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662. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 16. März 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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662. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 16. März 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 16. März 2000: 9.03 – 18.29 Uhr

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Tagesordnung

1. Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Bauten und Technik und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Behörden-Überleitungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz) und mit dem das Bundesfinanzgesetz 1992 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, geändert und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 geändert wird sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz erlassen werden, und schließlich das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 und das ÖIG-Gesetz geändert sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich einzelner Bundesministerien getroffen werden, aufgehoben werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000)

2. Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Wahl von einem Mitglied und zwei Ersatzmitgliedern in den Bundesrat 6

Angelobung der Bundesrätin Anna Höllerer 6

Schreiben der Oberösterreichischen Landtagsdirektion betreffend eine Ersatzwahl in den Bundesrat 26

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung

Albrecht Konecny 27


Bundesrat
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Ansuchen um Unterbrechung und Abhaltung einer Präsidiale 27

Unterbrechungen 27 und 59

Besprechung einer Anfragebeantwortung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1557/AB-BR/00 gemäß § 60 (2) GO-BR 28

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 60 (2) GO-BR 88

Redner:

Klaus Gasteiger 88

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 89

Georg Keuschnigg 91

Wilhelm Grissemann 91

Personalien

Entschuldigungen 6

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Justiz und Ernennung seines Nachfolgers 26

Schreiben des Bundeskanzlers und der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Nominierung des derzeitigen österreichischen Richters am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Dr. Peter Jann für die folgende Funktionsperiode von sechs Jahren 92

Ausschüsse

Zuweisungen 26

Fragestunde

Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr 7

Dipl.-Ing. Hannes Missethon (1072/M-BR/00); Mag. Dietmar Hoscher, Engelbert Weilharter

Karl Boden (1076/M-BR/00); Mag. Christof Neuner, Peter Rodek

Dr. Peter Bφhm (1079/M-BR/00); Mag. Harald Himmer, Albrecht Konecny

Maria Grander (1073/M-BR/00); Klaus Gasteiger, Wilhelm Grissemann

Hedda Kainz (1077/M-BR/00); Dr. Peter Böhm, Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Alfred Schöls (1074/M-BR/00); Karl Boden, Monika Mühlwerth

Dr. André d'Aron (1080/M-BR/00); Friedrich Hensler, Johann Grillenberger

Johann Kraml (1078/M-BR/00); Dr. André d'Aron, Franz Wolfinger

Ing. Walter Grasberger (1075/M-BR/00); Ferdinand Gstöttner, Christoph Hagen

Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Mag. Melitta Trunk, Hedda Kainz, Johanna Schicker, Brunhilde Fuchs, Herbert Thumpser und GenossInnen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die heute im Bundesrat beschlossene Eingliederung der Frauenpolitik in das Bundesministe


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rium für soziale Sicherheit und Generationen und die daraus resultierende zukünftige Politik für Frauen- und Gleichbehandlungsfragen (1693/J-BR/00)

Begründung: Mag. Melitta Trunk 60

Beantwortung: Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 65

Redner:

Hedda Kainz 71

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 74

Maria Grander 75

Monika Mühlwerth 76

Johanna Schicker 79

Brunhilde Fuchs 82

Herbert Thumpser 85

Engelbert Weilharter 87

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Mag. Melitta Trunk, Hedda Kainz, Johanna Schicker, Brunhilde Fuchs, Herbert Thumpser und GenossInnen betreffend jährlicher Bericht über Initiativen zur Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen 74

Ablehnung 88

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Bauten und Technik und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Behörden-Überleitungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz) und mit dem das Bundesfinanzgesetz 1992 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, geändert und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 geändert wird sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz erlassen werden, und schließlich das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 und das ÖIG-Gesetz geändert sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich einzelner Bundesministerien getroffen werden, aufgehoben werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000) (42/NR sowie 6085 und 6087/BR d. B.)

(2) Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (43/NR sowie 6086 und 6088/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 28

[Antrag, zu (1) und (2) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Johann Kraml 29

Dr. Peter Böhm 32


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Dr. Günther Hummer 35

Staatssekretär Franz Morak 38

Karl Drochter 42

Jürgen Weiss 45

Engelbert Weilharter 47

Stefan Prähauser 49

Peter Marizzi 52

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 54

Dr. Robert Aspöck 56

Ilse Giesinger 57

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Johann Kraml, Karl Drochter, Stefan Prδhauser, Peter Marizzi und Genossen auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend die Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 29

Ablehnung 58

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1) und (2) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 59

Eingebracht wurden

Anfragen

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mautbefreiung für den Pfändertunnel (1687/J-BR/00)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Abkommen mit der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein über polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit (1688/J-BR/00)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Justiz betreffend Gebührenbefreiung nach dem Wohnbauförderungsgesetz (1689/J-BR/00)

der Bundesräte Georg Keuschnigg, Maria Grander und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Einsatz von Zivildienern (1690/J-BR/00)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Ludwig Bieringer und Hans Ager an den Bundeskanzler betreffend Anliegen der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (1691/J-BR/00)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Ludwig Bieringer und Hans Ager an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Anliegen der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (1692/J-BR/00)

der BundesrätInnen Mag. Melitta Trunk, Hedda Kainz, Johanna Schicker, Brunhilde Fuchs, Herbert Thumpser und GenossInnen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die heute im Bundesrat beschlossene Eingliederung der Frauenpolitik in das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen und die daraus resultierende zukünftige Politik für Frauen- und Gleichbehandlungsfragen (1693/J-BR/00)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Maria Grander und Ilse Giesinger an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Preisauszeichnung bei Medikamenten (1694/J-BR/00)


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der Bundesräte Jürgen Weiss, Engelbert Schaufler und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Inneres betreffend Zentrales Melderegister (1695/J-BR/00)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Inneres betreffend Berücksichtigung wohnungsloser Mitbürger im Hauptwohnsitzgesetz (1696/J-BR/00)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Ausdehnung des Assoziationsabkommens zwischen der EU und der Türkei (1697/J-BR/00)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Frage der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen (1556/AB-BR/00 zu 1675/J-BR/99)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Wilhelm Grissemann und Kollegen (1557/AB-BR/00 zu 1674/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Ludwig Buchinger und Kollegen (1558/AB-BR/00 zu 1679/J-BR/00)

 

 


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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 662. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 661. Sitzung des Bundesrates vom 18. Februar 2000 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Hans Ager, Wolfgang Hager und Ing. Polleruhs.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt ist ein Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Wahl von einem Mitglied und zwei Ersatzmitgliedern in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens. Ich darf nur entgegen der üblichen Praxis, dass die Schriftführung vom Rednerpult aus spricht, die Schriftführerin darum bitten, vom Präsidium aus zu sprechen, da Frau Kollegin Kainz doch noch starke Schmerzen in den Beinen hat.

Schriftführerin Hedda Kainz: Dankeschön. Ich darf nun das Schreiben von Mag. Edmund Freibauer, Präsident des Niederösterreichischen Landtages zur Verlesung bringen.

"Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Herr Mag. Karl Wilfing, Mitglied des Bundesrates, hat sein Mandat per 23. 2. 2000 zurückgelegt. Weiters haben Herr Dr. Martin Michalitsch und Herr Mag. Herbert Kullnig ihre Funktion als Ersatzmitglieder des Bundesrates per 23. 2. 2000 zurückgelegt.

Der Landtag von Niederösterreich hat daher in seiner 24. Sitzung am 24. 2. 2000 auf Vorschlag des Landtagsklubs der Volkspartei Niederösterreich Frau Anna Höllerer, geboren 27. 11. 1953, wohnhaft 3492 Engabrunn, Weinbergstraße 59, als Mitglied des Bundesrates und Frau Marianne Lembacher, geboren 30. 12. 1949, wohnhaft 3712 Maissau, Wilhelmsdorf 25, als ihr Ersatzmitglied gewählt.

Weiters wurde Herr Mag. Herbert Kullnig als Ersatzmitglied des Bundesrates (für Bundesrat Alfred Schöls) gewählt."

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieses Schreibens.

Frau Bundesrätin Anna Höllerer ist im Hause anwesend. Wir werden daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich darf um die Verlesung der Gelöbnisformel ersuchen.

Schriftführerin Hedda Kainz: "Sie werden geloben, unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Ich gelobe.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke Ihnen für das Gelöbnis und begrüße Sie ganz herzlich in unserer Mitte! (Allgemeiner Beifall.)


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Fragestunde

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1072/M-BR/00, an den Herrn Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

Sind Sie der Meinung, dass eine rein elektronische Bemautung, so wie Sie sich das vorstellen, praktisch durchführbar ist?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ist das jetzt schon die Zusatzfrage? (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Entschuldigung, ich habe die Blätter vertauscht! – Heiterkeit.)  – Die ursprünglich vorgesehene Frage lautet anders, aber ich kann auch bei der Zusatzfrage beginnen und antworte mit einem klaren Ja.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich möchte Sie aber trotzdem bitten, Herr Kollege Missethon, dass Sie Ihre ursprüngliche Frage an den Herrn Bundesminister richten, denn dieses Ja ist uns letztendlich doch etwas zu kurz. – Bitte.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1072/M-BR/00

Wie weit sind die Vorbereitungen zur Umsetzung der fahrleistungsabhängigen LKW-Maut bereits gediehen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Zunächst eine Feststellung: Für die Beantwortung dieser Frage besteht eine zukünftige Zuständigkeit, nämlich ab 1. 4. 2000. Derzeit ist meine Zuständigkeit dafür noch nicht gegeben. Bei der Zusatzfrage ist sie dann gegeben, da Sie nach meinen Vorstellungen fragen.

Ich beantworte diese Frage selbstverständlich auch, beziehe mich dabei aber im Wesentlichen auf die Angaben der Abteilung.

Die ASFINAG ist seit Jänner 1998 mit der Umsetzung des im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz vorgesehenen Mautsystems für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht beauftragt. Die Detailplanungen sind praktisch abgeschlossen.

Die Lage der Mautstellen ist in der Verordnung BGBl. Nr. 28/2000 festgelegt. Die für die Errichtung der Mautstellen notwendigen Behördenverfahren sind zu 80 Prozent abgeschlossen. Die zusätzlich notwendigen Grundflächen sind ebenfalls bereits zu zirka 80 Prozent erworben worden.

Die örtliche Bauaufsicht für die Errichtung der Mautstellen ist basierend auf den Ergebnissen einer öffentlichen Ausschreibung beauftragt worden.


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Für drei Mautstellen sind die straßenbaulichen Arbeiten im Zusammenhang mit Sanierungs- beziehungsweise Neubauarbeiten an der Autobahnschnellstraße bereits im Laufen. Für die übrigen Mautstellen laufen Bauvorarbeiten.

Zur Integration des mauttechnischen Systems EU/CEN-kompatible Funkmaut/Mikrowelle ist die erste Stufe eines internationalen Ausschreibungsverfahrens, die Interessensuche, abgeschlossen. Die zweite Stufe, in der vier verbliebene Konsortien, darunter die bedeutendsten europäischen Mautsystemlieferanten, zu konkreten Anbotlegungen aufgefordert werden, wird im April 2000 gestartet.

Mit der Schweiz konnte bereits Einvernehmen erzielt werden, dass das ab 2001 für die Entrichtung der Schweizer Schwerverkehrsabgabe vorgesehene Bordgerät auch für die automatische Bezahlung der österreichischen Maut verwendet werden kann.

Wenn die Umsetzungsarbeiten, die bisher einen Kostenrahmen von 375 Millionen Schilling umfassen, zügig fortgesetzt werden können, ist der von der ASFINAG angegebene Termin, Juli 2002, für die Inbetriebnahme des fahrleistungsabhängigen Mautsystems auch weiterhin zu halten.

Dies ist der Stand der Dinge, die offizielle Stellungnahme. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass ich mich bei der Vorarbeit und im Wissen, ab 1. 4. zuständig zu sein, gerade in dieser Frage sehr ausführlich informiert habe und dass ich auch auf Grund der Gespräche in der letzten Woche doch die Ansicht vertrete, dass die Errichtung der Mautstellen allemal noch zu hinterfragen ist.

Das elektronische Mautsystem wird in jedem Fall und unabhängig von dem dualen System oder dem berührungsunabhängigen System im Höchstausmaß, das heißt entweder zu 100 oder zu 90 Prozent gefordert sein. Das heißt, diesen Bereich betrifft es nicht. Es geht also nicht um eine Frage der Ideologie – sozusagen: Mache ich Mauthütterln oder ein elektronisches System? –, sondern es geht in Wahrheit darum, ob die Kontrolle über ein Mauthütterl-System, das insgesamt etwa 2 Milliarden Schilling kosten und etwa 1 000 Personen Beschäftigung geben würde, unbedingt erforderlich ist. Das wird derzeit noch hinterfragt.

Die laufenden und bereits getätigten Arbeiten, die ich dargelegt habe, sind von mir so zur Kenntnis zu nehmen. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Und meine Zusatzfrage haben Sie mit "ja" beantwortet. – Heiterkeit.)


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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Mag. Hoscher gewünscht. Ich darf ihn bitten, die Zusatzfrage zu stellen.

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Für die effiziente Implementierung der LKW-Maut wird es notwendig sein, dass es zu einer effizienten Abstimmung zwischen den Konzerngesellschaften ÖSAG und Alpenstraßen AG kommt, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Welche Anforderungen werden Sie daher anlässlich der Neubestellung des Vorstandes der Alpenstraßen AG stellen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Die Forderung der Objektivierung, die gewährleisten muss, dass die sachlich beste Person bestellt wird.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Inwieweit sind in diese Vorbereitung die umweltbelastenden Faktoren mit einbezogen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: In Bezug auf die Errichtung der Mautstellen kann man festhalten, dass die Bemautung insgesamt doch den Effekt haben soll, dass es zu einer besseren Umweltverträglichkeit des Transportes auf der Straße kommt. Ich habe bewusst das Wort "soll" verwendet, weil wir zurzeit auch in schwierigen Verhandlungen mit der Europäischen Union betreffend die Plafondierung der Einheiten des Transitverkehrs, die Öko-Punkte und im Besonderen – ich glaube, diesbezüglich kommt noch eine Frage – die Brenner-Maut sind.

Die Bemautung, die schlussendlich ein Ersatz – ein sehr vernünftiger Ersatz! – für mehrere bisherige Systeme sein soll, sollte natürlich auch zu einer Verbesserung im Bereich der Emissionen führen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 2. Anfrage, die Herr Bundesrat Boden stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1076/M-BR/00

Welche unternehmenspolitischen Maßnahmen halten Sie bei den Österreichischen Bundesbahnen für erforderlich?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Bundesrat! In unternehmenspolitischer Hinsicht erfolgte mit dem Bundesbahngesetz 1992 eine gesellschaftsrechtliche Verselbständigung der Österreichischen Bundesbahnen. Damit verbunden ist ab 1. Jänner 1994 einerseits die Trennung – die rechnerische, finanzielle, personelle und organisatorische Trennung – des Gesamtunternehmens ÖBB in die Unternehmensbereiche Erbringung von Verkehrsleistungen – der so genannte Absatz – und Eisenbahn-Infrastruktur sowie andererseits eine wesentliche Einschränkung des Weisungsrechtes an den Vorstand der ÖBB auf zwei konkrete Tatbestände gemäß § 12. – Daher sind die Österreichischen Bundesbahnen nach kaufmännischen Grundsätzen wie jede andere Kapitalgesellschaft der Privatwirtschaft zu führen.

Die Aufgabe des Bundesministers erstreckt sich gemäß Bundesbahngesetz 1992 auf die Wahrnehmung der Eigentümerfunktion, der verkehrspolitischen Funktionen und der Bestellerfunktion im Bereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Im Einzelnen umfassen diese Funktionen die Bestellung des Aufsichtsrates und die Feststellung des Jahresabschlusses inklusive der damit verbundenen Entlastung der Gesellschaftsorgane, die Kostentragung für den Betrieb sowie die Erhaltung und den Ausbau der Bahn-Infrastruktur. Damit verbunden sind die Vorgaben für den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur per Übertragungsverordnung auf Basis eines Verkehrswegeplanes.

Die Feststellung der generellen Kriterien für das Infrastrukturbenützungsentgelt ist ebenfalls Aufgabe des Ministeriums sowie weiters der Abschluss von Verträgen über die Bestellung und Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Dies sind Leistungen im gesamtwirtschaftlichen Interesse, die auf Grund einzelwirtschaftlicher Kriterien nicht kostendeckend erbracht werden können. Diese Verkehrsleistungen sind vom Bundesministerium gesondert zu beauftragen und auch gesondert zu bezahlen. Auf Basis eines mehrjährigen Bestellrahmens werden für jedes Jahr nach bestimmten festgelegten Kriterien die von den ÖBB erbrachten Leistungen abgerechnet.

Damit sind die Aufgaben des Bundesministers in Bezug auf das Unternehmen ÖBB auf der Grundlage des durch den Nationalrat beschlossenen Bundesbahngesetzes in ihren wesentli


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chen Grundzügen beschrieben. Damit fällt aber auch die Erstellung von Unternehmenskonzepten und die damit verbundene Umsetzung von unternehmenspolitischen Maßnahmen eindeutig in den Aufgabenbereich des Vorstandes der Österreichischen Bundesbahnen.

In diesem Kontext kommt mir als Vertreter der Eigentümerrechte und als letztlich für das Unternehmen politisch Verantwortlichem die Aufgabe zu, für die Einhaltung der finanziellen Vorgaben des Bundes – Stichwort: Bundeszuschuss – und für die Umsetzung der einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union in Bezug auf das Eisenbahnwesen – zum Beispiel Netzzugang, Wettbewerb – zu sorgen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Steht diese Bundesregierung zu den im Rahmen des Sparpaketes 1997 mit den österreichischen ÖBB-Gewerkschaftern ausverhandelten Kompromissen, etwa im Bereich des Pensionsrechtes?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Wir vertreten die Meinung – und ich im Besonderen –, dass vereinbarte Kompromisse, vereinbarte Regelungen allemal, wie es in einer Demokratie üblich ist, verhandelbar sind. So gesehen behaupte ich jetzt nicht, dass ich beabsichtige, dies alles zu ändern – das festzustellen ist mir sehr wichtig –, aber ich behaupte auch nicht, dass alles bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag festgeschrieben ist.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Mag. Neuner gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In welchem Zeitraum planen Sie die vorgesehene Verselbständigung der Österreichischen Bundesbahninfrastruktur und Fusion derselben mit den Bahnbau-Sondergesellschaften?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich denke, dass ich ziemlich ausführlich dargelegt habe, dass es bereits eine weitgehende Verselbständigung auf Grund des unternehmenspolitischen Konzeptes und der Beschlüsse des Nationalrates gibt. Eine noch weitere Verselbständigung würde bedeuten, wir geben keine Zuschüsse mehr und lassen das Unternehmen allein. Das beabsichtigen wir nicht.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Rodek. – Bitte.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ihr Amtsvorgänger hat den Satz "Schiene statt Verkehrslawine" gepredigt, gleichzeitig wurden aber in seiner Amtszeit wichtige Strecken eingestellt.

Meine Frage lautet: Wie stehen Sie zum Ausbau dieser "Rollenden Landstraße" als Alternative zum Güterverkehr auf der Straße?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Es ist zwar nicht meine Aufgabe, meinen Vorgänger zu verteidigen, aber vielleicht hat er gemeint, dass die Schiene dort notwendig ist, wo eine Verkehrslawine ist, und dass dort, wo keine Verkehrslawine ist, auch keine Schiene erforderlich ist – wenn ich das dahin gehend interpretieren darf.


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Zur Gesamtfrage: Sie lässt sich, wie ich meine, nicht in einem Satz oder mit einem kurzen Statement beantworten. Aber insgesamt gesehen muss man natürlich bedenken und sehr genau beobachten, ob das gesamteuropäische Konzept tatsächlich eine Tendenz zur Schiene spüren und auch erkennen lässt. Man muss auch prüfen, inwieweit unsere Investitionen unter Umständen Insellösungen sind.

Ich denke, dass ich damit sehr klar zum Ausdruck gebracht habe, dass uns sehr wohl bewusst ist, dass zum Beispiel die Deutsche Bundesbahn im Frachtverkehr rückläufige Tendenzen hat. Außerdem müssen wir beobachten, dass die Europäische Union jetzt, wo es darum geht, die Plafondierung bei der Brenner-Maut auf der Straße auch zur Umsetzung zu bringen – sprich: bestehende Verträge einzuhalten –, Neuverhandlungen will, was bedeutet, dass sich die erklärten Willenskundgebungen Richtung Schiene in der Praxis nicht ganz so zeigen.

Meine und unsere Aufgabe wird es sein, einerseits diesen Weg auf die Schiene politisch zu vertreten und andererseits natürlich auch die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür zu schaffen – dies aber nur dann, wenn ein bestimmtes Maß an Gewährleistung dafür vorhanden ist, dass sie auch genutzt werden.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 3. Anfrage, 1079/M-BR/00, die Herr Bundesrat Dr. Böhm stellen wird. Herr Bundesrat Dr. Böhm! Ich darf Sie um die Verlesung Ihrer Anfrage bitten.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1079/M-BR/00

Wie werden Sie sicherstellen, dass es trotz der Konzentration der anwendungsorientierten Forschung und der entsprechenden Förderungsinstrumente in Ihrem Ressort zu einer engen Verbindung mit der im Bildungsressort angesiedelten Grundlagenforschung kommt?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die Konzentration der budgetären und hoheitsrechtlichen Zuständigkeit für die drei wesentlichen Forschungsförderungsfonds FFF, FWF und ITF im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ist zur Sicherstellung einer effizienten Steuerung der Bundesmittel und der erforderlichen Koordination zwischen den drei Fonds insbesondere bei der Abstimmung über mittel- und langfristige Forschungsschwerpunktprogramme notwendig gewesen.

Dadurch ist jedoch in keiner Weise auf der operativen Ebene die Verbindung mit der im Bildungsressort angesiedelten Grundlagenforschung unterbrochen – das ist mir sehr wichtig –, da sich an den Vergabekriterien insbesondere beim FWF durch die Kompetenzübertragung nichts geändert hat und weiterhin Forscher und Forschergruppen aus den Universitäten beziehungsweise dem Bereich der Akademie der Wissenschaften und sonstiger außeruniversitärer Grundlagenforschungseinrichtungen antragsberechtigt bleiben.

Nach den autonomen Vergaberichtlinien des FWF wird kein einziger Antragsteller beim FWF in Hinkunft nur deswegen diskriminiert – diesbezüglich gibt es Befürchtungen –, weil Hochschul- und Akademieangelegenheiten Sache des Bildungsressorts sind. Die wirkliche Verbindung in der Forschung wird übrigens in der Praxis durch die Forscher selbst regelmäßig hergestellt, wie das erfolgreiche Auftreten österreichischer universitärer und außeruniversitärer Forschungsinstitute im Rahmen des vierten EU-Rahmenprogramms in den letzten Jahren zeigt.

Bei den Förderungsentscheidungen spielen nicht einmal nationale Grenzen zwischen den einzelnen Förderungseinrichtungen und erst recht keine innerstaatlichen Kompetenzgrenzen eine Rolle. Ich habe aber dennoch vor, mit Frau Bundesministerin Gehrer ein Verwaltungs


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übereinkommen anzustreben – wir haben schon Gespräche in dieser Richtung geführt –, das in der täglichen Arbeit auf Ministeriumsebene das reibungslose Zusammenwirken der beiden für Forschungsfragen zuständigen Sektionen in den beiden Ressorts weiterhin sicherstellen wird. Dies betrifft aber eher Fragen der Entsendung österreichischer Experten in die Programm-Komitees des fünften EU-Rahmenprogrammes für Forschung und technologische Entwicklung und sonstige "business as usual"-Fragen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Ich bin kein Freund der in Österreich verbreiteten Praxis der "Kommissionitis", möchte Sie aber dennoch fragen: Könnten Sie sich auf der Basis dieses angesprochenen Verwaltungsübereinkommens vorstellen, zur Verbesserung der Koordination und der Kooperation eine interministerielle Arbeitsgruppe für die grundsätzliche Forschungspolitik einzusetzen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Selbstverständlich ja, das wurde bereits angesprochen. Ich halte darüber hinaus aber auch fest, dass die Zusammenführung der Ressorts und insbesondere der Fonds – sprich: die Zusammenführung im finanziellen Bereich – schon auch den positiven Effekt haben sollte, dass man pro futuro nicht in ein Schrebergarten-Denken verfällt. Dabei wird es sehr wichtig sein, dass das Ministerium dann nicht sozusagen der Dachverband der Schrebergärten ist, sondern eine wirklich sinnvolle Zusammenführung und Kooperation gewährleistet.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister! Welche Schwerpunkte werden Sie im Bereich der Forschung setzen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Einer der Schwerpunkte wird sein, dass ich dort nicht unmittelbar meine privaten Vorstellungen verwirklichen werde, sondern wie bisher die entsprechenden Gremien – sei es die Wirtschaft, sei es die Universität, der universitäre oder außeruniversitäre Bereich –, die kreativ und innovativ in ihrem Denken an uns herankommen, unterstützen werde. Das werden unsere Schwerpunkte sein.

Der wichtigste Schwerpunkt für mich wird sein, dafür zu sorgen, dass bei allen budgetären Nöten, die wir grundsätzlich als Bundesregierung zu bewältigen haben, der Forschungsbereich nicht zu Schaden kommt. Es haben auch bis jetzt die Verhandlungen mit dem Finanzminister das Ergebnis gebracht, dass wir auf unserem Level weiterarbeiten können und dass die Forderungen aller Fonds eigentlich abgedeckt werden können. Ich glaube, das ist zunächst einmal die wesentlichste Grundlage.

Ich habe mich dazu auch schon öffentlich geäußert und erklärt, dass ich bereit bin, das eine oder andere investive Vorhaben zurückzustellen, bevor wir auch nur in einem Punkt im Forschungsbereich Einschränkungen in Kauf nehmen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Konecny gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Abgesehen davon, dass ich Ihnen wünsche, dass die konkrete Koordinierung zwischen den beiden Ressorts weniger Ar


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beitsaufwand erfordert, als Sie jetzt Wortaufwand betreiben mussten, um die Rahmenbedingungen zu beschreiben, würde mich interessieren, warum, wenn alle drei für eine Regierungsbildung in Frage kommenden Parteien im Herbst erklärt haben, dass sie für eine Zusammenfassung der Forschungskompetenzen in einem Ressort sind, nun zwei dieser Parteien eine Regierung gebildet haben, bei der dieses Ziel nicht erreicht wurde.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich war bei den Koalitionsverhandlungen selbst nicht anwesend, aber vielleicht ist das darauf zurückzuführen, dass nicht drei Parteien die Regierung gebildet haben. Sie haben gemeint, drei Parteien haben sich darauf geeinigt, dass die Kompetenzen zusammengeführt werden, und zwei schaffen es jetzt nicht. (Bundesrat Konecny: Alle drei haben es gesagt, und zwei haben es nicht geschafft!)

Herr Bundesrat! Wie gesagt, ich war bei den Verhandlungen nicht dabei, daher kann ich diese Frage nicht dahin gehend beantworten, welche Beweggründe dafür ausschlaggebend waren. Meine Mutmaßung ist allemal die, dass man in Österreich – das schätze ich auch vielfach an Österreich – doch sozusagen nicht alles von heute auf morgen auf den Kopf stellen kann und auf den Kopf stellen soll. Das heißt, dass eine solche Umstellung allemal noch eine Übergangsfrist benötigt.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 4. Anfrage, 1073/M-BR/00, die Frau Bundesrätin Grander stellt. Ich bitte sie um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1073/M-BR/00

Wie beurteilen Sie die im Schlussantrag des Generalanwaltes enthaltene Empfehlung zur Brenner-Maut?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Europäische Kommission hat nach einem mehrjährigen Vorverfahren Ende Mai 1998 beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Österreich wegen angeblicher fehlender EU-Richtlinienkonformität der Brenner-Maut eingebracht. Österreich hat im Laufe dieses Verfahrens sowohl schriftlich als auch in der mündlichen Verhandlung versucht, die Vorwürfe zu entkräften und die Vereinbarkeit der bei der Brenner-Maut getroffenen tariflichen Maßnahmen mit der EU-Richtlinie 93/89/EWG darzustellen.

Der Generalanwalt hat nun dennoch in seinen Schlussanträgen dem Gerichtshof vorgeschlagen, den Ausführungen der Kommission zu folgen und einen Verstoß Österreichs gegen die Bestimmungen der Richtlinie 93/89/EWG Artikel 7 b und h, in der die Erhebung von Maut- und Benützungsgebühren geregelt ist, festzustellen.

Da das Verfahren abgeschlossen ist, besteht kein Rechtsmittel gegen diese Empfehlung des Generalanwaltes, und es wird zunächst abzuwarten sein, ob der Gerichtshof dem Vorschlag folgt, was er bisher in nicht allen Fällen getan hat. – Nebenbemerkung: Gerade beim betreffenden Generalanwalt waren es etwa 50 Prozent der Fälle, bei denen man ihm gefolgt ist; bei 50 Prozent nicht.

Ein Urteil ist wahrscheinlich noch vor dem Sommer 2000 zu erwarten. Dennoch werden bereits jetzt Überlegungen angestellt, mit welcher Vorgangsweise Österreich im Falle einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof reagieren könnte, um einerseits die aus dem Urteil not


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wendigen Schritte zu setzen, gleichzeitig aber die Gesamtwirkungen des Mautsystems am Brenner im Wesentlichen beizubehalten.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Die Zusatzfrage hätte gelautet: Gibt es Ihrer Meinung nach in Ihrem Ministerium bereits Vorbereitungen, Maßnahmen für den Fall eines negativen Europäischen Gerichtshofurteils? – Das ist somit beantwortet. Danke.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wollen Sie noch etwas ergänzen, Herr Bundesminister? – Danke schön.

Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage, die Herr Bundesrat Gasteiger stellen wird. – Bitte.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Als Tiroler Abgeordnetem interessiert mich – in der Formulierung zwar eine kurze Frage, aber in den Auswirkungen eine sehr gravierende –: Welche Verkehrsverlagerungen, Herr Minister, sind bei der Absenkung der Brenner-Maut zu erwarten?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid:
Dass es hier unterschiedliche Angaben gibt, liegt in der Natur der Sache. Wir erwarten uns eine zusätzliche Belastung, die der Bevölkerung eigentlich nicht mehr zumutbar ist; ich darf das vielleicht einmal so beschreiben. Ich halte nicht viel davon, dass wir diese Bewertungen in Zahlen, in Dezibel oder in Milligramm durchführen und unter Umständen dabei die wirklich Betroffenen, die auch eine individuelle Belastungsschmerzgrenze haben, vergessen. Ich glaube, wenn man österreichischen Interessen nicht nachkommt – parallel mit der Plafondierung, die ich früher schon erwähnt habe –, würde das zu einer sicherlich nicht mehr vertretbaren Mehrbelastung der Tiroler Bevölkerung führen.

Aber wir sind – ich habe es erwähnt – nach wie vor in Verhandlung. Ich werde auch in einem Vorgespräch zum Ministerrat am 27. März mit Frau Kommissarin Palacio ein Gespräch führen. Es besteht auch die zumindest theoretische Möglichkeit, dass die Kommission die Klage zurückzieht, denn den Ausführungen des Generalanwaltes in dieser Form – ich weiß nicht, wer sie gelesen hat – kann man wirklich nicht folgen. Sie sind in allen Berechnungen nicht richtig, und es ist insbesondere, was die Diskriminierung betrifft, an den Haaren herbeigezogen, jemandem vorzuwerfen, dass er eine Regelung, die uns belastet, einführt, zumal es in Österreich relativ wenige solcher LKW gibt. Wahrscheinlich kennen Sie diese Geschichte. Das ist ungeheuerlich, ich sage das ganz ehrlich. Bei uns gibt es diese LKW nicht, weil wir keine Belastung wollen.

Ich bin also wirklich nicht so sicher, dass die Europäische Union dieser Klage folgt, und wenn ja, wird es auch um die Höhe der Maut gehen. Wir haben Berechnungen dahin gehend, dass die ausgewiesene Mauthöhe in Ordnung ist. Es gibt diese Berechnungen, sie liegen vor, und man wird dann sehen, was herauskommt, wie die weiteren Verhandlungen laufen. Ich will keine Zahlen nennen, möchte aber sagen, wenn Sie so wollen: keinen weiteren LKW mehr.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zum Vorschlag Ihres Vorgängers Minister Einem von der SPÖ, die Maut auf die gesamte Unterinntal Autobahn umzulegen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Die Motivation für diesen Vorschlag lag ausschließlich darin, dass man die Erhaltungs- und Errichtungskosten der Inntalautobahn mit in die Brenner-Maut einbeziehen kann. Das war die Motivation, die Überlegung, soweit mir von der Abteilung berichtet wurde. Die Begründung aber, warum ich mich nicht dieser Meinung anschließe, lautet: Das würde zu einer Diskriminierung der Tiroler Frächter und der Bevölkerung führen, weil diese keinen Ausweg haben, außer sie fahren dann halt wieder auf der Bundesstraße durch die Ortschaften durch und belasten diese mehr. Ich kann sicherlich andere Überlegungen anstellen, wenn ich kreuzförmig auf einen Zentralraum zufahren kann, aber wenn ich nur ein Tal habe, dann muss ich diese Autobahn benutzen – zur Entlastung der Ortschaften. Für mich würde eine solche Vorgangsweise eine zusätzliche Belastung für den Nahverkehr und eine Diskriminierung der Tiroler bedeuten.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 5. Anfrage, die Frau Bundesrätin Kainz stellt. Ich bitte Sie um die Verlesung Ihrer Anfrage.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Es muss meiner Frage zwar eine bereits gegebene Antwort unterliegen, ich frage Sie trotzdem:

1077/M-BR/00

Planen Sie trotz vehementer Proteste der österreichischen Universitäten, den FFF, den FWF und den ITF zusammenzulegen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Eine enge Verbindung zwischen dem FFF und dem FWF ist schon bisher durch das FFG, das Forschungsförderungsgesetz, gegeben. Beispielsweise stimmen beide Fonds im Forschungsförderungsrat jährlich ihre Arbeitsprogramme und Schwerpunkte miteinander ab. Da es vor allem in den Ingenieurwissenschaften einen kontinuierlichen Übergang von der zielorientierten Grundlagenforschung zur angewandten Forschung und Fertigungsüberleitung gibt, möchte ich durch eine Novellierung des Forschungsförderungsgesetzes die Voraussetzungen schaffen, dass der FFF und der FWF auch in einzelnen Schwerpunkten noch enger als bisher zusammenwirken. Ich glaube, darin liegt der Unterschied: Zusammenlegung oder engeres Zusammenwirken.

Erfolg versprechende erste Versuche gibt es bereits beispielsweise bei der Aktion Postdocs für die Wissenschaft, wo nach Begutachtung durch Experten des FFF und des FWF Postdoktoranden für eine gewisse Zeit in Industriebetrieben, aber auch in Klein- und Mittelbetrieben, unterstützt durch Fondsmittel, tätig sind. Auf diese Art wird die zu geringe FWF-Kapazität vor allem in der mittelständischen Wirtschaft gehoben beziehungsweise verstärkt. Eine Zusammenlegung im Sinne einer Totalfusionierung von FFF und FWF ist allerdings nicht geplant und war von mir auch nie beabsichtigt.

Auf Grund des ITF-Gesetzes ist aber schon bisher eine enge Verbindung zwischen dem ITF und dem FFF gegeben. Beispielsweise werden wichtige ITF-Programme im Auftrag des Ministeriums vom FFF abgewickelt und administriert. Auch hier sollten die gesetzlichen Voraussetzungen für ein noch stärkeres Zusammenwirken zwischen FFF und ITF verbessert werden, um insbesondere eine einheitliche Geschäftsführung mit einer schlanken Administration zu gewährleisten.

Insofern strebe ich eine Rationalisierung der Abwicklung der Top-down und Bottom-up orientierten wirtschaftsbezogenen Förderung der beiden Fonds durch eine Zusammenlegung der Geschäftsführung beziehungsweise der Administration des FFF und des ITF an. Die Zusammenlegung der bugdetären und aufsichtsrechtlichen Aufgaben bezüglich FFF, FWF und ITF in einem Ressort ist aus Gründen der Transparenz und der Koordination der Fondsangelegenheiten auf staatlicher Ebene bereits eingeleitet, da ich als Bundesminister für Verkehr, Inno


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vation und Technologie ab In-Kraft-Treten des neuen Bundesministeriengesetzes für alle drei Fonds verantwortlich sein werde.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Bevor ich die Frau Kollegin frage, ob Sie eine Zusatzfrage hat, würde ich fast anregen, im Falle dieser Beantwortung ein Abkürzungsverzeichnis aufzulegen. Ich glaube, es war wirklich schwierig für viele unserer Kollegen, die verschiedenen Fonds auseinander zu halten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin, bitte um Ihre Zusatzfrage.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Ich kann mich einigen Aussagen in Ihrer Antwort durchaus anschließen, eine gewisse Koordinierung ist sicher sinnvoll. Ich möchte Sie dennoch fragen, ob Sie – in Berücksichtigung der doch vorhandenen unterschiedlichen Aufgaben der verschiedenen Fonds – die einzelnen Aufgaben durch die Finanzierung sichergestellt sehen, denn die generelle Aussage, die Aufwendungen für Forschung zu erhöhen, bedeutet ja nicht die Schwerpunktsetzung. Mich würden Ihre Schwerpunkte im Zusammenhang mit den Forschungsförderungstöpfen interessieren.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich komme trotzdem noch einmal darauf zurück, denn ich glaube, ich muss doch erklären, wie schwierig die budgetäre Ausstattung – das war jetzt wohl einmal die Hauptaufgabe – im Rahmen der Vorbereitung des Budgets war.

Es war für den Bereich der Forschungsmilliarde – das wird Ihnen sicherlich ein Begriff sein – ein Ansatz im Budget von 1 000 S gegeben; nicht 1 Milliarde, sondern 1 000 S. Das Budget 2000 basiert auf dem Budget 1999 minus 15 Prozent. Wenn Sie so wollen, bleiben jetzt 850 S im Budget. Wir mussten diese 1 Milliarde wieder aus dem Budget herausholen, um überhaupt einmal den Betrieb aufrechtzuerhalten. Ich nenne Ihnen jetzt keine spezifischen Schwerpunkte diverser Projekte, und zwar ganz bewusst nicht, weil ich nicht interpretiert werden will, dass ich mich jetzt persönlich hier für das eine oder andere Projekt unter Nichtbefragung der Beiräte hier einsetze. Aber die Voraussetzungen sind einmal geschaffen dafür, dass wir mit den einzelnen Fonds, mit den Universitäten und außeruniversitären Bereichen handlungsfähig sind.

Zur Erklärung der Abkürzungen: FFF ist der Forschungsförderungsfonds – am besten merkt man es sich, wenn man sich an den zweiten Buchstaben hält –, FWF ist der Wissenschaftsfonds und ITF der Technologiefonds.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage ist von Herrn Professor Dr. Böhm gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Könnten Sie sich vorstellen, dass diese in der Anfrage angesprochenen Proteste auf ein reines Besitzstanddenken einzelner Universitäten zurückzuführen sind? Sie haben selbst vorhin von einer gewissen "Schrebergartenmentalität" gesprochen. Oder handelt es sich da um eine reine Informationslücke?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich habe, wie ich von Schrebergärten gesprochen habe, bewusst dazu gesagt: um zu verhindern, dass es zu Schrebergartendenken kommt! Wenn Sie mich fragen, was ich mir vorstellen kann, muss ich Ihnen sagen, ich habe eine unheimlich rege Phantasie, werde mich allerdings hüten, diese offen


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zu legen. Ich unterstelle niemandem, dass er sehr geringes Interesse zeigt, sondern wir werden es schaffen, mit sehr guter Aufklärung alle zu überzeugen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon verlangt. – Bitte.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Ich komme noch einmal auf die Finanzierung zurück. Wie steht es um die Sicherung der Forschungsförderung beim FWF und beim FFF, insbesondere im Zusammenhang mit der auslaufenden Technologiemilliarde? Ein paar Dinge waren in vorherigen Antworten schon enthalten, aber vielleicht könnten Sie noch einmal schwerpunktmäßig und zusammenfassend etwas dazu sagen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich sage es noch einmal und wirklich zusammenfassend: Es sind die budgetären Ansätze, die von den Fonds an uns herangetragen worden sind, sichergestellt. Einen Zusatz möchte ich aber anbringen – für den Fall, dass jetzt jemand das Budget durchblättert –: unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dass ich deckungsgleich in meinem Ressortbereich Ansätze übertragen kann. Im Budget 1999 sichergestellt waren 1 000 S, nicht 1 Milliarde.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zur 6. Anfrage, die Herr Bundesrat Schöls stellen wird. Ich bitte ihn um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1074/M-BR/00

Im Hinblick darauf, dass es der neuen Bundesregierung zu verdanken ist, dass alle Verkehrsträger gleichberechtigt in Ihrem Ressort beheimatet sind, frage ich Sie, wie Sie vorgehen werden, um die jahrelange budgetäre Benachteiligung des Verkehrsträgers Straße gegenüber der Schiene abzubauen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Da ich für die Straße noch nicht zuständig bin und eigentlich immer angenommen habe, dass es die Koalitionspartner vergangener Zeiten geschafft haben, sich gleichberechtigt zu einigen, gebe ich jetzt die Antwort aus der Sicht des Schienenressorts, wenn man so will, sage aber dann schon noch etwas Persönliches dazu.

Eine Analyse des Zustandes der österreichischen Verkehrsinfrastruktur ergibt eindeutig, dass das hochrangige Straßennetz mit großem Mitteleinsatz in den letzten Jahrzehnten weitestgehend neu errichtet und nunmehr fast fertig gestellt ist. Im Rahmen dieses Bauprogramms wurden in den siebziger und achtziger Jahren jährlich etwa viermal so viel an Mittel in den Straßenbau investiert als in den Eisenbahnbau. Zum Beispiel 1980: Straßenbau 18 Milliarden, Eisenbahn 4,1 Milliarden. Erst in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre erreichte die Summe der Investitionen in den Eisenbahnbau annähernd die Summe der Investitionen in den Straßenbau.

