Stenographisches Protokoll

684. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 21. Februar 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

684. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 21. Februar 2002

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 21. Februar 2002: 9.01 – 19.22 Uhr

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Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird

2. Bundesgesetz, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Opferfürsorgegesetz geändert werden

4. Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G)

5. Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kroatien andererseits samt Schlussakte und Erklärungen

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages, des Präsidenten des Steiermärkischen Landtages und des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Neuwahlen, Verzichtserklärungen und Nachwahlen von Ersatzmitgliedern in den Bundesrat 7

Angelobung der Bundesräte Herta Wimmler, Fritz Grillitsch, Alfredo Rosenmaier 9

Antrittsansprache der Präsidentin Uta Barbara Pühringer 9

Erklärung des Landeshauptmannes von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer 12

Verlangen auf Durchführung einer Debatte 12

Debatte:

Gottfried Kneifel 15

Hedda Kainz 19


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 2

Dr. Klaus Peter Nittmann 21

Stefan Schennach 22 und 31

Albrecht Konecny 25

und (tatsächliche Berichtigung) 30

Jürgen Weiss 27

Ulrike Haunschmid 29

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 30

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer 32

Entschließungsantrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Dr. Peter Böhm und KollegInnen betreffend Stärkung des Föderalismus in Österreich 18

Annahme (E/173-BR/02) 33

Sitzungsunterbrechung 84

Personalien

Krankmeldungen 7

Entschuldigung 7

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 51

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung von Frau Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger und Ernennung von Herrn Ing. Mathias Reichhold zum Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie 51

Ausschüsse

Zuweisungen 51

Fragestunde

Bundeskanzleramt 34

Alfred Schöls (1218/M-BR/02); Dr. Klaus Peter Nittmann

Herwig Hösele (1219/M-BR/02); Dr. Klaus Peter Nittmann

Dr. Peter Böhm (1223/M-BR/02); Johann Ledolter, Mag. Melitta Trunk

Johanna Schicker (1226/M-BR/02); Ulrike Haunschmid, Fritz Grillitsch

Josef Saller (1220/M-BR/02); Mag. Melitta Trunk, Dr. Renate Kanovsky-Wintermann

Karl Boden (1227/M-BR/02); Thomas Ram, Friedrich Hensler

Ing. Franz Gruber (1221/M-BR/02); Mag. Melitta Trunk, Dr. Klaus Peter Nittmann

Dr. Robert Aspöck (1224/M-BR/02); Mag. Harald Himmer, Reinhard Todt, Stefan Schennach

Stefan Schennach (1222/M-BR/02); Ing. Franz Gruber, Mag. Melitta Trunk, Ing. Gerd Klamt


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 3

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Schädigung des österreichischen Ansehens im Ausland durch die Irak-Reise Haiders zu Saddam Hussein (1903/J-BR/02)

Begründung: Albrecht Konecny 85

Beantwortung: Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 89


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 4

Redner:

Mag. Melitta Trunk 92

und (tatsächliche Berichtigung) 124

Ludwig Bieringer 96

Harald Reisenberger 99

und (tatsächliche Berichtigung) 117

Dr. Peter Böhm 101

Stefan Schennach 104

und (tatsächliche Berichtigung) 117

Dr. Ferdinand Maier 109

und (tatsächliche Berichtigung) 113

Herbert Thumpser 112

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 114

und (tatsächliche Berichtigung) 120

Herbert Würschl 118

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 120

Christoph Hagen 122

Ing. Gerd Klamt 124

Albrecht Konecny 125

Dr. Klaus Peter Nittmann 127

Verhandlungen

(1) Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird (448 und 953/NR sowie 6573/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Thumpser 52

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Josef Saller 52

Theodor Binna 53

Thomas Ram 54

Bundesministerin Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 55

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 59

(2) Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert wird (944 und 985/NR sowie 6568 und 6570/BR d. B.)

Berichterstatter: Harald Reisenberger 59

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Franz Wolfinger 60

Anna Schlaffer 60

Wilhelm Grissemann 61

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 62

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 64

(3) Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Opferfürsorgegesetz geändert werden (986/NR sowie 6571/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 65

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Paul Fasching 65

Roswitha Bachner 66

Engelbert Weilharter 66

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 67

(4) Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (578/A und 980/NR sowie 6569 und 6572/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Klaus Peter Nittmann 67

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Harald Reisenberger 67

Margarete Aburumieh 70

Engelbert Weilharter 72

Ilse Giesinger 73

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 74

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 76

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 77

(5) Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2002 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kroatien andererseits samt Schlussakte und Erklärungen (975/NR sowie 6574/BR d. B.)

Berichterstatter: Hans Ager 78

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Vincenz Liechtenstein 78

Herbert Würschl 80

Ing. Gerd Klamt 80


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 5

Mag. Gerhard Tusek 81

Stefan Schennach 82

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 83

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 84

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Jürgen Weiss und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend parteipolitisch einseitige Information an Vorarlberger Grenzgänger (1898/J-BR/01)

der Bundesräte Ilse Giesinger, Jürgen Weiss, Christoph Hagen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Abzugsteuer auf Bauleistungen in Deutschland (1899/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Inneres betreffend sicherheitspolitische Maßnahmen für Vorarlberg (1900/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Finanzen betreffend bundesverfassungsgesetzliche Umsetzung der Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus (1901/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Neuregelung der sanitären Aufsicht in den Krankenanstalten (1902/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Schädigung des österreichischen Ansehens im Ausland durch die Irak-Reise Haiders zu Saddam Hussein (1903/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Postämterschließungen (1904/J-BR/02)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zeitungsversandtarife (1905/J-BR/02)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1727/AB-BR/01 zu 1877/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen, Ilse Giesinger und Kollegen (1728/AB-BR/01 zu 1875/J-BR/01)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Frage der Bundesräte Ilse Giesinger und KollegInnen (1729/AB-BR/01 zu 1882/J-BR/01)


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 6

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und KollegInnen (1730/AB-BR/01 zu 1874/J-BR/01)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1731/AB-BR/01 zu 1876/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Günther Kaltenbacher und KollegInnen (1732/AB-BR/02 zu 1883/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Herwig Hösele und KollegInnen (1733/AB-BR/02 zu 1889/J-BR/01)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Herwig Hösele und KollegInnen (1734/AB-BR/02 zu 1887/J-BR/01)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1735/AB-BR/02 zu 1886/J-BR/01)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Herwig Hösele, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Dr. Vincenz Liechtenstein, Ing. Peter Polleruhs und KollegInnen (1736/AB-BR/02 zu 1888/J-BR/01)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1737/AB-BR/02 zu 1884/J-BR/01)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1738/AB-BR/02 zu 1885/J-BR/01)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1739/AB-BR/02 zu 1892/J-BR/01)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1740/AB-BR/02 zu 1895/J-BR/01)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Dipl.-Ing. Hannes Missethon und KollegInnen (1741/AB-BR/02 zu 1893/J-BR/01)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1742/AB-BR/02 zu 1896/J-BR/01)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger (1743/AB-BR/02 zu 1897/J-BR/01)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1744/AB-BR/02 zu 1898/J-BR/01)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen (1745/AB-BR/02 zu 1894/J-BR/01)


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 7

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich eröffne die 684. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 683. Sitzung des Bundesrates vom 20. Dezember 2001 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Günther Kaltenbacher und Georg Keuschnigg.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Mag. John Gudenus.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eingelangt sind Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages, des Präsidenten des Steiermärkischen Landtages und des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Neuwahlen, Verzichtserklärungen und Nachwahlen von Ersatzmitgliedern in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Frau Präsidentin des Bundesrates

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs hat mit Schreiben vom 10. Jänner 2002 (eingelangt am 14. Jänner 2002) mitgeteilt, dass er sein Bundesratsmandat mit 21. Jänner 2002 zurücklegt. Ebenfalls mit 21. Jänner 2002 legte Ersatzmitglied Elisabeth Leitner ihr Mandat des Bundesrates mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 (eingelangt am 14. Jänner 2002) zurück.

Bundesrat Günther Köberl hat mit Schreiben vom 11. Jänner 2002 (eingelangt am 14. Jänner 2002) mitgeteilt, dass er sein Bundesratsmandat mit 21. Jänner 2002 zurücklegt. Ebenfalls mit 21. Jänner 2002 legte Ersatzmitglied Maria Pein ihr Mandat des Bundesrates mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 (eingelangt am 14. Jänner 2002) zurück.

In der 20. Sitzung des Steiermärkischen Landtages am 22. Jänner 2002 wurden anstelle des zurückgetretenen Bundesrates Ing. Peter Polleruhs beziehungsweise Ersatzmitglied Elisabeth Leitner (5. Stelle)

Mitglied des Bundesrates: Herta Wimmler, geboren am 26. 8. 1937, Johann-Böhm-Straße 35, 8605 Kapfenberg

Ersatzmitglied: Elisabeth Leitner, geboren am 11. 3. 1948, Schörgendorf 9, 8600 Bruck a. d. Mur

und anstelle des zurückgetretenen Bundesrates Günther Köberl beziehungsweise Ersatzmitglied Maria Pein (7. Stelle)

Mitglied des Bundesrates: Fritz Grillitsch, geboren am 13. 7. 1959, Möschitzstraße 8, 8755 St. Peter o. J.

Ersatzmitglied: Maria Pein, geboren am 20. 6. 1968, Oberspitz 1, 8483 Deutsch Goritz

gewählt.

Ich beehre mich, Ihnen dies zur Kenntnis zu bringen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 8

Reinhold Purr

Präsident des Steiermärkischen Landtages"

"Der Landtag von Niederösterreich

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Herr Bundesrat Peter Marizzi teilte uns mit Schreiben vom 8. 1. 2002 mit, dass er mit der Hinterlegung seines Wahlscheines in der Parlamentsdirektion im Sinne des § 9 GOG-NR auf sein Mandat als Bundesrat im Sinne des § 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates verzichtet.

Mit freundlichen Grüßen

Präsident Mag. Edmund Freibauer"

"Präsident des Tiroler Landtages

Betreff: Mag. Gilbert Trattner, Verzicht auf das Mandat als Ersatzmitglied

Herr Mag. Gilbert Trattner hat mit Schreiben vom 21. Jänner 2002 erklärt, dass er auf sein Mandat als Ersatzmitglied des Bundesrates verzichtet.

Dieses Schreiben ist am 25. Jänner 2002 in der Landtagsdirektion eingelangt und der Verzicht somit gemäß Artikel 43 Abs. 4 der Tiroler Landesordnung 1989 mit diesem Datum wirksam.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme und allfällige weitere Veranlassungen verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Prof. Ing. Helmut Mader

Präsident des Tiroler Landtages"

"Der Landtag von Niederösterreich

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Der Landtag von Niederösterreich hat in seiner 45. Sitzung am 31. Jänner 2002 auf Vorschlag des Klubs der Sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Niederösterreichs Frau LAbg. Karin Kadenbach, geboren 19. 4. 1958, wh. in 2002 Großmugl, Ringendorferstraße 173 als Ersatzmitglied gewählt.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Edmund Freibauer

Präsident des Niederösterreichischen Landtages"

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Dies dient zur Kenntnis.

Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel und anschließend um den Namensaufruf.


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 9

Schriftführerin Ilse Giesinger:
"Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Herta Wimmler.

Bundesrätin Herta Wimmler (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Fritz Grillitsch.

Bundesrat Fritz Grillitsch (ÖVP, Steiermark): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Alfredo Rosenmaier.

Bundesrat Alfredo Rosenmaier (SPÖ, Niederösterreich): Ich gelobe.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich begrüße die neuen Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Antrittsansprache der Präsidentin

9.09

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in diesem Halbjahr, in dem der Vorsitz im Bundesrat Oberösterreich zufällt, die Aufgabe übernommen, das Amt der Präsidentin des Bundesrates auszuüben.

Ich sage es wirklich ganz ehrlich: Ich freue mich darüber, denn in der kurzen Zeit seit Jahresbeginn ist mir durch die vielzähligen Eindrücke, Begegnungen mit sehr interessanten Menschen und Erfahrungen schon bewusst geworden, dass diese Aufgabe nicht nur sehr ehrenvoll, sondern auch ungeheuer interessant und spannend ist.

Ich bedanke mich daher beim oberösterreichischen Landtag und bei Herrn Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer dafür, dass sie mir das ermöglicht haben. Ich werde mich – das verspreche ich, weil ich das auch als Vertrauensbeweis ansehe – so gut ich kann bemühen, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.

Ich freue mich, dass Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer heute im Bundesrat anwesend ist, und begrüße ihn herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Am Beginn dieser meiner Amtsperiode als Präsidentin des Bundesrates ist es mir aber auch ein wirklich ehrliches Anliegen, meinem Vorgänger, Herrn Bundesrat Alfred Schöls, herzlich für seine verdienstvolle Tätigkeit zu danken. Er hat dieses Amt – ich denke, das haben wir alle gemerkt – sehr professionell ausgeübt.

Ich bedanke mich auch bei den Mitgliedern der Präsidialkonferenz des Bundesrates für ihre Unterstützung, die ich von Beginn dieses Jahres an schon erfahren durfte, und ich bitte um weitere gute Zusammenarbeit und um Fortsetzung dieses guten Klimas.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine gute Tradition und ein schönes Vorrecht, dass der jeweilige Präsident des Bundesrates am Beginn der Amtsperiode ein paar grundsätzliche persönliche Gedanken äußern darf. Ich habe mir vorgenommen, nicht, so wie das viele andere von uns verständlicherweise tun – dies ist auch gerechtfertigt –, über den Föderalismus, über die Bedeutung des Bundesrates und über mögliche oder vielleicht notwendige Änderungen hier im Haus zu sprechen, sondern die Gelegenheit dazu zu nützen, den Dank, den ich an meinen Landtag und an Herrn Landeshauptmann Dr. Pühringer gerichtet habe, näher zu erläutern, zu präzisieren.


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 10

Ich meine, dass hervorzuheben ist, dass der Landtag von Oberösterreich eine Frau an die erste Stelle der oberösterreichischen Bundesräte gereiht und damit in der Länderkammer – so, wie das auch bei uns im oberösterreichischen Landtag ist – eine Frau zum Vorsitz berufen hat. Das hat auch in einer Zeit, in welcher der Frauenanteil in den Parlamenten weltweit zunimmt, immer noch auch Symbolcharakter. Ich sage betont "auch Symbolcharakter", weil ich es natürlich nicht nur darauf eingeschränkt wissen möchte.

Ich möchte die Gelegenheit nützen, aufzuzeigen, dass gerade der österreichische Bundesrat in diesem Zusammenhang weltweit eine pionierhafte Rolle gespielt hat: Es war 1927 – Sie finden das im Internet auf der Homepage des Parlaments –, als eine steiermärkische Abgeordnete von der Christlichsozialen Partei – es war Bundesrätin Olga Rudel-Zeynek – den Vorsitz im Bundesrat übernahm. Sie war damit nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa und darüber hinaus weltweit die erste Frau, die das Amt einer Parlamentspräsidentin bekleidete. Sie übte diese Funktion dann ein zweites Mal 1932 aus, blieb aber bis zum Zweiten Weltkrieg weltweit die einzige Frau in einer solchen Funktion.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es bis in die fünfziger Jahre, bis das eine Fortsetzung fand, und zwar 1950 in Dänemark und dann 1963 in Uruguay gab es jeweils eine Frau als Präsidentin einer parlamentarischen Kammer. Erst ab den siebziger Jahren nahm die Zahl der Frauen, die den Vorsitz in parlamentarischen Organen führten, zu.

Im österreichischen Bundesrat waren es einige wenige; es sind wirklich so wenige, dass ich sie hier aufzählen kann: Es war 1953 Dr. Johanna Bayer aus der Steiermark von der ÖVP, dann am Beginn der sechziger Jahre war es dreimal die Kärntnerin Helene Tschitschko von der SPÖ, 1987 war es wiederum eine Kärntnerin, nämlich Dr. Helga Hieden-Sommer von der SPÖ, und dann war es dreimal – das ist für uns besonders erwähnenswert – unsere geschätzte Kollegin Anna Elisabeth Haselbach, die ja auch in der laufenden Funktionsperiode als Vizepräsidentin unserem Präsidium im Bundesrat angehört. Es ist das erste Mal in der Geschichte – das ist wirklich ein Novum in diesem Haus, und das möchte ich hier besonders anmerken –, dass der Bundesrat somit nicht nur eine Präsidentin, sondern gleichzeitig auch eine Vizepräsidentin hat.

Der Anteil von Frauen unter den Mitgliedern der nationalen Parlamente liegt nicht nur in Österreich, sondern weltweit, selbst in den diesbezüglich fortschrittlichen skandinavischen Ländern, immer noch deutlich unter dem jeweiligen Anteil der Frauen an der Gesamtbevölkerung. Der österreichische Bundesrat hat aber auch in dieser Hinsicht lange Zeit eine Vorreiterrolle gespielt: Der Frauenanteil unter den Mitgliedern des Bundesrates ist – abgesehen von den ersten zehn Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg – viele Jahrzehnte hindurch im Durchschnitt deutlich höher gelegen als im Nationalrat. 1975 erreichten wir in dieser Kammer erstmals 20 Prozent; das war zu einer Zeit, als es im Nationalrat erst 7,7 Prozent waren. Derzeit sind wir – durch den heutigen Zuwachs einer neuen Kollegin – 16 Frauen von insgesamt 64 Bundesräten, und das ist immerhin ein Viertel.

Ich glaube zwar nicht, dass es möglich ist, ein Parlament seiner Sozialstruktur nach so zusammenzusetzen, dass es spiegelbildlich auch genau der Sozialstruktur der Bevölkerung entspricht. Dem Frauenanteil kommt aber, wie ich ja schon betont habe, nicht nur eine symbolhafte Bedeutung zu. Ich bin davon überzeugt, dass die Ausübung wichtiger parlamentarischer Funktionen durch Frauen unverzichtbar ist. Frauen sind intensiv in alle Lebensvollzüge einbezogen – ich behaupte sogar: teilweise mehr als Männer, obwohl mir natürlich bewusst ist, dass es in manchen Bereichen umgekehrt ist. Ich denke daher, dass Frauen mit sehr hoher Sensibilität das Gemeinwohl der gesamten Bevölkerung vertreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte an diesen letzten Gedanken, in dem ich das so genannte Gemeinwohl der Bürger angesprochen habe, anknüpfen und auch dazu einige Überlegungen anmerken.

Es ist unsere Aufgabe, für die gesetzlichen Grundlagen für das Gemeinwohl, für das Wohl der Bürger in unserem Staat zu sorgen. Wir müssen dabei die unterschiedlichsten Erwartungen und


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 11

gesellschaftlichen Vorstellungen auf den größtmöglichen gemeinsamen Nenner bringen. Wir müssen einseitige Konzepte, einseitige Vorstellungen von Gemeinwohl relativieren, uns bemühen, einen Interessenausgleich, der notwendig ist, herbeizuführen. Es ist unsere Verantwortung, dass wir die Erwartungen der Bürger an den Staat auf den Prüfstand des Möglichen bringen, dass wir die Erwartungen an den Möglichkeiten des Staates messen.

Wenn sich Politik, wenn sich unsere Politik am Gemeinwohl orientieren soll, dann müssen wir uns darüber verständigen, was dieses Gemeinwohl in der jeweils gegebenen Situation ist. Diese Verständigung kann nur unter uns im Diskurs gelingen, und sie muss als Ziel den Konsens im Auge haben.

Wir alle wissen natürlich, dass wir im praktischen Leben sowie auch im praktischen politischen Leben in der Regel selten ideale Diskussionssituationen vorfinden. Wir wissen, dass Diskurse nicht notgedrungen regelmäßig auch wirklich zu einem Konsens führen. Oft müssen wir froh sein, wenn es zu Kompromissen kommt, und oft genug erzwingen die praktischen Erfordernisse hier im Haus rasche Entscheidungen und auch Mehrheitsentscheidungen.

Dabei sollten wir – erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, dass ich das als Appell an Sie richte –, wenn wir miteinander diskutieren, einige Forderungen oder Regeln, die ich kurz aufzeigen möchte, nicht vergessen:

An der ersten Stelle steht die Forderung nach der Verständlichkeit: Meine Rede muss, wenn sie etwas besagen will, verständlich sein.

Das Zweite ist die Forderung nach der Wahrhaftigkeit: Ich muss, wenn ich ernst genommen werden möchte, selbst auch wirklich das meinen, was ich sage.

Das Dritte ist die Forderung nach Richtigkeit: Ich muss mich mit dem Anspruch der Richtigkeit auf Normen beziehen, die für alle verbindlich sind.

Als Letztes denke ich an die Forderung nach Wahrheit: Ich muss mein eigenes Argument für wahr halten; ich muss also davon ausgehen können, dass jeder dem, was ich sage, auch wirklich zustimmen kann.

Wenn wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, danach trachten, in unserem eigenen Argumentieren diesem Anspruch zu genügen, und wenn wir davon ausgehen, dass auch unser Gegenüber das tut, dann stellt sich die Frage des Stils der politischen Auseinandersetzung gar nicht mehr so, wie das oft der Fall und auch notwendig ist. Untergriffige Argumente oder Scheinargumente, persönliche Angriffe oder gar Kränkungen, Beleidigungen, die leider Gottes auch ab und zu passieren, werden vermieden, wenn vernünftige Grundregeln unseres Diskurses eingehalten werden.

Wenn man mit anderen Bereichen vergleicht, so kann man sagen – ich habe das in meinen wenigen Jahren hier im Bundesrat festgestellt –, dass bei uns das Klima des Miteinander-Umgehens doch sehr gut ist, obwohl es manchmal auch zu härteren Auseinandersetzungen und Gott sei Dank noch seltener zu etwas raueren Tönen kommt. Obwohl wir alle das, so meine ich, feststellen können, sollten wir uns doch immer wieder bewusst machen, dass wir grundsätzlich gewillt sind, in guter Art und Weise miteinander zu verkehren. Ich hoffe, dass Sie mir darin zustimmen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade als Politiker, als Menschen, die vermehrt im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, haben wir eine Verantwortung für unsere Sprache und für den Umgang miteinander. Wir haben damit Vorbildfunktion, weil wir mit unserer Sprache und mit der Art des Umgangs miteinander Beispiel geben. Ob es ein gutes oder ein schlechtes Beispiel ist, liegt in der Hand jedes Einzelnen von uns. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

9.22


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 12

Erklärung des Landeshauptmannes von Oberösterreich

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich gebe bekannt, dass mir der Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Josef Pühringer, mitgeteilt hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates abgeben zu wollen.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann sogleich zur Abgabe einer Erklärung das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an diese Erklärung eine Debatte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne weiteres stattgeben.

Wir gelangen nun zur Erklärung des Herrn Landeshauptmannes von Oberösterreich, Dr. Josef Pühringer. Ich erteile nunmehr dem Herrn Landeshauptmann das Wort. – Bitte.

9.23

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich freue mich, dass ich heute aus Anlass der Übernahme des Vorsitzes durch das Land Oberösterreich beziehungsweise durch Frau Präsidentin Barbara Pühringer als Landeshauptmann nun schon das vierte Mal das Wort in der Länderkammer ergreifen darf.

Vorweg darf ich dir, sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Barbara, ganz herzlich gratulieren und dir für die Zeit der Vorsitzführung viel Erfolg und alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf deinen Worten hinzufügend – in keiner Weise widersprechend – anmerken, dass wir mit dir nicht nur ein Signal setzen wollten und eine Frau nominiert haben, sondern vor allem eine kompetente und ausgezeichnete Politikerin ausgewählt haben. Wir haben nicht einer Quote entsprochen, sondern wir haben dem entsprochen, was uns für dieses Haus und die Politik als richtig und notwendig erschienen ist. Wir wünschen dir auch in diesem Sinne viel Erfolg. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem klaren und überzeugenden Bekenntnis zum Föderalismus und auch zu allen föderalen Einrichtungen, zu denen in dieser Republik zuvorderst der Bundesrat zählt, beginnen.

Ich glaube, dass Föderalismus und Subsidiarität aktueller denn je sind. Europaweit ist nicht nur ein neues Selbstbewusstsein der Regionen zu beobachten, sondern auch die Zahl der Staaten nimmt zu, die den Föderalismus als Gestaltungsprinzip in ihre Verfassung aufnehmen. Denken wir etwa an Italien, wo erst vor kurzem die Föderalismus-Strukturreform begonnen hat!

Österreich ist unter den EU-Mitgliedstaaten wohl jenes mit den ausgeprägtesten föderalen Strukturen – und das nicht erst seit gestern. Das Prinzip österreichischer Bundesstaatlichkeit gehört zu den wenigen Verfassungsgrundsätzen, die schon im B-VG 1920, also der wichtigsten Quelle der österreichischen Staatsrechtsordnung, ausdrücklich verankert ist. Nach übereinstimmender Lehre und Judikatur zählt die Bundesstaatlichkeit zu den so genannten Baugesetzen und Grundprinzipien der Verfassung, deren Abänderung nur im Wege einer Volksabstimmung erfolgen darf. So schreibt Rechtslehrer Dr. Merkl, einer der bedeutendsten Rechtsgelehrten unseres Landes in der Geschichte der Republik.

Der Grundsatz der Bundesstaatlichkeit steht also in der Bundesverfassung und war eine tragende Säule der Ersten Republik und ist auch eine tragende Säule der Zweiten Republik. Umso unverständlicher ist es daher, wenn gerade angesichts dieser europaweit zu beachtender Trends zu mehr Föderalismus in Österreich immer wieder Stimmen laut werden, die Landtage abschaffen, Länder zusammenlegen oder den Bundesrat aus der Welt schaffen wollen. (Allgemeiner Beifall.)

Diesen Bestrebungen erteile ich an dieser Stelle eine klare Absage.


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Wir sollten uns vielmehr an die Spitze der europäischen Bestrebungen für mehr Föderalismus in Europa setzen. Unser Land hat Modellcharakter, und wir haben Erfahrung in Sachen Föderalismus. Diese sollten wir gerade auch in der Vorbereitung der EU-Regierungskonferenz 2004 entsprechend einbringen.

Meine Damen und Herren! Dass der Föderalismus in Europa zu immer mehr Ansehen kommt, hängt mit der Entwicklung zusammen, die die Welt in den letzten Jahren genommen hat. Die neunziger Jahre werden als eine Zeit des besonderen Globalisierungsschubes in die Geschichte eingehen. Das Leben der Menschen wird heute mehr denn je von internationalen Vernetzungen geprägt. Und gerade in diesen Jahren der zunehmenden Globalisierung, in denen von jedem von uns mehr Weltoffenheit gefordert wird, wird gleichzeitig ein anderes Bedürfnis der Menschen spürbar – der Wunsch nach Verwurzelung, nach Heimat und nach Identität.

Der Herausgeber von "Die Zeit", Theo Sommer, hat das einmal so formuliert: Wir wissen heute, dass wir global denken müssen, wir wissen aber auch, dass wir lokal fühlen wollen.

Das Bedürfnis nach Verwurzelung als Gegenprogramm zur Globalisierung bedeutet aber auch, dass das Interesse der Menschen für ihren engeren Lebensbereich, für ihre Region wieder steigt und dass möglichst viele Entscheidungen auf regionaler Ebene anzusiedeln sind.

Erst im Herbst des letzten Jahres hat eine Studie der Linzer Johannes Kepler Universität ergeben, dass in vielen Bereichen des politischen Lebens die Kompetenzen des Bundes dermaßen dominant sind, dass von einem echten Föderalismus und einer föderalen Aufgabenteilung nach dem Subsidiaritätsprinzip kaum die Rede sein kann. – So wörtlich die Experten.

Ich nehme in diesem Zusammenhang auch zur Funktion des Bundesrates, der für mich zu einer echten, starken Länderkammer weiterzuentwickeln ist, gerne Stellung, denn ich glaube, dass in Zeiten der Globalisierung und des Zentralismus der Bundesrat nicht aufgelöst, sondern zu einer echten und starken Länderkammer aufgewertet werden soll. (Allgemeiner Beifall.)

Diese Aufwertung könnte aus meiner Sicht folgende Punkte beinhalten:

erstens: die Weiterentwicklung des Bundesrates von einer zweiten Kammer des Bundesparlaments zu einer echten Länderkammer;

zweitens: Der Bundesrat mit den von den Landtagen entsandten Mitgliedern soll mit der Konferenz der Landeshauptleute und der Landtagspräsidenten unter Wahrung der Größenparität der Bundesländer verzahnt und vernetzt werden;

drittens: Die Länderkammer Bundesrat soll in jenen Bereichen, in denen Länderinteressen im Vordergrund stehen, in ihrer Kompetenz aufgewertet werden und dafür andere Kompetenzen dem Bundesparlament überlassen.

Es ist, um nur ein Beispiel zu nennen, aus meiner Sicht nicht die Aufgabe der Länderkammer, jedem internationalen Vertrag die Zustimmung zu geben. Dort aber, wo wirklich Auswirkungen auf die Länder gegeben sind, sollte das aufschiebende Veto in ein echtes Einspruchsrecht umgewandelt werden.

Darüber hinaus wäre es wichtig, dem Bundesrat ein Mitwirkungsrecht in Budgetfragen einzuräumen, denn viele budgetäre Entscheidungen bleiben mittel- oder langfristig nicht ohne Auswirkungen auf die Bundesländer.

Viertens: Die Neugestaltung des Bundesrates, ähnlich der deutschen Länderkammer, könnte daher ein beachtlicher Schritt in Richtung eines gestärkten Föderalismus und eines sinnvollen Föderalismus in unserer Republik sein.

Ich betone auch, dass es bei diesem Vorschlag nicht darum geht, "Kantönligeist" in die österreichische Politik hineinzutragen oder gar den Bundesrat zu einer Verhinderungsmaschine


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aufzurüsten. – Nein! Es geht vielmehr darum, in Zeiten der Globalisierung und des Zentralismus dem Föderalismus und der Subsidiarität einen höheren Stellenwert zu geben.

Wir brauchen den Föderalismus auch, um für die Politik bei den Bürgern Akzeptanz zu schaffen. Entscheidungen, die auf die Ebene der Gemeinde und auf die Ebene der Länder heruntergebracht werden, werden von den Menschen eher verstanden als jene, die nur von den zentralen Instanzen gefällt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein ganz wichtiger Meilenstein für mehr Bürgernähe in diesem Bereich ist die nun in Verwirklichung begriffene Verwaltungsreform. Sie bringt die große Chance, dass die Bürgernähe der Verwaltung gestärkt wird und dass Verwaltungshandeln kostengünstiger, rascher und effizienter wird. Das wird geschehen, wenn wir diese Reform auch tatsächlich gut umsetzen. Die Bezirkshauptmannschaften werden zu zentralen Anlaufstellen und zum wirklichen Ansprechpartner für die Bürger, zu der Bürgerbehörde schlechthin.

Ich begrüße es auch, dass in vielen Bereichen der Weg der Verwaltung von einem dreistufigen Instanzenverfahren zu einem zweistufigen verkürzt wird, so wie es in den meisten Ländern Europas bereits derzeit der Fall ist.

Mit der Übertragung der Kompetenzen für die Bundesstraßenverwaltung vom Bund auf die Länder wird auch in diesem Bereich der Entscheidungsspielraum für die Länder ein größerer, und Doppelgleisigkeiten werden im großen Ausmaß abgeschafft. Ich selbst war acht Jahre lang Baureferent der oberösterreichischen Landesregierung und weiß daher um die Mühen der Doppelverwaltung im Bereich der Bundesstraßenverwaltung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion um die Verländerung der Bundesstraßenverwaltung ist die letzten 25 Jahre geführt worden. Es ist daher gut, dass sie nun endlich zum Abschluss gebracht wird.

Die Verwaltungsreform ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Weiterentwicklung des Bundesstaates und seiner Verwaltung ist aber eine Daueraufgabe, der sich auch künftige Parlamente zu stellen haben. Faktum ist jedoch, dass nun wirklich ein beachtlicher Schritt gelungen ist.

Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich als oberösterreichischer Landeshauptmann die Frage Temelin und das weitere Vorgehen nach dem Volksbegehren kurz ansprechen, nachdem ich meine letzte Rede hier im Bundesrat vor knapp zwei Jahren zum Thema Temelin gehalten habe.

Nach meiner Einschätzung ist der Auftrag der Bürger an die Politik in Sachen Temelin auch beim Volksbegehren sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, und der heißt: Tut alles, was möglich ist, damit Temelin nicht in Betrieb geht; und wenn das nicht möglich ist, dann holt an Sicherheitsmaßnahmen das heraus, was nur irgendwie denkbar ist!

Ich bin der festen Überzeugung, dass viele Unterzeichner dieses Volksbegehrens das im Text enthaltene Veto gegen den EU-Beitritt Tschechiens in Kauf genommen haben, um mit ihrer Unterschrift einfach nochmals ein starkes Zeichen gegen Temelin zu setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich persönlich hätte das Volksbegehren gegen Temelin ohne weiteres unterzeichnet, wäre nicht das Veto gegen den EU-Beitritt Tschechiens enthalten gewesen. Ein Veto gegen den EU-Beitritt heißt ein Veto gegen den Weiterbau des Europas des Friedens und der Stabilität! Das kann für mich nicht in Frage kommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Hoher Bundesrat! Wenn es in der Politik des vor kurzem zu Ende gegangenen Jahrhunderts einen Fortschritt gibt, dann sicherlich jenen, dass in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts die Probleme der Menschen und Länder in zwei blutigen Weltkriegen gelöst beziehungsweise nicht gelöst worden sind und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Probleme der


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Staaten und Menschen an den Konferenztischen in Luxemburg, in Brüssel, in Strasßburg und in ganz Europa gelöst werden oder zumindest ein Versuch zur Lösung unternommen wird.

Zu dieser Entwicklung haben die Europäische Union und ihre Vorläuferorganisationen, beginnend mit der Montanunion, ganz entscheidend beigetragen. Und es ist wahrscheinlich die größte Herausforderung der Politik der Jetztzeit am Anfang dieses neuen Jahrhunderts das Europa des Friedens und der Stabilität weiterzubauen und nicht ein Europa der Zweiteilung, ein Europa der Spannungen und damit ein Europa voller Friedensrisken zuzulassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine Alternative zum Weiterbau Europas, weil es unsere gemeinsame Aufgabe, ja unsere wichtigste und entscheidendste Aufgabe in der Politik überhaupt ist, dass wir unseren Kindern und den kommenden Generationen ein Leben in einem Europa des Friedens, so gut es geht, sichern. (Allgemeiner Beifall.)

In der Sache Temelin selbst erwarte ich mir einerseits von der Europäischen Union ein noch größeres Engagement bei der Verwirklichung des Ausstiegsszenarios aus der Atomkraft generell und bei der Fixierung von Qualitätsstandards für bestehende Atomkraftwerke.

Oberösterreich wird andererseits weiter entschieden und hoffentlich weitgehendst gemeinsam – uns trennt nur das Veto – eine klare Anti-Atompolitik betreiben. Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten gegen Temelin ausschöpfen, wir werden weiterhin die Bevölkerung in Tschechien über die Atomkraft informieren, und wir erwarten uns von der Europäischen Gemeinschaft und auch von der Bundespolitik, dass nach den Wahlen in Tschechien noch einmal mit den dann Verantwortlichen in Tschechien das Gespräch über Temelin gesucht wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Störfälle der letzten Tage, die sich nun auch – und ich füge hinzu: leider – im Primärkreislauf ereignet haben, sollten für alle verantwortungsvollen Menschen, vor allem auch in den Entscheidungsgremien der Tschechischen Republik, Anlass sein, Temelin neu zu überdenken.

Diese Kraftwerksanlage ist einfach schwächer, als die tschechischen Behörden sie immer wieder darstellen. Die Tatsache, dass die Sicherheitsbehörde in Tschechien einige Jahre hindurch versucht hat, diese Probleme schönzufärben, nun aber ebenfalls von ernsten Störfällen spricht, spricht Bände.

Hohes Haus! Ich komme zum Schluss: Ich darf der Frau Präsidentin nochmals alles Gute für ihre Arbeit in der Vorsitzführung der Länderkammer wünschen, und ich wünsche Ihnen, meine Damen und Herren Bundesräte, viel Erfolg bei Ihrer Arbeit für unsere Bundesländer! (Allgemeiner Beifall.)

9.38

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausführungen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gottfried Kneifel. Ich erteile es ihm.

9.38

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Nach diesen beiden Referaten, die wir gerade gehört haben, steht, so glaube ich, es endgültig fest: Föderalismus und die Wahrung des Föderalismus in diesem Land haben einen klaren Namen, nämlich "Pühringer".

Herr Landeshauptmann! Ich glaube, dass es sehr gut und sinnvoll ist, dass Landeshauptleute in diesem Hause öfter das Wort ergreifen. Das wertet nicht nur dieses Haus, den Bundesrat, auf, sondern das führt auch zu einer besseren Qualität der Entscheidungen, der Beratungen und der Beschlüsse, die hier gefasst werden.


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Herr Landeshauptmann! Es tut gut, besonders in Zeiten wie diesen, in denen es in weiten Bereichen unserer Gesellschaft kleine Einheiten immer schwieriger haben, wieder ein klares Bekenntnis zum Föderalismus von kompetenter Seite zu hören! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Länderkammer – der Bundesrat der Republik Österreich – lebt vom Bekenntnis zum Föderalismus. Sie lebt vom Bekenntnis zur Subsidiarität. Dieses Haus lebt vom Bekenntnis zur Bundesstaatlichkeit. – Ich weiß, dieses Bekenntnis aus dem Munde des oberösterreichischen Landeshauptmannes Dr. Josef Pühringer – übrigens eines Schülers des großen Verfassungsrechtlers Univ.-Prof. Dr. Herbert Schambeck – ist kein Lippenbekenntnis, sondern tiefe Überzeugung! (Bundesrätin Kainz: Also da müssen wir ein bisschen partizipieren!)  – Frau Kollegin! Ich glaube, er hat es verdient.

Es ist eine Überzeugung, die tief im Herzen eines Menschen verankert ist, der auf eine langjährige politische und verfassungsrechtliche Praxis zurückblicken kann. Dieses Bekenntnis zum Föderalismus entspringt der Überzeugung eines Menschen, der seiner Heimat, seinem Vaterland und der Bevölkerung zutiefst verpflichtet und verbunden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Beispiel zeigt, dass wir den Föderalismus nicht nur ertragen, erdulden oder einfach zur Kenntnis nehmen, sondern vielmehr überzeugte Vertreter und Verfechter dieses politischen Gestaltungsprinzips nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa und der restlichen Welt sein sollen.

Die EU-Regierungskonferenz 2004 wird die erste Chance dafür sein. Dabei soll das Prinzip des Föderalismus, das Prinzip der Regionalisierung mit dem Ziel, bürgernäher zu entscheiden, noch besser umgesetzt werden. Es geht darum, rascher, kostengünstiger, effizienter und einfach besser zu entscheiden und dabei das Heimatgefühl und die Identität der Menschen in den Regionen in die Entscheidungen einzubeziehen und im politischen Gestaltungsprozess noch besser zu berücksichtigen.

Föderalismus ist jedoch alles andere als ein sanftes Ruhekissen oder ein bequemer Polstersessel, von dem aus man manchmal Kritik oder Bewertungen in Richtung Wien oder Brüssel abgibt. – Föderalismus ist mehr! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Subsidiarität und Föderalismus bedeuten auch mehr Wettbewerb. Zukunftsorientierte Weiterentwicklung und Innovationen gibt es nämlich nur dort, wo ein Wettbewerb der Ideen und Initiativen stets möglich ist. Wer ja zum Föderalismus sagt, sagt auch ja zu einem Wettbewerb der Regionen und der Institutionen.

Eine Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit von Organisationsstrukturen können wir dort studieren, wo Wettbewerb bereits vorhanden ist – zum Beispiel in der Wirtschaft. Seit vielen Jahren sind dort auch tiefgreifende Veränderungen weg von zentralistischen Führungsstrukturen hin zu mehr Dezentralisierung – zugegebenermaßen bei einem gleichzeitigen Verbund – zu beobachten. Als die elektronische Datenverarbeitung aufkam, war man in der Wirtschaft zunächst der Meinung, dass nun alle denkbaren Daten ohnedies in der Zentrale zur Verfügung stünden und dass man dadurch ein Unternehmen auch effizient und erfolgreich führen könne.

Mit der Zeit reifte aber die Erkenntnis, dass dies zu einer Entmündigung der Mitarbeiter, zu undurchschaubaren Strukturen, zu Kundenferne sowie zu weiteren negativen Entwicklungen führt. Wie in jedem Wettbewerb suchten auch hier einzelne Menschen nach besseren Strukturen und fanden sie auch. Die anderen wurden durch die positiven Beispiele angeregt oder zu einer Veränderung ihres Verhaltens gezwungen.

Auch im Staatswesen benötigen wir Organisationsstrukturen und Formen von Zusammenarbeit, die ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit ermöglichen. In der Wirtschaft kennt man dafür den Begriff einer "lernenden Organisation". – Ich glaube, das kann man auch auf das Staatswesen, auf Staatsgebilde, Länder, Gemeinden und staatliche Strukturen übertragen.

Dazu gehört auch die Übereinstimmung von Zuständigkeit, Verantwortung und Handlungsmöglichkeit. Dafür sind überschaubare Einheiten, die flexibel und anpassungsfähig sind, wichtig. Ich glaube, es eint uns, wenn wir feststellen können: Das Zeitalter der Zentralisten ist


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endgültig vorbei! Das gilt natürlich auch für die EU und für Wien und Brüssel. (Bundesrat Gasteiger: Oh, oh!  – Bundesrätin Kainz: Kärnten hat er vergessen!) Je komplexer die Welt und die Sachverhalte sind, desto weniger kann von einer Zentrale aus allein geführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die moderne Informationstechnologie begünstigt diese neuen Führungsstrukturen mit den Grundprinzipien Delegation und Vernetzung. Der Personalcomputer ist ein typisches Beispiel dafür: Er ermöglicht weltweite Kommunikation und sogar Delegation.

Diese Überlegungen gelten aber nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Politik. Die Vorzüge eines demokratischen Systems können nur dann voll zur Geltung kommen, wenn sie die Politik in einem Wettbewerbsprozess nützen kann. Die bundesstaatliche und föderale Struktur ist Ausfluss dieses Wettbewerbsgedanken. Sie setzt Wettbewerb in Gang, schafft dem Einfallsreichtum Platz, ermöglicht Innovationen und ist in hohem Maße effizient. Unter dem Wettbewerbsdruck der Wähler schafft sie auch Leistungsanreize für optimale Problemlösungen.

Das Ergebnis davon ist, dass die Lebensbedingungen der Bürger insgesamt verbessert werden können. Dieser fruchtbare Wettbewerb ist auf Dauer aber nur dann möglich, wenn es einerseits den notwendigen Freiraum dafür und andererseits auch den Erfolg eigener Anstrengungen gibt.

Ich will von der theoretischen Ebene in die praktische übergehen und anhand zweier Beispiele konkretisieren, was ich darunter verstehe:

Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hatte 1993 mit 478 Millionen Schilling das höchste Defizit aller Ländergebietskrankenkassen. Seit 1996 werden aber ständig Mehrerträge erzielt: 1996 8,7 Millionen Schilling, 1998 bereits 234 Millionen Schilling, 1999 47 Millionen Schilling, 2000 106 Millionen Schilling. – Für das Jahr 2001 wird sogar ein Mehrertrag in der Höhe von 245 Millionen Schilling erwartet.

Das ist möglich, obwohl der Großteil der Kassenleistungen bundesgesetzlich eindeutig geregelt ist. Jede Kasse zahlt exakt dasselbe Leistungsniveau. Ein Gestaltungsspielraum besteht für jede Kasse aber darin, dass sie dafür sorgt, die Leistungen effizient zu vergeben und sie vor allem aber nur jenen zu Gute kommen zu lassen, die sie wirklich brauchen.

Es wird bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse darauf geachtet, dass der effizienteste und billigste Weg im Gesundheitssystem eingeschlagen wird – zum Beispiel durch Vermeidung von Doppeldiagnosen, doppeltem Einsatz von Geräten, Doppeluntersuchungen und anderem mehr –, ohne dass der einzelne Patient, der Kunde der Kasse, aber schlecht oder minderwertig behandelt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Entwicklung zeigt, dass die Steuerung der Aufwendungen und der Erträge im Gesundheitssystem sehr wohl möglich ist und dass der Umfang der Ausgaben nicht nur von externen Faktoren bestimmt ist.

Im Gegensatz dazu erzielte die Wiener Gebietskrankenkasse allein im Jahr 2000 ein Minus von über einer Milliarde Schilling. Die Salzburger Gebietskrankenkasse hatte eine ausgeglichene Bilanz. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erzielte ein positives Ergebnis von mehr als 400 Millionen Schilling.

Sie sehen, dass trotz einheitlicher bundesgesetzlicher Regelungen sehr wohl Gestaltungsspielräume ausgeschöpft werden können, die zu besseren Leistungen und zu mehr Effizienz und Wirksamkeit führen.

Ein zweites Beispiel: Das Land Oberösterreich wird noch im ersten Quartal dieses Jahres komplett schuldenfrei sein. Dies ist deshalb gelungen, weil schon bisher wenig Schulden gemacht worden waren und bereits unter den früheren Landesfinanzreferenten Dr. Josef Ratzenböck und Dr. Christoph Leitl eine eiserne Budgetdisziplin geübt worden war. Das Ziel war: keine Politik zu Lasten der kommenden Generationen! – Das kommt Ihnen bekannt vor. Davon kann der Bund etwas lernen.


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Umso bedenklicher ist es, dass der Wettbewerb als Strukturprinzip zunehmend ausgehöhlt wird. Die Anstrengungen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zum Beispiel zahlen sich nur mehr begrenzt aus, wenn durch ein umfassendes System von Ausgleichszahlungen eine Nivellierung der Lebensverhältnisse bewirkt wird. Dadurch werden der Wettbewerb unter den Ländern und die besten Bedingungen im Wirtschaftsbereich ebenso wie im Gesundheitsbereich gestört und nachhaltig beeinträchtigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Reformdynamik muss in Österreich noch gesteigert werden, und das Prinzip Föderalismus ist ein richtiger Ansatz und ein richtiges Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Föderalismus ist also grundsätzlich etwas Gutes. Er ermöglicht nicht nur eine wirksame Begrenzung staatlicher Macht durch Kompetenzzuweisung an eine weitere politische Ebene – eben jene der Länder –, er eröffnet zudem – im Gegensatz zum Einheitsstaat – die Möglichkeit, politischen Wandel zu bewirken und einen schöpferischen Ideen- und Gestaltungswettbewerb zwischen den Ländern zu entwickeln.

Diese können in ihrem Verantwortungsbereich unterschiedliche Linien und Modelle entwickeln, umsetzen und auf ihre Praxistauglichkeit testen. Lösungen, die sich im Wettbewerb als überlegen erweisen, werden sich über kurz oder lang in der Länderpolitik durchsetzen.

So gesehen bietet ein föderaler Bundesstaat eine aussichtsreiche Chance, Politik in einem breit gefächerten Prozess – eben im Wettbewerb – zu gestalten. Deshalb sollten wir bei allen Reformen und Innovationen dem Föderalismusprinzip zum Durchbruch verhelfen und einfach mehr Föderalismus und damit mehr Wettbewerb wagen, denn wir alle wissen: Wer wagt, gewinnt.

Herr Landeshauptmann! Ich danke dir im Namen dieses Hauses für das klare und eindeutige Bekenntnis zum Föderalismus und damit auch für dein Bekenntnis zu mehr Wettbewerb. Damit aber nicht nur Worte gesprochen werden, sollten wir diese Überlegungen auch in einen konkreten Entschließungsantrag münden lassen, den ich Ihnen zur Kenntnis bringen möchte.

Es geht im engeren Sinn darum, die im Regierungsprogramm genannten konkreten Maßnahmen noch rascher umzusetzen, zum Beispiel:

die Verankerung der Landeshauptmännerkonferenz in der Verfassung, damit diese Einrichtung die Interessenvertretung der Länder aufwertet;

eine Verfassungsreform, damit auch auf Landesebene die Briefwahl und die Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts möglich werden;

eine klare Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, damit es klare Verhältnisse und keine unnötigen Doppelgleisigkeiten gibt;

eine stärkere Verfassungsautonomie für die Länder, damit die Länder mehr Gestaltungsspielräume – auch im Sinne von mehr Wettbewerb – haben;

eine umfassende Reform des Bundesrates im Sinne einer Aufwertung der Länderkammer. Die Länder sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Vertreter im Bundesrat in Kernfragen des Föderalismus bei der Ausübung ihres Mandates zu binden. Der Bundesrat soll unter anderem ein Zustimmungsrecht zu Beschlüssen des Nationalrates erhalten, welche die Länder oder die Gemeinden neu belasten.

Deshalb stellen die unterzeichneten Bundesräte folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Gottfried Kneifel, Dr. Peter Böhm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Föderalismus in Österreich

Der Bundesrat wolle beschließen:


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Der Bundesrat begrüßt die von der Bundesregierung bisher in Angriff genommenen Schritte zur Stärkung der Eigenverantwortung der Bundesländer und ersucht die Bundesregierung, die zwischen den Gebietskörperschaften bereits vereinbarten Deregulierungsmaßnahmen im Laufe dieses Jahres den gesetzgebenden Körperschaften zur Beschlussfassung vorzulegen sowie die Verhandlungen über die noch ausstehenden Maßnahmen zur Stärkung des Föderalismus und der Eigenverantwortung der Bundesländer weiter zu führen.

*****

Ich ersuche Sie, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

9.53

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Der soeben verlesene und von den Bundesräten Kneifel und Dr. Böhm eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Stärkung des Föderalismus in Österreich ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kainz. Ich erteile es ihr.

9.54

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Ich wollte ursprünglich im Sinne der amikalen Aussagen des Herrn Landeshauptmannes Herrn Kollegen Kneifel nur darauf aufmerksam machen, dass in der Frage des Föderalismus doch auch andere Fraktionen noch ein klein wenig Mitgestaltungsbedürfnis haben. Danach, wie er jetzt ausgeführt und definiert hat, wie er Föderalismus sieht, kann ich diesem Bedürfnis nicht mehr Rechnung tragen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Ich möchte dennoch dem Bedürfnis Ausdruck verleihen, den Zugang zum Föderalismus über jene Schiene zu finden – jetzt muss ich sagen: ansatzweise, weil ich damit das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren kann –, die auch Frau Präsidentin Pühringer in ihren einleitenden Worten angesprochen hat:

Mein Zugang zum Föderalismus sind die Bedürfnisse der Menschen, die in diesen Regionen leben, wobei "Regionen" – wie es auch der Herr Landeshauptmann angesprochen hat – in ganz Europa begrifflich weiter zu fassen sind als jene Einheiten, die auch in der Verwaltungsreform angesprochen werden. Es darf nicht so sehr die politische und geographische Einheit eines Bundeslandes oder eines Bezirkes in den Vordergrund gestellt werden, wie es gerade Herr Bundesrat Kneifel in seinen an und für sich fachlich sehr profunden Ausführungen getan hat.

Herr Landeshauptmann! Wenn Sie jetzt – wie schon öfters zuvor – die Frage nach der Abschaffung der Bundesländergrenzen aufwerfen – Sie haben früher schon einmal darauf hingewiesen, dass dies ein Novum in einer Zeit war, von der wir hofften, sie überwunden zu haben –, dann darf ich diese Aussage um die Erwähnung der Tatsache ergänzen, dass auch der Umstand, dass heute die Interessen der Arbeitnehmer im Wirtschaftsministerium vertreten werden, in dieser Zeit ihren Ursprung hat.

Meine Damen und Herren! Meiner Meinung nach ist Föderalismus, ohne den notwendigen Wettbewerb zu vernachlässigen, doch eher mit der Frage verbunden, wie wir ein vernünftiges Miteinander schaffen können, um das, was eingangs gesagt wurde – nämlich für das Wohl der betroffenen Menschen zu arbeiten –, auch gemeinsam mit dem Bund zu erreichen.

Wenn ich das heute sage, dann können Sie davon ausgehen, dass das eine sehr grundsätzliche Aussage ist, denn ich hätte jetzt kein Bedürfnis, mich für die Anliegen und die Arbeitsweise dieser Bundesregierung auszusprechen. Tatsache ist jedoch, dass die Bundesgesetzgebung für alle Menschen in diesem Staat – auch für jene, die in den Bundesländern leben – von eminenter Bedeutung ist.


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Ich glaube nicht, dass es unser Selbstverständnis sein kann, den Bundesrat sehr oft nur in jener Rolle sehen zu wollen, in der er für den Nationalrat die Rute im Fenster sein soll oder in der er immer dann – da muss ich leider den Medien einen kleinen Seitenhieb versetzen – im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht, wenn es darum geht, Auffassungsunterschiede im Nationalrat zu glätten oder nicht gewollte Gesetzesbeschlüsse wieder außer Kraft zu setzen.

Ich möchte vieles von dem, was ich ursprünglich im Kopf hatte und grundsätzlich anmerken wollte, weglassen. Wenn jetzt aber im Zusammenhang mit diesem Entschließungsantrag die Rolle des Bundesrates so definiert werden soll, dass sein freies Mandat – übrigens eine Diskussion, die wir schon länger führen; es wundert mich, worin mich das Murren, das ich hinter mir gehört habe, auch bestätigt, dass das in dieser Gemeinsamkeit heute hier vorgelegt wird – in Frage gestellt wird und er den Landtagen gegenüber weisungsgebunden sein soll – um diesen Einwand gleich vorwegzunehmen und doch die politische und demokratische Untermauerung anzuführen –, dann ist das für die sozialdemokratische Fraktion schlichtweg nicht akzeptabel. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Wir sind für die freie Mandatsausübung und auch für die damit verbundene Verantwortung des Mandates! Wir können Verlagerungen von der Legislative zur Exekutive, wie sie auch im Bereich jener Forderung zu sehen sind, die in Richtung der Verankerung der Landeshauptleutekonferenz in der Verfassung geht, nicht zustimmen.

Für uns ist Föderalismus nicht mit Aufträgen an politische Gruppierungen in Einklang zu bringen. Ich muss dem Herrn Landeshauptmann, der mit seinen Ausführungen hier doch sehr um Zustimmung heischte, unterstellen, dass die Konsequenzen im Zusammenhang mit der demokratischen Veränderung, die mit solchen Forderungen eben verbunden ist, nicht richtig erkannt wurden.

Wir Bundesräte sind frei zu wählen – eine Forderung, die umgesetzt werden muss, um damit der jeweiligen politischen Situation besser Rechnung tragen zu können. Auch wenn Herr Kollege Böhm, als ich hier zum Rednerpult gegangen bin, sehr hartnäckig darauf bestanden hat, dass die Bindung an die Länder nur in Kernfragen erfolgen sollte, kann ich dem nicht zustimmen. Das ist nicht unsere Vorstellung von freier Mandatsausübung. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Wir sind dafür, dass der Bundesrat im Bereich seiner Möglichkeiten zu dem gemacht wird, was er unserer Auffassung nach sein sollte: eine demokratische, in eigener Verantwortung agierende Länderkammer. – Die Geschäftsordnung ist, so glaube ich, auch für die politisch interessierte Öffentlichkeit nicht von besonderer Bedeutung. Dennoch ist eine Geschäftsordnung, sind gesetzliche Grundlagen für die Arbeitsweise des Bundesrates zu entwickeln, aber nicht in der Form, dass dann unter dem Titel Verwaltungsreform politische Willensbildung in den Bereich der Verwaltung verlagert wird.

Wenn heute als erfolgreiches Beispiel der Verwaltungsreform, als im Sinne von Bürgernähe und besserem Zugang des Bürgers zum Recht die Verlagerung von Kompetenzen in Richtung Bezirkshauptmannschaften angeführt wurde, kann ich nur sagen: Uns erscheint es sinnvoller, etwas direkt vor Ort erledigen zu können, nämlich bei den Kommunen, wobei natürlich eines absolut klarzustellen ist: Es kann nicht nur um die Verlagerung von Aufgaben gehen, sondern es ist auch die entsprechende finanzielle Bedeckung damit zu verbinden.

Zusammenfassend – vor einer abschließenden ergänzenden Bemerkung zu Temelin –: Für uns ist die freie Mandatsausübung, die hier in der Länderkammer im Zusammenwirken von Bund und Ländern erfolgt, die Verantwortung für die in den Regionen – in den Bundesländern, in den Bezirken und Gemeinden – lebenden Menschen, eine Form der Vertretung der Menschen, die wir uns vorstellen und die auch den künftigen Problemen Rechnung tragen kann.

Herr Landeshauptmann! Sie haben jetzt im Zusammenhang mit Oberösterreich und Temelin – ich behaupte: fast zum ersten Mal in dieser Klarheit – gesagt, dass die grenznahe Kernkraft abzulehnen ist. Nicht nur die grenznahe Kernkraft ist abzulehnen, sondern es muss unser Ziel


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sein, ein kernkraftfreies Europa zu erreichen, und Österreich hat in diesem Zusammenhang in der EU eine entsprechende Rolle wahrzunehmen. Ich unterstelle Ihnen jetzt, dass Sie das im Zusammenhang mit dem Veto – und das war der Kern des Volksbegehrens – den Menschen, die Angst haben, die ihre Anliegen in diesem Zusammenhang vertreten, Anliegen, die sie für die Zukunft als notwendig erachten, nicht in dieser Deutlichkeit gesagt haben.

