzung, daß die Struktur der konkreten Aufträge das Entscheidende ist, wie hoch oder wie niedrig die Kompensationsgeschäfte und ihr effektiver Nutzen für die Volkswirtschaft einzuschätzen sind.

Das kann in einem Falle, in dem eine Impulsfunktion vorhanden ist, eine sehr hohe sein, das kann im anderen sozusagen nur die Formalisierung von Bereichen sein, die auch ohne dieses Grundgeschäft erfolgt wären. Insoferne getraue ich mir daher eine konkrete beschäftigungspolitische Konsequenz aus den vorliegenden Geschäften nicht abzuleiten, da ich glaube, man kann dies erst, wenn das gesamte Volumen der Geschäfte vorliegt, wenn man wirklich bewerten kann, was hier sozusagen als völliges Neugeschäft entstanden ist und welche Konsequenzen sich in diversen österreichischen Branchen daraus ergeben haben. Ich bitte dafür um Verständnis.

Präsident Josef Pfeifer: Danke. Wir kommen zur Anfrage 13, 678/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark) , um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Engelbert Weilharter: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

678/M-BR/96

Wieviel der am 25. 5. 1993 vom Ministerrat beschlossenen 900 Millionen Schilling zusätzlich für "schnelle Eingreifkräfte" für den UN-Einsatz wurden vom Bundesminister für Finanzen budgetwirksam in den Jahren 1994 bis 1996 zur Verfügung gestellt?

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das ist gar keine so leichte Frage, die Sie stellen. Wir haben den Beschluß gefaßt, es ging um das Konzept VOREIN, das ist das Konzept für vorbereitete Einheiten. Es wurden 200 Millionen Schilling für den Ankauf des Radpanzers vorgesehen. Für alle weiteren Jahre ist es insoferne sehr schwer festzustellen, weil die Budgets jährlich ausgehandelt werden und dadurch natürlich die Frage entsteht, wie hoch dieses Budget ohne diesen Beschluß gewesen wäre. Letztendlich kann das nicht wirklich befriedigend geklärt werden, aber dieses Konzept hat selbstverständlich bei den Budgetberatungen eine entscheidende Rolle gespielt. Wie genau beziehungsweise wie hoch die Auswirkung zu bemessen ist, das kann man sicherlich nicht eindeutig beantworten.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter: Herr Bundesminister! Am Montag, den 16. 12. 1996, wurde im ORF, in der "ZiB 2" und in einigen Printmedien danach gemeldet, daß es zu einer Neuordnung der sogenannten schnellen Eingreiftruppe innerhalb der UNO kommen soll. Neben


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Holland, Kanada, Norwegen, Polen und Schweden wurde auch Österreich genannt, es soll mit 250 Personen daran teilnehmen. Welche Truppenteile sollen daran teilnehmen?


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Präsident Josef Pfeifer:
Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist dies ein neuartiges Konzept, das im wesentlichen aufgrund einer Initiative der dänischen Regierung zustande gekommen ist, und das davon ausgeht, daß klassische Truppensteller der Vereinten Nationen im vornherein bereits für rasch zu erfolgende Einsätze bestimmte Truppenteile assignieren sollen, da der Vorlauf normalerweise immer einige Monate beträgt und weil es im Sinne eines effizienteren Einsatzes auch erforderlich ist, daß man vorher bestimmte Planungs- und Koordinierungsmaßnahmen durchführt. Wir haben uns daher bereit erklärt, auch daran teilzunehmen und haben ein diesbezügliches Vertragswerk in Dänemark unterschrieben.

Das bedeutet nicht, daß ein zusätzlicher Truppenteil für die Vereinten Nationen zur Verfügung gestellt wird, sondern daß aus dem Bereich der vorbereiteten Einheiten Truppenteile in diese Shirbrig-Brigade miteingebracht werden sollen. Es gibt jedenfalls ein österreichisches Verbindungselement, das heißt, es wird in Zukunft ein österreichischer Offizier in Dänemark an der Vorbereitung dieser Maßnahmen teilnehmen. Das wird aber auch von Fall zu Fall von der konkreten Aufgabenstellung abhängen.

Präsident Josef Pfeifer: Eine zweite Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter: Herr Bundesminister! Wenn Sie schon konkret auf meine Frage, welche Truppenteile daran nicht teilnehmen können, nicht antworten konnten, dann frage ich Sie, an welche Einsätze der schnellen Eingreiftruppe überhaupt gedacht ist.

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß davon ausgehen, daß die Vereinten Nationen wahrscheinlich Einsätze in ähnlicher Form wie in der Vergangenheit durchführen werden, daß alles, was über die Art und die Größenordnung dieser Einsätze hinausgeht, von anderen Institutionen übernommen wird. Das Statut der Vereinten Nationen sieht das auch ausdrücklich vor und hat daher etwa im Falle von Bosnien auch die NATO beauftragt, einen Einsatz zu organisieren und durchzuführen, weil das über die Kapazität der Vereinten Nationen weit hinausgehen würde. Das heißt, man kann davon ausgehen, daß es im wesentlichen Peace-keeping-Einsätze in einer ähnlichen beziehungsweise leicht modifizierten Form wie bisher sein werden, wie auch Katastropheneinsätze.

Präsident Josef Pfeifer: Danke. Wir kommen zur 14. Anfrage, 684/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich) , seine Anfrage zu stellen.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

684/M-BR/96

Wie sind die Erfahrungen mit dem Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Staatsgrenze im Osten?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das österreichische Bundesheer führt seit 1990 einen Assistenzeinsatz an der burgenländischen und einem kleinen Teil der niederösterreichischen Grenze zu Ungarn beziehungsweise zur Slowakei durch. Man kann zusammenfassend zweifelsohne sagen, daß diesem Einsatz nicht nur eine sehr hohe Bedeutung für die Sicherheit Österreichs zukommt, sondern daß er auch höchst effizient durchgeführt wird. Es wurden insgesamt über 28 000 illegale Grenzüberschreitende vom österreichischen Bundesheer in diesem Zeitraum aufgegriffen. Die Abhaltewirkung beträgt wahrscheinlich ein Mehrfaches davon.

Präsident Josef Pfeifer: Eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing: Stichwort Schengener Abkommen: Wie stellt sich die Effizienz des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres im Vergleich zur Grenzsicherung durch die Gendarmerie Ihrer Auffassung nach dar?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß sagen, daß durch diese gravierende Änderung mitten in Europa, nämlich durch den Fall des Eisernen Vorhanges, eine völlig neue Situation geschaffen wurde, die eben auch einen viele Jahre andauernden Transformationsprozeß eingeleitet hat, der auch außerordentliche Maßnahmen erfordert.

Das, was man von unserer Warte aus dazu sagen kann, ist, daß dieser Einsatz erstens mit ganz normalen Polizei- oder Gendarmeriekräften kurzfristig nicht bewerkstelligt hätte werden können. Zweitens hätte dies selbstverständlich auch wesentlich höhere Kosten verursacht. Während nämlich auf der einen Seite dieser Einsatz mit vorhandenen, bestehenden Einheiten durchgeführt werden kann, hätten auf der anderen Seite etliche tausend Beamte zusätzlich aufgenommen werden müssen, die aber kurzfristig gar nicht greifbar gewesen wären. Drittens hätte selbstverständlich auch die Form der Überwachung, nämlich die erforderliche Intensität der Überwachung, bestimmte zusätzliche Maßnahmen erfordert.

Man kann davon ausgehen, daß das derzeitige System, wie es vom österreichischen Bundesheer durchgeführt wird, bei den Soldaten, die zu weniger als einem Drittel aus Kaderleuten, sondern zu weit mehr als zwei Dritteln aus Grundwehrdienern bestehen, nicht nur kostenmäßig das weitaus günstigere ist, sondern daß durch den jeweils kurzfristigen Einsatz von vier bis fünf Wochen auch bei höchster Beanspruchung der Leute eine solche Intensität der Überwachung durchgeführt werden kann, wie sie in einem regulären Betrieb, der auf Jahre hinaus erfolgt, einfach nicht machbar ist. Dies nicht nur aufgrund der Tatsache, daß bei einem regulären Betrieb ganz normal anfallende Krankenstände, Urlaube und Schulungsmaßnahmen et cetera erforderlich wären, sondern auch deswegen, weil dieser Dienst – davon kann ich mich immer wieder persönlich überzeugen – ein höchst anspruchsvoller ist und die jungen Leute physisch und psychisch voll fordert. Ein Einsatz in dieser hohen Intensität ist eben auf Dauer von keinem Menschen durchzuführen beziehungsweise würde er wesentlich höhere personelle Kapazitäten erfordern.

Man muß daher von folgendem ausgehen: Zur Zeit befinden sich zirka 1500 Soldaten an der burgenländischen Grenze. Wenn wir in Zukunft zirka 2 000 Soldaten dort haben wollen, würde die gleiche Intensität der Überwachung im Falle der Durchführung durch einen anderen Exekutivkörper zumindest eine Verdoppelung, wenn nicht eine Verdreifachung der Anzahl erfordern.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur 15. Anfrage, 675/M, und somit zur letzten Anfrage. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich). Ich bitte um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

675/M-BR/96

Halten Sie es nach internationalen Maßstäben für gerechtfertigt, daß das österreichische Bundesheer drei Korpskommanden hat?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben uns 1991/92 bei der Planung und Entscheidung über die Heeresorganisation Neu dazu entschlossen, drei Korpskommanden zu haben, und zwar einerseits aufgrund der veränderten geostrategischen Situation, zweitens aufgrund der Tatsache, daß wir ja im Zuge dessen ein übergeordnetes


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620. Sitzung / Seite 32

Kommando, nämlich das Armeekommando, aufgelöst haben, aber auch ein darunterliegendes, nämlich das Kommando der Panzergrenadierdivision. Es ist uns damals darum gegangen, ein Kommando zu schaffen, das auf der einen Seite die drei Panzergrenadierbrigaden in einer losen Form zusammenhält, daß auf der anderen Seite aber auch darüber hinausgehende, infantristische Einheiten miteinbezogen werden können. Das hat sich zweifelsohne bewährt. Inwieweit auch in der Zukunft drei Korpskommanden erforderlich sind, ist gerade Gegenstand einer eingehenden Überprüfung und Diskussion im Bereich des österreichischen Bundesheeres.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner: Welche verwaltungstechnischen Überlegungen haben Sie angestellt, und welche personellen Konsequenzen hätten diese?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir werden die Tendenz fortsetzen, mehr Arbeitsplätze beziehungsweise mehr Plätze im Bereich der Truppe zu schaffen, im Bereich der Administration und im Bereich der Kommanden hingegen weiter zu kürzen. Ich sehe das einerseits so, daß es eben eine Überprüfung der Notwendigkeit der einzelnen Kommanden gibt, und daß darüber hinaus auch Straffungen im Bereich der Kommanden und im Bereich der Administration und Logistik durchgeführt werden.

Ich möchte dazusagen, daß wir als erstes Bundesministerium mit einem Rationalisierungsprozeß begonnen haben, daß wir das freiwillig gemacht haben, daß wir dazu keine Vorgabe von jemand anderem gebraucht haben, daß wir bereits im Jahr 1991 einen Aufnahmestopp für die Zentralstelle erwirkt haben und daß wir seither ein ständiges Rationalisierungsprogramm im Ausmaß von 2 000 Stellen bis einschließlich 1997 durchgeführt haben beziehungsweise im nächsten Jahr noch durchführen werden, was die Voraussetzung dafür bietet, daß wir die Personalkosten reduzieren und damit auch Raum für einen höheren Sachaufwand schaffen.

Präsident Josef Pfeifer: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Danke, Herr Bundesminister. Damit ist die Fragestunde beendet. (Beifall bei ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Josef Pfeifer: Eingelangt sind zwei Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Ministervertretungen, die den heutigen Tag betreffen.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Ilse Giesinger:

"Der Herr Bundespräsident hat am 27. November 1996, Zahl 300.100/104.BEV/96, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzles betraue ich für die Dauer der Verhinderung der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz, Dr. Christa Krammer, am 2. Dezember 1996 den Sektionsleiter im Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz, Dipl.-Ing. Harald Gaugg, am 3. Dezember 1996 den Bundesminister für Inneres, Dr. Caspar Einem, am 9. und 10. Dezember 1996 die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten, Dr. Helga Konrad, am 14. Dezember 1996 den Bundesminister für Arbeit und Soziales, Franz Hums, und innerhalb des Zeitraumes von 15. bis 22. Dezember 1996 den Bundesminister für Finanzen, Mag. Viktor Klima, mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Ich verlese das zweite Schreiben:


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 33

"Der Herr Bundespräsident hat am 12. Dezember 1996, Zahl 300.100/111-BEV/96, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Inneres, Dr. Caspar Einem, am 18. und 19 Dezember 1996 den Bundesminister für Justiz, Dr. Nikolaus Michalek, mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Präsident Josef Pfeifer: Diese Schreiben dienen zur Kenntnis.

Meine Damen und Herren! Eingelangt sind weiters zwei Beschlüsse des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1996 geändert wird, und ein

Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabensätzen der Anlage 1 des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt werden.

Diese genannten Beschlüsse unterliegen im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner die Berichte 16 542 bis 16 885 EU über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz.

Diese Berichte habe ich dem EU-Ausschuß zugewiesen.

In Anbetracht des Umfanges habe ich gemäß § 18 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates nach Rücksprache mit dem Vizepräsidenten angeordnet, daß eine Vervielfältigung und Verteilung zu unterbleiben hat, alle Vorlagen jedoch in der Parlamentsdirektion zur Einsichtnahme aufliegen.

Schlußansprache des Präsidenten

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gestatten Sie mir, daß ich einige Worte des Abschiedes bereits jetzt an Sie richte, denn, wann immer auch mit dem Sitzungsende zu rechnen sein wird, es wird sicherlich spät werden.

Das Jahr 1996 neigt sich dem Ende zu, und so auch meine Funktion als Präsident des Bundesrates. Der Vorsitz des Bundeslandes Kärnten geht an das Bundesland Niederösterreich über. Ich glaube, daß wir gemeinsam ein großes Arbeitspensum erledigt haben. Dafür möchte ich mich heute ganz persönlich bedanken: vor allem bei den Mitgliedern der Präsidialkonferenz, namentlich bei Herrn Vizepräsidenten Professor Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck und Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach, aber auch bei den zwei Fraktionsvorsitzenden, die im Präsidium vertreten sind, bei Herrn Bundesrat Albrecht Konečny und bis zu seinem Ausscheiden bei Herrn Dr. Peter Kapral und bei seiner Nachfolgerin, Frau Dr. Susanne Riess-Passer.

Es gab selten differierende Meinungen zur Erstellung der Tagesordnung und zur Tagesordnung selbst. Meinungsverschiedenheiten wurden im Geiste des gegenseitigen Respekts und unter Wahrung eines kollegialen Umgangstons bereits im Vorfeld ausgetragen. Vor allem für diese Kollegialität und das gegenseitige Verständnis sage ich heute, am Ende meiner Präsidentschaft, ein herzliches Dankeschön.

Ich möchte es aber auch nicht verabsäumen, auch jenen zu danken, die im Hintergrund ihre Arbeit verrichten und deren Tätigkeit wir Politiker unbedingt brauchen, nämlich der Beamten


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620. Sitzung / Seite 34

schaft. Die Beamten haben oft unter Zeitdruck und mit großem persönlichen Engagement mitgeholfen, daß wir hier im Plenum zu einem reibungslosen Ablauf der Sitzungen gekommen sind, daher auch allen Beamten dieses Hauses ein aufrichtiges Dankeschön! Namentlich möchte ich mich bei Herrn Bundesratsdirektor Dr. Labuda für seine stets gewährte Loyalität und seine umsichtige Tätigkeit bedanken! (Allgemeiner Beifall. )

Danken möchte ich auch der Protokollabteilung für die große Unterstützung während der letzten Monate. Auch ich habe, wie mein Vorgänger Hans Payer, diese Abteilung mehr als gefordert!

Anläßlich meiner Antrittsrede hier im Hohen Hause brachte ich zum Ausdruck, daß es für mich als Kärntner Abgesandter, darüber hinaus als Bürgermeister einer Unterkärntner Gemeinde, nämlich der Marktgemeinde Eberndorf, das oberste Ziel das gegenseitige Näherbringen von Wien und Kärnten ist. Die Möglichkeit, daß jeder Präsident sein Bundesland durch Ausstellungen und Einladungen präsentieren kann, halte ich nicht nur für ausgezeichnet, sondern habe sie etwa mit dem "Kärntentag in Wien" auch voll ausgenutzt und unser Parlament mit allen Einrichtungen einer breiten Bevölkerungsschicht nähergebracht. Viele hatten das Parlament – zumindest von innen – noch nie gesehen.

Der Erfolg war gigantisch und hat auch in allen Bereichen mediale Aufmerksamkeit erregt. Auch mein Wunsch, die Beziehungen zwischen Österreichs südlichstem Bundesland und den anderen Bundesländern noch lebendiger zu gestalten, ist in Erfüllung gegangen.

Ich glaube, daß gerade im österreichischen Milleniumsjahr auch die Schlagkraft und Optimierung des Bundesrates im politischen Leben unter Beweis gestellt sowie die Präsentation des Bundesrates nach außen verbessert wurde, und zwar nicht durch mich alleine, sondern auch durch die beiden Vizepräsidenten des Bundesrates bei vielen, vielen Anlässen.

Ich habe in der relativ kurzen Zeit meiner Präsidentschaft einige Parlamente im In- und Ausland besucht und auch umgekehrt Vertreter anderer Länder hier im Hohen Hause zu Gesprächen empfangen. Ich habe dabei, das gebe ich gerne zu, auch viel gelernt.

Unvergessen ist der Besuch des Präsidiums im Kärntner Landtag und der Besuch in meiner Heimatgemeinde, der Marktgemeinde Eberndorf. Daß sie Herrn Professor Schambeck persönlich begrüßen und erleben durften, wird unseren Gemeindebürgern in kostbarer Erinnerung bleiben.

Meine Danken und Herren! Wir benötigen für den Bundesrat dringend eine zeitgemäße und allen Anforderungen entsprechende Anpassung der derzeitigen Geschäftsordnung. Wir haben in der Präsidiale Auftrag erteilt, daß dem Bundesrat ein Entwurf bis spätestens Mitte April 1997 vorgelegt werden soll.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mein kurzer Bericht erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Etliches ist erreicht beziehungsweise eingeleitet worden. Das parlamentarische Leben geht weiter.

Ich freue mich, daß ich Sie auch in Zukunft in meiner Eigenschaft als Mitglied des Bundesrates weiterhin begleiten darf, weiter mitarbeiten und mitgestalten kann.

Ich möchte nicht schließen, ohne auch Frau Dr. Alsch-Harant und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein herzliches Dankeschön zu sagen! (Allgemeiner Beifall.)

Ihnen, geschätzte Mitglieder des Bundesrates, danke ich für das Vertrauen, das Sie mir entgegenbrachten, und für die Bereitschaft zur gemeinsamen Zusammenarbeit. Herrn Professor Dr. Schambeck für seine Zeit der Präsidentschaft Ratschläge zu erteilen, wäre für mich wohl um einige Schuhnummern zu groß.

Jedenfalls ersuche ich Sie, meine Damen und Herren, gemeinsam, trotz verschiedener politischer Standpunkte und trotz mancher Gegensätze, immer wieder zu versuchen, parlamentarisch tragfähige Brücken zum Wohle unserer Republik zu bauen. Ein herzliches Glückauf! (Lebhafter allgemeiner Beifall. )


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Behandlung der Tagesordnung

Präsident Josef Pfeifer: Hohes Haus! Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 5 und 6, 7 und 8, 13 und 14, 15 bis 18, 19 bis 21 sowie 23 und 24 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Josef Pfeifer: Eingelangt sind weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschußberichte erstattet.

Ich habe alle diese Vorlagen sowie die Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das erste Halbjahr 1997 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Josef Pfeifer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, daß mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Dr. Riess-Passer, Dr. Harring und Kollegen betreffend Privatisierung der Bank Austria und der Creditanstalt an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung dieser dringlichen Anfrage an den Schluß der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Ich unterbreche ganz kurz die Sitzung und bitte die Präsidiumsmitglieder, im Vorraum zusammenzukommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 10.22 Uhr unterbrochen und um 10.40 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe bekannt, daß ein Antrag 96/A-BR/96 der Bundesräte Dr. Schambeck, Konečny und Dr. Riess-Passer und Genossen auf Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung betreffend ein Hearing der Bewerber um die Stelle eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes, für welche dem Bundesrat das Vorschlagsrecht zukommt, vorliegt.

Weiters wurde von den Bundesräten Dr. Schambeck, Konečny, Dr. Riess-Passer und Genossen beantragt, diesen Antrag gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung ohne Vorberatung durch einen Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen.

Ich werde zunächst über den Antrag gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung, nämlich den Antrag auf Abhaltung einer Enquete ohne Vorberatung durch einen Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen lassen.

Findet dieser nicht die im § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung erforderliche Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Bundesräte, so erübrigt sich eine Abstimmung über den


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Antrag der Bundesräte Dr. Schambeck, Konečny, Dr. Riess-Passer und Genossen auf Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung, den Antrag ohne Vorberatung durch einen Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die hierfür sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke. Das ist Einstimmigkeit.

Der Antrag, den Antrag auf Abhaltung einer Enquete ohne Vorberatung im Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ergänzung der Tagesordnung

Präsident Josef Pfeifer: Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die sich dafür aussprechen, die Tagesordnung gemäß § 41 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates um den Punkt "Abhaltung einer parlamentarischen Enquete" zur ergänzen, um ein Handzeichen. – Danke. Das ist Einstimmigkeit.

Auch in diesem Fall ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

Ich werde diesen neu beschlossenen Tagesordnungspunkt auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete als vorletzten Punkt der ausgegebenen Tagesordnung, das heißt vor der Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das erste Halbjahr 1997, in Verhandlung nehmen.

1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes, des Bundesgesetzes über den Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste", des Bundesfinanzgesetzes 1997, des Pflanzenschutzgesetzes 1995 und des Rebenverkehrsgesetzes 1996 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996) (428 und 506/NR sowie 5350 und 5351/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Gründung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (BVWG-Gesetz) (425 und 511/NR sowie 5352/BR der Beilagen)

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (507/NR sowie 5353/BR der Beilagen)


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4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (508/NR sowie 5354/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 4, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Budgetüberschreitungsgesetz 1996,

ein Bundesgesetz über die Gründung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (BVWG-Gesetz) und

zwei Bundesgesetze über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 bis 4 hat Frau Bundesrätin Aloisia Fischer übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatterin Aloisia Fischer: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtes, des Bundesgesetzes über den Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste", des Bundesfinanzgesetzes 1997, des Pflanzenschutzgesetzes 1995 und des Rebenverkehrsgesetzes 1996 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996).

Der vorliegende Gesetzesbeschluß hat die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste durch Errichtung einer als Aktiengesellschaft konzipierten Betriebsgesellschaft zum Ziel; dessen inhaltliche Schwerpunkte liegen auf folgenden Gebieten:

Erhaltung und Absicherung des derzeit zum Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesforste" gehörenden Bundesvermögens,

Gründung einer Aktiengesellschaft "Österreichische Bundesforste AG" zur Verwaltung des Bundesvermögens und Fortführung des Betriebes,

Entgeltliches Fruchtgenußrecht der Österreichischen Bundesforste AG an Liegenschaftsvermögen des Bundes,

Aufgaben und Ziele der Österreichischen Bundesforste AG,

Satzung und Organe der AG,

Personalrechtliche Bestimmungen: Übernahme der Arbeitnehmer des Wirtschaftskörpers Österreichische Bundesforste unter Wahrung ihrer Rechte und Pflichten.

Die im Artikel I § 4 Abs. 1, § 13 Abs. 4 sowie § 18 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen bedürfen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates.

Artikel I § 1 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 1 sowie Artikel IV und Artikel V des vorliegenden Beschlusses unterliegen gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.


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Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. den im Artikel I § 4 Abs. 1, § 13 Abs. 4 sowie § 18 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Gründung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (BVWG-Gesetz).

Der gegenständliche Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß, in Entsprechung des Koalitionsübereinkommens zwischen der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und der Österreichischen Volkspartei vom 11. März 1996, der erfolgreiche Privatisierungskurs der letzten Jahre zügig fortzusetzen ist, wobei auf die Wahrung österreichischer Interessen sowie die Verbesserung der wirtschaftlichen Substanz der Unternehmen Bedacht zu nehmen ist. In allen Dienststellen der öffentlichen Verwaltung sind Ausgliederungen jener Bereiche vorzunehmen, die keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen und effizienter in selbständigen, privatwirtschaftlich organisierten Einheiten geführt werden können. Aufgrund der budgetären Vorgaben ist eine Strukturreform im Bereich der nachgeordneten Dienststellen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zu realisieren.

§ 1 des vorliegenden Beschlusses unterliegt gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Nun erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959.

Der vorliegende Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß im Rahmen der Neuregelung der Bundesgesetze im Zuge eines Selbständigen Antrages gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes das Wasserrechtsgesetz in § 33b Abs. 10, § 33c Abs. 1, 2, 4 und 5 sowie § 33g Abs. 1 und 2 geändert wird.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959.

Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates sollen Änderungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 vorgenommen werden.

Nach Maßgabe des Ergebnisses der Untersuchungen hat der Landeshauptmann, wenn die Ursachen der Schwellenwertüberschreitung nicht nach anderen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, durch Anordnung von Maßnahmen gegenüber dem festgestellten Verursacher oder aber aufgrund von eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen aufgrund von Umweltprogrammen oder gleichgerichteten Maßnahmen zur Gänze behoben werden kann, durch Verordnung jene zusätzlichen Nutzungsbeschränkungen oder Reinhaltemaßnahmen zur verfügen, die sich


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als erforderlich erweisen, um die Belastung des Grundwassers unter den Schwellenwert zu senken.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Soweit die Berichte. Ich bitte Sie, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke der Frau Berichterstatterin für die umfangreiche Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Eisl. Ich bitte ihn, zu sprechen.

10.53

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Die Privatisierung der Österreichischen Bundesforste steht bei dieser Debatte im Vordergrund, aber im Grunde genommen handelt es sich dabei nur um eine Ausgliederung. Die Österreichischen Bundesforste sind der größte Waldbesitzer Österreichs, sie bewirtschaften eine Grundfläche von mehr als 840 000 Hektar, wovon etwa 581 000 Hektar auf Wald entfallen. Was den Waldanteil betrifft, so liegt das Verhältnis von Wirtschafts- zu Schutzwald bei rund zwei Drittel zu einem Drittel. Insgesamt verwalten die Österreichischen Bundesforste einen Grundbesitz, der in etwa 10 Prozent des österreichischen Grundbesitzes darstellt. Aktuellen Schätzungen zufolge präsentiert alleine der Liegenschaftsbesitz der Österreichischen Bundesforste einen Substanzwert von rund 76 Milliarden Schilling.

Das Land Salzburg – es ist, wie wir wissen, am meisten davon betroffen – verfügt von den bereits genannten 580 000 Hektar Fläche der Österreichischen Bundesforste über einen Anteil von 25 Prozent, wobei der Anteil der Österreichischen Bundesforste an der Gesamtfläche des Landes Salzburg rund 41 Prozent beträgt. Den Österreichischen Bundesforsten kommt aus diesen Gründen besondere Bedeutung – vor allem in den Bereichen Raumordnung, Naturschutz und Jagd – zu.

In den letzten Jahren gab es bei den Bundesforsten eine ständige Zentralisierung, und der vorliegende Entwurf verstärkt diese Tendenz weiter. Bei der Gründung der Republik Österreich im Jahr 1920, die mit dem Verlust der Selbständigkeit des Landes Salzburg verbunden war, gingen die Vermögenswerte des Landes gänzlich auf den Zentralstaat über. Der Bundesverfassungsgesetzgeber war sich dieser Problematik bewußt, da er gemäß § 11 Abs. 2 das Eigentum nur vorläufig in das Eigentum des Bundes übertrug. Die Regelung der endgültigen Auseinandersetzung über das staatliche Vermögen blieb einem Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern weiterhin vorbehalten.

Das Finanz-Verfassungsgesetz 1922 enthält keinerlei Aussagen über die Aufteilung dieses staatlichen Vermögens. Auch das Gesetz vom 10. November 1921 über einige Bestimmungen zur vorläufigen Ordnung des finanziellen Verhältnisses zwischen Bund, Ländern und Gemeinden hatte keine Regelung der Vermögensaufteilung enthalten. Dies blieb somit weiterhin offen und nur vorläufig geregelt.

In der Wiederverlautbarung des Übergangsgesetzes 1920 wurden die Bestimmungen des § 11 Abs. 2 Übergangsgesetz 1920 unverändert aufgenommen. Es ist daher nach wie vor davon auszugehen, daß die Bestimmung des § 11 Abs. 2 des Übergangsgesetzes des Jahres 1920 über die endgültige Regelung der Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern aufrecht ist, da ihr bislang nicht entsprochen wurde, was eigentlich der Fall sein müßte.

Die vorgesehene Umwandlung der Österreichischen Bundesforste würde die Gelegenheit dazu bieten, eine endgültige Regelung über den staatlichen Waldbesitz herbeizuführen. Dabei müßte entweder der Grundbesitz der Österreichischen Bundesforste wieder in das Eigentum des Lan


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des übertragen werden oder dem Land Salzburg müßte der entsprechende Wert des Waldes vergütet werden.

Einen weiteren wichtigen Punkt stellen die Auswirkungen des Gesetzes auf den Nationalpark Hohe Tauern dar. Unmittelbar davon betroffen sind die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol. Über die Österreichischen Bundesforste ist die Republik der größte Eigentümer. Darüber hinaus erlangt der Bund über Bundesgesetze Einfluß auf die Nationalparkentwicklung und sichert sich durch das Förderungswesen Mitspracherechte in den Nationalparkgremien.

Um eine internationale Anerkennung als Nationalpark zu erreichen, sind die offenen Fragen der Jagd, der forstlichen Nutzung, der extensiven Weidenutzung und der Nutzung von Bächen und Seen einer Lösung zuzuführen.

In den neuen Richtlinien der IUCN für Nationalparke ist festgeschrieben, daß zirka drei Viertel der Schutzgebietsfläche als strenge Naturschutzzone ohne jegliche Nutzung ausgewiesen sind. In der im Jahre 1994 zwischen dem Bund und den Ländern Kärnten, Tirol und Salzburg abgeschlossenen Vereinbarung über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Schutzes und der Förderung des Nationalparks Hohe Tauern hat sich auch der Bund verpflichtet, keine den Zielsetzungen des Nationalparks zuwiderlaufende Maßnahmen zuzulassen oder zu setzen sowie auf Kriterien internationaler Organisationen für Nationalparke Bedacht zu nehmen.

Die genannte Einbringung des Waldbesitzes der Österreichischen Bundesforste in eine Aktiengesellschaft steht dazu im Widerspruch, da diese Bestimmung eine Gewinnmaximierung enthält und den Anliegen des Umweltschutzes vorgezogen wird.

Bemerkt werden muß in diesem Zusammenhang auch, daß es weltweit üblich ist, daß Staatsflächen im Nationalparke unentgeltlich eingebracht werden. So bestehen etwa die beiden Nationalparke Berchtesgaden und Bayerischer Wald zu 100 Prozent aus Staatsflächen, ohne daß jemals Entschädigung gefordert worden wäre. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Auch im Hinblick darauf, daß private Grundeigentümer ihre Gebiete entschädigungslos in den Nationalpark einbringen, erscheinen Entschädigungsforderungen des Bundes fast unglaublich. Als Beispielsfolgen sind natürlich auch Entschädigungsforderungen privater Grundbesitzer zu erwarten, was mit finanziellen Belastungen der am Nationalpark beteiligten Länder verbunden wäre.

Im Entwurf wird verfügt, daß der von den Österreichischen Bundesforsten verwaltete Liegenschaftsbestand im Eigentum des Bundes zu erhalten ist. Bei der Veräußerung von Grundstücken ist die Gesellschaft an Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden. Diese Bindung verhindert eine aus Ländersicht notwendige Erleichterung des forstlichen Grundverkehrs.

Eine weitere länderfeindliche Bestimmung enthält das Gesetz. Demnach wäre für Leistungen, die die Österreichische Bundesforste AG für den Bund erbringt, kein Entgelt zu verlangen. Für Leistungen, die im Rahmen der Mitwirkung am Naturschutz, der in die Länderkompetenz fällt, erbracht werden, kann die Gesellschaft Entgeltansprüche stellen.

Aus Sparsamkeitsgründen ist die mit sechs Mitgliedern begrenzte Zahl des Aufsichtsrates zu begrüßen. Seine Beschickung schließt jedoch die Vertretung der Länderinteressen offenkundig aus. Aber auch die Eingeforsteten sind darin nicht vertreten. Wegen der enormen Bedeutung des Waldes für die Länder müßte jedoch auch in Zukunft der Einfluß der Länder durch Schaffung eines Länderbeirates gegeben sein.

Der Vorstand kann beispielsweise Grundstücke veräußern, wenn der Finanzminister das genehmigt. Das heißt unter anderem: Eine Privatisierung ist weit und breit nicht zu sehen, weil diese Organisation praktisch eine Ausgliederung mit Bevormundung des Finanzministers ist.


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Bei der Diskussion über verschiedene Fragen wurde uns im Ausschuß gesagt, die Aktiengesellschaft wird sicher nicht als Totgeburt in den Raum gestellt. Die Finanzsituation, soweit wir das erfahren konnten, ist aber nicht gerade rosig. Heuer wurden bereits 100 Millionen Schilling an den Finanzminister abgeliefert. Die AG wurde mit einem Schuldenberg von 750 bis 1 300 Millionen Schilling ausgegliedert und mußte schon im ersten Jahr ihres Bestehens 400 Millionen Schilling am Kapitalmarkt aufnehmen, was bedeutet, daß sie für Tilgung und Zinsen massive Grundverkäufe tätigen muß. Wäre es da nicht vernünftiger, wenn Grund im Wert von 750 Millionen Schilling zurückbehalten werden würde?

Das alles ist ohne Diskussion mit den Ländern geschehen. Vor allem Salzburg, das eine Reihe von Eingeforsteten hat, die in den letzten Jahren immer wieder zur Kasse gebeten wurden, ist davon schwer betroffen. Wir glauben, daß es der Anstand verlangt hätte, mit den Ländern kooperativ zu verhandeln, um auf diese Probleme gemeinsam mit den Betroffenen einzugehen.

Wie den Medien zu entnehmen war, war der Herr Bundesminister in Bad Ischl bei einer Versammlung der Eingeforsteten, die auch Bedenken gegen diese Gesellschaft haben, und wir in Salzburg haben erfahren, daß es Bischof Mathias Lang, der Baumeister der Stadt Salzburg, war, der im Jahre 1524 Bauern ausgeforstet und ihnen mit einer Urkunde die Einforstungs-Rechte für immer gesichert hat.

Schon einmal wurde versucht, diese Urkunden zu entwerten. Der Aktionsgemeinschaft, die sich dagegen gewehrt hat, ist es nicht darum gegangen, daß der Preis für das Blochholz von 80 Groschen auf 3 S gestiegen ist, sondern ausschließlich darum, daß, wenn diese Urkunde außer Kraft gesetzt wird und eine Erhöhung vorgenommen wird, Tür und Tor für jede willkürliche Anhebung geöffnet wird.

Viele werden jetzt sagen: Was sind 8 S für Blochholz? Man muß aber wissen, daß die Bauern damals bei der Ausgliederung die Servitute deswegen bekommen haben, weil sie von da an liefern mußten und weil ihnen der Grundbesitz mehr oder weniger weggenommen wurde, und dafür haben sie eben diese Garantie mit dieser Urkunde in die Hand bekommen.

Dazu kommt noch, daß diese Landwirte in einer Salamitaktik laufend immer wieder schlechter beteilt wurden, weil sie Schlägerungen nicht auf einer Fläche haben vornehmen dürfen, sondern nur Einzelentnahmen möglich waren, und zwar in Gebieten, von wo das Holz sehr schwer zu bringen ist, sodaß die Bringung teilweise mehr kostet als das Holz wert ist. Diese schlechten Gebiete haben die Bundesforste natürlich den Eingeforsteten zum Schlägern überlassen, für sich selbst haben sie die besseren Flächen in Anspruch genommen, und das hat sehr großen Unmut ausgelöst.

Die jetzige Entscheidung ist natürlich ein weiterer Schritt, um die Landwirte, die dort selbst keine Grundbesitzer sind, in dieser Frage mehr an die Kandare zu nehmen. Darüber gibt es eine ganze Reihe von Medienmeldungen, etwa "Bundesforste werden selbständig" und dergleichen. – Ich möchte mich mit diesen Dingen nicht länger befassen.

Das heißt unter anderem, die Ausgliederung der Bundesforste ist keineswegs und in keiner Hinsicht eine Privatisierung. Es handelt sich um eine Ausgliederung, damit man die Finanzen besser in den Griff bekommt, damit man nicht mehr so ökologisch wirtschaften muß, wie es bis jetzt der Fall war – das wird sich bald herausstellen –, weil die Gewinnmaximierung ... (Bundesrat Ing. Penz: Das stimmt doch nicht! – Bundesrat Pramendorfer: Nein, so ist das nicht!) So steht es ja drin.

Laut Auskunft im Ausschuß weiß bis jetzt niemand, wie die Geschäftsordnung ausschaut. Das wird erst alles im nachhinein gemacht. (Bundesrat Ing. Penz: Das geschieht im Rahmen des Gesetzes!) Daher können Sie, Herr Kollege Penz, überhaupt nicht sagen, wie das wird, denn diese Antwort sind Sie uns letztendlich ja auch schuldig geblieben, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, abschließend sagen zu können, daß diese Ausgliederung, die bei weitem keine Privatisierung ist, ein weiterer Schritt der Benachteiligung der betroffenen Bauern ist, die dort


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Einforstungsrechte haben. Sie haben jetzt schon große Probleme mit den Bundesforsten hinsichtlich der Befahrung der Straßen gehabt, denn obwohl sie diese Forststraßen selbst mitfinanziert haben und öffentliche Mittel dafür eingesetzt werden, mußten sie bei der Abfuhr pro Festmeter 16 S bezahlen.

Das müssen Sie sich einmal vorstellen! Diese Leute haben die Straße mitfinanziert und im Sommer wurden sie vor die Tatsache gestellt, daß sie mit dem Auto nicht auf die Alm fahren konnten, weil sie für den Schranken keinen Schlüssel bekommen haben. Sie mußten also zu Fuß hinaufgehen.

All diese Dinge werden nicht besser, sondern sicher noch härter werden. Der Grund dafür ist die Finanzsituation des Bundes und in erster Linie auch der Entzug der Kontrolle durch das Parlaments. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.09

Vizepräsident Dr. DDr. h.c. Herbert Schambeck: Zum Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

11.09

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Mit der heute zu beschließenden Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und der Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" wird der vorläufige Schlußstrich unter eine mehrere Jahre dauernde Debatte gezogen.

Ohne allzu weit in die Vergangenheit zurückzublicken, möchte ich doch die mir wesentlich erscheinenden Meilensteine dieser Debatte mit Ihnen gemeinsam etwas näher betrachten.

Im derzeit geltenden Koalitionsübereinkommen ist im Kapitel XIII "Land- und Forstwirtschaft" festgehalten: "Die Österreichischen Bundesforste werden mit 1. Jänner 1997 ausgegliedert, wobei über die Form der Ausgliederung in der ersten Hälfte des Jahres 1996 Einigung zu erzielen ist."

Seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft wurde vorerst eine Ausgliederung in Form einer Stiftung vorgeschlagen. Da nach Meinung des Finanzministers die Stiftungsvariante den Vorstellungen hinsichtlich Eigentümerstruktur, Eingriffsmöglichkeit der Republik Österreich beziehungsweise Sicherung der Arbeitnehmer nicht gerecht werden konnte, kam es zu keiner Einigung. Daraufhin wurde eine Vereinbarung zwischen den Bundesministern Molterer und Klima geschlossen, wonach die Finanzierungsgarantiegesellschaft beauftragt wurde, die Überprüfung der Stiftungsvariante beziehungsweise die Erarbeitung jener Organisationsformen, die sowohl die bestmögliche Sicherstellung des Eigentums der Republik Österreich als auch die Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer beinhalten sollte, vorzunehmen.

Das Ergebnis der Studie der Finanzierungsgarantiegesellschaft verwarf die Variante einer Ausgliederung in Form einer Stiftung und schlug als eine mögliche Variante die Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft vor. Daraufhin legte Bundesminister Molterer, welcher dem Vorschlag der Finanzierungsgarantiegesellschaft zur Gründung einer Kapitalgesellschaft aufnahm, am 5. November 1996 dem Ministerrat einen entsprechenden Entwurf vor.

Nach Vorlage der entsprechenden Regierungsvorlage – es handelt sich um 428 der Beilagen – gab es aufgrund permanenter Verhandlungen mit Vertretern des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft laufend Abänderungen des ursprünglichen Entwurfes. Als besonders engagiert in diesen Verhandlungen zeigten sich der Verband Alpiner Vereine Österreichs, der Umweltdachverband, aber auch die Naturfreunde Österreichs.

Wenn nun heute das zugrundeliegende Gesetz einen sowohl zwischen den Koalitionsparteien einvernehmlich verhandelten Entwurf als auch ein von den vorgenannten Organisationen akzeptiertes Ergebnis darstellt, so möchte ich dies als positives Beispiel besonders hervorstreichen.


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Besondere Sorge bereitete die ursprünglich verfolgte Festlegung, wonach der wirtschaftliche Druck zur "Maximierung eines bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolges bei der Produktion und Verwertung des Rohstoffes Holz sowie bei der Erzielung sonstiger Erträgnisse" – also Pachteinnahmen, Nutzungsentgelte, Entschädigungen und so weiter –, und dies sogar in Form einer Verfassungsbestimmung, bestand. Die ökologischen und gemeinwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hingegen sollten aus dem früheren Aufgabengebiet – § 2 des Bundesforstegesetzes – ausscheiden und lediglich auf einfachgesetzlicher Basis als Zielsetzungen verankert werden.

Alle gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitisch relevanten Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung und Bewirtschaftung des Staatswaldes hätten nach diesem Entwurf eine deutlich nachrangigere Behandlung erlitten.

Aufgrund dieser Überlegungen galt es daher, die logische Forderung zu erheben, wonach die Substanzerhaltungspflicht durch das besondere öffentliche Interesse ebenfalls als Verfassungsbestimmung zu definieren sei, andernfalls wäre zu befürchten, daß die großen Errungenschaften im Bereich Staatswald aus den siebziger Jahren und damit wesentliche öffentliche Interessen leichtfertig aufs Spiel gesetzt worden wären.

Neben vielen weiteren Aspekten, die erfreulicherweise in den Verhandlungen positiv aufgenommen wurden und in dem vorliegenden Gesetz letztlich auch Berücksichtigung fanden, möchte ich die von den Naturfreunden Österreichs eingebrachten Schwerpunkte und Forderungen herausstreichen:

Die Ausgliederung der Verwaltung der Staatsflächen erfordert – auf gleichrangiger Ebene – neben dem Wirtschaftlichkeitsprinzip eine klare ökologische Aufgabenstellung an die Bundesforste AG.

Die Erhaltung der ökologischen und wirtschaftlichen Substanz der Staatswaldflächen muß dauerhaft gesichert werden; eine gesetzliche Verankerung dieses Schutzes ist notwendig.

Naturschutz muß im Staatswald weiterhin möglich sein.

Die Österreichische Bundesforste AG soll – im Hinblick auf vorhandene oder künftige Nationalparkflächen – kein gesetzliches Verwaltungsmonopol bei Verwaltung und entgeltlicher Nutzung aller Staatsflächen bekommen.

Aufgaben des Naturschutzes, die freie Begehbarkeit des Waldes als wichtiges öffentliches Interesse, welches den wirtschaftlichen Interessen bei Jagdverpachtungen in der Praxis deutlich entgegensteht, sowie die Erhaltung der Seeufergrundstücke ohne zusätzlichen Zwang der Wirtschaftlichkeit müssen im Staatswald weiterhin möglich sein.

Ich habe schon erwähnt, daß diese und viele andere wesentlichen Fragen in den Verhandlungen erfreulicherweise positiv geklärt werden konnten beziehungsweise im vorliegenden Gesetz Berücksichtigung fanden.

Seitens meiner Fraktion waren in diesen Verhandlungen insbesondere folgende Forderungen wesentlich:

Gründung einer Aktiengesellschaft als Betriebsgesellschaft.

Alleinaktionär der Österreichischen Bundesforste bleibt die Republik Österreich.

Die Substanzwahrung der Bundesforste ist mittels Verfassungsbestimmung sichergestellt.

Alle bestehenden Rechte und Pflichten betreffend Arbeitnehmer der Österreichischen Bundesforste bleiben aufrecht.

Ökologische Zielsetzungen sind den ökonomischen und betriebswirtschaftlichen gleichgestellt.


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Gewinne werden zwischen der Aktiengesellschaft und der Republik Österreich im Verhältnis 50: 50 geteilt.

Trink- und Nutzwasserreserven sind in jedem Fall zu erhalten.

Die öffentlichen Interessen und ökologisch besonders wertvolle und sensible Gebiete und Naturdenkmäler sind zu bewahren.

Auch Forstgrundstücke, die derzeit von anderen Ministerien verwaltet werden, können in Zukunft in die Aktiengesellschaft eingebracht werden.

Bei künftigen Nationalparks sollen sich Entschädigungen an den Referenzbeispielen Donau-Auen und Kalkalpen orientieren.

Bis Jahresende 1997 hat der neue Vorstand dem Aufsichtsrat ein Unternehmenskonzept für die Ausgliederung vorzulegen.

Der Vorstand wird von drei auf zwei Mitglieder verkleinert.

Der Aufsichtsrat ist mit sechs Mitgliedern bewußt schlank und sparsam gehalten.

Darüber hinaus wurden weiters Ausschußfeststellungen zu folgenden Themen beschlossen:

verfassungsrechtliche Bedenken betreffend Grundbesitz im Land Salzburg;

der Vorstand hat vor wichtigen Entscheidungen den Verband der Eingeforsteten zu hören;

die Schutzhüttenpolitik des Bundes soll in der bisherigen Art weitergeführt werden, also insbesondere im Hinblick auf öffentliches Interesse für Zugang und Betrieb, Pachtpolitik und ähnliches.

Mit der Aufnahme dieser Grundsätze in das vorliegende Bundesgesetz erscheinen die Österreichischen Bundesforste und ihre Beschäftigten abgesichert. Ökologische Anliegen wurden voll berücksichtigt, ohne die betriebswirtschaftliche Effizienz in Frage zu stellen.

Damit darf ich die eingangs ausgesprochene Erklärung wiederholen: Ich halte die vorliegende Gesetzesvorlage für eine geglückte Lösung bei der Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und der Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" und darf deshalb Ihnen, Herr Bundesminister, für die kluge Verhandlungsführung danken und namens meiner Fraktion die Zustimmung zu dieser Vorlage feststellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.17

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Hermann Pramendorfer. Ich erteile es ihm.

11.17

Bundesrat Hermann Pramendorfer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ein altes Sprichwort heißt: Wo gehobelt wird, dort fliegen Späne!, und das ist sinngemäß auch auf die Gesetzwerdung, die wir heute beschließen werden, anzuwenden.

Daß mein Vorvorredner, Kollege Eisl, einige dieser Späne gefunden hat, ist verständlich, auch ich finde einige Späne, weiß aber sehr wohl, daß, wenn man den Gesetzestext genau betrachtet, auch diese Interessen, wo man Späne zu finden glaubt, abgesichert sind. Ich denke hier im besonderen an die Eingeforsteten. Ich werde später noch einmal darauf zurückkommen, weil ich auch des öfteren bei diesen Einforstungsgenossenschaftsversammlungen dabei sein durfte.

Durch die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste aus dem Bundesvermögen für die Betriebsführung in Form einer AG wird ein selbständiges, vom Bundeshaushalt losgelöstes


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Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet. Die Besitzstruktur der Österreichischen Bundesforste mit 848 000 Hektar und 10 Prozent der gesamten Staatsfläche Österreichs läßt uns erkennen, daß es sich um einen potenten Wirtschaftskörper und – unter Anführungszeichen – "Grundbesitzer" handelt, noch dazu, wo sich auf diesen Flächen nicht wenige kulturelle und naturgeschichtlich schützenswerte Denkmäler befinden.

Dieser neuen Gesellschaft werden 4 Prozent des Grundeigentums übertragen, also 96 Prozent der Fläche bleiben als Eigentum beim Bund. Die Österreichische Bundesforste AG wird treuhändisch mit der Bewirtschaftung und Verwaltung der gesamten Fläche betraut. Es wurde sichergestellt, daß sowohl bewegliche als auch unbewegliche Kunstschätze im Eigentum des Bundes verbleiben.

Durch eine damit gegebene unabhängige Geschäftsführung, insbesondere die Verantwortung des Vorstandes und des Aufsichtsrates, ist eine auf die Ziele des Unternehmens gerichtete Geschäftsführung gewährleistet. Die Aktiengesellschaft wird mit der Fortführung des Betriebes Österreichische Bundesforste betraut. Sie übernimmt alle Rechte und Verpflichtungen aus bestehenden Verträgen. Dabei sind in erster Linie auch die eingeforsteten Rechte angesprochen.

Die Substanz der Österreichischen Bundesforste wird langfristig verfassungsrechtlich abgesichert. Erlöse aus etwaigen Liegenschaftsveräußerungen sind demnach zur Verbesserung der Substanz und des von der AG verwalteten Vermögens zu verwenden. Es können also weder willkürlicher Grundverkauf noch willkürliche Grundtransaktionen erfolgen.

Fragen des Grundstücksverkehrs werden in Zukunft aufsichtsratspflichtig sein. Bei Verkäufen hat der weisungsgebundene Vertreter des Finanzministeriums, bei Zukäufen auch jener des Landwirtschaftsministeriums ein Vetorecht, sodaß nichts, so denke ich, unter der Decke passieren kann und nicht an die Öffentlichkeit kommen würde. Der derzeitige Betrieb der Österreichischen Bundesforste ist so wie bisher weiterzuführen. Allerdings hat man dieser neuen AG für neue Geschäftsfelder auch gewisse Zugeständnisse gemacht, sodaß Tochtergesellschaften beispielsweise für den Geschäftsbereich des forstlichen oder auch des technischen Know-how eingerichtet werden können.

Die Aktivitäten der Österreichischen Bundesforste, meine sehr geschätzten Damen und Herren, waren bisher schon in vielen Bereichen waldbaulicher Natur, aber auch forsttechnischer Natur vorbildlich – sie waren so etwas wie eine Entwicklungsgesellschaft. Sie haben Forschung betrieben, und viele Neuerungen auf beiden Gebieten – waldbaulich wie forsttechnisch – sind diesen Bemühungen der Österreichischen Bundesforste, der Führung der Österreichischen Bundesforste zuzuschreiben. Das soll klarerweise zum Vorteil der gesamten Forstwirtschaft Österreichs auch weiterhin möglich sein.

Natürlich gibt es einen Zielkatalog, von dem auch die beiden Vorredner schon gesprochen haben. Ein wesentlicher Punkt ist eine nachhaltige Bewirtschaftung, die gefordert wird. Die Einhaltung der Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung des Waldes ist bestmöglich zu sichern, Trinkwasser- und Nutzwasserreserven sind zu erhalten. Die Interessen der Landwirtschaft, insbesondere der bergbauerlichen Betriebe, sind zu berücksichtigen – ein wesentliches Verlangen, das auch im Interesse einer größeren Zahl von bäuerlichen Betrieben liegt. Flächen außerhalb des Waldes mit besonderem Erholungswert wie zum Beispiel Seeufer sind zugänglich zu machen. Das ist an sich auch nichts Neues; die Österreichischen Bundesforste haben bereits – ich denke an den Attersee-Bereich – wesentliche Flächen für Erholungszwecke und den Zugang zum See bereitgestellt. Die öffentlichen Interessen an ökologisch besonders wertvollen und sensiblen Gebieten und Naturdenkmälern sind zu wahren, auch kann an Nationalpark- oder Naturschutzprojekten mitgewirkt werden. In der Wildbewirtschaftung ist auf ein ökologisches Gleichgewicht zu achten, und auf die Rechte der Eingeforsteten ist Rücksicht zu nehmen. – Das ist der Zielkatalog, den man dieser Gesellschaft vorgibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land Oberösterreich hat diesbezüglich auch einige Wünsche und Forderungen angemeldet.


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Forderungen im Hinblick auf den zu gründenden Nationalpark Kalkalpen. – Es ist verständlich, daß das Land Oberösterreich verlangt, daß die Verpflichtungen, welche die Österreichischen Bundesforste bei der Gründung des Nationalparks Kalkalpen übernommen haben, auch von dieser neuen Gesellschaft übernommen werden müssen.

Ein weiterer Punkt sind die Eingeforsteten. In Oberösterreich – besonders im Salzkammergut hinüberreichend in das steirische Ausseerland – und in Salzburg gibt es derer sehr, sehr viele. Und die Rechte der Eingeforsteten – das wird ausdrücklich festgeschrieben – sind zu wahren. Ansonsten hätte man diesem Gesetz klarerweise nicht die Zustimmung geben dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stehe nicht an, zu sagen – und ich habe schon erwähnt, daß ich bei einigen Vollversammlungen der Eingeforsteten dabei war –, daß die Wünsche der Eingeforsteten und ihrer Vertreter klarerweise immer etwas höher angesetzt werden, um Verbesserungen gegenüber den Österreichischen Bundesforsten hinsichtlich ihrer Verpflichtungen zu erreichen. Das ist auch legitim. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es tatsächlich so ist, daß nur die Bauern einen Beitrag für die Wegbenutzung zahlen müssen. Wahrscheinlich zahlen alle in diese Gemeinschaft, und natürlich muß damit auch der Eingeforstete einen Beitrag für die Wegerhaltung leisten. So verstehe ich das, und so kann ich mir das auch vorstellen. Daß es Streitpunkte und Interessenkollisionen hinsichtlich der Trennung von Wald und Weide gibt, ist auch verständlich. Die Eingeforsteten haben zum Teil Holzbezugsrechte, und es mag schon vorkommen, daß ein Förster oder ein Forstmeister einmal nicht unbedingt die bringungsgünstigste Lage für ein Servitut aussucht, das stelle ich nicht in Abrede. Im großen und ganzen herrscht aber zwischen den Interessen beider Gruppen ein ausgeglichenes und gutes Verhältnis.

Weniger ist das in der Trennung von Wald und Weide der Fall. Daß die Vertreter der Bundesforste bisher versuchten, das Weidevieh aus den Waldgebieten möglichst herauszuhalten, ist aus forstwirtschaftlicher Sicht verständlich. Daß die Bauern wiederum auf ihre Weideflächen nicht verzichten wollen und können, ist auch verständlich. Diese Interessenkollisionen gibt es, und ich nehme an, daß diese auch in Zukunft zu manchen Gesprächen, um nicht zu sagen, Streitereien führen werden.

Denn ich sage noch einmal – und ich leite damit über zum nächsten Kapitel –: In der Brust eines Forstmannes schlagen zwei Herzen: das des Forstmannes und das des Jägers. Da gibt es auch Konflikte. Oberösterreich hat in diesem Zusammenhang seine Bedenken ganz dezidiert angemeldet. Das oberösterreichische Schutzwald-Sanierungsprogramm umfaßt 10 000 Hektar, und vier Fünftel dieser 10 000 Hektar sind im Besitz der Österreichischen Bundesforste. Ich erinnere an eine Begehung des Hanges oberhalb des historischen Ortes Hallstatt. Dort ist der Schutzwald in seiner Funktion für die nächsten Jahrzehnte ganz entschieden in Gefahr.

Man kann nun sagen – das war vor drei, vier Jahren –, daß sowohl auf der einen Seite übertrieben wurde als auch auf der anderen Seite. Es ist damals um die Reduzierung des Wildbestandes gegangen, um eine ökologische Wildbewirtschaftung, damit die Naturverjüngung auf diesem Steilhang oberhalb von Hallstatt aufkommt, um für die nächsten Generationen die Schutzwaldfunktion zu gewährleisten.

Das war ein Streit zwischen Gelehrten. Fest steht eines – und das sieht auch der Laie –: Bei einer Überhege kommt die Naturverjüngung nicht auf. Und etwa zu glauben, mit der Errichtung von Schutzzäunen – das heißt, das Wild auszuzäunen – in diesen Steilhängen Erfolg zu haben, ist ein völliger Irrglaube. In diesen Gebieten kann man keine Zäunung mit Erfolg durchführen.

Ich bin überzeugt davon, daß diese Konfliktpunkte auch bei der neuen AG bestehen bleiben. Ich bin aber auch davon überzeugt, daß gesetzmäßig soviel abgesichert ist, daß man damit rechnen kann, daß diese Konfliktfelder und Spannungsfelder immer wieder ausgeräumt werden können. Ich stelle für meine Fraktion, die Österreichische Volkspartei, fest, daß wir dem Gesetz die Zustimmung erteilen.

Weiters möchte ich in diesem Zusammenhang noch kurz zu den landwirtschaftlichen Bundesversuchsanstalten Stellung nehmen. Es gibt im Zuge der Neufassung der Österreichischen Bundesforste in eine Aktiengesellschaft für meine Begriffe so etwas wie eine Strukturbereini


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gung in den österreichischen Bundesversuchsanstalten. Denn es gab Flächen, die von den österreichischen Bundesforsten als Ackerfläche gepachtet wurden, und diese werden nun in das Eigentum dieser Bundesversuchswirtschaften GesmbH übertragen. Betroffen davon sind die Bundesversuchsanstalten Fuchsenbiegl in Niederösterreich, Königshof und Wieselburg. Umgekehrt sollen Waldflächen, die derzeit von der Bundesversuchswirtschaften GesmbH bewirtschaftet werden, im Gegenzug den Österreichischen Bundesforsten übertragen werden. Ackerflächen, die derzeit von der Bundesversuchswirtschaften GesmbH bewirtschaftet und von der Bundesgebäudeverwaltung verwaltet werden, sollen in die neue Gesellschaft übertragen werden. Die Gesellschaft übernimmt das derzeit im Eigentum des Bundes stehende bewegliche Sachanlagevermögen sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung.

Auch da gibt es klarerweise Ziele, denn sonst würde man es nicht machen. Diese sind insbesondere die Sicherstellung eines Höchstmaßes an Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung der Liegenschaften, die Erhöhung der Flexibilität und die Beschleunigung und Verbesserung der Entscheidungsfindung sowie Verringerung des Verwaltungsaufwandes. – Soviel zur Schaffung und Bildung dieser Bundesversuchsanstalten. Auch diesem Gesetz wird meine Fraktion die Zustimmung erteilen.

Schließlich stehen unter diesen Tagesordnungspunkten noch zwei Novellierungen des Wasserrechtsgesetzes zur Diskussion. Aufgrund der Tatsache, daß im Parlament gegenwärtig zwei Regierungsvorlagen, die das Wasserrecht betreffen, zur Behandlung aufliegen, bei denen noch mehrere Fragen offen sind, wurden im letzten Landwirtschaftsausschuß nur die direkt anstehenden Fristen, die mit Jahresende eine unzumutbare Verschärfung bedeutet hätten, saniert.

Diese Fristensanierung, meine geschätzten Damen und Herren, betrifft Hauskläranlagen, die mit 31. Dezember 1996 auslaufen. Diese wären de facto nach diesem Zeitpunkt außerhalb des gesetzlichen Rahmens gestanden. Diese Frist wird nun verlängert, wenn in Aussicht gestellt ist, daß in nächster Zukunft, in absehbarer Zukunft, eine örtliche Entsorgungseinrichtung, eine Abwasserkanalisation an dieser Liegenschaft vorbeiführt und dann angeschlossen werden kann.

Der zweite Punkt ist – das betrifft im wesentlichen die Gemeinden –, daß wir viele Kläranlagen haben, die vom Emissionswert her etwa 92, 93 Prozent Reinigungsgrad erreichen. Nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1992 müßten diese Kläranlagen nachgerüstet werden. In manchen Dingen sind wir halt päpstlicher als der Papst, nämlich wenn wir von 92 oder 93 Prozent Reinigungsgrad ausgehend 98 Prozent Reinigungsgrad erreichen wollen, das aber nur mit einem unerhörten Aufwand erkaufen können. Diese Emissionswerte werden zurückgenommen, wenn ein Teil dieser Auflagen bereits erfüllt ist. Wenn nicht alles erreicht ist, dann liegt es im jeweiligen Ermessen, und die Kläranlage kann weiter betrieben werden.

Als drittes wurde bei dieser Sanierung des Wasserrechtsgesetzes darauf Bedacht genommen, daß Verordnungen von Landeshauptleuten nach dem Wasserrechtsgesetz mit den Maßnahmen des ÖPUL in Einklang gebracht werden können. Das trifft dort zu, wo Grundwassersanierungsgebiete einer Sanierung unterzogen werden. Das ist auch eine Erleichterung und eine Abstimmung, und ich glaube sagen zu können, daß wir mit diesen Erleichterungen im Wasserrechtsgesetz bei Gott nicht alles über Bord werfen und wieder zurückkehren zu alten Gepflogenheiten und zu verunreinigten Gewässern.

Ich kann es aus meiner Gemeinde bestätigen, daß unsere Bäche nach dem Bau der Kanalisation und nach Anschluß von etwa 65 Prozent der Anwesen, in ihrer Wasserqualität sichtbar besser wurden – ohne Untersuchungen, die das ja auch bestätigen –, erkennbar besser wurden. Meine Fraktion wird daher diesen Wasserrechtsgesetzänderungen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.38

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weiters ist zu Wort gemeldet Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. Ich erteile es ihm.

11.38

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens freue ich mich, daß die sozialdemokratische Fraktion


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wieder etwas vollzähliger geworden ist – bei meinem Kollegen Eisl waren gerade ein oder zwei Herren da –, ich habe mir schon gedacht, Sie interessieren sich für Land- und Forstwirtschaft überhaupt nicht. (Bundesrat Eisl: Die haben eine Krisensitzung!) Vielleicht ist es für den Herrn Bundesminister leichter, die Probleme zu lösen, wenn sie nicht da sind – das mag ja sein. (Zwischenruf des Bundesrates Prähauser. ) Das freut mich.

Ich möchte den Landwirtschaftsexperten in meiner Fraktion, Herrn Bundesrat Eisl, der schon sehr ausführlich und fundiert Stellung genommen hat, und Herrn Bundesrat Waldhäusl, der noch auf der Rednerliste steht, nicht vorgreifen. Daher nur ganz kurz ein paar Worte im Zusammenhang mit der Budgetüberschreitung, im Zusammenhang mit den Bundesforsten.

Wir Freiheitlichen, meine Damen und Herren, haben seit Jahren die Meinung vertreten, daß den Österreichischen Bundesforsten ab und zu Unrecht getan wird, daß die Bundesforste unter ihrem Wert geschlagen werden. Und das soll sich mit dem jetzt zu beschließenden Gesetz weiter verschärfen.

Den Bundesforsten wird in den nächsten Jahren ein Preis abverlangt, der unserer Meinung nach durch nichts gerechtfertigt ist. Doch kurz der Reihe nach. Bisher waren die Bundesforste ein eigener Wirtschaftskörper. Sie haben sich redlich bemüht, Überschüsse zu erzielen und haben in all den Jahren ordentlich gearbeitet, und die Überschüsse sind, wie es in Österreich üblich ist, in das Budget eingeflossen. Wir Freiheitlichen haben eigentlich oft gemeint, man sollte mehr für Schutzwald, für Aufforstungen, für Pflege tun und nicht alles sofort ins Budget übernehmen.

Was geschieht aber mit dem vorliegenden Entwurf? – Es werden 50 Millionen Schilling Rücklagen aus der ersten Tranche der AG-Gründung aufgelöst, dafür ist 1997 aber ein wirklich hoher Preis zu bezahlen. 700 Millionen Schilling sind, egal, wie das Ergebnis im nächsten Jahr sein wird, an den Bund abzuführen, davon allein 150 Millionen für das Grundkapital, das ja auf 200 Millionen Schilling aufgestockt werden soll.

Dabei übersieht man, daß die Bundesforste ja eigentlich im weitesten Sinn uns allen, allen Österreichern, gehören und eine der wenigen sinnvollen Reserven sind, auf die wir alle Anspruch haben. Die Verhandlungen über die Ausgliederung laufen ja nicht erst seit gestern oder vorgestern, sondern schon seit fast zehn Jahren wird über eine neue Rechtsform der Bundesforste diskutiert. Dazu war aber nicht Anlaß ein zu geringer wirtschaftlicher Erfolg, sondern man hat eben gemeint, daß diese Bereiche veränderungswürdig sind.

Ich zähle jetzt drei Bereiche auf, wo wir Freiheitlichen, die wir ja immer für Privatisierung eintreten, wo es Sinn macht, glauben, daß sehr Positives erreicht wird, und zwar bei der Personalhoheit – wir haben immer gesagt, die Personalhoheit gehört in den Betrieb verlagert –, bei der Finanzhoheit, weil es in Zukunft sicher sinnvoller sein wird, nicht schon im Mai des Vorjahres Budgetplanungen abzuliefern, wo man später dann vielleicht doch nicht mehr so flexibel reagieren kann, und auch in der Frage der klaren Verantwortlichkeiten und Zielvorgaben, wo eine deutliche Verbesserung mit diesem Gesetz eintreten wird. Andererseits ist aber festzustellen, daß in bezug auf ökologische und gesellschaftspolitische Dinge vielleicht doch nicht alles zum Besten sein wird. In erster Linie geht es um die Frage der Kontrolle. Diese wurde schon von Kollegen Eisl angesprochen, aber auch Herr Kollege Pramendorfer hat erwähnt, daß es hier Schwierigkeiten gibt. Es spielt aber auch die Frage der Kosten eine Rolle. Es ist nicht geklärt, wie hoch der Verwaltungsaufwand und so weiter sein wird.

Zum § 4 möchte ich insofern kurz Stellung nehmen, als dort von der Nachhaltigkeit die Rede ist und diese Nachhaltigkeit eigentlich im Gegensatz zu einem oft kurzfristigen Erfolg, den ja Kapitalgesellschaften anzustreben haben, steht. Es ist zu befürchten, meine Damen und Herren, daß schon im nächsten Jahr, in dem 750 Millionen Schilling aufzubringen sind, auf diese Aufbringung entweder mit erhöhten Nutzungen – das wird sich dann natürlich auf den Holzpreis auf dem Privatmarkt auswirken – oder vielleicht auch mit raschen Grundverkäufen reagiert wird.

Bei raschem Geldbedarf werden wohl kaum sensible, arbeitsintensive Schutzwaldnutzungen, sondern Nutzungen in Gunstlagen mit erntekostenfreiem Erlös erfolgen. Und da besteht eine weitere Befürchtung meiner Fraktion, nämlich daß auch im Bereich der Schutzwaldklasse, wo


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ein sehr hoher Altholzbedarf vorhanden ist, die Pflege etwas vernachlässigt werden könnte, weil die Aktiengesellschaft eher auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet ist.

Zu den Einforstungsrechten hat Kollege Eisl ausführlich Stellung genommen. Der Grundverkehr, der ja bisher eher restriktriv gestaltet war, ist nun im § 1 und im § 2 mit dieser neuen Vermögenstruktur geregelt, läßt aber für die Zukunft fast das Gegenteil erwarten. Für die Liegenschaftsverwaltung, also für den An- und Verkauf für die Republik Österreich, erhält die Aktiengesellschaft kein Entgelt. Daraus könnte man schließen, daß für solche Tätigkeiten kein Anreiz besteht.

Zu den Fragen der Jagd wurde auch schon Stellung genommen. Es liegen aber die Pachtpreise, die von den Bundesforsten vereinbart sind, relativ an der oberen Grenze, sodaß keine Befürchtungen bestehen, daß hier Schwierigkeiten auftreten könnten.

Zum Schluß darf ich Sie, weil der Herr Bundesminister persönlich anwesend ist, noch mit einer Frage konfrontieren, die auch vom Amt der Kärntner Landesregierung in der Stellungnahme zu diesem Gesetz aufgeworfen worden ist. Das ist eine Frage in bezug auf den Föderalismus, die uns in den Ländern beschäftigt und daher natürlich auch gerade hier im Bundesrat: die Frage im Zusammenhang mit dem Katastrophenfondsgesetz.

Durch die Auslagerung der Bundesforste aus der öffentlichen Verwaltung und die Umwandlung in eine AG mit eigener Rechtspersönlichkeit werden Katastrophenschäden in Hinkunft – so könnte es sein – nicht mehr als solche zu bewerten sein. Bisher war ja diesbezüglich § 3 des Katastrophenfondsgesetzes zuständig, und es waren auch Mittel aus diesem Katastrophenfonds einzusetzen. Bedeutet das in Hinkunft, da ja die Beihilfe aus diesem Fonds in Zukunft nur noch 60 Prozent des Schadens betragen kann, daß in Hinkunft für 40 Prozent der Schäden die Länder aus eigenem aufzukommen haben? – Das wäre eine Frage, die uns sehr interessiert. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.45

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Hager. Ich erteile es ihm.

11.45

Bundesrat Karl Hager (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Harring geht gerade hinaus. Ich wollte ihm nur folgendes sagen: Es war kein Desinteresse an der Rede des Kollegen Eisl, daß die SPÖ-Fraktion dabei nicht anwesend war, aber man muß halt die Wichtigkeit abschätzen, und wir haben das getan, und es war momentan etwas Wichtigeres zu tun, als der Rede zuzuhören. (Bundesrat Eisl: Das kann ich mir nicht vorstellen!) Diese Rede können wir nachlesen, Herr Kollege, das ist kein Problem. Aber das, was wir zu entscheiden hatten, war etwas wichtiger. (Bundesrat Eisl: Ist es um den Weiterbestand der SPÖ gegangen, dann habe ich dafür Verständnis!) – Nein, da brauchen Sie keine Angst zu haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dieser zusammengezogenen Debatte möchte ich mich kurz mit dem 2. Tagesordnungspunkt, nämlich der Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften GesmbH, befassen. Mit dieser Gesetzesvorlage sollen, wie wir ja schon gehört haben, die drei dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft nachgeordneten Dienststellen Wieselburg, Fuchsenbigl und Königshof zu einer GesmbH vereint werden. Die Ausgliederung der Bundesversuchswirtschaften wird im Zuge des Privatisierungskurses der letzten Jahre vorgenommen und wurde auch im Budgetprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1996 bis 2000 festgelegt. Diese neue Gesellschaft übernimmt alle Agenden und Aufgaben, die die jetzigen Bundesversuchswirtschaften übertragen bekamen, im besonderen die Produktion und Bewirtschaftung der Liegenschaften. Sie soll aber auch die Durchführung von Versuch und Forschung im landwirtschaftlichen Bereich weiterhin wahrnehmen.

Bei diesen sowohl in der Regierungsvorlage als auch im Bericht des Landwirtschaftsausschusses des Nationalrates aufgezählten Tätigkeiten beziehungsweise Aufgaben möchte ich nur auf einen Umstand hinweisen: Die Bundesversuchswirtschaft Wieselburg ist zurzeit und war auch


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immer Ausbildungszentrum oder, besser gesagt, Praxisbetrieb für die höhere landwirtschaftliche Schule "Francisco-Josephinum" in Wieselburg. Bei der Festlegung der auszuführenden Aufgaben fehlt mir neben den Begriffen "Versuch" und "Forschung" eben die Ausbildung. Auf meine Frage im Ausschuß bekam ich die durchaus glaubhafte Antwort, daß im Gesellschaftsvertrag sehr wohl die weitere Ausbildung der Schüler des "Francisco-Josephinums" gewährleistet wird.

Ich möchte hier nur festgehalten haben, daß diese Möglichkeit der Ausbildung im Rahmen des Studiums am "Josephinum" unbedingt erhalten bleiben muß. Ich sage das nicht nur als Bundesrat des Landes Niederösterreich, sondern auch als Bürgermeister der Stadt Wieselburg. Es ist daher für mich eine besondere Genugtuung, daß der Sitz dieser Gesellschaft auch in Wieselburg sein soll. Diese Entscheidung kommt ja wahrscheinlich nicht von ungefähr. Es hat in Wieselburg auch der niederösterreichische Rinderzuchtverband seinen Sitz. Die Rinderbesämungsstation der Landes-Landwirtschaftskammer und die Bundesanstalt für Landtechnik sind immerhin auch in Wieselburg. Ich darf also hier, Herr Minister, für diese Entscheidung ein sehr herzliches Dankeschön sagen. (Zwischenruf des Bundesrates Eisl. – Gegenruf des Bundesrates Payer. ) Ich wollte das nur zur Abrundung sagen, Herr Kollege, warum Wieselburg und nicht Fuchsbigl oder Königshof. (Ruf bei der ÖVP: Die Brauerei!) Die gehört auch dazu; ja, sicher.

Aber nun wieder zur Gesellschaft selbst. In diese Gesellschaft werden zirka 3 165 Hektar Grund eingebracht. Diesem Grund soll ein Durchschnittsquadratmeterpreis von 20 S zugrunde gelegt werden. Da wurde – das möchte ich schon feststellen – sehr vorsichtig geschätzt, denn es bleiben in etwa 633 Millionen. Ich weiß aus Erfahrung: Eine Verhandlung mit dem Bund über Grundkauf ist nicht so einfach. Von 20 S sind wir da sehr weit weg, unter Umständen, wenn man weiß, daß mit dem Grund nichts Besonderes geschieht. Eine Null dazu, dann stimmt es ungefähr. Also es ist vorsichtig geschätzt worden, wobei bei dieser Hektarfläche die verbauten Flächen und der Wert der Gebäude, die ja auch in das Eigentum der Gesellschaft übergehen, nicht berücksichtigt sind.

Weiters gewährt der Bund eine Bareinlage von 55 Millionen Schilling. Wenn man bedenkt, daß für 1997 Ausgaben in einer Höhe von 84,5 Millionen Schilling und Einnahmen von 54,2 Millionen Schilling vorausgesehen werden und daß sich der Bund schon im ersten Jahr und in den Folgejahren die Deckung eines Abganges erspart, so ist diese Konstruktion sicher zu befürworten.

Schließlich ist noch zu bedenken, daß 50 Prozent des Jahresüberschusses am Fruchtgenuß an den Bund abgeführt werden sollen. Da diese übertragenen Liegenschaften möglichst gewinnbringend bewirtschaftet werden sollen und ein entsprechendes Startkapital zur Verfügung steht – man muß ja auch die Betriebsmittel, die Maschinen und Geräte, die Kraftfahrzeuge sowie den Tier- und Pflanzenbestand, die ebenfalls in das Eigentum der Gesellschaft übergehen, berücksichtigen –, kann man schon einigermaßen zuversichtlich in die Zukunft dieser Gesellschaft blicken und feststellen, daß hier wohl keine Totgeburt geboren wurde.

Klar geregelt sind auch die Maßnahmen für die Dienstnehmer, und zwar sowohl jener, die in einem Beamtendienstverhältnis, als auch jener, die in einem Vertragsbedienstetenverhältnis stehen. Für diese Dienstnehmer, glaube ich, sind Regelungen getroffen worden, die allen entsprechen werden. Hier näher darauf einzugehen, würde sicherlich den Rahmen sprengen. Erwähnt sei nur, daß die Gesellschaft für die Beamten die Entschädigung an den Bund zahlen muß.

Es sollen in dieser Gesellschaft ein Geschäftsführer, ein zu bildender Aufsichtsrat und die Generalversammlung als Organe der Gesellschaft für die Erstellung eines Unternehmenskonzeptes und damit für die Erreichung der vorgegebenen Ziele, die ja Herr Kollege Pramendorfer zitiert hat, verantwortlich sein. Damit müßte wohl der Weiterbestand der drei Bundesversuchswirtschaften in Form dieser neuen Bundesversuchswirtschaften GesmbH gesichert sein.

Ich darf zum Schluß schon die Feststellung machen, daß die Ausgliederung jener Bereiche der öffentlichen Verwaltung, die keine hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen haben und als selbständige


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privatwirtschaftliche Betriebe geführt werden sollen – und um solche handelt es sich hier –, doch einer langjährigen Forderung der Sozialdemokraten entspricht. Daher wird meine Fraktion dieser Vorlage beziehungsweise dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, gerne und freudig ihre Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.53

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Peter Rieser. Ich erteile es ihm.

11.53

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Gesetzespaket, welches heute zu beschließen ist, hat meiner Auffassung nach viele Vorteile. Ich möchte versuchen, darauf hinzuweisen, welche Vorteile enthalten sind, und hier feststellen, daß gerade die Österreichische Volkspartei immer die Meinung kundgetan hat: Weniger Staat, mehr privat!

Lieber Herr Kollege Eisl! Auch eine Ausgliederung ist eine Form der Privatisierung (Bundesrat Eisl: Aber eine schlechte!) , wenn das in Hinkunft der Wirtschaftlichkeit dienlich ist. Nach der Privatisierungsphase in der verstaatlichten Industrie, nach der Ausgliederung der Post und der Österreichischen Bundesbahnen beschäftigen wir uns gegenwärtig mit der Ausgliederung der Bundesforste. Meine Vorredner haben bereits umfassend die Fakten kundgetan.

Die Substanz der Österreichischen Bundesforste wird damit langfristig verfassungsrechtlich abgesichert. Erlöse aus Liegenschaftsveräußerungen sind demnach zur Verbesserung der Substanz und zur Steigerung des von der Gesellschaft verwalteten Vermögens zu verwenden.

Zur aufgeworfenen Frage des Eigentumsrechtes der Länder an den Bundesforsten selbst wurde, Herr Kollege Eisl, unter Mitwirkung der Länder eine neutrale Formulierung gefunden. Es gibt sogar eine Ausschußfeststellung, was das Salzburger Problem anlangt.