Ausgehend von dieser Analyse und den zu erwartenden zukünftigen Anforderungen an das Verkehrsnetz, insbesondere für eine umweltgerechte Abwicklung des zunehmenden innereuropäischen Fernverkehrs zeigt sich, dass eine Modernisierung des österreichischen Bahnnetzes jedenfalls notwendig ist und dafür auch die notwendigen Mittel bereitzustellen sind. Vor allem ist die Anpassung des österreichischen Eisenbahnnetzes an die heutigen Bedürfnisse auch als Investition in den Standort Österreich, insbesondere für die Exportindustrie, von grundlegender Bedeutung.


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Die Fertigstellung des hochrangigen Straßennetzes ist durch die Selbstfinanzierung der ASFINAG gesichert und wird in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Allfällige Ergänzungen sind Gegenstand von verkehrsübergreifenden Koordinierungsuntersuchungen, die derzeit auf Grund einer Entscheidung des Nationalrates durchgeführt werden. – So weit die Stellungnahme der Verkehrssektion, der man unterstellt, ob zu Recht oder zu Unrecht, dass sie etwas schienenlastig ist.

Eine persönliche Bemerkung: Ich stelle jetzt immer die Frage – ich bin täglich in unzählige Verkehrsgespräche und Diskussionen involviert –: Wo wird der wirkliche Vorteil liegen beziehungsweise wo waren in den letzten Jahren die wirklichen Benachteiligungen?, bekomme aber eigentlich keine sehr konkreten Antworten darauf. Ich gehe einmal davon aus, dass man eine gemeinsame Position bezogen hat, aber jeder seine Sache nach bestem Wissen und Gewissen verfolgt hat, und das ist auch legitim. Ich gehe aber zusätzlich davon aus, dass wir jetzt die Möglichkeit haben – nachdem Positionen, die bezogen waren, nicht mehr bezogen sind –, Positionen offener bei der Prioritätensetzung, offener bei der Finanzierung in diesen beiden Bereichen koordinieren zu können.

Das Wichtigste wird sein – daher bin ich für diese Frage dankbar, weil ich etwas über die Hauptfrage hinaus philosophieren kann –, dass wir nicht in Bereiche investieren, die wirtschaftlich nicht notwendig sind oder keine Prioritäten besitzen. Das, so glaube ich, ist das Zielführende, denn man muss wissen, dass bei einer Gesamtverschuldung auch der ASFINAG von etwa 87 Milliarden und einer jährlichen Zinsbelastung von 4 Milliarden der investive Bereich bei Gott eingeschränkt ist und dass bei einer Gesamtverschuldung Straße-Schiene inklusive der zugesagten Neuverschuldungen in der Höhe von 317 Milliarden der Handlungsspielraum äußerst gering ist.

Zweiter Bereich, SCHIG-Programm: 160 Milliarden, es fehlen immer noch Prioritäten. Der gerade in Diskussion stehende viergleisige Ausbau Wien – St. Pölten ist in keinem dieser Programme enthalten. Fragen Sie mich nicht, warum. Ich weiß nur eines: dass man Schienenprojekte in Angriff genommen hat mit der Prioritätensetzung, die Planung und die Genehmigung sind am weitesten fortgeschritten.

Ich war gestern bei einem Tagessymposium der ÖBB, und ich muss sagen, wir werden auf Grund der Tatsache, dass heute unsere Mittel nicht im Überfluss vorhanden sind, wirklich in Prioritäten investieren, denn ich denke, dass wir es auch unserer Nachwelt schuldig sind, dass sie noch einen persönlichen Gestaltungs- und Handlungsspielraum haben wird, und dass wir nicht in den nächsten 48 Jahren nur damit beschäftigt sein sollen, im Infrastrukturbereich die Schulden für Straßen- und Schienenbau zu begleichen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Was sagen Sie zu den Befürchtungen von Generaldirektor Draxler, dass durch die Einsparungen im Bereich der Infrastruktur wichtige Projekte, wie der Ausbau der West- und der Südbahn nicht planmäßig durchgeführt werden können?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich habe keine Probleme damit, sie planmäßig durchzuführen, aber das Kernstück, Wien – St. Pölten, von dem alle sprechen, ist in keinem Plan enthalten. Das ist so, nachweislich! Man hat die Befürchtung gehabt, dass es hier zu Bürgerinitiativen kommen könnte. Ich weiß eigentlich mit dem Argument nicht viel anzufangen. Selbst bei möglichen Veränderungen eines Radweges müsste man die Befürchtung haben, dass Bürgerinitiativen laut werden, aber das ist wohl in einem Rechtsstaat üblich und gängig. Man muss halt die gesetzlichen Voraussetzungen so schaffen – das ist ein Kernthema dieser Tage, siehe Naturschutzgesetz Niederösterreich –, dass man auch Entwick


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lungen herbeiführen kann. Man sollte nicht denen, die sie verhindern können oder wollen, in die Hand spielen.

Aber ich sage: Planmäßig ja, es kommt dann auch noch dazu, dass sich verschiedene Projekte, die in den Plänen enthalten sind, auf Grund von Bürgerinitiativen nicht durchsetzen lassen. Also alles, was unmittelbar machbar ist, können wir leicht finanzieren, es ist aber nicht alles unmittelbar machbar.

Ich mache vielleicht noch eine Zusatzbemerkung: Dass die Südumfahrung, die Güterumfahrung St. Pölten sehr wohl vorrangig behandelt wird und jetzt auch schon in die Bauphase übergeht und der Ausbau der Strecke Wien–St. Pölten nicht enthalten ist, war für mich auch als Autofahrer in der Regel unverständlich.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, danke.

Wir kommen zur nächsten Zusatzfrage, die Herr Bundesrat Boden stellen wird. – Bitte.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Was werden Sie unternehmen, um mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen? Wir haben heute schon den Slogan "Schiene statt Verkehrslawine" gehört. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Ausbau der Straße nicht noch mehr Verkehr auf die Straße locken wird.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich glaube, jeder, der sich mit diesem Thema befasst, ist sich dessen bewusst: Es gibt kein Patentrezept! Es hat sich gezeigt, dass der Ausbau der Schiene auch nicht unbedingt bedingt, dass sich der Verkehr auf die Schiene verlagert. Es sind viele logistische Probleme zu lösen, es ist vor allem wichtig, wie weit die Anschlussländer funktionieren? – Ich glaube, dass wir gerade im östlichen Raum, sprich Polen, Tschechien, Slowakei, eine gute Chance haben, vieles auf die Schiene zu bringen, weil diese Länder ein weit besseres Selbstverständnis für den Schienentransport als westliche Länder haben.

Wenn man sich die Möglichkeiten der Verbindung von Warschau und Prag nach Wien anschaut, dann muss man sagen, taucht das Problem – das muss einmal gesagt werden – Semmeringtunnel auf. Habe ich in Wien einen Kopfbahnhof und komme nicht über oder unter dem Semmering nach Süden, dann wird das Wien nicht betreffen, denn die Transitrouten werden dann halt über Bratislava und Ungarn geführt werden. Die Alternative mit der Westbahn über den Tauernbereich ist auch nicht unbeschränkt belastbar und auch noch keine gegessene Sache.

Ich möchte damit auf Folgendes hinweisen: Auch der Detailausbau und die gute Voraussetzungen, etwa im unteren Inntal, helfen uns nur dann weiter, wenn ein Grunddenken vorherrscht und auch Maßnahmen dafür überlegt werden, wie etwa die Liberalisierung der Schiene in gewissen Sektoren. Ob das tatsächlich den Durchbruch bringen wird, bezweifeln wir, aber es ist zumindest ein Schritt oder der einzig erkennbare Schritt dieser Europäischen Union in diese Richtung.

In allen anderen westlichen Ländern nimmt das Transportaufkommen auf der Schiene ab. Österreich ist da noch gut, vorbildhaft, die Schweizer auch, aber sonst passiert das Umgekehrte. Und es wird nichts helfen, wenn wir in Österreich wie die Irren schöne Stückeln Schiene bauen, wenn das Angebot niemand wahrnimmt – ohne sanften Druck, sektorale Beschränkung von Transporten etwa. Ich sehe nicht ein, dass man Altpapier oder auch Alteisen auf der Straße transportieren muss, das sind aber gewaltige Dimensionen, die da verfrachtet werden. Man kann Möglichkeiten schaffen, dass bestimmte Bereiche auf der Schiene transportiert werden müssen. Das geht rechtlich. Das können wir alles versuchen, aber das ist ein Riesenpaket. Und vor allem müssen wir logistisch natürlich Gewehr bei Fuß stehen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.


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Bundesrätin Monika Mühlwerth
(Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Beim Straßenbau, in den in den letzten Jahren viermal mehr investiert worden ist als in den Schienenbau, wie Sie gerade eben gesagt haben, gibt es aber dennoch einige Projekte, die einer unendlichen Geschichte ähneln.

Eine Solche ist zum Beispiel die Wien-Umfahrung, die B 301, und daher frage ich: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Umfahrung gebaut wird, damit eine Entlastung der Südosttangente herbeigeführt wird, denn auf dieser fahren mehr Autos als über den Brenner? Werden Sie auch dafür sorgen können, dass die finanziellen Mittel dafür sichergestellt sind?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid:
Es würde uns ein Leichtes sein, wenn auf der Südosttangente in Wien nicht nur das Verkehrsaufkommen höher wäre, sondern auch das Mautaufkommen höher wäre, dann könnten wir uns die Nordumfahrung sicherlich leisten. Die Absichten bestehen, es ist ein sukzessiver Prozess. Ich glaube auch, dass die Finanzierungsmöglichkeiten auf Sicht denkbar sind, so weit ich über diesen Bereich informiert bin. Aber es gibt natürlich auch lokal erheblichen Widerstand.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 7. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. d′Aron stellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Wir haben erstmals die Situation, dass die Verkehrsträger in einem Ressort zusammengefasst sind, inklusive Schifffahrt und Luftfahrt, was eine tolle Sache ist, und deswegen möchte ich zu meiner Frage kommen, die natürlich, das muss ich zugeben, durch vorherige Antworten zum Teil schon beantwortet ist.

1080/M-BR/00

Welche Möglichkeiten sehen Sie auf Grund der nun in Ihrem Ressort vereinten Kompetenz für alle Verkehrsträger, mit Hilfe des lange versprochenen verkehrsträgerübergreifenden Bundesverkehrswegeplanes samt neuer Prioritätenreihung die Effizienz der Infrastrukturinvestitionen zu steigern?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Da wirklich schon vieles beantwortet wurde, werde ich vom Konzept abgehen und es auf einen Punkt bringen oder in einem Satz zusammenfassen.

Es ist mit ein sicherlich sehr wesentlicher Vorteil der Zusammenlegung, dass wir jetzt, ohne Positionen zu beziehen, den Bundesverkehrswegeplan in Angriff nehmen können. Das ist der erste Schritt, der erste Schwerpunkt, den wir uns vorgenommen haben. Er wird dann ohnedies ausführlich auch von den Experten hier im Hause diskutiert werden.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Die Zusatzfrage lautet Folgendermaßen: Herr Bundesminister! Können Sie sich vorstellen, so wie das in der Vergangenheit für das alte Gesamtverkehrskonzept ohne Straße schon überlegt war, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die den Bundesverkehrswegeplan voranzutreiben hat?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Es ist eine Arbeitsgruppe tätig, die gehört noch mit dem einen oder anderen "Straßenfetischisten" ergänzt und ausgewogen, und dann werden sie weiterarbeiten. – "Fetischist" bitte unter Anführungszeichen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Hensler gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich komme aus Niederösterreich, natürlich ist dort das 15 Milliarden-Paket ein Thema. Unter Wirtschaftsminister Farnleitner wurde gemeinsam mit dem Land Niederösterreich dieses 15 Milliarden-Straßenpaket geschnürt. Ich denke hier an die Nordautobahn oder Spange Kittsee. Stehen Sie zu dieser Vereinbarung, und werden Sie diese übernehmen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich glaube, dieses 15 Milliarden-Paket wurde mir bis jetzt noch nicht auf den Tisch gelegt. Ich bitte, diese Frage schriftlich beantworten zu dürfen, weil ich mir schon anschauen möchte, ob es sich nicht um sektorale niederösterreichische Aussagen handelt und ob die wirklich abgestimmt sind.

Bitte um Verständnis! Ich fange mit der Zahl "15 Milliarden" jetzt nichts an. (Bundesrätin Schicker: Die Hälfte kommt in die Steiermark!)

Sind in den 15 Milliarden auch die 8,6 Milliarden Semmering dabei, die der niederösterreichische Landeshauptmann gefordert hat? Ich frage das einmal. Das ist eine offizielle Forderung des niederösterreichischen Landeshauptmannes. (Bundesrat Schöls: Das ist die Fragestunde an den Minister, nicht die Fragestunde des Ministers! – Bundesrat Hensler: Ich bin nicht der Landeshauptmann von Niederösterreich!) Ich will verhindern, dass sich Bundesräte etwas von Landeshäuptlingen einreden lassen.

Wenn Sie die Zahl "15 Milliarden" auf den Tisch legen, darf ich auch hinterfragen, woher sie kommt. Sie ist mir nicht bekannt.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister! Darf ich vorschlagen, da unsere Geschäftsordnung die Fragestunde nicht als Diskussionsrunde versteht, dass vielleicht die Beamten Ihres Hauses so freundlich sind und der Sache nachgehen und dem Herrn Kollegen eine schriftliche Antwort zukommen lassen. – Danke vielmals. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Das verspreche ich! Aber man hat gesehen, wie gut Steirer und Niederösterreicher diskutieren können!)

Ich bitte Herrn Bundesrat Grillenberger um die Stellung seiner gewünschten Zusatzfrage.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Als Burgenländer interessiert mich natürlich der Bahnausbau im Burgenland. Der Ausbau, soweit ich weiß, von Wien-Schwechat–Wiener Neustadt mit einer Spange Wampersdorf–Eisenstadt–Sopron ist vorgesehen. Ist das in Planung beziehungsweise wann ist gedacht, diesen Ausbau durchzuführen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Das ist meines Wissens nach in Planung, aber nicht in einem Finanzierungsprogramm enthalten. (Bundesrat Grillenberger: Kein "Masterplan"?)  – Es ist ein Planungsvorhaben, ja, aber noch nicht in dem 143-Milliarden-SCHIG-Paket als Bauvorhaben integriert. Ich werde das aber noch überprüfen lassen. Detailprojekte sind bei Hunderten von Projekten – jetzt aus dem Kopf beantwortet – einer Überprüfung allemal wert.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 22

Wir kommen zur 8. Anfrage. Ich bitte Herrn Bundesrat Kraml um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1078/M-BR/00

Wie wollen Sie den öffentlichen Nahverkehr weiterhin attraktivieren?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Die Grundlage für Attraktivierungsschritte ist das mit 1. Jänner 2000 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Organisation des Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes ÖPNRVG; siehe Beilage – das fehlt hier.

Die Attraktivierung soll einerseits durch eine bundesweit möglichst harmonisierte Neugestaltung der Verkehrsverbünde erfolgen. Die diesbezüglichen Verhandlungen und Gespräche zwischen den Ländern, Verkehrsunternehmen und dem Ressort sind im Gange. Ziel ist bei Stärkung der Eigenverantwortung der Verkehrsunternehmen eine qualitätsorientierte, für die Fahrgäste attraktive Führung des Regional- und Nahverkehrs. Die grundsätzliche Verantwortung für den Regional- und Nahverkehr liegt bei den Ländern beziehungsweise bei den Gemeinden.

Für zusätzliche Verkehrsdienste ab 1. Jänner 2000 ist ein jährlicher Betrag von 100 Millionen Schilling in Form von Zuschüssen über Anträge der Besteller vorgesehen, und zwar ausschließlich für Betriebskosten beziehungsweise Tarifsubventionierung, aber für keine Infrastrukturkosten.

Das Gesetz sieht ferner in Entsprechung zu EU-Vorgaben vor, vermehrt von der derzeitigen Alteinnahmegarantie für Verkehrsunternehmen auf ein System von Ausschreibungen, Bestellungen und Abschluss von Verkehrsdienstverträgen zwischen Ländern und dem Verkehrsunternehmen überzugehen. Dies würde auch finanzielle Synergien erwarten lassen.

Lassen Sie mich Folgendes hinzufügen: Eine weitere Verbesserung, wie Sie dies in der Frage als Attraktivierung angesprochen haben, würde ich mir ebenfalls wünschen. Wir leiden allerdings ein bisschen unter der im gewünschten Ausmaß nicht vorhandenen Attraktivität. Wie Sie wissen, ist der Anteil des Personenverkehrs über den Nahverkehrsbereich gesunken. Dort sind keine steigenden Tendenzen zu beobachten. Zu Steigerungen ist es nur im Bereich der Zuschüsse, aber nicht im Bereich der Personen, die den Verkehr nutzen, gekommen. Daher ist man versucht, Maßnahmen zu setzen, die dem entgegenwirken.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Kollege, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Welche Mittel wenden die Bundesländer für den öffentlichen Nahverkehr im Verhältnis zum Bund auf, und welche Gegenleistungen erhalten sie dafür?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Da kann ich als langjähriger Landespolitiker aus meinem Herzen keine Mördergrube machen: die Länder viel zu viel, und zwar sehr unterschiedlich, je nachdem, ob das im Süden Österreichs oder im Bereich um Wien geschieht! Die Gegenleistungen sind auch im Bereich der Infrastruktur und der Logistik sehr groß. Wie gesagt ist uns allen gemeinsam das erwünschte Ausmaß des Erfolges bisher versagt geblieben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 23

Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat d'Aron gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Es wurde im Jahr 1999 das Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz erlassen, durch welches vorgesehen ist, dass der öffentliche Verkehr auf der Schiene liberalisiert werden soll. Das könnte sich auch auf den Nahverkehr und auf Ballungsräume auswirken.

Deswegen meine Zusatzfrage: Halten Sie die Situation einer Liberalisierung der Schiene für eine Verbesserung im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 24

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid:
Das ist ein legitimer und korrekter Versuch. Wir werden sehen, wie weit es über den Regulator und die entsprechenden Begleitmaßnahmen gelingen wird, Konkurrenzdenken hintanzustellen und dies auch wirklich in dem von Ihnen gewünschten Sinn zu attraktivieren.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Wolfinger. – Bitte.

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben zwar schon einige Fragen beantwortet, ich möchte aber meine Zusatzfrage trotzdem stellen. Welche Maßnahmen planen Sie zur Verbesserung des Regionalverkehrs für Pendler?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Die verschiedenen Programme und auch Zuschüsse des Bundes, die in Bezug auf Road-Pricing gewährleistet sind; das Errichten von Parkplätzen in Bezug auf, würde ich sagen, die Aufrechterhaltung des Personenverkehrs – schauen Sie sich die verschiedenen Wirtschaftlichkeits-Statistiken an, und es ist auch so, dass die Herrschaften von den ÖBB nicht unbedingt Freude daran haben, dieses Angebot in diesem Ausmaß aufrechterhalten zu müssen. Ich meine, dass dort schon wahnsinnig viel geschieht und dass die öffentliche Hand wegen der – im Grunde sind das solche – Sozialleistungen sehr tief in die Tasche greift, um richtigerweise den Personen, die nicht das Glück haben, neben der Arbeitsstätte zu wohnen, unter die Arme zu greifen.

Weitere Maßnahmen, die finanziell die Situation belasten, sind vorläufig nicht vorgesehen. Ich glaube, sie sind auch nicht machbar und vertretbar. Da müsste man schon schauen, dass man die Arbeitsstätten wieder dorthin bringt.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 9. und letzten Anfrage. Herr Bundesrat Grasberger wird diese stellen. – Bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe eine Anfrage betreffend Alkohol im Straßenverkehr. Diese Frage lautet:

1075/M-BR/00

Sehr geehrter Herr Bundesminister, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die – trotz Einführung der 0,5 Promilleregelung vor zwei Jahren – immer weiter ansteigende Zahl der Verkehrsunfälle mit Todesfolge zu reduzieren?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Das ist eine Frage, die vermutlich in noch viel stärkerem Ausmaß an einen Verkehrspsychologen gerichtet werden müsste, beziehungsweise eine Herausforderung in dieser Richtung darstellt. Man sieht, dass man mit politischen Entscheidungen augenscheinlich und zu meinem großen Bedauern nicht den entsprechenden Erfolg hat. Ich habe auch in meinem eigenen Bezirk die Statistik gekannt, dass trotz Senkung der Promillegrenze die Anzahl der Verkehrsunfälle und der Verkehrstoten gestiegen ist. Eine weitere Senkung – ich sage das jetzt einmal aus der Überlegung eines Autofahrers heraus – wird vermutlich auch keinen entsprechenden Erfolg mit sich bringen.

Wir müssen uns dringend Gedanken machen, wie man mit der österreichischen Mentalität – und ich liebe sie; dass da kein Missverständnis auf – umzugehen hat. Der Österreicher ist jemand, der dazu neigt, aufs Gas zu steigen, wenn sich von hinten ein Feind nähert. Das lässt sich in allen Bereichen beobachten. Der Österreicher ist aber dann doch wieder ein sehr disziplinierter und liebenswürdiger Mensch, wenn er sich in anderen Ländern, in denen diese Dinge sehr streng eingehalten werden – ich nenne zum Beispiel Amerika –, einzureihen hat, denn dort fährt er tagelang mit 85 Stundenkilometern durch die Landschaft; dort wohl, zu Hause weniger.

Es kann nur durch ein sehr verstärktes und sehr stark spürbares Kontrollsystem vielleicht zu einer Bewusstseinsbildung kommen. Ich habe aus eigener Erfahrung an meinen Kindern gesehen, wie wirkungsvoll etwa die Probeführerschein-Geschichte ist. Da haben sie Angst, dass sie noch einmal hingehen müssen.

Es geht also um viele solcher Maßnahmen. Aber rein gesetzlich und restriktiv etwas zu beschließen und dann vielleicht auch nicht entsprechend zu kontrollieren, hat uns nicht weitergeholfen – leider Gottes!

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Was halten Sie von verursacherorientierten Maßnahmen zur Vermeidung von Verkehrsunfällen wie zum Beispiel der Überprüfung von Unfallhäufigkeitspunkten oder auch der Durchforstung von Verkehrsschilder-Wäldern?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Was die Verkehrsschilder betrifft, habe ich tatsächlich das persönliche Bedürfnis – ich glaube, dass mehr als die Hälfte nicht wahrgenommen werden –, diese zu durchforsten. Meinen Informationen nach kann man das mit Sicherheit machen, und dann werden die verbliebenen Schilder auch ernst genommen, da man die verbleibenden als die wichtigen ansieht. – Das ist der eine Punkt.

Das Erforschen von Schwerpunkten wird selbstverständlich durchgeführt. Es laufen auch entsprechende Programme. Aber, wie gesagt, auch die Kreisverkehrs-Geschichten, die wir vielfach genießen, wenn wir über die Landes- und Bundesstraßen jenseits der Autobahn fahren, haben bis dato nicht die entsprechenden Erfolge gebracht.

Ich kann nur sagen, dass ich unseriös wäre, würde ich jetzt Patentrezepte und Versprechungen anbieten. Ich meine, dass alle, die sich damit bisher sehr ernsthaft auseinandergesetzt haben – besonders auch der Bundesrat –, immer guten Willens waren, und da werden wir weiterarbeiten müssen. Das Ziel haben wir noch nicht erreicht, und die Lösung ist uns augenscheinlich noch nicht eingefallen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage, die von Herrn Bundesrat Gstöttner gestellt wird.


Bundesrat
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662. Sitzung / Seite 25

Bundesrat Ferdinand Gstöttner
(SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die 0,5 Promille waren natürlich gerade auf dem Lande eine vielfach diskutierte Maßnahme. Diese ist zwar von der Verkehrssicherheit her richtig, es wurde aber immer wieder gesagt, dass die öffentliche Verkehrsanbindung auf dem Land nicht so einfach ist. Man hat keine öffentlichen Verkehrsmittel, um nach Hause kommen zu können.

Meine Frage an Sie lautet: Denken Sie unter Umständen daran, zusätzliche Bundesmittel für den Ausbau des Nahverkehrs bereitzustellen oder entsprechende Hilfestellung zu leisten, um diese Lücke, die zweifellos gegeben ist, schließen zu können?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Ich halte es für finanziell absolut nicht machbar, genau in jenem Bereich den öffentlichen Verkehr auszubauen, in dem es darum geht, den einen oder anderen von der Buschenschank nach Mitternacht nach Hause zu bringen. Dort geschehen die Verkehrsunfälle.

Ich sage noch einmal, diese Senkung hat schon dazu geführt, dass auch wirklich weniger "Illuminierte" oder Alkoholisierte im Verkehr unterwegs sind. Es gibt bei uns – ich komme aus dem südsteirischen, weststeirischen Weinland – hervorragende Eigeninitiativen von Wirten, die ihr Privattaxi haben. Das funktioniert wirklich gut, und ich glaube auch, dass die Eigeninitiative besser funktioniert als hohe Investitionen im öffentlichen Bereich.

Es ist so, dass wir bei weiteren Investitionen in den Ausbau des Nahverkehrs – ich sage das noch einmal – zwar Aberhunderte Millionen einsetzen – auch die Gemeinden, auch die Länder –, aber eine rückläufige Tendenz, was das Wahrnehmen von öffentlichen Verkehrsmitteln betrifft, haben. Das ist eine rückläufige Tendenz, das geht herunter, und die Kosten gehen hinauf. Wir haben das gestern erst studiert. Ich glaube, es ist jetzt nicht der Weisheit letzter Schluss, dass wir noch mehr Geld hineinstecken.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Die letzte Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Hagen gestellt. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die Kontrolle von unter Suchtgiftbeeinträchtigung stehenden Fahrzeuglenkern und den Nachweis der Suchtgiftbeeinträchtigung bei Fahrzeuglenkern zu erleichtern?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Beeinträchtigung ebenso gegeben wie bei Alkohol, dann ist die Frage der Kontrolle meiner Ansicht nach nicht an den Verkehrsminister, sondern an den Innenminister zu richten. (Bundesrat Hagen: Sehe ich nicht ganz so!)

Ja, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür müsste ich einbringen, und sind diese gegeben, dann müsste die Kontrolle über den Innenminister abzuwickeln sein. Ist das gut? (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Man sieht also, es ist die Beurteilung der Kompetenzverteilung gar nicht so einfach. Wir werden uns heute noch ausführlich damit beschäftigen können. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Aber manchmal für einen Minister wichtig!)

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 26

Einlauf und Zuweisungen

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt sind drei Anfragebeantwortungen, 1556/AB bis 1558/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt ist ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Justiz und Ernennung seines Nachfolgers.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: "Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 29. Februar 2000, Zl. 300.000/4-BEV/2000, über meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz den Bundesminister für Justiz Dr. Michael Krüger vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz Herrn Dr. Dieter Böhmdorfer zum Bundesminister für Justiz ernannt."

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieses Schreibens.

Eingelangt ist ferner ein Schreiben der Oberösterreichischen Landtagsdirektion betreffend eine Ersatzwahl in den Bundesrat.

Auch hier ersuche ich um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: Das Schreiben lautet:

"Wir teilen mit, dass das Ersatzmitglied des Bundesrates Mag. Gerhard Tusek mit Ablauf des 13. März 2000 auf seine Ersatzmitgliedschaft im Bundesrat verzichtet.

Die erforderlichen Nachwahlen erfolgen im Rahmen der Landtagssitzung am 14. März 2000."

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieses Schreibens, das zur Kenntnisnahme gedient hat.

Weiters eingelangt ist ein Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird. Es ist dies das gesetzliche Budgetprovisorium 2000.

Dieser genannte Beschluss unterliegt im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung des vorliegenden Beschlusses durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind zwei Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Ich habe diese Beschlüsse dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Vorbereitung zugewiesen. Dieser soeben erwähnte Ausschuss hat seine Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe diese zwei Beschlüsse auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 1 und 2 unter einem abzuführen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 27

Wird dagegen ein Einwand erhoben. – Es ist dies nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewόnscht? – Zur Geschδftsbehandlung, bitte, Herr Kollege Konecny.

10.16

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Wir haben soeben keinen Einwand dagegen erhoben, dass die beiden Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates unter einem behandelt werden.

Nichtsdestoweniger halte ich fest – und das, gelinde gesagt, mit Entsetzen! –, dass der Herr Staatssekretär zwar zweifellos ein legitimer und kompetenter Gesprächspartner des Hauses hinsichtlich des zweiten Tagesordnungspunktes betreffend Novellierung des Bundeshaushaltsgesetzes sein kann und sein wird. Ich halte es aber für eine beispiellose Missachtung des Bundesrates, dass jenes Grundlagengesetz, mit dem sich die Bundesregierung ihre Arbeit einteilt, hier von keinem Regierungsmitglied kompetent als Gesprächspartner des Bundesrates vertreten wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. )

Das Finanzministerium, Herr Kollege, hat das Bundesministeriengesetz wirklich nicht eingebracht. Ich sehe mich nicht in der Lage, unter diesen Umständen eine sinnvolle Debatte zu führen. Das Parlament braucht die Exekutive als Gesprächspartner, und ich glaube, dass es angemessen ist, dass wir die Sitzung an diesem Punkt unterbrechen und uns in der Präsidialkonferenz darüber unterhalten, was seitens der Regierungsfraktionen getan werden kann, um eine ordnungsgemäße Abwicklung dieser Debatte zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.19

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie eine Unterbrechung wünschen und dass ein Zusammentreffen der Präsidiale gewünscht wird.

Ich unterbreche daher die Sitzung für die Einberufung einer Präsidiale.

(Die Sitzung wird um 10.19 Uhr unterbrochen und um 12.02 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Johann Payer: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Namens der Präsidiale sage ich dem Nationalratsausschuss für Menschenrechte und Staatssekretär Morak danke für das Verständnis.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Vizepräsident Johann Payer: Bevor wir aber in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Melitta Trunk und Genossen betreffend die heute im Bundesrat beschlossene Eingliederung der Frauenpolitik in das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen und die daraus resultierende zukünftige Politik für Frauen und Gleichbehandlungsfragen an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung dieser dringlichen Anfrage an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus. Die Behandlung der dringlichen Anfrage wird also aller Wahrscheinlichkeit nach um 16 Uhr beginnen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 28

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1557/AB-BR/00

Vizepräsident Johann Payer: Weiters gebe ich bekannt, dass das gemäß § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates gestellte Verlangen der Bundesräte Klaus Gasteiger und Genossen vorliegt, eine Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1557/AB-BR zur Anfrage 1674/J-BR an die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten durchzuführen.

Im Sinne des § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung verlege ich die Besprechung der Anfragebeantwortung an den Schluss der Behandlung der dringlichen Anfrage an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Bauten und Technik und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Behörden-Überleitungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz) und mit dem das Bundesfinanzgesetz 1992 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, geändert und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 geändert wird sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz erlassen werden, und schließlich das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 und das ÖIG-Gesetz geändert sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich einzelner Bundesministerien getroffen werden, aufgehoben werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000) (42/NR sowie 6085 und 6087/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (43/NR sowie 6086 und 6088/BR der Beilagen)

Vizepräsident Johann Payer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies: die Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 sowie

das Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 und 2 hat Herr Bundesrat Friedrich Hensler übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretäre! Werte Damen und Herren! Ich möchte die beiden Berichte des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus erstatten. Sie liegen allen Bundesräten in schriftlicher Form vor, daher beschränke mich auf die Verlesung der Ausschussanträge.

Zunächst komme ich zum Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz geändert wird.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 29

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters komme ich zum Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Bundesrat Johann Kraml. – Bitte.

12.05

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Dienstag haben wir in der Sitzung des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus zwar fachliche Auskünfte erhalten, allerdings konnte uns niemand über die politische Situation etwas sagen, weil von der Regierung niemand da war. (Bundesrat Bieringer: War jemals der Bundeskanzler der SPÖ im Ausschuss?) Heute zu Beginn der Sitzung war zwar von der Regierung jemand da, allerdings ist er für diese Materie nicht zuständig.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass die Termine des Bundesrates seit langem bekannt sind (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer ), Herr Kollege Bieringer, und auch die Tagesordnung war bekannt. Auf Grund dessen glaube ich schon, dass es sich die Regierungsparteien so einteilen können, dass zumindest ein Vertreter da ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Einteilen muss! – Bundesrat Bieringer: Wie war das mit dem Herrn Bundeskanzler Klima oder mit Vranitzky oder wie sie alle geheißen haben? Die waren nie im Ausschuss!) Es war für mich eine Freude, wenn ich ihn gesehen habe. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erste "Grosstat" – unter Anführungszeichen – der neuen Bundesregierung liegt uns heute zur Beschlussfassung vor: das Bundesministeriengesetz. Da wurde hin und her verschoben, zusammengelegt, was nicht zusammenpaßt, und eigenständige Bereiche, wie zum Beispiel das Frauenministerium, wurden überhaupt aufgelassen.

Meine Damen und Herren! Ich bringe hier gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den

Antrag

der Bundesrδte Professor Albrecht Konecny, Johann Kraml, Karl Drochter, Stefan Prδhauser, Peter Marizzi und Genossen auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend die Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 ein.

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend die Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 Einspruch zu erheben.

*****

Diese Novelle hat unserer Meinung nach das Ziel verfehlt.

Meine Damen und Herren! Obwohl über 50 Prozent der Gesellschaft Frauen sind, hat man ihnen politisch die Eigenständigkeit genommen. Die Agenden sind jetzt bei der Frau Bundes


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 30

ministerin Sickl im Sozialministerium angesiedelt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Frau Bundesministerin tut sich allerdings mit reinen Frauenthemen noch etwas schwer, wie sie das ja in einem Interview mit dem "Standard" vom 9. März dokumentiert hat. Immer auf dem falschen Fuß zu stehen, wenn man gefragt wird, kann auch ganz schön anstrengend sein. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Peinlich!)

Ein weiterer Bereich, der auch die Ressortzuständigkeit wechselt, ist der Arbeitnehmerbereich. Erstmals bestimmt die Wirtschaft über die arbeitende Bevölkerung, und zwar ganz nach ihren Belangen.

Meine Damen und Herren! Das Arbeitsinspektorat bekommt zu seinen angestammten Agenden noch Service- und Beratungsaufgaben dazu, was ja im Grunde genommen nichts Schlechtes ist. Allerdings muss auch das entsprechende Personal dafür da sein.

Der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter und Spitzenkandidat für die Wirtschaftskammerwahl Dr. Leitl fordert in seinem Wahlprogramm überhaupt die Abschaffung der Arbeitsinspektorate. Allein in Oberösterreich gibt es 50 Arbeitsinspektoren, die bereits jetzt schon zu wenig Zeit für die Kontrollen in den Betrieben haben. Wenn diese jetzt noch zusätzliche Beratungsaufgaben übernehmen sollen, dann geht das eindeutig zu Lasten des Arbeitnehmerschutzes.

Meine Damen und Herren! Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden von der Bundesregierung der Wirtschaft ausgeliefert. Unternehmerfreundlich und arbeitnehmerfeindlich kann man zu solchen Aktionen nur sagen! Der Bundeskanzler hat im Nationalrat von einer spannenden Aufgabe gesprochen. So kann man das natürlich auch sehen.

Meine Damen und Herren! Ein besonderes Gustostückerl wurde im Landwirtschaftsressort geschaffen. Es wurde mit der Übertragung der Umweltagenden und des Gewässerschutzes sozusagen der Bock zum Gärtner gemacht. (Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP. – Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Es wird nicht anders! (Bundesrat Hensler: Das ist ungeheuerlich!)

Eines ist auch klar – und da können Sie noch so viel dagegen argumentieren –: dass der Hauptverursacher für die schlechte Trinkwasserqualität in vielen Gebieten eindeutig die extensiv betriebene Landwirtschaft ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Hensler. )

Herr Kollege! Rund 400 000 Menschen in Oberösterreich werden mit Wasser versorgt, dessen Pestizidgehalt über dem zulässigen Grenzwert liegt (Bundesrat Hensler: Und daran sind alleine die Bauern schuld?!)  – aber für die Sanierung geschieht nichts.

Das Umweltministerium – das darf ich auch noch hinzufügen – wurde im Jahre 1972 als eigenständiges Ministerium, und zwar als eines der Ersten in Europa, gegründet. Später kam dann noch das Umweltbundesamt hinzu. In all diesen Jahren wurde eine ganz ausgezeichnete Umweltpolitik betrieben. Doch jetzt ist das anscheinend nicht mehr so. Man könnte auch sagen: Der Kurs des Umweltschutzes ist gefallen.

Meine Damen und Herren! Im Infrastrukturministerium sind jetzt die Bereiche Straße und Schiene angesiedelt, was an sich eine vernünftige Sache ist, aber wir haben vom Minister bereits vernehmen können, worin für ihn die Schwerpunkte lägen, und welcher Landeshauptmann sich was in die Haare oder sonst wohin "schmieren" könne, wie er auch gesagt hat.

Es ist zwar ehrlich, dass der Minister bei seinem Amtsantritt zugegeben hat, sich nicht so recht auszukennen, spricht allerdings nicht gerade für eine optimale Führung des Ressorts.

Meine Damen und Herren! Für die Forschungs- und Technologiepolitik sind gleich mehrere Ministerien verantwortlich, und das sorgt sicher nicht gerade für Klarheit.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 31

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist für die wissenschaftliche Forschung zuständig, der Bereich der wirtschaftlich-technischen Forschung befindet sich im Bundesministerium für Innovation und Zukunft, das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und Wasserwirtschaft ist für die land- und forstwirtschaftliche Forschung zuständig. Des Weiteren werden die Fonds vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft verwaltet. – Mehr statt weniger war da anscheinend die Devise oder, besser gesagt, jeder Minister sollte auch seine Spielwiese haben.

Meine Damen und Herren! Der Verbraucherschutz wird in einen Lebensmittelbereich und in einen Nicht-Lebensmittelbereich aufgeteilt: Der Bereich Lebensmittel fällt in den Bereich soziale Sicherheit und der Bereich Nicht-Lebensmittel, nämlich der Konsumentenschutz, fällt in den Bereich Justiz. Zudem bleiben sie von der technischen Marktüberwachung getrennt. Dies schafft sicherlich nicht nur verstärkt innerösterreichische Probleme, sondern entspricht auch überhaupt nicht den europäischen Gepflogenheiten – aber danach richten wir uns ja bekanntlich zurzeit nicht so stark. Dort wird nämlich Gesundheit, Lebensmittel- und Konsumentenschutz zusammengefasst, weil das einfach ineinander greifende Bereiche sind.

Meine Damen und Herren! Von einer Sachorientierung kann also bei der vorliegenden Ministerienstruktur bei Gott nicht gesprochen werden. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Wilfing. ) Gesellschaftspolitisch lassen Sie die Ausrichtung eindeutig erkennen: Sie ignorieren die Interessengegensätze der modernen Gesellschaft und verordnen den Österreichern die Volksgemeinschaft. (Bundesrat Steinbichler: Das ist aber stark!)

Meine Damen und Herren! Die Veränderungen der Ressortzuständigkeiten sind alle darauf ausgerichtet, gesellschaftspolitische Vorhaben über die Bühne zu bringen. Es sind das die Schwächung der Stellung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugunsten der Wirtschaft und es ist das der Ausverkauf der österreichischen Betriebe ans Ausland, um schnell zu Geld zu kommen – jeden Tag eine andere Meldung, die den Betrieben schadet, die den Wert der Betriebe mindert –, und all das nennen Sie dann einen verantwortungsvollen Umgang mit österreichischem Kapital und mit österreichischen Arbeitsplätzen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Zum Abbau der vielen angehäuften Schulden!)

Meine Damen und Herren! Der oberösterreichische Landeshauptmann zum Beispiel unterschreibt in Wien das Koalitionsübereinkommen und damit auch die 100-prozentige Privatisierung der VOEST, der Post, der Telekom und anderer Betriebe. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Wilfing. ) Danach fährt er nach Oberösterreich und sagt dort, dass es natürlich einen österreichischen Kernaktionär geben müsse und dass er sich mit ganzer Kraft in Wien dafür einsetzen werde.

Sein Noch-Vize Dr. Leitl sagt im selben Atemzug: Ja natürlich werden die Betriebe zu 100 Prozent verkauft. – So hat man also beide Seiten befriedigt.

So einfach, meine Damen und Herren, kann man es sich aber nicht machen, denn daran hängen Tausende Arbeitsplätze (Bundesrat Mag. Wilfing: Die wurden in den letzten Jahren auch vernichtet!) und außerdem sind weit über 1 000 Zulieferbetriebe in Österreich davon betroffen. (Bundesrat Mag. Wilfing: Vernichtet wurden 5000 Arbeitsplätze allein in Donawitz unter einem sozialistischen Bundeskanzler! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend: Wenn die Ressortverteilung für die künftige Form des Regierens stehen soll, dann werden Sie künftighin recht wenig aufzuweisen haben. Meine Fraktion wird daher diesem Punkt keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.17

Vizepräsident Johann Payer: Der von den Bundesrδten Professor Albrecht Konecny und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der ... (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Der von den Bundesrδten Professor Albrecht Konecny und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu


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erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.

12.17

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss, der Bundesministeriengesetz-Novelle 2000, wird ein höchst anspruchsvolles Reformziel verfolgt: die bessere Organisation der staatlichen Regierungstätigkeit – soweit sich eine solche Strukturreform bloß auf der Ebene von Kompetenzbestimmungen überhaupt erreichen lässt.

Leitender Gesichtspunkt war dabei einerseits die Tendenz, die Sachzusammenhänge der Materien verstärkt zu berücksichtigen, und andererseits das Bestreben, mit einer Mindestzahl von Bundesministerien das Auslangen zu finden. Nach meiner festen Überzeugung – und darin muss ich meinem Vorredner, Kollegen Kraml, eindeutig widersprechen – ist es mit dieser Novelle durchaus geglückt, den erklärten Zielvorstellungen in einem sehr hohen Ausmaß gerecht zu werden.