Ich behaupte, dieses Volksbegehren wurde von so vielen Menschen unterzeichnet, die nur ihre Ängste formuliert haben und denen von Seiten der Politik nicht klar genug gesagt wurde, was mit diesem Volksbegehren verbunden ist. Ich muss Sie, nachdem Sie hier dieses Bekenntnis abgelegt haben, daran erinnern, dass Sie diese Aussagen und dieses Bekenntnis jetzt im Rahmen des Koalitionsausschusses auch einfordern müssen und in der Bundespolitik diese Ihre Aussagen, wenn das Ihre ehrliche Überzeugung ist, in der Form umsetzen müssen, dass klar ist, dass nicht ein Veto das geeignete Mittel ist, um Abhilfe zu schaffen, sondern dass gemeinsam sinnvolle Ausstiegsszenarien entwickelt werden müssen. Der Föderalismus darf nicht nur für die Randgebiete – Oberösterreich, Niederösterreich – gelten, sondern er muss für alle Regionen unseres Landes Gültigkeit haben. Föderalismus muss über den eigenen Gartenzaun hinausgehen! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

10.05

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

10.06

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Für uns Oberösterreicher ist heute ein Tag der Freude; das will ich nicht verhehlen. Was mich auch außerordentlich gefreut hat – aber ich habe nichts anderes erwartet, das muss ich zugeben –, ist Ihr Bekenntnis, dass Föderalismus und Subsidiarität ein Gegengewicht zu bilden haben gegenüber Zentralisierung und Globalisierung, und dass wir den Heimatbegriff in dieser Hinsicht auch mit Inhalt, mit rechtlichem Inhalt und partizipativem Inhalt, füllen müssen.

Erlauben Sie mir aber drei kritische Bemerkungen im Zusammenhang mit Ihrer Rede. Es gibt drei zentrale Säulen der Bürgernähe: Das sind erstens Föderalismus und Subsidiarität, zweitens eine bürgernahe Verwaltung – die Verwaltungsreform geht diesen Weg –, und die dritte Säule ist die Partizipation des Bürgers am politischen Entscheidungsprozess, an der direkten Demokratie.

Gerade hier hat es in Oberösterreich jedoch eine für mich sehr bedauerliche Entwicklung gegeben im Zusammenhang mit dem Bürgerrechtsgesetz. – Ich muss Ihnen das leider von dieser Stelle aus sagen, Herr Landeshauptmann, da wir Bundesräte immer noch keine Möglichkeit haben, uns im Landtag zu äußern. Ich bitte auch, zu überlegen, ob das nicht möglich wäre; dann müsste ich das nicht hier anbringen.

Bisher war es in Oberösterreich so, dass wir, um Volksbefragungen zu initiieren, 40 000 Unterstützungserklärungen brauchten, und man hatte zwei Jahre Zeit, um diese Unterstützungserklärungen zu sammeln. Es hat dann eine sehr kontroversielle Volksbefragung in Oberösterreich gegeben – die so genannte Opernvolksbefragung –, die bei den Oberösterreichern großen Zuspruch gefunden hat. Es haben 500 000 Personen daran teilgenommen, und das ist außerordentlich viel. Daraufhin wurde das Bürgerrechtsgesetz dahin gehend geändert, dass man mittlerweile nicht mehr 40 000 , sondern 80 000 Unterstützungserklärungen braucht und diese nicht mehr in zwei Jahren zu sammeln sind, sondern in einem halben Jahr.

Das ist umso bedauerlicher, als die ÖVP selbst in einem Initiativantrag aus dem Jahre 1998 das genaue Gegenteil vorsah, nämlich Volksbefragungen dann durchführen zu können, wenn man 20 000 Unterstützungserklärungen hat – also ein Viertel dessen, was nachher daraus geworden ist, und das auch binnen zwei Jahren. Ich bitte im Interesse der Bürger und im Interesse der Partizipation und Bürgernähe, das noch einmal zu überdenken.


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Erlauben Sie mir, kurz auch zu Temelin und zur Frage des Vetos Stellung zu nehmen. – Dieses Volksbegehren ist von Oberösterreich ausgegangen. Das ist nicht ganz zufällig, denn Oberösterreich wäre von einem Unfall im Ausmaß dessen, was in Tschernobyl passierte, besonders stark betroffen. Ich kann mich erinnern, dass zum Thema Veto auch von Ihrer Seite – im Jahr 2000, so glaube ich, war das – eine gewisse Zustimmung signalisiert worden ist. Sie sind mir da mit einigen Zitaten, die ausdrücklich das Wort "Veto" beinhalten, in Erinnerung.

Man sollte diese völkerrechtliche Maßnahme auch nicht allzu sehr verteufeln, weil es in der EU gang und gäbe gewesen ist, ein Veto gegen den Beitritt anderer Staaten zu erheben, beispielsweise im Zusammenhang mit Beitrittssenkungen, mit Fischfangquoten und dergleichen mehr. Das gilt auch im Zusammenhang mit Volksbegehren.

Die Uni Linz hat in einem Rechtsgutachten ausdrücklich von der Möglichkeit gesprochen hat, ein Veto einlegen zu können, ja sie hat sogar von einer Rechtspflicht gesprochen, mit einem Veto zu drohen.

Ich darf auch daran erinnern, dass die Landeshauptleute Sausgruber, Schausberger, Weingartner, Pröll im Zusammenhang mit Temelin verschiedentlich das Veto als gerechtfertigte Maßnahme betrachtet haben – Weingartner bezüglich der Transitfrage und auch Sie, Herr Landeshauptmann, zuletzt, wenn ich der "Sudetenpost" glauben darf, im Zusammenhang mit den Beneš-Dekreten. Ich habe leider die "Sudetenpost" nicht da, aber ich kann Ihnen das gerne zukommen lassen; dort ist sogar im Titel davon die Rede.

In Richtung SPÖ: 1999 hat Klima, der damalige Bundeskanzler, gesagt, dass ein Beitritt Tschechiens nur dann in Frage kommt, wenn Temelin stillgelegt ist. – Bitte das nicht zu vergessen!

Was mich als Freiheitlichen schmerzt, ist, dass man sofort sagt: Das ist ein freiheitliches Volksbegehren, das sind antitschechische Ressentiments! Wenn es so wäre, wären wir schlecht beraten, und es wäre dumm und kriminell. – Das gebe ich zu. Was uns erschüttert hat, ist einfach der Vorfall von Tschernobyl, ist die Angst davor, was in Oberösterreich passieren würde, wenn es in Temelin zu einem ähnlichen GAU käme.

Sinn dieses Volksbegehrens war es sicherlich, der tschechischen Seite in aller Deutlichkeit klarzumachen, wie sehr wir Temelin fürchten, aber nicht, dass wir sie nicht in der EU haben wollen. Das ist eine sehr böswillige Unterstellung, die ich an dieser Stelle ernsthaft zurückweisen möchte.

Jetzt meine letzte kritische Bemerkung: Was mir an diesem Entschließungsantrag, über den wir heute zu befinden haben, weh tut, ist tatsächlich die Bindung des freien Mandates, auch wenn sich das auf Kernfragen beschränken soll. Das ist eine verfassungsrechtliche und staatsrechtliche Grundfrage, die hier angeschnitten wird. Ich möchte nicht verhehlen, dass die anderen Punkte meine deutliche Zustimmung finden und ich diesem Entschließungsantrag deshalb, wegen der überwiegend positiven Punkte, wahrscheinlich meine Zustimmung geben möchte, bitte aber dringend – dringend! –, sich zu überlegen, ob man den Bundesrat durch eine Bindung seiner Mandatare, was ein einmaliger Vorgang wäre, zumindest in Österreich, nicht gerade dadurch abwertet. Das ist ein äußerst schwerwiegender Eingriff, und ich bitte wirklich, das noch einmal zu überlegen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

10.12

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

10.12

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein Dank an den Oberösterreichischen Landtag und an den Herrn Landeshauptmann für die kluge Wahl, seinerzeit bei der Bestellung der Mandatare für den Bundesrat Frau Pühringer als Nummer eins gereiht zu haben. Mit ihrer Antrittsrede hat sie dort fortgesetzt, wo ihr Vorgänger, Schöls, mit seiner be


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merkenswerten Abschiedsrede aufgehört hat, und ich glaube, das sind neue Zeichen, die wir zu würdigen haben. Ich gratuliere der Frau Präsidentin von dieser Stelle aus noch einmal sehr herzlich.

Herr Landeshauptmann! Herr Kneifel hat gemeint, der Name Pühringer und Föderalismus seien untrennbar miteinander verbunden. – Da dürfte er aber nicht in die Archive geschaut haben, denn die Verbindung Föderalismus und Landeshauptmann Pühringer gibt es dort kaum. Insofern, muss ich sagen, sind das heute erstmals sehr deutliche Worte zum Föderalismus. Es gibt einige, aber nur einige wenige, wenn man das mit anderen vergleicht. Insofern bin ich ihm dankbar für diese Feststellung, auch für die Feststellung zum Prinzip der Bundesstaatlichkeit und auch zur Rolle des Bundesrates und der Landtage.

Gleichzeitig aber, Herr Landeshauptmann, bin ich zutiefst verwundert, dass der amtierende Bundeskanzler offensichtlich zu diesen Prinzipien ein etwas gestörteres Verhältnis hat, denn der Bundesrat wartet schon sehr lange darauf, dass der Herr Bundeskanzler hier einmal erscheint, zumindest zu jenen Gesetzen und Materien, die er zu verantworten hat, aber er hat mit dem Herrn Medien- und Kulturstaatssekretär einen Bundesratsminister geschaffen.

Ich vermute auch, dass der Herr Bundeskanzler nicht einmal heute, bei seiner eigenen Fragestunde, anwesend sein wird. Das ist eine Missachtung des Föderalismus und auch eine Missachtung dieses Hauses, und ich bedauere das. Das kann der Bundesrat auch nicht hinnehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Wieso wissen Sie das schon?)  – Ich vermute das. Viele Monate hat der Bundesrat vergeblich auf das Erscheinen des Bundeskanzlers gewartet. (Bundesrat Schöls: Das hängt mit Ihrer kurzen Amtszeit hier zusammen! – Ruf bei der SPÖ: Ich bin schon länger da und hab ihn auch nicht gesehen!) – Viele Monate hat der Bundesrat vergeblich auf sein Erscheinen gewartet!

In all den Ausführungen zum Föderalismus sind wir uns von den großen Prinzipien her immer einig, aber Herr Kollege Kneifel hat hier mit dem Entschließungsantrag Kneifel und Böhm diese Einigkeit einfach gekippt, nämlich durch zwei Dinge, meine Damen und Herren:

Würden wir dem Ansinnen von Kneifel und Böhm folgen, dann würden wir heute hier eine doppelte Entmündigung beschließen: einerseits durch die Bindung des Mandates, auch wenn hier verschämt steht: in Kernfragen. Was heißt "Kernfragen"? – Das ist eine diffuse Darlegung, und das widerspricht einfach den Grundprinzipien unseres Staates in allen Fragen der Mitbestimmung. Das ist eine Entmündigung des Bundesrates!

Die zweite Entmündigung des Bundesrates stellt die Verankerung der Landeshauptleutekonferenz in der Bundesverfassung dar, meine Damen und Herren! Das ist nämlich die reale Entmündigung auch dieses Bundesrates, zu deren Stärkung sich heute auch der Herr Landeshauptmann und alle Vorredner bekannt haben. Wenn reale Politik und reale Machtentscheidungen in dem heutigen inoffiziellen Gremium, das nirgendwo in der Bundesverfassung verankert ist, stattfinden, dann darf man sich nicht wundern, wenn der Bundesrat in Ohnmacht erstarrt bleibt.

Meine Damen und Herren! Ja zu einer Reform des Bundesrates, ja zu einer Stärkung des Föderalismus, aber vor allem ja zu einer Reform, denn was wir heute unter Föderalismus haben, ist ein Einnahmenzentralismus und im Wesentlichen ein Ausgabenföderalismus. Wir brauchen diese Reform gerade im Sinne der Sparsamkeit, der Bürgernähe, der Zweckmäßigkeit, der Partizipation und der Unmittelbarkeit.

Wir brauchen auch eine Definition, die Föderalismus nicht immer nur als Verhältnis des Bundes zu den Landeshauptleuten und ihren Kompetenzbereichen, nämlich den Bezirkshauptmannschaften, definiert, sondern die Föderalismus als die Festschreibung von föderalen Rechten für die Städte, für die Gemeinden und letztlich des einzelnen Bürgers zum Staat ansieht.

Meine Damen und Herren! Als erster Schritt einer solchen Reform wäre es beispielsweise angebracht, dass es künftig auch gemeinsame Ausschussberatungen zwischen dem Bundesrat und dem Nationalrat gibt, dass die Landeshauptleute nicht verfassungsmäßig mit ihrer Konferenz in


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der Bundesverfassung abgesichert werden, sondern dass die Landeshauptleute in den Bundesrat zurückgeführt werden, denn einige Landeshauptleute hatten hier in der Vergangenheit Sitz und Stimme. Die Landeshauptleutekonferenz ist derzeit von keinem Gremium – weder vom Bundesrat noch von den Landtagen – demokratisch kontrollierbar, und die Kontrolle ist immer noch ein Grundprinzip unserer Verfassung.

Das ist hier nicht gewährleistet, Herr Landeshauptmann! Sie sind jetzt der Vorsitzende dieses inoffiziellen und informellen Gremiums. Ich hoffe, dass unter Ihrem Vorsitz vielleicht ein Schritt in eine solche Diskussion, in eine solche Richtung ermöglicht wird. Wie kann auch bei diesem informellen Gremium jetzt bereits Kontrolle aussehen?

Ein weiterer Punkt ist: Kollege Hösele hat einmal gemeint – damit hat er zwar das Grundprinzip der Bundesverfassung nicht berücksichtigt, dass alle zentralen Organe in Wien ihren Sitz haben –, dass der Bundesrat künftig generell in die Steiermark ausgelagert werden sollte. (Ruf bei der ÖVP: Eine gute Idee!) Das ist kein ganz uninteressanter Ansatz. Nein, er ist nicht ganz uninteressant. (Ruf bei der SPÖ: Unter dem Vorsitz von Kollegen Hirschmann!)

Man darf nur das Grundprinzip nicht verletzen, dass alle zentralen Organe in Wien sind, und somit könnte man vielleicht auch von der EU etwas lernen und sagen, dass etwa jede zweite Sitzung des Bundesrates in einem Landtag eines Bundeslandes stattfinden sollte, und zwar wechselnd, und dass man vielleicht gleich mit jenem Land, das den Vorsitz führt, beginnen sollte. (Bundesrat Schöls: Ein Wanderzirkus, Herr Kollege!) Wir wären also heute in Oberösterreich, die nächste Sitzung wäre in Wien, die übernächste dann in Salzburg und so weiter.

Das würde doch die Aufmerksamkeit und die Teilnahme der Öffentlichkeit wesentlich erhöhen, und insofern könnten wir hier über tatsächliche Reformen, bei denen es nicht nur um eine Nicht-Bindung des Mandates, sondern um Bürgernähe des Bundesrates geht, sprechen.

Ein anderer Gedanke – diesen hat auch schon ein Vorredner geäußert – ist, dass die aus dem jeweiligen Bundesland entsandten Bundesrätinnen und Bundesräte auch die Möglichkeit bekommen, bei bestimmten Gesetzen ein Rederecht in ihren jeweiligen Landtagen zu haben. Auch das würde meiner Meinung nach unter eine große Reform fallen.

Herr Landeshauptmann Pühringer! Ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich nicht gescheut haben – bei Herrn Landeshauptmann Pröll war das hier anders –, auch hier im Bundesrat klare Worte zu Temelin zu finden. Bei Landeshauptmann Pröll haben wir vergangenen Dezember vergeblich darauf gewartet, obwohl er mehrmals dazu von uns aufgefordert wurde.

Ich danke Ihnen auch dafür, Herr Landeshauptmann Pühringer, dass Sie einer Veto-Politik unserem Nachbarland Tschechien gegenüber eine klare Absage erteilt haben. Das ist insofern wichtig, als in dieser ganzen Kampagne Sie und Herr Landeshauptmann Pröll immer wieder als "Kronzeugen" einer solchen Veto-Politik genannt wurden. Daher war es wichtig, dass Sie hier diese Klarstellung getroffen haben.

Gleichzeitig aber, Herr Landeshauptmann, bedauere ich, dass es erstmals seit 1997 zu keiner gemeinsamen Resolution zu Temelin in einer Sitzung des Oberösterreichischen Landtages gekommen ist. Das ist insofern bedauerlich, als dieser Parteienkonsens in Oberösterreich in Bezug auf eine Abwehr dieser enormen Gefahr AKW Temelin doch so etwas wie ein Grundprinzip, ein Grundgesetz des Oberösterreichischen Landtages darstellt – aber plötzlich gibt es das nicht mehr.

Gleichzeitig aber, Herr Landeshauptmann Pühringer, waren Sie in Parteiengesprächen federführend, als es darum gegangen ist, auf die Abhaltung eines Temelin-Gipfels der Länder Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Wien mit der Bundesregierung zu drängen, eines Gipfels, bei dem Ausstiegsverhandlungen, Ausstiegsangebote und – nach wie vor – Angebote in Richtung Null-Variante und nicht nur Sicherheitsfragen auf dem Tapet stehen sollen.

Herr Landeshauptmann! Setzen Sie diese Bemühungen fort, sodass es endlich zu einem Termin für einen solchen Gipfel kommt, damit es – trotz dieses kontraproduktiven Volksbegeh


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rens – im Zusammenhang mit dem AKW Temelin auch weiterhin eine engagierte und offensive Politik in Richtung Ausstieg gibt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

10.23

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Konecny. Ich erteile es ihm.

10.24

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Es ist für Bundesräte immer gut, zu hören, dass der Föderalismus etwas ist, in dem diese Kammer des Parlaments ihren Platz hat. Ich freue mich über die Worte, die Sie hier gesprochen haben, und ich möchte einen Satz, einen Gedanken aus Ihrer Rede ganz besonders unterstreichen – dieser findet sich allerdings betrüblicherweise nicht in diesem Entschließungsantrag –, weil er eine neue Qualität unserer Aufgabenstellung beschreiben könnte.

Herr Landeshauptmann Pühringer hat mit Recht darauf verwiesen, dass es unlogisch ist, dass die Länderkammer dort von der Mitsprache ausgeschlossen ist, wo es um den "nervus rerum", nämlich um die Finanzfragen des Bundesstaates geht. In meiner ganzen Bundesratstätigkeit habe ich nie verstanden, warum jene Frage, die in Wirklichkeit das Lebenselixier des deutschen Bundesrates ist, der Finanzausgleich eben, bei uns nicht einmal formal durch die Hallen huscht. – Ich meine, es wäre ein ganz wichtiges Element der Aufwertung des Bundesrates, wenn wir in dieser zentralen Frage des Bundesstaates ein Mitspracherecht bekommen würden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sollten dabei ganz klar – auch deshalb habe ich so meine Probleme mit diesem Antrag – die beiden Ebenen der demokratischen Republik in passender Form miteinander verkoppeln. Natürlich sind es die Landesregierungen – konkret die Landesfinanzreferenten –, die technisch, natürlich auch politisch, eine solche Vereinbarung mit der Bundesregierung respektive dem Finanzminister aushandeln, aber es sollte eben nicht nur der Nationalrat – als das sozusagen zentralstaatliche Element der Gesetzgebung –, sondern auch der Bundesrat die Möglichkeit haben, sich damit auseinander zu setzen und dazu einen Beschluss zu fassen.

Ich freue mich auch darüber, dass die Frau Präsidentin einmal mehr an die Notwendigkeit erinnert hat, hier gemeinsam unsere politische Aufgabe zu erfüllen. – Allerdings sind die Kollegen Kneifel und Böhm – aus welchen Gründen immer – von den Usancen dieses Hauses, einen Antrag, bevor man ihn einbringt, mit anderen Fraktionen wenn schon nicht zu besprechen, dann diese wenigstens darüber zu informieren, abgewichen, und das offensichtlich aus guten Gründen, da nicht einmal innerhalb ihrer Fraktionen – und das ist jetzt nicht Spionage, sondern das Resultat meines Sitzplatzes! – darüber in ausreichender Weise diskutiert worden ist (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist unrichtig!) Kollege Nittmann beispielsweise war da anderer Meinung; er war auch anderer Meinung über die Vorgangsweise.

Klar ist – und da kann ich Kollegen Schennach nur Wort für Wort und Beistrich für Beistrich zustimmen –, dass eine Aufwertung des Bundesrates sicherlich nicht darin bestehen kann, dass er als Verfassungsorgan auf der Regierungsebene sozusagen doubliert und außerdem noch unter Kuratel gestellt wird. Das ist nicht Aufwertung, sondern das glatte Gegenteil! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Landeshauptmann Pühringer hat mit Recht darauf verwiesen, dass zu einem der tragenden Grundsätze unserer Bundesverfassung der Föderalismus gehört. Er hat – ohne das ausdrücklich zu erwähnen – auch dazu gesprochen, dass diese Bundesverfassung ein Diskriminierungsverbot an zentraler Stelle enthält und dass wir in langsamer und nachhinkender Erfüllung dieses Verfassungsgrundsatzes in Bezug auf unsere Mitbürgerinnen – langsam! – in Leitungsfunktionen und in parlamentarischen Körperschaften zu einer angemessenen Vertretung der österreichischen Frauen gelangen.

Ich freue mich darüber, dass Frau Präsidentin Pühringer nicht lediglich ein Symbol, sondern eine lebendige Verkörperung dieser wachsenden Gleichberechtigung darstellt und ich möchte mich ganz besonders an Sie direkt wenden und zum Ausdruck bringen, dass ich das als ein


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Zeichen für positive Veränderungen in dieser Republik sehe. (Beifall bei Bundesräten aller Fraktionen.)

Die Frau Präsidentin wird es mir sicherlich verzeihen, wenn ich zu diesem Diskriminierungsverbot in der österreichischen Bundesverfassung noch ein paar anders geartete Worte sagen möchte – nein: sagen muss!  –, und der Herr Landeshauptmann wird es mir verzeihen, wenn ich diese Worte nicht an ihn, sondern an einen anderen österreichischen Landeshauptmann richte. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

An jenem unsäglichen Aschermittwoch, an dem sich ein Landeshauptmann angesichts des Namens Adamovich zu fragen müssen meinte, ob jemand mit diesem Namen eigentlich eine gültige Aufenthaltsgenehmigung habe, ist eine Grenze überschritten worden, an der es Widerstand zu leisten gilt. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP und des Bundesrates Schennach. )

Denn wenn einer, der – leider nicht ohne Erfolg – sich seit Jahren darum bemüht, einen Keil zwischen die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik und jene, die, ohne Bürger zu sein, mit uns leben und arbeiten, zu treiben, jetzt beginnt, nach der "Aufenthaltsgenehmigung" jener zu fragen, deren Namen "undeutsch" klingen, dann stehen uns allen zwei Möglichkeiten offen: Entweder wir beginnen wieder nach jenen alten Dokumenten zu suchen, die uns die "richtigen" Großeltern bescheinigen, oder aber wir leisten Widerstand und verteidigen jene Werte, die die demokratische Republik ausmachen. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall der Bundesräte Schöls und Schennach. )

Mein Name ist, wenn man ihn richtig ausspricht, Konecny – ein Name unleugbar tschechischer Herkunft. Ich bin im Besitz jener offenbar derzeit noch unbeschränkten Aufenthaltsgenehmigung, die man gemeinhin Staatsbürgerschaft nennt. Dieser Name ist ein Stück meiner persönlichen Identität (Bundesrat Dr. Böhm: Na selbstverständlich!) und ist ein Stück meiner Familiengeschichte. Ich habe nicht die geringste Absicht, ihn gegen einen anderen Namen – vielleicht Ostenberger – einzutauschen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm : Wer verlangt das?)

Mein Name hindert mich nicht daran, mich aus tiefer Überzeugung und mit großer Begeisterung als Österreicher zu fühlen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Land leben Hunderttausende, wahrscheinlich weit über eine Million Menschen, deren Namen – gleich dem meinen – nicht deutscher Herkunft sind. Ob diese Menschen Pouilly oder Dantine, Gabrielli oder Pallavicini, Kolin oder Broukal, Kovacs oder Stancics, Adamovich oder Stoisits, Muzicant oder Fürnberg, Aburumieh oder Al Rawi, Yilmaz oder Gürsel, Nkomo oder Watson heißen, ist egal, sie sind im gleichen Maße und mit gleichem Recht Österreicher wie jeder Herr Weiss oder Herr Müller. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP und des Bundesrates Schennach. ) Ob ihre Vorfahren seit urdenklichen Zeiten in Österreich lebten, ob ihre Vorfahren vor 200 oder 100 Jahren oder ob sie selbst vor 20 Jahren nach Österreich kamen, spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob sie eingeborene Bauern in Unterkärnten waren, ob sie als Aristokraten aus irgendeinem Winkel der Monarchie oder als hungernde Arbeitssuchende in die Hauptstadt kamen.

Mit jedem dieser Namen, die ich genannt habe, verbinde ich das Bild eines konkreten Menschen, den ich kenne. Ich habe keinen Auftrag und kein Mandat dieser Menschen, das zu sagen, was ich hier sage, aber es ist meine Überzeugung, dass das tiefe Bekenntnis zu unserem gemeinsamen Heimatland von ihnen geteilt wird, und diese Überzeugung gründet sich auf konkretes Wissen.

Es spielt auch keine Rolle, ob sich diese Menschen als Angehörige einer der Minderheiten, die es in Österreich gibt, fühlen, ob sie die Sprache ihres Herkunftslandes sprechen, ob sie sich diesem Land verbunden fühlen oder ob deren Name ein purer Zufall der Genealogie ist. Sie sind Österreicher wie die Träger anderer Namen und anderer Schicksale.


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Wohl wissend, dass die blutigsten Naziverbrecher in diesem Land nicht nur Eigruber, sondern eben auch Globocnig hießen, halte ich immerhin fest, dass viele von ihnen in der Stunde der Bewährung jedenfalls bessere Österreicher waren als so manche andere.

Mein Vater, der den gleichen tschechischen Namen trug wie ich, hat jedenfalls keinen "Blutorden" dafür erhalten, dass er an der Zerstörung des selbständigen Österreich mitgewirkt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich lade jetzt jeden ein, ganz besonders die Kollegen von der freiheitlichen Fraktion, persönlich und ehrlich zu der Ungeheuerlichkeit, die von einem ihrer Mit-Mitmitglieder ausgesprochen wurde, Stellung zu nehmen – nicht in der traulichen Atmosphäre der Cafeteria, in der man von Ihnen so manches hören kann, sondern im Licht des Sitzungssaales und am Rednerpult.

Der Ekel erregende Versuch, Mitbürger anhand ihres Namens der Verspottung und der Missachtung preiszugeben, ist nichts, was als "Nachfaschingsscherz" zu tolerieren ist. Hier ist das demokratische Gewissen unserer Republik gefordert! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

10.36

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Konecny hat vorhin eine der Facetten österreichischer Gliedstaatlichkeit zur Diskussion gestellt und insoweit durchaus zum Thema gesprochen. Ich bin einigermaßen erleichtert, hier als Vertreter des Vorarlberger Landeshauptmannes stehen zu dürfen.

Ich möchte nun aber zu dem zurückkommen, was der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich in die Diskussion eingebracht hat und womit er auch für kontroversielle Standpunkte gesorgt hat. Ich halte das für gut, weil wir diese Fragen nach meinem Empfinden ohnedies zu wenig kontroversiell und klar diskutieren.

Auf einen Diskussionsbeitrag des Kollegen Konecny zurückkommend möchte ich sagen: Er hat davon gesprochen, dass der Finanzausgleich nicht hier durch die Hallen wehe, ich nehme aber an, dass er das Budget gemeint hat, denn der Finanzausgleich wird natürlich vom Bundesrat behandelt. Aber ich teile voll die Meinung, dass es eigentlich keinen vernünftigen bundesstaatlichen Grund gibt, warum nicht auch das Bundesbudget im Bundesrat behandelt werden sollte, denn es betrifft hinsichtlich der Auswirkungen auf die Länder viele verfassungsrechtliche Regelungen.

Die unterschiedliche Diskussion hat sich im Wesentlichen an zwei Punkten in den Ausführungen des Herrn Landeshauptmannes und im Entschließungsantrag entzündet. Das Eine ist die Frage der Landeshauptmännerkonferenz. Herr Kollege Schennach wird nicht müde, darauf zu verweisen, dass sie nicht bundesverfassungsgesetzlich geregelt sei. Ich werde ebenfalls nicht müde, ihn daran zu erinnern, dass sie Teil mehrerer Bundesgesetze ist, unter anderem auch ein Teil von Bundesgesetzen, die mit seiner Zustimmung in Kraft traten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates, in dem erstmals sogar auch die Funktion eines Vorsitzenden der Landeshauptmännerkonferenz festgehalten ist, also wo man vom Bundesgesetzgeber her schon in gewisse organisatorische Details eingeht. Das ist ein Faktum, das durchaus seine Zweckmäßigkeit hat. Ich verstehe daher nicht diese Berührungsängste, die Herr Bundesrat Schennach als Interessenorgan der Länder in der Bundesgesetzgebung mit der Landeshauptmännerkonferenz hat.

Es ist auch keineswegs richtig, dass sie nicht demokratisch kontrollierbar wäre. Ich weiß jetzt nicht, wie häufig der Wiener Landtag das diskutiert, aber ich weiß von vielen Landtagen, dass die Mitwirkung an der Willensbildung durch den jeweiligen Landeshauptmann sehr wohl Gegen


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stand parlamentarischer Kontrolle durch das zuständige Organ, nämlich den ihn wählenden Landtag, ist. Das ist die Praxis. Und das ist auch gut so. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass man, wie ich meine und wie man am deutschen Beispiel sehen kann, die personelle Zusammensetzung des Bundesrates anders gestalten könnte. Nach der jetzigen Verfassungslage könnten dem Bundesrat durchaus auch Landeshauptmänner angehören, was teilweise schon geschehen ist. Eine weitere Überlegung wäre, sozusagen die beiden Organe Landeshauptmännerkonferenz und Bundesrat funktional zu verschmelzen. Das lässt sich aus dem deutschen Beispiel nicht ableiten, weil es dort neben dem vom Ministerpräsidenten beschickten Organ Bundesrat hinsichtlich der Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung selbstverständlich auch noch Ministerpräsidentenkonferenzen zur eigenständigen Koordinierung von Landesanliegen gibt. Sie alle wissen, welche Bedeutung beispielsweise die deutsche Kultusministerkonferenz hat, natürlich auch die Finanzministerkonferenz und dergleichen mehr. All das wird dadurch nicht überflüssig gemacht und sozusagen als Fremdkörper eingepflanzt, weil Landeshauptmänner, Landtagspräsidenten oder sonstige Regierungsmitglieder dem Bundesrat angehören.

Ich plädiere dafür, dass sie das tun. Das ist in den meisten Ländern auch nach der landesverfassungsgesetzlichen Lage durchaus möglich, und ich sehe mit Interesse entgegen, dass bei der nächstbesten Gelegenheit hier ein Landeshauptmann angelobt werden kann. Das würde ich sehr begrüßen, weil es auch ein Akzent dahin gehend wäre, eigenständig die Dinge in die Hand nehmen und auch dann die Verantwortung dafür tragen zu wollen. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Schennach. )

Daran schließt nahtlos die Frage des so genannten bindbaren Mandates an. Es ist kein gebundenes Mandat im Sinne einer Räterepublik, sondern es ist im Einzelfall bindbar. Ich bekenne mich aus mehreren Gründen dazu. Einer liegt nicht zuletzt darin, dass sich jedenfalls mein Landtag – ich weiß, dass das aber auch bei anderen der Fall ist – ganz dezidiert in diese Richtung ausgesprochen hat. Das hat auch seinen guten Grund.

Wir sind ein parlamentarisches Organ, dessen Mitglieder nicht direkt von der Bevölkerung gewählt werden, sondern von den Ländern, namentlich von den Landtagen, entsandt werden. Wir üben hier also eine nicht eigenständig durch direkte Wahl legitimierte Funktion aus, sondern eine Funktion als Treuhänder. Es ist im Rechts- und Wirtschaftsleben völlig undenkbar, dass jemand einen Treuhänder bestellt, beispielsweise einen Rechtsanwalt oder einen Wirtschaftsprüfer engagiert, der ihn steuerlich berät, und dann sagt: Mach das, was du willst, ich verzichte von vornherein darauf, darauf Einfluss zu nehmen, in welcher Weise du meine Interessen wahrnimmst! Einen solchen Treuhänder, einen solchen Interessenvertreter wird man bald nicht mehr beschäftigen wollen. In exakt dieser Situation befinden wir uns.

Ich denke, es ist ein wichtiger Ansatzpunkt, zu sehen, dass wir, obwohl wir teilweise diesen Eindruck vermitteln und selbst teilweise so fühlen, kein mit direkt gewählten Parlamenten unmittelbar vergleichbares Organ sind. Wir üben eine Treuhandfunktion aus, und aus dieser ergibt sich eine Bindbarkeit zu dem, von dem wir mit der Treuhandfunktion betraut sind. Dazu bekenne ich mich, auch im Namen meines Landtages, der das explizit gefordert hat, ich halte das für richtig.

Wenn das Herr Kollege Schennach kritisiert, so hat das eine gewisse Authentizität und Glaubwürdigkeit. Bei den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion hapert es da ein bisschen.

Ich möchte Ihnen vorlesen, was Sie im Jahre 2000, nach der letzten Nationalratswahl, in das Regierungsübereinkommen geschrieben haben, und zwar mit einem paraphierten Text. (Ruf bei der SPÖ: Wir haben keines!) Ja, aber das, was Sie als Regierungsübereinkommen unterschreiben wollten – die meisten von Ihnen, nicht alle. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich lese es Ihnen vor; es ist sinnigerweise auf rotem Papier kopiert. Da lautet es – Originaltext: Regierungsübereinkommen mit der SPÖ –:


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"Eine Reform des Bundesrates ist anzustreben. Dabei ist jedenfalls eine Bindung des Mandates von Bundesräten an Beschlüsse des sie entsendenden Landtages für jene Fälle vorzusehen, in denen die Kompetenzbestimmungen betreffend Gesetzgebung und Vollziehung zu Lasten der Länder und Gemeinden geändert werden." – Ende des Zitats.

Das ist richtig, und wir hier und Herr Landeshauptmann Pühringer tun nichts anderes, als dieses eben stellvertretend für Sie zu vertreten. Und ich denke, dass Sie das auch mit bedenken sollten, wenn Sie es kritisieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Kraml: Das haben wir nicht unterschrieben! – Bundesrätin Kainz: Das ist ein Entwurf gewesen!)

10.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

10.44

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Konecny! Sie haben zuvor die Worte der neuen Präsidentin des Bundesrates für richtig erachtet und für wahr befunden, aber Sie sind der erste, der den Wünschen der Präsidentin nicht Rechnung trägt. Sollten Sie ein persönliches Problem mit dem Landeshauptmann von Kärnten haben (Bundesrat Konecny: Oh!), wäre es gut, wenn Sie die Konfrontation direkt mit ihm suchen und nicht den Umweg über dieses Gremium beziehungsweise über dieses Hohe Haus nehmen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Faschismus ist kein persönliches Problem!)

Sie sollten Ihren Aufgaben gerecht werden, für die Sie hierher entsandt worden sind, in dem Sie die Landesinteressen des Landes Wien vertreten und umsetzen. (Bundesrätin Schlaffer: Das ist ein Bürgerdienst!)

Der Landeshauptmann von Oberösterreich steht einem Land vor, das durch die Vielfalt seines Angebotes als einzigartig zu kennzeichnen ist, und wir als Räte, entsandt von diesem Land in diesen Bundesrat, haben die Aufgabe, nicht nur Überbringer von Wünschen oder Beschwerden zu sein, sondern auch unser Land mit bestem Wissen und Gewissen hier zu vertreten. Ich glaube, dass der Wille zu diesem Erfüllen mit den Worten unserer neuen Bundesratspräsidentin – wobei wir sehr stolz darauf sind, dass es das Bundesland Oberösterreich ist, das sie vertritt – zum Ausdruck gebracht worden ist, und ich danke ihr hier dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seit 1945 haben alle Staaten um uns herum ihre Verfassung geändert. Ich weiß nicht, wie man das Schicksal unserer Verfassung bezeichnen kann – mit Sicherheit nicht als gelebte Demokratie. Aber bevor ich mir die Finger verbrenne (Bundesrätin Kainz: Haben Sie schon!), lasse ich lieber davon ab. Ich weiß auch nicht, wann die österreichische Bundesverfassung und ihre zeitgemäße zukunftsweisende Gestaltung für dieses Land Thema in Österreich sein wird, ich weiß jedenfalls, dass diese Regierung fest daran arbeitet. (Bundesrat Kraml: Das ist eine Gefahr!)

Ich frage mich: Wie viele Gesetze wurden von der vorangegangenen Regierung mit Zweidrittelmehrheit in den Verfassungsrang erhoben und damit der Gerichtsbarkeit des Verfassungsgerichtshofes entzogen?!

Ich könnte mir vorstellen – und ich glaube, es wäre im Interesse des Verfassungsgerichtshofes –, dass eine unabhängige Enquete über den Ist-Zustand des Verfassungsgerichtshofes befinden könnte, und zwar mit dem Ziel, diese unverzichtbare demokratiepolitische Institution einigermaßen an den Idealzustand heranzuführen. (Bundesrat Kraml: Was ist der Idealzustand?)

Aber wir in den Ländern könnten eigentlich diese Zukunft leben. Gelebt wird sie schon in der Steiermark, wenn auch nur beschränkt, aber vor allem in Tirol, jedoch nicht in den anderen


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684. Sitzung / Seite 30

Bundesländern, wie zum Beispiel auch nicht in Oberösterreich. Wir Bundesräte haben dort zwar ein Sitzrecht, aber kein Rederecht. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist auch besser!) Es hat unsere freiheitliche Landtagsfraktion schon ersucht, dem Bundesrat ein Rederecht einzuräumen. Ich darf Sie hier an dieser Stelle, Herr Landeshauptmann, ersuchen, diesem unseren Wunsch stattzugeben und im Oberösterreichischen Landtag unsere Bundesräte zu unterstützen, damit wir wirklich ein Netzwerk zwischen Bund und Land sein können, und damit wir mitreden können, wenn es um Interessen geht, die sowohl den Bund als auch das Land betreffen, damit wir effizienter mitwirken können. Oberösterreich würde damit, so glaube ich, einen weiteren Schritt zur Bedeutung des Bundesrates beitragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Kollege Konecny hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Aber ich möchte bitte, vorher noch etwas sagen:

Herr Prof. Dr. Böhm ist unmittelbar nach dem Zwischenruf unseres Kollegen Konecny mit dem Hinweis zu mir gekommen, dass er diesen Zwischenruf nicht zur Kenntnis nehmen könne.

Meine Damen und Herren! Soweit ich die Rede des Kollegen Konecny verstanden habe, hat er sich sehr emotionell auf Dinge der Vergangenheit bezogen. Diese Emotionen teilen viele von uns, und ich habe seinen Zwischenruf durchaus als Warnung eines gewissen "Niemals wieder" verstanden.

Ich würde aber trotzdem bitten, so wie uns die Frau Präsidentin heute bei Ihrer Antrittsrede gebeten hat, bei der Wahl der Worte besondere Vorsicht walten zu lassen, das auch in unseren Debattenbeiträgen am heutigen Tag zu tun.

Ich werde keinen Ordnungsruf erteilen (Ruf bei den Freiheitlichen: Ist eh klar!), weil ich die Emotion verstehe, und ich hoffe, dass auch Sie die Emotion verstehen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Rot schützt Rot!)

Ich bitte jetzt Herrn Kollegen Konecny, zu seiner tatsächlichen Berichtigung das Wort zu ergreifen. – Bitte.

10.51

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Es wurde hier gesagt, ich hätte ein persönliches Problem mit dem Landeshauptmann von Kärnten. Es würde mir Leid tun, wenn ich nicht berichtigen könnte, dass Äußerungen, die auf eine Diskriminierung von Mitbürgern hinauslaufen, mein persönliches Problem wären.

Es ist das persönliche Problem jedes einzelnen Bürgers dieses Landes, ganz egal, ob er negativ betroffen ist oder ob er zu jenen gehört, die noch nicht ausgegrenzt werden. Das ist eine Tatsache, und das ist eine demokratische Verantwortung!

Die Geisteshaltung, Menschen auszugrenzen, erinnert an die faschistische Vergangenheit unseres Landes, und von dieser habe ich in meinem Zwischenruf gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kanovsy-Wintermann. – Bitte.

10.52

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Ich melde mich zu Wort als eine derjenigen, die auch einen Namen haben, der nicht unbedingt der germanischen Kultur zuzurechnen ist. Ich heiße Kanovsky; das ist ein Name polnischer Herkunft. Wintermann könnte man als einen Namen jüdisch-israelitischer Herkunft bezeichnen. Ich selbst bin eine Kärntnerin, eine Österreicherin und eine überzeugte Europäerin und vielleicht auch Weltbürgerin.


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Ich möchte einmal etwas klarstellen und Kollegen Konecny
Folgendes sagen: Es ist ein großer Unterschied, ob man eine scherzhafte Erklärung in einer Stimmung, in einer Faschingslaune abgibt, die in einer Halle herrscht, oder ... (Bundesrat Manfred Gruber: Unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich meine, dass Sie möglicherweise mit Ihrem eigenen Namen ein Problem haben. Ich bedauere das zwar, aber ich bin gerne bereit, mit Ihnen einmal darüber zu sprechen. Vielleicht kann man da Abhilfe schaffen, denn normalerweise braucht sich niemand, der einen derartigen Namen hat, betroffen zu fühlen. Wenn man weiß, dass das in einer Faschingslaune ausgesprochen wurde, dann fasst man das auch so auf und ist darüber nicht beleidigt. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist eine eigenartige Art von Laune!)

Aber unerhört, Herr Professor Konecny, ist es für mich trotzdem, dass Sie hier tatsächlich im Zusammenhang mit Ausführungen, die Sie über den Landeshauptmann von Kärnten gemacht haben, mit Ausführungen, die Sie über die Freiheitliche Partei getroffen haben, plötzlich von “Faschismus” sprechen. (Bundesrat Würschl: Da ist ein enger Zusammenhang gegeben!)

Ich bin im Gegensatz zur Präsidentin nicht damit zufrieden, dass Sie da eine Berichtigung vornehmen, die Ihr Verhalten rechtfertigt, sondern ich glaube, dass für Ihr Verhalten eine Entschuldigung angebracht wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Haider hat sich zu entschuldigen! – Bundesrat Manfred Gruber: Das ist der Gipfel der Unverfrorenheit!)

Noch eines, Herr Professor Konecny: Ich wundere mich, dass Sie hier schwülstige Entschuldigungen für Herrn Professor Adamovich vorbringen, und ich würde mich freuen, wenn Sie sich sonst auch einmal für jene Leute einsetzen würden, über die man spottet und lacht, weil sie einen fremdländischen Namen haben. Ich kann mich noch an solche Situationen im Parlament erinnern. So ist beispielsweise der Klubobmann der Freiheitlichen Partei, Herr Westenthaler, verlacht und verspottet worden, weil er Hojac geheißen hat. Da hat es gerade Ihre Fraktion besonders lustig empfunden, darüber zu befinden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das heißt, Sie messen wie immer mit zweierlei Maß. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist die Unwahrheit!) Und das ist eine traurige Situation.

Nochmals: Für die Wortwahl, dass Sie uns, die freiheitliche Fraktion, und den Landeshauptmann von Kärnten in die Nähe des Faschismus rücken, erwarte ich eine Entschuldigung von Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es hat sich noch Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.55

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Kollegin Kanovsky-Wintermann! Sie machen diese zweite Wortmeldung, die ich nicht beabsichtigt habe, notwendig. Wissen Sie: Alltagsrassismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit werden nicht legitimiert durch Biertische, durch Fasching oder durch irgendetwas anderes. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch nicht in Fußballstadien und an anderen Orten darf es so etwas geben. Doch Sie sagen: Das war im Fasching! Aber die nackte Fratze des Alltagsrassismus kommt genau in solchen Situation klar zum Ausdruck. Man macht im Fasching keinen Scherz, wenn dieser Scherz kein politisches Ziel hat, nämlich genau jenen Boden zu treffen, der mit Rassismus und Ausländerfeindlichkeit zu beschreiben ist.

Meine Damen und Herren! Daher gilt es – egal, ob es heute Initiativen gibt wie Fair play oder andere –, den Alltagsrassismus genau dort zu stellen, wo er seine Umtriebe treibt, nämlich an Biertischen, in Zelten, in Ried bei Aschermittwochreden oder an anderen solchen Orten. Das ist kein Gegenstand von Scherzen, meine Damen und Herren! Sie können hier nicht herausgehen


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und sagen, diese rassistische Verballhornung eines Namens wäre ein Scherz gewesen. Das ist zutiefst zuwider, und das ist abzulehnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Ihre Wortmeldung, diese Ihre Beschönigung, macht eigentlich diese ganze Sache, die Kollege Konecny hier dankenswerterweise angerissen hat, um nichts harmloser und um nichts milder. Im Gegenteil: Sie erhärtet im Grunde den Vorwurf!

Ich sage Ihnen: Niemals – niemals! – darf es so weit kommen, dass Alltagsrassismus in all seinen Ausformungen genau in diesem niederschwelligen Bereich toleriert, akzeptiert oder anerkannt wird, egal, ob es durch einen Landeshauptmann oder durch einen einfachen Bürger geschieht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Landeshauptmann. – Bitte.

10.58

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass unter anderem auch meine Ausführungen zu einer lebhaften Diskussion im Bundesrat beigetragen haben. Ich mache nur noch ein paar kurze Anmerkungen aus meiner Sicht.

Herr Kollege Bundesrat Schennach! Sie kränken mich überhaupt nicht, wenn Sie sagen, dass Sie meinen Namen nicht in den Archiven gefunden haben, denn was archiviert ist, gehört der Vergangenheit an. Ich hoffe, dass ich noch ein wenig Zukunft habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Namensdiskussion: Erstens stört es mich – das möchte ich dazusagen – als ehemaligen Religionslehrer, dass ununterbrochen vom Faschingsscherz die Rede ist. Das Ganze hat am Aschermittwoch stattgefunden, und der gehört nach unserem Kulturkreis zur Fastenzeit und nicht zur Faschingszeit. (Beifall bei der ÖVP und der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Schennach. )

Grundsätzlich möchte ich dazu sagen: Ob Fremde, Mitglieder eines anderen Kulturkreises, vor 50 Jahren, vor 55 Jahren, als Siebenbürger, als Donauschwaben, zu uns gekommen sind oder ob heute aus anderen Ländern Menschen mit anderen Namen zu uns kommen – der Name ist Teil der Menschenwürde und ist daher unantastbar. Der Herr Bundeskanzler hat es mit folgendem Satz zum Ausdruck gebracht: Mit Namen spielt man nicht! Ich glaube, dass damit genügend gesagt ist. (Beifall bei der ÖVP und der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Schennach. )

Ich möchte noch klar sagen, dass es nicht um ein Unter-Kuratel-Stellen geht, wenn wir vom bindbaren Mandat sprechen. Ganz im Gegenteil! Ich war Zeitzeuge bei den Regierungsverhandlungen mit SPÖ und mit FPÖ. In der Form, wie man es letztlich gemeint hat, war es akzeptiert, nämlich dass ein Land in einer Kernfrage die Möglichkeit haben soll, auf die von ihm entsendeten Bundesräte dahin gehend einzuwirken, dass sie bei einer das Land betreffenden Frage auch die Position des Landes vertreten und eben nicht die Meinung des großen Klubs, wie das heißt, oder der jeweiligen Bundespartei.

Ich stelle jedem die Gewissensfrage – Schennach scheidet hier weitgehend aus, weil er einziger Vertreter seiner Fraktion ist –: Von wo geht der stärkere Druck aus? – Von Bundesparteien und großen Klubs oder dann und wann vielleicht, wenn es um eine gerechtfertigte Frage geht, von den jeweils entsendenden Ländern?

Eines ist auch klar, Frau Kollegin Haunschmid: Wenn ein Modell gefunden wird, mit dem der Landtag einen Bundesrat in einer Kernfrage binden kann, dann ist das Rederecht der Bundesräte in den Landtagen automatisch gegeben, denn dann muss man ihnen auch die Möglichkeit geben, zu dieser Bindung Stellung zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Diese Bundesräte sind dann Treuhänder eines Landes und keine Postboten, die irgendetwas im Bundesparlament für ein Land zu erledigen haben.

Die Aufwertung der Landeshauptleutekonferenz ist nicht so zu sehen, dass wir das unbedingt benötigen, um tätig sein zu können. Die Landeshauptleutekonferenz hat sich als sehr pragmatisches Mittel der Politik Jahrzehnte hindurch bewährt. Da können Sie die Landeshauptleute aller Fraktionen fragen. Dass Schennach dafür wenig Verständnis hat, sehe ich ein. Aber, meine Damen und Herren, wenn wir nicht in der Bundesverfassung verankert sind, dann kann auch eine sinnvolle Verzahnung zwischen Bundesrat und Landeshauptleutekonferenz nicht stattfinden, weil es zwei verfassungsrechtliche Ebenen sind. Daher müsste das Platz greifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesrätin Kainz hat mich in einer gewissen Weise herausgefordert, weil sie mich aufgefordert hat, diese Deutlichkeit in der Frage Veto auch an anderen Orten an den Tag zu legen. Ich kann Ihnen eines sagen: In Sachen Veto habe ich es an Deutlichkeit, im Gegensatz zu Ihrem Parteivorsitzenden auf Landesebene, Herrn Kollegen Haider, absolut nicht fehlen lassen! Ich habe zum Veto klar nein gesagt, auch in den Medien, während Ihr Parteivorsitzender nur gesagt hat: Wir haben mündige Bürger, und jeder soll tun, was er will. An meiner Deutlichkeit beim Veto hat es nie gefehlt.

Ich sage Ihnen noch einmal und aus vollster Überzeugung: Wer heute den Weiterbau der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Union verhindert, der riskiert ein Europa der Spannungen auf Zeiten gesehen. Und das kann niemand, niemand in diesem Saal und in anderen Parlamenten, mit seinem Gewissen verantworten. Ich bin der festen Überzeugung, dass Europa weitergebaut werden muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Schennach. )

Ein Letztes, meine Damen und Herren, nämlich zum Bedauern, dass es zu keiner gemeinsamen Resolution mehr gekommen ist. Ich habe alle Resolutionen mit, die wir in Sachen Temelin im Landtag beschlossen haben, einschließlich der Abänderungsanträge. Das, was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist nicht eine 18. oder 19. Resolution mit ebenso vielen Abänderungsanträgen, sondern eine vernünftige Gesprächsbasis mit Tschechien. Denn es geht nicht nur um Oberösterreich und Niederösterreich, um unsere Länder, sondern es geht um die Grundfrage der Kernenergie überhaupt. Dass an diesem Ort nicht gerade die beste Qualität gebaut wird, das erleben wir in diesen Tagen wieder sehr augenscheinlich.

Daher, glaube ich, sollten wir jetzt das Volksbegehren wieder ein wenig zur Seite legen, denn das hat uns in der Gemeinsamkeit gegen Temelin gespalten, und sollten die Gemeinsamkeit im Kampf gegen Temelin wieder in den Vordergrund stellen.

Ich bedanke mich für die interessante Debatte und wünsche dem Bundesrat nochmals alles Gute für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen sowie des Bundesrates Schennach. )

11.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Landeshauptmann! Wir danken für Ihren Besuch und wünschen auch Ihnen alles Gute für die Zukunft.

Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Kneifel und Dr. Böhm auf Fassung einer Entschließung betreffend Stärkung des Föderalismus in Österreich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E/173-BR/2002)


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Fragestunde

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundeskanzleramt

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich beginne jetzt – um 11.06 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Der Herr Bundeskanzler wird durch Herrn Staatssekretär Franz Morak vertreten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1218/M, an den Herrn Bundeskanzler.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Schöls, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1218/M-BR/02

Welche Effekte erwarten Sie für die österreichische Medienlandschaft durch die kürzlich erfolgte Lizenzvergabe für bundesweites terrestrisches Privatfernsehen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass mit dieser Vergabe und vor allem mit dem Finden der zuständigen Frequenzen dafür ein neues Kapitel der Medien in Österreich aufgeschlagen wurde. Ich erwarte mir verstärkten Wettbewerb. Ich erwarte mir mehr Programm. Ich erwarte mir mehr Arbeitsplätze im Bereich der Medien, also Journalistik, und der Programmmacher. Und ich erwarte mir auch einen großen österreichischen Schwerpunkt in Abgrenzung zu den deutschen Medienanbietern auf Kabel und Sat.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Wird sich privates Fernsehen in Österreich auch rechnen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich erlaube mir dazu überhaupt keine Prognosen. Erstens machen wir Politik, und zwar Medienpolitik. Zweitens ist das Sache derjenigen, die privates Fernsehen oder privates Radio gestalten. Auf der anderen Seite muss ich auch sagen, dass gerade im Vorfeld der ORF-Gesetzgebung, des Privatfernsehgesetzes, des Privatradiogesetzes so viele Prognosen abgegeben wurden, ob sich das rechnet oder nicht, und wie Sie gesehen haben, haben wir im Endeffekt dann 26 Bewerber für privates Fernsehen in Österreich gehabt. Ich glaube, da wurden alle Erwartungen übertroffen. Offensichtlich – davon gehe ich einmal aus – sind diese der Annahme, es rechnet sich.

Es kann aber nicht Aufgabe der Politik sein, dass wir den Leuten, die das betreiben, sagen, ob sich etwas rechnet oder nicht. Wir sind dazu berufen, Rahmenbedingungen vorzugeben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dr. Nittmann gewünscht. – Bitte. (Bundesrat Dr. Nittmann sucht in seinen Unterlagen.)

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Ich entschuldige mich! – Die KommAustria beaufsichtigt die Einhaltung der Werbebeschränkungen durch den Privatrundfunk. Im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt diese Aufgabe dem Bundes


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kommunikationssenat zu. Meine Frage: Kann man davon ausgehen, dass beide Einrichtungen ihre Überwachungsaufgabe mit derselben Effektivität ausüben und zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk insofern gleiche Wettbewerbschancen bestehen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich könnte es mir jetzt leicht machen und sagen: Ja. Aber Sie werden sich auch an die Diskussion erinnern, die im Vorfeld gelaufen ist. Die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes hatte eine sehr breit verankerte Zusammensetzung. Aus dieser Diskussion hat sich in Abstimmung mit dem ORF, aber auch mit allen Leuten, die wir dahin gehend befragt haben, die Ansicht entwickelt, dieser Bundeskommunikationssenat sollte eine Behörde nach § 133 Z 4 sein.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen zur 2. Anfrage, 1225/M, die Frau Bundesrätin Bachner stellt, und ich bitte sie um die Verlesung.

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! Meine Fragestellung war an den Herrn Bundeskanzler persönlich gerichtet, und zwar wollte ich ihn fragen:

1225/M-BR/02

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sind Sie für die Festschreibung der Sozialstaatlichkeit in der Verfassung?

Da es sich der Herr Bundeskanzler zur Gewohnheit gemacht hat, sich hier in dieser Kammer durch Ihre Person vertreten zu lassen, verzichte ich freiwillig auf Ihre Beantwortung. Danke schön. (Bundesrat Bieringer: Seit 20 Jahren sitze ich hier herinnen! In der Fragestunde war der Bundeskanzler noch nie selbst anwesend! – Ruf bei der SPÖ: Warum denn?, frage ich Sie! – Bundesrat Bieringer: Das müssen Sie Klima und Vranitzky fragen! Fragen Sie sie!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen daher zur 3. Anfrage, 1219/M, die Herr Bundesrat Hösele stellt. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1219/M-BR/02

Wie sehen nach der kürzlich erfolgten Gründung der Arbeitsgemeinschaft "Digitale Plattform Austria" Ihre weiteren Pläne zur Digitalisierung des Rundfunksektors aus?

Diese Plattform hat ja eine außerordentlich gelungene Auftaktveranstaltung gehabt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Herzlichen Dank für die Gratulation. Ich habe dort auch wahrgenommen, dass Sie Interesse hatten für die Arbeit dieser "Digitalen Plattform" oder vielmehr für die Gründungsveranstaltung. Diese fand am 29. Jänner 2002 im Ares-Tower statt.

Sie wissen, wie die Diskussion gelaufen ist. Wir haben seinerzeit, vor drei, vier, fünf Jahren, gesagt, es ist nur möglich, dass der ORF digitalisiert und dass der ORF eine dritte Frequenz digitalisieren wird. Das war auch ein Credo in diesem Lande. In der Zwischenzeit habe ich mit verschiedenen Medienpolitikern auch auf anderen Teilen dieser Erde gesprochen, zum Beispiel unlängst mit dem Medienminister in Japan, und immer, wenn ich gesagt habe, wir haben soeben privates Fernsehen eingeführt, dann war das Erstaunen sehr groß, denn das ist im Grunde ein Asset auf der ganzen Welt, das schon sehr lange vorhanden ist.

Wir haben uns entschlossen – das war auch im Zuge der Gründung der KommAustria eine Aufgabe –, die Digitalisierung jenseits von Interessenkollisionen der Konzerne zu machen, aber mit


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ihrer Hilfe. Wir hatten uns ursprünglich gedacht, dass bei dieser Auftaktveranstaltung vielleicht 20, 30, 40 Leute dabei sein werden, und wir waren bass erstaunt, dass dort 260 führende Vertreter der Gewerkschaften, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung, aber auch der Industrie und des ORF anwesend waren, die großes Interesse an dieser Veranstaltung gezeigt haben.

Zweiter Punkt: Die ersten schlüssigen Ergebnisse werden vor dem Sommer oder im Sommer vorliegen, der erste Bericht wird Ende dieses Jahres erwartet, der die Digitalisierungsstrategie dieses Landes festhalten wird, und anhand dessen wird dann gesagt, in welche Richtung es geht, wie wir das bewerkstelligen können, vor allem auch was die Finanzierung betrifft. Deswegen sind diese Arbeitskreise geteilt in Technik, in Recht und in Content.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Könnten Sie den Zeitplan bei der Digitalisierung etwas näher konkretisieren?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich habe Ihre Frage im Grunde vorweggenommen: Es hat am 29. Jänner die Gründungsveranstaltung stattgefunden, es werden im Sommer oder kurz vor dem Sommer die ersten Ergebnisse vorliegen, die aber noch in den Gremien diskutiert werden müssen. Der erste wahre Bericht wird Ende des Jahres vorliegen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dr. Nittmann gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Erlauben Sie mir eine kurze Vorrede wegen der Komplexität des Themas. (Vizepräsidentin Haselbach: Die Geschäftsordnung sagt etwas anderes!)