Hohes Haus! Die Weidennützungs- und Einforstungsrechte bleiben aufrecht und sind auch per Verfassungsbestimmung abgesichert. Der betriebswirtschaftliche Nutzen dieser erworbenen Rechte hat gerade in der Region der Alpen große Bedeutung. Für den Bereich des Naturschutzes und der Ökologie wurde Vorsorge getroffen. Eine klare Kompetenzverteilung und Kostentransparenz sind gefordert. Wir haben gehört, daß 50 Prozent des Jahresüberschusses als Fruchtgenußentgelt durch die Gesellschaft an die Republik Österreich abzuführen sind.

Sehr zu begrüßen ist die Wasserrechtsgesetznovelle. Ich halte fest, daß gerade die Länder diese Novelle ständig gefordert haben. Natürlich hätte dieser Schritt mutiger ausfallen können. Wir sind jedoch mit diesem ersten Schritt einverstanden. Wir können damit leben. Ich verlange aber gleichzeitig, daß in Richtung Entbürokratisierung weitergearbeitet wird.

Abwasserreinigungsanlagen, kleiner als für zehn Einwohnergleichwerte, die am 1. Juli 1990 bestanden haben, gelten als bewilligt, wenn für sie eine baubehördliche oder inzwischen abgelaufene wasserrechtliche Bewilligung vorlag und wenn diese Anlage nachweislich auch ordnungsgemäß betrieben und instandgehalten wurde.

Viele Gemeinden haben Kanalisationsbauvorhaben in Planung beziehungsweise stehen vor deren Realisierung. Diese sind auch wasserrechtlich bewilligt. Meistens können aber aufgrund der angespannten finanziellen Situation der Gemeinden diese Anlagen nicht errichtet werden. Mit diesem Gesetz, aufgrund des nunmehrigen Rechtszustandes, haben gerade kleine Anlagen draußen in den Gemeinden für Einfamilienhäuser die Möglichkeit, bis das öffentliche Kanalnetz gebaut wird, weitergeführt zu werden. Ich bin überzeugt, daß sich die Länder und die Gemeinden im Interesse der Umwelt bemühen werden, wenn sie dafür auch die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, die Kanalnetze rasch auszubauen.

In diesem Zusammenhang möchte ich abschließend auch auf die Bemühungen des Herrn Bundesministers Molterer verweisen, die anderen EU-Mitgliedsländer dazu zu bewegen, den österreichischen Standard der Flüsse und der Grundwässer zu übernehmen. Wettbewerbsverzer


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rungen gerade im Bereich der Wirtschaft bei Standortfragen bringen uns viele Nachteile. Daher glaube ich, daß eine Anhebung des Standards in den anderen EU-Ländern dringend notwendig ist.

Herr Bundesminister! Einen aufrichtigen Dank dafür! Wir werden dieser Vorlage auch gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.59

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gottfried Waldhäusl. Ich erteile es ihm.

11.59

Bundesrat Gottfried Waldhäusl (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegen des Hohen Hauses! Ich möchte meinen Beitrag zum Thema Bundesforste damit beginnen, daß ich aus einem Schreiben des Verbands der Akademiker der Österreichischen Bundesforste – dieser ist sicherlich den meisten bekannt – zitiere. Es wurden unter dem Titel "Kahlschlag bei den Bundesforsten" einige Kritikpunkte geäußert, wo wir Freiheitlichen in die gleiche Kerbe schlagen und deretwegen wir auch heute dieses Gesetz ablehnen werden.

Ich möchte eingangs darauf hinweisen, daß wir Freiheitlichen – es wird immer wieder gesagt, das sei polemisch – schon meinen, daß der Finanzminister aufgrund der Ziele von Maastricht angehalten ist, seine Budgetlöcher zu stopfen. Wir Freiheitlichen sind jedoch nicht der Meinung, daß man den Staatswald als Mittel zur Geldbeschaffung heranziehen sollte.

Weiters kritisierten wir Freiheitlichen bereits – dies ist aus der heutigen Debatte hervorgegangen – die Art und Gestaltung des Aufsichtsrates in Form eines sechsköpfigen Teams, da ein Veto des Finanzministers letztendlich alle Entscheidungen blockieren kann.

Ich sage hier provokant: Man wird sich anschauen müssen, wie dieses sechsköpfige Team besetzt ist – wahrscheinlich aus drei Roten und drei Schwarzen. Aber das wird man dann sehen, das kann man heute noch nicht sagen. In einem Jahr werden wir darüber reden, und ich werde wahrscheinlich meine Meinung darin bekräftigt sehen, daß es sich um drei Rote und drei Schwarze handelt.

Worin der Sinn der Sache ist, wenn ein Veto des Finanzministers alle Entscheidungen blockieren kann, weiß ich nicht. Man könnte darüber reden, daß der Landwirtschaftsminister aus fachlicher Sicht herangezogen wird, aber dem Finanzminister sind beim Verkauf in punkto Geldbeschaffung letztendlich Tür und Tor geöffnet. (Bundesrat Ing. Penz: Genau umgekehrt!)

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Art und Weise, wie diese neue AG finanziell ausgestattet ist. Ich habe im Ausschuß bereits eine diesbezügliche Frage gestellt, nämlich: Wie wird es mit etwaigen finanziellen Belastungen ausschauen? – Es sind nicht direkt Summen genannt worden. Die Frage ist nicht in dieser Richtung beantwortet worden.

Heuer sind es zirka 100 Millionen Schilling, die die Bundesforste an den Staat abliefern. Und es gibt Schätzungen, die besagen, daß dieser AG nach der Ausgliederung ein Schuldenberg in Höhe von 750 oder über 1 000 Millionen Schilling – das weiß man noch nicht so genau – aufgebürdet werden wird, daß diese AG dann also mindest um die 700 Millionen Schilling an Schulden haben wird.

Es stellt sich daher die Frage: Wird sie dann auf dem Kapitalmarkt etwas verkaufen müssen? – Damit sie die Tilgung und die Zinsen begleichen kann, wird sie eben Grund verkaufen müssen. Oder wie wird sie in Zukunft wirtschaften?

Es ist ja heute schon das Wort "Totgeburt" gefallen, das nicht aus dem Mund der Freiheitlichen gekommen ist, sondern "Totgeburt" ist im Ausschuß entstanden, und stammt von Vertretern des Ministeriums, die gesagt haben, man wolle keine Totgeburt erreichen. Das wäre ja auch nicht sinnvoll und nicht richtig. Sie haben gesagt: Es wird sicher finanzielle Vorkehrungen geben müs


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sen beziehungsweise sind diese schon erledigt worden, damit es sich um keine Totgeburt handelt.

Unsere Kritik läuft jedenfalls darauf hinaus, daß es wahrscheinlich zu einer Totgeburt kommen wird. Herr Minister! Ich hoffe jedoch, daß Sie in dieser Frage recht haben. Ich hoffe das im Interesse aller. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Prähauser. )

Ich möchte jetzt etwas vom Verband der Akademiker zitieren. Es sind das also nicht die Worte Freiheitlicher, sondern von Leuten, die sich mit dieser Materie sicher sehr genau befaßt haben. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Prähauser. )

Sie sagen: 1925 haben die Beratungen über das Bundesforstegesetz eineinhalb Jahre gedauert, 1996 soll ein Husch-Pfusch-Gesetz – Zitat eines Begutachters – gemacht werden, das eher einem budgetmäßigen Taschenspielertrick gleicht. – Das sind eigentlich Worte, die wir Freiheitliche auch schon hier erwähnt haben. (Bundesrat Payer: Genauso aus der untersten Lade!)

Ich möchte schon sagen, wenn es heißt: Zitat eines Begutachters, so sind damit sicher nicht Leute gemeint, die aus der untersten Lade zitieren, sondern Leute, die sich mit dieser Gesetzesmaterie ein bißchen eingehender beschäftigt haben als Sie, Herr Kollege, wie dieser unsachliche Zwischenruf beweist. Dem kann man ja gar nicht Leute gegenüberstellen, die sich mit einem Gesetz beschäftigen, die ja, wie ich behaupte, sicher eine Ahnung von der Materie haben. Womit ich aber nicht behaupte, daß Sie keine Ahnung haben, sondern nur sagen, daß diese Leute sehr wohl eine Ahnung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Sie "zeichnen sich aus", daß Sie die Gesetze so gut kennen!)

Diese Akademiker schreiben abschließend, daß sich die Volksvertreter – wir alle sind ja Vertreter des Volkes und bekennen uns ja dazu – nicht zu Erfüllungsgehilfen degradieren lassen sollen. In diesem Sinne werden wir heute handeln, nämlich als Volksvertreter und nicht als Erfüllungsgehilfen! Es hat ja heute hier jeder bei der Abstimmung die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob er als Volksvertreter oder als Erfüllungsgehilfe agiert. Ich werde mir heute ganz genau anschauen, wer wohin tendiert, wie ernst es dem einzelnen wirklich mit seinem Mandat ist, ob er wirklich das Volk, das ihn entsandt hat, vertreten möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – So weit, so gut.

Es ist ja gesagt worden: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. (Zwischenruf der Bundesrätin Kainz. ) Kollege Pramendorfer hat ja schon die Späne, die gefallen sind, aufgezeigt. Er hat diese in einer wirklich fairen Art aufgezählt. Es geht zum Beispiel um Naturschutz.

In der Zeitung "Die Presse" konnte man lesen: Naturschutz wird unfinanzierbar! – Aufgrund dieser Sache. Wieweit man in dieser Hinsicht in diesem Gesetz Vorkehrungen getroffen hat, ist bereits erwähnt worden.

Ein Zitat aus den "Salzburger Nachrichten": Katastrophe für den Naturschutz im ganzen Land.

Ich bin froh, daß es dann nicht in diesem Ausmaß erfolgt ist, daß man durch die Einwendungen letztendlich doch einiges verhindern konnte. Es gab ja auch viele andere Presseberichte, in denen auf die Servitutsrechte hingewiesen wurde. Herr Minister, Sie selbst waren ja in Bad Ischl anwesend – das geht hier hervor –, wo darüber sehr intensiv diskutiert wurde.

Interessant war eine Wortmeldung – das steht auch in der "Presse", und ich möchte das jetzt zitieren –, in der sich jemand über den jetzigen Zustand beklagt hat beziehungsweise wissen wollte, wie es weitergehen wird.

Die Zahl der Arbeiter ist ja seit 1995 stark gesunken, auch jene der Angestellten – bei den Arbeitern waren es 78 Prozent, bei den Angestellten 31 Prozent. Interessant ist dabei, daß es in der Generaldirektion in diesem Zeitraum um 15 Prozent mehr Beschäftigte gegeben hat.


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Ich hoffe, Herr Minister, daß es in diesem Punkt aufgrund der Ausgliederung Vorteile in dieser Richtung geben wird, denn wir alle sind daran interessiert, die neue AG so schlank und sparsam wie möglich zu führen.

Über den Schuldenberg, der bei der Ausgliederung entstehen wird, gibt es in der Presse verschiedene Meldungen – von 360 Millionen aufwärts bis zu den eben von mir zitierten 700 Millionen.

Daß es einige Probleme mit den Ländern gibt, ist von Kollegen Pramendorfer und von Kollegen Eisl auch schon erwähnt worden. Das brauche ich jetzt auch nicht mehr zu erwähnen. – Salzburg hat von einer Enteignung gesprochen, die dann hoffentlich nicht stattfinden wird.

Ich möchte noch einen Grund, warum wir Freiheitlichen dieser Ausgliederung nicht unsere Zustimmung geben werden, erwähnen: Diese Ausgliederung bringt auch die Abschaffung der parlamentarischen Kontrolle mit sich. Die Tatsache, daß Vorstand und Aufsichtsrat richtungweisend entscheiden werden, bringt für uns Parlamentarier hinsichtlich der Kontrolle eine schlechte Entwicklung mit sich. Es kann ja nicht im Interesse von uns Bundesräten sein, daß wir heute freiwillig die Zustimmung dafür geben, daß wir in Zukunft nicht mehr mitreden dürfen. Es wäre das ja wirklich schizophren, wenn das heute jemand machen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Wissen Sie, was schizophren ist?)

Ein weiterer Grund ist der drohende Substanzverlust durch eine Sonderabfuhr des Unternehmens in Höhe der genannten 700 Millionen Schilling – oder auch mehr, das wird uns der Herr Minister heute noch sagen –, die zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden. – Darum werden wir dieses Gesetz heute ablehnen.

Als wir uns die Materie genau angeschaut haben, ist mir etwas aufgefallen – der Herr Minister wartet sicher schon darauf, daß ich das sage –, nämlich wie das Geld beschafft wird. Man spricht von 105 Millionen Schilling – man kann das im Budgetüberschreitungsgesetz nachlesen.

Es ist schon erwähnt worden, daß 50 Millionen Schilling auf Einlagen basieren, es gehen dann aber immer noch 55 Millionen Schilling ab, um auf die 105 Millionen Schilling zu kommen. Im § 1 des Artikels 4 steht ganz genau drinnen, wie die BundesversuchswirtschaftenAG diese 55 Millionen Schilling aufbringen wird, wie sie bereitgestellt werden. Und das ist der Punkt, gegen den wir Freiheitliche vehement protestieren, da wir mit dieser Vorgangsweise überhaupt nicht einverstanden sind, denn von diesen 55 Millionen Schilling kommen, meine Damen und Herren, 11 Millionen Schilling aus Einsparungen bei den Förderungen des gesamten Agrarbudgets aufgrund des niedrigen Zinsniveaus. Die restlichen 44 Millionen Schilling kommen dadurch zustande, daß es für die Landwirte bei den Produktions- und Flächenbeihilfen, bei den degressiven Förderungen in diesem Jahr eine Kürzung gegeben hat. Jetzt unterstelle ich dem Ministerium natürlich sofort, daß es schon vorher Kürzungen bei den degressiven Förderungen für die Bauern gemacht hat, um am Jahresende eine Ausgliederung der Bundesforste für 1997 zu finanzieren. Es stellt sich daher die Frage, meine Damen und Herren: Warum müssen die österreichischen Landwirte, die durch den EU-Beitritt geschädigt sind, eine Kürzung ihrer degressiven Zahlungen hinnehmen, um die Bundesforste zu finanzieren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Vorgangsweise ist, meine Damen und Herren, aus der Sicht der Freiheitlichen vehement abzulehnen. Den Worten der betroffenen Landwirte ist schon starke Kritik zu entnehmen. (Bundesminister Mag. Molterer spricht mit Bundesminister Mag. Klima. ) – Herr Minister! Ich bitte Sie, Ihr Plauscherl wieder einzustellen, denn es geht da um wirklich einschneidende Maßnahmen im Agrarbereich. (Rufe bei der ÖVP: Das ist unerhört!)

Herr Minister! Ich werde Ihnen nun sagen, was die Landwirte draußen zu dieser Umschichtung im Budgetbereich sagen, die auf Kosten der Bauern geht. Sie sprechen eindeutig von Verrat und Betrug, weil das Gelder sind, die den Bauern weggenommen wurden, um jetzt eine Einlage für die Bundesforste zu ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen unterstützen in keiner Weise Verrat und Betrug an Berufsgruppen! (Ah!-Rufe bei ÖVP und SPÖ.)


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Das Wasserrechtsgesetz betreffend möchte ich ganz kurz erwähnen, daß wir Freiheitlichen mit dieser Vorgangsweise nicht nur einverstanden, sondern über diese glücklich sind. Jeder, der diesem Haus angehört, weiß ja, daß ich mich in der Debatte über den Grünen Bericht in meiner Rede unter anderem damit beschäftigt habe. (Ruf bei der ÖVP: Die ist in die Geschichte eingegangen!) Ich habe damals Ihren Vertreter, Herr Minister, da Sie abwesend waren, ersucht, daß Sie noch heuer eine Lösung für die Betroffenen finden. Es weiß ja jeder, daß speziell die Freiheitlichen in den Ländern, insbesondere durch ihre Landesräte, seit Beginn dieses Jahres vehement darauf drängen, daß beim Wasserrecht endlich etwas geschieht.

Ich spreche nur von Niederösterreich. Jeder weiß, daß Landesrat Schimanek schon seit seinem Amtsantritt darauf pocht, daß das Ministerium und die Betroffenen endlich im Interesse der Bürger handeln.

Es freut mich daher außerordentlich, daß es heute gelingt, dieses Gesetz mit diesem Inhalt zu verabschieden. Ich möchte gar nicht darauf eingehen, daß es im Vorfeld im Nationalrat ein politisches Hickhack gegeben hat, bis zum Geschäftsordnungsbruch. Ich stelle hier eindeutig fest, daß ich froh bin, daß dieses Gesetz über die Runden geht.

Ich komme nun zum nächsten Punkt, zur Reduktion der Emissionen bis zu 92 Prozent – es ist jetzt nicht mehr, und man will in diesem Punkt auch nicht mehr machen. Ich bin auch diesbezüglich der Meinung, daß es sinnvoll war, dieses Jahr noch etwas zu tun, da wir ja, wie wir wissen, noch sehr viele Gemeinden haben, speziell im ländlichen Raum, die noch keine Abwasserreinigung haben. Wir brauchen daher das Geld wirklich dringend, um es in diesen Gemeinden einzusetzen – jeden Schilling –, denn dies ist besser, als es in sündteuere Investitionen zu stecken, um die Differenz zwischen 93 Prozent und 98 Prozent auszugleichen.

Ein diesbezügliches Positionspapier der Freiheitlichen liegt schon auf. Wir haben immer wieder gesagt, daß endlich gehandelt werden sollte. Umso mehr freut es uns daher heute, daß diese Regelung heute zustande kommt, wenn es auch im Vorfeld ein politisches Hickhack gegeben hat. Wir Freiheitlichen stellen uns in dieser Sache immer auf die Seite der betroffenen Bürger, lassen Hickhack und politisches Kleingeld beiseite (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), weil wir der Meinung sind, daß die betroffenen Bürger nicht das politische Kleingeld zahlen sollten.

Abschließend habe ich noch zwei Fragen an den Minister, und zwar: Gibt es zur neuen Wasserrichtlinie, die von der EU-Kommission ausgearbeitet wird, seitens des Bundesministeriums schon eine Fassung, beziehungsweise was sieht diese Richtlinie für die Landwirtschaft wirklich vor? Wird es Ausnahmeregelungen geben, beziehungsweise sind aufgrund dieser Wasserrichtlinie verschärfte Bestimmungen für die Landwirte im Hinblick auf Zahlungen für entsprechende Umweltmaßnahmen zu erwarten? (Bundesrat Ing. Penz: ... warum fragen Sie dann?)

Herr Kollege Penz! Das ist heute der einzige Zwischenruf, den ich wirklich ernst nehme. Sie können sich darüber freuen, daß ich gerade einen von Ihnen dazu auserwählt habe. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Penz! Ich frage deswegen, weil wir Freiheitlichen wirklich so Demokraten sind (neuerliche Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) , daß wir im Gegensatz zu anderen zu Ministern und Landesräten stehen und deren Aussagen ernst nehmen. Ich könnte jedoch aus der Presse zitieren und damit aufzeigen, wie Sie immer wieder über Landesrat Schimanek schimpfen und zu einem gewählten Landesrat stehen. Ich werde nicht auf dieses Ihr Niveau eingehen. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Ich akzeptiere unseren Minister, und wenn es die Möglichkeit gibt, daß ich von einem Minister Auskunft erhalten kann, dann nütze ich diese, denn dafür sprechen zwei Seiten: Erstens muß er mir heute hier die Wahrheit sagen – das ist etwas sehr Wichtiges für mich –, denn er kann nicht lügen, und zweitens wird man ja gescheiter werden dürfen. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir Freiheitlichen – Herr Kollege Penz, das unterscheidet uns beide konkret voneinander – bilden uns weiter und legen es auch darauf an, gescheiter zu werden. Bei Ihnen, Herr Kollege Penz, ist dieses Vorhaben wahrscheinlich vor zehn Jahren irgendwo stehengeblieben, und jetzt


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gehen Sie nur mehr ein und aus. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Penz: Das ist ein Ordnungsruf!)

Herr Kollege Penz! Die Ordnungsrufe erteilt in diesem Haus der Vorsitzende – das wissen Sie genauso wie ich –, aber sicher nicht Sie!

Ich komme jetzt zum Schluß meiner Ausführungen und möchte mich abschließend für die große Aufmerksamkeit bedanken – sie zeigt deutlich die vorweihnachtliche Stimmung in diesem Hause. Sonst werde ich immer – das bin ich gewohnt – drei- oder viermal unterbrochen. Ich bedanke mich heute recht herzlich für die Aufmerksamkeit und die rege Teilnahme an der Diskussion (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) und bitte Sie, Herr Minister, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir dem Forstgesetz nicht zustimmen können und beim Wasserrechtsgesetz dem betroffenen Bürger zur Seite stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.18

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Johann Payer. Ich erteile es ihm.

12.19

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ich habe ein besonderes Glück: Ich habe das Glück, meistens nach Herrn Kollegen Waldhäusl zu sprechen. (Bundesrat Dr. Linzer: Ob das ein Glück ist?) Aber haben Sie keine Angst: Meine Wortmeldung wird sich nur auf die Tagesordnungspunkte 3 und 4 beschränken.

Einen Satz kann ich mir aber nicht verkneifen: Kollege Waldhäusl hat dargestellt: einerseits Volksvertreter – andererseits Erfüllungsgehilfen. Ich bemühe mich, ein ordentlicher Volksvertreter zu sein, und ich scheue mich auch nicht, zu sagen, daß ich gerne Erfüllungsgehilfe der Regierung bin, wenn es sich um positive Maßnahmen für die Bevölkerung handelt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Prähauser: Bravo! – Bundesrat Dr. Tremmel: Es ist beachtlich, Herr Kollege Payer, daß Sie Ihren Auftrag relativieren!)

Ich möchte mich wirklich nur sehr kurz mit der Änderung des Wasserrechtsgesetzes beschäftigen.

Es handelt sich dabei um einen Selbständigen Antrag der Regierungsparteien im Nationalrat. Obwohl von beiden Tagesordnungspunkten, mit Punkt 3 und Punkt 4, nur ein einziger Paragraph, nämlich § 33, betroffen ist, ist diese vorgesehene Änderung wichtig.

Es geht dabei um eine Fristverlängerung für die Sanierung von Hauskläranlagen. Diese Fristverlängerung ist wegen der Ausgabendynamik, die es bei der Abwasserentsorgung gibt, für die Betroffenen von größter Wichtigkeit.

Man muß zugeben, daß es sich dabei um einen Aufschub des Problems handelt und daß es dabei um gewisse Nachsichten geht. Dies ist besonders für jene ländlich strukturierten Gebiete von Belang, in welchen eine Erstausstattung mit Kanal fehlt und keine taugliche Alternative zu den bestehenden Kleineinleitungen existiert.

Die bisher bereits bestehende Frist wird nunmehr einheitlich bis Ende 1998 ausgedehnt und eine weitere Erstreckung ist unter gewissen Voraussetzungen bis 2005 möglich. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Wer in der Kommunalpolitik tätig ist – zahlreiche Bürgermeister und Gemeinderäte sitzen ja hier im Hohes Haus –, weiß, daß es bei der Abwasserentsorgung in den letzten Jahren zu einer Ausgabendynamik gekommen ist, die für die Gemeinden beinahe nicht zu schaffen ist.

Ich möchte diese angesprochene Ausgabendynamik durch einige statistische Daten veranschaulichen. Besonders dramatisch waren die Ausgabenzuwächse für die Abwasserentsorgung für die 211 Kleinstgemeinden, sprich Gemeinden bis zu 500 Einwohnern. Die durchschnittlichen


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jährlichen Ausgaben der Gemeinden pro Einwohner für Abwasser haben sich zwischen 1992 und 1995 von 2 170 S auf 4 620 S erhöht, also mehr als verdoppelt. Prozentmäßig ausgedrückt bedeutet das eine Steigerung von plus 112,37 Prozent.

Hinter diesem Sprung verbirgt sich einerseits ein aufgestauter Nachholbedarf und andererseits ein Kostennachteil für Kleinstgemeinden mit geringer Besiedelungsdichte. Im österreichischen Durchschnitt sind die Pro-Kopf-Ausgaben der Gemeinden für Abwasser real von 1 120 S auf 1 910 S gestiegen. Wir müssen auch beachten, daß im Abwasserbereich das Spitzenlastproblem sehr deutlich durchschlägt, was insbesondere Fremdenverkehrsregionen zu spüren bekommen.

Wenn wir einen Blick auf die Entwicklung der Abwasserentsorgung werfen, dann können wir feststellen, daß 1981 in ganz Österreich weniger als 60 Prozent der österreichischen Bevölkerung an ein Abwassernetz angeschlossen waren. In den folgenden zehn Jahren konnte dieser Versorgungsgrad auf 71 Prozent erhöht werden. Rechnet man zu diesem Niveau die in den letzten drei Jahren – ich meine 1993 bis 1995 – von der Kommunalkredit zugesicherten Projekte hinzu, dann kommt man auf einen Versorgungsgrad von fast 80 Prozent – also insgesamt eine großartige Leistung.

Meine Damen und Herren! Es ist ein Faktum, daß mittlerweile sechs Jahre ohne maßgebliche Verbesserungen der für die Gemeinden einschneidenden Bestimmungen in der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 vergangen sind. Faktum ist weiters, daß sich das Wasserrechtsgesetz aus der Mühlenverordnung des vorigen Jahrhunderts entwickelt hat. Faktum ist auch, daß das Wasserrechtsgesetz in erster Linie ein Wasserwirtschaftsgesetz und nicht primär ein Wasserschutzgesetz oder gar ein Altlastensanierungsgesetz ist. Vernünftiges Haushalten mit dem Wasser schließt freilich auch Schutzbestimmungen mit ein.

Die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 ging dabei insbesondere auf dem Abwassersektor zu weit und stellte viele Gemeinden vor unlösbare Probleme. Einerseits stellte sich nämlich heraus, daß das Gesetz vielfach strenger vollzogen wurde, als es sich der Gesetzgeber vorgestellt hatte, andererseits war das Fehlen von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen ein großes Problem. Die Behörde fragte oft nicht, ob für die angeordnete Maßnahme ausreichend Fördermitteln zur Verfügung seien. Beim Einsatz der knappen Mittel für die Siedlungswasserwirtschaft wurde nicht geprüft, wie diese sinnvoll eingesetzt werden konnten.

Ich glaube, daß eine flächendeckende Erstausstattung auch im Abwassersektor vor der Erhöhung des Wirkungsgrades bestehender Anlagen stehen sollte. Hier stimme ich zum Teil auch mit Kollegen Waldhäusl überein.

Es darf aber nicht sein – das ist meine persönliche Meinung –, daß politische Verantwortungsträger auf Gemeindeebene durch überzogene Forderungen bezüglich des Wirkungsgrades von Wasserentsorgungsanlagen kriminalisiert werden. Mit dem Wasserrechtsgesetz wird sich ganz sicher der zukünftige Konsultationsmechanismus zu beschäftigen haben.

Es darf künftig nicht mehr möglich sein, durch Gesetze und Verordnungen einer Gebietskörperschaft der anderen ohne deren Zustimmung finanzielle Belastungen aufzubürden. Nicht verkraftbare Belastungen sowohl für den Bund als auch für die Länder und Gemeinden müssen hintangehalten werden. Wir brauchen einen wirksamen Riegel gegen eine weitere Überschuldung und leisten damit auch einen wesentlichen Beitrag für die Erfüllung der Maastricht-Kriterien.

Klar muß uns aber auch sein: Damit dieses System in der Praxis funktioniert, bedarf es des guten Willens aller Vertragspartner. Der Konsultationsmechanismus darf kein Hebel sein, um unter dem Vorwand des Sparens wichtige und notwendige Maßnahmen und Entwicklungen zu blockieren.

Abschließend erlaube ich mir noch festzustellen, daß die sozialdemokratische Fraktion gegen die heute vorliegenden Änderungen im Wasserrechtsgesetz keinen Einspruch erheben wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.27


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schaufler. – Bitte.

12.27

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Minister! Bevor ich auf meine eigentlichen Ausführungen eingehe, möchte ich einen Satz vorwegschicken. Ich habe selten im Leben Anlaß gehabt, mich bei der F für etwas zu bedanken, aber seit ich hier bin und ein Bundesrat der F vorhanden ist (Bundesrat Eisl: 14 sind wir!), bin ich manchmal dankbar für eine Rede, weil sie immer für Heiterkeit sorgt und für sonst eigentlich nichts. – Das wollte ich doch einmal angemerkt haben.

Die Zeiten seiner Durchlaucht, wie "profil" vor vielen Jahren zum Problem Österreichische Bundesforste geschrieben hat – es ging um einen Land- und Forstwirtschaftsminister – waren schlußendlich Auslöser der Diskussion, was kann mit den Staatsforsten, mit den Bundesforsten in der Zukunft passieren?

Nach jahrelanger Diskussion gibt es ein Ergebnis. Ich darf ganz klar feststellen: Das vorliegende Ergebnis ist ein gutes Ergebnis. Wenn man etwas als gut bezeichnet, muß man sich auch fragen: Warum konnte es so gut werden?

Der Herr Minister für Land- und Forstwirtschaft und sein Mitarbeiterteam haben unter äußerstem Zeitdruck gearbeitet, aber dennoch immer dafür gesorgt, daß alle Interessierten und Betroffenen bei der Gesetzeswerdung mitarbeiten konnten. (Bundesrat Eisl: Zehn Jahre unter äußerstem Zeitdruck!) Die Interessenvertreter haben auch in der kurzen Zeit ihre Überlegungen, ihre Stellungnahmen einbringen können, und dafür möchte ich ein besonderes Dankeschön, dir, Herr Minister, und deinem Team aussprechen.

Die Österreichischen Bundesforste oder auch die Aktiengesellschaft sind und bleiben der größte Waldbesitzer Österreichs. Die 580 000 Hektar Wald wurden schon angesprochen. Interessant ist – das wiederhole ich noch einmal –, daß es zwei Drittel Wirtschaftswald und ein Drittel Schutzwald gibt. Diese sind natürlich zu betreuen, und das braucht Fachkräfte. Ich stelle ganz klar fest: Die Österreichischen Bundesforste und auch die Aktiengesellschaft werden diese Fachkräfte haben – noch haben.

Ich glaube aber, daß das künftige Unternehmen, die künftige AG, der derzeit etwa 2 300 Dienst- oder Arbeitsplätze unterstehen und Dienstnehmer vorhanden sind, gut beraten sein wird, ihr Augenmerk auf die Ausbildung eigener Fachkräfte zu legen, für Lehrlinge und dergleichen vorzusorgen, damit auch wieder vermehrt Forstadjunkten eingestellt werden können.

Das ist eine Investition in die Zukunft, und es gibt ja das Sprichwort: Wer in Aus- und Weiterbildung investiert, investiert in die Zukunft, und dem gehört diese Zukunft auch. – Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Die Ausgliederung und ihre Ziele sind klar. Ich begrüße die Erhaltung der Substanz und Substanzverbesserung als Verfassungsbestimmung, daß nicht einmal etwas passiert, sondern daß dafür gesorgt ist, daß die Substanz des Staatswaldes – wenn man so möchte – übergeführt in eine AG doch Bestand hat und im nächsten Jahrtausend noch vorhanden sein wird.

Die Erhaltung der Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung ist im Gesetz garantiert und ist dazu eine Garantie, daß wir auch in Zukunft gesundes Wasser, gesunde Luft und eine saubere, gut erhaltene Natur vorfinden. Dieses Gesetz ist auch Garantie und Sicherung der Ressourcen an Natur und Wasser.

Bei dieser Ausgliederung sind natürlich viele Interessenlagen zu berücksichtigen gewesen, so auch die Interessen vieler Bergbauern, die Interessen der Tourismuswirtschaft oder der erholungssuchenden Menschen. Und wenn es vielleicht in Zukunft etwas leichter gelingen wird, Zugang zu Seeufern und dergleichen zu bekommen, dann begrüße ich das.


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Was auch im Gesetz verankert ist, ist, daß die Bundesforste AG in Zukunft an Naturschutzprogrammen und Nationalparks mitwirken soll. Das ist ebenso gut gewählt.

Ein weiteres Ziel, das heute schon kurz angesprochen wurde, ist, daß auch in der Wildbewirtschaftung ökologisches Gleichgewicht vorherrschen soll. Das heißt im Klartext, daß der Wald grundsätzlich auch Heimat der wildlebenden Tiere sein und bleiben muß, daß es aber auch klare Obergrenzen des Wildbestandes geben muß, um Schäl- und Verbißschäden hintanzuhalten. Ganz auszuschließen wird das nie sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube aber auch, daß es für künftige Generationen ein Ziel sein muß, die Vielfalt an Flora und Fauna zu erhalten. Manchmal mache ich mir diesbezüglich schon Sorgen, weil ich in meiner täglichen Tätigkeit doch auch tiefer in Forstverwaltungen und Reviere hineinsehe, und es gibt bedauerlicherweise das eine im Übermaß und auch das andere. Manchmal ist es so, daß große Verwaltungen kaum noch Schalenwild aufweisen können, daß in die Bestände des Wildes zu tief eingegriffen wurde. Ich sage es aber auch ganz klar, es gibt auch das andere, wo durch Höchstbestände der Wald gefährdet ist. Ich glaube, hier ist die Ziellinie, ein ausgeglichenes Verhältnis zu finden, der richtige Weg.

Was mich ganz besonders freut, ist, daß die Dienstnehmer, die derzeit dort ihren Arbeitsplatz haben – ich betone nochmals: zirka 2 300 –, mit allen Rechten und Pflichten übernommen werden konnten, daß eine der Grundsäulen – die eigene Kollektivvertragsfähigkeit – auch in Zukunft gegeben sein wird, daß als nächstes die Bildung eines österreichweiten Zentralbetriebsrates gewährleistet ist und daß die Zugehörigkeit zur gesetzlichen Interessenvertretung wie bisher aufrechtbleibt.

Natürlich hat sich das Team und der Herr Minister auch einer Reihe von Problemen gegenüber gesehen. Das sogenannte Salzburger Problem, das ja seit einem dreiviertel Jahrhundert besteht, konnte dennoch so gelöst werden, daß alle zufrieden sind. Diese Klippe wurde klar und deutlich umschifft, damit die AG mit 1. 1. 1997 ihre Tätigkeit aufnehmen kann.

Ein großes Problem stellt auch Abs. 2 im § 1 dar, bei dem es darum geht, daß auch andere Flächen des Bundes in die Verwaltung der Bundesforste AG übertragen werden können. Ich bin froh, daß es nunmehr die Formulierung "können" geworden ist, denn hier sehe ich doch als Kenner beider Situationen – ich werde das noch etwas näher ausführen – eine Reihe von Problemen. Wenn ich an die Heeresforstverwaltung Allentsteig denke und die sonstigen Aufgaben und Ziele der Bundesforste laut Gesetz und auch bisher vor mir sehe, dann ist es für mich unvereinbar, daß hoheitliche Aufgaben des Bundesheeres, des Militärs mit wirtschaftlichen Zielüberlegungen der Bundesforste in Einklang gebracht werden können. Ich warne die Österreichische Bundesforste AG vor Übernahme dieser Flächen, denn es würde zu ständigen Reibereien führen, und ich glaube, daß die Trennung, wie wir sie bisher kennen, für beide Seiten das Beste ist.

Der Minister und sein Team mußten sich auch mit krausen Ideen herumschlagen. So zum Beispiel mit der generellen und kostenlosen Zurverfügungstellung von Forststraßen für die relativ kleine Gruppe der Mountainbiker. Auch das wurde bewältigt, und es wurde gut bewältigt.

Ich habe an und für sich die Hoffnung, daß sich die bisherige jahrelange Tendenz, Entscheidungen mehr und mehr in den Zentralbereich zu verlagern, in Zukunft etwas ändern wird, damit den modernen Grundsätzen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung in unterschiedlichen geographischen Lagen Rechnung getragen wird, daß rasche Entscheidungen vor Ort gefällt werden können. Ich weiß, daß das hochqualifizierte Forstpersonal bereit ist, Entscheidungen zu treffen und auch die Verantwortung zu übernehmen, so wie es einem modernen Management entspricht.

Die Förster, im speziellen die Staatsförster, haben das bei ihrem Förstertag im Oktober 1996 in Krems klar zum Ausdruck gebracht und eine Resolution verabschiedet, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.


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Resolution: Gebietsmanagement durch den Förster: Im Grundsatz stimmen die Staatsförster mit den für die österreichischen Bundesforste formulierten Leitlinien der Unternehmensentwicklung mit der vorgesehenen Dezentralisierung, Deregulierung, Kostentransparenz, Kostenverantwortung und dergleichen überein. Wir erwarten die konsequente Umsetzung dieser Vorgaben und sehen als eine Ebene des gebietsbezogenen Managements den Försterbezirk an. In diesem Bereich wird nach unserer Meinung umfangreiche operative Arbeit geleistet. Um aber die geplanten Reformen erfolgreich zu realisieren, halten wir es für notwendig, den örtlich oft sehr differenzierten Aufgabenumfang für das Gebietsmanagement Försterbezirk anläßlich der Umsetzung des Organisationskonzeptes klar zu definieren und die Organisationsgröße flexibel darauf abzustimmen.

Die Staatsförster vertreten den Standpunkt, daß das gebietsbezogene Management letztlich am kostengünstigsten durch den Förster wegen seiner Effizienz und Motivation bei gleichzeitig flexibler Arbeitszeit erfüllt wird. Der Förster ist auch Imageträger des Betriebes in der Öffentlichkeit. In diesem Sinne sollte auch die Öffentlichkeitsarbeit hier verstärkt werden.

Unter diesen Gesichtspunkten wird der Vorstand der Österreichischen Bundesforste gebeten, auch angesichts der herrschenden Arbeitslosigkeit für den forstlichen Nachwuchs wieder Forstadjunkten wieder aufzunehmen und diese wie auch Förster für die Unterstützung des gebietsbezogenen Managements Försterbezirk einzusetzen. – Soweit die Resolution.

Ich bringe meiner Hoffnung nochmals Ausdruck, daß die Entscheidungen schlußendlich ausgelagert werden, damit eine positive Entwicklung der Österreichischen Bundesforste AG gewährleistet wird.

Damit möchte ich den Bereich der Bundesforste schon abschließen und auch ein paar Worte zu den Bundesversuchswirtschaften, zur Umwandlung in eine GesmbH – Wieselburg, Fuchsenbigl und Königshof – anmerken. Der Königshof hat sicherlich eine etwas andere Grundvoraussetzung als die beiden vorgenannten.

Ich finde es als eine klare Entscheidung der Vernunft, daß Äcker von den Österreichischen Bundesforsten zu der Bundesversuchswirtschafts GesmbH wandern – wenn man so möchte – und Wald von der GesmbH zu den Bundesforsten. Das ist eine vernünftige Regelung. Ich glaube, daß diese tatsächlich von Erfolg gekrönt sein wird.

Die Bundesversuchswirtschaften haben in der Vergangenheit eigentlich bewiesen, daß sie durch ihre Versuchsreihen in besonders hohem Maße an der Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft Anteil haben. Die Bildung einer GesmbH führt meines Erachtens zu höherer Flexibilisierung, damit zu schnelleren Entscheidungen, womit sicher auch der Verwaltungsaufwand verringert werden kann. Wichtig ist meines Erachtens auch, daß die GesmbH auch künftig Versuchsreihen durchführt und vielleicht noch im höheren Ausmaß als bisher, damit für die allgemeine Landwirtschaft, wenn Sie so wollen, eine weitere positive Entwicklung zur Produktion naturnaher, gesunder Lebensmittel ermöglicht wird.

Positiv möchte ich auch noch erwähnen, daß das Zusammenwirken von der Ausbildungsstätte Francisco Josephinum und der Bundesversuchswirtschaft GesmbH auch in Zukunft ermöglicht wird, denn diese Gesellschaft bleibt auch in Zukunft für das Josephinum in gewisser Weise Schulwirtschaft.

Ich hoffe im Sinne der in der Bundesversuchswirtschaft Beschäftigten, daß es nur zu kleinen Reduzierungen der Anzahl der Arbeitsplätze kommt, und ich weiß, daß auch hier in Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen die Rechte der Dienstnehmer gewahrt werden konnten.

Obwohl durch die Ausgliederung von der Bundesversuchswirtschaft und Bildung einer GesmbH die Bundesversuchswirtschaft dennoch nicht in die Lage versetzt wird, an kofinanzierten Förderungen teilzunehmen, scheint mir doch eine positive Entwicklung und der Weiterbestand gesichert.


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Herr Bundesminister! Nochmals danke ich für die Möglichkeit, daß auch die Interessen der Arbeitnehmer so klar gewahrt wurden. Ein herzliches Dankeschön und in der Zukunft viel Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es hat sich Herr Bundesrat Dr. Tremmel zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet.

Herr Bundesrat! Ich mache darauf aufmerksam, daß Sie, wenn Sie wollen, auch vom Platz aus sprechen können. – Bitte.

12.42

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark) (zur Geschäftsordnung): Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzter Vorredner! Ihre ersten drei Sätze sind der Anlaß, daß ich mich hier zur Geschäftsordnung zu Wort melde, weil Sie meinten, daß die Feststellungen des Kollegen Waldhäusl, man möge den syntaktischen Fluß der Sprache bewerten, wie man will (Bundesrat Ing. Penz : Den kann man auch bewerten!) , für Heiterkeit gesorgt haben und daß Sie aus diesem Grund endlich einmal Anlaß zur Freude mit der F-Fraktion haben. Das zweite unterstreiche ich.

Ich weise darauf hin, daß der Hinweis des Kollegen Waldhäusl durchaus richtig war. Er bezieht sich auf entsprechende Bestimmungen der Geschäftsordnung, nämlich auf die Redeordnung, siehe § 47 Geschäftsordnung, in dem festgehalten ist, daß die Debattenredner, wenn sie zu Wort gemeldet sind, reden können und erst dann der nächste reden kann. Ich weise auf § 52 der Geschäftsordnung hin, in dem die Redeplätze festgehalten sind, daß etwa auch Regierungsmitglieder von ihren Plätzen aus oder von der Berichterstattungsbank aus sprechen können, und zwar nur dann sprechen können, wenn sie dazu aufgefordert sind, meine Damen und Herren!

Warum mache ich diese Feststellungen? – Weil langsam, aber sicher manchmal der Eindruck entsteht, meine Damen und Herren, dieser Bundesrat sei ein Durchgangshaus, und hier könnten Debatten und Reden von Nichtmitgliedern des Bundesrates abgehalten werden. Das muß eingestellt werden, die Würde dieses Hauses verdient es! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jaud. – Bitte.

12.44

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Am Beginn möchte ich festhalten, daß, wie aus der bisherigen Diskussion zu hören war, die F gegen die Ausgliederung der Bundesforste ist, weil die Bundesforste damit dem Einflußbereich des Parlaments, sprich dem Einflußbereich der Parteien entzogen werden. (Bundesrat Weilharter: Der Kontrolle, Herr Kollege!) Somit ist die F gegen Privatisierung, weil damit der Parteieneinfluß verringert wird. (Bundesrat Eisl: Aber, Herr Kollege, der Proporz sichert der Partei den Vorsitz!) – Bitte, kontrollieren Sie das Protokoll!

Wir von der ÖVP hingegen sind gerade deshalb für die Privatisierung, weil damit der Parteieneinfluß hintangehalten wird. Nach meiner Auffassung ist sogar die Privatisierung bei den Bundesforsten etwas zu gering ausgefallen, denn Privatisierung bedeutet eine möglichst freie Verfügung über alle Geschäfts- und Vermögensbereiche. Eine langfristige, verfassungsrechtlich abgesicherte Substanzerhaltung im Staatsbesitz widerspricht aber nach meiner Auffassung ganz eindeutig der Absicht einer echten Privatisierung.

Herr Minister! Mir ist schon bewußt, daß als erster Privatisierungsschritt eine andere Lösung nicht möglich war. Die derzeitigen Geschäftspraktiken der Österreichischen Bundesforste – sie treten als Verkäufer von nichtbewaldeten landwirtschaftlichen Flächen auf und machen durch Aufforsten dieser Flächen eine Waldfläche daraus – führen dazu, daß die Waldfläche


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Österreichs in den letzten Jahren nicht unerheblich zugenommen hat. Es ist also keine Rede vom Raubbau am österreichischen Wald.

Diese Substanzerhaltungspflicht könnte dieser Tendenz in den nächsten Jahren noch verstärkt Rechnung tragen. Dabei treten die Bundesforste vor allem im Almbereich als Konkurrenten und auch – um es vorsichtig auszudrücken – als Preistreiber von landwirtschaftlichen Grundstücken auf.

Sie, verehrter Herr Minister, sollten das nach Möglichkeit verhindern, denn die karge Almbewirtschaftung läßt keine hohen Grundpreise zu, wodurch die Gefahr besteht, daß immer mehr Almen aufgeforstet werden. Damit würde aber gerade die Landschaft Tirols erheblich verändert werden, und dies ist nicht im Interesse von uns Tirolern.

Es wird die bäuerliche Kultur Tirols ganz besonders durch ein in Jahrhunderten entstandenes gesundes Verhältnis von Wald, Weide und Almwirtschaft geprägt. Der dadurch entstandene ganz besondere Reiz unseres Landes sollte auch in Zukunft im Interesse von uns allen und besonders im Interesse von uns Tirolern erhalten bleiben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

12.48

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze zu diesen drei wichtigen Blöcken Stellung nehmen.

Zur Ausgliederung der Bundesforste: Ich halte es für notwendig, klarzustellen, es ist tatsächlich eine Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste, die zwei Zielen dient, nämlich der Erhaltung der Substanz dieses für Österreich so wichtigen Eigentums und gleichzeitig dem Auftrag der wirtschaftlich effizienten Führung.

Ich möchte in dieser Diskussion noch einmal aus meiner Sicht klar Stellung nehmen zur Frage Privatisierung respektive – ich gehe davon aus, daß die Debatte eigentlich das meint – Verkauf an Private. Warum halte ich das in diesem Fall nicht für richtig und sinnvoll? – Weil wir klarstellen müssen, wovon wir reden.

Erstens: Es ist immerhin ein Zehntel der Landesfläche davon betroffen. Es sind davon wichtige Kulturgüter betroffen, ich denke etwa an das Schloß Lamberg bei mir zu Hause in Steyr oder etwa an das Münster in Neuberg, das auch bekannt sein dürfte.

Es sind wichtige Einrichtungen betroffen, wie etwa der Schutzwald, der besondere Relevanz hat.

Angesichts der Debatte, die heute in diesem Haus geführt wurde, frage ich mich, wie das zusammenpaßt, zu sagen, es sei die Frage der Eigentumsrechte eines Landes nicht geklärt, und gleichzeitig von Privatisierung zu sprechen.

Es wird die Erhaltung des Schutzwaldes und der Ausbau der Tätigkeiten für den Schutzwald und gleichzeitig ein Verkauf an Private gefordert, wobei logischerweise ein Verkauf an Private bedeuten würde, daß die interessanten Flächen verkauft werden, nämlich der Wirtschaftswald, und was übrigbleibt, wären die kostenträchtigen Elemente, nämlich der Schutzwald.

Es ist beispielsweise in der Debatte die Frage gestellt worden, ob für die Eingeforsteten genug getan ist, gleichzeitig wird die Privatisierung gefordert, nämlich der Verkauf an Private. Wie paßt das zusammen? – Es wird gesagt, man muß öffentliche Interessen wie etwa Seeuferzugang sicherstellen, und gleichzeitig wird der Verkauf an Private gefordert. Wie paßt das zusammen?

Wenn man den Verkauf an Private will, dann sollte man sich vorher einmal überlegen, was Bundesforstebesitz bedeutet. Darin sind unter anderem der Traunsee oder beispielsweise der


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Ossiacher See beinhaltet. Man sollte sich also sehr gut überlegen, was man wirklich meint, wenn man diese Diskussion führt.

Ich halte fest, daß das, was hier geschieht, daß dieser wichtige Schritt ein richtiger Schritt im Sinne der Erhaltung dieser Substanz ist, aber gleichzeitig der Auftrag ist, wirtschaftlich geführt zu werden.

Zu einigen Fragestellungen möchte ich noch im Zusammenhang mit dem Bundesforstegesetz Stellung nehmen.

Erstens: Es ist mit der Ausschußfeststellung eine Klarheit geschaffen, daß die Rechtspositionen des Bundeslandes Salzburg und des Bundes durch diesen Schritt nicht endgültig geklärt sind, was gleichzeitig auch bedeutet, daß dem Land Salzburg und dem Verfassungsgesetzgeber auch in Zukunft jegliches Handeln ermöglicht bleibt. Ich halte das für wichtig, auch im Interesse der Gebietskörperschaft, nämlich des Landes Salzburg.

Es wurde die Frage hinsichtlich des Katastrophenfonds und der finanziellen Auswirkung auf die Länder gestellt. Es ist auch mit einer Ausschußfeststellung klargestellt, daß in bezug auf den Katastrophenfonds die Finanzierung durch die Länder durch diese Regelung nicht verändert wird, weil der Großteil dieser Flächen weiterhin im Besitz des Bundes bleibt und damit letztendlich die im Vermögen des Bundes bleibenden Flächen nicht in der Länderfinanzierung beim Kat-Fonds berührt sind.

Es ist die Frage betreffend der Eingeforsteten gestellt worden, und ich kann Ihnen sagen, daß meine Diskussion mit den Eingeforsteten von dort klar ergibt, daß sie mit den Regelungen zufrieden sind, daß sie einen Wunsch haben, der nicht erfüllt wird – das sage ich auch ganz offen dazu –: Sie als Eingeforstete wollten nämlich im Aufsichtsrat einen Vertreter haben. Dieser Wunsch wurde nicht erfüllt, im Gegenzug dazu wurde aber in der Ausschußfeststellung – auch im Einvernehmen mit den Eingeforsteten – festgehalten, daß der Vorstand vor allen wichtigen Entscheidungen mit den Eingeforsteten Verhandlungen zu führen hat. Alle anderen Wünsche der Eingeforsteten sind berücksichtigt worden.

Es ist auch klargestellt, daß die Aufgaben und Ziele rechtlich gleichrangig, also einfachgesetzlich geregelt sind, und der Abänderungsantrag im Landwirtschaftsausschuß des Nationalrates hat diese Wünsche entsprechend berücksichtigt.

Auch hinsichtlich der Personalfragen sind aus meiner Sicht gute Lösungen gefunden worden.

Zur Klarstellung sei auch noch eine Frage beantwortet: Die Bundesforste AG muß im Jahr 1997 brutto 700 Millionen Schilling an das Budget leisten. Dem stehen 200 Millionen Schilling Bareinlage des Bundes gegenüber, sodaß es sich netto um 500 Millionen Schilling handelt. Ich nehme an, daß diese an das Budget abzuliefernden Beträge durch gutes Wirtschaften einerseits und, wenn nötig, auch durch Maßnahmen am Kapitalmarkt andererseits aufzubringen sind. Ich sage auch ganz offen, diese Neugliederung Bundesforste AG bringt mehr Beweglichkeit für dieses Unternehmen, und es ist letztendlich auch der klare Wille des Eigentümers, dann etwas für das Budget zu haben, das soll man auch einmal ganz offen und klar ansprechen. Eigentümer ist die Republik.

Zur Frage des Vetorechtes, meine Damen und Herren, des finanzministeriellen Vertreters im Aufsichtsrat bitte ich, die Verfassung nachzulesen! Gemäß Finanzverfassungsgesetz ist der Finanzminister für den Transfer von Eigentum des Bundes zuständig, und es ist wohl logisch, daß daher sein Vertreter im Aufsichtsrat auch die entsprechenden Rechte bekommt und auch hat.

Herr Kollege Waldhäusl! Es ist offensichtlich mißverstanden worden, was mit dem gemeint ist – zumindest nach Ihrer Darstellung. Es ist nämlich so, daß der Finanzminister ein Vetorecht im Falle des Verkaufs und nicht des Ankaufs alleine hat, sondern hier entscheidet der Aufsichtsrat wohl gemeinsam. Es ist daher Ihr Bedenken nicht berechtigt – ganz genau das Gegenteil ist der Fall.


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Zur zweiten Frage, Bundesversuchswirtschaften, nur wenige Sätze: Es ist sichergestellt, daß mit der GesmbH-Lösung aus meiner Sicht das geschieht, was geschehen soll, nämlich dort, wo privatwirtschaftliche Tätigkeiten erfüllt werden, sollen sie auch nach den Spielregeln des Privatrechtes und der wirtschaftlichen Führung durchgeführt werden – auch dann, wenn es sich um Flächen handelt, die im Besitz des Bundes sind.

Es ist, zweitens, sichergestellt, daß im Gesellschaftsvertrag die Frage der Ausbildung etwa am Francisco Josephinum geklärt wird – ich halte das für richtig und wichtig –, und es wird auch in Zukunft Forschung möglich sein.

Nur sage ich im Sinne der Kostentransparenz ganz klar: Wenn der Bund bei dieser Bundesversuchswirtschaften GesmbH etwas bestellt – nämlich eine Forschungsleistung –, dann wird auch der Bund dafür zu bezahlen haben, weil es nur konsequent ist: Wer etwas von dieser Gesellschaft will, der hat dafür auch zu bezahlen – unabhängig davon, ob es ein Privater oder eine Gebietskörperschaft wie etwa auch der Bund ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu dieser Eigenkapitalausstattung in der Höhe von 55 Millionen: Davon sind 44 Millionen aus den degressiven Ausgleichszahlungen in der Budgetumschichtung – ja! Das sind jene Mittel, die aufgrund von Flächenänderungen und aufgrund von Preisentwicklungen nicht erforderlich sind, die ansonsten dem "allgemeinen Haushalt" – unter Anführungszeichen – zugute gekommen wären, und es ist damit sinnvoll eingesetzt, nämlich für die Kapitalausstattung dieses Unternehmens. Ich halte es daher für gut, diesen Schritt getan zu haben.

Zum dritten Komplex, Wasserrechtsgesetz-Novelle. Ich möchte nur noch ganz kurz dazu sagen, daß ich diese beide Novellen für einen ersten – ich sage bewußt: ersten – Schritt halte, aber für einen dringend notwendigen und guten Schritt, insbesondere auch für einen Schritt im Rahmen des 33f, nämlich der Anrechnung des Umweltprogrammes ÖPUL auf die Grundwassersanierung. Wir haben damit nämlich strategisch etwas ganz Wichtiges erreicht, nämlich daß die Freiwilligkeit von Umweltprogrammen, etwa des ÖPUL, auf die Sanierungsverpflichtung anrechenbar und damit auch die Möglichkeit geschaffen wird, in den Gebieten zukünftig freiwillige Programme zu haben.

In Richtung EU sage ich ganz klar, Herr Bundesrat, daß mir jede Verbesserung des Gewässerstandards in der Europäischen Union nur recht sein kann – aus vielen Gründen, unter anderem auch aufgrund der verbesserten Wettbewerbsposition der österreichischen Landwirtschaft, die derzeit noch in Wettbewerbsbedingungen mit Regionen steht, die diesen wasserrechtlichen Standard nicht kennen. Ich gehe daher davon aus, daß es für Österreich nur positiv sein kann, wenn wir uns diesbezüglich erfolgreich Schritt für Schritt durchsetzen.

Hinsichtlich der anstehenden Novelle stehe ich nicht an, zu sagen, wir haben noch viel Arbeit vor uns, insbesondere um die Wünsche der Gebietskörperschaften, auch die der Gemeinden entsprechend zu berücksichtigen – bei gleichzeitiger Wahrung des Schutzzieles des Wasserrechtes und der wirtschaftlichen Möglichkeiten, nicht nur für die Gemeinden, sondern für alle Gebietskörperschaften, auch für den Bund. Das wird eine spannende Debatte werden, weil es durchaus Interessenkollisionen oder -konflikte geben kann. Diese haben wir zu lösen, und wir haben erste Schritte gesetzt. Ich erinnere nur etwa an das Beibehalten der Grenze von 50 Milligramm Nitrat im Trinkwasser. Wäre das nämlich nicht geschehen, dann hätten wir bereits im Jahr 1997 massive zusätzliche Investitionen tätigen müssen.

Ich gehe daher davon aus, daß im ersten Quartal des kommenden Jahres eine umfassende Novelle des Wasserrechtsgesetzes dieses Hohe Haus passieren wird, eine Novelle, die die Wirtschaftlichkeit einerseits und das Schutzziel andererseits in besserer Weise als das bestehende Wasserrecht harmonisiert. Das ist die eigentliche Aufgabe dieser Novelle, die vor uns steht, an der bereits derzeit heftig gearbeitet wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.00

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


Bundesrat
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Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort erwünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse, die getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Budgetüberschreitungsgesetz.

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I im § 4 Abs. 1, im § 13 Abs. 4 sowie im § 18 Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den im Artikel I im § 4 Abs. 1, im § 13 Abs. 4 sowie im § 18 enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Ich danke.

Der Antrag, den zitierten Verfassungsbestimmungen des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben – soweit dieser Beschluß dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Gründung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (BVWG-Gesetz)

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben – soweit dieser Beschluß dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 66

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, die Bundesabgabenordnung, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Karenzurlaubszuschußgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 1996) (497 und 552/NR sowie 5355/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Bundesgesetz über die Umsatzsteuervergütung an ausländischen Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder, das Straßenbenützungsabgabegesetz und das Kraftfahrzeugsteuergesetz geändert werden (EU-Abgabenänderungsgesetz) (498 und 553/NR sowie 5356/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies die Beschlüsse des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Abgabenänderungsgesetz 1996 und ein EU-Abgabenänderungsgesetz.

Die Berichterstattung über die Punkte 5 und 6 hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht zu Punkt 5 liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht zu Punkt 6 liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie ich schon erwähnt habe, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich darf ihn bitten.

13.06

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Bezugnehmend auf die Regierungsvorlage betreffend die Straßenbenützungsabgabe und das Kfz-Steuergesetz sind folgende Feststellungen zu treffen.


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620. Sitzung / Seite 67

Aufgrund der Doppelbemautung, das heißt also aufgrund der Vignettenpolitik der Regierung, sind eben derartige Änderungen notwendig. Ungeachtet dieser Tatsache, daß man sich viel Verwaltungsaufwand und Arbeit gespart hätte, ist die Vignettenpflicht, die mit 1. Jänner in Kraft tritt, nichts anderes als eine Form, wiederum die Autofahrer und letztlich die Steuerzahler zur Kasse zu bitten und dient lediglich der Aktion, Budgetlöcher zu stopfen.

Meine Damen und Herren! Inhaltlich war es notwendig, daß sogenannte EU-Bürger oder EU-Einpendler eine Gleichstellung erfahren sollen, indem sie unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden. Dies bedurfte erst einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, was einmal mehr beweist, daß die Bundesregierung keine Entscheidungen trifft, wie von mir eingangs festgestellt, und eigentlich nur darauf aus ist, Geld zu beschaffen und Geld zu kassieren.

Meine Damen und Herren! Das ist auch die Ursache dafür , daß die Mehrheit der österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger dieser Bundesregierung keinen Glauben mehr schenkt und das Vertrauen in deren Politik verloren hat.

Diese vorliegende Novelle ist der erste Schritt, und das böse Erwachen wird folgen – da dies nur die Vorstufe zum Road-pricing-Prinzip ist –, wenn das Road-pricing-Prinzip eingeführt werden wird. Die Chancengleichheit für in- und ausländische Transportunternehmer ist wohl nur mehr ein Märchen in einem Traumbüchlein. Allein die Tatsache, daß österreichische Unternehmer einen hohen Treibstoffpreis zu bezahlen haben, daß österreichische Arbeitgeber zu hohe Lohnnebenkosten zu berappen haben, schafft einen Wettbewerbsnachteil innerhalb der Europäischen Union und im internationalen Vergleich.

Ebenso wird durch die höheren Kfz-Versicherungsbeiträge ein Nachteil geschaffen, der genau dieselben Begründungen und Ursachen hat.

Meine Damen und Herren! Daß dies Tatsachen sind, von denen sich unsere Bürger täglich belastet fühlen, kann man sehr leicht nachvollziehen. Begeben Sie sich einmal in das Grenzland zu Tschechien, zu Slowenien, Sie werden es dort täglich hören und erleben. Sehen Sie sich auch die Kfz-Prämien im europäischen oder internationalen Vergleich an: Sie werden feststellen, daß wir in Österreich zu den teuersten Ländern gehören.

Meine Damen und Herren! Die Absenkung der Straßenbenützungsgebühr und die Anhebung der Kfz-Steuer für inländische LKW führt dazu, daß sich die Kosten der heimischen Frächter kompensieren und daher die Prämien ins Ausland abwandern werden. Dadurch werden wiederum Tausende Arbeitsplätze in der privaten Versicherungswirtschaft und darüber hinaus in der Transportwirtschaft verloren gehen.

Alles in allem, meine Damen und Herren, ist es eine unausgewogene Sache, die lediglich dem Finanzminister dazu dient, seine Budgetlöcher zu stopfen, ohne daß Chancengleichheit gegeben ist, und es wird weder damit die Frage des Transitverkehrs geregelt noch wird es eine Stabilisierung am Arbeitsmarkt geben.

Für diese Politik, meine Damen und Herren, werden wir von der freiheitlichen Fraktion uns nicht hergeben, und daher erheben wir gegen diese Vorlagen Einspruch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Erhard Meier. – Bitte.

13.10

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Zuerst möchte ich zum Kollegen Weilharter sagen, daß die Bundesregierung sehr wohl eine Mehrheit hat, wie sich ja feststellen läßt. (Bundesrat Weilharter: Rechnen Sie die Nichtwähler dazu!)


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620. Sitzung / Seite 68

Beim Abgabenänderungsgesetz 1996 handelt es sich um Ergänzungen zum Strukturanpassungsgesetz. Es wurde ja auch im Ausschuß die Frage gestellt, warum diese notwendigen Ergänzungen nicht gleich berücksichtigt worden sind. Ich möchte dazu sagen, daß in letzter Zeit zweifellos Gesetze in sehr kurzer Zeit entworfen werden. Im Detail beziehungsweise bei der praktischen Umsetzung ergibt sich bei der Durchführung und unter Berücksichtigung von Einzelsituationen immer wieder die Notwendigkeit – und zwar aus einsichtigen Gründen – von Änderungen, Ergänzungen und Klarstellungen. Ich hoffe, daß dies zum Beispiel auch bei der Einführung der Autobahnvignette und der verwaltungsmäßigen Abwicklung für Behinderte in einer vernünftigen Form geschehen wird.

Änderungen scheinen auch dann an der Tagesordnung zu sein, wenn für manche Gruppen aktuelle Anlässe ein Gesetz nicht ihren spezifischen Interessen entsprechend erscheinen lassen. Es ist dies eine Anlaßgesetzgebung, die nicht zu befürworten ist und sich auf die betreffenden Gesetze auf Dauer ohnehin nicht positiv auswirkt.

Bei den hier vorliegenden Gesetzen – es sind Steuergesetze, die sehr ins Detail gehen und auch Fachleute betreffen – handelt es sich um Änderungen, die eine Verbesserung durchführen. Man könnte manche Dinge wahrscheinlich auch auf dem Verordnungsweg und in der praktischen Durchführung erledigen. Ich glaube aber doch, daß diese Änderungen, bevor es zu Unklarheiten oder gar zu Verfahren bis zum Höchstgericht, zum Verwaltungsgerichtshof kommt, vorher ergänzt und damit korrigiert werden sollen. Auch das vorliegende Abgabenänderungsgesetz wirkt sich immerhin auf zwölf Gesetze aus.

Zu den wichtigsten Punkten dieses Gesetzes:

Artikel I, Einkommensteuergesetz: Wenn für Beteiligungen des Anlagevermögens vorher eine Teilwertabschreibung durchgeführt wurde, soll die Wertsteigerung in bestimmten Fällen steuerlich erfaßt werden. Stille Reserven von Beteiligungen an Personengesellschaften oder aus der Veräußerung von Betrieben oder Beteiligung stammend können nicht auf die Anschaffungskosten von Betrieben oder Teilbetrieben übertragen werden. – Ich glaube, das sind logische und wichtige Ergänzungen.

Ein Punkt betrifft die Regelung der Behandlung der Unterschiedsbeträge zwischen der eingezahlten Versicherungsprämie und der Versicherungsleistung bei Lebensversicherung.

Ein weiterer Punkt betrifft die Frage der Besteuerung von Stiftungen.

Weiters ist die Regelung des Verlustabzuges für Verluste zwischen 1989 und 1996 enthalten, wenn bei der Veranlagung für 1996 beziehungsweise 1997 ein steuerfreier Sanierungsgewinn angefallen ist und erst wieder ab 1998 eine vortragsfähige Abschreibung möglich ist.

Im Artikel II, dem Körperschaftsteuergesetz, dreht es sich um die Definition der Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen und die Befreiung dieser Erträge von der Körperschaftsteuer, wobei die Beteiligung während eines ununterbrochenen Zeitraums von zwei Jahren bestehen muß. Diese Frist ist auch aufgrund eines EuGH-Urteiles notwendig. Umgehungsmöglichkeiten sollen rasch verhindert werden.

Der Artikel III, das Umgründungssteuergesetz, betrifft ebenfalls internationale Schachtelbeteiligungen, bei deren Verschmelzung vortragsfähige Verluste um abzugsfähige Teilwertabschreibungen zu kürzen sind.

Im Artikel IV, dem Gebührengesetz, dreht es sich um ganz logische Dinge, die aber auch geregelt gehören, nämlich zum Beispiel um die Übertragung der Fernseh-, Rundfunkbewilligung auf eine andere Person, zum Beispiel nach dem Tod des Bewilligungsinhabers oder auch bei Wohnungswechsel. Es regelt die Gebühren- und Fälligkeitsdaten im Bereich von Ausspielungen, Sofortlotterien, Wetten und Glücksspielen und Ausspielungen, die dem Glücksspielmonopol nicht unterliegen. Wichtig ist, daß es weiterhin die Gebührenermäßigung von 12 auf 5 Prozent gibt, wenn der Reinertrag für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke verwendet wird.


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620. Sitzung / Seite 69

Im Artikel V, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, werden ebenfalls Befreiungsmodalitäten für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Institutionen festgelegt.

Artikel VII, Versicherungssteuergesetz, behandelt Lebensversicherungen, wo nachträglich 7 Prozent zu versteuern sind bei Änderung des Versicherungsverhältnisses, wenn nicht laufend eine gleichmäßige Prämie bezahlt wird, oder bei Rückkauf vor Ablauf von zehn Jahren. Jede Erhöhung der Versicherungssumme um mehr als das Zweifache gilt auch als neuer Versicherungsvertrag und damit als nächträglicher Besteuerungsgrund. Es geht auch um die Veränderung der Umgehung durch Einmalerlag, wie wir es ja bis zum entsprechenden Termin gehabt haben.

Die Artikel IX, X und XI behandeln die Elektrizitätsabgabe und die Erdgasabgabe, also grundsätzlich die Energieabgabe.

Artikel XII, Karenzurlaubszuschußgesetz: Eine Erhöhung, wenn Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittsätzen ermittelt werden, tritt ein bei der Landwirtschaft und beim Gewerbe, aber durch die Führung der Bücher könnte das genau festgelegt werden.

Neu ist nun Artikel XIII, das Poststrukturgesetz, in dem für die Post- und Telekom-Beteiligungsverwaltungsgesellschaft als Unternehmensgegenstand auch der Erwerb und die Veräußerung der Anteilsrechte des Bundes an der Bank Austria angeführt wird. Es dreht sich um diese 17 Prozent, für die man – Minister Klima hat es ein "special purpose vehicle" genannt – eine Gesellschaft braucht, die das durchführt.

Ich will hier nicht auf das Thema CA-Anteilsveräußerung eingehen, weil ich glaube, daß ohne Emotionen der vorgesehene Weg eingeschlagen werden muß, nämlich Prüfung und Bewertung der Anbote und Entscheidung nach den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und der bestmöglichen zukünftigen Entwicklung. Darum glaube ich, man sollte das auch nicht mit diesem Artikel XIII verknüpfen. Das hat miteinander nichts zu tun und würde nur die Verzögerung der Privatisierung der 17 Prozent und damit einen Einnahmenausfall von etwa 5 Milliarden Schilling bedeuten. Ich glaube, daß wir dies in der gegenwärtigen Situation nicht verantworten können.

Die ÖVP hat dieser Regelung auch im Nationalrat zugestimmt, und ich nehme an, daß diese Zustimmung auch heute hier aufrecht bleibt und das Nicht-zu-Wort-Melden als Zustimmung zu bewerten ist. Die SPÖ-Fraktion wird jedenfalls keinen Einspruch erheben.

Zweites Gesetz: das EU-Abgabenänderungsgesetz. Dazu nur ganz kurz einige Worte. Es dreht sich um Fragen des Einkommensteuergesetzes, nämlich daß ein Staatsbürger eines EU-Staates in einem anderen Mitgliedsstaat, in dem er arbeitet, aber nicht wohnt, nicht höher besteuert werden darf als eine Person dieses Staates. Dies betrifft nicht Pendler und Grenzgänger, denn ihre Einkünfte werden nach dem Doppelbesteuerungsabkommen im Staat ihres Wohnsitzes besteuert. Es betrifft Personen, die gemäß dem Völkerrecht in Vertretungsbehörden und internationalen Organisationen tätig sind, bezüglich der Umsatzsteuervergütung. Mit 40 000 S wurde eine Jahreshöchstgrenze eingezogen.

Es dreht sich im Artikel III um die Straßenbenützungsabgabe. Die Übergangsfrist für erhöhte Straßenbenützungsabgaben endet mit Ende 1996. Ab 1. Jänner 1997 gelten Abgabensätze für alle Kfz ohne Unterschied.

Es ist festgelegt, wieviel das pro Tag, Woche, Monat und Jahr pro Tonne zu betragen hat. Die teuerste Variante sind pro Tonne und Tag 80 S. Es ist daran erkennbar, daß diese Abgabe verkraftbar ist. Das betrifft überhaupt die gesamte Regelung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 für Lastkraftwagen.

Ich glaube, daß damit die Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich verbleiben und deshalb nicht abwandern werden. Letztendlich ist dies ein Ausgleich der Kostenwahrheit im Verhältnis zum Schienenverkehr, denn wir können den Schienenverkehr nur dann auch fördern, wenn eine Kostengerechtigkeit entsteht, und dadurch auch die Straße ihren Preis hat. Aus den ange


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führten Gründen wird die SPÖ-Fraktion keinen Einspruch gegen die vorliegenden Gesetze erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Herr Bundesminister, bitte.

13.21

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich eingangs dafür bedanken, daß Sie in Ihren Ausschußberatungen diesen zwei Vorschlägen ihre grundsätzliche Zustimmung erteilt haben, weil es tatsächlich um zwei wichtige Punkte geht. Der eine wichtige Punkt ist, daß wir eine den ökologischen, aber auch den wirtschaftlichen Gesichtspunkten entsprechende Neuordnung der Beiträge der Güterverkehrswirtschaft des Schwerverkehrs für den Erhalt unserer Straßen treffen.

Ich bekenne mich zu diesem Kompromiß, wenn ich auch weiß, daß es von seiten der an einer vernünftigen Verkehrspolitik Orientierten die immer wieder gekommenen Hinweise auf das Europaabkommen gibt, wonach die gänzliche Verbilligung durch den Entfall der Straßenbenützungsabgabe durch höhere Steuern ausgeglichen werden sollte. Ich halte es aber insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsplätze der österreichischen Transportwirtschaft für vernünftig, daß wir diesen Kompromiß, den die Regierungsparteien ausgearbeitet haben, insgesamt in Richtung Ökologie und in Richtung Arbeitsplätze gemeinsam tragen.

Zum zweiten Thema: Mit dem Abgabenänderungsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, tragen Sie wesentlich dazu bei, daß wir unser gemeinsames Ziel, daß Österreich bei jenen Ländern, die der Währungsunion zum frühestmöglichen Zeitpunkt, nämlich zum 1. Jänner 1999, beitreten, dabei sein kann, tatsächlich erreichen.

Das ist für die österreichische Wirtschaft, für die in Österreich Beschäftigten ein unerläßliches Ziel, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denken Sie nur daran, daß 50 Prozent des Welthandels in Dollar fakturiert werden, obwohl die Vereinigten Staaten von Amerika nur 13 Prozent Anteil am gesamten Welthandel haben. Wenn diese gemeinsame europäische Wirtschaft, dieser gemeinsame europäische Markt, nicht auch eine starke gemeinsame Währung hat, die die Chance hat, auf den Welthandelsmärkten gegen den Dollar und den Yen zum Vorteil der europäischen Exportindustrie, der europäischen Arbeitsplätze anzukämpfen, dann werden wir Schwierigkeiten bekommen.

Ein einfaches Beispiel: Vor zehn Jahren konnten Produkte, die um 100 Dollar irgendwo auf der Welt verkauft wurden, in Österreich Produktionskosten in Höhe von 2 400 S haben, während heute dasselbe Produkt nur mehr 1 100 S Produktionskosten hat. Wir sehen also, wie stark Währungspolitik in der Wettbewerbsfähigkeit eine Rolle spielt. Das hängt nicht von den Kriterien "weich" oder "hart" ab – der amerikanische Dollar ist auch eine weiche Währung, es sind aber auch die Zinsen niedrig. Das ist an sich ein makroökonomisches Paradoxon, das sich dadurch ergibt, daß es einen großen stabilen Heimmarkt für den Dollar gibt. Genau das muß unser Ziel sein: für eine gemeinsame europäische Währung ein großer stabiler Heimmarkt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein die Tatsache, daß 1994 und 1995 Österreich aufgrund der Währungsturbulenzen in Europa 1,5 Prozent Wirtschaftswachstum und damit Tausende Arbeitsplätze verloren hat, sollte uns ein weiteres Argument geben, warum die österreichische Wirtschaft, die ja sehr eng verbunden ist zum Beispiel mit unserem Haupthandelspartner Deutschland, davon abhängig ist, wenn die deutschen Kollegen dieser Währungsunion mit 1. Jänner 1999 beitreten – was unbestreitbar ist. Es wäre für Österreich, für den Wert unserer Währung, zur Verhinderung des Verfalls, aber auch zur Verhinderung eines dramatischen Ansteigens der Zinsen und damit für die Arbeitsplätze ein riesiges Problem, wenn Österreich nicht gleichzeitig mit unserem langjährigen Partner Deutschland – Sie wissen, daß der Schilling seit 20 Jahren eng an die D-Mark gekoppelt ist – mit 1. 1. 1999 dieser Währungsunion beitreten könnte.


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Es wird noch viel zu tun geben – seien es Probleme technischer Art, sei es in der Überzeugung der österreichischen Bevölkerung.

Natürlich ist es ein emotionales Problem, wenn wir im Laufe des ersten Halbjahres 2002, vom 1. Jänner 2002 bis 30. Juni 2002, dann tatsächlich physisch unseren Schilling gegen die neuen Banknoten, die für ganz Europa von einem Österreicher entworfen wurden, umtauschen werden. Wir werden sehr viel Überzeugungsarbeit nötig haben, um der Bevölkerung klar zu machen, daß das keine Währungsreform ist, bei der sie Geld verlieren kann, sondern daß ein festes Umtauschverhältnis festgelegt wird, wodurch die Qualität, die Sicherung der Spareinlagen, des Einkommens, der Pensionen gesichert ist.

Man wird eine sehr große Überzeugungsarbeit brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil sehr viele auf diesem einfachen Feld des Populismus unterwegs sein werden. Dafür ist es notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir nicht nur, aber doch schwergewichtig im Jahre 1997 klar und deutlich zeigen, daß wir die Stabilitätskriterien als Land Österreich erfüllen.

Es wird auch wichtig sein, im Budgetvoranschlag 1998 und den Jahren danach eine gemeinsame europäische Stabilität sicherzustellen, mit Beschäftigung und Haushaltsdisziplin. Aber es ist insbesondere wichtig im Jahr 1997, daher bedanke ich mich, daß Sie trotz aller Turbulenzen und Wirrnisse, die es in den letzten Stunden und Tagen möglicherweise gegeben hat, diesen wichtigen Schritt des Abgabenänderungsgesetzes hier gemeinsam mitvollziehen, weil Sie damit die Grundlage legen, daß wir das auch im Jahr 1997 erreichen, was ich Ihnen schon für 1996 versprechen kann: daß wir das erste Mal seit fünf Jahren tatsächlich unser Budgetziel erreichen werden. Wir werden sogar ein bißchen weniger Defizit haben – nicht zu viel, damit nicht zu große neue Ideen zum Geldausgeben entstehen –, als wir ursprünglich vorangeschlagt haben. Wir Österreicherinnen und Österreicher haben das 1996 zustande gebracht, und mit diesem Schritt werden wir es auch 1997 schaffen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung das Wort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Ich weise noch einmal darauf hin, die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Abgabenänderungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein EU-Abgabenänderungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .


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7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz von Verkehrsopfern geändert werden (311 und 449/NR sowie 5379 und 5357/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden (Bauträgervertragsgesetz – BTVG) und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert wird (312 und 450/NR sowie 5358/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies: ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz von Verkehrsopfern geändert werden und

ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 7 und 8 hat Frau Bundesrätin Kainz übernommen. Ich darf sie um die Berichterstattung bitten.

Berichterstatterin Hedda Kainz: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Berichte der angesprochenen Beschlüsse des Nationalrates liegen Ihnen schriftlich vor. Ich darf mich also auf die Antragstellung beschränken und darf in beiden Fällen gemäß der Formulierung, die der Rechtsausschuß getroffen hat, den Antrag stellen:

Der Rechtsausschluß stellt nach Beratung der Vorlagen am 17. Dezember 1966 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates sowohl im ersten als auch im zweiten Fall keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte über die zusammengezogenen Punkte ein, die unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Linzer. – Bitte.