Gewiss lässt sich über jede Art von Kompetenzverteilung streiten, denn es gibt wohl keinen gleichsam sachlogisch vorgegebenen Zusammenhang der verschiedenen Materien oder zwingende Abgrenzungen zwischen ihnen. Und natürlich räume ich ein, dass es daher auch gegen die im vorliegenden Gesetz getroffenen Zuordnungen mögliche Einwände geben kann. Aber bei unvoreingenommener Beurteilung muss man doch sehen, dass die heute zu beschließende Neuordnung der Ressorts eindeutig der Zusammenführung und Abrundung bisher äußerst zersplitterter Wirkungsbereiche dient.

Davon verspreche ich mir – wie schon zur Regierungserklärung ausgeführt – eine Steigerung der Wirksamkeit des ministeriellen Handlungsspielraums und erhöhte Synergieeffekte, nicht zuletzt aber auch eine Verbesserung der Koordination und Kooperation, die bisher vielfach nur dadurch gewährleistet war, dass ein bestimmter Bundesminister das Einvernehmen mit einem anderen Bundesminister herzustellen hatte. Gerade das hat in der früheren Regierungskoalition oft zu einer wechselseitigen Blockade geführt, wenn die betreffenden Ressorts von Ministern unterschiedlicher Parteizugehörigkeit geführt wurden.

Im Besonderen darf ich als meiner Meinung nach größten Wurf des neuen Bundesministeriengesetzes hervorheben, dass im neuen Ressort für Verkehr, Innovation und Technologie die gesamten Verkehrsagenden vereinigt und sämtliche Bereiche der Technologie konzentriert sein werden. Wie wir heute bereits in der Fragestunde erörtert haben, wird das erstmals einen alle Verkehrsträger übergreifenden Bundes-Verkehrswegeplan und die ihm gemäßen gezielten Infrastrukturinvestitionen ermöglichen. Sie werden verstehen, wenn ich mich darüber freue, dass damit ein langjähriger Vorschlag meiner Fraktion verwirklicht worden ist.

Gerne wiederhole ich mich auch in meiner hoffnungsvollen Erwartung, dass die Zusammenführung vom Unterrichtsbereich und vom Wissenschaftsbereich endlich die längst gebotene Bildungspolitik nach einem alle Ebenen und Wege der Bildung aufeinander abstimmenden Gesamtkonzept ermöglichen wird; und zwar einem solchen Konzept, das – darin stimmen die Regierungsparteien voll überein – von Qualitätsanforderungen und vom Leistungsprinzip geprägt ist. – Man vergleiche beide neu umschriebenen Bundesministerien, von denen ich gesprochen habe, mit dem zuletzt vorgesehenen Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr als einem wahrhaft abstrusen Konstrukt!

Ich will mich freilich nicht dem Vorwurf aussetzen, hier nur die "Highlights", wie es auf Neudeutsch heißt, ausgewählt zu haben. Vielmehr gehe ich bewusst auch auf die von der Opposition sehr kritisch beleuchteten neuen Verknüpfungen bislang getrennter Materien ein.


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So wurde es als Abwertung, wenn nicht als Gefährdung des Umweltschutzes hingestellt – so auch von meinem Vorredner –, dass dieser Sachbereich künftig dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zugeordnet sein wird.

Will man denn gar nicht erkennen, dass eben diese Aufgabenverschränkung gerade der von Österreich, und zwar auch im Rahmen der Europäischen Union, propagierten Tendenz entgegenkommt, auf eine nachhaltige, das heisst kleinräumige, ökologisch orientierte und insbesondere Aufgaben des Landschaftsschutzes wahrende Agrarpolitik hinzuwirken? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Noch schärfer war die Kritik der Oppositionsparteien an der Einbeziehung der Arbeitsmarktpolitik in den Ressortbereich des jetzt so benannten Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

Ich gestehe noch durchaus zu, dass man gegenüber der Zuordnung des Arbeitsinspektorates zum Wirtschaftsministerium Vorbehalte haben kann, freilich selbst das nur dann, wenn man im Wirtschaftsminister den höchsten Repräsentanten ausschliesslich der Unternehmerinteressen erblickt.

Jedes Verständnis aber fehlt mir für die meines Erachtens rein ideologisch motivierte These, dass die Arbeitsmarktpolitik ihrer Natur nach mit der Wirtschaft nichts gemein haben soll. Diese Annahme träfe doch allein dann zu, wenn man entweder vom marxistischen Modell des Klassenkampfes ausginge – was ich auch meinen Kollegen von der SPÖ heute keineswegs mehr unterstelle – oder von einer Verpflichtung des Wirtschaftsministers auf eine "Shareholder-Mentalität".

Ganz anders stellt sich der Sachzusammenhang von Marktwirtschaft und Beschäftigungspolitik aus unserer Sicht dar. Wir sind davon überzeugt, dass nicht der Staat, sondern letztlich nur die Wirtschaftsverhältnisse, das heißt gesunde Unternehmen, Arbeitsplätze garantieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

So gilt es, für die Wirtschaft förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen, und das insbesondere mit Bezug auf die gerade für die österreichische Wirtschaft repräsentativen Klein- und Mittelbetriebe. Um es nochmals zu verdeutlichen: Es geht uns nicht um die Verwischung oder Verschleierung unterschiedlicher Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, vielmehr um die übergreifende, nationalökonomische Synthese, durch eine dynamische Wirtschaftspolitik zugleich Arbeitsplätze zu sichern und zu mehren.

Schließlich vermag meines Erachtens auch die vehemente Kritik an der Zuweisung der Frauenangelegenheiten zum Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen nicht zu überzeugen. Eine Abwertung kann darin schon deshalb nicht erblickt werden, weil diese Materie schon bisher kein echtes eigenes Ressort bildete, sondern von einem Staatssekretariat des Bundeskanzleramtes betreut worden ist.

Im Vergleich mit dieser an sich sachfremden Zuordnung erscheint mir die Verbindung der auf rechtliche wie auch tatsächliche Gleichstellung abzielenden Sachproblematik der Frauenpolitik mit den Anliegen der allgemeinen Sozialpolitik weitaus sachgerechter. (Bundesrätin Schicker: Es kommt darauf an, wer das Ressort führt!)

Ich glaube, es kommt Ihnen eher darauf an, ob es ein Vertreter Ihrer Partei führt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Aber dazu wird sich meine, auf diesem Gebiet gewiss viel berufenere Kollegin Mühlwerth im Rahmen der Debatte über die dringliche Anfrage noch eingehend äußern.

Jedenfalls erachte ich es aber erneut als ideologisch bedingte Voreingenommenheit, wenn gegen diese Kompetenzverschiebung ins Treffen geführt wird, dass dieses Bundesministerium zugleich auch für Jugend und Familie zuständig ist. Dass allein diese Gemengelage ein gesellschaftspolitisches Signal dafür bedeuten solle, die Frau wieder primär an den häuslichen Herd


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zurückzudrängen, werte ich als polemische Unterstellung. (Bundesrätin Mag. Trunk: Was dann?)

Es ist eine Unterstellung! (Bundesrätin Mag. Trunk: Na was dann? – Bundesrätin Mühlwerth: Wahlfreiheit! – Ruf bei den Freiheitlichen: Aufwertung!)

Gleiches gilt für die APA-Meldung der Bundesratsmitglieder Schicker und Marizzi vom 14.März, nach der die Frauenförderung nur noch Annexmaterie und keine grundsätzliche Angelegenheit mehr sei. (Bundesrätin Schicker: Wo steht das Gegenteil?)

Ganz allgemein halte ich dazu fest, dass ich über die damit angesprochene Presseaussendung meiner beiden Kollegen von der SPÖ sehr enttäuscht bin. Da ich dem zuständigen Ausschuss für Verfassung und Föderalismus angehöre, frage ich mich, ob ich am 14. März an derselben Sitzung wie die von mir genannten Kollegen teilgenommen habe; denn es ist schlicht die Unwahrheit, dass bei dieser Sitzung die anwesenden Spitzenbeamten der Regierung ein "Zeugnis" ausgestellt hätten, und zwar ein solches, das der polemischen Kritik der SPÖ entspräche. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Marizzi: Das ist ja nicht gegen die Beamten gegangen!)

Vor allem ist unwahr, dass die Fachreferenten des Bundeskanzleramtes wie auch des Bundesministeriums für Finanzen auch nur im Geringsten angedeutet hätten, dass die neue Bundesministeriengliederung rein parteipolitisch begründet sei, dass sie keine sinnvollen Zusammenlegungen erbringe und dass sie im Gegenteil sogar bisher noch gar nicht einschätzbare Mehrkosten verursache.

Soferne ich an keinem Hörfehler, an keinem fehlenden Wahrnehmungsvermögen oder an keinem beginnenden Gedächtnisschwund leide, ist nicht eine einzige Stellungnahme von den dafür zu Unrecht in Anspruch genommenen Fachreferenten abgegeben worden, die solche Aussagen oder nur entsprechende interpretative Schlussfolgerungen erlauben würde. Das ist daher meines Erachtens eine unredliche Informations- und Medienpolitik, die ich meinen beiden hoch geschätzten Kollegen bis heute nicht zugetraut hätte. Sie müssten doch bemerkt haben, dass ich ihren kritischen Anfragen durchaus offen gegenüberstand und dass ich mit ihnen darin übereinstimmte, dass ihre legitimen politischen Fragen von den Beamten klarerweise gar nicht oder nicht ausreichend beantwortet werden konnten.

Es ist aber gerade deshalb unzulässig und ein Missbrauch, aus nicht gegebenen Antworten politische Wertungen, und zwar regierungskritische Beurteilungen, ableiten zu wollen.

Ich darf nur folgende Unwahrheiten der SPÖ-Aussendung erwähnen: dass die Neuordnung der Kompetenzen keine Synergieeffekte erbringe, ist mit keinem Wort gesagt worden. Ganz im Gegenteil! Es wurde vom Fachreferenten auf die von mir bereits erwähnte Problematik bisheriger Einvernehmenskompetenzen verwiesen. – In Bezug auf die von der SPÖ kritisierte Zersplitterung der Forschungsförderung, aber auch der Struktur- und Regionalförderung wurde von Beamtenseite klargestellt, dass dies schon bisher nicht anders gewesen sei. Forschungsförderung steht mehr oder weniger jedem einzelnen Ressort zu.

Was die angeblichen Mehrkosten der Neugliederung anlangt, sind sie allein deshalb nicht einschätzbar, weil überhaupt nicht feststeht, dass solche überhaupt anfallen werden. Kompetenzverschiebungen bedingen doch nicht automatisch Veränderungen im Personalstand oder auch nur räumliche Verlagerungen, die das Budget belasten.

Absurd ist der resümierende Vorwurf an Beamte des Bundeskanzleramtes, dass sie nicht ad hoc klarstellen konnten, wo jeweils welche Förderung im Einzelnen zu beantragen ist. Wer weiß das übrigens bei den vielgerühmten Förderungen der EU?

Zuletzt sei die Frage des politischen Stils angesprochen, die vor allem uns Freiheitlichen allzu gerne immer vorgehalten wird. (Bundesrätin Schicker : Zu Recht!) In dieser Aussendung der SPÖ – geben Sie Acht! – heißt es, "dass diese Ressortgliederung" – ich zitiere – "ein Schlag in das Gesicht der BürgerI nnen" – politisch korrekt, sprachlich verfehlt: mit großem Binnen-I – sei.


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(Heiterkeit. – Beifall bei den Freiheitlichen.) Und abschließend wird formuliert: "Eine Frechheit auf Kosten der BürgerI nnen."

All diese bedauerliche Polemik soll uns jedoch die positive Grundstimmung nicht rauben, dass die mit dieser Vorlage bewirkte Neuordnung der Ressorts und ihrer Kompetenzen einen Durchbruch zu einer effizienten wie sachbezogenen Regierungspolitik erreicht hat. Wir werden daher der Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 gerne unsere Zustimmung erteilen.

Gleiches gilt für die Anpassung der haushaltsrechtlichen Vorschriften, die für die Wahrnehmung der Kompetenzen des neu geschaffenen Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport im Zusammenhang mit dem Stellenplan vorgesehen sind.

Meine Fraktion wird beiden Vorlagen gerne ihre Zustimmung erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.30

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Günther Hummer. Ich erteile ihm dieses.

12.30

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn eine neue Regierung in ihr Amt tritt, ist es ihre Aufgabe, ihre Kompetenzen so zu regeln, dass sich der Bürger ein Bild von Zuständigkeiten machen kann. Die Regelung der Zuständigkeiten ist eine grundsätzliche und wichtige Herausforderung für die Politik – wohin darf man sich wenden, wer ist verantwortlich?

Ich glaube, nach einem Blick in die vorliegende Novelle doch feststellen zu können, dass der Wille greift, die Kompetenzen übersichtlich zu gestalten. Ich darf doch daran erinnern, dass in der letzten Legislaturperiode eine Kuriosität wie zum Beispiel das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr bestanden hat, wo man wirklich nur relativ schwer einen unmittelbaren Zusammenhang sehen kann – freilich als Ergebnis eines Kompromisses, und in der Politik müssen Kompromisse geschlossen werden.

Als früheren Bürgermeister erfüllt es mich jedoch mit einer gewissen Genugtuung, dass es nunmehr ein Bundesministerium für Innovation und Zukunft geben wird, in dem die Verkehrsagenden und der Bereich Technik zusammengefasst sind, da etwa eine Vorsprache beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen irgendeiner kleinen Bundesstraßen-Umfahrung, hinsichtlich derer sich der betreffende Minister nur schwer ein Bild machen kann und einen dann doch an den zuständigen Sektionschef verweist, kein Idealzustand ist. Auch als Kommunalpolitiker und als Bürger hat man das Recht, an den unmittelbar politisch Verantwortlichen heranzutreten.

Ich glaube auch, dass es zwar ein kühner Versuch ist, dass man den Wirtschaftsminister mit den Angelegenheiten der Arbeit und des Arbeitsrechtes beauftragt – bisher ist man irgendwie von der Vorstellung ausgegangen, dass sich der Wirtschaftsminister und der Arbeitsminister sozusagen als Gegenpole gegenüberstünden –, vielleicht ist aber die Herausforderung, in einem Ministerium die Interessen des Arbeitsrechtes von der Seite der Dienstgeber und von der Seite der Dienstnehmer zu sehen, eine durchaus richtige und vielleicht in der Sache ersprießliche Angelegenheit.

Ganz ähnlich verhält es sich, wenn man dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft auch die Angelegenheiten des Umweltschutzes zuweist, weil der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dann angehalten ist, bei allem, was er tut, gleichzeitig auch die Agenden des Umweltschutzes mit zu berücksichtigen, und damit der politischen Behauptung, die immer wieder der Verifizierung bedarf, nämlich dass Land- und Forstwirtschaft und Umweltschutz kein Gegensatz sein dürften, sondern, wenn sie richtig durchgeführt würden, harmonieren müssten, auch Rechnung getragen werden kann. So glaube ich denn – nach einem Blick in diese Novelle –, dass


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hier der gute Wille, übersichtliche und zusammengehörige Kompetenztatbestände zu finden, durchaus verwirklicht wurde.

Es kommt auch zu einer Zusammenfassung in einem großen Bildungsministerium, das von der Volksschule bis zur Hochschule reicht, das den gesamten Bereich der Kultur und Wissenschaft umfasst. Damit wurde zwar eine überaus schwierige und umfangreiche Aufgabe einem Minister – in diesem Fall einer Ministerin – zugewiesen, aber doch eine, die Sinn macht und die einsichtig ist.

Meine lieben Damen und Herren – so darf ich wohl heute sagen, da ich das letzte Mal an das Rednerpult des Bundesrates trete. Ich gehe, solange ich noch freiwillig gehen darf, ich habe mir schon vor zehn Jahren vorgenommen, dass ich, wenn ich das 60. Lebensjahr überschritten habe, gehe; nicht, weil man mit 60 alt wäre oder weil einem nichts Neues mehr einfiele, sondern einfach deswegen, weil ich nun einen neuen Lebensabschnitt gemeinsam mit meiner Frau antreten möchte und hoffe, dass ich noch so manches in anderer Rolle bewirken darf, wenn es mir gegönnt ist.

Und so geziemt es sich in dieser für mich letzten Sitzung nach zehneinhalb Jahren, doch ein herzliches Dankeschön an die gesamte Kollegenschaft hier im Bundesrat zu sagen. Zehn Jahre sind, wenn man die Fluktuation, die hier gegeben ist, bedenkt, eine lange Zeit, sodass man an eine gewaltige Zahl, und zwar nicht nur an 64 Personen, sondern wahrscheinlich an die Hundert, die in dieser Zeit kürzer oder länger hier im Bundesrat waren, zu denken hat. Ich danke all jenen, die mitgeholfen haben, der Sache des Föderalismus, unseren österreichischen Ländern einen Dienst zu erweisen.

Ich bedanke mich stellvertretend bei der derzeitigen Präsidentin, Frau Anna Elisabeth Haselbach.

Ich bedanke mich bei Herrn Vizepräsidenten Jürgen Weiss, von dem ich viel gelernt habe und der für mich als ehemaliger Bundesminister für Föderalismus und Verwaltungsreform stets eine Vorbildfunktion eingenommen hat und noch immer einnimmt.

Ich bedanke mich auch bei Herrn Vizepräsidenten Johann Payer.

Weiters bedanke ich mich bei den Fraktionsvorsitzenden, zunächst natürlich bei meinem Freund Ludwig Bieringer. Ich bedanke mich aber auch sehr herzlich für die kräftige, kollegiale Art des Professors Albrecht Konecny und die universitδre Art des Fraktionsvorsitzenden der Freiheitlichen Universitδtsprofessor Dr. Peter Bφhm.

Ich bedanke mich beim Bundesratsdienst, bei Dr. Walter Labuda und Dr. Alice Alsch-Harant und all den Mithelfern, die mir auch in dem halben Jahr meiner Vorsitzführung – in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1997 durfte ich Präsident sein – sehr fair und liebenswürdig an die Hand gegangen sind.

Natürlich gilt mein Dank auch dem ÖVP-Klub mit Dr. Werner Zögernitz an der Spitze und stellvertretend für all die lieben Heinzelmännchen, die die vielen Handgriffe auch für mich immer gemacht haben, Klubsekretär Franz Prinz.

Ich denke in dieser Stunde natürlich an den so genannten Mr. Bundesrat, an Universitätsprofessor Dr. Herbert Schambeck, der die unglaublich lange Zeit von 28 Jahren dem Bundesrat angehört hat, davon 20 Jahre im Präsidium, und der dieser Körperschaft, dieser zweiten Kammer des Hohen Hauses, sicher in hohem Maße seinen Stempel aufgedrückt hat, obwohl ihn so mancher, der heute dieser Kammer angehört, schon nicht mehr kennt oder zumindest nicht mehr erleben durfte, wie er hier gewesen ist.

Ich denke auch sehr gerne an Herrn Vizepräsidenten Strutzenberger und Herrn Dr. Kapral.


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Ich denke in dieser Stunde auch an zwei liebe Kollegen, die schon in die Ewigkeit abberufen wurden: den oberösterreichischen Bauernbunddirektor Erwin Köstler, eine hervorragende Persönlichkeit, und den Salzburger Freund Dr. Helmut Frauscher.

Man weiß, dass man, wenn man Persönlichkeiten nennt, eigentlich alle nennen müsste, und so bitte ich zu verstehen, dass ich hier nur einige markante Persönlichkeiten namentlich erwähnt habe. Ich danke aber allen – und da können sich hier viele angesprochen fühlen –, die diesem Hohen Haus – das ist es für mich und bleibt es für mich – die Würde gewahrt haben, die Würde einer Volksvertretung. Ich danke all jenen, die in diesen Jahren die Argumentation vor die Agitation gestellt haben, wenngleich die Agitation sehr wohl auch dazugehört.

Ich danke all jenen, denen der Föderalismus ein Herzensanliegen war, denn der Föderalismus ist als eine Sicht, als eine Weltanschauung, als die Liebe zum Kleinen und zum Gewachsenen zu verstehen. Die Ehrfurcht vor dem Kleinen, in dem sich die Größe offenbart, ist eigentlich die Grundeinstellung des Föderalismus. Es geht nicht nur darum, ob wir so manche Novelle erreicht haben, die die Kompetenzen des Bundesrates oder der Länder in Gesetzgebung und in Vollziehung ausgedehnt hat, sondern es geht darum, ob der Geist des Föderalismus wach ist, denn wir wissen genau: Wenn wir diesen Geist im neuen Europa, das sozusagen als Baustelle existiert, nicht verwirklichen, wird dieses Europa nicht werden oder letztlich nicht Bestand haben.

Nur dann, wenn wir mit Behutsamkeit und Respekt vor dem Gewachsenen in einem so komplizierten Europa mit einer so vielfältigen Geschichte, mit einer so dornigen und blutigen Geschichte, einem Europa der zahllosen Auseinandersetzungen und Ressentiments vorgehen, ist es möglich, dies in eine Einheit zusammenzuschmelzen. Und so gehe ich denn, was verlockend wäre, nicht auf die Tagespolitik ein, darf aber doch daran erinnern: Vom goldenen Grundsatz des Sich-nicht-Einmischens dort, wo es nichts zum Einmischen gibt und wo es nicht um gemeinsame Belange geht, sollten wir uns nicht distanzieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe mich in meinem ganzen Leben stets für Politik interessiert. Ich weiß genau, dass ich schon als Zwölfjähriger die politischen Nachrichten gehört und in den Zeitungen gelesen habe. Meinen Vater habe ich oft gefragt, was dieses oder jenes zu bedeuten habe. Aber eines ist mir aufgefallen, seit ich Politisches beurteilen kann oder versuche, Politisches zu beurteilen: Es wurde immer auch und recht vorrangig mit der Vergangenheit Politik gemacht. Dem anderen zu unterstellen, dass er von den Geistern der Vergangenheit, vom Ungeist der Vergangenheit besessen oder eingenommen sei, ist eine Verlockung, der man offensichtlich wirklich zu keiner Zeit widerstanden hat.

Das vorige Jahrhundert oder dieses Jahrhundert – nach anderer Berechnung – ist das Jahrhundert der großen Dämonen gewesen, für die Hitler und Stalin nur als Namen genannt seien. Ein in vielen Bereichen gespenstisches Jahrhundert.

Den anderen als Faschist oder Stalinist oder Alt-Marxist oder Austrofaschist zu bezeichnen, wo so vieles in unserer Geschichte auch fehlgelaufen ist, ist eine Versuchung, der man wahrscheinlich, wenn man ein politischer Mensch ist, immer wieder unterliegen wird.

Sehr wohltuend war vor zwei Tagen ein Beitrag in der "Presse", in dem ein Journalist aufgezählt hat, was seit 1945 auch getan wurde, um die Geister der Vergangenheit zu bewältigen. Die so schnodderig hingeworfene Behauptung, die Österreicher hätten sich vor der Bewältigung ihrer Vergangenheit einfach gedrückt, ist für jemanden, der sich mit Geschichte beschäftigt hat, völlig unverständlich.

Ich erinnere an die Rückgabegesetze, an die Rückstellungsgesetze. Ich erinnere an das Verbotsgesetz, an die zahllosen Verurteilungen, die nach dem Kriege ausgesprochen wurden. Die Behauptung, man hätte sich mit all dem nicht beschäftigt, hätte sich nur hinter der bequemen Okkupationstheorie verschanzt, ist wohl historisch nicht haltbar.

Schon gar nicht haltbar ist, dass wir Österreicher ausländerfeindlich wären. Wir sind das Land Nummer eins, was Hilfsbereitschaft anlangt. Ich darf an die Aktion "Nachbar in Not" erinnern


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und an die Großherzigkeit der Österreicher, mit der wir unsere Nachbarn samt und sonders übertroffen haben, ja beispielgebend gewesen sind. Ich darf auch an den Alltag erinnern, wo die Ausländer in einer sehr herzlichen Weise in die Gesellschaft integriert und so genommen werden, wie sie sind. Wir können doch nicht an Randbemerkungen, an wenigen Ewiggestrigen, an Extremen unsere ganze Gesellschaft messen. Da tun wir uns Österreichern sehr Unrecht.

Ein Wort, um zum Ende zu kommen, das ein Berufener gesprochen hat und das ich mir nicht zu sagen getraute, das Simon Wiesenthal, ein Mann, der im Vernichtungslager nur durch einen Zufall seiner Ermordung entkommen ist, gesagt hat: Wir dürfen zwar niemals vergessen, wir müssen aber verzeihen. – Denn nur Verzeihung bringt eine Bewältigung der Vergangenheit, nur Verzeihung unterbricht die Kette der Gewalt und des Unrechts.

So habe ich einen Mann der Verzeihung auch im politischen Leben immer als mein Vorbild gesehen, einen Mann, der zur Verzeihung aufrief, als es im höchsten Maße unpopulär war, zur Verzeihung aufzurufen: Robert Schuman, der große französische Staatsmann, geboren in Luxemburg, ein Lothringer; ein großartiger Politiker, der in den Jahren nach dem Krieg von seinen Landsleuten immer wieder geradezu des Landesverrats bezichtigt wurde, weil er zur Versöhnung mit Deutschland, zur großen Versöhnung der europäischen Mächte aufrief, und das zu einer Zeit, in der dies aus sehr verständlichen Gründen damals von den Franzosen mit Leidenschaft abgelehnt wurde.

So darf ich denn diesen Mann, der zur Versöhnung aufgerufen hat und der mit dem Schuman-Plan einer der Erbauer der Grundfesten der heutigen Europäischen Union war, auch diesem Hohen Haus als Beispiel empfehlen, denn Föderalismus ist die Verantwortung des Einzelnen, die Verantwortung der kleinen Gemeinschaft und die Verantwortung des Ganzen für den Einzelnen und die kleine Gemeinschaft.

So wünsche ich mir, dass diesem Hohen Haus im neuen Europa neue Aufgaben zuwachsen. Ich gehe aus dem politischen Leben gern, ich gehe aber ungern von Ihnen, meine lieben Damen und Herren. Ich wünsche Ihnen, dass diesem Hohen Haus viel Erfolg und neue Aufgaben beschieden seien, und Ihnen allen viel Freude und eine glückliche Hand in Ihrem politischen und privaten Leben! (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

12.49

Vizepräsident Johann Payer: Sehr geehrter Herr Dr. Günther Hummer! Mit dem Lob, mit dem Dankesagen ist es oft wie mit einem Gewürz: Erwischt man zu viel davon, dann wirkt es abstoßend, erwischt man zu wenig, dann nährt man das Verlangen nach mehr. Ich hoffe, dass ich mit meinen paar Worten, die ich jetzt sprechen werde, den richtigen Kompromiss finden werde.

Sehr geehrter Herr Kollege Hummer! Namens des gesamten Bundesrates, namens aller Fraktionen, aber auch persönlich sage ich Ihnen für die mehr als zehn Jahre ein herzliches Dankeschön für Ihre Arbeit, für Ihr Engagement im Dienste der Bevölkerung, insbesondere aber auch für Ihre Kollegialität, für Ihre Fairness, für Ihre Wortwahl, die uns auch heute, so glaube ich, zum Nachdenken gebracht hat.

Für Ihren kommenden und neuen Lebensabschnitt wünsche ich Ihnen im Namen aller alles Gute, sehr viel Zufriedenheit und vor allem Gesundheit. Und ich hoffe, dass wir uns sehr häufig hier wieder sehen. – Ein herzliches Dankeschön. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Franz Morak. Ich erteile ihm dieses.

12.51

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Novelle zum Bundesministeriengesetz wird aus Sicht der neuen Bundesregierung ein, wie wir meinen, wichtiger Schritt in Richtung eines effizienten Regierens, der Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und einer dadurch möglich werdenden Straffung der Verwaltung gesetzt.


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Insbesondere werden vier Ministerien neu strukturiert beziehungsweise in ihren Kompetenzen stark verändert.

Ich beginne mit dem Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport. Es hat sich bewährt, den Bereich der zentralen Personalverwaltung und des Dienstrechtes, so wie dies vor drei Jahren geschehen ist, aus dem Bundeskanzleramt herauszulösen und in die Verantwortlichkeit eines eigenen Regierungsmitgliedes zu übertragen. Aus dem Bereich des Bundesministeriums für Finanzen, wo bisher Staatssekretär Ruttensdorfer für diese Agenden zuständig war, gehen diese Agenden nun in die Verantwortung der Frau Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer über. Sie bilden nun gemeinsam mit den Angelegenheiten des Sports ein eigenes Ministerium.

Zweitens wird das bisherige Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft um die Umweltagenden und die Kompetenzen der Wasserwirtschaft angereichert. Gerade die Entwicklung der letzten Jahre hat deutlich gemacht, dass eine moderne Landwirtschaftspolitik nicht mehr nur über die landwirtschaftliche Nutzung im herkömmlichen Sinn definiert werden kann, sondern dass das Profil der Landwirtschaft im Sinne von Landschaftspflege, Umweltschutz und Nachhaltigkeit neu definiert werden muss.

Ich meine daher, dass es sich hier um komplementäre Aufgaben handelt, und nicht, dass, wie in der Debatte auch schon im Nationalrat behauptet wurde, Landwirtschaft und Umwelt einen unvereinbaren Gegensatz darstellen. Wir meinen – im Gegenteil –, das neue "Lebensministerium", wie ich es nennen möchte, entspricht dem, was sich ausgehend von Österreich unter dem Stichwort der ökosozialen Marktwirtschaft zu einem Exportmodell entwickelt hat, aber auch jener Entwicklung, die der österreichische EU-Kommissar Franz Fischler im Sinne des nachhaltigen Wirtschaftens im Rahmen der Agenda 2000 vorgezeichnet hat.

Drittens wird aus dem bisherigen Sozialministerium das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen. Ich halte es für sinnvoll, erstmals die Bereiche Jugend, Familie und Frauenangelegenheiten, die bisher aufgesplittert waren, unter dem Dach eines einzigen Ressorts zu vereinigen, dies umso mehr, wenn es um die erstmals explizit angeführten Agenden der Senioren, einer Forderung der Seniorenverbände aller politischen Gruppierungen entsprechend, erweitert wird.

Ich meine, dass die Zusammenfassung der frauen- und generationenspezifischen Probleme in einem Ressort gemeinsam mit den Fragen der sozialen Sicherheit eine durchaus sachlogische Lösung darstellt, die mir jedenfalls sinnvoller erscheint als die bisherige Verbindung der Frauenangelegenheiten mit dem Konsumentenschutz beziehungsweise der Familien- und Jugendangelegenheiten mit den Umweltkompetenzen.

An die Stelle des bisherigen Ministeriums für Wissenschaft und Verkehr – eine stets als willkürlich empfundene und angesehene und kritisierte Ministeriumskonstruktion – tritt nun das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. In ihm werden erstmals die Agenden von Straße und Schiene zusammengefasst, was heute schon gewürdigt wurde, womit, wie ich meine, ein modernes Infrastrukturministerium entsteht.

Die Wissenschaftskompetenzen wieder werden gemeinsam mit dem Unterricht zu einem modernen Bildungsministerium vereinigt. Gerade die Entwicklung der letzten Jahre hat uns deutlich gezeigt – ich erinnere etwa an den Fachhochschulbereich –, dass durch die Aufsplitterung der sekundären und tertiären Ausbildung in verschiedene Ministerien nicht mehr den neuen übergreifenden Entwicklungen in einem diversifizierten Bildungs- und Ausbildungsbereich Rechnung getragen werden konnte.

Schließlich – und dies möchte ich als weiteren wesentlichen Eckpfeiler der Novelle zum Bundesministeriengesetz nennen – übernimmt das Wirtschaftsministerium die bisherigen Agenden des Arbeitsrechts und des Arbeitsmarktes aus dem Sozialministerium und wird so zum Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Auch in diesem Zusammenhang kann ich die im Nationalrat geäußerte Kritik nicht nachvollziehen. Gerade angesichts der im Nationalrat angestellten historischen Analogien, die ich als Mitglied der Bundesregierung nicht kommentieren möchte, drängt sich ein wenig der Verdacht auf, dass hinter der dazu vorgebrachten Argumentation


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möglicherweise vor allem ideologisch-weltanschauliche Argumente stehen. Demgegenüber waren für uns jedoch ausschließlich sachliche Beweggründe im Sinne einer sachgerechten und effizienten Zusammenführung von Arbeit und Wirtschaft maßgeblich, wobei ich auf das Beispiel Schweden, wo diese Kombination in einem Ressort nicht nur schon besteht, sondern sich auch bestens bewährt hat, verweisen möchte.

Mir liegt hier die Unterlage über die Zusammensetzung dieses Ministeriums in Schweden vor, es umfasst:

erstens: Angelegenheiten der Industrie, der Energiewirtschaft, der Regionalpolitik einschließlich der Angelegenheiten der EU-Strukturfonds, des Wettbewerbsrechts und des Tourismus;

zweitens: Verkehrswesen, Post- und Telekommunikationswesen, Angelegenheiten der Informationstechnologie;

drittens: Forschung und Entwicklung, Patent- und Innovationsangelegenheiten;

viertens: Verwaltung von 31 der insgesamt 59 staatlichen Unternehmungen und

schließlich: Angelegenheiten des Arbeitslebens, des Arbeitsrechtes einschließlich der Antidiskriminierungsgesetzgebung sowie des Arbeitsmarktes einschließlich der Arbeitslosenversicherung.

Neben den Kompetenzverschiebungen in den vier genannten Ministerien kommt es auch im Bereich des Bundeskanzleramtes zu einer Neustrukturierung der Arbeit. Abgeschlankt um zahlreiche Einzelkompetenzen, die in einzelnen Bundesministerien durchaus sach- und ressortspezifisch geregelt werden können, wird künftig im Bundeskanzleramt der Schwerpunkt auf die Konzentration und Koordination der Regierungsarbeit gelenkt sowie auf die Funktion des Bundeskanzlers im internationalen Gefüge der Europäischen Union vermehrt Rücksicht genommen.

Zu dieser Konzentration wesentlicher Aufgaben zählt unter anderem die Tatsache, dass die Informationstätigkeit der Bundesregierung im Gegensatz zu früher, wo breit angelegte und kostspielige Informationskampagnen einzelner Ministerien oft zu Kritik in der Öffentlichkeit geführt haben, nun durch das Bundeskanzleramt koordiniert und abgestimmt wird.

In diesem Zusammenhang wird auch die Euro-Information vom Finanzministerium in den Bereich des Bundeskanzleramtes übertragen werden.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass im Hinblick auf die Frage der Personalvertretung gerade angesichts der erst kürzlich stattgefundenen Personalvertretungswahlen eine verfassungsrechtlich einwandfreie Lösung erarbeitet werden konnte, die den Übergangsbestimmungen, wie sie in früheren Fällen der Kompetenzverschiebung üblich waren, entspricht und Kontinuität im Hinblick auf die Personalvertretung gewährleistet.

Ein paar Worte noch zur Funktion des Generalsekretärs. Im Gesetz heißt es dazu wörtlich: "Der Bundesminister kann mit der zusammenfassenden Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte einen Generalsekretär betrauen." – Im Klartext heißt das: Es handelt sich hier um eine Kann-Bestimmung, die dem jeweiligen Minister die Möglichkeit einräumt, mittels eines Generalsekretärs eine Kommunikationsdrehscheibe zwischen dem Ministerium und dem Minister zu schaffen.

Ich möchte nur darauf verweisen, dass eine solche Funktion bereits im Außenministerium, im Innenministerium – zumindest teilweise in Form des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit – und im Bundesministerium für Landesverteidigung – in Form des Generaltruppeninspektors – besteht.

Auch im Hinblick auf die Europäische Union hat sich diese Konstruktion als sinnvoll erwiesen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf eine Meinungsäußerung des Verfassungsrechtlers Theo Öhlinger.


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Ich möchte abschließend noch auf zwei Koordinationsfunktionen eingehen, die meinen unmittelbaren Arbeitskreis als Staatssekretär betreffen:

Zum einen handelt es sich dabei um Koordinationen kultureller Angelegenheiten. Die Kunst- und Kulturagenden der Bundesregierung sind im Wesentlichen auf drei Ministerien aufgeteilt: Die zeitgenössische Kunst ressortiert zum Bundeskanzleramt, die Bundesmuseen, der Denkmalschutz und die Nationalbibliothek zum Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, und die Auslandskultur ressortiert zum Außenministerium.

Wir haben uns im Zuge dieser Vereinbarung über die Neukonstruktion der Ministerien überlegt, auch die Agenden von Kunst und Kultur neu aufzuteilen, sind dabei aber doch auf Gründe gestoßen, die es angebracht erscheinen ließen, den Verantwortungsbereich so zu belassen, wie das jetzt geschehen ist.

Die Anbindung der Auslandskulturpolitik an das Außenministerium und den diplomatischen Dienst erwies sich nämlich als sinnvoll, denn trotz der geringen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel konnte die österreichische Auslandskulturpolitik in den vergangenen Jahren Beachtliches leisten.

Für die Ansiedlung von Museen, Denkmalschutz und Nationalbibliothek im Unterrichtsministerium gilt, dass man, wie wir meinen, Bewährtes nicht ändern soll, insbesondere unter dem Aspekt, dass sich die österreichischen Bundesmuseen nach der Beschlussfassung der Ausgliederung in selbstständige Anstalten in einer wichtigen Umstellungsphase befinden, was für eine gewisse Kontinuität in der Ressortverantwortung spricht – dies umso mehr, als diese durch Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer auch in personeller Hinsicht gewährleistet ist.

Die zeitgenössische Kunst und Kunstförderung schließlich sind gemeinsam mit den Medien im Rahmen des Bundeskanzleramtes meinem Verantwortungsbereich übertragen worden. Gerade im Hinblick auf die Europäische Union ist es sinnvoll, Kunst und Medien in einer Hand zusammenzufassen. Ich glaube, dass die in der Vergangenheit bestehende Kompetenzregelung, die die Kunst, den Sport und die Europaagenden dem Staatssekretär im Bundeskanzleramt zugeordnet hatte, gerade bei den Kunstschaffenden vielfach das Gefühl erweckt hat, dass durch diese Zusammenfassung von Kompetenzen, die inhaltlich nur wenig miteinander zu tun hatten, der Kunst nicht das ihr zukommende Augenmerk geschenkt wurde.

Ein zukunftsweisendes Modell scheint mir auch die Koordinationskompetenz im Telekommunikationsbereich zu sein. Aufbauend auf den bereits im Bundeskanzleramt angesiedelten und erfolgreiche Arbeit leistenden Beirat für Internet und neue Medien unter der Leitung des Verfassungsdienstes werden hier verschiedenste Agenden, die momentan in unterschiedlichen Ressorts wahrgenommen werden, im Hinblick auf die rasante Entwicklung im Bereich der neuen Medien zusammengefasst. Ich nenne in diesem Zusammenhang etwa den im Bundeskanzleramt angesiedelten Datenschutz, das in die Kompetenz des Justizministeriums fallende Urheberrecht, die beim Innenministerium liegende Strafverfolgung im Bereich der neuen Medien und den Jugendschutz, der zum Generationsministerium ressortiert, sowie Fragen der Medienerziehung im Hinblick auf Rating und Evaluierung neuer Medien für Jugendliche, wie sie momentan vom Unterrichtsministerium wahrgenommen werden.

Unter Ausnützung all dieses schon bestehenden ministeriumsspezifischen Know-hows soll auf dieser Ebene eine einheitliche Linie der Bundesregierung entwickelt werden, wie man in einer zukunftsweisenden Art und Weise mit den neuen Medium, vor allem dem Internet umgehen wird.

Darüber hinaus soll auf der Ebene des Bundeskanzleramtes unter Einbindung der im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie angesiedelten Frequenzbehörde, die die entsprechenden technischen Möglichkeiten beisteuern wird, eine unabhängige Institution für Telekommunikation, Informationstechnologie und Medien eingerichtet werden, die unter dem Namen "Medienbehörde" der Tendenz des Zusammenwachsens, wie sie momentan im expandierenden Telekom-Bereich bereits stattfindet – von Festnetz, Telekom bis zum Mobiltelefon


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und Internet –, entspricht. Es soll ein unabhängiges Regelungs- und Aufsichtsorgan nach dem Vorbild ausländischer Beispiele, wie zum Beispiel der FCC in den USA, geschaffen werden.

Abschließend und zusammenfassend möchte ich Folgendes festhalten: Das neue Bundesministeriengesetz ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Schritt vorwärts im Hinblick auf eine Kompetenzbereinigung im Bereich des Bundes. Es signalisiert, dass nach vielen Jahren der vergeblichen Bemühungen um eine Zusammenführung an sich nahe liegender Kompetenzen, wie etwa Straße und Schiene oder des sekundären und tertiären Bildungsbereiches, ein neuer Ansatz gemacht wurde.

Ich darf daran erinnern, dass es sowohl die Starrheit in den Ministerialkompetenzen als auch das Festhalten an so genannten Besitzständen waren, die für die Immobilität des Erscheinungsbildes der vorigen Regierung, wie sie von einer kritischen Öffentlichkeit wahrgenommen worden ist, mitverantwortlich waren. Nicht zuletzt deshalb wurde vor und nach den Nationalratswahlen vom 3. Oktober 1999 auch vom damaligen Bundeskanzler Mag. Viktor Klima immer wieder eine Kompetenzbereinigung ins Spiel gebracht. Im Laufe der Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialdemokratischer Partei und Österreichischer Volkspartei hat sich bedauerlicherweise herausgestellt, dass dies in der früheren Konstellation nicht möglich gewesen ist. Umso mehr scheint es mir ein positives Signal zu sein, dass in der nunmehrigen Bundesregierung in einigen Bereichen wesentliche Zusammenführungen und Verbesserungen möglich geworden sind. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie des Bundesrates Drochter. )

13.06

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile ihm dieses.

13.06

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Das Bundesministeriengesetz ist, so glaube ich, das erste Gesetz, das von der neuen Koalitionsregierung FPÖ/ÖVP im Nationalrat beschlossen wurde.