Alle drei bundesweiten Frequenzketten, die für Fernsehen zur Verfügung stehen, sind an analoge Programme vergeben: Das sind ORF 1, ORF 2 und ATV. Eine vierte Kette gibt es nicht. Was übrig bleibt, sind einige leistungsschwache Frequenzen in Ballungsräumen. Verschiedene Fachleute schlagen nunmehr vor, eine der ORF-Ketten, am besten ORF 1, zu digitalisieren.

Ich darf Sie daher fragen: Welche Hindernisse stehen Ihres Erachtens der zügigen Digitalisierung einer der beiden ORF-Frequenzketten entgegen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Wenn Sie heute die Zeitungen aufmerksam gelesen haben, wird Ihnen dazu auch eine Wortmeldung des Kaufmännischen Direktors des ORF aufgefallen sein, nämlich Herrn Dr. Wrabetz, der gesagt hat, dass sich die Bundesregierung, das heißt die Medienpolitik in diesem Land, anders entschieden hat. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Es war immer das Bestreben dieser Bundesregierung – aber ich glaube, darüber gibt es auch Konsens bei den anderen Parteien –, den ORF nicht zu schwächen, sondern ihn in seiner Angebotsvielfalt zu belassen.

Die Taktik bei der Digitalisierung wird sein, dass wir inselweise digitalisieren und zusammen – auch in Zusammenarbeit mit den Partnern in Deutschland – eine Lösung bis 2010, 2015 zu Stande bringen werden.

Ich sage auch gleich, ich mache in dieser Sache Dampf, weil wir doch auch von dem Ehrgeiz beseelt sind, vor allem im Rahmen von Insellösungen, ähnlich wie in Berlin, ein ehrgeiziges Projekt zu entwickeln, und wir werden das tun. Die Arbeiten laufen gerade.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär.


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 37

Herr Kollege Nittmann! Sie haben mich ein bisschen geschreckt, als Sie gesagt haben, Sie müssen länger einleiten. Ich würde mir wünschen, viele wären so kurz, wie Sie es waren. (Bundesrat Dr. Nittmann: Meine Vorrede wäre eh ein bisschen länger gewesen!)

Wir kommen zur 4. Anfrage, die Herr Bundesrat Professor Böhm stellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1223/M-BR/02

Welche Maßnahmen zur Förderung privaten Mäzenatentums im Kulturbereich planen Sie?


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Als ich das Staatssekretariat betreten habe, war einer meiner ersten Wünsche, ich möchte die Vorarbeiten dazu sehen, wie wir privates Mäzenatentum in diesem Land besser gestalten können, also die Unterlagen, die im Staatssekretariat dazu erarbeitet wurden, aber auch jene, die im Finanzministerium vorliegen. Es ist in beiden Bereichen, im Ministerium sowie im Staatssekretariat, nichts dazu vorgelegen. Wir haben deshalb begonnen, die Vorarbeiten zu organisieren. Im Augenblick ist das Wirtschaftsforschungsinstitut dabei, die Grundlagen zu erarbeiten, um in einen wirklich qualifizierten Diskurs mit dem Finanzministerium treten zu können. Sie kennen die Problematik: Das Finanzministerium hat einen Standpunkt, und die Kunst hat einen Standpunkt – und beide sind sehr divergierend. Wir sind dabei, die Voraussetzungen zu schaffen, um da einen qualifizierten Dialog einzuleiten.


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Eine Zusatzfrage, Herr Professor? – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Staatssekretär! Dr. Androsch, der sich dankenswerterweise an der Förderung der Neugestaltung der Albertina beteiligt, meinte, dass die bestehenden Begünstigungen für Kunst nicht viel genutzt werden. Falls Sie diese seine Ansicht teilen, möchte ich Sie fragen, wie man diese Situation verbessern könnte.


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich glaube, das hat etwas mit den Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher zu tun und damit, wie wir an das Thema herangehen. Wir haben auf der einen Seite das Gefühl, Kunst ist etwas ganz Abgehobenes, das interessiert niemanden, und deswegen investieren wir in Fußball, in Formel 1 und so weiter.

Das Zweite ist auch das Verhalten der Künstlerinnen und Künstler, die hier eine Berührungsangst haben. Das nehmen wir vor allem schmerzlich in den Bereichen zur Kenntnis, in denen sich beide im Grunde ergänzen, also in den Bereichen Architektur, Design und so weiter, wobei Architektur in diesem Feld eine Ausnahme ist.

Ich bin gerade dabei, ein Projekt zu starten und zusammen mit namhaften Industriellen – es sind die Deutsche Bank, die Telekom Austria, der ORF und Siemens dabei – im Verein mit Public-Private-Partnership ein Thema hochzuziehen, das, so glaube ich, im Augenblick ein wesentliches Thema ist. Dieses Projekt ist sehr breit gesetzt, sehr breit organisiert, mit einem Proponentenkomitee, mit einer Plattform und so weiter. Wir sind dabei, es zu einem Drittel Staat und zu zwei Dritteln Privat zu organisieren.

Das sollte auch, so wie das Projekt, das Dr. Androsch mit der Albertina verfolgt, Ansporn für andere sein, in diesen Bereichen zu investieren. Ich sage aber auch gleich dazu, das ist ein Projekt, das auf Zeit organisiert ist. Ich möchte nicht länger als ein bis maximal eineinhalb Jahre brauchen, weil ich glaube, es sollte ein Vorbildprojekt sein, und dann sollte man sagen: Bitte nachmachen!


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 41

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Nächste Zusatzfrage: Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Staatssekretär! Ich nehme gerne zur Kenntnis, dass Sie schon sehr viel in Richtung Mäzenatentum hier gesagt haben. Es würde mich in dem Zusammenhang aber noch interessieren, ob sich Ihr Ressort auch für konkrete Projekte einsetzt und engagiert, vielleicht auch im Hinblick auf die Tatsache, dass es auch in der Provinz kleine effiziente Theater gibt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 42

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak:
Es tut mir Leid, aber ich habe das offensichtlich in meiner Beantwortung schon vorweggenommen.

Das Projekt, das wir jetzt betreuen, hat unmittelbar mit Ihrer Fragestellung zu tun und ist nicht auf Wien beschränkt. Wir wollen die Kunstförderung nicht von Wien wegbringen, aber die Bundesländer hier mehr einbeziehen. Aber das ist die Kunstförderung.

Der "Rest", der da zu machen ist, ist natürlich eine Aufgabe, die – wie das auf der ganzen Welt der Fall ist – nicht der Staat zu erfüllen hat, sondern eine, die im Bereich der Banken, im Bereich der Telekom-Industrie, im Bereich der Medien platziert und organisiert werden soll. In diesem Sinne ist dieses Public Private Partnership, das ich geschildert habe, das zusammen mit Siemens, Deutscher Bank und Telekom organisiert wird, das Vorbildprojekt, nach dem Sie jetzt gefragt haben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Mag. Trunk, bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Staatssekretär! Ausnahmsweise bin ich jetzt – im Gegensatz zu Kollegin Bachner – froh, dass Sie hier sind, weil ich mir von Ihnen eine qualifiziertere und kompetentere Beantwortung meiner Zusatzfrage erwarte.

Sie, Herr Staatssekretär, haben gesagt, in Ihrem Ressort und auch im Finanzministerium hätten Sie bezüglich finanzieller Erleichterungen beziehungsweise Förderung des Mäzenatentums keine Unterlagen vorgefunden. Sie wissen aber selbst sehr gut, dass es diese Diskussion in Wirklichkeit bereits seit Jahrzehnten gibt.

Daher meine konkrete Frage an Sie, Herr Staatssekretär: Teilen Sie – das ist aus meiner Sicht eine große Gefahr – die Auffassung, dass die Förderung von privatem Mäzenatentum durch Steuererleichterung und andere Möglichkeiten auch eine Privatisierung der öffentlichen Kunst- und Kulturförderung bedeuten kann?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr verehrte Frau Bundesrätin! Ich bin sehr dankbar dafür, dass Sie mir diese Frage gestellt haben, weil das gerade in diesem Bereich immer wieder missverstanden wird.

Ich habe, wenn ich über Kulturwirtschaft, wenn ich über Mäzenatentum oder über Sponsorship spreche, immer betont: Das ist eine andere Baustelle. – Und zu dieser "anderen Baustelle", zu der Sie jetzt unter anderem eine Frage gestellt haben, kann ich sagen: Ich denke keine Minute darüber nach, auch nur einen Schilling von der Kunstförderung abzugeben, und – das kann ich Ihnen ganz ehrlich sagen – auch der Herr Bundeskanzler teilt da völlig meine Ansicht.

Es werden da immer zwei Sachen verwechselt. Das eine ist: Wo können wir die Partizipationsmodelle vergrößern? Und das andere ist: Aufgabe des Staates ist es, auch weiterhin für die Kulturtechnik zu sorgen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zur 5. Anfrage, die Frau Bundesrätin Schicker stellt. – Bitte.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Frage an den Herrn Bundeskanzler hätte gelautet:

1226/M-BR/02

Was werden Sie als Bundeskanzler dazu beitragen, dass österreichisches Wasser nicht dem Ausverkauf preisgegeben wird?

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Wie lautet jetzt die Frage an mich?

Bundesrätin Johanna Schicker (fortsetzend): Ich kann nicht sagen: wenn Sie Bundeskanzler wären. Ich darf um die Beantwortung dieser an den Herrn Bundeskanzler gerichteten Frage bitten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich war nur etwas verblüfft, weil Sie den Konjunktiv verwendet haben.

Frau Bundesrätin! Österreich ist gerade, was seine Wasserressourcen betrifft, in einer sehr glücklichen Lage. Das heißt, es ist unverrückbarer Bestandteil unserer Politik, in Österreich auch künftig diese Wasserpolitik weiter zu betreiben.

Sie alle kennen den Vertrag von Nizza, und Sie wissen sicherlich auch von der Forderung Österreichs, dass diese Frage in der EU auch weiterhin dem Einstimmigkeitsprinzip unterworfen bleibt. Diese Position werden wir stets vertreten, und wir haben das auch vehement in den EU-Gremien vertreten – und dort auch obsiegt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Staatssekretär! Auch der Ausverkauf der österreichischen Wasserkraft hat die Wogen in der Bevölkerung in den letzten Monaten einigermaßen hochgehen lassen. Man ist jetzt dabei, eine Lösung zu finden, weiß jedoch noch nicht, ob das eine österreichische Lösung oder eine mit dem Atomstromriesen E.ON sein wird. – Angeblich sollen ja bei einem Nichtzustandekommen der Wasserkraftkooperation mit E.ON Pönalezahlungen entrichtet werden müssen.

Können Sie mir sagen, Herr Staatssekretär, um welchen Betrag es sich hiebei handeln würde?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Diese leidvolle Diskussion habe ich – so wie Sie – miterlebt, allerdings auf der anderen Seite.

Wie Sie wissen, wurden da immer die Worte "Wasser" und "Wasserkraft" verwechselt. So wurde beispielsweise davon gesprochen, dass es jetzt einen Ausverkauf unseres "Wassers" gibt, jedoch gemeint war, dass es da um die Wasserkraft geht. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Ich meine, dass in einer immer mehr vernetzten Welt gerade dieses System – wir haben das bereits in Kärnten beziehungsweise in der Steiermark, und Sie kennen auch die diesbezüglichen Dispositionen, die dazu in Vorarlberg oder auch in Tirol getroffen werden – europaweit funktioniert.

Zur konkreten Beantwortung Ihrer Frage, Frau Bundesrätin, werde ich Ihnen schriftlich mitteilen, wie das mit der Pönalezahlung ausschaut.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! In Oberösterreich wird im Auftrag vom hiefür zuständigen Landesrat Dr. Hans Achatz gerade ein Projekt vergeben, das sich mit den grundsätzlichen Vorgaben zur Sicherung der nachhaltigen Trinkwasserversorgung befasst, einschließlich Krisenvorsorge, Sicherung des flächendeckenden Grundwasserschutzes, Beibehaltung der Eigentumsverhältnisse, Sicherung der kleinräumigen Trinkwasserversorgung, Kostenreduzierung, damit möglichst niedrige Wasserbezugsgebühren erreicht werden.

Im Gegensatz dazu spricht sich eine vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in Auftrag gegebene Studie – Price-Waterhouse-Coopers – für eine Umstrukturierung der österreichischen Siedlungswasserwirtschaft in ein verpflichtendes Konzessions-Szenario auf Basis größerer Gebiete aus.

Dazu möchte ich Ihnen folgende Frage stellen, Herr Staatssekretär: Was ist Ihre Einschätzung beziehungsweise kennen Sie die des Herrn Bundeskanzlers, in welche Richtung sich in Zukunft die Siedlungswasserwirtschaft, speziell die Wasserversorgung, in Österreich entwickeln wird?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Bundesrätin! Gerade und insbesondere im Zusammenhang mit dem im Wasserrechtsgesetz – einem Gesetz, das als besonders streng gilt und besonders enge Auslegungen kennt – klar definierten Ziel des flächendeckenden Gewässerschutzes sowie der Versorgungssicherheit im ländlichen Raum darf ich sagen: Dieses Projekt in Oberösterreich stellt einen wesentlichen Baustein zur langfristigen Effizienzsteigerung und Sicherung der Trinkwasserqualität, der Trinkwasserversorgung sowie zum angelaufenen Diskussionsprozess zur Neuorganisation der österreichischen Siedlungswasserwirtschaft dar.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Grillitsch, bitte.

Bundesrat Fritz Grillitsch (ÖVP, Steiermark): Herr Staatssekretär! Zum Thema Wasser und Wasserkraft haben Sie bereits einige Klarstellungen getroffen. Was mich aber besonders interessiert, ist: Wie ist der tatsächliche Zustand der österreichischen Gewässer, und wie sieht es vor allem mit der Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Trinkwasser aus?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Ich bin fast glücklich über diese Frage, und zwar einfach deswegen, weil diese Gelegenheit bietet, dazu einiges auszuführen, so unter anderem auch dazu, was ich bereits zuvor gesagt habe: Wir hier in Österreich sind in einer besonders glücklichen Lage, was Trinkwasserversorgung und Wasserqualität in unserem Lande betrifft. Diesbezüglich habe ich auch bei meinem Kollegen Molterer intensiv nachgefragt – und die damit zusammenhängende Erfolgsstory bestätigt gefunden.

81 Prozent der Fließgewässer in Österreich haben die Güteklasse 2. Sämtliche bedeutenden Seen Österreichs haben nicht nur Badewasser-, sondern teilweise sogar Trinkwasserqualität. Der Zustand des Grundwassers ist zufrieden stellend. 81 Prozent aller gemessenen Nitratwerte liegen unter dem Schwellenwert von 45 Milligramm pro Liter. Und das Auftreten von Athrazin ist stark rückläufig.

90 Prozent der österreichischen Bevölkerung verwenden Grundwasser oder Quellwasser, und 87 Prozent der österreichischen Bevölkerung leben in Gebieten mit öffentlicher Wasserversorgung. Und dazu abschließend: Nur 3 Prozent der österreichischen Wasserreserven werden zum Gebrauch herangezogen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur 6. Anfrage, die Herr Bundesrat Saller stellt. – Bitte.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1220/M-BR/02

Wie hat sich das neue System der Künstlersozialversicherung in der Praxis bewährt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Wenn ich den Diskussionsprozess der letzten 20 Jahre Revue passieren lasse, dann zeigt sich, dass gerade in diesem Bereich eine sehr raue Geschichte zu vermelden ist. Der Höhepunkt dieser Diskussion bestand dann darin – Sie werden sich vielleicht daran erinnern –, dass die damalige Sozialministerin Eleonora Hostasch den Satz geprägt hat: Wenn wir den Künstlern die Arbeitgeberanteile zahlen, wie erkläre ich das der Billa-Verkäuferin?

Das muss man in diesem Zusammenhang auch erwähnen, und es gibt viele Gründe für einen solchen Standpunkt – es war unter anderem auch ein gewerkschaftlicher Standpunkt –, der darauf beruht, dass man sagt: Das Ganze ist auf einem Versicherungssystem aufgebaut, und derjenige, der zahlt, ist dabei. – Deswegen hat es auch das ASRÄG gegeben, also das, was im Volksmund dann als die "Werkvertragsregelung" bezeichnet und von einem großen Aufschrei begleitet wurde und womit dann im Grunde alle Freiberufler in die Versicherungspflicht einbezogen worden sind. Das geschah, wenn ich mich richtig erinnere, im Jahr 1998. Es hat dann eine Ausnahme für Künstler gegeben, wobei relativ zügig verhandelt wurde, aber dennoch kein Ergebnis zu Stande kam, weil sich die Künstler nicht wirklich einig waren.

Als ich ins Staatssekretariat gekommen bin, habe ich ein paar Experten zu Rate gezogen, habe die Künstler einmal beiseite gelassen und zusammen mit den Experten versucht, einmal zu einem Entschluss darüber zu kommen, wie wir das ordnen können. Ich muss hiezu auch anmerken, dass wir uns damals in einer budgetären Notlage befanden, dass die Budgetlage damals nicht wirklich blendend war, und so kamen wir zu dem Entschluss, dass wir versuchen, in dem Bereich, in dem es keine Urheberrechte gibt, nämlich über Kabel und Satellit, neue Einnahmequellen dafür zu schaffen. Ich muss Ihnen sagen, das hat eigentlich ganz gut funktioniert, und der Topf, den wir jetzt zur Verfügung haben, enthält jetzt – inklusive des Topfes, den ich schon hatte und der in etwa 30 bis 35 Millionen Schilling ausmachte – 100 Millionen Schilling. Das heißt, wir haben im Grunde von der Finanzierung her alles übertroffen, was wir erwartet haben.

Zweiter Punkt: In der Diskussion – darauf wird oft angespielt, auch fälschlicherweise, ähnlich wie mit dem Wasser und der Wasserkraft – wird das ASRÄG oft und gerne mit dem Künstler-Sozialversicherungsfonds verwechselt. Ich muss sagen, diese Empörung, die wir 1998 bei dem Gesetz, das wir damals erlassen haben, sprich bei der Werkvertragsregelung, hatten, die haben wir jetzt auch im Bereich der Künstler, aber wir haben die Situation jetzt abgefedert mit dieser Regelung, dass wir für die Pensionsversicherung quasi im unteren Bereich 100 Prozent zahlen. Das betrifft 1 000 Künstler; im Augenblick sind das ein Fünftel bis ein Sechstel der jetzt im Künstler-Sozialversicherungsfonds beheimateten Künstler.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Es ist schon angesprochen worden, aber ich möchte trotzdem noch einmal fragen, wie sich der neue Künstler-Sozialversicherungsfonds vom alten Künstlerhilfefonds unterscheidet.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Früher war es so, dass wir für die bildenden Künstler etwas hatten, ein bisschen etwas für die Schauspieler und ein bisschen etwas für die Autoren. Jetzt haben wir etwas, was oben drüber geht, das heißt, mit wesentlich mehr Geld, mit dreimal so viel Geld ausgestattet ist. Außerdem – und ich sage das noch immer gerne – lag früher die Einkommensgrenze bei 130 000 S, während sie jetzt bei 270 000 S liegt. Das ist eine substanzielle Verbesserung!

Ich muss an dieser Stelle aber auch sagen, dass ich in diesem Bereich noch ganz gerne Gespräche mit den IGs führen würde, denn es kann nicht so sein, dass wir zuerst alles gemeinsam verhandeln und gemeinsam zustimmen und hinterher quasi anstatt von Verbesserungsvorschlägen im Grunde eine starke Opposition in diesem Bereich verzeichnen müssen. Da muss ich auch sagen, es wäre schön, wenn die IGs irgendwann einmal auf die Idee kommen würden, dass sie auch eine Servicefunktion haben – so wie ich das habe, so wie das die Versicherungen haben, so wie wir alle das unseren Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber und vor allem den Künstlern gegenüber haben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Mag. Trunk gewünscht. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Staatssekretär! Sie haben ausgeführt, dass es zu diesem Thema jahrzehntelange Diskussionen gegeben hat – und auch, das füge ich jetzt hinzu, die Vorarbeiten Ihres Vorgängers Peter Wittmann; das sei an dieser Stelle im Zusammenhang mit der Künstler-Sozialversicherung auch gesagt. Daher ist es mir in der Frage, die ich an Sie zu richten habe, nicht möglich, all jene Verbesserungsvorschläge – Sie haben es selbst angesprochen –, das heißt auch Kritikpunkte, die Sie selbst als zuständiger Staatssekretär sehen, zu formulieren. Ich kann Ihnen diese Punkte, wie sie aus meiner Sicht existieren, auch schriftlich geben.

Grundsätzlich möchte ich dazu aber die Frage stellen: In welchem Zeitraum ist es Ihrer Ansicht nach möglich, allfällige Verbesserungsvorschläge in Bezug auf bestehende Mängel und Kritikpunkte mittels einer Novellierung umzusetzen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Das Gesetz ist jetzt knapp über zwölf Monate alt. Es sind noch nicht einmal alle Anträge behandelt worden, denn es erfolgt im Rahmen dieses Sozialversicherungsfonds jeweils auch die Feststellung, ob ein Künstler in diesem Zusammenhang als Künstler zu gelten hat oder nicht, durch Gremien, die von Künstlern und von den Verbänden gestellt werden. Das heißt also, wir müssen zunächst einmal den ersten Teil abwarten und dann schauen, wie das funktioniert: Wie funktioniert das finanziell, wie viele sind überhaupt Mitglieder in diesem Fonds, wie viel wird ausbezahlt, und was sind wirklich die Hürden?

Das sollte man dann objektiv machen. Es kann nicht so sein, dass zum Beispiel bei einer Aussendung einer IG auf 3 000 ausgesendete Briefe im ersten Durchgang nur 50 Rückmeldungen erfolgen und erst nach einer substanziellen Verlängerung der Frist dann mit Ach und Krach 7 Prozent Antworten erreicht werden. Ich erwarte mir hier eine größere Durchlässigkeit auch von den dafür zuständigen IGs – und nicht nur das, was ich bisher von ihnen bekommen habe –, und in diesem Dialog werden wir das erarbeiten.

Aber noch einmal: Das ist nicht die Bibel, aber es ist der erste Schritt – ich stehe nach wie vor dazu. Aber bevor wir den zweiten Schritt machen, sollten wir den ersten gemacht haben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 43

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann
(Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Eine Zusatzfrage: Wie sieht es eigentlich mit der zukünftigen Finanzierung dieses Fonds aus? Ist er gesichert, beziehungsweise denkt man eventuell sogar daran, die Beitragszuschussgrenzen in dem Sinn zu verändern, dass man die Einkommensgrenze in der Höhe von 270 000 S in Zukunft noch etwas erweitert?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Bundesrätin! Das ist ein Sozialfonds, und dieser Sozialfonds soll den Bedürftigen zugute kommen. Ich könnte mir in diesem Zusammenhang nicht vorstellen, die Höhe dieses Betrags hinaufzusetzen, denn da hätten wir dann das Legitimationsproblem, das seinerzeit unter anderem von Kollegin Hostasch angesprochen wurde. Ich glaube aber, dass möglicherweise in dem Verfahren etwas verbesserbar ist und dass wir im Handling etwas verbessern können. Es ist aber auch möglich – und das muss ich auch sagen –, dass wir zuerst einmal abwarten, denn es hat von den Leuten, die das zahlen sollen und die das bisher auch bezahlt haben, eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegeben. Wir werden das daher einmal in Ruhe abwarten – ich habe hier ein gutes Gewissen –, und dann werden wir zum gegebenen Zeitpunkt mit einer guten Grundlage darangehen, dort, wo dies möglich ist, Verbesserungen vorzunehmen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage, die Herr Bundesrat Boden stellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich hoffe, Sie sind über meine Frage genauso erfreut, wie vorhin über die Frage zum Thema Wasser. Meine Frage lautet:

1227/M-BR/02

Was werden Sie und die österreichische Bundesregierung gegen die geplante Errichtung eines Atommüll-Endlagers in Tschechien in Grenznähe zu Niederösterreich unternehmen?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich bin über Ihre Frage genauso erfreut (allgemeine Heiterkeit), und ich darf Ihnen erstens sagen, dass das, was Sie jetzt angeschnitten haben, seit mehreren Jahren ein Thema ist. Die Gemeinden, die Länder und der Bund wissen das länger als zwei Jahre. Das ist also ein altes Thema.

Zweitens: Wovon wir reden, ist die Standortsuche, die gerade an den verschiedensten Orten in der Tschechischen Republik erfolgt. Die ersten Entschlüsse werden, wenn überhaupt, im Jahr 2020 gefasst werden, und an einen Bau beziehungsweise an einen Projektbeginn ist im Jahr 2050 gedacht.

Ich weiß, dass Sie mit uns bangen, dass wir das bis dorthin noch organisieren können, aber wenn wir dabei sind, das zu organisieren, dann heißt das, dass wir damit bilateral und auf europäischer Ebene genauso umgehen werden, wie wir das bisher gewohnt sind, um die österreichischen Interessen zu vertreten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Es wurde auch in Österreich schon mehrmals ein Standort gesucht, und dabei wurde auch schon das Waldviertel beziehungsweise das Gebiet nahe der Grenze zu Tschechien vorgeschlagen. Wenn es auch noch Jahre dauern wird, bis man zu dieser Entscheidung kommen wird: Kann man heute schon sagen, welche Größe oder welches Ausmaß dieses Atommüll-Endlager in der Nähe der Grenze haben soll?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Ich möchte nicht insistieren auf dem, was ich gesagt habe, aber Ihre Anfrage geht im Grunde genommen in dieselbe Richtung. Wir wissen in Bezug auf dieses Projekt nur in etwa, wann es geplant werden soll, und wir wissen, wann es projektiert sein soll, nämlich 2050.

Österreich hat, was Atommüll-Endlager betrifft, ganz klare Verpflichtungen – Sie wissen das auch, das ist ein Teil des EU-Vertrages –: Wir lehnen das ab. Es wird auf österreichischem Hoheitsgebiet also ganz sicher kein Atommüll-Endlager, genauso wenig wie ein Atomkraftwerk, geben.

Noch einmal: Es ist jetzt zu früh, darüber zu reden, aber wenn es zum Reden kommt, dann wird die Bundesregierung reden – und handeln.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Ram gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Landeshauptmann Pühringer hat heute sehr deutlich auf die Bedrohung durch das tschechische Atomkraftwerk Temelin hingewiesen. Dieses geplante Atommülllager würde, auch wenn es zu seiner Projektierung beziehungsweise Errichtung, wie Sie gesagt haben, erst in einigen Jahren kommt, ebenfalls eine enorme Gefahr für die österreichische Bevölkerung darstellen.

Zeigt diese Vorgangsweise Tschechiens Ihrer Meinung nach nicht, dass es nicht ausreicht, allein auf Verhandlungen zu setzen, sondern dass gegenüber solch einer Vorgangsweise auch andere Maßnahmen erforderlich sind?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Ich möchte nicht unbotmäßig sein, aber "zu Tode gefürchtet ist auch gestorben": Sie setzen, genauso wie Ihr Kollege, immer voraus, dass dieses Atommüll-Endlager dort unbedingt gebaut wird.

Noch einmal, die Pläne sind derzeit nicht so weit, und ich setze auch – das muss ich auch sagen, das ist auch vom Herrn Bundeskanzler sehr oft bestätigt worden – auf Verhandlungen mit der Tschechischen Republik. Wir haben den Melker Prozess, wir haben diesen in den EU-Gremien verhandelt, und es gibt daraus auch Folgen und Folgewirkungen, das heißt die Einklagbarkeit der Verhandlungsergebnisse bei der Europäischen Kommission und bei den europäischen Gerichtshöfen. Wir sollten uns damit einmal zufrieden geben. – Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Ich glaube, dass die Sorge, die Herr Landeshauptmann Pühringer zum Ausdruck gebracht hat, sehr berechtigt ist. Das heißt, dass wir natürlich jede Möglichkeit ergreifen werden, das umzusetzen, was auch eine Möglichkeit sein kann. Aber noch einmal: Dieser Diskussionsprozess ist im gesamten europäischen Raum zu führen und nicht allein von Österreich; aber das, was wir bilateral machen, hat, so meine ich, Hand und Fuß und bringt auch sehr konkrete Ergebnisse. (Bundesrat Boden: Jetzt ist die Diskussion noch zu früh, und dann ist es zu spät!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär. – Die nächste Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte kurz auf ein bäuerliches Anliegen zu sprechen kommen: Die Forcierung der Energie und die Förderung erneuerbarer Energieformen sind ein großes Anliegen Österreichs. Wie hat sich die Energiepartnerschaft mit der Tschechischen Republik in den letzten Jahren entwickelt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich glaube, die Energiepartnerschaft, die sich mit den gesamten Reformstaaten in den letzten Jahren – auch in Begleitung des Problemfalles Temelin – herausgebildet hat, geht darauf zurück, dass wir in Österreich damals gesagt haben: Die Atomenergie ist keine Energiequelle, die wir wollen; und wenn wir Atomenergie auch in unserer Nachbarschaft verhindern wollen, dann sollten wir das in die Wege leiten, was wir im Rahmen der Energiepartnerschaft tun, das heißt, alternative Wege bei unseren Nachbarstaaten zu unterstützen, etwa im Bereich der Senkung der Energieintensität, der Erhöhung der Anteile der erneuerbaren Energien, der CO2-Reduktion und so weiter.

Das ist im Augenblick im Projektstadium. Es geht derzeit gerade darum, dass in Brünn ein Plattenbau energetisch neu genutzt werden wird. Das heißt, wir sind nach Jahren der Gespräche und der Sitzungen gerade dabei, das zu "erden", und ich glaube, dass das im Bereich der Energiepartnerschaft, im Bereich der bilateralen Beziehungen zu diesen Staaten eine positive Entwicklung jenseits dessen ist, was wir in der Diskussion zum Thema Atomenergie sehen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zur 8. Anfrage, die Herr Bundesrat Ing. Gruber stellen wird. – Bitte.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1221/M-BR/02

Welche positiven Auswirkungen auf dem heimischen Buchmarkt sind seit dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über die Preisbindung bei Büchern mit dem Jahr 2000 eingetreten?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass das ein Thema war, das sehr nachhaltig diskutiert worden ist, vor allem mit all jenen, die quasi am Buchhandel beteiligt waren. Es spielte da auch die Diskussion um die Firma Libro herein, die eine größere Liberalisierung des Marktes anstrebte. Wir haben uns zusammen mit unseren deutschen Partnern, mit denen ich in diesem Bereich lange Gespräche geführt habe, entschieden, einen Weg zu gehen, der, wie wir das heute sehen, im europäischen Kontext große Zustimmung bekommen hat.

Ich verweise in diesem Zusammenhang darauf, dass Deutschland das auch in einem rechtlichen Rahmen regeln will. Ich verweise auf ähnliche Konstruktionen, wie sie in Frankreich existieren, und ich verweise auch auf die EU-Diskussion, in der dieser österreichische Standpunkt im Europäischen Parlament bestätigt wurde und im Rahmen deren man eine Regelung schaffen will, die Buchpreisbindung als eine europäische Norm einzuführen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Staatssekretär! Wie ist der Stand des Beschwerdeverfahrens, das gegen die Buchpreisbindung bei der Europäischen Kommission eingebracht wurde?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Das Beschwerdeverfahren wurde von der Europäischen Kommission eingestellt. Das ist eine Neuigkeit. Das heißt, dass die Befürchtungen, die wir nach vielen Gesprächen auch in der Sektion Wettbewerb bei der EU hatten, nicht eingetroffen sind und dass unser Weg bestätigt wurde.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär. – Eine weitere Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Staatssekretär! Werden Sie bei der Umsetzung des österreichischen Weges auf europäischer Ebene gleichermaßen bereit sein – denn es wird sehr viel Widerstand erfordern, diesen österreichischen Weg auf europäischer Ebene umzusetzen –, anderen "Verlockungen" zu widerstehen und hart zu bleiben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich habe das schon gesagt: Im Grunde ist der Weg, den Österreich und Deutschland gehen, den Frankreich schon gegangen ist und den Österreich und Deutschland de facto in der Zeit, bevor es zu dieser Aufhebung kam, hatten, im Begriff, europäischer Standard zu werden.

Dass es hier Schwankungen gibt – ich verweise in diesem Zusammenhang auf Großbritannien –, das muss man zur Kenntnis nehmen. Aber grundsätzlich bekennen wir uns dazu, dass ein Buch nicht nur eine Ware ist, sondern auch ein Kulturgut darstellt, und das ist im Grunde der Aufhänger für dieses Gesetz. Im Augenblick spricht alles dafür, dass das europäischer Standard wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär. – Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Dr. Nittmann. – Bitte.

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Das Bundesgesetz über die Buchpreisbindung gestattet es den Buchhändlern, den Kunden einen Rabatt von bis zu 5 Prozent einzuräumen. Gibt es bereits Erfahrungen, in welchem Ausmaß der Buchhandel von dieser Rabattierungsmöglichkeit Gebrauch macht?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Grundsätzlich ist es, wie Sie richtig bemerkt haben, so, dass es keine formellen Voraussetzungen gibt, sondern dass es eine Vereinbarung gibt, dass 5 Prozent Rabatt auf den Mindestpreis gegeben werden können. Die Gewährung dieses Rabattes ist eine sehr individuelle Angelegenheit des einzelnen Buchhandels und des einzelnen Buchhändlers. Es ist keine Werbung dafür erlaubt – man darf damit nicht werben, damit man nicht die Konkurrenz unnötig strapaziert –, und sie liegt im freien Ermessen des Händlers. Die Daten sind mir bisher nicht bekannt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen hiemit zur 9. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. Aspöck stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1224/M-BR/02

Wie stehen Sie zu der in der letzten Zeit auch in den Medien erörterten Idee eines Rundfunkgebühren-Splittings, wonach die Rundfunkgebühren nicht nur dem ORF, sondern in bestimmtem Umfang auch anderen privaten Rundfunkbetreibern zufließen könnten?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Wir hatten diese Diskussion schon des Längeren in der Zeit, bevor wir das ORF-Gesetz gemacht haben, nämlich mit den privaten Radios, mit den ganz kleinen. Ich habe damals in der Diskussion immer gesagt: Es ist nicht selbstverständlich, dass Frequenzen entgeltlos vergeben werden. – Erster Punkt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 47

Zweiter Punkt: Ich möchte noch einmal bestätigen, dass es gerade bei einem kleinen Markt, wie das in Österreich der Fall ist, und dass es gerade bei der "Größe" des ORF – zwei Hörfunkprogramme und so weiter – sowie im Hinblick auf internationale Konkurrenz wesentlich ist, den ORF nicht zu schwächen, sondern ihm einen Auftrag zu geben und das auch innerhalb der EU erklärbar zu machen. Und das ist mittelfristig geschehen. – Vorstellen kann ich mir jedoch im Augenblick nicht, da eine Änderung vorzusehen.

Gerade der Wettbewerb der Medienanbieter ist einer der härtesten, die es im Augenblick gibt, und über Kabel und Satellit wird das noch dazu verschärft. Das heißt, wir müssen die Kräfte konzentrieren, damit der ORF jene Aufträge, die ihm mit dem neuen ORF-Gesetz erteilt wurden, auch erfüllen kann.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Glauben Sie, Herr Staatssekretär, dass ein solches Splitting, wenn es nur in ganz geringem Maße – angenommen beispielsweise im Ausmaß von 2 oder 3 Prozent – zu Gunsten der privaten Betreiber geschieht, dann tatsächlich zu einer Schwächung des ORF führen würde?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich werde diese Anregung, die Sie, Herr Bundesrat, hier gemacht haben, mit dem Kaufmännischen Direktor des ORF besprechen und Ihnen dann mitteilen, was er dazu sagt.

Noch einmal: Wir haben den ORF mit neuen Aufträgen auf den Weg geschickt. So zum Beispiel haben wir im Bereich Minderheiten-Radio, Volksgruppen-Radios, eine exzeptionelle Leistung des ORF eingefordert. Kosten: 18 Millionen Schilling; das ist eine Verdreifachung der bisher zum Beispiel in Kärnten dafür geleisteten Investitionen.

Das heißt, wir haben den ORF auf eine Reise geschickt, für die er Geld braucht. Und zu dem, was von Ihnen angesprochen wurde: Auch 3 Prozent sind 3 Prozent von 12 Milliarden Schilling.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Mag. Himmer, bitte.

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wie hat sich die Einrichtung der KommAustria mit dem Geschäftspartner RTR-GmbH bewährt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Anfänglich gab es die Diskussion – seltsamerweise vor allem von Medienseite, die viel weniger Geld in die KommAustria beziehungsweise in die RTR als die Medienveranstalter in die KommAustria investieren –: Um Gottes Willen, was kostet uns denn das?!

Nie wurde jedoch darüber diskutiert, was das die Telekom kostet, und nie wurde darüber diskutiert, dass wir einen unabhängigen Regulator brauchen. So, wie sich das bei meinem letzten Besuch angelassen hat – ich war, so glaube ich, einer der ersten Politiker überhaupt, der vergangene Woche bei RTR und KommAustria war –, so, wie die Führung mit beiden Geschäftsführern durch die Räumlichkeiten stattgefunden hat, gehe ich einmal davon aus, dass das Ganze mehr als harmonisch ist, und zwar hängt das auch damit zusammen, dass sich beide gegenseitig brauchen. Es geht dabei – um dieses Schlagwort zu verwenden – um Konvergenz.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Todt, bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 48

Bundesrat Reinhard Todt
(SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! In Anbetracht Ihrer Antworten betreffend Gebührensplitting, was den ORF betrifft, möchte ich Sie fragen, ob es auszuschließen ist, dass es dann zu einer Gebührenerhöhung kommen wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Im ORF-Gesetz steht, wer für die Gebühren verantwortlich ist, nämlich der Stiftungsrat. Weiters kann man nachlesen, dass dieses Gremium für die Geschäftsführung, für Gewinne und Verluste verantwortlich ist, ebenso für eine Entscheidung, die falsch wäre, weil das bedeckt werden müsste; sie haften also dafür. Noch einmal: haftende Aufsichtsräte, die für die Gebühren des ORF zuständig sind.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es ist wohltuend, zu hören, dass es nach der wirtschaftlichen Schwächung des ORF durch eine Novellierung des ORF-Gesetzes jetzt wieder um eine Stärkung des ORF geht.

Der ORF bekommt von den Rundfunkgebühren nur 65 Prozent. Ein Teil jener Summe, die der ORF nicht bekommt, ist eine anachronistische Steuer, die auf den Besitz eines Radioapparates beziehungsweise eines Fernsehgerätes abgeführt wird. Genauso gut könnte man übrigens eine Steuer auf einen Rasierapparat oder einen PC einheben.

Werden Sie sich, Herr Staatssekretär, dafür einsetzen, dass diese 780 Millionen Schilling – ich nenne jetzt den Schillingbetrag, bis Ende Februar geht das noch; im März werden wir ihn dann nur mehr in Euro nennen – tatsächlich und insgesamt dem Medienbereich zugeführt werden, da das derzeit eine Steuerleistung ohne Gegenleistung ist?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Ich weiß Ihr Anliegen zu schätzen, und ich sage das auch im Kontext zu den Aufgaben, die auf den ORF, auf die Industrie und auf den österreichischen Staat insgesamt bei einem der größten Projekte, die wir vorhaben, nämlich der Digitalisierung, zukommen werden.

Ich werde mir diesen von Ihnen gemachten Einwand und dieses Argument sehr gut merken und werde in diesem Sinne mit dem Finanzminister sozusagen Tacheles reden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur 10. Anfrage, die Herr Bundesrat Schennach stellen wird, und ich darf ihn gleich um die Formulierung seiner Anfrage bitten.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1222/M-BR/02

Welche Schritte werden seitens der Bundesregierung nun konkret unternommen und in welcher zeitlichen Abfolge, um das Erkenntnis des VfGH hinsichtlich zweisprachiger Ortstafeln auch tatsächlich umzusetzen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Das ist eine Frage, die uns in den letzten Wochen und Monaten stark bewegt hat, auch nach diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes.

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen die Äußerungen, die es seitens der Bundesregierung, besonders seitens des Herrn Bundeskanzlers dazu gegeben hat, noch einmal in Erinnerung


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
684. Sitzung / Seite 49

rufen, nämlich dass es zu Schritten erst nach Aufhebung einzelner Bestimmungen im Volksgruppengesetz und in der Topographie-Verordnung kommen kann, die noch bis Ende des Jahres in Kraft sind.

Die Bundesregierung – das hat der Herr Bundeskanzler gestern wieder betont – erblickt in einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sozusagen einen Schiedsrichterpfiff. In diesem Sinne haben mich die Äußerungen, die gestern nach dieser Sitzung in Kärnten gefallen sind, ermutigt, und man konnte erkennen, dass es da Bewegung gibt.

In diesem Sinne ist es auch zu sehen, dass wir eine Konsenskonferenz machen werden, und in diesem Sinne warten wir auch ab, wie die Ergebnisse der Volkszählung ausschauen werden. Und dann werden wir auf einer breiten, konsensualen und österreichischen Lösung beharren.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sie sagen, Herr Staatssekretär, dass Sie gestrige Aussagen ermutigt haben. Diese Töne waren jedoch dadurch gekennzeichnet, dass Teile der Volksgruppe nicht eingeladen waren und dass es nachher seitens des Kärntner Landeshauptmannes geheißen hat: Dann wird eben die Mehrheit darüber abstimmen müssen! – Das ist doch wenig ermutigend!

Können Sie seitens der Bundesregierung oder namens des Bundeskanzlers ausschließen, dass es zu einer gesetzlichen Regelung kommt, in der die Mehrheit gegen die Interessen der Minderheit handelt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Vor zwei Jahren haben Nationalrat und Bundesrat – ich erinnere Sie daran; als Regierungsmitglied war ich damals auch in diesem Ausschuss – eine Staatszielbestimmung in Bezug auf Schutz und Förderung der österreichischen Volksgruppen beschlossen.

Ich verweise darauf, dass die Bundesregierung in keinem Fall die Einschränkung von Rechten von Volksgruppen akzeptieren kann und wird, und ebenso verweise ich darauf, dass Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes umzusetzen sind.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Ing. Gruber, bitte.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Staatssekretär! Werden bei den zu erwartenden Maßnahmen die Anliegen aller Kärntner, also auch die der Mehrheitsbevölkerung, berücksichtigt? (Ironische Heiterkeit und Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Das habe ich bereits am Anfang gesagt! (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Nochmals: Wir warten die Ergebnisse der Volkszählung ab, ebenso die der Konsenskonferenz – und dann wird eine Entscheidung, und zwar im Konsens, mit allen Beteiligten getroffen werden.

Aber nochmals: Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes sind umzusetzen! (Beifall des Bundesrates Grasberger. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Mag. Trunk, bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Staatssekretär! Ähnlich wie Kollege Schennach konnte auch ich mich nicht wirklich freuen über diese Kurskorrektur durch die Wortmeldung des derzeitigen Kärntner Landeshauptmannes. Ich frage Sie ganz konkret – und


Bundesrat
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es ist sehr angenehm, dass die Frau Vizekanzlerin jetzt auch da ist –: Wie will die Bundesregierung das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes so umsetzen, wie Sie es jetzt formuliert haben, angesichts der Tatsache, dass der Koalitionspartner auf Landesebene derzeit immer noch ein Volksbegehren gegen jede weitere Aufstellung einer Ortstafel einleiten will und der Herr Landeshauptmann von Kärnten in der von ihm herausgegebenen Landeszeitung wörtlich formuliert: Solange ich Landeshauptmann bin, wird es keine zusätzlichen zweisprachigen Ortstafeln geben. Das habe ich gesagt, und dazu stehe ich auch. – Wird Herr Haider umfallen oder zurücktreten müssen, oder wird die Regierung in die Knie gehen? (Bundesrat Dr. Böhm: Das sind Wunschträume!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Bundesrätin! Wie Sie wissen, ist das ein Bundesgesetz und kein Landesgesetz. Auch uns ist klar, dass Minderheitenrechte nicht mit Mehrheitsbeschlüssen – also von der Mehrheit – abgestimmt werden müssen.

Noch einmal: Wir haben eine Staatszielbestimmung nicht umsonst und klaren Willens gemacht.

Ich bitte Sie, einfach darauf zu vertrauen, dass Bewegung signalisiert wurde, und ich bitte Sie noch einmal, zu akzeptieren, dass wir sagen, wir möchten eine Konsenskonferenz machen, wir möchten die Volkszählung abwarten, und wir werden dann die Entscheidung treffen – und zwar zum Wohl dieses Landes – mit einem Konsens – mit einem großen Konsens! – aller politischen Kräfte in diesem Land, und ich lade Sie dazu ein. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm. – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Staatssekretär! Es steht außer Streit, dass der Verfassungsgerichtshof bei der Behandlung der Ortstafelregelung seine Kompetenzen überschritten und sich quasi Aufgaben der Gesetzgebung angemaßt hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Was? Das steht nicht außer Streit! – Bundesrat Dr. Böhm: Selbstverständlich! Rechtswissenschaftlich steht das außer Streit!)

Trotz des der Sache nicht sehr förderlichen Erkenntnisses werden wir – und da bin ich ganz sicher – in Kärnten zu einer für alle Beteiligten akzeptablen Lösung finden.

Ich habe daher folgende Frage: Welche Schritte werden unternommen, um derartige Kompetenzüberschreitungen und Fleißaufgaben des Verfassungsgerichtshofes im Sinne von mehr Rechtssicherheit für die Zukunft in Grenzen zu halten?

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Bundesrat! Im Sinne der Gewaltentrennung maße ich mir nicht an, ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu kommentieren.

Noch einmal: Ich glaube, dass wir im Bereich gerade dieser sensiblen Materie zu einer Lösung kommen werden und kommen müssen, die dem Ansehen Österreichs angemessen ist.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Fragestunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsident Jürgen Weiss: Eingelangt ist ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung von Frau Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger und Ernennung von Herrn Ing. Mathias Reichhold zum Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.


Bundesrat
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Schriftführerin Hedda Kainz:
"Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 19. Februar 2002, Zl. 300.000/1-BEV/2002, gemäß Artikel 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz Herrn Ing. Mathias Reichhold zum Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ernannt."

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Eingelangt sind weiters

der Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Anwendung der EMAS-V (Verordnung EG 761/2001) und die Vollziehung des Umweltgutachter- und Standorteverzeichnis-Gesetzes (UGStVG) sowie des Umweltmanagementgesetzes (UMG), weiters

Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 1999 und 2000, vorgelegt vom Bundeskanzler, weiters

der Kulturbericht 2000 der Bundesregierung und schließlich

der 17. Sportbericht 2000.

Die Frau Präsidentin hat diese Berichte den zuständigen Ausschüssen zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Eingelangt sind 19 Anfragebeantwortungen, 1727/AB bis 1745/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden. Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Frau Präsidentin hat diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Diese Vorlagen wurden auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Prof. Konecny und KollegInnen betreffend Schädigung des österreichischen Ansehens im Ausland durch die Irak-Reise Haiders zu Saddam Hussein an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten vorliegt.


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Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird (448 und 953/NR sowie 6573/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Herbert Thumpser übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Herbert Thumpser: Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Der Bericht des Ausschusses für öffentliche Leistung und Sport liegt schriftlich vor. Ich kann mich daher auf den Antrag beschränken.

Der Ausschuss für öffentliche Leistung und Sport stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Februar 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Josef Saller das Wort. – Bitte.

12.08

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderung des Bundes-Sportförderungsgesetzes ist sehr zu begrüßen, da es die Qualität bei der Planung und Abwicklung von Sportprojekten erhöht.

Durch den sorgfältigen und effizienten Einsatz der Sportförderung erhalten wir finanzielle Freiräume, finanzielle Spielräume für wichtige Sportanliegen, und ich darf zwei dieser mir besonders wichtig erscheinenden Sportanliegen hervorheben.

Im Jahr 2003 wird seitens der Europäischen Union das Jahr der Menschen mit Behinderung ausgerufen werden. Das gibt also Gelegenheit, die Förderung des Behindertensportes mit zusätzlichen Mitteln zu forcieren. Das darf sich natürlich nicht nur auf das Jahr 2003 beschränken. Der Behinderten-Sportverband ist zwar Mitglied der Bundessportorganisation, wird aber aus deren Budget nicht dotiert.

Es hat gestern zu diesem Thema im Salzburger Landtag eine Debatte gegeben, und es wurde gestern ein Antrag gestellt, wonach die gesetzliche Verankerung des österreichischen Behindertensportes verlangt werden soll. Dies würde die Finanzierungsproblematik des Behindertensportes lösen.

Ich will natürlich die wertvolle Arbeit der Sport- und Dachverbände in keinem Falle gefährden, verlange aber trotzdem, dass der Behinderten-Sportverband als vollwertiges Mitglied anerkannt und aus den jährlichen Erhöhungen der Mittel entsprechend dotiert wird.

Mein zweites besonderes Anliegen ist die Förderung des geregelten Ausbaues des Radwegenetzes und insbesondere der Mountainbike-Strecken. Mindestens 3 Millionen Österreicher benützen ein Rad, davon besitzen zirka eine Million ein Mountainbike. Man schätzt, dass davon 50 Prozent auf Forststraßen fahren.

Es ist also das klare Bestreben da, auf der einen Seite zwar möglichst viele Forstwege für Biker und Sportinteressierte zu öffnen, auf der anderen Seite ist natürlich eine generelle, rücksichtslose und wilde Öffnung abzulehnen und auch nicht möglich. Das heißt, die Vorgangsweise


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muss an und für sich klar sein: eine partnerschaftliche Konzepterstellung mit Einbeziehung aller Beteiligten, das sind die Eigentümer, Grundbesitzer, das sind die Anrainer, die Nützer, und das sind natürlich auch jene, die die ökologische Verträglichkeit beurteilen. Der Schutz der Natur, die Rechte der Waldbesitzer und Jäger sind uns ebenso ein Anliegen wie die Lösung der Sicherheitsfragen, Haftungs- und Erhaltungsmaßnahmen. Gemeinsames Ziel muss somit sein, möglichst viele geeignete, sichere und gekennzeichnete Strecken zu erhalten und freizugeben.

Die Änderung dieses Bundes-Sportförderungsgesetzes bietet somit allen Verantwortlichen durchaus Möglichkeiten, Freiräume, finanzielle Räume zu nützen und mit entsprechenden Schwerpunkten zu versehen. Das ist, so glaube ich, eine wichtige Sache, die man nicht außer Acht lassen soll. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Binna das Wort. – Bitte.

12.12

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Vizepräsident! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Olympischen Spiele laufen noch, und ich möchte mich an dieser Stelle auch im Namen meiner Fraktion für die derzeit erbrachten Leistungen unserer österreichischen Sportlerinnen und Sportler auf das Allerherzlichste bedanken und ihnen zu diesen Leistungen auf das Allerherzlichste gratulieren! (Allgemeiner Beifall.)

Wir stehen derzeit bei 14 Medaillen, aber ich glaube, einige Bewerbe stehen noch aus und es werden noch einige dazu kommen.

Diese Leistungen – es geht nicht nur um Medaillen – haben, wie ich glaube, sehr positive Auswirkungen auf Österreich, und zwar speziell im touristischen Bereich. Um solche Leistungen erbringen zu können, müssen wir natürlich bestimmte Voraussetzungen schaffen, und hiefür benötigen wir die geeigneten Sportstätten.

Wir werden dieser Gesetzesänderung unsere Zustimmung erteilen, weil es richtig und wichtig ist, dass bei Großprojekten und Großveranstaltungen schon vor Baubeginn durch begleitende Kontrollmaßnahmen die Investitionsvorhaben auf ihre Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit überprüft werden und auch speziell die Frage der Nachnutzung fixiert wird, damit die Folgekosten auf das Geringste minimiert werden können.

Beispielgebend hiefür sind die Länder England und Holland, aber auch die Schweiz, die mit der Errichtung des neuen Fußballstadions in Basel Vorbildwirkung zeigt. Ganz wichtig ist auch für Österreich der Neubau der Fußballstadien in Salzburg und Klagenfurt. Wir können damit voller Zuversicht sein, dass wir gemeinsam mit der Schweiz den Zuschlag zur Ausrichtung der Fußball-EM 2008 bekommen werden.

Einer Aussage des steirischen Landesrates Hirschmann kann ich allerdings nichts abgewinnen, der gemeint hat, wenn jemand die hundert Meter in 10,0 renne, werde er die dafür notwendige Sportanlage bauen. – Dies ist der falsche Weg. Die Einrichtungen müssen wir vorher schaffen, damit wir vielleicht einmal die hundert Meter in 10,0 laufen können.

Das nächste große Event in Österreich ist die Hallen-Leichtathlethik-EM im März in Wien. Ich wünsche mir, dass auf Grund dieser Gesetzesänderung Fehler, wie sie beim Umbau des Dusika-Stadions passiert sind, nicht wieder vorkommen. Dort hat man nämlich vergessen, einen Raum zum Aufwärmen für die Sportlerinnen und Sportler zu schaffen. Das wäre beinahe ein Grund dafür gewesen, dass wir den Zuschlag für die Halleneuropameisterschaften nicht bekommen hätten.

Zwei Punkte möchte ich noch besonders ansprechen, das sind der Behindertensport und der Schulsport. Im Anschluss an diese Olympischen Spiele werden die Paraolympics in Salt Lake City stattfinden.


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Frau Vizekanzlerin! Sie haben vor zirka sieben Monaten hier erklärt, das ORF-Gesetz wurde auch geändert, damit man den Behindertensport mehr in den Vordergrund rücken kann. Ich werde mit Spannung verfolgen, ob es eine Direktübertragung von irgendeinem Bewerb geben wird.

Zweitens komme ich zum Schulsport. Es ist nach wie vor erwiesen, dass von allen Schulanfängern 22 Prozent einen Haltungsschaden aufweisen, nach Beendigung der Hauptschule sind es schon 67 Prozent. Wir müssen Vorsorge dafür treffen, dass schon im Kindergartenalter, weiters in der Volks- und Hauptschule damit begonnen wird, mehr Sport zu betreiben. Ich meine, dass zwei Turnstunden pro Woche in der Volks- und Hauptschule zu wenig sind.

Frau Vizekanzlerin! Stellen Sie bitte die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung! Unsere Kinder werden es uns danken, und wir können sicherlich auch unser Gesundheitssystem damit finanzieren.

Zum Schluss noch eines: Setzen wir alles daran, dass wir weiterhin auf unsere Spitzensportlerinnen und -sportler stolz sein können! Vergessen wir aber nicht den Breitensport, den Schulsport, die Frauen im Sport und den Behindertensport! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Thomas Ram. – Bitte.

12.16

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Vizekanzlerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich möchte ich auch seitens meiner Fraktion zu den großartigen Leistungen bei den Olympischen Spielen gratulieren. Vor allem die gestrige Medaille in Skeleton war, so glaube ich, ein großer Erfolg für uns, auf den wir sehr stolz sein können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genauso wie mein Vorredner bin natürlich auch ich zuversichtlich, dass wir heute Abend eine Medaille erringen werden. Ich glaube, der Riesentorlauf der Herren ist für uns eine große Chance, die wir sicher nutzen werden.

Auch dieser Tagesordnungspunkt 1 betreffend das Bundes-Sportförderungsgesetz erfüllt mich mit großer Freude. Vor allem sind es zwei Aspekte, die mich sehr freuen. Erstens ist es erfreulich, dass wir diese Gesetzesänderung am Beginn der Tagesordnung diskutieren können. Ich halte es für sehr wichtig, dass der Sport den entsprechenden Stellenwert bekommt, denn wir haben es in den letzten Jahren im Bundesrat immer wieder erlebt, dass die Sportmaterien zur Geisterstunde, also um Mitternacht, und zu ähnlich ungünstigen Zeiten besprochen worden sind. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir der Öffentlichkeit den Sport auch einmal am Beginn der Tagesordnung präsentieren, und glaube, dass das ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Ich freue mich auch über die Einstimmigkeit bei dieser Gesetzesänderung, ich freue mich besonders, dass auch die Opposition zustimmt, weil gerade der Sport überparteilich sein sollte. Wir erleben das immer wieder, vor allem auf den Fußballplätzen, dass es Koalitionen abseits jeder Parteipolitik gibt. Ich bin zum Beispiel ein leidgeprüfter Anhänger von Austria Wien. (Allgemeine Heiterkeit.) Da hat man es derzeit absolut nicht leicht. Mein Präsident ist Michael Häupl. Das nehme ich auch zur Kenntnis. (Bundesrätin Schicker: Ist das nicht schön?) – So soll es auch sein. Und neben mir leidet meistens mein Freund Harry Himmer, der jetzt leider nicht im Saal ist, weil wir öfter gemeinsam auf den Fußballplatz gehen. Aber wir alle halten zusammen, auch wenn wir Vertreter unterschiedlicher politischer Parteien sind, also verschiedene politische Einstellungen haben.