13.31

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Umstand, daß wir zurecht eine Liberalisierung unseres Wirtschaftslebens, unserer Wirtschaft und deren Rahmenbedingungen fordern, fordert korrespondierend auch eine Festigung des Konsumentenschutzes, eine Sicherstellung des Verbraucherschutzes. Diesen Forderungen kommen die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse auch nach, daher möchte ich sie grundsätzlich auch begrüßen. Ich möchte mich in meinen Ausführungen im wesentlichen aber mit dem Bauträgervertragsrecht beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Worum geht es bei diesem Bauträgervertragsrecht? – Der Erwerber von Wohnungen, Bestandsrecht, Baurecht soll geschützt werden, vor allem dann, wenn er Vorauszahlungen leistet. Dies ist hauptsächlich der Fall, wenn Mehrfamilienhäuser errichtet werden, wenn der gemeinnützige, private beziehungsweise gewerberechtlicher Bauträger darauf angewiesen ist, daß er über eine gewisse Zeit die Wohnungswerber erst akquirieren muß.


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Es kommt in der Regel zu Anwartschaftsverträgen, zu Optionsverträgen, zu Kaufverträgen, es gibt Vorauszahlungen. Die Sicherstellung dieser Vorleistungen war in der Vergangenheit zu lückenhaft, zu mangelhaft, basierend auf dem Wohnungseigentumsgesetz aus dem Jahre 1975, war also durchaus nicht ausreichend.

Erfreulicherweise haben die gewerberechtlichen Bauträger, die privaten Bauträger –zugegebenermaßen infolge einiger Verfehlungen, einiger Mißstände – die Initiative ergriffen, die dann zur Arbeit durch eine Arbeitsgruppe geführt hat. Diese Arbeitsgruppe hat dem Ministerium Ergebnisse vorgelegt. Dankenswerterweise hat Herr Bundesminister Michalek in den letzten zwei, drei Jahren die Arbeiten zur Änderung dieses Bauträgervertragsrechtes vorangetrieben, so daß wir heute diesen Beschluß zur Diskussion vorliegen haben.

Meine Damen und Herren! Es geht also um den Verbraucherschutz. Es geht darum, daß der Erwerber von Wohnungen, von Eigentumswohnungen geschützt werden soll. Wir haben, glaube ich, Leitbildfunktionen aus Deutschland übernommen. In Deutschland gibt es den Formzwang, den Beurkundungszwang im Bauträgerrecht. Nunmehr ist in unserem Gesetzesbeschluß der Schriftformzwang vorgesehen. Schriftformzwang bedeutet, es schriftlich abzufassen. Es ist zwar kein Rechtsbeistand vorgeschrieben, kein Beurkundungszwang durch einen Rechtsvertreter, aber immerhin ist der Bauträger angehalten, den Vertragsinhalt schriftlich abzufassen, der die wesentlichen Bestandteile eines solchen Bauträgervertrages enthält.

Es ist ein Treuhänder in der Person eines Notars oder Rechtsanwaltes vorgesehen. Ich möchte hier keine Werbung in eigener Sache machen, aber durch den Umstand, daß diese gesamte Materie hohe Ansprüche an die Kenntnisse der Bestimmungen, der Gesetze und des Bauträgerrechtes, in der Bautechnik, in der Finanzierung des gesamten Objektes erfordert, wäre es zweifellos ratsam, wenn man sich eines Rechtsvertreters bedient, der natürlich in der Regel der Notar oder Rechtsanwalt sein soll.

Meine Damen und Herren! Worum geht es im einzelnen? – Es geht um die Sicherheit des Erwerbers durch eine schuldrechtliche Sicherung, wie dies heute ja schon durchaus üblich ist, durch Bankgarantie beziehungsweise Bürgenhaftung. Es geht um eine pfandrechtliche Sicherstellung, um eine grundbücherliche Sicherstellung, unter anderem für eine Hypothek oder für die Rückforderungsrechte oder für eine Sicherung der Einräumung des Wohnungseigentums durch eine Anmerkung im Grundbuch.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mir ersparen, auf dieses Gesetz einzugehen oder im einzelnen seine Bestimmungen aufzuzählen. Zweifellos erwähnenswert wäre auch noch der Ratenplan, der es dem Erwerber nicht nur ermöglicht, eine entsprechende Übersicht darüber zu bekommen, was ihn erwartet, sondern der ihn auch in Kenntnis darüber versetzt, wann er zahlungspflichtig ist beziehungsweise welche Rechte der Bauträger bezüglich des Zahlungsverkehrs hat.

Ich möchte auch zwei, drei kritische Anmerkungen machen. Dankenswerterweise hat es in der Begutachtung eine Reihe von Stellungnahmen gegeben. Auch die Österreichische Notariatskammer hat eine Stellungnahme abgegeben. Ich möchte hier nur zwei Punkte herausgreifen: Der eine Punkt behandelt das Rücktrittsrecht des Erwerbers bei einer Ablehnung des Wohnbauförderungsantrages, daß in dem Fall vorgesehen ist, daß aus Landeswohnbauförderungsmittel ein Mehrfamilienhaus errichtet wird.

Wie wir alle wissen – ich habe es schon gesagt –: Landeswohnbauförderungsmittel unterliegen in den Ländern durchaus verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen. Man ist in einem solchen Fall dann eben darauf angewiesen, daß der Erwerber zunächst einmal diesen Antrag korrekt stellt, alle Anforderungen, die das Wohnbauförderungsgesetz vorsieht, erfüllt, und daß dieser Antrag ordnungsgemäß durch die zuständige Landesbehörde erledigt wird.

Ich glaube, daß da doch ein gewisser Spielraum für eine Manipulation offen ist. Ich bin ehrlich gestanden über diese Regelung in dieser Form nicht allzu glücklich und gehe da auch mit der diesbezüglichen Stellungnahme der Notariatskammer konform. Es scheint umgekehrt eine


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Regelung Platz zu greifen, die vielleicht auch vom Wohnungswerber ausgenützt werden könnte, wenn er schlechtgläubig ist gegenüber dem Bauträger.

Zum anderen begrüße ich – und das habe ich ja schon gesagt –, daß es einen Treuhänder gibt, der in diesem Fall, wo es um die sogenannte Koordination zwischen der Finanzierungsbank, dem Bauträger, dem Erwerber und ihm selbst, dem Treuhänder geht, in der Regel – es muß nicht sein – auch das Baugeld, das Kaufpreisgeld des Erwerbers treuhändig verwahren wird.

Dieser Treuhänder hat eine besondere Stellung. Diese Stellung wird, wie ich glaube, den Erwerbern in Zukunft sehr zugute kommen. Ich möchte da ein wenig Kritik üben, und zwar in Anlehnung an die Stellungnahme der Notariatskammer zum § 7 Abs. 6 Z 4, wo es heißt, daß die Zahlung des Erwerbers auf ein bei einem Kreditinstitut treuhändig für Rechnung des Erwerbers geführtes Konto des Bauträgers erfolgen kann.

Wir haben also – ich wiederhole das – zunächst grundsätzlich die Regelung, daß ein Treuhänder eingeschaltet werden muß, auf der anderen Seite kommt es aber zu einer Art versteckter Treuhandschaft. Das Kreditinstitut kann natürlich ohne weiteres diesen Kaufpreis auch finanzieren, legt den Betrag dann auf ein Bauträgerkonto, und der Erwerber ist gewissermaßen der Treugeber.

Ich bin der Meinung, daß diese Konstruktion keine glückliche ist. Ich weiß auch nicht, ob es dabei exekutionsrechtlich nicht irgendwelche Probleme in Zukunft geben wird. Herr Minister, ich würde Sie bitten, diese Gesetzesstelle zu kommentieren, und würde gerne hören, wie Ihre Rechtsmeinung dazu ist.

Meine Damen und Herren! Alles in allem kann ich sagen, daß das vorliegende Instrumentarium die Bauträgertätigkeit – egal, ob gemeinnützig, von den öffentlichen Gebietskörperschaften oder von privaten Bauträgern – zweifellos dadurch aufwerten wird, daß es gelegentliche Mißstände, die es für den Erwerber gegeben hat, in Zukunft hintanhalten wird.

Ich hoffe und wünsche mir, daß vor allem auch die Einschaltung der Treuhänder in dieser besonderen Funktion eine wesentliche Hilfestellung für die Erwerber sein wird. Es geht natürlich auch darum, daß der Treuhänder schon bei der Vertragsgestaltung eingeschaltet werden sollte, um die notwendige Koordination zwischen Finanzierung, Bauträger und Erwerber sicherzustellen, dadurch Schäden für den Erwerber hinanzuhalten und den Erwerber dadurch vor vielen Sorgen, schlaflosen Nächten und auch entsprechendem Schaden zu bewahren. In diesem Sinne wird meine Fraktion diesen drei Gesetzesbeschlüssen gerne die Zustimmung geben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grillenberger. – Bitte.

13.44

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir reden immer von Gesetzesflut oder Bürokratie, was sicher in vielen Fällen zutrifft und von vielen Bürgern unseres Staates auch so empfunden wird. Aber bei den vorliegenden Gesetzesänderungen geht es um mehr Recht für den Bürger, für den Konsumenten, um mehr Schutz. Die neuen Konsumentenschutzbestimmungen, denen Sie heute, wie ich hoffe, Ihre Zustimmung geben werden, haben eine lange Vorgeschichte. Eine Anpassung an die zeitlichen Gegebenheiten ist sicherlich notwendig.

Meine Damen und Herren! Wer von uns kennt nicht das Problem der unbestellten Zusendung von Waren? – Die Zusendung von unbestellten Waren soll insofern eingedämmt werden, als der Konsument das Recht erhält, die Waren auch wegzuwerfen, statt daß er sie als "Geschenk", das er jedoch bezahlen muß, wenn er es annimmt, in Empfang nehmen muß. Ich meine, es ist sehr wichtig, daß wir den Bürger, den Konsumenten davor schützen. Bei Überrumpelung wurde das Rückgaberecht für den Fall geschaffen, daß versprochene Vorteile nicht oder nur in gerin


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gem Ausmaß eintreten. Insgesamt stellt die Konsumentenschutzgesetz-Novelle eine weitere Verbesserung der Bürgerrechte dar.

Mit der sehr umfangreichen Novelle werden viele weitere Rechte für den Bürger geschaffen. Verbessert wird überdies auch die Stellung von Unfallopfern bei absichtlich herbeigeführten Verkehrsunfällen, wie zum Beispiel bei Unfällen, die durch Selbstmörder verursacht werden. Die Unfallopfer können künftig auch Personenschaden bei der Versicherung des Unfallgegners geltend machen.

Ein großer Schritt in die richtige Richtung wird mit der Regelung über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen. Mein Vorredner hat das schon ausführlich betont. Ich glaube, das ist sehr wichtig.

Wer hat noch nicht in Medien oder auch im Bekanntenkreis von derartigen – ich verwende diesen Ausdruck jetzt bewußt – Machenschaften gehört? – Da wird gutes Geld in gutem Glauben für einen Wohnungserwerb angelegt, aber im nachhinein kommt dann die große Überraschung.

In Österreich werden durchschnittlich fast 50 000 Wohnungen pro Jahr errichtet. Neben den Wohnungen, die von den Eigentümern in Form von Eigenheimen selbst errichtet werden, sind es auch private, gemeinnützige und öffentlich-rechtliche Bauträger, die Wohnungen errichten. Beim größten Teil dieser Wohnungen gibt es Gott sei Dank keine größeren Probleme besonderer Art. Die Erwartungen der Wohnungswerber werden zwar meistens erfüllt, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.

Ich glaube, wir alle kennen solche Fälle: Die Wohnungswerber bezahlen den Bauträgern aufgrund der Baufortschritte große Vorauszahlungen – oft in der Größenordnung von Hunderttausenden Schilling –, zu Recht im guten Glauben, für ihr Geld auch eine Wohnung zu bekommen. Aber wie oft ist es schon passiert, daß die Firmen in Konkurs gehen oder der Bauträger seiner Verpflichtung nicht nachkommt! Dann ist die Wohnung und meist auch das Geld weg.

Mit dem Bauträgervertragsgesetz werden Erwerber beziehungsweise Mieter von Wohnungen vor allem hinsichtlich ihrer finanziellen Leistungen für den Fall, daß der Bauträger in Konkurs geht, geschützt. Die Bauträger ihrerseits müssen Vorkehrungen wie grundbücherliche Sicherstellung und Pfandrecht treffen, was schon mein Vorredner aus berufenem Munde deutlich hervorgehoben hat. Außerdem soll der Vorgang der Grundbucheintragung beschleunigt werden, um den notwendigen Schutz der Wohnungswerber voll zu gewährleisten.

Herr Bundesminister! Global gesehen kann man diese Gesetzesvorlage nur als großen Fortschritt und Schutz für unsere Bürger, für den Konsumenten ansehen. Meine Fraktion wird daher dieser Gesetzesnovelle ihre Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. h. c. Mautner Markhof. )

13.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Böhm zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

13.49

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch ich möchte mich vorwiegend auf die Verbraucherschutzbestimmungen im ABGB und das Konsumentenschutzgesetz beziehen.

Vorweg möchte ich die Zustimmung meiner Fraktion zu diesem Gesetz ankündigen. Mit Euphorie erfüllt es uns freilich nicht. Ich versage mir aber bewußt jede Detailkritik – obwohl auch zu ihr genügend Anlaß bestünde –, muß ich doch der Gefahr widerstehen, allzusehr in meinen Hauptberuf zu verfallen und Sie hier mit einer juristischen Vorlesung zu langweilen. Dieser Gefahr widerstehe ich.


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Einen Haupteinwand kann ich allerdings nicht übergehen. Er zielt auf das völlig kriterienlose richterliche Mäßigungsrecht bei der Haftung eines Bürgen oder Garanten ab. In der Begutachtung hat ein Kritiker diesbezüglich davon gesprochen, daß man das wohl nur mehr als undifferenziertes Mitleid mit dem Schuldner erklären kann. Zu einem so weitreichenden Eingriff bestand meines Erachtens kein gerechtfertigter Grund.

Warum nicht? – Ich verweise diesbezüglich auf ein grundlegendes Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes, der erfreulich klar ausgesprochen hat, daß Bürgschaften, die von einkommens- oder vermögenslosen Personen eingegangen wurden, jedenfalls als sittenwidrig anzusehen und daher nichtig, das heißt ungültig, sind.

Das ist sehr zu begrüßen, weil man ja sehen muß, daß es sehr häufig den haushaltsführenden, aber nichtverdienenden Ehegatten getroffen hat, mit der weiteren, sehr negativen Konsequenz, die Sie alle kennen, daß dann, wenn es zum sogenannten Privatkonkurs des verdienenden, aber völlig überschuldeten Haushaltsmitgliedes kommt, der andere, der haushaltsführende Teil dieser Begünstigungen ja nicht teilhaftig wird, sodaß das bekannte, proklamierte Ziel des Privatkonkurses, nämlich die Entschuldung privater Haushalte, nicht erreicht werden kann. Dem hat der Oberste Gerichtshof erfreulicherweise einen Riegel vorgeschoben.

Zudem ist in dieser bevorstehenden Novellierung zu Recht eine erweiterte Informationspflicht des Gläubigers gegenüber dem Bürgen und Kreditnehmer vorgesehen.

Am Bauträgervertragsrechtsgesetz möchte ich nur in einem einzigen Punkt Kritik üben. Ich bedauere, daß eine große Schutzlücke insofern zurückgeblieben ist, als – soferne ich das richtig beurteile – der Wohnungseigentums-Organisator leider nicht einbezogen wurde.

Aber zurück zum Konsumentenschutz. Alles in allem handelt es sich dabei gewiß um ein wichtiges und ein richtiges Gesetz, aber richtig eben nur unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen. Aber eben diese sind das Problem und sollten uns auch kurz Anlaß zur Nachdenklichkeit geben.

Was meine ich damit? – Ich will nicht moralisierend beklagen – das wäre ja auch völlig nutzlos –, daß es offenbar die eingerissenen, fest verwurzelten, unseriösen Geschäftspraktiken sind – ich denke insbesondere an aggressive Werbung und allzu leichtfertige Kreditvergaben –, die zu vorliegenden und auch schon früheren Korrekturen gezwungen haben.

Ich will auch nicht primär die zweifellos sehr starken Eingriffe in die Vertragsfreiheit kritisieren. Warum nicht? – Freiheit ist ja nicht Freiheitsmißbrauch. Freiheit ist nicht schrankenlos, sie bedarf stets ihrer Ergänzung durch soziale Verantwortlichkeit.

Meine echte Sorge hingegen ist folgendes – ich sage vorweg dazu, daß dabei nicht das Justizressort angesprochen ist –: Wir alle im Hohen Haus teilen doch letztlich ein Leitbild, das gerade im freiheitlichen Denken besonders wesentlich und vorrangig ist. Es geht um das Leitbild vom mündigen Bürger. Wir sind aber zunehmend auf dem besten Weg, den betreuten Bürger, um nicht zu sagen, den entmündigten Bürger, an seine Stelle zu setzen.

Was ist der tiefere gesellschaftspolitische Grund dafür? – Meines Erachtens ist es das enorme Informationsdefizit der Bevölkerung und die daraus resultierende große Rechtsferne. Natürlich ist klar, daß in einer hochkomplexen, modernen Gesellschaft mit ihrem immer schwieriger werdenden, technischen, ausdifferenzierten Recht klarerweise keine weitverbreiteten Rechtskenntnisse des Bürgers als juristischem Laien denkbar sind.

Natürlich kennt sich der Bürger im Liegenschaftsverkehr, im Grundbuchrecht nicht aus. Das ist aber nicht das Problem. In diesem Bereich geht es aber um grundlegendste Vertragsstrukturen. Wie kann einem solchen Informationsdefizit begegnet werden? – Ich betone noch einmal: In dieser Frage ist nicht das Justizressort angesprochen, sondern da müßte auch das Bildungssystem, und zwar insbesondere die Schule, seinen Beitrag leisten.

Es müßte in Zukunft eine Art elementaren Rechtsunterricht geben. Ich weiß, das ist in Zeiten, in

 


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denen wir die Überforderung der Schüler beklagen, in denen wir von Entrümpelung der Lehrpläne und von zu langen Studiendauern reden, unpopulär. Es ist völlig klar, daß es in dieser Situation sehr schwierig ist, noch Neues, noch Zusätzliches zu fordern.

Verstehen Sie mich auch nicht falsch: Es geht mir nicht darum, daß die Schüler zu künftigen Jusstudenten herangebildet werden sollen. Davon haben wir mehr als genug. Ganz im Gegenteil: Es geht mir gerade um jene Schulabgänger, die in weiterer Folge in ihrem Leben mit der Juristerei kaum mehr etwas zu tun haben werden. Aber ist es nicht so, daß einfach jeder Bürger, jeder Schulabgänger wissen müßte, was eine Bürgschaft ist, und was sie bedeutet? – Das müßte doch jeder Bürger wissen, ohne zuvor zum Rechtsanwalt gehen zu müssen!

Stärken wir also den Bürger in seinem Rechtsbewußtsein so, daß er wieder zum mündigen Bürger wird, und wir auch die Vertragsfreiheit und Vertragstreue wieder ernster nehmen können! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.55

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zur Beschlußfassung vorliegende Konsumentenschutzgesetz-Novelle mußte im Rechtsausschuß leider ohne Vertreter meines Hauses diskutiert werden, weil uns eine bedauerliche Panne passiert ist. Die zuständigen Beamten wurden zu spät über den Termin verständigt, was insbesondere jenem Herrn Sektionschef, der diese Materie zu betreuen hat, besonders leid tat, da es sein letztes Auftreten auf parlamentarischem Boden gewesen wäre, nach fast 30 Jahren Tätigkeit in den Materien, die heute auf der Tagesordnung stehen. Ich bitte Sie herzlich, uns das nachzusehen. Die Ursache waren keine vorweggenommenen Abschiedsfeiern, sondern ein allgemeiner Zeitdruck, unter dem wir zuletzt gestanden sind.

Diese Novelle soll durch Verbesserungen in einigen wesentlichen Bereichen, in denen derzeit ein Schutzdefizit besteht, das an sich stabile Gerüst verbraucherschutzrechtlicher Bestimmungen weiter komplettieren, ohne jedoch die legitimen Interessen der Wirtschaftstreibenden zu beeinträchtigen. Damit wird die Funktion des Konsumentenschutzes, der ja in keinem Gegensatz zu einer freien Marktwirtschaft und zu einem liberalen unternehmerischen Handeln steht, sondern vielmehr durch die Sicherung eines fairen Ausgleiches wirtschaftlicher Interessen eine unverzichtbare, flankierende Bedingung für das Funktionieren eines marktwirtschaftlichen Systems darstellt, gestärkt.

Dabei geht es insbesondere darum, wie schon Herr Bundesrat Dr. Böhm gesagt hat, in Zeiten zunehmender Deregulierung auf der Angebotsseite die Stellung des Konsumenten als mündiger Bürger zu stärken. Diese Position kann er aber nur dann erreichen, wenn er als Nachfragender von der Rechtsordnung gestärkt und mächtiger gemacht wird, aber ein Ausgleich zwischen den Machtverhältnissen auf der Angebots- und der Nachfrageseite gegeben ist.

Es geht also zunächst einmal darum, dem Konsumenten die nötige Information zukommen zu lassen, also eine weitestmögliche Transparenz des Marktes zu gewährleisten, auf der anderen Seite ihn aber insoweit gesetzlich zu stärken, daß er, frei von Überrumpelungen, psychischem Druck oder sozusagen unzulässiger Verführung, über seine Transaktionen und deren Gestaltung entscheiden kann.

Um Informationsdefizite und Wissensmankos des Konsumenten auszugleichen, werden einige Mechanismen im Konsumentenschutz bemüht, insbesondere zunehmende Rücktrittsrechte für den Konsumenten bei Vorliegen von bestimmten Voraussetzungen.

Meine Damen und Herren! Ein fairer gesetzlicher Interessenausgleich stärkt auch die dem Konsumenten gegenüber seriös auftretenden Unternehmen im Wettbewerb. Das gilt für eine Reihe von Maßnahmen, die in diesem Gesetz angesprochen sind, seien es die Freizeichnungsklauseln bei den Personenschäden, seien es die überhöhten Verzugszinsen, gegen die nun ein Riegel


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vorgeschoben werden soll, oder die oft erst nach Fälligkeit – unter Anführungszeichen – "vereinbarten" Inkassokosten und dergleichen mehr.

Eine ganz wichtige Neuerung ist die heute auch schon angesprochene Einführung eines richterlichen Mäßigungsrechtes bei der Mithaftung von einkommens- oder vermögenslosen Personen für fremde Kreditverbindlichkeiten.

Wir haben bewußt nicht den auch in der deutschen Judikatur und in Ansätzen in der österreichischen Judikatur gegangenen Weg des Alles-oder-nichts gewählt. Wir sind nicht den Weg gegangen, die Mithaftung finanziell schwacher Personen quasi generell zu verbieten, indem man nachträglich meint, das wäre eine unzulässig eingegangene Verpflichtung. – Einerseits deshalb, weil es durchaus auch ein legitimes Anliegen der Wirtschaft, insbesondere der Kreditwirtschaft, sein kann, in einem speziellen Zusammenhang auch solchen Personen die Möglichkeit einer Mithaftung einzuräumen. Im übrigen wird das sehr oft die einzige Besicherungsmöglichkeit für den Schuldner sein, und wenn man ihm die nähme, würde er praktisch überhaupt nicht kreditwürdig sein.

Wir meinen, daß es flexibler ist, wenn entsprechend dem dringenden sozialen Bedarf der Richter die Möglichkeit hat, anhand differenzierter Kriterien die Verbindlichkeit des Bürgen oder Mitschuldners in einer den Umständen des konkreten Einzelfalls gerecht werdenden Weise zu mäßigen oder gegebenenfalls auch ganz zu erlassen.

Einen großen Schritt zur Verbesserung des Verbraucherschutzes stellt auch das heute schon besprochene Bauträgervertragsgesetz dar. Die Anschaffung einer geplanten oder in Bau befindlichen Wohnung oder eines Reihenhauses – oftmals die größte rechtsgeschäftliche Transaktion im Leben eines Menschen, mit großer Eigenverschuldung, mit der Heranziehung der letzten finanziellen Mittel der Familie verbunden – stellt ein besonders risikobehaftetes Rechtsgeschäft dar, sind doch in der Regel an den Bauträger hohe Vorauszahlungen lange vor Fertigstellung und Übergabe der Wohnung zu leisten, Vorauszahlungen, gegen deren Verlust der Konsument nach der derzeitigen Rechtslage nicht durch gesetzliche Mindeststandards geschützt war.

Ziel des Bauträgervertragsgesetzes ist daher primär der Schutz der Erwerber durch Bestimmungen über die Form des Vertrages, den Vertragsinhalt, die Informations- und Rücktrittsrechte des Erwerbers, vor allem aber durch verschiedene Sicherstellungsmodelle, die dem Erwerber Schutz vor Verlust, zumindest vor existenzbedrohendem Verlust seiner Vorleistungen im Falle der Insolvenz des Bauträgers gewähren. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben uns von dem Gedanken leiten lassen, nicht einschränkend bloß ein uns adäquat erscheinendes Sicherungsmodell den Bauträgern quasi zu oktroyieren, sondern haben eine möglichst vielfältige Palette an möglichen Sicherungsmechanismen zur Auswahl offengelassen. Sie alle stammen aus der derzeitigen Praxis. Das gilt auch hinsichtlich der Zahlung auf ein bei einem Kreditinstitut treuhändig für Rechnung des Erwerbers geführtes Sperrkonto, bei dem die Voraussetzungen für die Auszahlung, also Übergabe der fertiggestellten Wohnung und Herstellung des bedungenen Grundbuchstandes, von der auszahlenden Bank geprüft werden. Dieser Weg wird vor allem dort gewählt, wo kreditierender Gläubiger des Erwerbers und Financier des Bauträgers dieselbe Kreditinstitution ist und durch den Erlag dieses Geldes auf ein Konto bei dieser Kreditinstitution sehr gering gehaltene – meist unter einem Prozent – Unterschiedsverzinsungen anfallen, was dieses Sicherstellungsmodell finanziell günstig erscheinen läßt.

Da wir schon bei den Kosten der Sicherung sind: Dem von mancher Seite gegen dieses Vorhaben vorgebrachte Argument einer zu erwartenden hohen Kostenbelastung ist mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Sicherlich verursachen Kontrolle und Sicherstellungsmaßnahmen zum Schutz für den Erwerber einen Kostenaufwand. Allerdings ist dies im Verhältnis zu den vertragsgegenständlichen Beträgen ein durchaus geringer. Wir haben aber bei diesem Gesetzesvorhaben, wie ich schon erwähnt habe, auf bereits in der Praxis von seriösen Bauträgern verwendete Sicherungs- und Abwicklungsmodelle zurückgegriffen, deren Kosten bereits heute anfallen. Insofern also kommt es zu keiner zusätzlichen Kostenbelastung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 79

Im Rahmen der Beratungen im Justizausschuß haben wir das Vorhaben derart ergänzt, daß im Bereich des geförderten Wohnbaues eine Zweigleisigkeit der Kontrolle seitens des Wohnbauförderers möglichst vermieden werden soll. Für diesen Sektor des Wohnbaus sehen ja die landesgesetzlichen Förderungsbestimmungen – zur Absicherung des Förderers schon derzeit Zahlungen nach Baufortschritt und Grundbuchstand – vor.

Wenn die Kontrolltätigkeit der Länder nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des Erwerbers ist – sie also auch die Kontrolle der Geldflüsse zwischen dem Erwerber und dem Bauträger umfaßt – und zugleich auch die grundbücherliche Sicherstellung nicht nur des Förderers, sondern auch des Erwerbers im Auge hat, also eine dem BTVG gleichwertige Kontrolltätigkeit des Förderers vorliegt, kann auf eine parallele Sicherung nach den Bestimmungen des Bauträgervertragsgesetzes verzichtet werden.

Mit diesem Vorhaben, so bin ich überzeugt, schaffen wir ein effizientes Instrumentarium, um die Erwerber von Wohnungen und Einfamilienhäusern vor oft existenzbedrohenden oder existenzvernichtenden Situationen zu bewahren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.07


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 80

Präsident Josef Pfeifer:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht auch kein Schlußwort.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz von Verkehrsopfern geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Arbeitszeitgesetz für Angehörige von Gesundheitsberufen in Kranken-, Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen geschaffen (Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz – KA-AZG) und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (386 und 537/NR sowie 5359/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir kommen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung: ein Bundesgesetz, mit dem ein Arbeitszeitgesetz für Angehörige von Gesundheitsberufen in Kranken-, Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen geschaffen und das Arbeitszeitgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich bitte ihn, zu sprechen.

14.10

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung fordert unter anderem eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden für Ärzte und andere Dienstnehmer in allen Krankenanstalten, unabhängig vom Rechtsträger. Die gegenständliche Regierungsvorlage sieht deshalb die Schaffung von einheitlichen, praktikablen Arbeitszeitregelungen – und so weiter und so fort. – Soweit zitiert aus der Begründung dieser Regierungsvorlage.

Faktum, meine Damen und Herren, ist, daß sich in der Tat die Dinge etwas anders darstellen. Faktum ist, daß das nicht funktionieren wird, da wir zurzeit bis Inkrafttreten dieser Vorlage eine Fülle von verschiedenen Gruppen von Bediensteten in den Krankenanstalten haben. Da gibt es den Bereich der Landesbediensteten innerhalb der Krankenanstalten, dann den Bereich der ausgegliederten und bei uns in der Steiermark sogenannten KAGES-Bediensteten und darüber hinaus den Bereich der Bediensteten in den privaten Krankenhäusern.

Ich sehe schon ein, daß der Gesetzgeber darauf abzielt, daß hier eine einheitliche Arbeitszeitregelung geschaffen werden soll. Die Frage ist nur, warum sich der Bundesgesetzgeber so lange bei dieser Materie Zeit gelassen hat. Denn in der Steiermark wurde einmal aus dem Landesbereich ausgegliedert, dann wurde die KAGES installiert und die Dienstnehmer der KAGES unterstellt. Jetzt ist man wieder dabei, einzugliedern. Wie auch immer, es geht alles zu Lasten der Bediensteten und der Betroffenen, und dadurch gibt es bei diesen eine große Unsicherheit.

Ungeachtet dieser Tatsache, meine Damen und Herren, umfaßt diese Regierungsvorlage eine wesentliche Gruppe, die auch in den Krankenanstalten beschäftigt ist, nicht, nämlich die große Gruppe der Psychotherapeuten, deren Arbeitszeit wird mit dieser Vorlage wieder nicht geregelt.

Meine Damen und Herren! Größte Bedenken gibt es bei dieser Gesetzesvorlage hinsichtlich der Kostenentwicklung. Die vorgeschlagene Art der Entlohnung führt zu einer Ausweitung der Überstunden oder – wenn die Überstunden nicht ausgeweitet werden können – zu einer Personalvermehrung. (Bundesrätin Schicker: Das ist nur eine Umverteilung!) Das heißt, es wird trotz der angespannten Situation des Budgets und vor allem der Länderbudgets – die Länder sind ja in vielen Fällen die Rechtsträger für die Krankenhäuser – zu einer großen finanziellen Mehrbelastung kommen.

Meine Damen und Herren! Aber abgesehen von den Mehrkosten werden die notwendigen Fachärzte nicht zur Verfügung stehen, und es ist daher schon bei Beschlußfassung dieser Gesetzesvorlage eine permanente Gesetzesübertretung vorprogrammiert.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 81

Nun, meine Damen und Herren, zu den Kosten, weil Kollegin Schicker meint, es würden da keine zusätzlichen Kosten entstehen: Die vorliegende Regelung verursacht allein in der Steiermark Mehrkosten bis zu 240 Millionen Schilling, wovon 90 Millionen Schilling auf die Bediensteten und bis zu 150 Millionen Schilling auf die Ärzte entfallen werden. Und diese Berechnung geht ja auch eindeutig aus einer Stellungnahme der Steirischen Landesregierung hervor und ist nicht aus der Luft gegriffen. Ich gehe davon aus, daß Gesundheitslandesrat Dörflinger in der Steiermark, der die Ressortverantwortung hat, und Landeshauptfrau Klasnic, die diese Vorlage unterschrieben hat, sehr wohl wissen, wovon sie reden.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß gerade aufgrund dessen, daß es für die Länder zu einer Mehrbelastung kommen wird – am Beispiel Steiermark aufgezeigt –, die Bundesräte in dieser Frage ihre Aufgabe sehr ernst nehmen sollten, auch wenn sich vielleicht in dem einen oder anderen Bundesland die Situation nicht so darstellt, daß mit Mehrkosten und einer permanenten Gesetzesübertretung zu rechnen ist. Es sollten zumindest all jene, die aus Bundesländern kommen, wo das mit Sicherheit der Fall sein wird, aber vor allem die steirischen Bundesräte dieser Vorlage ihre Zustimmung versagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.14


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 82

Präsident Josef Pfeifer:
Zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Gerhard Tusek. Ich bitte auch ihn, zu sprechen.

14.14

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich halte im Gegensatz zu meinem Vorredner Weilharter diesen Gesetzesbeschluß für ausgesprochen positiv – positiv aus zwei Gründen: Weil es erstens gelungen ist, einheitliche Arbeitszeitregelungen für alle Krankenanstalten zu schaffen, unabhängig davon, ob die Bediensteten in Spitälern privater oder öffentlicher Träger beschäftigt sind, und zweitens weil bei diesem Gesetz die Länder in sehr langen und zähen Verhandlungen – der Herr Bundesminister kann ein Lied davon singen – versuchten, ihre Wünsche durchzubringen, und dies ist im wesentlichen auch gelungen.

Nun zum ersten, zur einheitlichen Regelung: Wir wissen, daß es bisher Regelungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes für private Krankenanstalten gab, nicht aber für Spitäler, deren Träger die öffentliche Hand war. Das ist jetzt eindeutig geregelt.

Sie, Herr Kollege Weilharter, haben erwähnt, daß es zu finanziellen Mehrbelastungen der Länder kommen wird. Das stimmt. Ich habe aber mit dem zuständigen oberösterreichischen Krankenanstaltenreferenten Primar Dr. Aichinger ausführliche Gespräche geführt, und er erklärte mir, daß die Mehrkosten in einem für die Länder tragbaren Ausmaß gehalten werden konnten. Es ist klar, wenn Ärzte extrem lange Arbeitszeiten – gerade in Landesspitälern – hatten, daß dann ein neuer Dienstpostenplan mit mehr Dienstposten verabschiedet werden muß. Das ist aber auch im Sinne der Patienten und auch im Sinne der Ärzte. Das sollte man sehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Probleme hätte es gegeben, wenn die ursprüngliche Regelung gekommen wäre, die wesentlich rigoroser ist und nicht so sehr auf die Länderinteressen eingeht. Da hätte Oberösterreich 250 Dienstposten – im ärztlichen Bereich – mehr gebraucht, und das wäre nicht zu finanzieren gewesen. – Daher danke schön, ich danke den Vertretern der Länder, aber danke auch, Herr Bundesminister Hums, für Ihre Bereitschaft, die Interessen der Länder entsprechend mitzuberücksichtigen.

Gerade für Oberösterreich wäre die "Alternative" gewesen, daß man kleine, dezentralisierte Regionalkrankenhäuser hätte schließen müssen, denn sonst wäre die ganze Sache nicht finanzierbar. Aus diesem Grund, daß gerade die kleinen, leistungsfähigen, überschaubaren Einheiten erhalten geblieben sind, daß es jetzt eine einheitliche Arbeitszeitregelung für Bedienstete aller Krankenhäuser gibt, werde ich sehr gerne meine Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.18


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 83

Präsident Josef Pfeifer:
Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Schicker. – Bitte.

14.18

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich muß zuerst noch etwas zu meinem Vorvorredner, Kollegen Weilharter, sagen: Ich wundere mich wirklich, lieber Kollege Weilharter, daß du die steirischen Bundesräte von dieser Stelle aus aufforderst, dagegenzustimmen, da doch eindeutig die Verhandlungen zwischen dem Land Steiermark – sprich: der Frau Landeshauptmann und Herrn Landesrat Dörflinger – und der Gesundheitsministerin und Minister Hums positiv abgeschlossen worden sind. Also warum sollen wir hier heute dagegenstimmen? Ich verstehe das überhaupt nicht. (Bundesrat Weilharter: Die Bedenken sind ja mit einer Stellungnahme der Bundesregierung dokumentiert!) Ich verstehe deine Argumentation nicht.

Aber ich will jetzt wirklich nicht weiter darauf eingehen, denn sonst würden wir die Sitzung verlängern, dann würde Dr. Tremmel wieder herauskommen und die Geschäftsordnung strapazieren, und das will ich meinen Kolleginnen und Kollegen nicht antun. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine werten Damen und Herren! "Ärzte in der Krise" lautete die Schlagzeile für den Bericht einer Wochenzeitung anläßlich der diesbezüglichen Diskussion im Vorfeld der Beschlußfassung im Nationalrat. Ein Titel, der natürlich nach allen Seiten hin interpretiert wurde und werden kann, dem ich natürlich nicht das Wort rede, der aber trotz allem dann seine Berechtigung hat, wenn man weiß, welche Reaktionen und Initiativen seitens der Ärzteschaft und der Ärztekammer das heute zu beschließende Arbeitszeitgesetz hervorgerufen hat.

Durch diese größtenteils negativen Stellungnahmen verschiedener Ärztevertreter und der Ärztekammer ist bewußt mit den Ängsten der Menschen gespielt worden, gerade im Hinblick auf die Rufbereitschaft. Ich habe das auch vor einer Woche bereits hier im Plenum gesagt. Das Arbeitszeitgesetz, von einigen sehr verantwortungsbewußten Ärzten bereits vor Jahren gefordert, soll dazu beitragen, daß es in Zukunft nicht mehr vorkommt, daß es Arbeitszeiten von 100 Wochenstunden und mehr gibt, die ja keine Seltenheit waren.

Die Begrenzung auf 13 Stunden pro Tag und 48 Stunden pro Woche ist eine zumutbare Lösung, Ausnahme- beziehungsweise Übergangsregelungen sind ausreichend vorhanden.

Daß auch finanzielle Gründe den Protest vieler Ärzte bei dieser Lösung ausgelöst haben, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Ich möchte nicht polemisieren, aber eigentlich müßte auch in dieser Berufsgruppe Solidarität Platz greifen, die in vielen anderen Bereichen schon praktiziert wird, nämlich eine gerechte Umverteilung von Arbeit zu erreichen.

Durch das neue Arbeitszeitgesetz sollten zumindest einige hundert Jungmediziner einen ihrer Ausbildung entsprechenden Job finden. Bei diesem Problem sind die Vertreter der Ärtzekammer gefordert, jene Kollegen in ihren Reihen zu überzeugen beziehungsweise zu überreden, auf einige Nachtdienste im Monat zu verzichten, die nicht bereit sind, zugunsten junger Kolleginnen und Kollegen geringe Einkommenseinbußen hinzunehmen. Darum geht es ja letztendlich bei vielen Negativreaktionen aus den Kreisen der Ärzte.

Vordergründig wird das Arbeitszeitgesetz als nicht vollziehbar beziehungsweise nicht umsetzbar dargestellt. Es wird krampfhaft ein künftiger Versorgungsnotstand herbeigeredet.

Meine Fraktion steht voll zu diesem ausverhandelten Arbeitszeitgesetz, das letztendlich die Schaffung von einheitlichen praktikablen Arbeitszeitregelungen für alle Krankenanstalten zum Inhalt hat. Wir geben daher gerne unsere Zustimmung dazu. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.22

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gelangt Herr Sozialminister Hums.

14.22

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem neuen Arbeitszeitgesetz für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenanstalten – dazu zählen auch Psychotherapeuten, die dort beschäftigt sind, Herr Bundesrat Weilharter – haben wir eine Neuregelung geschaffen, die dringendst notwendig war, und zwar sowohl im Interesse des Arbeitnehmerschutzes als auch im Interesse des Patientenschutzes.

Die Verhandlungen dazu waren nicht leicht, denn die Problemstellung war, daß auf der einen Seite in den Privatspitälern derzeit Arbeitszeitregelungen gelten, die von Ärzten in diesen Bereichen als zu eng aufgefaßt wurden – ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die seinerzeitige Diskussion mit Primarius Dr. Poigenfürst –, es aber auf der anderen Seite in jenen Spitälern, die von öffentlich-rechtlichen Trägern betrieben werden, überhaupt keine Arbeitszeitregelung gibt. Leider hat das dazu geführt, daß es in bestimmten Bereichen auch wirklich unvorstellbare Arbeitszeiten gibt.

Es gibt unvorstellbar lange Arbeitszeiten, und zwar sowohl aus der Sicht der Ärzte, der Schwestern, der Pfleger und aller anderen Mitarbeiter als auch aus der Sicht der Patienten, und daher haben wir – die Verhandlungen waren nicht einfach – mit den Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiter, mit den Vertretern des Bundes, der Länder und der privaten Spitäler eine Regelung getroffen, die für beide Teile vernünftig ist.

Ich bin den Ländervertretern dankbar, daß sie praktisch in letzter Stunde doch noch in allen Bereichen akzeptiert haben, daß diese Regelung notwendig ist, auch wenn sie in manchem Bereich natürlich Mehrkosten verursacht, und zwar dort, wo bisher aus verschiedensten Gründen die Arbeitszeiten enorm lang waren.

Ich bin aber der Überzeugung, daß wir mit dieser Regelung den Arbeitnehmern und den Patienten helfen. Außerdem entspricht diese Regelung auch den EU-Normen, was aber nicht unser primäres Ziel war. Primär ging es uns wirklich um den Arbeitnehmer- und den Patientenschutz.

Wir haben Ausnahmeregelungen – und diese werden strengstens kontrolliert – nur dort getroffen, wo es in einem Übergangszeitraum nicht sofort möglich ist, die erforderliche Anzahl von Ärzten und anderen Mitarbeitern zu finden. Diese Regelungen sind wirklich sehr streng, und es kann daher nicht sein, wie es die freiheitlichen Abgeordneten teilweise im Nationalrat gemeint haben, daß die Länder und andere Körperschaften die Möglichkeit haben, weiterhin die Arbeitszeit zu überziehen. Darüber wurde mit den Ländern Einvernehmen erzielt.

Es gibt sehr exakte Kontrollmöglichkeiten – Zustimmungspflicht der Betriebsräte, des einzelnen, Kontrollrechte im Arbeitsinspektorat –, die alle darauf abzielen, daß diese Bestimmungen auch sehr rasch umgesetzt werden.

Herr Bundesrat Weilharter! Ich kann es nicht verstehen, daß der Vertreter eines Bundeslandes der Meinung ist, die Interessen der Patienten und der Mitarbeiter sollten nicht berücksichtigt werden, man sollte nur finanzielle Interessen berücksichtigen. Das ist ein Standpunkt, der von niemandem geteilt werden kann. Daher bin ich der Überzeugung, daß alle hier diesem Gesetz die Zustimmung geben sollten, da dieses Gesetz ein entscheidender Fortschritt für die Arbeitnehmer in den Spitälern, aber auch für die Patienten ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.26

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Tremmel.

14.26

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Vorrednerin! Schön wäre es, Herr Minister, wenn das alles so eintreffen würde, wie


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620. Sitzung / Seite 84

Sie das hier sagen. Selbstverständlich sind wir Freiheitliche auch um das Wohl der Patienten bemüht. Selbstverständlich sind wir Freiheitliche auch bemüht, daß die Arbeitszeit entsprechend der österreichischen Arbeitsverfassung – ich werde noch darauf zu sprechen kommen – ordentlich, gerecht und den Gesetzen entsprechend geregelt ist.

Aber weil heute schon Zeitungsmeldungen zitiert worden sind: Ich habe hier eine Schlagzeile aus der heutigen Ausgabe einer steirischen Zeitung, und da steht drinnen: "Planung für das LKH 2000 vorläufig gestoppt. Die österreichische Spitalsreform verändert vielleicht die Pläne für das Grazer Großspital." Es heißt dann weiter, man soll die generelle Planungsmethodik für das Zehnjahresprojekt überprüfen und schließlich auch befürworten. Das wird allerdings wieder einige Jahre dauern, und da frage ich mich: Hat man, falls koordiniert vorgegangen worden ist, auch bedacht, daß bei einem Zehnjahresprojekt Änderungen eintreten können? Wußten das die Verantwortlichen? – Ich nehme an, sie wußten es, oder sie wußten so viel, wie wir alle, und das weit zu spät.

Man hat schon gewußt, daß die Finanzierung eine Schlüsselfrage ist, aber daß sich die Strukturen so weitgehend verändern werden, daß ein Großprojekt für die steirische Bevölkerung gestoppt wird – Kollegin Schicker, jetzt wissen Sie, warum wir dagegen sind –, hat niemand angenommen. Dem können wir nicht zustimmen.

Jetzt komme ich zu den Arbeitszeiten selbst. Richtig ist, Herr Minister, daß Sie am Wege sind, im Spitalsbereich ein einigermaßen einheitliches Arbeitsrecht herzustellen. Ich werde aber auch einige Ausnahmen nennen, bei denen das nicht der Fall ist. So hat es jahrzehntelang bei den Privatspitälern ein uneinheitliches Arbeitsrecht gegeben. Kein Hahn hat gekräht, wir mußten es immer wieder sagen. Ich glaube, daß das ein Teil einer Diskriminierung war, denn diese privaten Anstalten sind dadurch mehr belastet worden. Jetzt macht man es mit einem Federstrich und sagt, diese Einheitlichkeit ist hergestellt.

Nächster Punkt – wenn schon über die Finanzen gesprochen wird, so möchte ich einen Einwand erheben –: Natürlich wurde mit den Ländervertretern darüber gesprochen, aber wir haben nun einmal ein Finanz-Verfassungsgesetz, wir haben ein Finanzausgleichsgesetz, und da heißt es im § 5 oder 8, daß Gesetze mit finanzieller Folgewirksamkeit hier und nicht nur mit den Spitalsreferenten abzusprechen sind. Daß das von uns nicht von weit hergeholt ist, das zeigt die Stellungnahme einer Landesregierung.

Ebenso sind wir übereingekommen – und alle haben Stein und Bein darauf geschworen –, daß Folgekostenrechnungen entsprechend angestellt werden müssen. Diese Folgekostenrechnungen sind in diesem Bereich nicht einmal im Ansatz vorhanden.

Herr Mag. Tusek! Sie haben richtigerweise eine Zahl zitiert, Kollege Weilharter hat richtigerweise eine Zahl zitiert, diese differieren aber, obwohl sich beide nach bestem Wissen und Gewissen bemüht haben, das zu recherchieren. Das eine Mal wird von 739 Millionen Schilling gesprochen, die das die Länder und Gemeinden in der ersten Ausbaustufe kosten wird, das andere Mal wird von 436 Millionen Schilling gesprochen. Das sei nur kurz angedeutet zu den Finanzen.

Nun zum Arbeitsrecht, meine Damen und Herren: Ich bestreite nicht das Bemühen, Herr Minister, das Ihr Ministerium und andere Bereiche gezeigt haben. Ich weiß nur nicht, ob es immer koordiniert geschehen ist, da eine menschenwürdige Regelung herbeizuführen.

Wir haben in Österreich eine Arbeitsverfassung, die generell vorschreibt, wieviel Menschen arbeiten können, sollen und dürfen, und diese Arbeitsverfassung sollte doch für alle Bereiche gelten. Wir können doch nicht, wie es heute schon Brauch ist, in jedes Gesetz eine Verfassungsbestimmung hineinpflanzen und in jedes Detailgesetz eine Detailbestimmung über die Arbeitsverfassung. Das geht nicht! Beim Arbeitsruhegesetz werde ich noch einmal darauf zu sprechen kommen.

Wir haben in Österreich eine allgemeingültige Arbeitsverfassung. Darauf haben auch die Bediensteten in den Spitälern und überall anderswo Anrecht. Das heißt nicht, daß das jetzt als


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620. Sitzung / Seite 85

menschenwürdig hingestellt wird, daß man so lange arbeiten muß. De facto muß man so lange arbeiten, wie es im Gesetz festgeschrieben ist. Wenn der Stationsvorstand sagt, so viele Stunden sind laut Arbeitszeitgesetz zu leisten, dann wird man es wohl leider machen müssen – Vierzig-Stunden-Woche hin oder her, darüber wird eigentlich nicht gesprochen.

Dieses Mangels war sich der Legist offensichtlich bewußt. In § 1 sind die Geltungsbereiche für das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz taxativ aufgezählt. Ganz hinten, unter Absatz 3, heißt es: Dieses Bundesgesetz gilt nicht für leitende Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.

Was heißt das? Bitte, was sind Führungsaufgaben? Ist das die Aufgabe des Zentralportiers oder desjenigen, der für die Müllbeseitigung in einer gewissen Sektion zuständig ist? – Alles kann man heutzutage als Führungsaufgabe bezeichnen.

Da wird bereits wieder ein Schlupfloch gemacht, und zwar deswegen, weil das Gesetz in sich, weil es eben die österreichische Arbeitsverfassung tangiert, nicht klar sein kann.

Das ist auch der Grund, warum wir auch diesem Bereich nicht unsere Zustimmung geben zu können. Wir meinen überhaupt, daß man nicht zu jedem Spezialgesetz wieder ein Extra-Spezialgesetz dazumachen sollte. Es gibt ein Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, es gibt eine Bundesverfassung, und es sollte auch nur ein einheitliches österreichisches Arbeitsrecht geben, das für alle Bereiche die gleiche Gültigkeit hat. Das würden wir uns im Interesse der österreichischen Arbeitnehmer – auch der Krankenhausbediensteten – für die Zukunft wünschen. Derzeit können wir dieser Materie deswegen noch nicht die Zustimmung geben, weil sie am halben Weg stehengeblieben ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.33

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister Hums hat sich zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, zu sprechen.

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Herr Bundesrat Dr. Tremmel! Zu Ihrer Wortmeldung: Ich glaube, wir dürften zwei unterschiedliche Vorlagen in Händen haben. (Bundesrat Dr. Tremmel: Nein!) Meine Vorlage enthält beispielsweise keine Verfassungsbestimmung, die da irgend etwas verschlechtert oder sonst etwas tut. Das stimmt daher nicht.

Wir brauchen unterschiedliche Arbeitszeitregelungen bei völlig unterschiedlichen Bedingungen, und das ist der Grund, warum wir für Spitäler – aber neu: für Spitäler – unabhängig von ihrem Eigentümer ein Arbeitszeitrecht mit einer sehr hohen Mitbestimmungsmöglichkeit schaffen. Es wurde zusätzlich die Regelung geschaffen, daß auch die betroffenen Bediensteten in den jeweiligen Abteilungen in die Betriebsvereinbarungen über die Arbeitszeit eingebunden werden müssen. Ich wünsche mir daher, daß Sie vielleicht doch noch die richtige Fassung bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Vom Berichterstatter wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 86

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden (461 und 539/NR sowie 5360/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wolfgang Hager übernommen, und ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Sozialausschusses liegt schriftlich vor.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Helga Moser. Ich bitte sie, zu sprechen.

14.34

Bundesrätin Helga Moser (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Umfang der österreichischen Arbeitnehmerschutzgesetze ist enorm. Wir haben die verschiedensten unterschiedlichen Bestimmungen, und es ist teilweise, wie ich mich erkundigt habe, auch bei Arbeitsinspektoren schon oftmals nicht mehr klar und eindeutig, welche Gesetze wann zum Tragen kommen. Es ist daher die Frage, ob die Novellierung in der Art und Weise, wie sie heute hier vorliegt, wirklich zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer beiträgt.

Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob man über gesetzliche Regelungen, über Vorschriften, über Einschränkungen auch die Eigenverantwortung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer stärken kann. Ich meine, in vielen Bereichen ist es so, daß bei einem guten Arbeitsplatz einerseits Arbeitnehmer, die sich ihrer Verantwortung bewußt sind, die Freude an ihrer Tätigkeit haben, und andererseits Arbeitgeber, die sich der Stärken ihrer Angestellten bewußt sind, die diese als Mitarbeiter ansehen, sehr wohl Möglichkeiten finden, miteinander an einer Sache zu arbeiten. Es besteht bei der Gesetzgebung immer die Gefahr, daß Barrieren aufgebaut werden, weil der eine oder andere Partner meint, er werde beschränkt oder es würden ihm von seiten der Gesetzgebung Richtlinien vorgegeben, die er in der Praxis nicht erfüllen könne.

Für mich – wobei ich ganz ehrlich sage, daß ich in diesem Bereich ein Laie bin, aber ich habe versucht, mich einzuarbeiten – ist zum Beispiel eines nicht einsichtig: daß in § 10 Abs. 1 die bestehenden Sicherheits- und Gesundheitsgefahren und -belastungen aus dem Gesetz gestrichen wurden und nur mehr die Anzahl der Arbeitnehmer für die Anzahl der Sicherheitsvertrauenspersonen ausschlaggebend sein soll.

Arbeitnehmerschutz und Arbeitgeberinteresse kollidieren dann nicht, wenn beide Seiten ihre Rechte einfordern können. Wir meinen, daß dies bei diesem Gesetz nicht der Fall ist, und werden ihm daher unsere Zustimmung nicht geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 87

14.36

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. – Bitte.

14.36

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich hätte eigentlich von meiner Vorrednerin gedacht, daß sie hier eine mittelständische Ansicht vertritt, daß aufgrund der Interessen des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender die Freiheitliche Partei dagegenstimmt, aber es gibt, wie man sieht, eine neue Arbeitnehmerpartei hier in diesem Hause.

Meine Damen und Herren! Arbeitsplatzevaluierung war das Reizwort aller Klein- und Mittelbetriebe bei Versammlungen, die ich im letzten Jahr besucht habe, und auch bei Landesinnungstagungen, und ich bin an und für sich dankbar, daß es nunmehr gemeinsam mit der Sozialdemokratischen Partei und vor allem mit dem Sozialminister gelungen ist, in einer Novelle eine brauchbare Lösung für die Klein- und Mittelbetriebe zu finden.

Meine Damen und Herren! Unsere Betriebe bekennen sich zu einer sozialen Verantwortung, zur Gesundenvorsorge, zum Gesundheitsschutz im Betrieb, wozu sie sich aber nicht bekennen, ist, zu mehr Bürokratie, und das war aber in der ursprünglichen Fassung leider der Fall – ein Problem, das vor allem für Klein- und Mittelbetriebe zu enormen Schwierigkeiten geführt hat, wodurch der Arbeitnehmerschutz, den wir an und für sich als Zielsetzung für sinnvoll halten, zu einem Reizwort und zu einem Feindbild aufgebaut wurde.

Meine Damen und Herren! Durch die heutige Novelle ist es gelungen, den Geltungszeitraum um sechs Monate hinauszuzögern, das heißt, es besteht für die Betriebe verstärkt die Möglichkeit, Evaluierungen durchzuführen. Es wird damit auch der Fristenlauf innerhalb des Gesetzes mit dem Stufenplan für die Einführung der präventiven Dienste angepaßt beziehungsweise gleichgestellt. Es ist gelungen, für Klein- und Mittelbetriebe bis zehn Beschäftigte die Verpflichtung zur Evaluierung überhaupt bis zum 1. Juli 2000 hinauszuschieben, für Betriebe bis zu 50 Mitarbeiter bis 1. Juli 1999 und für Betriebe bis zu 100 Mitarbeiter bis 1. Juli 1998. Ich glaube, dies ist ein sehr wesentlicher Schritt, der damit gelungen ist.

Es ist aber noch etwas gelungen, nämlich das ganze Formularwesen, die befürchtete Bürokratie der Dokumentation der Evaluierung auf eine Seite oder jedenfalls auf ein Kleinstformat zu vereinheitlichen. Das bedeutet gerade für unsere Klein- und Mittelbetriebe eine enorme Vereinfachung, denn es ist ein Beitrag zur Entlastung von zuviel Bürokratie.

Ich glaube, daß es auch sehr wichtig war, im Gesetz zu definieren, für welchen Bereich von Gefahren ein Arbeitgeber für betriebsfremde Arbeitnehmer zuständig ist. Das hätte die Generalunternehmer voll getroffen. Es wurde jetzt auf die eigentlichen Gefahren im Betrieb eingeschränkt beziehungsweise muß man betriebsfremde Arbeitnehmer nur darauf aufmerksam machen. Das ist gerade für die Bauwirtschaft eine enorme Erleichterung, die wir damit erreichen konnten.

Meine Damen und Herren! Die Evaluierung hat zweifellos den Vorteil für jeden Unternehmer, seinen Betrieb nach den Gesichtspunkten der Sicherheit genau zu durchleuchten und durch entsprechende Präventivmaßnahmen das Risiko von Betriebsunfällen und Krankenständen zu mindern und damit Kosten für den Betrieb zu sparen. Die Unternehmer stehen positiv zum Unternehmerschutz, sie sind aber gegen weitere Bürokratie. Diese Gefahr hätte mit dem ursprünglichen Gesetzestext bestanden. Außerdem hätte die Gefahr bestanden, daß die Stellung der Arbeitsinspektoren wieder gestärkt und so wieder ein neues Feindbild aufgebaut worden wäre, da es doch in letzter Zeit gelungen ist, gerade mit den Arbeitsinspektoren ein positives Einvernehmen zu finden. Ich hoffe, daß wir mit diesem Gesetz eine praktikable Lösung gefunden haben.

Ein kleiner Nachsatz, Herr Bundesminister – das muß ich natürlich machen –: Es wäre, glaube ich, zweckmäßig, wenn diese Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch für die öffentliche Hand einmal Anwendung fänden, damit es nicht weiterhin eine Zwei-Klassen-Theorie, das heißt, zwei Arten von Arbeitnehmern gibt: jene, die dem Arbeitnehmerschutz unterliegen, und jene bei der öffentlichen Hand, bei denen es sich die öffentliche Hand richtet. Das wollte ich nur zum Schluß noch sagen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 88

Ansonsten wird meine Fraktion dieser Novelle gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.44

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert Platzer. Ich bitte ihn, zu sprechen.

14.44

Bundesrat Herbert Platzer (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich stimme im wesentlichen oder überhaupt weitgehend mit Bundesrat Dr. Kaufmann überein: Bürokratie ist nun einmal eine österreichische Angelegenheit, und ich hoffe, daß sie nicht allzusehr ausufert, aber wir erleben sie auch in anderen Bereichen.

Ich freue mich, daß Sie das Gesetz als brauchbare Lösung bezeichnen, und meine auch, daß es gerade bei der öffentlichen Hand sehr wichtig wäre, Herr Minister, auch einmal etwas zum Arbeitnehmerschutz zu beschließen.

Ich werde mich in Anbetracht der sehr umfangreichen Tagesordnung, die vor uns liegt, doch sehr kurz fassen. Ich glaube, daß es Verbesserungen beim Arbeitnehmerschutz gibt, ich glaube, daß es im einzelnen gut ist, daß die Verpflichtung besteht, betriebsfremde Arbeitnehmer über die Gefahren an der Arbeitsstätte genau zu unterweisen, und ich meine auch, daß die Anzahl von Sicherheitsvertrauenspersonen von der Anzahl der Arbeitnehmer abhängig zu machen ist, obwohl es hier sicher gewisse Probleme geben könnte, etwa in Betrieben, in denen es gefährliche Güter gibt, etwa in Betrieben, die mit Chemie arbeiten.

Ich finde es für wichtig und gut, daß dann, wenn eine Sicherheitsvertrauensperson gekündigt oder entlassen werden soll, die zuständige gesetzliche Interessenvertretung des Arbeitnehmers verständigt werden muß, wobei auch klargestellt ist, daß die Rechte des Betriebsrates von dieser Verständigungspflicht nicht berührt werden.

Ich glaube, gut ist auch die Festlegung, daß nur solche Ärzte Arbeitsmediziner sein dürfen, die eine anerkannte arbeitsmedizinische Ausbildung absolviert haben.

Ein Problem wird in dieser Änderung ebenfalls angesprochen, und zwar die Arbeitsplätze, die künftig in zunehmendem Maß außerhalb des Betriebes liegen werden. Ich denke hier an die Bildschirmarbeitsplätze zu Hause, und ich finde es sehr wichtig, daß sich der Arbeitnehmerschutz mit diesen Arbeitsplätzen zu Hause zu befassen hat, mit der Qualität der Bildschirmgeräte, die verwendet werden, mit den Arbeitstischen, Sitzgelegenheiten und dergleichen. Bei allem Für und Wider – die Entwicklung zum Arbeitsplatz zu Hause, gerade bei der Telekommunikation, ist sicher nicht aufzuhalten.

Wichtig ist auch die Fixierung von Terminen, die natürlich einen Kompromiß darstellen. Sie werden nach der Anzahl der Beschäftigten vom Juli 1997 bis Juli 2000 festgesetzt, trotzdem ist festgelegt, bis wann die Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, die Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung und die Erstellung der Sicherheits- und Gesundheitsdokumente fertiggestellt werden muß. Positiv ist auch, daß die Mindesteinsatzzeit für Sicherheitsfachkräfte festgelegt wird.

Die vorliegenden Änderungen möchte ich in aller Kürze – ich komme schon zum Ende – als wichtig und positiv betrachten. Ich danke auch dem Herrn Minister. Diese Gesetzesänderungen tragen seine Handschrift. Diese Änderungen haben unser wichtigstes Gut, die Gesundheit, im Auge, und ich wehre mich dagegen, wenn etwa in einer Zeitung zu diesem Gesetz nichts anderes vermerkt wird als: "bloße Kühlschrankverordnung". Das ist, glaube ich, etwas zu wenig und bezeichnet die Sache nicht näher.

Da ich gesagt habe, ich fasse mich kurz: Ich habe einmal ein Gedicht gelernt, da hieß es: "Die Mitternacht zog näher schon, in stummer Ruh’ lag Babylon." – Daß es heute nicht so sein möge, dafür möchte ich sorgen und schon schließen. Ich glaube, der Bundesrat sollte gegen diese Änderungen keinen Einspruch erheben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 89

14.48

Präsident Josef Pfeifer: Am Wort ist der Herr Sozialminister.

14.48

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gesundheitsvorsorge, Unfallverhütung – ich glaube, wir brauchen es nicht noch einmal zu betonen – sind für den einzelnen von enormer Bedeutung, aber auch für die gesamte Gesellschaft.

Ich danke daher für die positive Diskussion hier. Im Nationalrat ist sie ja leider nicht ganz so positiv verlaufen, denn da hatte ich von einigen Rednern den Eindruck, man wolle zurück in jene Zeit, in der man gesagt hat, Unfallverhütung sei das Problem jedes einzelnen. – Das kann es nicht sein.

Ich bekenne mich dazu, daß wir bemüht sein müssen, gemeinsam die Akzeptanz bei Unternehmern und Arbeitnehmern für den Arbeitnehmerschutz und für die Gesundheitsvorsorge auch dadurch zu verstärken, daß wir vermeidbare bürokratische Hemmnisse auch tatsächlich vermeiden.

Natürlich muß der Arbeitsinspektor auch kontrollieren, und jede Kontrolle wird vom Betroffenen, auch wenn er sie theoretisch als notwendig anerkennt, dann im konkreten Fall oft nicht als wirklich angenehm empfunden. Das ist immer damit verbunden. Wir haben aber hier – auch schon voriges Jahr – gesetzlich dem Rechnung getragen, was in der Praxis schon geschieht und vorher geschehen ist: daß Arbeitsinspektoren verstärkt nicht nur kontrollieren, sondern auch beratend tätig sind.

Hier meine Bitte: Wir sollten uns wirklich gemeinsam bemühen, daß für den Bereich der Gesundheitsvorsorge, der Unfallverhütung die Akzeptanz viel größer wird. Das kann man nicht durch Gesetze vorschreiben, dazu gehört die Einstellung insgesamt. Ein Beitrag dazu ist es, zu vereinfachen, wo es möglich ist.

Dazu eine Bitte: Das Wort "Evaluierung", ein Modewort, hat sehr viel zur Verwirrung beigetragen, denn viele wußten nicht, worum es überhaupt geht. Sie haben nur das Gefühl gehabt: Evaluierung – das ist teuer, das will ich nicht. Reden wir ganz schlicht österreichisch von der Gefahrenbewertung, lassen wir diese Wörter dort weg, wo sie vielen unverständlich sind. Gefahrenbewertung, Gefahrenermittlung, Gefahren ausschließen – dem wird sich niemand widersetzen können.

Nochmals herzlichen Dank für die positive Einstellung. Wir sollten sie auch weitertragen, denn Unfallvorsorge, Unfallverhütung sind sehr wichtig für alle.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen nicht nur für die jetzige positive Debatte danken, sondern für die Arbeit das ganz Jahr hindurch. Und auch wenn es vielleicht nach der Geschäftsordnung nicht zulässig ist, möchte ich Ihnen dennoch gleichzeitig schöne Feiertage wünschen und alles Gute fürs kommende Jahr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Prasch. )

14.51

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister! Es ist erlaubt. Wir wünschen Ihnen auch alles Gute!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 90

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 29. November 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsruhegesetz geändert wird (374 und 469/NR sowie 5305/BR und 5361/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsruhegesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Bericht, meine Damen und Herren, liegt schriftlich vor.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gerhard Tusek. Ich bitte ihn, zu sprechen.

14.52

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Dieser Gesetzesbeschluß steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Änderung beziehungsweise Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten. Tatsache ist, daß viele Konsumenten eine längere Öffnungszeit der Geschäfte wünschen und – wie die Erfahrungen gerade an den langen Einkaufsamstagen gezeigt haben – auch tatsächlich in Anspruch nehmen.

So positiv die Möglichkeit für den Konsumenten auch sein mag, künftighin an jedem Samstagnachmittag einkaufen zu können, so wirft diese Möglichkeit natürlich Probleme und Benachteiligungen bei den Betroffenen – das sind immerhin über 238 000 Handelsangestellte in Österreich – auf. Des einen Freud, des anderen Leid – das zeigt sich hier ganz deutlich.

Ich möchte an dieser Stelle noch eine persönliche Bemerkung anfügen. Ich weiß, wovon ich in diesem Zusammenhang rede, denn meine Eltern waren als Handelsangestellte tätig, und ich kenne aus meiner Kindheit sehr genau, mit welcher Belastung und mit welch großartigem Einsatz gerade Handelsangestellte ihre Tätigkeit ausüben.

Ich bin grundsätzlich für Flexibilisierung und Liberalisierung, aber auch für einen gewissen Mindestschutz der Betroffenen. Daher halte ich diesen heute zu bestätigenden Gesetzesbeschluß, daß Arbeitnehmer, die im Handel tätig sind und die an einem Samstag nach 13 Uhr arbeiten müssen – zum Wohle vieler Konsumenten – persönlich den Vorteil bekommen, daß sie den nächsten Samstag dann zur Gänze frei haben. Ich glaube, das ist wichtig, und das sind wir diesen Menschen auch im Sinne ihrer Familien schuldig.

Ich weiß aber auch, daß gerade diese Regelung von großen Handelsketten sicher leichter zu administrieren sein wird als vom kleinen Greißler um die Ecke, der vielleicht nur einen oder zwei Handelsangestellte beschäftigt beziehungsweise beschäftigen kann. Es ergeben sich durch diese Regelung – auch das sollen wir ganz klar sehen – gewisse Benachteiligungen für die kleinen Betriebe. Aber ich bin davon überzeugt, daß es die kleinen und überschaubaren Einheiten im Sinne einer echten Partnerschaft von Arbeitgeber und Arbeitnehmer schaffen werden, diese Probleme zufriedenstellend zu lösen.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 91

Aus diesem Grund werde ich dem Gesetzesbeschluß, der einen gewissen Ausgleich für eine echte Mehrbelastung darstellt, auch gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Prasch. )

14.56

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Freiberger.

14.56

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! In gebotener Kürze. Die Änderungen des Arbeitsruhegesetzes sind, wie Kollege Tusek bereits ausgeführt hat, in einem sehr engen Zusammenhang mit dem nächsten Tagesordnungspunkt zu sehen, nämlich der Novelle zum Öffnungszeitengesetz bezüglich der Ausdehnung der Öffnungszeit am Samstag bis 17 Uhr.

Durch diese zu beschließende Novelle ist es auch unbedingt erforderlich, für die betroffenen Beschäftigten im Handel einen Ausgleich zu schaffen. Mit den längeren Öffnungszeiten an Samstagen ist die Einschränkung der Freizeit, aber vor allem auch eine Einschränkung der Zeit für die Familie verbunden. Deshalb regelt die Änderung im Arbeitsruhegesetz, daß bei einer Beschäftigung am Samstag nach 13 Uhr der nächste Samstag in der Regel zur Gänze arbeitsfrei bleiben muß. Diese Regelung kann durch eine Betriebsvereinbarung, aber auch durch eine schriftliche Einzelvereinbarung in Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, auch zulassen, daß innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen die Beschäftigung an zwei Samstagen zulässig ist. In diesem Fall haben die übrigen Samstage dieses Zeitraumes arbeitsfrei zu sein.

Meine Damen und Herren! Wenn ich an die Diskussion im Vorfeld dieser Regierungsvorlage denke, wo einige meinten, daß die Vereinbarungen über den freien Samstag ausschließlich auf betrieblicher Ebene zwischen Dienstgeber und den Beschäftigten zu treffen seien, möchte ich ausdrücklich festhalten, daß das dem Kampf eines Riesen gegen einen Zwerg gleichgekommen wäre. Wie sollten Dienstnehmer, die in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehen, auf dieser Ebene eine Chancengleichheit vorfinden?

Meine Damen und Herren! Zum Schutz der Beschäftigten ist eine gesetzliche Regelung unbedingt erforderlich. Darüber hinaus werden durch die Verlängerung der Öffnungszeiten, von der vor allem Frauen nachteilig betroffen sind, noch einige begleitende Maßnahmen notwendig sein. Wir müssen unter anderem für ein verstärktes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen sorgen, ebenso müssen wir für die betroffenen Pendler die nötigen Verkehrsmittel zur Verfügung stellen.

Hohes Haus! Es sind auch die Kollektivvertragspartner in diesem Zusammenhang aufgefordert, Regelungen zu treffen, die die sogenannten geteilten Dienste erschweren. Es ist für Beschäftigte im Handel unzumutbar, daß die Arbeitnehmer dort möglicherweise zwei Stunden am Vormittag und zwei Stunden am Nachmittag oder am Abend zu Dienstleistungen herangezogen werden. Hier müßte die Unterbrechungszeit limitiert werden, oder es sind überhaupt durchgehende Dienstzeiten anzustreben.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dieser Vorlage die Zustimmung geben, da es ein notwendiger Schritt zum Schutz der Beschäftigten ist. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

Präsident Josef Pfeifer: Am Wort ist Herr Dr. Paul Tremmel. – Bitte, Herr Bundesrat.

14.59

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich werde es auch kurz machen. Ich persönlich – unsere Fraktion hat die Abstimmung freigegeben – werde diesem Arbeitsruhegesetz die Zustimmung geben.

Ich gebe nicht deswegen die Zustimmung, weil ich glaube, daß dieses Gesetz die "deus ex machina" für den Arbeitsschutz ist, sondern weil das schutzwürdige Interesse der Kleinen, der kleinen Beschäftigten, der Frauen für mich im Vordergrund steht. Es sind doch gerade Frauen


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620. Sitzung / Seite 92

im Handel beschäftigt, und letztlich haben die Familien die Lasten zu tragen, wenn die Mutter für ein – ich muß das sagen – relativ geringes Entgelt den ganzen Tag beschäftigt ist und für die Familie, für den wichtigsten Kern in unserem Staat eigentlich wenig Zeit erübrigen kann.

Das ist für mich der Grund, warum ich persönlich zustimmen werde. Ich glaube allerdings, so wie ich es vorher ausgeführt habe, Herr Minister – ich habe die Materie nicht verwechselt, bitte! –, daß es die Aufgabe einer ordentlichen Arbeitsverfassung ist – und ich wiederhole das nochmals –, gesamtösterreichisch für alle Arbeitnehmer die Arbeitszeit zu regeln, und die anderen Bereiche, die Unternehmungen et cetera, haben sich nach dieser Regelung zu richten.

Das ist überhaupt kein Widerspruch. Ich persönlich trete für eine völlige Liberalisierung der Öffnungszeiten ein, und es ist in anderen Ländern, die durchaus auch einen hohen sozialen Pegel haben, etwa in Schweden, durchaus üblich, daß dadurch nicht Arbeitnehmerinteressen verletzt werden, und in diese Richtung müßte eigentlich unsere Intention gehen. Es muß der eine vom anderen lernen, und es muß sich der eine nach dem anderen auch richten. Und ich glaube, es sollte endlich Zielpunkt auch in anderen Bereichen sein, daß wir zu einer einheitlichen Arbeitsverfassung und Arbeitszeitverfassung finden, die wir ja auch im EU-Raum anstreben.

Ich sehe schon die einzelnen Argumente, die Anforderungsprofile bei bestimmten Arbeiten sind verschieden, aber es wird nicht angehen, daß wir überall verschiedene Zeiten haben. Das wird auf Dauer nicht machbar sein. Der Beamte muß sich auch nach dem privaten Bereich richten, und der Private muß sich andererseits auch nach dem beamteten Bereich orientieren können. So sehe ich das grundsätzlich im Bereich der Arbeitszeitverfassung. Dieser Gesetzesmaterie werde ich persönlich die Zustimmung geben, weil es hier um das schutzwürdige Interesse des Schwächeren geht. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Bundesräten der ÖVP und bei der Bundesrätin Kainz. )

15.03


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 93

Präsident Josef Pfeifer:
Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. – Bitte.

15.03

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Bevor ich beginne, möchte ich etwas zu meinem Vorredner, Herrn Bundesrat Freiberger, sagen. Er hat gemeint, dieses Gesetz sei zum Schutz der Arbeitnehmer notwendig, weil das ein Kampf des Kleinen gegen den Riesen ist. Dazu möchte ich sagen: Es gibt viele Betriebe in Österreich, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer partnerschaftlich miteinander umgehen, und es ist ein gegenseitiges, ich wiederhole, ein gegenseitiges Geben und Nehmen.

Ich werde heute nicht für dieses Gesetz stimmen. Einerseits lockern wir die Ladenöffnungszeiten, was meiner Meinung nach auch notwendig ist, andererseits engen wir die Bedingungen dazu derart ein, daß vor allem kleine Händler mit wenigen Mitarbeitern keine oder kaum eine Chance haben, länger offenzuhalten. Immerhin sind im Handel in Österreich bei 76 Prozent bis zu vier Mitarbeiter beschäftigt – in Vorarlberg 75 Prozent – und bei 13 Prozent fünf bis neun Mitarbeiter – in Vorarlberg 14 Prozent. Also 89 Prozent der Betriebe im Handel haben nach der Arbeitsstättenzählung 1991 bis zu neun Mitarbeiter.

In der Praxis sieht das so aus: Wenn an einem Samstag länger als bis 13 Uhr geöffnet wird, muß der nächste Samstag dem Mitarbeiter zur Gänze freigegeben werden. Ich frage mich: Welche Mitarbeiter sind dann am nächsten Samstagvormittag da, oder soll das Geschäft am nächsten Samstag überhaupt nicht offenhaben? Das widerspricht meiner Meinung nach jeder Arbeitsplatzsicherung und ist kontraproduktiv.

Ich frage mich auch, warum wir in der heutigen Zeit wider besseres Wissen im Rahmen von Gesetzen derart einengen, anstatt der Eigeninitiative und der Verantwortung des einzelnen mehr Spielraum zu geben. Mehr privat und weniger Staat würde wohl auch hier gelten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

15.06

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird (375 und 533/NR sowie 5362/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Präsident hat den Gegenstand des Gesetzes verlesen. Ich erspare mir daher, den Bericht vorzulesen.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Helmut Prasch. – Bitte.

15.07

Bundesrat Dr. Helmut Prasch (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Diskussion sowohl über das Arbeitsruhegesetz als auch über die vorliegende Novellierung des Öffnungszeitengesetzes gibt uns die Möglichkeit, über zwei gleichermaßen bedeutende Themenkomplexe zu sprechen: zunächst über die Situation des österreichischen Handels, insbesondere des klein- und mittelständischen Gewerbes, dann aber auch über die Situation der Mitarbeiter, der Handelsangestellten, die eine durchaus differenzierte Meinung zu dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates haben.

Erlauben Sie mir vorweg aber die Feststellung, daß dieser Gesetzesbeschluß keineswegs der auch gerade in diesem Hohen Haus immer wieder erhobenen Forderung nach einer Entbürokratisierung entspricht. Nehmen Sie nur die heute zur Diskussion stehende Möglichkeit der Sonntagsöffnung von Geschäften her. Da muß erst eine Familienbetriebsverordnung erlassen werden, die der Landeshauptmann auf Basis dieses Öffnungszeitengesetzes erlassen muß, dann bedarf es einer weiteren Verordnung zum Betriebszeitengesetz, und so weiter und so fort. – Das ist sicherlich nicht der Weg, den sich der Handel in Österreich wünscht.


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620. Sitzung / Seite 94

Statt Entbürokratisierung und Deregulierung ist dieses Öffnungszeitengesetz nur ein weiterer Baustein im österreichischen Gesetzesdschungel, der nicht nur das Wirtschaften erschwert, sondern darüber hinaus undurchsichtig und undurchschaubar ist und letztlich auch einen Status der Rechtsunsicherheit schafft. Schon alleine aus diesem Grunde werden wir Freiheitlichen dem Öffnungszeitengesetz unsere Zustimmung verwehren.

Betrachten wir aber nun das neue Öffnungszeitengesetz aus der Sicht des Unternehmers, der, wenn er den beschriebenen Gesetzes- und Verordnungsdschungel durchblickt und alle Anträge gesammelt und gestellt hat, nun tatsächlich sein Geschäft nach dem Gesamtoffenhalterahmen, so der Terminus technicus, von 66 Wochenstunden oder nach den entsprechenden Möglichkeiten auch am Sonntag öffnet. Er wird das tun, um sich nicht von vornherein von der Möglichkeit auszuschließen, tatsächlich einen Mehrumsatz zu erzielen.

Aber wird er das auch tatsächlich schaffen? – Wir wissen, daß der Österreicher sein Wochenende sehr gerne nützt, um im benachbarten Ausland einzukaufen. Der Kaufkraftabfluß für 1996 wird schon jetzt mit rund 31 Milliarden Schilling beziffert.