Herr Staatssekretär Morak hat uns jetzt sehr eindrucksvoll die wesentlichen Inhalte hier vorgetragen. Was aber fehlt und was bisher nicht gelungen ist, ist, dieses Vorhaben auch mit Leben zu versehen beziehungsweise zum Funktionieren zu bringen. Das ist nämlich ein wesentlicher Faktor für eine Regierung, und der Start dieser Regierung ist sicherlich nicht gelungen.

Was wir heute schon bedauert haben, ist auch, dass diese Regierung den Bundesrat schwer missachtet (Bundesrat Ing. Gruber: Das ist ja nicht die Regierungserklärung!) und wir unsere Tagung zwei Stunden unterbrechen mussten, um als Bundesrat überhaupt akzeptiert zu werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Regierung fällt auf durch Selbstlähmung, durch Selbstblockade; das ist das bisherige Markenzeichen. Sehr viele Österreicherinnen und Österreicher fragen sich täglich: Wer hat das Sagen, wer hat die Kompetenz in dieser Regierung? (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wer hat die Kompetenz, wer hat die Fähigkeit, diese unsere stabile, schöne Heimat, dieses wohlhabende Österreich zu regieren? Wer kann es aus der selbst verschuldeten Isolation herausführen? (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Viele Bürger und auch Abgeordnete sind der Meinung, dass wir heute kein Bundesministeriengesetz beschließen, sondern ein Mysteriumsgesetz. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das einfache Parteimitglied Noch-immer-Landeshauptmann von Kärnten beschäftigt durch seine unqualifizierten Äußerungen die Regierung – vom Bundeskanzler abwärts über die Vizekanzlerin bis hin zur Frau Außenministerin – permanent. Aber das ist noch nicht das Letzte. Der Herr Infrastruktur-Minister, den wir am Vormittag bei der Fragestunde hier hatten, versucht intensiv, Außen- und EU-Erweiterungspolitik zu machen.


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Der Bundeskanzler und seine Minister, aber auch die Staatssekretäre kommen mir wie eine professionelle politische Feuerwehr vor, die permanent im In- und Ausland unterwegs ist, um die Aussagen mancher freiheitlicher Minister und Staatssekretäre zu entkräften.

Eine Wende wurde angekündigt, die Wende wurde mit Verunsicherungen und enormen Belastungen für die Österreicherinnen und Österreicher, vor allem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeleitet. Die Wende, kurz auf einen Nenner gebracht, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird von den Arbeitnehmern in Form von zusätzlichen neuen Aufwendungen empfunden, während – das gebe ich zu – die Bauern, die Zinshausbesitzer (Bundesrat Bieringer: Das ist ein Konnex!), aber auch die Unternehmer Zuwendungen in Milliardenhöhe erhalten. (Ironische Heiterkeit und lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich weiß schon, dass Ihnen das nicht passt. Ich darf Ihnen aber versichern und erlaube mir auch anzumerken, dass ich glaube und davon überzeugt bin, dass es nicht sehr leicht sein wird, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihren Belegschaftsvertretungen in der Zukunft wohlerworbene Rechte und Ansprüche vorzuenthalten.

Ich habe auch eine Frage an Herrn Staatssekretär Mölzer (Bundesrätin Mühlwerth: Wie?), an Herrn Staatssekretär Morak. (Lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Entschuldigung! Aber was nicht ist, kann noch werden. Wenn der Herr Landeshauptmann Bundeskanzler werden will, dann wird es doch ein Leichtes sein, dass der Herr Pressekolumnist und der Herr Kulturberater des Herrn Landeshauptmannes auch Staatssekretär in der nächsten Regierung werden kann. (Bundesrat Steinbichler: Sie denken schon weiter!) Aber ich möchte ihn fragen ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bin kein Prophet und will das auch nicht sein, aber es liegt auf der Hand. Der Herr Landeshauptmann aus Kärnten hat das sehr präzise als sein nächstes politisches Ziel definiert.

Ich möchte also Herrn Staatssekretär Morak fragen, wie es ihm geht bei Aussagen von Herrn Mölzer, der das Klagenfurter Stadttheater als Provinzbühne bezeichnet, die sich in das Faulbett der Subventionen gelegt habe und jetzt eben lernen müsse, mit einem privaten Sponsoring auszukommen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Ich habe das nicht bewertet, ich frage nur den Herrn Staatssekretär, wie er mit dieser Aussage persönlich zurechtkommt. (Bundesrat Dr. Maier: Sie kennen sich nicht aus, daher müssen Sie ihn fragen!) – Sie müssen noch ein bisschen warten. Vielleicht habe ich dann auch einmal die Gelegenheit – es ist nicht mein politisches Ziel –, in einer Fragestunde hier vor Ihnen zu stehen. Aber wir können dann draußen diskutieren. (Bundesrat Dr. Maier: Haben Sie auch eine eigene Meinung?) – Sicherlich habe ich eine Meinung. (Bundesrat Dr. Maier: Dann sagen Sie sie auch!) Die ist auch kein Geheimnis (Bundesrat Dr. Maier: Dann sagen Sie sie jetzt!), aber die sage ich, wann ich will und nicht, wenn Sie es mir anschaffen. (Bundesrat Dr. Maier: Dann sagen Sie es uns doch!) Ich habe kein Problem.

Ich bin dafür, dass alle Kulturbetriebe und im Besonderen (Ruf: Das Stadttheater!) das Stadttheater (lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) Klagenfurt von der Stadt Klagenfurt und auch vom Land Kärnten die notwendige finanzielle Unterstützung bekommen. (Bundesrat Dr. Maier: Wollen Sie die Fragen an den Kärntner Landtag richten? Da sind Sie falsch!) – Herr Kollege, ich bin nicht falsch. Sie haben mich etwas gefragt, und ich gebe Ihnen eine persönliche Antwort, Herr Kollege Maier! (Bundesrat Dr. Maier: Ich beziehe mich nur auf das, was Sie gesagt haben!) Ich habe keine Angst davor, meine Meinung in der Öffentlichkeit zu sagen. Es gibt vielleicht andere hier, die damit Probleme haben.

Aber als Wiener, der Sie auch sind, möchte ich Ihnen nur empfehlen, auch einmal darüber nachzudenken, wie Sie den Kolleginnen und Kollegen in der Wiener Josefstadt unter die Arme greifen können. Wie man nämlich den letzten Informationen aus den Printmedien entnehmen kann, gibt es dort große Probleme, den ausgezeichneten Schauspielerinnen und Schauspielern dort die Gage für April auszuzahlen. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zu meinem besonderen Bedauern muss ich auch sagen, dass es eigentlich kein Frauenministerium mehr gibt, und das wird folgende Auswirkungen haben: Die Frauen werden von dieser


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Einsparung, die es vor allem in der Förderung der Beschäftigungspolitik der Frauen gibt, von der Anhebung des Pensionsantrittsalters und von den Abschlagszahlungen besonders negativ betroffen sein. Das ist verbunden mit einer höheren Arbeitslosigkeit von Frauen, vor allem von älteren Frauen. Es wird zu einem Rückgang der Beschäftigungsquote von vollzeitbeschäftigten Frauen kommen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu einem Ansteigen der Altersarmut der Frauen kommen wird.

Ich glaube, es wäre sinnvoller gewesen, den Frauen ... (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) – Lieber Herr Kollege! Sie haben jetzt die Möglichkeit, für Ihre Gattin vorzusorgen. Ich weiß nicht, ob Ihre Gattin ein Beschäftigungsverhältnis hat (Bundesrat Ledolter: Die arbeitet wirklich!) oder ob Sie in Ihrer Familienplanung noch vorgesehen haben, ein Kind zu zeugen. Sollte das der Fall sein – ich wünsche es Ihnen –, dann haben Sie die Möglichkeit, für die Karenzzeit pro Monat mit 250 S Versicherungszeiten zu erwerben, die dazu berechtigen, dass eine Pension fällig wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wissen Sie, Herr Kollege, was eine unselbstständige Arbeitnehmerin, die 6 800 S im Monat verdient, an Sozialabgaben leisten muss? – 1 400 S, lieber Herr Kollege! Und da liegt die Diskrepanz, die wir Sozialdemokraten nicht gutheißen können. (Beifall bei der SPÖ.) Und das ist der Grund, sehr geschätzter Herr Ledolter! Ich habe gesagt, Sie gehören zu den Gewinnern, aber wir dürfen natürlich auch unsere Sorgen hier anbringen.

Daher sind wir Sozialdemokraten für ein einkommensabhängiges Karenzgeld, für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, für den Ausbau von öffentlichen Kindergärten, vor allem in allen Bundesländern. Es gibt manche Bundesländer – das sei hier nicht verschwiegen –, wo das ausgezeichnet funktioniert. (Bundesrat Schöls: In Niederösterreich! Dank Landeshauptmann Pröll!) Aber es gibt auch noch einige Bundesländer, wo das nicht funktioniert, wo die Frauen, auch wenn sie die Absicht haben, keiner Beschäftigung nachgehen können.

Wir treten auch dafür ein, dass die Frauen ein Recht auf Teilzeitarbeit mit einem Rückkehrrecht in Vollarbeitszeit haben. Wir sind für die Verlängerung der Behaltefrist nach der Karenzzeit auf 26 Wochen, für eine verstärkte Frauenförderung und für mehr Mittel in der Arbeitsmarktverwaltung, damit aktive Arbeitsmarktpolitik für die Frauen gemacht werden kann.

All das sind Dinge, die, wie wir glauben, in einem Frauenministerium besser umgesetzt werden können, als das jetzt der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz besonders kritisch möchte ich die Zerschlagung des Sozialministeriums anmerken. Ich möchte gar nicht, wie hier schon angedeutet worden ist, auf die Jahre 1934 oder 1938 eingehen, Herr Staatssekretär, ich darf Ihnen aber sagen und versichern, dass der Vergleich mit Schweden, den Sie heute gebracht haben, mehr als hinkt. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Ich kann Ihnen die Unterlagen mitgeben. Ich würde Sie ersuchen, dass Sie sich hier wirklich an kompetenter Stelle erkundigen oder informieren lassen – das ist kein Problem, das kann man über die Botschaften machen – und dass wir dann einen ehrlichen Vergleich machen und feststellen, ob der Vergleich, den Sie heute gebracht haben, zulässig ist.

Ich muss aber der Ehre auch das Wort reden. Es ist nur mehr ein Land übrig geblieben: Schweden. Zuvor hat die Österreichische Volkspartei natürlich mehrere Länder zum Vergleich angeboten, aber es dürfte sich inzwischen schon herumgesprochen haben, dass es kein Land gibt, das eine vergleichbare Konstruktion hat.

Dass natürlich die Arbeitnehmer große Bedenken haben, ist ganz klar (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), da Frau Vizekanzlerin Riess-Passer am 1. März des Jahres 2000 im "WirtschaftsBlatt" in großen Lettern verkündet hat: "Radikalreform bei Arbeitnehmerschutzgesetzen".

Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir den Bericht über die Unfallversicherung gehört. Damals waren wir stolz darauf, dass wir die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle sehr stark reduzieren konnten und dass auch die Zahl der nichttödlichen Arbeitsunfälle rückläufig ist. Wenn aber jetzt der Allgemeinen Unfallversicherung über eine Milliarde Schilling weggenommen wird,


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sodass prophylaktische Leistungen nicht mehr in dem Ausmaß gemacht werden können, wie es notwendig wäre, und die Frau Vizekanzlerin mit einer radikalen Reform der Arbeitnehmerschutzrechte droht, dann muss ich sagen, sind unsere Bedenken wirklich angebracht.

Ich kann Ihnen auch einen Repräsentanten der Österreichischen Volkspartei, den Sie nicht verleugnen können, hier als Zeugen aufrufen, nämlich Präsident Dinkhauser. Er ist Ihnen sicherlich bekannt, er ist Präsident der Arbeiterkammer in Tirol. Laut einer APA-Meldung vom 28. 2. sagte er: "Die Unabhängigkeit und Sachlichkeit des Arbeitsinspektorates wäre durch den starken Wirtschaftseinfluss in dem neuen Ministerium für Arbeit und Wirtschaft im ‚höchsten Maße gefährdet‘." – Das sagt einer Ihrer Spitzenrepräsentanten. Aber auch hier sei von mir eingeschränkt: ein Spitzenrepräsentant der Arbeitnehmergruppe in der Österreichischen Volkspartei. Wir wissen, dass es natürlich unterschiedliche Bewertungen der einzelnen Empfindungen dieser Gruppen gibt.

Das sind nur einige Beispiele zu dem neuen Bundesministeriengesetz, die verdeutlichen, warum wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten – Herr Kollege Kraml hat es schon gesagt – nicht die Zustimmung geben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.23

Vizepräsident Johann Payer: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile ihm dieses.

13.23

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Drochter hat in der Unterbrechung der Sitzung eine Missachtung des Bundesrates gesehen. Falls Ihnen das Ihr Fraktionsvorsitzender vorenthalten hat, möchte ich Ihnen sagen, warum. (Bundesrat Prähauser: Er hat es uns nicht vorenthalten!) Herr Staatssekretär Morak konnte nicht hier sein, weil die Ihrer Partei angehörenden Abgeordneten des Nationalrates von ihm – in Kenntnis der heutigen Sitzung und Tagesordnung! – verlangt hatten, dass er an einem Ausschuss des Nationalrates teilnehmen sollte. (Hört!-Hört!-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Weitere Zwischenrufe. – Bundesrat Prähauser: Es gibt auch noch Minister! Immer auf die Staatssekretäre!)

Aber, meine Damen und Herren, Herr Staatssekretär Morak befindet sich historisch gesehen in guter Gesellschaft. Der frühere Bundeskanzler Adenauer war einmal in einer ähnlichen Situation. (Bundesrat Gstöttner: Das ist aber kein SPÖ-Mitglied!) Er saß bei einer Besprechung außerhalb des Sitzungssaales, als ein Mitarbeiter aufgeregt zu ihm kam und sagte: Im Bundestag ist die Hölle los. Die SPD-Fraktion – das war damals der Fraktionsvorsitzende Kurt Schumacher – verlangt ganz vehement, der Bundeskanzler müsse anwesend sein, es sei eine Missachtung, dass er nicht hier sei. Was hat Herr Bundeskanzler Adenauer darauf gesagt? – Er hat gesagt: Der sagt ja nur, ich soll kommen, damit ich, wenn ich da bin, von ihm hören kann, ich soll gehen. – Das zu diesem Punkt. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der von Ihnen vorgelegte Einspruchsantrag beschäftigt sich vordergründig mit dem Bundesministeriengesetz. Wenn man ihn allerdings genau liest, dann fällt auf, dass – sehr konsequent durchgehalten – von der FPÖ-ÖVP-Bundesregierung die Rede ist. Und das ist nicht nur als farbliche Bezeichnung gemeint, so als üblich Façon de parler, sondern da wird politisches Programm offenbar. Damit wird nämlich zum Ausdruck gebracht, dass es faktisch zwei Bundesregierungen gibt: eine von FPÖ und ÖVP gebildete und ein bislang unbekanntes sozialistisches Schattenkabinett. Das muss man in einen Zusammenhang stellen mit dem Anspruch, der immer wieder erhoben wird: dass die wahren Patrioten Österreichs auf der Straße und im Widerstand gegen die Bundesregierung zu finden wären.

Ich weiß nun schon, dass in einer Demokratie Mehrheit nicht alles kann und auch nicht alles dürfen können sollte, aber es ist allemal noch auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit und ein Kennzeichen der Demokratie, dass jedenfalls für die Bildung einer Bundesregierung die Mehrheit der gesetzgebenden Körperschaft ausreicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Rechtsstaatlichkeit ist auch ein wichtiger Grundwert der Europäischen Gemeinschaft. Sie begeben sich mit dieser Wortwahl auf einen ganz schmalen Grat, auf dem Sie es sind, die diese Grundwerte in Frage stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist richtig, dass wir eine von ÖVP und FPÖ gebildete Bundesregierung haben, aber es ist allemal noch unsere, es ist die österreichische Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun aber zum eigentlichen Thema und zum Inhalt des Einspruchsantrages und des vorliegenden Gesetzesbeschlusses:

Die Ausführungen der Vorredner der SPÖ und auch die Begründung des Einspruchsantrages sind ganz offenkundig von der vorangegangenen Ablehnung der SPÖ-Nationalratsfraktion geprägt und keine bundesstaatlich begründete Kritik. Als solche wäre sie auch schwer begründbar. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Dr. Böhm. ) Das muss man hier in der Länderkammer, so denke ich, deutlich machen.

Mit welcher Ressortverteilung die Bundesregierung ihre Zuständigkeiten wahrnimmt, ist letztlich eine autonome Entscheidung des Bundes, genauso wie das umgekehrt auch für die Länder gilt. Daher sehe ich allein schon aus grundsätzlichen Überlegungen keinen Ansatzpunkt, unter Berufung auf Länderinteressen gegen das Bundesministeriengesetz Einspruch zu erheben. Der Einspruchsantrag geht daher an unserer Themenstellung vorbei.

Aber auch eine Betrachtung des konkreten Anlasses und Gesetzesinhaltes führt zu keiner Begründung für einen solchen Schritt. Die Länder haben nämlich naturgemäß ein Interesse daran, dass die Bundesregierung in organisatorischer Hinsicht gute Voraussetzungen für ihre Arbeit vorfindet. Dabei ist davon auszugehen, dass es die richtige oder gar perfekte Ressortverteilung nicht gibt und ein solcher Maßstab von vornherein subjektiv und willkürlich gewählt wäre. Was dem einen als Zusammenfassung des Unvereinbaren erscheint, ist für den anderen die Überwindung überholter Gegensätze und die Übernahme positiver ausländischer Erfahrungen. Und dass es diese gibt, konnte nicht in Abrede gestellt werden. Man muss aber gar nicht erst ins Ausland gehen. Dass ein Regierungsmitglied gleichzeitig Landwirtschafts- und Umweltreferent sein kann – und das mit beachtlichem Erfolg –, das gibt es auch in österreichischen Bundesländern zu sehen.

Maßgeblich ist letztlich aber wohl, ob das neue Bundesministeriengesetz insgesamt gesehen bessere Arbeitsvoraussetzungen schafft als das bisherige. Das ist aus meiner Sicht der Fall. Ich habe auch von keiner Landesregierung und von keinem einzigen Landtag Gegenteiliges gehört. Die Ressortverteilung ist tatsächlich kompakter als bisher. Ich nenne nur die Zusammenfassung der bisher mit dem Kanzleramt geteilten EU-Zuständigkeiten im Außenministerium und die Bündelung verwandter Zuständigkeiten, deren Aufsplitterung Anlass zu verwaltungsaufwendigen Aktentransporten und Einvernehmensregelungen war. Daher soll das neue Bundesministeriengesetz auch im Interesse der Länder und einer guten Zusammenarbeit ohne unnötigen Aufschub in Kraft treten können. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Das Bundesministeriengesetz ist ein erster wichtiger Schritt der neuen Bundesregierung zu schlankeren Strukturen bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben und zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes. Das heißt nicht, dass schon alle Verbesserungsmöglichkeiten ausgeschöpft wären, aber es ist ein wichtiger erster Schritt.

Ich möchte die heutige Beratung zum Anlass nehmen, einige aus Sicht der Länder zweckmäßige weitere Schritte beispielhaft zur Sprache zu bringen:

Es ist zunächst ein bundesstaatliches Missverhältnis, dass die organisatorische Struktur der Bundesministerien mit einem einfachen Bundesgesetz geregelt wird, während vergleichbare Regelungen für die Ämter der Landesregierungen mit einem aus dem Jahre 1925 stammenden Bundesverfassungsgesetz genau festgelegt sind. Das führt beispielsweise in der Praxis dazu, dass jede kleine Änderung der Geschäftseinteilung eines Amtes der Landesregierung, etwa die


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Übertragung von Aufgaben von einer Abteilung zu einer anderen, der Zustimmung des Bundes bedarf und den Ministerrat beschäftigt.

In diesem Zusammenhang erscheint mir auch überholt, dass jede noch so kleine Änderung von Gemeindegrenzen, etwa weil sich der Lauf eines kleinen Flusses geändert und das Auswirkungen auf die Bezirksgrenzen hat, der Zustimmung der Bundesregierung bedarf. Wenn man die Ministerratsbeschlüsse durchsieht, dann kann man feststellen, wie häufig das vorkommt, und man kann unschwer erkennen, dass da ein beachtliches Einsparungspotential zu finden wäre. Solche engen Korsette sind völlig überholt, und der Bund sollte sich ein Beispiel daran nehmen, was die rot-grüne deutsche Bundesregierung am 1. Dezember des Vorjahres in ihrem Programm "Moderner Staat, moderne Verwaltung" festgehalten hat.

Ich zitiere kurz auszugsweise daraus: Aufgaben und Verwaltung: Verantwortungsteilung wird wieder stärker Bestandteil des föderalistischen Prinzips werden, daher wiegt es umso schwerer, dass das Nachhinken der Modernisierung auf Bundesebene im Vergleich zu den Ländern und Kommunen beklagt wird. So haben die Länder nur dann ihre Möglichkeit, ihre teilweise schon weit gediehenen Anstrengungen zu einer Reform der Verwaltung voranzutreiben, wenn ihnen der Bund größere Spielräume als bisher einräumt. Die Bundesregierung will deshalb Entscheidungsfreiräume schaffen. – Ende des Zitats.

Es ist zu hoffen, dass sich die österreichischen Schwesterparteien der deutschen Bundesregierung bei der Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlagen an dieser Reformbereitschaft ein Beispiel nehmen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aus verwaltungsökonomischer Sicht bliebe die Neuordnung der Ressortverteilung ein finanzielles Nullsummenspiel, wenn keine Schlankheitskur folgt. Das betrifft den noch weiter voranzutreibenden Abbau von Mehrfachzuständigkeiten der Ministerien, die in zahllosen Bundesgesetzen versteckt sind und deren Ausuferung eher durch Besitzstand-Denken als sachlich motiviert war. In weiterer Folge muss das aber auch zu der Frage führen, ob sich die Ministerien tatsächlich mit so vielen einzelnen Verwaltungsentscheidungen befassen müssen, die in anderen vergleichbaren Staaten durch die Länder und Gemeinden an Ort und Stelle getroffen werden können. Ich halte es für keinen Zufall, dass in solchen Staaten – beispielsweise in Deutschland oder in der Schweiz – der Verwaltungsaufwand insgesamt gerechnet wesentlich niedriger als in Österreich ist. Die Forderung lautet daher: Rückbau der Ministerien auf die Wahrung von Grundsätzen und Standards, die strategische Planung und die innerstaatlich koordinierte Geltungsmachung österreichischer Interessen in der Europäischen Union.

Zum Schluss scheint mir in einem Organ der Bundesgesetzgebung besonders erwähnenswert zu sein, was als Vorhaben der Regierungsparteien im Bereich der Gesetzgebung vereinbart ist. Ich erwähne nur den im Arbeitsprogramm festgelegten Schutz vor rückwirkenden Gesetzen, den Schutz vor Beweislastumkehr, die Reduzierung der Normenflut, die Nutzung von Ermessensspielräumen, die Umsetzung einer verpflichtenden Folgekostenrechnung mit öffentlich zugänglicher Evaluierung durch den Rechnungshof sowie den Verzicht von Zusatzauflagen bei der Umsetzung von EU-Richtlinien. Dem ist aus Sicht der Länder uneingeschränkt zuzustimmen.

Wenn das umgesetzt wird, wozu wir unseren Beitrag leisten wollen und Sie herzlich einladen, werden wir vom bürokratischen Gesetzesstaat wieder stärker zum Rechtsstaat und zur langfristigen Finanzierbarkeit öffentlicher Leistungen zurückfinden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.34

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

13.34

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Werte Damen und Herren! Ich möchte zuerst ganz kurz auf Kollegen Drochter zurückkommen. Er hat zu Beginn seiner Ausführungen gemeint, dass eine der Aufgaben


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unserer Bundesregierung sein wird, neben ihren Regierungsaufgaben so quasi Feuerwehr in manchen Bereichen zu spielen. Herr Kollege Drochter! Das ist völlig richtig. Ich bin überzeugt davon, wenn diese von Ihnen gemeinten Feuerwehrmaßnahmen von einem Bürgermeister aus Windischgarsten oder von einem bestimmten SPÖ-Abgeordneten aus Kärnten oder von einem Bodenküsser aus Ihren Reihen gesetzt werden, dann wird es nicht funktionieren, Herr Kollege! Da ist mir unsere Bundesregierung allemal lieber. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Anlässlich unserer letzten Sitzung hier im Bundesrat wurde uns von Seiten der Bundesregierung die Regierungserklärung zur Kenntnis gebracht. Wir haben darüber debattiert und, wie ich meine, diese Regierungserklärung auch positiv und mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Meine Damen und Herren! Ich sprach damals von einer Wende zum Besseren. Heute debattieren wir die Bundesministeriengesetz-Novelle 2000, und wir können auch schon mit Freude feststellen, dass unsere Bundesregierung nicht nur die inhaltlich absolut notwendigen Zuordnungen der Kompetenzen getroffen hat, sondern dass auch erstmalig in der Zweiten Republik dieser Bundesregierung eine Vizekanzlerin und weitere vier Frauen angehören. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da unterscheiden wir uns von den Sozialdemokraten, denn sie hatten auch ein eigenes Frauenministerium, nur hatte die Frau Frauenministerin keine Kompetenzen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das stimmt nicht!) – Ich sage nur, Frau Kollegin Trunk, ein Stichwort dazu: Wie schändlich ist das Frauen-Volksbegehren untergegangen! Wie schändlich haben Sie dieses Volksbegehren versandeln lassen, Frau Kollegin! (Bundesrätin Mag. Trunk: Ja! Oh!) Das haben Sie versandeln lassen, und Sie haben damit allen Frauen in Österreich Kompetenz innerhalb der Regierung vorgetäuscht, meine Damen und Herren! (Bundesrätin Mag. Trunk: Sensationell! Jetzt bin ich sehr glücklich, dass Sie Expartner waren! Wirklich glücklich!)

Meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle stellt daher eine sinnvolle Zusammenlegung der Kompetenzen dar. – Der Herr Staatssekretär hat bereits alle Bereiche angeführt, wie Landwirtschaft und Umwelt. Oder: Der Verbraucherschutz ist jetzt im Sozialministerium angesiedelt. Frauenangelegenheiten, Jugendangelegenheiten und die Senioren werden in Hinkunft im Sozialministerium beheimatet sein. (Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt werdet ihr das umsetzen! – Bundesrat Thumpser: Ist auch eine soziale Frage!) Oder im Wissenschaftsbereich: Wissenschaft, Bildung und Kultur sind nun in einem Ministerium. – All das, meine Damen und Herren, gibt einen Sinn, und zwar deshalb, weil die inhaltliche Thematik in vielen Bereichen untrennbar ist. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das hat euch Klima vorgeschrieben, und ihr habt es abgeschrieben!)

Frau Kollegin Trunk! So wird im Bereich der Landwirtschaft – ich habe das als Beispiel angeführt – niemand verneinen, dass die Aufgaben unserer Landwirtschaft im Bereich der Umwelt eine große Rolle spielen. Ich sage ein Beispiel dazu: Die Bearbeitung der landwirtschaftlichen Flächen, des Ackers, des Bodens, wird ausschließlich von unseren Landwirten durchgeführt, und daher ist ein untrennbarer Zusammenhang mit dem Umweltbereich gegeben. Oder ein weiteres Beispiel: Von der Gesamtfläche unseres Bundesgebietes werden rund 50 Prozent von unseren Landwirten und unseren Bauern bearbeitet. Das heißt, dass die Betroffenen nun endlich ein Ministerium, einen Minister, haben, der für beide Bereiche – sowohl für die landwirtschaftlichen Arbeiten als auch für den Umweltbereich – zuständig ist. Das, meine Damen und Herren, gibt Sinn! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Oder ein weiteres Beispiel: Ich habe es angesprochen, dass für die Konsumenten und den Verbraucherschutz in Hinkunft das Sozialministerium zuständig sein wird. (Bundesrätin Mag. Trunk: Ist schon!) Das macht deshalb Sinn, weil die Zuständigkeit in diesem Bereich, wie ich meine, untrennbar ist. Es geht also nicht nur darum, dass die Frauenangelegenheiten, die Konsumentenangelegenheiten, die Verbraucherangelegenheiten, die Angelegenheiten der älteren Generation, wie auch immer, dort beheimatet sind, sondern es ist auch in der Gesetzesvorlage zu lesen, dass dieses Ministerium ein Generationenministerium ist. Das heißt, das ist die Abkehr vom bisherigen System, das die Sozialisten hatten. Dieses Ministeriengesetz ist auch


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eine Abkehr vom Klassenkampf, den Sie in diesem Bereich dokumentiert haben. (Bundesrat Thumpser: Weil die Frauen einkaufen gehen!)

Meine Damen und Herren! Dass eine Zuordnung der Kompetenzen, wenn sie inhaltlich nicht trennbar sind, nicht sinnvoll und effizient ist, das wird wohl niemand bezweifeln.

Es wird aber auch insgesamt eine Frage der Glaubwürdigkeit sein. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das glaube ich auch!) Meine Damen und Herren! Da verstehe ich schon, dass die Sozialdemokraten damit Probleme haben. Wir erleben es fast täglich, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich will aber nicht behaupten, dass Sie die Proteste, die jetzt international auf Österreich hereingeprasselt sind, bestellt haben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wer hat denn die FPÖ vor sechs Jahren ausgeschlossen? – Bundesrat Gasteiger: Das wäre auch eine Unterstellung!) – Frau Kollegin Trunk! Ich behaupte nicht, dass Sie von Ihnen bestellt worden sind. Aber, Frau Kollegin, eines können Sie nicht von der Hand weisen: 30 Jahre – 30 Jahre! – SPÖ-Regierung (Bundesrat Marizzi: Gott sei Dank!) haben uns in diese Lage gebracht. Sie waren 30 Jahre lang nicht in der Lage (Bundesrat Gasteiger: Welche Lage?), das andere Österreich international so zu vertreten und zu repräsentieren, dass es nie so weit hätte kommen dürfen. Das ist Ihr 30-jähriges Versäumnis. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Präzisieren Sie: welche Lage!)

Meine Damen und Herren der Sozialdemokratie! Wenn Sie sich hier und heute quasi als Retter der Nation aufspielen, dann ist das nichts anderes als Ihr Eingeständnis, dass 30 Jahre Sozialismus seinen Preis hat – ich meine das jetzt nicht im budgetären und monetären Bereich, es ist uns allen bekannt, welch schlimmes Erbe die neue Regierung zu übernehmen hatte. Meine Damen und Herren! Sie haben uns nämlich nach 30 Jahren Sozialismus nicht jene internationale Akzeptanz und nicht jenen internationalen Stellenwert verschafft (Bundesrat Marizzi: Wie lange waren Sie dabei? – Bundesrätin Fuchs: Sozialdemokratie, mein lieber Herr!), die beziehungsweise den dieses Land in Wahrheit hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Bravo!) Und das, meine Damen und Herren, ist die traurige Wahrheit. (Beifall der Bundesrätin Mag. Trunk.  – Bundesrat Marizzi: Jetzt redet er sich in einen Wirbel! Jetzt ist der Wirbel perfekt!)

Meine Damen und Herren der Sozialdemokratie! Weil in der neuen Regierung eine klare Zuordnung der Kompetenzen erfolgt, weil inhaltliche Klarstellungen erfolgen, weil die Zuständigkeit für den Bürger transparent und durchschaubarer wird (Bundesrätin Mag. Trunk: Da müssen sie auf den Zettel schauen!), weil eine zeitgemäße Aufgabenverteilung vorliegt und weil damit auch die Glaubwürdigkeit Österreichs wieder jenen Stellenwert erhält, der notwendig ist, deshalb werden Sie selbstverständlich als Sozialdemokraten nicht zustimmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.43

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

13.43

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Herr Präsident Weiss hat gesagt, die Regierung bestimme, wie die Ressorts verteilt werden. – Da pflichte ich ihm bei: Das ist das ureigene Recht einer Regierung, die auch Verantwortung für das zu tragen hat, was sie den Menschen antut oder nicht antut; und das wird von der Opposition in keinster Weise bestritten oder bekrittelt. Aber ich bitte um so viel Verständnis, dass die Opposition, wenn sie mit der Verteilung der Macht in dieser Regierung nicht einverstanden ist, dieses auch zu artikulieren weiß und dazu geradezu verpflichtet ist.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz spiegelt gerade das Dilemma wider, das diese Regierung hat: Auf der einen Seite haben Sie einen Junior-Partner in der Regierung, der bisher eigentlich nur gewohnt war, Oppositionspolitik zu machen. – In der Opposition – das gebe ich schon zu – redet es sich manchmal eine Spur leichter, als wenn man Verantwortung zu tragen hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Das merkt man bei euch!)


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Folgende Worte, meine Damen und Herren, habe ich immer in meinem Ohr: Viel zu viele Minister, viel zu viele Staatssekretäre, zehn sind genug! – Das war das erste Dilemma, das diese Koalition hatte. Nachdem die FPÖ (Bundesrat Steinbichler: Einer weniger!) – Herr Kollege, hören Sie ein bisschen zu, und reden Sie dann, wenn Sie etwas gehört haben – all ihre Wahlversprechen ad acta legen musste, brauchte sie einen Bereich, in dem sie sich durchgesetzt hat, und das war bei der Reduzierung der Anzahl der Ministerien der Fall. Auf den zweiten Blick ist dies aber gar nicht mehr so, denn wir haben eine entsprechende Anzahl an Staatssekretären dazubekommen, und summa summarum haben wir fast genauso viele Regierungsmitglieder gehabt wie diese Regierung. (Bundesrätin Mühlwerth: Es sind trotzdem weniger!)

Meine Damen und Herren! Ich rede jetzt nicht von den Generalsekretären, die da in manchen Köpfen noch herumschwirren, die letztendlich auch das Regierungsbudget belasten würden, aber, wie ich meine, eigentlich nur dazu da wären, um Vertrauenspersonen aus der eigenen Partei in Positionen zu hieven, wobei sie aber auch in der Lage sein würden, zuzuarbeiten.

Meine Damen und Herren! Die Frauenangelegenheiten haben nun kein eigenes Ministerium mehr, wenn dieses Gesetz beschlossen wird. Ich weiß schon, dass Sie mir entgegenhalten wollen: Ja, aber wir haben jetzt eine Vizekanzlerin, wir haben eine Ministerin. – Meine Damen und Herren! Darum geht es nicht! Damen, Frauen in einer Regierung sollten niemals Dekoration sein, und darauf sollte man auch nie Bezug nehmen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sehr richtig! Wie wahr!) Es geht allein um die Tatsache, wie das Amt ausgeführt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Ausschließlich das Faktum, wie das Amt ausgeführt wird, qualifiziert das Regierungsmitglied. Wenn wir eine Ministerin haben, die sagt: Fachkompetenz ist nicht notwendig, dafür gibt es Beamte!, gleichzeitig aber sagt: Rückgrat und Selbstbewusstsein sind allein das glücklich Machende!, dann werden Sie verstehen, dass wir Sozialdemokraten das nicht so positiv aufnehmen. Ich bitte Sie, doch einzusehen, dass uns das Sorge macht. (Bundesrat Mag. Gudenus: Bei euch ist das Gegenteil der Fall!)

Wenn wir eine Vizekanzlerin haben, die ich persönlich – das gebe ich hier zu – sehr schätze, die aber trotzdem ferngesteuert aus Kärnten ihre Entscheidungen trifft, dann muss ich sagen, habe ich ein Problem damit. (Bundesrätin Mühlwerth: Unterstellung!) Ich würde mir die Abkabelung – nicht die -nabelung, sondern die Abkabelung! – wünschen. – Sie wissen, was ich damit meine, meine Damen und Herren! Riess-Passer ist sicher in der Lage, eigenständig Politik zu betreiben, von der letztendlich auch die Frauen vielleicht profitieren werden können. (Bundesrat Ing. Scheuch: Fürchten Sie sich nicht!) – Ich fürchte mich, Herr Kollege Scheuch, das dürfen Sie mir zugestehen. Ich muss die Sorge der Menschen zum Ausdruck bringen, und das tue ich hiemit. Das ist meine Pflicht, dazu bin ich gewählt und als Opposition gezwungen. Es gefällt mir zwar nicht, das gebe ich zu, es ist aber so.

Meine Damen und Herren! Wir haben auch heute schon gehört, dass Böcke zu Gärtnern gemacht wurden. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )  – Das ist ein Sprichwort, warum regt Sie das so auf? Wenn man in den Ländern mit Umweltpolitik zu tun hat, dann hat man die ersten Konfrontationen mit der Industrie. In Salzburg gibt es diese weniger, bei uns waren es eben die Bauern, die im Februar, wenn der Boden noch gefroren war, der Schnee schon geschmolzen ... (Bundesrat Ing. Scheuch: Wir lassen die Bauern nicht als Böcke bezeichnen! Das lassen wir uns nicht gefallen!) – Herr Kollege! Ich habe von einem Sprichwort gesprochen. Ich bin anderer Meinung. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.  – Bundesrat Hensler: Die Bauern haben Milliardendefizite! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie über alles in der Landwirtschaft so ausgiebig diskutieren würden wie über ein Sprichwort, dann wäre es um die Bauern besser bestellt, als das heute der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, jeder weiß – es sitzen auch Bauern in diesem Raum –, was es heißt, Gülle im Februar (Bundesrat Ing. Scheuch: Schwere Belastungen!), wenn der Schnee schon weg ist, der Boden gefroren ist, in der Nähe von Seen oder Flüssen oder Bächen auszubringen. Das sind die ureigensten Probleme, und das mag der Hintergrund bei diesen


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Befürchtungen sein. (Bundesrat Steinbichler: Im Gegensatz zu den Industriebetrieben! Diese machen das das ganze Jahr!)

Meine Damen und Herren! Wesentlich mehr als das Eingliedern des Umweltamtes in das Ressort der Bauern stört mich das Eingliedern des Arbeitsministeriums in den Wirtschaftsbereich. Dabei habe ich meine Sorgen, und das werden wir als Sozialdemokraten natürlich dort aufzeigen, wo es notwendig ist, nämlich bei den Arbeitsplätzen und auch hier im Parlament. Das, bitte, gestehen Sie einer Opposition zu. (Ruf bei der ÖVP: Da werden Sie viel zu tun haben!)

Meine Damen und Herren! Ich sage hier nicht, das war ein weiterer Bock, der zum Gärtner gemacht wurde – das würde ich nicht in den Mund nehmen. Ich bin auch der Meinung wie Herr Kollege Scheuch: Bauern oder Unternehmer sind niemals Böcke, sondern Menschen, die zum Wohle anderer ihren Auftrag zu erfüllen haben. – Ich meine aber, die Innovation, das Arbeitsministerium mit dem Wirtschaftsministerium zu vereinen, war ungefähr so, als ob ich einen Bestattungsunternehmer zum Gesundheitsminister machen würde. Damit, meine Damen und Herren, habe ich meine Probleme. (Beifall der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen aber auch, dass ich mir heute gar nicht mehr sicher bin, ob es nicht doch besser ist, dass es so ist, wie es ist, als wenn Kollegin Sickl die Alleinverantwortung dafür hätte. (Beifall der Bundesrätin Fuchs. )

Ich glaube auch, dass diese Regierung oft zu Unrecht angegriffen wird, sie täte nichts. Die Regierung, meine Damen und Herren, tut sehr viel. Jeder von uns – wir alle sind einmal zur Schule gegangen, nehme ich doch an – hat den Freischwimmer-Ausweis gemacht. Der Freischwimmer-Ausweis schaut in etwa so aus: Das ist ein ovales Schild mit einer, mit zwei oder mit drei Wellen. (Bundesrat Hensler: Brustschwimmerausweis heißt das!) Um drei Wellen zu bekommen, meine Damen und Herren, musste man sich 45 Minuten lang über Wasser halten, ohne sich anhalten zu können. – Diese Regierung schwimmt schon ein Monat über Wasser – teilweise die Schöpfe darunter – und lebt noch immer! (Bundesrat Weilharter: Das heißt, wir waren noch besser!) Dafür, meine Damen und Herren, möchte ich dieser Regierung die Freischwimmer-Plakette in Platin überreichen; für jene, die sie zu repräsentieren haben, vielleicht am rot-weißen Band, damit man sie auch am Opernball entsprechend unter die Menschen bringen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Gesegnet ist jenes Land, das solche Beamte und Männer und Frauen in diesen Ämtern hat wie wir. Würde es sie nicht geben – wir haben das bei der Ausschusssitzung gesehen –, wären wir allein auf das, was wir in den Zeitungen lesen, angewiesen, da von der Regierung keine Information zu bekommen war. Daher geht mein Dank an die Beamtinnen und Beamten in diesem Haus, dass wir auch in der Lage sind, über etwas zu diskutieren, und uns kundig machen konnten.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute vom Herrn Professor Böhm gehört, dass er sich so freut. Herr Professor Böhm hat übrigens meine höchste Wertschätzung. Ich hätte mir eher gewünscht, Sie als Justizminister zur Kenntnis nehmen zu müssen als die Entscheidung, letztlich einen Parteianwalt dazu zu berufen. Sie hätten alle Voraussetzungen mitgebracht, zu entkrampfen, aber Ihre Partei hat es anders gewollt – zum Wohle des Bundesrates nehme ich an.

Sie haben gesagt: Der übergreifende Bundesverkehrswegeplan ist eine Errungenschaft. Sie haben Recht, Herr Kollege Böhm! Aber wenn das so wie in der Praxis läuft, ist es wieder kontraproduktiv. Sie wissen, dass es die Hochleistungstrasse zu bauen gilt, damit die Bahn den Anforderungen der nächsten Jahrzehnte gerecht werden kann. Ich denke dabei nur an den Abschnitt Linz–Salzburg.

Als die Freiheitliche Partei in Salzburg noch in der Regierung war, haben wir gemeinsam, also einstimmig, die Forderung aufgestellt, die Bahn möge ausgebaut werden, und diese nach Wien gesandt. Die Wirtschaft hängt daran, der Personenkraftverkehr hängt daran, der Fremdenverkehr hängt daran, daher muss am Besten schon morgen damit begonnen werden.