Dieser Zusammenhalt und dieser Konsens im Sport werden auch durch die Politik unserer geschätzten Frau Vizekanzlerin als Sportministerin vorangetrieben. Jüngstes Beispiel dafür ist die gemeinsame Übereinkunft mit dem Land Burgenland, ein Leistungszentrum für Segeln in Neusiedl am See im Burgenland zu errichten. Das ist für mich nicht nur eine landschaftlich sehr reizvolle, sondern auch eine wichtige Gegend. Es ist wichtig für uns, dass es dort einen


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wirtschaftlichen, aber auch sportlichen Impuls gibt. Jeder von uns weiß, dass das Land Burgenland von einem sozialdemokratischen Landeshauptmann angeführt wird. Aber dort ist es unserer Vizekanzlerin gelungen, eine für den Sport Österreichs hervorragende Übereinkunft zu erzielen. Dafür möchte ich mich auch herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Konsens im Sport wird auch in den Gemeinden und Vereinen vorangetragen. In jedem Verein wird großartige Nachwuchsarbeit durch zahlreiche Ehrenamtliche geleistet. Dort wird auch nicht gefragt, welche parteipolitische Einstellung der einzelne Funktionär hat, sondern es wird gemeinsam gearbeitet, und auch diesen ehrenamtlichen Funktionären schulden wir unseren Dank und unsere Anerkennung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die vorliegende Gesetzesänderung bringt geeignete Kontrollmaßnahmen mit sich und soll den effizienten und langfristig wirksamen Einsatz von Bundesmitteln sicherstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt werden die Investitionsvorhaben auf Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit geprüft, und auch ein laufendes Controlling wird veranschlagt. Das ist für uns insofern wichtig, als uns einige Großprojekte bevorstehen. Ich denke – es wurde auch schon angesprochen – vor allem an die Bewerbung für die Europameisterschaft im Fußball im Jahr 2008, die gemeinsam mit der Schweiz durchgeführt werden soll. Das Salzburger Stadion befindet sich derzeit in Bau, das Klagenfurter Stadion wird errichtet, das Innsbrucker Stadion muss adaptiert werden. Ich meine, auch das Wiener Stadion muss ausgebaut werden, damit die entsprechenden Kapazitäten zur Verfügung stehen. Obwohl es in Wien bei den derzeitigen Resultaten unserer Fußballvereine natürlich nicht sehr leicht ist, dieses Stadion zu füllen, hoffe ich doch, dass wir es demnächst auch bei Meisterschaftsspielen wieder füllen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Behindertensport wurde schon angesprochen. Ich möchte noch einmal die Rubbellos-Aktion erwähnen. Ich glaube, das ist eine ganz großartige Aktion, die von der Frau Vizekanzlerin durchgeführt wird. 30 Millionen Schilling werden für den Behindertensport freigestellt und dem Behindertensport zur Verfügung gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben im Rahmen der Diskussion über die letzten Sportberichte über die großartigen Leistungen vor allem der behinderten Sportler gesprochen. Alle Redner haben eigentlich diese Leistungen sehr positiv erwähnt. Ich selbst kenne einen behinderten Sportler, Thomas Rosenberger, der in Sidney eine Medaille im Schwimmen gewonnen hat, und ich weiß, welch großes Engagement und vor allem welche Überwindung und welch geistige Einstellung hinter diesen Erfolgen stehen. Daher, glaube ich, sollten wir den Behindertensport auch in Zukunft weiter unterstützen. Ich kann meinem Vorredner diesbezüglich nur 100-prozentig Recht geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Großen und Ganzen kann ich nur sagen: Die Sportpolitik, wie sie derzeit von unserer Vizekanzlerin und Sportministerin betrieben wird, ist überaus erfolgreich. Sie ist deswegen erfolgreich, weil der Konsens über die Parteigrenzen hinweg gesucht wird. Ich glaube, das ist der einzig vernünftige Weg, der dazu führt, dass wir auch in Zukunft eine große Sportnation bleiben und in Zukunft auch der Gesellschaft den Sport näher bringen. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun der Frau Vizekanzlerin das Wort. – Bitte.

12.23

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass zurzeit die Olympischen Spiele in Salt Lake City im Gange sind, wo Österreich – wie fast immer im Wintersport, möchte ich sagen – große Erfolge aufzuweisen hat, aber die entsprechenden Voraussetzungen für diese Erfolge müssen auch von Seiten der öffentlichen Hand geschaffen werden. Das heißt, es müssen Rahmenbe


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dingungen für die Sportlerinnen und Sportler bestehen, etwa die entsprechenden Trainingsvorbereitungen, die es ihnen ermöglichen, dann Spitzenleistungen zu bringen.

Wir haben bereits im Frühjahr 2000, als ich dieses Ressort übernommen habe, damit begonnen, gemeinsam mit den Verbänden und den Sportlerinnen und Sportlern moderne Strukturen zu entwickeln, die vor allem für den Nachwuchs, aber auch für den Topsport, den Spitzensport und für den Behindertensport beste Voraussetzungen bieten sollen.

Wir haben in Österreich eine Struktur, wonach wir besonders im Wintersport sozusagen Weltspitze sind, was auch damit zu tun hat, dass es sich insbesondere der Österreichische Schiverband, den ich da auch positiv hervorstreichen möchte, immer zum Anliegen gemacht hat, nicht nur die sportliche Ausbildung der Athletinnen und Athleten im Auge zu haben, sondern auch ihre berufliche und schulische Ausbildung damit zu kombinieren. Ich glaube, dass das das Erfolgsmodell des österreichischen Schisports, des Wintersports ist, das es uns als kleinem Land ermöglicht, mit großen Nationen in diesem Bereich zu konkurrieren. Ich halte das daher auch für eine Vorgabe für alle anderen Sportarten, für den Sommersport. Wir haben bei den letzten Olympischen Spielen in Sidney gesehen, dass wir auch dort große Erfolge erzielen konnten. Die Leistungen dieser Sportlerinnen und Sportler sollten auch Ansporn für viele andere sein, die im Sommersport aktiv sind.

Eine Schlüssel-Ressource für erfolgreiche Sportausübung sind Sportmedizin, Sportwissenschaft und Sportpsychologie. Wir haben versucht, auch da einen Schwerpunkt zu setzen, und zwar auch im Rahmen von "Top Sport Austria", das ist jenes Modell, das den bisherigen Spitzensportausschuss abgelöst hat, mit der Zielsetzung, mehr Effizienz, schnellere Entscheidungen und langfristigere Planung von Projekten zu ermöglichen. Wir wollen im Rahmen dieser Projekte Sportlerinnen und Sportler bei der Vorbereitung auf Olympische Spiele, Welt- und Europameisterschaften unterstützen. Wir sind damit auch Partner der Fachverbände beim Aufbau von modernen Spitzensportstrukturen. Im Mittelpunkt stehen qualifiziertes Training und das erforderliche sportwissenschaftliche und sportmedizinische Umfeld, das in diesem Bereich auch entsprechend zur Verfügung gestellt wird.

Die Nachwuchsarbeit – ich habe es schon gesagt – ist die Basis für den Erfolg. Wir sehen in jenen Verbandsbereichen, in denen diese Nachwuchsarbeit auch erfolgreich gemacht wird, dass sie auch zu entsprechenden Ergebnissen führt. Wir sehen aber auch, dass es andere Bereiche gibt, in denen wir Defizite haben. Und wir haben heute die Situation, auch was den österreichischen Fußball betrifft, dass wir meines Erachtens zur Kenntnis nehmen müssen, dass man viele Jahre lang die Nachwuchsarbeit nicht mit jener Intensität betrieben hat, die notwendig wäre, um auch Vorsorge zu treffen, dass wir junge Fußballer haben, die dann europäisches oder sogar Weltniveau erreichen können.

Wir haben daher mit dem Österreichischen Fußballbund in den letzten zwei Jahren Projekte vereinbart, die auch da für Verbesserung sorgen sollen, auch für die Vorbereitung für die Europameisterschaft 2008, aber auch für die U 19-Europameisterschaft, um auch da entsprechende Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Wir planen darüber hinaus nach dem Vorbild der Schigymnasien, Schihandelsschulen und Schihauptschulen auch drei oder vier Ballsportschulen schwerpunktmäßig in Österreich zu errichten. Wir sind jetzt gerade bei der Konzeption dieses Schulmodells, wonach wir nicht nur Fußball, sondern auch Handball, Volleyball, Basketball, das heißt alle Ballsportarten, zusammenfassen wollen, um auch da einen Schwerpunkt zu setzen. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Bereich ist.

Das Kompetenzzentrum für den Nachwuchssport Segeln in Neusiedl ist schon erwähnt worden. Ich halte das für ein herausragendes Projekt. Wir haben bei den Olympischen Spielen in Sidney gesehen, dass wir mit Hagara/Steinacher auch Goldmedaillen-Gewinner haben. Das hat weltweit für Aufsehen gesorgt, weil Österreich ein Binnenland ist. Die Tatsache, dass wir im Segeln und Surfen bei den Olympischen Sommerspielen Gold gemacht haben, ist doch etwas Herausragendes. Ich glaube daher, dass wir mit diesem Kompetenzzentrum in Neusiedl wirklich


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ein hervorragendes Projekt haben, weil Neusiedl dadurch, dass es auch eine Schulstadt ist, wo sich eben ein Gymnasium, eine Handelsakademie und eine Handelsschule befinden, auch die Möglichkeit bietet, die Kombination zwischen der sportlichen und der schulischen Ausbildung sicherzustellen.

Wir haben darüber hinaus das Leistungszentrum Südstadt mit zusätzlichen Möglichkeiten für hochkarätige Experten ausgestattet. Seit Anfang dieses Jahres ist auch ganztägig ein Sportpsychologe in der Südstadt angestellt. Weiters wurde ein Sportkoordinator beziehungsweise ein Selektioneur eingesetzt, der gemeinsam mit den Fachverbänden daran arbeitet, die besten Sportler und Jugendlichen in die Südstadt zu bringen, um ihnen dort auch entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten.

Wir haben im September 2001 zum ersten Mal den "Tag des Sports" veranstaltet, und zwar mit der Zielsetzung, gerade den Schülern und Jugendlichen dort auch die Möglichkeit zu geben, Sportarten kennen zu lernen, die ihnen nicht so bekannt sind. Wir haben mit den Fachverbänden eine Kooperation gehabt, für die ich mich ausdrücklich bedanken möchte, die wirklich hervorragend war. Wir haben allein an diesem ersten Tag 30 000 Besucher auf dem Heldenplatz begrüßen können, vor allem junge Leute, die dort vor Ort auch Sportarten ausprobieren und mit den Verbänden Kontakt aufnehmen konnten. Ich glaube, dass das ein großer Erfolg ist, der es rechtfertigt, dass wir das zu einer fixen Einrichtung machen. Der nächste "Tag des Sports" wird daher am 28. September dieses Jahres stattfinden.

Der von Herrn Kollegen Binna angesprochene Schul- und Breitensport ist mir ein ebenso wichtiges Anliegen. Ich sage aber auch hier der Vollständigkeit halber dazu: Dafür bin ich nicht zuständig. Ich unterstütze aber die Länder und auch das Unterrichtsministerium in jeder mir möglichen Weise, gerade auch in diesen so wichtigen Bereichen des Breiten- und Schulsports. Wir haben gemeinsam mit dem Unterrichtsministerium eine Arbeitsgruppe für den Schulsport eingerichtet, weil ich glaube, dass es hier auch Möglichkeiten gibt, gerade mit den Lehrern, die keine Beschäftigung im Schuldienst haben, und gemeinsam mit den Verbänden eine Kooperation einzugehen. Da gibt es sehr erfolgreiche Modelle in Niederösterreich oder auch in Salzburg, die man durchaus auch in anderen Bundesländern entsprechend umsetzen könnte.

Dass mir der Behindertensport ein besonders wichtiges Anliegen ist, muss ich, so glaube ich, nicht betonen, ich habe das mehrfach schon getan. Es geht auch nicht darum, dass wir davon reden, sondern vor allem darum, was wir in diesem Bereich machen.

Ich denke, dass wir zuerst einmal Vorsorge getroffen haben dadurch, dass wir auch in Zeiten der Budgetrestriktionen in diesem Bereich keine Kürzungen vorgenommen haben, sondern die Mittel für den Behindertensport absolut unangetastet gelassen haben, und dass wir eine Arbeitsgruppe eingerichtet haben, die daran arbeitet, finanzielle Grundlagen des Behindertensports auch gesetzlich zu garantieren.

Mein großes Ersuchen an die Bundessportorganisationen – ich habe dieses Ersuchen schon mehrmals gestellt – ist, den Behindertensportverband, der nach langen Jahren endlich einmal als Mitglied akzeptiert wurde – aber als außerordentliches Mitglied, und das heißt nichts anderes, als dass man Mitglied der BSO sein darf, aber kein Geld bekommt; ich halte das, ehrlich gesagt, für einen verantwortungslosen Zustand –, als gleichberechtigten und gleichwertigen Partner in der BSO zu berücksichtigen. Das ist mein Ersuchen auch an die BSO.

Ich habe in den letzten Tagen und Wochen einige Signale in diese Richtung bekommen, nachdem ich zwei Jahre lang versucht habe, mich intensiv dafür einzusetzen, und ich hoffe, dass es nicht bei den Ankündigungen bleiben wird, sondern dass das auch umgesetzt werden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben – das ist schon erwähnt worden – mit den Österreichischen Lotterien eine Rubbellos-Aktion zugunsten der behinderten Sportlerinnen und Sportler vorbereitet. Als Träger dieser Aktion "Rubbelchampion" wird Franz Klammer zur Verfügung stehen, der noch immer einer der populärsten beziehungsweise nach Markttest der populärste Sportler in Österreich ist, der auch


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auf Grund seiner eigenen Erfahrung und des Schicksals seines Bruders einen ganz persönlichen Zugang dazu hat und sich in dieser Angelegenheit besonders einsetzt. Ich darf mich dafür sehr herzlich bedanken. Diese partnerschaftliche Aktion mit den Lotterien wird einen Erlös in der Höhe von 30 Millionen Schilling für den Behindertensport bringen.

Wir haben weiters – auch heuer zum ersten Mal – an die Medaillengewinner der Olympischen Spiele in Sydney, der Paraolympics, Prämien in der Höhe von 300 000 S ausbezahlt. Auch das ist eine Anerkennung der sportlichen Höchstleistungen, die es in diesem Bereich gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Gstöttner. )

Wir haben – und das ist mir am allerwichtigsten – die "Top-Sport-Austria"-Mittel, die Spitzensportförderungsmittel, auch für Behindertensportler geöffnet. Das heißt, Behindertensportler können so wie alle anderen Sportler ansuchen und auch Projektförderungen für die Vorbereitung auf Paraolympics oder Weltmeisterschaften erhalten.

Wir müssen, so meine ich, anerkennen, dass hier genauso Spitzenleistungen erbracht werden wie im Leistungssport generell. Ich glaube, dass wir mit der Gleichstellung in diesem Bereich – Gleichstellung bei der Spitzensportförderung der behinderten Sportlerinnen und Sportler mit jener der anderen Sportler – einen wirklichen Meilenstein gesetzt haben. Das wird auch zur Folge haben, dass da noch eine Leistungsverbesserung möglich ist, dass mehr Behindertensportlerinnen und -sportler als bisher an solch internationalen Bewerben teilnehmen werden können.

Wir haben heute mit der Novelle zum Bundes-Sportförderungsgesetz einen wichtigen Bereich – auch was die Rahmenbedingungen betrifft – auf der Tagesordnung, nämlich die Sportstätteninfrastruktur. Vieles ist schon gesagt worden, zum Beispiel in Bezug auf die Fußball-stadien – Kollege Ram hat das bereits ausgeführt –, um Österreich als Austragungsort für die Fußballeuropameisterschaft 2008 fit zu machen.

Wir haben aber darüber hinaus natürlich eine ganze Reihe von anderen Infrastrukturprojekten. Bei der neuen Berg-Isel-Schanze hat man heuer beim Skispringen am Berg Isel gesehen, dass sie wirklich ein internationales Vorzeigeprojekt ist. Wir haben viele andere Projekte in anderen Bundesländern, die sich bereits in der Umsetzung oder noch in der Planungsphase befinden, im Leichtathletik-Bereich, im Schwimmbereich, aber auch in anderen Bereichen.

Ich glaube, dass wir alles daran setzen müssen, dass diese Sportstätten-Infrastrukturprojekte auch unter dem Gesichtspunkt der Effizienz und der Kostengünstigkeit abgewickelt werden. Wir haben mit den Salzburgern das Stadion-Projekt auf freiwilliger Basis auf dieser Ebene abgehandelt, und seitens des Landes Salzburg, das am Anfang ein bisschen skeptisch war, hat man dann gesehen, dass es eigentlich zu seinem eigenen Vorteil war, und man hat dieses Projekt mit großer Begeisterung mit uns umgesetzt. Wir beide haben dadurch Geld gespart – und damit in erster Linie der Steuerzahler. Ich glaube, das Projekt ist letztendlich besser geworden.

Wir haben das mit einem Nachwuchsprojekt verbunden – wir werden das auch in allen anderen Bereichen tun. Das heißt, sowohl der Verein als auch das Land und die Stadt Salzburg haben sich verpflichtet, ein Nachwuchsprojekt gemeinsam mit uns zu unterstützen, denn wir haben nichts davon, wenn wir schöne Sportstätten bauen und keine jungen Sportler haben, die dann in diesen Sportstätten auch entsprechend erfolgreich Sport ausüben.

Ich meine, dass wir mit diesem Bundes-Sportförderungsgesetz, der Wirtschaftsprüfung und dem Controlling einen wirklichen Fortschritt erzielen und dass wir auch sicherstellen, dass Sportstätten-Infrastrukturprojekte in Österreich bestmöglich auch im Interesse des Steuerzahlers abgewickelt werden.

Ich möchte abschließend, weil es ein wichtiger Bereich ist, einige Worte zum Vereinsgesetz sagen. Das Vereinsgesetz war für viele Vereine ein Ärgernis, weil es sehr bürokratisch, sehr kompliziert und sehr aufwendig war. Meine Mitarbeiter, die in dieser Arbeitsgruppe mitgewirkt haben, haben beim neuen Vereinsgesetz natürlich besonderes Augenmerk auf die Sportvereine gelegt. Man will erreichen, dass Mehrgleisigkeiten abgebaut werden, dass die Gründung von


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Vereinen vereinfacht wird und vor allem die Verwaltungsabläufe vereinfacht werden. Das ist das, worauf es uns besonders angekommen ist, damit sichergestellt ist, dass es zu keinen ungebührlichen Belastungen in diesem Bereich kommt. Ich glaube, dass uns das auch entsprechend gelungen ist.

In diesem Sinne kann ich mich nur dem anschließen, was Kollege Ram gesagt hat: Sport ist etwas, was verbindet, was Nationen verbindet, was Menschen auf der ganzen Welt verbindet – über alle politischen, kulturellen und sonstigen Unterschiede hinweg. Ich glaube, unter diesem Gesichtspunkt muss es uns ein gemeinsames Anliegen sein, für den Sport in Österreich gemeinsam das Beste zu tun und dafür auch die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.

In diesem Sinne bedanke ich mich auch für die Zustimmung zu dieser Gesetzesinitiative. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert wird (944 und 985/NR sowie 6568/BR und 6570/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Harald Reisenberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Harald Reisenberger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert wird, schriftlich vorliegt, erspare ich uns die Verlesung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Februar 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Franz Wolfinger das Wort. – Bitte.


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12.38

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Nationalrat hat am 30. Jänner dieses Jahres die Entschädigung für Kriegsgefangene im Ersten und Zweiten Weltkrieg abgeschlossen und verneigt sich mit diesem symbolischen Zeichen vor dem Leiden jener, die die Schrecken des Krieges und der Kriegsgefangenschaft erleiden mussten.

Zur Chronologie: Die Bundesregierung hat eine Entschädigung für Kriegsgefangene der Oststaaten beschlossen. Kriegsgefangene der westlichen Staaten blieben aus budgetären Gründen leider ausgeschlossen. Tatsache ist, dass viele in westlichen Ländern in Gefangenschaft Geratene nicht verstehen konnten, dass Ost-Gefangene eine Entschädigung ihrer Gefangenschaft erhalten, sie jedoch nicht. Vielen Schreiben, die der Seniorenbund in Oberösterreich erhalten hat, konnten wir die Enttäuschung jener entnehmen, die bisher keine Entschädigung erhalten haben.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere unserem Landeshauptmann außer Dienst Dr. Josef Ratzenböck Dank zu sagen, der in vielen Briefen an die Bundesregierung und an das Land Oberösterreich dieses Problem aufgegriffen hat. Der oberösterreichische Landtag hat am 7. Juni 2001 mit Zustimmung aller vier im Landtag vertretenen Parteien eine Resolution zur Gleichbehandlung aller Kriegsgefangenen beschlossen – auch mit den Stimmen der grünen Fraktion.

Es war ein Gebot der Solidarität, dass alle, die durch ein gemeinsames Schicksal Krieg und Gefangenschaft erdulden mussten, eine kleine Entschädigung für die daraus erlittenen Nachteile erhalten, und es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, dass alle ehemaligen Kriegsgefangenen gleich behandelt werden. Viele haben gelitten, furchtbar gelitten, und allzu viele sind in der Kriegsgefangenschaft zu Grunde gegangen.

Ich bedanke mich daher ganz besonders bei Bundesminister Herbert Haupt, der sein Versprechen vom Juli des vergangenen Jahres eingehalten hat, sodass nun zusätzlich rund 50 000 Personen ab 1. 1. 2002 Anspruch auf eine Entschädigung haben. Es sind dies Personen, die in amerikanischer, britischer oder französischer Gefangenschaft waren, oder zivilinternierte Personen, die außerhalb Österreichs festgenommen wurden.

Die Leistung wird zwölfmal jährlich ausbezahlt, sie ist einkommensteuerfrei und wird bei der Ausgleichszulage nicht angerechnet. Die Auszahlung erfolgt gemeinsam mit der Pension. Die Entschädigung beträgt zwischen 14,53 € und 36,34 €.

Meine Fraktion wird daher diesem Gesetz gerne die Zustimmung geben.

Ich bedanke mich noch einmal im Namen Tausender Betroffener für die Erledigung dieser Angelegenheit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer das Wort. – Bitte.

12.41

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, festhalten zu können, dass es kaum mehr als ein halbes Jahr gedauert hat, bis eine Ungleichbehandlung von Kriegsgefangenen beseitigt wurde. Noch im Juli 2001 hat hier von dieser Stelle aus Herr Bundesminister Haupt die Zuerkennung einer Entschädigungszahlung auch für Gefangene der Westalliierten unter Hinweis auf zu hohe Kosten abgelehnt. Schön, dass er mittlerweile die geschätzte Summe von 10 Millionen € oder knapp 140 Millionen Schilling doch erübrigen kann, zumal er ja mit Recht annehmen kann, dass die erforderliche Summe von Jahr zu Jahr geringer wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen, dies auch deshalb, weil der von der SPÖ eingebrachte Antrag auf Entschädigungszahlung auch für Kriegsgefangene des Ersten Weltkrieges im Nationalrat angenommen wurde. Wir wissen, dass es da nur mehr wenig Überlebende beziehungsweise Anspruchsberechtigte gibt, aber zu


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mindest diesen gegenüber soll klargestellt sein, dass ihr durch Gefangenschaft erlittenes körperliches wie seelisches Leid jenem jener österreichischen Staatsbürger, die infolge des Zweiten Weltkrieges in Kriegsgefangenschaft gerieten, gleichgestellt ist.

Eines möchte ich namens meiner Fraktion aber schon klarstellen: Für uns Sozialdemokraten handelt es sich bei dieser Leistung um eine, wie es das Gesetz auch zum Ausdruck bringt, Entschädigungszahlung, also um eine Entschädigung dafür, was österreichische Staatsbürger und auch -bürgerinnen in Gefangenenlagern erleiden mussten. Zivilinternierte, die Zwangsarbeit leisten mussten, sind davon ebenso umfasst wie betroffene Personen, die heute ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

Eines verstehen wir aber unter der Gewährung einer Entschädigung mit Sicherheit nicht, nämlich einen Freispruch für jene Österreicher, die auch heute noch immer davon überzeugt sind, dass es die richtigen Ideale und Ziele waren, die sie für die so genannte Deutsche Wehrmacht tätig werden ließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei aller Zustimmung zu diesem Gesetz und auch in Anbetracht dessen, dass die Betroffenen sehr rasch in den Genuss dieser Leistung kommen sollen, muss auch für dieses Gesetz gelten, dass parlamentarische Grundregeln einzuhalten sind. Ein Gesetz kann erst dann wirksam werden, wenn es von den zuständigen parlamentarischen Gremien die erforderliche Zustimmung erhalten hat.

Ich habe hier in der Sitzung am 6. Dezember des Vorjahres Herrn Bundesminister Haupt für die Schaltung eines Inserates in den großen österreichischen Tageszeitungen kritisiert, weil er dadurch den Eindruck vermittelt hat, die Ausweitung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes auch auf Gefangene der Westalliierten wäre bereits beschlossene Sache. – Das war eine unter Einsatz hoher finanzieller Mittel veranlasste reine Propagandaaktion, die Leser schlimmstenfalls in die Irre führen hätte können.

Bedenklich erscheint es mir aber, dass seitens seines Ministeriums noch im Dezember 2001 die für die Bearbeitung zuständigen Stellen per E-Mail angewiesen wurden, Anträge auf Entschädigung ab sofort entgegenzunehmen und in diesem E-Mail auch bereits mitgeteilt wird, wie das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz ausgeweitet wird. Weisungen dieser Art nehmen parlamentarische Entscheidungen vorweg und müssen daher abgelehnt werden.

Die große Eile, die jetzt an den Tag gelegt wird, kann nicht mehr gutmachen, dass es der Herr Bundesminister zugelassen hat, dass monatelang ein Gesetz in Kraft war, welches wegen der Ungleichbehandlung von Kriegsgefangenen nicht nur höchstwahrscheinlich verfassungswidrig war, sondern auch dazu geführt hat, dass Gefangene der Westalliierten Monate des Anspruchs auf eine Entschädigungszahlung verloren haben. (Bundesrat Grissemann: Das hätten Sie schon 30 Jahre vorher machen können!)

Herr Kollege! Wenn Sie das sagen, dann vergessen Sie eines: Auch Ihre Partei war bereits Mitglied einer Bundesregierung. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass diese Forderung jemals von Ihnen eingebracht wurde. (Bundesrat Grissemann: Wir haben aber den Sozialminister nicht gestellt!)

Eben diese Ungleichbehandlung wollte meine Fraktion verhindern, leider hat aber unser diesbezüglicher Antrag nicht die erforderliche Zustimmung gefunden. Dieses auch von Ihnen mitverursachte Versäumnis kann auch durch dieses Gesetz nicht mehr repariert werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Willi Grissemann. Ich erteile ihm das Wort.

12.46

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe schon bei der Erstfassung des Gesetzes darauf hingewiesen, dass Fronarbeit in französischen und belgischen Kohlegruben vergleichbar


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mit den Entbehrungen ist, die diese geschundene Generation unserer Väter und Großväter in Kriegsgefangenenlagern im Osten erleiden mussten. Das und jene schlimmen Dinge, die sich auf den so genannten Rheinwiesen 1945 ereigneten – ich möchte das in Erinnerung rufen –, wo die Westalliierten – die Betonung liegt auf: Westalliierten – die Ernährung von über einer Million Kriegsgefangener nicht mehr sicherstellen konnten oder wollten, sodass viele davon buchstäblich verhungerten, sind mit ein Grund für diese Novelle. Selbstverständlich war es hart, auch in westalliierte Kriegsgefangenschaft geraten zu sein.

Kollege Öllinger von den Grünen hat bei der Erstfassung dieses Gesetzes von einem – wörtlich – "Kriegsverbrecherentschädigungsgesetz" gesprochen. Ich habe schon damals gesagt, dass das für mich "kranke" Gedanken sind (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm) , die ich nicht nachvollziehen kann. – Jene, die um die besten Jahre ihres Lebens gebracht wurden, werden sich diese Äußerungen Öllingers hoffentlich gut merken.

Ich habe einen weiteren guten Rat für Herrn Kollegen Öllinger: Er möge sich doch um jene Verbrechen kümmern, die nach dem 8. Mai 1945 an hilflosen Sudetendeutschen in unserem Nachbarland Tschechien verübt wurden und – und das ist das Schlimme daran – durch die Beneš-Dekrete auch noch gedeckt und ungesühnt bleiben. Er hätte wahrlich viel zu tun.

Die symbolische Wiedergutmachung – und um mehr handelt es sich ja angesichts der niedrigen Beträge nicht – wird jedenfalls für Genugtuung im Kreise der Betroffenen sorgen. Demütigungen und Beleidigungen dieses Personenkreises wie zum Beispiel durch die so genannte Wehrmachtsausstellung mit ihrem zum Teil gefälschten Bild- und Dokumentenmaterial werden dadurch etwas gemildert. Dass sich hochrangige SPÖ-Mandatare gar so sehr um diese Ausstellung gerissen und sie so sehr gefördert haben, werde ich nie verstehen.

Hohes Haus! Noch einmal und zum wiederholten Male: eine späte Genugtuung für jene, die um die besten Jahre ihres Lebens betrogen wurden. Es gilt, unserem Sozialminister zu danken.

Wir Freiheitlichen stimmen der Vorlage zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner wäre Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber gewesen. Er ist aber nicht anwesend.

Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger das Wort. – Bitte.

12.49

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Spät kommt das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, aber es kommt – es kommt mit dieser Regierungsvorlage auch für die Gefangenen der Westalliierten, und das ist besonders zu betonen. Die unsagbaren Leiden der österreichischen Kriegsgefangenen in Russland und in den Lagern seiner nachmaligen Ostblockverbündeten waren unvorstellbar, und deswegen haben auch viele dafür Verständnis gehabt, dass diese bei einer Entschädigung vorgezogen wurden.

Es ist nun – 57 Jahre nach Kriegsende – an der Zeit, alle Gefangenen mit diesem kleinen Ehrensold, denn mehr als das ist es nicht, zu bedenken; gerade auch die Gefangenen der Westalliierten, die oft nicht weniger mitgemacht haben als ihre Kameraden in den russischen Gefangenenlagern.

Hier soll und muss jeder Gefangene gleich viel gelten, denn das Leid ist unteilbar, und eine Einteilung in gute und schlechte Gefangene ist verabscheuenswürdig und sollte uns gerade in den letzten Tagen und Wochen eigentlich sehr zu denken geben.

In Käfigen gehaltene Gefangene einer Macht, die ohne Kriegserklärung ein anderes Land mit Krieg überzieht, können die Problematik des Soldatseins und dann als Verlierer dem Gegner wehrlos ausgeliefert zu sein, mehr als verdeutlichen.


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Die Hilfe soll nicht fragen nach Schuld der Not, denn dann ist sie keine und dient nur der weiteren Drangsalierung und Verlängerung der Not der Hilfesuchenden.

Die ehemaligen gefangenen Österreicher, für die wir heute eine monatliche Entschädigung beschließen werden, würden gerne Gefangenschaft und Krieg mit einem Verzicht der in Aussicht gestellten Entschädigung tauschen – wenn dies im Nachhinein möglich wäre.

Was mich heute aber mit besonderer Genugtuung erfüllt, ist, dass wir mit dieser Geste – denn mehr ist es nicht, ich sage es noch einmal – die Leiden und Verfolgung einer ganzen Generation anerkennen, und das haben wir Kinder und Enkel dieser Generation gerade jetzt bitter notwendig. Denn in den Augen vieler waren diese Leiden noch zu gering, man versuchte noch, mit der so genannten Wehrmachtsausstellung alte Soldaten der ehemaligen Deutschen Wehrmacht, also auch die Österreicher darunter, nachträglich zu Verbrechern zu stempeln.

Dass es gerade Historiker der ehemaligen Gegner, nämlich polnische Historiker waren, die die Wehrmachtsausstellung in wesentlichen Exponaten als grandiosen, infamen Schwindel entlarvten, will ich als kleinen Baustein unseres Glaubens an ein zukünftiges Europa werten.

Die österreichische Geschichtsschreibung hat wohl in politisch korrekter Weise die Fälschungen nicht als solche erkannt – oder sind sie fachlich nicht qualifiziert? – Das Wohl der eigenen Landsleute lag ihnen nicht am Herzen.

Mit Geld kann man diese Dinge nicht mehr gut machen, sie sind geschehen, es kann nur eine Anerkennung sein, und diese ist auch für Menschen, die all das am Anfang ihrer Jugend erlebt haben, nur eine kleine und sehr späte Genugtuung. Wir leisten diese Genugtuung, wenigstens den finanziellen Teil, für unsere eigenen Landsleute, obwohl wir wissen, dass die Festhaltung, ja in sehr vielen Fällen schon die Gefangennahme nicht dem Kriegsrecht entsprochen hat.

Eigentlich müssten wir von jenen Staaten die Entschädigung für unsere Landsleute verlangen, die sie jahrelang ungesetzlich gefangen gehalten haben. Es sind dies jene Staaten, die nicht müde werden, von uns ständig Zahlungen zu verlangen, von uns, einem Staat, den es damals gar nicht gegeben hat. Es sind Staaten, die noch heute nicht bereit sind, die gesetzliche Grundlage zu vieltausendfachem Mord und millionenfacher Vertreibung abzuschaffen.

Herr Zeman empfahl erst vor wenigen Tagen indirekt den Israelis, es mit den Palästinensern genauso zu machen. – Ich dachte immer, wenn die Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts einen Sinn gehabt haben sollen, dann kann es nur der gewesen sein, solches in Zukunft zu vermeiden. Ich fürchte, ich habe mich arg getäuscht: Humanitäre Hilfe wird verteufelt und soll unter Anklage gestellt werden, probate Vertreibungsakte werden als Vorbild empfohlen, Gefangene werden in Käfigen gehalten, die Abschaffung der "Morddekrete" des Herrn Beneš wird verweigert.

Einen persönlichen Satz möchte ich anknüpfen: Mein Vater ist hier in Österreich am 10. Mai 1945, also zwei Tage nach der Kapitulation, gefangen genommen worden und bis November 1950 in Russland widerrechtlich gefangen gehalten worden. Er hat diese späte Genugtuung nicht mehr erlebt.

Das Weltgewissen hat weder an die Gefangenen gedacht noch an die Entbehrungen ihrer Familien in der Heimat.

Die Welt ist auch im 21. Jahrhundert nicht gut und nicht schlecht geworden. Sehen wir die Dinge wie sie sind und nicht, wie Utopisten meinen, dass sie sein sollten! Die Entschädigung für erlittenes Unrecht sollten wir auch aus dieser Sicht betrachten.

Ich bin froh darüber, dass meine Fraktion dieser Regierungsvorlage einstimmig zustimmen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.56


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort. – Bitte.

12.56

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich vertrete Herrn Bundesminister Haupt, der nebenan im Familienausschuss beschäftigt ist. Es tut mir persönlich Leid, dass er jetzt hier nicht sprechen kann, es freut mich aber, dass ich das in seinem und auch in meinem eigenen Namen machen kann.

Ich darf insofern berichtigen, dass es Herr Minister Haupt nie abgelehnt hat, dass dieses Gesetz zu Stande kommt, sondern er hat sich von Anfang an bemüht, diese Ungleichheit zu beseitigen. Es ist mit seiner Initiative zu verdanken, dass das so rasch erfolgen konnte, beziehungsweise auch dem parlamentarischen Lauf.

Ich selbst bin als Jahrgang 1945 – in der zweiten Hälfte des Jahres 1945 geboren; als Teil des ersten "weißen Jahrgangs" – mit dem Glück behaftet, bis heute an keinem Kriegsgeschehen beteiligt gewesen zu sein – familiär weder direkt noch indirekt –, hatte aber einen Großvater, den ich bis 1966 begleiten konnte, der in zwei Weltkriegen in drei verschiedenen Kriegsgefangenschaften war, nämlich freiwillig in italienischer als Arzt und später in russischer und in englischer.

Ich habe ihn einmal gefragt, ob irgendein Unterschied war. Er hat gesagt, es gibt keinen Unterschied bei Gefangenschaft. – Und genau auf diesen Nicht-Unterschied zielt das heutige Gesetz ab.

Ich bin der Meinung, Sie sollten stolz sein, dass Sie hier zu einem gemeinsamen Beschluss gefunden haben und sollten nicht mit Gewalt Trennendes hervorheben, denn: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Opferfürsorgegesetz geändert werden (986/NR sowie 6571/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Opferfürsorgegesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Johanna Schicker übernommen. Ich bitte sie um den Bericht.


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Berichterstatterin Johanna Schicker:
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich kann mir die Verlesung daher ersparen und bringe Ihnen nur den Beschlussantrag zur Kenntnis:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Februar 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Paul Fasching das Wort. – Bitte.

12.59

Bundesrat Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einen Leserbrief "Kriegsgefangene: Zwei Klassen" vom März des Vorjahres von Herrn Rudolf Horn in den "Salzburger Nachrichten" zitieren. Rudolf Horn wurde der Antrag auf Kriegsgefangenenentschädigung abgelehnt, da er in Kärnten in englische Gefangenschaft gekommen ist. Er fragt, ob es gerecht ist, nur mittelost- oder osteuropäischen Gefangenen eine Entschädigung zu geben.

Dieser und viele andere Fälle veranlassten uns zu einer Novellierung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes. Österreichische Kriegsgefangene und Zivilinternierte der Westalliierten sollen einen Entschädigungsanspruch erhalten. Auch Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, haben Anspruch auf Kriegsgefangenenentschädigung.

Ich halte dies für einen Akt der Gerechtigkeit und der Pietät gegenüber der Kriegsgeneration. Damit wird jenen Menschen eine Entschädigung zuerkannt, die nicht nur unermessliches Leid im Kriegseinsatz, sondern auch die Demütigung einer Kriegsgefangenschaft erleiden mussten.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat es in der Regierungserklärung auf den Punkt gebracht. Im Kapitel "Starke Demokratie" heißt es: "Die Bundesregierung bekennt sich zur Fortsetzung des Kurses der Sensibilität und der kritischen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit sowohl in Form einer mahnenden Botschaft als auch in Form eines lösendes Postulates."

Die vorliegende Regelung ist ein weiterer Erfolg in diese Richtung der Bundesregierung unter unserem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich aber auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei Präsidentin Dr. Schaumayer bedanken, die unvorstellbar viel bei der Aufarbeitung dieser schwierigen Materie geleistet (Beifall bei der ÖVP) und es geschafft hat, innerhalb von kurzer Zeit zirka 6 Milliarden Schilling beziehungsweise 436 Millionen € für die Zwangsarbeiterentschädigung bereitzustellen.

Es gibt eine Reihe von Abkommen, von Rahmenverträgen, die geschlossen wurden, durch die eine große Anzahl von Personen hinsichtlich Wiedergutmachung über den Versöhnungsfonds mit integriert ist, so die Restitutionserledigung, die ebenfalls von allen Seiten gewürdigt wird und unser Land Österreich in der internationalen Beurteilung jedenfalls positiv erscheinen lassen.

Begrüßt wird die Änderung im Opferfürsorgegesetz, insbesondere der Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 1 bis 7 anstelle der Stufe 2 auch für Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland infolge Emigration wegen einer einschlägigen Verfolgung, der Entfall der Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft am oder nach dem 27. April 1945 für eine Opferrente und der Entfall der Sechs-Jahres-Grenze bei erzwungener Emigration.

Meine Damen und Herren! Es geht uns vor allem darum, dass wir auch den Rechtsfrieden als Voraussetzung und dessen In-Kraft-Treten erwarten. Die Vereinigten Staaten haben zugesichert, Klagen zu den einzelnen Entschädigungskategorien nicht mehr zuzulassen und alle


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Klagen abzuweisen. Es liegt für den Versöhnungsfonds und dem Nationalfonds bereits ein Ergebnis vor.

Die vorliegenden Änderungen der Opferfürsorge sind eine Verbesserung für die Betroffenen und zeigen, dass wir in Österreich eine herzeigbare Sozialpolitik haben. Dass Ihnen von der sozialistischen Fraktion jetzt sechs Monate zu lang sind, das wundert mich angesichts der Tatsache, dass Sie selbst 30 Jahre lang den Bundeskanzler gestellt haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin zum Tagesordnungspunkt erteile ich Frau Bundesrätin Roswitha Bachner das Wort. – Bitte.

13.04

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Grundsätzlich sind meine Ausführungen gemäß meiner Vorbereitung total positiver Natur, und ich möchte es auch mit Ihrer Aussage halten, dass es im Prinzip nicht darauf ankommt, wer welche Dinge geschaffen oder gemacht hat, sondern wichtig ist es, dass Menschen ihr Recht zugestanden wird. Kollege Fasching hat mich aber mit seinem letzten Satz doch wieder dazu herausgefordert, dass ... (Bundesrat Schöls: Sind Sie so leicht zu reizen?) – Grundsätzlich nicht, aber bei einigen Aussagen schon. Ich möchte nämlich schon betonen, dass die sozialdemokratische Fraktion – hier handelt es sich um einen Antrag, der in Wahrheit ein Vier-Parteien-Antrag ist – dem total positiv gegenübersteht. Wir begrüßen es ganz besonders, dass nicht darauf gewartet wurde, bis komplette Rechtssicherheit in dieser Frage gegeben ist, sondern dass für Personen, wie dies Kollege Fasching schon ausgeführt hat, bereits ab 1. März 2002 das Pflegegeld in der Stufe 1 bis 7 und nicht wie bisher bis zur Stufe 2 gewährt werden kann. Dasselbe gilt natürlich auch für den begünstigten Ankauf von Pensionsversicherungszeiten. Das heißt, ich kann hier keine Negativhaltung meiner Fraktion erkennen, ganz im Gegenteil, wir begrüßen diese Regelung ganz besonders.

Was ich bei der Gelegenheit aber schon noch dazusagen möchte – ansonsten gibt es zu den positiven Ausführungen nicht sehr viel zu sagen –, ist Folgendes: Es ist mit dieser positiven Entwicklung noch lange nicht alles abgeschlossen, und ich möchte Sie, sehr geschätzte Damen und Herren der ÖVP, aber auch der FPÖ, darauf hinweisen, dass es nach wie vor noch einen Personenkreis gibt, der zur Zeit des NS-Regimes auf Grund seiner Homosexualität verfolgt wurde und das Land verlassen musste und der sein Recht noch nicht erhalten hat.

Wenn wir solch eine positive Entwicklung aufzeigen können und wenn wir jetzt schon dabei sind, Menschen, die wirklich tiefstes Leid erleben mussten, zumindest zu ihrem Recht kommen zu lassen, so würde ich bitten, diesen Personenkreis im Sinne der Menschwürde nicht weiterhin von diesem Recht ausgeschlossen zu halten. Das möchte ich hier als Ergänzung noch erwähnen. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

13.07

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Mit der vorliegenden Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Opferfürsorgegesetzes wird endlich jenen Menschen, die Österreich infolge nationalsozialistischer Verfolgung verlassen mussten, sowohl durch die begünstigte Nachkaufsmöglichkeit von Pensionszeiten als auch durch die Anspruchsmöglichkeit auf Pflegegeld der Stufen 1 bis 7 soziale Gerechtigkeit zuteil.

Viele dieser Anspruchsberechtigten leben leider nicht mehr. Es ist daher höchst an der Zeit, dass den noch lebenden Opfern ein Teil unserer sozialen Einrichtungen und somit der sozialen Sicherheit zuteil wird.


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Meine Damen und Herren! Die Pietät und der Respekt vor den Betroffenen verbieten es mir, einfach zu sagen, ihr Schicksal und ihr Leid waren den bisherigen Regierungen und Gesetzgebern egal – nein. Ich meine aber schon, ÖVP und SPÖ hatten bisher nicht den Mut, ein Gesetz wie das vorliegende, einzubringen, zu erlassen oder zu ändern. Sie hatten ja – und das ist auch Faktum – mehr als 30 Jahre Zeit dazu.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße daher, dass jetzt in dieser Frage Parteienkonsens und parteiübergreifend Einigkeit herrscht. Ich bedanke mich beim ressortverantwortlichen Sozialminister, ich bedanke mich auch bei allen Initiatoren, die dazu beigetragen haben, dass es zu dieser Gesetzesänderung kommen kann, denn in dieser Angelegenheit war Österreich bisher im Verzug.

Meine Fraktion wird daher der vorliegenden Gesetzesänderung gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (578/A und 980/NR sowie 6569 und 6572/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung: Privatkrankenanstalten-Finanzierungsgesetz.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Nittmann übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Dr. Klaus Peter Nittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Der nämliche Bericht liegt Ihnen vor. Ich verzichte daher auf die Berichterstattung und auf den Vortrag.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Februar 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Harald Reisenberger das Wort. – Bitte.

13.10

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wenn wir uns die Tagesordnung anschauen, so bemerken wir, dass die Art der Abkürzung nette Blüten


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treibt: "PRIKRAF" – man darf das nicht falsch verstehen und nicht etwas hineininterpretieren, was es eigentlich nicht heißt –, das ist das Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz. "PRIKRAF" könnte man natürlich auch anders interpretieren, wenn man die beiden Worte auseinander nimmt. Das wollen wir nicht machen, und wir wollen auch gar nicht unterstellen, dass es in dieser Richtung passieren sollte. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein Gesetz, das versucht, die private Gesundheitsvorsorge als öffentliche zu implementieren. Das heißt, damit wird – ob wir es wahrhaben wollen oder nicht – die öffentliche Gesundheitsvorsorge ganz einfach geschwächt.

Versicherungsbeiträge vom öffentlichen Sektor mit seinen umfassenden Aufgaben fließen in den privaten über. Das geht auch nicht anders, denn der Topf bleibt im Prinzip gleich. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Staatssekretär, ist die Legitimation für die Zwei-Klassen-Medizin, und das ist etwas, was wir nur ablehnen können.

Man sagt immer, es gibt einen roten Faden, der sich durchzieht, und für meine Fraktion darf ich behaupten, dass die Farbe Rot etwas Gutes ist und etwas Positives darstellt. Daher muss ich bei diesem Gesetz und einigen anderen auch zur Kenntnis nehmen, dass sich darin der geistige Hintergrund dieser Regierungsparteien zeigt, der sich wie ein blau-schwarzer Faden durchzieht, und diesen blau-schwarzen Faden, der sich durch die Gesundheitspolitik dieser Regierung zieht, kann man eben nicht im positiven Sinn betrachten, sondern nur mit sehr viel Sorge.

Wenn die Gesundheitspolitik, die in den letzten Jahren betrieben worden ist, so schlecht gewesen wäre, wenn es so notwendig wäre, dass wir diese Privatmedizin, diese Privatausgrenzungen ganz einfach haben müssten, dann wundert es mich, dass sogar Dr. Rasinger, der in diesem Kreis hier allen als ÖVP-Nationalrat bekannt ist, sagt, die SPÖ habe die privaten Krankenanstalten nie behindert. Das ist richtig, das wollen wir auch in Zukunft nicht, aber – das ist für mich der Punkt, an dem wir uns schon überlegen sollten, was hier eigentlich passiert – öffentliche Gesundheitsvorsorge stand und steht für uns eben im Vordergrund, und zwar flächendeckend für alle, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gesundheit und Prophylaxe, also Vorsorge, dürfen keine Frage des Einkommens sein. Der blau-schwarze Faden sieht anders aus, und das wird in diesem Gesetz wieder einmal ganz klar dargestellt.

Wie soll sozial Schwächeren auch langfristig der Zugang zum Gesundheitssystem garantiert werden, wenn die Leistungen dieser Bundesregierung bisher folgendermaßen aussehen: bis zu 1 000 S Ambulanzgebühren?! Ich möchte das nur wieder in Erinnerung rufen. Das ist nicht etwas, was selbstverständlich ist, auch wenn man heute nicht mehr viel darüber reden will.

Ein Beispiel dazu kann ich aus eigener Erfahrung bringen. Ich musste diesen Sommer auf Grund einer Augenverletzung, die nicht besonders tragisch war, kurzfristig nach Lainz in die Ambulanz. Es wurde festgestellt, dass es eine Hornhautzerkratzung war, die mehr als zwei Drittel der Hornhaut beschädigt hat. Daraufhin wurde ich vier Tage hintereinander tagtäglich hineinbestellt, weil das entsprechend mit Medizin versorgt werden muss. Die Ärzte waren wunderbar, da gibt es überhaupt nichts. Aber eines ist Ihnen hoffentlich klar: Für jedes Mal, für das man bestellt wurde, zahlt man Ambulanzgebühr. Das heißt, die 1 000 S sind in solch einem Fall sehr schnell beisammen.

Nun zur Chuzpe, die es an und für sich als Überdrüber gibt – das ist Ihnen, meine Damen und Herren, teilweise gar nicht bewusst, denn sonst könnten Sie das nicht so kommentarlos zur Kenntnis nehmen –: Wenn Sie heute ein Unfall auf der Straße haben und die Rettung Sie mit ins Spital nimmt und in der Ambulanz festgestellt wird, Sie haben einen Armbruch oder was immer es sein mag, aber Sie müssen nicht stationär aufgenommen werden, dann zahlen Sie auch dafür Ambulanzgebühr. Jetzt frage ich mich wirklich: Was hat das noch damit zu tun, was Ambulanzgebühr im herkömmlichen Sinn des Wortes eigentlich bedeuten hätte sollen?

Weiters: Erhöhung des Selbstbehaltes im Krankenhaus, Erhöhung der Rezeptgebühren, Streichung der beitragsfreien Mitversicherung. Wir haben die Streichung der Maßnahmen der Gesundheitsfestigung. All das – und die Liste ließe sich noch verlängern – ist also jener wunder


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bare Bericht, den diese Regierung über ihre soziale Tätigkeit im Gesundheitsbereich bringen kann.

Kritik an diesem Gesetz ist ganz besonders deshalb angebracht, weil es da komplett an Qualitätsnormen fehlt. Im Gesetzestext sind Qualitätsnormen so gut wie nicht vorhanden, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleiche Qualitätsnormen wie im öffentlichen Bereich verlangen wir und stellen wir uns vor. Unter diesen Voraussetzungen hätten wir auch sicherlich kein Problem mit diesem Gesetz. Wir hätten kein Problem, wenn zum Beispiel eine faire Aufteilung des Risikos im Wettbewerb gegeben wäre, das heißt also eine Versorgungsgarantie rund um die Uhr.

Auch die Aufnahmeverpflichtung ist etwas ganz Wichtiges. In Amerika zum Beispiel kommt man in gewissen Spitälern nicht einmal an dem Portier vorbei, wenn man nicht eine Kreditkarte hinlegt. Bargeld wird zur Not auch noch genommen. Ist das die Zukunft, die wir für uns haben wollen? Ist das eine Alternative, die wir anbieten wollen? Ist das die Gleichbehandlung aller Menschen, die ein Spital aufsuchen müssen, weil sie krank sind? – Das ist der blau-schwarze Faden dieser Gesundheitspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der wir uns nicht identifizieren können.

Österreich hat rund 8 Millionen Einwohner. Davon haben nach letzten Zahlen 1 040 000 – plus, minus, ein bisschen mehr oder weniger – eine Zusatzversicherung. Schön, das sind 15 Prozent. Wenn ich davon ausgehe, dass von diesen 15 Prozent ein relativ großer Prozentsatz – ich schätze ihn mit mindestens 30 bis 35 Prozent ein – die Zusatzversicherung über Betriebe, das heißt über Betriebsvereinbarungen hat und es sich nur so leisten kann – es ist nämlich wichtig, das auch zu sagen, dass sich das viele nur dann leisten können, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Teil über den Betriebsrat, über die Geschäftsleitung zugezahlt wird –, dann kommt von diesen 15 Prozent noch einmal ein gutes Drittel weg. Der Prozentsatz wird also immer kleiner.

Ich darf wieder Abgeordneten Dr. Rasinger zitieren, der laut eigenen Angaben keine Privatversicherung für solche Zwecke hat – ich gehe nicht nur davon aus, dass er als Arzt unter Kolleginnen und Kollegen natürlich immer gut betreut wird, das setze ich von allen Ärzten voraus, dass sie es überall machen –, weil, wie er sagt, das öffentliche Gesundheitssystem in Österreich so gut ist. Jetzt sage ich dazu: noch so gut ist. Wir wollen, dass es so bleibt, wir wollen es nicht in diese unterschiedlichen Möglichkeiten aufteilen.

Die Änderungen von Blau-Schwarz führen zur Zwei-Klassen-Gesundheitspolitik. Das ist etwas, was ich mir nicht vorstellen kann. Daher können wir uns auch nicht bereit erklären, mitzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf unterschiedliche strukturelle Bedingungen wird in diesem Gesetz ebenfalls keine Rücksicht genommen. Im ersten Entwurf – das ist auch interessant und sagt sehr viel aus – waren noch Fondsorgane normiert. Im Gesetzestext gibt es sie nicht mehr. Warum? – Schlicht und ergreifend eliminierte man sie durch eine Verordnungsermächtigung des Sozialministers. – Also auch das ist wieder ein blau-schwarzer Faden, den wir hier verfolgen müssen. Transparenz? – Ein Fremdwort, sonst wäre dieses wichtige Organ nicht eliminiert worden, das uns allen als wichtige Grundlage für eine gute Umsetzung dieses Gesetzes dienen hätte können.

Aber das ist kein Wunder. Privatversicherungen, private Krankenanstalten haben natürlich ihre Daseinsberechtigung – das haben wir nie abgestritten, das streiten wir auch heute nicht ab –, aber wenn man sich die 48 aufgelisteten Krankenanstalten anschaut, die es derzeit gibt, die von diesem Gesetz betroffen sein sollen, dann muss ich sagen – und das zugegebenermaßen –, gibt es Einzelfälle, bei denen ich mich frage, wie sie überhaupt zu dem Titel "private Krankenanstalten" kommen.

Herr Staatssekretär! Ich weiß nicht, ob Sie bei all diesen "privaten Krankenanstalten" – unter Anführungszeichen – wirklich ein gutes Gefühl haben, wenn Sie sich das anschauen. Ich habe so das Gefühl, dass da einige dabei sind, die Privatordinationen mit Betten sind. Ich habe keinen Einwand dagegen, aber das als private Krankenanstalt zu bezeichnen und sich damit an


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dem Gesetz gütlich zu tun, das halte ich doch ein bisschen für übertrieben, für mehr als übertrieben. Wir haben keine fachliche Versorgung rund um die Uhr in diesen Bereichen. Wir haben keine apparative medizinische Labordiagnostik rund um die Uhr, teilweise nicht einmal im eigenen Haus, weil es eben woanders gemacht wird.

Was suchen diese Privatkliniken in Wirklichkeit? Was wollen sie haben? Sie suchen sich jene Patienten aus, die ad) 1 zahlungskräftig sind – das braucht man doch –, die ad 2) risikoarm sind – das ist das Zweite, was wichtig ist – und die ad 3) nach Möglichkeit auch noch ein lukratives Krankheitsbild haben, das heißt, es soll ein relativ "einfacher medizinischer Vorgang" – unter Anführungszeichen – sein, der dann doch mit recht ansehnlichen Mitteln vergütet wird.

Wenn es dann zu allfälligen Komplikationen kommt – und da können wir nur hoffen, dass das in diesen "Kliniken", immer unter große Anführungszeichen gesetzt, auch auffällt –, dann werden die Patienten natürlich in öffentlich-rechtliche Krankenanstalten überwiesen. Das heißt, sie schicken sie wiederum zurück.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines sollten wir dabei nicht vergessen: Mit dem Geld zur Sozialversicherung, das wir bezahlen – jeder von uns, ob er nun Hilfsarbeiter, Facharbeiter, Ingenieur oder was immer auch ist –, sollen wir auch diese Privaten mehr oder weniger finanzieren. Das heißt, wir müssen unser Geld zweimal bis dreimal ausgeben für das, was uns eigentlich zusteht, was wir uns selbst erarbeiten, was wir selbst einzahlen, was wir uns finanzieren.

Das Resümee für uns ist: Das hier vorliegende Gesetz ist im Sinne dieses blau-schwarzen Fadens eine traurige Fortsetzung einer Reihe von Husch-Pfusch-Gesetzen dieser Regierung. Wir mussten das leider Gottes schon oft genug erleben.

Meine Fraktion wird aus den genannten Gründen diesem Gesetz die Zustimmung ganz sicher verweigern. Sie, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, machen nicht nur eine Arbeiter, Pensionisten und Studenten verachtende Politik, sondern Sie sind auch der Sargnagel für die Kranken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. )

13.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Margarete Aburumieh. – Bitte.

13.23

Bundesrätin Margarete Aburumieh (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege! Sie haben förmlich in einem Galopp versucht, die schwarz-blaue Gesundheitspolitik krankzujammern. Das wird Ihnen nicht gelingen und auch den anderen Rednern nicht.

Sie haben Kollegen Rasinger zweimal zitiert, Sie haben aber ein wesentliches Zitat aus seiner Rede vergessen. Rasinger hat nämlich eine Frage gestellt, die auch im Nationalrat unbeantwortet blieb. Erinnern Sie sich: Es war vor zwei Jahren, Ihr Spitzenkandidat Mag. Klima hatte in der Nacht Herzinfarktssymptome. Es kam zu einer Krankenhauseinlieferung. Wohin ist er gegangen? – In ein "böses" Privatspital. Dort gab es eine Nachtaufnahme, dort gab es eine optimale Versorgung, denn sonst hätten Sie Ihren Spitzenkandidaten nicht dorthin geschickt. – Ich zitiere auch Rasinger.

Jetzt möchte ich aber zum Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds zurückkommen. Wir haben mit dem Gesetz jetzt einen Fonds – das haben Sie erwähnt –, in dem diese 48 bettenführenden Privatkrankenanstalten erfasst sind, das heißt, jene erfasst sind, die mit dem Stichtag 31. Dezember 2000 einen Vertrag gehabt haben, zwischen Hauptverband der Sozialversicherungsträger auf der einen Seite und Wirtschaftskammer auf der anderen Seite. Diese Privatspitäler sind Krankenanstalten, die – das möchte ich nur nebenbei bemerken – nach strengen Genehmigungsverfahren ihre Tätigkeit aufgenommen und in den letzten 30 Jahren kontinuierlich Budgetmittel bekommen haben. Selbst in der Zeit der sozialistischen Alleinregierung


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ist diese Seite unseres Krankenhaussystems immer gefördert worden. Daher sehe ich Ihre Argumentation, dass wir jetzt den Einstieg in eine Zwei-Klassen-Medizin legitimieren, als völlig haltlos an.