Dieser Kaufkraftabfluß kann nicht mit einem neuen Öffnungszeitengesetz bekämpft werden, sehr geehrter Herr Minister, sondern er kann nur mit einer gerechteren Politik in Österreich bekämpft werden, mit einem gerechteren Steuersystem, das es den österreichischen Betrieben erlaubt, den Preiskampf mit dem billigeren Ausland aufzunehmen. Wo sind denn die schützenden Begleitmaßnahmen für den österreichischen Handel, Herr Minister, die Sie und ihre Vorgänger den heimischen Betrieben versprochen haben? Wo ist beispielsweise das Ergebnis des Eurofit-Programmes, das der damalige Wirtschaftsminister Schüssel so großartig versprochen hat?

Das Ergebnis Ihrer Politik nach dem EU-Beitritt ist hingegen der Verlust Tausender Arbeitsplätze im Handel und das Zusperren Hunderter Klein- und Mittelbetriebe. Heute so zu tun, als sei das Öffnungszeitengesetz der Stein der Weisen für den Handel, ist mehr als scheinheilig. Dieses Öffnungszeitengesetz ist bestenfalls Makulatur.

Die Verlängerung der Öffnungszeiten bedeutet nicht automatisch mehr Umsatz und mehr Gewinn. Es bedeutet aber jedenfalls mehr Kosten, mehr Aufwand und weniger Freizeit für die Mitarbeiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mitarbeitersituation scheint man bei der Erstellung dieses Gesetzes überhaupt sträflich vernachlässigt zu haben. Das Öffnungszeitengesetz ist in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach schlichtweg ein Husch-pfusch-Gesetz. Denn wenn man über die sogenannte Liberalisierung der Öffnungszeiten Vorteile für die Unternehmer erreichen möchte, so darf man nicht vergessen, daß dieses Ziel nur über den Einsatz der Mitarbeiter erreicht werden kann. Bevor man daher ein derartiges Gesetz beschließt, wird man sich auch einmal über die Situation der kleinen Verkäuferin klar werden müssen, die vielleicht alleinerziehende Mutter ist und künftig bis spät in die Abendstunden hinter dem Verkaufsregal stehen soll. Wo bleibt hier der Protest der SPÖ, die sich sonst so gerne rühmt, sich für die Frauen einzusetzen? (Bundesrätin Kainz: Kommt schon noch!)

Wir Freiheitlichen sagen: Solange es keine entsprechende Infrastruktur gibt – und das geht bis hin zur Frage, ob Mitarbeiter die Möglichkeit haben, nach Dienstschluß mit einem öffentlichen Verkehrsmittel nach Hause zu kommen –, solange es für alleinerziehende Frauen keine Möglichkeiten der Kinderbetreuung im Rahmen flexiblerer Kindergartenöffnungszeiten gibt, kann man kein Gesetz beschließen, das derart massiv in die Lebensqualität der Mitarbeiter eingreift.

Es bleibt letztlich die nach wie vor offene Frage der Mitarbeiterentlohnung, die ebenfalls nicht geklärt ist. Wer erwartet, daß seine Mitarbeiter länger arbeiten, der muß auch einsehen, daß Mitarbeit in einem Unternehmen seinen guten Preis hat. Dafür werden wir Freiheitliche uns hier jedenfalls weiter einsetzen. Da das vorliegende Öffnungszeitengesetz unseren Qualitätskriterien in keiner Weise entspricht, wird die freiheitliche Fraktion diesen Gesetzesbeschluß ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 95

15.13

Präsident Josef Pfeifer: Als nächster am Wort ist Herr Dr. Kurt Kaufmann. – Bitte.

15.13

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Bei den Vertretern der Freiheitlichen kenne ich mich nicht mehr aus. (Bundesrat Eisl: Die Wirtschaftsbündler haben Probleme!) Ich kenne die Diskussion des "Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender", und ich werde, Herr Kollege Prasch, das Protokoll dieser Rede dem RFW schicken. (Bundesrat Weilharter: Aber auch dem ÖAAB, bitte!) Ich glaube, das ist notwendig, damit seine Vertreter wissen, welchen Stellenwert sie heute in der Freiheitlichen Partei einnehmen. Dem Redebeitrag der Kollegin Moser ist zu entnehmen, daß sich die Freiheitliche Partei zu einer klassischen Arbeitnehmerpartei entwickelt. (Bundesrat Eisl: 52 Prozent haben wir! 60 Prozent ist das Limit!)

Kollege Prasch! Sie haben anscheinend vergessen: Es gibt auch alleinerziehende Mütter, die nicht unbedingt im Handel tätig sind. Sie werden auch froh sein, wenn sie zu anderen Zeiten einkaufen können als zu den derzeit vorgegebenen Öffnungszeiten.

Nun zum eigentlichen Thema. Meine Damen und Herren! Die Ladenöffnungsdebatte führen wir ja nicht das erste Mal hier im Haus. Es ist eine unendliche Geschichte, und seit vielen Jahren wird hier immer versucht, die starren Fronten aufzubrechen. Es war Bundesminister Schüssel, der vor einigen Jahren als Wirtschaftsminister die ersten Schritte hiezu eingeleitet hat.

Meine Damen und Herren! Die Ostöffnung und der EU-Beitritt haben dazu geführt, daß wir heute einen Kaufkraftabfluß von rund 40 Milliarden Schilling haben. Und es ist ein Schritt, Kollege Prasch, um diesen Kaufkraftabfluß hintanzuhalten, daß wir versuchen, mit neuen Öffnungszeiten Käuferschichten zurückzugewinnen.

Ausschlaggebend war auch die Änderung der Ladenöffnungszeiten in Deutschland sowie das Anliegen, Österreich als attraktives Tourismusland für die ausländischen Touristen zu öffnen. Es ist, glaube ich, nicht einzusehen, daß japanische Touristen am Samstag und am Sonntag durch Wien irren und nichts einkaufen können.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, es hat auch in unseren Reihen – und ich habe viele Diskussionen über die Ladenöffnungszeiten miterlebt –, im Bereich der Wirtschaftskammer, im Bereich des Wirtschaftsbundes heftige Diskussionen darüber gegeben. Es ist das natürlich ein Problem für die Klein- und Mittelbetriebe, und es besteht die Befürchtung, daß große Ketten, die leichter disponieren können hinsichtlich Arbeitszeit und Einsatz der Mitarbeiter, die Klein- und Mittelbetriebe an die Wand spielen, daß die Ketten den Ruin der Klein- und Mittelbetriebe bedeuten.

Ich glaube aber, daß trotz heftiger Diskussion ein sehr guter gemeinsamer Kompromiß gefunden wurde, der für die Wirtschaft tragbar ist, ein Kompromiß, der auch die Familienbetriebe schützt. Und zu dem, was Sie, Herr Prasch, kritisieren: Wir sind für Entbürokratisierung, aber es ist gerade das ein Schutz der Klein- und Mittelbetriebe, daß sie auf der einen Seite am Sonntag offenhalten können, aber auf der anderen Seite nicht ausländische Unternehmer unbeschränkt Arbeitskräfte als sogenannte Familienmitglieder einsetzen können. Daher muß man halt leider in manchen Bereichen konkrete Regelungen vorsehen.

Der Gesamtrahmen des Gesetzes sieht vor, daß nunmehr 66 Stunden offengehalten werden kann – das ist auch eine Entbürokratisierung, weil ursprünglich waren es 60 Stunden und 66 Stunden nur im Lebensmittelhandel –, daß von Montag bis Freitag zwischen 6 Uhr und 19.30 Uhr aufgesperrt werden kann, daß am Samstag generell bis 17 Uhr offengehalten werden kann, daß an vier Adventsamstagen die Geschäfte bis 18 Uhr offenhalten dürfen und daß in Tourismusgemeinden und Gemeinden mit hohem Pendleranteil – Kollege, es gibt nämlich auch alleinstehende Frauen, die nicht im Handel tätig sind, diese müssen auch irgendwann einkaufen – die Ladenöffnungszeit von 5 Uhr bis 20 Uhr ausgedehnt wird.

Meine Damen und Herren! Zu den Sonderregelungen für Familienbetriebe, die insgesamt 80 Stunden pro Woche offenhalten dürfen, wobei die Zahl der Familienmitglieder beschränkt und genau definiert ist: Natürlich hat es auch in unseren Reihen heftige Diskussionen gegeben, aber ich kann Ihnen auch ein positives Beispiel dazu sagen. Die Badener Wirtschaftstreibenden haben die letzten drei Sonntage nachmittags offengehalten, auch die Klosterneuburger Wirt


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620. Sitzung / Seite 96

schaftstreibenden haben sich angeschlossen. Es waren unsere Unternehmer wirklich überrascht und begeistert, welche Umsätze sie erzielt haben, daß Einkaufen in der Stadt auch ein Vergnügen sein kann. Sie haben Umsätze erreicht – Kollege, fahren Sie mit mir nach Baden, reden wir mit einigen Händlern dort! –, die sie sonst im Durchschnitt im Jahr an einem normalen Wochentag nicht erreichen werden, obwohl sie nur nachmittags offen gehabt haben.

Ich glaube, auch hier ist ein Umdenken in der Unternehmerschaft da. Die Unternehmer sind bereit, offenzuhalten, und die Kritik der Öffentlichkeit, daß die Unternehmer lieber zusperren und Tennis spielen gehen wollen, stimmt nicht. Sie wollen offen haben, aber es gibt noch andere gesetzliche Bestimmungen, die sie daran hindern.

Es wurde zuerst das Arbeitsruhegesetz diskutiert und beschlossen. Ich habe gemeinsam mit Kollegin Giesinger dagegengestimmt, weil gerade dieses Arbeitsruhegesetz eines der Punkte ist, warum die Wirtschaft nicht offenhalten kann oder in Zukunft nicht in dem Ausmaß offenhalten wird, weil die Belastungen, die durch die Überstunden entstehen, die Belastungen dadurch, daß jeder zweite Samstag als Freizeit gegeben werden muß, natürlich zu solchen Kosten führen, sie nicht verdient werden können.

Ich glaube, es ist daher enorm wichtig, neben den nunmehr festgelegten Ladenöffnungszeiten auch die Rahmenbedingungen für die Klein- und Mittelbetriebe zu verbessern: Rahmenbedingungen, die darin bestehen, daß es entsprechende Arbeitszeitregelungen gibt, die für die Klein- und Mittelbetriebe tragbar und auch finanzierbar sind.

Es muß in Zukunft eine neue Diskussion über die Einkaufszentren geführt werden. Ich weiß, daß die Einkaufszentren Ländersache sind – Raumordnung ist Ländersache –, aber das Ausufern der Einkaufszentren, wie wir es derzeit auch in den kleinsten Bezirksvororten erleben, führt dazu, daß die innerstädtischen Kerne der Ortsgemeinden veröden.

Ich bin daher dir, Herr Minister, sehr dankbar, daß du zugesagt hast, eine entsprechende Initiative einzuleiten, daß mit den Ländern gesprochen wird, daß mit den Ländern verhandelt wird, die Raumordnung in diesem Bereich zu überdenken, daß man also strengere Kriterien für die Einkaufszentren schaffen wird.

Meine Damen und Herren! Da wir heute noch eine sehr lange Sitzung haben werden, möchte ich zum Schluß kommen und sagen, daß meine Fraktion diesem Gesetz die Zustimmung erteilen wird. Ich ersuche aber zugleich die Bundesregierung, auch entsprechende begleitende Maßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe zu setzen, flankierende Maßnahmen zur Arbeitszeitregelung und Maßnahmen zur Förderung von Nahversorgungsbetrieben, die wir auch wegen der Lebensqualität draußen in den Orten dringend brauchen.

Meine Fraktion wird dem Gesetz die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

15.21

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich bitte sie, zu sprechen.

15.21

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir setzen mit der Beschlußfassung der Ladenöffnungszeiten heute einen Schlußpunkt, um das mit einem modernen Stehsatz zu sagen, unter eine unendliche Geschichte.

Ich bin seit fast 30 Jahren im Bereich der Arbeitnehmervertretung tätig, und in diesen 30 Jahren erlebte ich die Diskussionen um, wie es damals noch geheißen hat, den "Ladenschluß", ob während der Woche oder am 8. Dezember. Es war oder ist tatsächlich eine unendliche Geschichte. Ich befürchte allerdings, daß mit diesem Schlußpunkt auch der Startschuß für eine weitere unendliche Diskussion fallen wird, denn es ist heute hier so vieles an Fakten aufgezählt worden, einmal in die eine und einmal in die andere Richtung interpretiert.


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Ich stehe jetzt hier und kündige Ihnen an, daß ich gegen diese Materie stimmen werde. Um es gleich vorwegzunehmen: Sie brauchen mich nicht darauf aufmerksam zu machen, daß ich als Arbeitnehmervertreterin damit vielleicht Schwierigkeiten bekäme. Ich sehe das nicht so.

Vor dem Hintergrund, daß diese Beschlußfassung ja abzusehen war, haben die Sozialpartner Rahmenbedingungen geschaffen, die einfach vorweggenommen haben, daß sie mit der Realität der Beschlußfassung leben müssen. Ich zolle meinen Kolleginnen und Kollegen sowohl in der Gewerkschaft, aber durchaus auch dort, wo es zu Kompromissen gekommen ist, auch in der Bundeswirtschaftskammer, Respekt in der Wahrnehmung ihrer Kompetenz der Regelung der Nebenfakten. Diese sind heute im Zusammenhang mit dem Wochenendruhegesetz bereits angesprochen worden.

Warum ich kein Problem damit habe, trotzdem dagegen zu stimmen, liegt daran, daß ich in diesem Stimmverhalten eine über diese Regelung von Einzelfakten hinausgehende Notwendigkeit sehe, weil mir die Grundtendenz der Ladenöffnungszeitenregelung einfach nicht näherzubringen ist. Es werden verschiedene Gruppierungen angesprochen. Die Medien machen das ja sehr geschickt. Man zeigt uns im Fernsehen nur jene, die der Materie zustimmen. Das behaupte ich jetzt schlichtweg, und das ist auch durchaus durch Aussagen von Journalisten untermauert. Denn wenn ein Redakteur einer angesehenen Zeitung sagt, wenn er zum Wochenende arbeiten muß, dann möchte er sich eine Wurstsemmel kaufen können, dann kann ich dem aus persönlichem Standpunkt durchaus etwas abgewinnen, nur in der Tendenz ist das abzulehnen.

Es gibt also im wesentlichen drei oder vier Gruppierungen, die an dieser Materie ein Interesse haben. Da ist einmal der Handel, nämlich jene Gruppierung der kleinen Händler, der Nahversorger, deren Existenz in meinen Augen sehr gefährdet ist, weil sie diese Wettbewerbsnotwendigkeiten aufgrund ihrer kleinen Struktur und ihrer persönlichen Situation nicht erfüllen können. Die Auswirkungen auf die Konsumenten folgen dem auf dem Fuß, indem eben die Nahversorgung für finanzschwache und alte Menschen gefährdet ist. Heute ist auch sehr massiv der ländliche Bereich angesprochen worden. Ich denke, ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welche Ausgleichsmaßnahmen mit fliegenden Händlern dort notwendig sein werden, weil die Nahversorgung gefährdet ist.

Die zweite Gruppe ist jene der Handelsangestellten, deren Probleme ich Ihnen auch nicht näherzubringen brauche. Ich habe hier eine brandneue Studie aus Oberösterreich, in der alle unsere langjährigen Argumente bestätigt werden. Die jungen Handelsangestellten sagen, diesen Belastungen werden sie nicht standhalten, und wenn sich eine Gelegenheit ergibt, dann wird es zu einem Berufswechsel kommen. Ich hoffe, daß das auch machbar ist, denn die Realität auf dem Arbeitsmarkt schaut ja etwas anders aus. Die älteren Handelsangestellten resignieren und haben das Gefühl, damit leben zu müssen, daß sie diesen Belastungen standzuhalten haben, weil sie keine Alternativen haben.

Es wird behauptet, daß der Konsument ein Interesse daran hat, und es wird der Kaufkraftverlust und der Einkaufstourismus in die umliegenden Länder herangezogen. Ich denke, daß auch diese Behauptungen mit einer anderen Begründung zu versehen sind. Es ist auch heute hier schon einmal gesagt worden: Die Wiener fahren nicht nach Ungarn, weil dort die Geschäfte länger offen haben, sondern sie fahren dorthin, weil es spezielle Angebote gibt, weil es dort billiger ist und weil ein Ausflug damit verbunden ist. Das gleiche können Sie von den Oberösterreichern sagen, die nach dem Norden, in die Tschechei, und nach dem Westen, nach Deutschland, fahren, wobei dort dann auch noch die Preissituation und das größere Angebot mit zum Tragen kommen. Ich denke also, die Argumente kann man in die eine oder in die andere Richtung beugen.

Die Behauptung, daß der Konsument mehr Zeit braucht, um einzukaufen, ist ebenfalls zu hinterfragen. Hat er denn überhaupt mehr Zeit zur Verfügung? – Ich behaupte schlichtweg: Wenn sich jemand einen Wintermantel kaufen will, dann kauft er diesen entweder am Donnerstag oder vielleicht am Samstag, weil es dann bequemer ist.


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Herr Kollege Kaufmann! Ich will nicht bestreiten, daß es in Baden positive Aspekte gibt. (Ruf bei der ÖVP: Nicht nur in Baden!) Aber Sie wissen ganz genau, daß auch Ihre Vertretungen zugeben, daß das im Durchschnitt nur eine Umsatzverlagerung ist. Die Tatsache, daß trotz liberaler Öffnungszeiten in Deutschland Umsatzrückgänge zu verzeichnen sind, zeigt, daß da doch irgendein anderer Zusammenhang bestehen muß. (Bundesrat Ing. Penz: Im Interesse der Konsumenten!)

Ich möchte jetzt das persönliche Verhalten von Konsumenten hier nicht kritisieren, aber so am Rande ist mein persönlicher Eindruck, daß ein gewisser Tourismus zu den großen Handelsketten entsteht, die dann natürlich ein berechtigtes Interesse an längeren Öffnungszeiten haben. Das geht in die Richtung, daß Familien nicht mehr spazierengehen können. Aber ich bitte, das richtig zu verstehen: Das ist mein persönlicher Eindruck. Es liegt nicht an mir, das Lebensverhalten von anderen Menschen zu bestimmen. Aber die Tendenz, sich mit Kindern am Wochenende spazierenderweise in Einkaufszentren statt in der freien Natur zu bewegen, würde mir auch ein bißchen zu denken geben. Ich gebe jedoch zu, daß das nur ein kleiner Touch am Rande ist. Sagen Sie mir nicht, das sei ein unqualifiziertes Argument. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist etwas Subjektives! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das hat natürlich etwas mit den Ladenöffnungszeiten zu tun. Es ist ja recht reizvoll, in einem gedeckten Areal Window-shopping zu betreiben, einen Kaffee zu trinken und dann nichts auszugeben.

Die Argumente der Umsatzsteigerung sind also zu hinterfragen. Ich glaube, das wissen Sie aus den Zahlen am allerbesten. Ich gebe zu, daß die Umfrage des "Regal" in Oberösterreich nicht mehr brandneu ist. Sie wissen, das "Regal" ist eine Zeitung des Handels in Oberösterreich, die unter ihren Lesern eine Umfrage gemacht hat. Demnach haben sich über 80 Prozent dagegen ausgesprochen, daß es weitere Ausweitungen der Öffnungszeiten gibt. Und unsere Landstraße-Kaufleute bestätigen, daß der Umsatz halt heute am Samstag gemacht wird, während er früher am Donnerstag und am Freitag vormittag erfolgt ist.

In Summe dieser Argumente bin ich nicht bereit, einer Tendenz näherzutreten, die mir in ihrer Gesamtheit nicht erstrebenswert erscheint. Aus diesem Grund werde ich persönlich diesem Nationalratsbeschluß nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei einzelnen Bundesräten.)

15.30

Präsident Josef Pfeifer: Weiters gelangt Herr Bundesrat Karl Drochter zu Wort. – Bitte.

15.30

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Kollege Kaufmann hat Kollegen Prasch gesagt, daß er ihn bei der Freien Wirtschaft vernadern werde. Ich kann Kollegen Prasch versprechen: Obwohl er den Spagat zwischen Handelsketten und Arbeitnehmern nicht überzeugend geschafft hat, werde ich ihn nicht beim Kollegen Gaugg bei der "AUF" in Kärnten vernadern.

Das heute vorliegende Öffnungszeitengesetz ist von meinen Vorrednern schon sehr ausführlich besprochen worden. Es ist jahrzehntelang, wie das Kollegin Kainz angedeutet hat, in Kreisen der Belegschaftsvertreter, der Gewerkschaften, aber auch der Konsumenten beraten worden. Auch nach dieser 30jährigen leidvollen Erfahrung nehmen wir zur Kenntnis, daß Kollegin Kainz dem Öffnungszeitengesetz nicht die Zustimmung geben wird, die sozialdemokratische Bundesfraktion hingegen sehr wohl, weil es nach der Diskussion über die Öffnungszeiten, von denen ja 250 000 Kolleginnen und Kollegen und 25 000 Lehrlinge betroffen sind, durch die parallele Verwirklichung des Kollektivvertrages doch möglich war, erträgliche Arbeitszeiten, Freizeitregelungen und Zuschläge für Mehrarbeit durchzusetzen.

Ich mache mir aber große Sorgen, vielleicht mehr Sorgen als die Vertreter der Wirtschaft, über den Umstand, daß seit dem Jahre 1990 über 5 000 Nahversorger ihre Betriebe geschlossen haben, daß es in 10 Prozent der Gemeinden in Österreich keine Nahversorgung mehr gibt, daß es in 44 Prozent der Gemeinden keinen Bäcker mehr gibt, Herr Bundesminister, daß es in 47 Prozent der Gemeinden keinen Fleischhauer mehr gibt. Man muß davon ausgehen, daß nicht alle Konsumenten so mobil sind und regelmäßig zu großen Einkaufszentren fahren können. Wir


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müssen auch mitberücksichtigen, daß es in unserer Gesellschaft ältere und kranke Menschen gibt, die nicht über die notwendige Mobilität verfügen.

Kollege Kaufmann hat schon auf die persönliche Situation der Nahversorger hingewiesen, daß sie aufgrund des Konkurrenzdrucks in der Zukunft weniger Freizeit haben werden. Das wird nicht im gleichen Ausmaß für die Arbeitnehmer eintreten, weil eben die Arbeitnehmer Belegschaftsvertreter haben, eine Interessenvertretung haben, die Gewerkschaften und den Österreichischen Gewerkschaftsbund, die zeitgleich auch den von mir schon erwähnten Kollektivvertrag abgeschlossen haben. Es wird nach Jahrzehnten möglich sein, daß Beschäftigte im Handel mit ihren Familienangehörigen ein gemeinsames Wochenende, also einen Samstag und einen Sonntag, verbringen können.

Herr Bundesminister! Es ist schon erwähnt worden, daß sich die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den grenznahen deutschen Handelsbetrieben nicht verbessert hat und auch durch längere Öffnungszeiten nicht verbessern wird. Es ist auch gesagt worden, daß der Kaufkraftabfluß im vergangenen Jahr über 30 Milliarden Schilling betragen hat. Kollege Kaufmann hat in seinem Beitrag darauf hingewiesen, daß die 40-Milliarden-Grenze schon im heurigen Jahr erreicht werden wird. Das ist sicherlich für die Wirtschaft, für die Betriebe schmerzlich, beweist aber, daß die Öffnungszeiten nur ein Teil, wenn auch ein wichtiger, sind, um Geschäfte zu machen, um Käufer zu binden oder neue Käufer zu gewinnen.

Viel entscheidender ist aber neben den Öffnungszeiten meiner Meinung nach auch die Qualität der Produkte, die ausgezeichnete Beratung durch das Verkaufspersonal. Das bedingt aber auch, daß man nach wie vor der Lehrlingsausbildung beziehungsweise der Möglichkeit der Lehrlingsausbildung eine besondere Präferenz gibt. Da bin ich nicht überzeugt, daß das im Handel auch in der Zukunft gewollt ist, wenn man die momentane Lehrlingssituation mitberücksichtigt.

Natürlich spielt auch der Preis eine wesentliche Rolle beim Einkauf. Wir merken das insbesondere bei unserem Nachbarland Italien. Obwohl die Lira in den letzten Wochen sehr stark angezogen hat, ist der Einkaufsboom vor allem aus den südlichen Bundesländern in das nahe Italien ungebrochen.

Es ist heute nur so am Rande erwähnt worden, daß wir natürlich auch darunter leiden, daß es einen starken Kaufkraftabfluß in die östlichen Nachbarländer gibt, Herr Bundesminister! Ich kann Ihnen folgendes sagen: Ich wohne ungefähr 40 Kilometer von der slowakischen und von der ungarischen Grenze entfernt. Es werden wöchentlich Einkaufsbusfahrten in die Nachbarländer organisiert, und das zu Zeiten, in denen man auch in Österreich einkaufen könnte.

Das heißt also, daß uns sicherlich einiges einfallen muß, damit die Leute im "Feinkostladen Österreich", so wie das Kollege Penz immer wieder erwähnt hat, einkaufen und österreichische Qualitätsprodukte kaufen. Einkaufszeiten, Beratung, Preis und Qualität spielen eine wesentliche Rolle.

Es ist auch schon erwähnt worden, insbesondere von Kollegin Kainz, daß die Arbeitsbedingungen durch das Arbeitsruhegesetz und durch den Kollektivvertrag mustergültig geregelt worden sind. Aber ich muß bedauerlicherweise darauf aufmerksam machen, daß vor allem jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen, daß sie bei nächster Gelegenheit die Branche wechseln wollen. Vor allem Frauen sind drauf und dran, den Handel zu verlassen, weil sich nämlich in den letzten Wochen sehr deutlich gezeigt hat, daß die Frauen veranlaßt werden sollen, ihre Mittagspause, die in der Regel eine bis maximal zwei Stunden gedauert hat, auf drei bis vier Stunden auszudehnen. Die Frauen haben keine Möglichkeit, nach Hause zu fahren. Im Frühjahr oder im Sommer ist es vielleicht noch angenehm, eine oder zwei Stunden spazierenzugehen, aber vier Stunden sind nicht zumutbar. Im Herbst und im Winter müßten sie dann wahrscheinlich in die Kaffeehäuser gehen oder in den Aufenthaltsräumen ihre Zeit verbringen.

Es ist auch heute schon zu erkennen, daß Vollarbeitsplätze – und das war auch nicht im Sinne des Erfinders – vermehrt zu Teilarbeitsplätzen werden, daß es vermehrt zu Arbeit auf Abruf kommt und daß es einen Wechsel von ordentlichen Dienstverhältnissen zu Werkverträgen gibt. Auch das ist unübersehbar.


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Ich habe erst gestern in einer Wiener oder österreichischen Tageszeitung gelesen, Herr Bundesminister, daß eine große Einkaufskette, die auf Innenausstattung spezialisiert ist, für den Samstagverkauf Personal sucht, sprich Studenten und Kolleginnen und Kollegen, die schon in den wohlverdienten Ruhestand getreten sind. Ich glaube, das war auch nicht im Sinne des Erfinders, und die Unternehmen sollten sich überlegen, ob diese Wege ein Beitrag zu unserer gesamtpolitischen Überlegung, zur Beschäftigungssicherung sind. Es ist hier auch schon kritisch angemerkt worden – auch von Kollegen Prasch –, daß sich im Bereich der Betriebskindergärten, der öffentlichen und privaten Kindergärten, bisher nichts zum Besseren geändert hat für die Frauen, Mütter und vor allem Alleinerzieher. Obwohl das auch versprochen worden ist, hat sich bisher für die Alleinerzieher nichts gebessert. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Man muß sich die vielen Hunderten, wenn nicht Tausenden Beschäftigten vorstellen. Ich nenne hier nur ein Beispiel, das der Herr Bundesminister sicherlich kennt, weil er ja im Süden von Wien zu Hause ist: die Shopping City Süd. Wenn diese um halb acht Uhr am Abend die Läden schließt, dann frage ich mich, wann die Frauen nach Hause kommen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das überhaupt nicht möglich. Sie werden auf private PKWs zurückgreifen müssen, wenn sie sich diese leisten können, oder sie werden von Vätern oder von den Männern mit den Kindern im Auto vom Arbeitsplatz abgeholt. Es wird dabei ganz übersehen, daß die Frauen nach der Arbeit noch Familien- oder Kinderpflichten haben.

Daher bitte ich Sie, Herr Minister, Druck zu machen, daß die öffentlichen Verkehrsmitteln dazu beitragen, daß die Beschäftigten im Handel die verlängerten Ladenöffnungszeiten leichter verkraften können.

Ich hoffe auch, Herr Minister, daß Sie Ihre Zusage einhalten können. Sie haben nämlich im Sommer prognostiziert, daß es einige Tausende Beschäftigte mehr im Handel geben wird, und ich gehe davon aus, daß Sie sich das sehr genau angesehen haben, bevor Sie diese Prognose gegeben haben. Sonst würde es Ihnen so ergehen wie Ihrem deutschen Kollegen, der erst vor wenigen Tagen im Fernsehen kundtun mußte, daß er sich im Bereich der Beschäftigung geirrt hat.

Ich glaube, insgesamt sollten wir danach trachten, daß wir auch einen Beitrag dazu leisten, die 235 000 arbeitslosen Männer, Frauen und Jugendlichen zum größten Teil wieder zu beschäftigen und somit auch wieder zu ordentlichen Konsumenten zu machen. Das würde auch dazu beitragen, die wirtschaftlichen Erwartungen des Handels, der Nahversorger zu erfüllen und die Arbeitsplätze, die schweren, belastenden Arbeitsplätze und die lange Anwesenheitszeit, vor allem in den Einkaufszentren, bei den Handelsketten für die Kolleginnen und Kollegen zu erleichtern.

Ich darf das wiederholen, was ich eingangs gesagt habe: Die sozialdemokratische Fraktion des Bundesrates wird abgesehen von Kollegin Kainz diesem Öffnungszeitengesetz ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Bundesrat Alfred Gerstl. Ich erteile es ihm.

15.44

Bundesrat Alfred Gerstl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich habe 45 Jahre als selbständiger Erwerbstätiger im Einzelhandel gearbeitet und davon gelebt. 40 Jahre hindurch war ich Kammerfunktionär. Dem vorliegenden Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird, kann ich nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den bekannten Argumenten, die mir gerade vorhin wieder mit einem Artikel von Kommerzialrat Schirag aus dem "Mittelstandsmagazin" augenscheinlich wurden, sehe ich darüber hinaus alle anderen Impulse für eine florierende Volkswirtschaft durch dieses vermehrte Zeitangebot im Einzelhandel gefährdet. Denn es motiviert zum Zeitverlust für wesentliche Kriterien einer Kultur


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nation: der Nutzung des Angebotes zur Besinnung, Körper und Geist bildend, aber auch Kommunikation und Gastronomie, so wie es vor allem familienfördernde Dinge gibt wie die Fitneßcenter. (Bundesrat Ing. Penz: Das sagt ein Trafikant!) Ich war auch Lebensmittelhändler und vieles mehr. Ich habe schon einiges in meinem Leben gearbeitet. Das müßtest du wissen.

Diese familienfördernden Einrichtungen wie die Fitneßcenter bewirken darüber hinaus wirtschaftliche Impulse zur Stärkung der Antriebskraft der Menschen für eine Kulturnation, sie sind ein Beitrag zur Volksgesundheit und Lebensfreude. Das vorliegende Gesetz wird den Konsumenten nicht dienen, höchstens von der Vielfalt zur Einfalt motivieren und auch letztendlich die Wertschöpfung nicht erhöhen.

Wir haben die Weichen für eine humanistische Gesellschaftsordnung zu stellen, in der wir auch eine Renaissance als Kunst- und Kulturnation erhoffen können. Daher kann ich diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei einigen Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

15.47

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte.

15.47

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hoher Bundesrat! Ich bin in einigen Dingen angesprochen worden. Zum einen sollte man einmal sehr realistisch an die moderaten Zielsetzungen dieses Gesetzes herangehen.

Zum ersten ging es darum, daß wir durch diese Regelung sicherstellen, daß nicht zum Teil in den letzten Jahren mühselig zurückgewonnene Marktanteile im Ausland durch eine erneute Verstärkung des Kaufkraftabflusses verlorengehen. Ich nenne zwei Beispiele. Wir haben in Vorarlberg seit dem Beitritt zur EU und den schweizerischen restriktiveren Regeln an Konsumenten gewonnen. Es kaufen rund 100 000 Schweizer in Vorarlberg ein.

Nächster Punkt: Wir haben gegenüber Italien und Deutschland zum Teil Konsumentenkaufkraft im letzten Jahr wieder zurückgewonnen, laufen aber jetzt Gefahr, diese wieder zu verlieren. Wir haben in Kärnten signifikant Marktanteil zugunsten Österreichs gewonnen. Das geht so weit, meine Damen und Herren, daß sich bei mir der Präsident der Provinz Veneto beschwert hat, daß die Supermärkte in Udine nicht mehr so viele Kunden aus Österreich haben. – Ich sage das nur als Beispiel. (Bundesrat Dr. Prasch: Da müssen Sie selbst runterfahren und sich das einmal am Samstag oder Sonntag anschauen!)

Trotzdem steht der Punkt im Raum. Wir haben hier Marktanteile zurückgewonnen – dank der Aktivitäten der Kärntner Händler. Drittens: Wir können mit Fug und Recht erwarten, daß, wenn die Schengener Außengrenze den Einkaufstourismus über die Grenzen etwas erschwert, wir auch den starken Abfluß in den Osten etwas eindämmen können.

Zum zweiten: Beschäftigung. Ich habe mir selbst die Mühe gemacht, in vielen Geschäften nachzufragen, wie die Reaktion der Händler sein wird, auch in bezug auf die Beschäftigungspolitik, Herr Kollege Drochter! Der Punkt ist, daß uns eines nicht erspart bleiben wird, was jede Handelslandschaft in jedem entwickelten Land mitmacht, daß es einen Trend zur stärkeren Teilzeitbeschäftigung gibt, daß es – das muß man auch feststellen – durch die verbesserte Convenience-Erwartung der Konsumenten zu sehr vielen Teilzeitjobs, etwa bei Einparken, Waren befördern, Zustellen, kommen wird. Das ist ein Trend, dem wir uns in Österreich nicht entziehen dürfen. Sollten wir uns ihm weiter entziehen, dann werden wir noch mehr Kunden verlieren.

Ich glaube nochmals, daß die Ladenöffnungsdiskussion nicht als Ersatz dafür herhalten kann, daß wir es in Österreich mit einer außerordentlich starken Konzentration im Handel zu tun haben und mit der starken Konzentration einhergehend eine ungewöhnlich hohe Konditionenspreizung, die die Kleinen hinauswirft und die Konsumenten noch irrealer sein läßt.


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Dritter Punkt: Wir haben mobilere Konsumenten, als wir sie je zuvor hatten. Es kann sich aus jedem Ort Österreichs der Konsument in etwa einer Stunde Autofahrt in einem anderen Land ohne besondere Kontrollen zum Teil versorgen.

Vierter Punkt: Es hat zum Teil der Handel manche Trends in der Loyalitätserklärung gegenüber dem Konsumenten verpaßt, und daher wird es in der nächsten Zeit von unserem Ressort aus folgende Aktivitäten geben.

In einer Reihe von Enqueten werden wir sicherstellen müssen, daß die zahnlosen Raumordnungen der Länder endlich greifen. Es gibt nur zwei Bundesländer, bei denen ich glaube, daß die Regelungen greifen. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn man muß festhalten: Österreich hat in fast allen Handelskategorien – in fast allen Handelskategorien! – die höchsten Einkaufsflächen pro Konsument in Europa, und dennoch wird munter weitergebaut. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Dort, wo die Nahversorgung gefährdet ist, wo wir in weitem Umkreis keine Mehrfachdienstleistungen feststellen, muß es uns durch eine Liberalisierung oder eine Zuerkennung von Mehrberechtigungen in der Gewerbeordnung möglich sein, einen multifunktionalen Nahversorger zu ermöglichen. Dazu gehört auch die zum Teil einfallslose Präsentation vieler Dinge. – Ich sage ein Beispiel: Es macht keinen Sinn, wenn in zehn Ortschaften noch je ein Minigeschäft wäre. Es wäre klüger, wenn es zwischen den zehn Ortschaften – von den Lokalen selbst errichtet – ein multifunktionales Einkaufszentrum gäbe, in dem man auch mehr Einkaufserleben hat, als wenn man von Ort zu Ort fahren muß, um Schuster und Greißler zu finden.

Dritter Punkt: Wir werden darüber nachdenken müssen, durch welche Art von gezielter Förderung wir jene Mindestflächen und Mindestsortimentausstattung für viele Sorten des Kleinhandels und Fachhandels erreichen werden, wodurch Wettbewerbsfähigkeit erzielt wird, denn nur dann, Hoher Bundesrat, wird es möglich sein, dem bisherigen Trend einer Verdünnung der Handelslandschaft und einer weiteren Konzentration entgegenzuwirken. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.51

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile es ihm.

15.51

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich habe meine berufliche Laufbahn in Salzburg in der Getreidegasse als Verkäufer begonnen. 1972 habe ich diese Arbeit beendet, 1962 begonnen, ich habe das also zehn Jahre gemacht. Ich hatte das Glück, dann einen Beruf ergreifen zu können, der mir sehr geholfen hat – auch beim Erleben von Freizeit und Genießen von Freizeit. Ich habe aber die Belastungen nicht vergessen, die damals und bis heute den Handelsangestellten auferlegt werden. Ich kann diesem Arbeitszeitgesetz nichts abgewinnen. Ich werde es heute nicht unterstützen. (Beifall des Bundesrates Dr. Prasch. )

Ich glaube, solange wir nicht gleichzeitig den betroffenen Verkäuferinnen und Verkäufern sagen können, wie sie ihre Familie, wie sie ihren Haushalt mit ihrer Arbeit unter einen Hut bringen können, so lange sollten wir bei solchen Gesetzen vorsichtig sein. Ich bitte hier um Verständnis – auch meine Fraktion –, daß ich diesen Weg nicht mitgehen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.53

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht gegeben.


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Hoher Bundesrat! Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Hoher Bundesrat! Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis 16 Uhr zur Aufrufung der dringlichen Anfrage. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 15.54 Uhr unterbrochen und um 16.01 Uhr wiederaufgenommen. )

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Hoher Bundesrat! Ich nehme die Sitzung wieder auf und unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Susanne Riess-Passer, Dr. Peter Harring und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privatisierung der Bank Austria und der Creditanstalt (1239/J-BR/96)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Dr. Riess-Passer, Dr. Harring und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen Mag. Klima.

Da diese inzwischen allen Bundesrätinnen und Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile nunmehr Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer als erster Anfragestellerin zur Begründung ihrer Anfrage das Wort.

16.02

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit 1991, also seit fast sechs Jahren, spielt sich vor den Augen der in- und ausländischen Öffentlichkeit ein beschämendes und zugleich entlarvendes Politdrama um die Veräußerung der Bundesanteile an der CA ab.

Parteisekretariate – das ist deutlich geworden – betrachten Banken als ihre eigene politische Spielwiese. Wie in einem Pokerspiel wird von Gewinnern und Verlierern gesprochen, auf dem rot-schwarzen Basar werden Posten und Einflußbereiche verteilt.

Eine angebliche Wirtschaftspartei entdeckt die Privatisierung für sich erst dann, wenn aus Schwarz plötzlich Rot werden soll, und Machtkalkül tritt an die Stelle von budget- und wirtschaftspolitischen Überlegungen, auch um den Preis eines nicht wiedergutzumachenden Schadens für den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Österreich.

In diesem Politdrama um die CA-Privatisierung, das, wie gesagt, nun schon fast sechs Jahre andauert, haben die Akteure ihre Hüllen fallengelassen. Einziges Ziel – das ist klar geworden – ist es, die Macht abzusichern, und zwar so, daß die rot-schwarze Farbenlehre nicht durcheinandergebracht wird. Kein Wunder, wenn ausländische Medien nur Hohn und Spott für diese Schlammschlacht übrighaben. Ich zitiere hier nur einige Medien, wie zum Beispiel das international bekannte und angesehene "Wall Street Journal", das unter dem Titel "How not to privatize a bank" einen sehr entlarvenden Artikel geschrieben hat. Der Übernahmekampf wird zum Politikum, hat es da geheißen, Machtkampf um Bankbesitz in Österreich, schwarze Banken, rote Banken – ein Alpendrama.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt am 14. Dezember dieses Jahres in ihrem Wirtschaftsteil: Die Gefahr, daß der lähmende Einfluß der Parteipolitik auf Österreichs


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Wirtschaft nur noch weiter verstärkt wird, während seine Reduzierung ja dringend notwendig wäre, ist nicht von der Hand zu weisen.

Die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt am 16. Dezember dieses Jahres: Wie dem auch sei – der Aufruhr der Politiker und die Argumente, die sie vorbringen, bestätigen, was sie eigentlich in Abrede stellen: Es geht um Macht und nicht darum, welche Bankenstruktur der österreichischen Wirtschaft am ehesten dienlich ist.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! So kann es nicht weitergehen. Es ist Zeit, daß alle aus ihren Schmollwinkeln wieder herauskommen und gemeinsam an einer sachlichen Lösung arbeiten. Eine solche sachliche Lösung muß zwei Grundvoraussetzungen haben: zum einen eine Änderung des Sparkassengesetzes, die in einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung als grundlegende Voraussetzung Chancengleichheit bietet, das heißt, auch eine Bereinigung der Verschränkungen, wie sie zum Beispiel zwischen der Bank Austria und der Stadt Wien bestehen.

Die zweite Grundvoraussetzung ist die rasche Privatisierung von noch in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen – auch dies bringen wir heute in einem Antrag hier ein – auf der Grundlage des Koalitionsübereinkommens, in dem diese Privatisierungserfordernisse festgelegt sind.

Ziel dieser Privatisierung muß es sein, die Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen zu verbessern, den politischen Einfluß auf die Unternehmensführungen zu beenden, die Möglichkeit zu schaffen, daß Beschäftigte dieser Unternehmen und die Bevölkerung Anteile erwerben können, die Aufhebung von Monopolstrukturen und die Entlastung des Budgets durch die erzielten Erlöse. Das heißt, es muß um eine Privatisierung gehen, die echt und umfassend ist und nicht um einen Schnellschuß in einem Einzelfall. Da geht es auch nicht, daß man hurra schreit, wenn Raiffeisen CA-Anteile übernehmen will, aber zeter und mordio schreit, wenn aus Schwarz plötzlich Rot werden soll. Diese Misere – auch das möchte ich klarmachen – wäre auch nicht entstanden, wenn man sich rechtzeitig Gedanken über diese Lösung gemacht hätte.

Im Jahr 1991 ist ein Ermächtigungsgesetz beschlossen worden, an das sich der Finanzminister natürlich zu halten hat, ohne daß darin eine Bedingung für eine echte Privatisierung enthalten gewesen wäre, sondern in dem es nur heißt, daß bestmöglich veräußert werden muß und der Finanzminister darüber hinaus völlige Entscheidungsfreiheit hat. Dieses Gesetz ist mit der Zustimmung der ÖVP beschlossen worden.

Im Frühjahr dieses Jahres hat die ÖVP mitgestimmt, als es darum ging, daß die Bank Austria die Möglichkeit erhalten hat, die Konsolidierungsbestimmungen nach der EU bis zum Jahr 2000 nicht einhalten zu müssen, und dadurch erst die Möglichkeit erhalten hat, dieses Anbot zu stellen. Bei den Koalitionsverhandlungen in Wien vor wenigen Wochen schließlich hat die ÖVP ihre Wahlforderung und ihr Wahlversprechen nach einer gänzlichen Privatisierung der Bank Austria auf dem Altar der Regierungsbeteiligung geopfert.

Meine Damen und Herren! Für Scheinlösungen und Maßnahmengesetze stehen die Freiheitlichen nicht zur Verfügung. Wir wollen keine Lex Bank Austria, die ein reines Maßnahmengesetz darstellen würde, noch dazu rückwirkend, mit all der rechtsstaatlichen Problematik, die diese Lösung mit sich bringen würde. Wir wollen keinen Schnellschuß fünf vor zwölf, sondern ein offenes Bekenntnis zur Privatisierung, und zwar zu einer 100prozentigen Privatisierung und nicht nur im CA- und Bank Austria-Bereich.

Es geht uns um eine umfassende Privatisierung und Bereinigung des rot-schwarzen Proporzdschungels im Bankenbereich insgesamt. Es geht um Wettbewerbsgleichheit auf dem Banken- und Kreditsektor und um eine Bereinigung von Wettbewerbsverzerrungen. Es geht um eine EU-konforme Lösung, die garantieren soll, daß sich Österreich nicht vor dem EuGH wiederfindet und Beugestrafen zahlen muß, die von der Kommission verhängt würden, wenn es keine gesetzeskonforme Lösung gibt.


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620. Sitzung / Seite 105

Wir wollen, daß die bestmögliche Lösung für das Land und für die Steuerzahler nicht aus parteipolitischen Erwägungen – und zwar egal, von welcher Seite – verhindert wird. Das Spiel der Selbstblockade, das jetzt sechs Jahre lang andauert, muß beendet werden. Dieses Spiel hat die Steuerzahler ohnehin schon 25 bis 30 Milliarden Schilling an Substanzverlust gekostet.

Wir wollen einen Weg, der die österreichischen Bürger und Steuerzahler bestmöglich schützt. Wir haben daher heute diese dringliche Anfrage an Sie, Herr Finanzminister, eingebracht, weil wir Sie bitten wollen, Ihre Position heute einmal eindeutig klarzulegen, weil das Parlament, die Öffentlichkeit und die Steuerzahler das Recht haben, daß die Fakten auf den Tisch gelegt werden. Auch wenn wir wissen, daß Sie natürlich bis zu einem gewissen Maß in Ihrer Verschwiegenheitspflicht gebunden sind, so bitten wir Sie doch, Ihre Entscheidungsgrundlagen und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, offenzulegen: zum Beispiel Ihre Haltung zu einer völligen Privatisierung der Bank Austria; zum Beispiel, wie Sie sicherstellen werden, daß Kleinaktionäre nicht geschädigt werden – ein Anliegen, das den Sozialdemokraten eigentlich geläufig sein müßte –, ebenso wie die Frage des Personalabbaus, über den in den letzten Tagen sehr viel diskutiert wurde.

Uns würde auch interessieren, wie Sie zu einer Änderung des Sparkassengesetzes stehen, die sicherstellen soll, daß die Haftung der Gemeinden ausgeschlossen wird und eine Konstruktion geschaffen wird, die den jetzigen unbefriedigenden Zustand, nämlich daß die Sparkassen als quasi eigentümerlose juristische Personen existieren, bereinigen soll.

Nachdem es schon oft verschiedene Äußerungen sowohl aus Ihrer Partei als auch von der ÖVP gegeben hat, auch von Ihnen selbst, daß eine Änderung dieses Sparkassengesetzes durchaus möglich ist, bitten wir Sie, diesbezüglich eine Klarstellung zu treffen.

Eine entscheidende Frage ist weiters, welche Überlegungen Sie im Zusammenhang mit der Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf der Bundesanteile an der CA angestellt haben und inwieweit Sie diese Erlöse oder Mehrerlöse für beschäftigungspolitische Maßnahmen einzusetzen gedenken.

Wir erwarten uns von Ihnen, Herr Finanzminister, offene und ehrliche Antworten auf diese Fragen, um weiteren Schaden für den Wirtschafts- und Bankenstandort Österreich durch eine Fortsetzung dieses Trauerspiels, das wir alle in den letzten Tagen erleben mußten, zu vermeiden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.11

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zur Beantwortung hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima zu Wort gemeldet. Ich erteile es dem Herrn Bundesminister.

16.11

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Hannes Farnleitner! Es freut mich, daß wir die Gemeinsamkeit der Bundesregierung auch mit unserer Anwesenheit hier im Bundesrat dokumentieren, wo wir fast nebeneinander Platz nehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute Mittag Gelegenheit gehabt, anläßlich eines kleinen Dankes an Sie über die Beschlußfassung des Abgabenänderungsgesetzes sehr deutlich darauf hinzuweisen, was die gemeinsame europäische Währung für die österreichische Wirtschaft, für die Beschäftigungslage in der österreichischen Wirtschaft bedeutet. Ich habe Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, was es für die europäische und österreichische Exportwirtschaft bedeutet, eine starke gemeinsame Währung im weltweiten Wettbewerb zu haben. Ich habe Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, daß wir nur in diesem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit dieser gemeinsamen Währung die Beschäftigung und den sozialen Wohlstand in Österreich aufrechterhalten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist auch weiterhin das gemeinsame Ziel der Bundesregierung: daß wir Österreich im Jahr 1997 und in den Jahren danach stabil von der


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Haushaltsdisziplin her, aber auch von der Beschäftigungslage gesichert in diesen europäischen Markt mit einer gemeinsamen Währung führen.

Eine besondere Herausforderung, meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei ist es, die Wirtschaft darauf vorzubereiten. Ich verstehe, daß sich insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen im weiteren Sinne die Unternehmungen – auch die österreichischen Unternehmungen – auf diese neue Herausforderung des Entfalls, des Wegfalls der Grenzen vorbereiten. Ich verstehe zum Beispiel, daß sich vor kurzem zwei österreichische Versicherungsunternehmen – Bundesländer und Austria Collegialität – zum größten österreichischen Versicherungskonzern zusammengeschlossen haben. Es wird seitens meines Ressorts dagegen überhaupt keinen Einspruch und keine Einwendungen hinsichtlich der Konzessionserteilung und dessen, was nötig ist, geben, weil es wichtig ist, daß wir uns auf diese gemeinsame europäische Finanzdienstleistungsszene vorbereiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie sich die Bankenwelt in Europa ansehen, dann werden Sie sehen, daß zurzeit Prozesse einer engeren Zusammenarbeit stattfinden, egal in welcher Form.

Ich bitte Sie – ich meine das ernst –, daß Sie meine Worte – ich werde sehr genau darauf aufpassen – nicht als Parteinahme für eines der Angebote verstehen, aber es ist wichtig, daß Formen der Zusammenarbeit gefunden werden, und jedes der Angebote hat die eine oder andere Form der Zusammenarbeit tatsächlich in seiner strategischen Ausrichtung dargestellt. Also ich nehme hier keine Parteinahme für eines der drei Angebote vor. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber diese Stärkung im internationalen Wettbewerb – und das wird eine neue Qualität des internationalen Wettbewerbs sein – ist derzeit in der Bankenwelt in Europa im Gange. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie heute zum Beispiel eine Rating-Agentur, eine der großen internationalen weltweiten Rating-Agenturen bitten, Ihnen etwas über die österreichische Bankenszene zu erzählen, dann werden Ihnen diese Rating-Agenturen sagen, daß wir in Österreich an Produktivität, an Effizienz im Bankensektor wichtige Verbesserungen durchführen müssen. Und das machen derzeit alle Banken! Sie machen es zum Beispiel auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Schweiz.

In der Schweiz, wie Sie wissen, haben in den letzten Jahren gerade die großen und führenden Banken sehr viel an der Verbesserung ihrer Produktivität und Effizienz gearbeitet, auch durch sozial verträgliche, natürlichen Abgang berücksichtigende Reduzierung von Mitarbeitern. Und das wird auch – ich halte damit gar nicht hinter den Berg – im österreichischen Finanzsektor insgesamt notwendig sein.

Denn es kommt eine neue Qualität von Wettbewerb, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben zwar heute den freien Kapitalverkehr, aber in der Tat ist natürlich die Währung – der Schilling – eine, wenn Sie so wollen, natürliche protektionistische Schranke. Welches bayrische Institut wird sich der Mühe unterziehen, einem österreichischen Industrieunternehmen oder einem österreichischen Betrieb oder einem österreichischen Gemeindebereich eine Schilling-Anleihe zu begehen? – Wahrscheinlich wenige! Aber wenn es eine gemeinsame Währung gibt, ist der Wettbewerb – ich hoffe zum Vorteil der Konsumenten unserer Bankinstitute! – besser, und es wird die Produktivität und es wird damit auch die Spanne in Richtung Konsumenten insgesamt verbessert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist daher zu doch effizienzsteigernden Maßnahmen in ganz Europa gekommen – denken Sie daran, daß ABN Amro zum Beispiel 34 Prozent Marktanteile in den Niederlanden hält oder daß zum Beispiel einzelne bayrische Banken eine größere Bilanzsumme haben als alle österreichischen Banken gemeinsam. – Wir sehen hiemit, welche neue Dimension das an Wettbewerb bringt, und daher sage ich ohne Parteinahme, daß jedes der drei Angebote in seiner strategischen Bearbeitung einen positiven Beitrag im Sinne der Stärkung der Funktion, der Stärkung der Bankenfunktion in diesem internationalen Wettbewerb vornehmen wird.


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Sehr geehrte Frau Bundesrätin Riess! Sie haben auf den Artikel "How not to privatize a bank" Bezug genommen. Dieser Artikel ist, wie Sie wissen, im übrigen im "Editorial" des "Wall Street Journals" erschienen, das ist also jener Bereich, in dem nicht Journalisten, sondern freie Außenstehende ihre eigene Meinung wiedergeben. Wie Sie wissen, ist die Autorin des Artikels damals intern – also eine Praktikantin – gewesen. Aber das steht gar nicht zur Diskussion.

Ich glaube, daß es wirklich nicht der Reputation des Finanzplatzes Österreich gedient hat, daß unser Bemühen, daß sich die Republik Österreich von den 70 Prozent Stimmrechtsanteilen der Creditanstalt trennt, so lange Zeit gebraucht hat. Wir haben uns daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, anläßlich der Bildung dieser Bundesregierung vorgenommen, das rasch, zügig und professionell abzuwickeln.

Wie Sie wissen, habe ich aufgrund eines laufenden Verfahrens, das von meinem Amtsvorgänger Kollegen Staribacher im Oktober des vergangenen Jahres noch im Laufen war, das ausschließlich auf die Gesamtabgabe aller 19,9 Millionen Stück Anteile auf einmal ausgerichtet war, im März dieses Jahres erklärt: Ich habe die Absicht, die Verhandlungen mit dem einzigen bestehenden Bieter dieses Konsortiums weiterzuführen.

Es war dann bedauerlicherweise so, daß dieses Verfahren Ende September – durchaus im Einvernehmen mit dem Bieter und uns – beendet wurde, weil kein Angebot, gar keines, auf diese 19,9 Millionen Stück zustande kam.

Ich habe dann – auch durchaus im Einvernehmen mit dem Regierungspartner – vereinbart, daß wir unter der Anleitung, mit Unterstützung, unter der Guidance, durchaus auch unter, wenn Sie so wollen, der formalen Hoheit eines international sehr bekannten, des größten internationalen Investment-Hauses, J. P. Morgan London, diese Transaktion abwickeln.

Wir haben immer klargemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es sich bei dieser öffentlichen Ausschreibung nicht um ein Geschäft handelt, bei dem ein Privater – eben einem sympathisch oder dem anderen nicht sympathisch – irgendein Geschäft macht, sondern daß dieses Geschäft unter einer Reihe von nationalen und auch internationalen Rechtsvorschriften sehr sorgfältig und sehr penibel zum Schutz der Interessen der Republik Österreich, zum Schutz der Interessen der Steuerzahler, aber auch – ich sage das auch ganz offen – zum Schutz des dafür zuständigen Bundesministers für Finanzen, der nicht gerne einen strafrechtlichen Tatbestand setzen würde oder sich einer Amtshaftungsklage aussetzen würde oder ähnliches mehr, abzuwickeln sein wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben daher im Herbst dieses Jahres dieses Ausschreibungsverfahren begonnen, weil wir wußten, daß es mehrere Interessenten gibt. Es haben während des Prozesses, als wir noch exklusiv aufgrund des alten Verfahrens verhandelt haben, mehrere österreichische und ausländische Interessenten angefragt, ob sie mitbieten könnten oder ähnliches mehr. Wir haben das abgelehnt. Wir haben nicht einmal Informationsmaterial aus der Hand gegeben, weil wir das nicht durften, weil das alte Verfahren mit einem einzigen Bieter noch im Laufen war.

Wir haben daher im Zuge dieser Ausschreibung mit einer Reihe von internationalen und österreichischen Interessenten Gespräche geführt, selbstverständlich auch mit Interessenten, die dann nicht angeboten haben.

Meine Damen und Herren! Es sind vereinbarungsgemäß am 16.12. dieses Jahres um 8 Uhr morgens dann schlußendlich drei Angebote bei uns vorgelegen, und diese drei Angebote werden jetzt mit der nötigen Sorgfalt, sowohl was die rechtliche als auch was die ökonomische Seite betrifft, bewertet, um sie für eine Entscheidung vorzubereiten. Ich bin überzeugt davon, daß wir eine Entscheidung im Interesse der Republik Österreich treffen werden. Ich bin nicht Eigentümer der Aktien der Creditanstalt. Ich bin bestenfalls der Stattwalter, der Vertreter der österreichischen Steuerzahler, der Republik Österreich in diesem Falle.

Konkret zur Frage 1: Frau Kollegin Riess! Ich möchte auf die von Ihnen in der Einleitung angeführten Behauptungen nicht näher eingehen. Ich möchte allerdings zu diesem Fragenkomplex


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festhalten, daß ich aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage im Sinne der Zielvorstellungen des Bundesgesetzes vom 5. April 1991 verpflichtet bin, die Bundesanteile an der Creditanstalt-Bankverein zu den bestmöglichen Konditionen zu veräußern. Das Verfahren und die ordentliche Analyse dazu habe ich Ihnen schon erläutert. Die Ausschreibung erfolgte am 21. Oktober 1996.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Haben Sie bitte Verständnis dafür, daß es mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist, ein abschließendes und endgültiges Ergebnis bekanntzugeben. Außerdem habe ich beim derzeitigen Stand des Verfahrens auf die Interessenlage und die berechtigten Vertraulichkeitserwartungen der einzelnen Bieter Bedacht zu nehmen.

Ich möchte daher zu den in den letzten Stunden nach Stellung dieser Anfrage mir gegenüber mehrfach geäußerten Meinungen, daß durch diese Anfrage das sachliche und objektive Verfahren beeinflußt werden könnte, nicht Stellung nehmen.

Sie werden aber Verständnis dafür haben, daß aus all diesen Überlegungen eine konkrete abschließende Beurteilung zum jetzigen Zeitpunkt unprofessionell wäre. Ich werde mich aber bemühen, ein objektives, sachliches und umfassendes Bild der derzeitigen Entscheidungssituation zu geben.

Zur zweiten Frage: Verhandlungen zur vollständigen Privatisierung der Bank Austria. Ich habe gemeinsam mit Kollegen Farnleitner – Kollege Farnleitner hat sehr kooperativ gemeinsam mit mir diesen Entschluß erwirkt – festgehalten, daß die Anteile des Bundes an der Bank Austria an das "Special-purpose-vehicle", wie ich es bezeichnen würde, an die Postbeteiligungsgesellschaft übertragen werden, um von ihr im ersten Halbjahr 1997 unverzüglich an private Interessenten abgegeben zu werden.

Über einen allfälligen Verkauf von Anteilen der AVZ an der Bank Austria haben grundsätzlich deren Organe zu befinden. Aber ich weiß, daß die Bereitschaft besteht, daß im Rahmen der möglichen, aber auch nötigen Kapitalerhöhungen der Bank Austria die AVZ ihre Anteile an der Bank Austria schrittweise und, wie ich auch glaube, entscheidend reduzieren wird.

Zur Frage 3 bezüglich BAWAG: Verstehen Sie bitte, daß ich zu den Aussagen der BAWAG keine Stellungnahme abgebe, aber ich kann Ihnen schon sagen, daß natürlich jeder der drei potentiellen Käufer wirtschaftlichen Nutzen, Synergien aus dieser Transaktion ziehen muß. Daher ist es klar, daß bei jedem der drei potentiellen Käufer Restrukturierungen und Restrukturierungsschritte erforderlich sind. Welche Auswirkungen das auf die Konkurrenten auf dem Markt hat, müßten diese selbst beurteilen.

Zur vierten Frage: Ertragsrückgang im Kreditapparat. Ich habe schon erwähnt, daß Österreich – und das stellt jede Rating-Agentur fest – in besonderen Regionen, insbesondere in den Ballungszentren, ein überaus dichtes Filialnetz im europäischen Vergleich hat. Daß diese Überkapazitäten im Benchmarking, im Außenvergleich, im Vergleich mit den Wettbewerbern in anderen Ländern natürlich schrittweise und mittelfristig abgebaut werden müssen, ist unbestritten. In jedem Falle muß das so sein, um die Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Bankwesensektors auch zu sichern.

Internationale Beispiele zeigen uns, daß bei Bankübernahmen die Kosten langfristig gesenkt werden können. Das ist auch ohne forcierten Mitarbeiterabbau möglich. Die Umsätze bleiben bei den internationalen Beispielen im Regelfall nahezu konstant. Insgesamt würden dadurch die Erträge bei den betroffenen Banken und somit auch im Kreditapparat steigen.

Zur Frage 5: Verlust von Arbeitsplätzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß für uns die Lehren, die wir aus den Fällen Traiskirchen, Semperit, Continental zu ziehen haben, relativ klar sind. Wir wollen – und das ist erklärtes Ziel auch der Bundesregierung – ohne falschen Chauvinismus – ich bin sehr froh darüber, daß viele internationale Konzerne sehr erfolgreich in Österreich tätig sind. Wir hätten Zehntausende hochqualifizierte Arbeitsplätze in Österreich nicht, wenn nicht eine große Zahl von internationalen Konzernen – von Philips angefangen über Sony, General Motors, Chrysler und Siemens und wie sie alle heißen mögen – in Österreich tätig wären.


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Aber wir sind uns, glaube ich, schon einig, daß wir dort, wo es möglich ist, danach trachten sollten, österreichische Entscheidungsstrukturen zu erhalten, weil mit österreichischen Entscheidungsstrukturen auch hochqualifizierte Dienstleistungen in Österreich weiter nachgefragt werden und damit mittel- und langfristig Technologie, Finanzierung, Rechtsgeschäfte, Versicherungsgeschäfte, aber auch Arbeitsplätze in Summe gesichert werden können. Diese Wahrung nationaler Interessen hat selbstverständlich Bedeutung bei der Beurteilung der Angebote und ist ja auch immer von mir so erwähnt worden.

Es gilt auch hier: Es möge keine Neigung oder keine besondere Bevorzugung eines der Angebote aus meinen Worten geschlossen werden.

Ich möchte eines noch ergänzen. Was ist eine Bank? – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Bank lebt von der Qualität ihrer Mitarbeiter und von der Qualität der Kundenbeziehungen zu den Mitarbeitern.

Es ist daher für keinen – ich wage das klipp und klar zu sagen – der drei Anbietenden sinnvoll, wenn er sich – wie kolportiert – von 5 000 oder mehr Mitarbeitern trennen würde. Die Mitarbeiter sind das Asset der Banken. Diese werden ja, wie Sie gesehen haben, bei diesen Angeboten durchaus auch entsprechend teuer bezahlt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier darf ich Ihnen auch internationale Erfahrungswerte zur Kenntnis bringen: Im Regelfall führen Bankkooperationen zu etwa 7 bis 9 Prozent der Gesamtkosten der kooperierenden Banken. Das heißt, daß natürlich eine Kostensenkung in dieser Größenordnung im internationalen Vergleich erreicht werden kann.

Die natürliche Fluktuation bei den Banken in Österreich beträgt im Durchschnitt 6 Prozent jährlich, wobei wir aufgrund der Beobachtungen sehen, daß etwa 50 Prozent dieser natürlichen Fluktuation pro Jahr ersetzt werden, um eine Überalterung zu verhindern.

Also zusammengefaßt: Ich glaube, daß keiner der drei Anbieter auf das Asset, auf das wirkliche Vermögen Mitarbeiter verzichten wird können.

Zum sechsten Punkt. Es ist Tatsache, sehr geehrte Frau Bundesrätin, daß es in Österreich derzeit keine gesetzlichen Bestimmungen gibt, die eine Abfindung von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen vorsehen. Entsprechende Bestimmungen fehlen auch derzeit auf der Ebene der Europäischen Union. Es kam in Österreich daher bei Unternehmensübernahmen bei einigen Transaktionen auch nicht zu solchen Abfindungen der Minderheitsaktionäre. Ich erinnere nur an zwei Transaktionen: an Koramic Wienerberger, was vor kurzem erst der Fall war, aber auch Radex/Veitscher oder KNP/Leykam oder die Brau AG Gösser-Reininghaus, um nur einige zu nennen.

Ich glaube aber, daß keiner der potentiellen Erwerber – ich sage das wirklich mit entsprechend wirtschaftlichem Ausblick –, der ja daran interessiert sein wird, daß der Wert seiner Aktien steigt, eine Schädigung der Aktien der Minderheitsaktionäre zum Ziel haben wird, sondern das Steigern des Wertes seiner Aktien kommt natürlich auch den Minderheitsaktionären zugute.

Zur siebenten Frage: Verkauf von Beteiligungen. Alle drei Bieter haben angekündigt, daß sie, wo dies sinnvoll ist, auch Beteiligungen verkaufen und Mittel in andere Geschäftszweige investieren werden. Es gilt somit für alle drei Bieter, daß Verkäufe von Beteiligungen nicht zur Finanzierung des Kaufpreises herangezogen werden sollten.

Zur achten Frage: etwaige Haftung der Gemeinde Wien für die Creditanstalt. Die Gemeinde Wien haftet aufgrund der Bestimmungen des § 2 Sparkassengesetzes nur für die Verbindlichkeiten der Anteilsverwaltungssparkasse Zentralsparkasse (AVZ). Die AVZ haftet ebenfalls aufgrund des § 2 Sparkassengesetzes für die Verbindlichkeiten der "Sparkassen-Aktiengesellschaft" Bank Austria AG. Bei diesen Haftungen handelt es sich jeweils um sogenannte Ausfallsbürgschaften gemäß § 1356 ABGB, die – im Gegensatz zu einer herkömmlichen Bürge- und Zahlerhaftung – nur im Insolvenzfall des jeweiligen Unternehmens und nur insoweit zum Tragen kommen, als die Ansprüche der Gläubiger nicht durch die Konkursmasse gedeckt sind.


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Die Haftung erfolgt also nur im Insolvenzfall des Institutes und nur in dem Ausmaß, als die Passiva die Aktiva übersteigen.

Somit haftet die Gemeinde Wien nur mittelbar über die AVZ für die Verbindlichkeiten der Bank Austria, wobei Voraussetzung für das Schlagendwerden der Haftung der Gemeinde Wien der Insolvenzfall der Bank Austria wäre. Keine Haftung besteht für Schwestergesellschaften der Bank Austria, und keine Haftung besteht für Tochtergesellschaften der Bank Austria. Keine Haftung besteht für Tochtergesellschaften der Bank Austria!

Zu Punkt 9: Änderung des Sparkassengesetzes in § 2 (Haftung). Die Änderung der Haftungsbestimmungen des § 2 Sparkassengesetzes – Haftung der Gründungsgemeinde für Verbindlichkeiten einer Gemeindesparkasse – bedarf einer bundesgesetzlichen Regelung. Seitens meines Ressorts gibt es derzeit keine aktuellen Überlegungen. Ich bin aber gerne bereit, mit dem Sparkassenverband – ich kann nicht eine Lex specialis auf einen Zuruf hin machen – eine derartige Diskussion zu beginnen, wobei ich allerdings hinzufüge, daß sich Rechtsformdiskussionen im Bankwesen nicht nur auf eine Organisationsform beschränken sollten, sondern auch auf alle anderen rechtlichen Ausformungen, um keine Wettbewerbsverzerrungen herbeizuführen.

Zu Ihrer zehnten Frage, sehr geehrte Frau Bundesrätin: Eine Sparkasse ist aufgrund der Definition des § 1 Sparkassengesetz eine juristische Person des privaten Rechtes, die eigentümerlos ist und die als "Gemeindesparkasse" oder als "Vereinssparkasse" gegründet werden kann. Außerdem beinhaltet das Sparkassengesetz Bestimmungen, eine Sparkasse aufzulösen, zu verschmelzen oder in eine Sparkassen-AG einzubringen, weshalb eine ausreichende Flexibilität in der Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen Organisation gegeben ist.

Es ist Tatsache, daß es in Österreich und in anderen europäischen Ländern auch noch andere eigentümerlose Einrichtungen, die – wie Sie wissen – nicht auf das Bankwesen beschränkt sind, gibt. Es hat erst 1993 dieses Parlament das Privatstiftungsgesetz verabschiedet und damit neuerlich eine eigentümerlose juristische Person des privaten Rechtes geschaffen. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, daß eigentümerlose Rechtsformen dem Gesetzgeber – Sie selbst haben es beschlossen – als durchaus zeitgemäß erscheinen.

Punkt 11: Sparkassen-AG, Wettbewerbsfähigkeit. Es sind die beiden größten österreichischen Sparkassen in Form von Sparkassen-Aktiengesellschaften organisiert, die voll den aktienrechtlichen Bestimmungen unterliegen. Zahlreiche andere Institute des Sparkassensektors haben daher auch die Rechtsform der Aktiengesellschaft gewählt. Die Aktiengesellschaft ist die vom Bankwesengesetz favorisierte, weil optimale Rechtsform für Banken und somit auch für das größte Kreditinstitut Österreichs.

Zur Frage 12: Gemeindehaftung als Wettbewerbsvorteil. Rein formal tritt aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht – und diese habe ich als Ressortminister zu vertreten – durch die Ausfallsbürgschaft der Gründungsgemeinde keine Besserstellung des Instituts ein. Die Haftung wird weder in der Berechnung der Eigenmittel der Bank berücksichtigt, noch ergibt sich hiemit eine günstigere Risikogewichtung jener Forderungen, die andere Institute im Rahmen der Berechnung ihrer Solvabilität oder der Großkredite gegenüber einer Sparkassen-AG haben.

Zur Frage 13: Beurteilung der Haftung im Hinblick auf EU-Wettbewerbsbestimmungen. Ich habe diese Frage natürlich als möglichen relevanten Faktor im Laufe dieses Verfahrens gutachterlich zu prüfen. Eine Vorstellungnahme liegt vor.

Die Ausfallsbürgschaft der Gemeinden gemäß § 2 Sparkassengesetz ist nach Aussage dieses Gutachtens – wenn überhaupt – eine bestehende Beihilfenregelung. – Das ist wichtig! Es ist bereits eine bestehende Beihilfenregelung, weil § 2 Sparkassengesetz bereits vor Inkrafttreten des EWR-Abkommens in Geltung stand. Dies hat zur Folge, daß jede Einzeltransaktion jedenfalls endgültig unangreifbar ist. Eine Auswirkung eines eventuellen Beihilfencharakters der Ausfallsbürgschaft auf die Rechtswirksamkeit eines möglichen Aktienkaufvertrages zwischen der Republik Österreich und der Bank Austria AG ist aufgrund dieses Gutachtens daher nicht gegeben.


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Da es also schon bestanden hat, müßte von der EU eine Aufforderung zur Änderung schon gekommen sein. Dann wäre die Einzeltransaktion ein Problem, aber da dem nicht so ist, ist jede Einzeltransaktion und damit auch diese – man kann nicht nur einen Vorgang, sondern man muß die gesamte Einzeltransaktion sehen – nicht als Beihilfe zu sehen.

Zu der nächsten Frage betreffend die Konsequenzen der EU-Kommission im Falle eines Zuschlages an einen Bieter, der nicht Höchstbieter ist.

Nach Auffassung der EU-Kommission sind Veräußerungen von öffentlichen Unternehmen beziehungsweise Anteilen daran gemäß Artikel 93 EG-Vertrag vorher zu melden, wenn der Verdacht besteht, daß ein Verkauf Elemente öffentlicher Beihilfe enthält.

Die EU-Kommission hat Richtlinien erarbeitet, wann in solchen Fällen der Verdacht verdeckter Beihilfe besteht. Nach den erwähnten Richtlinien steht ein Verkauf an einen anderen Bieter als den Meistbieter von vornherein unter dem Verdacht verdeckter Beihilfe und muß gemäß Artikel 93 EG-Vertrag notifiziert werden. Nach den genannten Richtlinien ist der Verdacht von Beihilfe nämlich nur dann ausgeschlossen, wenn erstens der Verkauf durch ein offenes, bedingungsfreies Ausschreibungsverfahren gemäß nicht-diskriminierenden und transparenten Modalitäten und Bedingungen erfolgt, zweitens das Unternehmen an den Meistbietenden verkauft wird und drittens die Beteiligten über eine ausreichende Frist verfügen, um ihr Angebot vorbereiten zu können sowie die erforderlichen Informationen erhalten, um eine korrekte Bewertung vornehmen zu können.

Zur Frage 15: Beurteilung der Angebote. Alle drei Bieter haben interessante, strategische Vorstellungen geäußert. Alle würden zu einer Stärkung der Bankenstruktur beitragen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Allerdings möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß ich aus gesetzlichen Gründen dem Bestbieter den Zuschlag zu erteilen habe.

Zur Frage 16: Verwendung des Verkaufserlöses. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß wir in Zeiten, in denen die österreichische Bevölkerung tatsächlich einen einmaligen Kraftakt erbringt, der einmalig ist in der Nachkriegsgeschichte Österreichs, aber auch einmalig in Europa, in denen die Österreicherinnen und Österreicher gemeinsam, ohne daß es zu Streiks auf den Straßen kommt, in nur eineinhalb Jahren 4 Prozentpunkte des Bruttoinlandsproduktes, nahezu 100 Milliarden Schilling an Defizit reduzieren, wofür der österreichischen Bevölkerung ein Lob auszusprechen ist, besonders verpflichtet sind, sparsam mit den öffentlichen Mitteln umzugehen.

Wir werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Teil des Verkaufserlöses, wie es sich die Bundesregierung vorgenommen hat, für Technologieförderung einsetzen. Wir haben uns vorgenommen, aus Privatisierungserlösen im Bereich der Technologiepolitik – eine der Schwächen Österreichs, daß wir in unserer Handelsbilanz relativ wenige Hochtechnologieprodukte exportieren – einige Dinge zu beheben. Wir haben uns vorgenommen, durch eine engagierte Technologiepolitik, auch durch mehr öffentliche Mittel, die zur Verfügung gestellt wurden, einen Beitrag für positive Struktur und Beschäftigungseffekte für Österreich zu erwirtschaften, und ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß die Ausgaben für Beschäftigungspolitik von Ihnen allen getragen werden.

Ich darf Sie abschließend nochmals um Verständnis bitten, daß ich aufgrund der Vertraulichkeitserwartungen der drei Bieter nicht in die einzelnen Details der Angebote eingehen kann, darf Ihnen aber zusichern, daß wir unter Einbeziehung der nötigen nationalen und internationalen Rechtsexperten die Entscheidung sehr sorgfältig vorbereiten, daß wir Wirtschaftstreuhänder auch in die Bewertung miteinbeziehen und daß wir uns vorgenommen haben, möglichst rasch eine Entscheidung zu treffen, weil eine Verzögerung weder dem österreichischen Finanzmarkt noch der österreichischen Bevölkerung und schon gar nicht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der betroffenen Institute, aber auch nicht den drei Anbietern zuzumuten ist, da dieser wirtschaftlichen Entscheidung doch enorme politische Bedeutung zukommt. Wir wollen diesen Vorgang im Sinne der Republik Österreich sehr rasch abschließen, dafür sind wir verantwortlich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.48


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620. Sitzung / Seite 112

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck:
Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. Ich erteile es ihm.

16.48

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schicke zunächst voraus, daß wir selbstverständlich auch sehr erfreut darüber sind, daß der Wirtschaftsminister anwesend ist. Wir hätten natürlich auch einige Fragen an den Herrn Wirtschaftsminister stellen können, und wir danken ihm dafür, daß er gekommen ist.

Die Absicht und die Aktualität unserer dringlichen Anfrage hat ja Kollegin Dr. Riess-Passer ausführlich erläutert. Wir haben natürlich Verständnis dafür, daß der Herr Bundesminister für Finanzen keine große Freude mit dieser Anfrage hat und auch zu einigen Dingen hier in der Öffentlichkeit nicht Stellung nehmen kann. Ich stehe aber nicht an, daß wir uns für die Ausführlichkeit Ihrer Stellungnahme und auch für den Versuch der Seriosität bedanken, uns auf dem Laufenden zu halten. Ich habe nur bemerkt, daß sich der Beifall Ihres Koalitionspartners für Ihre Ausführungen in Grenzen gehalten hat. Wir werden in der Debatte schon noch das eine oder andere zur Aufklärung erfahren.

Sie haben sich immerhin mit 17 Fragen das leidige Thema betreffend beschäftigt. Für uns Ländervertreter, Bundesräte macht es wirklich Sinn, den zuständigen Ressortchef in einer Angelegenheit direkt anzusprechen, die uns alle, meine Damen und Herren, brennend interessiert, die einer wirtschaftspolitischen, aber auch gesellschaftspolitischen Weichenstellung entspricht und die sich wahrscheinlich, Herr Bundesminister, auch auf die nächsten Generationen entscheidend auswirken wird.

Es besteht überhaupt kein Zweifel darüber – das wird bestimmt niemand bestreiten –, daß in der leidigen Situation momentan Unbehagen herrscht. Es herrscht Sorge. Man hat Angst vor dem Risiko. Man weiß wirklich nicht, wie diese Lösung erfolgen wird.

Herr Bundesminister Mag. Klima hat in seinen Ausführungen vom Einvernehmen mit dem Regierungspartner gesprochen. Wenn wir lesen oder hören und es niemand anders sieht, daß Sie schon im Oktober mit dem Generaldirektor der Bank Austria ein diesbezügliches Gespräch geführt haben, dann glauben wir nicht ganz, daß Sie diesem Herrn Generaldirektor nur die Ausschreibungsunterlagen in die Hand gedrückt haben. Ob man hier wirklich versucht hat, zu einer besten Lösung zu kommen, dem wird man heute in der Debatte vielleicht etwa näherkommen.