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Dann hat die Freiheitliche Partei das Schicksal ereilt, aus der Regierung in Salzburg gehen zu müssen, und plötzlich hat man sich auf die Seite jener gestellt, die der Meinung waren, dass durch den kommenden Lärm der Bahn die Ruhe gestört werden würde. Ich gebe schon zu, dass es nicht angenehm ist, an der Bahntrasse zu wohnen, das ist keine Frage. Aber es gilt auch nachzudenken: Was nützt wenigen, was hilft vielen?

Das Problem, das wir jetzt haben, ist, dass die Freiheitliche Partei ein drittes Mal überrascht worden ist. Man hat dort einen ganzen Bezirk wirklich wachgerüttelt, ich möchte das zweite Wort gar nicht gebrauchen, auf jeden Fall haben wir jetzt die Geister, die wir gerufen haben. Nachdem es plötzlich über Nacht zu einem freiheitlichen Ressort geworden ist, ist den Freiheitlichen im Land Salzburg viel eingefallen. Sie sind nach Wien gepilgert, haben vom Minister eine Zusage erreicht, und das widerspricht dem, was Sie als Erfolg in Aussicht gestellt haben, denn der Minister hat gesagt: Ich stelle den Salzburgern anheim, ob sie das wollen oder nicht.

Meine Damen und Herren! Mit welchem Recht? – Er hat die Kompetenz zu entscheiden und kann es nicht auf jene abwälzen, die dafür nicht zuständig sind. Das, Herr Professor Böhm, haben Sie sicher nicht gemeint, und auch wir können das so nicht zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren! Abschließend habe ich noch einen Vorschlag betreffend der Kosten, die nicht effizient herausgearbeitet wurden, im Zusammenhang mit – jetzt hätte ich beinahe Gesetzeskumulierung gesagt – der Straffung der Regierungsverantwortung. Bezifferbar war das nicht, aber ich könnte sagen, vielleicht versuchen wir es mit den Ministerien. Jetzt stelle ich mich mit der FPÖ nur einmal auf eine Stufe: Halbieren wir die Mitglieder der Bundesregierung noch einmal, nehmen wir fünf Minister, und machen wir aus den Freiheitlichen einfach Staatssekretäre! Das könnte interessant werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marizzi. – Bitte.

13.54

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns haben gestern den "Runden Tisch" gesehen und dabei die Sorgen der Jugendlichen – da wir heute von Kompetenzen und neuen Kompetenzen sprechen – bemerkt. Man kann fast sagen, man erlebt zwei Wirklichkeiten in Österreich.

Gestern hat Herr Bundeskanzler Schüssel gemeint: politisch ja, polarisieren nein. Ich habe für mich persönlich immer einen Slogan: Wenn es um etwas geht, dann geht es nicht um schwarz, rot, blau oder grün, sondern dann geht es um rot-weiß-rot.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Ruf: Seit wann?) – Herr Kollege aus dem Raiffeisenverband! Bei mir schon immer.

Ich erwähne das, weil es gestern tatsächlich ernst war. Sie tun jetzt wieder auf sehr nett und sehr lustig, aber Sie werden gleich sehen, wie traurig das ist. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. )

Gestern bemühten sich wirklich alle, angefangen bei Schüssel über Riess-Passer, bis Gusenbauer und alle anderen ... (Ruf: Gusenbauer?) – Gusenbauer auch. Es war fair und ehrlich, was er gestern gesagt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie flehen immer um die Abrüstung der Worte. Sie plädieren immer dafür, aber am Aschermittwoch hat Präsident Chirac Westentaschen-Napoleon geheißen, und seine moralische Qualität ist wie jene Pinocchios. (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Gudenus. ) – Ja, Herr Gudenus, lachen Sie nur. Herr Gudenus! Das ist zum Lachen.

Herr Bundespräsident Klestil schaut aus, als hätten die Hühner sein Brot gestohlen, und der Herr Parlamentspräsident, immerhin der zweite Mann der Republik, fährt nach Moskau und holt


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sich seine Befehle von der Duma. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Häupl-Geschichte lasse ich jetzt weg.

Das ist also die neue Kompetenz dieser Bundesregierung. Die einen müssen herunterspielen, Schüssel und Riess-Passer müssen kalmieren, und Haider teilt am Aschermittwoch aus, dass es sich gewaschen hat. Ich bin neugierig, wenn die Franzosen die Präsidentschaft in der EU übernehmen, was dann passiert. Chirac wird sich das natürlich merken. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da geht es natürlich um Schadensbegrenzung.

Jetzt widme ich mich mit einigen Sätzen dem eigentlichen Thema, das für uns auch wichtig ist.

Herr Kollege Böhm! Ich schätze Sie sehr, aber Sie haben gesagt, es könne Einwände geben, regen sich aber auf, wenn wir uns aufregen. Sie waren in der Opposition auch nicht zimperlich. Ich könnte Ihnen vieles aus Ihrer Oppositionszeit zitieren, denn Kritik muss wohl erlaubt sein.

Zurück zum Verfassungsausschuss: Man konnte uns die Fragen – die Herren Beamten waren sehr nett und kompetent – teilweise nicht beantworten, weil sie politisch nicht beantwortet werden konnten. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls. ) – Ich komme schon darauf. Herr Kollege! Warum werden Sie denn so nervös? (Bundesrat Schöls: Ich bin nicht nervös!)

Sie konnten uns das nicht beantworten. Wir haben uns gar nicht darüber aufgeregt – ich glaube, die Beamten sitzen sogar da und können das bestätigen. Wir haben dann einige Anfragen gestellt, und es wurde uns gesagt, die werden schriftlich beantwortet. Wir haben uns auch darüber nicht aufgeregt. Aber wissen Sie, worüber wir uns aufgeregt haben, Herr Kollege Böhm? – Es geht nicht an – Sie hätten sich als Opposition genauso aufgeregt –, dass nicht einmal ein Minister oder ein Staatssekretär anwesend war.

Herr Kollege Böhm! Drehen wir das Ganze um 180 Grad um. Sie hätten sich sicher aufgeregt, wenn das so gewesen wäre.

Warum wir gegen dieses heutige Gesetz stimmen, das wurde schon gesagt. Das Frauenministerium wurde abgeschafft, das Justizministerium – das wurde heute überhaupt noch nicht erwähnt – war früher unabhängig, heute ist es parteipolitisch. (Bundesrat Dr. d′Aron: Broda unabhängig! Unparteiisch Broda!) – Es war 13 Jahre lang unabhängig, und jetzt ist es parteipolitisch. Ich will jetzt gar nicht davon reden, dass die Forschung auf fünf Ministerien aufgeteilt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist notwendig, dass diese Regierung ein bisschen innehält. Ich sage Ihnen ein paar Splitter der letzten Tage. Man sagt zwar, die Arbeitslosigkeit ist gesunken, dazu gratuliere ich der Bundesregierung, aber ich gratuliere insbesondere der damaligen Bundesministerin Hostasch (Beifall bei der SPÖ), denn sie hat die Rahmenbedingungen dafür gesetzt, dass im Februar dieses Jahres die Arbeitslosenrate niedrig blieb.

Ich kann mich noch an die politischen Debatten, die geführt worden sind, erinnern. Schwer und groß waren die Angriffe betreffend die Arbeitsmarktsituation und die Vorsorgemaßnahmen, die vom AMS getroffen worden sind. Ich gehe jetzt nicht auf die 60 000 S-Regelung ein, Herr Kollege Grasser hat sich durchgesetzt. Er weiß inzwischen den Unterschied zwischen Nettodefizit und Bruttodefizit, das ist legitim, er ist jung und wird all das noch lernen.

Aber er soll das Parlament nicht mehr als "Theater" bezeichnen. Ich gestehe ihm zu, er hat es zum ersten Mal gesagt, aber er soll es bitte kein zweites Mal sagen.

Aber was mich besonders betrifft – diesbezüglich soll die Ideologie hintangestellt werden –, ist Folgendes: Kollege Ledolter kennt mich. Ich glaube, Sie haben miterlebt, wie wir in Ternitz privatisiert haben. Wir haben alles privatisiert. Wir haben damals Leute umgeschichtet, das hat sich – um das verkürzt und brutalisiert zu sagen – wirklich "gewaschen". Ein Feind der Privatisierung bin ich also nicht.


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Aber Sie sagen immer: Österreich zuerst. – Ich erwähne jetzt nur ein Beispiel, nämlich die Telekom. Wenn die 100-prozentige Privatisierung der Telekom erfolgt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei oder von der ÖVP, dann – schreiben Sie sich das ins Stammbuch! – wird es natürlich so sein, dass die Italiener 25 Prozent haben. (Bundesrat Ing. Gruber: Wir sind in der EU!) Wünschen wir uns das? Wünschen wir uns das, Herr Kollege Maier? (Bundesrat Dr. Maier: Wissen Sie, was ich mir nicht wünsche? – Dass der ÖGB-Sekretär jetzt Pressesprecher wird! Das wünsche ich mir nicht!)

Herr Kollege Maier! Das weiß ich nicht, und ich kann jetzt nicht darauf antworten. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) Herr Kollege Maier! (Bundesrätin Mag. Trunk: Berufsverbot!) Ich glaube, wir haben in der Zeit, als wir Generalsekretär waren, eine anständige und konstruktive Gesprächsbasis gehabt. (Bundesrat Ing. Gruber: Bis zur Hubschrauberpolitik!) – Lesen Sie bitte den Artikel betreffend "Milliardenschatz der Privatisierung" – ich will das jetzt nicht zitieren – von einem der besten wirtschaftspolitischen Journalisten, nämlich von Herrn Weiland! Wir werden betreffend Kompetenzen und Privatisierung noch diskutieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Sie sollten aufpassen, weil Sie daraus lernen könnten. Denn wenn das Familiensilber einmal verkauft ist, können Sie es nicht wieder zurückholen. (Bundesrat Ledolter: Da ist schon einiges den Bach hinuntergegangen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung mit ihren Kompetenzen ist aufgefordert, die Interessen von Österreich zu vertreten. Ich glaube, dass das auch bei der Privatisierung und bei allen anderen Dingen notwendig ist, die in der nächsten Zeit passieren. Wir sagen immer, wir werden eine harte Opposition und eine faire Opposition sein. Aber Sie haben auch eine faire Regierung zu sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.03

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

14.03

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Herr Bundesrat Drochter ist bei seinen Ausführungen über das Bundesministeriengesetz auch auf das Sparbudget eingegangen und hat die darin angeführten Pläne kritisiert. Im Konkreten wird die Bundesregierung das Budget in einer Woche vorstellen, dann kann man die genauen Zahlen sehen. Aber ich möchte nur auf die Ausgangslage für dieses Budget hinweisen, und das gehört gesagt.

Die neue Bundesregierung hat die Amtsgeschäfte am 4. Februar um 12 Uhr angetreten, und zu diesem Zeitpunkt – das habe ich auch schon wiederholt im Plenum des Nationalrates gesagt – war kein Budget 2000 vorhanden, obwohl die Zeit des Budgets seit 1. Jänner läuft. (Bundesrat Dr. Böhm: Unglaublich! – Bundesrat Ledolter: Unglaublich!)

Es gab nur geschätzte Zahlen aufgrund des letzten Voranschlages des Jahres 1999, dass das Nettodefizit 109 Milliarden Schilling betragen wird. Nichts anderes hat Herr Minister Grasser gesagt, Herr Bundesrat Marizzi, nämlich dass das Nettodefizit 109 Milliarden Schilling beträgt. Das stimmt, soviel macht das Nettodefizit aus. (Bundesrat Mag. Hoscher: Netto hat er nicht gesagt! – Bundesrat Marizzi: Er hat gesagt: 100 Milliarden Schilling!) – Ich weiß, was er gesagt hat, weil ich dabei war, als er das gesagt hat. (Bundesrat Marizzi: Ich lasse mir die APA kommen!)

Dazu kommen noch 160 Milliarden Schilling an Tilgungen (Bundesrat Marizzi: Nein, nein, nein!), und daraus entstehen dann 269 Milliarden Schilling Bruttodefizit. Er hat aber immer von einem Nettodefizit gesprochen. (Bundesrat Marizzi: Nie! Nie! Er hat vom Defizit gesprochen! – Bundesrätin Fuchs: Nie! Nie! Dann müssen es auch alle Zeitungen falsch verstanden haben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ: Nie! Nie! Nie!)

Ich bin neben ihm gestanden, und Buchhaltung und Rechnen kann ich, weil ich vom Rechnungshof komme. (Bundesrat Drochter: Ah so!)


Bundesrat
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662. Sitzung / Seite 55

Die Maastricht-Vorgabe hat am 4. Februar 2000 62 Milliarden Schilling betragen. (Bundesrat Marizzi: Das stimmt!) Die Bundesregierung muss daher das Ausgangsdefizit von 109 Milliarden auf 62 Milliarden reduzieren. Wir können das nur auf verschiedenen Wegen erreichen. (Bundesrat Drochter: Ausgewogen, Herr Kollege, ausgewogen!) – Ja, das sage ich gleich. (Bundesrat Drochter: Keine Schieflage!) Wir sparen ein – Sie werden es in einer Woche nachlesen können – bei den Ermessenskrediten und nicht bei den Förderausgaben, weil Sie die Josefstadt erwähnt haben. Bei den Ermessenskrediten sparen wir 17 Milliarden Schilling ein. (Bundesrat Drochter: Ich habe gesagt, Herr Kollege Maier soll sich Gedanken machen über die Zeitungsmeldung, wie die Josefstadt im April die Gehälter zahlen soll! Ich habe von der Subvention für die Josefstadt überhaupt nichts gesagt! – Bundesrat Dr. Maier: Das ist auch jetzt nicht das Thema! – Weitere Zwischenrufe.)

Wir sparen also in erster Linie bei den Ermessenskrediten ein. Dann haben wir konkrete Pläne vorgefunden, welche Töpfe man umfunktionieren kann, und diese haben wir nicht im vollen Ausmaß übernommen. Einer der Pläne des Amtsvorgängers im Finanzministerium, des Herrn Exministers Edlinger, war, dass man auch etwas von der Allgemeinen Unfallversicherungs Anstalt umbucht. Aber das sind Pläne, die wir nur übernommen haben und die nicht von uns erfunden wurden.

Als Letztpost waren dann Mehreinnahmen vorgesehen, weil sie absolut notwendig waren, weil keine Budgetpläne gemacht wurden. Dazu, dass dann raschest – das war Rekordzeit –, nämlich bereits im März, ein Budget stand, waren dann gewisse einnahmenseitige Maßnahmen im Gesamtausmaß von zwischen 6 und 7 Milliarden Schilling notwendig. (Bundesrat Drochter: Bei den ArbeitnehmerInnen und bei den Pensionisten! – Bundesrat Marizzi: Bei den kleinen Leuten!)

Wir müssen sparen (Bundesrat Marizzi: Ja! Bei den kleinen Leuten!), weil wir Finanzschulden in der Höhe von 1 623 Milliarden Schilling und insgesamt außerbudgetäre Schulden in der Höhe von 280 Milliarden Schilling übernommen haben. (Bundesrat Dr. d′Aron: Das ist unvorstellbar! Das ist unvorstellbar!) Damit sind wir bei der ÖIAG. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher. ) Bei der ÖIAG sind 80 Milliarden Schulden geparkt, hauptsächlich noch von den Postschulden (Bundesrat Mag. Hoscher: Und wer hat das mitbeschlossen in den letzten 13 Jahren?), weil die Post ein Monopolbetrieb, ein so genannter Regiebetrieb war.

Sie hat Folgendes gemacht: Sie hat einmal einen Quertransfer von den Fernmeldeeinnahmen – die Fernmeldegebühren zählten zu den höchsten in Europa – zur defizitären Post gemacht. Schon damals in den neunziger Jahren haben die Schulden, das Defizit bei der "gelben Post" ungefähr 5 Milliarden Schilling betragen. (Bundesrat Drochter: Schulden oder Defizit? – Etwas klarer, bitte!) 5 Milliarden Defizit, also Unterschied zwischen Einnahmen und Ausgaben in einem Jahr: 5 Milliarden.

In erster Linie sind einmal die Einnahmen aus den Telefongebühren hinübergeschoben worden, um die Schulden abzudecken. Sie sind nicht für Investitionen herangezogen worden. Diese Investitionen hat man auch noch beschränkt, indem man auf Grund des Fernmeldeinvestitionsgesetzes nur zu einem bestimmten Prozentsatz erlaubt hat, Einnahmen für Investitionen zu nützen. Man hat gesagt: Geht bitte auf den Kapitalmarkt, und nehmt Schulden auf! Das sind die Schulden, die darin stecken, und daher müssen jetzt im Rahmen der ÖIAG Privatisierungserlöse erzielt werden, damit diese Schulden für das Budget nicht schlagend werden.

Herr Bundesrat Weiss hat berechtigterweise Strukturreformen eingemahnt. Sie sind tatsächlich notwendig. Denn wenn man das Budget und den Primärsaldo heranzieht, also jene Einnahmen und Ausgaben, bei denen keine Schuldentilgungen und kein Zinsendienst enthalten sind, stellt man fest, wir haben nur einen Überschuss in der Höhe von 25 Milliarden Schilling. Das ist ungefähr 1 Prozent des Bruttosozialproduktes. Mit diesen 25 Milliarden Schilling sollen wir rund 100 Milliarden an Zinsendienst in einem Jahr und ungefähr 160 Milliarden Tilgungen abdecken. Da muss etwas geschehen – es ist völlig richtig: nicht nur innerhalb der Bundesverwaltung, sondern auch gemeinsam mit den Bundesländern –, dass Doppelgleisigkeiten vermieden werden, dass die Ministerien "zurückgeschraubt" werden, dass Lean-Management betrieben wird.


Bundesrat
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662. Sitzung / Seite 56

Sie haben richtigerweise die Folgekostenrechnung erwähnt. Es ist daher auch im Bundesministeriengesetz als neue Aufgabenstellung beim Finanzministerium ein Personal-, Budget- und Finanzcontrolling eingebaut, damit auf Grund einer Kostenrechnung, auch einer Projektkostenrechnung, mit der in Zukunft jede legistische Maßnahme verfolgt werden kann, rechtzeitig erkannt wird, wo gefährliche Ausgaben sind, und damit diese auch rechtzeitig evaluiert werden, wie Sie gesagt haben, und zwar durch den Rechnungshof, damit man zumindest in ein paar Jahren den Bundeshaushalt wieder sinnvoll und zweckmäßig auf einem vernünftigen Niveau stabilisieren kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurden weiters die Generalsekretäre kritisiert, die im Bundesministeriengesetz vorgesehen sind. Ich kann Ihnen versichern, das ist keine neue Funktion, die zusätzlich geschaffen wird, sondern es können bestehende Funktionen genützt werden. Beispiel: Innenministerium, der Sicherheitsbeauftragte für das Polizeiwesen (Bundesrat Drochter: Generaldirektor für öffentliche Sicherheit! – Bundesrat Marizzi: Generaldirektor für öffentliche Sicherheit!) oder der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit. Bestehende Einrichtungen können also benutzt werden, damit bestimmte Bereiche durch einen Funktionär besser koordiniert werden können. Es werden damit keine neuen Planstellen geschaffen, und der mögliche Generaldirektor bekommt kein höheres Gehalt als bisher vorgesehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.12

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Aspöck. – Bitte.

14.12

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst eine Äußerung des Kollegen Kraml aufgreifen, der die geplante Privatisierung für besonders anstößig gehalten hat.

In dem Moment, in dem bei uns von Privatisierung die Rede ist, kommt es – ich möchte es so sagen – geradezu zu einem sozialdemokratischen Reflex. Dieser Reflex sagt, Privatisieren ist gegen die Arbeitnehmer, Privatisieren heißt Arbeitslose, und Privatisieren ist schlechte Wirtschaftspolitik. (Bundesrat Gasteiger: Das stimmt ja nicht! Das stimmt ja nicht! Das sagt ja keiner! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das waren die Ausführungen des Kollegen Kraml, der sich sehr gegen die Privatisierung gewandt hat. (Bundesrätin Schicker: Da haben Sie schlecht zugehört!) Das sind auch Ihre derzeitigen Äußerungen, in denen Sie immer wieder vor dieser Privatisierung oder zumindest vor der Privatisierung von Teilbereichen warnen.

Meine Damen und Herren! Arbeitsplätze in defizitären Betrieben sind nicht sicher. (Bundesrat Marizzi: Das sind ja keine defizitären Betriebe! Das sind ja keine defizitären Betriebe!) Auch wenn immer wieder Schulden aufgenommen werden oder, so wie es immer wieder geschehen ist, wenn in Staatsbetrieben auf unverantwortliche Weise Milliarden hineingepumpt werden, wenn man Rechnungen anstellen kann, dass für die Erhaltung eines Arbeitsplatzes seinerzeit in der VOEST mehr als 1 Million Schilling aufgebracht werden musste, damit ein Arbeitnehmer gerade einmal vielleicht mit 250 000 S oder 300 000 S heimgehen konnte und auf Grund dieser total verkehrten Wirtschaftspolitik einfach 700 000 S verloren gingen, dann muss ich sagen, eine solche Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, führt nicht zum gewünschten Ziel. (Bundesrätin Schicker: Sie haben keine Ahnung! – Bundesrätin Mühlwerth: Gott sei Dank habt ihr soviel Ahnung!)

Sie führt nicht zu einer arbeitnehmergerechten Politik, und ich nenne Ihnen ein Beispiel solch sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik, wohin es geführt hat, wenn Betriebe einfach so defizitär geführt werden. (Bundesrat Dr. d′Aron: Ja!)

Dieser Unternehmensname beginnt mit "K" und hört mit "m" auf, dazwischen heißt es "onsu". (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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662. Sitzung / Seite 57

Meine Damen und Herren! Es gab einmal einen großen Staatsmann in dieser Republik. Er war klug, er war weise, er war besonnen (Bundesrat Hensler: Sonnenkönig!), er war ein exzellenter Außenpolitiker, und wie so viele große Staatsmänner hatte er einen Fehler: Er glaubte, alles zu wissen. – So glaubte dieser Staatsmann, gestützt auf Wissenschafter, deren Theorien längst seit Jahrzehnten ad absurdum geführt sind, eine berühmte Äußerung tun zu müssen. (Bundesrätin Schicker: Märchenstunde!): Ich habe lieber 1 Million Schilling Schulden als einen Arbeitslosen. (Bundesrat Drochter: Wenn Sie zitieren, Herr Kollege, dann zitieren Sie richtig! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Als dieser Sonnenkönig diese Äußerung tätigte – ich habe den Budgetdatenvergleich von 1970 bis 1998 hier –, hatte die Republik Österreich gerade einmal 47,042 Milliarden Schilling Schulden, und zwar nur Bundesfinanzschulden. (Bundesrätin Giesinger: Dank der ÖVP-Regierung!) Am Ende der Wirtschaftspolitik der Sozialisten steht etwas anderes: Ende 1998 sind es unfassbare 1 535 Milliarden Schilling. (Bundesrätin Fuchs: Dank der ÖVP-Regierung! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Das ist das Ergebnis, wenn man wirtschaftspolitisch falsche Thesen vertritt und meint, dass man mit 1 Million Schilling Schulden auch nur einen Arbeitsplatz sichert. Heute haben wir Schulden und Arbeitslose. (Bundesrat Dr. Nittmann: SPÖ-Parteischulden nicht vergessen!)

Meine Damen und Herren! Zumindest manche Teile der Sozialdemokratie glauben immer, dass Unternehmer und Arbeitnehmer quasi natürliche Todfeinde sind. Aus dieser völligen Fehleinschätzung verstehe ich auch die Kritik des Kollegen Prähauser. Es geht nicht in seinen Kopf, dass Wirtschaft und Arbeit eine Einheit sein müssen und dass sie demnach sehr wohl in ein Ministerium gehören. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. )

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich ersuche Sie, schauen Sie sich einmal in aller Ruhe an, wie nichtsozialistische Wirtschaftspolitik funktioniert. Sie werden sehen, es geht. Es gibt sehr viele internationale Beispiele, auch in Staaten, in denen, wie ich höre, heute Sozialdemokraten führend am Ruder sind. Am Ende geht es nicht nur den Betrieben besser, sondern es wird auch weniger Arbeitslose und zufriedenere Arbeitnehmer geben. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.19

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

14.19

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Es wurde heute vor allem von den SPÖ-Bundesräten gesagt, dass durch das Ministerium Wirtschaft und Arbeit die Wirtschaft über die Arbeitnehmer bestimmt und die Belange der Wirtschaft gelten, dass also die Arbeitnehmer der Wirtschaft ausgeliefert werden. Ich möchte das vehement bestreiten, und ich wehre mich gegen eine solche Äußerung.

Das Ministerium heißt Wirtschaft und Arbeit, das heißt, Wirtschaft und Arbeit sind in diesem Ministerium gleichberechtigt. Es heißt nicht nur Wirtschaftsministerium, sondern Wirtschaft und Arbeit. (Bundesrat Gasteiger: Im Zweifel für die Wirtschaft hat es immer geheißen!) Was dieses Ministerium betrifft, so finde ich das auch richtig. Wir müssen uns von einem Denken und Handeln des gegenseitigen Misstrauens und des gegenseitigen Bekämpfens verabschieden. Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sitzen in einer Firma miteinander im gleichen Boot. Wir verbringen eine große Zeit unseres Lebens miteinander. (Bundesrätin Schicker: Nur mit unterschiedlichen Zuordnungen!)

Es ist nicht sinnvoll, immer gegeneinander zu opponieren. Ein guter Chef oder eine gute Chefin wird darauf schauen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufrieden sind. Aber umgekehrt werden auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf schauen, dass die Chefin oder der Chef zufrieden ist. Und darum geht es. (Bundesrätin Fuchs: Das ist die heile Welt! So stellen wir uns die heile Welt vor!)


Bundesrat
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Ich muss Ihnen etwas sagen, Frau Bundesrätin Fuchs: Ich habe 26 Jahre lang einen Betrieb als selbständige Unternehmerin geführt. Ich habe mit meinem eigenen gesamten Vermögen für den Betrieb gehaftet. Ich habe den Betrieb jetzt meinem Neffen übergeben und bin nach wie vor als Prokuristin im Betrieb tätig. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe einen kleinen Betrieb, und wir alle müssen miteinander arbeiten und einander helfen. Nur so geht es, nur so können Arbeitsplätze gesichert sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nur so sind Arbeitsplätze sicher. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen und nicht immer ein Gegeneinander-Aufmucken. (Bundesrätin Schicker: Aber nur im Familienbetrieb!) Da vorher auch gesagt wurde, dass die Ministerien eine Spielwiese brauchen oder haben, möchte ich dazu sagen, diese Bundesregierung und diese MinisterInnen und Staatssekretäre sind sicher nicht der Meinung, dass sie eine Spielwiese haben, sondern sie sind für das Land verantwortlich, und dementsprechend handeln sie auch. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.22

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich frage aber, ob noch jemand das Wort wünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist somit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung , die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Bauten und Technik und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Behörden-Überleitungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz) und mit dem das Bundesfinanzgesetz 1992 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, geändert und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 geändert wird sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz erlassen werden, und schließlich das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 und das ÖIG-Gesetz geändert sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich einzelner Bundesministerien getroffen werden, aufgehoben werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000).

Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesrδte Professor Konecny und Genossen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begrόndung Einspruch zu erheben.

Ich lasse zunächst über diesen Antrag auf Erhebung eines Einspruchs abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit .

Der Antrag auf Erhebung eines Einspruches gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates ist somit abgelehnt .

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 59

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Ausschussantrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Ich möchte nur, bevor ich die Verhandlungen unterbreche, um die dringliche Anfrage aufzurufen, an Sie alle ein Ersuchen richten. Sie werden mir jetzt vielleicht Parteilichkeit vorwerfen, aber es ist wirklich nicht von Parteilichkeit getragen. Ich würde es in jedem anderen Fall genau so tun.

Wenn wir abstimmen und ein Abstimmungsergebnis vorliegt, dann würde ich meinen, das ist weder mit Beifall noch sonst irgendwie zu untermalen, sondern Abstimmungsergebnisse werden bekannt gegeben und sind so zu akzeptieren.

Ich würde bitten, dass wir uns im Interesse einer guten Zusammenarbeit des gesamten Hauses daran halten. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ. – Bundesrat Mag. Gudenus: Ist das geschäftsordnungsmäßig gedeckt?)

Herr Kollege! Ich habe Ihnen gesagt, ich äußere eine persönliche Meinung. Ich sage etwas, bei dem man mir vielleicht sogar Parteilichkeit vorwerfen kann. Ich habe aber auch dazu gesagt, dass ich das jedem anderen auch so sagen würde. Ich habe lediglich daran appelliert, dass wir hier einen Ton für ein Zusammenleben finden, das es uns ermöglicht, dass wir, auch wenn zum Beispiel die Sitzung zu Ende ist, freundlich miteinander reden und vielleicht sogar bitten, einen netten Gruß an die Gemahlin auszurichten. Ich wünsche mir einfach ein gutes Klima hier in diesem Haus. Ob das so in der Geschäftsordnung steht, weiß ich nicht, aber das ist mein persönlicher Wunsch. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind aber noch nicht am Ende mit allem Offiziellen, was ich zu verkünden habe:

Die Tagesordnung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist erschöpft.

Ich unterbreche die Sitzung bis zum Aufruf der dringlichen Anfrage. Das wird um 16 Uhr sein. Es ist Ihnen schon mitgeteilt worden, warum wir erst um 16 Uhr aufrufen. Die Frau Bundesministerin hat darum gebeten, sie ist noch in Verhandlungen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.29 Uhr unterbrochen und um 16 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Mag. Melitta Trunk, Hedda Kainz, Johanna Schicker, Brunhilde Fuchs, Herbert Thumpser und GenossInnen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die heute im Bundesrat beschlossene Eingliederung der Frauenpolitik in das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen und die daraus resultierende zukünftige Politik für Frauen- und Gleichbehandlungsfragen (1693/J-BR/00)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der BundesrätInnen Mag. Melitta Trunk und GenossInnen an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales.


Bundesrat
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Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk als erster Anfragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.02

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Frau Ministerin! Anlass dieser dringlichen Anfrage ist nicht allein die Tatsache, dass die Sozialdemokraten in Opposition sind, sondern vielmehr und gleichzeitig ein sehr fataler und für die gesellschaftspolitische Entwicklung von Frauen und Männern und auch Partnerschaften in Österreich äußerst bedenklicher Anlass.

Frau Ministerin Sickl! Sie haben während Ihrer Zeit im Kärntner Landtag – Sie waren als Landesrätin für Umweltanliegen zuständig – nicht nur einmal in der Öffentlichkeit, im Kärntner Landtag und auch gegenüber Vertreterinnen und Vertretern der Medien von der Wichtigkeit der Eigenständigkeit von Frauen in Gesellschaft und Politik gesprochen. Nicht einmal, sondern sehr oft und aus meiner Sicht damals auch sehr glaubwürdig haben Sie das mit Ihrer eigenen Persönlichkeit dokumentiert.

Sie haben sich vor Jahren einer Initiative der Sozialdemokratinnen im Kärntner Landtag, mit der eine Plattform für Frauen geschaffen, also eine parteiüberschreitende Plattform im Kärntner Landtag eingerichtet wurde, angeschlossen. Sie haben sich so wie Frauen der ÖVP, Ihrer Fraktion und meiner Fraktion dieser Plattform angeschlossen, und Sie wissen sehr genau, dass wir gemeinsam in allen drei Parteien damit nicht immer Zustimmung gefunden haben.

Diese Frauenplattform hat Sie damals – es war heute sehr oft die Rede von der Nische der Frauenpolitik, und das Frauenministerium sei so ein Quasi-Eck – unterstützt. Wir haben Sie unterstützt, als es um ein ökologisches Problem ging, und diese Frauenplattform hat eine 500-Millionen-Schilling-Investition am Rosskofel verhindert, obwohl es quer durch alle Parteien eine große Zustimmung dafür gab, weil dies ein umweltpolitischer Skandal gewesen wäre.

Das heißt, Sie haben sich zur Frauenplattform bekannt, nicht nur weil Sie Unterstützung von Frauen haben wollten, sondern weil das selbstredend auf Sachpolitik konzentrierte gemeinsame Arbeit von Frauen im Wirtschaftsbereich, im Kulturbereich und natürlich auch im Frauenbereich war.

Frau Ministerin! Sie haben auch die Anliegen des Frauenvolksbegehrens verbal unterstützt, obwohl Sie es nicht unterzeichnet haben, wie ich weiß. Sie haben natürlich als Landesrätin kein Stimmrecht im Kärntner Landtag, aber als die Sozialdemokratie die Petition zum Volksbegehren in den Landtag eingebracht hat, waren Sie innerhalb der FPÖ – wir mir auch von FPÖ-Männern gesagt wurde, die sich darüber heftig geärgert haben – sehr wesentlich meinungsbildend mitverantwortlich dafür, dass letztlich diese Petition zum Frauenvolksbegehren über Initiative der SPÖ-Kärnten von allen drei Parteien unterstützt wurde.

Und nun, Frau Ministerin, ist Folgendes passiert. Ihr Eintritt in die Regierung wurde in anderen Bundesländern verschiedentlich kommentiert. Aber ich gebe zu, aufgrund meiner damaligen Erfahrung von damals habe ich mir – bei aller Distanz, und das schmälert die grundsätzliche Distanz zu dieser Regierung überhaupt nicht – im persönlichen, politischen Denken und in der grundsätzlichen Haltung gedacht, diese Frau wird die Chance nützen, jenen Teilbereich ihres politischen Bewusstseins umzusetzen, mit dem Sie wahrscheinlich beziehungsweise logischerweise auch in Ihrer Partei Schwierigkeiten gehabt haben; denn Frauenarbeit zu leisten, heißt nicht immer, voll Applaus zu bekommen. Ich dachte mir also, Sie haben die Chance erhalten, Mitglied der Bundesregierung zu sein, und Sie werden diese Chance nützen. Und ich habe mir eigentlich auf Grund der Erfahrung, der Arbeit mit Ihnen erwartet, dass Sie die Chance auch im Bereich der Kompetenz und des Engagements für Frauen nützen werden.


Bundesrat
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Frau Ministerin! Sie haben die Möglichkeit gehabt, sich für die Beibehaltung des eigenständigen Ressorts einzusetzen. Wenn jemand vom jeweiligen Parteivorsitzenden in dieses Amt berufen wird, dann nehme ich doch an, dass es da auch Gespräche gibt und dass es auch Bedingungen für diese Berufung gibt. Ich nehme nicht an, dass es so passiert ist, wie es die Medien kommentiert haben: Ein Satz im Landtag, ein Flug nach Wien, und dazwischen ist nichts passiert, denn ich glaube, auch in der FPÖ wird es doch zum politischen sachnotwendigen Ton gehören, dass man zumindest den Minister oder die Ministerin informiert, in welchen Bereichen er oder sie zuständig sein wird.

Frau Ministerin! Sie haben die Chance, sich in Ihrem eigenen Ressort für die Eigenständigkeit des Frauenministeriums auszusprechen und es auch zu verlangen – das wäre Ihnen zugestanden –, vertan. Aber Sie haben eigentlich noch mehr gemacht: Sie haben sich von einer mächtigen Gestalterin, die heute in der Regierung sitzt und Macht hat – und ich halte Macht im Sinne der Gestaltungskraft für etwas grundsätzlich Positives –, wieder zum Opfer "entwickeln lassen".

Sie haben es sich gefallen lassen, dass in Kärnten – deshalb habe ich die frühere Situation und die Erfahrung aus Kärnten angesprochen – Frauen aller Parteien, autonome Frauen aller politischen Gruppierungen, sich so wie in früheren Zeiten für die Beibehaltung eines eigenständigen Frauenministeriums eingesetzt haben, denn auch in Kärnten hat man gewusst, dass Sie die Ministerin sind. Das heißt, in Wirklichkeit haben viele politische Gruppen viele Hürden überwunden, und auch Frauenbeauftragte haben viele Hürden überwunden.

Sie haben es wortlos zugelassen, dass Ihr damaliger Parteiobmann – mittlerweile einfaches Parteimitglied – entschieden hat, obwohl oder gerade weil sich eine Beamtin, die für Frauenfragen zuständige Frauenbeauftragte des Landes Kärnten für das eigenständige Ministerium, das heißt für die Ausweitung Ihrer Kompetenz als Ministerin eingesetzt hat, diese fristlos abgesetzt hat. Dass er sich dann nach den massiven Protesten eines Besseren besonnen und dann nach dem Motto "der Fürst nimmt und der Fürst gibt" gehandelt hat, ist etwas anderes. So spielt man nicht. Es gibt keine Dankbarkeit für diese dann sehr notwendige Wiedereinsetzung. Das ist ein Faktum. (Bundesrat Weilharter: Das haben Sie sicher selbst erlebt, in Ihrer eigenen Partei!)  – Was habe ich erlebt? Bitte formulieren Sie in ganzen Sätzen, ich höre Ihnen zu. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Punkt eins: Wenn Sie als alter Politiker nicht wissen, dass Dankbarkeit keine politische Kategorie ist, weder von Wählern noch von Wählerinnen, dann ist das traurig. Ich bin stolz und glücklich, dass ich in einer Partei lebe, in der ich die Möglichkeit habe, mich auseinanderzusetzen, das heißt, auch divergierende Meinungen äußern zu können, Richtungsauseinandersetzungen zu führen, und ich bin glücklich, in einer Partei zu leben, in der die Demokratie lebt! Die Demokratie lebt! (Beifall bei der SPÖ sowie von Bundesministerin Dr. Sickl. )

Die Kärntner SPÖ hat schwierige Zeiten hinter sich gebracht, aber sie ist die einzige Partei in Kärnten, die das Rückgrat und auch das Selbstbewusstsein hat, auch an Parteitagen demokratisch zu wählen, und ich bin stolz darauf, auch die Chance gehabt zu haben, ein gutes Votum zu erhalten. Und ich bin glücklich, dass die Kärntner SPÖ einen Parteivorsitzenden hat, der eine Partnerin an seiner Seite hat: 45 Prozent und 55 Prozent sind eine Einheit! (Rufe bei der ÖVP: Lächerlich! – Bundesrat Dr. Nittmann: Was sagt denn Ambrozy dazu? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Das ist Ihr Verständnis, das ist Ihr nicht demokratisches Verständnis. (Weitere Zwischenrufe der Bundesräte Ing. Scheuch und Ledolter.  – Bundesrat Ledolter: ... Schlögl für den Parteivorsitz? Was ist denn damit?! – Bundesrat Prähauser: Das ist nicht das Thema!)

Kollege Scheuch! Jetzt haben Sie den springenden Punkt Ihres nicht demokratischen Verhältnisses formuliert. Zu kandidieren bedeutet, eine Entscheidung zuzulassen, das heißt, Wähler und Wählerinnen entscheiden zu lassen – egal, ob außerhalb oder innerhalb einer Partei. Zu kandidieren bedeutet, Kandidat zu sein, aber kandidieren heißt nicht, über verschiedenste Wege ausschließlich davon auszugehen, dass man am Ende auch als Nummer eins herauskommt. (Beifall bei der SPÖ.)


Bundesrat
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Gott sei Dank gibt es in der SPÖ – und mich vollen Herzens mit eingeschlossen – dieses demokratische Bewusstsein. (Lebhafter Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Ledolter: ... weder der Herr Einem noch der Herr Schlögl für den Parteivorsitz! – Weitere Zwischenrufe. – Unruhe im Saal.)

Ihre Zwischenrufe höre ich mir genüsslich an, weil man sich eigentlich in irgendeiner Form damit verrät. Zwischenrufe passieren sehr schnell aus dem Bauch heraus, sie werden nicht reflektiert. Das heißt, Sie verraten sich mit diesen Zwischenrufen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber bei aller Demokratie, eines gestehe ich Ihnen nicht zu: dass Sie von der ÖVP bei der SPÖ Kandidaten – weibliche oder männliche – zum Parteivorsitzenden nominieren. Das steht Ihnen nicht zu, auch nicht als Zwischenruf hier im Bundesrat! Ich denke, Sie haben jetzt das demokratische Verständnis, nicht von der Tatsache abzulenken, dass Ihre Ministerin heute hier sitzt, die uns Antwort geben und ihre Sicht der Dinge darstellen wird. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin! Ich stelle mit Genuss fest, dass es (in Richtung Freiheitliche) diese Partei ist, die jetzt im Nationalrat von der Entwaffnung der Worte und mehr politischer Kultur spricht, und stelle weniger genussvoll fest, dass die ÖVP-Fraktion oder Teile davon diese Unkultur sehr schnell angenommen haben. (Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Nun zu Ihnen, Frau Ministerin. Ihr Schweigen zur Absetzung der Frauenbeauftragten des Landes Kärnten können Ihnen die Frauen in Österreich und auch in Kärnten nicht verzeihen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. (Bundesrat Bieringer: Auch in der SPÖ hat man die Frauenbeauftragte umbesetzt! Warum denn?!)

Der zweite Punkt ist, dass mir als Politikerin völlig unverständlich ist, dass Sie kein Ohr für jene Menschen haben, die Sie gewählt oder auch gar nicht gewählt haben, die sich aber dafür einsetzen, Ihre Kompetenz und auch Ihren Gestaltungsspielraum zu erweitern. (Bundesrat Weilharter: Das ist eine Unterstellung! Eine böse Unterstellung!)

Frau Ministerin! Sie haben sich im Sinne des bekannten Bildes vom Saulus und Paulus gewandelt. Dabei ist die Reihenfolge zu werten, ob man zuerst den Paulus oder den Saulus nennt; das ist eine Einschätzung, die jeder für sich selbst vornehmen muss. Aber in Analogie zu diesen beiden Namen, so denke ich mir, ist etwas Ähnliches mit Ihnen passiert. Und wenn man das "-us", die männliche Form, weglässt – einer der Kollegen hatte ja Probleme mit der österreichischen deutschen Rechtschreibung, mit der Endung "-Innen"; normalerweise schaut man da nach –, dann kann man sagen, entweder haben Sie sich von der Paula zur Saula oder von der Saula zur Paula entwickelt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Welchen Aufschrei hätte es gegeben, und zwar von allen Fraktionen, wenn irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, das Justizministerium abzuschaffen! Gesetze und deren Ausführung betreffen alle Ressorts und Kompetenzen, betreffen alle Ministerien. Ich denke, der Aufschrei wäre nicht leise gewesen!