Es ist so – und das müssten Sie als Wiener auch wissen –, dass wir gerade bei der Versorgung durch die Privatkrankenanstalten in der apparativen Medizin immer die Funktion der Ergänzung gehabt haben. Denken Sie daran zurück, als Wien im AKH den ersten MRT, den ersten Magnetresonanztomographen, angeschafft hat! Da gab es dann nichts weiteres. Die Privaten sind in die Bresche gesprungen, um die Versorgung um 100 Prozent zu steigern, und das Rudolfinerhaus hat raschest und sehr unkompliziert das zweite Gerät angeschafft.

Ihre Argumente betreffend die Aufwendungen sind auch haltlos, denn die Mittel waren immer mit 71 Millionen Euro – zum Umrechnen: 977 Millionen Schilling – gedeckelt, und der jetzige Fonds hat 2002 72,6 Millionen Euro zur Verfügung, das entspricht einer Milliarde Schilling. Das ist zwar zahlenmäßig eine Steigerung, aber die Steigerung liegt unter der Inflationsanpassung und ist wirklich nur optisch mehr.

Das Wesentliche – darauf sind Sie nicht eingegangen, darauf möchte ich aber wirklich betont hinweisen – an diesem Gesetz ist und bleibt aber die Einbindung der Privatkrankenanstalten in die in den öffentlichen Häusern bereits verpflichtende leistungsorientierte Krankenhausfinanzierung. Wir beschließen mit diesem Gesetz heute die verpflichtende Umstellung von der Tagsatzfinanzierung auf die leistungsorientierte Krankenhausfinanzierung. Das heißt, bisher haben die Privaten nach dem Tagsatzmodell abgerechnet, ab jetzt, mit diesem Gesetz, müssen sie nach der leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung abrechnen. Das ist eine logische Entwicklung im Bereich der Krankenhausreform, aber natürlich auch im privaten Bereich, weil wir ab jetzt die transparente Leistungserbringung haben. Wir haben eine Optimierung des Ressourceneinsatzes, und wir haben vor allem auch die Aufrechterhaltung der Qualität.

Das LKF-Modell hat sich im öffentlichen Bereich bewährt und kommt im Konsens mit den Privaten jetzt auch dort zum Einsatz. Wir wissen, wovon wir reden. Wir in Niederösterreich rechnen seit 1997 nach dem LKF, nach dem leistungsorientierten Krankenhausfinanzierungsmodell, ab. Wir wissen, dass wir auf Landesebene – wir haben in Niederösterreich eine ähnliche Gestaltung mit dem Fonds für die öffentlichen Krankenanstalten, nämlich dem Sozial- und Gesundheitsfonds des Landes Niederösterreich, aus dem wir finanzieren – dadurch, dass wir nach dem LKF abrechnen, alle Häuser vergleichen können, dass wir einen gemeinsamen Planungshorizont haben, und diesen gemeinsamen Planungshorizont werden wir jetzt auch österreichweit mit den Privatspitälern haben. Das ist natürlich entscheidend, was die Qualitätskriterien betrifft, weil wir dadurch auf jeden Fall eine Verbesserung für die Patienten erreichen.

Der Fonds, den wir per Gesetz heute beschließen, ist nichts anderes als eine Clearingstelle zur Abrechnung aller Leistungen aus dem stationären Bereich, aus dem tagesklinischen Bereich. Ich darf nur kurz darauf zu sprechen kommen, was abgegolten wird, was auch als Beweis dafür zu sehen ist, dass das keine Zwei-Klassen-Medizin, sondern sehr wohl ein Schritt in Richtung Wahlfreiheit für jeden Patienten ist, für den mündige Patienten, den wir uns vorstellen und den wir auch behandeln wollen, und zwar optimal in der Vorsorge und in der kurativen Medizin.

Dieser Fonds bringt die Leistungsverpflichtung der Sozialversicherung, die folgende Aufgaben hat: erstens den Fonds für Krankenanstalten, die mit dem zuständigen Versicherungsträger Einzelvereinbarungen haben, die stationären und die tagesklinischen Leistungen an Versicherte oder sonstige Anspruchsberechtigte unter Anwendung – und das ist das Neue – der leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung abzugelten. Zweitens: Wenn keine Einzelvereinbarung besteht, dann ist die Anspruchsberechtigung auf einen Pflegekostenzuschuss gegeben.

Im Klartext heißt das: Die Patienten, die Österreicher, die eine soziale Krankenversicherung haben, haben Anspruch darauf, auch überall in den Privatkrankenanstalten behandelt zu werden. In einem Fall gilt der Pflegekostenzuschuss und im anderen Fall die Leistungsdeckung. Diesbezüglich darf ich Kollegen Reisenberger, der offensichtlich desinteressiert ist, weil er nicht


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mehr da und rauchen gegangen ist, sagen, dass es völlig legitim ist, wenn ich meine Wahlfreiheit auch durch eine private Krankenversicherung unterstütze.

Sie alle wissen, dass dieser Bereich nicht 15, sondern an die 20 Prozent der Versicherten umfasst. Der Unterschied in den allgemeinen öffentlichen Krankenhäusern zur Sonderklasse mit der Privatversicherung besteht darin, dass die Hotelkomponente bezahlt wird, und ich glaube, jeder, der das will, der soll das haben.

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben eines der weltweit besten Gesundheitssysteme, und ich darf Sie wirklich bitten, dieses System nicht krankzujammern, nur weil man die Regierung durch den Kakao ziehen will. Sie schädigen sich selbst, Sie schädigen alle, die dieses Gesundheitssystem beanspruchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die medizinische Versorgung äußert sich in einem Land durch die Vielfalt des Leistungsangebotes. Die privaten Krankenanstalten sind aus unserem Versorgungsgebiet und aus unserem Versorgungshorizont nicht wegzudenken. Wir haben ein enormes Leistungsspektrum, deshalb brauchen wir die Zusammenarbeit der öffentlichen und der privaten Krankenanstalten.

An dieser Stelle sei folgender Hinweis erwähnt: Ausserwinkler hat als Erster diese Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Häusern in Kärnten praktiziert, aber weil es jetzt der blau-schwarze Faden ist, soll diese Medizin qualitativ auf einmal nicht mehr gut sein.

Geschätzte Damen und Herren! Wir werden diesem Gesetz die Zustimmung geben, weil wir wissen, dass wir damit nicht die Häuser finanzieren, sondern den Menschen in unserem Land den Zugang zur Gesundheit ermöglichen, und zwar bei optimaler Betreuung. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Dr. Aspöck. )

13.32

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter das Wort. – Bitte.

13.32

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich begrüße die vorliegende Materie zur Änderung des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetzes. Ich begrüße dieses Gesetz einmal aus einer völlig anderen Sicht, und zwar nicht nur deshalb – vieles hat meine Vorrednerin bereits gesagt –, weil jeder zum Kreis der Betroffenen gehören kann, ich begrüße es auch nicht nur deshalb, weil dieses Gesetz freiheitliche Initiatoren hat, sondern weil jeder siebente Österreicher – über eine Million Menschen – eine private Krankenversicherung hat und mit dieser privaten Krankenversicherung einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung aller Krankenhäuser leistet. Meine Damen und Herren! Das heißt also, jeder profitiert davon. (Präsidentin Pühringer übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage das deshalb, weil ich weiß, dass mit der privaten Krankenversicherung nur ein Anspruch auf besseres Logis, auf eine eingeschränkte freie Arztwahl und eventuell ein Spitalstagesgeldersatz geleistet und geboten werden kann. Die Kosten, die ein Krankenhausaufenthalt verursacht, und die Leistungen, die von privaten Trägern erbracht werden, sind oft in der Form unterschiedlich, dass eben die Leistungen der Sonderklasse bei gleicher medizinischer Behandlung höher sind, und dieser sich ergebende – unter Anführungszeichen – "Überschuss" wird natürlich dem jeweiligen Träger, dem jeweiligen Krankenhaus zur Verfügung gestellt.

Sie alle, meine Damen und Herren, kennen die Differenz zwischen den Kosten der allgemeinen Klasse und der Sonderklasse, und dass eventuell daraus resultierende Mehrleistungen den Trägern zur Verfügung gestellt werden, ist auch in Ordnung. Entscheidend ist aber, dass jedem Bürger die medizinisch gleiche Qualität zuteil wird.

Meine Damen und Herren! Es ist egal, ob es jetzt private Krankenhäuser oder öffentliche Krankenhäuser sind, ich bin davon überzeugt, dass unsere Ärzte und ihre Mitarbeiter in beiden Häusern, sowohl in privaten als auch in öffentlichen, hervorragende Spitzenmedizin leisten. Sie


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tun dies ohne Ansehen der Person und ohne Unterschied, ob sie jetzt einen privaten oder einen öffentlichen Dienstgeber haben. Das ist Fakt, und dafür gebührt ihnen auch ein Dankeschön.

Meine Damen und Herren! Deshalb hat der Gesetzgeber eine leistungsorientierte Verrechnung vorgesehen. Die Leistungen im privaten und im öffentlichen Bereich unterliegen den gleichen Kriterien, der einzige Unterschied besteht darin, dass das Risiko der Kostentragung bei öffentlichen Krankenhäusern meist geringer ist, weil es einen öffentlichen Eigentümer oder Träger gibt.

Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass private Krankenhäuser dieselben medizinischen Leistungen erbringen, steht außer Zweifel, nur das Risiko der Bezahlung dieser Leistungen ist bis dato vielleicht größer. Erlauben Sie mir daher aus meiner Sicht als Versicherungsmann zu sagen, dass mit diesem Gesetz natürlich diese Divergenz, diese Diskrepanz zwischen privatem und öffentlichem Risiko im monetären Bereich verkleinert wird, denn Leistungen erbringen beide, öffentliche wie private Krankenhäuser, gleich.

Meine Damen und Herren! Da Kollege Reisenberger und die SPÖ insgesamt von einer Zwei-Klassen-Medizin geredet haben, darf ich dazu eines bemerken: Sie wollen nicht kapieren oder haben nicht kapiert, worum es in dieser Frage geht. Oder wollen Sie nur verunsichern und beunruhigen? Meine Damen und Herren! Der Zugang und die Qualität werden weder beeinträchtigt noch geschmälert, sondern jedem Bürger wird mit der vorliegenden Gesetzesmaterie hervorragende medizinische Versorgung geboten und vor allem auch gesichert.

Wir, meine Damen und Herren – jetzt rede ich für meine Berufsgruppe, für die über 100 000 Angestellten in der privaten Versicherungswirtschaft –, sehen aber darin auch die Pflicht, nicht nur unsere Kunden, sondern auch unsere Bürger zu informieren, wie Sie von der Sozialdemokratischen Partei sich in dieser Frage verhalten. Ich sehe mich verpflichtet, meine Kunden zu informieren, dass unsere Bundesregierung unsere medizinische Versorgung sichert, während Sie von der Opposition verunsichern wollen. Sie stellen das private und öffentliche Vorsorgesystem in der Gesundheit in Frage, während wir von den Regierungsparteien es stärken.

Meine Damen und Herren! Die Entscheidung liegt, so glaube ich, darin: Wollen Sie verunsichern oder sichern? – Wir von den Regierungsparteien wollen das Vorsorgesystem, das Gesundheitssystem sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Deshalb, meine Damen und Herren, wird meine Fraktion dem vorliegenden Entwurf gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.38

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächste Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.

13.38

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Dieses dritte ASVG-Gesetz sieht vor, dass verschiedene private Krankenanstalten in den Jahren 2002 bis 2004 leistungsorientiert abgerechnet werden.

Für das Jahr 2002 ist dieser Fonds vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen im Einvernehmen mit dem Finanzminister von der Sozialversicherung mit zirka 72,6 Millionen Euro – das ist zirka eine Milliarde Schilling – zu dotieren. Dieses Gesetz regelt nun die Einrichtung dieses Fonds mit Sitz in Wien für jene 48 privaten Krankenanstalten, die in dem geltenden Vertrag vom 31. Dezember 2000 zwischen Hauptverband und Wirtschaftskammer Österreich erfasst sind.

Die leistungsorientierte Abrechnung erfolgt auf Grund einer Monatsmeldung. Danach werden monatliche Akontozahlungen vom Fonds an die privaten Krankenanstalten bezahlt, die dann bis Mitte des folgendes Jahres in Form eines Jahresabschlusses ausgeglichen beziehungsweise verrechnet werden.


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Dieses Gesetz regelt auch die Errichtung und Aufbringung der Mittel des Fonds sowie die Grundsätze der Gebarung und die Kontrolle.

In Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem möchte ich noch auf ein sehr schwieriges, derzeit aktuelles Thema zu sprechen kommen. Der neueste Vorschlag zur Sanierung der maroden Krankenkassen ist nicht annehmbar. Der letzte Vorschlag des Ministeriums sieht so aus, dass im Jahr 2002 20 Prozent der Rücklagen der gesunden Kassen als Darlehen mit einer Verzinsung von 3,5 Prozent an den Ausgleichsfonds gewährt werden, für die Jahre 2003 und 2004 soll dieses Darlehen an den Ausgleichsfonds 2 Prozent der Einnahmen betragen, wobei eine Verzinsung von 4 Prozent vorgesehen ist.

Es ist jedoch vorhersehbar, dass der Fonds per Ende 2004 mit zirka 436 Millionen Euro – das sind zirka 6 Milliarden Schilling – überschuldet ist. Das ist bei diesem Vorschlag das große Problem. Wer bezahlt beziehungsweise garantiert den Krankenkassen, die diese Darlehen gewährt haben, deren Rückzahlung? – Die Rücklagen der gesunden Kassen sind letztendlich das Geld der Beitragszahler – Arbeitnehmer und Arbeitgeber –, das sorgsam verwaltet gehört. Außerdem kommt es dadurch auch zu keinen strukturellen Änderungen.

Herr Staatssekretär Dr. Waneck! Haben Sie schon überprüft, ob die Organisation, Löhne und Sozialleistungen der einzelnen Kassen gleich sind? Wie schaut es mit den Leistungen der Ärzte aus oder der Arztdichte in den einzelnen Bundesländern? – In Vorarlberg zum Beispiel bekommen die Ärzte 22,4 Prozent der Beitragseinnahmen an Leistungen und nicht mehr. Das wird dann jährlich wieder auf- oder abgerechnet. Wie schaut es diesbezüglich in den anderen Bundesländern aus?

Es ist unbestritten, dass das Gesundheitssystem explodiert ist. Gerade auch darum sind Strukturänderungen notwendig, neue, kreative Ideen gefragt, neue, gute Wege müssen gegangen werden. Das ist das Problem bei diesem Vorschlag, nämlich dass gesunde Kassen den kranken Kassen aus ihren Rücklagen Geld geben sollen. Dadurch ändert sich aber strukturell gar nichts.

Daher hat auch die Vorarlberger Gebietskrankenkasse zwei Forderungen aufgestellt, die da lauten: Erstens: Es muss so weit kommen, dass alle Gebietskrankenkassen in der Situation sind, positiv abzuschließen. Zweitens: Das angesparte Geld muss bei den Kassen bleiben, die es angespart haben.

Ich gebe zu, dass eine gewisse Solidarität erbracht werden muss, aber diese besteht bereits, da zum Beispiel die GKK Vorarlberg 109 000 Euro – das sind zirka 1,5 Millionen Schilling – wöchentlich an den Ausgleichsfonds bezahlt, die zum Ausgleich für Strukturschwächen verwendet werden sollten.

Daher möchte ich auch noch einmal hier im Bundesrat deponieren, dass ich mich gegen eine solche Vorgangsweise verwehre, nämlich Rücklagen gesunder Kassen an kranke Kassen zu geben, weil das ein Fass ohne Boden ist und sich strukturell dadurch überhaupt nichts ändert. Dies kann meiner Meinung nach volkswirtschaftlich und zukunftsorientiert nicht vertreten werden, und ich verstehe darunter auch nicht ein "Regieren neu". – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waneck. Ich erteile es ihm.

13.43

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich darf vielleicht insofern widersprechen: Das Gesundheitswesen explodiert nicht, es entwickelt sich kontinuierlich und vorhersehbar und ist daher auch planbar.


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Genau das hat sich spätestens seit der Einführung des LKF-Schemas in Österreich im Jahre 1997 gezeigt, genau das zeigt sich, seit wir an der Regierung sind im Bereiche der Sanierung der Krankenkassen, bei denen es uns mit vorigem Monat gelungen ist, auch dort ein vorzeitiges Nulldefizit zu erreichen. Wer es nicht glaubt, soll sich die Aussendung der Krankenkassen ansehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Bei 2,13 Milliarden buchhalterischem Abgang und 1,99 Milliarden im Ausgleichsfonds verbleibt ein Restbetrag von 10 Millionen Euro, der nicht gedeckt ist. – Ich glaube, das ist ein Erfolg, der selbst von uns in dieser Weise nicht in dieser Raschheit vorhersehbar war.

Aber was hat dazu geführt? – Nicht irgendwelche Erhöhungen in irgendwelchen Bereichen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass im Jahre 2000 der Abgang für das vergangene Jahr mit 490 Millionen Euro – damals 6,3 Milliarden Schilling – prognostiziert war. De facto ist das nicht eingetreten. Wenn wir aber der damaligen Forderung nachgegeben hätten, so hätte das bisher jeden einzelnen Österreicher 109 Euro oder über 1 500 S gekostet, egal, ob er eine Leistung in Anspruch genommen hätte oder nicht.

Ich will auch keine Diskussion zur Ambulanzgebühr, die hier nicht passend ist, führen, aber ich darf doch darauf hinweisen, dass es in der Mehrzahl der europäischen Länder solche Beiträge gibt, die dort fast ausnahmslos von den jeweiligen sozialdemokratischen Regierungen eingeführt wurden, und diese haben sich sicherlich etwas dabei gedacht.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass seit mehr als einem Vierteljahrhundert für 2 Millionen Österreicher solche Abgaben in den Krankenhäusern existieren. Ich habe in der Zeit, seit ich Arzt bin – das ist seit 1971, und 1976 ist das eingeführt worden –, bisher noch von keiner Partei gehört, dass 2 Millionen Österreicher unberechtigt zur Kassa gebeten werden.

Ich vermisse aber seitens der Opposition die klare Aussage, dass mit dem Einführen der Ambulanzgebühr – aus meiner Sicht ist das eine Gleichstellung mit den bisher Zahlenden – 60 Prozent der Gebietskrankenkassen-Patienten von einer Bezahlung des Ambulanzbeitrages ausgenommen sind. Das vermisse ich. Ich vermisse die Feststellung, dass kein einziger sozial Schwacher und die meisten chronisch Kranken keinen Beitrag zahlen, sondern lediglich 40 Prozent, die es sich aus meiner Sicht durchaus leisten können – dazu gehört auch ein Bundesrat –, einen Solidarbeitrag in der Höhe von 1 000 S im Jahr für die Finanzierung des Gesundheitssystems erbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich vermisse auch den Hinweis, dass selbst in dem Bereich, in dem es als besondere Belastung zu gelten hat, bei allen Krankenkassen in den Satzungen vorgesehen ist, dass die Rückerstattung dieser Gebühr beantragt werden kann. Ich finde es daher kontraproduktiv und im Sinne einer sparsamen Verwaltung sogar verwerflich, dazu aufzufordern, nicht zu zahlen und einen Bescheid zu erlangen – was das an Verwaltungsaufwand erfordert, brauche ich Ihnen nicht vorzurechnen. Man soll das Gesetz erfüllen, so wie es ist: Ich zahle und stelle gleichzeitig den Antrag auf Rückerstattung. Das ist der anständige Vorgang, und die Rückerstattung wird in den entsprechenden Fällen sicherlich auch gewährt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zum gegenwärtigen Gesetz: Dieses Gesetz beinhaltet die leistungsbezogene Krankenhausfinanzierung für 48 Krankenanstalten, die bisher schon, und zwar über Jahrzehnte und durchaus einvernehmlich mit dem Hauptverband, im österreichischen Gesundheitssystem tätig waren. Was ist aber jetzt passiert? – Jetzt ist das passiert, was die ganze Zeit nicht möglich war, nämlich eine Leistungsüberprüfung. Jetzt wird sich nämlich die Spreu vom Weizen trennen, und ich weiß genau, dass sich einige dieser Anstalten wahrscheinlich nicht ganz wohl fühlen werden, wenn sie in Hinkunft nach einer entsprechenden Leistung beurteilt und nur für diese Leistung auch honoriert werden.

Ich kann mich noch an die Diskussion erinnern, als das LKF-Schema eingeführt wurde. Damals wurden die so genannten konfessionellen Spitäler von bestimmter politischer Seite her immer verdächtigt, sich nur die besten Risken auszusuchen und nicht entsprechend zu leisten. Durch das LKF-Schema lässt sich das genau hieb- und stichfest nachweisen, und es hat sich gezeigt, dass kein Unterschied ist. Auch jetzt wird sich zeigen, dass jene Krankenanstalten, die die


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berechtigten Forderungen, die von der Opposition gestellt wurden, erfüllen – und auch ich stelle mich uneingeschränkt dahinter, dass das funktioniert –, in diesem System mitwirken können, die anderen werden automatisch herausfallen.

Sonst hat sich im Grunde gar nichts Wesentliches geändert. Tatsache ist nur, dass eine Adaptierung der Dotation um 2,35 Prozent vorgenommen wurde, die unter dem Schnitt der Steigerungsrate der öffentlichen Spitäler gelegen ist. Also auch hier sehe ich keine unrechtmäßige Bevorzugung.

Ich sehe aber sehr wohl, dass dies notwendig ist, denn nur dort funktionieren die Gesundheitssysteme wirklich gut, wo es einerseits eine starke öffentliche Beteiligung an der Verantwortung der Gesundheitsfinanzierung, aber auch andererseits einen Sektor gibt, der privat initiiert ist, sodass sich ganz gesunde Mechanismen ergeben. Und beide sind der Versorgung der österreichischen Bevölkerung verpflichtet.

Noch etwas dürfte Ihnen entgangen sein, weil immer von Qualitätsunterschieden gesprochen wird: Sie haben vergessen – Sie haben es selbst hier mitbeschlossen –, dass seit 31. 12. 2001 im Rahmen des LKF verbindliche Qualitätskriterien für alle Krankenhäuser, die nach dem LKF-Schema abrechnen, Gesetz geworden sind. Damit haben wir auch erreicht, dass diese Krankenhäuser und somit nunmehr sämtliche Krankenhäuser Österreichs – mit Ausnahme der AUVA-Krankenhäuser, die aber von sich aus eine entsprechende Qualität haben – in dieses Schema und in die Planbarkeit eingebunden sind. Und ich glaube, das ist der wesentliche Fortschritt dieses Gesetzes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.50

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. Ich erteile es ihr.

13.50

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Staatssekretär Waneck hat schon die wesentlichsten Punkte beleuchtet (Bundesrat Kraml: Dann müssen Sie das jetzt nicht auch noch machen!) und auch die Argumente, die seitens der SPÖ gekommen sind, restlos widerlegt. Dennoch darf ich noch einige Aspekte ansprechen, die mir wichtig sind.

Ich glaube, dass nochmals zu betonen ist, dass mit dieser leistungsorientierten Verrechnung und mit der Einbindung der privaten Krankenanstalten in die gesamte Angebotspalette ein besseres Angebot entsteht und eine Angebotsplanung in Hinkunft überhaupt erst möglich ist. Das sage ich, weil ich – auch im Gegensatz zur SPÖ – glaube, dass manchmal auch eine Verlegung von einem Krankenhaus ins andere möglich sein muss, und zwar deshalb, weil es in Zukunft immer mehr Schwerpunktkrankenhäuser geben wird, wie es sie derzeit auch im öffentlichen Bereich bereits gibt. Ich weiß nicht, vielleicht ist Ihnen das entgangen. Durch diese Verbindung mit den privaten Krankenanstalten wird nun auch eine entsprechend bessere Planung und eine noch bessere Koordinierung möglich sein.

Es ist mir auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sehr wohl eine Qualitätssicherung gibt. Auch dies wurde vom Herrn Staatssekretär schon erwähnt. Kollegin Aburumieh von der ÖVP hat auch schon gesagt, dass es wesentlich ist, dem Patienten eine Wahlfreiheit einzuräumen. Auch das halte ich für absolut notwendig.

Weiters möchte ich eine Bemerkung zu den Privatkrankenhäusern machen. Ich glaube, dass diese ein ausgesprochen gutes Leistungsangebot haben. Ich darf nur etwa das Rudolfinerhaus in Wien erwähnen. Da möchte ich jemanden von Ihnen erleben, der mir entgegnen kann, dass das kein gutes Krankenhaus ist, und zwar nicht nur im nationalen Konnex, sondern auch im internationalen. Professor Dezsy ist sicherlich eine im internationalen medizinischen Bereich anerkannte Persönlichkeit, und ihm ist sicherlich auch der Ruf dieses Krankenhauses zu verdanken.


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Ich möchte, dass es auch in Zukunft für alle Menschen denselben Zugang zur Gesundheitsversorgung gibt, und ich glaube, dass dies eben durch diese neue Form der Finanzierung ermöglicht wird.

Ich möchte aber zur Regierung auch noch etwas sagen, weil auch hier immer wieder die Vorwürfe kommen, dass zum Beispiel die Ambulanzgebühr nicht passt, und auch an den Krankenversicherungsträgern wird vieles kritisiert. Ich meine doch, dass das, was der Staatssekretär zuletzt gesagt hat, dass sich nämlich die Krankenkassen im Bereich des Defizits nahezu auf einer Nullebene befinden, dass sie im heurigen Jahr ein Nulldefizit erreichen werden oder schon erreicht haben, eigentlich eine sensationelle Leistung der freiheitlichen Gesundheitspolitik ist. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die noch unter Ihrer Regierung aufgestellten Prognosen, wie sich das Defizit der Krankenver-sicherungsträger im Jahr 2001/02 ungefähr darstellen wird, lagen zwischen 10 Milliarden und 12 Milliarden Schilling. Man muss sich das einmal vorstellen! Wahrscheinlich würden unter einer sozialdemokratischen Gesundheitspolitik die Sozialversicherungsanstalten im heurigen Jahr ein Defizit in dieser Höhe haben. Stattdessen haben wir kein Defizit, stattdessen haben wir sozusagen den Schuldenrückbau bis nahezu null. Und das ist meines Erachtens eine wirklich großartige Leistung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zuletzt möchte ich auch noch den Hinweis geben, dass gerade Michael Ausserwinkler, Ihr Gesundheitsreferent und der ehemalige Vizebürgermeister der Stadt Klagenfurt, durchaus die Notwendigkeit des Zusammenarbeitens mit den privaten Krankenanstalten gesehen hat. Er war auch ein Befürworter eines Generalkrankenanstaltenplanes mit all seinen Problemen und Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. Man denke nicht nur an die persönlichen Divergenzen, die vor allem von der SPÖ und den Grünen im Hinblick auf private und staatliche Krankenanstalten kommen, sondern es gibt auch regionale Eifersüchteleien der Bundesländer untereinander und so weiter. Aber er war eigentlich derjenige, der das selbst forciert hat, also wundert mich die Negativstimmung der SPÖ zu diesem Gesetz, das letztlich das bringt, was für uns alle wichtig ist, nämlich eine qualitativ hochwertige gesundheitliche Versorgung der Österreicherinnen und Österreicher, und zwar aller Bürger, egal, ob sie reich oder arm sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.56

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist damit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2002 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kroatien andererseits samt Schlussakte und Erklärungen (975/NR sowie 6574/BR der Beilagen)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und


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ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kroatien andererseits samt Schlussakte und Erklärungen.

Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt Gäste begrüßen. In unserer Mitte befinden sich der Vizepräsident des kroatischen Parlaments und Vorsitzende des außenpolitischen Politikausschusses Dr. Tomac und Herr Botschafter Colić. Ich darf Sie herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall. – Die beiden Genannten erheben sich von ihren Plätzen und grüßen ihrerseits mit einer Verbeugung.)

Die Berichterstattung zu diesem Tagesordnungspunkt hat Herr Bundesrat Ager übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Hans Ager: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher nur auf das Wesentliche.

Der Nationalrat hat gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG beschlossen, dass die Kundmachung dieses Abkommens, der Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen, die in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht werden, in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten erfolgt.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Februar 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile es ihm.

14.00

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Exzellenz! Lieber Kollege aus dem kroatischen Parlament! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kroatien andererseits samt Schlussakte und Erklärungen ist ein klarer, ein natürlicher europäischer Vorgang. Kroatien war über Jahrhunderte ein tragendes Zentrum Mitteleuropas und ist es auch jetzt noch.

Mit Österreich – das sehen wir jetzt gerade – bestand nicht nur diese Verbindung schon immer, nun ist noch Dr. Erhard Busek Koordinationschef für die EU-Erweiterung in Richtung Südosteuropa. Uns Österreichern – und in diesem Fall besonders mir als Steirer – war dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, und zwar dieses enge Zusammensein und -arbeiten in all diesen verschiedenen Fragen, immer ein wichtiges Anliegen – egal, ob in Fragen der Sicherheit, der Wirtschaft oder der Bildung. Angesichts dieses häufigen familiären Zusammenrückens müsste Kroatien, wie wir bereits, eigentlich schon längst Mitglied der EU sein. Historisch gesehen gibt es schon seit Jahrhunderten dieses Zusammengehören, historisch gehört Kroatien, wie auch Österreich, dem größeren Europa an. Man stand jahrhundertelang im selben Verband, in dem


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heute auch Belgien und die Hauptstadt Belgiens ist, die im Moment auch die Hauptstadt Europas ist. Aus diesem Grund schon ist Kroatien ein ganz logisches Mitglied der europäischen Familie.

Die Regelungen des EU-Assoziierungsabkommens mit Kroatien müssen daher rasch und unbürokratisch umgesetzt werden. Auch dies ist von österreichischer Seite her bereits im Gange. Jährlich fahren wieder Hunderttausende Österreicher nach Kroatien, so wie es früher üblich war, nämlich vor den zwei – ich möchte sie so nennen – "Bürgerkriegen", die es in Europa gegeben hat; so möchte ich diese beiden fürchterlichen, überflüssigen Weltkriege bezeichnen.

Je rascher Kroatien in die EU geführt wird, desto besser. Das ist auch logisch. Der große österreichische Dichter Franz Grillparzer sagte einmal: "Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält." – Gemeint war, dass 14 verschiedene Völker und Nationen in Frieden und Freiheit zusammenleben konnten. Und in diesem Mitteleuropa war es gesetzlich kein Problem, dass in einer Gemeinde ab einer Stärke von 3,5 Prozent der Minderheit zweisprachige Ortstafeln aufgestellt wurden.

Als gebürtiger Grazer und Steirer muss ich dazu Folgendes sagen: Unser Bezug dazu ist sehr nah. Wir Steirer sind draufgekommen, dass zum Beispiel die Entfernung von Zagreb, Agram, nach Graz um zwei Kilometer kürzer ist als jene von Graz nach Wien. Das heißt, wir alle sind mitten in diesem Europa.

Durch Bildung und Kultur waren gerade Graz und Kroatien stets engstens verbunden. In der Steiermark liegt – das darf ich sagen, ohne jetzt religiös zu werden – auch Mariazell, die "Magna Mater Austriae-Hungariae et populorum slavorum", die "Große Mutter Österreich-Ungarns und der slawischen Völker". Jedes Mal, wenn man nach Mariazell kommt, sieht man dort Kränze, die mit den Farben Kroatiens umbunden sind, genauso wie es Kränze mit den Farben Ungarns gibt. Das ist für uns sicherlich sehr wichtig.

Man kann auch, so glaube ich, hier mit Stolz sagen: Denken wir an das Burgenland! Ich bin zwar kein Burgenländer, aber es freut mich, dass es im Burgenländischen Landtag kein Problem ist, kroatische Sätze zu sagen. Im Burgenland gibt es kroatische und anderssprachige Dörfer, und dort ist es kein Problem, ungarisch, deutsch oder kroatisch zu sprechen. Ich glaube, dass das etwas sehr Wesentliches ist. Ich meine, dass das für uns eine hochinteressante Sache ist.

Es bietet sich natürlich nun nach dem erfolgreichen Ende des Kommunismus mit der EU-Erweiterung auch eine Wirtschaftserweiterung in diesen südosteuropäischen Raum an, der gerade für uns Steirer, aber auch für die Kärntner von Bedeutung ist. Das gilt auch für Friaul-Julisch Venetien, Slowenien und Kroatien. Das macht natürlich sehr viel von unserer historischen Stärke aus.

Wir hören auch sehr gern am Neujahrstag – weltweit wird dieses Konzert übertragen –den Radetzkymarsch, denken an Radetzky und vielleicht daran, dass er aus Kroatien stammt. (Heiterkeit.)

Ich muss sagen, dass natürlich von kroatischer Seite her absolutes Verständnis für diesen europäischen Einigungsprozess da war. Auch die von Tito eingeführten AVNOJ-Bestimmungen, die völkerrechtswidrig waren, sind in Kroatien sofort aufgehoben und nicht weiter getragen worden. Auch das ist ein Zeichen in Richtung des richtigen Europas. Wir brauchen dieses Europa, dieses Europa ist stark. Und deswegen ist es gerade für uns wichtig, dass wir so rasch wie möglich zusammenwachsen. Kroatien ist kein fremdes Land, sondern wir gehören zusammen!

Ich kann Folgendes berichten: Ich war zufällig vor 14 Tagen in Kroatien und habe dort etwas erlebt, was mich sehr gefreut hat. Der Euro ist zwar in Kroatien noch nicht offizielle Währung, aber obwohl es ihn in Italien und in Österreich auch erst seit sechs, sieben Wochen gibt, ist der Euro in Kroatien die wesentliche Währung. Der Schritt Kroatiens in die europäische Richtung ist also da.


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Wir begrüßen das und werden diesem Abkommen mit Freude zustimmen. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

14.06

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Würschl. Ich erteile es ihm.

14.06

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf bei Kollegen Liechtenstein fortsetzen; ich unterstreiche seine Ausführungen größtenteils, vor allem insofern, als er meinte, dass die Zusammenarbeit mit Kroatien weiter vertieft werden müsse und die ausgezeichnete Zusammenarbeit weitergeführt werden solle.

Ich möchte am Beginn meiner Rede die engen Beziehungen der Sozialdemokratie nach Kroatien erwähnen und das in Ihrer Anwesenheit (in Richtung der kroatischen Delegation) tun. Ich darf darauf verweisen, dass während der Zeit der fürchterlichen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien wir Kärntner Sozialdemokraten Hilfslieferungen nach Kroatien organisiert haben. Es möge jetzt nicht präpotent klingen, aber ich bin sehr stolz darauf, dass ich vor etwa einem Jahr vom Bürgermeister von Vukovar eine Ehrenurkunde, eine Auszeichnung als kleinen Dank dafür erhalten habe, dass wir eben diese Hilfslieferungen nach Kroatien, nach Vukovar organisiert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Stabilisierungsprozess, diese Assoziierung soll ein erster Schritt zum Vollbeitritt Kroatiens in die Europäische Gemeinschaft sein. Auch wir Sozialdemokraten meinen, dass Kroatien nach Europa gehört. Herr Kollege Liechtenstein hat es schon erwähnt: Tausende Kärntner, Tausende Österreicher fahren auf Urlaub nach Kroatien. Wir stellen in Kärnten erfreulicherweise fest, dass auch sehr viele Kroaten in den letzten Monaten zu uns nach Kärnten, nach Österreich gekommen sind, um unser Land zu besuchen.

Geschätzte Damen und Herren! Dieses Abkommen ist ein weiterer Beitrag im Friedensprozess, der in Europa stattfindet, und ist absolut zu begrüßen. Wir Sozialdemokraten meinen auch, dass der politische Dialog mit der Republik Kroatien weiter verstärkt werden soll und die politischen Kontaktnahmen in einem größeren Umfang Platz greifen mögen.

Es ist auch die Rede davon, die Handelsbeziehungen weiter auszubauen. Wir Österreicher sind sehr stolz darauf, dass wir federführend in den Wirtschaftskontakten zu Kroatien sind. Auch dieser Bereich möge in den nächsten Monaten und Jahren entsprechend ausgebaut werden.

In diesem Sinne laden wir unsere kroatischen Freunde dazu ein, mit uns gemeinsam diese Beziehungen zu vertiefen und auszubauen. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.09

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Klamt. Ich erteile es ihm.

14.09

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor allem: Meine sehr verehrten Damen und Herren aus Kroatien! Die Europäische Kommission hat mit dem Ziel einer Stabilisierung Südosteuropas im Jahre 1999 einen stufenweisen Assoziierungsprozess für Bosnien und Herzegowina, Kroatien, die Bundesrepublik Jugoslawien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Albanien angefangen. Den betroffenen Ländern soll Unterstützung beim Aufbau eines demokratischen Systems, eines demokratischen Rechtsstaates mit einer funktionierenden Marktwirtschaft zukommen.

Mit dem gegenständlichen Abkommen verpflichtet sich Kroatien zu engeren Beziehungen zur Europäischen Union und zum schrittweisen Aufbau einer Freihandelszone. Kroatien ist bereit, mit Bosnien und Herzegowina, der Bundesrepublik Jugoslawien, Mazedonien und Albanien eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam den Rahmen für eine positive Entwicklung in Südost


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europa festzulegen. Das ist ein zukunftsorientierter Prozess, den wir Österreicher sehr positiv sehen.

Die starke Verbindung zwischen Österreich und Kroatien reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück und wurde mit dem Zerfall des Habsburgerreiches formal beendet. Ich hoffe, dass wir alle aus der Geschichte gelernt haben und erkennen, dass berechtigter Stolz auf die eigenen Wurzeln immer gepaart sein muss mit Respekt vor anderen Traditionen.

Es spricht für uns Österreicher, dass wir die Zeichen der Zeit erkannt haben und von unserer Seite eine rasche Anerkennung des Abkommens durchgezogen wurde. Damit werden die bisher schon bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zwischen Kroatien und Österreich mehr als bestätigt.

Für Kroatien spricht auch – das hat mein Vorredner, Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein, bereits ausgeführt –, dass in den bewegten Jahren nach der Erklärung der Unabhängigkeit nicht vergessen wurde, die menschenrechtswidrigen AVNOJ-Bestimmungen über Bord zu werfen. Dieser Punkt muss besonders erwähnt werden und sollte als positives Beispiel dienen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Die guten bilateralen Beziehungen und die gegenseitigen Besuche auf politischer Ebene sprechen für sich und werden durch die große Zahl gemeinsamer Kulturveranstaltungen, durch hohe österreichische Investitionen in Kroatien und florierende Beziehungen im Handel und im Tourismus eindrucksvoll untermauert.

In diesem Sinne wird die freiheitliche Fraktion dem gegenständlichen Tagesordnungspunkt die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.13

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Tusek. Ich erteile es ihm.

14.14

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohe Delegation der Republik Kroatien! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem heute zu erwartenden Beschluss des Hohen Hauses – meine drei Vorredner haben das angekündigt – wird dieses Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen parlamentarisch ratifiziert werden. Wir haben dabei Spitzenwerte erreicht. Ich glaube, auch das sollte hier betont werden.

Österreich ist der erste Mitgliedstaat der Europäischen Union, der dieses Abkommen ratifiziert. Wir können stolz darauf sein: Am 29. Oktober 2001 wurde dieses Abkommen unterschrieben, und nicht einmal vier Monate danach ist die parlamentarische Behandlung mit dem heutigen Beschluss abgeschlossen.

Das kam nicht von ungefähr – die Vorredner führten es bereits an –: Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und der Republik Kroatien sind sehr gut. Es gab und gibt viele Besuche der verschiedensten Delegationen sowie ausgedehnte kulturelle, aber auch wirtschaftliche und touristische Kontakte. Nicht zuletzt darf erwähnt werden, dass sich Österreich in schwierigen Zeiten für Kroatien – vor allem unter Außenminister Dr. Alois Mock –, für die Anerkennung der damals jungen Republik eingesetzt hat.

Meine Vorredner erwähnten bereits, dass Hilfestellung, humanitäre Hilfeleistungen und Beiträge zum Wiederaufbau nach dem furchtbaren Krieg im ehemaligen Jugoslawien für Österreich eine Selbstverständlichkeit waren. Jetzt geht es darum, eine schrittweise Annäherung dieses Staates, der Republik Kroatien, an die Europäische Union zu erreichen.

Eine wesentliche Hilfestellung dazu bietet dieses Abkommen. Einerseits wird der politische Dialog mit Kroatien auf bilateraler Ebene, aber auch auf regionaler Ebene – nicht von ungefähr haben ein steirischer und zwei Kärntner Bundesräte hier das Wort ergriffen – von besonderer


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Bedeutung und Wichtigkeit sein. Eine engere regionale Kooperation und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Perspektive der Errichtung einer Freihandelszone für Waren und Dienstleistungen nach einer etwa sechsjährigen Übergangszeit soll ermöglicht werden.

Kroatien hat sich andererseits dazu verpflichtet, die Rechtsvorschriften schrittweise an jene der Europäischen Gemeinschaften anzugleichen. Besonders wichtig erscheint mir die Möglichkeit, weitreichende Beziehungen – vor allem in den Bereichen innere Sicherheit und Justiz – nun rechtlich abgesichert aufnehmen zu können.

Darüber hinaus ergeben sich aber auch Chancen für beide Seiten durch eine verstärkte Zusammenarbeit in allen Bereichen, besonders aber auf dem Sektor des Finanz- und Bankenwesens. Aber auch – und das sollte man hier sagen – die Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft und Technik, Energie, Umwelt, Verkehr, Telekommunikation sowie Infrastruktur wird ab nun unter geregelten, genormten rechtlichen Bedingungen möglich sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Abkommen stellt einen wichtigen und zukunftsweisenden Schritt in die richtige Richtung dar. Daher freut es mich ganz besonders, dass alle Fraktionen angekündigt haben, diesen Schritt gemeinsam gehen zu wollen, wofür ich mich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ganz herzlich bedanke. (Allgemeiner Beifall.)

14.18

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.19

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Delegation aus Kroatien! Auch für die Grünen ist es selbstverständlich, dass dieses heute hier zu beschließende Abkommen ein ganz wichtiger Meilenstein ist, den es uneingeschränkt zu unterstützen gilt. Dieses Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen, das mit Kroatien abgeschlossen wird, setzt den Stabilitätspakt für Südosteuropa endlich real um.

Ich möchte als Vertreter der Opposition hier sagen, dass wir mit großer Genugtuung feststellen können, dass jemand, der in seiner Biographie, als viele noch gar nicht über den Eisernen Vorhang geblickt haben, eindeutig und immer wieder auf diese Region hingewiesen und ein sehr großes Verständnis für die gesamte Region entwickelt hat, nämlich Erhard Busek, heute der Vertreter dieses Stabilisierungspaktes für Südosteuropa ist.

Ich glaube, dass er in seinen Händen in guten Händen ist (Beifall bei ÖVP und SPÖ), denn er hat dieses Verständnis in all diesen Jahren immer und immer wieder auch durch seine Biographie dokumentiert.

Dieser Stabilitätspakt für Südosteuropa war meiner Meinung nach auch eine richtige Veränderung in der Politik der EU, die einzelnen Länder nicht mehr singulär zu betrachten, sondern eine ganze Region als etwas Gemeinsames – eine gemeinsame Politik der Europäischen Gemeinschaft gegenüber einem politischen Raum. Es gibt nicht mehr nur Einzelverträge, sondern durch diese gemeinsame Sicht wird die Stabilität einer Region zwischen Österreich und Griechenland in Angriff genommen.

Es ist eine Verpflichtung Europas, dieses Südosteuropa in Europa zu integrieren. Es ist eine Verpflichtung, die auch aus der Geschichte erwächst, denn europäische Mächte waren in der Vergangenheit mitbeteiligt daran und mitverantwortlich dafür, dass es zu Destabilisierungsprozessen und kriegerischen Auseinandersetzungen auf Grund geopolitischer und strategischer Überlegungen gekommen ist.

In diesem Sinne ist dieses Abkommen ein wichtiger Beitrag – nicht nur zur wirtschaftlichen Stabilisierung. Alles, was zu einer wirtschaftlichen Stabilisierung und zu einem Zusammenwachsen in diesem Bereich führt, bringt auch eine politische und eine soziale Stabilisierung, und das


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bedeutet eine Stabilisierung des Friedens, den sich Kroatien hart erkämpft hat, wobei auch Kroatien in seiner Geschichte noch Aufarbeitung leisten muss.

Es ist aber der richtige Weg, den wir hier begehen, und es ist keine Erweiterung – wie hier immer wieder gesagt wird – nach Osten: Wir sprechen hier auch von einer Erweiterung in den Süden. Bei Tschechien ist es eine Erweiterung in den Westen und zum Teil in den Norden. – Das sind die Bindeglieder, die man zwischen Berlin und Athen – Österreich liegt noch dazwischen – braucht, um zu diesem großen europäischen Raum zu kommen.

Da Herr Kollege Dr. Liechtenstein heute einen Dichter zitiert hat, so möchte ich jetzt auch einen Dichter zitieren. – Es ist Stefan Zweig. Ich würde fast sagen, er war einer der ersten Kosmopoliten in Europa. Vor seinem Freitod beschreibt er in einem Rückblick, wie sich der erste Zeppelin in die Luft erhoben hat und welch erhebendes Gefühl es war, dass sich dieser Zeppelin spielend leicht über Grenzen hinweg bewegte, dass das erstmals ein Sieg des Europäischen war und dass er dabei gedacht hat, wie überflüssig, wie kleinlich und wie erbärmlich doch die verschiedenen nationalen Grenzen sind, wenn sich Flugzeuge – damals war es der Zeppelin – spielend leicht über solche nationalen Grenzen, die wie tiefe Gräben in der Vergangenheit wirkten, hinwegsetzen können.

In diesem Sinne – Stefan Zweig war Österreicher – möchte ich sagen: Vielleicht liegt auch sein Geist über diesem Abkommen, das wir heute hier mit Kroatien schließen. Es ist sicherlich kein leichter Weg: Wenn wir uns heute Südosteuropa anschauen, so sehen wir sehr unterschiedliche Staatensysteme. Es gibt das auf dem zerbrechlichen Dayton-Abkommen gebaute Staatengebilde in Bosnien. Es gibt Slowenien, das in Bälde Mitglied der EU sein wird. Heute haben wir einen großen Schritt auf Kroatien zu gemacht. Wir haben eine völlig ungeklärte Situation, was die Republik Serbien betrifft, aber auch eine sehr schwierige Situation in Mazedonien.

All das gilt es, durch diesen Stabilisierungspakt mit Südosteuropa zu überwinden, sodass es nicht wieder zu Ungleichbehandlungen in Südosteuropa kommt. Die Menschen in Südosteuropa brauchen diese europäische Perspektive, diese Perspektive, die ihnen auch hilft, die entsprechenden Maßnahmen in Richtung Stabilisierung, Frieden, geschichtliche Aufarbeitung – ich betone das: auch die geschichtliche Aufarbeitung der Geschehnisse – anzugehen.

Vor allem geht es auch darum, dass die Jugend, die heute genau weiß, wie die Menschen in Europa leben und sich oft fragt, warum wir so leben müssen, wie wir leben, eine solche Perspektive bekommt.

In diesem Sinne möchte ich sagen: Ich unterstütze nachhaltig – und ich hoffe, dass das Österreich auch tun wird – die Bemühungen – da wir heute schon einmal von Sport gesprochen haben – im Sinne der völkerverbindenden Idee, dass die Olympischen Winterspiele 2010 in Sarajevo als ein ganz wichtiges Symbol stattfinden und dass sich das reiche Europa und auch die internationale Gemeinschaft dazu bekennen, dass nach 1984, nach dem fürchterlichen Balkankrieg, der dazwischen liegt, dieses Zeichen der Welt Richtung Sarajevo gesetzt wird. Es wird für die drei Volksgruppen – Kroaten, Serben und Bosnier – wahrscheinlich ein ganz wichtiges Signal Europas sein, wenn das gelingt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.26

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte, Herr Minister.

14.26

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Botschafter! Hoher Bundesrat! Die Geschichte Österreichs und Kroatiens ist vielfältig verflochten, und es ist kein Wunder, dass diese zwei Länder auf Grund ihrer gemeinsamen Geschichte auch eine besondere Beziehung haben.

Österreich hat diese besondere Beziehung zu Kroatien auch dokumentiert: Etwa in der Phase der politischen Staatenwerdung war Österreich – Alois Mock wurde schon genannt – feder


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führend und insgesamt auch politisch führend. Auch in der Phase der Begleitung in den ersten Jahren und auch in der schwierigen Situation des Krieges hat Österreich geholfen.

Österreich ist daher von Anfang an ganz klar an der Seite Kroatiens gestanden und steht auch am Weg der Annäherung zur Europäischen Union an dessen Seite. – Das ist eine entscheidende Perspektive für dieses Land.

Wir arbeiten sehr konkret. Das können Sie etwa daran sehen, dass allein im vergangenen Jahr rund 70 bilaterale Besuche zwischen österreichischen und kroatischen Repräsentanten stattgefunden haben. An der Spitze steht der Besuch des kroatischen Staatspräsidenten Stipe Mesić in Österreich.

Wir sind ganz intensiv im Bereich der kulturellen Beziehungen tätig: Das "Österreichische Kulturforum Zagreb" etwa hat im vergangenen Jahr in 36 Ortschaften Kroatiens über 240 Veranstaltungen mit dem europäischen Gedanken im Hintergrund durchgeführt.

Selbstverständlich besteht auch eine enge wirtschaftliche Verflechtung. Wenige werden wissen, dass Österreich die Nummer eins als Investor in Kroatien ist und dass die bilateralen Handelsbeziehungen so weit gediehen sind, dass sich Österreich und Kroatien auch wirtschaftlich immer mehr annähern.

Diese wirtschaftliche Verflechtung kommt selbstverständlich auch in vielen persönlichen Kontakten zum Ausdruck. Österreich ist heute eines der wenigen Länder, aus dem es im vergangenen Jahr mehr Touristen in Kroatien gegeben hat als noch zu Beginn der neunziger Jahre. In den letzten Jahren hat nun auch der umgekehrte Touristenstrom eingesetzt. – Das ist also eine sehr positive Bilanz.

Meine Damen und Herren! Dieses Abkommen ist ein wichtiger Schritt am Weg Kroatiens in Richtung Europäische Gemeinschaft. Ich kann Ihnen versichern, dass Österreich diesen Weg Kroatiens unterstützt, und ich halte es für ein absolut positives Zeichen, dass in diesem Bundesrat, in diesem breiten Konsens, heute auch ein starkes europäisches Signal gegeben wird.

Wir Österreicher wollen, dass wir im Europa der Gemeinsamkeit Frieden, wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit für die künftigen Generationen schaffen und dies auch jenen Ländern ermöglichen, die noch nicht dabei sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie Beifall bei der SPÖ.)

14.30

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich unterbreche die Sitzung bis zum Aufruf der dringlichen Anfrage, also bis 16 Uhr.

(Die Sitzung wird um 14.31 Uhr unterbrochen und um 16.01 Uhr wieder aufgenommen. )


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Schädigung des österreichischen Ansehens im Ausland durch die Irak-Reise Haiders zu Saddam Hussein (1903/J-BR/02)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Konecny als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.01

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich gebe eines zu: Die einzige Frage, Frau Bundesministerin, die Ihnen wirklich zu stellen wäre, kann nach unserer Geschäftsordnung nicht gestellt werden. Die Auskunft über Ihre Gefühlslage nach der Mitteilung des Besuches des Herrn Landeshauptmannes Haider in Bagdad ist mit Sicherheit kein Gegenstand der Vollziehung. Ich kann mir die Gefühlslage aber annähernd vorstellen.

Es ist nicht leicht – und das attestiere ich Ihnen gern –, für dieses Land Außenpolitik zu machen, wenn man diesen würgenden Rucksack umgehängt bekommt. Herr Landeshauptmann Haider ist kein Objekt unseres Fragerechtes. Auch wenn wir Fragen zum Umgang des Ressorts mit diesem Ereignis stellen, so sollen Sie wissen – und das möchte ich ausdrücklich betonen –, dass es in unserem Interesse liegt, den internationalen Schaden, der hier zugefügt wurde, gemeinsam, gerne auch gemeinsam mit Ihnen, wieder gutzumachen – das ist ein bisschen viel verlangt – oder zumindest zu mildern.

Meine Damen und Herren! Was hier Gegenstand der Auseinandersetzung, der Anfrage und der nachfolgenden Debatte ist, ist ein Vorgang, der in der österreichischen Politik nicht so oft vorkommt, um nicht zu sagen: der beispiellos ist. Er ist nicht nur deshalb so besonders beispiellos, weil ein prominenter österreichischer Politiker das dringende Bedürfnis hat, einem der unangenehmsten Diktatoren der Jetztzeit seine Sympathie zu versichern und ihm die Grüße des österreichischen Volkes zu überbringen – also meine waren es nicht! (Rufe bei der SPÖ: Meine auch nicht!)  –, und all das auf dem Rücken unseres Landes; dieser Vorgang ist vor allem auch deshalb so wirklich einzigartig, weil hier eine politische Sympathiekundgebung in einer beispiellosen Begriffsverwirrung hinter Humanität versteckt werden soll, weil hier in einer Mischung aus Halbwahrheiten und ganzen Unwahrheiten ein Eindruck erweckt werden soll, der sich nicht mit den Tatsachen deckt.

In Lewis Carroll’s "Alice in Wonderland" kommt eine nicht sehr sympathische Figur vor, die der Autor – und das, ohne Kabas gekannt zu haben! – "Humpty Dumpty" genannt hat. Diese Figur wandert mit Alice durch das Wunderland. An einer Stelle sagt er: "Wenn ich ein Wort verwende, dann meint es gerade das, was ich mir ausgesucht habe, dass es meinen soll – weder mehr noch weniger." – "Die Frage ist doch," sagt Alice darauf, "ob du in der Lage bist, die Wörter zu veranlassen, so unterschiedliche Dinge zu meinen." – "Nein. Die Frage ist," sagt Humpty Dumpty, "wer ist der Herr über die Wörter? Das ist alles."

Was uns hier vorgespielt wird, ist die Geschichte eines Menschen, der meint, der Herr über die Wörter zu sein. Und wenn er sagt: "humanitäre Hilfe", dann ist das Shakehands mit einem


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blutigen Diktator nicht mehr Realität. – Wenn er von hungernden Kindern und leukämiekranken Kindern spricht, dann fällt alles weg, was das Regime an Schuld für das Leid dieser Kinder hat, dem er Ölgemälde aus Kärnten mitbringt. Dagegen ist in guter Zeit – und die gute Zeit wäre früher gewesen – Widerstand zu leisten, und das ist auch von Seiten der österreichischen Außenpolitik deutlich zu machen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Die Tatsache, dass diese Reise jetzt stattgefunden hat, basiert auf einer Spekulation darauf, in einem komplizierten Parallelogramm von Interessen, Meinungen und Gefühlen politisch einmal mehr Kapital schlagen zu können. Es ist richtig – und das hat nichts mit der Reise dieses Herrn zu tun –, dass es in weiten Teilen der Welt, insbesondere auch in der Europäischen Union, ein wachsendes Unbehagen mit der Politik der USA gibt, mit jener arroganten Haltung, allein entscheiden zu wollen, was für diesen Erdball gut ist. Wir stehen vollinhaltlich – dazu brauchen wir keinen Herrn Haider – hinter den Beschlüssen und Meinungen der Europäischen Union, die klar darauf aufmerksam macht, dass gemeinsames Vorgehen auch heißt, Vorgehen gemeinsam abzustimmen.

Wir halten es – auch das ist richtig, und dazu brauchen wir erst recht keinen Herrn Haider – für eine höchst problematische Konstruktion, drei Staaten zu einer "Achse des Bösen" zusammenzufügen, von denen zwei tatsächlich übelste Diktaturen sind und der dritte ein Land ist, in dem es eine dynamische, kontroverse Entwicklung gibt, in der wir – gerade wir – an der Seite der fortschrittlichen Kräfte Position zu beziehen haben. Ich bin froh darüber – und auch dazu hat niemand Herrn Haider gebraucht –, dass die österreichische Außenpolitik durch ihre Einladung an Präsident Khatami und die ihm gebotene Möglichkeit, vor einem großen Forum seine Gedanken zu äußern, klar Position auf der Seite der Reformer bezogen hat.

Ich sagte es schon: Es gibt eine legitime Diskussion darüber, ob das Sanktionsregime der UNO erstens überhaupt sinnvoll ist und zweitens in einer Art und Weise gehandhabt wird, die menschlich und politisch erträglich ist. Die Spekulation darauf, dass Menschen, die Not erleiden, zur Revolution schreiten, ist vermutlich unsinnig. Menschen, die täglich ums Überleben ringen müssen, stellen sich um Brot an und machen keine Revolutionen. Als Funktionär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen weiß ich, wie schwierig es ist, für Hilfsgüter die Clearance zu bekommen. Wir sitzen tatsächlich auf Hilfsgütern im Wert von etwa 5 Millionen Schilling, die nicht so schnell hinausgegangen sind, wie wir das gewünscht hätten. Aber es ist eines klar: Humanität für die leidenden Menschen im Irak kann nicht verbunden sein mit Freundlichkeit für jene, die dieses Leid verursacht haben! Das Regime Saddam Husseins verdient von niemandem Solidarität, Unterstützung und Freundlichkeit. (Bundesrätin Haunschmid: Hat er eh nicht getan!)

Wie meinen, Frau Kollegin? (Bundesrätin Haunschmid: So ein Blödsinn!) Waren Sie auch mit? Ach, Sie wissen das?! (Rufe bei den Freiheitlichen: Waren Sie mit? – Bundesrätin Haunschmid: Wissen Sie das? – Bundesrat Dr. Nittmann: Sie nehmen nur den Mund voll, Herr Professor! Das ist alles!)