Da und dort wird von "feindlicher Übernahme" gesprochen, aber dazu werden sich sicher die Kollegen der Volkspartei melden, die wir in keiner Weise hier vertreten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ab und zu, meine Herren, wäre es Ihnen schon ganz recht, wenn wir hier mittäten! Aber so leicht ist das einfach nicht, weil wir haben auch unsere ganz konkreten Vorstellungen, wie solche Dinge abgewickelt werden sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wäre für Sie auch oft nicht so schlecht, wenn Sie sich etwas mehr nach uns, nach unseren Vorstellungen richten würden. Sie werden draufkommen, daß diese gar nicht so unseriös und oft zielführend sind. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. )

Wir Freiheitliche kämpfen nämlich seit Jahren für die Privatisierung. Wir haben immer gesagt: mehr privat, weniger Staat hat Priorität. Aber bei Ihnen ist das sehr oft schnell zu Ende, wenn es dann wirklich dazu kommt. (Bundesrat Ing. Penz: Ganz im Gegenteil!) Sie führen das oft nur im Wort, und sobald ein Machtverlust damit verbunden ist, machen Sie sehr schnell einen Rückzieher.


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Meine Damen und Herren! Im gegenständlichen Fall bemüht man sich seit 1991 um eine Lösung, und das – so meine ich – mit ausgesprochen bescheidenem Erfolg. Diesbezüglich hat der Herr Bundesminister einen interessanten Satz gesagt. Er hat gesagt, es werde rasch, zügig und professionell vorgegangen. – Also in bezug auf die Zeit vor Ihnen, Herr Bundesminister, können wir das auf keinen Fall gelten lassen. Jetzt, da Sie im Amt sind, zeigt sich, daß jedoch neuer Schwung hineinkommt. Aber zügig, schnell, rasch, professionell im Zusammenhang mit der CA ist sicherlich eine eher gewagte Aussage.

Meine Damen und Herren! Trotz jahrelanger Bemühungen ist es nämlich nicht gelungen, Voraussetzungen für ordentliche Privatisierungen zu schaffen. Ich komme auf dieses Sparkassengesetz noch zu sprechen, wo man schon bei der Novelle zum Bankwesengesetz etwas hätte tun können. Wir von der Freiheitlichen Partei sind für den Verkauf der Bundesanteile der CA. Wir sind aber in diesem Zusammenhang für eine ganz saubere Privatisierungslösung. Beispielsweise ist für uns auch der Verkauf an Herrn Wlaschek kein Problem, wir haben diesbezüglich überhaupt keine Prioritäten. Auch dieser Verkauf hätte Phantasie, das wäre eine klassische Privatisierung, Herr Kollege! Die Frage ist: Was geschieht dann in einem Jahr mit den Anteilen? Aber immer dann, wenn es mit der Privatisierung ernst wird, macht die Volkspartei sofort einen Rückzieher. Das ist wirklich sehr interessant!

Meine Damen und Herren! Es ist schon so: Sowohl die Volkspartei als auch die Sozialdemokraten reagieren empfindlich, wenn Machtverlust droht. Ich habe heute bei dieser Anfrage an Einstein gedacht, der die Theorie der schwarzen Löcher aufgestellt hat, man wird sozusagen in dieses Loch gezogen. Wir von den Freiheitlichen, glaube ich, sind wirklich die einzigen, die dafür sorgen, daß die Zentrifugalkraft groß genug bleibt, damit die Machtfülle nicht zu groß wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Es geht ja auch nicht um die Größe, wie es der Herr Bundesminister gesagt hat. Es geht ja nicht ausschließlich darum, wie die Europareife ist, wie man in Europa abschneidet. Ich bin felsenfest davon überzeugt: Wenn Sie hundert Österreicherinnen und Österreicher fragen würden, ob es sie interessiert, ob diese neue Bankenkonstruktion an fünfzigster Stelle oder an dreißigster Stelle ist, dann werden Sie merken, daß das die Österreicher sicherlich wenig interessiert. Sie sind interessiert an einer erstklassigen Bank, in der hervorragend professionell gearbeitet wird und zu der man totales Vertrauen haben kann. Es geht also um den Einfluß.

Die Mitarbeitern betreffend war es sehr interessant, in der Anfragebeantwortung zu hören, daß die Schätzungen, daß 4 000 bis 5 000 Mitarbeiter möglicherweise ihren Job verlieren, aus der Luft gegriffen sind. (Bundesminister Mag. Klima: Das habe ich gesagt?!) – Nein, nein.

Wir sind überzeugt davon – das ist vielleicht etwas pessimistisch –, daß es ohne Strukturreformen und ohne Abbau von Mitarbeitern nicht geht, beziehungsweise fragen wir uns, ob es überhaupt einen Sinn gibt. Die Kostenersparnisse, von denen Sie gesprochen haben, die es im Ausland angeblich gibt – den Beweis dafür sind Sie noch schuldig geblieben, aber Sie werden ihn in Österreich bestimmt haben –, sind jedenfalls bei Bankfusionen nur durch den Abbau von Mitarbeitern möglich gewesen und durch sonst nichts. Und wenn wirklich niemand abgebaut werden soll, mit Ausnahme des natürlichen Abgangs, wie Sie es gesagt haben, hoffe ich nur, lieber Herr Minister, daß Sie niemand letztlich beim Wort nehmen wird, daß das wirklich in Zukunft so sein wird. Ich sage das hier in der Öffentlichkeit, um es auch festzuhalten. (Bundesminister Mag. Klima: Ich habe bitte nichts über Angebote gesagt, ich habe über das, was man im internationalen Vergleich bei Kooperationen von Banken in welcher Form auch immer feststellen kann, gesprochen. Ich werde mich davor hüten, ich bin nicht befugt und kann nicht über das eine oder andere Angebot etwas sagen.) – Herr Minister! Sie haben wörtlich gesagt: Niemand wird in einer leistungsfähigen Bank auf Mitarbeiter verzichten, weil die Mitarbeiter das Herz des Unternehmens sind. Das ist auch richtig. Jede Bank ist für Menschen gemacht und besteht aus Menschen. Sie haben eben gesagt: Bei keinem dieser drei möglichen Lösungen wird es dazu kommen, daß man auf Mitarbeiter, mit Ausnahme des natürlichen Abganges, verzichtet. Ich habe das ganz genau mitgeschrieben. Ich bin dankbar dafür, daß Sie so eine klare Erklärung hier abgegeben haben.

Zu Kunden haben Sie eine Verbindung hergestellt. Sie haben gemeint, Mitarbeiter sind wichtig, und Kunden sind wichtig. Auch das stimmt. Ich frage mich nur, warum der CA in der letzten Zeit


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die Kunden – wir bedauern das selbstverständlich – zum Teil davonlaufen. Sicher, die Marktanteile sinken, das ist ja keine Frage, Sie brauchen sich nur die entsprechenden Zahlen anzuschauen. Wahrscheinlich ist das deshalb so, weil die CA ständig im Gespräch ist – immerhin seit 1991.

Im Augenblick – das hat zumindest der Herr Betriebsratsobmann in der Öffentlichkeit vor laufender Fernsehkamera gesagt – laufen die Kunden deshalb davon, weil Angst herrscht, daß die Bank in Zukunft fremdgesteuert ist. Der ehemalige Direktor hat dazu sogar gesagt, die Kunden wollen nicht, daß die Entscheidungen nicht mehr in der Bankdirektion, in der Direktionsetage, sondern in der Löwelstraße fallen. Ich nehme schon an, daß alle hier wissen, was er damit gemeint hat.

Wir hoffen auch, daß die Unternehmenskultur, die für jede Fusion und jede Zusammenarbeit wichtig ist, in beiden Banken doch etwas zusammengeführt wird. Es dauert nämlich erfahrungsgemäß – das wissen Sie ganz genau – viele Jahre, bis verschiedene Strukturen ernsthaft zusammenwachsen. Wir machen uns einige Sorgen um die Beteiligungen, weil da doch Monopole entstehen könnten – zumindest bei der Lösung der Bank Austria –, wir machen uns Sorgen, daß bei verschiedenen Marktsegmenten, zum Beispiel Kapitalmarkttransaktionen, Börsengeschäft und so weiter, Marktanteile entstehen würden, die jenseits der 80-Prozent-Grenze liegen.

Für Demokraten ist es halt nicht besonders positiv oder schwierig zur Kenntnis zu nehmen, daß es da zu einer Marktbeherrschung kommt auf Jahre und Jahrzehnte. Ich sage, das ist nicht positiv für Kunden, wie es der Herr Bundesminister gesagt hat, weil ich glaube, daß dadurch, was die Konditionen betrifft, die Kunden gehörig unter Druck kommen. Ich denke nur an die Zusammenführung verschiedener Kreditobligi im Industriebereich. Ich kann mir nicht vorstellen, daß, wenn solche Obligi zusammengeführt werden, es für die Kunden dann letztlich zu günstigeren Konditionen kommt. Ich glaube auch nicht, daß es gut ist für Mitbewerber – das ist keine Frage. Ich glaube auch nicht, daß es für die Österreicherinnen und Österreicher gut ist, wenn es marktbeherrschende Anbieter auf dem Bankensektor gibt.

Meine Damen und Herren! Das alles ist ein besonderes Problem vor dem Hintergrund der Struktur der Gemeinde Wien. Diesbezüglich muß ich auf einige Ausführungen des Herrn Bundesministers eingehen, und zwar im Zusammenhang mit Sparkassengesetz und im Zusammenhang mit Eigentümerlosigkeit.

Es ist nämlich schon ein Unterschied zu anderen Banken. Sie haben gemeint, man müßte das weiter sehen, und wenn man schon Strukturen bereinigt oder Änderungen trifft, müßte das auch in anderen Bereichen geschehen und nicht ausschließlich bei den Sparkassen. Es haben die Aktienbanken Eigentümer, es haben die Genossenschaftsbanken über ihre Mitglieder Eigentümer, es haben eben nur die Sparkassen – und zwar sowohl die Vereinssparkassen als auch die Gemeindesparkassen – keinen eigentlichen Eigentümer, weil der Sparkassenverein ja auch nur der Rechtsträger ist, aber vermögensrechtlich eben nicht der Eigentümer ist. Auch die Gemeinde ist nur der Rechtsträger, ist jedoch aus vermögensrechtlicher Sicht kein Eigentümer.

Es war interessant, daß beim Verkauf der Villacher Sparkasse in Kärnten vor einiger Zeit der Erlös, den die Stadt Villach aus diesem Verkauf gezogen hat, nicht deshalb zustande kam, weil die Stadt Villach Eigentumsrechte oder Anteile verkauft hat, sondern ausschließlich deshalb, Herr Bundesminister, weil es Zustimmungsrechte gegeben hat, weil man sich diese Zustimmungsrechte quasi abkaufen ließ. Ob das eine Schenkung oder eine Bezahlung, eine Bewertung war, das ist rechtlich nach wie vor ungeklärt.

Ist diese Gegenleistung überhaupt gerecht gewesen? – Aber in der Liquidation, da haben Sie völlig recht, ist eine vermögensrechtliche Regelung erfolgt. Der Erlös geht immer an die Gemeinde, sowohl bei den Gemeindesparkassen als auch bei den Vereinssparkassen, wo im Falle einer Liquidation das Vermögen ja an die Sitzgemeinde fallen würde.

Ein Ausweg mit dem Ziel, zu einer echten Privatisierung zu kommen, ist die Vorgangsweise, die durch Verkauf an die Bank Austria möglicherweise erfolgen würde, sicher nicht, denn die Anteile der Z gehen an die AVZ, an die Anteilsverwaltung. Das ist eine Einbringung nach § 92 Bankwesengesetz. Aber auch diese AVZ gehört eigentlich niemandem, außer man berücksichtigt die


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Tatsache, daß die Dividenden an die Gemeinde Wien abgeführt werden. Das ist ein gewisser Hinweis darauf, wer dort das Sagen hat.

Aber eine Privatisierung – das ist der entscheidende Punkt – der Anteile dieser AVZ ist derzeit rechtlich nicht möglich. Der Herr Bundesminister hat das selbst eingeräumt. Er hat gesagt, im Wege von Kapitalaufstockungen würde eine Quasi-Privatisierung erfolgen. Das heißt, jedesmal, wenn es zu einer Kapitalaufstockung kommt, wird der Anteil der Gemeinde Wien an der AVZ geringer, und so kommt es letztlich dann doch zu einer sehr langfristigen, wahrscheinlich Jahrzehnte dauernden Privatisierung. (Bundesrat Prähauser: Eine bewährte Methode!) – Ja, Herr Kollege! Man hätte das ja ohne weiteres bei der Behandlung des Bankwesengesetzes lösen können. Man hätte den § 92 entsprechend ändern können, wenn man etwas Voraussicht gehabt und überlegt hätte, was die Zukunft bringen wird.

Aus heutiger Sicht gelingt es eben nicht, die Anteile ins Publikum zu bringen. Der Herr Bundesminister wird wahrscheinlich vergeblich auf einen Zuruf vom Sparkassenverband warten.

Im Sparkassenverband ist man nämlich sicherlich auch zu der Meinung gekommen, daß es nur zwei Möglichkeiten gibt: entweder die Einbringung in eine Stiftung, wo man dann einen eigenen Rechtsträger hätte, ein Quasi-Eigentümer, eine Vermögensmasse neuer Art, oder, was auch eine theoretische Möglichkeit wäre, die Haftungsträger, die es bei den Gemeinden gibt, de facto, nicht nur quasi, zu Eigentümern zu machen. Da müßte es eine Gegenleistung geben, die über die bloße Haftung hinausgeht.

Nun noch kurz zum Thema Chancengleichheit. Wir Freiheitlichen sind mit unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung seit vielen Jahren immer wieder für die Chancengleichheit im Wettbewerb eingetreten. Eigentlich würde es die CA-Privatisierung ermöglichen, auch zu einer Neuordnung des Wettbewerbsrechtes zu kommen und diesbezüglich auch Europareife zu erlangen. Diese Chancengleichheit ist gefährdet, wenn es politische Einflußnahmen gibt, wenn es Einflußnahmen auf strategische Entscheidungen gibt, wenn es Einflußnahmen auf Personalentscheidungen gibt und, was besonders bedenklich ist, wenn auch politische Aspekte bei der Bonitätsprüfung eine Rolle spielten. Das soll ja schon vorgekommen sein.

Bei der AVZ hat die Gemeinde Wien eben einfach eine beherrschende Stellung, und zwar nicht nur deshalb, weil der Herr Bürgermeister der Vorsitzende des Sparkassenrates ist.

Nun zur Frage der Haftung. Der Herr Bundesminister hat im wesentlichen recht, wenn er sagt, daß nach § 2 des Sparkassengesetzes diese Haftung keine Bürge- und Zahle-Haftung ist. Das wissen wir. Es ist wirklich eine Ausfallshaftung, das heißt, es müßte eine Liquidation vorliegen, um sie heranziehen zu können. Gestatten Sie aber, Herr Bundesminister: Es ist eben schon ein Unterschied, wenn man auf die Haftung der Gemeinde Wien hinweisen kann, sowohl im Inland als auch im Ausland. Wenn Sie Lust haben und sich die Zeit dafür nehmen, schicken wir Ihnen gerne einen ganz Satz von Prospekten zu, in denen die Bank Austria in der Bewerbung von Sparern und Anteilszeichnern sehr massiv darauf hinweist, daß diese Haftung der Gemeinde Wien vorliegt. Wenn das kein Wettbewerbsvorteil ist, dann weiß ich nicht!

Es ist auch bei allen Landeshypothekenbanken üblich, daß auf dem Prospekt steht: "Landeshaftung". Ob das in Ordnung ist, weiß ich nicht. Aber wenn es schon so ist, daß man damit wirbt, dann könnte man als Finanzminister doch einmal auf die Idee kommen, eine Haftungsprovision zu verlangen. Eine solche wurde bisher zwar nie verlangt, wäre aber vielleicht eine zusätzliche Einnahmequelle, und zwar nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder. Es wird derzeit keine Haftungsprovision gezahlt. (Bundesminister Mag. Klima: Sie wissen, das ist auch in Deutschland ein Problem! Es ist ein latentes Problem, das ist uns bewußt! Es gibt bisher aber keine rechtliche Entscheidung!) – Herr Bundesminister! Sie sind bestimmt mit mir einer Meinung, daß die Bonität der Bank Austria, das Triple-A-Rating, auch damit zusammenhängt, daß es eine Haftung der Gemeinde Wien gibt. Daher ist eben eine Novellierung des Sparkassengesetzes wichtig, damit diese Haftung in Zukunft gänzlich ausgeschlossen wird. In dieser Richtung haben sich auch der ehemalige Vizebürgermeister Mayr und der jetzige Vizebürgermeister Dr. Görg geäußert, und auch Sie haben gesagt, es sei eine Denkmöglichkeit, Sie hätten das bereits angedacht.


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Meine Damen und Herren! Daher bringen wir Freiheitlichen folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Harring, Dr. Riess-Passer, Dr. Prasch und Kollegen betreffend Änderung des Sparkassengesetzes

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ehestmöglich den Entwurf einer Novelle zum Sparkassengesetz vorzulegen, mit dem die Haftung der Gemeinden für die Verbindlichkeiten der Gemeindesparkassen in jedem Fall ausgeschlossen wird."

*****

Herr Minister! Sie brauchen also nicht auf einen Zuruf aus dem Sparkassenverband zu warten. Wir ersuchen Sie jetzt, in dieser Hinsicht tätig zu werden.

Meine Damen und Herren! Wir haben nichts gegen den Bestbieter, das ist überhaupt keine Frage. Das soll auch hier gesagt werden. Wir sind aber für eine echte Privatisierung. Schaffen wir also gemeinsam die Voraussetzungen dafür, daß die Österreicherinnen und Österreicher eine echte Chance zur Privatisierung haben, daß die Österreicherinnen und Österreicher eine Chance haben, wirklich Aktionäre zu werden!

Sie wissen, in Österreich entfallen nur etwa 4 Prozent des Sparvolumens auf Sparer, die in Form von Aktien sparen. Die letzte Statistik weist für Österreich, wenn man die Sicht- und Termineinlagen zu den Spareinlagen dazuaddiert, aber immerhin eine Summe von 1 900 Milliarden Schilling aus. Das heißt, rein statistisch, rein theoretisch verfügt jeder Österreicher über ein durchschnittliches Sparkapital von rund 270 000 S. Das heißt, die Finanzkraft für eine Privatisierung ist in Österreich zweifellos vorhanden.

Daher werden wir Freiheitlichen alles unterstützen, was der Bevölkerung in Österreich nützt, was den Wirtschaftsstandort verbessert und auch der Jugend, den Betrieben, den Arbeitern und Angestellten sowie den Senioren dabei hilft, erfolgreich zu sein!

Sehr verehrter Herr Präsident! Ich darf daher zum Abschluß, obwohl das rote Licht schon leuchtet, noch einen Entschließungsantrag betreffend Privatisierung zur Kenntnis bringen, und zwar deshalb, Herr Präsident, weil es darum geht, auch diesen Entschließungsantrag noch mit in die Debatte aufzunehmen.

Die unterfertigten Bundesräte stellen einen zweiten Entschließungsantrag, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Riess-Passer, Dr. Harring, Dr. Prasch und Kollegen betreffend die rasche Privatisierung von noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, in Übereinstimmung mit der gesamten Bundesregierung zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich sowie zur Entlastung des Staatshaushalts folgende Maßnahmen vorzubereiten:

Die rasche und vollständige Privatisierung von folgenden Unternehmen der öffentlichen Hand, wobei sicherzustellen ist, daß die Aktien nicht an Gesellschaften verkauft werden oder übergehen, die unmittelbar oder mittelbar im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen:

Austria Tabak, Bank Austria AG, Creditanstalt Bankverein, Österreichische Postsparkasse, Bundessportheime, Dorotheum GesmbH, Österreichische Staatsdruckerei, Österreichischer Bundesverlag GesmbH, Flughafen Wien AG, Austrian Airlines, Casinos Austria, OMV, Salinen


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Austria GesmbH, VA Stahl, VA Tech, Austria Metall AG und Verbund Elektrizitätswerke GesmbH unter Wahrung österreichischer Interessen.

Ziele des Privatisierungsprogrammes sollen dabei sein:

a) Verbesserung der Leistungsfähigkeit der ehemaligen ,Staatsbetriebe‘

b) Verringerung beziehungsweise völlige Rückdrängung des parteipolitischen Einflusses auf die Führung der jeweiligen Unternehmen

c) Schaffung der Möglichkeit für Beschäftigte der Betriebe sowie für breite Schichten der Bevölkerung, Anteile an den angeführten Staatsunternehmen erwerben zu können

d) Aufhebung der bisher vorhandenen monopolistischen Strukturen

e) Entlastung des Staatshaushaltes durch die mit diesen Anteilsveräußerungen erzielten Erlöse

Grundsätzlich haben die Privatisierungen unter den Rahmenbedingungen sowie den Bestimmungen des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts zu erfolgen."

*****

Herr Präsident! Ich danke Ihnen, daß ich die Redezeit geringfügig überschreiten durfte. Sie wissen, der Antrag muß hier verlesen werden, um mit in Verhandlung genommen werden zu können. – Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.08

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Hoher Bundesrat! Die von den Bundesräten Dr. Harring und Kollegen sowie von der Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer und Kollegen eingebrachten Entschließungsanträge, nämlich über Änderung des Sparkassengesetzes sowie betreffend die rasche Privatisierung von noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen, sind genügend unterstützt und stehen demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Klima. Ich erteile es ihm.

17.09

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie, daß ich mich vielleicht ein bißchen ungewöhnlich hier zu Wort melde, aber ich kenne mich in der parlamentarischen Rechtsordnung nicht ganz aus. Ich möchte nur, daß Sie über einen sinnvollen Entschließungsantrag hier mitdiskutieren und darf in diesem Zusammenhang anführen, daß die Austria Metall AG bereits zu 100 Prozent verkauft ist. (Bundesrat Konečny: Es dauert eine Weile, bis sich das herumspricht! – Bundesrat Meier: Wir können sie ja noch einmal verkaufen!) Ich weiß nicht, ob der Antrag überhaupt einen Sinn hat, wenn er nicht wahrgenommen werden kann. Ich habe das nicht böse gemeint.

17.10

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof. Ich erteile es ihm.

17.10

Bundesrat Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hoher Bundesrat! Aus dem heute gegebenen Anlaß gestatten Sie mir folgende Anmerkungen, wobei ich als begeisterter Europäer als Ausgangspunkt meiner Ausführungen eine europäische Perspektive wählen möchte.

Meine Damen und Herren! Es ist unschwer zu erkennen, daß in puncto Größenordnungen von Unternehmungen einiges in Bewegung gekommen ist. Auf der einen Seite besteht die Notwen


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digkeit, Unternehmensgrößen zu schaffen, die im globalen Wettbewerb nicht nur bestehen können, sondern auch eine Art Lokomotivenfunktion einnehmen können. Aktuellster Fall für die Schaffung eines Megaunternehmens – allerdings nicht in Europa – ist ja der Zusammenschluß der beiden Flugzeuggiganten Boeing und McDonnell Douglas, was nebenbei bemerkt auch enorme Auswirkungen auf den europäischen Airbus haben wird.

Auf der einen Seite gibt es also sehr große Unternehmen, die als Global Players auftreten, und auf der anderen Seite gibt es kleine Unternehmen, die aufgrund ihrer Spezialisierung oder aufgrund einer durchdachten Nischenpolitik und nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Wendigkeit, Flexibilität und Kundennähe erfolgreich agieren können.

Und dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es schließlich noch Unternehmen mittlerer Größenordnung. Ob diese im europäischen Maßstab klein bleiben oder in die Liga der Großen aufrücken können, wird die Entwicklung in der nächsten Zeit zeigen.

Aber nun zu Österreich. Es ist ja kein Geheimnis, daß viele österreichische Unternehmen über eine nicht allzu gute Eigenkapitalausstattung verfügen, um nicht zu sagen, es herrscht in etlichen Bereichen eine offensichtliche Kapitalschwäche vor.

Was nun den Sektor der österreichischen Geldinstitute betrifft, steht sicherlich außer Zweifel, daß wir Einrichtungen brauchen, die mit europäischen Größenordnungen mithalten können. Ein ganz wesentlicher Punkt, meine Damen und Herren, ist dabei auch, daß für Österreichs Wirtschaft und Industrie solche Einrichtungen vor Ort zur Verfügung stehen. Allerdings müssen diese Einrichtungen auch wirtschaftsgerecht konstruiert sein. Damit meine ich vor allem den äußerst wichtigen Aspekt der Unabhängigkeit.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf die USA hinweisen, genauer gesagt auf den Banking Act aus dem Jahre 1933. Dieser Banking Act hindert amerikanische Banken daran, größere Pakete an Firmen zu halten, um eine Gerechtigkeit zwischen den Kundeninteressen und den Eigeninteressen der Bank zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Diesen Gedanken weiterführend meine ich, daß es auch, und zwar nicht nur aus der Sicht der Wirtschaft, höchst erstrebenswert ist, wenn eine Bank über eine breit gestreute Eigentümerstruktur verfügt, denn damit wird die Verfolgung bestimmter Eigeninteressen, die im Gesamtzusammenhang gesehen eher kontraproduktive Wirkung haben, von vornherein weitgehend verhindert.

Wir in Österreich stehen jetzt vor einer Situation, in der wir die Gelegenheit haben, zu beweisen, daß wir die Zeichen der Zeit erkannt haben. Wie nie zuvor haben wir nun die Gelegenheit, eine Institution oder Institutionen zu schaffen, die die von mir soeben genannten Voraussetzungen erfüllen, aber gleichzeitig die Möglichkeit schaffen, im Orchester der Größeren mitspielen zu können.

Diese Chance, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir auch noch aus einem anderen Grund nützen. Immer dann, wenn es darum geht, größere Summen aufzubringen, heißt es: Wer kann das schon bei uns? – Das können doch höchstens diejenigen Institutionen, die mehr oder minder in einem Nahverhältnis zur öffentlichen Hand stehen.

In dieser Situation scheinen wir uns in bezug auf die Kausa Creditanstalt und Bank Austria zu befinden. Nach Anbotlegung der Interessenten an der CA wird es der Finanzminister sicher nicht leicht haben, eine EU-konforme und doch österreichische Lösung für diesen Fall, für diesen Problemkreis zu finden, und zwar speziell dadurch, daß möglicherweise, nach beschlossener totaler Rücknahme des Staatseinflusses auf die CA, dieser Einfluß in ähnlicher Form durch eine Kommune ersetzt werden könnte. Nun, das kann nicht im Sinne des Erfinders sein!

Demgegenüber möchte ich gerne in Erinnerung rufen, daß die Österreicherinnen und Österreicher in Summe bekanntlich über enorme Sparguthaben verfügen, wie gerade vorhin ausgeführt wurde. Diese Sparguthaben liegen nach wie vor in einem sehr hohen Ausmaß auf dem guten alten Sparbuch. Es genügt daher nicht, wenn wir immer wieder beklagen, in welch ge


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ringem Anteil die österreichische Bevölkerung zu den Aktienbesitzern zählt. Wir müssen vielmehr jene Bedingungen schaffen, die einen Anstoß zur Umlenkung von Vermögensteilen bieten.

Schon allein aus diesem Gesichtspunkt müßte dies für den österreichischen Finanzminister interessant sein, da er nach EU-Recht kein Anbot annehmen darf, in dem ein direkter oder indirekter Beistand der öffentlichen Hand ableitbar wäre, wie ja heute das vom Herrn Finanzminister gebrachte Beispiel in bezug auf die Stadt Wien gezeigt hat.

Im gegenständlichen Fall wäre es also daher Aufgabe des Hauptaktionärs der Bank Austria, in diesem Sinne die Rücknahme des Staatseinflusses nicht durch einen Stadt einfluß zu ersetzen, sondern in vorgezeichneter Form durch eine breite Streuung am Markt dem Finanzminister diese Entscheidung zu erleichtern, wie schwierig das auch sein mag. Ich glaube, wenn wir das wirklich wollen, dann wird es auch möglich sein, und zwar nicht zuletzt auch aus dem speziellen Grund, weil die beiden anderen Anbote für die Creditanstaltanteile nicht nur außerordentlich gewichtig sind, sondern, wie mir scheint, die Möglichkeit einer breiten Streuung im Markt, wie ich sie skizziert habe, durchaus einschließen würden. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin völlig davon überzeugt, daß ein engagiertes Vorgehen durchaus dazu führen würde, das Interesse der Österreicher an Aktien zu verstärken. Ganz besonders wäre das meiner Ansicht nach der Fall, wenn die Möglichkeit geboten würde, sich an einer erfolgreichen, großen und auch traditionsreichen österreichischen Institution zu beteiligen. Daher freue ich mich, daß wir eine entsprechende Initiative im Nationalrat vorgenommen haben und hier im Bundesrat eine ebensolche folgen wird. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Prähauser zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

17.17

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Hoher Bundesrat! Wie sich die Vorgänge gleichen! Im Vorjahr schaltete die ÖVP während der herbstlichen Budgetverhandlungen auf stur, stellte eine Reihe sogenannter unabdingbarer Forderungen und ließ die Koalition platzen. Auch im diesjährigen Poker um die CA-Privatisierung schaltet die ÖVP auf stur und kommt auf unerfüllbare Forderungen zurück. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz . ) Sie haben recht, Herr Kollege Penz, ich habe das nachgelesen. Es steht heute im Leitartikel In den "Salzburger Nachrichten". Wenn man das liest, dann sieht man: Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Das Ergebnis des vorjährigen Konfliktes ist bekannt. Es haben Nationalratswahlen stattgefunden, so wie die ÖVP es wollte. Der Wähler hat die Quittung insofern erteilt, als es keinen Stimmenzuwachs für die ÖVP gab und durch eine Nachwahl auch das einzige, noch in Frage stehende Mandat verloren wurde. Ähnlich würde es sich auch verhalten, wäre man vermessen genug, zu glauben, diesen Anlaß dazu benützen zu müssen, die Koalition ein weiteres Mal auf die Probe zu stellen und platzen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ing. Penz: Sie haben den Finanzminister ausgetauscht!)

Herr Kollege Penz! Wir haben niemanden ausgetauscht. Der Herr Finanzminister Ditz hat seine Konsequenzen aus der Tagespolitik gezogen und es vorgezogen, in die Privatwirtschaft, die Sie ja so verherrlichen, zu gehen. Ich habe großen Respekt vor Männern, die ihre ganze Kraft in den Dienst der Politik stellen! Herr Finanzminister Klima! Ich möchte Ihnen persönlich dafür danken.

Kollege Harring hat von einem "schwarzen Loch" gesprochen. Ich meine, es ist vielmehr ein blaues Loch, durch das die ÖVP Gefahr läuft, in Zukunft zu verschwinden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen, daß wir, wenn wir ernsthaft über diese Frage sprechen, eigentlich doch zu einem Ergebnis kommen müßten. Es ergibt sich tatsächlich die historisch einmalige Chance, die Initiative zu ergreifen und die Struktur des österreichischen


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Finanzmarktes den derzeit stattfindenden, rasanten Veränderungen anzupassen, und zwar ohne ausländischen Einfluß. Wir sind hier einer Meinung, Herr Kollege Mautner Markhof! Die Entscheidungs- und Steuerungszentrale der führenden österreichischen Finanzgruppierung bliebe damit auf Dauer in Österreich.

Seit Bekanntwerden des Kaufanbotes für die CA-Bundesanteile seitens der Bank Austria versuchen die ÖVP und einzelne Bankenvertreter, dieses Angebot negativ darzustellen und zu beurteilen. Die vorgebrachten Argumente gegen das Bankoffert haben, so laut sie mit Unterstützung einiger Medien auch getrommelt werden, allesamt einen entscheidenden Nachteil: Sie entsprechen nicht den Tatsachen.

Ganz im Gegensatz dazu erfüllt das Offert der Bank Austria exakt die Ausschreibungsbedingungen des Finanzministeriums. Auch ich bin weit davon entfernt, für einen der drei Anbieter Stellung oder Partei zu ergreifen. (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Es fällt nur auf, meine Damen und Herren, daß Sie eigentlich nur ein einziger Anbieter stört, und das sollte uns eigentlich nachdenklich stimmen, wo Sie doch immer von der Privatwirtschaft und vom freien Wettbewerb reden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Man kann nicht einen der Anbieter madig machen, um auf andere Vorteile dann zurückzugreifen.

Ich bin für eine österreichische Lösung, das darf ich hier ausdrücklich deponieren.

Das Offert der Bank Austria erfüllt die Ausschreibungsbedingung, wonach eine österreichische Lösung gefordert wird. Das vorliegende zweite Offert eines Konsortiums um die EA-Generali und die Erste Österreichische Spar-Casse entspricht dieser Bedingung nur bedingt, sind doch mit der Medio-Banca und der EA-Generali ausländische Unternehmen federführend beteiligt.

Ich maße mir nicht an, über ausländische Bankunternehmungen Wertungen durchzuführen. Nur die Medio-Banca ist ein italienisches Bankunternehmen. Ich möchte auch über italienische Bankunternehmungen und deren Beteiligungen vor Ort keine Stellungnahme abgeben. Ich hoffe nur, daß die Banca Ambrosiana an diesem Unternehmen nicht beteiligt ist.

Ich glaube, es wäre angebracht, alle drei Mitbewerber seriös zu behandeln.

Zum dritten Angebot: Der traut sich was, der Wlaschek! – Das ist überhaupt keine Frage, es ist faszinierend, wenn es jemand durch Tüchtigkeit, auch Tüchtigkeit seiner Mitarbeiter schaffen konnte, ein Imperium aufzubauen und es gut an den Mann oder ein anderes Konsortium zu bringen.

Wir haben es in den Zeitungen unter der Überschrift "Weihnachtsfriede" lesen können: Es gibt in Amerika zwei Geschäftsleute in der EDV-Branche, die aus Taiwan stammen und ähnliche Summen erwirtschaftet haben. Sie haben ihr Unternehmen dann um 17 Milliarden verkaufen können und haben diesen Erfolg mit ihren Mitarbeitern geteilt und bis zu drei Jahresgehälter als Belohnung für den Verkauf unter der Belegschaft aufgeteilt. Das hat Herr Wlaschek nicht getan, soweit ich mich entsinnen kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage auch mit aller Deutlichkeit, daß das Gehaltsniveau bei der Firma Billa in Wirklichkeit auch nicht führend in Österreich war. Und wenn ich hier ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Herr Kollege Himmer! In diesem Fall haben Sie keinen Schimmer. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe kein Problem, jemandem etwas zu verkaufen. Mein Verständnis ist folgendes: Wenn ich etwas zu verkaufen habe, das jemand haben will, so soll es derjenige haben, der das Meiste dafür bietet – wenn ich Privatmensch bin und der Öffentlichkeit in Österreich nicht verantwortlich bin. Wir sind der Öffentlichkeit verantwortlich! Und was denkt die Öffentlichkeit eigentlich von Politikern, die einer Anbietergruppe die Stange halten, die sich vor Monaten noch um 6,5 Milliarden dieses Unternehmen unter den Nagel reißen wollte? Wo sind die restlichen 10 Milliarden Schilling, die man damals mitanzubieten vergessen hat?


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Ich sage hier ganz deutlich: Hier hat man versucht, eine Gans zu schlachten, die man mager zu bekommen geglaubt hat. So ist es aber nicht! Ich bin Wlaschek dankbar, daß er als Privatunternehmer durch seine Anbietung auch den Wert dokumentiert hat.

Daher glaube ich, daß es unsere herausragende Pflicht ist, den Finanzminister dabei zu unterstützen, für die österreichischen Steuerzahler das beste Angebot herauszuholen, um letztendlich auch in den Genuß dieser Beträge zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verwahre mich auch strikt gegen Äußerungen Ihres Klubvorsitzenden im Nationalrat, der sozialdemokratische Manager und verantwortungsvolle und verantwortungsbewußte Politiker als Staatsmonopolkapitalisten der übelsten Sorte bezeichnet. Meine Damen und Herren! Das ist Diktion der Ersten Republik. Das hat hier keinen Platz! Ich verwahre mich dagegen, von Ihrem Vorsitzenden in diesen Topf geworfen zu werden.

Jemand, der für den österreichischen Staat versucht, das Beste herauszuholen, kann niemals ein Kapitalist übelster Sorte sein. Ich fordere ihn auf, diese Bezeichnung zurückzunehmen.

Ich darf Ihnen weiters sagen, meine Damen und Herren: Ich weiß nicht, wovor wir Angst haben. Wollen wir im vereinten Europa mitgestalten, oder wollen wir hintennachlaufen? – Wir wissen, daß wir momentan auf dem Finanzmarkt, wenn wir von der Größe der Banken ausgehen, höchstens an den 60. Platz gereiht werden können. Durch diese Umstrukturierung würden wir unter die ersten 30 aufsteigen. Wir hätten mehrere Möglichkeiten, hier entsprechend auch bestehen zu können.

Meine Damen und Herren! Es gibt diesbezüglich Beispiele, etwa Holland: Wenn man die drei größten Banken zusammenzählt, stellt mant fest, diese haben in ihrem Land einen Marktanteil von 70 Prozent. Ähnlich ist es in der Schweiz, dort haben sie einen Anteil von 76 Prozent, in Dänemark einen von 51 Prozent und in Österreich einen von 30 Prozent. (Bundesrat Dr. Harring: Das sind drei verschiedene Bankengruppen! Das können Sie doch nicht vergleichen!) Das sind auch drei verschiedene Gruppen, ich gebe aber zu, Herr Kollege Harring, daß die zweite und dritte etwas kleiner sind. Das ist zur Kenntnis zu nehmen, es hilft nichts! Tatsachen sprechen für sich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich würde Sie bitten: Wenn Sie mitdiskutieren wollen, informieren Sie sich entsprechend! Es gibt in der letzten Zeit Publikationen, Zeitungsartikel genug, um sich entsprechend firm zu machen. Und dann können wir miteinander diskutieren. Herr Kollege Himmer! Noch einmal: In dieser Sache haben Sie keinen Schimmer! Das ist für mich überhaupt keine Frage. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Ing. Penz: Herr Kollege! Das reimt sich zwar, aber es stimmt nicht!) In diesem Fall reimt sich die Wahrheit. Mehr kann ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Richau. )

Ich würde mir nie anmaßen, über Gendarmerieangelegenheiten zu diskutieren. Da kenne ich mich nicht aus. Aber in der Wirtschaft bin auch ich etwas größer geworden, als ich als Lehrling begonnen habe. Das darf ich dokumentieren.

Meine Damen und Herren! Uns geht es darum, den Finanzminister bei seiner Arbeit zu unterstützen. Einen ersten Sieg hat er bereits errungen, nämlich indem er ein Angebot, das aus meiner Sicht – mir fällt kein entsprechend negatives Wort ein – ungustiös war, von 6,5 Milliarden Schilling auf 16 Milliarden hochlizitiert hat. Damit wird annähernd der Wert erreicht, den wir als angemessen erachten. Ein Sieger ist bereits die österreichische Bevölkerung, aber es gibt auch Verlierer: Das ist die österreichische Finanzwirtschaft. (Bundesrat Dr. Kaufmann: Und 3 000 Arbeitnehmer!) Es ist in der letzten Zeit anscheinend zur Gewohnheit geworden, anstatt eine Sache gemeinsam zu unterstützen und wertvoller zu machen, sie herunterzumachen. Es wird auf der einen Seite versucht, es madig zu machen, und man wundert sich dann auf der anderen Seite, wenn wir keine entsprechenden Erlöse dafür erzielen.

Herr Bundesminister! Sie sind auf dem richtigen Weg. Unsere Fraktion wird Sie bei diesem Weg mit Vehemenz unterstützen, und ich bitte Sie, von Ihrem Weg nicht abzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 122

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prasch. – Bitte.

17.27

Bundesrat Dr. Helmut Prasch (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren Minister! Hohes Haus! Die Wortmeldung von Kollegen Prähauser und die Reaktionen von seiten der ÖVP haben ganz deutlich gezeigt, was noch Hintergrund dieses Pokers um CA und Bank Austria ist, nämlich eine ganz veritable Koalitionskrise, in der sich die ÖVP vom sozialdemokratischen Klubobmann Kostelka den Vorwurf gefallen lassen muß, kein rationaler Gesprächspartner mehr zu sein, und der Obmann der ÖVP mit dem Vorwurf kontern muß, hier seien linke Ökonomen am Werk.

Wir Freiheitlichen finden uns in der für uns angenehmen Situation wieder, einmal mehr staatspolitische Verantwortung übernehmen zu müssen (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP – Beifall bei den Freiheitlichen) und mit einer dringlichen Anfrage an den Finanzminister und mit zwei ganz konkreten Entschließungsanträgen endlich wieder Ordnung in diese verworrene Situation zu bringen und endlich auch die Öffentlichkeit über das Vorhaben des Finanzministers entsprechend zu informieren.

Eines aber, meine Damen und Herren, eint trotz Koalitionskrise beide Parteien, SPÖ und ÖVP: Privatisieren ist Ihre Sache nicht, meine Damen und Herren! Daher ist auch jede Bezugnahme auf den Koalitionsvertrag, so wie das in den letzten Tagen immer wieder geschehen ist, lachhaft. Denn die dort festgeschriebene "Fortsetzung des erfolgreichen Weges der Privatisierung" entbehrt jeder Grundlage. Der erfolgreiche Weg der Privatisierung wurde von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von Regierungsparteien, noch nie beschritten. Er kann deshalb auch nicht fortgesetzt werden.

Ich darf Ihnen einige Beispiele aus der Vergangenheit in Erinnerung rufen, beispielsweise den mißglückten Versuch, das Verkehrsbüro zu privatisieren. Da mußten wir Freiheitlichen ebenfalls die Krisenfeuerwehr spielen, um einen Schaden von 600 Millionen Schilling für die Republik abzuwenden. Oder: die Verschleuderung des Traditionsunternehmens DDSG just zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rhein-Main-Donau-Kanal fertig war. Und das Ganze hat wiederum in einem Fiasko geendet.

Ich darf Ihnen weiters Ihre vielfältigen Versuche, Scheinprivatisierungen vorzunehmen, vorhalten. Ich meine damit die Ausgliederungen – eine haben wir heute vorgenommen – bei den Bundesforsten, bei der Post, bei der PSK. Meine Damen und Herren! Hier handelt es sich um bloße Scheinlösungen. Beide Parteien, SPÖ und ÖVP, können sich in Wahrheit nicht dazu durchringen, staatliches Vermögen auch tatsächlich zu privatisieren, weil das in jedem Fall Aufgabe von Macht, Einfluß, aber auch Aufgabe von Freunderlwirtschaft und Postenschacherei bedeutet.

Daher sind es auch heute wieder wir Freiheitlichen – und ich wiederhole das –, die im Zusammenhang mit diesem Poker mahnend den Finger erheben und Ihnen einen Spiegel vorhalten. (Bundesrat Konečny: Mit dem Finger einen Spiegel vorhalten? Seien Sie vorsichtig mit falschen Wortbildern!)

Meine Damen und Herren! In Wahrheit geht es bei diesem Machtpoker nur um eine Frage: Wer von den beiden Koalitionsparteien wird künftig den Banken- und Geldapparat in Österreich dominieren? – In dieser Frage stehen wir Freiheitlichen – und das haben meine Kollegen Vor-redner von der freiheitlichen Fraktion mit ihren Stellungnahmen zur vorliegenden Problematik bereits ausreichend dargelegt – auf der Seite der Steuerzahler, der privaten Anleger und der Unternehmer. Wir sind der Meinung, daß eine Lösung für den Steuerzahler nur dann optimal sein kann, wenn verhindert wird, daß über die Hintertüre der Staat oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wie die Gemeinde Wien die Kontrolle, wenigstens aber die Mitsprache bei wesentlichen Entscheidungen beibehält und zurückgewinnt.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 123

Auch die ÖVP-Initiative, bloß für den Einzelfall über die noch dazu rückwirkende Änderung des Creditanstalten-Ermächtigungsgesetzes eine Lösung erzielen zu wollen, halte ich für einen halbherzigen und deshalb auch falschen Weg.

Wer im Geldwesen für einen Rückzug der öffentlichen Hand sorgen will, der kann auch guten Gewissens den freiheitlichen Entschließungsantrag zur Änderung des Sparkassengesetzes unterstützen. Dieser Entschließungsantrag schafft letztlich die einzige Möglichkeit, im Bankenwesen zu einer Chancengleichheit im Wettbewerb zu kommen – denn was ist das für ein Triple-A-Rating einer Bank, wenn dort statt eines Bankmanagers von internationalem Format ein Aufsichtsratspräsident werkt, der in erster Linie ein Bürgermeister ist, dem der eigene Rock näher als das Hemd des Sparers und des Anlegers ist?

Drittens, meine Damen und Herren, fordere ich Sie alle auf, die in der Diskussion um die Fusion von Bank Austria und Creditanstalt evident gewordene Notwendigkeit von echten Privatisierungen zu erkennen und auch den zweiten Entschließungsantrag der FPÖ tunlichst zu unterstützen. Auch wenn sich die ÖVP heute und in den letzten Tagen so vehement zur Privatisierung von öffentlichem Eigentum bekennt, vermisse ich im Koalitionsübereinkommen eine Auflistung der konkreten Vorhaben dieser Koalitionsregierung. Unser Entschließungsantrag mit seiner Aufzählung konkreter Projekte ist also letztlich ein Nachtrag zum Koalitionsübereinkommen und wenigstens für die ÖVP eine Möglichkeit zu beweisen, wie ernst sie es tatsächlich mit der Privatisierung von öffentlichem Eigentum in Österreich meint. Jede weitere Halbherzigkeit in dieser zentralen Frage bedeutet eine Schädigung des österreichischen Steuerzahlers.

Wenn Sie auch heute noch nicht die Notwendigkeit dieser Maßnahmen erkennen, werden Sie es sich gefallen lassen müssen, nicht nur weiterhin international belächelt zu werden, sondern sich auch vorhalten zu lassen, am Scheitern wesentlicher Wirtschaftszweige, zu denen das Banken- und das Geldwesen in Österreich gehören, mitgewirkt zu haben.

Setzen Sie mit Ihrer heutigen Unterstützung unserer beiden Entschließungsanträge ein Zeichen – gegen staatliche Machtkonzentrationen, gegen den Parteieneinfluß in Bereichen, in denen die Politik nichts verloren hat, gegen die Freunderlwirtschaft und gegen die Postenschacherei, aber für mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit, mehr Chancengleichheit und mehr Vorteile für die Steuerzahler! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

17.33

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Kollege Prähauser! Ich finde, wir sind eine Volksvertretung, und ich maße es mir nicht an, hier Unterschiede zu machen, welcher Berufsgruppe man angehört, welche Ausbildung man hat und welche Qualifikation man dann hier hat. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Prähauser: Das ist auch richtig so! Das habe ich auch nicht getan!)

Aber ich darf Ihnen eines schon sagen, wenn Sie mich schon so ansprechen und so locker vom Hocker meinen, daß ich keinen Schimmer habe – zum Vergleich –: Ich habe Betriebswirtschaft studiert, Sie haben Drogist gelernt. Ich bin heute im Management einer Telekom-Firma tätig, und Sie sind Parteiangestellter. Und deshalb habe ich von der Wirtschaft keinen Schimmer, und Sie sind sehr kompetent! (Beifall bei der ÖVP.) Diesen Vergleich können Sie auch gleich wieder in Ihrer Parteizentrale ... (Bundesrat Prähauser: Theorie ist eine Sache, Praxis ist die andere!)

Ich sage Ihnen etwas: In der Politik wird man sicherlich in so schwierigen Situationen wie in der heutigen Flexibilität im Denken brauchen. Wenn man aber einige Grundsätze hat, ist es aber auch nicht schlecht, weil diese letztendlich Parteien und die Politik erkennbar machen. Und deswegen haben wir auch im Regierungsübereinkommen Grundsätze verankert, etwa daß sich die öffentliche Hand aus unternehmerischen Funktionen zurückzieht. Und das bedeutet die vollständige Privatisierung von öffentlichem Eigentum dort, wo es um unternehmerische Aufgaben


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geht. Und dazu darf ich Ihnen sagen: Wir von der ÖVP stehen zu diesem Passus im Koalitionsübereinkommen! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher darf ich hier auch gleich anmerken, daß von den drei Angeboten nur zwei diese Bedingung erfüllen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Was würde die Übernahme von Bundesanteilen der CA durch die Bank Austria darstellen? – Es stellt eine Verlagerung von öffentlichem Eigentum des Bundes in das öffentliche Eigentum der Gemeinde Wien dar. Ich darf Ihnen sagen, wir lehnen das ab. Und ein übermächtiger Bankkonzern im öffentlichen Eigentum führt zu einer gewaltigen Beeinträchtigung des Wettbewerbs am Bankensektor. Weniger Wettbewerb bedeutet höhere Kreditzinsen für Kleinstunternehmer und für Private.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bank Austria und Creditanstalt gemeinsam hätten 95 Prozent der Großbetriebe und zirka 65 Prozent der mittelständischen Wirtschaft. Beide zusammen haben auch Industriekonzerne, die zusammengefaßt die Größenordnung der früheren verstaatlichten Industrie haben. Wir alle hier wissen, wie die Story der verstaatlichten Industrie ausgegangen ist, mit welchem Desaster das geendet hat, und glauben Sie mir, wir wissen auch, welche Politiker das zu verantworten haben, daß es damals zu diesem Desaster gekommen ist.

In diesem Zusammenhang darf ich schon auch eines anmerken, weil hier durchgeklungen ist, wer der Bestbieter ist: Es mag vielleicht manchmal der Eindruck entstehen, wenn einer die Zahl 16 hat und einer die Zahl 15 und einer die Zahl 14, dann ist der mit der Zahl 16 der Bestbieter. Es geht nicht um den Meistbieter, es geht um den Bestbieter. Und da hat sich die Bundesregierung auch politische Ziele gesetzt. Wir haben uns das politische Ziel der Privatisierung gesetzt. Wir haben uns das Ziel der Strukturbereinigung gesetzt, und es sind von einer Bundesregierung natürlich auch die volkswirtschaftlichen Auswirkungen mit zu bedenken. Deswegen möchte ich stark davor warnen, hier so latent, unterschiebend Promotion zu machen, daß es nur ein Angebot geben kann, das nach diesen Kriterien das Bestbieterangebot ist.

Ich darf in dem Zusammenhang anmerken, daß die Übernahmegelüste der Bank Austria wahrlich nicht daraus resultieren, daß sie so satte Gewinne gemacht hat, die sie jetzt investieren müßte. Wenn man sich den Jahresüberschuß der Bank Austria AG anschaut, dann sieht man, sie hat nach Steuern 2,2 Milliarden Schilling Gewinn gemacht, wobei da bereits der Verkauf von Unternehmen in der Höhe von 2,4 Milliarden Schilling beinhaltet ist. Das heißt, daß die Bank Austria die Fusion Z/Länderbank noch keinesfalls verkraftet hat.

Die Finanzierung jetzt erfolgt über Pump, über Kredite, über internationale Finanzmärkte, und daß diese Kredite, meine Damen und Herren, die Ertragskraft der neuen Gruppe extrem belasten werden, ist klar. Neue finanzielle Turbulenzen scheinen also sehr schwer auszuschließen zu sein.

Wer bezahlt nun für die Aufnahme dieser Fremdmittel? – Das Geld muß ja von irgendwo herkommen. Der Einzel- und der Unternehmenskunde müssen für diese höheren Kreditzinsen aufkommen, und es werden viele Hunderte, wenn nicht Tausende mit ihrem Arbeitsplatz dafür bezahlen, um diese Fremdkapitalaufnahme und diese höheren Kreditzinsen zu finanzieren.

Nicht in jeder Phase der Geschichte der Sozialdemokratischen Partei, der ehemaligen Arbeitnehmerpartei, hätte der Umstand, daß eine Belegschaft die Vorgangsweise so nachhaltig als ein Unfriendly-take-over – also eine feindliche Übernahme – betrachtet, sich so sehr dagegen ausspricht, eine derartige Gleichgültigkeit zur Folge gehabt, denn das Klima zwischen den Mitarbeitern und der Unternehmensführung ist sehr wichtig. Klima ist überhaupt sehr wichtig. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Deswegen müssen wir auch immer an einer Klimaverbesserung und nicht an einer Klimaverschlechterung arbeiten. (Bundesrat Konečny: Diesen Klima kann man nicht verbessern!) Wir haben eben Befürchtungen, daß es zu einer Klimaverschlechterung gekommen ist.


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Ich bin der festen Überzeugung, daß die möglichen Nachteile die Vorteile einer Bank-Austria-Lösung überwiegen. Ich bestreite aber nicht, daß die Welt nicht schwarzweiß ist und daß es sicherlich Argumente dafür gibt – und der Herr Finanzminister ist mit seiner Fachkompetenz sicher in der Lage, jede Auftragsvergabe zu argumentieren. Also das bezweifle ich keine Sekunde. Aber wir müssen uns schon Fragen stellen, die zu stellen erlaubt sein muß.

Was zählt das Wort des Finanzministers? Was zählt seine Unterschrift unter dem Koalitionsabkommen? – Das Koalitionsabkommen vom 11. März 1996 sieht vor, daß die Bundesanteile an der Bank Austria und an der Creditanstalt zu privatisieren sind. (Bundesrat Konečny: Lesen Sie bitte wörtlich!) Der Herr Bundeskanzler hat sich in seiner Regierungserklärung am 13. März 1996 neuerlich zu dieser Privatisierung bekannt. Der Generaldirektor der Bank Austria hat noch am 16. 11. einen möglichen CA-Kauf als "Karnevalsgag" bezeichnet. Doch in Anbetracht der heutigen Argumentation der sozialdemokratischen Fraktion ist es nahezu denkunmöglich, eine andere Lösung zu finden als diesen Karnevalsgag. (Bundesrat Prähauser: Das ist eine weit verbreitete kaufmännische Taktik!) Sie haben diesen Karnevalsgag getarnt, indem Sie – ich formuliere es vorsichtig – eine sehr restriktive Informationspolitik gegenüber dem Koalitionspartner betrieben haben.

Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen sagen: Ich verfolge Ihr politisches Tun seit Jahren mit aufrichtiger und außerordentlicher Wertschätzung. Aber ich frage mich schon: Haben Sie es notwendig, und trifft es Sie nicht in Ihrer Ehre, daß Sie eine Vereinbarung von wahrlich nicht unbedeutendem Ausmaß unterschreiben und sich dann nicht daran halten? (Bundesrat Meier: Wo hat er sein Wort nicht gehalten? – Bundesrat Prähauser: Das hat man ihm nicht aufgeschrieben, deshalb weiß er es nicht!) – Es mag schon sein, daß Sie für die Vranitzky-Nachfolge noch Ihr Meisterstück machen müssen; dafür kann aber der Koalitionspartner nichts, dafür können die Mitarbeiter der Creditanstalt nichts, daran ist der Steuerzahler unschuldig. Daher bitte ich Sie mit allem Nachdruck, sich das Ganze noch einmal sehr genau zu überlegen, denn wenn Sie Bundeskanzler werden wollen, wird nicht nur die Frage relevant sein, ob die Genossen in der AVZ stolz auf Sie sind, sondern es wird auch eine Bedeutung haben, welchen Wert die Unterschrift eines Koalitionspartners, eines von mir über die Jahre durchaus sehr geschätzten Finanzministers auch in Zukunft hat. (Beifall bei der ÖVP.)

17.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

17.43

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verzeihen Sie mir, daß ich mich noch einmal zu Wort melde, aber der junge Kollege von der ÖVP überschätzt meinen Karrieredrang. Herr Kollege! Ich war in Ihrem Alter auch noch sehr an der Zukunft und an der Karriere orientiert; jetzt bin ich nicht mehr so stark an der Karriere orientiert, sondern ich bin daran interessiert, woran Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, als gewählte Vertreter der Bürger Österreichs auch interessiert sein müssen, nämlich daran, daß wir diesen sehr lange dauernden Vorgang, der – ich sage es noch einmal – von seiner bisherigen Abwicklung und von der Dauer her der Reputation der Republik Österreich auf den internationalen Finanzmärkten sicher nicht genützt hat, um es vorsichtig zu sagen, zum Nutzen der Institute, zum Nutzen der Bieter, aber auch zum Nutzen der Mitarbeiter recht rasch und zügig abschließen, aber auf Basis der bestehenden Gesetze und durchaus auch im Einvernehmen – soweit das möglich ist – mit dem Koalitionspartner.

Herr Kollege Himmer! Weil Sie gemeint haben, es hätte irgendwann einmal Gespräche gegeben: Selbstverständlich hat es mit nationalen und internationalen Interessenten eine Reihe von Gesprächen gegeben. Aber verzeihen Sie: Sie als Wirtschaftsmann müßten doch wissen, daß in diesem Bereich natürlich entsprechende Vertraulichkeitsvereinbarungen und -erklärungen auch mit entsprechenden Pönalisierungen verbunden sein können. Ich bitte Sie, das zu verstehen.


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Ich habe heute dem Herrn Präsidenten Mautner Markhof zur persönlichen Information eine Chronologie des CA-Verkaufs gegeben, um damit zu dokumentieren, daß mir wirklich sehr daran lag und daran liegt, in dieser Causa mit dem Regierungspartner Einvernehmen herzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere nur daran, daß ich, obwohl andere nationale und internationale Interessenten bei mir im Sommer dieses Jahres vorstellig wurden, den Eintritt in ein laufendes Verfahren verwehrt habe, indem ich exklusiv mit dem Generali Konsortium verhandelt und die Übergabe von Informationsmaterial mit dem Hinweis verwehrt habe, daß ich in diesem Verfahren, das auf die völlige Abgabe von 19,9 Millionen Stück abzielt – das ist nur in dieser Summe möglich –, weiterhin verhandeln werde. Bedauerlicherweise ist es dann – auch zu Ihrer Information, meine sehr geehrten Damen und Herren – trotz mehrmaliger Nachfristsetzung – ursprünglich war die Zusage da, im Juni ein definitives Angebot zu bekom-men, dann habe ich die Nachfrist gesetzt, bis Ende August ein definitives Angebot zu bekommen, dann habe ich noch einmal eine Nachfrist gesetzt, und zwar bis 6. September ein definitives Angebot für alle 19,9 Millionen Stück zu bekommen – zu keinem Abschluß gekommen.

Es geht mir um eines, Herr Kollege Himmer: um meine Vertrauenswürdigkeit auch gegenüber dem Koalitionspartner. Darum geht es mir wirklich, und deshalb erzähle ich Ihnen das. Ich erzähle Ihnen das nicht, weil Sie das Konsortium sind, sondern ich erzähle Ihnen das deswegen, weil es mir darum geht, zu dokumentieren, in welcher Form ich in den vergangenen Monaten in dieser Sache mit dem Koalitionspartner umgegangen bin – allerdings unter Berücksichtigung der Vertraulichkeitserklärungen; das möchte ich schon dazusagen.

Ich möchte jetzt gar nicht im Detail darauf eingehen, weil es zuviel an Persönlichem wäre. Aber Abstimmungsgespräche hat es nicht nur mit dem Herrn Präsidenten Schimetschek von der AVZ gegeben, bei welchen wir eine industrielle Lösung diskutieren wollten, die leider seitens der Ersten Österreichischen nicht umsetzbar war, und all diese Dinge mehr. So kamen wir schlußendlich zu dem gemeinsamen Entschluß, ein neues Ausschreibungsverfahren zu starten, das natürlich wieder den formalen, klaren nationalen und internationalen rechtlichen Bestimmungen zu folgen hat. Selbstverständlich! Ich stehe nicht an, zu sagen, daß seit Oktober 1996 mit einer Reihe von nationalen und internationalen Interessenten Gespräche geführt wurden, von J. P. Morgan und von Mitarbeitern meines Büros, und daß uns diese Vertraulichkeitserklärung natürlich dazu verpflichtet hat, diese Gespräche vertraulich zu halten, auch für jene, die dann schlußendlich kein Angebot gelegt haben. Ich kann Ihnen sagen, wir führten auch mit anderen österreichischen und internationalen Interessenten, die dann schlußendlich kein Angebot gelegt haben, Gespräche. Es kommt mir, sehr geehrter Herr Himmer, schon darauf an, daß wir – bei Beachtung aller rechtlichen Engpässe, die es gibt – doch eine faire Form finden.

Jetzt einige Worte zu Ihren Bemerkungen hinsichtlich eines allfälligen Zuschlages. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich, glaube ich, bei meinen Ausführungen in sehr fairer Form der Parteilichkeit enthalten. Ich habe versucht, alle drei bestehenden Angebote in sehr fairer Form darzulegen. Nur: Ich bin nicht der Meinung – entsprechende Rechtsgutachten sagen das auch aus –, daß wir rechtlich befugt sind, ein Angebot auszuschließen. Ich betone: Wir sind aufgrund der rechtlichen Grundlagen nicht befugt, eines der drei Angebote auszuschließen. Es ist daher notwendig, sich in aller Sorgfalt auch die rechtlichen Konsequenzen zu überlegen. Wenn Sie aus der Wirtschaft kommen, dann wissen Sie, Herr Kollege Himmer, daß bei einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren jeder der Bieter ab der Abgabe einen Rechtstitel hat. Aber nicht nur das. Bei einer Veräußerung der öffentlichen Hand hätte auch der österreichische Steuerzahler einen Rechtstitel. Ich bitte Sie, zu verstehen, daß ich weder die Republik Österreich noch mich persönlich in eine Situation bringen möchte, in der ein allfälliger Klagstatbestand entstehen könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte das wirklich ohne irgendwelche Wertungen, sondern nüchtern, sachlich und trocken hier darstellen und bitte Sie um Verständnis dafür, daß das aus meiner Sicht nichts mit Parteilichkeit zu tun hat und daß das aus meiner Sicht nichts mit einem, wie Sie gemeint haben, nicht ganz fairen Verhalten dem Koalitionspartner gegenüber zu tun hat.


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Darum ist es mir eigentlich die ganze Zeit in dieser Wortmeldung gegangen und um nichts anderes mehr.

17.51


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620. Sitzung / Seite 128

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Farnleitner. – Bitte.

17.51

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich melde mich zu Wort, damit erstens nicht gesagt wird, ich sei nur hierhergekommen, um kontrollierend meinem Kollegen Klima zuzuhören, und zweitens nicht gesagt wird, ich bin einfach sitzengeblieben, weil es nur ein Unterpunkt von Punkten ist, für die ich im Laufe der heutigen Tagesordnung zuständig bin. Ich glaube, daß ich, da ich der Verhandlungskompagnon des Herrn Finanzministers bin, hier auch deutlich machen sollte, von welcher Position ich ausgehe.

Da ich noch das Privileg habe, relativ jung in diesem Betrieb zu sein, gehe ich davon aus, daß ich unter Privatisierung etwas anderes verstehe als das, war hier, in einem Teil zumindest, diskutiert wird. Wir in Österreich haben lange genug Lehrgeld gezahlt, um aus einem Verstaatlichungsprozeß einen Entstaatlichungsprozeß zu machen, und wir sollten nicht nach einem Verstaatlichungsprozeß versuchen, einen Verstadtlichungsprozeß – mit "dt" geschrieben – wieder einzuführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun gebe ich gerne zu, daß Kollege Klima völlig im Recht ist, da der Gesetzgeber im Jahre 1991 im Ermächtigungsgesetz keine Differenzierung bei den Termini "Verkauf" und "Veräußerung" getroffen hat, und ich glaube, daß es daher auch sehr zweckmäßig ist, darüber zu diskutieren, ob man bei der Ermächtigungsnorm aus dem Jahre 1991 nicht deutlich präzisieren sollte, was der Gesetzgeber, der Ermächtigungsgeber unter Privatisierung verstanden hat, ob er vielleicht nicht nur verstanden hat, Veräußerung zum bestmöglichen Preis, egal welche Konsequenzen – abgesehen vom nationalen Interesse – sich ergeben. Das ist eine Auseinandersetzung, die nichts mit Emotionen zu tun hat, sondern die sich einfach aus der Erfahrung der unterschiedlichen – vielleicht auch politischen – Positionen von uns zweien ergibt.

Nächster Punkt: Ich war jahrzehntelang als Leiter im Paritätischen Kartellausschuß mit Wettbewerbsfragen beschäftigt. Es gibt mir natürlich zu denken, daß wir in der Region Ostösterreich eine Bankenkonzentration herbeiführen, die ihresgleichen weltweit suchen würde. (Bundesrat Meier: Weltweit?) Weltweit! Die Stadt Wien ist ein Drittel der Wirtschaftskraft Österreichs!

Der nächste Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, ist: Wir müssen uns noch mit der in Österreich nie ausdiskutierten Frage auseinandersetzen: Was bedeutet die Haftung – auch wenn es nur eine Ausfallbürgschaft ist – in diesem Fall im internationalen wie im nationalen Wettbewerb? – Es ist meines Wissens im EWR nicht notifiziert worden, ist jetzt von einem Mitbewerber offenbar in Brüssel anhängig gemacht worden, und wir werden in den nächsten Tagen sicher auch eine Diskussion darüber haben, ob diese Art von Haftung eine erlaubte – wenn auch nicht notifizierte und nicht ausjudizierte – Beihilfe im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechtes ist.

Lassen Sie mich auch folgendes sagen: Es muß natürlich auch in der Diskussion darauf Bedacht genommen werden, daß wir in der Beurteilung dieser Causa nicht nur von bankenwirtschaftlichen Kriterien ausgehen, sondern auch davon, wie die wahrscheinliche Entwicklung der Beschäftigungsstruktur und der Struktur der Unternehmen im Umkreis der jeweiligen Banken künftig laufen wird. Daher, Hoher Bundesrat, habe ich die Gelegenheit wahrgenommen, in dieser Diskussion das Wort zu ergreifen.

Ich glaube auch, daß es im Hinblick auf das, was uns an wettbewerbsrechtlicher Diskussion auch auf europäischer Ebene auf Dauer bevorstehen wird, sehr zweckmäßig wäre, in der Frage der sparkassengesetzlichen Regelung rasch Schritte zu unternehmen, anstatt lange zu diskutieren. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

17.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konečny. – Bitte.

17.54

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Debatte – aber nicht nur die, die heute hier im Hohen Hause geführt wird, sondern auch ein guter Teil der öffentlichen Debatte – weist eine Merkwürdigkeit auf: Mit Ausnahme der beiden Herren Bundesminister, die sich hier zu Wort gemeldet haben, kennt niemand – und kann sie eigentlich niemand kennen – den Inhalt der drei Offerte, aber alle oder die meisten, die hier bisher das Wort ergriffen – Kollege Himmer war ein eindrucksvolles Beispiel dafür –, tun so, als würden sie diese kennen, und wägen ihnen nicht bekannte Vorteile gegen ihnen nicht bekannte Nachteile ab. (Heftiger Widerspruch bei der ÖVP.) Ich halte das für das typische Beispiel einer unseriösen Diskussion, weil hier Wissen vorgetäuscht wird, das nicht besteht. Das hat nichts mit Ihrer Qualifikation zu tun! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: ... Geheimhaltungspolitik!)

Nein! Das ist die Folge eines ordentlichen Ausschreibungsverfahrens, bei dem sich auch der Offertleger auf die Vertraulichkeit verlassen kann. Und wer immer den "intelligenten" Zwischenruf von der Geheimhaltungspolitik gemacht hat, sollte sich zunächst einmal über die gesetzlichen Grundlagen von Offerten informieren, bevor er sich mit einem solchen Zwischenruf hier entblößt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite ist – und auch dieser Sünde hat sich Kollege Himmer schuldig gemacht (Bundesrat Mag. Himmer faltet ironisch die Hände und beugt das Haupt), wie Kollege Prähauser zu Recht schon aufgezeigt hat –: Wir bringen seit Wochen die größte und die zweitgrößte Bank dieses Landes in einer Art und Weise ins Gerede, bei der beide – ganz egal, ob sie nach der Entscheidung miteinander etwas zu tun haben oder nicht – ökonomisch Schaden nehmen werden, und eine Debatte dieses Stils grenzt an ökonomischem Hochverrat! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Jawohl! – Bundesrat Mag. Himmer: Sie wissen gar nicht, wovon Sie sprechen!)

Kollege Himmer hat sich im übrigen auch des Sündenfalls des falschen Zitierens schuldig gemacht. Ich zitiere jenes Arbeitsübereinkommen, das er hier emphatisch dem Herrn Minister unter die Nase gerieben hat. Darin heißt es ohne jede Emphase: "Abgabe der Bundesanteile an der Bank Austria und Creditanstalt." – Und genau auf diesem Weg ist man unterwegs, das wird geschehen. All Ihre einschränkenden Bedingungen sind durch den Text, den die Sozialdemokraten und auch der Herr Minister unterschrieben haben, nicht abgedeckt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Lieber Herr Kollege! Man darf schon später draufkommen, daß man etwas anderes gemeint hat, aber das darf man doch dem anderen nicht vorwerfen, sondern man kann sich vielleicht bei der Nase nehmen – was im übrigen in diesem Fall auf Ihrer Seite kein Fehler wäre. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich will mich an diesem Spiel, den einen Offertleger schlechtzumachen, den anderen in den Himmel zu heben und in Wirklichkeit – auch meinerseits – nicht zu wissen, welche Konditionen im Detail in den Offerten angeboten werden, nicht beteiligen. Ich will ja nur ... (Bundesrat Ing. Penz: Das ist Kraut und Rüben vertauschen! Es macht niemand einen Offertleger madig!) Also die Bank Austria ist ganz offensichtlich ein Offertleger, und wenn ich mir die Zahlenspiele des Kollegen Himmer anschaue, dann muß ich sagen: Das ist schlicht und einfach Diffamierung. (Bundesrat Dr. h. c. Mautner Markhof: Was für eine Diffamierung?)

Ich gestatte mir nur zwei Bemerkungen: Wir sind mit Sicherheit nicht bereit, auch nur einen Schilling an Vermögen des österreichischen Volkes, an Geld des Steuerzahlers auf dem Altar eines sogenannten Ausschlusses eines zugegebenermaßen teilweise gemeinwirtschaftlichen Unternehmens zu verbrennen. Dieses Opfer an Ihren ideologischen Götzen wird ohne unsere Beteiligung stattzufinden haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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Es kann gute Gründe gegen dieses Offert geben, aber das ist mit Sicherheit kein guter Grund.

Ich kann mir eine zweite Bemerkung nicht verkneifen. Es ist hier mit Recht von Kollegen Prähauser die Medio-Banca als ein namhaftes Mitglied des einen Konsortiums genannt worden, das mitbietet. Ich sollte vielleicht doch, weil das Arbeitsplatzargument hier in der üblichen bedrohlichen und durch nichts gerechtfertigten Art und Weise verwendet wurde, darauf aufmerksam machen – vielleicht ist das nicht allgemein bekannt –, daß die Medio-Banca mit 24 Prozent der größte Anteilseigner von Conti ist. Und was das für österreichische Arbeitsplätze bedeutet, sollte sich eigentlich herumgesprochen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber die wertvolle Zeit in einer solchen terminisierten Debatte doch nicht für anderes aufbrauchen, ohne ein paar wirklich beeindruckte Worte an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP zu richten, die in Ausübung eines Rechtes, um das der Bundesrat lange gestritten hat und das ich deshalb wahrlich nicht madig machen will, einen Antrag auf Änderung des CA-Ermächtigungsgesetzes an den Nationalrat gerichtet haben. Ich sage, daß ich angesichts der eindrucksvollen Worte, die Herr Professor Schambeck bei vielen Gelegenheiten hier zu verfassungsrechtlichen Fragen gesprochen hat, angesichts des Respekts, den ich auch für den Kollegen Weiss bei Diskussionen dieser Art empfinde, schlichtweg nicht verstehen kann, wie Sie einen Antrag auf Gesetzesänderung dieses offensichtlich verfassungswidrigen Inhaltes mitunterzeichnen können.

Ich glaube, daß jede rückwirkende Gesetzgebung, wiewohl nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes zulässig, problematisch ist. Es ist vom Verfassungsgerichtshof klar ausgesprochen worden, daß Rückwirkungen nur insoweit angeordnet werden dürfen, als dies mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist; überdies muß eine solche Rückwirkung sachlich gerechtfertigt sein. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist eine reine Gesetzesbelehrung! Was soll das?)

Sie haben in Ihrem Antrag ganz klar zum Ausdruck gebracht – das noch dazu nach Mitteilung, wer die Bieter sind –, daß ein Anbieter, ein Offertleger eines bestimmten Typs – das kann unter den konkret bereits unwiderruflich Erfaßten nur einer sein – auszuschließen ist.

Nun, eine solche Rückwirkung ist, wie auch der Verfassungsgerichtshof herausgearbeitet hat, sachlich nicht gerechtfertigt, wenn eine – und das wäre es – Gleichheitswidrigkeit gegeben ist. Es ist eine Rückwirkung insbesondere dann unzulässig, wenn durch sie in Rechtspositionen eingegriffen wird, und zwar dann, wenn dieser Eingriff von erheblichem Gewicht ist und sich nicht als notwendig erweist, um eine sonst eintretende Gleichheitswidrigkeit zu vermeiden.

All das trifft tatbestandsmäßig auf den gegenständlichen Fall zu. Daß in Rechtspositionen eingegriffen wird, ist angesichts der erfolgten Offertlegung unbestreitbar. Es ist das Verfahren mit der öffentlichen Ausschreibung begonnen, die Anbotsfrist ist abgelaufen, die Legung der Angebote ist erfolgt, damit ist das Verfahren zur Hälfte vorbei. Alle Teilnehmenden, auch der Bund, vertreten durch den Finanzminister, aber auch die Anbotleger auf der anderen Seite, sind an die Regeln des Ausschreibungsverfahrens gebunden. Die Angebote sind ja nicht irgendwelche unverbindliche Absichtserklärungen, sie sind rechtlich verbindlich. Auch der Anbotleger selbst kann von ihnen nicht zurücktreten, sie nicht zurückziehen. Der Vertrag kommt, sobald die Anbote gelegt sind, ja durch eine Erklärung des Bundes, an den die Anbote gerichtet sind, zustande.

Umgekehrt ist auch der Bund nicht frei, welches Angebot er annimmt. Er ist sowohl nach dem Bundesgesetz über die Veräußerung der CA-Anteile als auch nach den Regeln des Ausschreibungsverfahrens verpflichtet, das beste Angebot anzunehmen. Nicht nur der Bundesminister für Finanzen ist dazu verpflichtet, auch die Anbotsleger haben einen Anspruch darauf, daß das beste Angebot zum Zug kommt. Erhält ein anderer den Zuschlag, käme der Vertrag zwar – abgesehen von Sonderfällen wie einem fraudulösen Verfahren – zustande, aber der Bund als Vertragspartner wäre schadenersatzpflichtig gegenüber dem, der in seinen Rechten als Bestbieter verletzt ist, sogar bis zur Abgeltung des entgangenen Gewinnes.

Jetzt ist doch wohl klar, wie tief und in welchem Ausmaß durch die von Ihnen vorgeschlagene rückwirkende Regelung in Rechtspositionen eingegriffen wird.


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Dieses Gesetz oder die vorgeschlagene gesetzliche Regelung betrifft genau drei Rechtspersonen, nämlich die drei Anbotsleger, und nach den Regeln des Ausschreibungsverfahrens können es gar nicht mehr werden, denn die Anbotsfrist ist vorbei. Es ist das genau das, was man darunter versteht, nämlich ein verfassungswidriges Einzelfallsgesetz, und es wird nicht das bewirkt, was ein Gesetz tun soll, nämlich generelle Rechtsnormen aufzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Herr Bundesrat Konečny, darf ich Sie einen Moment unterbrechen, Ihre Zeit wird dadurch nicht angeknackst.

Ich würde bitten, dieses Briefing vielleicht nicht in dieser Art zu machen, wie Sie es hier tun. Es entspricht nicht der Würde des Hauses, wie hier gesprochen wird. (Bundesrat Prähauser: Mit dem Rücken zur Frau Präsidentin!)

Kollege Konečny, bitte setzen Sie fort.

Bundesrat Albrecht Konečny (fortsetzend): Ich habe jetzt eine Bemerkung geschluckt, Frau Präsidentin! (Bundesrat Dr. Schambeck: Ein Verlust für das Haus! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Es hat mir, glaube ich, einen Ordnungsruf erspart, aber ich flüstere es Ihnen ganz gerne ins Ohr, wenn Sie mich nicht verraten. (Neuerliche Heiterkeit.)

Wir müssen uns zu guter Letzt fragen, wie eine Prüfung nach dem Gleichheitsgrundsatz ausgeht. Wir haben bereits gesehen, daß es sich um einen Eingriff in Rechtspositionen handelt, und zwar um eine von erheblichem Gewicht. Es geht um einen Eingriff in zivilrechtliche Positionen, sogar um den schwersten denkbaren Fall. So einen schweren Fall hatte der Verfassungsgerichtshof noch gar nicht zu prüfen. Für den Verfassungsgerichtshof waren ja schon Regelungen bedenklich, wo "nur" – unter Anführungszeichen – das Vertrauen von Steuerpflichtigen in den Erfolg von getroffenen wirtschaftlichen Dispositionen erschüttert wurde.

Gibt es eine sachliche Rechtfertigung? – Meine Damen und Herren, hier schließt sich der Kreis. Die sachliche Rechtfertigung ist – und das wird in diesem Antrag kaum verborgen –, daß die ÖVP diese Bank, die der Bund abgeben soll – und er hat sich dazu verstanden, sie abzugeben –, als ihr politisches Spielfeld verstanden hat. Ich glaube, daß das, was an möglichen strukturpolitischen Effekten entstehen könnte, nicht dazu führt, wie Herr Treichl gesagt hat, daß Entscheidungen bankpolitischer Art in der Löwelstraße fallen. Dies ist auch bei der Bank Austria nicht so. Sie haben es zitiert, ich mache es Ihnen nicht zum Vorwurf. Herr Treichl muß als erfahrener Banker wissen, was für ein Vokabular er pflegt, wenn er über führende österreichische Banken redet. Er hat da ein gutes Stück seines Renommees, für das er Jahrzehnte gearbeitet hat, in einer Stunde runtergespült. Aber das ist sein Problem. (Bundesrat Dr. Harring: Er müßte es ja wissen! Er ist ein Wissender!)