Oder: Nehmen wir ein zweites Beispiel her, etwa den Bereich des Wirtschaftsressorts. Besonders ÖVP und FPÖ argumentieren ja permanent, dass die Wirtschaft ohnehin von den Unternehmen und den Konzernen gemacht wird, da brauche man keine politische Einmischung. Also die Auflösung des Wirtschaftsressorts wäre ja eigentlich ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Nein, nein, ich zitiere nur Sie, denn ich habe eine ganz andere Vorstellung von Wirtschaft! Ich vertrete nicht die Auffassung, dass es dabei nur eine Seite der Waage gibt, sondern da gibt es zwei. – Aber die Aufregung über die Auflösung des Wirtschaftsressorts wäre wohl berechtigt und groß gewesen. (Bundesrätin Giesinger: Ihre Vergleiche hinken!)

Die Auflösung des Frauenministeriums hingegen provoziert höchstens – und ich bewerte nicht – hohle Sätze, wie sie heute hier zu diesem Thema gesprochen wurden. Zum Inhaltlichen wurde kaum etwas gesagt. (Bundesrat Dr. Linzer: Unglaublich, was Sie von sich geben! Ich habe Sie höher eingeschätzt! – Bundesrat Dr. Aspöck: Wir hoffen, jetzt kommen die "inhaltlichen


Bundesrat
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Sätze"! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Frau Ministerin! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Wissen Sie, ich lebe politische Kultur, und ich bin nicht gewählt worden, um hier zu brüllen, sondern ich bin gewählt worden, um hier politische Arbeit im Sinne des politischen Diskurses zu tätigen. Ich bin nicht gewählt worden, um Sie zu überbrüllen.

Frau Ministerin! Sie haben in einem Interview – und das war Ihr einziges zu diesem Thema – neuerdings zur Frauenpolitik Stellung bezogen. Sie haben gesagt, ein Minister – mir persönlich würde es gefallen, würden Sie zu Ihrem Frau-Sein stehen und "eine Ministerin " sagen würden – braucht gewisse Charaktereigenschaften; für die Sachkompetenz hat er einen Beamtenapparat – ich hoffe, sie auch –, die Details braucht er  – und ich denke, sie auch – nicht zu wissen – das finde ich nicht –, aber er  – und ich denke, sie auch – muss die Linie vorgeben.

Ich sage es noch einmal: Wenn ich diese Äußerungen mit Ihren Äußerungen von früher vergleiche, dann finde ich, sie müssen von zwei verschiedenen Personen stammen! Daher hätte ich gerne eine Antwort. Man kann sich nicht spalten. Es kann doch keinen Unterschied ausmachen, wenn man den politischen Ort verlässt und 364 Kilometer weit fährt! Ich hätte gerne eine Erklärung und fordere sie von Ihnen ein.

Was ist Ihre frauenpolitische Linie? Sie haben zwar Interviews gegeben, aber ich konnte Ihre Linie nicht erkennen. Ich orte, aber ich unterstelle es Ihnen nicht, dass Sie immer dann, wenn Sie zu jenen Bereichen, in denen Sie als neue Ministerin nicht besonders firm sind, gefragt wurden: Werden Sie das weitermachen?, einfach ja gesagt haben.

Daher frage ich Sie jetzt. Sie haben zwei Mal ja gesagt. Sie haben gesagt, Sie werden Frauen am Arbeitsmarkt unterstützen. Sie haben sich oft beschwert über das Faktum der Lohndiskriminierung im privatwirtschaftlichen Bereich, und ich habe Ihre Rede noch im Ohr. Sie haben gesagt, 38 Prozent weniger Lohn für eine gleichwertige Arbeit ist eine Ungerechtigkeit.

Frau Ministerin! Aber vor kurzem sagten Sie – ich zitiere Frau Ministerin Sickl –: "Ich finde, man sollte gerade in der Privatwirtschaft der Flexibilität einen großen Raum einräumen, und es soll der Privatwirtschaft überlassen bleiben, wen sie wann einstellt." – Zitatende.

Ist das Ihre Form der Frauenförderung?! Ist das Ihre Form der offensiven Frauenbeschäftigung?! Ist das Ihre Form der Beschäftigungsmaßnahmen, die wir für ältere und jüngere Arbeitnehmerinnen erfolgreich in allen Bundesländern durchgeführt haben?! (Bundesrat Weilharter: Besser als jede Pseudo-Frauenministerin!)  – Da gibt es viele Saulusse und Paulusse in Ihren Reihen, wie ich Ihren Zwischenrufe entnehme! (Bundesrat Dr. Nittmann: Wenn schon, dann Saulen und Paulen!)

Zweiter Punkt. Frau Ministerin, Sie sagen: "Ich halte diese Quoten nicht für sinnvoll, wenn die Frau gleich behandelt werden will." – Frau Ministerin! Es geht dabei nicht um Wollen, sondern es geht um gleiches Recht! (Bundesrat Bieringer: Jetzt weiß ich, warum sie den Ambrozy wieder ausgegraben haben! Jetzt wissen wir, warum sie den Ambrozy wieder ausgegraben haben!)

Es geht nicht um das Wollen und auch nicht um Freundlichkeit. Wenn die Frau gleich behandelt werden will, dann muss sie letztlich auch die gleiche Leistung erbringen. Ich glaube nicht, dass sämtliche Statistiken, sämtliche Fakten – auch die, die Ihnen im Sozialministerium zur Verfügung stehen – belegen, dass jene Frauen, die schlechter bezahlt werden, die einer neuzeitlichen Ausbeutung unterworfen werden, nicht die gleiche Leistung erbringen. (Bundesrat Bieringer  – zu Nationalratsabg. Mag. Haupt und Mag. Trattner, die soeben als Zuhörer den Saal betreten –: Jetzt wissen wir, warum sie den Ambrozy wieder ausgegraben haben!)

Sie bringen damit folgenden Schluss: dass dort, wo Diskriminierung auch am Arbeitsmarkt passiert, die Frauen selbst verantwortlich und schuld daran sind. Frau Ministerin! Ich ersuche Sie, dazu Stellung zu beziehen beziehungsweise diese Aussage zu korrigieren.


Bundesrat
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Nächster Punkt, um nur einige zu benennen: Was werden Sie unternehmen, Frau Ministerin, da Ihre Partei sich während des Wahlkampfes des sehr sozialdemokratischen und von der Sozialdemokratie sehr glaubwürdig vorgebrachten Themas im Frauenleben, aber auch Gesellschaftsleben, nämlich des Themas "Gegen Gewalt an Frauen und Kindern" und "Gegen Gewalt in unserer Gesellschaft" angenommen hat, um in diesem Bereich Prävention zu betreiben? Was werden Sie in diesem Zusammenhang tun?

Die Sozialdemokratie hat in der Vergangenheit eine vorbildliche Gesetzgebung in diesen Bereichen geschaffen. Die Sozialdemokratie hat Erste-Hilfe-Notstationen geschaffen, um nur das Beispiel der Frauenhäuser zu benennen. Frau Ministerin! Können Sie heute garantieren, ohne Ministerium und ohne eigenes Budget, dass diese Frauenhäuser aus Mitteln des Bundes, und zwar aus Mitteln aus dem Familienbereich und auch aus dem Frauenministeriumsbereich, den es jetzt nicht mehr gibt, weiterhin unterstützt werden? Wir haben keine Lust mehr – und hier spreche ich als Vorsitzende des Frauenhauses in Klagenfurt –, wieder als Bittsteller in Richtung Wien zu agieren. Wir haben keine Lust mehr, an Sie Briefe zu schreiben, denn Sie kennen unsere Arbeit. Unsere Antwort wird sein, dass wir als Erste-Hilfe-Notstation-Erhalterinnen unter Einbringung viel ehrenamtlicher Arbeit, sehr viel ehrenamtlicher Arbeit die Konsequenzen ziehen werden, wenn diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Dann müssen sich andere mit dem Thema Gewalt auseinander setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters hat die FPÖ sich sehr laut und sehr stark, auch in Wahlkampfzeiten, gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ausgesprochen. Und dann hat sich die FPÖ in der vorigen Gesetzgebungsperiode im Nationalrat sehr lautstark, aber nur verbal, gegen den Missbrauch, den Gebrauch, den Vertrieb und den Konsum von Pornomaterial ausgesprochen. Ich betone: ausgesprochen! Die Sozialdemokratie hat legistische Maßnahmen ergriffen. Heute weiß ich, warum wir ziemlich allein auf der Strecke geblieben sind.

Frau Ministerin! Ich fordere Sie auf, heute hier zu klären, warum in gesetzgebenden Körperschaften Menschen Ihrer Partei sitzen, die nachweislich – Punkt eins – ihren erlernten Beruf verlassen mussten, weil sie während der Ausübung ihrer Tätigkeit Kinder geschlagen haben, und – Punkt zwei – warum in gesetzgebenden Körperschaften, auch hier im Hohen Haus, nicht Pornojäger, sondern Pornodealer sitzen. Ich hätte gerne eine Antwort, auch Ihre politische Antwort darauf. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Ihre Fraktionskollegen – sie sind jetzt eh ganz leise geworden – mögen das vielleicht als "Oppositionsspiel" – unter Anführungszeichen – abtun, aber Sie persönlich wissen, Frau Ministerin, dass es nicht nur für mich, sondern dass es vor allem für die Sozialdemokratie und vor allem für die Frauen keine oppositionelle Rede ist, sondern dass wir enttäuscht sind, enttäuscht sind darüber, dass ein Ministerium abgeschafft wurde. Einer meiner Genossen hat es ausgeführt: Wir waren diesbezüglich Vorreiter in Europa. Sie sind jetzt wieder Vorreiter – aber beim Abschaffen dieses Ministeriums. Sie haben Erklärungsbedarf! (Beifall bei der SPÖ.)

Und damit wir eine ganze Klärung haben und Ihre Anwesenheit nicht nur eine formale ist, sondern damit wir uns auch hier klar im Sinne der politischen Kultur aussprechen können: Frau Ministerin! Sie sind heute für Frauenangelegenheiten zuständig, und daher kann ich es Ihnen nicht ersparen, dass Sie sich heute hier zu distanziert haben von der Aussage und der Doktrin des mittlerweile einfachen Parteimitgliedes, des damaligen Parteivorsitzenden, der in der Frage der Wichtigkeit von Frauen und Frauenministerium gesagt hat – ich zitiere –:

"Die Gesellschaft ist geteilt in zwei Gruppen. Die Gesellschaft hat zwei wesentliche Hauptaufgaben; Hauptaufgaben, die bestehen aus einem führenden und einem dienenden Teil, und naturgemäß ist der Mann der führende und die Frau der dienende Teil."

Frau Ministerin! Distanzieren Sie sich heute davon! Nehmen Sie diese Chance wahr! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
662. Sitzung / Seite 65

16.25

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an sie gerichteten Anfrage erteile ich der Frau Bundesministerin das Wort. – Bitte.

16.25

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl: Hohes Haus! Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesrätin Trunk! Liebe Melitta! Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit habe, heute aus Anlass dieser Anfrage im Bundesrat zum Thema Frauenpolitik zu sprechen. Als Erstes ist es mir ein Anliegen, festzuhalten, dass ich weder eine "Saula" noch eine "Paula", sondern die Elisabeth Sickl bin. Die bin ich immer gewesen und die bleibe ich auch. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Zweitens möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass du unsere Zusammenarbeit in der vergangenen Legislaturperiode lobend hervorgehoben hast, weil es mir wichtig ist, auch hier zu dokumentieren, dass es mir immer ein Anliegen war, in Sachthemen parteiübergreifend zusammenzuarbeiten, weil man nämlich nur auf diese Weise Sachthemen auch weiterbringen kann.

Es war wichtig, dass wir damals eine Plattform "Frauen im Kärntner Landtag" geschaffen haben. Das hat gar nicht so sehr das Wohlwollen unserer männlichen Kollegen gefunden, aber wir haben es trotzdem getan, weil wir gemeint haben, dass es wichtig ist, gemeinsame Anliegen auch gemeinsam zu vertreten. So haben wir damals auch diese Geschichte "Schutz des Rosskofels", Schutz vor einer schitouristischen Erschließung, vor einer harten Verbauung, gemeinsam bewegt. Wir sind damals eigentlich sehr gut angekommen und haben sehr viel zur Bewusstseinsbildung im Bereich Naturschutz in Kärnten mit dieser gemeinsamen Fraueninitiative erreicht.

Ich möchte sagen, dass Frau Bundesrätin Trunk bei mir mit allen ihren Äußerungen offene Türen einrennt, weil ich weiß, dass wir gerade im Bereich Frauenpolitik ja alle eine gemeinsame Linie verfolgen und eigentlich nur auf diese Weise auch wirklich gemeinsam etwas erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme gerade aus dem Unterausschuss des Familienausschusses, in dem es auch um die Themen der Frauen gegangen ist, und auch dort ist klar geworden, dass Frauenpolitik ein wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen ist, das der gemeinsamen Bemühungen bedarf, weil wir nämlich sonst nichts erreichen werden.

Chancengleichheit der Frauen, Bewertung der Familienarbeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wiedereinstieg der Frauen nach der Familienarbeit, ressortübergreifende Regelung der Frauenpolitik, Abstand von der Lohndiskriminierung, gleicher Lohn für gleiche Arbeit – alle diese Dinge vertreten, glaube ich, alle im Nationalrat vertretenen Parteien mit gleicher Vehemenz, und ich bin sehr froh, dass das hier heute einmal thematisiert worden ist.

Wir haben heute in Österreich schon viele gesetzliche Maßnahmen, die in die Richtung Chancengleichheit für Frauen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Gleichbehandlung gehen. Die Regeln sind da, aber leider ist die Umsetzung in die Praxis noch nicht gelungen. Es ist eine große Herausforderung, der wir uns stellen müssen, diese gesetzlichen Regelungen, die schon gegeben sind, auch in die Praxis umzusetzen. Und deswegen glaube ich, dass wir in Zukunft nicht unbedingt neue Regulierungen brauchen, sondern dass wir eine Bewusstseinsbildung brauchen, dass eben gerade eine sinnvolle Frauenpolitik, eine konsequente Frauenpolitik, zu der wir uns alle bekennen, notwendig ist, um hier einen Schritt vorwärts zu kommen. Daher brauchen wir in erster Linie die Bewusstseinsbildung. Da müssen wir zusammenarbeiten, in diese Richtung müssen wir gemeinsam arbeiten.

Auch die Wirtschaft ist hier in die Ziehung genommen. Die Wirtschaft muss erkennen, dass sich frauenfreundliche Maßnahmen auch in der Wirtschaft in bare Münze umwandeln. Es gibt schon genügend Beispiele dafür, dass ein frauenfreundlicher Betrieb weniger Krankenstände zu verzeichnen und motiviertere Mitarbeiterinnen hat, und das schlägt sich alles in bare Münze um. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was die Frage Sachkompetenz betrifft, nämlich dass ein Minister nicht Details wissen müsse, sondern dass er die Linie vorgibt: Ich glaube, ich habe in Kärnten bewiesen, dass ich in Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachabteilungen sehr gute Sachlösungen im Umweltbereich


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erreicht habe. Genau das Gleiche wird jetzt mein Anliegen sein: mit der Fachabteilung, mit den Sektionen gut zusammenzuarbeiten, um von dort das fachliche Rüstzeug zu bekommen, das man braucht, um dann entsprechende Lösungen anbieten zu können. Ein Politiker ist so gut wie seine Zusammenarbeit mit seinen Fachabteilungen, mit seinen Fachsektionen. Ich habe schon in Kärnten bewiesen, dass ich mit den Fachabteilungen sehr gut zusammenarbeiten kann, und ich bin auch jetzt wieder auf dem Weg dazu. Ich möchte mich bei der Gelegenheit bei unserer Frau Sektionschefin aus der Frauensektion, die jetzt auch hier ist, dafür bedanken, dass sie mich bei der Beantwortung einiger Detailfragen, die hier gestellt worden sind, so tatkräftig unterstützt hat.

Als Erstes möchte ich zu dem Thema "Frauenministerium" Stellung nehmen und sagen, dass ich eigentlich sehr unschuldig in die Ziehung genommen worden bin. Es wird beklagt, dass das Frauenministerium aufgelöst worden sei und dass es in der neuen Regierung kein Frauenministerium gebe. Dazu sei eine schlichte Feststellung erlaubt: Es hat in Österreich nie ein Frauenministerium gegeben! Das muss man fachlich einmal klarstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen wirklich auf der rechtlichen Basis bleiben, denn das, was hier zum Teil in den Medien transportiert wurde, was auch ein Anliegen der Frauenbeauftragten in Kärnten war, das entbehrt jeder rechtlichen und fachlichen Grundlage. Es gab niemals ein Frauenministerium in Österreich! Es gab vielmehr eine Bundesministerin im Bundeskanzleramt. Zuletzt war das Frau Mag. Prammer. Ihr wurden durch Entschließung des Bundespräsidenten verschiedene Agenden übertragen, und zwar neben den Agenden der Konsumentenpolitik, der Angelegenheiten der Nahrungsmittelkontrolle, der Angelegenheiten des Veterinärwesens, des Giftverkehrs, der allgemeinen Angelegenheiten des Schutzes vor ionisierenden Strahlen und der Gentechnologie auch die Koordination der Angelegenheiten der Frauenpolitik. Frau Mag. Prammer hat sich daraufhin aus freien Stücken die Bezeichnung "Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz" zugelegt. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Hört! Hört!) Mit demselben Recht hätte sie sich auch "Bundesministerin für Nahrungsmittelkontrolle und Gentechnik" nennen können. Das heißt, es hat im Bundeskanzleramt zwei Sektionen gegeben, und diese Sektionen hat Frau Mag. Prammer verwaltet.

In der früheren Bundesregierung war ein Regierungsmitglied unter anderem auch für Frauenangelegenheiten zuständig, und ein Teil einer Sektion im Bundeskanzleramt war für Frauenangelegenheiten zuständig. Nun möchte ich sagen: Auch in der neuen Bundesregierung gibt es diese Konstruktion, die es in der früheren gegeben hat. Die Frauensektion war im Bundeskanzleramt, und jetzt ist die Frauensektion im Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Entscheidend ist – das ist eine rechtliche Tatsache –: Das Budget der Frauensektion war Teil des Budgets des Bundeskanzleramtes. Es gab kein eigenes Budget. Es gab nur den Titel "Frauenministerin", den sich die Frau Minister zugelegt hat. Heute ist das Budget der Frauensektion im Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen veranschlagt. Es hat sich also rechtlich nichts geändert.

Entscheidend ist, wie man sich für die Frauenangelegenheiten engagiert. Auch ich werde mich entgegen den – und entschuldigen Sie, wenn ich jetzt dieses Wort verwende – Unkenrufen, die von Seiten der Fragestellerin gekommen sind, sehr wohl für die Frauenangelegenheiten sehr engagiert einsetzen. Das, was ich in Kärnten gezeigt habe, nämlich dass mir die Frauenangelegenheiten am Herzen liegen, werde ich nun als Ministerin auch umsetzen. Da können Sie sich sicher sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Können wir darauf Gift nehmen?)  – Verbale Gewaltsamkeiten sind nicht unbedingt meine Linie. Bitte erlauben Sie mir, meine eigene Identität zu erhalten. (Vizepräsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Nun zu den einzelnen Fragen. Es sind ja sehr viele konkrete Fragen gestellt worden, und ich möchte auf die einzelnen Fragen nun Antwort geben, allerdings vorher doch noch einige grundsätzliche Feststellungen treffen.


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Als Bundesministerin für Soziale Sicherheit und Generationen bin ich auf Grund der Neuordnung der Bundesministerien durch die Bundesministeriengesetz-Novelle, die mit dem 1. April 2000 beschlossen wird, auch für den Bereich Frauenangelegenheiten zuständig. Dass Frauen – und das habe ich schon gesagt – trotz formalrechtlicher Gleichstellung nach wie vor leider in vielen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt sind, ist Anlass für mich, die Weiterführung einer eigenständigen Frauenpolitik zu betreiben und faktische Benachteiligung von Frauen zu beseitigen. Dabei möchte ich alle Frauen miteinbeziehen, Frauen in allen Lebensphasen, im Alter und in der Jugend, am Arbeitsmarkt und im Haushalt, Frauen mit und ohne Kinder, Frauen in der Altersversorgung.

Nur die möglichst eigenständige Entscheidungsfreiheit der Frau auf allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ebenen wird neben formalrechtlichen Diskriminierungsverboten dazu beitragen, gesellschaftliche Benachteiligungen auszugleichen. Daher werde ich mich für gleichen Verdienst von Frauen bei gleichwertiger Arbeit, für die Forcierung der Chancengleichheit von Frauen in der Arbeitswelt, für eine bessere Absicherung im Alter, für eine höhere Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen und in politischen Gremien einsetzen. Ich möchte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer bestmöglich gestalten, die Kinderbetreuung ausbauen, die berufliche Qualifikation von Frauen verbessern und die wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit von Frauen zum Beispiel durch verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten absichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Durch gezielte Frauenförderung in Betrieben, durch Eröffnung neuer Chancen für Arbeitnehmerinnen durch neue Technologien und durch die Erleichterung von Unternehmensgründungen von Frauen soll ein Durchbrechen der gläsernen Decke für Frauen möglich werden. Es wird mir als für Frauenangelegenheiten zuständigem Regierungsmitglied vorrangiges Ziel sein, die Chancengleichheit auf allen Ebenen des Zusammenlebens in Ehe und Familie, in Berufs- und Arbeitsleben sowie auf der Ebene von Staat und Politik zu unterstützen und voranzutreiben. Ich darf hier auch betonen, dass ich bereits die Installierung einer Gleichbehandlungsanwältin auch in Klagenfurt für den Bereich Kärnten und Steiermark in Auftrag gegeben habe. (Bundesrätin Fuchs: Das ist aber schon lange beschlossen!) Wir haben nämlich derzeit nur zwei Gleichbehandlungsanwältinnen (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist schon lange beschlossen, aber wir nehmen es gerne an!), in Wien und in Innsbruck, und es soll eigentlich auch in Klagenfurt eine installiert werden. Das ist im Laufen.

Es geht auch darum, dass wir die Frauenpolitik ressortübergreifend betreiben. Das heißt, es ist ein Ministerratsvortrag in Arbeit, in dem es darum gehen wird, dass ich meine Ministerkollegen einlade und auffordere, in ihren Sektionen eine Frauenbeauftragte zu installieren, damit die Interessen der Frauen auch in den Ministerien, bei den Maßnahmen, die die Ministerien beschließen, gewährleistet sind.

Vizepräsident Johann Payer (das Glockenzeichen gebend): Darf ich mich kurz einmischen. Der Lärmpegel hier ist wirklich sehr hoch – nicht allein von der Opposition, sondern auch von den Regierungsparteien. Ich bitte um etwas mehr Disziplin, damit wir die Ausführungen der Frau Bundesministerin hören können. Zwischenrufe sind natürlich erlaubt, aber der Lärmpegel ist wirklich sehr hoch geworden. – Danke.

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl (fortsetzend): Frauenthemen wirken halt einfach animierend. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ich glaube, wir sollten uns um eine gute Stimmung bemühen, um gerade für dieses Thema auch ein entsprechendes Klima zu schaffen, denn nur in einem Klima der gegenseitigen Akzeptanz werden wir auch gut zusammenarbeiten. Ich glaube, das ist unser Anliegen gerade in diesem Bereich.

Frage 1: Wann ist geplant, das Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft im Ministerrat zu verabschieden und damit auch die Gleichbehandlungsstandards in der Privatwirtschaft jenen des Bundes anzugleichen?


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Mit In-Kraft-Treten der Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 am 1. April 2000 ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zur Vorbereitung und Einbringung einer Regierungsvorlage für die Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes, welches sich auf den Kompetenztatbestand "Arbeitsrecht" gründet, zuständig.

Damit ich nicht den Eindruck erwecke, dass ich das nun so zusagen von mir weg geschoben habe oder dass das von mir weg genommen worden sei und dass mir das kein Anliegen sei, möchte ich Ihnen einen Teil des Kapitels "Politik für Frauen" aus dem Regierungsübereinkommen zur Kenntnis bringen, um zu klären, dass es aufgrund des Regierungsübereinkommens auch ein Anliegen des Herrn Wirtschaftsministers Bartenstein sein wird und sein muss, Frauenpolitik und die Anliegen der Frauen im Rahmen des Gleichbehandlungsgesetzes zu vertreten.

Da heißt es nämlich: Gleichberechtigung und Partnerschaft von Frau und Mann. Wir bekennen uns zu einem partnerschaftlichen Lebensmodell, Chancengleichheit auf allen Ebenen des Zusammenlebens. Für uns ist die Frauenpolitik ein breiter politischer Gestaltungsauftrag und fällt damit in die Zuständigkeit von allen Ressorts. – Ich glaube, damit ist gesichert, dass auch Herr Wirtschaftsminister Bartenstein in dieser Frage aktiv wird. Ich werde das jedenfalls immer wieder bei ihm einmahnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Frage 2: Mit welchen Maßnahmen werden Sie die Realisierung der 40-Prozent-Frauenförderquote gewährleisten?

Der vierte Teil des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes sieht besondere Förderungsmaßnahmen für Frauen vor, darunter unter anderem Frauenförderungspläne, ein Frauenförderungsgebot, die bevorzugte Aufnahme in den Bundesdienst, Bevorzugung beim beruflichen Aufstieg und Bevorzugung bei der Aus- und Weiterbildung.

Gemäß § 41 Abs. 1 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz hat jeder Leiter/jede Leiterin einer Zentralstelle einen Frauenförderungsplan für das Ressort zu erlassen, der im Teil II des Bundesgesetzblattes zu veröffentlichen ist.

Im Rahmen meiner Koordinationskompetenz werde ich mich dafür einsetzen – das habe ich schon erwähnt –, dass meine Regierungskollegen und -kolleginnen die Frauenförderungsquote in ihrem jeweiligen Ressortbereich einhalten werden. Der entsprechende Ministerratsvortrag betreffend Frauenbeauftragte ist schon in Arbeit.

Frage 3: Mit welchen Maßnahmen wollen Sie verhindern, dass Frauen aus dem Arbeitsprozess gedrängt werden? – Ich erachte es für unumgänglich, eine Vielzahl von Maßnahmen zu kombinieren, um einer Verdrängung von Frauen aus dem Arbeitsprozess entgegenzuwirken. Dazu zählen bereits Maßnahmen, die den gleichberechtigten Zugang von Frauen in das Erwerbsleben gewährleisten, insbesondere Maßnahmen zur Reduzierung der geschlechtsstereotypischen Berufswahl und zur Ergreifung zukunftsträchtiger Berufsfelder, vor allem im technischen Bereich und in den neuen Informationstechnologien.

Besonders wichtig sind mir auch Maßnahmen, die es Frauen und Männern erleichtern, Beruf und Familie zu vereinbaren, insbesondere muss ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Ich darf darauf hinweisen, dass im Sommer dieses Jahres weitere 130 Millionen Schilling zur Verfügung stehen werden, um die vorgesehenen Kinderbetreuungsplätze, die mit der Kindergartenmilliarde zu finanzieren sind, auch zu schaffen. Damit wird dieses Erfordernis erfüllt werden. (Bundesrätin Schicker: Das war schon beschlossen!)

Männer sollen ermutigt werden, sich vermehrt bei der Haus- und Familienarbeit einzubringen. Dies ist nicht nur Voraussetzung für die leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Frauen, sondern auch von enormer Bedeutung für die Väter und die Kinder, denn ich glaube, gerade die jüngere Generation von Männern hat auch erkannt, dass die Kinderbetreuung eine Bewusstseinsaufwertung, ein Erlebnis und eine Verbesserung der Lebensqualität der Männer bedeutet. Diese jungen Männer sind auch durchaus bereit, diese Aufgabe in Zukunft wahrzunehmen.


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Daher plane ich auch, Väterkarenz stärker zu bewerben. Wie wir wissen, kann die neue Art von Kinderbetreuungsgeld auch von Vätern bezogen werden, wenn sie sich bereit finden, die Kinder zu betreuen.

Frauen und Männern, die zugunsten der Kindererziehung ihre Berufstätigkeit unterbrechen, müssen geeignete Maßnahmen, die den Wiedereinstieg in das Berufsleben erleichtern, angeboten werden.

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen sagen, dass ich bereits eine Kooperation mit der Arbeiterkammer Tirol aufgenommen habe, um dort in einem Pilotprojekt für Tirol und Kärnten Zeitmodelle, Fortbildungsmodelle für Frauen, die nach der Kinderarbeit wieder in den Beruf einsteigen wollen, zu erproben, um sie dann sozusagen für die Wirtschaft insgesamt akzeptabel zu machen, weil ich glaube, dass es wichtig sein wird, der Wirtschaft immer wieder vor Augen zu führen, dass sie aus familienfreundlichen und frauenfreundlichen Maßnahmen – und das ist nicht dasselbe, das ist mir auch wichtig festzuhalten: Frauenpolitik erschöpft sich nicht in der Familienpolitik – auch wirtschaftliche Vorteile ziehen kann. (Bundesrätin Schicker: Das ist richtig!) Aber das ist ein Bewusstseinsbildungsprozess. Das können wir nicht mit gesetzlichen Regeln erreichen, sondern das muss uns allen ein Anliegen sein. Und daher bitte ich Sie in diesem Sinn, auch zusammenzuarbeiten.

Frage 4: Wie werden Sie die von Ihnen angekündigten 33 000 Kinderbetreuungsplätze im Detail realisieren? – Es sind ja schon 29 000 durch die Kindergartenmilliarde realisiert. Es fehlen noch 4 000, und diese werden heuer im Sommer realisiert sein.

Die vormalige Bundesregierung hat im Finanzausgleichsgesetz für die Jahre 1999/2000 600 Millionen Schilling für die Schaffung von zusätzlichen Kinderbetreuungsplätzen zur Verfügung gestellt. Durch die Kostenbeteiligung des Bundes konnten bisher 29 016 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze in allen Bundesländern geschaffen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Mit den dennoch verbleibenden zirka 133 Millionen Schilling werden nach den geltenden Richtlinien gemäß den Förderungsschwerpunkten weitere Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren sowie für schulpflichtige Kinder so wie Angebote betrieblicher Kinderbetreuung und gemeindeübergreifende Betreuungsprojekte gefördert werden. Die angekündigte Zahl von zirka 33 000 Plätzen ist daher sicherlich zutreffend.

Frage 5: Wie sieht der diesbezügliche Zeitplan aus? – Gemäß dem Finanzausgleichsgesetz werden die verbleibenden 133 Millionen Schilling im Jahr 2000 an die Länder überwiesen werden, sofern richtliniengemäße Projekte eingereicht werden. Entsprechende Anträge sind bis längstens 30. Juni 2000 an die Bundeskommission zu entrichten.

Frage 6: In welchen Bundesländern haben Sie vor, Kinderbetreuungsplätze zu schaffen? – Man muss sagen, die grundsätzliche Verpflichtung, Kinderbetreuungsplätze zu schaffen, ist eine Verpflichtung der Bundesländer. Und der Bund unterstützt daher nach Kräften, und das werde ich auch nach Maßgabe meiner Mittel tun. Ich werde in allen Bundesländern gemäß dem gesetzlichen Zuschuss Kinderbetreuungsplätze schaffen. Im Finanzausgleichsgesetz ist die Zuschussquote pro Bundesland genau festgelegt.

Frage 7: Welche Kofinanzierung wurde dafür vereinbart? – Als Kofinanzierung ist die 50-prozentige Beteiligung von Ländern und Gemeinden gesetzlich festgelegt.

Frage 8: Durch welche Maßnahmen werden Sie gewährleisten, dass Gleichbehandlung aufgrund des international gehandhabten Differenzansatzes auch weiterhin in Österreich ausgebaut wird? – In Wahrnehmung meiner Koordinationsaufgabe in Angelegenheiten der Frauenpolitik plane ich die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe. Ziel dieser Arbeitsgruppe soll es sein, den Prozess des Gender-Mainstreaming in den Ressorts zu unterstützen, zu begleiten und zu koordinieren. Die Arbeitsgruppe soll dem Informationsaustausch dienen, Beispiele von Initiativen zur Umsetzung des Konzepts in den Ressorts erörtern und damit das Bewusstsein für die Berücksichtigung frauenspezifischer Lebenszusammenhänge in den Maßnahmen der


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Ressorts stärken. In die interministerielle Arbeitsgruppe für Chancengleichheit soll jedes Ressort eine oder einen Ressortbeauftragten entsenden.

Die Tätigkeit dieser Ressortbeauftragten soll insbesondere darin bestehen, frauenspezifische Gesichtspunkte in den Maßnahmen der Ressorts zu berücksichtigen, Kriterien für die Umsetzung durch gezielte Aktionen und strukturelle Änderungen zu erarbeiten, bestehende Projekte und Initiativen aufzulisten, gesetzliche Vorhaben auf die Gleichstellungsperspektive zu durchleuchten und damit einen kontinuierlichen Prozess der Umsetzung des Gender-Mainstreaming einzuleiten.

Die Tätigkeit der Ressortbeauftragten in den einzelnen Ressorts soll durch die Bildung von Arbeitsgruppen in den Ressorts unterstützt werden, in die nach Möglichkeit jede Sektion beziehungsweise nachgeordnete Dienststelle eine Vertreterin beziehungsweise einen Vertreter entsenden soll. Das heißt, wir wollen in den Ministerien erreichen, dass die Maßnahmen, die das Ministerium setzt, von Frauenbeauftragten sozusagen auf ihre Frauenfreundlichkeit geprüft werden und so mit der Zeit faktisch alle Maßnahmen, die aus dem Ministerium kommen, auch frauenfreundlich sind. Das ist unser Ziel.

Es wird natürlich auch da eines Bewusstseinsbildungsprozesses der Ministerinnen und Minister bedürfen, dass sie bereit sind, diese Maßnahmen in ihren Sektionen umzusetzen. Ich bin da allerdings guter Hoffnung, dass sich auf Grund des Regierungsübereinkommens, in dem die Frauenpolitik entsprechend verankert ist, die Damen und Herren dieser Bundesregierung dazu bekennen werden.

Zur Frage 9, die lautet: Welche Maßnahmen werden Sie zur Förderung der Karrierechancen von Frauen in der Privatwirtschaft setzen?

Ich beabsichtige auch da, auf mehreren Ebenen anzusetzen. Eine qualifizierte Ausbildung von Mädchen und Frauen stellt die Grundvoraussetzung für die Förderung von Karrierechancen von Frauen in der Privatwirtschaft dar. Ich werde daher spezifische Maßnahmen für Frauen und Mädchen in allen Bildungsbereichen forcieren und Berufsorientierung und Bildungsberatung sowie Berufswegplanung von Mädchen und Frauen auch in Zukunft fördern.

Weiters beabsichtige ich, die Entwicklung von Mentoring-Programmen und Netzwerken von Frauen zu initiieren, damit Frauen mehr Unterstützung erhalten und auf bereits vorhandene Erfahrungen und Kontakte zurückgreifen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Diese Netzwerke und Mentoring-Programme sind meiner Ansicht nach ein Ansatzpunkt, die "gläserne Decke" beim Aufstieg in Führungspositionen zu durchstoßen. In diesem Zusammenhang sind aber noch weitere Maßnahmen zu setzen, so zum Beispiel die Ausweitung von Teilzeitbeschäftigung im höher qualifizierten Bereich und Jobsharing in höher qualifizierten Positionen.

Bewusstseinsbildende Maßnahmen, die ein Umdenken der Gesellschaft und der Unternehmerinnen und Unternehmer zum Ziel haben, halte ich für besonders wichtig. Die Strukturen der Arbeitswelt stehen den Bedürfnissen der Frauen – insbesondere jener Frauen, die Betreuungspflichten haben – vielfach entgegen. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen erkennen, dass Frauenförderung ein Gewinn für das Unternehmen ist, dass während der Familienarbeit erworbene Qualifikationen eine wertvolle Ressource für den Betrieb darstellen, und dass familienfreundliche Strukturen der Arbeitswelt für Männer und Frauen durch hohe Motivation, Zufriedenheit und damit hohe Produktivität der Mitarbeiterinnen dem Betrieb zugute kommt.

Es gibt auch Untersuchungen, die beweisen, dass Männer und Frauen, die in der Familie sozusagen als Familienmanager tätig waren, Qualitäten geschult haben, was sich dann auch in Führungspositionen der Wirtschaft sehr positiv niederschlägt. Dazu gibt es übrigens bereits wissenschaftliche Untersuchungen.


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Zur Frage 10, die lautet: Wie wird Frauenpolitik und -förderung künftig auf ministerieller Ebene wahrgenommen werden?

Frauenpolitik wird auf ministerieller Ebene von mir als Leiterin des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen wahrgenommen werden. Von meinem ressortmäßigen Kompetenzbereich sind gemäß der jüngst beschlossenen Novelle des Bundesministeriengesetzes 1986 die Koordination in Angelegenheiten der Frauenpolitik, der Gleichbehandlungskommission, der Anwendung für Gleichbehandlungsfragen sowie der Angelegenheiten der Bundesgleichbehandlungskommission und der interministeriellen Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen umfasst.

Für meine Regierungskollegen und -kolleginnen und selbstverständlich auch für mich heißt Frauenpolitik: ein breiter politischer Gestaltungsauftrag, der nicht nur im Rahmen eines Bundesministeriums, sondern ressortübergreifend wahrzunehmen ist. Und dementsprechend werden alle Regierungsmitglieder im Rahmen ihres jeweiligen Kompetenzbereiches an der Umsetzung frauenpolitischer Anliegen mitwirken.

Zur Frage 11, die lautet: Garantieren Sie die volle und zeitgerechte Umsetzung aller EU-Richtlinien im Bereich der Antidiskriminierung?

So weit dies in meinem Kompetenzbereich liegt, ja. Wie ich bereits in Beantwortung der Frage 1 ausgeführt habe, wird mit In-Kraft-Treten der Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 am 1. April 2000 der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für eine Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes zuständig sein und in dessen Kompetenz damit auch die Umsetzung der EU-Richtlinien im Bereich der Antidiskriminierung von Frauen im Arbeitsleben fallen.

Nichtsdestotrotz werde ich mich jedenfalls dafür einsetzen, dass es im Interesse der österreichischen berufstätigen Frauen zu einer vollen und zeitgerechten Umsetzung der EU-Richtlinien kommt, womit auch Anpassungen an die EuGH-Judikatur einhergehen müssen.

Zur letzten Frage, zur Frage 12, die lautet: Werden Sie Vorgaben für die Privatwirtschaft erlassen, in denen es zu einer Flexibilisierung der Arbeitszeit kommt, die für berufstätige Mütter und Väter eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleistet?

Der Bereich Flexibilisierung der Arbeitszeit für berufstätige Mütter und Väter liegt auch wieder in der Kompetenz des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit. (Bundesrat Konecny: Das ist der Unterschied zu früher im Bundeskanzleramt!) Ich kann nur in die Richtung arbeiten und tätig werden, dass ich eben für die diesbezügliche Bewusstseinsbildung einen wichtigen Beitrag leisten werde. Und ich meine auch, dass es nicht entscheidend ist, dass wir da viele Regulierungen haben, sondern entscheidend ist, dass in den Köpfen der Menschen verankert ist, dass eine sinnvolle, zeitgemäße und zukunftsorientierte Frauenpolitik zu betreiben ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

16.55

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile ihr dieses.

16.56

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Meine Ausführungen und Bedenken möchte ich unter das Motto: "Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!" stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Gudenus: Werden Sie doch gläubig!)

Im Zusammenhang damit, wie Frauenpolitik in der derzeitigen Situation anzusiedeln ist, gehe ich in erster Linie davon aus, wie Frauenpolitik im Koalitionsüberkommen formuliert ist, nämlich: schwammig, nicht zuordenbar und unverbindlich.

Frau Bundesministerin! Zu Ihren Aussagen in einem "Standard"-Interview kann ich nur sagen, dass sich diese von dem, was Sie heute hier dargelegt haben, ganz wesentlich unterscheiden.


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(Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ich gehe davon aus, dass Sie in der Zwischenzeit das genutzt haben, was Sie in diesem Interview angekündigt haben, nämlich sich der Fachkompetenz Ihrer Mitarbeiter zu bedienen. Das ließe mich durchaus hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, wenn ich nicht andererseits feststellen müsste, dass Ihnen – und das haben Sie mit Ihren heutigen Ausführungen hier und vor allem auch mit den Ausführungen über ministerielle Kompetenzen, was wir ja auch heute auch auf der Tagesordnung hatten, bewiesen – entscheidenden Kompetenzen fehlen, was Sie ja auch zugeben müssen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen nicht nur Absichtserklärungen. Ihre Aussagen, Frau Ministerin, lassen durchaus in der einen oder anderen Frage Gleichklang mit Ihren Absichtserklärungen erkennen, jedoch bedarf es hiefür auch der Instrumentarien zur Umsetzung. Und dafür sehen wir ein eigenes Ministerium für unerlässlich. Wie Sie wissen, waren wir mit der noch immer besseren Situation des – unter Anführungszeichen – "vorher vorhandenen Frauenministeriums" auch nicht immer völlig einverstanden und haben die Forderung nach einem "echten" Ministerium immer wieder erhoben. Aber das, was wir jetzt vorfinden, ist noch wesentlich schlechter, als das vorher der Fall war. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie gesagt: Es bedarf nicht nur Absichtserklärungen. Und die Aufforderung, es müsse diesbezüglich etwas in den Köpfen aller geschehen, gibt es doch bereits seit vielen, vielen Jahren. Und das funktioniert doch nicht! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Wenn heute darüber gesprochen wird, dass wir Frauenförderung im Betrieb brauchen, dann heißt das: konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung dessen, was wir in den Köpfen als richtig erachten. Es bedarf der Frauenförderung, aber da müssen wir leider sofort zur Kenntnis nehmen – Sie, Frau Minister, sagten das ja auch –, dass diese Fragen im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelt sind, was ja dort einen ganz eklatanten Gegensatz darstellt.