Herr Kollege! Das irakische Fernsehen hat uns jene brüderliche Einheit der beiden Herrschaften in eindrucksvollen Bildern übermittelt. (Die Bundesräte der SPÖ halten jeweils ein vergrößertes Foto in die Höhe, auf dem Saddam Hussein und Landeshauptmann Haider, die einander die Hand schütteln, zu sehen sind.) Ich nehme nicht an, dass Sie Herrn Haider in dieses Bild hineinkopiert haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wer in einem Land wie diesem zu helfen versucht (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist eine Vorverurteilung!) – von wem, von Saddam Hussein? (Rufe bei den Freiheitlichen: Von Ihnen! Eine Vorverurteilung von Dr. Haider!)  –, wer in einem Land wie diesem humanitäre Hilfe zu leisten versucht, der kann nicht ganz um Kontakte mit dem Regime herumkommen, das ist wahr. (Zwischenrufe der Bundesrätin Haunschmid und Gegenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Letztklassig ist das!) Wer Hilfsgüter medizinischer Art in das Land bringen will – was Herr Haider im Übrigen nicht getan hat (Ruf bei der SPÖ: Das ist schlimmer als letztklassig!) –, der muss mit den Gesundheitsbehörden sprechen, damit er in die Spitäler kommt. Aber wer sich je mit diesem Thema auch nur ansatzweise beschäftigt hat, der weiß auch, dass


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es bei solchen Aktionen nicht darauf ankommt, einem Diplomaten irgendeinen Container – "in die Hand zu drücken" kann man in diesem Fall nicht sagen – zu übergeben, irgendwo in Damaskus, in Wien oder wo auch immer, sondern dass es entscheidend ist, dorthin zu gehen, wo die leidenden Menschen sind, in die Spitäler hinaus, und in mühsamen Verhandlungen mit dem Regime zu versuchen, die Erlaubnis zu erhalten, sich diese Spitäler selbst auszusuchen, damit die Hilfsgüter nicht im Privatspital der Republikanischen Garden landen, sondern tatsächlich in einem Wohnviertel-Spital in Bagdad. (Bundesrätin Haunschmid: Das wissen Sie!) Natürlich weiß ich das! Ja selbstverständlich, Frau Kollegin! (Bundesrätin Haunschmid: Ach so, dann waren Sie dabei?) Ich beschäftige mich seit Jahren damit, und genau darum geht es: dass hier jemand als Trittbrettfahrer aufgesprungen ist (Bundesrätin Haunschmid: Wenn das Vranitzky gewesen wäre, wäre es recht gewesen!) und jetzt empört ist, dass er vom Trittbrett gerutscht und auf die Nase gefallen ist, dass er ertappt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will mich gar nicht darüber mokieren, dass man um einen Betrag, der das Dreifache des Wertes der Hilfsgüter ausmacht, ein Flugzeug chartert. Ich will mich gar nicht darüber mokieren, dass man beim UNO-Sanktionskomitee um die Erlaubnis ansucht, mit den Hilfsgütern nach Bagdad zu fliegen, und wenn man die Hilfsgüter nicht genehmigt bekommt, eben einen Antrag auf einen Flug ohne Hilfsgüter stellt! Dass Herr Haider eine Hilfslieferung für die Not leidende Bevölkerung des Iraks sein könnte, ist mir relativ unerklärlich. Dass die UNO dann fragt, wo dann der humanitäre Aspekt bleibt – von Haider besucht zu werden, ist eher ein inhumaner Aspekt! (Heiterkeit bei der SPÖ) –, ist in höchstem Maße verständlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es noch einmal: Hier wurde und wird in einer wirklich beispiellosen Weise vorgeschoben, persönlich Betroffener zu sein, helfen zu wollen, wo es in Wirklichkeit nur darum geht, in die Schlagzeilen zu kommen (Bundesrätin Haunschmid: Ein Wahnsinn!) – auch dann, wenn es die Schlagzeilen von "Al Thaura" und der Abendnachrichten des irakischen Fernsehens sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wie der Schelm denkt, so ist er! Den Charakter braucht man, um so zu denken!)

Herr Kollege! Ich bin gerne bereit, meinen Charakter mit Ihnen zu diskutieren, wenn Sie mir das sagen, was Sie über den Charakter des Kärntner Landeshauptmannes wirklich meinen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Das sage ich Ihnen jederzeit! – Bundesrätin Haunschmid: Gerne!)

Andere Sprecher aus den Reihen unserer sozialdemokratischen Fraktion werden zu diesem Thema noch ein paar erhellende Begebenheiten erzählen, die das, was ich hier ein wenig generalisierend gesagt habe, in drastischer Weise untermauern. Was bleibt, ist die freundschaftliche Begegnung mit dem Herrn da. (Der Redner weist auf das erwähnte Foto.) Was bleibt, ist die Vereinbarung über Zusammenarbeit zwischen der Freiheitlichen Partei und der irakischen Baath-Partei. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist absurd!) Wir werden einmal schauen, was das für die österreichische Politik bedeutet – hoffentlich nicht dasselbe wie im Irak, dann würde ich nämlich, ehrlich gesagt, um meinen Kopf zu fürchten beginnen, und zwar im eigentlichen physischen und existenziellen Sinn des Wortes –, und wir werden sehen, ob jener gemeinsame Kampf gegen die zionistische Verschwörung da irgendwelche praktischen Folgen hat. (Bundesrätin Haunschmid: Das ist unwahrscheinlich!)

Frau Kollegin! Das ist unwahrscheinlich, in der Tat (Bundesrätin Haunschmid: Das ist unwahrscheinlich, was Sie für ein schlechtes Denken haben!), aber der Herr Landeshauptmann hat es nicht für notwendig gefunden, eine einzige der Meldungen, die die irakischen Medien über Gesprächsinhalte und Vereinbarungen veröffentlicht haben, auch nur ansatzweise zu dementieren. Ganz im Gegenteil: Er hat begonnen – auch dazu wird im Detail noch etwas zu sagen sein –, die Propagandabehauptungen des irakischen Regimes Punkt für Punkt für die österreichische Öffentlichkeit zu wiederholen.

Mein Mitleid mit der Frau Vizekanzlerin hält sich naheliegenderweise in Grenzen. Sich nach entsetzlichen Mühen Gesprächstermine in Washington vereinbaren zu lassen und dann dort nicht die erhoffte Salvation zu erfahren, sondern bei jedem dieser Gespräche die eine und einzige Frage gestellt zu bekommen: Auf welcher Seite steht denn nun dieses Österreich, deren


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Vizekanzlerin Sie sind?, muss ein wirklich frustrierendes Erlebnis sein. (Bundesrätin Haunschmid: Was Sie für Probleme haben! Solche Probleme!)

Frau Bundesminister! Auch wenn Sie persönlich hier in einer anderen Situation sind, aber der österreichischen Außenpolitik – das wissen Sie – wird diese Frage derzeit in Europa und überall in der Welt gestellt. Es ist ein Schaden für dieses Land, der da angerichtet wurde. Österreich wurde in eine Ecke gestellt, in der außer Herrn Haider niemand zu stehen sich verdient hat, und wir werden lange daran arbeiten müssen, die Einflüsse, die Herr Haider ausgeübt hat, zu überwinden.

In welcher Weise ein Mann, der diesem Land so großen Schaden zugefügt hat, qualifiziert ist, Landeshauptmann eines wichtigen und schönen Bundeslandes zu sein, debattiert, so höre ich, heute der Kärntner Landtag. Ich kann ihm nur alles Gute für diese Diskussion wünschen.

Frau Bundesministerin! All das hat sich außerhalb des Bereiches abgespielt, auf den Sie einen direkten Einfluss haben – wer hat auf Herrn Haider schon einen Einfluss? –, aber die Fragen, die wir Ihnen stellen, beschäftigen sich natürlich damit: Was haben Sie getan, um Schaden von diesem Land abzuwenden?

Haben Sie versucht, Kontakt aufzunehmen? Haben Sie versucht, ihm Ratschläge zu geben, wie man dem Land diesen Schaden ersparen kann? Wann haben Sie es erfahren – das ist natürlich die Vorbedingung dieser Frage?

Ich meine, dass, wenn eine persönliche, private oder was auch immer Aktion eine derartige Dimension erreicht – und sie hat sie erreicht –, auch das Außenministerium gefordert ist. Ich glaube auch, dass mit der Rückkehr Jörg Haiders aus Bagdad die Frage nicht abgeschlossen ist. Es würde uns daher auch interessieren, welche Informationen Sie vom eigentlichen Gegenstand unserer Anfrage als Außenministerin über diese Gespräche erhalten haben, denn es ist doch unendlich wichtig, dass unsere Außenpolitik da die notwendige Fakteninformation erhält.

Dass wir es für extrem unglücklich gefunden haben – aber das ist in einer Koalitionsregierung ein bisschen verständlich –, dass von der Seite des Bundeskanzlers und der Seite des Außenministers nicht jene klaren Worte der Distanzierung und der Verurteilung gefunden wurden, die Österreich gut getan hätten, das ist selbstverständlich. Aber was Ihren Sprecher geritten hat, angesichts der Grüße des österreichischen Volkes an Herrn Saddam Hussein und den Zusammenarbeitsbekundungen zwischen FPÖ und Baath-Partei von "lösungsorientierten Gesprächen" zu sprechen, das hätte ich schon gerne gewusst. Das löst für Österreich mit Sicherheit nichts!

Es ist ein paar Tage her, seit Herr Haider diesem Land versprochen hat – der Gesamtrepublik, nicht dem armen Bundesland Kärnten –, dass er "schon weg" ist. – Das wäre keine schlechte Idee gewesen. So weg ist er, wie wir gemerkt haben, nun auch wieder nicht. Er ist mehr da, als es diesem Land gut tut, und wenn ich mir manche Zwischenrufe der letzten Viertelstunde in Erinnerung rufe, dann gibt es auch mehr von ihm Ferngesteuerte, als man selbst bei Einsatz moderner technologischer Mittel annehmen könnte. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach und ironische Heiterkeit bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: Sie sind ein Faschingsredner!)

Österreichs Außenpolitik steht auf der Seite der Menschenrechte. Wo Menschenrechte in solch brutaler Weise verletzt werden wie im Irak, ist keine Solidarität mit dem Regime möglich und denkbar.

Österreich ist stolz auf seine eigenständige Außenpolitik, die nicht notwendigerweise alles mitmacht, was zum Beispiel die USA für im Augenblick opportun halten.

Das sind Eckpfeiler. Diese Eckpfeiler decken im Detail verschiedene politische Haltungen ab. Was sie mit Sicherheit nicht abdecken, ist jenes Bündnis, das da offenbar in Bagdad geschlossen wurde und unter dem wir heute zu leiden haben und, so fürchte ich, auch noch in Zukunft zu leiden haben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

16.22


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zur Beantwortung hat sich die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten zu Wort gemeldet. Ich bitte sie, das Wort zu ergreifen.

16.22

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vor Beantwortung der an mich gestellten Fragen möchte ich einleitend nochmals bekräftigen, was ich eigentlich schon mehrmals erklärt habe, nämlich: Ich habe von der Reise des Herrn Landeshauptmannes in den Irak erst aus den Medienberichten am 11. Februar erfahren, und zwar während meines Fluges nach Istanbul. Hätte ich von dieser Reise im Vorhinein gewusst, so hätte ich selbstverständlich davon abgeraten.

Ich sehe es heute geradezu als grotesk an, wenn sich diese dringliche Anfrage zwar im Betreff auf die angebliche Schädigung unseres Ansehens durch die Irak-Reise des Landeshauptmannes Haider bezieht, sich inhaltlich jedoch vorwiegend damit beschäftigt, wer wann von beim Sanktionenkomitee abgelehnten Reiseanträgen Haiders informiert gewesen ist.

Ich wiederhole daher nochmals: Ich habe über diese Irak-Reise im Vorhinein nichts gewusst, und ich habe in weiterer Folge mit meiner Kritik keinen Zweifel gelassen. So habe ich am 13. Februar – und das ist das erste Mal, dass ich etwas gesagt habe –, als ich mich anlässlich der Eröffnung des Kulturforums noch in Paris aufhielt, gegenüber der APA erklärt, dass ich die Irak-Reise des Kärntner Landeshauptmannes als "klar entbehrlich", "nicht hilfreich", ja als "kontraproduktiv" ansehe. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Zur Chronologie der abgelehnten Anträge bei der Österreichischen Vertretung in New York hat mein Ministerium am 15. und am 19. Februar in dem Sinne Stellung bezogen, dass die Österreichische Vertretung in New York das Außenministerium am 21./22. Jänner über die Ablehnung eines Antrages an das UN-Sanktionenkomitee auf einen Flug nach Bagdad zum Zweck des Transportes humanitärer Güter informiert hatte. Von einem geplanten Treffen mit irakischen Politikern war darin keine Rede. In der Überzeugung, dass mangels Genehmigung keine Irak-Reise stattfinden würde, hat man mich – ich war zu diesem Zeitpunkt bei der Afghanistan-Geberkonferenz in Tokio – über diese Information der Österreichischen Vertretung in New York nicht unterrichtet.

In derselben Annahme berichtete die Vertretung danach auch nicht mehr über einen neuerlichen Irak-Antrag vom 28. Jänner, der ebenfalls abgelehnt wurde. Die Durchführung der Reise nach Bagdad trotz der abgelehnten Anträge und das Zusammentreffen mit Saddam Hussein erfolgten daher wirklich völlig überraschend und ohne jegliche Vorankündigung oder Abstimmung mit der Bundesregierung.

Leider muss ich feststellen, dass Klubobmann Cap unter anderem in einer Presseaussendung – das war die APA 272 vom 15. Februar  2002 – wider besseres Wissen die glatte Unwahrheit gesagt hat. Er hat nämlich behauptet, ich hätte im Außenpolitischen Ausschuss auf seine Frage: "Haben Sie gewusst, dass Haider in den Irak fliegen wird?" mit "Ja" geantwortet. – Das Gegenteil ist wahr und wird von zahlreichen im Ausschuss anwesenden Personen bezeugt. Ebenso unwahr ist auch seine weitere Behauptung, Landeshauptmann Haider wäre vom Außenministerium "gebrieft" worden. Da es nämlich keinerlei Kontakte des Landeshauptmannes zum Außenministerium gab und lediglich eine Flugfirma Anträge für seine Reise an die Österreichische Vertretung in New York übermittelte, kann es auch gar kein Briefing gegeben haben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Haider hat das behauptet! Haider hat behauptet, die Regierung wäre informiert!)

In Beantwortung der dringlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und GenossInnen möchte ich Folgendes sagen:


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Zur Frage 1:

Die Ablehnung der Reiseanträge an das Sanktionenkomitee war der Österreichischen Vertretung in New York bekannt. Über die Ablehnung des ersten Antrages vom 16. Jänner unterrichtete die Vertretung am 21. und 22. Jänner die Zentrale des Außenministeriums.

Zur Frage 2:

Der "NEWS"-Artikel ist mir erst nach der erfolgten Reise zur Kenntnis gelangt.

Zur Frage 3:

Die Anträge wurden im üblichen Schriftverkehr zwischen der Österreichischen Vertretung in New York und dem UN-Sanktionenkomitee von mehreren Sachbearbeitern abgewickelt. Am 21. Jänner wurde dann das Außenministerium wie folgt informiert – ich zitiere wörtlich –:

"Die Vertretung wurde von der deutschen Firma Flight Service International GmbH (FSI) betreffend der Genehmigung eines Fluges von LH Dr. Haider von Klagenfurt nach Bagdad zum Zweck des Transports humanitärer Güter kontaktiert.

Der erste Antrag wurde jedoch von den US-Behörden wegen der Zusammensetzung des Güterpakets abgelehnt. So wurde nach Rücksprache mit der Firma FSI (Herr Graumann) am 21. Jänner ein neuerlicher Antrag ... gestellt, in dem auf die Mitnahme von humanitären Hilfsgütern verzichtet wird.

Über die Gründe der Reise von LH Dr. Haider liegen ho. keine Informationen vor. Dr. Haider wird gemäß der von FSI übermittelten Passagierliste von Volksanwalt Dr. Stadler, Herrn Petriz und Frau Walch begleitet." – Ende des Zitates.

Am 22. Jänner langte dann folgende Information ein – ich zitiere wieder wörtlich –:

"Die Vertretung legt in der Beilage den aktuellen Stand betreffend den geplanten Irak-Flug von LH Dr. Haider vor (Schreiben an Flight Service International GmbH und ,Hold’-Verständigung der US-Mission)." – Ende des Zitates.

Zur Frage 4:

Landeshauptmann Haider wurde von der österreichischen Bundesregierung nicht informiert. Es kann aber davon ausgegangen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass jedem interessierten Staatsbürger die auch von Österreich mitgetragenen Sanktionsbeschlüsse der UN gegen den Irak bekannt sind. Diese Kenntnis der Position der österreichischen Bundesregierung kann man auch von einem Landeshauptmann erwarten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Zur Frage 5:

Österreich unterhält mit dem Irak diplomatische Beziehungen, die auch während des Golfkrieges aufrechterhalten wurden. Die österreichische Botschaft in Bagdad wurde allerdings 1991 geschlossen, und das Botschaftspersonal blieb bis Jänner 2001 abgezogen. Eine Ständige Geschäftsträgerin mit Sitz in Amman – das ist die Erstzugeteilte der Botschaft – ist in Bagdad notifiziert.

Österreich tritt wie die Vereinigten Staaten und im Gleichklang mit unseren EU-Partnern für eine Aufrechterhaltung der internationalen Sanktionen gegen das Regime von Saddam Hussein ein, solange die berechtigten und völkerrechtlich verbindlichen Forderungen der Vereinten Nationen nach einer Wiederaufnahme der Waffeninspektionen nicht erfüllt werden.

Durch seine Weigerung, mit den Vereinten Nationen bei der Verifizierung, dass der Irak keine Massenvernichtungsmittel produziert oder lagert, zu kooperieren, hat sich das irakische Regime


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außerhalb der Staatengemeinschaft gestellt und ist damit für die Sanktionen verantwortlich. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Zur Frage 6:

Das Außenministerium war über diese Reise von Landeshauptmann Haider in den Irak und seine Gespräche nicht informiert. Schon allein deshalb konnten diese Gespräche auch nicht kommentiert werden. Die in der APA wiedergegebene generelle Äußerung hat sich daher nicht auf diesen konkreten Anlass bezogen.

Zur Frage 7:

Nein.

Die Fragen 8 und 10 beantworte ich mit einem Nein.

Landeshauptmann Haider hat wiederholt betont, dass es sich um eine private Reise handelte. – Ich habe am 13. Februar – das sage ich hier noch einmal; ich habe das bereits in der Einleitung erwähnt – diese Reise ganz klar als entbehrlich, nicht hilfreich und überhaupt als kontraproduktiv bezeichnet.

Zur Frage 9:

Eine Solidaritätsbotschaft von Landeshauptmann Haider an die – ich zitiere aus der Anfrage – "weise Führung des Irak" ist mir nicht bekannt.

Zur Frage 11:

Angesichts des vom Landeshauptmann betonten privaten Charakters der Reise bestand auch kein Anlass zur Aufnahme derartiger Kontakte.

Zur Frage 12:

Die Untersuchung und gegebenenfalls Ahndung von Verletzungen internationaler Sanktionen sind ausschließlich Sache des betroffenen Staates. Wie das Sekretariat der Vereinten Nationen ausdrücklich bestätigte, sind Mitgliedstaaten zwar gehalten, gemäß den relevanten Sicherheitsratsresolutionen für deren Einhaltung zu sorgen, jedoch in keiner Weise verpflichtet, dem Sanktionenkomitee über innerstaatliche Verfahren Bericht zu erstatten. Bei der Sitzung des Sanktionenausschusses am Dienstag, dem 19. Februar dieses Jahres, kam diese Angelegenheit überhaupt nicht zur Sprache.

Im Übrigen hat auch die US-Regierung öffentlich festgestellt, dass es Sache Österreichs ist, diese Angelegenheit zu untersuchen. Das State Department hat am vergangenen Freitag in einem Press Briefing klargestellt, dass Österreich keineswegs aufgefordert wurde, dem Sanktionenausschuss einen Bericht vorzulegen.

Die Frage 13 beantworte ich mit Nein.

Zur Frage 14:

Das Außenministerium war über diesen Besuch nicht informiert. Landeshauptmann Haider wurde daher bei seinen Gesprächen von keinem Angehörigen des Außenministeriums begleitet, sodass uns über die Gespräche auch nichts bekannt ist.

Zur Frage 15:

Nein. Der Österreichischen Vertretung in New York lag nur eine Liste von Gütern vor, für die eine Genehmigung durch das Sanktionenkomitee beantragt wurde. Dieser Antrag wurde bekanntlich abgelehnt.


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Zur Frage 16:

Der Wert der gelieferten Güter ist mir nicht bekannt.

Zur Frage 17:

Gemäß einer Presseaussendung der Freiheitlichen Partei Kärnten wurden die Hilfsgüter auf dem Luftweg nach Damaskus gebracht. Dort seien sie den offiziellen Stellen des Irak übergeben worden. Diese hätten die Hilfsgüter auf dem Landweg in die Hauptstadt des Irak transportiert.

Die Frage 18 ist mit einem Nein zu beantworten,

die Frage 19 ebenfalls mit Nein.

Zur Frage 20:

Angesichts des von Landeshauptmann Haider betonten privaten Charakters der Reise bestand kein Anlass zur Aufnahme eines derartigen Kontaktes.

Zur Frage 21:

An dieser Ministerratssitzung habe ich nicht teilgenommen, weil ich zum selben Zeitpunkt im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates war. Nach meinen Informationen waren beschlussberechtigt anwesend: die Mitglieder der Bundesregierung, mit Ausnahme der entschuldigten Kollegen Riess-Passer, Böhmdorfer, Strasser, Molterer und Rossmann.

Die Fragen 22 bis 24 beantworte ich in einem:

Nach meinen Informationen fanden keine Abstimmungen statt. Eine Abfrage war nach diesen Informationen nicht erforderlich, weil nach einheitlicher Auffassung niemand von dieser Reise informiert war.

Zur Frage 25:

Aus nachträglichen Medienberichten ist bekannt, dass Landeshauptmann Haider nach seinem Besuch ein kuwaitisches Ersuchen zu derartigen Bemühungen erwähnte.

Zu den Fragen 26 und 27, die ich ebenfalls gemeinsam beantworte:

Die Praxis der Vorlage orientiert sich insbesondere an Gegenstand, Bedeutung und Dringlichkeit des Berichtsinhaltes.

Zur Frage 28:

Der Mechanismus der Koordinierung außenpolitischer Fragen innerhalb der Bundesregierung ist im Bundesministeriengesetz vorgegeben und hat sich gegenüber der Praxis früherer Regierungen nicht verändert. Eine institutionelle Koordination mit den Landesregierungen in außenpolitischen Fragen gibt es nicht. Es finden jedoch anlassbezogene Ad-hoc-Absprachen mit den Landesregierungen statt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

16.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein, für die die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Bundesrätin Mag. Trunk. Ich erteile es ihr.

16.37

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Frau Außenministerin! Sie erlauben eine kurze Replik zu Ihrer in Ihrer Sprache an sich ungewöhnlichen Diktion, denn Ihre Sprache ist die der Diplomatie.


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Frau Bundesministerin! Sie bezichtigten den Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei hier in Ihrer Anfragebeantwortung der Lüge. – Frau Außenministerin! Ich frage Sie, wenn Sie plötzlich eine so klare Sprache führen und solche Bezichtigungen aussprechen, warum Ihnen dann der Mut dazu fehlt, den derzeitigen Landeshauptmann von Kärnten der Lüge zu bezichtigen, denn er war es – und nicht Josef Cap! –, der am 15. Februar der APA und allen anderen Medien gegenüber erklärte, sein Flug sei "seit Wochen" den zuständigen Stellen bekannt, der Koalitionspartner solle sich daher "nicht spielen".

Weitere Aussage Haiders, verpackt mit einer Drohung, ebenfalls am 14. Februar, und zwar am Randes eines Pressegespräches in Klagenfurt – ich zitiere –:

",Das Außenministerium war davon unterrichtet.’ Darüber gebe es einen Schriftverkehr." –Zitatende. (Rufe bei der SPÖ: Hört, hört!)

Zu seiner eigenen Vizekanzlerin sagte der derzeitige Landeshauptmann von Kärnten auf die Frage, ob er sie nicht desavouiere:

"Ich wüsste nicht warum. Erstens habe ich mit ihr telefonischen Kontakt, zweitens haben wir das innerhalb der Regierung gut koordiniert". – Zitatende.

Daher frage ich Sie, Frau Außenministerin: Wer lügt hier? (Beifall bei der SPÖ.)

Im Ablenken gibt es einen seltsamen Meister in Österreich, der sagte ... (Zwischenruf bei der ÖVP: Es ist Ihr Landeshauptmann, Frau Kollegin!) – Ich habe es nicht notwendig, zu dieser Methode zu greifen! Ich habe diesen Landeshauptmann nicht gewählt, und ich bin glücklich darüber und die Mehrheit der Kärntner Bevölkerung auch. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Es ist aber spannend, wie die ÖVP hier mit ihren Zwischenrufen agiert, obwohl doch der Kärntner ÖVP-Landesparteiobmann Wurmitzer heute zu dieser Affäre, zu diesem Skandal, zu dieser Causa eine Sonder-Landtagssitzung verlangt hat. Vielleicht geht es in der ÖVP auch so zu wie mittlerweile in der FPÖ, dass der Kopf nicht weiß, was beide Hände machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun zur Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion an die Frau Außenministerin: Es ist ganz und gar nicht unüblich, dass Bundesräte aus den Bundesländern in vielen politischen Fragen eine andere Meinung und Haltung als der jeweilige Landeshauptmann haben.

Es ist aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, in der Geschichte Österreichs wahrscheinlich einmalig, und zwar bedenklich einmalig, dass sowohl Bundesräte als auch Politiker aller Fraktionen, aber vor allem die Menschen eines ganzen Bundeslandes von einem Landeshauptmann national und international dermaßen in Geiselhaft genommen werden, dass ich als sozialdemokratische Bundesrätin in meinem eigenen Bundesland daraufhin angesprochen werde: Ja sagt einmal, was habt denn ihr für einen Landeshauptmann!

Danach wird man auch sehr heftig in Kärnten gefragt und natürlich auch in Wien, und zwar sowohl von Linken als auch von Rechten, aber auch von Wählern der Freiheitlichen, geschweige denn von Menschen außerhalb der Grenzen Österreichs. Wenn diese verständlichen Attacken und diese ganz und gar berechtigten Vor- und Anwürfe von an Politik interessierten Menschen dann Politiker treffen, dann nervt es mich eigentlich mittlerweile wirklich, und das seit Jahren. Aber das ist eben Politiker- und Politikerinnenschicksal.

Aber wenn unbescholtene Bürger Kärntens und der Republik Österreich während ihres Aufenthalts im Ausland, ob bei Geschäftsreisen oder im Urlaub, ununterbrochen behelligt werden, Rede und Antwort stehen müssen, Rechtfertigungen abgeben müssen, dann ist das eine Zumutung, eine Frechheit und eine unhaltbare Tatsache. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )


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Meine Damen und Herren! Da es sehr symptomatisch für diesen politischen Skandalausritt ist – wieder einen des Kärntner Landeshauptmannes, und dieses Mal ist es ein ganz besonderer – und um zu zeigen, wie viele Facetten dieser Skandal, diese Affäre hat, sei hier ein Beispiel genannt:

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute am Morgen gehört, dass Herr Bundesrat Gudenus heute leider nicht anwesend sein kann. Ich wünsche ihm von ganzem Herzen, sollte er erkrankt sein und eine Grippe haben wie ich, was offenbar der Fall ist, eine gute Genesung. Aber ich hätte hier ganz gerne Kollegen Bundesrat Gudenus befragt, denn nachdem die Irak-Reise von Haider öffentlich bekannt geworden war, nachdem sie berechtigterweise zu einem internationalen Skandal geworden war, war Herr Bundesrat Gudenus einer der ersten Freunde des Landeshauptmannes von Kärnten, wie er sich nennt, der sich offensichtlich ziemlich unkoordiniert geoutet hat. Ich zitiere nun diese Aussagen des Bundesrates Gudenus; ich tue es eigentlich ungern in seiner Abwesenheit.

Gudenus im O-Ton: "Die Erstgespräche zu dieser karitativen Mission sind über Herrn Jebara in Kärnten gelaufen. Jebara kennt den Herrn Landeshauptmann ja."

Für manche, die Herrn Jebara nicht kennen – ich kenne ihn auch nicht –, folgende Information: Herr Jebara ist Waffenhändler. Das ist keine Behauptung einer sozialdemokratischen Bundesrätin, sondern Herr Jebara bekennt sich dazu. Herr Jebara soll in der Bundesrepublik Deutschland wegen Erpressung zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden sein und im Gefängnis eine Geiselnahme und ein Attentat auf einen Richter geplant haben. Herr Jebara bestreitet dies, zumindest gegenüber der "Kärntner Tageszeitung".

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Selbst wenn man geneigt ist, dies Herrn Jebara zu glauben, auch wenn er es bestreitet, so muss man ihm allerdings doch glauben, zumal er es selbst sagt, dass er Landeshauptmann Jörg Haider gut kenne, dieser so etwas wie ein Freund von ihm sei. Man muss Herrn Jebara vor allem auch dann glauben, wenn er, auf dieses ganz offensichtlich vorzeitige Outing des Bundesrates Gudenus angesprochen, dass Herr Jebara quasi der Einfädler dieser Reise gewesen sei, wortwörtlich von einer "Lüge" oder einer "Intrige" spricht.

Frau Außenministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Ich frage Sie hier: Wer lügt da: der Landeshauptmann von Kärnten, Herr Bundesrat Gudenus oder Herr Jebara? Das zu klären ist ... (Bundesrat Gasteiger: Alle lügen! – Heiterkeit.) Da dieser Waffenhändler nicht mein Freund ist, werden Sie verstehen, dass ich mir seinen Namen ganz und gar nicht besonders gern merke. Für ein falsches Aussprechen dieses Namens entschuldige ich mich nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber da Sie ihn besser zu kennen scheinen, können Sie dann hier zu dem Umstand Stellung nehmen, dass Herr Jebara – ich sage nicht gern "Sankt Veiter"; im Übrigen könnten sich auch die Frau Außenministerin und der Herr Innenminister schon eine Erklärung dafür vorbereiten – Ende des Vorjahres um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht hat. Ich denke, ich sage lieber nichts dazu.

Dieser Herr Jebara verteidigt sich mit den Worten: "Ich bin kein Offizier des irakischen Geheimdienstes, habe aber die Waffen für mein Heimatland gerne besorgt ..."

Den Rest über seine abenteuerlichen Connections während der Zeit des Herrn Klaus Kinkel von der FDP erspare ich Ihnen. Das ist vielfältig nachlesbar.

Geschätzte Frau Außenministerin! Ich ersuche Sie in diesem Zusammenhang, klar dazu Stellung zu beziehen und uns zu sagen, wie Sie sich als Außenministerin, wenn Sie darauf angesprochen werden, dass österreichische Politiker ganz offensichtlich eine sehr enge freundschaftliche Connection zu rechtskräftig verurteilten Waffenhändlern haben, einer solchen Situation stellen! Auch wir haben uns dieser Situation zu stellen. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Das ist nicht richtig!) Sehr gut.


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Ich komme gleich zur zweiten Frage und darf auch da höflich um eine Erklärung ersuchen.

Geschätzte Frau Außenministerin! Sie haben geraume Zeit nach Öffentlichwerden dieser Irak-Reise Stellung dazu bezogen, und nach dieser Ihrer heutigen Anwort auf unsere dringliche Anfrage frage ich mich jedoch noch immer, ob Sie entweder von Ihrer Pressestelle darüber nicht informiert wurden oder ob Sie diese Information nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Daher meine ich, dass von Ihnen heute eine unmissverständliche Erklärung zu einer weiteren Aussage des Kärntner Landeshauptmannes erfolgen müsste.

Jörg Haider gab vorgestern bei einer Pressekonferenz, angesprochen auf die Frage, um wen es sich bei Herrn Saddam Hussein handle, eine Erklärung ab, die ich dann genau zitieren werde. Im Vorspann schrieb die Journalistin: Die "Verurteilung als Mörder seines eigenen Volkes, der Kurden, wollte Haider nicht auf Saddam Hussein sitzen lassen."

Ich zitiere jetzt Haider: "Die Giftgas-Geschichte ist noch lange nicht gegessen. Es ist nicht geklärt, wer dort wirklich abgeworfen hat."

Geschätzte Frau Außenministerin! Ich muss diese Aussage nicht kommentieren, aber ich erwarte mir von Ihnen eine klare, unmissverständliche Stellungnahme dazu.

Frau Außenministerin! Zu Ihrem politischen Dasein auch eine Frage: Zu all den ausländischen und inländischen Kritikerinnen und Kritikern dieser Irak-Reise – darunter waren auch sehr viele Kärntner, nämlich eine gewaltige Mehrheit – hat der Herr Landeshauptmann von Kärnten Folgendes gemeint – ich zitiere –: dass diese Beiträge – er hat die Kritik und die Diskussion gemeint – rund um seinen Irak-Besuch heuchlerisch und verlogen seien.

Frau Außenministerin! Haben Sie als Koalitionspartnerin eine so hohe Toleranzschwelle, dass Sie sich der Heuchlerei und der Verlogenheit bezichtigen lassen? Mit dieser Aussage Haiders war auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser gemeint, der gesagt hat: "Ich würde nicht auf die Idee kommen, nach Bagdad zu fahren und Saddam Hussein zu treffen." Damit war natürlich im Besonderen der Klubobmann der FPÖ, Peter Westenthaler, gemeint, der gesagt hat: "Ich verstehe die Kritik an Haider."

Das besondere Treffen von Herrn Klubobmann und Herrn Finanzminister und von vielen anderen FPÖ-Mandataren ist eine andere Geschichte in Österreich, die übrigens drei Tage lang dauerte. Darüber zu berichten, ist nicht notwendig. Aber auf Folgendes, Frau Außenministerin, muss ich doch hinweisen: Ihnen als Koalitionspartnerin wirft der Mitunterzeichner des Pakts dieser Bundesregierung, der Mann, der zwar gesagt hat: "Ich bin schon weg", dessen Unterschrift aber unter dem Regierungspakt geblieben ist, vor, dass Ihre Kritik heuchlerisch und verlogen sei. – Frau Außenministerin! Das könnte ich nicht auf mir sitzen lassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein letzter Punkt – ich kann das nicht genau zitieren, nur sinngemäß; und das ist der dritte außen- und innenpolitisch fatale und ganz schlimme Anlassfall –: die Aussagen des Landeshauptmannes während des Gespräches mit Saddam Hussein – sie sind nur spärlich vorhanden, wurden aber in den Medien weltweit transportiert. Ich zitiere nichts, was ich nicht genau weiß, und bringe nur ein einziges Beispiel.

Frau Außenministerin! Wenn der derzeitige Landeshauptmann von Kärnten von der "weisen Führung" spricht und ein diktatorisches Regime damit gemeint ist, dann halte ich das nicht nur für einen Skandal, sondern für eine Aussage, die weder der Reputation innen- noch außenpolitisch dienlich ist und weder Österreich noch Kärnten gut tut. Das kann man so nicht stehen lassen!

Zweitens muss dieses Gespräch dort ganz offensichtlich, mit Bild- und Tonmaterial ausgestattet, aufgezeichnet worden sein, sonst hätte es nicht weltweit Bild- und Tondokumente geben können.


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Frau Außenministerin! Da Sie vorher nichts gewusst und dann Stellung bezogen haben, denke ich, dass Sie eine kleine Wiedergutmachung leisten und jetzt handeln könnten, indem Sie nämlich alles daransetzen, auf diplomatischem Weg zu diesen Tonband- und Bildprotokollen zu kommen. Frau Außenministerin! Ich traue Ihnen zu, dass Sie diese Tonband- und Bildprotokolle prüfen, und dann erwarte ich mir von Ihnen einen entsprechenden Bericht in den Parlamenten Österreichs. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Frau Außenministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine relativ banale Frage am Ende – kaum jemand von uns Politikern spricht das derzeit angesichts dieser Dinge noch aus –: Wäre dieser Landeshauptmann ein Politiker in der Bundesrepublik Deutschland, in Frankreich, in Spanien oder in den Vereinigten Staaten, hätte dieser Politiker in einem der besagten Länder für so viel internationale und nationale Kritik gesorgt, würde dann nicht eine gewaltige Mehrheit der Menschen des Landes diese Handlungsweise – in diesem Fall jene des Jörg Haider – verurteilen? Was hätte ein solcher Politiker in Frankreich, in Spanien, in England, in den Vereinigten Staaten gemacht? – Er hätte ein mutiges Zeichen gesetzt – zumindest das mindeste –: Er wäre zurückgetreten. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das glauben Sie ja selbst nicht!)

Jörg Haider tut das nicht! Er spricht nur davon und sagt, dass er eh schon weg ist – und dann ist er schon wieder da. Er tritt nicht zurück, aber er tritt das Ansehen der Republik Österreich, des Bundeslandes Kärnten und der Menschen mit Füßen! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

16.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ludwig Bieringer das Wort. – Bitte.

16.54

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir heute eine dringliche Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion mit einer Premiere behandeln – der Klubobmann der Sozialdemokraten hat bekanntlich diese dringliche Anfrage bereits am Dienstag angekündigt – , erlaube ich mir festzuhalten, dass trotz zusätzlicher eineinhalbstündiger Unterbrechung die Begründung, die Herr Kollege Konecny hier geliefert hat, extrem schwach war (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Bundesrat Gasteiger  – Bilder Jörg Haiders im Irak in die Höhe haltend –: Ist diese Begründung schwach?), und zwar in jeder Weise, Herr Kollege, weil du die Fragen, die du in der Begründung gestellt hast, Herrn Landeshauptmann Haider in Kärnten stellen müsstest (Bundesrat Konecny: Das geschieht auch!), aber nicht unserer hochgeschätzten Frau Bundesministerin. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist erstaunlich, dass die Opposition versucht, ihre Angriffe an die Außenministerin zu richten, die von der Irak-Reise weder wusste noch dafür Verantwortung trägt. Es waren nicht einmal enge Freunde und politische Mitstreiter des Landeshauptmannes darüber informiert.

Die Bundesministerin hat immer wieder und auch heute erneut klargestellt, dass auch sie von der Reise des Landeshauptmannes Haider am 10. Februar nicht informiert war. (Bundesrat Manfred Gruber: Haider behauptet das!) Sie erfuhr davon erst am 11. Februar aus den Medien. (Weiterer Zwischenruf.)  – Herr Kollege! Lassen Sie mich doch bitte ausreden. Wenn Ihnen etwas nicht passt, dann melden Sie sich zu Wort, wir hören Ihnen dann gerne zu.

Die Frau Außenministerin erfuhr davon erst am 11. Februar aus den Medien. Die Österreichische Vertretung in New York hat zwar Anträge für die nötige Reisebewilligung an das Sanktionskomitee der Vereinten Nationen weitergeleitet, diese Anträge sind jedoch abgelehnt worden. Die Vertretung hatte deshalb am 21. und 22. Jänner nur über den ersten Antrag vom 16. Jänner beziehungsweise über dessen Ablehnung berichtet. Auf ein Treffen mit Saddam Hussein oder anderen politischen Führern des Irak war weder im Antrag, der sich auf einen


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Transport humanitärer Güter bezog, noch in der Meldung der Österreichischen Vertretung irgendein Hinweis enthalten.

Diese Information wurde an die Bundesministerin nicht weitergeleitet in der Überzeugung, dass daher keine Reise erfolgen werde. Niemand konnte sich vorstellen, dass die abgelehnte Reise trotz der mangelnden Bewilligung erfolgen würde. Daher hat die Vertretung in New York über den zweiten, ebenfalls abgelehnten Flugantrag vom 28. Jänner auch gar nicht mehr berichtet.

Es ist absurd, aus der Nichtinformation über ein Nichtereignis eine Mitwisserschaft konstruieren zu wollen, wie Vertreter der Opposition das gerne tun möchten. (Bundesrätin Mag. Trunk: Fragen wird man dürfen! Herr Haider behauptet das Gegenteil!)

Für mich ist besonders unbegreiflich, dass die Opposition die Auslandsreise eines Landeshauptmannes kritisiert und versucht, dafür die Außenministerin haftbar zu machen. (Bundesrätin Kainz: Tun wir gar nicht!) Es kann dies nur ein Versuch mit untauglichen Mitteln sein und zeigt erneut die Unredlichkeit der Scharfmacher in den Reihen der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Auch diese Vorgangsweise, meine Damen und Herren, reiht sich nahtlos in die sonstige Haltung der Opposition ein. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Wann immer es möglich ist, bemüht sie sich um die Vernaderung und Beschädigung Österreichs im Ausland, ob nun Abgeordneter Jarolim (Zwischenrufe) den Justizminister im Ausland anschwärzt oder im Ausland für die EU-Sanktionen geworben und ihre möglichst lange Aufrechterhaltung unterstützt wird. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Freiberger  – auf das Bild Dr. Haiders im Irak hinweisend –: Ist das Jarolim? – Bundesrätin Mag. Trunk: Wieso überlegt sich Wurmitzer einen Misstrauensantrag?)

Auch da zeigt sich: Die medial und aus rein innenpolitischen Motiven herbeigeführte Erregung wird im Ausland aufgegriffen und schlägt auf Österreich zurück. (Bundesrat Manfred Gruber: Streng dich nicht so an! Das schadet dir!) Die Österreicherinnen und Österreicher werden sich diese konsequente Linie der Opposition, Österreich schlecht zu machen, merken. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch ein paar Sätze zu Herrn Klubobmann Cap sagen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Opposition hat diese heutige dringliche Anfrage an die Frau Außenministerin gerichtet und mit entsprechend starken Sprüchen angekündigt. Das ist ihr gutes Recht – damit hier niemand etwas sagt (Bundesrat Freiberger: Danke! Das ist super!) Aber das, was sich allerdings die SP im Vorfeld der heutigen Debatte erlaubt hat und wie sich deren Klubobmann Cap in den letzten Tagen verhalten hat, sprengt sicherlich den Rahmen, an den sich auch Oppositionspolitiker halten sollten.

Lassen Sie mich mit einer APA-Meldung vom 15. Februar beginnen, die in ähnlicher Form auch in der "Presse" wiedergegeben wurde! Darin fordert Cap – man höre! – die Frau Außenministerin zum Rücktritt auf. Ich kann den Gedanken der Opposition zwar nicht folgen, aber wenn Sie meinen, dann fordern Sie eben. Ich denke, diese Forderung ist lächerlich, und abgesehen von ein paar Oppositionspolitikern sieht das wohl die gesamte Öffentlichkeit Österreichs genauso.

Dann aber behauptet Cap, die Außenministerin habe bewusst die Unwahrheit gesagt. Diese Unterstellung ist ungeheuerlich und wurde auch schon mehrfach widerlegt. Ich fordere Abgeordneten Cap auf, sich dafür bei der Frau Außenministerin zu entschuldigen, und zwar in aller Form deutlich zu entschuldigen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Mehrere Bundesräte der SPÖ halten Bilder in die Höhe, auf denen Jörg Haider zu sehen ist, der Saddam Hussein die Hand schüttelt, und fragen: Dafür soll er sich entschuldigen?)

Aber der eigentliche Skandal, meine Damen und Herren, findet sich etwas später in dieser APA-Meldung. Cap behauptet nämlich, die Frau Bundesministerin habe im Außenpolitischen Ausschuss am 14. Februar auf seine Frage: Haben Sie gewusst, dass Haider in den Irak fliegen


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wird?, mit Ja geantwortet. Diese Aussage von Cap ist schlichtweg falsch, trotzdem hat er sie wenig später im Fernsehen wiederholt.

Ich habe mit einigen Kollegen meiner Fraktion, die im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrates waren, gesprochen, und sie alle haben unisono gesagt, dass die Frau Bundesministerin eine solche Antwort nicht gegeben hat. (Bundesrat Gasteiger: Ihr vergesst ja alles! Ihr könnt ja gar nicht anders!)

Wenn Sie schon die Aussagen meiner Fraktionskollegen anzweifeln, dann biete ich Ihnen einen anderen Zeugen an, nämlich den Grünen Peter Pilz. Dem wird hoffentlich niemand unterstellen, dass er regierungsfreundlich ist. Peter Pilz hat – und das können Sie auf Seite 2 in den "Salzburger Nachrichten" vom 16. 2. nachlesen – dezidiert gesagt, er habe das, obwohl er der Frau Außenministerin im Außenpolitischen Ausschuss gegenübergesessen ist, nicht gehört. – Genauso, meine Damen und Herren, ist es auch gewesen.

Noch einmal: Wie skurril die Behauptung von Cap ist, haben Sie von mir schon gehört, aber er steigt davon nicht herunter. Er behauptet, die Frau Außenministerin habe gesagt, sie habe vorher von der Reise gewusst. – Selbst der persönliche Referent von Landeshauptmann Haider, Franz Coloini, erklärte gegenüber der APA am 11. Februar, nicht zu wissen, dass Haider im Irak sei. – Sie können das in der APA-Aussendung 424 vom 11. Februar nachlesen. Und jetzt soll die Außenministerin gesagt haben, sie war sehr wohl im Bilde? – Der persönliche Referent des Herrn Haider wusste es nicht, aber die Frau Außenministerin hätte es wissen sollen!

Ich denke, die Sozialdemokratie muss sich wirklich überlegen, ob sie es notwendig hat, mit falschen Behauptungen zu arbeiten. Ein Klubobmann, der sich in einer solch heiklen Frage vorwerfen lassen muss, mit falschen Zitaten zu arbeiten, ist entweder grob fahrlässig oder versucht vorsätzlich, ein Regierungsmitglied mit falschen Behauptungen zu diskreditieren. (Bundesrätin Mag. Trunk: Und Haider? Was hat Haider gesagt?) In beiden Fällen sollte er selbst die Frage nach seiner politischen Glaubwürdigkeit stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Opposition endlich selbst ihre peinlichen Presseaussendungen beendet und zu einem vernünftigen Gesprächsklima zurückkehrt. Dass die Opposition nicht immer glaubwürdig ist, wissen wir schon lange, nun weiß es dank Cap auch die breite Öffentlichkeit.

Ich teile sonst selten die Meinung von Parteichef Gusenbauer, aber gestern hat er nach seiner Urlaubsrückkehr in der "Zeit im Bild 2" ausnahmsweise etwas Vernünftiges gesagt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Gusenbauer meinte sinngemäß: Wenn Haider etwas sagt oder tut, muss man nicht immer gleich wie aufgescheuchte Hühner herumrennen. – Das sollte sich auch Ihr Klubobmann hinter die Ohren schreiben und zu Herzen nehmen, dann, so glaube ich, wird es wahrscheinlich wieder etwas besser sein.

Ich darf für die ÖVP-Fraktion ausdrücklich festhalten:

Erstens: Die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten ist über jeden Zweifel erhaben. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Dr. Aspöck .)

Zweitens: Die Frau Bundesministerin leistet hervorragende Arbeit für Österreich. Das passt Ihnen einfach nicht, und da ist Ihnen jedes Mittel recht, Sand ins Getriebe zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Drittens: Wir werden es nicht zulassen, dass die sozialistische Sudelküche über die Frau Bundesministerin Halbwahrheiten verbreitet. (Beifall bei der ÖVP. – Empörte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Was sagt der Herr Präsident dazu? Gar nichts!)

Und schließlich sind wir – viertens – stolz darauf, dass wir eine Dame vom Format der Frau Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner als unsere Außenministerin wissen. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)


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Liebe Frau Bundesministerin! Arbeite bitte weiter so zum Wohle unseres Vaterlandes Österreich! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer reicht auf dem Weg zu seinem Platz der Außenministerin die Hand.)

17.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Harald Reisenberger das Wort. – Bitte.

17.07

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ihre Ausführungen waren schon sehr interessant, lieber Kollege Bieringer! Wenn ich da zuhöre, kann ich mir vorstellen, wie schwer es sein muss, zu einer Geschichte, die eigentlich ganz klar ist, Worte zu finden, die die Realität umdrehen beziehungsweise die Situation, in der wir uns befinden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum gibt es Verteidigungsreden für die Frau Ministerin, um die es eigentlich von unserer Warte her überhaupt nicht geht? – Nicht ihr macht man den Vorwurf, dass sie etwas gemacht hätte. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja nicht wahr!) Sie war nicht unten, sie ist auch nicht auf dem Foto. Man muss zuhören, man muss sich anschauen, worum es hier eigentlich geht.

Ich glaube der Frau Ministerin, was sie gesagt hat – das ist meine persönliche Meinung dazu, ich bin zutiefst davon überzeugt –, aber, Frau Ministerin, Sie müssen handeln, denn das, was sich in den letzten Tagen da abgespielt hat, ist für uns als Österreicher unerträglich.

Wenn man dann in den Reden hier, weil es eben so sein muss, von der Unredlichkeit und den Scharfmachern der SPÖ hört – gut, okay, das ist rhetorisch in Ordnung, mehr braucht und kann man dazu nicht sagen –, wenn man hört, die Österreicherinnen und Österreicher werden sich das merken (Bundesrätin Mag. Trunk: Hoffentlich!), dann kann ich dazu nur sagen: Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin überzeugt davon und ich hoffe, dass sie es sich merken werden, denn wir werden wieder Wahlen haben, und dann werden wir die Österreicherinnen und Österreicher sehr wohl auch daran erinnern müssen – im Sinne unseres Österreichs.

Da wir hörten, niemand wusste etwas, niemand war etwas, wie Kollege Bieringer gesagt hat, habe ich jetzt beinahe schon geglaubt, er erzählt uns noch, dass Haider auch nicht wusste, was er wollte und wohin er eigentlich fahren wollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Humanität ist an und für sich eine tolle Sache, etwas, was, so glaube ich, ein jeder unterstützen sollte und das er für sich selbst auch in Anspruch nehmen muss. Dafür gibt es aber – das weiß man, wenn man es ehrlich meint und so etwas nicht mit Hintergedanken als Vorwand verwendet – Organisationen wie zum Beispiel das zweifelsohne von allen Organisationen anerkannte Rote Kreuz, die solche Dinge professionell und vor allem legal und gesetzeskonform durchführen.

Haider aber dachte offensichtlich: Ich fahre einmal nach Bagdad, denn da gibt es diesen schönen alten Spruch (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid )  – Frau Kollegin, hören Sie sich das an, Sie kommen sowieso noch dran, dann können Sie uns alles erzählen –: Bei dir, edler Fremder, aber bei uns in Bagdad ist alles ganz anders! – Und vielleicht war da der Hintergedanke dabei: Wenn ich erst einmal in Bagdad bin, da ist sowieso alles ganz anders, dann werden wir das schon in den Griff kriegen. – Die Frage ist nur: Was?

Humanität muss aber auch in einer Relation zum Aufwand stehen. Sie muss in erster Linie den Bedürftigen zugute kommen und darf kein Vorwand sein. Wir alle wissen nicht genau – das gebe ich schon zu –, wie viel tatsächlich an Gütern hinuntergebracht wurde oder nicht. Frau Bundesministerin! Sie haben auch gesagt, das wissen wir nicht genau. Es gibt diesbezüglich einige Zahlen. Es gibt aber etliche, die etwas genauere Informationen haben und von einem Volumen von in etwa 12 000 € sprechen. Gut, schön. Das ist zwar nicht die große, weite Welt, aber jeder Tropfen ist wertvoll, wenn er dorthin kommt, wohin er soll. Im Vergleich dazu hat der Flug rund 30 000 € gekostet. Also da ist die Suppe um ein Haus teurer als das Fleisch, und ob


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das Sinn macht, das frage ich mich schon, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Wir wissen bis heute nicht, wann wer wie mit welchen Gütern wohin geflogen ist. Das einzige, was unter dem Strich tatsächlich herausgekommen und offensichtlich unbestritten ist, ist: Er hatte ein wunderschönes Bild – Gusto und Ohrfeigen sind verschieden –, das er offensichtlich für Saddam mitgenommen hat, und dieses Bild hier zeigt auch die sehr innige Beziehung, die zwischen diesen beiden Männern besteht.

Auf nach Bagdad – mit oder ohne Hilfsgüter, das ist eigentlich Wurscht. Und daher unterstelle ich hier auch, dass das Motto gelautet hat: erst einmal unten sein! Bei uns in Bagdad ist alles ganz anders, und wir werden das schon machen.

In einem "News"-Interview hat die Reisebegleiterin des Herrn Landeshauptmannes, Schwester Walch, die beim Flug dabei war, gesagt: Geräte waren keine an Bord. Sie hat weiters gesagt: Geräte hat es schon gegeben, aber die waren schon dort, die waren schon im Irak. Wie sie dorthin gekommen sind, weiß ich nicht, so Schwester Walch.

Ich habe eine Information bekommen, die, so glaube ich, uns auch zum Nachdenken Anlass geben sollte, Frau Ministerin! Im Landeskrankenhaus Klagenfurt wurde ein neuer Blutzellseparator angeschafft – eine wichtige Sache, ein tolles Gerät –, und es wurde bei der Neuanschaffung auch gleich festgehalten, dass das alte Gerät ebenfalls humanitären Zwecken in Rumänien zugute kommen soll. Tatsache ist, dass bis zum heutigen Tage in Rumänien nie so ein Gerät angekommen ist oder dorthin transportiert wurde (Oh-Rufe bei der SPÖ), Tatsache ist auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass man bis heute im Landeskrankenhaus Klagenfurt noch immer nach diesem Gerät sucht. (Oho-Rufe bei der SPÖ.)

Ich unterstelle nichts. Aber wo ist es? – Das ist vielleicht auch interessant für uns alle. Es sind auch unsere Gelder, um die es da geht, es ist das Geld aller Österreicher. (Bundesrat Ing. Grasberger: Soll sich die Frau Bundesministerin um das auch kümmern?) Es geht um das Thema, lieber Herr Kollege, es geht um das Thema, was Haider mit seinem Besuch und dem Vorwand der Humanität alles in diesen Kreis miteinbezogen hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ing. Grasberger. )

Angeblich wurden Güter in Damaskus, Syrien, an eine Organisation des Irak übergeben. Wenn es so war, dann frage ich: Wie sind sie da hingekommen? – Das ist auch keine ganz legale Geschichte, also auch interessant.

Haider zeigt im Fernsehen Mitleid heischend ein Bild – das ist auch schön zu sehen, und ich glaube, die meisten haben es gesehen – von kranken Kindern aus einem ziemlich alten Buch. Er hat offensichtlich nicht einmal die Möglichkeit gefunden, ein aktuelles Bild aufzutreiben, das es zweifelsohne leider Gottes zur Genüge von dort mitzubringen gegeben hätte.

Es gibt einen Punkt, der mir auch sehr wichtig erscheint, das ist nämlich derjenige, dass man sich Gedanken darüber macht: Was ist hier passiert? Wo ist es passiert? Mit wem ist es passiert? – Es gibt einen kleinen netten Kommentar in der "Neuen Kärntner Tageszeitung" vom 17. Februar von Bertram Karl Steiner, der, so glaube ich, sehr treffend für die Situation ist. Hier ein Auszug davon:

"Ehe uns angesichts des flennenden einfachen Parteimitgliedes die Rührung übermannt, ehe Österreich wieder auf den mannhaften Händedruck Jörg Haiders mit dem Massenmörder Saddam Hussein vergisst, haben wir jetzt die einzig wesentliche Frage zu stellen: Wo und zu welchem Zeitpunkt hat Jörg Haider das Flugzeug nach Damaskus bestiegen? Um welche Maschine handelte es sich? Wo und wann hat er die Grenzen des Schengen-Bereiches überschritten? Wo und wann hat Jörg Haider die von ihm angegebenen Hilfsgüter verfrachtet? Gibt es die Hilfsgüter? Wo und wann ging er damit durch die Zollschranken? Welcher österreichische Beamte hat wo und wann die Fracht kontrolliert? Wo befinden sich die diesbezüglichen Papiere? Warum werden dieselben nicht der Öffentlichkeit vorgelegt?"


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Nach den Antworten der Frau Ministerin muss ich schließen, dass offensichtlich alles, was diese Fragen betrifft, illegal gemacht worden ist, das heißt, ein krimineller Akt tatsächlich stattgefunden hat. Und den kann man nicht, so wie man es heute schon einmal versucht hat, als einen Faschingsscherz in Faschingslaune bezeichnen, sondern das ist zu tiefgreifend.

Frau Ministerin! Ich fordere Sie wirklich auf, im Sinne Österreichs, aller Menschen, aller Parteien und Fraktionen, im Sinne aller Österreicherinnen und Österreicher zu handeln. Wir haben mit diesen Aktionen des Landeshauptmanns Haider international zweifelsohne wieder einmal an Reputation verloren. Wir wollen und können uns das nicht leisten, und, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP, ich sehe absolut keinen Grund, dass Sie hier diese Sachen verteidigen oder beschönigen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir als sozialdemokratische Fraktion fordern Sie nur auf, Frau Ministerin, eine Schadensbegrenzung – das ist es in Wirklichkeit, mehr kann man nicht mehr machen – zu betreiben, indem man versucht, all das, was da passiert ist, an den Tag zu bringen. Und ich bin überzeugt davon, dass Sie dies nach allen Kräften auch tun werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

17.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

17.17

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Langsam verstehe ich Sie von der sozialdemokratischen Fraktion nicht mehr. (Bundesrat Kraml: Das glaube ich! – Bundesrat Gasteiger: Das haben wir auch nicht erwartet!) Wenn Sie schon die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten mit einer dringlichen Anfrage in die Pflicht nehmen, so hätte ich mir ganz andere Themen erwartet. Ich hätte zum Beispiel angenommen, dass Sie die Frau Außenministerin dazu befragen, wie sie auf die unfassbaren Aussagen des tschechischen Premierministers Zeman zu reagieren gedenkt (Bundesrat Konecny: Reden wir von was anderem! Nicht ablenken!)  – ich komme schon dazu, haben Sie Geduld, Herr Kollege (weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ) , Geduld, Geduld! –, hat es doch dieser für das zwischenstaatliche Verhältnis zu Österreich offenbar für förderlich erachtet, die Erklärung abzugeben, dass eine undemokratische Partei in einer demokratischen Regierung nichts verloren habe. Mit dieser ungeheuerlichen Abqualifikation sollte offenbar meine Fraktion abgestempelt werden. (Bundesrat Winter: Ist sie schon!)