Ganz im Gegenteil! Wenn Sie die Diskussion gesehen haben, dann werden Sie – was auch kein Argument für ein Angebot und gegen das andere ist – einen Unterschied in der Diskussionskultur erlebt haben, wobei ich das, was der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank Austria dort getan hat, der österreichischen Diskussion in wirtschaftspolitischen Fragen wünsche: den eigenen Standpunkt zu vertreten, ohne den anderen runterzumachen und schlechtzumachen.

Ich will zum Schluß kommen, meine Damen und Herren. Es tut mir wirklich leid, daß sich die Österreichische Volkspartei und namentlich die Bundesratsfraktion der Österreichischen Volkspartei zu einem solchen Vorgehen provozieren hat lassen, daß sie ein selten ausgeübtes, aber mühsam errungenes Recht des Bundesrates, daß sich eine Gruppe der Mitglieder des Bundesrates mit einem Antrag an den Nationalrat wenden kann, einem solchen offensichtlich verfassungswidrigen Gegenstand widmet. Meine Damen und Herren! Die dringliche Anfrage war eine Gelegenheit, Positionen klarzustellen: Ich unterstreiche am Schluß, daß es darum geht, eine österreichische Bankenstruktur zu entwickeln, die zukunftsträchtig ist, österreichisches Vermögen, Vermögen der Republik maximal zu verwerten, und daß wir ein uneingeschränktes Vertrauen darin haben, daß Bundesminister Klima in beiden Fällen und unter Berücksichtigung des österreichischen Aspekts eine Entscheidung treffen wird, die zukunftssicher ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Bösch. – Bitte.

18.11

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Hoher Bundesrat! Meine Herren der beiden Regierungsparteien! Ich habe ja größtes Verständnis dafür, daß Sie sich heute gegenseitig einen Haufen Vorwürfe zu machen haben. Sie sollten sich durch uns Freiheitliche darin auch überhaupt nicht aufhalten lassen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihnen, meine Herren Minister, darf ich sagen, Sie sollten gelegentlich Ihrer beider Gemeinsamkeit schon nicht nur dadurch zum Ausdruck bringen, daß Sie sich gemeinsam in einem Raum befinden, wie augenblicklich, sondern ab und zu wäre es an der Zeit, daß Sie Ihre Regierungspolitik ein wenig koordinieren.

Ich darf mir, meine Damen und Herren, da meine Fraktionskolleginnen und -kollegen schon auf die Details eingegangen sind, erlauben, die ganze Angelegenheit aus freiheitlicher Sicht etwas abrundend zu beleuchten und die große Koalition so darzustellen, wie sie ist, denn die Debatte über den Verkauf der CA-Anteile ist geradezu ein Sittenbild dieser großen Koalition.

Meine Damen und Herren der Regierung! Sie sind nämlich nicht in der Lage, eine gemeinsame Linie zu finden. Meine Damen und Herren der Regierung! Diese Regierung ist unregierbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der heutigen Nummer der Zeitschrift "NEWS" – ich darf als Freiheitlicher diese Zeitschrift als unverdächtigen Zeugen nehmen – wird ein "A bis Z der Koalitionsstolpersteine" veröffentlicht, und ich darf das zusammenfassend zitieren, wenn Sie gestatten, Frau Vizepräsidentin!

Dieses "A bis Z" beginnt bei "Abfangjäger". Dazu brauche ich Ihnen nichts zu sagen, Sie werden Bescheid wissen. Es geht weiter über "Budget" und hat, Herr Finanzminister, Ihre Versuche zum Inhalt, die Schulden dieser Republik wegzuzaubern durch allerlei Ausgliederungen und ähnliches. Es geht weiter zur "Creditanstalt" – dieses Thema haben wir heute schon zur Genüge debattiert –, es geht weiter über die "Deregulierung" und die Streitpunkte, die Sie im Rahmen der "Gewerbeordnung" in Ihrer Regierung zu behandeln haben. Es geht weiter über den "Euro", den Sie gegen den Willen der Bevölkerung erzwingen wollen, über die "Familienförderung", die Sie entgegen einem Spruch des Verfassungsgerichtshofes so beibehalten wollen, wie sie ist. Es geht weiter mit der "gemeinsame EU-Grenze", die erfolgreich zu sichern der Innenminister dieser Regierung nicht in der Lage ist. Es geht weiter mit "Jörg Haider", der eine Dauerkrise dieser Bundesregierung ist, über die "Immobilien des Bundesheeres", die Sie nicht lukrieren können, über die "Jugendarbeitslosigkeit", die im Steigen begriffen ist, über die "Karenz für die Beamten", die Staatssekretär Schlögl nicht in den Griff bekommt, über die "Landwirtschaft", wo die Sozialistische Partei auf einer sozialen Staffelung besteht, über die "Migration und Ausländerproblematik", die nach wie vor eine brennende ist, über die "Neutralität" und die "NATO", ein Bereich, über den in dieser Bundesregierung noch nie ein gemeinsames Wort von Ihrer Seite zu hören war, über den "ORF" und die Versuche, private Sender zuzulassen – das ist geradezu ein Perpetuum mobile Ihrer Gesetzwerdungskunst –, bis zu den "Pensionen", die immer unfinanzierbarer werden, über die "Quellensteuer", die von seiten der SPÖ gefordert wird, bis zur "Rasterfahndung" und den ergebnislosen Verhandlungen dazu, von der "Steuerreform", Herr Finanzminister, die Sie 1999 einbringen wollen, in der die ÖVP Steuern abbauen, Sie aber Steuerschlupflöcher schließen wollen, über die "Teilzeitarbeit", die es Ihnen nicht einmal möglich macht, das Nachtarbeitszeitgesetz effizient zu ändern, über die "Umweltsteuern" und die Unfähigkeit, eine Ökologisierung der Steuern einzuführen, die Sie Jahr für Jahr versprechen, über den "Vorsitz in der EU" (Bundesrat Hüttmayr: Zur Sache!) – Herr Kollege, ich komme schon zur Sache, es ist eben die Sache hier (Bundesrat Weilharter: Sehr peinlich, die Sache!) –, über den "Vorsitz in der EU", der, weil sich diese Regierung nicht einigt, in bezug auf Neutralität und NATO zu einem Debakel werden wird, über die allfällige "Wahl eines Bundespräsidenten". Und


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dieses "A bis Z" endet beim "Zukunftsministerium" des Rudolf Scholten, das neben Telekom und Semmering-Tunnel zu einer Stätte für rot-schwarzen Kulturkampf auszuarten droht.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Ich habe Ihnen das nur vorgetragen, weil es mich gewundert hat, warum Heiterkeit bei Ihnen ausgebrochen ist, als mein Kollege Prasch von Ihrer Verantwortung für diesen Staat gesprochen und diese Verantwortlichkeit etwas in Zweifel gezogen hat.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Für diese "Regierungskunst", die ich jetzt umrissen habe, sollte sich diese Regierung bei der österreichischen Bevölkerung entschuldigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kaufmann. – Bitte.

18.16

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Meine Herren Bundesminister! Frau Vizepräsidentin! Hoher Bundesrat! Leider ist Kollege Konečny nicht hier. (Bundesrat Eisl: Typisch!) Er hat ungefähr wie der Lehrmeister der Nation gewirkt, und ich möchte hier schon einiges klarstellen. (Bundesrat Prähauser: Wissen kann man weitergeben!)

Es ist unfair, einen jungen Kollegen dermaßen zu maßregeln, wie er es getan hat. (Bundesrätin Crepaz: Nur, damit er weiß, was er sagt! – Bundesrat Rauchenberger: Aufgeklärt hat er ihn!) Kollege Himmer hat hier nur etwas klargestellt, was der Finanzminister in seiner Anfragebeantwortung unklar ausgedrückt hat. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist ein Unterschied, ob es um einen Meistbieter geht oder um einen Bestbieter. Das ist ein großer Unterschied, und das wollte Kollege Himmer hier klarstellen. (Bundesrat Prähauser: Das wissen wir auch ohne Himmer!)

Und das zweite: Es hat mich sehr gewundert, daß sich Kollege Konečny auf einmal aufregt über eine italienische Bank. Er soll sich das heutige "NEWS" anschauen. Da sieht man, daß an der Bank Austria seit vielen Jahren eine italienische Bank, die Bank Cariplo, beteiligt ist. Mich wundert es, daß er sich da auf einmal so besonders aufregt. (Bundesrat Rauchenberger: Die ist aber nicht Conti-Eigner!)

Und weil er von der Verfassungswidrigkeit unseres Gesetzesantrages gesprochen hat: Ich kann mich noch erinnern, in diesem Haus haben wir viele Jahre hindurch Finanzgesetze rückwirkend beschlossen. (Bundesrat Dr. Harring: Früher waren die Zeiten anders!) Da hat sich niemand aufgeregt. Für uns geht es um eine Klarstellung, und deshalb also der Antrag. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Doch! Wir haben uns immer darüber aufgeregt!) Zu diesem Zeitpunkt hat es Sie hier herinnen noch gar nicht gegeben.

Meine Damen und Herren! Überhaupt frage ich mich, warum die Freiheitlichen diese dringliche Anfrage gestellt haben. All die Äußerungen, die von Kollegen Harring und auch von anderen Kollegen gekommen sind – das ist mir ja vorgekommen wie ein Streichelzoo für den Finanzminister, was heute hier von den Freiheitlichen geboten wurde. (Bundesminister Mag. Klima: Von Ihnen auch!) Der Herr Finanzminister hat nämlich sehr wohl einige Fragen offengelassen in seiner Anfragebeantwortung; darauf werde ich noch zurückkommen. (Bundesrat Payer: Da haben Sie nicht genau aufgepaßt!)

Das Thema der Übernahme der CA-Anteile durch die Bank Austria ist ein Thema, meine Damen und Herren, das die Menschen in diesem Lande bewegt. Wenn Sie draußen bei Stammtischen oder bei Veranstaltungen sind, so sprechen Sie viele Leute drauf an. Es gibt Angst, es gibt Verunsicherung in der Bevölkerung draußen. (Bundesrat Prähauser: Warum denn? Warum ist die Bevölkerung verängstigt?) Daher ist es wohl das Recht der Österreichischen Volkspartei, dieses Thema hier zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Seit dem Regierungsantritt der Volkspartei, seit dem Jahre 1986, hat die ÖVP das Ziel verfolgt, daß sich die öffentliche Hand aus unternehmerischen Funktionen zu


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rückziehen soll. Wir stehen zu dem entsprechenden Passus im Koalitionsübereinkommen. Vor wenigen Wochen haben wir mit Stolz den Bericht der ÖIAG diskutiert, wonach um mehr als 28 Milliarden Schilling privatisiert worden ist, und wir waren alle stolz darauf, daß hier endlich auch ein Umdenken in der Sozialdemokratischen Partei eingetreten ist.

Meine Damen und Herren! Privatisierung heißt Verkauf an private Personen. Privatisierung heißt nicht Kommunalisierung oder Reverstaatlichung durch die Hintertür. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Privatisierung heißt auch nicht, neue Monopole und neue Machtkonstruktionen hier ins Leben zu rufen. (Bundesrat Eisl: Wie ist es bei den Bundesforsten? Ist da etwas privatisiert worden? – Bundesrat Konečny: Illwerke, Herr Kollege!) Illwerke. Herr Kollege! Auf diesen Zwischenruf habe ich ja geradezu gewartet. Ich kenne auch schon den Einwand, der kommen wird. Herr Kollege! Bevor ich diesen Einwand bringen würde, würde ich mir einmal die Gesetzeslage genau ansehen. Kollege Weiss kann sie Ihnen genau erklären. In diesem Fall hat es Heimfallsrechte an das Land Vorarlberg und das Land Tirol gegeben. Wer kauft schon die Illwerke auf Zeit.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich vorstellt, daß in diesem Fall die CA und die Bank Austria zusammengehen, auch die GiroCredit, wobei es die GiroCredit noch nach Anteilen von der PSK gelüstet, so muß ich sagen, daß somit eine neue Machtkonstruktion entstehen würde. (Bundesrat Prähauser: Freigabe der Postsparkasse!)

94 Prozent der 2 000 größten Industriebetriebe Österreichs haben bei einer Umfrage gesagt, sie müssen mit diesen beiden Banken zusammenarbeiten, und 64 Prozent der mittelständischen Betriebe. Diese Elefantenhochzeit würde bedeuten, daß 90 Prozent des Emissionsmarktes von diese beiden Banken nunmehr beherrscht werden, und dazu kommen noch ungefähr 30 Prozent des Kreditmarktes.

Meine Damen und Herren! Neben dieser Konzentration ist es ja verwunderlich, daß bis jetzt kaum über die Beteiligungen oder die Beteiligungsgiganten, die da entstehen, diskutiert wurde. Ich würde Ihnen empfehlen, die heutige Presse zu lesen, wo man die Konstruktion des neuen Imperiums, bestehend aus Bau, Textil, Tourismus, Industrie, Dienstleistung und Handel, genau aufgelistet hat. Ganz zu schweigen davon, welche Beteiligungskonstruktionen die Gemeinde Wien im Rahmen der AVZ besitzt.

Meine Damen und Herren! Wir sind gegen Machtzusammenlegung, gegen Machtballung zuungunsten der mittelständischen Wirtschaft, zuungunsten der kleinen Sparer.

Die Freiheitlichen Partei hat den Finanzminister auch nach den Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Haftung durch die Gemeinde Wien gefragt. Der Finanzminister hat eigentlich eher umschreibend und sehr nebulos geantwortet. Ich möchte ihn daran erinnern, daß heute im Wirtschaftsteil des "Standard" sehr wohl darauf eingegangen wird, wie davon die Bank Austria profitiert. Sie bekommt nicht nur das Triple-A, sondern auch enorme Einsparungen. Es gibt Schätzungen, die zwischen 40 Millionen und sogar 500 Millionen liegen, weil sie sich somit die Refinanzierungskosten erspart. Es ist also zu Recht von der EU der Vorwurf erhoben worden, daß es sich hiebei um eine Beihilfe handelt.

Meine Damen und Herren! Der Zusammenschluß der beiden Banken erinnert mich an die Verstaatlichungsdiskussion der siebziger Jahre in der Ära Kreisky. Damals hat die Sozialistische Partei stolz diesen Zusammenschluß der Verstaatlichten gefeiert. Was ist davon übriggeblieben, meine Damen und Herren? – Milliarden Schulden und der Abbau von mehr als 100 000 Arbeitsplätzen. Diese Sorge haben wir auch beim Zusammenschluß der beiden Banken.

Es ist schon sehr eigenartig, Herr Finanzminister, daß Sie sich über die Frage, ob Arbeitsplätze verlorengehen, eher hinweggeschwindelt und gemeint haben, es könnten Arbeitsplätze verlorengehen. (Bundesrat Prähauser: In der Privatwirtschaft sind noch nie Arbeitsplätze verlorengegangen?) Dies, obwohl Unterlagen von Generaldirektor Randa, also aus der Bank Austria, in die Öffentlichkeit gekommen sind, wo davon gesprochen wird, daß Synergieeffekte angeblich in


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Höhe von 3,5 Milliarden Schilling zu erwarten sind, die durch den Abbau von 3 000 Arbeitsplätzen erzielt werden sollen. (Bundesrat
Konečny: Jetzt geht das schon wieder an!)

Meine Damen und Herren! Es wurde vorhin die Reifenfirma Conti genannt. Ich kann mich erinnern, welches Theater es im Sommer bei der Diskussion um die Semperit-Werke gegeben hat. Ich frage mich, wo die Gewerkschaft bleibt, wenn jetzt zwischen 3 000 und 5 000 Arbeitsplätze in Gefahr sind.

Meine Damen und Herren! Das ist ein gewisser Zynismus, der von den Sozialisten vor Weihnachten in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Auf der einen Seite tritt der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank Austria Sellitsch im Fernsehen auf und gibt sogenannte Arbeitsplatzgarantien, und auf der anderen Seite wird in der Zwischenzeit laut darüber diskutiert, welche Arbeitsplätze abgebaut werden. (Bundesrat Meier: Das sind die Verunsicherungen, die Sie verbreiten! – Bundesrat Prähauser: Das ist das Ergebnis dieser Diskussion!)

Meine Damen und Herren! Hier gibt es eine feindliche Übernahme, ein hostile take-over.

Meine Damen und Herren! Zum Verhältnis in der Koalitionsregierung. Es ist schon sehr eigenartig, wenn Generaldirektor Randa selbst zugibt, schon vor vielen Monaten den Führer der Freiheitlichen Partei Haider darüber informiert zu haben. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Bei uns heißt das "Parteiobmann"! Merken Sie sich das, Herr Kollege! – Bundesrat Eisl: Sie reden von "politischer Kultur"?) Den Parteiobmann der Freiheitlichen Partei, ich korrigiere mich. Es ist schon sehr eigenartig, daß Generaldirektor Randa vor vier Wochen Dr. Haider informiert hat, während hier blauäugig verkündet wird, man wolle zum Schutz der Interessenten in der Öffentlichkeit die Frage der Interessenten hier nicht diskutieren.

Meine Damen und Herren! Meines Erachtens ist dieser Coup von langer Hand vorbereitet. Es gibt daher berechtigtes Mißtrauen von seiten der Österreichischen Volkspartei in dieser Sache.

Meine Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei will die bestmögliche Lösung für die heimische Wirtschaft, für Tausende Bankkunden und für die Mitarbeiter. Ich erlaube mir daher im Namen der Bundesräte der Österreichischen Volkspartei folgenden Entschließungsantrag einzubringen:

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Verfolgung der Zielsetzungen des CA-Privatisierungsgesetzes aus dem Jahre 1991 sowie der Koalitionsübereinkommen zwischen ÖVP und SPÖ umgehend Maßnahmen zu setzen, um eine rasche und vollständige Privatisierung der Creditanstalt und der Bank Austria umzusetzen. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung des weiteren ersucht, bei all diesen Privatisierungsschritten auf die Wahrung österreichischer Interessen Bedacht zu nehmen und damit Verbesserungen der Struktur des österreichischen Bankenwesens zu bewirken. Sinnvolle Privatisierung kann in diesem Zusammenhang nur bedeuten, die Bundesanteile an CA und Bank Austria echt (vollständig) zu privatisieren und nicht diese Anteile bloß an unmittelbar oder mittelbar im Einflußbereich von Gebietskörperschaften befindlichen Unternehmungen abzugeben. Ebenso ist darauf zu achten, daß im Zusammenhang mit der Abgabe von im Bundesbesitz befindlichen Anteilen es nicht zur Vernichtung von tausenden – erste Schätzungen sprechen von 4 000 bis 5 000 – Arbeitsplätzen kommt. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, raschest mit der Gemeinde Wien in Verhandlungen zu treten, die sicherstellen, daß die Anteilsverwaltung-Zentralsparkasse ihre Anteile an der Bank Austria gleichfalls an private Interessenten veräußert.

*****

(Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie, diesem Entschließungsantrag beizutreten. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Dr. h. c. Mautner Markhof, Dr. Kaufmann, Mag. Himmer und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend vollständige Privatisierung aller in öffentlichem Eigentum stehender österreichischer Banken zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Es liegt mir eine Wortmeldung von Herrn Bundesrat Dr. Linzer vor. – Ich darf ihn bitten.

18.30

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich bemühen, zum Schluß die Sache doch noch auf den Punkt zu bringen, obwohl ich auch etwas in einem Gewissenkonflikt bin oder es zumindest schwer habe, und zwar deswegen, weil ich die Funktion eines Beirates der Bank Austria innehabe. Es ist also nicht so, wie die Freiheitlichen hier gemeint haben, daß da nur der rote Machteinfluß und dort nur der schwarze Machteinfluß... (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Sie haben das gesagt! Wir haben das nicht gesagt!) Ja, ja, beruhigen Sie sich! – Das zum einen.

Es wäre absolut schädlich und verwerflich, wenn es da auch nur Ansätze gäbe, den einen oder den anderen Bieter oder ein Bieterkonsortium herabzumachen. (Bundesrat Eisl: Lesen Sie im Protokoll nach, was der Kaufmann gesagt hat!) Wir können, glaube ich, trotz allem stolz sein auf die Institute CA und Bank Austria (Beifall bei der SPÖ), denn diese haben in der Nachkriegsgeschichte sicherlich sehr viel geleistet. (Bundesrat Konečny: Wir haben uns bemüht!)

Aber freuen Sie sich nicht zu früh! Die Bank Austria hat auch Schwächen, allerdings keine internen, sondern wenn sie Schwächen hat, dann kommen diese von auswärts, sind also exogen.

Wenn sich hier gerade Vertreter aus der Löwelstraße oder sonst irgendeiner Filialinstitution zu Wort gemeldet haben, dann zeigt das schon, so meine ich, wo die Schwächen sind. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber das nur nebenbei. Es geht ja um wirtschaftliche Themen. (Bundesrat Rauchenberger: Um Sachlichkeit geht es!)

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich glaube, das Koalitionsabkommen ist ja paraphiert, ist schriftlich festgelegt, liegt da. Es heißt, wenn ich mich richtig erinnere: Privatisierung, Abgabe von Bundesanteilen ...Ist jetzt das Wort "Privatisierung" drinnen oder nicht? (Bundesrat Konečny: Nein! – Bundesrat Konečny zeigt dem Redner eine Broschüre.) Es genügt mir ein Blick. Ich sehe, daß ich recht habe, Herr Kollege! Ich bedanke mich. Es ist eindeutig von Privatisierungen die Rede. Privatisierung kann nicht teilweise erfolgen, es handelt sich entweder um eine Privatisierung oder um keine. (Bundesrat Dr. Tremmel: Ein bißchen spät für eine Interpretation ist das jetzt schon!) Es wird von der "Abgabe an Private" gesprochen, aber nicht von einer Abgabe an Körperschaften öffentlichen Rechts oder an Institutionen, wo Körperschaften beteiligt sind. (Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl. )

Kollege Waldhäusl! Es geht nicht um Holz oder Holz aus dem Wald, sondern es geht um die Wirtschaft. Es ist also gescheiter, Sie schweigen. (Heiterkeit.)

Herr Bundesminister! Es ist also von Privatisierung die Rede. In Vorverhandlungen zum Koalitionsübereinkommen muß ja darüber geredet worden sein. Sie waren ja zuständig. (Bundesrat Dr. Tremmel: Ich verstehe nicht, daß Sie so eine Debatte führen!) Wenn Sie die Güte hätten, mich eine Frage an den Herrn Bundesminister formulieren zu lassen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bin lernfähig, ich nehme gerne auch etwas entgegen.


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Herr Bundesminister! Es wurde darüber gesprochen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie und auch Ihr Gesprächspartner einfach darüber hinwegsehen. Ich bin überrascht, daß es bei der Frage Privatisierung, Abgabe von Bundesanteilen an die Bank-Austria so viele Mißverständnisse gibt. Für den Fall, daß diese Frage in den Vorverhandlungen zum Koalitionsübereinkommen vielleicht nicht völlig ausdiskutiert worden ist, hätte man sie doch nachbesprechen, nachverhandeln können, spätestens bei der Ausschreibung der Abgabe der CA-Anteile. So hätte man das Mißverständnis bei den Koalitionspartnern, das nunmehr eindeutig vorliegt, vielleicht verhindern können. (Zwischenrufe.) Jetzt, wo die Ausschreibung draußen ist, ist es natürlich schwierig, zu versuchen, hier die Wahrheit zu finden, wenn man sich schon vorher festgelegt hat. (Weitere Zwischenrufe.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Dr. Linzer! Ich darf Sie bitten, nicht nur ein Gespräch mit dem Herrn Bundesminister zu führen, das sicherlich interessant ist. Aber an sich sprechen Sie hier zum Plenum dieses Hauses.

Nachdem ich Sie schon unterbrochen habe, gestatte ich mir, noch etwas zu sagen: Ich habe ganz bewußt die Diskussion etwas lockerer gelassen, weil eine lebhafte Diskussion immer gut ist. Allerdings ist hier etwas vorgekommen, was mir gar nicht gefallen hat, und zwar haben Sie von Wortmeldungen aus der Löwelstraße oder sonstigen Einrichtungen gesprochen. Es haben auch Redner vor Ihnen schon mehr oder weniger kritisiert, daß hier Menschen das Wort ergreifen, die in ihrem Zivilberuf Angestellte einer politischen Partei sind.

Ich möchte hier wirklich darauf hinweisen, daß alle, die hier in diesem Saal sind und das Wort ergreifen, lediglich ihrem Gewissen verpflichtet sind und nicht Wortmeldungen einer Parteizentrale abzugeben haben. Ich bitte, das zu beachten! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten von den Freiheitlichen.)

Bitte, Herr Kollege, Sie sind am Wort.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (fortsetzend) : Also wenn ich den Eindruck vermittelt habe, ich hätte gemeint, hier kommt eine Wortmeldung aus der Salzburger oder aus der Wiener Zentrale, dann möchte ich das korrigiert haben. Es war so gemeint, daß es sich um die persönliche Meinung des Herrn Konečny oder des Herrn Prähauser handelt. Frau Präsidentin! Übrigens hat man auch den Harald Himmer nicht gerade mit Glacéhandschuhen angegriffen. Ich wollte niemanden desavouieren.

Herr Bundesminister! Ich habe meine Frage formuliert. Vielleicht können Sie uns helfen. Ich persönlich kann nur sagen: Ich bedauere es aufrichtig, daß es diese Kalamität gibt. Ich hätte mir gewünscht, daß man wesentlich früher, also im Vorstadium, zwischen den Koalitionsparteien ein offenes Wort – vielleicht unter vier Augen – gefunden hätte.

Ich glaube aber, daß die Kollegen von der ÖVP-Seite in der Bundesregierung doch ein wenig schockiert waren, als sie etwas so spät im Detail erfahren haben. Man hört ja, Sie haben es zwar angedeutet, aber halt nicht die volle Wahrheit gesagt. Ich weiß, Sie sind der Verschwiegenheit verpflichtet. Nun gut. Aber die Bundesregierung ist ja als kollegiales Organ verantwortlich. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Farnleitner!) Sie und auch die Bundesregierung nach außen hin.

Herr Bundesminister! Alles in allem: Ich glaube, Privatisierung sollte Privatisierung bleiben. Wie gesagt, wenn es jetzt dieses Mißverständnis zwischen den Koalitionsparteien gibt, dann meine ich, es müßte doch eine Möglichkeit geben, dieses wieder zu beseitigen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Klima. – Bitte.

18.40

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur einige wenige Ergänzungen. Vielleicht erlauben Sie mir


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doch, darauf hinzuweisen, weil auch heute hier oftmals die verstaatlichte Industrie angezogen wurde, daß es eine durchaus bemerkenswerte Leistung der österreichischen Bundesregierung war, Unternehmen zu schaffen, die heute nicht nur auf ihren Märkten sehr erfolgreich tätig sind, auf den schwierigen Märkten zum Beispiel des Stahlgebietes, Edelstahl oder hochqualifizierter Stahl, sondern selbst nach Tschechien, in ein Niedriglohnland, liefern können. Diese Unternehmen, die, Herr Kollege, nicht Hunderttausende Arbeitsplätze abgebaut haben, sondern die... (Bundesrat Ing. Penz: Ja, sicher! 70 000 Arbeitsplätze!)

Ein bißchen nachdenken! Es ist nur in der Konsolidierung der ÖIAG, wenn ein Unternehmen zu mehr als 50 Prozent nicht mehr drinnen ist. Die Arbeitsplätze gibt es noch, nur, sie werden nicht mehr gezählt in der Konsolidierung der ÖIAG, Herr Kollege. Entschuldigen Sie, Rechnungslegungsvorschriften! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. ) Ein Bundesminister muß sich an das Gesetz halten. Und Rechnungslegungsvorschriften sind eines.

Zusammengefaßt: Ich glaube, daß wir sehr erfolgreich Unternehmen geschaffen haben, ob sie OMV heißen, ob sie VA Stahl heißen, ob sie VA Technologie oder Böhler Uddeholm heißen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese sind auch heute sehr erfolgreich zum Beispiel an der Wiener Börse notiert. Ich bekenne mich dazu als Sozialdemokrat. Ich bitte Sie nur, zu beachten, daß wir – Stichwort "Conti" -gemeinsam darüber nachdenken sollten, wie wir diese Unternehmen in österreichischen Entscheidungsstrukturen halten können. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, daß wir verhindern, daß Entscheidungsstrukturen bei diesen wichtigen Konzernen ins Ausland fließen.

Sie sehen damit, daß vernünftige Schritte, Börseeinführungen, Kapitalstärkungen, Privatisierungen in diesem Sinne, durchaus von der Bundesregierung gemeinsam gesetzt wurden, und es ist dies auch so im Koalitionsübereinkommen festgehalten.

Aber: Erste Grundlage für das Handeln, für den Vollzug eines Bundesministers ist das Gesetz. Das Gesetz, meine Damen und Herren, Herr Bundesrat Himmer, ist klar und eindeutig. Wir haben auch aus den Interpretationen und den Erläuterungen und all diesen Dingen mehr ein Gutachten des Verfassungsdienstes, das besagt: Wenn ein Anbieter nicht auszuscheiden ist, dann muß es dem Höchstbieter gegeben werden.

Ich bitte Sie nochmals, zu beachten, daß hier Klagstatbestände entstehen, die ich in meiner Verantwortung als Bundesminister gegen die Republik Österreich nicht entstehen lassen möchte.

Zum Thema Koalitionsübereinkommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe diese Punkte des Koalitionsübereinkommens mit Kollegen Ditz selbst verhandelt. Ich weiß daher, was in diesem Koalitionsübereinkommen steht. Ich habe auch mit Kollegen Ditz das Koalitionsübereinkommen und die Vorgangsweise hinsichtlich Konsortium, Exklusivverhandlungen und so weiter besprochen. Ich habe aber auch nachher immer offen und klar gesagt: Wenn das nicht funktioniert, machen wir eine neuerliche öffentliche Ausschreibung und werden dem Bestbieterprinzip folgend den Zuschlag erteilen.

Ich möchte nur zu Ihrer Information – Sie brauchen es nur selbst nachzulesen – etwas zitieren. Überschrift: "Privatisierung und Ausgliederungen". Und dann gibt es eine Reihe von differenzierten Vorhaben. Zum Beispiel steht hier bei der PSK: Anteilsveräußerung an die Post. Das wird nie und nimmer eine hundertprozentige private Gesellschaft sein. Es steht unter dem Titel "Privatisierung": "Anteilsveräußerung an die Postbeteiligungs AG". Die Postbeteiligungs AG ist laut Ihrem Beschluß immer zu 100 Prozent im Eigentum der Republik Österreich. Trotzdem sollen gemäß Koalitionsübereinkommen 25 Prozent unter dem Kapitel "Privatisierung" an diese Gesellschaft gegeben werden.

Es steht aber auch in anderen Teilen klar drinnen: Privatisierungsschritte bei der Austria Tabak, den Salinen und der Staatsdruckerei. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. ) Ja, aber bei der CA und der Bank Austria steht: "Abgabe der Bundesanteile". In den einzelnen Unterpunkten haben Sie genaue Handlungsanleitungen, was zu tun ist. (Bundesrat Ing. Penz: Unter dem Prätext Privatisierung! Das ist taxativ eingeschränkt!) Herr Kollege! Ich habe Ihnen gerade


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nachgewiesen, daß unter dem Prätext "Privatisierung" steht: "Abgabe: Anteilsveräußerung an die Postbeteiligungsgesellschaft", die immer zu 100 Prozent im Staatsbesitz sein wird.

Ich möchte nur Gedankenanregungen geben für Ihre Interpretation des Koalitionsübereinkommens. Ich erhebe nicht den Anspruch, daß ich die ausschließliche Interpretation habe. Aber ich möchte Gedankenanregungen geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Harring und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Änderung des Sparkassengesetzes vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit . (Bundesrat Konečny: Seht her! Seht her!)

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend Änderung des Sparkassengesetzes ist daher angenommen . (E.147)

Weiters liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Riess-Passer und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend die rasche Privatisierung von noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit . (Zwischenrufe der Bundesräte Konečny und Payer. )

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend die rasche Privatisierung von noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen ist daher angenommen . (E.148)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. h. c. Mautner Markhof, Dr. Kaufmann, Mag. Himmer und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend vollständige Privatisierung aller im öffentlichen Eigentum stehender österreichischer Banken zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa vor.

Ich lasse auch über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit . (Zwischenrufe der Bundesräte Konečny und Payer. )

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend vollständige Privatisierung aller im öffentlichen Eigentum stehender österreichischer Banken zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa ist daher angenommen . (E.149)

Fortsetzung der Tagesordnung

13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gewerberechtsnovelle 1996) (47 und 529/NR sowie 5363/BR der Beilagen)


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14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 über ein Bundesgesetz betreffend ergänzende Schutzzertifikate (Schutzzertifikatsgesetz 1996 – SchZG 1996) (335 und 528/NR sowie 5364/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir nehmen nun die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf und gelangen zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden und

ein Bundesgesetz betreffend ergänzende Schutzzertifikate.

Die Berichterstattung über die Punkte 13 und 14 hat Herr Bundesrat Dr. Kaufmann übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Dr. Kurt Kaufmann: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Im Wirtschaftsausschuß wurde über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden, diskutiert. Es wird vom Wirtschaftsausschuß der Antrag gestellt, gegen diese Vorlage keinen Einspruch zu erheben. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Im Wirtschaftsausschuß wurde auch über ein Bundesgesetz betreffend ergänzende Schutzzertifikate diskutiert. Auch diesbezüglich stellt der Wirtschaftsausschuß den Antrag , gegen die Vorlage des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Harring. Ich bitte ihn, zu sprechen.

18.50

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und meine sehr verehrten Herren! Wir haben heute ein Bundesgesetz zu beschließen, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz abgeändert werden sollen. Das ist an sich der Entwurf, der mit einem Jahr Verspätung beschlossen wird. Inzwischen gibt es ja schon den Entwurf 1996. Darüber werde ich noch ein paar Worte verlieren.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren, und ich frage auch den Herrn Minister: Wer hat eigentlich Lust, jedes Jahr eine Novelle zur Gewerbeordnung hier im Haus zu besprechen? Welcher Gewerbetreibende hätte nicht lieber eine etwas längerfristige Planung, um zu wissen, was auf ihn zukommt?

Die nächste Unart, die es uns fast unmöglich macht, dieser Vorlage zuzustimmen, ist, daß trotz langer Vorberatung immer wieder im letzten Augenblick Abänderungsanträge, auch von den Regierungsparteien, überreicht werden. Das ist etwas, was man eigentlich doch in der Vorberatung regeln müßte.

Nun zu einigen wenigen konkreten Punkten dieser Gewerberechtsnovelle. Hauptanliegen ist zweifellos die Umsetzung der Bestimmung über die Einrichtung eines zentralen Gewerberegisters, wie sie schon mit der Novelle 1992 vorgesehen war und eigentlich schon damals beschlossen wurde. Aus Datenschutzgründen sollen die Daten, die in den Gewerberegistern automationsgestützt ermittelt und verarbeitet werden dürfen, näher bestimmt werden. Die Verpflich-


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tung zur Erteilung von Auskünften aus dem Gewerberegister wird erweitert. Wichtig ist, daß die einzelnen Daten, die in diesen Registern eingetragen sind, im Gesetz taxativ aufgezählt sind und daß für bestimmte Daten eine Auskunft aus dem Gewerberegister nicht mehr an die Glaubhaftmachung eines Interesses geknüpft ist. Das ist sicherlich eine Verbesserung im Hinblick auf die Information von Gewerbetreibenden.

§ 365 regelt das sogenannte dezentrale Gewerberegister, das ja bei den Bezirksverwaltungsbehörden zu führen ist. Die einzutragenden Daten sind auch aufgezählt. Die Änderungen in diesem Register werden ebenfalls vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten automationsunterstützt übermittelt.

Hier gibt es eine Kritik, die auch die Verbindungsstelle der Bundesländer geäußert hat. Sie hat mitgeteilt, daß die Pflicht der Weitergabe dieser Daten EDV-mäßig natürlich dazu führt, daß in sehr vielen Behörden neuer Sachaufwand entsteht, weil eben dort die nötigen EDV-Einrichtungen geschaffen werden müssen. Die Verbindungsstelle der Bundesländer meint zu Recht – ich sage das in einem Haus, in dem wir uns auch mit Fragen der Länder beschäftigen –: Dem Gewerberechtsgesetzgeber kommt es eigentlich nicht zu, andere Gebietskörperschaften zu den Ausgaben einer solchen Ausstattung bundesgesetzlich zu verpflichten und keine finanzielle Abgeltung vorzusehen.

Interessant ist vielleicht auch noch die Bestimmung betreffend den Tourismus, nämlich § 153 Abs. 5, der die Einrichtung und Ausstattung der Betriebsführung im Gastgewerbe regelt. Bisher war es ja so, wie die Damen und Herren, die sich damit beschäftigt haben, sicherlich wissen, daß dann, wenn sich ein Betriebsinhaber entschließt, den Betrieb zu übergeben, und die Betriebsanlagengenehmigung schon lange Zeit zurückliegt, immer wieder verlangt wurde, neuerlich eine Betriebsanlagengenehmigung vorzulegen. Das hat oft zu großen Schwierigkeiten geführt. Dankenswerterweise ist es dem Herrn Minister gelungen, diese Probleme wegzubringen. Es ist die Gewerbeberechtigung zu erteilen, ohne unbedingt die Betriebsanlagengenehmigung zu prüfen. Das ist sehr positiv.

Wenn wir über die Gewerbeordnung reden, muß man auch mit ein paar Worten auf die künftige Reform eingehen, weil ich glaube, daß wir den Herrn Bundesminister dabei unterstützen sollten, noch einen kleinen Schwung mehr an Liberalisierung mit einzubringen. Es war nämlich ursprünglich in den Entwürfen, die von seinem Amtsvorgänger vorgelegt worden sind, etwas mehr an liberaler Regelung vorhanden, als das derzeit gegeben ist. Es gibt nämlich im neuen Entwurf keine Zusammenlegung von Gewerben, sondern alle österreichischen Gewerbe, etwa 150 an der Zahl, bleiben erhalten. Es gibt viele, die meinen, das sei kein echter Beitrag zu einer Liberalisierung, wie sie seinerzeit noch der ehemalige Minister Ditz angekündigt hat. Vielleicht könnte man hier noch etwas mehr tun als bisher.

Positiv ist, daß sich die Liberalisierung in Österreich in Hinkunft auf das Hineinarbeiten in fremde Bereiche ausweiten wird – das ist sicherlich sehr vernünftig –, daß verbundene Dinge in Angriff genommen werden können, daß es beispielsweise nichts mehr macht, wenn ein Bäcker Süßwaren erzeugt und ins Konditoreigewerbe hinüberwandert, oder daß das möglich ist, wenn Zimmerarbeiten mit Tischlern, mit Bindern, mit Drechslern, mit Modelltischlern zusammenhängen.

Nicht mehr bewilligungspflichtig – das ist interessant, und das könnte man unserer Meinung nach eher noch erweitern – sind in Zukunft Gewerbe wie Arbeitsvermittler, Gastwirte, Hufbeschlager, Masseure, Käser und andere Gruppen, die vielleicht nicht so bedeutend sind. Wir sind jedoch der Meinung, daß wir bei den bewilligungspflichtigen Gewerben jene belassen sollten, wo der Konsumentenschutz wichtig ist und wo Dinge passieren könnten, die eigentlich niemand, auch niemand von den Volksvertretern, gerne hätte, wie beispielsweise das Gewerbe eines Sprengmeisters oder das Waffengewerbe. Aber auch beim Immobiliengewerbe sind wir Freiheitlichen der Meinung, daß es belassen werden sollte, weil diesbezüglich doch schon einiges passiert ist.


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Meine Damen und Herren! Abschließend: Es wäre der Wunsch der Freiheitlichen Partei, statt jährlich eine Novelle zu beraten, doch eine umfassendere Regelung des Gewerberechtes in Angriff zu nehmen. Und dann sollte irgendwann einmal Schluß sein. Herr Minister! Wenn Ihnen das gelingt und wenn Sie noch einen Schuß mehr Liberalität in Ihre Vorhaben bringen, haben Sie die Freiheitlichen sicherlich zu Ihrem Verbündeten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.57

Präsident Josef Pfeifer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Rauchenberger.

18.57

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Die gegenständliche Debatte wird unter dem Titel "Gewerberechtsnovelle 1996" geführt, obwohl diese Bezeichnung meiner Meinung nach nicht nur unglücklich gewählt, sondern auch irreführend ist. Hier treffe ich mich in meiner Kritik schon mit meinem Vorredner. Dies deshalb, weil die Kernstücke der vorliegenden Novelle nur nähere Bestimmungen eines zentralen Gewerberegisters betreffen.

Die gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Einrichtung eines zentralen Gewerberegisters wurden bereits durch die Gewerberechtsnovelle 1992, verlautbart im Bundesgesetzblatt Nr. 29/93, geschaffen, ohne dabei allerdings konkret festzulegen, welche Daten zum Zwecke der automationsunterstützten Führung der vorgesehenen Gewerberegister ermittelt und verarbeitet werden dürfen. Obwohl mit der gesetzlichen Grundlage durch die Gewerberechtsnovelle 1992 bei den Bezirksverwaltungsbehörden bereits dezentral geführte Gewerberegister eingerichtet wurden, in Niederösterreich zum Beispiel bereits flächendeckend, bedarf es aus Gründen des Datenschutzes konkreter Bestimmungen hinsichtlich des dafür vorgesehenen Datenumfangs. Umso wichtiger sind derartige Bestimmungen bei Vernetzung dieser Daten zur Einrichtung und Führung eines zentralen Gewerberegisters beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Im Vorblatt zu dieser Gesetzesvorlage wird fast nebenbei festgestellt, daß in den Ländern bereits automationsunterstützt geführte Informationssysteme im Bereich des Kraftfahrzeugregisters oder des Fremdeninformationssystems eingerichtet sind, sodaß die technische Infrastruktur für eine automationsunterstützte Führung des Gewerberegisters bereits vorhanden ist. Dies ist deshalb wichtig hervorzuheben, weil der zu erhebende Datenumfang, ohne in dieser Vorlage konkret angesprochen zu werden, meiner Ansicht nach auch als Grundlage einer künftigen Rasterfahndung dienen kann.

Der Bürger in diesem Fall der Gewerbeausübende wird immer leichter einzuordnen und zu überprüfen. Mit dieser Feststellung will ich keinesfalls den Eindruck erwecken, als wären mir die positiven Aspekte eines zentralen Gewerberegisters nicht bewußt. Ich möchte damit lediglich auch auf die künftig gegebenen Möglichkeiten eines allumfassenden und automationsunterstützten Informationssystems hinweisen. Es ist mir jedoch ein besonderes Anliegen, auf die positiven Aspekte des künftigen zentralen Gewerberegisters aufmerksam zu machen.

So war es bisher nicht möglich, einzelne schwarze Schafe zentral zu erfassen, auch wenn sie mehr als einmal die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes verletzt haben. Auch jene Gruppe von Unternehmern, die, ohne die Voraussetzungen der zur Gewerbeausübung notwendigen Bestimmungen zu erfüllen, tätig wurden, sollen damit erfaßt werden. Vor allem aber sollen bei den als Grundlage dienenden Daten Insolvenzvermerke und die Gründe für die Beendigung einer Gewerbeberechtigung, für den Widerruf der Übertragung der Ausübung des Gewerbes an einen Pächter und für den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer mitaufgenommen werden, damit rechtzeitig wirksame Maßnahmen von Verwaltungsbehörden, insbesondere jener, die zur Führung des Gewerberegisters berufen sind, ermöglicht und auch tatsächlich eingeleitet werden können. Auf diese Weise kann in Zukunft verhindert werden, daß Personen zu Schaden kommen, wenn Gesetze und Verordnungen nicht eingehalten werden.

Dies wird meiner Ansicht nach unter anderem durch die sehr konkret gehaltenen Bestimmungen betreffend eine erweiterte Pflicht zur Erteilung von Auskünften, aber auch betreffend die Über


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620. Sitzung / Seite 142

mittlung und Datenabfrage geregelt. Ebenso positiv ist die Erweiterung der Pflicht zur Erteilung von Auskünften aus dem Gewerberegister, weil damit eine bessere Information über die Gewerbeausübenden und den Gewerbebetrieb selbst gegeben sein wird.

Darüber hinaus werden in diesem Gesetz auch zahlreiche Klarstellungen und Anpassungen an das geltende EU-Recht beziehungsweise das WTO-Abkommen, also das Abkommen der Welthandelsorganisation, vorgenommen sowie Mängel behoben, die in der Vollzugspraxis der Gewerberechtsnovelle 1992 auftraten. Im besonderen sind dies Regelungen betreffend die Anerkennung ausländischer Prüfungszeugnisse und Berufe, Festlegungen der Rahmenbedingungen für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr, Regelungen des Marktzutritts für Dienstleistungserbringer aus Nicht-WTO-Staaten sowie die Schließung einer Regelungslücke, die sich dadurch ergeben hat, daß bei fehlender Zuverlässigkeit österreichische Gewerbeberechtigungen zu entziehen waren, ausländische Gewerbetreibende aber nicht entsprechend belangt werden konnten. Die Gewerbebehörde bekommt nun die Möglichkeit, ein bescheidmäßiges Verbot auszusprechen, Arbeiten über die Grenze weiter auszuführen. Weiters wird die verbotswidrige Ausführung von Arbeiten unter Strafsanktion gestellt.

Es gibt auch Erleichterungen bei der Übergabe von Gastgewerbebetrieben. Es wurden neue Berufsverwandtschaften geschaffen und die Tätigkeiten des Fremdenführers und des Reisebetreuers neu geregelt. Ferner gibt es neue Bestimmungen für Immobilienmakler. Schließlich gibt es neue Vorschriften für die Sicherung der Kundengelder und für den Rücktransport von Reisenden bei Insolvenz des Veranstalters einer Pauschalreise. Letztere Bestimmung regelt die Rechte und Pflichten von Reiseveranstaltern, ohne die das Gewerbe gar nicht ausgeübt werden darf. Sie ist daher gewissermaßen mit einem Deckungsstock von Versicherungen vergleichbar.

Nachdem ich Ihnen die Inhalte des gegenständlichen Gesetzes zur Kenntnis gebracht habe, werden Sie meiner einleitenden Feststellung, daß für dieses die Bezeichnung Gewerberechtsnovelle 1996 nicht nur unglücklich gewählt, sondern auch irreführend ist, vermutlich zustimmen. Lassen Sie mich daher zum Abschluß noch einige Bemerkungen zur längst fälligen Reform dieser Gewerbeordnung machen. Das Ziel einer Liberalisierung der Gewerbeordnung – dies ist eine von allen Fraktionen unbestrittene Forderung – ist es, den Zugang zum Gewerbe zu erleichtern und damit den Wettbewerb zu stärken. Durch einen erleichterten Zugang wird die Gründung von Unternehmen angeregt, womit zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die Förderung des Wettbewerbs bedeutet für den Konsumenten ein reichhaltiges Angebot, aber auch bessere Qualität zu niedrigeren Preisen.

Aus diesen Gründen erscheint es wichtig, Regulierungen des Zugangs auf ein notwendiges Maß zu beschränken. Das Streben nach geschützten Märkten durch allzu strenge Zugangsregelungen sollte nicht länger aufrechterhalten bleiben. Das bisherige System des Zugangs beziehungsweise der Gewerbeabgrenzung sollte nach allgemein formulierbaren, ökonomisch vernünftigen Grundsätzen neu geregelt werden. Ökonomisch relevant ist eine Liberalisierung, wenn durch diese die Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen Klein- und Mittelbetriebe gefördert wird und die Mobilität der Arbeitnehmer mit beruflicher Qualifikation vergrößert wird.

Diese Grundsätze wollen die Sozialdemokraten bei den unmittelbar bevorstehenden Beratungen zur Reform der Gewerbeordnung verwirklichen. Wir hoffen, daß diese Gewerbeordnungsreform bis Mitte 1997 komplett ausgearbeitet ist und zum Beschluß erhoben werden kann. Zur vorliegenden Gewerberechtsnovelle möchte ich feststellen, daß dem Antrag des Berichterstatters entsprochen und seitens meiner Fraktion kein Einspruch gegen diese Vorlage erhoben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.06

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gottfried Jaud. – Bitte.

19.06

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Die bessere Verfügbarkeit von Daten über Gewerbetreibende und Gewerbebetriebe bedeutet in Zukunft sicherlich einen wesentlichen Vorteil für diesen Wirtschaftszweig. Deshalb ist dieses Gesetz notwendig und nützlich. Außerdem meine ich, daß die


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620. Sitzung / Seite 143

internationale Verfügbarkeit dieser Daten sicherlich einen wichtigen Vorteil für diesen Wirtschaftszweig darstellt.

Ich möchte nun die Gelegenheit nützen, einige Sätze zur kommenden Vereinfachung der Gewerbeordnung zu sagen. Über die Sinnhaftigkeit der Meisterprüfung als Voraussetzung zur Gewerbeausübung muß dabei diskutiert werden. Ich selbst als Tischlermeister würde es begrüßen, wenn gemäß der neuen Gewerbeordnung die Meisterprüfung nicht mehr als Voraussetzung zur Erlangung der Gewerbegenehmigung notwendig wäre. – Zwei Begründungen dafür:

Für die Lehrlingsausbildung ist heute bereits die Lehrlingsausbildungsprüfung erforderlich. Diese müßte auch in der Zukunft eine Voraussetzung für die Ausbildung von Lehrlingen durch Gewerbetreibende oder einen ihrer Mitarbeiter gefordert werden. Den größten Teil der praktischen Tätigkeit lernen die Lehrlinge ohnehin von ihren Arbeitskollegen in ihrem täglichen Arbeitseinsatz. Die schulische Ausbildung ergänzt dann noch die Betriebsausbildung.

Das zweite Problem betrifft die Qualitätssicherheit für den Kunden. Schon heute kümmert sich kaum ein Kunde darum, ob der Betrieb von einem Meister oder von einem Facharbeiter geführt wird. Wichtig für den Kunden ist heute vor allem, daß das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und die Dienstleistung des Betriebes seinen Wünschen entspricht. Die Meisterprüfung sollte allerdings weiterhin aufrechterhalten bleiben. Es könnte in Zukunft als besonderes Qualitätsmerkmal des Betriebes gelten, wenn der Firmenchef die Meisterprüfung abgelegt hat. Dies könnte einen besonderen Werbevorteil bedeuten.

Ich weiß, daß die Abschaffung der Meisterprüfung als Voraussetzung zur Gewerbeausübung eine provokanter Vorschlag ist, Herr Minister! Aber wenn wir eine stärkere Dynamik in unsere Wirtschaft bringen wollen, dann müssen wir sie von jedem nur möglichen Ballast befreien. Wir leben heute in einer veränderten Zeit mit völlig veränderten Rahmenbedingungen für die gesamte Wirtschaft. Wir spüren das in der Wirtschaft sehr deutlich. Darum ist es notwendig, bestehende gesetzliche Auflagen danach zu durchforsten, welche gesetzlichen Vorschriften aufgelassen werden können beziehungsweise wo Vereinfachungen möglich sind. Die notwendigen Beschlüsse sind dann hier im Parlament schnell zu fassen, um damit die Grundvoraussetzungen für ein weiterhin gutes Funktionieren der österreichischen Wirtschaft sicherzustellen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.09

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. Ich bitte ihn, zu sprechen.

19.09

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Zu den mich betreffenden Fragen möchte ich zur Information folgendes mitteilen: Morgen wird nach einvernehmlichen Verhandlungen der Regierungsparteien und der Sozialpartner der zweite Teil der Gewerbeordnung zur Begutachtung bis Ende Jänner gestellt werden. Wir haben vorige Woche im Ministerrat einvernehmlich mit einer Maßgabe des Sozialministeriums, die aber koordiniert ist, eine weitreichende Reform des Betriebsanlagenrechtes verabschiedet, sodaß ich dem Bundesrat versprechen kann, daß im nächsten Jahr, hoffentlich recht bald, eine wirklich große Novelle zur Gewerbeordnung, sowohl zum Anlagenrecht als auch betreffend die übrigen Bestimmungen, vorliegen wird.

Ich möchte Sie nicht noch länger aufhalten, daher bringe ich nur Hinweise zu den angesprochenen, wichtigsten Bestandteilen: Wir wollen an der Qualität nichts ändern. Die Meisterprüfung soll bleiben. Es besteht jedoch Einvernehmen darüber, daß die sogenannten Teilgewerbe, deren Umfang zum Teil durch Verordnung meines Ministeriums zu definieren ist, aufgemacht werden. Das heißt: Man kann mit Lehre und Praxis bereits Unternehmen mit null bis fünf Beschäftigen starten. Das ist im Entwurf vorgesehen, den wir zur Begutachtung gestellt haben. Die rund 800 im Gewerberecht befindlichen Berufe werden nach der Gewerbeordnung im Regelungsumfang auf weniger als ein Fünftel gebracht. Für den größten Teil der Gewerbe, die im Gewerberegister auftauchen, besteht also absolute Freiheit.


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Mit dieser Novelle werden wir es sicherlich nicht jedem recht machen. Im Begutachtungsverfahren wird es noch viele Anregungen geben, die berücksichtigt werden können. Ich glaube aber, daß damit auch den hier vorgebrachten Anregungen, einmal eine wirkliche Gewerbeordnungsnovelle durch das Haus zu bringen, entsprochen werden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.10

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrats vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 über ein Bundesgesetz betreffend ergänzende Schutzzertifikate.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln (Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997) (324 und 524/NR sowie 5345 und 5365/BR der Beilagen)

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (346 und 525/NR sowie 5346 und 5366/BR der Beilagen)

17. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (366 und 526/NR sowie 5347 und 5367/BR der Beilagen)


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18. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (367 und 527/NR sowie 5368/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zu den Punkten 15 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

ein Bundesgesetz über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln,

ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 15 bis 18 hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Horst Freiberger: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses bezüglich des Bundesgesetzes über Lenkungsmaßnahmen.

Ich erspare es mir, den Bericht vorzulesen, da er in schriftlicher Form vorliegt.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag ,

1. der im Artikel I des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Wirtschaftsausschusses über das Versorgungssicherungsgesetz 1992, das geändert wird.

Dieser Bericht liegt auch schriftlich vor.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag ,


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1. der im Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Wirtschaftsausschusses, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt schriftlich vor.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag ,

1. der im Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der letzte Bericht betrifft das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982, das geändert wird.

Der Bericht liegt wiederum schriftlich vor.

Der Wirtschaftsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. der im Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Eisl. Ich bitte ihn, zu sprechen.

19.16

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Das Versorgungssicherungsgesetz beinhaltet die Sicherung der Versorgung. Die Freiheitlichen hätten dieser Vorlage im Nationalrat sicherlich zugestimmt, wenn diese brauchbar gewesen wäre. Mit den zwei Abänderungsanträgen in der zweiten Lesung wurde von Abgeordneter Tichy-Schreder jedoch der Beweis geliefert, daß sie und ihre Partei selbst mit der Vorgangsweise im Ausschuß nicht einverstanden waren.

Wäre für die kommenden zwei Jahre nun ein entsprechendes Gesetz zu erwarten, so hätten die Freiheitlichen aufgrund des Berichtes zu dieser Vorlage ihre Zustimmung geben können. Diese war jedoch aufgrund des vorliegenden Flickwerks nicht mehr möglich. Es ist jedoch unbestritten, daß ein entsprechendes Gesetzeswerk für die Versorgung notwendig wäre.

Ich möchte kurz auf die Novelle eingehen: Diese vom Nationalrat beschlossene Novelle ist in dieser Form nicht brauchbar, weil die Versorgungssicherheit vor allem durch legistische Probleme nicht mehr gegeben ist. Erinnern wir uns: Vor einigen Jahren wurde aufgrund der Versorgungsmisere mit Milchprodukten in der Bundeshauptstadt Wien deutlich gemacht, daß es trotz technischen Fortschritts nicht gelungen ist, das Produkt Milch vom Bauern ohne Probleme an den Konsumenten zu bringen. Wenn auch die Probleme hauptsächlich nur bei einer Firma lagen, so war das Chaos dennoch perfekt. Durch eine Einbindung der AMA – wenn es sie in zwei Jahren noch geben sollte, was ja auch bezweifelt wird, da sie, was wir wissen, in großen Schwierigkeiten ist – wird die Flexibilität sicherlich nicht erhöht. Denn gerade durch solche Unflux ..., Unflexibilitäten ... (Bundesrätin Crepaz: Singen! )

Das wäre besser! Da haben Sie recht! – Ich wollte sagen: Durch eine solche unflexible Organisation, wie sie die AMA bis heute darstellt, sind eine entsprechende Durchführung und Sicherstellung nicht gewährleistet.

Ein Wort noch zur Erdöl-Bevorratung: Auch diesbezüglich hat es in der Steiermark, in Lannach, Probleme gegeben. Die Finanzierung ist laut Rechnungshofkritik nicht restlos aufgeklärt, und bis heute liegt kein abgeschlossener Bericht vor. – Aus solchen Vorfällen müßten wir lernen, vor allem, daß die Ölmultis stark zur Bevorratung herangezogen werden müssen. Das müßte laut Gesetz verankert werden, und diese müßten auch zur Mitfinanzierung verpflichtet werden, damit


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Preisschwankungen und Preissprünge abgefangen werden können. Mit Hilfe solcher Maßnahmen könnten Preismanipulationen in Zukunft gar nicht entstehen.

Das muß früh genug auf parlamentarischer Ebene erkannt werden. Dann könnten wir mit einer passenden Vorlage dagegen vorbeugen. Wie aus den Berichten klar hervorgegangen ist, waren jedoch selbst die Regierungsmitglieder mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden. Deswegen können wir diesem Flickwerk auch im Bundesrat nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.20

Präsident Josef Pfeifer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Rieser. – Bitte.

19.20

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Eisl! Das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz, das Versorgungssicherungsgesetz, das Energielenkungsgesetz und das Erdöl-Bevorratungsgesetz sind Gesetze, die im Rahmen der umfassenden wirtschaftlichen Landesverteidigung zu sehen sind und eigentlich ausnahmslos in Krisenfällen zum Tragen kommen.

Kollege Eisl! Weil du vorhin Lannach angesprochen hast, muß ich erwähnen: In Lannach wird Öl gelagert, jedoch keine Lebensmittel! (Bundesrat Eisl: Ich habe gesagt: Öl! – Bundesrat Dr. Tremmel: Er hat Olivenöl gemeint!)

Wie ich schon eingangs erwähnt habe, regeln die Wirtschaftslenkungsgesetze, das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz, das Versorgungssicherungsgesetz und das Energielenkungsgesetz, wie schon aus ihren Titeln hervorgeht, die Bewirtschaftung von verschiedenen Warengruppen und Energieträgern. Mit diesen Gesetzen verfolgt man das Ziel, den gesetzlichen Rahmen zur Bewältigung von außerordentlichen Krisenfällen zu schaffen. Diese Gesetze können erst durch die Erlassung entsprechender Verordnungen aktiviert werden.

Durch das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz verpflichtet sich Österreich aufgrund seines Beitritts zur EU auch zur Erhaltung von Pflichtnotstandsreserven in einer Höhe, die dem durchschnittlichen Inlandsverbrauch innerhalb von 90 Tagen des vorhergehenden Kalenderjahres entspricht.

Wie ich schon erwähnt habe, betreffen alle Gesetze in diesem Zusammenhang auch ein zentrales Anliegen der wirtschaftlichen Landesverteidigung. Das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 hat im speziellen zum Ziel, mit Lenkungsmaßnahmen gegebenenfalls eine ungestörte Erzeugung und Verteilung von Waren aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen und die gesamte Bevölkerung und sonstige Bedarfsträger ausreichend zu versorgen. An ein Auslaufen des Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes ist nicht gedacht, da die Notwendigkeit eines gesetzlichen Instrumentes besteht. Auf diese Weise können Verknappungserscheinungen im Falle einer Krise behoben werden, die Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgt und allfällige von der EU beschlossene Lenkungsmaßnahmen auch umgesetzt werden.

Das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz – in diesem Punkt gebe ich dir recht, Herr Kollege Eisl – stammt aus dem Jahr 1952 und wurde bereits 27mal novelliert und verlängert, sodaß aus der Stammfassung derzeit keine einzige Bestimmung mehr in Geltung ist. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist die Erarbeitung eines neuen Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes vorgesehen. Auch wird aufgrund der Bundesstaatsreform in diesem Zusammenhang verhandelt werden.

Die Erlassung von Verordnungen in diesem Zusammenhang ist an eine formelle Voraussetzung gebunden: Der Bundeslenkungsausschuß muß angehört werden, und der Hauptausschuß des Nationalrates muß mit einer Zweidrittelmehrheit die Zustimmung geben. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Warenkategorie das Einvernehmen auch mit dem jeweiligen Bundesministerium erforderlich.


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Bei Gefahr im Verzug kann die Zustimmung zur Verordnung auch nachträglich eingeholt werden. Sie ist aber trotzdem ausschlaggebend für das weitere Schicksal der jeweils begonnenen Bewirtschaftung. Weiters könnten auch Lenkungsmaßnahmen zu Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen ergriffen werden.

Was ist davon betroffen? – Ganz kurz: Lebensmittel einschließlich Trinkwasser im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz; sämtliche Marktordnungswaren gemäß § 95 des Marktordnungsgesetzes sowie Düngemittel im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten; Pflanzenschutzmittel, Futtermittel, Saat- und Pflanzengut im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Die verschiedenen Lenkungsmaßnahmen sind im § 3 angeführt, wobei auch verschiedene Maßnahmen unterschiedlichen Grades auf verschiedenen Ebenen angewendet werden können. Auch Einschränkungen hinsichtlich der Verfütterung von Waren sowie hinsichtlich der Alkoholgewinnung sind im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vorgesehen.

Betonen möchte ich, daß als bedeutende Erstmaßnahme ein Verkaufsverbot bis zu 48 Stunden vorgesehen ist, um ein organisiertes Anlaufen der entsprechenden Lenkungsmaßnahmen zu ermöglichen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist zu erwarten, daß diese Gesetze nie vollzogen werden müssen. Gegenwärtig wird die Bevorratung nicht immer und überall vorgenommen. Viele unserer Bürger leben vom Tageskonsum. Daher ist es notwendig, daß wir auch Meinungsbildner sind und die Bevölkerung aufklären.

Auch den Bereich der Alternativenergie – in diesem Zusammenhang meine ich die nachwachsenden Rohstoffe – darf man nicht außer acht lassen. Im Wirtschaftsausschuß haben wir von Experten gehört, daß der Vorrat an Rohöl noch 30 Jahre und der an Gas noch 80 Jahre reichen wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen diese Ressourcen nicht verschleudern! Alle sind aufgefordert, umzudenken, nachzudenken, welche Alternativen es gibt: Biomasse, Wind und Sonne zur Energiegewinnung. Ich glaube, daß das in Zukunft in erster Linie eine Frage der Preispolitik sein wird.

Es darf nicht eine Generation die Welt ausbeuten. Gegenwärtig – und das macht mir Sorgen – verbrauchen 20 Prozent der Bevölkerung 60 Prozent der Nahrungsmittel, 70 Prozent der Metalle, 75 Prozent der Energie und 85 Prozent des Holzes. In diesem Zusammenhang stellt sich für mich die Frage: Wie lange werden die anderen 80 Prozent der Bevölkerung zusehen, wie wir sorglos genießen?

Die Eckpfeiler der wirtschaftlichen Landesverteidigung unter dem Sammelbegriff "umfassende Landesverteidigung" sind ausnahmslos nur im Krisenfall vonnöten. Das ist für viele daher nicht verständlich. Wir im Hohen Haus haben die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich darf namens meiner Fraktion erklären, daß wir diesen Gesetzen die Zustimmung geben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

19.28

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich ersuche ihn, zu sprechen.

19.28

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Bei diesen Regierungsvorlagen geht es um Versorgungs-sicherungsgesetze, die wir immer auf zwei Jahre befristen und die dann wieder einer Verlängerung um zwei Jahre bedürfen.


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Man könnte die Frage stellen: Welchen Sinn haben diese Wirtschaftslenkungsgesetze? – Der Sinn all dieser Gesetze ist, im Ernstfall und Krisenfall entsprechend gerüstet zu sein. Es muß sich hiebei natürlich nicht unbedingt um Krieg handeln, auch für den Fall von Katastrophen muß vorgesorgt werden, denken Sie etwa an Tschernobyl. Es gab auch in der jüngsten Vergangenheit Anlässe genug, darüber nachzudenken, wie wichtig es ist, daß man in solchen Fällen Wirtschaftslenkungsgesetze wie etwa das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz hat. Ich erwähne in diesem Zusammenhang auch den Ölpreisschock der siebziger Jahre oder die Krise im benachbarten ehemaligen Jugoslawien, während welcher einige Tage nach Ausbruch des Krieges durchaus Grund zur Befürchtung bestand, daß dieser Konflikt auch auf österreichisches Hoheitsgebiet überschwappt.

Welche Wirtschaftslenkungsgesetze behandeln wir? – Das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz, das Energielenkungsgesetz, das Versorgungssicherungsgesetz und das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz. Zum Erdöl-Bevorratungsgesetz aus dem Jahr 1982 möchte ich anführen, daß dieses ein Ausführungsgesetz des IEP-Übereinkommens ist, mit welchem sich Österreich verpflichtet, Erdölreserven in dem Umfang anzulegen, daß ein Auskommen von mindestens 90 Tagen ohne Ölimport gesichert ist. Zu diesem Zweck werden alle Importeure von Erdöl und Erdölprodukten zur Erhaltung von Reserven im Ausmaß von 25 Prozent des Vorjahresimportes verpflichtet.

In der Praxis hat man gesehen, daß diese Bevorratung natürlich zu hohen Kosten für die Importeure führt. Viele Importeure haben daher versucht, diese Bestimmungen zu umgehen. Die hier heute vorliegende Novelle sieht eine Reparatur dieser Schlupflöcher vor. In diesem Fall ist eine Novellierung notwendig, damit keine Umgehung mehr möglich ist. Auch die sogenannten Öl-Multis sind in Zukunft heranzuziehen.

Zum Versorgungssicherungsgesetz: Es ist interessant, welche Bereiche im Krisenfall betroffen wären. Eine Verknappung von Tabak trifft zum Beispiel einen Nichtraucher nicht so sehr wie mich. Vorsorge ist daher dringend notwendig, wenn es darum geht, Ruhe unter den Betroffenen herzustellen. Dieses Gesetz betrifft aber auch mineralische Stoffe, Erzeugnisse der chemischen Industrie, Kunststoffe, Häute und Felle jeder Art.

Zum Energielenkungsgesetz: In diesem Gesetz geht es um Erdöl, gasförmige und feste Brennstoffe und Strom.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns unsere energiepolitischen Zielsetzungen, die vor drei Jahren von der Bundesregierung verabschiedet und vor kurzem im Energiebericht wieder bekräftigt wurden, nochmals vor Augen führen, die da lauten: hohe Versorgungssicherheit, hohes Maß an Wirtschaftlichkeit, soziale Verträglichkeit und auch Umweltverträglichkeit, und diese der realen Situation in Österreich gegenüberstellen, dann können wir gesamthaft gesehen eine durchaus positive Bilanz der Situation, vor allem beim Soll-Ist-Vergleich, ziehen.

Zum Thema Versorgungssicherheit: Ich glaube, daß in kaum einem anderen Land das Maß an Versorgungssicherheit so groß wie bei uns ist. Bei uns ist das Eigenaufkommen sehr hoch. Wir sind in hohem Maße autark. Die genannten Ziele können also durchaus als erreicht und erfüllt angesehen werden.

Zum Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz. Von diesem Gesetz sind vor allem Lebensmittel, aber auch Trinkwasser betroffen, ferner Tiere, die man zu Lebensmitteln verarbeiten kann, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und vieles andere mehr.

Ich glaube, daß diese Wirtschaftslenkungsgesetze sehr wichtig für unser Land sind. Daher ist eine Verlängerung und Novellierung unbedingt notwendig. Ich wünsche uns allen und der Bevölkerung, daß der Fall, daß wir diese Gesetze brauchen, niemals eintreten wird. Unsere Fraktion wird diese Gesetze unterstützen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 150

19.32

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister Herr Dr. Farnleitner, bitte.

19.32

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich möchte den Bundesrat nur davon in Kenntnis setzen, daß ich im Wirtschaftsausschuß des Nationalrates zugesagt habe, daß wir im Frühjahr dieses Jahres die Klubs einladen werden, in einer Modernisierungsrunde diese Gesetze durchzusehen.

Ich sage nochmals: Diese Gesetze haben sich in den Fällen, in denen wir sie in den letzten Jahrzehnten gebraucht haben – es war selten genug –, durchaus bewährt. Eine Modernisierung würde ihnen guttun, diese ist aber keine Voraussetzung zur Herstellung der Sicherheit. Die Sicherheit der Versorgung ist durch die bestehenden Gesetze auf jeden Fall gewährleistet. Die genannten Gespräche werden etwa im März beginnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.33

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln.

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 151

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, der im Artikel I enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit .

Der Antrag, der zitierten Verfassungsbestimmung des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist ebenfalls Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird.

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I Z. 1 eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, der im Artikel I Z. 1 enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag, der zitierten Verfassungsbestimmung des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird.

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle auch hier zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, der im Artikel I enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Danke. Dies ist auch die erforderliche Mehrheit .

Der Antrag, der zitierten Verfassungsbestimmung des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird.

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst auch hier die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 152

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, der im Artikel I enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Der Antrag, der zitierten Verfassungsbestimmung des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

19. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird (324/A und 520/NR sowie 5369/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und das Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden (343/A und 521/NR sowie 5370/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Staatsdruckerei (Staatsdruckereigesetz 1996) (502 und 522/NR sowie 5371/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies

ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und das Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden, und

ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Staatsdruckerei.

Die Berichterstattung über die Punkte 19 bis 21 hat Herr Bundesrat Ludwig Bieringer übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 153

Berichterstatter Ludwig Bieringer:
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erstatte folgende Berichte.

Zum Tagesordnungspunkt 19 liegt Ihnen ein schriftlicher Ausschußbericht vor. Ich darf daher nur die Antragsformel verlesen:

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Auch der Bericht zum Tagesordnungspunkt 20 liegt Ihnen schriftlich vor.

Daher verlese ich auch in diesem Fall nur die Antragsformel:

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. der im Artikel I Z. 5 enthaltenen Verfassungsbestimmung des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich liegt Ihnen auch der Bericht zum Tagesordnungspunkt 21 schriftlich vor.

Daher verlese ich nur die Antragsformel:

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 die Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Ich bitte, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Eisl.

19.42

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Unter dem Titel Privatisierung findet heute schon wieder einmal – heute schon mehrere Male – eine Privatisierung statt. Unter diesem Titel wird heute auch die Staatsdruckerei ausgegliedert respektive privatisiert. Von einer Privatisierung kann jedoch keine Rede sein.

Wir haben nichts dagegen einzuwenden, daß eine Druckerei für Sonderdrucke wie beispielsweise Briefmarken, Formulare oder Reisepässe ausgegliedert wird. Aber wenn sie dann erweitert und bei der derzeitigen Überkapazität an Druckereien – insbesondere im Raum Wien bestehen über 850 Firmen, österreichweit sind es 1 300 – dann von zwei Geschäftsführern geführt wird, jedoch – das möchte ich besonders betonen – nicht auf privater Ebene, dann ist der Beweis geliefert, daß es sich hiebei keinesfalls um eine Privatisierung handeln kann.

Auch wenn im vorigen Jahr ein Gewinn von 600 000 S erwirtschaftet wurde, ist man sicherlich nicht in der Lage, mit dieser Summe ein Wirtschaftsimperium wie das derzeitige aufzubauen. Da EU-Förderungen angeboten werden, errichtet man damit für die Privatwirtschaft eine starke Konkurrenz: Denn diese Druckerei ist auf einem Gebiet, nämlich auf dem Gebiet der Sonderdrucke, konkurrenzlos und hat daher die Möglichkeiten, bis zu 25 Prozent unter den


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Gestehungskosten anzubieten. Das bringt natürlich andere Firmen in Schwierigkeiten. Es geht also letztendlich auch um Arbeitsplätze. – Diese Vorgangsweise ist nicht zu akzeptieren!

Es gibt außerdem auch europaweit heute große Krisen auf diesem Gebiet. Wie ich gelesen habe, ist in Nürnberg auch wieder eine Druckerei mit 2 000 Angestellten zugesperrt worden. Wir sind jetzt Mitglied der EU, und wir errichten jetzt in Österreich unter dem Titel "Privatisierung" für zwei Firmen mit zwei Geschäftsführern, einem kaufmännischen für den Außendienst und einem für den Betrieb verantwortlichen, praktisch eine Heimstätte. Herr Strohal hat schon einmal ein Unternehmen geführt, das dann eingegliedert wurde. Die Gründe dafür sind bekannt.

Wenn man schon von Privatunternehmen spricht, dann müßten diese auch mit eigenen finanziellen Mitteln haften. Dies ist bei dieser Vorgangsweise jedoch nicht der Fall. Deswegen lehnen wir eine solche Ausgliederung, die unter dem Titel "Privatisierung" läuft, ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.45

Präsident Josef Pfeifer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig. – Bitte.

19.45

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bei meiner letzten Wortmeldung hier im Bundesrat habe ich in der Debatte zum Bundesgesetzblattgesetz darauf hingewiesen, daß es sich dabei um einen weiteren Fortschritt im Rahmen der Verwaltungsreform gehandelt hat.

Aus dem jetzt vorliegenden Gesetzespaket möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Postgesetz hinweisen, das ebenfalls eine Reduktion gesetzlicher Bestimmungen mit sich bringt. Durch dieses Gesetz werden die hoheitlichen Postgebühren durch privatrechtliche Entgelte ersetzt. Deshalb ist eine Mitwirkung des Nationalrates an der Festsetzung der Postgebühren in Zukunft auch nicht mehr notwendig. Die gut durchdachte legistische Behandlung der Materie vermeidet eine Zersplitterung und integriert verbliebene Gesetzesvorschriften. In diesem Zusammenhang ist vor allem jenen Beamten zu danken, die sich mit dieser sehr komplizierten Materie auseinandergesetzt haben und auch dazu beigetragen haben, daß in Zukunft eine weitere Bürokratisierung in diesem Bereich verhindert werden kann.

Den vorliegenden Beschlüssen, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung – heute Nationalrat – an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird, stimme ich deshalb zu, weil dadurch die Unternehmen konkurrenzfähiger werden. Die Unternehmen haben in Zukunft die Möglichkeit, Erträge selbst zu erwirtschaften, sie nicht abzuführen, sondern sie zur Verbesserung der eigenen Infrastruktur wieder einsetzen zu können. Durch diese Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler und auf internationaler Ebene wird auch gewährleistet, daß österreichische Arbeitsplätze gesichert werden können.

Zum Antrag über das Bundesgesetz, mit dem die Geltungsdauer der Bestimmungen des Bezügegesetzes und des Verfassungsgerichtshofgesetzes über die Nichterhöhung von Bezügen verlängert wird, möchte ich anmerken, daß seit 1993 zum fünften Mal keine Anhebung erfolgt und damit in den letzten Jahren ein Reallohnverlust eingetreten ist. Ich halte es für richtig, daß auch die Parlamentarier in Zeiten einer Konsolidierungsphase ihren Beitrag leisten, der vor allem auch als ein Signal zu werten ist.

Ich habe aber dennoch den Eindruck, daß es nicht gelungen ist, in der öffentlichen Diskussion diesen Umstand entsprechend auszuweisen. Deshalb halte ich es für sehr notwendig, daß die Fragen der Auslagenersätze und Entfernungszulagen am Beginn des nächsten Jahres sehr schnell geregelt werden, daß diese Regelung mit mehr Transparenz für alle Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar wird und daß dort weder für die Verwaltung noch für die Betroffenen höhere Mehrkosten verursacht werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Privatisierung ist für uns Sozialdemokraten kein Dogma und keine Ideologie. Kollege Eisl! Überall dort, wo diese sinnvoll ist und Betriebe dadurch mehr Handlungsspielraum bekommen oder konkurrenzfähiger werden, sind wir Sozialdemokraten auch für Privatisierung. (Bundesrat Eisl : Mehr Freiheit mit Förderungsgeldern!) Überall dort allerdings, wo österreichische Interessen verletzt oder Arbeitsplätze gefährdet werden, sind wir sehr vorsichtig, wenn es darum geht, voreilige Privatisierungen durchzuführen. Die Behandlung der Ausgliederung der Staatsdruckerei ist, wie ich meine, ein sehr gutes Zeichen dafür, daß wir Sozialdemokraten auch sehr flexibel in dieser Frage sind.

Ich teile Ihre Einschätzung betreffend die Staatsdruckerei nicht. Denn durch das Staatsdruckereigesetz, das bereits 1982 in Kraft getreten ist, wurde die Staatsdruckerei als eigener Wirtschaftskörper mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet. Um die Österreichische Staatsdruckerei neu strukturieren und in weiterer Folge privatisieren zu können, bedarf es allerdings einer Umwandlung des eigenen Wirtschaftskörpers in eine Aktiengesellschaft. Diese Gesellschaft wird mit dem Namen Österreichische Staatsdruckerei AG geführt und steht zunächst zur Gänze im Eigentum des Bundes, wobei ich das Wort "zunächst" betone.

Denn zum Spaltungsstichtag am 1. Jänner 1998 wird von dieser Gesellschaft eine GesmbH abgespaltet, die die Herstellung und den Verlag der "Wiener Zeitung" wahrnehmen wird.