Gleichbehandlung, Frauenförderung, Flexibilisierung der Arbeitszeiten – all das brauchen wir sozusagen in Formen gegossen, und zwar in solche, die Verbindlichkeit haben. Und nicht bitte lediglich Absichtserklärungen!

Meine Damen und Herren! Seit 42 Jahren stehe ich im Berufsleben. Ich weiß, wie lange es in diesem Bereich schon Absichtserklärungen gibt! – Sie, Frau Bundesministerin, sagten in diesem "Standard"-Interview auch, der Wirtschaft Dinge wie beispielsweise Selbstregelungskompetenz überlassen zu wollen. – Darauf muss ich sagen: Da sehe ich schwarz für die Zukunft. Wir haben lange auf diese Dinge gewartet, aber ich fürchte, wir werden weiterhin darauf warten müssen.

Wir brauchen eine Frauenministerin, die sich, ohne nach links oder rechts schauen zu müssen – auch was die Finanzen, auch was ihre Kompetenzen anlangt –, für die Frauen einsetzen kann, und zwar ohne Kompromisse schließen zu müssen.

Wenn ich daran denke, welche Diskussionen – das ist jetzt ein Sprung zu einem anderen Themenbereich – es betreffend Vergewaltigung in der Ehe gab, wenn ich daran denke, welche Diskussionen wir rund um das Wegweiserecht hatten, wenn ich daran denke, wie die Emotionen in der Diskussion um halbe/halbe hoch gegangen sind, dann kann ich nur zur Meinung kommen, wir brauchen gesetzliche Festlegungen und keine Absichtserklärungen.

Sie haben heute zwar der Beweislastumkehr im Zusammenhang mit der sexuellen Belästigung das Wort geredet; ich möchte aber nicht wissen, wie die diesbezügliche Festlegung im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit aussieht, wie Sie dort Ihrer durchaus lobenswerten Einstellung zum Durchbruch verhelfen werden.

Die Frage der Väterkarenz ist doch keine Frage der Motivation, sondern eine Frage der Voraussetzung. 1 Prozent der Väter nimmt jetzt Karenzurlaub in Anspruch. Sie werden auch in Zukunft allein durch Motivation nicht erreichen, dass mehr Männer in Karenz gehen, denn da bedarf es als Voraussetzung der Einführung des einkommensabhängigen Karenzgeldes. (Beifall bei der SPÖ.) All das sind Dinge, die Sie in Ihrer Kompetenz nicht durchsetzen können, sondern nur in Form von Motivation. Aufforderungen und positive Einstellung sind hier durchaus vonnöten.


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Wenn Sie, Frau Bundesministerin, auf der einen Seite zugeben, dass Sie nicht wissen, ob das Gleichbehandlungsgesetz auch in der Privatwirtschaft gilt, und auf der anderen Seite glauben, dass Sie mit einer zusätzlichen Gleichbehandlungsanwältin oder -beauftragten in Kärnten das Problem lösen können, dann muss ich sagen, Sie schätzen die Lage schlichtweg falsch ein.

Ich meine, dass es nicht damit getan ist, dass Sie heute hier nur Aussagen machen, wobei Sie noch von Ihren aus der Vergangenheit vorhandenen guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Grundsatzabteilung des Sozialministeriums profitieren. Deren Arbeit nehmen Sie hier als Grundlage. Es ist ein Unterschied, ob man eine Grundsatzabteilung oder eine Sektion in einem Ministerium hat, das gute Grundlagenarbeit leisten kann. Und diese besteht!

Der Ist-Zustand über die Situation der Frauen ist ausreichend dokumentiert. Es gibt unzählige Untersuchungen, Befragungen und Studien, die die Lage der Frauen und deren Benachteiligungen klar darlegen.

Ich sage es noch einmal: Wir brauchen griffige Instrumente. Dazu sind weder die jetzt getroffenen Maßnahmen, nämlich die Aufteilung der Kompetenzen, was die Frauensituation in verschiedenen Ministerien anlangt, noch Ihre Absichtserklärungen ein geeignetes Instrument. Wir brauchen Festlegungen. Wenn ich diese Festlegungen, die wir brauchen, vor dem Hintergrund der Aussagen Revue passieren lasse, die Haider im Laufe der Jahre – nicht erst jetzt, vielleicht in einer emotionalen Aufschaukelung seiner Aufgaben, sondern über Jahre hinweg – permanent zur Stellung der Frau in Gesellschaft und Beruf von sich gegeben hat, dann sehe ich blau. Und ich sehe schwarz, wenn ich mir die Aussagen des Herrn Khol durch den Kopf gehen lasse. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen heute damit leben. Auch Sie, Frau Bundesministerin, müssen damit Ihre Durchsetzungsmöglichkeiten in Zusammenhang bringen, und zwar in welchem Weltbild diese Absichtserklärungen angesiedelt sind. Das ist eine konservative Frauenpolitik, die nicht dem entspricht, was wir Sozialdemokratinnen in der Vergangenheit gefordert haben, was wir auch von unserer eigenen Regierung beziehungsweise von der rot-schwarzen Koalition gefordert haben. Ich stehe heute hier und behaupte, dass das nicht nur an der Unfähigkeit oder dem Nichtwollen der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder gelegen ist, sondern auch an der Umklammerung in der letzten Koalition. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Weilharter: Frau Kollegin! Sie hatten ja 30 Jahre Zeit!)

Meine Damen und Herren der ÖVP! Sie müssten sehr viele Dinge mittragen. Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Gewerkschaftsbewegung fühlen sich heute sicher in dieser Situation genauso unbehaglich wie ich beziehungsweise wie meine Kolleginnen und Kollegen.

Ich könnte jetzt zu den einzelnen Aussagen von Ihnen, Frau Bundesministerin, inhaltlich noch eine ganze Reihe von Richtigstellungen und Einschätzungen vornehmen. Ich möchte das nun nicht tun.

Ich bitte Sie nur um Folgendes: Halten Sie sich an die Aussage, die Sie auch im "Standard"-Interview getätigt haben, sich nämlich wirklich der Kompetenz Ihrer Mitarbeiter zu bedienen, soweit dies überhaupt möglich ist! Bringen Sie diese auch in Ihre Durchsetzungsabsichten, in die Koordinierungsabsichten mit Ihren Kollegen aus den anderen Ministerien ein! Ich gehe davon aus, dass dort wenigstens aufgrund der Fachkompetenz festzulegen ist, was wirklich Sache ist.

Mich gruselte, als ich heute hören musste, dass Sie von Job-Sharing reden, obwohl ich stark annehme, dass Sie "Teilzeitbeschäftigung" meinen. Da liegen im Bereich des Arbeitsrechtes Welten dazwischen. Wenn ich Arbeitsrecht meine, dann meine ich auch die dazu gehörenden Existenzen. Durchsetzen können das wieder nicht Sie, denn dieser Bereich ist ebenso im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Dass gerade diese Fragen in die Wirtschaftskompetenz fallen, bedeutet, so glaube ich, den Bock zum Gärtner zu machen.

Meine Damen und Herren! Keine Entrüstung über die Formulierung "Bock". Sie wissen, das ist eine gängige Formulierung, die man für eine bestimmte Situation gebraucht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )


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Meine Damen und Herren! Wie gesagt: Ich könnte viele dieser Aussagen noch im Einzelnen kommentieren. Ich möchte das nicht tun. Ich möchte nur abschließend – das ist heute, so glaube ich, schon einmal angeklungen – noch eine Bemerkung im Zusammenhang mit der Abschaffung des Frauenministeriums – ich behaupte das so – machen. Es gibt ein Landwirtschaftsministerium. Es gibt eine eigene Einrichtung für etwa 4,5 Prozent der Bevölkerung. Wie viel diese Gruppe zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt, wissen Sie auch. Es wird aber anscheinend als nicht legitim gesehen, ein eigenes Frauenministerium für 53 Prozent der Bevölkerung zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn man glaubt, die wirtschaftlichen Erfolge in Österreich so sicherstellen zu können, dass man sich von den Alten trennt, die Jungen nicht in den Arbeitsprozess hineinwachsen lässt, die Frauen nicht entsprechend berücksichtigt, dann meine ich, dass einerseits diese wirtschaftlichen Erfolge nicht aufrechtzuerhalten sein werden und dass andererseits auch unser Sozialsystem nicht finanzierbar sein wird. Frauenfreundlichkeit nur in Absichtserklärungen zu zeigen, das ist mir schlichtweg zu wenig – vor allem vor dem gefährlichen Hintergrund dieser Weltanschauung. Ich sage es noch einmal: Wir brauchen griffige, das heißt gesetzlich festgelegte Instrumentarien!

Ich darf im Zusammenhang mit der dringlichen Anfrage, die wir heute eingebracht haben, einen Entschließungsantrag betreffend jährlicher Bericht über Initiativen zur Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen einbringen.

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag. Melitta Trunk, Hedda Kainz, Johanna Schicker, Brunhilde Fuchs, Herbert Thumpser und GenossInnen betreffend jährlicher Bericht über Initiativen zur Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen wird ersucht, jährlich – beginnend mit 1. September 2000 – dem Bundesrat einen Bericht vorzulegen, welche Initiativen ihr Ressort und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung gesetzt haben, um Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. Dieser Bericht soll nach Bundesländern gegliedert sein.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

17.09

Vizepräsident Johann Payer: Der von den Bundesräten Mag. Melitta Trunk und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend jährlicher Bericht über Initiativen zur Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl. – Bitte.

17.10

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl: Ich darf nur ganz kurz zu den Worten meiner Vorrednerin Folgendes ausführen: Sie haben 30 Jahre lang Zeit gehabt, diese "griffigen Instrumente", die Sie jetzt von mir fordern, und die gesetzlichen Festlegungen zu schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Von mir verlangen Sie nach sechswöchiger Amtstätigkeit, dass ich bereits all die Hypotheken, die ich vorgefunden habe, erledigt habe?! (Bundesrat Meier: Es ist ganz viel geschehen! Weitermachen müssen Sie)  – Ich werde weitermachen, ganz sicher! Schon allein die Tatsache, dass ich in dieser kurzen Zeitspanne, bei dieser Budgetknappheit, die wir auch als Hypothek von Ihnen übernommen haben, trotzdem – trotzdem! (Bundesrätin Kainz: Die Voraussetzungen fehlen! – Bundesrat Meier: Das ist ja die Frage! Auf das reden Sie sich aus!)  – allen Frauenprojekten und


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allen Frauenvereinen Förderungen zugesichert habe – der Fortbestand der Frauenhäuser ist selbstverständlich gesichert –, zeigt, dass mir das ein großes Anliegen ist. Daher: Fordern Sie von mir nicht Taten statt Worte, denn ich habe bereits in diesem kurzen Zeitraum Taten gesetzt.

Weiters habe ich bereits veranlasst, dass eine Gleichbehandlungsanwältin im südlichen Teil unseres Bundesgebietes – auch ein Umstand, den ich vorgefunden habe, etwas, das erledigt werden muss; und ich habe es schon erledigt – ihre Tätigkeit aufnimmt.

So soll es weitergehen! Beschuldigen Sie doch nicht mich, Dinge, die meine Vorgänger hätten längst erledigen können (Rufe bei den Freiheitlichen: Hört! Hört! – Bundesrat Meier: Wir haben viel erledigt! Sie versteht das nicht!), nicht anzugehen! Daher ersuche ich Sie, im Interesse dieses wichtigen Anliegens zusammenzuarbeiten und nicht ständig Schuldzuweisungen und Unterstellungen Platz greifen zu lassen. Arbeiten wir zusammen! Ich glaube, wir haben dieselbe Ausgangsbasis und dieselben Intentionen.

Aus diesem Grund ersuche ich Sie um diese gute Zusammenarbeit. Diese sollten wir wirklich – auch im Interesse der Worte meiner Vorrednerin – suchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.11

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Maria Grander. Ich erteile ihr dieses.

17.12

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es scheint in diesen Diskussionen immer wieder so zu sein, dass Frauen zu Randgruppen werden. Das gefällt mir grundsätzlich überhaupt nicht, weil ich wirklich sagen möchte: Frauen sind keine Randgruppen (Bundesrat Meier: Richtig!), und Frauenpolitik ist daher auch kein Orchideenthema. Wir Frauen werden das sicher nicht zulassen! Wir von der ÖVP wollen echte Entscheidungsfreiheit für Frauen, wir wenden uns an alle Frauen, wir grenzen keine Frau aus.

In allen Politbereichen ist Chancengleichheit ein wesentliches Ziel und ein wesentliches Anliegen. Die Gleichbehandlungspolitik hat Gott sei Dank schon begonnen und auch gegriffen. Sicher besteht noch Bedarf an einer Weiterführung und Verbesserung. (Bundesrat Konecny: Hat sie gegriffen oder ist 30 Jahre nichts geschehen? Sie sollten das ...!)  – Sie hat gegriffen, aber es muss weitergehen. Ich denke, ... (Bundesrat Meier: Richtig!) Ich behaupte nicht, dass überhaupt nichts passiert ist. Ich habe gesagt, sie hat gegriffen, oder? (Beifall bei der ÖVP sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Frauenpolitik ist aber trotz eines Staatssekretariats, das im Jahre 1979 installiert wurde – elf Jahre später wurde ein eigenes Ministerium eingerichtet –, doch nicht so weitergegangen, wie man gemeint hat. Ich möchte in diesem Zusammenhang schon auch das Frauen-Volksbegehren ins Feld führen, wobei ich doch die Frage stellen muss: Wo ist die Sacharbeit?

Ich möchte da ganz kurz zur Tätigkeit der Frau Dohnal schwenken, die zwar keinen echten Handlungs- und Finanzspielraum hatte, aber umso größeres politisches Gewicht. Ihr Name ist untrennbar mit dem Kampf für Frauenrechte verbunden. Ich meine, Frauenagenden sollen in allen Ressorts behandelt werden. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiteres Schlagwort, so wie "Frauen als Randgruppe", ist "Zurück-an-den-Herd". – Ich möchte eindeutig feststellen, dass nicht nur arbeitende Frauen gute Frauen sind. Ich denke, das sollte nicht einfach abgetan werden. Gefragt sind Wahlfreiheit und Rahmenbedingungen bezüglich Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Ich meine, wir haben diese Fragen – ich bin jetzt ungefähr ein Jahr lang hier im Bundesrat – schon oft genug behandelt. Ich möchte hier noch einmal auf die Institutionalisierung der Kinder eingehen. Mir ist in der Vorbereitung teilweise folgendes Bild in den Sinn gekommen: Das Kind wird vom Kreißsaal sofort in eine Kinderbetreuungseinrichtung abgeschoben, dann geht es wei


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ter ins Internat et cetera. Bis zum 20. Lebensjahr ist der Mensch quasi institutionalisiert. Das ist nicht meine Intention und auch nicht unsere Intention. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin der Ansicht, Kinderbetreuungseinrichtungen sind wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss, und ich möchte auch da die Wahlfreiheit haben. In diesem Zusammenhang möchte ich die Tagesmütter anführen. Ich habe genug Mitarbeiterinnen in meinem Betrieb, die wieder in den Beruf zurückkehren, weil sie Tagesmütter für die Betreuung ihrer Kinder haben und die Institution für sie nicht das Mittel ihrer Wahl ist. (Bundesrätin Kainz: Tagesmütter sind auch eine Institution, die wir wollen! Eine wertvolle Einrichtung! Da sind wir einer Meinung!)  – Ja, aber trotzdem ist das eine familiärere Angelegenheit. Fein! Dann sind wir einer Meinung, dass auch Tagesmütter Kindereinrichtungen sind.

Bezüglich Frauenförderung in Betrieben: In Tirol können sich jedes Jahr Betriebe – ich bin selbst in einer leitenden Position – an der Wahl zum frauen- und familienfreundlichsten Betrieb beteiligen. Bei uns geschieht das über die AK. Da gibt es viele Betriebe in Tirol und, so glaube ich, auch bundesweit, die schon ausgezeichnet wurden. Es gibt also sehr wohl familien- und frauenfreundliche Betriebe.

Ich bin der Meinung, es liegt auch an den leitenden Personen, frauenfreundliche und familienfreundliche Rahmenbedingungen in den Betrieben zu schaffen. Wenn ich jetzt mein Ressort hernehme, den Pflegebereich, so ist es folgendermaßen: In meiner Umgebung heißt es immer wieder: Vollzeit! Vollzeit-, weniger Teilzeitbeschäftigte! Teilzeit abbauen! und und und, denn diese bedeutet mehr Verwaltungsaufwand. – Wenn das ein Argument ist, dann bleibe ich bei meiner Ansicht, denn ich möchte, dass mein Betrieb trotzdem familien- und frauenfreundlich bleibt. (Bundesrätin Fuchs: Der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen!)

Es ist mir lieber, dass wir in der Bundesregierung eine Vizekanzlerin, eine hervorragende Außenministerin, eine starke und kompetente Ministerin für Unterricht und Wissenschaft und eine engagierte Sozial- und Generationenministerin haben, und nicht eine Frauenministerin, die sich zusätzlich auch noch mit Konsumentenschutz, Veterinärmedizin, Tierseuchen und Tierkörperverwertung beschäftigen muss.

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, Frauenangelegenheiten, Jugend und Familie ist in dieser Form sicher ein Neubeginn. Ich meine, dass damit doch sehr viel erreicht werden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.17

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

17.17

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich sehe es – nach den Redebeiträgen der Kolleginnen Trunk und Kainz zu schließen – so, dass die SPÖ offensichtlich will, dass die freiheitliche Ministerin jetzt das umsetzt, was Sie von der SPÖ in den letzten 30 Jahren nicht weitergebracht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. d′Aron: So ist es!)

Das Konglomerat des früheren Frauenministeriums – wie wir auch schon gehört haben –, das sich nur so genannt hat, ohne es tatsächlich zu sein, lässt mich nicht wirklich Tränen weinen – allerdings das, was Frau Prammer "weitergebracht" hat, sehr wohl.

Ich möchte nicht sagen, dass gar nichts erreicht worden ist, obwohl die Hitliste, die Frau Ministerin Prammer im März dieses Jahres herausgegeben hat, doch ziemlich dürftig ist angesichts der langen Zeitspanne, in der die Frauenangelegenheiten in Händen der SPÖ angesiedelt waren. (Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. ) Diese Hitliste besteht ohnehin nur aus einem Absatz, und die Hälfte davon ist nicht einmal reine Frauenpolitik. Trotzdem soll man nicht immer nur kritisieren (Bundesrätin Kainz: Das haben wir von Ihnen gelernt!), sondern auch das würdigen, was gut ist.


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Ich zitiere jetzt aus einer Presseaussendung von Frau Ministerin Prammer, in der sie anführt, dass im Jahre 1970 die Rechtsstellung von unehelichen Kindern erstmals verbessert – das ist aber nicht unbedingt als reine Frauenpolitik zu betrachten – und im Jahre 1972 die Aufnahmeprüfung für die Mittelschule abgeschafft wurde, wobei sie meint, das wäre vor allem den Mädchen zugute gekommen. – Das ist aber auch nicht ausschließlich Frauenpolitik.

Weiters folgt die Abschaffung des § 144. – Da bin ich sehr dafür, dazu stehe ich auch. Ich finde es äußerst unfreundlich, wenn Frau Ministerin Prammer dann ortet, dass Blau-Schwarz für die Fristenlösung eine reale Gefahr sei. Das ist wieder diese typische Ideologie, die man da "heraushängen" lässt. Das ist eine blanke Unterstellung, die durch nichts zu beweisen ist. – Sie erwähnt noch die Einführung der 40 Stunden-Woche – das ist eher eine arbeitsrechtliche Frage – et cetera et cetera.

Es gibt schon einige Bereiche, in denen vielleicht etwas weitergegangen ist – das will ich nicht schmälern –, aber so, dass man sich jetzt einen großen Orden an die Brust heften kann, ist es sicherlich auch nicht.

Frau Ministerin Prammer sagt, die SPÖ habe sich in der Frauenpolitik die Latte sehr hoch gelegt. – Nach dem, was sie in ihrer eigenen Presseaussendung zum Besten gibt, kann man nur sagen: Über diese Latte ist sie aber nicht drübergekommen. Mit Hilfe unserer freiheitlichen Ministerin werden wir – das haben Sie auch angesprochen – diese Latte hoffentlich einmal überspringen.

Frauenpolitik kann man, so glaube ich, nicht nur – so wie Sie das immer machen – rein ideologisch sehen. Es sollte wirklich um die Sache, und zwar ohne Diskriminierung irgendeiner Seite, gehen.

In diesem Zusammenhang ist folgende Geschichte sehr interessant: Als Frau Prammer noch Landesrätin in Oberösterreich war, wurde ihr, da sie die einzige Frau in der Landesregierung war, das Frauenressort angetragen. Sie aber wollte es nicht! Also: Wenn es mir um die Sache geht, würde ich doch so eine Gelegenheit ergreifen, um das Ressort in meine Hände zu bekommen. (Bundesrätin Kainz: Sie sollten solche Themen nicht losgelöst vom Hintergrund bringen!) Die Begründung dafür ist aber auch sehr interessant. Sie hat es nämlich mit der Begründung abgelehnt, dass dann das Bauressort an die Freiheitlichen fallen würde, und diese damit viel mehr Geld bekämen, darum wolle sie das Frauenressort nicht. Das ist Ihre sachliche Frauenpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schon im vorletzten Bericht der Volksanwaltschaft wurde kritisiert, wo es bei Ihnen im Argen liegt, nämlich bei den Wiedereinstiegsprogrammen für Frauen, die wieder in den Beruf zurückkehren wollen. Dazu hat die Volksanwaltschaft vermerkt, dass es sehr bedauerlich sei, dass diese zu einem großen Teil gekürzt worden seien. – Wenn das Ihre Frauenpolitik ist, dann danke ich schön dafür!

In Perg in Oberösterreich ist – das müssten Sie wissen – im Oktober 1999 mit viel Pomp und Trallala eine Beratungsstelle für Frauen eröffnet worden. Im Dezember 1999 war leider kein Geld mehr dafür da. (Bundesrätin Kainz: Sie wissen schon, wie die Situation im Rest Oberösterreichs ausschaut!?!)

Bleiben wir in Oberösterreich! – In Gallneukirchen haben Mitarbeiter eines Vereines namens Spektrum einen Brief an die Frauenministerin geschrieben, weil ihnen Subventionen in der Höhe von 100 000 S gestrichen worden sind. (Bundesrätin Kainz: Aber Sie sagen auch dazu, was sie sonst bekommen haben!) Die Frau Ministerin hat die Ablehnung beziehungsweise die Nichtauszahlung dieser Subvention mit verwaltungstechnischen Gründen begründet. Einfach zu sagen, es ist leider zu spät eingelangt, daher gibt es jetzt überhaupt kein Geld mehr, kann ich nicht ganz gelten lassen. Dieser Verein hat sich dann an die oberösterreichischen Landesrätin der Freiheitlichen (Bundesrätin Kainz: Haubner!) Haubner – genau, Sie wissen das auch, aber ich sage es gerne, denn es sollen alle wissen, nicht nur wir beide (Bundesrätin Kainz: Sie wissen wie! Großzügig!)  – gewendet, die dieses Geld sofort überwiesen hat, was für den Verein


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äußerst hilfreich war. Das ist freiheitliche Frauenpolitik, vor der Sie sich angeblich so fürchten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als wir im Nationalrat in Unterstützung der sozialistischen Frauenministerin Anträge gestellt haben, deren Kompetenzen zu erweitern, sind diese mit Ihren Stimmen abgelehnt worden! (Bundesrätin Kainz: Aber Sie wissen auch, warum!) Als wir Anträge für mehr Budgetmittel für die Frauenministerin gestellt haben, sind sie mit den Stimmen der SPÖ abgelehnt worden! Was also sind denn wirklich Ihre Anliegen, die Sie so gerne umgesetzt haben wollen? (Bundesrätin Kainz: Haben Ihnen Ihre Kollegen auch gesagt, warum?)

Obwohl die Frauenministerinnen beziehungsweise Frauen-Staatssekretärinnen immer alle sozialistische Mandatare waren, haben sie in ihren Klausurprogrammen immer wieder nur alte Forderungen erhoben, weil sie eben nie umgesetzt worden sind. Immer wurde gefordert: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! – Ja! Da bin ich bei Ihnen! Das unterschreibe ich, das unterstreiche ich, dafür kämpfe ich auch mit Ihnen. Aber Sie haben es nicht geschafft! (Bundesrätin Kainz: Halbwahrheiten! – Bundesrätin Schicker: Aber Sie werden es schaffen? Viel Glück!) Wir sind sicher, dass das bei einer freiheitlichen Ministerin nicht nur gut aufgehoben ist, sondern tatsächlich auch umgesetzt werden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Kainz: Also Sie stimmen entsprechenden Anträgen zu?)

Immer wieder, das ist in fast jeder Ihrer Aussendungen enthalten, kommt auch, dass die Freiheitlichen die Frauen zurück an den Herd drängen. – Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Das müssen Sie sich irgendwo aus den Fingern gesogen haben, denn wir haben das nie gesagt. (Bundesrätin Kainz: Aus Ihren Handlungen, Aussagen! Kinderscheck!) Das ist eine Unterstellung, die offenbar Ihrer Ideologie entspricht. Wir halten – anscheinend im Gegensatz zu Ihnen – alle Frauen für intelligent genug, sich zu entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten. Wir möchten es ihnen nicht vorschreiben, indem wir sagen, du darfst nur ... (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Wenn sie können!) Dank Ihrer Politik können sie sich nicht entscheiden. (Bundesrätin Fuchs: Ohne Kindergartenplatz?) Denn wenn das Geld hinten und vorne fehlt – was Sie zu verantworten haben! –, dann gibt es keine Entscheidungsmöglichkeit. Darin gebe ich Ihnen schon Recht. Aber diese Politik haben Sie zu verantworten!

Ich verwahre mich dagegen, dass Frauen, die sich dann entscheiden, zu Hause zu bleiben (Bundesrätin Fuchs: Weil sie keinen Kindergartenplatz gefunden haben!)  – was, wie Sie immer wieder behaupten, ganz furchtbar und schrecklich ist, weil sie sich dem Mann unterwerfen – als "Heimchen am Herd" diskriminiert werden. (Bundesrätin Kainz: Wenn sie das Risiko eingehen!) Das sollten Sie abstellen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Thumpser: Wissen Sie, wie viele Alleinerzieherinnen es gibt?)

Daher haben wir im Regierungsübereinkommen festgelegt, dass die Karenzzeiten pensionsgründende Beitragszeiten sein sollen. Das ist von Ihnen nie gekommen! Im Jahre 1998 haben Sie die Karenzzeit auf eineinhalb Jahre zurückgestutzt! (Bundesrat Dr. Böhm: So ist es!) Das ist wirklich kein Ruhmesblatt für Sie! (Bundesrätin Schicker: Fragen Sie Ihren Koalitionspartner!) Das war im Rahmen Ihrer Belastungspakete.

Wir sind jetzt dabei, zwei Jahre Karenzzeit zu ermöglichen. (Bundesrätin Kainz: Für wen?) Wenn der Partner – das kann Mann oder Frau sein – auch einmal zu Hause bleibt, dann werden es insgesamt drei Jahre! Das ist übrigens eine Forderung aus dem Frauen-Volksbegehren, von dem Sie bis heute nichts umgesetzt haben. Wir werden es umsetzen! (Bundesrätin Kainz: In den Punkten, die Ihnen genehm sind!) Sie haben das auch in Ihrem Wahlprogramm 1999 gefordert.

Ich möchte Ihnen, da Sie dem Frauenministerium so nachweinen, noch kurz zur Kenntnis bringen, wie es in anderen EU-Staaten ausschaut. In Belgien gibt es ein Ministerium für Beschäftigung, das ist für die Gleichberechtigung von Mann und Frau zuständig. In Dänemark gibt es ein Ministerium – da sind überall die Frauen angesiedelt – für Gleichberechtigung und Wohnbau, dort beinhaltet Gleichberechtigungspolitik aber nicht nur die Gleichberechtigung von Mann und


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Frau. In Deutschland ist es ähnlich wie bei uns, dort gibt es ein Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

In Finnland sind die Frauenfragen überhaupt je nach Themenbereich verteilt, also genau das, was Sie gerade Frau Ministerin Sickl vorgeworfen haben, dass nämlich die Kompetenzen zu sehr verteilt sind. Dort sind – darüber müssten Sie sich freuen – 70 Prozent der Mütter erwerbstätig, obwohl Finnland eine ähnliche Regelung hat, wie wir mit dem "Karenzgeld für alle" beziehungsweise mit dem Kinderbetreuungsscheck haben wollen. In Frankreich sind die Frauenangelegenheiten im Staatssekretariat im Bundesministerium für Beschäftigung und Solidarität untergebracht, und in Schweden, das von Ihrem früheren Vorsitzenden Kreisky immer als Vorbild hingestellt worden ist, sind die Frauenfragen im Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Fischerei angesiedelt. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) In all diesen Ländern ist wesentlich mehr erreicht worden als bei uns mit einem eigenständigen Frauenministerium!

Verlangen Sie also nicht von den freiheitlichen Ministern, dass sie in eineinhalb Monaten all das erledigen, was Sie in 30 Jahren nicht zusammengebracht haben! Messen Sie uns nach einiger Zeit (Bundesrätin Kainz: An Ihren Aussagen!), in der auch Umsetzungen möglich sind, an unseren Taten! Und dann können wir uns gerne darüber unterhalten, wie gut oder wie schlecht wir gearbeitet haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.28

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Schicker. Ich erteile ihr dieses.

17.29


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Bundesrätin Johanna Schicker
(SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ein paar Anmerkungen noch zu meinen Vorrednerinnen, weil ich einige Aussagen nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen kann. Frau Kollegin Grander sehe ich jetzt nicht, sie ist nicht mehr anwesend. (Ruf: Doch, sie ist da!) Ist sie da? – Jetzt kommt sie.

Kollegin Grander! Ich war wirklich erstaunt zu hören, dass Sie nicht gewusst haben, dass Tagesmütter und Tagesmütterprojekte auch zu Kinderbetreuungseinrichtungen gezählt werden. Wir Sozialdemokraten haben die sozial- und pensionsrechtliche Absicherung von Tagesmüttern sehr gefördert, weil wir verhindern wollten, dass, wie es, so höre ich, in anderen Bundesländern der Fall ist, Tagesmütter diese Arbeit als Nebenbeschäftigung, ja fast ehrenamtlich, machen. Wir waren immer dafür, dass diese Frauen eigenständig abgesichert sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Anschuldigungen der Kollegin Mühlwerth, was Frauenministerin Prammer alles nicht gemacht hat (Bundesrat Schaufler: Nichts hat sie gemacht! Nichts!), möchte ich noch sagen: Sie werden es auch noch merken! Wir waren 13 Jahre lang in einer Koalition, und es mussten viele Abstriche gemacht werden. (Bundesrätin Kainz: Die sind sich ja einig in ihrer Einstellung!) Eine Koalition besteht aus Nehmen und Geben, das habe ich heute schon einmal gehört. (Bundesrat Schaufler: Es ist positiv, wenn ich sage: nichts!) Diese Erfahrungen werden auch Sie erleiden, liebe Frau Mühlwerth!

Ich denke nur an das ... (Bundesrat Steinbichler: In der BSE-Krise hat Kollegin Prammer wirklich bewiesen, dass sie nichts versteht! – Bundesrat Schaufler: Er hat positiv formuliert!) – Sie sind vom Thema abgekommen. Wir reden über Frauenpolitik und nicht über die Landwirtschaft. (Weitere Zwischenrufe. – Vizepräsident Payer gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte nur erinnern daran ...

Vizepräsident Johann Payer (neuerlich das Glockenzeichen gebend): Darf ich um Aufmerksamkeit bitten! Bei aller Emotion, die herrscht: Am Wort ist jetzt Frau Bundesrätin Schicker.

Frau Kollegin Schicker, darf ich Sie bitten, fortzusetzen.

Bundesrätin Johanna Schicker (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Ich möchte an das Frauen-Volksbegehren erinnern, das letztendlich 700 000 Unterschriften bekommen hat und wofür wir alle – zumindest fast alle! – "gerannt" sind. Ich habe in meinem Bezirk eine parteiübergreifende Fraueninitiative zu diesem Frauen-Volksbegehren gegründet. Wer hat als Einziger nicht mitgemacht? – Die ÖVP! (Rufe bei der SPÖ: Ah so!) Und das ist letztendlich auch im Parlament zum Tragen gekommen, liebe Frau Kollegin Mühlwerth! Das war der Grund. Wir hätten vieles umgesetzt, wenn die ÖVP nicht dagegen gewesen wäre. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dieser Koalition. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Nun zum eigentlichen Thema. Wir haben heute schon einige Male gehört, dass sich diese neue blau-schwarze Regierung (Bundesrat Bieringer: Die österreichische Regierung!) zwar familienfreundlich gibt, aber sehr frauenfeindlich ist. Das steht eindeutig fest! Nun soll das aber nicht heißen – bitte, verstehen Sie mich nicht falsch! –, dass ich oder dass wir gegen Familienfreundlichkeit wären, aber das sind zwei Paar Schuhe! (Bundesministerin Dr. Sickl: Aber warum sind wir frauenfeindlich? – Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ja nicht wahr!)  – Ich werde noch darauf zurückkommen.

Ich wehre mich aber dagegen – Frau Kollegin Mühlwerth hat das auch schon bezweifelt –, dass Sie und die ÖVP immer von der "heilen Welt" der Familie reden. Dieses Vater-Mutter-Kind-Modell, dieses traditionelle Familienmodell ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )  – Herr Kollege Himmer! Sie brauchen nur die Statistiken zu lesen: Sie wissen ganz genau, dass 40 Prozent aller Ehen geschieden werden. Wir sind auch für florierende Familien, für florierende Partnerschaften. Aber die Gesellschaft verändert sich, und wir müssen dem Rechnung tragen, der Staat muss dem Rechnung tragen, und die Gesellschaft und die Regierung natürlich auch.

Sie wissen, dass 40 Prozent aller Ehen geschieden werden! Ich frage Sie: Was passiert mit den Frauen danach? – Diese Frauen und noch mehr die Frauen mit Kindern fallen dann aufgrund ihres geringen Einkommens unter die Armutsgrenze, das wissen wir alle. Darum sind wir sozialdemokratische Frauen für die Eigenständigkeit – ist gleich Unabhängigkeit! – der Frau, damit das eben nicht passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist aber nur einer der Gründe, warum wir für die Eigenständigkeit der Frauen sind. Für uns ist, wie schon gesagt, Eigenständigkeit gleichzeitig Unabhängigkeit. Und um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir Frauen – das ist heute schon des Öfteren angeklungen – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Ich glaube, dazu stehen wir alle! Dazu müssen Schritte gesetzt werden, und diese Schritte müssen gewährleisten, dass diese Vereinbarkeit gegeben ist.

Ich denke nur, es kommen immer noch Ungerechtigkeiten vor, und, Frau Bundesministerin, ich kann Sie auch nicht davon freisprechen, dass es hier zu Widersprüchen gekommen ist. Wir hören, dass es in Zukunft das "Karenzgeld für alle" gibt, und zwar zwei Jahre lang, für jene Frauen, die einen Partner beziehungsweise Ehemann haben, der sich dazu bereit erklärt, seinen Teil des Karenzurlaubes ebenfalls in Anspruch zu nehmen, sogar für drei Jahre. Sie, Frau Bundesministerin, haben – ich muss noch einmal das bereits erwähnte Interview mit Ihnen im "Standard" zitieren – gesagt, Sie setzten sich für alle ein – und das ist gut –, für Verheiratete, für Unverheiratete, für Junge, für Alte, für Alleinerzieherinnen und und und.

Ich frage Sie nun: Wo ist da die Gerechtigkeit für Alleinerzieherinnen, die aus welchen Gründen auch immer keinen Partner haben? Ich brauche Ihnen das nicht zu erklären. Frauen können verlassen werden. (Bundesrat Weilharter: Uns ist jedes Kind gleich viel wert! – Bundesrat Konecny: Eben nicht, Herr Kollege!)

Die Alleinerzieherin ist von Haus aus schlechter gestellt, sie hat nicht die Möglichkeit, alle drei Jahre Karenzzeit in Anspruch zu nehmen. Aber ich warne ohnehin davor, als berufstätige Frau zu lange zu Hause zu bleiben – es ist gut für das Kind, das ist keine Frage, aber es ist schlecht für den Wiedereinstieg in den Beruf. Es sind nicht alle Frauen im Staatsdienst, im Landesdienst, Beamte, die die Möglichkeit haben, nach drei Jahren wieder an ihren angestammten Arbeitsplatz zurückzukehren. In der Privatwirtschaft, meine Damen und Herren, heißt es: Vier


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Wochen – und dann "Auf Wiedersehen, liebe Frau!", wenn nicht im Vorfeld schon Möglichkeiten geboten werden, etwa durch Wiedereinstiegshilfen und so weiter, diese Frau in der jetzigen schnelllebigen Zeit ... (Bundesministerin Dr. Sickl: Da sind wir ja alle einer Meinung!) Ja! Ich sage es nur!

Wir haben nicht das Gefühl, dass all das auch ehrlich gemeint ist. Ich unterstelle Ihnen nicht, Frau Bundesministerin, dass Sie das nicht möchten (Bundesrätin Kainz: Aber das gilt nicht!), aber aus dem Regierungsprogramm ist nicht herauszulesen, dass das auch so umgesetzt werden wird. (Bundesrätin Kainz: Man muss es vor dem ideologischen Hintergrund sehen!)

Zum Karenzgeld möchte ich noch etwas sagen, Frau Bundesministerin: Ihre Partei und vor allem die ÖVP behaupten immer, für soziale Treffsicherheit zu sein. Sogar Ihr Ministerkollege Grasser hat gesagt, er würde auf diese sozialen Transferleistungen verzichten, bei seinem Einkommen würde er das nicht benötigen. (Bundesrätin Kainz: Karenzgeld ist keine Transferleistung!) Da stimme ich ihm zu, aber umgesetzt wird etwas ganz anderes. Es wird, wie wir schon des Öfteren gehört haben, das Karenzgeld nun auch an Millionärinnen ausbezahlt – und das ist nicht jene soziale Treffsicherheit, die wir wollen, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schaufler: Das obergerichtliche Urteil haben Sie noch nicht gelesen? – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Ich kann nicht auf alle Zurufe eingehen, und ich will es auch gar nicht, denn Sie können sich dann zu Wort melden.

Noch einmal zurück: Wir haben den Eindruck, dass Sie auf die moderne Familie nicht eingehen, auf diese ... (Ruf bei der ÖVP: Geschiedene Familie!)  – Nein, man muss flexibel sein.

Ob Sie das jetzt bewerten wollen ... (Bundesrat Ing. Scheuch: Frau Kollegin, wie definieren Sie Familie?)  – Herr Präsident! (Vizepräsident Payer gibt das Glockenzeichen. – Weitere Zwischenrufe.)

Vizepräsident Johann Payer: Meine Damen und Herren! Es waren momentan vier Zwischenrufer, und ich kenne Frau Kollegin Schicker, Sie möchte wirklich zu allen etwas sagen. Das ist so aber unmöglich. Bitte versuchen Sie, auch die Zwischenrufe etwas zu kanalisieren.

Am Wort ist Frau Bundesrätin Schicker.

Bundesrätin Johanna Schicker (fortsetzend): Herr Kollege, ich antworte Ihnen trotzdem. Die heutige moderne Familie ist eben nicht mehr das, was Sie einmal war, aber dafür können Sie nichts, dafür kann ich nichts, das sind die gesellschaftlichen ... (Bundesrat Ing. Scheuch: Definieren Sie einmal Familie!)  – Es ist nicht mehr diese Vater-Mutter-Kind-Verbindung (Ruf: Sondern?), in der der Vater das Oberhaupt ist und die Mutter das Heimchen am Herd, das ist es nicht mehr!

Das ist auch für die jungen Frauen nicht mehr erstrebenswert, das möchte ich Ihnen auch sagen, denn – die Frau Bundesministerin wird mir Recht geben – die neuesten Studien und alle Studien, die jetzt hier durchgeführt worden sind, besagen, dass 70 Prozent der jungen Frauen Beruf und Familie vereinbaren können wollen. Dazu müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen beziehungsweise weiter verbessern – wie zum Beispiel das Recht auf Teilzeitarbeit, oder, wie wir lieber sagen, auf Arbeitszeitverkürzung!

Ich habe, so glaube ich, schon einmal hier in diesem Hohen Haus gesagt, wie schφn ich es finde, wenn ich in Straίburg oder in Paris die Vδter in der Frόh zwischen 8 und halb 9 Uhr – Kollege Konecny kann das bestδtigen – mit dem Kind zur Schule oder in den Kindergarten gehen sehe. Dort gibt es familienfreundliche Arbeitszeiten, die Sie, glaube ich, auch erwähnt haben – oder Kollegin Mühlwerth. Das ist bei uns ein Problem. Wir müssen mit der Wirtschaft diese familienfreundlichen Arbeitszeiten einfach ausverhandeln. (Bundesministerin Dr. Sickl: Ja! Ja!)

Es sagt in Westeuropa kein Mensch, dass Mütter oder Väter, deren Kind von 9 bis 14 Uhr, 15 Uhr oder 16 Uhr in der Schule ist, oder deren Kind von 9 bis 14, 15 Uhr in einer Kinderbe


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treuungseinrichtung ist, Rabenmütter oder Rabenväter sind. Das ist dort gang und gäbe! Diesbezüglich ist Österreich noch weit hinten! Und dann kommt auch keine Mutter in die Stress-Situation, dass sie zu Mittag um zwölf von der Arbeit heim zum Kindergarten laufen muss. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ing. Scheuch: Das verstehe ich auch nicht!)  – Sie wollen es aber nicht verstehen, Herr Kollege Scheuch!