Die scharfe Ablehnung eines solchen Übergriffs und der entsprechende diplomatische Protest können allerdings ein Thema der österreichischen Außenpolitik bilden. (Bundesrat Konecny: Das ist doch ein ganz anderes Kapitel!)

Das Gleiche gilt für die einzigartige Entgleisung von Premierminister Zeman anlässlich seines Besuches in Israel. Er verstieg sich dort zu dem Ratschlag (Rufe bei der SPÖ: Bagdad! Bagdad!), dass Israel, falls sich die Palästinenser nicht botmäßig verhielten, mit der arabischen Volksgruppe so verfahren sollte, wie es die Tschechoslowakische Republik nach 1945 mit den Sudetendeutschen praktiziert hatte. Im Klartext: wenn schon nicht Genozid, so zumindest Vertreibung und Enteignung. (Bundesrätin Mag. Trunk: Haider zitieren Sie nicht?)

Aus österreichischer Sicht frage ich Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Ist das für Sie dann auch noch ein geeigneter Kandidat für den Beitritt zur EU? – Sie müssten wahrgenommen haben, dass das selbst der EU-Kommission und den meisten Außenministern der Europäischen Union zu weit gegangen ist. (Bundesrat Manfred Gruber: Uns auch! Uns doch auch!) Sie haben die Tschechische Republik daran erinnert, dass sie nach dem Beitritt zur Europäischen Union die europäische Außenpolitik mitzutragen hätte. (Bundesrat Winter – in Richtung ÖVP –: Ihr verteidigt die Freiheitlichen, und jetzt geben sie es euch! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.) Diese zielt darauf ab, den Nahostkonflikt im Wege des Dialogs, und zwar mit den für die Palästinenser repräsentativen Organen, zu lösen. (Bundesrat Konecny: Was Jörg Haider gemacht hat, ist das Gegenteil!)


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Damit, also mit dem Stich- und Schlüsselwort "Dialog", bin ich bei der aktuellen Thematik der von der SPÖ tatsächlich eingebrachten dringlichen Anfrage angelangt. Sie sehen es also wirklich als außen- wie auch innenpolitischen Skandal an, dass Dr. Jörg Haider den Irak privat besucht und dort auch Staatschef Saddam Hussein getroffen hat. Ist Ihnen nicht bekannt, was der Anlass dieser Reise war – ich habe Ihren Reden entnommen, dass Sie es wissen –, und ist Ihnen auch nicht bekannt, in welchem Zustand sich dieses Land und seine Bevölkerung, nicht zuletzt auch auf Grund der so genannten UNO-Sanktionen, befinden? (Bundesrat Winter: In erster Linie durch den eigenen Präsidenten!)

Dr. Jörg Haider hat den Irak in einer ausschließlich humanitären Intention besucht. Es ging ihm zum einen darum, einer erschreckenden Anzahl von todkranken Kindern medizinische Hilfe angedeihen zu lassen, zum anderen darum, den Austausch von Kriegsgefangenen aus den Golfkriegen, insbesondere im Verhältnis zwischen Kuwait und dem Irak, wohl auch zwischen dem Iran und dem Irak, zu erreichen.

Was ist daran kritikwürdig, meine Damen und Herren von der SPÖ? Was stört Sie daran? – Mir ist schon klar, dass Sie jede Gelegenheit ergreifen, Jörg Haider zu kritisieren und nach Möglichkeit seine persönliche Reputation zu zerstören. (Bundesrat Mag. Hoscher: Welche Reputation? – Bundesrat Kraml – neuerdings eines der Bilder von Jörg Haider und Saddam Hussein in die Höhe haltend –: Herr Professor, das stört Sie nicht?) Was ich aber nicht angenommen hätte, ist der Umstand, dass Sie diesem sachlich fragwürdigen Ziel Ihre sozialethischen Grundsätze opfern würden, also Wertvorstellungen, die ich Ihnen bisher als ehrlich gemeint abgenommen habe.

Meine Kritik an Ihrer dringlichen Anfrage geht aber weit über diese Zweifel und Bedenken hinaus. (Bundesrat Konecny: – ebenfalls ein Haider-Hussein-Bild in die Höhe haltend –: Was sind das für Grundsätze, die sich mit dem vereinbaren lassen?) Zuallererst frage ich Sie – Herr Kollege Konecny hat in erfreulicher Deutlichkeit manches anklingen lassen –, wie Sie zur Strategie der Vereinigten Staaten stehen? Was soll man zunächst von der Diktion einer "Achse des Bösen" halten? (Bundesrat Konecny: Das habe ich ja gesagt!) Ich gebe Ihnen ja Recht. Das kommt bisweilen auch vor. Sie haben ja auch manchmal Recht. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Von welcher Achse ist dabei die Rede? – Nordkorea hat doch wohl mit dem Iran und dem Irak nichts gemein. Was die Redensart vom "Reich des Bösen" anlangt, habe ich so meine grundsätzlichen Probleme. Mein alter, leider schon verstorbener Philosophielehrer hat mich gelehrt, dass es keine Person, kein System und keine Ideologie gebe, die so gut sei, dass sie nicht verbesserungsfähig sei, und dass es kein Subjekt und kein politisch staatliches System gäbe, das ausschließlich unter negativen Perspektiven zu sehen sei. Aber ich nehme gerne zur Kenntnis, dass Sie einem fundamentalistischen Glauben anhängen, der mit apokalyptischen Begriffen operiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von daher frage ich Sie: Erinnern Sie sich nicht mehr an einen von Ihnen gestellten Bundesminister Rösch, der sich dazu veranlasst sah, dem Terroristen Carlos die Hand zu reichen? – Ich will auch annehmen, er hatte sich damit nicht mit Carlos identifiziert (Bundesrat Manfred Gruber: Das war ein anderer! Frischenschlager hat der geheißen!), sondern das war eine humanitäre Geste. Er hat eben den Stil eines zivilisierten Mitteleuropäers bewiesen. (Bundesrat Winter: Ein alter Hut!) Sie erinnern sich auch sicher – um nicht einseitig zu bleiben – an den berühmt-berüchtigten Handschlag des damaligen Bundesministers in einer Koalition mit Ihnen, Frischenschlager, mit Major Rieder. (Ruf bei der SPÖ: Reder!)

Herr Dr. Haider hatte keine Absicht, Präsident Saddam Hussein persönlich zu treffen (Zwischenrufe bei der SPÖ), konnte aber offenbar die von diesem beabsichtigte Begegnung nicht vermeiden. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, eine humanitäre Intervention im Irak, eine Besuchsdiplomatie mit dem Irak so stört, dann finde ich das äußerst bedauerlich. UNO-Sanktionen können wohl nur Staaten und Organisationen binden, gewiss aber nicht Privatpersonen für Privatreisen, die in privater Mission humanitäre An


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liegen verfolgen. Wenn Sie das strafwürdig finden, dann, so meine ich, halten Sie es für strafwürdig, wenn menschenrechtlichen Geboten entsprochen wird.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie überhaupt, das täglich Tausende Kinder im Irak sterben? (Bundesrat Manfred Gruber: Wer ist schuld daran? Der, dem Haider die Hand gereicht hat! Diesem Regime wurde die Hand gereicht!) Vor allem Fritz Edlinger, der Bruder des ehemaligen Finanzministers, von der heute schon erwähnten Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen weiß das sehr wohl. Er hat daher weit intensivere Kontakte zum Irak als Dr. Haider.

Nun komme ich, um jedwede politische Heuchelei zu vermeiden, auf die Einstellung und Besuchsdiplomatie Ihrer Partei zu sprechen. Heuer hätte eine Delegation des Parlaments Nordkorea besuchen sollen. (Bundesrat Konecny: Nein! Nord- und Südkorea!) – Aber auch Nordkorea, das ist ja dabei. (Bundesrat Manfred Gruber: Im Auftrag der UNO, Herr Kollege, und keine Geheimreise!) Dazu ist festzuhalten, dass Nordkorea eine ideologisch fundierte Diktatur darstellt, die den Iran und den Irak deutlich übertrifft. Es herrscht ein Staatskult, und es ist dies ein Land, in dem nicht im Zusammenhang mit Sanktionen, sondern nur durch eigene Misswirtschaft ein Teil der eigenen Bevölkerung verhungert. Nordkorea verfügt nicht nur vermutlich, sondern nachweislich über Atomwaffen. Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer als Delegationsleiter hätte Nordkorea all dessen ungeachtet besucht. (Bundesrat Manfred Gruber: Aber keine Geheimreise, sondern im Auftrag der UNO!) Offenbar auf Grund der Kritik an Jörg Haiders Irak-Besuch wurde der unter seiner Leitung geplante Besuch Nordkoreas sistiert. (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Kollege! Sagen Sie die ganze Wahrheit! Im Auftrag der UNO und keine Geheimreise!)

Wie war das zuvor? – Außenminister Lanc, der von Ihrer Fraktion damals gestellt wurde (Bundesrat Manfred Gruber: Die ganze Wahrheit wollen wir hören!), und später der ehemalige Bundespräsident Waldheim besuchten Saddam Hussein. Was galt noch länger davor für Bruno Kreisky, der nicht nur Libyens Präsidenten Gadaffi, sondern auch Arafat – damals noch ohne jede staatsrechtliche Funktion – empfing und mit ihm Vereinbarungen traf? – Lassen Sie also die Kirche im Dorf! Über SPÖ-Parteichef Gusenbauer rede ich erst gar nicht, der bekanntlich den Moskauer Boden küsste und der vor gar nicht allzu langer Zeit – aber man darf ja umdenken – die wahren Terroristen in Washington und in Tel Aviv ortete. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist die Wahrheit!)

Demnächst wird uns – und das finde ich erfreulich, dazu stehe ich – der Ministerpräsident des Iran – auch das hat Kollege Konecny heute schon erwähnt –, Khatami, besuchen. Wenn es nach den USA ginge, wäre das natürlich auch unzulässig, weil der ja auch aus einem Reich des Bösen kommt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Nein, wieso? Ich habe ja gesagt, dass ich das gut finde!)

Kürzlich fand bekanntlich auch unter unserer Mitwirkung ein Dialog der Kulturen in Istanbul statt. Daran nahm selbstverständlich auch der Außenminister des Irak teil. Die meisten EU-Staaten, so die Bundesrepublik Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien und andere, haben volle diplomatische Vertretungen im Irak. Dieser Staat hat auch, wie schon erwähnt, eine Botschaft in Österreich. Ich selbst hatte Gelegenheit, den damaligen irakischen Botschafter in Wien persönlich kennen zu lernen. Er ist jetzt Außenminister. Darf man ihn jetzt nicht mehr kennen? – Als Botschafter war er wohl gelitten in Wien. Dürfen wir ihn heute nicht mehr kennen? Dürfen wir mit ihm heute keinen Kontakt mehr haben? – Als Botschafter in Wien dürfen wir das offenbar schon.

Vor allem aber, meine Damen und Herren, wird Ihnen nicht entgangen sein – auch das ist heute schon angesprochen worden –, dass sich die Außenminister der Europäischen Union zunehmend von der aggressiven Außenpolitik der USA distanzieren. (Bundesrat Konecny: Die reisen aber nicht nach Bagdad!) Ich erwähne stellvertretend für alle die Klarstellung des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland, Joschka Fischer, der uns ideologisch gewiss nicht nahe steht, dass wir zwar voll auf der Seite der USA stehen, so weit es um die Abwehr des weltweiten Terrorismus geht – dazu bekennt sich unsere Regierung ganz eindeutig und selbstverständlich auch meine Fraktion, auch Dr. Haider hat das ausdrücklich bekräftigt –, dass aber,


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um wieder mit Joschka Fischer zu reden, diese internationale Solidarität keineswegs einen Freibrief für die USA bedeuten kann, weltweit militärisch zu intervenieren, wo auch immer ihnen ein Regime missfällt.

In diesem Sinne ist es wohl kein Zufall, dass in den letzten Tagen Hans von Sponeck, der Autor des empfehlenswertes Buches "Bringen Sanktionen den Frieden?" – übrigens von der erwähnten Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen zu einem Referat eingeladen ... (Bundesrat Konecny: Zitieren Sie, was er über Herrn Haider gesagt hat!) Sie erlauben mir schon, zu zitieren, was mir richtig erscheint. (Bundesrat Manfred Gruber: Das zitieren Sie nicht, das ist ja klar! – Bundesrat Würschl: Die ganze Wahrheit!) – Das haben Sie nötig.

Er hat Wien besucht und die Irakpolitik des Westens in sehr deutlichen Worten scharf kritisiert. 1998 bis 2000 war er humanitärer Koordinator der Vereinten Nationen für den Irak. Im Jahr 2000 ist er aus Protest gegen die Politik der UNO gegenüber dem Irak zurückgetreten – das nicht zuletzt deshalb, weil die Sanktionen nicht einmal humanitäre Ziele voll erreichen ließen.

Ich darf aus der gestrigen "Presse" zitieren:

"Scharf verurteilte von Sponeck auch die Wirtschaftssanktionen. Der Kampf werde auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen. Man habe zwölf Jahre die falsche Politik betrieben, die ungeheuerliche Armut, zerstörte Sozialstrukturen und höchste Kindersterblichkeit hervorgerufen habe. ‚Dies müsste dazu führen, dass man sich schämt.’ Das Oil-for-Food-Programm bezeichnet er als ‚eklatant ungenügend’: ein ‚Feigenblatt des internationalen Gewissens’. Aus Protest gegen diese Politik hatte von Sponeck vor zwei Jahren – ebenso wie schon sein Vorgänger, der Ire Dennis Halliday – sein Amt als UN-Koordinator niedergelegt.

Mit den nun zur Debatte stehenden ‚smarten Sanktionen’ ging er ebenfalls hart ins Gericht. ‚Waren die früheren etwa unintelligent?’ Außerdem kämen sie zu spät – und seien unehrlich. ‚Sie führen zu einer Strangulierung des Irak. Es ist alter Wein in alten Flaschen, nur mit einem neuen Etikett.’

Von einem Aufrechnen hält der UN-Diplomat im Übrigen gar nichts: ‚Verbrechen im Land rechtfertigen nicht Verbrechen außerhalb des Landes. Das Völkerrecht müsste uns interessieren.’"

Wenn Herr Dr. Haider in eben dieser Intention eine humanitäre Mission erfüllt hat, ist ihm nichts vorzuwerfen. Todkranken Kindern medizinische Hilfe zu bringen und sich um den Austausch von Kriegsgefangenen zu bemühen, sind doch wohl Anliegen, die wir alle teilen müssten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bisher war ich vom hohen humanitären Ethos der österreichischen Sozialdemokratie voll überzeugt. Wenn es Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber heute wichtiger war, über Dr. Jörg Haider herzufallen – nicht zum ersten Mal, und es wird auch nicht zum letzten Mal sein –, so haben Sie mich eher vom Gegenteil überzeugt. Sie haben Ihr bisher hohes sozialethisches Niveau verlassen und Ihre humanitären Zielvorgaben preisgegeben. Das bedauere ich in der Sache, für Sie und für unser Land. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

17.33

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Außenministerin! Meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen schwierig nach der – entschuldigen Sie, dass ich das so sage, Herr Kollege Böhm – doch etwas kuriosen Rede jetzt hier fortzusetzen. Deshalb würde ich vielleicht doch meinen, Herr Klubobmann Konecny, Sie können während meiner Rede hier ruhig wieder das Bild hinstellen, damit man auch weiß, worüber wir hier reden. Wir reden nicht über Zeman (Beifall bei der SPÖ), und wir reden auch nicht über Verfehlungen der Frau Außenministerin.


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Frau Außenministerin! Ich möchte Ihnen für den ersten Teil Ihrer Rede ein Kompliment machen. Sie haben hier auf Ihre Art und Weise sehr klare und deutliche Worte gesprochen und auch diese Reise, was auch immer sie zu bedeuten hat, klar verurteilt. Beim zweiten Teil, also bei der unmittelbaren Beantwortung, Frau Außenministerin, waren Sie etwas knapp, um das einmal so zu formulieren, denn es stehen hier doch noch zwei große Fragen im Raum. Die eine betrifft das von Haider angesprochene Telefonat mit Ihnen und jene von Haider ausgedrückte Aussage, es sei mit der Bundesregierung alles koordiniert gewesen. Ich kenne die diplomatische Sprache. Sie haben all das hier nicht angesprochen. Sie haben den Großteil dieser parlamentarischen Anfrage mit Nein beantwortet. Damit haben Sie indirekt die Antwort gegeben, dass der Kärntner Landeshauptmann in all diesen Punkten die Unwahrheit gesagt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch ein bisschen schwierig. Herr Kollege Böhm meint, in jedem System stecke etwas Gutes und etwas Böses. Gott im Himmel, was soll denn das Positive am irakischen Regime sein? – Wer das jemals erklären kann, muss ein Zauberer sein.

Frau Außenministerin! Sie haben gemeint, der Sanktionenausschuss hat Ihnen und der österreichischen Bundesregierung gegenüber mitgeteilt, die Mitgliedsländer müssten diese Sachen selbst untersuchen. Ich hoffe, dass es seitens der Bundesregierung eine Untersuchung all dieser Begebenheiten rund um diese kuriose Reise gibt.

Die Irakreise und dieser freundschaftliche Plausch und die Hofierung eines Diktators werfen aber auch noch eine Reihe weiterer politischer und rechtlicher Fragen auf. Ich bin überzeugt davon, dass Sie hier die Wahrheit gesagt haben, Frau Außenministerin! Es ist sicherlich nicht leicht, als Außenministerin uns hier und der Weltöffentlichkeit zu sagen: Nein, ich habe es nicht gewusst. – Dazu gehört auch ein gewisser Mut. Ich zweifle nicht an Ihren Worten.

Aber wer im Außenministerium hat wirklich etwas gewusst? Warum wurde die Außenministerin nicht davon informiert? – Das sind Dinge, die mir weit mehr Sorgen bereiten. Sieht man es denn in der österreichischen UN-Mission in New York nicht als dringend und vorrangig an, zu informieren, dass drei Anträge aus Kärnten für eine dubiose Reise in ein mit UN-Sanktionen belegtes Land gestellt und diese von diesem UN-Sanktionskomitee abgelehnt wurden? – Da müsste doch der Verantwortliche sofort zum Hörer greifen und seine oberste Chefin in Wien informieren.

Oder liest niemand im Außenministerium die Zeitungen? – Es ist durchaus nicht Ihre Aufgabe, "News" zu lesen, Frau Außenministerin, aber irgendjemand wird doch dafür bezahlt, Zeitungen zu lesen, und dort war das bereits im Jänner zu lesen.

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass Haider plakatiert hat: "Ich habe Euch nie belogen". In der Sendung "Betrifft" hat er ein weiteres Mal gelogen. Er hat nämlich "News" in Händen gehalten und gesagt, hier steht nichts drin vom Irak, da steht nur etwas von einer Arabienreise. Er hat vor allen Fernsehzuschauern gelogen. Es steht nämlich sehr wohl "Irakreise" darin und nicht "Arabienreise". Aber es ist schon klar: Die größte Schwäche, die jemand hat, nämlich das Lügen, muss man plakatieren.

Die Liste der Namen jener Personen in Ihrem Ministerium, die involviert und informiert waren, Frau Außenministerin, ist lang: Erster Botschaftssekretär Peter Huber, Botschafter Gerhard Pfanzelter, Kabinettchef Wolfgang Loibl, irgendwie muss auch Pressesprecher Johannes Peterlik etwas gewusst haben, denn er liest die Zeitungen, und Gesandter Ewald Jäger. Auch bei den Terminen hätte es eine Reihe von Möglichkeiten gegeben, diesen Schaden noch abzuwenden: 17. Jänner, 22. Jänner, 24. Jänner, 28. Jänner, 31. Jänner, und am 6. Februar kam sogar ein Sondergesandter des Irak – nicht zu Ihnen, aber zu Besuch ins Außenministerium.

Dieser Sache, Frau Ministerin, werden Sie noch nachgehen müssen. Sie haben es uns erklärt, und ich glaube Ihnen, aber das werden Sie innerhalb Ihres Ministeriums noch zu klären haben.

Über diese Reise haben wir hier viel debattiert. Ich möchte eigentlich nur noch vier Menschen zu Wort kommen lassen, die eine eindeutige Sprache sprechen:


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Kommissar Fischler, EU-Kommissar Österreichs: "Haider hat einen enormen Schaden für das Ansehen Österreichs angerichtet".

Javier Solana: "Das ist ein außenpolitisches Freelancing eines Provinzpolitikers."

Bundeskanzler Schüssel: "Man braucht bei Gott keinen Handshake mit einem Diktator, der Blut an seinen Händen hat und alles tut, damit sein Volk unterdrückt wird."

Und nun – eine etwas überraschende Aussage – Finanzminister Grasser: "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, nach Bagdad zu fahren und Sadam Hussein zu treffen."

Deshalb muss man sich die Frage stellen: Was steckt denn politisch hinter dieser Reise? Ist es nur die Mediengeilheit oder die Medienverliebtheit eines Provinzpolitikers, der damit nicht nur Österreich und seinem Bundesland Kärnten enormen Schaden zufügt? Ich frage mich überhaupt: Wie lange lässt sich die Bevölkerung Kärntens das gefallen, dass sie durch diese Desperado-Aktionen eines Landeshauptmannes (Beifall bei der SPÖ) ständig negativ in den Schlagzeilen, nicht nur in Österreich, nicht nur in der "Kärntner Tageszeitung" oder in der "Kleinen Zeitung", sondern weltweit aufscheint?

Es gibt auch eine andere Erklärung: Hat Haider vielleicht zu oft den Film "Lawrence von Arabien" gesehen und versucht nun, ihn zu imitieren? Er ist ein Imitator. Aber eines ist klar, Herr Dr. Böhm: Diese humanitäre Hilfe – glauben Sie mir – ist eine zutiefst vorgeschobene Geschichte. Der Wert dieser Hilfslieferung, wo auch immer sie ist – wahrscheinlich liegt sie irgendwo in Damaskus und wird letztlich dem Regime zugute kommen und nicht irgendwelchen Spitälern im Land –, beträgt 11 000 €! Der Flug kostete 25 000 €! Wer zahlt das eigentlich? Haider-Freund Gadaffi? Die Steuerzahler? Die Parteikassa? Oder – wir haben das bereits von Frau Trunk gehört – die Einfädler des Ganzen?

Es gibt da zwei Einfädler. Einen hat Frau Trunk genannt, es ist der vorbestrafte Waffenhändler Jebara. Noch 1992, meine Damen und Herren, hatte er in Österreich Aufenthaltsverbot, aber jetzt ist er mit des Landeshauptmannes Hilfe vielleicht bald österreichischer Staatsbürger. Immerhin hat er 40 Kampfhubschrauber, getarnt über eine Elektrikfirma, in den Irak geliefert.

Aber es gibt noch einen: Eltelby, Berater des Verteidigungsministers. Er organisierte den Kauf von Bundesheerpanzern und hat eine ganze Reihe von Kontakten in diesem Raum. Sind das die Einfädler?

Was ist der politische Hintergrund? – Auffallend ist nämlich, wer sich in Bagdad trifft. Das ist irgendwie der Tummelplatz, das Paradies der politisch extremen Rechten geworden. Zuerst war Le Pen da, dann Schirinowski und dann Haider, und alle waren nur zu einem Ziel dort: die Hand eines Massenmörders zu schütteln. Und wer heute noch leugnet – die FPÖ hat es immer getan und behauptet, sie habe nichts mit der Front Nationale und der Truppe um Herrn Schirinowski zu tun –, dem sei gesagt, dass diese Achse in Bagdad zumindest für die Weltöffentlichkeit sichtbar geworden ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Eine neue Achse des Bösen anscheinend!)

Vielleicht sollten Sie sich noch einmal in Erinnerung rufen, was dieser Herr verbrochen hat: Giftgaseinsatz, er hat ein Land überfallen wie im 19. Jahrhundert, als man noch Territorialpolitik mit Kriegen machte, er hat die Opposition gemeuchelt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Herr Kollege Gudenus fehlt heute, aber er ist einer jener, die das tun, nämlich die Ausrottung einer Stadt mittels Giftgas leugnen. Das ist so etwas wie die Leugnung ... (Weitere lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Bitte keine Zwischenrufe innerhalb des Plenums, höchstens gegenüber dem Redner.

Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Die Leugnung dessen, dass eine kurdische Stadt durch einen Giftgasangriff Husseins ausgelöscht wurde – Männer, Frauen und Kinder –, kann


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man auf dieselbe Stufe stellen wie die Leugnung von Gaskammern in den Konzentrationslagern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Gudenus heute hier ist. Er hat es vorgezogen ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Er ist krank!) – Gut, er ist krank, aber es gibt hier noch einen zweiten Kollegen in diesem Hohen Haus, Herrn Bundesrat Ram, der es vorgezogen hat, während dieser Debatte draußen zu bleiben, denn er weiß sicher mehr über die Hintergründe dieser Aktionen. Herr Gudenus ist besonders umtriebig in der Verknüpfung dieser rechten Achse – das kennen wir schon, seit sich die rechte Internationale am Semmering getroffen hat –, und da kommen wieder zwei Namen vor: Mölzer und Stadler. Beide waren schon in der Region unterwegs, und Mölzer und Stadler sind ebenfalls zwei der Einfädler dieser ganzen Irak-Connection. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sind Libyen und der Irak Lieblingsreiseziele deutscher und österreichischer Rechtsextremisten? (Bundesrat Dr. Nittmann: War Kreisky nie in Libyen bei Gadaffi?) Die rechtsextreme Postille "Der Nationalrevolutionär", eine Zeitung, die vielleicht Haiders politisches Kursbuch ist, hat wiederholt dazu aufgerufen, mit Libyen und Bagdad internationale Solidarität zu zeigen, und im Telefonbuch des Rechtsextremisten Küssel war das Libysche Volksbüro beinhaltet.

Meine Damen und Herren! Die Reisen Haiders nach Libyen sind mittlerweile schon auf der Tagesordnung. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ist Kreisky nie hinuntergefahren?) Aber was ist hier die große politische Klammer, warum die europäische Rechte plötzlich Bagdad und Libyen entdeckt? – Ich sage es Ihnen: Es sind dies der Antisemitismus, der Antizionismus und der Antiamerikanismus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Gusenbauer hat sich von seinem Zitat bis heute nicht distanziert!)

Es ist kein Wunder, Herr Kollege, dass Haider diese Reise just zu einem Zeitpunkt antritt, als seine Quasiparteichefin Riess-Passer in den USA weilt. Das ist doch eine glatte Desavouierung! Warum regen Sie sich parteiintern über diese Chuzpe nicht auf? – Die eigene Parteichefin, die versucht, in Amerika einmal ein bisschen Fuß zu fassen, wird genau zu diesem Zeitpunkt in dieser Weise desavouiert. (Bundesrätin Haunschmid: Ihnen ist lieber, wenn der Irak bombardiert wird!)

Vielleicht hat Haider es auch notwendig gehabt, von Saddam Hussein Ezzes über Parteiführung einzuholen, denn das, was man in den folgenden und in den letzten Tagen gemerkt hat, sieht, so muss ich sagen, ganz danach aus, nämlich dieser Show-down bei den Freiheitlichen, bei dem alle Landesparteiobleute auf den Knien gerutscht sind und Abbitte geleistet haben. Flugs darauf wurde ein Libyen-Kenner, Herr Reichhold, der auch in dieser Region unterwegs war, ein Arabienreisender, Minister.

Die Ankündigung Haiders, dass die FPÖ nur mit der Baath-Partei enger kooperieren will, klingt wie eine gefährliche Drohung. Wissen Sie, dass die geistig-ideologischen Grundlagen der von Ihnen gerade verteufelten nordkoreanischen Partei dieselben stalinistischen sind, wie die der Baath-Partei waren? Und mit der kooperiert nun eine offizielle Freundschaftspartei der FPÖ. Wunderbar! (Bundesrat Dr. Nittmann: Nein, wir können Sie doch nicht ernst nehmen!) Die Baath-Partei mit ihrer stalinistischen Geschichte ist neben dem Militär einer der Grundpfeiler für das Unterdrückungsregime im Irak. Gute Nacht!, sage ich dazu nur.

Eines ist vergessen worden: Der neue Watschenkrampus der FPÖ, Peter Westenthaler, der nur ein bisschen aufgemuckt hat, hat noch vor zwei Jahren laut gefordert: Verhaftet den Hussein-Vize Aldouri – besser als Izzad bekannt –, als er in einem Wiener Spital war. (Bundesrat Dr. Nittmann: Was haben Sie damals dazu gesagt?) Doch all das ist bei der FPÖ nicht mehr gültig. Jetzt sind wir Freunde. Jetzt haben wir große Parteifreundschaft geschlossen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es könnte natürlich auch sein, dass Haider – ähnlich wie Kinder Stickers von Fußballern oder Sportlern sammeln – nun Kontakte mit Diktatoren sammelt. Da stünde dann noch eine Reise ins


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Exil von Idi Amin an oder zu Pinochet nach Chile, so lange er noch lebt, oder vielleicht zu den blutigen Generälen Argentiniens. Da können wir noch einiges erleben. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber Diplomatie und Außenpolitik sind nicht Bestandteile des Villacher Faschings. Österreich darf nicht länger in der ständigen Geiselhaft eines Landeshauptmannes sein.

Sehr geehrte Frau Außenministerin! Ich betone es hier: Ich habe Herrn Hussein nicht grüßen lassen, und ich hoffe, dass die österreichische Außenpolitik diesen Gruß des österreichischen Volkes offiziell zurücknimmt (Beifall bei der SPÖ) , auch wenn er bei einem so genannten Privatbesuch übermittelt wurde. Aber Diktaturen haben eine Propagandamaschinerie, und es wäre gut, wenn hier ein offizielles Zeichen Österreichs gesetzt würde. Mindestens 90 oder 95 Prozent lassen Saddam Hussein sicherlich nicht grüßen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Aber das irakische Volk! Das ist ja etwas anderes!)

Es geht hier weder um die Diskussion über die Rechtfertigung der Sanktionen noch um humanitäre Hilfe. All das ist eine vorgeschobene Geschichte, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Auch! Darum geht es auch, Herr Kollege!) Und ich sage: Mir tut die Frau Außenministerin Leid, die diesen Misthaufen jetzt aufräumen muss. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid.) Sie kommen gleich nach mir dran. (Bundesrätin Haunschmid: Sie warten ja nur darauf, dass dieser Irak von den USA bombardiert wird!)

Es gibt eine ganze Reihe von Rechtfertigungen. Eine dieser Rechtfertigungen – im Grunde sind sie erbärmlich – lautet, die UNO sei voll informiert gewesen. – Ja, über die Absage! (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Die Außenministerin sei informiert gewesen. – Sie hat heute hier erklärt: Nein.

Drittens: Ein gewisser Herr Sichrovsky – das ist überhaupt die gspaßigste Figur der österreichischen Innenpolitik – meinte, es war eine Vermittlungsmission. – Ja zwischen wem sollte Haider, der auf dem internationalen Parkett eine Persona non grata darstellt, vermitteln? Vielleicht zwischen den Familienmitgliedern der Familie Hussein, die nämlich fallweise auch auf der Todesliste stehen?

Da frage ich mich: Wie konnte heute vor einer Stunde ein gewisser Abgeordneter Jost im Kärntner Landtag dazu kommen, zu sagen, auch Kofi Annan sei in Bagdad gewesen? Ist der Mann verrückt geworden (Bundesrätin Mag. Trunk: Ja!), Kofi Annan und Jörg Haider in einem Atemzug zu nennen? Er nennt den Generalsekretär der Vereinten Nationen, der als Chef der UN-Sanktionen natürlich mit einem Land zu kommunizieren hat, in einem Atemzug mit Herrn Haider! Dieser Mann muss wahrlich verrückt geworden sein. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Genauso viel oder genauso wenig wie Sie! Sind Sie verrückt geworden?)

Aber ist dieser Bazillus nicht auch ein bisschen in das Außenministerium eingedrungen, wenn, Frau Außenministerin, Ihr Pressesprecher von "lösungsorientierten Gesprächen" gesprochen hat?! Aber ich will das nicht kommentieren, sondern, Frau Außenministerin, ich nehme nur, wenn es stimmt, Ihr Urteil kommentarlos zur Kenntnis: Bist wahnsinnig geworden?

Die Nahost-Eskapaden Haiders sind kein Spaß, und sie sind auch nicht Ausdruck einer etwas eigentümlichen Politikauffassung eines Politikers. Aber trotzdem – das gilt jetzt für uns, und deshalb diskutieren wir das hier; wir diskutieren es mit der Frau Außenministerin, denn es mit Herrn Haider zu diskutieren, ist meiner Meinung nach mühsam, und ich verstehe auch, dass die Frau Außenministerin keine Berichte eingefordert hat, keine Nachfragen gestellt hat, sie wird sich dasselbe denken – erwarte ich mir nun von der Frau Außenministerin so etwas wie eine Weisung an alle Beamtinnen und Beamten ihres Hauses: Sollten sie von künftigen Reiseplänen des Herrn Haider, die vornehmlich in den arabischen Raum führen, Information erhalten oder sollte ihnen etwas von solchen Reiseplänen zu Gehör kommen, so ist darüber im Interesse Österreichs, in einem vorausschauenden Interesse Österreichs künftig unmittelbar und direkt zu berichten.


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Vielleicht hat Schüssel dann noch einen Einfluss auf die in Kärnten eingebürgerte "unguided missile" der FPÖ. Immerhin hat er mit diesem Mann einen Koalitionspakt unterschrieben und die Hand gedrückt, die zwei Jahre später die blutbefleckte Hand eines Diktators schüttelt.

Doch irgendwann – das merken wir an der internationalen Diskussion – ist irgendwie Schluss mit lustig. Österreich steht jetzt blamiert da. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das hätten Sie gerne!) Österreich steht blamiert da, Herr Kollege! (Bundesrat Dr. Nittmann: Das reden Sie herbei!) Vielleicht sollten Sie ein bisschen die internationalen ...

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Kollege Schennach! Die Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, den Schlusssatz zu formulieren. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Die einzige Reaktion auf den Trampelschaden des Kärntner Landeshauptmannes ist: Privatisiert diesen Mann, bevor er noch länger Schaden für Österreich anrichtet! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Das hätten Sie gerne! – Bundesrätin Haunschmid: Das ist ja unglaublich!)

17.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Ferdinand Maier das Wort. – Bitte.

17.53

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Außenministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass eine dringliche Anfrage in der heutigen Sitzung des Bundesrates kommen wird, war zu erwarten. Ich habe bisher immer versucht, ein wenig Ihre Art der Dringlichen zu interpretieren, und das möchte ich auch heute wieder tun. Vor allem staune ich, dass Sie die dringliche Anfrage an die Frau Außenministerin gerichtet haben. Das ist wahrscheinlich deshalb der Fall, weil der große Klubobmann Josef Cap es so wollte, weil nach der Diskussion im Außenpolitischen Ausschuss seine Nerven offensichtlich blank lagen und er gehofft hat, wenn wir heute eine Dringliche hier haben, vielleicht noch mehr zu erfahren.

Ich habe schon einmal – ich weiß gar nicht, ob er sein Parteifreund ist – Helmut Zilk gesagt: Je öfter man etwas wiederholt, es wird nicht richtiger, je lauter man etwas sagt, es wird nicht besser. Somit habe ich eigentlich nicht verstanden, wie diese Inszenierung hier abgelaufen ist.

Mein Fraktionschef Bieringer hat schon davon gesprochen, dass die Präsentation von Herrn Professor Konecny mehr als schwach war, und ich persönlich halte von Märchenerzählungen und Zitaten aus “Alice im Wunderland” gar nichts. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn Sie sich hier gerieren wie die Taferlklassler und ein paar Taferln in die Höhe halten, dann ist das zwar auch ein Stil, aber den haben andere schon angewendet, den hätte ich nicht kopiert, aber wir nehmen das auch zur Kenntnis.

Ich habe Ihnen bei manchen dringlichen Anfragen schon geraten, mit dem Fraktionschef der Grünen hier im Haus, mit Kollegen Stefan Schennach, Kontakt aufzunehmen und die Strategie zu besprechen. Vielleicht wäre er auf eine Idee gekommen, die dringliche Anfrage ein wenig anders zu formulieren.

Warum? – Nicht nur, dass die Diskussion im außenpolitischen Ausschuss schon stattgefunden hat, wurde bloß die Vorbereitung zu dieser Reise hinterfragt und das, was danach war. Es wäre doch in Wirklichkeit spannend, über die Reise selbst etwas zu hören, über die Reise, die allerdings Herr Dr. Haider gemacht hat. Da, glaube ich, wäre es interessanter gewesen, Frau Vizekanzlerin Riess-Passer hierher zu holen – das ist seine Parteichefin, und er ist noch Mitglied dieser Partei (Bundesrat Gasteiger: Das weiß man nicht so genau!); die haben auch ein paar Mal telefoniert – und sie zu fragen, was da los ist. Auf diese Idee sind Sie nicht gekommen.

Ich weiß schon, dass die SPÖ insbesondere ein Problem mit Reisen hat – ich werde dann auch noch darauf eingehen –, aber Sie hätten natürlich Frau Vizekanzlerin Riess-Passer auch fragen können, wie denn eigentlich der Erfolg ihrer Reise in Amerika war. Wie war denn die Reaktion


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der amerikanischen Stellen, die sie kontaktiert hat, im Zusammenhang mit der Reise, die Sie hier kritisieren und über die viele zu Recht sagen – die Frau Außenministerin hat das sehr deutlich gesagt –, dass sie entbehrlich war, dass sie niemand gebraucht hat und dass sie auch noch schädlich für das außenpolitische Ansehen war? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie hätten die Frau Vizekanzlerin hierher bitten sollen, und da hätten Sie einiges hören können. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich hätte die Frau Vizekanzlerin auch einiges gefragt, weil mich das interessiert. (Bundesrat Kraml: Das glaube ich nicht!)

Sie haben zu Recht kritisiert oder darauf hingewiesen, dass der Wert dieser Güter mit 11 000 € gering war. Das kann sein. Ich hätte nur gefragt, wie denn der Sozialfonds von der FPÖ dotiert ist und ob man nicht von dort auch etwas hätte zuschießen können. Aber die eigentliche Frage ist: Warum ist es geheim? – Das hätte mich interessiert.

Alle, wie wir da sitzen, sollten uns überlegen, wie wir die Hilfsgüter, von denen Fritz Edlinger gesagt hat, dass sie am Wiener Hafen lagern – drei Container im Wert von 5 Millionen Schilling –, flottbekommen können, um humanitäre Hilfe zu leisten. Das hätte mich interessiert, das hätte ich mir von Ihnen im Rahmen einer dringlichen Anfrage und auch im Rahmen einer dringlichen Aktion erwartet. Ich würde meinen, es sollte der gemeinsame Versuch da sein, zu helfen, statt mit Polemik, mit mieser Parteipolemik vorzugehen und irgendwelche Dinge zu zitieren, die teilweise vermutlich auch gar nicht stimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich würde glauben, wenn wir über Reisen reden, dann müssen wir uns auch vergegenwärtigen, welche Reisen denn sozialdemokratische Minister, Kanzler und sonstige Größen gemacht haben. Ich behaupte, wenn Blecha – er war einmal Innenminister, heute ist er Ihr Pensionistenchef – diese Reise gemacht hätte – mittlerweile ist bekannt geworden, dass Herr Blecha Ihr Mann fürs Antisemitische ist, und Ariel Muzicant hat in einem bemerkenswerten Interview Ihren Blecha heftig kritisiert –, würden Sie wahrscheinlich da auf der Bank stehen und jubeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben überhaupt früher Reisen, die Ihr Bundeskanzler gemacht hat, anders gesehen. Ich zitiere zum Beispiel nur die Reise des Herrn Kreisky zu Gaddafi in die Wüste im Februar 1975. Oder aber ich erinnere Sie daran, wie Herr Gaddafi – das finde ich eine besondere Pikanterie – Ihr Parteihauptquartier aufgesucht hat – das war im März 1982 – und Bruno Kreisky Gaddafi damals gefragt hat: Wollen Sie die SPÖ übernehmen? Das ist eine unglaubliche Frage, die Herr Bundeskanzler Kreisky damals Gaddafi gestellt hat. (Bundesrat Gasteiger: Sie wollen vom Haider ablenken!)

Von der Chronologie verschiedener Reisen Ihrer Funktionäre und Ihrer Herren nehmen wir uns vor allem jene Reisen heraus, die in der Zeit der unglaublich interessanten und, wie ich im Rückblick glaube, so wertvollen Demokratisierungswelle in den Nachbarländern Österreichs stattgefunden haben.

Ich habe schon einmal im Rahmen einer Diskussion darauf hingewiesen, dass der leider schon verstorbene Anton Benya zu den Entwicklungen in Polen und zu Lech Walesa und seiner Solidarnosc gemeint hat: Das ist keine Gewerkschaft, die kann man vergessen!

Aber es ist natürlich genauso interessant, wenn man sich jetzt anschaut, dass Franz Vranitzky – einer Ihrer Großen, wie Sie meinen – im Mai 1989 den Ministerpräsidenten Miklós Nemeth herzlichst begrüßt und damals noch mit ihm gesprochen hat. Ich erinnere mich an ganz interessante Diskussionen mit Alois Mock und Erhard Busek, die damals erkannt haben, welche demokratischen Entwicklungen in diesen Ländern stattgefunden haben. Herr Vranitzky hat ihn geküsst, umarmt und hat gesagt: Strenge Rechnung, gute Freunde.

Das war Ihre Außenpolitik in diesen Jahren! Da haben Sie sich nicht aufgeregt! Damals hätten Sie eine dringliche Anfrage stellen und fragen können, was da angesichts der demokratischen Entwicklung in diesen Ländern vor sich geht! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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Im Oktober 1989 war Ladislav Adamec hier. Wissen Sie, was er damals sagte? – Er hat gesagt: Hajek und Havel sind reine Nullen. – Damals haben wir schon gewusst, welche Entwicklungen in diesen Ländern stattgefunden haben. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine weitere Pikanterie, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss, ist eine weitere außenpolitische Großtat Franz Vranitzkys angesichts seines Besuches bei Hans Modrow, dem letzten Premierminister Ostdeutschlands. Dort hat er nämlich davon gesprochen, dass er hoffe, dass das österreichische Vorgehen Vorbild für die Entwicklung in der ehemaligen DDR ist. Hans Modrow wurde natürlich gleich zu einem Gegenbesuch nach Österreich eingeladen, den dieser im Jänner 1990 auch vorgenommen hat, und bei dieser Gelegenheit wurde der bemerkenswerte Satz gesagt, dass die Vereinigung realpolitisch nur im Zusammenhang mit einer gesamteuropäischen Neuordnung möglich und denkbar sei.

Sehen Sie: Das sind außenpolitische Einschätzungen, bei welchen ich mich gefragt habe, wo ihr eigentlich hingeschaut habt beziehungsweise welche Aktivitäten Sie gesetzt haben, um Ihre Außenminister beziehungsweise Vizekanzler und Kanzler einzubremsen und zu erkennen, welche Entwicklungen jeweils vor sich gehen. Eine derartige Vorgangsweise habe ich vermisst! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, dass wir uns, wenn wir eine solche Diskussion führen, durchaus auch einige ausländische Pressekommentare ansehen sollten. Ich meine, dass es erlaubt ist, die "FAZ", die "Süddeutsche" oder die "Neue Zürcher" zu lesen: In diesen wird etwa auf das Verhältnis zwischen UNO und Irak und darauf hingewiesen, dass es natürlich zu einem Dialog kommen sollte und man alles versuchen muss, um diese Gräueltaten zu verhindern.

Ich beschönige nicht: Diese Reise war nicht richtig! Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir hier in der Länderkammer darüber reden, denn es geht um die Handlungen eines Landeshauptmannes, der von sich teilweise durch Reisen oder auch durch Rücktritte reden macht. – Das ist aber sein Stil, und damit haben wir nichts zu tun. (Bundesrat Gasteiger: Damit haben Sie nichts zu tun? Das ist Ihr Koalitionspartner!)

Wir meinen, dass in der Außenpolitik entsprechende Maßnahmen gesetzt werden müssen. Seitens der Außenministerin wurde in der Zeit der Sanktionen auch hervorragend vorgegangen, nämlich jener Sanktionen, die Sie von der Sozialdemokratischen Partei uns bei einem Parteikongress in Helsinki eingetragen haben, als Klima noch dort war. Unsere Reaktion darauf war die Leistung der Frau Außenministerin und aller anderen in der Regierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wo war Ihr Applaus, als die Sanktionen wieder abgeschafft wurden? Wo blieb da Ihr Applaus? – Destruktiv wie Sie einmal gebaut sind, warten Sie nur darauf, bei jedem sich ergebenden Thema die nächste Dringliche vorbereiten zu können.

Ich sage Ihnen: So, wie Sie die Dringliche angelegt haben, halte ich diese für ein Werk des Josef Cap, der offensichtlich davon ausgeht, dass man abgelehnte Anträge weiter verfolgen soll. Insofern – an sich schätze ich ihn für seine durchaus interessante Diskussionsführung – sollte man hoffen, dass er sehr lange in dieser oppositionellen Rolle verweilen kann. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. ) Denn stellen Sie sich vor, er wird einmal aktiv, geht als Minister in ein Amt und jagt nur abgelehnten Anträgen nach. Er käme gar nicht zum Arbeiten! (Zwischenruf des Bundesrates Kraml. )

Daher meine ich, dass es gut ist, dass es bei uns weiterhin ein derartige Entwicklung gibt, und möchte Ihnen raten, das nächste Mal wieder mit dem Fraktionschef der Grünen zu kooperieren. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. ) Diesem hat das Bild, das Sie gemacht haben, auch gefallen! Insofern können Sie ihn also das nächste Mal auch wieder in Ihre Vorbereitungen mit einbeziehen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.05


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 112

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

18.05

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kollege Maier nimmt von der Mentalität her bereits ziemlich viele haiderische Formen an. (Bundesrätin Mag. Trunk: Da muss er aber noch fest üben!)

Auch Dr. Böhm hat hier versucht, alles zu vermanschen und zu vertauschen: Tschechien, Zeman, die amerikanische Außenpolitik und so weiter. Sie versuchen, alles Mögliche in Ihre Wortmeldungen zu verpacken und auf das Wesentliche nicht einzugehen. Dass diese Vorgangsweise jetzt allerdings auch bei Kollegen Maier und bei Kollegen Bieringer Einzug halten wird, damit habe ich an und für sich nicht gerechnet.

Herr Dr. Böhm! Von Ihnen hätte ich zumindest erwartet, dass Sie wissen, dass es sich, wenn Herr Präsident Fischer Nord- und Südkorea besucht, erstens um eine Parlamentsdelegation und nicht um eine SPÖ-Delegation handelt und dass diese zweitens mit einem UNO-Mandat ausgestattet ist. Dass Sie hier ans Rednerpult treten und all das nicht gewusst haben, erstaunt mich schon ein bisschen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Wo ist der Unterschied?)

Wenn Kollege Maier hier über die Kreisky-Außenpolitik gesprochen hat, dann muss ich sagen, dass ich ein bisschen verwundert bin, dass sich die ÖVP überhaupt noch an irgendetwas erinnern kann, denn in den letzten 13 oder 20 Jahre war sie ja, wie den letzten Aussagen zu entnehmen ist, gar nicht vorhanden.

Kollege Maier! Ich habe bei deiner Rede genau aufgepasst: Das einzige Wort, das dir zur Reise des Herrn Landeshauptmannes eingefallen ist, war, dass sie schädlich war. – Ich hätte mir gewünscht, dass du nicht nur bei dem Wort "schädlich" bleibst, sondern auch die außenpolitischen Dimensionen ein wenig darstellst, die sich auf Grund dieser in deiner Diktion schädlichen Reise – ich würde sie als außenpolitischen Amoklauf bezeichnen – ergeben haben.

Was war der Fall? – Die Frau Vizekanzlerin hat bei ihren ersten außenpolitischen Gehversuchen die Olympiade genutzt, noch ein paar Tage an diese Reise anzuhängen, um mit amerikanischen Regierungsmitgliedern ins Gespräch zu kommen. Was ist dabei geschehen? – Bei diesen ersten außenpolitischen Schritten hat es wahre Stolpersteine gegeben, denn die Frau Vizekanzlerin hatte ab dem Zeitpunkt, als die Haider-Reise bekannt wurde, nichts anderes mehr zu tun, als auch gegenüber den amerikanischen Behörden diese Reise zu verteidigen und sie als humanitäre Reise darzustellen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Wenn Kollege Maier sagt, dass wir aus Artikeln zitieren, die es wahrscheinlich gar nicht gegeben hat, dann lasse ich diesen Artikel, den ich jetzt vor mir habe, gerne in Kopie überreichen, damit man sieht, aus welchen Artikeln ich zitiere: Die Frau Vizekanzler musste in Amerika – und Kollege Schennach hat das auch schon angesprochen – erklären, warum Jörg Haider in den Irak zu einem Diktator reist, was vor ihm in den letzten Jahren auch zwei andere Politiker gemacht haben, nämlich Herr Jean-Marie Le Pen und Herr Schirinowski. Und siehe da: Herr Jean-Marie Le Pen hatte 1996 ebenfalls angegeben, dass seine Reise 1996 unter dem Aspekt der humanitären Hilfe stattfinde!

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie alle wissen, dass der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich Dr. Pröll nicht der SPÖ angehört und ich sehr viele intensive Diskussionen mit ihm habe. In einem Punkt muss ich ihm aber zustimmen, nämlich betreffend seine Aussage zur Reise des Herrn Landeshauptmannes, die am 16. Februar in der "Presse" zu lesen war. – Der Herr Landeshauptmann sagte wörtlich: "Die Begleitung eines humanitären Hilfstransportes erfordert noch lange nicht, einem Diktator Reverenz zu erweisen. Ich war 1989 mit Hilfsgütern in Rumänien, es wäre mir aber nicht in den Sinn gekommen, mich mit dem Regime an einen Tisch zu setzen."


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 113

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es besteht eben auch im Bereich der humanitären Hilfe der Unterschied, ob humanitäre Hilfe vorgeschoben wird, damit man in den Medien erscheint, oder ob man humanitäre Hilfe als solche begreift und auch durchführt, nämlich zur Unterstützung der Not leidenden Bevölkerung in den jeweiligen Gebieten (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon viel gesagt worden, ich kann mich deshalb auf einige Sätze beschränken.

Kollege Bieringer hat uns quasi unterstellt, dass wir an diesem außenpolitischen Desaster schuld seien. (Zwischenruf des Bundesrat Ing. Grasberger. ) Ich habe genau aufgepasst, Walter, das kann man nachlesen. Wir seien daran schuld, weil wir das verbreiten. – Dazu möchte ich Pressemeldungen aus dem Ausland zitieren. Der Züricher "Tagesanzeiger" spricht vom "Theater, das der unberechenbare Egomane" inszenierte. Laut "Financial Times" handelte es sich bloß um den "Stunt eines Mannes, der davon lebt, Unruhe zu stiften. Es wäre naiv, zu glauben, dass er wirklich aufgegeben hat". "Nur kurz war er weg, nun ist er wieder da", heißt es in einer deutschen Zeitung.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte Ihnen die Schlagzeilen vieler europäischer und internationaler Zeitungen zitieren, die sich derzeit in einem Punkt einig sind, nämlich Österreich in Europa und in der Welt in einem Licht zu präsentieren, das wir nicht verdienen, indem sie Österreich auf Jörg Haider und seine Aktion mit Saddam Hussein reduzieren.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie tun mir Leid, dass Sie permanent mit solchen außenpolitischen Amokläufen konfrontiert sind, und zwar nicht nur mit dieser Aktion betreffend Saddam Hussein und den Irak, sondern auch mit Beschimpfungen ausländischer Politikerinnen und Politiker, die an der Tagesordnung sind. Sie müssen sich wohl jeden Tag in der Früh fragen: Was wird heute auf mich zukommen? Was kann heute passieren? (Bundesrätin Haunschmid: Blicken Sie einmal in den Spiegel! Dann wissen Sie, was Ihnen entgegenschaut!)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich habe noch eine Frage an Sie: Wer macht unter diesen Gegebenheiten eigentlich die Außenpolitik in Österreich? Ein Koalitionspartner, der das Koalitionsübereinkommen unterschrieben hat und zufällig einfaches Parteimitglied in Kärnten ist? Die Frau Vizekanzlerin, die versucht, die ersten Schritte in der Außenpolitik zu gehen? Oder machen die Außenpolitik, wie es auch festgeschrieben ist, Sie? – Darauf hätte ich gerne eine Antwort! Ich glaube, nicht nur wir verdienen diese Antwort, sondern ganz Österreich gebührt die Antwort, wer Österreich außenpolitisch entsprechend vertritt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.14


Bundesrat
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684. Sitzung / Seite 114

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Maier gemeldet. Ich darf ihn darauf hinweisen, dass nach der Geschäftsordnung die Redezeit von 5 Minuten nicht überschritten werden darf. – Bitte

18.14

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Ich muss kurz zwei Aussagen berichtigen, die mein Vorredner Kollege Thumpser getroffen hat.

Erstens: Ich habe nicht nur gesagt, dass die Reise schädlich war, sondern ich habe auch gesagt, dass sie entbehrlich war. Ich habe mich auf das bezogen, was die Frau Außenministerin gesagt hat: Sie war nicht hilfreich, kontraproduktiv und außenpolitisch schädlich.

Zweitens: Ich habe nicht gesagt, dass das in den Medien nicht steht, sondern ich habe gesagt, dass ich nicht weiß, ob das richtig zitiert ist.

Drittens verwahre ich mich dagegen, dass ich haiderische Züge annehme, und darf das auch begründen: Erstens bin ich nicht Oberösterreicher, sondern Wiener, zweitens wohne ich in Wien und nicht in Kärnten, drittens fahre ich keinen Porsche, und viertens fahre ich nicht nach Bagdad. (Beifall bei der ÖVP.)

18.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte. (Bundesrat Freiberger: Ein Faschingsscherz! – Bundesrat Gasteiger: Jetzt aber die Wahrheit sagen! – Bundesrat Thumpser: Lei, lei!)

18.16

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Klubchef, Herr Dr. Böhm, hat sehr viel Richtiges gesagt, sodass ich mich auf einige wesentliche Dinge beschränken kann.

Da die Stimmung bei der SPÖ so lustig ist und von Faschingsscherzen geredet wird, meine ich, hier aufklären zu müssen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß schon, warum ich das in diesem Zusammenhang sage, denn auch Ihr Kollege Professor Konecny hat sich über die humanitären Ziele lustig gemacht und gemeint, all das, was da von uns kommt, sei ein Scherz. (Zwischenruf des Bundesrates Freiberger. ) Daher knüpfe ich gleich an die vermeintliche Lustigkeit der humanitären Ziele an.

Ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ sagen: Es verhält sich nicht so, dass allein Sie eine Erbpacht in Sachen Entwicklungshilfe, soziale Kompetenz und Humanität haben. (Bundesrat Kraml: Das müssen Sie noch lernen, Frau Kollegin!) Sie haben nicht das Recht, für sich eine authentische Interpretation zu beanspruchen. Das ist nicht richtig! Es gibt auch andere Parteien, die sehr wohl diese Anliegen und diese Intention haben. Wenn Sie sich über die humanitären Aspekte der Reisen von Herrn Dr. Haider oder anderer FPÖ-Abgeordneten ständig lustig machen, dann muss man einmal hinterfragen, ob Sie selbst überhaupt noch wissen, was dieses Wort bedeutet. (Bundesrat Freiberger: Sie halten eine infame Beleidigung für einen Scherz!)

Ich möchte nun aber auf Kollegen Schennach zu sprechen kommen: Herr Bundesrat Schennach hat etwas gesagt, was ich mir unter Anführungszeichen notiert habe. – Er hat gesagt: Der Irak ist das Lieblingsziel aller österreichischen Rechtsextremisten. – Das war eigentlich eine sehr interessante Aussage, und daher kann ich Ihnen nicht ersparen, die Liste der Reiselustigen, die in den Irak gefahren sind, weiter fortzusetzen, damit man auch sagen kann, wer laut Kollegen Schennach von den SPÖ-Kollegen als rechtsextrem gilt. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. )

1996 gab es eine Wirtschaftsdelegation unter Teilnahme von Fritz Edlinger, Heide Schmidt, der SPÖ-Abgeordneten Inge Jäger und des VP-Bundesrates Engelbert Schaufler.

2000 hat es eine weitere Wirtschafts- und Politikerdelegation gegeben, unter anderem auch von der FPÖ-Niederösterreich. Es gab aber interessanterweise auch eine hochkarätige Wirtschaftsdelegation nach Bagdad unter Führung von Sektionschef Josef Mayer aus dem Wirtschaftsministerium, im selben Zeitraum außerdem eine Parlamentarierdelegation, an welcher interessanterweise nicht nur ein VP-Abgeordneter, sondern auch SPÖ-Abgeordnete Christine Muttonen teilnahm, die jetzt erfreut sein wird, wenn sie von Herrn Schennach als Rechtsextremistin bezeichnet wird! Sie wird das erfahren, auch wenn Sie selbst nicht den Mut haben, ihr das zu berichten. – Und so geht es weiter.