Nach dieser Abspaltung ist die Österreichische Staatsdruckerei Aktiengesellschaft zum Zweck der Privatisierung an die ÖIAG zu übertragen. Daher kann ich Ihre Einschätzung, daß es sich hiebei nicht um eine Privatisierung handelt, nicht teilen, wenngleich tatsächlich eine Übergangsphase bis zum 1. Jänner 1998 eingeschaltet wird. Durch den vorliegenden Entwurf wird das Staatsdruckereigesetz an die Richtlinie des Rates der Europäischen Union über die Ko-ordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge angepaßt werden. Damit ist auch ein EU-konformes Agieren möglich. Ich halte das auch deshalb für wichtig, weil wir uns ja auch als Bestandteil der EU sehen und auch die entsprechenden Richtlinien umsetzen wollen.

Da es sich bei all diesen Vorlagen um Maßnahmen zu weiteren Verwaltungsreformen sowie um Maßnahmen zu einer sinnvollen Privatisierung handelt, werden wir Sozialdemokraten gegen diese Vorlagen keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.52

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Anton Hüttmayr. – Bitte.

19.52

Bundesrat Anton Hüttmayr (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zum Staatsdruckereigesetz: Ich meine, wir sind – im Bericht ist es nachzulesen – auf der richtigen Spur. Wir sollten die Formulierung der Gesetze genau lesen. Dort heißt es: Es wird zuerst neu strukturiert und in der Folge privatisiert. Mein Vorredner hat Sie schon darauf verwiesen. Ich möchte mich aus Zeitgründen sehr kurz halten.

Herr Kollege Eisl! Sie haben letzte Woche vom Brückenbauen gesprochen und gesagt, daß wir, wenn wir in eine neue Richtung gehen wollen, durchaus auch Mut brauchen. Ich glaube, mit dieser Materie betreffend diese Druckerei ist man sicherlich in die richtige Richtung unterwegs. Wir sollten daher auch den Mut haben und das positiv sehen. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, daß ein Betrieb, der, wie Sie sagen, im geschützten Bereich tätig ist, dann um 25 Prozent unter den Gestehungskosten verkauft. Das läßt sich mit meinem kaufmännischen Verständnis nicht verbinden, und ich glaube, so ist das auch sicherlich nicht zu sehen.

Bei der Postausgliederung beziehungsweise bei der Postthematik ist die Zustimmung durchaus vorhanden. Wir bekennen uns dazu, daß ein freierer Markt auch einen freieren Wettbewerb erfordert, und das wird durchaus der Fall sein. Daß natürlich auch auf die Einnahmen zu achten sein wird, um neue Investitionen, die der freiere Markt verlangt, vornehmen zu können, ist ganz klar. Ich bekenne mich dazu, daß man in jenem Bereich, in dem man eine Monopolstellung hat, also bei den Postgebühren oder im Zeitungsbereich, in dem sehr viele davon betroffen sind, niedrige Tarife beibehält. Ich rede jetzt nicht von den Parteien, sondern von den freiwilligen


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Vereinen, von den ehrenamtlich Tätigen und und und. Sie wissen alle, was ich und Sie in diesem Zusammenhang anführen könnten. Wir bekennen uns – wie gesagt – dazu, daß in diesen Bereichen auch in Zukunft günstigste Bedingungen herrschen. Dafür sollten wir uns einsetzen, das sollten wir auch erkennen und in die zukünftige Diskussion einbringen.

Ich verstehe aber natürlich auch, wenn man beim Betrieb Post sagt: Das soll irgend jemand abgelten, und es ist in diesem Hause relativ rasch nachzuvollziehen, wer mit "irgend jemand" gemeint ist und wohin die Richtung geht. Aber noch einmal: Ich fordere, daß man den günstigsten Zeitungstarif beibehält.

Zum Bezügegesetz in aller Kürze: Aus meiner Sicht ist der Aufschub okay. Ich meine aber, daß bei dieser Thematik ein bißchen Heuchelei betrieben wird. Wenn man sich die Meldungen ansieht und die Diskussionen gelegentlich hört, dann muß man feststellen, daß Seriosität in diesem Zusammenhang nicht sehr großgeschrieben und teilweise sehr starker Populismus betrieben wird. Ich bekenne mich ganz klar dazu, daß man keine Bezüge für Leistungen erhält, die nicht erbracht werden. Das steht außer Zweifel. Ich bekenne mich aber sehr wohl dazu, daß man Aufwendungen ersetzt und Leistungen abgilt.

Etwas ist für mich auch ganz klar: Es ist nicht von primärem Interesse, daß Politiker keine Berufe ausüben dürfen. Gerade im Gegenteil: Ich glaube, das muß miteinander vereinbar sein, und jede Politikerin und jeder Politiker muß mit sich selbst ausmachen, wieweit sie oder er gehen kann. Ich erkenne aus meiner eigenen Betrachtung, daß es durchaus von Vorteil für unsere Gesellschaft ist, wenn Politiker berufstätig sind. Und ich bekenne mich auch dazu, daß dafür logischerweise Leistungen abzugelten sind. Auch in dieser Hinsicht brauchen wir durchaus den Mut, das zu vertreten. Ich meine aber, wir sollten einander nicht mit populistischen Ausführungen zu übertrumpfen versuchen, und wir sollten auch nicht den Neidgedanken, der in unserer menschlichen Phase und in jeder menschlichen Phase vorhanden ist, schüren. Ich glaube, das ist nicht seriös.

Ich bekenne mich natürlich – wie mein Vorredner – auch dazu, daß wir zum Sparen das Unsere beitragen, das ist richtig, allerdings mit dem richtigen Maß. Wir tun der Gesellschaft durchaus ein Gutes, wenn wir von brutto und netto, von Aufwendungen und von Leistungsabgeltung reden. Man sollte nicht alles in einen Topf werfen. Ich bekenne mich dazu, und unsere Fraktion wird diesen drei Gesetzesmaterien gerne ihre Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.56

Präsident Josef Pfeifer: Am Wort ist Herr Bundesrat Dr. Tremmel.

19.56

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich fasse mich ganz kurz. – Anlaß zu meiner Wortmeldung sind die Ausführungen des Kollegen Hüttmayr. Er hat am 25. Juli 1996 zur Bezügereform ungefähr die gleichen Worte gesprochen. Dabei ist mir aufgefallen, der Begriff "Heuchelei" scheint für Sie ein sehr wichtiges Wort zu sein.

Ich habe Ihnen damals vorgeschlagen, dem Bezügereformgesetz nicht die Zustimmung zu ge-ben, weil wir damit die Verantwortlichen zwingen hätten können, zeitgerecht eine entsprechende Gehaltspyramide vorzulegen. Ich möchte Ihnen das nicht vorhalten, ich sage es nur. Und leider Gottes haben wir in diesem Punkt recht behalten. – Das ist der eine Bereich.

Zum anderen Bereich: Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an die Worte von Professor Schambeck, der hier in bezug auf die Freifahrten bei der Bundesbahn und die gesamte Regelung der Vergütung gesagt hat: Hätten wir diese Regelung, die an und für sich eine sehr bescheidene ist, doch belassen! – Sie wird jetzt belassen, ich nehme jedoch an, daß keiner von Ihnen die Mitteilung bekommen hat, daß diese Freifahrtkarte jetzt bis zum ersten Jahresviertel 1997 gelten wird. So denkt man über unsere Bereiche! Ich möchte das hier auch einmal an-merken.


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Darüber hinaus darf ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, daß wir diesen Bestimmungen des Bezügegesetzes die Zustimmung geben werden, weil alle Arbeitnehmer, auch Arbeitnehmer in höheren Bereichen damit rechnen können müssen, daß zumindest die Inflation abgegolten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.58

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Dr. Schambeck. Ich bitte ihn zu sprechen.

19.58

Bundesrat Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht, daß das Thema Staatsdruckerei und "Wiener Zeitung" behandelt wird, ohne daß ich dazu nur ganz kurz erwähne, welche Tradition beide Einrichtungen in Österreich darstellen.

Der verstorbene Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Hofrat Dr. Stamprech, hat darüber eine lange lesenswerte Geschichte geschrieben. Ich möchte Sie alle einladen, diese auch zu lesen!

Vieles aus der "Wiener Zeitung" dient der Information und der Repräsentation Österreichs auch im Ausland und hat dokumentarischen Wert. Man möge auch immer bedenken, was dort veröffentlicht wird, wird der Republik Österreich zugeschrieben: in Bild und Text.

Ich war vor Jahren sehr kritisch gegenüber der Schreibweise in der "Wiener Zeitung". Es sind jedoch manche Änderungen erfolgt, und daher konnte ich meine Kritik in den letzten Jahren in zunehmendem Maße abbauen. Ich bedanke mich, daß man nunmehr zu einer ausgewogenen Meinungsbildung gelangt ist. Es werden auch betreffend den Bundesrat, den Föderalismus und zur politischen Bildungsarbeit sehr wertvolle Beiträge geleistet, wenngleich man noch manches verbessern kann.

Was die Staatsdruckerei betrifft, möchte ich nicht nur als Politiker, sondern auch als Rechtslehrer meine Hochachtung bekunden: Denn in den letzten Jahren – Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm wird das, glaube ich, auch bestätigen können – hat sich die juristische Abteilung der Staatsdruckerei so großartig entwickelt, daß man heute sagen kann, daß sie für Manz und für den Springer-Verlag eine echte Konkurrenz geworden ist.

Ich möchte hier vor allem auch Herrn Mag. Herbert Klein nennen. Ich habe selbst auch eine Reihe von Büchern dort herausgegeben und habe das auch für die Zukunft vor. Es ist wirklich ein Vergnügen, mit der Staatsdruckerei zusammenzuarbeiten. Mit Dr. Mock habe ich vor einigen Jahren – es war meine erste Zusammenarbeit mit diesem Verlag der Staatsdruckerei – die Festschrift für Herrn Bundespräsidenten Dr. Kirchschläger in diesem Verlag herausgegeben, und ich kann nochmals betonen: Es wird hier wirklich ein ausgezeichneter Einsatz geleistet.

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß die Briefmarken, die in der Staatsdruckerei gedruckt wurden, vom Künstlerischen und Technischen her internationale Anerkennung finden. Wir sollten uns alle bemühen, auch unsere Auslandskontakte dazu einzusetzen, daß die Staatsdruckerei noch vermehrt Aufträge bekommt; so tragen wir auch zur Arbeitsplatzsicherung bei.

Ich möchte wirklich zu all dem, was hier geleistet worden ist, meinen Dank bekunden und hoffen, daß in Zukunft das Unsere dazu beigetragen wird, daß dort die Arbeitsplätze gesichert sind. Ich hoffe, daß durch die "Wiener Zeitung" auch in Zukunft das Bild unserer Republik zeitnah und außerdem repräsentativ für Geschichte und Gegenwart in der Welt vermittelt werden wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

20.02

Präsident Josef Pfeifer: Weiters hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schlögl zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, zu sprechen.

20.02

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schlögl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich auch sehr kurz fassen, weil ich glaube, daß von


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sehr vielen Rednern schon die wesentlichen Inhalte der heutigen Gesetzesmaterien dargelegt worden sind.

Ich erlaube mir, nur kurz zum Staatsdruckereigesetz, vor allem aufgrund der Kritik von Herrn Bundesrat Eisl Stellung zu nehmen. Vorerst möchte ich feststellen, daß es im öffentlichen Dienst in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren ein umfangreiches Einsparungskonzept gegeben hat, welches dazu gedient hat, die Ausgaben im öffentlichen Dienst auf den Stand von 1995 einzufrieren. Um diese Ausgabenstruktur im öffentlichen Dienst auch langfristig beibehalten zu können, bedarf es einer wirklich ernsthaften Aufgabenkritik im öffentlichen Dienst. Dabei geht es nicht darum, Beschäftigten Rechte oder Geld wegzunehmen, sondern darum, eine echte Verwaltungsreform im öffentlichen Dienst einzuleiten. Es muß genau überprüft werden, welche Aufgaben der Staat in Zukunft vorrangig ausüben soll und aus welchen Aufgabenbereichen sich der Staat zurückziehen kann.

Dazu gehört die Vorgangsweise, daß man sehr genau überprüft, welche Bereiche ausgegliedert beziehungsweise privatisiert werden können. Dafür hat die Bundesregierung ein umfangreiches Programm vorgesehen, welches von der Ausgliederung und Privatisierung der PSK über die Zusammenführung der Wetterdienste über das Arsenal bis zur Staatsdruckerei reicht.

Das heute vorliegende Gesetz zur Umwandlung der Staatsdruckerei in eine Aktiengesellschaft ist der entscheidende Schritt, um die Privatisierung zu erreichen. Ich verstehe also die Kritik der Freiheitlichen Partei nicht, daß das eine Scheinprivatisierung sein soll. – Das ist vielmehr der richtige Weg dorthin, denn mit 1. 1. 1997 wird, falls wir heute keinen Einspruch erheben, die Staatsdruckerei ausgegliedert, mit 1. 1. 1998 wird die "Wiener Zeitung" als eine eigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung von der Staatsdruckerei abgespalten. Der Rest der Staatsdruckerei mit immerhin noch einem Budgetvolumen von 700 Millionen Schilling pro Jahr wird börsenfähig und spätestens mit 1. 1. 1999 in Form von Aktien an der Börse verkauft. Damit besteht die Garantie, daß die Staatsdruckerei auch in Zukunft ein österreichisches Unternehmen bleibt.

Ich glaube, daß der Weg, den wir hier eingeleitet haben, ein glasklarer und sehr guter ist. Das ist eine Privatisierung, die man herzeigen kann, eine Privatisierung Schritt für Schritt. Ich verstehe daher Ihr Kritik nicht und bitte Sie, Ihre Meinung in dieser Hinsicht nochmals zu überdenken. Ansonsten kann ich mich nur den Ausführungen der Vorredner anschließen und anmerken, daß wir einen wichtigen Etappenschritt zur Verwaltungsreform und zur Vereinfachung der Verwaltung und auch einen wichtigen Schritt zur Aufgabenkritik im öffentlichen Dienst gesetzt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.05

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Danke, das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird.


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Bei dem vorliegenden Beschluß handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz, das nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Bundesverfassungsgesetz im Sinne des Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Danke. Der Antrag, dem Bundesverfassungsgesetzes im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und das Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden.

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I Z 5 eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, der im Artikel I Z 5 enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Der Antrag, der zitierten Verfassungsbestimmung des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Staatsdruckerei.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

22. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996) (458 und 544/NR sowie 5372/BR der Beilagen)


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 160

Präsident Josef Pfeifer:
Meine Damen und Herren! Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrdienstgesetz 1990 geändert werden sowie die Zivildienstgesetz-Novelle 1994 aufgehoben wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner : Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Der gegenständliche Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß wesentliche, insbesondere den Zugang zum Zivildienst regelnde Vorschriften des Zivildienstgesetzes außer Kraft treten und daher die "Gewissensprüfung" durch die Zivildienstkommission wieder für das Entstehen der Zivildienstpflicht maßgeblich sein werden würde.

Da der Text vorliegt, kann ich von einer Verlesung Abstand nehmen und darf zu den Anträgen kommen.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Juli 1995 mit Stimmenmehrheit den Antrag ,

1. den im Bericht angeführten Artikeln sowie im Artikel II des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und

2. gegen den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke dem Berichterstatter für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Reinhard Eugen Bösch. – Bitte.

20.11

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mit dem heute zur Zustimmung vorliegenden Zivildienstgesetz ist die Palette von faulen Kompromissen dieser Bundesregierung leider um eine Facette bereichert worden.

Obwohl Sie mit der Abschaffung der Zivildienstkommission und der Verlängerung des Zivildienstes auf zwölf Monate einigen freiheitlichen Forderungen nachgekommen sind, konnten Sie sich insgesamt aber wiederum nicht zu einer grundsätzlichen Reform durchringen. Ihre seichte Betrachtungsweise wird dadurch deutlich, daß Sie immer noch von einer "allgemeinen Wehrpflicht" sprechen. Durch dieses Gesetz wird die "allgemeine Wehrpflicht" jedoch endgültig abgeschafft und durch eine "allgemeine männliche Dienstpflicht" ersetzt.

Der Zivildienst ist kein Wehrersatzdienst, sondern ein Alternativdienst. Der junge, zum Wehrdienst taugliche Staatsbürger kann sich ab der Stellung bis zwei Tage vor der Einberufung entscheiden, ob er Wehr- oder Zivildienst leisten möchte. Meine Damen und Herren! Das wird dazu führen, daß eine militärische Personalplanung nicht mehr möglich sein wird. Die Regelung des Zivildienstes aber muß die Erhaltung der Einsatzbereitschaft des Österreichischen Bundesheeres zum Ziele haben.

Die Koalitionsregierung beschloß eine Heeresgliederung Neu und tut nunmehr nichts dafür, daß diese personell auch umgesetzt werden kann. Die Zahl von notwendigen 34 000 Grundwehrdienern pro Jahr wird nicht erreicht. Der Verteidigungsminister mußte seine Ansprüche schon auf 32 000 senken. Und ob diese Zahl mit diesen Maßnahmen, die Sie heute hier beschließen werden, zu erreichen sein wird, ist mehr als zu bezweifeln. Bei einem Stand von zirka 38 000 Tauglichen pro Jahr ergibt sich, daß nicht mehr als 6 000 Zivildienstleistende der Landesver


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 161

teidigung verlorengehen dürfen, um die Zahl von 32 000 zu halten. Es sollte also die Zahl der Zivildienstleistenden die 15-Prozent-Marke nicht überschreiten.

Meine Damen und Herren! Es waren aber in den letzten Jahren schon 30 Prozent! Die mangelnde Attraktivität des österreichischen Bundesheeres allein kann dafür wohl nicht verantwortlich gemacht werden. Nur 6 bis 9 Prozent der Zivildienstantragsteller machen bei Befragungen Gewissensgründe geltend. 21 Prozent der zukünftigen Zivildiener geben andere Gründe für ihre Entscheidung an, die, unter dem Stichwort "Attraktivität" zusammengefaßt, großteils außerhalb des Einflußbereiches des Bundesheeres liegen. Am häufigsten wird in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, zu Hause wohnen zu können, angeführt. Der freien Wohnungswahl des Zivildieners steht derzeit der Zapfenstreich des Soldaten gegenüber.

Weiters ist die Ausbildung zum Soldaten, der sich auch in einer Kriegssituation behaupten können muß, selbstverständlich zwangsläufig mit körperlicher und geistiger Belastung verbunden, was subjektiv als nicht besonders attraktiv empfunden wird. Von allen österreichischen Soldaten wird der Einsatz für Demokratie, Frieden und Freiheit bis hin zur Aufgabe des eigenen Lebens verlangt. Ein Zivildiener steht unter keinem derartigen Lebensrisiko.

Als dritter Punkt wird das ansprechendere Arbeitsklima angeführt. Die meisten Zivildiener arbeiten selbständig beziehungsweise in kleinen Teams, sodaß zur Koordination ein gutes persönliches Verhältnis genügt. Eine große einsatzbezogene Organisation, wie es das österreichische Bundesheer ist, deren kleinstes, selbständig arbeitendes Element bereits bis zu 200 Mann beinhaltet, benötigt aber eine hierarchische Führung zur Koordinierung, was weithin als unattraktiv empfunden wird.

Da eine Attraktivitätssteigerung des Grundwehrdienstes aus erklärlichen Gründen nur sehr beschränkt möglich ist, wird es notwendig sein, auf andere Weise sicherzustellen, daß auch weiterhin die für Österreichs Sicherheit notwendige Anzahl von Grundwehrdienern zur Verfügung steht. Bei einer Zivildienstlänge von 16 bis 18 Monaten, meine Damen und Herren, würden immer noch 10 Prozent der Tauglichen den Antrag auf Zivildienst stellen, bei einer Dauer von zwölf Monaten sogar noch 20 Prozent. Es ist also fraglich, ob eine Verlängerung des Zivildienstes auf zwölf Monate überhaupt genügt, um 32 000 Grundwehrdiener pro Jahr zu garantieren.

Das Erreichen dieser Grundwehrdienerzahl wird durch dieses Gesetz nicht sichergestellt. Sowohl die Möglichkeit, bis zu zwei Tagen vor der Einberufung den Antrag auf Zivildienst zu stellen, als auch die Verpflichtung für das Bundesheer, beim Stellungsverfahren und bei der Tauglichkeitsbescheinigung geradezu Werbung für den Zivildienst machen zu müssen, dienen der Sicherstellung dieser Zahl nicht.

Zum anderen trägt dieses Gesetz nicht dazu bei, den Zivildienst grundsätzlich zu reformieren und ihn als einen Teil der umfassenden Landesverteidigung zu installieren. Die Erweiterung der Dienstleistungsgebiete für Zivildiener wie zum Beispiel der Dienst in Justizanstalten dient nach unserer Auffassung diesem Ziele nicht. Katastrophenhilfe und Zivilschutz werden nur am Rande erwähnt. Aber gerade in diesen Bereichen sollten nach unserer Auffassung neben der Alten-, Kranken- und Behindertenbetreuung die Schwergewichte liegen.

Ich fasse zusammen: Das Zivildienstgesetz bringt zu wenig Verbesserung, Sie drücken sich vor der Verantwortung, der Armee für ihre Aufgabenerfüllung auch das notwendige Personal zur Verfügung zu stellen, und Sie drücken sich vor der Verantwortung, im Sinne des Belastungsausgleiches den Zivildienst straff zu organisieren und neben dem sozialen auch einen Katastrophen- und Zivilschutzdienst aufzubauen, für den es echten Bedarf gäbe. Sie halten an der Fiktion der allgemeinen Wehrpflicht fest, obwohl Sie diese de facto längst abgeschafft haben. Sie weichen einer grundsätzlichen Debatte über unser Wehrsystem aus oder beziehen derart widersprüchliche Positionen innerhalb der Regierung, daß eine einheitliche Linie nicht erkennbar ist.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 162

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen halten das heute zu beschließende Zivildienstgesetz für unzureichend und werden Einspruch erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.18

Präsident Josef Pfeifer: Ich ersuche nun Herrn Mag. Karl Wilfing, zu uns zu sprechen. – Bitte, Herr Bundesrat.

20.18

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte, ähnlich wie mein Vorredner, auch davon ausgehen, daß der Ausgangspunkt, auch wenn wir über Zivildienst sprechen, die militärische Landesverteidigung sein muß, weil vornehmlich diese dem Schutz der Republik Österreich und seiner Bevölkerung dient.

Die allgemeine Wehrpflicht ist Teil eines Wehrsystems, mit deren Hilfe die erforderliche Anzahl an Soldaten zur Realisierung einer militärischen Landesverteidigung aufgebracht wird. Der Zivildienst, über den wir heute sprechen, ist ein davon abgeleiteter Ersatzdienst, um Personen, die aus Gewissensgründen die Anwendung von Waffengewalt ablehnen, im Rahmen der Rechtsordnung einen Ausweg aus ihrer Gewissensnot zu ermöglichen.

Dieses Recht auf Wehrdienstverweigerung beziehungsweise Wehrersatzdienst aus Gewissensgründen ist für uns ein anerkannter Bestandteil der Rechtsordnung westlich-demokratischer Staaten, das gegenwärtig außer Zweifel steht und auch in Zukunft außer Zweifel stehen muß. Der Rechtsgeber kann aber dabei nicht zulassen, daß die Ausnahme Wehrersatzdienst gegenüber dem verfassungsmäßig verankerten Normalfall der Wehrdienstleistung bevorzugt wird, weil dadurch die militärische Landesverteidigung an sich in Frage gestellt werden würde.

Ich habe etwas in die Vergangenheit geblickt, um mir, ausgehend von 1955, anzusehen, wie der Zivildienst bisher geregelt war: Von 1955 bis 1975 war vorgesehen, daß wehrpflichtige Personen auf Antrag vom Waffendienst freigestellt werden konnten. Das entschied damals eine Kommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung. Für diese Waffendienstverweigerer dauerte der ordentliche Präsenzdienst zwölf Monate anstelle von neun Monaten Wehrdienst. Damals gab es etwa 50 bis 100 "Waffendienstverweigerer" pro Jahr.

1975 kam es dann zu einer Zivildienstnovelle, durch die die Leistung eines Wehrersatzdienstes außerhalb des Bundesheeres ermöglicht wurde, wenn vor einer Zivildienstkommission die Gewissensgründe glaubhaft gemacht werden konnten. 1974 wurden pro Jahr einige hundert Zivildiener erwartet, wobei diese Zahl dann bis 1979 auf fast 4 000 Anträge anstieg. Dadurch stand jedoch der Personalbedarf für das damalige Konzept der Raumverteidigung noch immer nicht in Frage.

Es kam dann einige Jahre darauf, 1980, 1983, 1986 und 1988 zu weiteren Novellen, auf die ich im einzelnen nicht eingehen möchte. Der entscheidende Punkt in der Entwicklung war dann die Zivildienstgesetz-Novelle 1991, weil damals der Abtausch Abschaffung der Zivildienstkommission gegen eine geringfügige Verlängerung auf zehn Monate dazu geführt hat, daß die Zahl von zirka 4 000 Zivildienern pro Jahr bis 1993 auf fast 14 000 Zivildiener pro Jahr angestiegen ist. Der Grund dafür ist, daß es durch diese Zivildienstnovelle zu einer eindeutigen Bevorzugung der Zivildiener kam. Es kam de facto zu einer höheren Bezahlung, sie mußten keine Übungen machen und konnten zu keinen Kaderübungen verpflichtet werden, es gab für sie kein Disziplinarstrafrecht, und sie hatten die Möglichkeit, zu Hause zu wohnen: Insgesamt waren die Belastungen geringer. Auf diese Weise kann – da muß ich meinem Vorredner zustimmen – natürlich auch die Neustrukturierung des Bundesheeres im Ausmaß der genannten Zahlen nicht aufrechterhalten werden.

Ich glaube aber, daß wir, nachdem wir mit dieser Novelle nun fixiert haben, daß der Zivildienst auf zwölf Monate erhöht wird, in Anbetracht all der Zahlen, die wir heute gehört haben und kennen, davon ausgehen können, daß wir diese Heeresgliederung neu auch erfüllen können. Es werden genügend Wehrdienstpflichtige zur Verfügung stehen, und es wird in Zukunft zirka 6 000


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620. Sitzung / Seite 163

Zivildiener geben. Aus diesem Grund wird unsere Fraktion auch keinen Einspruch gegen dieses Gesetz erheben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.22

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Helga Markowitsch. – Bitte.

20.22

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das heute zur Beschlußfassung vorliegende Zivildienstgesetz kann als ein guter Kompromiß angesehen werden. Mit der vorliegenden Neuregelung wurde sowohl den Erfordernissen der Landesverteidigung als auch den Interessen derjenigen, die die Ableistung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen ablehnen, entsprochen.

Als positiv kann die endgültige Abschaffung der Gewissensprüfung angesehen werden. Da ein unbefristetes Zivildienstgesetz vorgelegt wird, ist damit die wesentliche Voraussetzung für mehr Rechtssicherheit geschaffen.

Als wesentliche Verbesserungen kann man auch die Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Zivildiensterklärung ansehen. Kollege Wilfing hat sehr ausführlich darüber gesprochen, daher will ich diesen Passus nicht mehr näher erklären.

Eine Änderung gibt es auch hinsichtlich der Dauer des Zivildienstes. Dem Koalitionsübereinkommen entsprechend wird die Dauer des Zivildienstes um einen Monat auf zwölf Monate mit einer Dienstfreistellung von zwei Wochen angehoben. Unabhängig vom Zivildieneraufkommen oder militärischen Interessen ist diese Regelung festgelegt und bringt mehr Planungssicherheit für den Zivildiener.

Auch der Aufschub des Dienstantritts aus Gründen der Berufsvorbereitung, etwa einer Schul- oder Hochschulausbildung, wurde neu definiert. Gegenüber der Regierungsvorlage aus dem Jahre 1995 konnte in den Verhandlungen mit der Landesverteidigung ein Fortschritt in der Form erreicht werden, daß auch für eine weitere Ausbildung ein Aufschub des Dienstantritts dann gewährt wird, wenn noch keine Diensteinteilung erfolgt ist.

Daß die Zivildiener einen festen Platz im System der sozialen Versorgung haben, ist unumstritten. Sie leisten einen sehr wertvollen Dienst an der Gesellschaft. Der Großteil von ihnen ist im Bereich der Rettungsorganisationen, in den Krankenhäusern und im Rahmen der Sozialhilfe tätig. Diese Dienstleistungsbereiche werden nun um den Bereich der Gesundheitsvorsorge sowie der Betreuung von Menschen in Justizanstalten und in Schubhaft erweitert.

Am Beispiel des vielfältigen Einsatzes der Zivildiener im Rettungswesen, sei es die Verwendung als Kraftfahrer, Sanitätsgehilfen, als Koordinatoren im Funkeinsatz und im Meldewesen bis hin zu den Wartungs- und Pflegearbeiten beim Fuhrpark, kann demonstriert werden, welche wichtige Einrichtung für unsere Gesellschaft damit geschaffen wurde. Die humanitäre Bedeutung dieser Dienste kann von den Bürgern gar nicht hoch genug anerkannt werden. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

In der Bezirksstelle des Rotes Kreuzes in meiner Heimatgemeinde Brunn am Gebirge sind derzeit zwölf Zivildiener beschäftigt und leisten vorzügliche Arbeit. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß viele ehemalige Zivildiener nun in dieser Bezirksstelle weiterhin als freiwillige Mitarbeiter tätig sind und somit für einen reibungslosen Dienstbetrieb in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen sorgen.

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, allen Zivildienern, die ihren Dienst zum Wohle der Allgemeinheit leisten, herzlich zu danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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620. Sitzung / Seite 164

Möge in Zukunft der Stellenwert des Zivildieners durch bessere Informationen an die Bevölkerung gehoben werden. Meine Fraktion gibt dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.26

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht gegeben.

Wir gelangen daher zur Abstimmung .

Der vorliegende Beschluß enthält im Artikel I Z. 1 (§ 1), Z. 2 (§ 2), Z. 9 (§ 6 Abs. 6), Z. 11 (Aufhebung des § 7 Abs. 5), Z. 34 (§ 76a Abs. 1), Z. 35 (§ 76b Abs. 2), Z. 36 (§ 76c Abs. 3), Z. 37 (§ 76c Abs. 9) sowie im Artikel II Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den im Artikel I Z. 1 (§ 1), Z. 2 (§ 2), Z. 9 (§ 6 Abs. 6), Z. 11 (Aufhebung des § 7 Abs. 5), Z. 34 (§ 76a Abs. 1), Z. 35 (§ 76b Abs. 2), Z. 36 (§ 76c Abs. 3), Z. 37 (§ 76c Abs. 9) sowie im Artikel II enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Der Antrag, den zitierten Verfassungsbestimmungen des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates, soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

23. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik (496 und 541/NR sowie 5373/BR der Beilagen)

24. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 165

Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (501 und 542/NR sowie 5374/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Hoher Bundesrat! Wir gelangen nun zu den Punkten 23 und 24 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies: Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik und ein Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich.

Die Berichterstattung über die Punkte 23 und 24 hat freundlicherweise Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich ersuche ihn höflich um die Berichterstattung.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Rechtsausschusses zu Tagesordnungspunkt 23.

Der gegenständliche Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß mit dem Beitritt Österreichs zum Schengener Übereinkommen in Verbindung mit dem Beitritt zum Schengener Durchführungsübereinkommen eine endgültige Regelung darüber erfolgen soll, wie die Binnengrenzen abgeschafft werden können, gleichzeitig aber durch Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt werden kann, Sicherheitsdefizite zu vermeiden.

Ich darf davon ausgehen, daß Sie den Text vorliegen haben und ich mir diese Verlesung damit ersparen kann. Ich bringe lediglich den Antrag zur Kenntnis:

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe ferner den Bericht des Rechtsausschusses zu Tagesordnungspunkt 24:

Der vorliegende Gesetzesbeschluß trägt dem Umstand Rechnung, daß mit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte am 1. Juli 1987 der freie Personenverkehr als eine der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes verankert wurde.

Ich darf auch in diesem Fall davon ausgehen, daß der Text vorliegt und ich mir die Verlesung sparen kann.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 166

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage vom 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile es ihm.

20.32

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Aufrechter Rest des Bundesrates, der heute noch da ist! Meine Damen und Herren! Die tagespolitische Diskussion der letzten Wochen hat unter anderem auch gezeigt, daß Österreich nicht, wie vorgesehen, im Juli 1997 am Schengener Abkommen teilnehmen wird. Das hat auch der Innenminister selbst gesagt.

Noch drastischer wurde diese Situation im "Standard" vom 26. November dargestellt. Dort heißt es unter anderem – ich zitiere –: "Nicht Österreich ist schuld, sondern der Schengener Zentralcomputer, das Herz der Europäischen Sicherheitsgemeinschaft.

Der Großrechner in Straßburg sei nämlich so konzipiert, daß ihn Österreichs plötzlicher Zugriff überfordern würde.

Daß die Schengener Staaten nur präventiv die Schuld für eine Verzögerung übernehmen, ist ein netter Zug gegenüber Österreich. Die Blamage bleibt aber, sie wird nur etwas gleichmäßiger aufgeteilt. Bisher hat es sowohl in Österreich als auch in Rest-Europa massive Zweifel daran gegeben, ob unsere Grenzgendarmen tatsächlich bis Juli kommenden Jahres die Anforderungen des Schengener Abkommens erfüllen können." – Ende des Zitats.

Unter anderem hat aber auch der deutsche Polizeigewerkschafter Jochen Berend Kritik geübt und hat sogar unseren Innenminister als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet, weil er es verabsäumt hat, für die nach Inkrafttreten des Schengener Abkommens für die EU-Außengrenzen erforderlichen Maßnahmen Vorsorge zu treffen. Die österreichische Polizei sei weder personell noch ausstattungsmäßig in der Lage, dem zu erwarteten Ansturm von etwa 2 Millionen Illegaler auch nur annähernd die Stirn zu bieten.

Ich kürze die Argumente ab: Die Hülle, meine Damen und Herren, stimmt, der innerstaatliche Inhalt hier in Österreich ist jedoch mangelhaft.

Das hat aber auch der bayrische Innenminister Günther Beckstein anläßlich des Abbaues von 17 bayrischen Grenzposten zum Ausdruck gebracht. Man wird "Schleierfahndung" – das ist in diesem Zusammenhang ein Begriff – betreiben, das heißt, innerhalb eines 30-Kilometer-Gürtels Bereiche aufbauen, in denen Fahndungskommandos tätig sein und kontrollieren können.

In den "Salzburger Nachrichten" ist das treffend umschrieben: "Grenzen dürfen nicht mehr trennen, aber sie sollen eine Schutzfunktion bieten." Diese Schutzfunktion, meine Damen und Herren, ist im nötigen Ausmaß jedoch nicht gegeben.

Noch ein weiteres Problem: Wenn Sie in Ihren Unterlagen nachsehen, werden Sie feststellen, daß Artikel 41 die Nacheile betrifft. In diesem Punkt hat Italien nach wie vor einen sehr fixen Standpunkt, der nicht dem gleicht, den wir selbst haben. Die Italiener gestatten die Nacheile nur einige Kilometer auf der Autobahn und auf den entsprechenden Straßen.

Es hat sich jedoch gezeigt, daß wir hier aufpassen müssen: Etwa 2 Millionen Illegale in Italien könnten die Gelegenheit nützen und fast ungehindert auf österreichisches Hoheitsgebiet kommen. Allein 1995, meine Damen und Herren, wurden von den Tiroler Behörden 150 Schlepper und 1 063 illegale Einwanderer verhaftet beziehungsweise 61 000 Personen zurückgewiesen!

Was spricht nun jetzt wirklich gegen diese Ratifizierung? – Ich habe es hier schon ein bißchen anhand von Beispielen aus dem Ausland oder von unseren Nachbarn dargelegt: Nachweislich kann die organisierte Kriminalität durch geschlossene Grenzen besser kontrolliert werden als durch offene. Österreich ist schlecht gerüstet. Ein Beitritt wäre unverantwortlich, solange nicht


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alle Vorkehrungen getroffen sind, also Fremdenrechtsänderungsgesetze et cetera. Österreich wird diesbezüglich auch ständig vom Ausland kritisiert, ich habe das vorhin an zwei Beispielen dargelegt.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, kostet uns dieser Schengen-Versuch doch eine erhebliche Menge Geld. (Bundesrat Ing. Penz: Wir sparen aber auch einiges!)

Sinnvoll wäre letztlich, wie der Innenminister selbst – ich glaube, es war im November dieses Jahres – in einer Anfragebeantwortung bereits mitgeteilt hat, vor der Ratifizierung des Schengener Vertragwerkes die in diesem Zusammenhang notwendigen Änderungen des innerstaatlichen Rechtes, der Sichtvermerksregelungen, des Novellierungs- und Fremdengesetzes, Konsulargebühren et cetera vorzunehmen.

Darüber hinaus sind bei uns die Behörden auch technisch und EDV-mäßig nicht entsprechend gerüstet. In einer Anfrage im Ausschuß wurde ganz offen zugegeben, daß die Bundespolizeidirektionen, die miteingebunden sind, teilweise noch nicht einmal in den Grundbereichen mit EDV ausgestattet sind. Der Vorgänger des derzeitigen Innenministers hat seinerzeit aufgrund einer Anfrage mitgeteilt, daß damit zu rechnen sei, daß frühestens 1997 beziehungsweise 1998 in diesem Bereich die entsprechende technische Ausstattung vorhanden ist.

Grundsätzlich sei folgendes zum Abschluß festgehalten: Das Gesamtpaket einer solchen Gesetzesmaterie kann erst dann beschlossen werden, wenn die dazu notwendigen innerstaatlichen Voraussetzungen geschaffen sind. Deswegen scheint eine Beschlußfassung der vorliegenden Vorlagen nicht nur entbehrlich, sondern beim derzeitigen Stand der Dinge auch unverantwortlich für die Sicherheit Österreichs und seiner Bürger zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.38

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile es ihm.

20.38

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Die vollständige Personenfreizügigkeit als eine der Grundfreiheiten ist sicherlich eine wesentliche Voraussetzung für die Vollendung des Binnenmarktes.

Ziel der Übereinkommen, die wir heute diskutieren, ist der Wegfall der Grenzen innerhalb der Union unter Aufrechterhaltung der Sicherheit der Bürger beziehungsweise noch viel mehr: Es soll eher mehr als weniger Sicherheit für den Bürger Europas geben.

In seinem traditionellen Brief hat der Präsident des Europäischen Rates, der irische Premierminister John Burton, seinen Kollegen erläutert, wie er sich den Verlauf des vor kurzem zu Ende gegangenen EU-Gipfels in Dublin vorstellt. Darin fordert er die Mitgliedstaaten auf, mehr Engagement zu zeigen, um die sicherheitspolitische, aber auch wirtschaftliche Gesundheit der Union zu verbessern. Eine der vorrangigen Bestrebungen müsse es sein, unseren Bürgern zu zeigen, daß die Union die Fähigkeit und den Willen hat, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen, die sie am meisten beschäftigen, nämlich die Arbeitslosigkeit und vor allem die persönliche Sicherheit.

Die Intensivierung des Kampfes gegen die Kriminalität auf der Ebene der Europäischen Union ist zweifellos einer der wichtigsten Fragen, die wir derzeit zu behandeln haben. Auch im Rahmen der Regierungskonferenz beschäftigt man sich intensiv mit einer signifikanten Stärkung der Grundlage des Vertrages, die Aktionen in diesem Bereich ermöglicht. Das Ergebnis dieser Revision muß eine ganz erhebliche Verstärkung der Mittel, die der Union für die Bekämpfung von Terrorismus, Drogen und Menschenhandel, Verbrechen an Kindern, zur Verfügung stehen, bedeuten.

Wer sich diesen Reformen widersetzt, verfolgt eine riskante Strategie, wenn er die Interessen der Bürger Europas gegen den Schutz der nationalen Souveränität ausspielt. Es ist dies deshalb riskant, als die Interessen Brüssels und das Bemühen um den Schutz der nationalen Souveränität im Bereich der inneren Sicherheit als Gegensätze angegeben werden, obwohl heute kein


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Mitgliedstaat mehr in der Lage ist, seine nationalen Interessen im Rahmen der unwiderruflichen Globalisierung der Welt – und machen wir uns nichts vor, gerade die organisierte Kriminalität hat sich mittels moderner Kommunikationstechniken deren Vorteile schon längst zu eigen gemacht – wirkungsvoll zu vertreten.

Es tritt immer deutlicher zutage, daß eine wirksame Bekämpfung der Kriminalität durch reinen Goodwill der Staaten im Wege der Zusammenarbeit nicht zu erzielen ist. Die absolute Subsidiarität im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung läßt sich nicht mehr aufrechterhalten.

Ich halte es daher für dringend notwendig, daß in besonders sicherheitsrelevanten Bereichen auf europäischer Ebene eine gemeinsame Linie gefahren wird, bei der einzelne Staaten verpflichtet sind, die getroffenen Maßnahmen in ihre nationale Gesetzgebung umzusetzen, soweit dies noch nicht geschehen ist. Als besonders sicherheitsrelevant könnte ich mir – wie eingangs bereits erwähnt – die Bereiche der Waffenkriminalität, der Drogenkriminalität in all ihren Ausformungen, des Terrorismus, des Menschenhandels und der schweren Wirtschaftskriminalität vorstellen.

Meine Damen und Herren! Das Schengener Abkommen, das bisher von Deutschland, Frankreich, den Benelux-Staaten, Spanien, Portugal unterschrieben und ratifiziert worden ist, stellt dafür einen richtigen und vor allem dringend notwendigen Schritt zur Verbesserung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet Justiz und Inneres dar. Es hat ohne Zweifel eine Reihe von wichtigen Vereinfachungen mit sich gebracht. Dazu gehören jetzt der generell zulässige unmittelbare Verkehr zwischen den Justizbehörden sowie die unmittelbare Zustellung von gerichtlichen Schriftstücken, Verbandsurkunden durch die Post. Es besteht auch kein Zweifel daran – das zeigt die praktische Erfahrung aus Deutschland –, daß die Vereinfachung der Geschäftswege im Auslieferungsverkehr die Arbeit der Justizbehörden wesentlich vereinfacht hat, ist doch anstelle des früher üblichen diplomatischen der justizministerielle Geschäftsweg nunmehr zugelassen.

Man muß allerdings eingestehen, daß das Abkommen das eigentliche Problem nicht wird lösen können. Das Ziel von Schengen, Maßnahmen festzusetzen, die einen eventuellen durch den Wegfall der Binnengrenzkontrollen entstehenden Sicherheitsverlust kompensieren sollen, scheint in der momentanen Ausgestaltung des Abkommens nicht ganz erreichbar zu sein. Denn die Dynamik, mit der internationale Verbrecherbanden derzeit operieren, verlangt von seiten der Strafverfolgung ein entschiedenes und schnelles Vorgehen. Leider – ich bedaure das – läßt das Hickhack um Europol bisher nicht darauf schließen, daß sich hier eine entschiedene, schlagkräftige Lösung herausbildet. Mit bloßen Vereinbarungen zwischenstaatlichen Zuschnitts über die Zusammenarbeit zwischen den Behörden wie es Schengen ist, kann man es vorübergehend, aber vermutlich nicht auf Dauer bewenden lassen.

Am deutlichsten zeigt dies vielleicht ein Beispiel aus der Praxis. Das Herzstück des Schengener Abkommens bildet zweifellos das sogenannte Schengener Informationssystem, kurz SIS genannt. Es ist, kurz beschrieben, ein reines Fahndungssystem, das als Datenverbund mit nur einer technischen Zentrale konzipiert ist. Nach dem Vertrag sind alle Vertragsstaaten verpflichtet, über dieses System polizeiliche Daten verfügbar zu machen. Insgesamt sind in diesem System derzeit 3,7 Millionen Datensätze enthalten. Allerdings stammen davon 2,4 Millionen aus Deutschland und etwa 1,2 Millionen aus Frankreich. Das zeigt, daß auch bei den jetzigen Mitgliedern des Schengener Abkommens ein erheblicher Nachholbedarf bei der Zulieferung von Daten für das SIS besteht.

Auch in einem weiteren Bereich der Strafverfolgung in Europa, nämlich der Auslieferung, hat Schengen bloß zu einer Vereinfachung beigetragen. Dennoch gibt es auch hier einige Wermutstropfen. Sowohl in formeller Hinsicht im Verfahrensrecht als auch in materieller Hinsicht bei Delikten, für die eine Auslieferung vorgesehen ist, bestehen nach wie vor spezielle Regelungen, die einer wirksamen Bekämpfung der Kriminalität nicht gerade förderlich sind.

Breiten Raum nimmt im Schengener Übereinkommen auch das Asylrecht ein. Zweifellos wäre es absolut notwendig, das Asyl- und Einwanderungsrecht zu vereinheitlichen, respektive zu vergemeinschaftlichen. Es liegen der derzeit laufenden Regierungskonferenz entsprechende Vorgaben vor. Bedauerlicherweise fehlen noch merkliche Erfolge.


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Meine Damen und Herren! In für Europa sicherheitsrelevanten Bereichen ergibt sich nach wie vor eine gewisse Diskrepanz zwischen den Freiheiten, die der Binnenmarkt schafft, und den Risken, die sich daraus ergeben. Die Konsequenzen für uns, für Österreich, die sich daraus ziehen lassen, sind meines Erachtens klar. Die Umsetzung des Schengener Abkommens durch Österreich ist trotz der langen Außengrenze und der gegenwärtig noch vorliegenden EDV-Probleme notwendig und unverzichtbar. Der Grenzdienst, der derzeit an unserer EU-Außengrenze versehen wird, ist zufriedenstellend. Bundesgendarmeriezollwache und die Assistenzsoldaten des österreichischen Bundesheeres, insgesamt etwa 10 000 Mann, versehen in hervorragender Weise ihren Dienst. Ich weiß, wovon ich rede. Ich war selbst Augen- und Ohrenzeuge anläßlich eines Besuches des Innenausschusses des Europäischen Parlaments an der deutsch-polnischen Grenze, und wir haben dann auch die österreichisch-ungarische Grenze besucht und entsprechende Einrichtungen kontrolliert.

Der offizielle Bericht über diese Reise hat gezeigt, daß unser Grenzdienst in hervorragender Weise funktioniert, entgegen den Darlegungen des Kollegen Tremmel. Dieser Grenzdienst hat den Vergleichen mit dem Dienst an der deutsch-polnischen Grenze hervorragend standgehalten.

Meine Damen und Herren! Wir sollten diesen Anlaß wahrnehmen, heute hier in der Vorweihnachtszeit diesen unseren Soldaten, aber auch den Beamten für diesen Grenzdienst einen Gruß-, aber auch ein Dankeswort zu übermitteln. Ich glaube, dieser schwere Dienst verdient – wie es heute auch Verteidigungsminister Fasslabend anklingen ließ – auch entsprechenden Respekt und entsprechende Anerkennung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluß: Ich meine, daß die Ratifizierung einen Beitrag Österreichs zur Erhöhung der inneren Sicherheit für ganz Europa darstellt. Es ist dies ein Schritt zur verbesserten Koordination auf dem Weg zu einer besseren Zusammenarbeit von Justiz und Inneres. – Meine Fraktion wird daher diesem Übereinkommen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.48

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Irene Crepaz. Ich erteile es ihr.

20.48

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im kommenden Jahr, wahrscheinlich mit 1. Oktober, wird bei uns das Schengener Abkommen in Kraft gesetzt werden. Das Abkommen sieht die völlige Abschaffung der Grenzkontrollen innerhalb der Schengen-Staaten und eine strengere Kontrolle der EU-Außengrenzen vor. Derzeit ist das Schengener Abkommen bereits in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, in den Niederlanden, in Spanien und Portugal in Kraft. 1997 sollen neben Österreich auch Italien und Griechenland dazukommen.

Grundsätzlich befürworte ich die Ziele des Schengener Abkommens. Der freie Personenverkehr ist eine der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes. Offene Grenzen für den Personenverkehr sind daher eine logische Folge der Errichtung des EU-Binnenmarktes. An den sogenannten Binnengrenzen, den gemeinsamen Grenzen der Vertragsstaaten, wird ein Grenzübertritt ohne Reisepaß, ohne Wartezeiten und ohne Formalitäten ermöglicht. Ich bin überzeugt, daß nur ein grenzenloses Europa langfristig ein beständiges, funktionierendes, vereintes Europa sein kann.

Neben dem Ziel der vollständigen Personenfreizügigkeit soll mit dem Schengener Abkommen auch mehr Sicherheit für die Bürger in Europa geschaffen werden. Hand in Hand mit der Abschaffung der Binnengrenzen werden die Kontrollen an den sogenannten Außengrenzen, an den Grenzen zu Nachbarstaaten, die nicht Vertragsparteien sind, verschärft. Dadurch soll die illegale Zuwanderung aus sogenannten Drittländern unterbunden werden. Dem Sicherheitsbedürfnis der europäischen Bürger soll auch durch eine verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit über die Binnengrenzen hinweg entsprochen werden.


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Insbesondere die gemeinsame Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Drogenhandels und des Terrorismus sind erklärte Ziele des Schengener Abkommens.

Wie bereits gesagt, befürworte ich grundsätzlich die Ziele des Schengener Abkommens, doch stecken, wie so oft, manche Teufelchen im Detail. Wenn das Abkommen bei uns in Kraft tritt, wird die einzige Binnengrenze jene zu Deutschland sein, es sei denn, Italien erfüllt bis nächstes Jahr die Voraussetzungen, um das Schengener Abkommen auch in Kraft zu setzen. Laut Abkommen ist Österreich verpflichtet, die Grenzen zu Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien und auch zur Schweiz und Liechtenstein verstärkt zu überwachen.

Die Kosten für den Beitritt zum Schengener Abkommen belaufen sich auf mehr als 2,5 Milliarden Schilling bis zum Jahr 2000. Trotz dieses enormen Kostenaufwandes ist aus Deutschland eine gehörige Portion Skepsis vernehmbar. Es wird uns von deutscher Seite nicht zugetraut, daß wir unsere Außengrenzen entsprechend dem deutschen Sicherheitsbedürfnis kontrollieren können. Bei uns in Österreich ist man dagegen skeptisch, ob Italien seine Außengrenzen – vor allem die viel schwieriger zu kontrollierenden Seegrenzen – ausreichend bewachen kann. Bayrische und konservative Tiroler Sicherheitssprecher sprechen bereits von einem – ich zitiere – "Strom von Illegalen, der nach Norden ziehen wird, wenn Italien dem Schengener Abkommen beitritt".

Vor mehr als 20 Jahren, meine Damen und Herren, als zum ersten Mal über die Aufhebung der Paßkontrollen zwischen Frankreich, Deutschland und den Benelux-Ländern verhandelt wurde, war die Öffnung der Grenzen noch ein Wunschtraum, vor allem in Anbetracht der Grenzen zu den Oststaaten, des Eisernen Vorhangs, der quer durch Europa verlief. – Heute verursacht das Öffnen der Grenzen vielfach Angst, die so groß ist, daß jetzt die Gefahr besteht, daß rund um die wohlhabende Europäische Union ein Schutzwall gezogen wird; nur um die unerwünschten sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge aus dem Süden und Osten fernzuhalten. Europa darf jedoch keine Festung werden! Das wohlhabende Europa darf Armut, Elend und Unterdrückung nicht einfach aussperren! Europa muß auch immer ein Ort der Humanität sein.

Ich verstehe das Sicherheitsbedürfnis als eine Reaktion auf die gesellschaftlichen Veränderungen. Aber unsere Ängstlichkeit darf keine Ausrede dafür sein, daß wir unserer humanitären Pflicht, die sich für uns aus unserem Wohlstand ergibt, nicht nachkommen. Ich glaube, die Kritik der Flüchtlingsorganisationen an manchen Mechanismen des Schengener Abkommens ist durchaus berechtigt.

In meinem Bundesland Tirol gibt es viele Beispiele für die Ängste und Befürchtungen, aber auch für die Hoffnungen und Möglichkeiten, die sich aus dem Schengener Abkommen ergeben. Wenn Italien das Schengener Abkommen in Kraft setzt, dann sind die Tiroler Nord- und Südgrenze Binnengrenzen im Sinne des Schengener Abkommens. Die Abschaffung der Grenzkontrollen an der deutsch-tirolerischen Grenze bereitet offensichtlich nur den bayerischen Sicherheitsverantwortlichen Kopfzerbrechen, und zwar so sehr, daß, wie wir gehört haben, bis zu 30 km hinter der Grenze ein sogenannter "Sicherheitsschleier" eingerichtet wird. Innerhalb dieses Schleiers sollen unvorhersehbare Kontrollen stattfinden.

Eine Journalistin kreierte daraufhin folgendes Szenario: Unbehelligt passieren weißwursthungrige Tiroler die zöllnerleeren Grenzposten in Kufstein oder Pfronten. Ein paar Kilometer weiter im Hinterland tauchen dann bayerische Grenzpolizisten auf und filzen in altbewährter Manier – warm gehalten durch den Schutzmantel der Patrona Bavariae – Fahrzeug und Insassen. – Schöne Aussichten!

Die Abschaffung der Grenzkontrollen nach Italien bereitet wiederum dem Sicherheitssprecher der Tiroler ÖVP große Sorgen. Er spricht von einem Boom an Illegalen, die über die Brennergrenze nach Tirol kommen könnten. Dabei verweist er auf angebliche Presseberichte in Italien. – Wesentlich ernster zu nehmen als die Sorgen des Tiroler ÖVP-Sicherheitssprechers sind die Sorgen der Tiroler Zöllner. Die Tiroler Zöllner werden durch die Vollziehung des Schengener Abkommens zu einem großen Teil – um es salopp auszudrücken – überflüssig. Sie müssen wie ihre Kollegen von der Gendarmerie mit einer nicht unbeträchtlichen Veränderung ihrer Lebens


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situation und ihrer Lebensplanung zurechtkommen. Einerseits sind sie angehalten, zur Gendarmerie überzutreten, andererseits müssen sie mit ihrer Versetzung nach Ostösterreich rechnen. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist ja schön!)

Doch darf man eines nicht vergessen: Entlassungen, wie sie in Industriezweigen stattfinden, die nicht mehr zeitgemäß sind, haben unter den Zöllnern nicht stattgefunden. Sie alle können, sofern sie wollen, im Staatsdienst bleiben. Diese Sicherheiten haben die Beschäftigten eines Coca-Cola-Werkes in Innsbruck, das vom Konzern eingespart wird, nicht und auch nicht die Beschäftigten einer Baufirma, die wegen der schlechten Konjunktur zusperren muß.

Für viele Tiroler ist das Verschwinden der Brennergrenze zwischen Nord- und Südtirol natürlich auch so etwas wie die Erfüllung eines langen Sehnens. Ich hoffe, daß durch die Inkraftsetzung des Schengener Abkommens in Österreich und in Italien nicht nur die beiden Staaten näher zueinanderfinden werden, sondern daß es das Schengener Abkommen hoffentlich auch den Nord- und Südtirolern ermöglicht, Trennendes zu überwinden.

Geschätzte Damen und Herren! Die notwendigen Umstrukturierungen im Sicherheitsbereich, die durch das Schengener Abkommen notwendig sind, stellen unseren Innenminister Caspar Einem vor große Herausforderungen und Schwierigkeiten. Ich bin fest davon überzeugt, daß gerade ihm die schwierige Gratwanderung zwischen der Abdeckung des allgemeinen Sicherheitsbedürfnisses und dem Verhindern einer inhumanen Abschottung gelingen wird. Meine Fraktion wird diesen Vorlagen die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.57

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Johann Penz. Ich erteile es ihm.

20.57

Bundesrat Ing. Johann Penz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im Zusammenhang mit diesem Komplex und der auch sehr detailreichen Materie kurz und komprimiert nur sechs Punkte aufgreifen, die mir für die künftige Entwicklung in diesem Bereich als wesentlich erscheinen.

Erstens – und in diesem Punkt stimme ich voll und ganz mit meiner Vorrednerin Frau Kollegin Crepaz überein –: Der freie Personenverkehr ist die logische und notwendige Konsequenz des Beitrittes zur Europäischen Union. Der Wegfall der Grenzbalken und der Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union für die Bürger ist der sichtbarste Ausdruck der europäischen Einigung und des europäischen Einigungswerkes.

Zweitens: Das Schengener Abkommen entspricht der grundlegenden Zielsetzung des Unionsvertrages, auch wenn es rechtlich außerhalb der Gemeinschaft angesiedelt ist und eigentlich zur Gänze außerhalb des institutionellen Rahmens der Europäischen Union steht. Tatsächlich – und ich möchte diese kritischen Einwände nicht unter den Tisch fallen lassen – haben wir es hier mit einem Europa zweier Geschwindigkeiten zu tun. Ich bewerte allerdings in Anbetracht dessen den Beitritt Österreichs als positiv. Nur durch das Vorangehen einer Gruppe von Mitgliedstaaten – sowohl kurz- als auch mittelfristig – wird das Ziel des umfassenden und freien Personenverkehrs rascher realisiert werden können.

Drittens: Ich sage aber auch ganz offen, daß ich diesen Zustand noch als unbefriedigend betrachte. Nirgendwo werden in der Europäischen Union strukturelle Schwächen derart offenbar wie beim Blick auf die dritte Säule, nämlich die Zusammenarbeit der Innen- und Justizpolitik. Es fehlt hier vieles, vor allem auch das politische Wollen. Deshalb ist es wichtig, daß Österreich auch im Rahmen der Regierungskonferenz einen Schwerpunkt setzt, Flagge zeigt, Motor ist und auch eine Reihe von politischen Impulsen setzt, damit das Potential der dritten Säule im Interesse der Bürger voll ausgeschöpft werden kann und die strukturellen Voraussetzungen für eine effektive Zusammenarbeit auch geschaffen werden können. Daher gilt es, mit Augenmaß auch die Frage zu klären, in welchen Bereichen und in welchem Umfang eine Vergemeinschaftung auch von unserer Seite betrieben werden kann.


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Ich möchte aber auch nachdrücklich betonen, daß es dabei zu keiner Minderung des Grundrechtsschutzes – weder in materieller noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht – kommen darf, auch was den Datenschutz betrifft.

Es gibt zu meinem Bedauern in der Gemeinschaftsrechtsordnung keinen ausdrücklichen Katalog von Grund- und Freiheitsrechten.

Viertens ist es im Bereich der Sicherheit – darum geht es ja auch bei Schengen – für die Bürger von emotionaler und natürlich auch von elementarer Bedeutung, wie die innere Sicherheit, die Ausländerpolitik, das Asylwesen gestaltet werden. Das sind nämlich Angelegenheiten, die die Menschen unmittelbar berühren. Uns allen ist nicht nur klar, sondern auch bewußt, daß international organisierte Kriminalität, der Nuklear- und der Drogenhandel, das Schlepperwesen und der Menschenhandel nicht durch eine nationale Abkapselung, sondern nur durch eine internationale Zusammenarbeit einigermaßen eingedämmt werden können. Deshalb ist es für mich auch unabdingbar, daß mit dem freien Personenverkehr für EU-Bürger und mit der Abschaffung der Personengrenzkontrollen im Rahmen der intergovernmentalen Schengener Übereinkommen ein wirksamer Schutz der Außengrenzen einhergehen muß, um Sicherheitsdefizite zu verhindern. Da gibt es nicht nur eine Verantwortung und eine Verpflichtung gegenüber den Unterzeichnerstaaten, sondern hier geht es vor allem um eine Verantwortung und ein Verpflichtung gegenüber den eigenen Landesbürgern.

Fünftens: Wir könnten uns, auch wenn wir uns von der Dynamik des Schengener Entwicklungsprozesses abgekoppelt hätten, nichts ersparen – weder finanziell noch personell. Ich glaube sogar das Gegenteil – das darf ich zu Kollegen Tremmel sagen –, eine vergleichbare Parallelstruktur würde sogar noch wesentlich teurer sein, als hier mitzumachen. Wir haben die Kosten zu tragen, und ich sage auch ganz offen: Wir haben zu den Kosten zu stehen. Denn Sicherheit gibt es weder gratis noch zu Diskontpreisen. Gerade der Bevölkerung Niederösterreichs mit einer Außengrenze von 414 Kilometern ist der wirksame Schutz der Außengrenzen ein fundamentales Anliegen.

Sechstens muß in diesem Zusammenhang auch betont werden, daß für die effiziente Bekämpfung der international organisierten Kriminalität, des Drogen- und des Menschenhandels, des Schlepperunwesens et cetera auch die Beziehungen der Union zu Drittstaaten intensiviert werden müssen, voran zu solchen, wo die Übel auch wurzeln. Ich glaube darüber hinaus, daß Österreich aufgrund seiner geographischen Lage und der guten Nachbarschaft ein besonderes Interesse daran haben muß und zu signalisieren hat, daß die Länder Mittel- und Osteuropas zu einem möglichst frühen Zeitpunkt und in einem möglichst frühen Stadium diese Sicherheitskonzeption auch übernehmen und in sie eingebunden werden; einerseits, um damit nicht den Eindruck der Abschottung beziehungsweise der Ausgrenzung entstehen zu lassen, andererseits aber auch, um unsere Nachbarn, die eine Beitrittsperspektive zur Europäischen Union verfolgen, frühzeitig mit jenen Standards vertraut zu machen, die sie schließlich bei der Osterweiterung und der damit verbundenen Verschiebung der Außengrenzen auch zu respektieren und zu wahren haben.

Ich bin mir klar, daß die Osterweiterung nicht von heute auf morgen beziehungsweise in den nächsten Jahren kommen wird, trotzdem – das ist gerade auch aus dem niederösterreichischen Blickwinkel eine Perspektive – sind die Mühen und die Lasten, vor allem mit dem Schutz der Außengrenzen, eine Verpflichtung Österreichs, die sich hoffentlich im nächsten Jahrzehnt mit dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder für uns erübrigen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

21.05

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Franz Richau. Ich erteile es ihm.

21.05

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist den Reden meiner Vorredner aller Fraktionen nicht mehr sehr viel hinzuzufügen. Auch die Angaben des Dr. Tremmel stimmen in vielen Bereichen. Ich möchte aber


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doch feststellen, daß durch diese Schwarzmalerei eher eine defensive als eine offensive, verbesserte Sicherheitspolitik erreicht werden kann.

Die gemeinsame Sicherheitspolitik innerhalb der EU ist sicher noch im Anfangsstadium. Ich möchte aber feststellen, daß mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen sowohl in der Grenzsicherung der EU-Außengrenze als auch in der zwischenstaatlichen Sicherung gemeinsam ein wesentlicher Fortschritt in Richtung einer richtigen und wirksamen Sicherheitspolitik erreicht wird.

Ich möchte ganz kurz zu zwei Punkten Stellung nehmen, zum einen zur Grenzgendarmerie, zum zweiten zu den sogenannten Ausgleichsmaßnahmen. Ich darf feststellen, daß sich der Aufbau der Grenzgendarmerie in der Endphase befindet und die Sicherung der Außengrenzen bis auf den niederösterreichischen und burgenländischen Bereich bestens funktioniert. Gerade als Kärntner Vertreter sei mir ein bißchen Stolz erlaubt: Wir konnten durch die Arbeit der Exekutive in Kärnten gerade in der Grenzsicherung ein Vorzeigeland werden. Das ist nicht auf die gute Politik zurückzuführen, sondern vielmehr auf den immensen Einsatz der handelnden Beamten vor Ort.

Ich möchte aber auch feststellen, daß die Problembereiche in Niederösterreich und im nördlichen Burgenland durch verschiedene Planstellenumschichtungen und durch Neuaufnahmen zu lösen sein werden, und ich glaube, daß es dann zu einer sehr guten Grenzsicherung kommen wird. Es ist in der Summe festzustellen, daß seitens aller Verantwortlichen aus dem Bereich der Exekutive mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln eine hervorragende Arbeit geleistet wurde. In diesem Zusammenhang begrüße ich die beiden Herren aus dem Gendarmeriezentralkommando, die beiden Leiter des Grenzdienstes, Brigadier Strohmeier und Hauptmann Peter Scherer. Sie sind die Verantwortlichen in Kärnten. Sie können nur mit dem arbeiten, was ihnen die Politik zur Verfügung stellt. Da mangelt es. Ich glaube, der Dank gebührt ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte aber im zweiten Beitrag auch die geplanten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb der Länder der EU kurz beleuchten. Es wird Vorsorge getroffen, auch durch Planstellenumschichtungen erforderliche Personalreserven zu schaffen, um die notwendige Arbeit in bezug auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zwischen diesen Ländern erledigen zu können. Gerade hier wird es aber wichtig sein, daß wir schnellstens eine Anpassung der Gesetzgebung im Paßgesetz, im Fremdengesetz und in anderen durchführen und diese Angleichung so schnell als möglich als Arbeitsmöglichkeit für die Beamten zur Verfügung stellen.

Ich möchte durch die österreichischen Verantwortlichen aber auch sichergestellt wissen, daß es klare Bestimmungen für die Kontrollen im grenznahen Raum durch die Exekutive gibt. Es muß – um einen Satz der Vorrednerin der SPÖ zu wiederholen – auch für Österreich sichergestellt werden, daß innerhalb des Landes im grenznahen Bereich eine fallweise Kontrolle des Durchzugsverkehrs durchgeführt werden kann. Dafür benötigen wir auch die richtige Gesetzgebung.

Im Zuge der gesetzlichen Änderungen erscheint mir aber besonders wichtig, daß es weiterhin eine strikte Trennung zwischen den Aufgaben der Zollwache und den Aufgaben der Grenzgendarmerie geben wird und daß überhaupt für die Tätigkeiten der Grenzgendarmerie verstärkt Bestimmungen aus dem Finanzstrafgesetz, sprich Personendurchsuchungen, Kontrollen und so weiter, übernommen werden. Hier haben wir die besseren Möglichkeiten im gesetzlichen Bereich und auch für die Arbeit der Exekutive.

Abschließend muß auch festgehalten werden, daß die zukünftige Sicherheitspolitik sehr wohl von einem besseren Verständnis der beiden Minister Einem und Klima gekennzeichnet sein soll. Viele Probleme, die wir derzeit haben, sind durch Uneinigkeit dieser beiden Minister zustande gekommen – leider. Das muß aber festgestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Schluß darf ich festhalten, daß die Tätigkeit im Rahmen der Vorbereitung von Gesetzen von den Beamten in den Büros gut gemacht wurde. Eine Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen bis dato, sprich die Kontrolle an der Grenze, konnte jedoch nur durch den ausgezeichneten Einsatz aller Beamten der Exekutive vor Ort gesichert und gewährleistet werden.


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Erst durch diesen Einsatz hat Österreich international eine ausgezeichnete Reputation erhalten. Ich möchte von hier aus allen Beamten für diese Tätigkeit danken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.10

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakt, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

25. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (457 und 543/NR sowie 5348 und 5375/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig übernommen. Ich ersuche ihn höflich um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Dr. Michael Ludwig:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Rechtsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden.

Nachdem der Bericht schriftlich aufliegt, verzichte ich auf eine Verlesung des Textes und stelle folgenden Antrag:

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich erteile es ihm.

21.13

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dieser Regierungsvorlage wollen wir ein Waffengesetz 1996 erlassen. Es bezieht sich auf eine Regelung der Europäischen Union, und wieder einmal müssen wir Österreicher einer europäischen Regelung nachlaufen, von der sich manche fragen: Haben wir es nötig, uns immer nur an europäische Regelungen anzuhängen? – Es wäre das kein solch großes Problem, wenn wir dabei keine Fleißaufgaben machten, wenn wir dabei nicht eigene Personen diskriminierten.

Aber steht diese Regelung und dieses Gesetz nicht auch im Widerspruch zu einzelnen österreichischen innerstaatlichen Vorgaben? – Der Verwaltungsaufwand wird durch dieses Gesetz sicherlich erhöht. Und mit diesen Verwaltungsaufwandserhöhungen werden auch die Kosten, die den Bundesländern entstehen, erhöht werden. Wer zahlt den Bundesländern diesen Verwaltungsaufwand? (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Es wird mit diesem Gesetz auch gegen das Gebot der Personaleinsparung verstoßen werden, denn mit diesem Gesetz ist sehr viel Verwaltungsaufwand verbunden. Abgesehen davon, meine Damen und Herren, wird einzelnen Personen eine Prüfung, eine Verläßlichkeitsprüfung abverlangt, und ich frage mich: Wer determiniert diese Verläßlichkeitsprüfung? Ist es der Facharzt für Neurologie und Psychologie, ist es ein Psychologe oder ein Team von Psychologen oder ist es der Amtsarzt? – Dies ist nicht geregelt.

Dazu möchte ich sagen, diese Einwendungen, die ich bis jetzt gemacht habe, sind von der Steiermärkischen Landesregierung, die dafür steht, meist sehr seriöse Einwendungen zu machen. (Bundesrat Mag. Tusek: Offiziere sind ausgenommen!)

Ich komme schon dazu! Von der Seriosität her meinst du? (Allgemeine Heiterkeit.)

Vorgesehen ist ein Psychologietest, ein Psychotest, der ungefähr 4 000 S kosten wird – 4 000 S kostet eine billige Jagdwaffe! Es ist nicht nur die Frage, wie weit mit diesem Psychotest die Persönlichkeit diskriminiert wird von dem, der diesen Test nicht besteht, sondern ob solch ein psychologischer Test, ein solcher Persönlichkeitstest überhaupt die Wirkung zeitigt, die wir uns erwarten. Leiden wir als Gesellschaft nicht darunter, daß gewisse Taten von Freigängern, obwohl sie von Fachleuten überprüft worden sind, nicht vorhergesehen werden konnten?

Es ist dies jetzt kein Vorwurf an den Herrn Bundesminister, der in Vertretung hier sitzt, aber Tatsache ist, daß auch Universitätsprofessor Gieselherr Guttmann bezweifelt, ob gewisse Bluttaten vorhersehbar sind, ob die Kosten eines solchen Tests überhaupt gerechtfertigt sind, um Personen, Einzelpersonen vom Erwerb und vom Führen einer Waffe auszuschließen. (Bundesrat Prähauser: Bei manchen kann es schon eine Wirkung haben, da zahlt es sich aus!) Bei manchen hat es eine Wirkung. Da bin ich der Überzeugung, daß man es anders machen muß.


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Wie wird Gewalt aufgebaut? – Gewalt wird vielfach durch die Medien und durch das Fernsehen aufgebaut, durch Unfrieden in der Familie – aber das werden wir nicht durch solch einen Test bereinigen können. (Bundesrat Prähauser: Auch in der Politik beispielsweise!)

Wie können wir Gewalt abbauen – es ist jetzt die Zeit der Weihnacht? – Vielleicht durch eine verstärkte Hinführung zu religiösen Werten, die in weiten Bereichen nur noch lächerlich gemacht oder als Randerscheinung angesehen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, mit diesen Möglichkeiten – Gewalteinschränkung in den Medien und einer vermehrten Zuwendung, auch in der Schule, zu religiösen Werten – wäre mehr erreicht.

Nun jetzt zu den Waffen. Um welche Waffen handelt es sich? – Es handelt sich zweifellos um Schießwaffen – Feuerwaffen, Faustfeuerwaffen. Eine ganz interessante Untersuchung konnte man heute in der "Presse" nachlesen: Im Zeitraum Frühjahr 1995 bis November 1996 hat eine gewisse Organisation bei Gerichtssaalkontrollen überprüft, wie viele Waffen, wie viele Gegenstände mitgebracht worden sind. Und das ist interessant: Es waren 800 Faustfeuerwaffen – erstaunlich, was die im Gerichtssaal machen – und 12 000 Messer und 3 000 weitere als Waffen bezeichenbare Gegenstände wie Elektroschockgeräte. Was machen diese bei einem Gerichtsbesuch? – Also man muß davon ausgehen, daß die Bevölkerung viel mehr solche Geräte hat, die nicht Faust- und Schießwaffen sind, die zwar tötungsfähig sind, aber nicht durch dieses Gesetz erfaßt werden.

Wir wissen ja, daß der Großteil der Bluttaten in diesem Land, aber wahrscheinlich in anderen Ländern auch, nicht durch Faustfeuer- oder Schießwaffen erfolgt, sondern durch das, was der Täter gerade in der Hand hat – mehr oder minder vorbereitet, aber manchmal ist es der Fleischschlögel, das gute alte Messer oder auch eine umgearbeitete Feile oder sonst etwas. Dieses sind die gefährlichen Geräte, aber für die wird man aus vernünftigen Gründen nicht einmal einen Psychotest verlangen, sonst stellt sich nämlich das zivile Leben in einem geordneten Staat überhaupt in Frage.

Auch die Landesjagdverbände beklagen diese Fleißaufgabe, die wir der EU gegenüber machen. Insbesondere wird bekrittelt – und das zu Recht – eine gewisse Abkühlungsphase. Es ist eine EU-Richtlinie. Man darf sich etwas kaufen, man darf es aber noch nicht nach Hause mitnehmen. Das ist so ähnlich wie bei einem Autokauf, meistens zahlt man, und sechs Monate später holt man es ab. Aber das ist wirklich eine Ausnahme, die meisten Dinge bezahle ich, und wenn ich sie nicht sofort bekomme, erwarte ich einen Abschlag, oder ich zahle es erst, wenn es lieferbar ist. Alles andere ist unseriös.

Ich betrachte daher diese Abkühlphase als unseriös. Sie ist nämlich deshalb unseriös, weil ich der Überzeugung bin, so kalt kann es gar nicht sein, daß einer, der jemandem etwas zuleide tun will, diese Abkühlphase braucht, er macht es auf jeden Fall, und so heiß kann es gar nicht sein, daß ein vernunftbegabter Mensch, der sich eine Faust- oder andere Feuerwaffe kauft, das nicht anrichtet, was mit diesem Gesetz verhindert werden soll.

Aber die besondere Form der Diskriminierung ist die, daß Milizsoldaten, also jene, die freiwillig verlängerten Waffendienst beim Österreichischen Bundesheer leisten und auch Unbequemlichkeiten auf sich nehmen, nicht unter der bevorzugten Gruppe von Personen sind, die ohne Psychotest Waffen erwerben und diese auch haben dürfen. Ich halte diesen Vorgang im höchsten Maße für diskriminierend, weil diese Diskriminierung setzt die Wehrpflichtigen im Milizbereich den Wehrdienstverweigerern, den Zivildienern gleich, die von Anfang an gesagt haben, sie wollen keine Waffen in die Hand nehmen, sie wollen mit diesen Dingen nichts zu tun haben. Diese Gleichsetzung ist ungerecht, sie ist untragbar, umso mehr als sich die Mitglieder von Schützenvereinen und Sportschützen ohne weiteres Waffen besorgen können.

Ich meine daher, daß diese Verläßlichkeitsprüfung eine Fleißaufgabe ist, die der Österreicher erstens als solche nicht benötigt und zweitens die besondere Gruppe der Milizsoldaten als schmerzlich und diskriminierend empfindet. Wir Freiheitlichen lehnen daher, aber auch aus den anderen gesagten Begründungen diese Gesetzesvorlage ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.23


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
620. Sitzung / Seite 177

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jaud. – Bitte.

21.23

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte vorher eines richtigstellen: Das mit der Psychiatrierung ist nicht mehr erforderlich. Der ÖVP ist es gelungen, dies aus dem Gesetz herauszureklamieren, sodaß jetzt nur mehr eine einfache Verläßlichkeitsprüfung mittels eines Formulares durchgeführt werden muß. Und wenn sich aus dieser Verläßlichkeitsprüfung heraus irgendwelche Unregelmäßigkeiten beziehungsweise Unsicherheiten ergeben, dann ist eine eingehendere Untersuchung notwendig. (Bundesrat Prähauser: Was ist eine Verläßlichkeit?) Dies wird ein kurzer Test sein. (Bundesrat Prähauser: Welcher denn?) Ich bin kein Fachmann, ich kann nicht sagen, was das ist.

Auf alle Fälle ist für uns Tiroler dieses Waffengesetz sicher von einer besonderen Problematik, bedeutet doch jede Einschränkung der Waffenfreiheit für uns Tiroler ein großes Problem, denn die Waffenfreiheit, das heißt, das freie Tragen und der eigenverantwortliche Umgang mit Schußwaffen aller Art, ist bei uns in Tirol seit Jahrhunderten gesetzlich begründet und Tradition.

Waren es früher Adelige, so hat ab dem 16. und 17. Jahrhundert die Wiener Zentralbürokratie immer wieder versucht, die Freiheit des Tiroler Schützen in eine militärische Ordnung zu zwingen. (Bundesrat Prähauser: Allgemeine Wehrpflicht!) Die Tiroler Schützenverbände haben aber durch die Jahrhunderte herauf immer wieder bewiesen, daß sie mit ihrer freiwilligen Ordnung am besten in der Lage waren, das Land zu verteidigen. (Bundesrat Prähauser: Meinen Sie das Bundesheer, Herr Kollege!) Dies ist ihnen sogar bis zum Schluß des Ersten Weltkrieges gelungen. Sie konnten bis zum Schluß dieses Krieges die Südfront Tirols halten. Es blieb dann Diplomaten vorbehalten, den südlichen Teil Tirols an Italien abzugeben.

Aus dieser Tradition heraus befinden sich in fast jeder Tiroler Gemeinde Waffen. Wie die Meldepflicht dieser Menge an Waffen umgesetzt werden soll, weiß ich nicht. Eine entsprechend breit angelegte Information ist hier sicher nötig, bevor mit Strafen begonnen wird. Ich glaube, das könnte den zuständigen Beamten, den Ministerien beziehungsweise den Bezirkshauptmannschaften oder wer immer dafür zuständig ist, vielen unnötigen Ärger ersparen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Scharf kritisieren möchte ich – ähnlich wie mein Vorredner – die Darstellung der Kosten dieses Gesetzes. Der Herr Innenminister macht es sich hier ganz einfach. Über die Vergütung der Kosten, die den Waffenhändlern durch die Entgegennahme der Anmeldungen von hunderttausenden Waffen entstehen, wird nicht geredet. Die Kosten des Staates werden ganz einfach durch Überwälzung des Aufwandes auf die Konsumenten kostenneutral gehalten, so heißt es lapidar in der Beschreibung des Gesetzes. Das heißt, der Beamtenapparat wird wiederum ausgeweitet, und der Bürger wird dafür zur Kasse gebeten. Von einer sparsamen Verwaltung kann bei solchen Gesetzen keine Rede sein. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Winter. – Bitte.