Eine Frage hätte ich noch an Sie, Frau Bundesministerin. Sie haben erwähnt, dass für Kinderbetreuungseinrichtungen heuer noch 133 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden. Das ist sehr lobenswert, ich glaube, das ist der Rest jener Kindergartenmilliarde, also jener 600 Millionen Schilling, die noch von der alten Regierung für die Jahre 1999 und 2000 beschlossen worden sind.

Frau Bundesministerin! Ich darf Sie ersuchen, dafür zu sorgen, dass diese 600 Millionen Schilling auch noch für die folgenden Jahre, für die Jahre 2001 und 2002, beschlossen werden, denn es kann jetzt mit dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen nicht Schluss gemacht werden, wir brauchen noch viel mehr.

Ich möchte noch Folgendes erwähnen: In der Steiermark haben wir zu Ende des Jahres das modernste Kinderbetreuungsförderungsgesetz beschlossen, das vorsieht, dass alle Tagesmütter personalkostenmäßig gleich gefördert werden wie das Personal für Kindergärten. Das ist eine ganz tolle Einführung, und wir sind in der Steiermark sehr stolz darauf. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ich darf Sie beruhigen: Dieses Kindergartengesetz wurde von unserer Soziallandesrätin Dr. Anna Rieder eingebracht, und im Landtag wurde es einhellig beschlossen. (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.) Nein! Nein!

Dass Arbeitszeiten familienfreundlich sein sollten, habe ich bereits gesagt. Das soll nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer gelten, denn auch Männer sollten ihren Beitrag leisten. Denn – wir haben es schon gesagt –: Halbe-halbe ist nicht vom Tisch! Es dauert nur noch eine Zeit. Ich habe es schon gesagt: Der Weg des Bewusstseins in die Köpfe der Männer ist ein längerer, aber wir haben Geduld. Es erfordert Schmerzen, und zwar nicht körperliche Schmerzen, sondern psychische Schmerzen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Frauen aller Parteien vereinigt euch!)

Frau Bundesministerin! Ich habe gehört, dass die AMS-Mittel eingefroren werden sollen. Ich stelle daher die Frage an Sie: Glauben Sie, dass das auch Frauenprojekte betreffen wird, und wenn ja, was werden Sie dagegen tun, vor allem in Anbetracht des Umstands, dass sich die Kompetenzen jetzt etwas verschoben haben und Sie auch immer sagen, das gehöre in ein anderes Ministerium? – Ich möchte Sie trotzdem ersuchen, dafür einzutreten, dass, sollten AMS-Mittel eingefroren beziehungsweise gekürzt werden, Frauenprojekte nicht davon betroffen werden.

Die Inhalte des Regierungsprogramms lassen trotz Ihrer heutigen Beteuerungen und positiven Aussagen, Frau Bundesministerin, für Frauen Schlimmes befürchten. Es ist nun einmal so, dass diese Maßnahmen die Rückführung der Frauen in die Abhängigkeit bedeuten.

Ich wiederhole: Wir sozialdemokratische Frauen bekennen uns zur Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von Frauen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der niemand diskriminiert wird! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.43

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr dieses.

17.43

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Werter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wie wichtig dieser FPÖVP-Regierung Politik im Interesse der Frauen ist, hat sie mit der Auflösung des Frauenministeriums bewiesen. (Bundesministerin Dr. Sickl: Das hat es nie gegeben! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Oh doch, sehr wohl! Ich bedauere das und sage das auch laut, denn mich kann dafür weder der Landeshauptmann von


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Kärnten noch sonst jemand absetzen. Daher traue ich mich auch, diese Behauptung aufzustellen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Und sei es die Unwahrheit!)

Ich sage auch: Frauenpolitik existiert nicht mehr – nach dem Regierungsprogramm, das ich wirklich genau gelesen habe, bestenfalls noch in einer Fußnote.

Was die Familienpolitik betrifft, möchte ich jetzt eine Klarstellung treffen, da vorhin in Zwischenrufen die Frage gestellt wurde: Was verstehen Sie denn unter Familie und Familienpolitik? – Ich kann Ihnen sagen, was ich darunter nicht verstehe. Ich verstehe unter Familienpolitik nicht die Politik, die die Familie Haider macht, nämlich er selbst, seine Frau, seine Schwester. Das ist ein eklatantes Missverständnis, und das muss, so glaube ich, einmal ganz deutlich klargestellt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesministerin Dr. Sickl: Was macht die für Politik? – Bundesrat Dr. Nittmann: Was macht seine Frau für eine Politik? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Genau das, was er an Familienpolitik macht, verstehe ich nicht unter Familienpolitik. – Das war jetzt ein guter Zwischenruf. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Art, wie hier und heute Familienpolitik und Frauenpolitik betrieben wird, und welche Aussagen in der Öffentlichkeit für Unruhe und Besorgnis sorgen, das ist heute Thema dieser dringlichen Anfrage.

Meine Damen und Herren! Zielorientierte Politik zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Frauen bedeutet eine kompetente und unabhängige Vertretung von Frauenanliegen in allen Gremien des politischen Willensbildungsprozesses. (Bundesrat Ing. Scheuch: Deswegen haben wir jetzt dieses Ressort! Deswegen haben Sie dieses Ressort nicht mehr!) Das zeugt davon, dass Sie sich nie damit auseinander gesetzt haben und überhaupt nicht wissen, was Sie jetzt gesagt haben.

Die heutigen Aussagen der für Frauenfragen zuständigen Ministerin lassen mich hoffen. Ich kann sie ihr nur noch nicht ganz abnehmen. Andere ihrer Aussagen beunruhigen mich, wie zum Beispiel jene in dem heute schon mehrmals zitierten Interview mit Frau Linsinger vom "Standard" vom 9. 3. 2000, in dem Frau Ministerin Sickl auf dem falschen Fuß erwischt wurde, wie sie gesagt hat. Ich hoffe nur, dass es heute der richtige Fuß war, als sie heute hier Aussagen getätigt hat, denn dann bin ich schon sehr glücklich. (Bundesrat Dr. Linzer: Nicht zynisch sein!) – Das war jetzt ein Zitat. "Auf dem falschen Fuß erwischt" hat die Frau Ministerin selbst gesagt. (Bundesrat Dr. Linzer: Das war primitiv zynisch!)

Mir ist als Sozialdemokratin Frauenpolitik sehr wichtig, und das erwarte ich mir auch von der zuständigen Ministerin und von allen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus. Und ich erwarte auch, dass die zeitgemäße und moderne Frauenpolitik, die Johanna Dohnal, Helga Konrad und Mag. Barbara Prammer begründet und forciert haben, jetzt von Frau Ministerin Sickl fortgesetzt wird.

Kein Zurück in die Steinzeit, die Barten-Stein-Zeit! Kein Zurück zu Kinder, Kirche und Küche für die Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Hören Sie zu! – Anlass meiner Sorge ist nämlich dieses "Standard"-Interview, aus dem ich jetzt einige Aussagen zitieren möchte. Das Positive zuerst. Sie brauchen nicht zu glauben, dass ich positive Dinge nicht sehen kann.

Erstens: Positiv erachte ich wirklich das Bekenntnis zur Anerkennung und Aufwertung der gesellschaftlichen Leistung von Frauen. – Allerdings war es nur in Bezug auf Familienarbeit gemeint. Das ist schon wieder ein bisschen weniger positiv.

Zweitens: Die Fraueneinrichtungen sollen erhalten bleiben.


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Drittens: Die Ministerin ist für die Beweislastumkehr bei sexueller Belästigung. – Das wird es wesentlich einfacher machen, die Anpassungen an das EU-Recht gut über die Bühne zu bringen beziehungsweise in Bezug auf legistische Maßnahmen.

Viertens: Die Ministerin tritt ein für partnerschaftliche Gesellschaft. – Das halte ich für sehr gut. Nur wenn es dann im selben Atemzug heißt, dass das auf freiwilliger Basis innerhalb der Familie zu regeln und nicht zu erzwingen sei, weil sich das Ganze von selbst lösen werde, dann habe ich wieder ernsthafte Bedenken, dass es doch nicht ganz so gemeint sein kann.

Fünftens: Die Antwort auf die Frage nach den Forderungen des Frauen-Volksbegehrens lautete wörtlich: Natürlich werden wir die Ziele des Frauen-Volksbegehrens auch umsetzen. – Das ist jetzt ein Zitat. (Bundesministerin Dr. Sickl: Tun wir eh schon!)

Ich bezweifle das, denn ich war die letzten fünf Jahre Abgeordnete zum Nationalrat und war dabei, als wir uns bemüht haben, Verhandlungen mit der ÖVP und mit Frauen von den Freiheitlichen zu führen, um nur irgendetwas umsetzen zu können, aber es ist uns nicht gelungen, in dieser Hinsicht etwas zu erreichen.

Frau Ministerin! Ich hoffe sehr und wünsche mir wirklich, dass Sie das jetzt durchsetzen können. Ich würde mich sehr darüber freuen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Weilharter: Da war Frau Prammer zuständig!)

Kollege Weilharter hat heute auch schon nachgefragt, warum diese Forderungen nicht erfüllt worden sind. Ich freue mich tatsächlich über dieses Umdenken. Ich werde Sie an diese heutige Rede erinnern. Ich werde mir das Protokoll der heutigen Sitzung aufheben. Da ist einiges enthalten, was wir dann später einmahnen können.

Das waren jetzt einige sehr positive Aussagen, zwar mit Einschränkungen, aber doch immerhin positive Ansätze. Es gibt aber leider auch ein paar für die Frauenpolitik negative Aussagen, und es sind leider einige mehr. (Bundesrat Ing. Scheuch: Aus Ihrer Sicht!) – Aus meiner Sicht, natürlich! Ich verwahre mich dagegen, dass ich jetzt da Ihre Meinung darlegen müsste. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn sich diese nicht unterscheiden würde, dann hätten Sie ein Problem, aber ich hätte das größere Problem, nämlich mit mir selbst hätte ich ein Riesenproblem. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )

Lassen Sie mich jetzt ein paar Beispiele anführen – gleich zu Beginn das "Karenzgeld für alle". – Das ist keine frauenpolitische Maßnahme, und sie ist schon gar nicht sozial gerecht! (Bundesrat Dr. Böhm: Aber eine Maßnahme für das Kind!)

Wir sprechen heute von frauenpolitischen Maßnahmen und nicht vom Kindschaftsrecht oder von sonstigen Dingen. (Bundesrat Dr. Böhm: Kind zählt für Sie nicht?)

Nächstes Beispiel: Das Streichen von Weiterbildungskursen für Wiedereinsteigerinnen ist auch keine frauenpolitische Maßnahme! (Bundesministerin Dr. Sickl: Das habe ich nicht gesagt! Das Streichen von Kursen, das habe ich nie gesagt!)

Sie sagen zwar jetzt wieder, dem wäre nicht so, aber Ihre Taten schauen ein wenig anders aus. Ein parlamentarischer Entschließungsantrag der Sozialdemokratischen Partei von vor zwei oder drei Sitzungen, welcher forderte, die Aufrechterhaltung der Weiterbildungskurse für Wiedereinsteigerinnen zu gewährleisten, wurde von der blau-schwarzen Mehrheit niedergestimmt. So schaut es in Wahrheit aus! (Bundesrat Meier: Da schau her!) Angesichts solcher Umstände helfen uns Ihre Zusagen wahrscheinlich nicht sehr viel. (Bundesrat Konecny: Sprechen Sie ein Machtwort!) Wir bitten Sie daher, Frau Ministerin, Ihre Autorität einzusetzen und die blau-schwarze Mehrheit davon zu überzeugen.

Es überrascht uns auch nicht, dass ein SPÖ-Antrag auf gleichberechtigten Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt und auf betriebliche Frauenförderung sowie ein SPÖ-Antrag auf Umsetzung


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der Forderungen des Frauen-Volksbegehrens – man höre und staune! – abgelehnt wurde. Wir haben jetzt hier zwar anderes vernommen, aber Tatsache ist, dass diese von der Sozialdemokratischen Partei eingebrachten Anträge abgelehnt worden sind.

Da gibt es also interne Gegensätze. Vielleicht sollten Sie einmal in der Kommunikation innerhalb der Partei etwas verändern. Das würde uns freuen, denn uns geht um Anliegen der Frauen, und Frauenpolitik ist wirklich eine sehr wichtige Sache.

Weitere Minuspunkte: die Reduzierung der Kindergartenmilliarde auf 133 Millionen Schilling. Das ist ein Zehntel. Traurig! (Bundesministerin Dr. Sickl: Nein, das ist nur mehr der Rest!) Kein Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz! – Das ist auch keine frauenpolitische Maßnahme!

Nächster Punkt: Das Gleichbehandlungsgesetz soll für die Privatwirtschaft nicht gelten. – Das ist auch keine frauenpolitische Maßnahme!

Oder: gemeinsame Obsorge. – Das ist auch keine frauenpolitische Maßnahme, sondern ein Rückfall in die frühen siebziger Jahre. Wir haben das dann geändert, nachdem es schon viele Jahre vorher so war.

Oder: das Ablehnen der Quotenregelung. – Das ist auch keine frauenpolitische Maßnahme. Es kann doch nicht sein, dass die schon längst selbstverständliche Quotenregelung in Frage gestellt wird, dass man meint, dass durch die Quotenregelung unqualifizierte Frauen illegitimer Weise auf Posten gehievt würden, die ihnen aufgrund ihrer fachlichen Mängel nicht zustünden. Dagegen verwahre ich mich auf das Entschiedenste. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz das Gegenteil ist der Fall, Frau Bundesministerin, auch wenn es sich noch nicht bis zu Ihnen durchgesprochen hat: Frauen werden nur bei gleicher Qualifikation bevorzugt, und die Notwendigkeit einer solchen Bevorzugung ergibt sich wohl eindeutig aus der Statistik über Frauen in höheren Positionen. Wenn Sie diese jemals gesehen hätten, dann wüssten Sie auch, was das Sprichwort bedeutet: Eher wird eine Frau Päpstin als Universitätsprofessorin. Dieser Sarkasmus muss doch wohl auf irgendwelchen Erfahrungswerten beruhen. (Bundesrat Ing. Scheuch: Wir haben eine Parteivorsitzende!)

Meine Damen und Herren! Ich könnte noch viele weitere negative Beispiele anführen. Ich habe mich aber heute ganz bewusst nur auf die Aussagen der Frauenministerin im Interview mit dem "Standard" beschränkt. (Bundesrat Schöls: ..., dass Sie die Zeitung so bewerben...?) – Nein, es ist auch im Internet gestanden, man kann es in verschiedensten Medien nachlesen, und wenn man ein interessierter Staatsbürger ist, dann ... (Bundesrat Konecny: Das kannst doch nicht voraussetzen! – Die Rednerin lacht laut!) Ich bitte um Entschuldigung! Dafür entschuldige ich mich jetzt!

Frauenpolitik ist Sensibilisierungsarbeit, Frauenpolitik ist das Aufmerksammachen auf Diskriminierung, auf Unterschiede zu Lasten jener, die theoretisch gleichgestellt, praktisch aber noch immer groben Benachteiligungen ausgesetzt sind.

Frauenpolitik ist aber auch Aufklärung. Die österreichische Frauenpolitik muss zielgerichtet Frauen in ihrer Persönlichkeit und Selbständigkeit fördern, um Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger verwirklichen zu können. Die in den letzten Jahren gesetzten Standards müssen gehalten und weiterentwickelt werden. Wir Sozialdemokraten, vor allem die Sozialdemokratinnen, werden Ihre konservative Politik nicht ohne Widerstand hinnehmen und genau überprüfen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich als nächster Redner Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm dieses.

17.55

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Debatte über das Thema


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Frauenpolitik lässt die Emotionen wieder einmal hochkommen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber nur positive!) Mich wundert es nur, dass ich als einziger Mann zu diesem Thema rede und die Meinung vieler meiner Kollegen nur in Zwischenrufen einfließt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Dafür kriegst du einen Applaus!)

Ich habe mich deshalb zu diesem Thema zu Wort gemeldet, weil ich glaube, dass Frauenpolitik Gesellschaftspolitik ist und Gesellschaftspolitik sowohl Männer als auch Frauen etwas angeht. Die Gesellschaft ist in vielen Bereichen in einem Umbruch begriffen, und zwar im Sinne einer fortschrittlichen Frauenpolitik. Dies ist dank einer fast 30-jährigen sozialistischen Frauenpolitik so. (Beifall bei der SPÖ.)

Heute wurde schon mehrmals gesagt, dass es von marginaler Bedeutung ist, ob Frauenangelegenheiten in einem eigenen Ministerium angesiedelt sind. Dazu muss ich sagen: Ich bin der Meinung, dass die Politik auch von Symbolen lebt, und die Bildung eines eigenen Frauenministeriums oder Staatssekretariates ist ein Symbol – ein Symbol dafür, dass Frauenfragen alle etwas angehen, also sowohl Frauen als auch Männer, und ein Symbol für die Wichtigkeit des gesellschaftspolitischen Aspektes. Leider wurde dieses Symbol – salopp ausgedrückt – mit einem Federstrich vernichtet.

Es wird nun wesentlich schwieriger sein, die auch von Kollegin Fuchs zitierte Sensibilisierungsarbeit in diesem Bereich voranzutreiben, aber ich glaube, dass gerade die Sensibilisierungsarbeit vonnöten ist. Sie ist deswegen vonnöten, weil die Frauen in den letzten Jahren und Jahrzehnten selbständiger und selbstbewusster geworden sind. Sie haben sich zu einem großen Teil vom konservativen Gesellschaftsbild – ich skizziere es ein wenig übertrieben: Der Mann verdient, und die Frau kocht, putzt und erzieht die Kinder – verabschiedet. Frauen lassen sich immer weniger in die Abhängigkeit drängen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich weiß aus meiner Erfahrung als Bürgermeister: Vielfach haben wir Männer damit ein Problem. (Bundesrätin Mag. Trunk: Starker Mann!) Wir haben vielleicht kein finanzielles Problem, aber wir haben ein psychologisches Problem (Heiterkeit des Bundesrates Steinbichler )  – und da können Sie lachen, so viel Sie wollen, Kollege Steinbichler! Wir –ich nehme mich da nicht aus – sind anders erzogen worden, wir sind in einem typischen Rollenklischee erzogen worden. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) – Du kannst dich gerne zu Wort melden, ich mache das Rednerpult gleich frei.

Ich glaube, Frau Ministerin, dass gerade wir Männer auch Ihre Unterstützung brauchen, und ich glaube, dass es viele Männer gibt, die gerade im psychologischen Bereich Hilfe brauchen. Ich bitte Sie auch darum, weil ich der Meinung und auch der Überzeugung bin, dass Männer bei der Trennung von Frauen größte Schwierigkeiten haben, und zwar nicht nur bei einer Ehe, sondern auch bei einer Partnerschaft ist es so. Und wenn man sich die diesbezüglichen Statistiken der letzten Jahre und Jahrzehnte ansieht, dann weiß man, wie hoch die Trennungsrate ist.

Zum Zweiten: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon viel über Kinderbetreuungseinrichtungen und Kindergartenplätze gesprochen. Kollegin Grander hat gemeint – vielleicht kann sie mir kurz zuhören –, dass es vielen am liebsten wäre, die Kinder vom Kreißsaal gleich in die Kinderbetreuungseinrichtung zu geben – wenn ich das richtig verstanden habe. (Zwischenruf der Bundesrätin Grander. ) Oder dass sie das Gefühl hat.

Ich glaube nicht, dass das auch nur eine Mutter oder ein Vater haben möchte, nur: Tatsache ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir im Jahr 1999 fast 380 000 Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher hatten, die rund 520 000 Kinder zu betreuen hatten. Im Jahr 2015 – darauf möchte ich ganz besonders hinweisen, weil das auch für den künftigen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen sehr wichtig ist – werden es laut einer ÖSTAT-Statistik aus der "Wiener Zeitung" vom 11. 1. 2000 442 000 AlleinerzieherInnen sein, die dann 582 000 Kinder zu betreuen haben. Das sind also um rund 60 000 Kinder mehr als jetzt. Ich bitte Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, schon jetzt dafür Vorsorge zu treffen, dass auch dann die Finanzierung der Kinderbetreuungsplätze gewährleistet ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch eine kurze Anmerkung: Bisher wurden Kleinkinderbetreuungseinrichtungen vor allem in der Entstehungsphase seitens des Arbeitsmarktservices unterstützt, vor allem mit Zuschüssen zu den Personalkosten, und zwar in den ersten drei Jahren mit 50 Prozent und im vierten Jahr mit 25 Prozent. Ich weiß, dass das nicht mehr zu Ihrem Ressort gehört, aber ich bitte Sie dennoch, für die Mütter und Väter in diesem Land dafür Sorge zu tragen, dass diese Mittel für die Kleinkinderbetreuungseinrichtungen nicht gekürzt werden und garantiert ist, dass diese Einrichtungen im gleichen Umfang wie bisher gefördert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube – damit sehe ich mich zum Teil auch im Widerspruch zu Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion –, dass die Tagesmutter oder der Tagesvater zwar in kleineren Gemeinden, wo eine Betreuungseinrichtung möglich und finanziell nicht tragbar ist, eine Möglichkeit ist, dass aber in größeren Gemeinden und Städten auf alle Fälle einer Kinderbetreuungseinrichtung der Vorrang zu geben ist, und zwar nicht deshalb, weil ich glaube, dass eine Tagesmutter oder ein Tagesvater keine gute Betreuung gewährleistet, sondern weil laut niederösterreichischer Tagesmutter- und -vaterverordnung aus dem Jahr 1997 eine Tagesmutter oder ein Tagesvater bis zu sieben Kinder gleichzeitig betreuen kann – bis zu sieben Kinder! (Bundesrätin Schicker: Furchtbar!)

Ich muss sagen, meinem schlimmsten Feind würde ich es nicht wünschen, allein mit sieben Kindern in einem Haushalt zu leben, weil dann einfach die menschlichen Bedürfnisse nicht mehr zu befriedigen sind. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn sieben Kinder in einem Haushalt sind, dann ... (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja wahnsinnig! Wie viele Hausfrauen haben wir, die mehr als fünf Kinder haben! So etwas kann man nicht vom Rednerpult aus sagen!) – Ich kann von hier aus sagen, was ich will, du kannst herauskommen und etwas anderes sagen. Grundsätzlich ist es so. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deshalb glaube ich nicht nur, dass eine Kinderbetreuungseinrichtung, eine Kleinkinderbetreuung eine pädagogisch sinnvollere Art und Weise ist, sondern auch, dass es vor allem im Sinne der Mütter und Väter ist, diese einzurichten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe zuvor von der Sensibilisierungsarbeit gesprochen und meine, dass auch in diesem Bereich noch viel Sensibilisierungsarbeit erforderlich ist.

Frau Ministerin! Sie haben zu Beginn Ihrer Stellungnahme die Gleichbehandlungsstelle in Klagenfurt angesprochen und gesagt, dass diese jetzt eingerichtet wird. Ich würde gerne wissen: Kennt man schon den Namen der Gleichbehandlungsanwältin, und wo in Klagenfurt wird diese Gleichbehandlungsstelle angesiedelt?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss kommend: Frauenpolitik – das ist meine feste Überzeugung – ist Gesellschaftspolitik. Gesellschaftspolitik geht Männer und Frauen gleich an. Deshalb würde ich mich freuen, wenn sich das nächste Mal zum Thema Frauenpolitik mehr Männer zu Wort melden würden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesministerin Dr. Sickl. )

18.06

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege Weilharter. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

18.07

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es steht zu dieser dringlichen Anfrage mit in Verhandlung ein Entschließungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion. Ich darf Ihnen sagen, dass meine Fraktion dieser Entschließung nicht beitreten wird (Zwischenrufe bei der SPÖ), da sie in die Rechte der Länder eingreift und wir als Länderkammer aufgefordert sind, die Rechte der Länder hier wahrzunehmen und durchzusetzen, aber nicht Entschließungen zu fassen, die die Rechte


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der Länder einschränken. Daher wird meine Fraktion dieser Entschließung nicht beitreten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Fuchs: Ich nehme den Auftrittsapplaus zurück! – Bundesrat
Konecny: Meldest du dich halt zu einer tatsächlichen Berichtigung! – Heiterkeit.)

18.07

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird von noch jemandem das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Melitta Trunk und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend jährlicher Bericht über Initiativen zur Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung einer gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1557/AB-BR/00

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zur Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1557/AB durch die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten.

Da die Anfrage und die dazugehörende Anfragebeantwortung inzwischen allen Bundesrätinnen und Bundesräten zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Bevor ich aber dem ersten Redner das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte.

18.09

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Warum gibt es das Verlangen nach Besprechung einer Anfragebeantwortung? – Ganz einfach: Die Wandlungsfähigkeit der ÖVP, ganz zu schweigen von den Freiheitlichen – ich darf dazusagen: auch hier im Bundesrat –, ist phänomenal. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Sollten es einige vergessen haben: Erinnern Sie sich an die erste Bundesratssitzung nach der Regierungsbildung, daran, wie es damals zugegangen ist, Herr Kollege Bieringer! Aber wahrscheinlich kommt man nur mit dieser Wandlungsfähigkeit des Parteivorsitzenden zum Kanzlersessel. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr müsst es ja wissen!)

Ebenso ist die Wandlungsfähigkeit der Frau Ministerin im Zusammenhang mit der Anfrage beispielhaft. Der Tiroler Kollege Abgeordneter zum Nationalrat Gerhard Reheis hat einen Antrag zur HTL Imst betreffend ein EDV-College eingebracht. In der Anfragebeantwortung war die ganze Geschichte – das muss man dazusagen – unter dem Strich negativ.

Denselben oder einen ähnlichen Antrag zur HTL Imst brachte FPÖ-Bundesrat Grissemann ein. Dieser war dann natürlich nicht mehr so negativ. Ganz klar! (Bundesrat Weilharter: Das war kein Antrag – eine Anfrage!) Letztendlich schiebt man jetzt die Verantwortung dem Landesschulrat von Tirol zu.

Frau Ministerin! Ich fordere Sie auf zu handeln, in dieser Sache etwas zu tun. Sie behaupten, dem Ganzen positiv gegenüberzustehen, wenn die Nachfrage – so kann ich Sie zitieren – ausreichend ist und seitens der Wirtschaft ein Bedarf an diesen Absolventen besteht.


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Frau Ministerin! Ich darf empfehlen, im "Kurier" vom 14. 3. 2000 den Bereich "Wirtschaft" nachzulesen. In großen Lettern steht: Auch Österreich fehlen 85 000 Computerspezialisten bis 2003. Ich zitiere: In Österreich bräuchte man heuer 55 000 Programmierer, Webspezialisten und Ingenieure, sagen die Marktforscher. Branchenkenner bestätigen dies.

Ein paar Zeilen weiter: Über die Inserate in der Tageszeitung meldet sich kaum jemand, am ehesten noch über persönliche Kontakte, so Brancheninsider. – No na, wenn es die Ausbildungsmöglichkeiten dazu noch nicht gibt.

Weiter unten heißt es: Fachkräfte aus dem Ausland als Lösung?

Sie behaupten, dem Ganzen positiv gegenüberzustehen, wenn die Nachfrage ausreichend ist und in der Wirtschaft ein Bedarf an diesen Absolventen besteht. Frau Ministerin! Es liegt an Ihnen, an Ihrem Ressort, für diese Ausbildungsplätze zu sorgen und der Wirtschaft die Ausgebildeten zu übergeben. Die Vorarbeiten sind geleistet.

Im Koalitionsübereinkommen der Tiroler SPÖ und ÖVP – eine für das Land sehr wohltuende Koalition, wie ich behaupte – ist die Schaffung und Bildung dieser neuen Ausbildungs- und Arbeitsplätze sehr deutlich verankert; zwar nicht bezogen auf den Standort Imst, aber allgemein.

Zweitens hat der Gemeinderat der Stadt Imst in einer einstimmigen Beschlussfassung – mit Verlaub, Frau Präsidentin, zitiere ich den entsprechenden Auszug aus dem Gemeinderatsprotokoll – Folgendes festgelegt: Unter Punkt 3 heißt es: Einrichtung eines College für Informationstechnologie und EDV mit Standort Imst. Antrag: Der Gemeinderat möge beschließen, alles zu unternehmen, um die Einrichtung eines College für Informationstechnologie und EDV in Imst in Verbindung mit der bestehenden HTL beziehungsweise der HAK zu erreichen. In weiterer Folge ist die Schaffung einer HTL oder Fachhochschule für den gleichen Fachbereich anzustreben. – Frau Ministerin! Dieser Antrag ist einstimmig von allen angenommen worden – ich nehme an, auch Kollege Grissemann war dabei. Ich glaube, du bist im Gemeinderat. (Bundesrat Grissemann: Nicht mehr!) – Nicht mehr, du warst einmal dabei. Der Antrag wurde also auch von den Freiheitlichen angenommen.

Zum Dritten: Frau Ministerin! Es steht in Imst eine Kaserne, die ehemalige Verdroß-Kaserne, welche vor zirka sechs Jahren um Unsummen generalsaniert wurde – wie man mittlerweile gehört hat –, welche jetzt auf den freien Markt geworfen werden soll, wahrscheinlich so ähnlich wie im Zusammenhang mit dem ÖIAG-Gesetz, um schnellstens das österreichische Familiensilber – eben unter anderem die Kaserne in Imst – zu verscherbeln.

Diese Kaserne präsentiert sich optimal für eine HTL, für ein Kolleg für Informationstechnologie und EDV. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) Ein Campus, wie er in Österreich noch nie da gewesen ist, geschätzter Kollege! Wir hätten so etwas in Tirol.

Frau Ministerin! Ich fordere Sie auf, unbedingt noch einmal dringend mit Ihrem Koalitionspartner, Herrn Minister Scheibner, in Verbindung zu treten und den geplanten Verkauf der Kaserne zu stoppen. Weiters fordere ich Sie auf, die Mittel zur Verfügung zu stellen – den Medien war zu entnehmen, dass Sie gesagt haben, wenn Ihnen überhaupt etwas vom Budget abgezogen wird, dann nur ganz wenig –, um diese Ausbildungsplätze zu schaffen. Frau Ministerin! Zeigen Sie Ihr Bekenntnis zu Ihrem eigenen Regierungspapier, zum Koalitionsübereinkommen und zur Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.16

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

18.16

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erste Feststellung: Mein Arbeitsstil ist der Arbeitsstil einer föderalistisch denkenden Ministerin. Es war mir bereits als Landesrätin in Vorarlberg ein Anliegen, die Kompetenzen eines Landesschulrates auch in die Richtung auszu


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bauen, dass in der Region die erforderlichen Ausbildungsstandorte festgestellt werden, dass in der Region festgestellt wird, welche Ausbildungsstandorte benötigt werden. Ich bin also gegen Zentralismus, ich bin gegen bundesweite Vorschreibungen, und ich bin gegen Beglückungen von oben herunter – das mache ich auch nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben im Unterrichtsressort bereits vor zwei Jahren erkannt, wie notwendig und wichtig es ist, Ausbildung im Bereich Informatik, Ausbildung im Bereich Software-Engineering und Ausbildung im Bereich Netzwerktechnik anzubieten. Wir haben uns damals auch überlegt, wie man so etwas schnell machen kann. Schnell machen kann man es sicher nicht, wenn man zuerst eine neue Schule installieren muss, wenn man zuerst neue Gebäude adaptieren muss, wenn man ein Angebot irgendwo in Tirol schafft, wohin dann alle pilgern müssen.

Schnell ausbilden kann man, wenn man dezentral an bereits vorhandenen Schulstandorten schwerpunktmäßig diese Ausbildung anbietet.

Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Landesschulrat in Tirol und im Sinne der Ausführungen über die Koalitionsvereinbarung in der Tiroler Landesregierung folgende Schwerpunkte in Tirol gesetzt: Es gibt in Landeck und in Wörgl eine Handelsschule mit Informationstechnologie. Es gibt in Schwaz und in Lienz eine Handelsakademie, die seit dem Vorjahr bereits ab der dritten Klasse den Schwerpunkt auf Informationstechnologie und Softwaretechnologie setzt. Es gibt in der HLW in der Technikerstraße eine Ausbildung zur Medieninformatik. Mit dem kommenden Schuljahr werden ein Kolleg an der HTL Anichstraße mit dem Schwerpunkt Informationstechnologie, ein Kolleg in der HTL Jenbach und in der Handelsakademie Wörgl mit demselben Schwerpunkt, nämlich all diesen Informationstechnologien, eröffnet.

Wenn man den Antrag stellt, eine zweite HTL in Imst gründen zu wollen, so muss man das sehr ausführlich diskutieren. Eine derartige Diskussion über einen neuen Schwerpunkt, über eine neue Schwerpunktsetzung ist Sache des Landes, ist Sache des Landesschulrates. Nur das Land selbst weiß, wo es richtig und wichtig ist, etwas Derartiges anzusiedeln.

Ich freue mich, dass der Landesschulrat in Tirol solch eine zukunftsweisende Entscheidung gefällt hat, nämlich dezentral an vielen Schulen diese wichtigen Schwerpunkte zu setzen, damit wir den jungen Menschen diese Ausbildung schnell und nachhaltig anbieten können. Damit werden bereits nach Ende des nächsten Schuljahres die ersten Absolventen für die Wirtschaft verfügbar sein. Ich glaube, das ist der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Wort möchte ich noch zur Klarstellung bezüglich des Budgets sagen. Es war mir bei den Budgetverhandlungen ein sehr großes Anliegen, die Personalkosten sicherzustellen, sowohl die Personalkosten im Uni-Bereich als auch die Personalkosten im Schulbereich. Gute Schulen, gute Universitäten leben von den Lehrerinnen und Lehrern, leben von den Professorinnen und Professoren. Das ist gelungen!

Es war mir ein Anliegen, den Betrieb sicherzustellen. Denn Schulen müssen geheizt und gewartet werden, und sie brauchen für die verschiedenen Aufwendungen ihre Gelder. – Das ist mir auch gelungen. Genauso wie alle anderen Ressorts habe ich aber auch meine 15-prozentige Einsparung zu erbringen, um das Budgetloch, das tatsächlich vorhanden ist, durchtauchen zu können. Diese 15-prozentige Einsparung wird in beiden Bereichen erbracht, und sie wird hauptsächlich im Bereich der Investitionen durch Schwerpunktsetzung erfolgen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen meine Philosophie der Arbeit mit einem Vergleich veranschaulichen. Wenn man in einer Familie weniger Geld zur Verfügung hat, dann wird die Familie darauf achten, dass es etwas zu essen gibt, dass geheizt wird und dass die Kinder in die Schule gehen. Das neue Wohnzimmer wird man sich hingegen sehr wahrscheinlich etwas später kaufen. Auf diese Weise möchte ich auch verantwortungsvoll mit den Steuergeldern umgehen. Der Betrieb muss gesichert sein, aber Investitionen, die notwendig sind, müssen schwerpunktmäßig vorgenommen werden, und was nicht unbedingt notwendig ist, muss verschoben werden. – Ich glaube, das ist vernünftig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.22


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662. Sitzung / Seite 91

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

18.22

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nachdem die Frau Bundesministerin ihre Politik offensichtlich in detaillierter Übereinstimmung auch mit der Haltung des Landesschulrates für Tirol macht, kann meine Wortmeldung sehr kurz sein.

Die Überlegungen im Lande Tirol gehen von mehreren Blickpunkten aus.

Erstens ist – wie gesagt – zu bedenken, dass der Bau einer neuen Schule von der Planung und den Ausschreibungen über die Durchführung bis zur Schulbesiedlung mindestens vier bis sechs Jahre in Anspruch nimmt. Um diese Zeitverzögerung in diesem unglaublich schnelllebigen Sektor verkürzen zu können, ist derzeit geplant, ab Herbst 2000 vier Colleges an Tiroler Schulen einzurichten; sie wurden im Detail von der Frau Bundesministerin angeführt.

Ferner sind zwei weitere Schulversuche in Kombination von Handelsakademien und höheren technischen Lehranstalten geplant, und dazu kommt noch, dass die Tiroler Zukunftsstiftung für den übergeordneten Bereich von EDV und Informatik in Zukunft einen Schwerpunkt bilden wird.

Drittens: Im Hinblick auf die sachliche Erörterung der beantragten Umwidmung oder Nachnutzung der Kaserne in Imst ist zu erwähnen, dass es für den Fall, dass tatsächlich im Großraum Imst ein erhöhter Bedarf nachgewiesen wird – dieser liegt bislang schriftlich und im Detail nicht vor –, noch immer besser ist und wesentlich schneller geht, an der bestehenden HTL in Imst eine zusätzliche Klasse zu führen. Ich meine daher, dass wir hier weniger Parteitaktik hinein interpretieren und das Ganze rein auf Sachebene behandeln sollten. Wenn tatsächlich im Großraum Imst zusätzlicher Bedarf zu dem, was wirklich an der HTL Imst schon geplant ist, besteht, dann sollte man den schnelleren Weg wählen und versuchen, an diese HTL eine zusätzliche Klasse anzuhängen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.24

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

18.24

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte Herrn Kollegen Gasteiger parteipolitisches Taktieren nicht unterstellen. Das möchte ich gleich am Anfang feststellen. (Bravoruf des Bundesrates Gasteiger. ) Ich bitte Sie aber auch, als gegeben anzunehmen, dass ich als Imster Bundesrat mich in der Sache, mit welcher ich befasst bin, auskenne.

Ich möchte als Anfragesteller noch ein paar Argumente einbringen.

Wir wissen aus aktuellen Medienberichten, dass allein in Deutschland Tausende Informatik- und EDV-Spezialisten der Wirtschaft nicht zur Verfügung stehen. Wir wissen, dass die Expansion ganzer Wirtschaftsbranchen gefährdet ist. Man denkt in Deutschland ernsthaft daran, Tausende beziehungsweise Zehntausende so genannte Green Cards – also Arbeitsgenehmigungen – sogar für junge indische Staatsbürger auszustellen, weil der augenblickliche direkte Bedarf so groß ist. Und in Österreich herrscht die gleiche Situation.

Zum Konkreten: Eine Standortbegründung für eine HTL für EDV und Informatik in Imst bietet sich förmlich an. Herr Kollege Gasteiger hat dazu schon viel gesagt. Die Gebäude der Kaserne Imst dienen derzeit als provisorische Unterbringung für die Handelsakademie, deren Gebäude generalsaniert und ausgebaut wird. Es bedarf meines Erachtens nach gar keiner Untersuchungen mehr, ob dieses Gebäude für eine dauerhafte Unterbringung von Schulen im Allgemeinen beziehungsweise einer HTL im Besonderen geeignet wäre. Die Kaserne wurde erst kürzlich – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – um 50 Millionen Schilling generalsaniert


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und ein Jahr danach geschlossen. Das ist eine Sache, die meines Erachtens nach für das Land beschämend ist. Eine gröbere Fehlplanung ist mir persönlich überhaupt noch nicht untergekommen. (Bundesrat Gasteiger: War das damals unter Fasslabend?)

Herr Kollege Gasteiger hat das Gelände sehr gut beschrieben. Frau Ministerin! Ich möchte Sie wirklich bitten, sich das einmal anzuschauen. Wer das Gelände kennt, weiß, dass dieses wirklich ein traumhafter Campus amerikanischen Zuschnitts mit viel Platz wäre und alle modernen Möglichkeiten für diese HTL gewährleisten würde.

Ich sage mir bei der ganzen Sache: Das kann gar kein parteipolitisches Taktieren sein. Kollege Platter – Nationalratsabgeordneter der ÖVP, Sie kennen ihn – setzt sich vehement dafür ein.

Mir als Imster Bundesrat ist das selbstverständlich ein Anliegen. Wenn die Sozialdemokraten dafür Stimmung machen, soll das nur Recht sein! Frau Ministerin! Bitte prüfen Sie diesen Standort noch sehr genau! Ich glaube auch nicht, dass man damit argumentieren kann, dass im Großraum Imst kein Bedarf besteht. – Die Schüler werden halt in Imst zur Schule gehen, Bedarf wird aber in ganz Österreich bestehen, und es wird dann auch entsprechende Arbeitsplätze in ganz Österreich geben. Wir wissen, wie flexibel die jungen Leute heute sind. Daher ist es für mich überhaupt kein Argument – bitte nicht böse sein, Herr Kollege Keuschnigg! –, dass die Studenten dann in Imst ihren Wirkungsbereich haben werden. Vielmehr werden diese Leute in ganz Österreich und – wie ich fürchte, aber vielleicht ist es auch gut; man vergönnt es ihnen ja! – vor allem in Deutschland unterkommen. Aber es ist in Ordnung, wenn unsere Leute in die Welt hinaus kommen.

Ich komme zum Schluss. Eine Standortbegründung für eine HTL für EDV und Informatik wäre sicherlich sinnvoll. Ich betrachte das gar nicht als parteipolitisches Anliegen, sondern als ein Anliegen, das wir, Kollege Gasteiger und ich, hier im Bundesrat gemeinsam formuliert haben, aber ich glaube, in letzter Konsequenz meint es auch Herr Kollege Keuschnigg so. Ich bitte wirklich, dass wir hier vom parteipolitischen Denken wegkommen. Für die Jugend soll die Parteipolitik keine Rolle spielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.27

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt ist heute ein Schreiben des Bundeskanzlers und der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Nominierung des derzeitigen österreichischen Richters am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Dr. Peter Jann für die folgende Funktionsperiode von sechs Jahren. Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: Gemäß Artikel 23c Abs. 2 und 5 B-VG können wir Ihnen mitteilen, dass der Ministerrat entsprechend den diesbezüglich stattgefundenen Konsultationen mit den im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Parteien in seiner Sitzung am 7. 3. 2000 beschlossen hat, die Herstellung des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates vorausgesetzt, den derzeitigen österreichischen Richter am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Dr. Peter Jann, dessen Mandat am 6. Oktober 2000 endet, auch für die folgende Funktionsperiode von sechs Jahren zu nominieren.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieses Schreibens, das zur Kenntnisnahme gedient hat.

Ich gebe Ihnen noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 11 Anfragen eingebracht wurden.


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Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 6. April 2000, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, so weit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussberatungen sind für Dienstag, den 4. April 2000, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.29 Uhr