Aber das war nicht die letzte Delegation: So gab es auch eine Delegationsreise, zu der die Österreich-Arabische Gesellschaft eingeladen hat, und zwar unter Exminister Karl Blecha: Bei dieser ist unter anderen Al-Hashimi, ein Exminister des Kabinetts Saddam Husseins, mit VP-Abgeordnetem Amon bei einem Abendessen zusammen gesessen. – Und so geht das weiter.

Ich meine – und damit komme ich zum Punkt –, dass es eine Ungeheuerlichkeit ist, alle Menschen, die in den Irak gereist sind, und zwar aus welchen Gründen auch immer, seien es wirtschaftliche oder humanitäre Gründe gewesen, als rechtsextrem zu bezeichnen. (Bundesrat Thumpser: Die anderen hatten alle ein UNO-Mandat!) Das halte ich für eine ungeheure Beleidigung! Ich verweise aber auch darauf, wie doppelzüngig und heuchlerisch Ihre Argumentation ist. Ich sage das jetzt in Richtung SPÖ-Fraktion: Wenn Sie sich schon aufregen, dann


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hätten Sie sich bereits viel früher aufregen müssen. Sie regen sich aber immer erst dann auf, wenn Jörg Haider dorthin reist, und zwar noch dazu mit humanitären Überlegungen und Zielsetzungen.

Herr Professor Konecny! Sie sind – und das wundert mich am meisten – bekanntermaßen selbst ein Arabien-Reisender, Sie schreiben darüber auch immer wieder in den Gazetten, und daher wundert es mich, dass Sie sich jetzt plötzlich von Ihrer langjährigen arabischen Freundschaft, die Sie doch immer gehabt haben, absentieren! (Bundesrat Thumpser: Aber keine Freundschaft mit Saddam Hussein!)

Ich möchte jetzt noch einmal auf Heinz Fischer zu sprechen kommen, auf Ihren Präsidenten, der jetzt seine Reise abgesagt hat. Dazu muss ich sagen: Wenn er mutig wäre und ein bisschen Courage hätte, dann würde er jetzt wirklich fahren, da er die Reise schon geplant hat. (Bundesrat Thumpser: Der Fasching ist schon vorbei! – Bundesrat Gasteiger: Es ist bereits Fastenzeit!) Aber offenbar dürfte Mut nicht gerade eine Eigenschaft sein, über die er verfügt, und daher hat er die Reise eiligst abgesagt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wenn ich A sage, dann muss ich auch B sagen. Aber er befindet sich da wiederum in guter Gesellschaft, denn auch der Papst – auch das ist wahr! – wollte vor einigen Jahren in den Irak fahren und hat diese Reise auf Intervention der USA dann abgesagt. (Bundesrat Thumpser: Er lässt sich halt auch etwas sagen!)

Es gibt natürlich Gründe, dass man etwas hinterfragen muss, etwa warum eine Reise in ein diktatorisches Regime zuerst geplant und dann abgesagt wird. Es ist interessant – und das sollen auch die anderen Kollegen hier wissen –, welche so genannten Rechtsextremisten es gibt, wobei ich Herrn Präsidenten Fischer nicht als rechtsextremen Menschen bezeichne. Das ist die Diktion des Herrn Bundesrates Schennach, der von allen Leuten, die in den Irak beziehungsweise in diesem Fall nach Nordkorea fahren wollen, behauptet, dass sie Rechtsextremisten seien. Es ist schon interessant, wer denn aller auf die Liste der Rechtsextremisten kommt. (Bundesrat Thumpser: Zum Beispiel Le Pen und Schirinowski! – Zwischenruf des Bundesrates Freiberger. ) – Ja! Aber es gibt eben auch andere! Es wird wohl auch Ihr Kollege Blecha kein Rechtsextremist sein! Oder wollen Sie das sagen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gut.

Ich möchte jetzt trotzdem noch kurz zur Außenpolitik kommen. (Bundesrat Konecny: Nein! Bitte nicht! Das wird peinlich!) – Herr Professor Konecny! Mir ist schon klar, dass Ihnen das nach Ihrer eigenen Darstellung, die Sie heute abgegeben haben, unangenehm ist! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich meine aber – und da gebe ich Kollegen Dr. Maier Recht –, dass es Sinn macht, sich auch einmal eine andere Zeitung zu Gemüte zu führen und auch einmal etwas anderes als eine österreichische Zeitung zu lesen. Fallweise tue ich das. Sie auch, Herr Professor Konecny? – Das glaube ich! Ich bin mir dessen sogar sicher, aber es gibt auch andere, die das machen. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )

Sie werden mir Recht geben, dass die außenpolitische Diskussion grundsätzlich einem Wandel unterzogen ist und dass gerade die EU- Staaten und insbesondere deren Außenminister diesbezüglich eine neue Linie vorgeben. Das ist keine Erfindung von uns oder von mir, sondern ich zitiere Hubert Védrine, den französischen Außenminister, der sehr deutlich davon spricht, dass wir eine Simplifizierung dieser Schwarzweißmalerei von Gut und Böse nicht weiter hinnehmen können, beziehungsweise dringlich davon abrät, das zu tolerieren. (Bundesrat Konecny: Das habe ich Ihnen schon vor zweieinhalb Stunden erklärt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er spricht davon, dass wir grundsätzlich eine neue politische Initiative im Nord-Ost-Konflikt starten sollten. Das haben Frankreich und Spanien beim letzten informellen Ministertreffen zum Beispiel beschlossen. (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. ) Im Hinblick darauf meine ich, dass es auch legitim sein soll beziehungsweise muss, wenn auch österreichische Politiker erkennen, dass es eben nicht nur einen Weltpolizisten, die USA, gibt, sondern dass auch neue friedenssichernde Maßnahmen Platz greifen müssen. (Bundesrat Thumpser: Welch ein Weitblick! – Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )


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Ich sage Ihnen: Jörg Haider ist meines Erachtens jemand, auf den man im arabischen Raum hört. (Bundesrat Thumpser: Wer?) Ich glaube, dass man auf ihn im arabischen Raum vielleicht hört! (Bundesrat Kraml: Jörg Haider, der zweite Weltpolizist!) Daher glaube ich ihm, wenn er sagt, dass diese Reise unter Umständen auch eine Art Friedensstiftung zum Ziel und zur Intention hat und dass das nachhaltige Folgen haben kann. Es geht in diese Richtung, abgesehen vom humanitären Zweck. (Zwischenruf des Bundesrates Kone
cny.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie können sich darüber natürlich lustig machen! Dass Sie das tun, ist mir klar! Es war mir klar, dass Sie das nur verhöhnen werden. Ich habe schon gesagt, dass das bei Ihnen schon damit anfängt, dass Sie humanitäre Zielsetzungen nicht ernst nehmen, außer wenn sie von der eigenen Partei kommen. Dann ist das wieder etwas anderes, das ist natürlich erlaubt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Zuletzt muss ich noch die Äußerungen meiner Kollegin Trunk erwidern, die auch gerne Vermutungen als wahr hier im Raum stehen lässt und aus der KTZ zitiert, als wäre sie die Bibel. Daher muss ich ein paar Sachen doch klarstellen. Ich lese so viele Sachen. (Bundesrat Thumpser: Das kann man sich nicht alles merken!) Kollegin Trunk hat es jetzt so dargestellt, als ob Herr Jebara Haiders Freund ist. Sie hat aber auch gesagt, dass Herr Jebara mit der Reiseinitiierung nichts zu tun habe. Das stimmt auch. Das ist richtig! Wissen Sie aber, wie viele Menschen, die Herrn Dr. Haider kennen, ihn als Bekannten oder als Freund bezeichnen? – Dabei handelt es sich oft um Leute, von denen er überhaupt nicht weiß, wie sie heißen. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Wenn man also nur daraus, dass Herr Jebara sagt, dass Herr Haider ein Bekannter von ihm sei, schließt, dass da ein enges Naheverhältnis besteht und Dr. Haider jetzt ständig im Haus Jebara verkehrt, dann halte ich das wohl für sehr weit hergeholt und fast für eine bewusste Unterstellung. Dr. Haider ist eben einer der bekanntesten Politiker in Österreich! (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. ) Er ist ein sehr volkstümlicher Politiker, was oft von anderen nicht unbedingt gesagt werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich verstehe, dass Sie darüber frustriert sind, weil das auch ein Beweis für Ihre eigene derzeitige Wahlniederlage ist. Viele Menschen fühlen sich ihm zugehörig und sind stolz darauf, wenn sie Jörg Haider einmal begrüßen, ihm die Hand geben und dann sagen können: Ich bin ein Bekannter von ihm, ich kenne den Jörgl!

Ob es sich in diesem Fall wirklich um eine gute Freundschaft handelt, wage ich aber doch zu bezweifeln! – Das wollte ich noch zu Frau Kollegin Trunk und ihren Äußerungen sagen.

Ich weiß nicht, woher das kommt, dass er sich mit der "weisen Führung" identifiziert. – Jörg Haider hat sich immer nur mit dem Leid der Frauen und Kinder im Irak solidarisiert! (Bundesrat Thumpser: Na geh! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ein riesiger Unterschied. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Zuletzt muss ich noch sagen, dass Sie selbst daran schuld sind, wenn Jörg Haider von der politischen Bühne nicht abtreten kann. Sie rufen ihn ständig her! (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie rufen ihn mit Ihren Anfragen und Anträgen her! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie wissen anscheinend gar nicht mehr, worüber Sie sonst reden sollten! (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Bringen Sie doch lieber einmal einen schönen Vorschlag betreffend eine Wirtschaftsoffensive oder Ähnliches! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie könnten auch positiv mitarbeiten, meine geschätzten Kollegen von der SPÖ! Wenn Sie aber Jörg Haider herrufen und herzaubern und sich dann aufregen, dass er immer aktuell und immer im Gespräch ist, dann ist das lächerlich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. ) Überlegen Sie sich einmal eine andere Anfrage! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Freiberger. )

Man unterstellt Herrn Dr. Haider nicht nur, dass er Verwaltungsrechtsbrüche und finanzstrafrechtliche Übertretungen begeht. (Bundesrat Kraml: Darüber reden wir gar nicht!) All das konnte nicht bewiesen werden. Aber es geht weiter: Heute hat Herr Reisenberger hier gesagt,


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dass er möglicherweise auch ein medizinisches Gerät aus dem LKH gestohlen hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das hat er nicht gesagt!) Er hat gesagt, dass er es nicht behaupten könne, aber er hat den Verdacht wieder auf Herrn Dr. Haider gelenkt. (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Jetzt ist es schon so, dass, wenn drei Spritzen im LKH fehlen, die Ursache Ihrer Darstellung nach dafür bei Dr. Haider liegt, dass er sie vielleicht heimlich auf seine humanitäre Reise mitgenommen hat! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann.  – Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Es wird langsam lächerlich, was Sie Herrn Dr. Haider alles vorwerfen!

Zuletzt möchte ich jetzt wieder zum Ernst der Sache zurückkommen, damit Sie doch merken, wofür meine Fraktion steht. (Bundesrat Thumpser: War das bisher Fasching?) Wir stehen in keiner Weise zu einem diktatorischen Regime. Wir bekennen uns aber dazu, dass wir Menschen, wo immer auf der Welt sie sich befinden, wenn sie in Not sind und leiden, zu Hilfe eilen. Und wir arbeiten auch daran, dass demokratische Verhältnisse in allen diktatorischen Staaten einkehren können, und zwar mit friedlichen Mitteln. Dafür steht meine Fraktion! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich bitte, die 5-Minuten-Regelung zu beachten. – Bitte

18.30

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Ich verspreche, dass ich mich kürzer halten werde.

Ich möchte Folgendes tatsächlich berichtigen: Frau Kollegin Kanovsky-Wintermann hat das ein bisschen aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe nicht von allen Reisen, sondern von den Privatreisen gesprochen. Schirinowski war nicht für Russland, Le Pen war nicht für Frankreich und Jörg Haider war bei Gott nicht für Österreich dort! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.) Alle anderen Reisen, die Sie hier subsumiert haben, waren entweder offizielle Reisen in Vertretung gewisser Staaten oder beim UN-Sanktionskomitee angemeldete Reisen. Ich habe hier aber nur von den so genannten Privatreisen gesprochen.

Ich nehme aber zur Kenntnis, dass Sie nicht zurückgewiesen haben, dass ich in diesem Zusammenhang von Rechtsextremisten gesprochen und Haider dazu gezählt habe. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )

Zweitens: Sie haben davon gesprochen, dass das Verhältnis zu Jebara eine zufällige Bekanntschaft eines landesbekannten Politikers sei. Das muss ich berichtigen, da Herr Gudenus nicht unter uns weilt: Er hat selbst gesagt, dass Herr Jebara diese Reise organisiert und eingeleitet hat.

Zum Dritten: Bei Ihren Ausführungen konnte man fast den Eindruck gewinnen, dass auch der Papst Kärntner sei. – Auch das möchte ich berichtigen: Er ist es nicht! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

18.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Reisenberger zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet.

18.32

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Bundesrätin! Wo ist sie? – Da ist sie ja! Zuhören wäre ganz gut, wenn auf etwas eingegangen wird!

Nichts liegt mir ferner als zu behaupten, dass Herr Haider etwas gestohlen hat. – Ich habe zu Ihrer Information darauf aufmerksam gemacht, dass ein Gerät aus dem Landeskrankenhaus Klagenfurt, das einen anderen Bestimmungsort, nämlich Rumänien, hatte, unauffindbar ist. Die


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684. Sitzung / Seite 118

neue Information, die ich vor fünf Minuten bekam, lautet: Es ist noch immer nicht gefunden worden.

Ich glaube, dass man, wenn man ein gutes Gewissen und nichts zu verstecken hat, gerade seitens Ihrer Fraktion daran interessiert sein müsste, zu erfahren, wo das Gerät ist beziehungsweise was damit geschehen ist. Dann braucht man sich nicht auf den Schlips getreten zu fühlen! Oder man weiß etwas, was wir nicht wissen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

18.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Würschl zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.34

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Zwei Ereignisse, die heute stattgefunden haben beziehungsweise stattfinden werden, sind für mich sehr erfreulich.

Erstens fand heute im Kärntner Landtag auf Antrag der ÖVP ein Sonderlandtag statt, den wir von der SPÖ selbstverständlich gerne unterstützt haben. Hätte die ÖVP diesen Antrag nicht eingebracht, dann hätte es die SPÖ-Kärnten getan!

Zweitens ist für mich erfreulich, dass heute auch unsererseits durch Kollegen Konecny eine dringliche Anfrage hier im Bundesrat eingebracht wurde. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Ich habe noch immer die Hoffnung – und es ist durchaus möglich, dass das noch geschieht –, dass sich weitere Informationen für uns Bundesräte aus dieser dringlichen Anfrage ergeben. Bis jetzt ist allerdings leider Gottes sehr wenig Licht ins Dunkle gekommen.

Eingangs möchte ich meiner Überraschung Ausdruck verleihen – vielleicht ist es aber auch gar nicht überraschend, es kommt immer darauf an, aus welcher Sichtweise man die Sache angeht –, dass es doch möglich ist, dass sich die ÖVP, die als Partei unter Schwindsucht leidet – sie ist die drittstärkste Partei hier im Parlament und mit 15 Prozent die kleinste Partei in Kärnten – bei einer derartigen Diskussion spaltet. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Die derzeitige Situation in Kärnten ist, dass Herr Wurmitzer als ÖVP-Parteiobmann und weitere ÖVP-Mandatare den Antrag auf Einberufung eines Sonderlandtags eingebracht haben, bei welchem ein Misstrauensantrag gegen Herrn Haider eingebracht wurde. Herr Wurmitzer hat Herrn Landeshauptmann Haider aufgefordert, seine Funktion niederzulegen. Ich betone noch einmal, dass Herr Wurmitzer ein ÖVP-Funktionär ist. Hier in diesem Haus sitzt allerdings weiterhin die Sesselkleberpartei auf den Regierungssitzen, obwohl keine Zustimmung in der österreichischen Bevölkerung für diese Regierung gegeben ist! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ledolter: Das ist eine Frechheit sondergleichen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich ist diese politische Aktion des Herrn Dr. Haider unerträglich! (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) Ich frage mich, wie ich als Kärntner und als Österreicher dazu komme, dass ich, wenn ich ins Ausland fahre, ständig auf diesen Herrn angesprochen werde! (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) Wo bleibt da das Image Österreichs? (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist Ihr Landeshauptmann, Herr Kollege!)  – Nein, das ist nicht mein Landeshauptmann! (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Kollege Würschl! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Bundesrat Herbert Würschl (fortsetzend): Derzeit ist er noch Landeshauptmann. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir hätten es – logischerweise – sehr gern gesehen, dass er die Funktion zur Verfügung stellt. Dann hätten wir auch bei kommenden Wahlen mit der Sozialdemokratie Mehrheiten erzielt, und wir hätten über einen neuen Landeshauptmann, der im Ausland Ansehen genießt, befinden können. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. )


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684. Sitzung / Seite 119

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage Sie – das ist heute schon ein paar Mal gefragt worden, aber es hat noch niemand darauf geantwortet, auch die Frau Ministerin nicht, aber es werden sich noch einige aus Ihrer Reichshälfte zu Wort melden –: Wer hat Herrn Dr. Haider beauftragt, unsere Grüße im Irak auszurichten? (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) Hat dieser Herr Haider als Privatperson, als Landeshauptmann oder als Koalitionspartner gehandelt? (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) Es ist für mich ungeheuerlich, dass ein Diktator und Terrorist und ein derartiges Regime von einem Vertreter des österreichischen Staates hofiert werden. (Bundesrat Dr. Nittmann: Kreisky hat Yassir Arafat vor einigen Jahren auch eingeladen!)

Frau Ministerin! Ich habe immer noch große Hoffnung – Sie werden sich noch zu Wort melden –, und ich appelliere an Sie: Retten Sie Ihr Image insofern, als Sie hier klare Worte finden! Sie sind zwar Diplomatin, dennoch bitte ich Sie: Sagen Sie sehr deutlich, was Sie von dieser Reise halten! Bis jetzt habe ich das nämlich nicht gehört. (Bundesrat Ing. Grasberger: Sie hat nichts von dieser Reise gewusst! – Bundesrätin Haunschmid: Sie hat nichts gewusst!)

Frau Ministerin! In einer guten Situation sind Sie sowieso nicht. Wenn Sie nämlich von dieser Reise gewusst haben, dann haben Sie hier und vor der österreichischen Bevölkerung die Unwahrheit gesagt, als Sie sagten, dass Sie davon nichts gewusst haben. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) Frau Ministerin! Es gibt aber auch eine zweite Möglichkeit: Wenn Sie nichts davon gewusst haben, dann möchte ich jetzt Herrn Alfred Worm aus dem heutigen "NEWS" zitieren, der meint, dass "die Ministerin das ganze Ministerium nicht mehr im Griff" habe. – Das sagt Herr Worm, und für den Fall, dass es sich so verhält, schließe ich mich dem an. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin! Ich bitte Sie also dringend: Sagen Sie, was Sie von der ganzen Sache halten! Äußern Sie sich zu dieser Reise in einen solchen Sudelstaat und Terroristenstaat! Was meinen Sie dazu? – Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm. )

Abschließend versuche ich jetzt drei Erklärungen dafür zu finden, warum Herr Haider dort hinfährt. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Wir in Kärnten kennen Herrn Haider schon relativ lang, und ich möchte jetzt mit dem ersten Punkt beginnen, wobei das keine Wertung in der Abfolge meiner drei Vermutungen sein soll: So wie ich Herrn Dr. Haider kenne, ist dieses Verhalten in seiner Persönlichkeitsstruktur oder in seiner Psyche verankert. Er ist auch schon einmal von der Jauntal-Brücke 50 Meter tief hinunter gesprungen, weil er auffallen wollte. – Ich meine also: Herr Haider braucht ständig Wirbel. Er möchte in der Zeitung stehen, und es muss einen Radau geben. Das ist Herr Haider in meinen Augen.

Zweiter Punkt – und das freut mich als Kärntner überhaupt nicht, und da beneide ich andere Bundesländer  –: Ich meine, die Situation in Kärnten veranlasst den Landeshauptmann abzulenken. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leiden in ganz Österreich unter der 46-prozentigen Steuerquote, und wir in Kärnten natürlich auch. Es ist dies die höchste Steuerquote, die es jemals in dieser Republik gegeben hat! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann.  – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Dazu kommt in Kärnten, dass wir im Jänner dieses Jahres eine Arbeitslosenquote in der Höhe von 12,8 Prozent hatten. (Bundesrat Hagen: Von Ihnen verschuldet!) Über 12 Prozent der Kärntner haben keine Arbeit! Das ist ein Spitzenwert, den es in der Zweiten Republik in meinem Bundesland noch nie gegeben hat! Das ist eine Katastrophe für die Leute, die keine Arbeit haben!

Es stört uns aber noch etwas: In Kärnten wird alles, was nicht niet- und nagelfest ist – ich weiß nicht, ob man den Begriff überall kennt –, "verscheppert". Volksvermögen, sei es die KELAG, die Wohnbau-Förderung oder jetzt die Hypo-Bank, wird "verscheppert" beziehungsweise verkauft, um eine gewisse Budgetkosmetik in unserem Bundesland zu erreichen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )


Bundesrat
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Drittens – ich bitte, dass jetzt vor allem die Freiheitliche Partei zuhört, die ÖVP wird von anderswo finanziert; da sitzt auch Herr Maier, der vielleicht etwas zu der ganzen Geschichte sagen könnte –: Ich wende mich jetzt vor allem an die Freiheitliche Partei. Ich selbst bin Parteisekretär der Sozialdemokratischen Partei in Kärnten. Bei uns erfolgt die Parteifinanzierung ganz klar durch unsere Mitglieder. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Grasberger. ) Heute wurde – wie ich meine als Erstem von Herrn Schennach – Herr Abdul Jebara zitiert. Er wohnt in St. Veit an der Glan, 20 Kilometer entfernt von Klagenfurt, und um es kurz zu sagen: Er ist eine zwielichtige Persönlichkeit , er nennt sich Waffenverkäufer, aber in Wirklichkeit ist er ein Waffenschieber und mischt in der Rüstungsindustrie mit. – Und es besteht beste Bekanntschaft zu Herrn Haider.

Ich fordere die Freiheitliche Partei auf, im Interesse der demokratischen Hygiene ihre Parteifinanzen offen zu legen! Denn es gibt in Kärnten Gerüchte, dass von Rüstungsschiebern Gelder in die Parteikassen fließen. Und dass ist keine klasse Geschichte, so würde ich meinen! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

18.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann gemeldet. – Bitte.

18.42

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Ich werde mich ganz kurz halten.

Zuerst möchte ich festhalten, dass von mir die Aufklärung des Verschwindens eines medizinischen Gerätes im LKH in keiner Weise verhindert wurde. Es verhält sich auch nicht so – das möchte ich klarstellen –, wie Herr Reisenberger gesagt hat, dass das angeblich von mir möglicherweise geduldet wird. (Bundesrat Reisenberger: Ich habe gesagt, Sie müssten Interesse an einer Aufklärung haben!)

Zweitens möchte ich sagen, dass selbstverständlich auch Herr Dr. Haider kein Rechtsextremist ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. )

18.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

18.43

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Außenministerin! Einleitend möchte ich zu Herrn Kollegen Würschl etwas sagen: Wir haben heute oft über diktatorische Züge und über Diktatoren gesprochen. – Ich meine, dass sich ein Diktator dadurch auszeichnet, dass er den Wählerwillen nicht respektiert. Und wenn ich Ihnen so zuhöre, dann erkenne ich viele diktatorische Züge, Herr Kollege Würschl! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrätin Mag. Trunk: Opposition!)

Geschätzte Damen und Herren der Sozialdemokratie! Solange Sie nicht akzeptieren, dass Sie abgewählt worden sind, solange mache ich mir keine Sorgen, dass Sie wieder gewählt werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Ich möchte nun aber auf einen Punkt eingehen, der mich persönlich heute Vormittag sehr betroffen gemacht hat, und zwar die Wortmeldung von Herrn Professor Konecny betreffend den Adamovich-Sager des Jörg Haider. – Ich hatte das Gefühl, dass der Herr Professor im Grunde genommen wirklich sehr betroffen war, und auch ich meine, dass es Teil der Menschenwürde ist, dass der Name eines Menschen in Schutz genommen wird. Dieses Recht haben Sie zu Recht eingefordert, und auf Grund dieser Emotionalität hat die Frau Präsidentin auch keinen Ordnungsruf erteilt.


Bundesrat
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Sie beide sind Spitzenfunktionäre der SPÖ. – Ich habe heute Vormittag ein bisschen auf Ihre Homepage geschaut. Wenn Sie hier das Recht einfordern, dass Namen nicht verunglimpft werden, dann bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass auch diese E-Card von Ihrer Homepage entfernt wird. (Der Redner zeigt einen A-4-Bogen mit der Aufschrift "Tschüssel") Denn auch der Bundeskanzler hat ein Recht auf Menschenwürde! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Da wir gerade bei Ihrer Homepage sind, möchte ich Folgendes sagen: Das, was ich hier in Händen halte, ist ein schlechtes Bild von Saddam Hussein. Wenn Sie auf Ihrer Homepage unter "Visit" und "International" nachschauen, dann werden Sie feststellen, dass Sie einen direkten Link zur Homepage des Saddam Hussein haben. (Bundesrat Ledolter: Unglaublich!) Dort finden Sie viel schönere Bilder. (Bundesrat Dr. Böhm: Abgründe tun sich auf! – Bundesrat Weilharter: Hört! Hört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie sollten das korrigieren, bevor Sie hier von dem blutigen Diktator reden. Die SPÖ-Homepage ist direkt mit der Seite des Saddam Hussein verlinkt! (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Geschätzte Damen und Herren! Was will ich damit ausdrücken? – Ich halte die ganze heutige Diskussion – und ich habe seit vier Uhr sehr aufmerksam zugehört – in Wirklichkeit für ein politisches Ablenkungsmanöver und für eine politische Scheinheiligkeit der Sonderklasse! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

In den Debattenbeiträgen geht es jetzt bereits seit drei Stunden im Grunde genommen um Landeshauptmann Jörg Haider – und er ist übrigens auch Ihr Landeshauptmann, wie Sie immer zu betonen pflegen – und vor allem um die Probleme, die Sie mit Herrn Dr. Haider haben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Er ist der Landeshauptmann, aber nicht mein Landeshauptmann!) Sie haben in den letzten Plenarsitzungen immer Wert darauf gelegt, dass Jörg Haider auch Ihr Landeshauptmann ist. Betreiben Sie jetzt also keine Kindesweglegung! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) – Schauen Sie im Stenographischen Protokoll nach, da werden Sie es finden!

Geschätzte Damen und Herren! In Wirklichkeit werden dieses Thema und die Inszenierung heute von der zweiten Garnitur geführt, seien wir uns doch ehrlich! Dieses Thema hat nicht einmal Herrn Gusenbauer bewogen, von seinem Schiurlaub aus dem Nobelschiort St. Anton nach Wien zurückzukehren. Das hat im Grunde genommen ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Er hat das Recht, mit seiner Familie seinen Urlaub zu konsumieren!)

Im Grunde genommen hat diese Diskussion Herr Cap geführt. Das ist der Herr, der, so glaube ich, vor 25 Jahren durch drei Fragen berühmt geworden ist und offensichtlich mit diesem Image innerhalb der SPÖ auch in Pension gehen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Sie sind Schüssels erste Garnitur!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe an dieser Stelle, etwa auch bei den Diskussionen um Milosevic, schon öfters gesagt, dass ich dafür bin, dass wir die Regierenden in ihrer Verantwortung lassen. Wenn nun der Herr Landeshauptmann von Kärnten glaubt, dass er in den Irak beziehungsweise nach Bagdad reisen muss, dann trägt er auch die Verantwortung für diese Reise. Punkt. Und ich möchte nicht, dass wir diese Politiker aus ihrer Verantwortung entlassen. Bei Ihrer Inszenierung geht es im Grunde genommen allerdings darum, die Frau Außenministerin, eine sehr kompetente, beliebte Politikerin, sozusagen anzupatzen. Und da ist es natürlich herzlich willkommen, wenn man ein bisschen mit Dreck werfen und sich dann aufregen kann, wie dreckig die Person ist. Darum geht es Ihnen doch in Wirklichkeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass Sie damit faktisch auch die Verantwortung verschieben. Es schaut jetzt beinahe so aus, als ob die Frau Außenministerin dafür und auch für die Konsequenzen verantwortlich wäre, und damit machen Sie Jörg Haider verantwortungslos. (Bundesrätin Mag. Trunk: Bitte erklären Sie den vorigen Satz!) Ich glaube, darüber sollten Sie einmal nachdenken!


Bundesrat
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Ich bleibe bei der Verantwortung der SPÖ. – Geschätzte Damen und Herren! Sie kennen diese Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen. Herr Konecny ist ein wesentliches Mitglied, Herr Blecha ist ein wesentliches Mitglied, der Bruder des Finanzsp
rechers der SPÖ ist ein wesentliches Mitglied, und der ehemalige Nationalrat Heindl ist auch ein wesentliches Mitglied. (Bundesrat Konecny: Er ist noch im Nationalrat!) – Ja.

Es gibt ein im Grunde genommen schönes Bulletin vom April 2001. In diesem wird von einer Irakreise berichtet. Eine Delegation hat den Irak bereist. Sie, Herr Professor Konecny, haben in Ihrer Rede gesagt, dass es natürlich wichtig ist, dass man sich mit den Behörden trifft. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) – Doch. Das haben Sie gesagt! Sie haben gesagt: Natürlich ist es wichtig, dass man sich mit den Behörden trifft. (Bundesrat Konecny: Ich habe gesagt, dass das nicht zu vermeiden ist!) – Genau.

Aus diesem Bericht geht allerdings hervor, dass es nicht nur die Behörden waren, Herr Professor Konecny, mit denen sich Herr Edlinger natürlich im Auftrag dieser Gesellschaft getroffen hat. Es ging um ein Gesundheitsprojekt, und er schreibt in diesem Bericht ganz konkret Folgendes: “Das für unser Projekt zweifellos wichtigste Gespräch war jenes mit dem irakischen Gesundheitsminister, der uns seine Zustimmung beziehungsweise die Zusicherung seiner aktiven Unterstützung für unser Projekt gab." – Das heißt, auch Sie haben dem Regime die Hand geschüttelt, und das ist ein wichtiger Punkt! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört! Wo ist da der Unterschied? – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. )

Geschätzte Damen und Herren! Ich bin da sehr bei Wolfgang Schüssel, und speziell nach der Rede von Herrn Würschl habe ich mir gedacht: Wolfgang Schüssel hat Recht. Man muss nicht zu jedem Debattenbeitrag etwas sagen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

18.52

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollegin Trunk hat vorhin behauptet, dass die Reise des Jörg Haider nach Bagdad von einem Waffenschieber organisiert wurde. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist eine falsche Behauptung!) – Nein! Das ist Tatsache! So haben Sie es gesagt!

Ich sage Ihnen: Legen Sie Ihren Beweis vor! Tatsache ist, dass die Reise des Jörg Haider – das können Sie auch in der APA nachlesen – von dem ehemaligen Botschafter und jetzigen Außenminister Al Hashimi geplant wurde. Er wurde von ihm eingeladen. – Das ist der erste Punkt.

Kollege Konecny hat davon gesprochen, dass es beispiellos und einzigartig sei, dass man Saddam Hussein die Hand schüttelt. – Ich denke jetzt zurück. Ich habe da ein vergrößertes Bild, damit Sie es auch sehen können, das Kofi Annan in eben dieser Pose zeigt. (Der Redner zeigt das Bild.) Auch wenn Herr Schennach meint, dass es keinen Vergleich zwischen UNO-Generalsekretär Kofi Annan und Jörg Haider geben kann: Beide sind Politiker, und beide haben Saddam Hussein die Hand geschüttelt! (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Und das finden Sie verwerflich? – Dann müssen Sie Kofi Annan und alle, die noch im Irak waren und Saddam die Hand geschüttelt haben, mit einbeziehen. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Zu Ihrem besseren Verständnis, Herr Kollege: Ich habe das Bild da, damit Sie es auch sehen. Wir sind zwar nicht so gut mit Kartontafeln ausgerüstet wie die SPÖ, aber ich kann Ihnen das Bild zeigen, damit Sie es sehen. – Ich habe sehr wohl verstanden.

Es gibt auch noch ein ähnliches Bild wie das, das Sie heute von Herrn Jörg Haider gezeigt haben, in welchem er im Lehnstuhl sitzt. Auch er hat ihm die Hand geschüttelt. – Nur so viel zu dem, dass jemand Blut an den Händen hat. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )


Bundesrat
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Herr Kollege! Es ist mir schon klar, dass Herr Kofi Annan in UNO-Mission und Jörg Haider in privater Mission dort waren!

Damit komme ich schon zum nächsten Punkt, und zwar zu der Fernsehmeldung: Sie haben sich so sehr empört, dass im irakischen Fernsehen gebracht wurde, dass Jörg Haider die Grüße des österreichischen Volkes überbringt. – Das wundert mich, denn Sie haben schon relativ lang politische Erfahrung, und Sie sollten wissen, wie es sich in einer Diktatur mit der Propaganda im Fernsehen verhält. Ich glaube, das müssten Sie mittlerweile wissen! Übrigens haben Sie kein einziges Wort von Jörg Haider live gehört. Sie haben nicht gehört, dass er das gesagt hat. Beweisen Sie mir das einmal! (Bundesrat Konecny: Das wird geschehen! Das werden wir Ihnen beweisen!) Das freut mich! Ich freue mich darauf!

Jetzt gehe ich einmal ein bisserl weiter. Ich meine, dass das Meiste schon gesagt wurde. Ich habe da aber noch ein paar kleine Details, nur damit Sie wissen, wer aller im Irak verkehrt: Hier sehen Sie etwa den apostolischen Nuntius Filoni am 15. Mai 2001 vor dem Bild des Saddam Hussein. (Der Redner zeigt das Bild.) Neben ihm stehen der Gesandte von Bischof Schönborn und eine Mitarbeiterin. Auch im Irak war außerdem noch einer der höchsten Kirchenführer aus England: Der Herr heißt James Jennings, und er hat ebenfalls im Irak zu diesem Thema aus Sicht der Kirche gesprochen. – Sie alle waren im Irak und sind daher in Ihren Augen Verbrecher, wenn ich das richtig sehe.

Jetzt gehen wir noch ein bisserl weiter. – Ich muss ein wenig in meinen Unterlagen suchen, weil schon einiges vorweg genommen wurde: Ich habe da noch ein nettes Bild, das auch in dem Bulletin war, das Kollege Missethon schon gezeigt hat. Vom 19. bis 21. 2. 2001 fand ein Wissenschaftskongress in Bagdad statt, an welchem erfolgreiche österreichische Wissenschafter in Bagdad sowie verschiedene Abgeordnete aller Parlamentsfraktionen außer den Grünen teilnahmen. Das Bild zeigt die Delegation mit Vizepräsidenten Tarik Asiz in der Mitte. Wir sehen hier Herrn Amon, Herrn Niederwieser von der SPÖ, und auch ein FPÖ-Politiker war mit dabei. Das war also auch nicht verwerflich. Kollege Schender und Herr Fritz Edlinger, der Bruder des ehemaligen Finanzministers, waren mit dabei, und ich glaube, Letzterer steht der SPÖ sehr nahe. Auch Erwin Lanc, der ehemalige Minister, der Ihnen auch sehr gut bekannt ist, gehörte dieser Delegation an. – Nur so viel sei dazu gesagt. (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. )

Ich sage nicht, dass das verwerflich ist, sondern ich denke, dass gleiches Recht für alle zu gelten hat. Wenn diese Herrschaften im Irak verkehren, ebenso wie Wirtschaftsorganisationen – auch der Wirtschaftsbund war da unten –, dann muss ich feststellen, dass offenbar immer wieder Kontakt mit dem Irak aufgenommen wird, und in manchen Bereichen wohl auch zu Recht.

Jetzt habe ich hier noch etwas ganz Tolles, das wird Herrn Konecny interessieren, es ist bereits angesprochen worden: Sie sind Mitglied der Österreichisch-Arabischen Beziehungen. (Bundesrat Konecny: Ich bin nicht Mitglied von Beziehungen!) Herr Karl Blecha, ehemaliger Innenminister, steht diesem Verein vor, Vizepräsident ist Herr Aburumieh, der Gatte der Kollegin von der ÖVP, außerdem sind Karl Schweitzer und Gunther Stummvoll Vizepräsidenten. Es sind also wieder alle Richtungen vertreten. (Bundesrat Schennach: Fast alle!)

Jetzt muss ich Ihnen noch etwas sagen, was mich ein bisserl verwundert hat. – Ich lese da etwas in dem Bericht des Herrn Edlinger an Ihre Organisation oder Gesellschaft, und Sie müssen mir jetzt erklären, ob das rechtens ist. Hier steht: "Als wir Frau Dr. Jenan im Mutter-Kind-Spital zwei große Kartons mit Medikamenten übergeben ..." (Bundesrat Konecny: Das ist nicht die Frage!) – Doch, das ist die Frage, denn da steht nämlich ... (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) – Ich nehme an, Sie werden mir das sicherlich vorlegen können!

Es ging um Medikamente im Wert von 450 000 S, das war also genehmigungspflichtig. Da steht, dass man größte Mühe hatte, diese Medikamente am irakischen Zoll sozusagen vorbeizuschmuggeln. (Bundesrat Konecny: So steht es nicht da!) Sie hatten jedenfalls größte Mühe, dass vorbeizubringen. (Bundesrat Konecny: Am irakischen Zoll in der Tat!) – Ja.


Bundesrat
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Jetzt möchte ich aber doch wissen: Hatten Sie hiefür eine Berechtigung? – Dann legen Sie mir diese bitte vor! Und legen Sie gleiches Maß ... (Bundesrat
Konecny: Jede einzelne Genehmigung war erteilt! Manchmal hatten wir allerdings die irakischen Behörden zu umgehen, damit die Dinge an die richtige Adresse und in die richtigen Hände kommen! Dazu stehe ich!)

Herr Kollege Konecny! Jetzt bin ich am Wort, und dann sind Sie am Wort, wenn Sie möchten. Ich möchte nur, dass ... (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )

Herr Kollege Konecny! Ich sage nichts dagegen. (Bundesrat Konecny: Das ist der Geist ...!) Ich glaube, das können Sie zurücknehmen. – Ich mache Ihnen keinen Vorwurf. Ich finde es positiv, dass Sie Hilfe leisten. Nur sollte Hilfeleistung mit gleichen Maß gemessen werden, egal ob sie Jörg Haider oder ob Herr Konecny erbringt. Das ist der Punkt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Somit möchte ich schon schließen. Ich denke, Herr Konecny wird, wenn er von Herrn Dr. Jörg Haider den Rücktritt fordert dafür, dass er humanitäre Hilfe in den Irak bringt, auch selbst zurücktreten müssen. Und wenn er Anzeige gegen Herrn Dr. Jörg Haider erstattet, dann wird er auch sich selbst anzeigen müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Frau Bundesrätin Melitta Trunk hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr auf die Dauer von höchstens 5 Minuten das Wort. – Bitte.

19.01

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Ich werde mich bemühen, weil es eine Reihe von tatsächlichen Berichtigungen gibt.

Punkt eins, zu Kollegen Missethon: In der Tat gibt es auf der SPÖ-Homepage einen Link zu allen Staaten dieser Welt – ohne Zensur –, und nicht eventuell zu Saddam Hussein persönlich. Das heißt: Halbwahrheit. Es gibt diesen Link zu allen Staaten dieser Welt! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Zweitens: Ihre Unterstellung, SPÖ-Bundesräte hätten in ihren Redebeiträgen – ich zitiere – "Dreck geworfen" gegen die Frau Außenministerin, weise ich auf das Schärfste zurück. Wir haben das demokratische Recht, Anfragen zu stellen. Die meisten von uns – auch ich – haben nicht einmal aufgefordert, sondern höflichst gebeten. Das weise ich daher auf das Schärfste zurück. Ich sage nicht, wie der Schelm denkt, so spricht er, Herr Kollege Missethon! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Tatsächliche Berichtigung zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Hagen: Nicht ich habe behauptet, dass dieser Herr aus St. Veit für Haider Kontakte geknüpft hätte, sondern Herr Bundesrat Gudenus – der heute erstaunlicherweise fehlt – hat dies in aller Öffentlichkeit behauptet.

Zweite tatsächliche Berichtigung: Sie fordern hier, Hilfeleistungen mit gleichem Maß zu messen. – Es geht nicht, Hilfeleistungen von unterschiedlicher Qualität und Nicht-Qualität mit gleichem Maß zu bemessen. Alle anderen Hilfeleistungen fanden nicht geheim und nicht mit Verwirrspiel, sondern offiziell und genehmigt statt. Was diese so genannte Hilfeleistung betrifft, so ist bis heute eines unbekannt – auch im Kärntner Landtag –: Wer hat bestellt? Wer hat gezahlt? Wer hat geliefert? Wie ist geflogen worden? (Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen. – Bundesrat Dr. Aspöck: Keine tatsächliche Berichtigung!) Und was war die Absicht? (Beifall bei der SPÖ.)

19.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt. – Bitte.

19.03

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hoher Bundesrat! (Bundesrätin Mag. Trunk: Klamt wird uns jetzt aufklären!) Was heute bei dieser dringlichen Anfrage von Seiten der Sozialdemokratie und auch vom Bundesrat der Grünen


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geboten worden ist (Bundesrätin Mag. Trunk: Informieren Sie uns! Machen wir es kurz!), reicht für mich in weiten Bereichen an schlechtes Kabarett heran. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: ... war tatsächlich schlecht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verwahre mich als Villacher ausdrücklich dagegen, dass diese Darbietungen mit dem Villacher Fasching in Verbindung gebracht werden. (Bundesrätin Mag. Trunk: In Ried ...! Das hat Kollegin Wintermann gesagt!) Denn die Akteure des Villacher Faschings haben das wirklich nicht verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Mag. Trunk: Haider ...!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie und mein Herr von den Grünen! Sie versuchen, einen Akt humanitärer Hilfe zu kriminalisieren und zu diffamieren. (Bundesrätin Mag. Trunk: Erklären Sie uns alles!) Nehmen Sie zur Kenntnis, dass dieser Versuch nicht gelingen kann und auch nicht gelungen ist! (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie haben mich jetzt überzeugt!) Beenden wir dieses Schauspiel (Bundesrat Mag. Hoscher: Sperren wir die Opposition ein!), das dem gesamten Bundesrat Österreichs wirklich nicht zur Ehre gereicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Hoscher: Das sagen Sie zu uns?)

19.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Professor Albrecht Konecny. Ich erteile es ihm.

19.05

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Nachdem Kollege Klamt vergessen hat, das aufzustellen, muss ich es natürlich nachholen. (Der Redner lehnt an das Rednerpult eine Fotografie von Dr. Haider auf dessen Reise in den Irak, auf welcher er gegenüber Saddam Hussein sitzt. – Zwischenruf: Kein schönes Bild!) Keiner von den beiden Herren ist schöner.

Ich gehe gerne das Risiko ein, dass Kollege Bieringer mir nochmals eine schlechte Benotung erteilt. Ich bin auch, wenngleich nur mit Zagen, bereit, mich der weiteren Beurteilung des Kollegen Klamt als nicht dem Villacher Fasching gemäß auszusetzen. Aber es ist eine Reihe von Dingen gesagt worden, die zwar nicht tatsächlich zu berichtigen sind, bei denen jedoch festzuhalten ist, dass sie – um es freundlich zu sagen – falsch sind.

Ein ganzer Chor von Sprechern hat hier immer wieder versichert, hier gäbe es böse Sozialdemokraten und Grüne, die eine humanitäre Hilfsaktion diffamieren. Ich habe an sich bereits vor geraumer Zeit in der Begründung sehr deutlich gesagt: Es hat keine humanitäre Hilfsaktion stattgefunden; es wurde der Vorwand gewählt, eine humanitäre Hilfsaktion durchzuführen (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist eine Unterstellung!), um eine Ausrede zu haben, nach Bagdad zu kommen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wozu sollte das stattgefunden haben?)  – Lassen Sie es!

Herr Professor Böhm hat zu Recht eine wichtige Persönlichkeit wie Hans von Sponeck, der am Montag in Wien war, mit dem ich zu Abend gegessen habe und der eine Reihe von interessanten Informationen über den Irak gegeben hat, zitiert. Ich möchte das auch tun, weil ich bei der Rede des Kollegen Böhm heftig dazwischengerufen habe: alles zitieren! – Er hat mir diese Freude nicht gemacht, also muss ich mich jetzt anstrengen.

Sponeck bezeichnete die Bagdad-Visite Haiders als – jeweils unter Anführungszeichen – "sehr politische Reise", bei der "das Humanitäre bloß die Entschuldigung" gewesen sei. "Wenn Haider sich wirklich hätte humanitär profilieren wollen, dann hätte er die Hilfsgüter nicht in Damaskus abgeben müssen. Das war aber wirklich schwach ... Auch für den Austausch von Kriegsgefangenen brauchte der Irak Österreich nicht ... Die Reise war ein PR-Gag."

Das ist eine Sprache, die in ihrer Deutlichkeit über das hinausgeht, was die meisten von uns hier gesagt haben – von einem Mann, den Herr Professor Böhm als Autorität in Bezug auf den Irak und die Kritik der Verhaltensweise der UNO und der USA angeführt hat. Wenn er da Recht hat – so lautet meine bescheidene Vermutung –, auch in Ihren Augen Recht hat, dann wird er vielleicht mit dem, was ich zitiert habe, auch recht haben. Genau das meinen wir: Hier fand ein PR-Gag statt, bei dem das Humanitäre eine kleine und in Wirklichkeit schäbige Ausrede war! (Beifall bei der SPÖ.)


Bundesrat
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Es wurde enthüllt, dass Vertreter der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, auch Abgeordnete des österreichischen Parlaments, irakische Staatsfunktionäre getroffen haben. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Minister!) – Minister, ja selbstverständlich, auch Minister! Es ist das einer der Gründe, warum der Präsident der Gesellschaft noch nie eine solche Reise begleitet hat. Bei ihm bestünde tatsächlich das Risiko, dass man ihm Saddam Hussein vorzusetzen versucht. Fritz Edlinger läuft nicht diese Gefahr. Daher brauchen wir natürlich technische Kontakte! Wie soll ich ein Mutter-Kind-Zentrum in einem Spital einrichten, wenn ich nicht mit den Gesundheits- .... (Bundesrat Mag. Himmer: Oje! Oh!) – Herr Kollege! Geschmacklosigkeit hat ihre Grenzen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Bei denen nicht!)

Dieses Mutter-Kind-Zentrum, für das Alt-Kardinal König 100 000 S gespendet hat (Bundesrat Mag. Himmer: Das hätten Sie, ohne dass Sie einen Minister getroffen haben, auch machen können!), kann ich in einem System wie dem des Irak selbstverständlich nur dann einrichten, wenn ich mit den Behörden kooperiere. Nein? – Manchmal geht es auch ohne Shakehands ab, und immer geht es ohne Saddam Hussein ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht alle Diktaturen sind dieselben; je nachdem, welche Diktatur es ist, hat man unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten. Das müssen Sie alle nicht wissen. Ich war vor kurzer Zeit in Syrien. Es ist ganz selbstverständlich, dass man in einer gemilderten Diktatur anders vorgeht. Meine Eindrücke sind im "International" öffentlich publiziert – wenn ich ein bisschen Eigenreklame machen darf –, und ich bedanke mich sehr für die loyale und hilfreiche Unterstützung der Botschaft.

Natürlich habe ich Regimefunktionäre getroffen, aber eben auch Oppositionsvertreter. Aber ich habe Wert darauf gelegt, dass ich nicht nur Oppositionsfunktionäre treffe, sondern dass die Regimefunktionäre das auch wissen. Die Botschaft hat das genial inszeniert, sodass wir den Regimefunktionären klar gesagt haben: Wir wissen, wen ihr einsperrt – die haben wir nämlich zum Empfang eingeladen – und wen ihr einsperren wollt, und wir legen Wert darauf, mit ihnen zu reden. – Das sind politische Signale, die in manchen politischen Regimen funktionieren. Um ehrlich zu sein: In Bagdad würde ich mich nicht trauen, einen mir bekannten Oppositionellen irgendwohin – und sei es in die österreichische Botschaft – einzuladen.

Da hier von Osteuropa die Rede war: Ja, auch ich und viele andere haben ein Jahrzehnt lang – und auch schon davor – daran gearbeitet, dort einen friedlichen Übergang möglich zu machen. Dazu hat auch gehört, die Funktionäre des Regimes davon zu überzeugen, dass sie abzutreten haben. (Bundesrat Dr. Maier: Sagen Sie, glauben Sie das selbst? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich habe es gemacht, Herr Kollege! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) – Herr Kollege! Sie haben wie immer keine Ahnung, worum es ging.

Es wurde hier Miklós Nemeth zitiert. Miklós Nemeth war Premierminister, und weil er ein so übler Stalinist war, hat er während der letzten zehn Jahre eine führende Funktion in einer der internationalen Banken innegehabt – nicht, weil wir ihn dorthin protegiert haben, sondern weil man ihn haben wollte. (Bundesrat Mag. Hoscher: Fragt eure Wähler ...!) Er ist vor zwei Jahren in die ungarische Politik zurückgekehrt. (Bundesrat Dr. Maier: Glauben Sie, dass das so positiv ist?) – Das dürfen Sie nicht mich fragen, das müssen Sie die ungarischen Wähler fragen, die ihn in seinem Wahlkreis mit etwa 85 Prozent gewählt haben. Er ist inzwischen ein Unabhängiger. (Bundesrat Dr. Maier: Das ist genauso, wie wenn ich einen Liberalen nach Favoriten schicke!) Was soll das heißen? (Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie meinen, er bekommt dort 85 Prozent? – Das glaube ich nicht.

Meine Damen und Herren! Sie haben – viele von uns – eine bemerkenswerte Übung geliefert, von etwas anderem zu reden; etwa von Herrn Zeman. (Bundesrat Mag. Hoscher: ... warum sie abg’sagelt werden!) Es war sogar interessant, dass die Auseinandersetzung darüber – heute interessiert es mich nicht, nein, tatsächlich! –, ob die Bundesregierung oder das Ministerium etwas gewusst hat, nicht mit Herrn Haider geführt wurde, der das behauptet hatte, sondern mit Herrn Cap. Sie alle haben also die Gelegenheit genützt, möglichst weit vom Thema abzukommen.


Bundesrat
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Ich verstehe es! Ich verstehe es bei manchen von der freiheitlichen Fraktion, denen es nicht wirklich angenehm ist, was sich da abgespielt hat, und die genau wissen, welche Probleme das der eigenen Partei macht. Insofern habe ich für Ihre windelweichen Stellungnahmen tatsächlich ein gewisses solidarisches Verständnis. (Beifall bei der SPÖ.) Jeder Politiker hat schon einmal erlebt, dass er etwas rechtfertigen muss, von dem er eigentlich nicht wirklich überzeugt ist. Die Gnade dieses Zweifels lasse ich Ihnen gerne zukommen.

Bei den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP hat es diese Abstufungen in den Reden, im Sitzungs- und Applausverhalten sehr deutlich gegeben. Es ist keine Frage, die Frau Außenministerin hat das Pech – das ist wirklich ein Pech, aber nicht nur für Sie, sondern auch für Österreich –, einer Regierung anzugehören, die mit der Unterschrift Jörg Haiders das Licht der Welt erblickt hat. Die Scherben, die Sie jetzt aufklauben müssen und – das traue ich Ihnen zu – auch aufklauben werden, sind nicht Scherben, die wir verursacht haben, sondern das sind Scherben, die einer der Geburtshelfer dieser Regierung verursacht hat.

Ob er die Regierung auch fallen lässt, die dann zerschellt, ist nichts, worüber ich mir eine Meinung erlaube. Der Besagte hat diesbezüglich schon sehr Verschiedenes gesagt und angedeutet. Sie alle wissen aber auch, dass diese Regierung zerschellt, wenn er es will, wer auch immer die Person ist, die angeblich eine Generalvollmacht hat und die in Wirklichkeit nur unter seiner Generalvollmacht steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie haben auch Ihre zweiten Gedanken über das, was Ihre Führung vor zwei Jahren beschlossen hat. Auch da habe ich ein hohes Maß an solidarischem Mitgefühl. Ich erinnere mich auch an manche Entscheidungen, die meine Partei getroffen hat und die sich gleich oder im Nachhinein als falsch herausgestellt haben. Das Entscheidende aber ist, meine Damen und Herren: Man muss die Konsequenzen zu ziehen bereit und in der Lage sein! Das ist es, worauf diese dringliche Anfrage Sie nachdrücklich aufmerksam machen wollte.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ziehen Sie die Konsequenzen, dann brauchen wir uns mit Herrn Haider nicht auseinander zu setzen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Nittmann. Ich erteile es ihm. (Bundesrätin Mag. Trunk  – in Richtung des mit einer Ausgabe der Zeitschrift "NEWS" zum Rednerpult gehenden Bundesrates Dr. Nittmann –: Jetzt hat er was "News" in "NEWS" gelesen!)

19.17

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Zahlreiche dringliche Anfragen der SPÖ kommen mir so vor, als ob sie direkt dem "NEWS" entnommen seien. Es ist erstaunlich, wie sehr "NEWS" die Oppositionspolitik der SPÖ in diesem Hause veranlasst. Ich erlaube mir deshalb, auch etwas aus diesem Blatt zu zitieren, was wirklich interessant ist.

Wir haben heute drei Stunden lang über ein sehr ernstes Thema in einer meines Erachtens unernsten und der Problemlage im Irak nicht entsprechenden Form diskutiert. Ich bedauere das. Wir haben darüber diskutiert, welches Motiv Jörg Haider wohl gehabt haben mag. Von der SPÖ wurde unterstellt (Bundesrätin Mag. Trunk: Das kann er ja sagen!)  – ja, lassen Sie mich doch bitte ausreden! –, es sei ein PR-Gag gewesen, ein Besuch, um Saddam Hussein aus irgendwelchen, für mich nicht nachvollziehbaren Gründen aufzuwerten, und so weiter. (Bundesrat Konecny: Für uns auch nicht!) Wir haben gesagt, es war eine humanitäre Aktion.

Es ist irgendwie absurd, dass wir hier drei Stunden lang die Motivlage des Landeshauptmannes Haider diskutiert haben und eigentlich bisher noch niemanden gehört haben, der dabei war und das wirklich beurteilen könnte. Deshalb ist dieses "NEWS" insofern sehr interessant ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Er selbst wird wohl dabei gewesen sein!) Bitte, hören Sie zu! Er hat Begleiter gehabt, und es war auch eine Krankenschwester dabei. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das haben wir Ihnen vor drei Stunden vorgelesen!) Ich möchte nun vortragen, was sie gesagt hat – weil Sie sagen, es sei ein PR-Gag gewesen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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"NEWS: Welche Einrichtungen hat Jörg Haider besucht?" – Es wurde nämlich auch gesagt, dass Jörg Haider in keinem Krankenhaus gewesen sei. Das ist falsch! Denn sie sagt (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie müssen den Anfang auch lesen!): "Mehrere Krankenhäuser. Besonders tief betroffen war er in einem Kinderspital. Ein irakischer Journalist hat mich um Unterstützung gebeten, dass seine Tochter – sie muss dringend am Kopf operiert werden – ein Visum für Österreich bekommt. Ich bin mit dem Anliegen zu Haider gegangen. Er hat spontan Hilfe zugesagt."

Weiter heißt es: "NEWS: Hat Haider mit Ihnen auch über den Besuch bei Saddam Hussein gesprochen? – Walch:" – so heißt die Krankenschwester – "Saddam war bis zum überraschenden Besuch nie ein Thema. Als Haider mir erzählte, dass er Saddam jetzt trifft, habe ich gesagt: Das ist ein echtes Glück, es ist notwendig, ihn einzubeziehen. Dann muss auch Saddam nachdenken, wie nötig es ist, dass seine Leute nicht mehr sterben. Vielleicht hat ihn Haider aufrütteln können." – Das sagt die Krankenschwester. (Bundesrätin Mag. Trunk: Lesen Sie, dass die Krankenschwester sagt, da war nichts mitgenommen zur Hilfeleistung! Gerätschaften!)  – Ich sage das nur, um einiges klarzustellen.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nicht viel länger in Anspruch nehmen, aber doch auf eine bedauerliche Tatsache hinweisen: Wenn man weiß, wie viele Kinder im Irak an Leukämie und an den verschiedensten Krebserkrankungen sterben (Bundesrätin Schlaffer: Wer hat die Schuld?), und wenn man weiß, dass auch die Sanktionen der UNO in diesem Fall völlig verfehlt sind und den Tod vieler Kinder mit verursachen (Bundesrätin Mag. Trunk: Und wer hat Schuld? Wer verursacht dies?), dann bedauere ich es und schäme mich fast dafür, dass wir drei Stunden lang über Haider geredet haben, aber – bis auf einige Zitierungen – keine Sekunde lang darüber, ob diese Sanktionen menschlich vertretbar sind oder nicht.

Frau Außenministerin! Ich bitte Sie, zu überlegen, ob nicht wir Österreicher in der UN eine Initiative setzen sollten, um dem Unglück, das dort täglich passiert, einen Riegel vorzuschieben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Und Saddam die Hand schütteln!) Es wäre vielleicht gescheit gewesen, wenn wir drei Stunden darüber diskutiert hätten – aber wir haben zynisch über Landeshauptmann Haider geredet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.21

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt acht Anfragen, 1898/J bis 1905/J, eingebracht wurden.

Weiters gebe ich bekannt, dass ein Selbständiger Antrag der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Finanz-Verfassungsgesetz geändert werden, eingebracht wurde.

Dieser Selbständige Antrag wird dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als nächster Sitzungstermin ist Donnerstag, der 14. März 2002, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Zustimmungsrecht beziehungsweise dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 12. März 2002, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.22 Uhr