21.28

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat gemeint, es sollten alle nach den religiösen Grundsätzen leben. Ich glaube, dann bräuchten wir weder hier in Österreich noch in Europa über ein Waffenrecht zu diskutieren oder Gesetze zu beschließen. Fest steht, daß das geltende österreichische Waffenrecht weder den Vorgaben des Schengener Durchführungsübereinkommen noch den Anforderungen der EU-Waffenrichtlinie entspricht.

Überdies besteht keine ausdrückliche gesetzliche Regelung für den Umgang der Sicherheitsexekutive mit den von ihr im Rahmen ihrer Mitwirkung an der Vollziehung des Unterbringungs


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 178

gesetzes ermittelten personenbezogenen Daten, sodaß deren Verwendung für die sicherheitsbehördliche Gefahrenabwehr dem Vorwurf mangelnder Bedachtnahme auf das Grundrecht, auf das Privatleben der Betroffenen ausgesetzt ist.

Der derzeit geltende § 280 des Strafgesetzbuches, Ansammlung von Kampfmitteln, stellt das Ansammeln von Waffen unter Strafe, selbst wenn der Täter niemals vorhatte, damit jemanden zum Kampf auszurüsten. Andererseits enthält das Waffengesetz aber auch keine Regelung für die Verwahrung zahlreicher Waffen. Es verfolgt daher dieses Bundesgesetz folgende Ziele:

Die Abschaffung der notwendigen Voraussetzungen für die Implementierung des Schengener Regelungswerks in der österreichischen Rechtsordnung sowie die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie durch die Schaffung des Waffengesetzes 1996, weiters die Schaffung einer grundrechtskonformen Regelung für den Umgang mit Auszeichnungen und Bescheinigungen, die im Zusammenhang mit der nachgewiesenen Verbringung eines Menschen in eine Anstalt für psychisch Kranke entstehen, sodaß einerseits die sicherheitsbehördliche Gefahrenabwehr gewährleistet ist, aber auch andererseits die als "GES-Karteien" bekanntgewordenen chefärztlichen Evidenzen in der Bundespolizeidirektion aufgelöst werden können.

Ein weiteres Ziel ist die Schaffung einer grundrechtskonformen Regelung für den Umgang mit Aufzeichnungen und Bescheinigungen, die im Zusammenhang mit der nachgewiesenen Verbringung eines Menschen in eine Anstalt für psychisch Kranke entstehen, sodaß einerseits die sicherheitsbehördliche Gefahrenabwehr gewährleistet ist, aber auch andererseits die als "Ges-Karteien" bekanntgewordenen "Chefärztlichen Evidenzen" in der Bundespolizeidirektion aufgelöst werden können.

Weitere Ziele sind die Schaffung von Regelungen über das Sammeln von Schußwaffen im Waffengesetz sowie eine Beschränkung des Aufwendungsbereiches des § 280 des Strafgesetzbuches auf jene Fälle, in denen der Täter die Ausrüstung beschafft, um eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten.

Zum Waffengesetz 1996. Das Schengener Durchführungsübereinkommen und das Gemeinschaftsrecht machten eine so weitgehende Anpassung des österreichischen Waffenrechts erforderlich, daß eine Gesamtkodifikation notwendig war.

Im einzelnen ergeben sich durch das Waffengesetz 1996 gegenüber dem geltenden österreichischen Waffenrecht folgende Änderungen: Das Gesetz orientiert sich an der von der Waffenrichtlinie und von dem SDÜ vorgegebenen Klassifizierung der Schußwaffen nach einem System staatlicher Einflußnahme auf ihren Erwerb und Besitz. Es gibt demnach folgende Kategorien: A, B, C und D, die verbotenen Feuerwaffen, genehmigungspflichtige, meldepflichtige und sonstige, also die freien Waffen. Die Kategorien A, B und C waren bis dato schon im Waffenrecht enthalten, und die Kategorie D mußte neu eingeführt werden.

Der Erwerb und der Besitz genehmigungspflichtiger Waffen bedurften eines triftigen Grundes beziehungsweise einer Rechtfertigung für die Meldepflicht von Langwaffen. Nach Artikel 21 SDÜ sowie Artikel 8 der Richtlinie sieht das Gesetz ein System der Beleihung der im Bundesgebiet niedergelassenen Waffenhändler mit hoheitlichen Aufgaben vor.

Regelungen über das Sammeln von Waffen sollen nicht nur wie bisher auf innerstaatliche Sicht Bedacht nehmen, sondern auch berücksichtigen, daß das SDÜ keine Ausnahmeregelungen entgegen der Richtlinie für Waffensammler vorsieht, die dennoch den Bestimmungen des Übereinkommens unterliegen.

Es war auch die Verankerung des Europäischen Feuerwaffenpasses für die begrenzt freie Mitnahme von Schußwaffen innerhalb der Europäischen Union notwendig.

Weiters bringt das Gesetz den Entfall eines eigenen Dokumentes für das Führen meldepflichtiger und sonstiger Schußwaffen. Statt eines Waffenscheins soll hiefür ein auf diese Waffen eingeschränkter Waffenpaß ausgestellt werden.


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620. Sitzung / Seite 179

Die Beseitigung der Binnengrenzkontrolle erfordert eine wirksame Regelung, die eine Überprüfung des Erwerbs und des Besitzes von Schußwaffen innerhalb der Mitgliedsstaaten sowie eine Kontrolle des Verbringens in einen anderen Mitgliedsstaat ermöglicht. Infolge dessen sieht dieses Gesetz eine Reihe von Verständigungspflichten der Mitgliedsstaaten, aber auch untereinander vor.

Weiteres wird die Definition des Führens nicht mehr auf Schußwaffen beschränkt, sondern soll für alle Waffen gelten. Für die erstmalige Prüfung der Verläßlichkeit eines Bewilligungswerbers, der Nichtinhaber einer Jagdkarte ist, oder dem nicht von einer Gebietskörperschaft im Rahmen eines Dienstverhältnisses eine genehmigungspflichtige Waffe überlassen wurde, wird die verpflichtende Beibringung eines Gutachtens zur Frage seiner Belastbarkeit in Streßsituationen vorgesehen. Daher müssen alle Jäger, Polizisten, Gendarmen und Angehörige einer Gemeindewache sowie Berufssoldaten kein derartiges Gutachten beibringen.

Die Novelle des Unterbringungsgesetzes und des Sicherheitspolizeigesetzes sieht folgendes vor: Es werden Mitteilungen von Amtshandlungen nach § 9 des Unterbringungsgesetzes und § 46 des Sicherheitspolizeigesetzes sowie die Führung von Aufzeichnungen hierüber nicht nur als diskriminierend empfunden, sondern können bei unsachlichem Umgang mit ihnen auch tatsächlich diese Wirkung haben.

Es wurden und werden daher von verschiedenster Seite Bedenken gegen die "Chefärztlichen Evidenzen" der Bundespolizeidirektion vorgebracht. Diese Evidenzen sollen auch beseitigt werden.

Da das Wissen um die Gefahren für Menschen bei der Bewältigung sicherheitspolizeilicher Aufgaben, vor allem der Aufgaben im Bereich des Waffenwesens, des Schieß-, Munitions- und Sprengmittelgesetzes, unabdingbar ist, bringt die Novelle eine Lösung, die sowohl einen weitgehenden Persönlichkeitsschutz für den Betroffenen, als auch für die Verfügbarkeit notwendiger und ausreichend gesicherter Informationen für die Sicherheitsbehörde zum Zwecke der Gefahrenabwehr gewährleistet.

In diesem Zusammenhang wird auch eine Verpflichtung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes normiert, nämlich daß im Falle einer Verbringung in eine psychiatrische Anstalt nahe Angehörige zu verständigen sind.

Darüber hinaus soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch die Errichtung einer "Gefährder-Datei" eine Hilfestellung für richtiges Einschreiten gegeben werden. In diese werden Menschen aufgenommen, bei denen sich zumindest einmal ihre Gefährlichkeit für einschreitende Beamte gezeigt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ergeben sich im einzelnen daher folgende Regelungen: Die Aufzeichnungen und Bescheinigungen von Amtshandlungen dürfen grundsätzlich weder geoffenbart noch verwertet werden und sind spätestens nach drei Jahren zu vernichten, Evidenzen spätestens nach sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. Ausnahmen vom Verwertungs- und Offenbarungsverbot sind nur für genau umschriebene Zwecke zulässig. Das Unterbringungsgericht verständigt die Sicherheitsbehörde, für die die Organe eingeschritten sind, von einer allfälligen Unterbringung des Betroffenen. Diese übermittelt dieses Wissen an die für die Prüfung der Verläßlichkeit im Bereich des Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesens zuständige Behörde, sofern sie nicht selbst zuständig ist. Dem Betroffenen steht natürlich die Akteneinsicht zu.

In der Novelle des Strafgesetzbuches ist die Ausweitung der Regelungen über das Sammeln von Schußwaffen enthalten. Laut Waffengesetz ist genügend Kontrolle über den Besitz einer größeren Anzahl von Waffen gewährleistet. Es scheint geboten, den Anwendungsbereich des § 280 Strafgesetzbuch auf jene Fälle zu beschränken, in denen das Ansammeln von Kampfmitteln in der Absicht geschieht, daß eine größere Zahl von Menschen zum Kampf ausgerüstet werden soll.


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620. Sitzung / Seite 180

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Bundesgesetz wird zum einen der internationalen Verpflichtung, die Österreich eingegangen ist, nachgekommen und zum anderen den Sicherheitsbedürfnissen entsprochen, wonach der Besitz von gefährlichen Gegenständen und das Umgehen mit sensiblen Informationen einer adäquaten Regelung zugeführt wird. Es wird daher meine Fraktion diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schaufler. – Bitte.

21.40

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Österreich hatte bisher eigentlich ein ausreichendes und gutes Waffengesetz. Dennoch ist die Änderung notwendig, damit wir eine EU-Richtlinie erfüllen.

In manchen Bereichen geht dieser Schuß aber weit über das Ziel, und ich meine den nach der Verläßlichkeitsprüfung, wenn diese nicht entspricht, vorgesehenen Psychotest. Ich persönlich habe zu Psychologen kein Vertrauen. Speziell im Kriminalbereich bei geistig eher labilen oder gestörten Personen – ich erinnere an den Fall Stockreiter – hat sich gezeigt, daß eine völlige Falscheinschätzung dieser Fachpersonen zu Tragödien geführt hat.

Wenn man die Statistik betrachtet, stellt man fest, nur 0,04 Prozent der registrierten Verbrechen sind überhaupt mit der Abgabe eines Schusses verbunden. Es wäre ein Irrglaube, wenn jemand meinen würde, die Kriminalität oder gar die organisierte Kriminalität würde sich Waffen auf legalem Weg beschaffen. Das tut die organisierte Kriminalität nicht und auch nicht der einzelne Täter. Das läuft unter der Budel im zwielichtigen Milieu so wie bisher.

Zur Abkühlphase von drei Tagen: An und für sich habe ich damit überhaupt kein Problem, aber wer sich davon Verbesserungen der Sicherheit verspricht, ist eigentlich etwas weltfremd. Falls ein Mensch durchdreht, findet er Mittel, ob Feuerwaffe oder ein anderes Mittel, beispielsweise ein Küchenmesser. (Bundesrat Meier: Dem stimme ich nicht ganz zu!) Möchte vielleicht der Herr Innenminister auch Küchenmesser dem Waffengesetz unterwerfen? – Möglicherweise ist der statistische Wert von Verbrechen mit Hilfsmitteln aus der Küche sogar größer, und es gibt dort vielleicht einen Handlungsbedarf. (Zwischenruf des Bundesrates Konečny. )

Noch zwei Punkte: Die Verläßlichkeitsprüfung ersetzt den ursprünglich von der Sozialdemokratie grundsätzlich verlangten Psychotest. Diese vorgesehene Maßnahme konnte von meiner Partei, der Österreichischen Volkspartei, doch wesentlich entschärft werden. Ich begrüße, daß Jäger, Schützenverbände und Personen, die Dienstwaffen tragen, auch von der Verläßlichkeitsprüfung grundsätzlich ausgenommen wurden. Vernünftigerweise hätten auch die Milizsoldaten von dieser Prüfung ausgenommen werden müssen.

Einige Bestimmungen betreffen auch den Waffenhandel. Sie werden mit hoheitlichen Aufgaben beliehen. Gerade hinsichtlich der sogenannten Meldepflicht für gezogene Langwaffen habe ich nicht sehr viel Verständnis, weil sie über die EU-Richtlinie hinausgeht und diese Waffe eigentlich zu den Jagdwaffen im klassischen Sinn zählt. Ich halte das nicht für besonders notwendig. Diese Bestimmungen führen insgesamt auch zu einem Verwaltungsaufwand, der für die Erwerber Kosten nach sich zieht, und die Frage im Gesetz, daß Waffenhändler dann ein angemessenes Entgelt für meldepflichtige gezogene Langwaffen verlangen dürfen, wird sein, wieviel abgenommen wird. Es ist keine Richtlinie zu finden.

Abschließend möchte ich nur feststellen, daß Österreich damit die EU-Richtlinien mehr als erfüllt, als vorletztes Land. Finnland hat das noch nicht durchgezogen. So weit, so gut, aber den vorauseilenden Gehorsam der Übererfüllung der strengeren Maßnahmen hätte ich für entbehrlich gehalten.


Bundesrat
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620. Sitzung / Seite 181

Ich bin im Gegensatz zum Innenminister davon überzeugt, daß das strengste Waffengesetz, wie das beispielsweise in England eingeführt wurde, nicht imstande ist, Verbrechen, Kriminalität und Amokläufe zu verhindern. Jeder Täter findet sein Hilfsmittel wie bisher.

Obwohl ich Kritik geübt habe, stimme ich dem Gesetz doch gerne unter einem Aspekt zu, nämlich daß dieses Waffengesetz vielleicht auch nur eine einzige Tragödie verhindern können wird. (Beifall bei der ÖVP.)

21.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

26. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen (163/A und 540/NR sowie 5349 und 5376/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Platzer übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Herbert Platzer: Der Bericht des Rechtsausschusses über den Beschluß des Nationalrates liegt Ihnen vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schaufler. – Bitte.

21.45

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Der Beschluß des Nationalrates vom Freitag, den 13. Dezember 1996, ist im Gegensatz zum Datum von außergewöhnlicher positiver Bedeutung.

Der Beschluß, Anti-Personen-Minen zu verbieten, ist ein Akt des humanen Verständnisses – selbst im Falle kriegerischer Auseinandersetzungen. Ich bin stolz darauf, daß Österreich das erste Land der Welt ist, das ein dauerhaftes Verbot für Produktion, Besitz und Verwendung, ja sogar der Ein-, Aus- und Durchfuhr beschließt. Belgien hat als zweiter Staat in der EU ein auf fünf Jahre begrenztes Verbot erlassen.

Angesichts der Tatsache – aus diesem Grund sind selbst auch hohe Militärs für das Verbot –, daß acht von zehn Opfern Zivilisten sind, ist es höchste Zeit für dieses Verbot. Unter den Opfern sind überwiegend Kinder, denen beim Spielen, auf dem Schulweg, beim Wasser-Holen Glied


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620. Sitzung / Seite 182

maßen abgerissen werden, Mütter und Väter werden bei der Feldarbeit zu Krüppeln. Daher ist es Zeit, ein Signal zu setzen!

Diese Katastrophe der Minen insgesamt wird erst deutlich, wenn man Informationen einholt. Ich habe das getan und darf Ihnen daher sagen, daß weltweit zirka 150 Millionen Bodenminen die Territorien für Mensch, Tier und auch Pflanzen verseuchen. Selbst aus dem Zweiten Weltkrieg liegen noch zirka 20 Millionen Minen im Wüstensand verborgen. Die Gefahr ist angesichts dieser Zahl groß und katastrophal und wird täglich größer.

Allein in Afghanistan sind 10 Millionen, in Kambodscha 8 Millionen und in China 10 Millionen Minen ausgelegt. Der Iran schlägt alle mit 16 Millionen Minen, im Irak liegen 10 Millionen, und selbst in unserem Nachbarland, dem ehemaligen Jugoslawien, liegen 6 Millionen Minen.

Angesichts dieser Zahlen und im Wissen von den schwersten Verstümmelungen frage ich mich, warum die Freiheitliche Partei dem Verbot im Nationalrat nicht zugestimmt hat.

Traurig ist es, wenn der ehemalige Justizminister der Freiheitlichen im Nationalrat meint, Minen hätten nur Defensivcharakter, diese Minen seien nicht dazu da, um zu töten oder zu verletzen. – Ich empfehle dem ehemaligen Herrn Justizminister, nur ein einziges Mal mit bei Minenexplosionen zu Schaden gekommenen Menschen zu reden. Nur mehr Rotchina und ein Teil der Freiheitlichen, wie eben Ofner und Jung, verteidigen die Anti-Personen-Minen. (Heiterkeit des Bundesrates Konečny. )

Es ist schon interessant, daß die Freiheitlichen im Bundesrat – Fraktionsobmann oder -führer, ich weiß nicht, wie das genau bezeichnet wird (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Obmann!) – im Ausschuß anregen, gemeinsam an den Europarat heranzutreten, um für ein Verbot der Anti-Personen-Minen einzutreten. Auch Herr Bundesrat Gudenus – das weiß ich – hat im Nationalrat einen Antrag gestützt, diese Minen zu verbieten.

Ich empfehle der F, im eigenen Bereich für eine gemeinsame Überlegung zu sorgen, damit diese grausame Waffe aus der Welt verschwindet, und zuerst doch im eigenen Hause Ordnung zu schaffen. Wir sind gerne bereit, abseits jeder Doppelzüngigkeit, wie sie die F vorführt, überall für ein Verbot einzutreten. Österreich übernimmt mit diesem Gesetz eine weltweite Vorreiterrolle. International haben das Österreichische Rote Kreuz und auch unser Außenminister Dr. Schüssel besonderes Engagement entwickelt, und ich hoffe, daß sich auch die Freiheitlichen eines Besseren besinnen und ihre Fraktion zu einer einheitlichen Linie bewegen, um zu einer weltweiten Ablehnung dieses hinterhältigsten aller Kampfmittel zu kommen. Für mich ist dieses Gesetz ein Weihnachtsgeschenk im Sinne einer humanen Welt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

21.50

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns jetzt wenige Tage vor Weihnachten, einem Fest, das man immer als das Fest des Friedens bezeichnet. Ich glaube, gegen Waffen zu sein, ist eine Friedensidee. Wir müßten gegen Atomwaffen sein, die keine Grenzen kennen und alles in ihrem Bereich vernichten, gegen chemische Waffen, ja gegen alle Waffen.

Es gibt eine nette Geschichte, die heißt: "Der Krieg auf Pappamanakaska", der nicht stattfinden konnte, weil jene, denen man Waffen in die Hand gedrückt hatte, diese nicht benützt haben.

Ich bin natürlich auch gegen private Waffen zu Hause. Darin stimme ich mit Kollegen Schaufler nicht ganz überein, weil sie nichts als Unheil anrichten können. Natürlich sind Jäger und Sportschützen ausgenommen. Aber das Waffengesetz steht hier nicht zur Diskussion.


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Es mag nun eine Vision sein, ein Ideal, wenn man diese Waffenlosigkeit vor Augen hat, das weiß ich schon. Aber darf man nicht noch Ideale haben? Darf man nicht Visionen haben, ohne belächelt zu werden?

Diese Anti-Personen-Minen haben großes Unheil für die Zivilbevölkerung, gerade für Kinder, gebracht. Die großen Minen sind da sowieso nicht dabei. Wir haben doch alle Bilder von Menschen, vor allem von Kindern, mit fehlenden Gliedmaßen gesehen. Ist das nicht eine schreckliche Sache?

Im § 1 dieses Gesetzes werden die Anti-Personen-Minen definiert, und im § 2 – ich möchte ihn zitieren – heißt es:

"Die Herstellung, die Beschaffung, der Verkauf, die Vermittlung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebrauch und der Besitz von ... Anti-Personen-Minen sowie von Anti-Ortungs-Mechanismen sind verboten." – Das ist der Hauptkern.

Jetzt könnte man fragen: Was nützt diese Vorreiterrolle Österreichs? Sind wir nicht zu klein? Sind wir nicht zu unbedeutend? Was ist denn mit den anderen Waffen? – Nein! Ich glaube, irgend jemand muß mit dieser Vorreiterrolle beginnen, die sich in Europa und in der ganzen Welt ausbreiten sollte. Es wäre für mich unverständlich, diesem Gesetz nicht zustimmen zu können!

Positiv wäre, wenn wir damit irgendwo – und seien es noch so wenige Menschen – diese Verletzungen, die dadurch entstehen, ersparen könnten. Ich möchte auch der Frau Abgeordneten Karlsson herzlich danken, die sich immer besonders für diese Idee eingesetzt hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ-Fraktion des Bundesrates wird dieses Gesetz nicht beeinspruchen, sondern als Zeichen gegen eine – leider nur eine! – unheilbringende, heimtückische Waffe befürworten! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gudenus. – Bitte.

21.53

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar, daß ein Vorredner meine Aktion von vor zwei Jahren erwähnt hat. Ich bin voll Überzeugung und innerer Überzeugung – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Gegner der Anti-Personen-Minen. Man nennt diese Minen verniedlichend Schützenminen – gingen sie nur gegen die Schützen, gegen die Soldaten, dann wäre es vielleicht noch überlegbar (Bundesrat Bieringer: Nicht einmal dann!) , aber sie werden zu Recht Anti-Personen-Minen genannt, weil sie ohne Rücksicht auf Zugehörigkeit zum Kombattantenstatus oder nicht gegen diese Personen gerichtet sind.

Seit langem geht der Kampf darum, um diese zu verbieten, und so hat heuer im Frühjahr – neun Monate ist es her – in Genf eine erste Konferenz zum Verbot dieser Minen stattgefunden. Rußland und China waren damals entschieden dagegen. Es fand eine zweite Konferenz im Oktober statt, deren Resultat sich auch noch nicht ganz gezeigt hat. Zuviel war unklar, vielleicht war auch zuwenig guter Wille bei den Betroffenen vorhanden.

Es geht nicht nur um die Erzeugung beziehungsweise um den Einsatz der Minen, es geht auch um die Herstellung, die Lagerung und den Export. Dagegen nimmt auch das Gesetz Stellung.

Die Problematik der internationalen Abkommen ist bekannt. Vielfach bauen internationale Konferenzen auf das Konsensprinzip auf. Das heißt, wir alle müssen dafür sein, dann klappt es, und ist nur einer dagegen, dann ist die ganze Konferenz geschmissen. – Und so hat es sich auch bei diesen beiden Konferenzen dargestellt, daß eben einige Länder dagegen waren, und dadurch kam keine internationale Vereinbarung zustande.


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Das Internationale Rote Kreuz vertritt direkt eine radikale Position gegenüber diesen Anti-Personen-Minen, erleben doch gerade Angehörige des Roten Kreuzes tagtäglich und viele Male – und nicht nur die Angehörigen des Roten Kreuzes natürlich – die schrecklichen Auswirkungen dieser geheimen, infamen Waffen. Da helfen die ganzen Vorhersagen nichts, daß diese Waffen eine Automatik zur Selbstzerstörung hätten oder sich nach Ablauf einer Frist zerstören oder mit einem Funkbefehl eine Selbstzerstörung ausgelöst werden kann. Diese Dinge funktionieren am Reißbrett hervorragend, und trotzdem weiß man, daß rund 10 Prozent nicht die Anforderungen, die man an sie stellt, erfüllen. 10 Prozent – das ist entschieden zuviel! Billigbar, so sagen internationale Fachleute, wäre vielleicht 1 Prozent.

Genauso, wie man im Jahre 1920 endgültig einmal das Giftgas verboten hat, wird es vielleicht früher oder später kraft Einsicht der zivilisierten Bevölkerung und der Staaten auch zu einem Verbot dieser Minen kommen. Die Entwicklungsländer sind aus mehrfachen Gründen gefährdet: Erstens ist das dort die billigste Waffe, die sie haben, und zweitens haben sie die wenigsten Möglichkeiten, diese Relikte aus dem Schlamm, aus dem Sand, aus dem Dschungel oder wo immer her zu entsorgen.

Gefährdet sind dort am ehesten auch Kinder. Man bezeichnet die Anti-Personen-Minen, die viele, große Landstriche verpesten, eben auch als moderne Pest des Krieges. Und die Zahlen – 150 Millionen, 130 Millionen oder 200 Millionen – tun schon fast nichts mehr zur Sache.

Wir wissen, daß diese Mengen von Minen kaum mehr entsorgbar sind. Bedenken Sie, daß die Entsorgung einer Mine in Afghanistan bis zu 10 000 S kostet, und das deshalb, weil ein riesiger Verwaltungsaufwand dahintersteht.

Es gibt aber eine österreichische Kleingruppe, wohnhaft in Mödling oder in Baden, die es schafft, die Entsorgung mit bis zu 10 S zu bewältigen. Man sieht also, was man machen kann, wenn initiative, humanistisch eingestellte, couragierte Kleingruppen tätig sind. Ich glaube, darauf kommt es an, daß Einzelgruppen, die nicht internationalen Organisationen angehören, diese Aufgabe wahrnehmen und von dieser Republik unterstützt werden. Die Republik Österreich gibt nur über die UNO Gelder, und über die UNO kostet es ungeheuer viel. Da könnte man doch statt dessen einem Lehrer, der dieser Gruppe angehört, der in Afghanistan tätig war und immer dort wieder hinfährt, helfen.

Wer wird am meisten betroffen? – Am wenigsten sind es die Militärpersonen, die betroffen werden. Und ich wünschte auch nicht, als Militärperson von einer Mine getroffen zu werden. Es sind die Zivilpersonen, die große Anzahl von Zivilpersonen.

Es ist geglückt, bei dieser einen Konferenz, die in Genf im Frühjahr stattgefunden hat, die Laserwaffen zu verbieten. Bitte, das ist immerhin etwas! Nur haben wir diese im österreichischen Bundesheer noch nicht eingeführt, und die Nachbarstaaten haben sie auch noch nicht. Das war vielleicht deshalb leicht möglich, weil so viele Staaten die Laserwaffen noch nicht haben.

Es werden derzeit Forderungen an den Mineneinsatz gestellt. Das ist heuchlerisch! Denn Minenfelder sind anzuzeigen, und es müssen Aufzeichnungen über sie geführt werden. Auch jene Kriegspartei, die die Minen gelegt hat, ist für die Räumung der Minen verantwortlich. Sie sehen also diesen Zynismus, der in diesen Sätzen steht, die vielleicht gut gemeint sind, aber in ihren Auswirkungen so nicht durchführbar sind, daß eben die Minen einfach dort bleiben, wo sie gelegt worden sind. Wenn sie auch nur dort blieben! Das stimmt ja auch nicht.

Im Winter können die Lawinen diese Schützenminen und Anti-Personen-Minen vertragen, im Sommer können Hochwasser diese Anti-Personen-Minen vertragen. Also es nützen auch die besten Aufzeichnungen, wo sich diese befinden, nichts.

Aus diesem Grund müssen wir weiterhin dafür eintreten, daß Herstellung und Lagerung und Export entschieden verboten gehören!

Was sind nun eigentlich die Gründe dafür, warum die einzelnen Länder Minen noch immer nicht verbieten? – Manch ein Staat lebt selbstverständlich ganz gut davon! So sind zum Beispiel Ruß


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land und China Hauptexporteure der billigen Plastikminen, und sie sträuben sich hartnäckig, sich ins Geschäft pfuschen zu lassen.

In Indien gibt man bekannt, daß man so bald wie möglich bereit sei. Was soll es jedoch bedeuten, wenn man in einem Staat sagt, daß man so bald wie möglich bereit sei, wenn man vielleicht noch Hunderttausende Minen auf Lager hat? In Pakistan will man das auch noch nicht hören. Man lehnt entschieden das Verbot ab, weil dort ebenfalls Minen erzeugt, herstellt und verkauft werden können. Die Minen, die in Pakistan erzeugt werden, können sich nicht selber zerstören, sie bleiben also im Boden.

Das österreichische Bundesheer will weiterhin Minen haben. Es ist für mich unerklärlich, warum beim österreichischen Bundesheer Soldaten Minen wollen.

Ein britischer General, der sich mit Minen besonders beschäftigt hat, hat festgestellt: Minen sind für die eigene Truppe mindestens so gefährlich wie für die feindliche Truppe. Schon aus diesem Grund ist nicht ganz einsichtig, warum man sie hat!

Zweitens ist es gar nicht möglich, die von mir genannten Anforderungen in bezug auf Minen zu erfüllen: Ihr Standort muß kartographisch aufgenommen werden, sie müssen vermessen werden, sie müssen dann selbst wieder entfernt werden et cetera. Mit den Minen ist das so eine Angelegenheit, die man nicht regeln kann. Man kann nicht sagen: Hier sind dumme Minen, und hier sind gescheite Minen.

Ich meine, man muß sagen: Es ist unmenschlich, Minen in einer Auseinandersetzung mit den Worten einzusetzen: Ich möchte nur die Soldaten treffen – nur die Soldaten! –, aber nicht die Zivilbevölkerung! Das ist zynisch! Und es trifft nicht einmal zu. Wir sehen täglich einerseits in Wochenschauberichten im Fernsehen, was geschehen kann. Aber wir sehen es natürlich auch in Actionfilmen mit Gewalt, wo einfach geschossen, gemordet und die Leute gesprengt werden. Das schaut vielleicht witzig aus, wenn die Leute dann in die Höhe fliegen und irgendwo hinter der Kulisse verschwinden. In Wirklichkeit verhält sich das aber nicht so! Die Wirklichkeit ist tragisch.

Ich setze einige Hoffnung in eine vorgesehene Konferenz über Minen, die im nächsten Jahr in Bonn stattfinden soll. Ich habe diesbezüglich einigen Optimismus. Ich bin aber der Meinung, daß dieser Optimismus von vielen Staaten getragen werden muß. Und wenn einige Staaten außer Österreich in der Nachbarschaft ebenfalls dafür eintreten, Antipersonalminen nicht mehr einsetzen, erzeugen, lagern und exportieren zu wollen, so wird es zumindest in Kleinbereichen Europas eine Humanisierung der Umwelt geben. (Allgemeiner Beifall.)

22.03

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke. Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist angenommen .


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620. Sitzung / Seite 186

27. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (462 und 513/NR sowie 5377/BR der Beilagen)


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620. Sitzung / Seite 187

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Familienausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. – Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Familie und Umwelt liegt Ihnen schriftlich vor. Ich verzichte daher auf die Verlesung.

Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Moser. – Bitte.

22.05

Bundesrätin Helga Moser (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Damen und Herren! Wie im Bericht des Familienausschusses zur vorliegenden Gesetzesänderung angeführt wurde, war zu erwarten, daß die hohe Untersuchungsfrequenz beim Mutter-Kind-Paß-Untersuchungsprogramm nicht mehr gewährleistet ist. Mit einer einmaligen Zahlung in der Höhe von 2 000 S soll diesem Umstand Rechnung getragen werden. Damit erreichen Sie sicher etwas Positives während der Schwangerschaft und auch im ersten Lebensjahr des Kindes. Die kindliche Entwicklung bedarf aber auch in den darauffolgenden Jahren einer regelmäßigen Untersuchung und Kontrolle. Ich sehe Geldleistungen in diesem Bereich daher nicht nur aus familienpolitischer Sicht, sondern auch vom gesundheitspolitischen Blickwinkel. – Die seinerzeitige Einführung der Geburtenbeihilfe, welche leider von der Bundesregierung gestrichen wurde, hatte einen gesundheitspolitischen Hintergrund. Es ging um den Vorsorgeeffekt. Wir stellen uns deshalb vor, daß wieder eine höhere Auszahlung stattfinden soll, und zwar dreimal je 2 000 S.

Uns gefällt an dem heute zu beschließenden Gesetz auch nicht, daß die notwendigen Gelder unter anderem durch Umschichtungen aus Mitteln der Familienbeihilfe aufgebracht werden. Die Maßnahmen für Eltern, die jetzt Kinder bekommen, werden von Eltern mit älteren Kindern finanziert. Dem Minister ist es gelungen, so umzuverteilen, daß das Sparpaket, das Belastungspaket, nicht aufgemacht werden mußte.

Durch den Einzug einer Einkommensobergrenze werden zirka 5 bis 10 Prozent wahrscheinlich nicht in den Genuß dieser finanziellen Zuwendung kommen. Zur Bemessung wird das Familieneinkommen herangezogen. Die Anzahl der Kinder findet bei dieser Regelung leider keine Berücksichtigung. Ich möchte nicht annehmen, daß bei dieser Regelung die Überlegung mitgespielt hat: Reichen Eltern liegt mehr an ihren Kindern. Sie lassen diese daher auch ohne Geldzuwendung untersuchen. – Ich möchte diesen Gedanken gar nicht weiter ausführen!

Ich habe aber noch die Aussage des Bundeskanzlers im Ohr, der immer meinte: Jedes Kind ist gleich viel wert. – Für mich steht dieser Satz im Gegensatz zu dem heute vorliegenden Gesetz. Aus den angeführten Gründen werden wir Freiheitlichen dem vorgelegten Bundesgesetz unsere Zustimmung verweigern. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Lukasser. – Bitte.

22.08

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am 25. April dieses Jahres wurde in der Debatte über das Strukturanpassungsgesetz hier im Bundesrat unter anderem darauf hingewiesen, daß die sogenannten Sparbudgets für 1996 und 1997 auch eine Chance für eine solidarische Entwicklung und einen Abbau der Wohlstandsegoismen sein könnten.

Diese einschneidenden Maßnahmen sollten auch dazu führen, daß für die Zukunft neue Strukturen und Rahmenbedingungen entwickelt werden können.

Verschiedene Kolleginnen und Kollegen haben sich bei dieser Debatte sehr ausführlich dafür ausgesprochen, daß der Familienbereich einen neuen Stellenwert erhält, denn gerade in diesem Bereich müssen die Ausgewogenheit und die soziale Treffsicherheit dieser Sparbudgets bezweifelt werden.

Es stand und steht heute noch für mich außer Frage, daß die Kinder und damit die Familie von den Sparmaßnahmen nebst den anderen allgemeinen Maßnahmen in einzigartiger Weise betroffen sind. Die Übernahme von Verantwortung für Kinder darf einerseits nicht zu Armut führen, muß aber andererseits in der Bewußtseinsbildung der Verantwortung gegenüber Kindern verstärkt werden.

Ich persönlich bin sehr froh darüber, daß es neuerdings möglich ist, einen finanziellen Anreiz für eine weitere breite Inanspruchnahme der vorgeschriebenen Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Programmes zu schaffen. Auch wenn der jetzige Beitrag von 2 000 S im Gegensatz zum früheren Betrag von 15 000 S eher gering ist, hoffe ich doch, daß dieses Bonussystem das Bewußtsein von Erziehungsberechtigten für eine entsprechende Untersuchungsdisziplin betrefend Kleinkinder schärft.

Ich möchte jetzt nicht näher auf das Finanzierungssystem eingehen, sondern nur darauf hinweisen, daß der Herr Bundesminister auf diesem Gebiet einen Weg beschritten hat, mit dem er uns zeigt, daß durch gezielte Verhandlungen und Ideen neue Strukturen zu finanzieren sind, ohne daß das Budget sofort in Unordnung gerät.

Das sage ich auch in Hinblick auf die soziale Staffelung: Mit der Einkommensobergrenze wird ein neuer Weg beschritten, der bestimmt nicht von allen und auch in unseren eigenen Reihen nicht goutiert wird. Man muß aber solche Entscheidungen, wie diejenigen, die heute getroffen werden, unbedingt weiter überlegen, um auch in Zukunft eine bessere soziale Treffsicherheit zu erreichen. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Die Initiative des Herrn Familienministers hat natürlich zu den unterschiedlichsten Reaktionen bei den Parteien, in Ministerien, aber auch in den Familienorganisationen geführt. Ich möchte diese Überlegungen zum Anlaß nehmen, um nochmals darauf hinzuweisen, daß wir vor allem das kommende Jahr nützen sollten, um für die Budgets 1998 und 1999 gerüstet zu sein. Wir müssen über ein Maßnahmenbündel nachdenken, welches neue Kriterien und Rahmenbedingungen für Familien zuläßt und schafft, mit denen verhindert werden soll, daß Familien mit Kindern immer öfter eine Gratwanderung in Hinblick auf die Armutsgrenze beschreiten müssen. Dieses Maßnahmenbündel sollte folgendes beinhalten: ein steuerfreies Existenzminimum für jedes Kind, den Betreuungsscheck für Mütter oder Väter etwa bis zum 4. Lebensjahr des Kindes, die Staffelung der Familienbeihilfe nach Kinderzahl, die Erhöhung des Alleinverdienerabsetzbetrages, die sozial- und pensionsrechtliche Anerkennung für Betreuungs- und Erziehungsleistung und anderes mehr.

Gerade die Einführung des Betreuungsschecks könnte eine epochale Entscheidung sein, denn dadurch wäre die Möglichkeit gegeben, aus dem Familienlastenausgleich einen Familienleistungsausgleich zu schaffen. In diesem Sinne hoffe ich, daß die heutige Bonusentscheidung ein


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Schritt in die richtige Richtung ist, denn familienpolitische Entscheidungen der Zukunft müssen mehr denn je soziale Treffsicherheit aufweisen. – In diesem Sinne stimmen wir dieser Novelle zum Familienlastenausgleichgesetz zu. (Allgemeiner Beifall.)

22.13

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner.

22.13

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zur Änderung des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 kann in aller Kürze bemerkt werden, daß nun der Mutter-Kind-Paß-Bonus als Ersatz für die Geburtenbeihilfe geschaffen wurde. Mit dieser Regelung kann der Befürchtung, daß die Untersuchungsdisziplin zurückgehen würde, entgegengewirkt werden.

Wie wichtig diese Untersuchungen im Interesse der Neugeborenen und der Kinder sind, zeigen Vergleiche mit anderen Ländern. Nachdem man diese Novelle eigentlich nur positiv sehen kann, werden die sozialdemokratischen Bundesräte keinen Einspruch erheben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.14

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. Ich bitte ihn, zu sprechen.

22.14

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident des Bundesrates! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich kurz fassen und nur anmerken, daß es mir ein sehr wichtiges Anliegen war, aus einer schwierigen Situation heraus dieses Anreizsystem in Form eines Mutter-Kind-Paß-Bonus zu schaffen.

Im Rahmen des Sparpaketes war natürlich nur eine aufkommensneutrale Lösung möglich. Aber es ist uns gelungen, auf der einen Seite durch eine Umschichtung, Stichtag und Altersstaffelung der Familienbeihilfe, zirka 115 Millionen Schilling pro Jahr zu lukrieren. Auf der anderen Seite konnten wir Österreichs Ärzte, vor allem Österreichs Kinderärzte, dazu motivieren, auf jegliche Honorarerhöhungen aus dem Titel Sonderleistungshonorare praktisch bis zum Ende des Jahrzehntes zu verzichten. Das freut mich sehr.

Ich meine zwar, daß man darüber diskutieren kann, ob ein Anreizsystem für eine Gratisuntersuchung, noch dazu des eigenen Kindes, überhaupt notwendig sein sollte. – Es sollte natürlich nicht notwendig sein, aber, wie schon gesagt wurde, zeigen die praktischen Erfahrungen anderswo, daß die Untersuchungsdisziplin ohne ein solches Anreizsystem sinkt. Und da muß man wirklich pragmatisch vorgehen, die Vor- und Nachteile abwägen und dafür sorgen, daß man ein derartiges Bonussystem auf die Beine stellen kann.

Es werden jetzt 2 000 S am Ende des ersten Lebensjahres eines Kindes an Mütter ausbezahlt werden, die die entsprechenden Untersuchungen durchführen ließen. Damit haben wir in Österreich das bei weitem bestausgebaute und wichtigste vorsorgemedizinische Instrument, nämlich den Mutter-Kind-Paß, in seiner Qualität und in seiner Wirkung betreffend die Untersuchungsdisziplin erhalten, und das ist erfreulich.

Was noch zu beobachten sein wird, ist die Praxis, die wir mit der Einkommensobergrenze erleben werden. Es ist sicherlich in Frage zu stellen, ob denn der Aufwand, der getrieben werden muß – auch wenn es ein minimaler sein mag, wie uns das Finanzressort immer wieder versichert hat –, in Hinblick auf die Ersparnisse von 6 bis 8 Millionen Schilling pro Jahr zu rechtfertigen ist. Es war der Wunsch der sozialdemokratischen Seite, diese Einkommensobergrenze in der Höhe von zirka 45 000 S pro Monat einzuführen. Und dieser Forderung war im Sinne eines partnerschaftlichen Herangehens an diese Frage Folge zu leisten.


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Ich freue mich jedenfalls, daß uns diese Lösung gerade noch rechtzeitig gelungen ist. Denn ab 1. Jänner nächsten Jahres wäre keinerlei Bonussystem mehr zur Verfügung gestanden. – Herr Präsident! Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.17

Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister! Ich danke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

28. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Gesellschaft mit beschränkter Haftung (423 und 523/NR sowie 5344 und 5378/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Bericht liegt schriftlich auf, deshalb möchte ich darauf verzichten, ihn zu verlesen und stelle folgenden Antrag:

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm.

22.18

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! In Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde werde ich versuche, mich sehr kurz zu halten. Ich habe Ihnen aber doch die Gründe darzulegen, warum meine Fraktion diesem Gesetz nicht zustimmen wird.

Die Ausgliederung des Arsenals aus der Bundesverwaltung als solcher ist zwar durchaus auch aus unserer Sicht ein positives Ziel. Wir meinen aber, daß die Umsetzung nicht geglückt ist. Vielleicht wäre es besser gewesen, das befristete Gesetz über das Arsenal noch einmal zu verlängern, um in Ruhe Zeit zu finden, eine optimale Privatisierungslösung ausfindig zu machen.


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Worin liegt das Hauptproblem? – Meines Erachtens liegt es in der Ermächtigung an den Bundesminister, Anteile des Bundes an der neu gegründeten Gesellschaft an die Forschungszentrum Seibersdorf GesmbH zu übertragen. Im Klartext ist also eine Fusion vorgesehen.

Das Gesetz sieht im § 2 Abs. 4 vor, daß die Seibersdorf GesmbH und die neue Gesellschaft ein Unternehmenskonzept vorzulegen haben, in dem die Auswirkungen einer Zusammenführung und insbesondere deren budgetäre Vorteilhaftigkeit darzulegen sind. – Ich finde, das ist eine skurrile Gesetzesformulierung. Ich kenne kaum ein vergleichbares Gesetz, das zur Darlegung budgetärer Vorteile zwingt, unabhängig davon, ob solche Vorteile tatsächlich zu erwarten sind oder jemals eintreten werden. Man ist geneigt, Morgenstern zu zitieren: "... weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf."

Der offizielle Grund für diese Fusionierung sind behauptete Synergieeffekte. Solche sind aber nach meiner Überzeugung überhaupt nicht in Sicht. Sie sind nicht zu erkennen. Denn die bisherigen und auch die künftigen Aufgaben von Seibersdorf und des Arsenals haben miteinander wenig bis gar nichts zu tun. Die Gewinnung von Erkenntnissen nach wissenschaftlichen und technischen Methoden einerseits und die Durchführung technischer Versuche und Prüfungen beziehungsweise die Erstellung von Befunden, Gutachten, Berichten, Zertifikaten und Zeugnissen andererseits liegen ja zweifellos da und dort auf zwei verschiedenen Ebenen: Grundlagenforschung hier – anwendungsorientierte Forschung und Sachverständigenfunktionen dort. Mir scheint daher die Koppelung dieser Einheiten fast schon so sachwidrig zu sein wie die der Kompetenzbereiche Wissenschaft, Verkehr und Kunst des zuständigen Ressortchefs.

Weiß man aber um die Hintergründe dieser geplanten Fusionierung, dann wird die Unehrlichkeit des legislativen Vorhabens noch deutlicher. In Wahrheit geht es nämlich um die Sanierung der schwer defizitären Gesellschaft in Seibersdorf, also um eine verschleierte Umverteilung, um das Vermitteln des erfolgreichen Arsenals an das erfolglose Seibersdorf, und zwar unter Ausschluß der Öffentlichkeit beziehungsweise des Steuerzahlers. Mit anderen Worten soll Seibersdorf unter der Hand aus Erträgen, die das Arsenal erwirtschaftet, saniert werden.

Nur noch am Rande sei die Groteske erwähnt, daß ein eigenes Amt, das FBZ Arsenal, errichtet werden soll, und zwar deshalb, weil ja derzeit im Arsenal Beamte angestellt sind. Solange aber solche im Einsatz sind, bedarf es einer Administration der betreffenden Personalangelegenheiten. Kann auch das als ökonomisch optimale Lösung oder gar als Synergieeffekt verkauft werden? – Ich glaube nicht! Ich denke daher, daß einem solchen Vorhaben die Zustimmung zu versagen ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.23

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Hermann Pramendorfer.

22.23

Bundesrat Hermann Pramendorfer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich bin zu dieser neuen Gesellschaft anders als mein Vorredner eingestellt, und zwar weniger aus der Erkenntnis der Wissenschaft, denn meine Intentionen entspringen der Praxis. Ich darf als Vertreter der Forstwirtschaft im Präsidium bei der österreichischen Holzforschung mitwirken und kenne daher zumindest die Intentionen dieser Holzforschung. Und aufgrund dieser Erfahrungen kann ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, mit gutem Gewissen raten, diesem Gesetz zuzustimmen.

Ich weiß von der Holzforschung, daß sie ganz eigenständig budgetiert, und ich kann mir heute nicht vorstellen, wie die im Arsenal beheimateten Institutionen Seibersdorf finanziell unterstützen sollten! – Wir haben bei der Holzforschung das Budget für 1997 bereits unter Dach und Fach, und ich darf Ihnen versichern, dort sind ganz clevere Wissenschafter und Kaufleute am Werk. Ich möchte es Ihnen ersparen, hier Namen zu nennen, aber ich habe den Eindruck, daß die Leute dort ganz genau wissen, was man dieser Holzforschung beabsichtigt. Daher bin ich guten Gewissens in der Lage, Ihnen zu raten, diesem Gesetz zuzustimmen!

Ich sage Ihnen auch: Die Gebäude bleiben bei der Bundesimmobiliengesellschaft. Gerade das Gebäude, in dem die Holzforschung untergebracht ist, befindet sich in einem – alles wird einmal


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alt! – desolaten Zustand. Aber die Bundesimmobiliengesellschaft hat sich bereit erklärt, fürs erste einen namhaften Betrag in zweistelliger Millionenhöhe zur Sanierung dieses Gebäudes bereitzustellen. Es wurde die Absichtserklärung gegeben, diese Gebäude zu sanieren, und damit ist für die Holzforschung die Garantie gegeben, daß man in diesem Gebäude bleiben und effizient für die Wirtschaft arbeiten kann.

Im Holzforschungsinstitut werden Grundlagenforschungen betrieben. Die meisten Aufträge erhält diese Anstalt von Firmen: Zum Beispiel läßt eine Tischlerei Fenster auf Schall-, Wasser- und Staubdichtheit et cetera prüfen, oder Leimbinderfirmen lassen die Zugfestigkeit und Druckfestigkeit der gefertigten Produkte testen. Ich sehe darin eine Notwendigkeit. Die Effizienz wird dadurch, daß diese Gesellschaft eigenständig agieren kann, mit Sicherheit verbessert werden und die Verwaltung wird einfacher sein. Ich sage daher noch einmal: Sie können ruhigen Gewissens diesem Gesetz zustimmen!

Ich bitte Sie, mir noch einige Sätze ganz privater Natur zu gestatten: Ich gehöre nun seit zehn Jahren diesem Haus an und werde mit Jahresende aus dem Bundesrat ausscheiden. Das ist somit meine letzte Sitzung, an der ich aktiv mitwirken konnte. Damit möchte ich ankündigen, daß ich mich auch noch manchmal auf der Besucherbank einfinden werde, wenn Sie es gestatten.

Wenn mich jemand fragt: Wie empfinden Sie diese zehn Jahre, dann sage ich Ihnen ehrlichen Gewissens: Ich möchte diese zehn Jahre nicht missen. Sie haben – zumindest für meine Begriffe – wesentlich zur Horizonterweiterung beigetragen. Ich habe stets – das möchte ich auch nicht verschweigen – über die Fraktionen hinweg Anerkennung und Respekt für meine Person verspürt, und ich habe auch das Meinige dazu beigetragen. Es hat sich so verhalten, wie man sagt: Wie man in den Wald hinein ruft, so kommt es zurück. Ich habe mich bemüht, über die Fraktionsgrenzen hinweg die einzelnen Personen sehr human und sehr menschlich einzuschätzen und ihnen auch so zu begegnen. – Ich bedanke mich bei Ihnen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich bei Ihnen allen für diese Haltung. Und wenn man mich fragt: Was wünschen Sie oder was wünschst du uns denn?, dann würde ich schlicht und einfach sagen: Ich wünsche Ihnen und wünsche euch, daß in diesem Haus stets ein Klima der Humanität und der gegenseitigen Achtung – auch in der Wortwahl – herrschen möge, ein Klima, das dieses Hauses würdig ist und das sich unsere Bürger, die uns hierher entsandt haben, in der Mehrzahl auch wünschen.

Weil in wenigen Tagen Weihnachten ist, wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest, frohe Feiertage und für 1997 alles Gute! Und das, was wir uns gemeinsam für 1997 wünschen, möge auch in den darauffolgenden Jahren, so gut es geht, in Erfüllung gehen. – Alles Gute! (Allgemeiner anhaltender Beifall.)

22.30

Präsident Josef Pfeifer: Meine Damen und Herren! Herr Bundesrat Pramendorfer! Beinahe bin ich von Ihrer Mitteilung, daß Sie diesem Hause nicht mehr angehören werden, überrascht worden. Ich glaube, ich darf hier zum Ausdruck bringen, daß wir einen Verlust erleiden und daß dieses Haus einen Verlust erleidet.

Ich habe Sie persönlich in der kurzen Zeit meiner Anwesenheit hier als einen korrekten und zuvorkommenden Menschen kennen- und schätzen gelernt. Ich wünschen Ihnen, Herr Bundesrat, im eigenen Namen und im Namen aller Bundesrätinnen und Bundesräte als Bundesrat einen wohlverdienten Ruhestand, viel Glück und vor allem viel, viel Gesundheit. Ich hoffe sehr auf ein Wiedersehen. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach. Ich bitte Sie, zu sprechen.

22.32

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Damen und Herren! Bevor ich zum Thema zurückkomme, möchte auch ich unserem


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Kollegen Pramendorfer danke sagen für die Art, wie er hier in diesem Hause gewirkt hat. Herr Kollege! Sie werden uns fehlen! Und wir freuen uns, wenn Sie wieder kommen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte meinen Ausführungen zum Gesetzesbeschluß des Nationalrates, der die Errichtung der Österreichischen Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal GmbH ermöglicht, ein Zitat aus dem Expertenentwurf für das technologiepolitische Konzept 1996 der Bundesregierung voranstellen, das da lautet: "Langfristig betrachtet sind innovative, international wettbewerbsfähige Unternehmungen wesentlicher Garant für die Aufrechterhaltung eines hohen Einkommensniveaus und damit auch der Finanzierung der öffentlichen Haushalte. Versäumnisse im Bereich Forschung, Technologie, Entwicklung und der einschlägigen Infrastruktur mindern künftige Einkommenschancen."

Meine Damen und Herren! Unseres Erachtens ist dieser Einschätzung mit dem Gesetzesbeschluß des Nationalrates Rechnung getragen worden. Die bisherigen Erfahrungen einerseits durch die Erweiterung der Teilrechtsfähigkeit und andererseits durch das Mehr an unternehmerischen Befugnissen und Gestaltungsmöglichkeiten der Geschäftsführung haben gezeigt, daß die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllt werden konnten. Daher war es richtig, die Ausgliederung des Arsenals in Angriff zu nehmen. Ich bin überzeugt, daß das Arsenal die dadurch gebotenen Möglichkeiten nutzen wird.

§ 4, der den Unternehmensgegenstand, die Aufgaben und Befugnisse regelt, bietet dazu die rechtlichen Voraussetzungen. Die Verpflichtung zur Bedachtnahme auf die Bedürfnisse der Wirtschaft, der Umwelt und der Gesellschaft ist zu begrüßen. Daß insbesondere Fachgebiete wie Umwelttechnik, Biotechnik, Maschinenbautechnik, Verfahrenstechnik, Energietechnik, Elektronik und verwandte Techniken einen Schwerpunkt der Forschung und Entwicklung im Arsenal bilden sollen, zeigt, daß gerade auf den Gebieten, für die in Österreich Bedarf besteht, Impulse gesetzt werden sollen.

Zur Untermauerung möchte ich Ihnen einige wenige Zahlen zu Gehör bringen: Laut Bundesvoranschlag 1996 beabsichtigt der Bund, nach sozioökonomischen Zielsetzungen im Bereich Forschung und Entwicklung von den veranschlagten 15,6 Milliarden 4,9 Prozent für die Erforschung der Erde, des Meeres, der Atmosphäre und des Weltraumes einzusetzen, 1,4 Prozent sollen für Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie verwendet werden, 2,3 Prozent sollen für Transport-, Verkehrs- und Nachrichtenwesen bereitgestellt werden.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht viel. Die neue Rechtsform des Arsenals wird es aber ermöglichen, daß durch Eigeninitiativen Aufträge und auch EU-Gelder lukriert werden können. Man denke etwa nur an den Ausbau der transeuropäischen Netze!

Nun aber, weil auch ich mich kurz halten möchte, zu dem von Professor Böhm kritisierten § 2, vor allem zu den Absätzen 4 und 5, denn ich nehme an, daß Sie in Ihren Ausführungen diese beiden Absätze angesprochen haben. Ich meine, daß der Gesetzestext, wenn man ihn wirklich liest, eigentlich deutlich genug ist und verstehe daher Ihre Kritik nicht ganz. Im Gesetzestext heißt es: "Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird weiters ermächtigt, nach Maßgabe des Abs. 5 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen 100 Prozent der von ihm im Rahmen seiner Gesellschafterfunktion verwalteten Anteile des Bundes an der Gesellschaft an die Österreichische Forschungszentrum Seibersdorf GmbH zu übertragen." So weit, so gut.

Abs. 5 lautet: "Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst hat in Ausschöpfung seiner Funktion als Verwalter der Anteile des Bundes an den beiden Gesellschaften so rechtzeitig auf eine entsprechende Beschlußfassung der betroffenen Gesellschaftsorgane hinzuwirken, daß eine strategische und operative Zusammenführung der Gesellschaft und der Österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf GesmbH bis zum 31. Dezember 1998 erfolgen kann. Zur Vorbereitung dieser Zusammenführung hat die Österreichische Forschungszentrum Seibersdorf GesmbH gemeinsam mit der Gesellschaft bis zum 30. Juni 1998 ein Unternehmenskonzept vorzulegen, in dem Varianten der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbständig


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keit und die Auswirkungen der Zusammenführungen, insbesondere deren wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit, darzulegen sind."

Ich kann nirgends die Tatsache heraus lesen, daß der Minister zusammenführen muß. Für mich handelt es sich hiebei um eine Ermächtigung.

Weiters meine ich, daß man sich auch die Ausschußfeststellung des Nationalrates genauer ansehen sollte, die immerhin verbindlichen Charakter hat. Diese Ausschußfeststellung besagt, daß auch Varianten der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbständigkeit berücksichtigt werden können.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe daher Ihre Aufregung nicht! Meines Erachtens ist eindeutig vorgesehen, daß die Zukunft der beiden Unternehmungen nach den Regeln der Vernunft gestaltet werden soll. Das sollte allerdings, meine Damen und Herren – hier nur so nebenbei gesagt –, in allen Bereichen, in denen es um österreichisches Vermögen geht, das einzige Leitmotiv sein. Wir halten das Gesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal für ein taugliches Instrument, um den zukünftigen Herausforderungen in Forschung, Technologie und Entwicklung im europäischen Maßstab gewachsen zu sein. Daher werden wir dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben, die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.39

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gelangt Herr Präsident Dr. Schambeck.

22.39

Bundesrat Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir uns heute am Ende dieser Tagesordnung und am Ende dieses Jahres nach einer langen Reihe von Gesetzen, mit denen wir uns alle gemeinsam bemüht haben, auch einen europäischen Weg zu gehen, mit angewandter Forschung und ihrer organisatorischen Zuordnung beschäftigen, dann können wir, ganz gleich, ob wir der Organisationsform – wie Herr Professor Böhm gesagt – negativ oder positiv gegenüberstehen, etwas feststellen: Es wird in diesem Fall im Einvernehmen mit der Wissenschaft praktische Forschungsarbeit geleistet und damit auch zur Europareife unseres Landes beigetragen.

Es ist schön, daß es neben der praktischen Arbeit und der akademischen Forschungswissenschaftsarbeit auch solche Einrichtungen gibt, bei denen die Kooperation von Wissenschaft und Praxis gegeben ist. Ich erinnere etwa nur an das TGM, ich erinnere an die ETH in der Schweiz. Und es besteht mit dem Arsenal eine Forschungseinrichtung, die sowohl für die Industrie – was sicherlich Präsident Mautner Markhof ebenso bestätigen wird wie die übrigen Vertreter der Wirtschaft – als auch für die Landwirtschaft wirksam wird.

Ich freue mich, für die Österreichische Volkspartei sagen zu dürfen, daß wir mit Absicht Herrn Ökonomierat Hermann Pramendorfer nominiert haben, hier dazu zu sprechen. Denn erstens war er aufgrund seiner jahrzehntelangen Agrartätigkeit auch Repräsentant im Arsenal und wird es noch weiter sein. Andererseits freuen wir uns, daß wir mit ihm einen Repräsentanten in der Länderkammer gehabt haben, der die Dimensionen des Föderalismus auch zum Ausdruck gebracht hat.

Frau Präsidentin Haselbach und Herr Präsident Pfeifer haben in liebenswürdiger Weise Herrn Bundesrat Hermann Pramendorfer bereits gewürdigt. Erlauben Sie mir, mich namens der ÖVP-Bundesratsfraktion diesen Worten aus tiefster Überzeugung anzuschließen. Falls Sie denken, das sei jetzt die höfliche Geste eines Menschen, der weiß, was man in einem solchen Augenblick sagt, möchte ich Ihnen sagen, daß die Beziehung zu Hermann Pramendorfer bei mir tiefer geht. Sie wissen: Der Fraktionsobmann kann bestimmen, neben wem er sitzt, denn er bestimmt ja die Sitzordnung. Und ich gestehe Ihnen, daß es mein besonderer Wunsch war, nach dem Ausscheiden von Hofrat Herbert Weiss und den übrigen Freunden mit Herrn Bundesrat Hermann Pramendorfer beisammen sitzen zu können.


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Auch meine Fraktion und mich trifft dieses überraschende Scheiden des Herrn Bundesrates Hermann Pramendorfer sehr. In einer Zeit, in der man sich fragt, welche Dimensionen der Föderalismus hat, vor allem im integrierten Europa, ist das Wirken von Hermann Pramendorfer in seiner Mehrdimensionalität ein Musterbeispiel.

Meine Damen und Herren! Mehr als 35 Jahre war Hermann Pramendorfer in der Kommunalpolitik tätig, und nach seiner Tätigkeit als Gemeinderat und Vizebürgermeister war er auch 17 Jahre Bürgermeister seiner Gemeinde. Er war viele Jahre Kammerobmann und der Repräsentant auch der bäuerlichen Forstbesitzer. Er hatte als Bundesrat unser Vertrauen und auch besonders als Vorsitzender des Agrarausschusses. Er hat den Weg zur Mitgliedschaft Österreichs in der EU mit beschritten und als Vorsitzender des Agrarausschusses der Länderkammer des österreichischen Parlament entscheidend dazu beigetragen, daß es auch bei der Abstimmung, ob Österreich an der Integration Europas teilnimmt, zu einem solchen Ergebnis gekommen ist.

Landwirtschaftsminister Eduard Hartmann hat einst den Satz geprägt: "Agrarpolitik geht jeden an." Und ich glaube, die Repräsentanten der Land- und Forstwirtschaft in diesem Raum werden mir zustimmen, wenn ich sage, daß für diesen Satz: "Agrarpolitik geht jeden an" Hermann Pramendorfer geradezu die Personifikation ist. Denn er war imstande, alle anzusprechen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir in der heutigen Sitzung unter Ihrer dankenswerten Vorsitzführung, Herr Präsident Pfeifer, der Sie für das Bundesland Kärnten auch ein verdienter jahrelanger Kommunalpolitiker und Bürgermeister sind, zum Ende dieses Jahres 1996 kommen, dann gehen wir auch als Länderkammer zum Ende dieses Millenniumsjahres. Meine Damen und Herren! Ein gutes Kind soll sich bemühen, den Muttertag nicht nur einmal im Jahr zu begehen, sondern jeden Tag seiner Mutter gerecht zu sein. Genau dasselbe gilt auch für andere Gedenktage. In diesem Sinne sollten wir uns bemühen, den Geist der Verpflichtung dieses Millenniumsjahres Österreichs auch in den kommenden Jahren durch eine entsprechende Bürgerhaltung weiter zu tragen. Und für diese Bürgerhaltung ist Hermann Pramendorfer als ein Diener des Volkes im ländlichen Raum für meine Fraktion und für mich ein wegweisendes Musterbeispiel.

Herr Bundesrat! Du scheidest in deiner Funktion aus. Der Herr Präsident hat es aber schon angedeutet: Du gehst vielleicht als Bundesrat, aber sicherlich nicht als Bürger der demokratischen Republik Österreich in den Ruhestand. Du wirst sicherlich mit deinem Beispiel weiter wirken, und du wirst auch über unsere Fraktionsgrenzen hinaus als das Vorbild eines Parlamentariers, nämlich als eines Volksvertreters, uns allen unvergeßlich bleiben. Dein Maßstab wird weiter wirken über deine Funktionsperiode hinaus, und unser Dank begleitet dich mit den aufrichtigsten Wünschen! Gottes Segen auf deinen Wegen! Vergelt’s Gott! (Allgemeiner Beifall.)

22.45

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .


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620. Sitzung / Seite 195

29. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 Geschäftsordnung Bundesrat (96/A-BR/96)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen aufgrund der neu beschlossenen Tagesordnung zum nunmehrigen Punkt 29 der Tagesordnung: Selbständiger Antrag der Bundesräte Herbert Schambeck, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 Geschäftsordnung Bundesrat (96/A-BR/96).

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konečny.

22.47

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Selbständige Antrag soll bewirken, daß sich zumindest ein großer Kreis von Bundesräten, nämlich rund ein Drittel der Mitglieder dieses Hauses, entsendet von ihren Klubs, ein originäres Bild davon machen kann, wer die 25 Personen sind, die sich für die Mitgliedschaft im Verfassungsgerichtshof, für die dem Bundesrat das Vorschlagsrecht zukommt, beworben haben. Sicherlich gibt auch das nur einen partiellen Eindruck, es ist aber doch ein qualitativer Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand. Ich glaube, daß dieser Antrag, den alle drei Fraktionen gemeinsam gestellt haben, durchaus zu einer breiteren und sachlicheren Diskussion beitragen kann.

Ich darf zudem einen Abänderungs- oder – um es korrekter zu formulieren – einen Ergänzungsantrag einbringen. Es geht darum, ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, und nicht unbedingt darum, den besten Darsteller eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofes zu finden. Ich glaube, daß die sachliche Diskussion zwischen Bundesräten und Bewerbern etwas bringen kann, aber nicht eine Diskussion, die nach außen hin – früher hat man gesagt: zum Fenster hinaus – geführt wird. Aus diesem Grund bringe ich den Abänderungsantrag der Bundesräte Dr. Schambeck, Konečny und Kollegen jetzt ein. Korrigieren Sie mich, wenn das nicht stimmt! Ich glaube, das ist korrekt, soweit ich weiß besteht aber auch die inhaltliche Zustimmung der freiheitlichen Fraktion. Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

Gemäß § 66 Abs. 3 GO-BR wird der Beschluß gefaßt, daß diese Enquete für Medienvertreter nicht zugänglich ist.

*****

Ich bitte Sie, dem Antrag in der abgeänderten Form zuzustimmen. Meine Fraktion wird das tun. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.50

Präsident Josef Pfeifer: Weiters hat sich Herr Bundesrat Dr. Eugen Bösch zu Wort gemeldet. – Bitte.

22.51

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Wir Freiheitlichen haben heute in der Früh den Selbständigen Antrag zur Abhaltung einer Enquete am 14. Jänner eingebracht. Inhalt dieser Enquete wird es sein, daß die Bewerber um die Mitgliedschaft im Verfassungsgerichtshof einem Hearing unterworfen werden. Wir haben hier den Vorschlag eingebracht, daß der größte Teil des Bundesrates an diesem


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Hearing teilnehmen soll und daß die Bewerber, die bereits feststehen, sich hier den Kollegen in einer Fragestunde stellen sollten.

Wir freuen uns, daß auch ÖVP und SPÖ diesem Selbständigen Antrag gefolgt sind und daß daraus ein Drei-Parteien-Antrag geworden ist. Wir erwarten aber, daß ein solches Hearing für Bewerber in höhere Ämter der Republik auch bei anderen Fällen, in denen der Bundesrat ein Nominierungsrecht hat, weiterhin durchgeführt wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.52

Präsident Josef Pfeifer: Herr Präsident Dr. Schambeck, bitte.

22.52

Bundesrat Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Verfassungsgesetzgeber hat in bezug auf die Nominierung von Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes vorgesehen, daß ein breites Vorschlagsrecht besteht. Es ist daher auch völlig systemimmanent, daß in einer demokratischen Republik auf einer entsprechend breiten parlamentarischen Basis zu der Vorbereitung der Ernennung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofes beigetragen wird.

Daher freue ich mich auch sehr, daß dieser Drei-Parteien-Antrag am Ende eines Jahres mit mannigfachen Unterschiedlichkeiten und Gegensätzlichkeiten – auch die heutige Tagesordnung hat das gezeigt – zustande gekommen ist. Dokumentieren wir daher mit dieser Beschlußfassung, daß es Grundpositionen unserer Staatsrechtsordnung gibt, bei denen über alle Parteigrenzen hinweg mit Ja gestimmt wird. Denn der gegenständliche Tagesordnungspunkt ist ein Ja zum demokratischen Verfassungsstaat und ein Ja zum demokratischen Rechtsstaat. Dafür möchte ich Ihnen aufrichtig danken, meine Damen und Herren!

Ich möchte Sie als Präsident des Bundesrates für das Land Niederösterreich des ersten Halbjahres bitten, daß wir mit diesem Geist unsere Arbeit fortsetzen. Dabei werden die Unterschiedlichkeiten sicherlich nach dem 1. Jänner 1997 nicht anders sein als jetzt, wir sollen aber erkennen, daß es Grundpositionen gibt, die uns gemeinsam verpflichten.

Alle drei Fraktionen haben in den beiden letzten Präsidialsitzungen auch beschlossen, eine eigene Arbeitsgruppe einzusetzen, um hier auch die Geschäftsordnungsreform und die Bundesratsreformen zu erörtern und nach Möglichkeit auch zu beschließen. Ich glaube, daß das Zeichen sind, die wir heute auch bei einer Tagesordnung mit mannigfach kontroversiellen Abstimmungsergebnissen als positiv in den Raum stellen sollen.

Ich sehe es als ein positives Omen an, daß wir hier und jetzt zu dieser Beschlußfassung gelangen. Wer die bisherigen Nominierungen für den Verfassungsgerichtshof und die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes betrachtet, der kann feststellen, daß bei allem beredten Schweigen des österreichischen Staatsrechts der österreichische Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur – ich denke etwa an die Grundrechtsjudikatur zum Beispiel zum Gleichheitssatz und vieles andere – eine großartige Weiterentwicklung genommen hat. Die von der Bundesregierung, vom Nationalrat und vom Bundesrat vorgeschlagenen und vom Herrn Bundespräsidenten nominierten Mitglieder haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten dazu Bedeutendes geleistet. Dem soll auch unser Respekt als Parlamentarier gelten. Mit dem Vorschlag an den Herrn Bundespräsidenten und der entsprechenden Nominierung von Verfassungsrichtern haben wir auch die Möglichkeit, ein Ja zu der Notwendigkeit eines Verfassungsbewußtseins zu sagen.

Ich hoffe sehr, daß wir auch in Zukunft das Unsere zu der Weiterentwicklung der österreichischen Staatsrechtsordnung beitragen können, etwa in bezug auf die Neukodifikation des Bundes-Verfassungsgesetzes, in bezug auf das Inkorporationsgebot, besonders auch in bezug auf die Neukodifikation auch der Grundrechte. Ich glaube, daß es in diesem Zusammenhang von Wichtigkeit ist, sich zu überlegen, wer diese Aufgaben übernehmen soll. Die bisher interessierten Juristen entstammen dem weiten Spektrum verschiedener beruflicher Tätigkeiten des Juristen, selbständig – ich denke etwa an die Rechtsanwälte – oder unselbständig. Ich glaube,


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daß ein solches Hearing hier sehr zur Transparenz der politischen Willensbildung beitragen kann. – Ich danke Ihnen, daß diese einstimmige Beschlußfassung möglich ist und sehe diesem unserem Miteinander beim nächsten Zusammensein im Jänner des kommenden Jahres hier mit großer Aufmerksamkeit positiv entgegen. (Allgemeiner Beifall.)

22.55

Präsident Josef Pfeifer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 96/A-BR/96 betreffend Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Es liegt mir hiezu ein Abänderungsantrag der Bundesräte Dr. Herbert Schambeck und Albrecht Konečny vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Selbständigen Antrag betreffend Abhaltung einer Enquete mit der Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Bundesräte Dr. Herbert Schambeck und Albrecht Konečny ihre Zustimmung geben, um eine Handzeichen. – Danke. Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag auf Abhaltung einer Enquete ist somit angenommen .

Hinsichtlich des Termins des Gegenstandes der Tagesordnung und des Teilnehmerkreises für die soeben beschlossene Enquete darf ich auf den bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangenen Selbständigen Antrag 96/A verweisen.

30. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1997

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen nun aufgrund der Neureihung der Tagesordnung zum 30. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1997.

Mit 1. Jänner 1997 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Bundesland Niederösterreich über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Dr. Herbert Schambeck.

Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Es liegt mir ein von fünf Bundesräten unterstütztes Verlangen gemäß § 57 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor, über die Wahlvorschläge für die Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates eine Debatte durchzuführen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch.

22.58

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Tagesordnungspunkt: Wahl der Vizepräsidenten kennen Sie die freiheitliche Position schon von Wahlen, die hinter uns liegen. Wir Freiheitlichen sind der Auffassung, daß nach § 6 Abs. 3 bei der Wahl der Vizepräsidenten alle drei Mitglieder des Präsi


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diums in das d’Hondtsche Verfahren mit einzubeziehen sind, was zur Folge hätte, daß die drittstärkste Fraktion auch einen Vizepräsidenten vorschlagen kann. – In diesem Sinne schlagen wir Dr. Paul Tremmel vor. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir nominieren zu diesem Amt bewußt nicht unsere Fraktionsvorsitzende, weil wir der Ansicht sind, daß ein Vorsitz in der Fraktion mit dem Amt des Präsidenten oder Vizepräsidenten unvereinbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.59

Präsident Josef Pfeifer: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Bevor ich in den Wahlvorgang selbst eingehe, halte ich fest, daß der Bundesrat gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates anläßlich jedes Wechsels im Vorsitz gemäß Abs. 1 aus seiner Mitte zwei Vizepräsidenten zu wählen hat. Die Wahlen sind nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts nach dem d’Hondtschen Verfahren mit der Maßgabe durchzuführen, daß der erstgewählte Vizepräsident nicht der Fraktion des Präsidenten angehören darf. Die Grundprinzipien der Bundes-Verfassung sowie der Geschäftsordnung des Bundesrates, aber auch die sich damit befassende Literatur gehen bei der Wahl dieser Funktionäre von einer klaren Zweiteilung aus.

Zunächst wird bei der Wahl des Präsidenten das föderalistische Grundprinzip unserer Verfassung zum Ausdruck gebracht, indem der Vorsitz halbjährlich zwischen den Ländern, unabhängig von deren Größe, wechselt. Völlig getrennt davon wird die politische Kontinuität in der Leitung des Bundesrates durch die Vizepräsidenten verwirklicht, weil diese nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes, also nach der Stärke der Fraktionen, zu wählen sind.

Die Interpretation der gegenständlichen Bestimmungen ergibt klar, daß ein Vorschlagsrecht für die Vizepräsidenten den beiden stärksten Fraktionen im Bundesrat zukommt. Darüber hinaus hat der Geschäftsordnungsgesetzgeber eine Spezialbestimmung in die Richtung geschaffen, daß der erstgewählte Vizepräsident nicht von jener Fraktion gestellt werden soll, welcher der Präsident angehört. Diesbezüglich wurde eine klare Stellvertretungsregelung in die Richtung normiert, daß der Präsident nicht durch den Vizepräsidenten derselben Fraktion vertreten werden soll, sondern von jenem Vizepräsidenten, den die andere der beiden stärksten Fraktionen stellt.

Weiters sieht § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, daß diesbezügliche Wahlvorschläge zu ihrer Gültigkeit von mehr als der Hälfte der Bundesräte, denen ein Vorschlagsrecht zukommt, unterfertigt werden müssen.

All dies bedeutet, daß der Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für den ersten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1997 sowie jener der ÖVP-Fraktion für den zweiten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1997 den Bestimmungen der Geschäftsordnung genügen und daher zur Wahl zu stellen sind.

Der Wahlvorschlag der Freiheitlichen, also der drittstärksten Fraktion des Bundesrates, ist hingegen als nicht den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend zurückzuweisen.

Ich werde daher den Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für den ersten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1997 sowie jenen der ÖVP-Fraktion für den zweiten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1997 zur Abstimmung bringen.

Wahl der Vizepräsidenten

Präsident Josef Pfeifer: Ich gehe daher nunmehr in den Wahlvorgang selbst ein.


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Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen. Oder wird die Durchführung der Wahl mittels Stimmzetteln gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hierfür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Danke. Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen . (Allgemeiner Beifall.)

Frau Vizepräsidentin! Herzlichen Glückwunsch! Ich frage Sie, ob Sie die Wahl annehmen?

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Danke vielmals. Ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Wir kommen nun zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hierfür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich ebenfalls von den Sitzen zu erheben. – Dies ist ebenfalls Stimmeneinhelligkeit .

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen . (Allgemeiner Beifall.)

Ich frage auch Sie, Herr Vizepräsident, ob Sie die Wahl annehmen.

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und nehme die Wahl ebenfalls an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Wahl der Schriftführer

Präsident Josef Pfeifer: Wir kommen zur Wahl der beiden Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen Helga Markowitsch und Ilse Giesinger, ein bewährtes Team, für das erste Halbjahr 1997 zu Schriftführern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, werde ich die Wahl unter einem durch Handzeichen durchführen.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen .

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl gerne an. Danke. (Allgemeiner Beifall.)

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)


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Wahl der Ordner

Präsident Josef Pfeifer: Wir kommen zur Wahl der drei Ordner.

Es liegt mir ein Vorschlag vor, die Bundesräte Ludwig Bieringer, Erhard Meier und Andreas Eisl für das erste Halbjahr 1997 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls ebenfalls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist Einstimmigkeit .

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen .

Ich frage auch in diesem Fall die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen. Herr Ludwig Bieringer!

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Josef Pfeifer: Herr Erhard Meier!

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Ich danke und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Josef Pfeifer: Herr Andreas Eisl!

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Ich nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe abschließend noch bekannt, daß der am 18. 12. 1996 von einem Drittel der Bundesrätinnen und Bundesräte unterstützte Gesetzesantrag der Bundesräte Dr. Schambeck und Kollegen betreffend eine Novelle zum Bundesgesetz, mit dem die Ermächtigung zur Veräußerung von Anteilsrechten an der "Creditanstalt-Bankverein" und der "Österreichischen Länderbank Aktiengesellschaft" zum Erwerb von Anteilsrechten an Banken oder Bankholdinggesellschaften erteilt sowie das Bundesgesetz BGBl. Nr. 323/1987 abgeändert werden, BGBl. 163/1991, eingebracht wurde. Diesen Gesetzesantrag habe ich gemäß Artikel 41 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz dem Nationalrates zur geschäftsmäßigen Behandlung übermittelt.

Weiters teile ich mit, daß der Antrag 95/A zurückgezogen wurde.

Eingelangt ist ein Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Schambeck, Konečny, Dr. Riess-Passer, Dr. Bösch und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete, 96/A. Dieser Punkt war heute als 29. Gegenstand der heutigen Tagesordnung.

Abschließend gebe ich noch bekannt, daß seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zwei Anfragen, 1239/J bis 1240/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichen Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 16. Jänner 1997, 13 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen der 12. Sportbericht 1995, der Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über sie soziale Lage 1995 und die Erstattung eines Vorschlages des Bundesrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes in Betracht.

Die Sitzung beginnt mit einer Fragestunde. Es werden Anfragen an den Bundesminister für Finanzen zum Aufruf gelangen.


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Die Ausschußvorberatungen sind für denselben Tag ab 10 Uhr vorgesehen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bevor ich die letzte Sitzung in diesem Jahre schließe, darf ich Ihnen, geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte, und Ihren Angehörigen und Freunden sowie allen Bediensteten dieses Hauses zum bevorstehenden Weihnachtsfest, das ein friedliches und freudiges Fest sein möge, alles erdenklich Gute wünschen. Ebenso wünsche ich Ihnen ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr 1997.

Die Sitzung ist geschlossen . (Allgemeiner Beifall.)

Schluß der Sitzung: 23.11 Uhr