Stenographisches Protokoll

634. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 18. Dezember 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

634. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 18. Dezember 1997

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 18. Dezember 1997: 9.04 – 17.59 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften

2. Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird

4. Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

5. Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

6. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird

7. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Reichshaftpflichtgesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Haftung der Gastwirte und anderer Unternehmer, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Atomhaftpflichtgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Bundesgesetz über die Bestimmung der Kosten, die einem durch die Bezirksverwaltungsbehörde vertretenen Minderjährigen in gerichtlichen Verfahren zu ersetzen sind, das Gebührenanspruchsgesetz 1975, das Rohrleitungsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Unterhaltsvorschußgesetz 1985, das Rechtspflegegesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 geändert werden (Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997 – WGN 1997)

8. Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997 – UrhG-Nov. 1997)

9. Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (Stellenbesetzungsgesetz)


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634. Sitzung / Seite 2

10. Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird

11. Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert wird

12. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

13. Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 1997)

14. Bundesgesetz über das Verbot von blindmachenden Laserwaffen

15. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Änderungen des am 9. Oktober 1992 in Salzburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn

16. Bundesgesetz betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland, das Wehrgesetz 1990, das Heeresgebührengesetz 1992, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Auslandseinsatzgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1984, die Verordnung betreffend Regelung der Ausbildung zum Zahnarzt, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Medizinproduktegesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Suchtmittelgesetz, das Tierärztegesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Richterdienstgesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Wählerevidenzgesetz 1973, die Exekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz, das Militärstrafgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer – GAFB)

17. Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1998

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Inhalt

Bundesrat

Schlußansprache des Präsidenten Dr. Günther Hummer 9

Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1998

Wahl der beiden Vizepräsidenten 127

Wahl von zwei Schriftführern 128


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 3

Wahl von drei Ordnern 128

Sitzungsunterbrechung 125

Personalien

Krankmeldung 9

Fragestunde

Bundesministerium für Landesverteidigung 10

Ing. Walter Grasberger (830/M-BR/97); Dr. Paul Tremmel

Hedda Kainz (824/M-BR/97); Mag. Walter Scherb, Mag. Michael Strugl

Dr. Paul Tremmel (821/M-BR/97); Franz Richau, Erich Farthofer

Peter Rieser (831/M-BR/97); Wolfgang Hager, Dr. Paul Tremmel

Erhard Meier (825/M-BR/97); Dr. Paul Tremmel, Peter Rieser

Peter Rodek (832/M-BR/97); Erich Farthofer, Mag. John Gudenus

Stefan Prähauser (827/M-BR/97); Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Vincenz Liechtenstein

Dr. Reinhard Eugen Bösch (822/M-BR/97); Jürgen Weiss, Irene Crepaz

Alfred Schöls (833/M-BR/97); Erich Farthofer, Mag. John Gudenus

Herbert Platzer (826/M-BR/97); Dr. Reinhard Eugen Bösch, Franz Richau

Franz Richau (834/M-BR/97); Albrecht Konečny, DDr. Franz Werner Königshofer

Helga Markowitsch (828/M-BR/97); Mag. John Gudenus, Dr. Vincenz Liechtenstein

Dr. Paul Tremmel (823/M-BR/97); Dr. Vincenz Liechtenstein, Hedda Kainz

Mag. Karl Wilfing (835/M-BR/97); Ernst Winter, Mag. John Gudenus

Josef Pfeifer (829/M-BR/97); Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Kurt Kaufmann

Verhandlungen

(1) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (938 und 1013/NR sowie 5570/BR und 5596/BR d. B.)

Berichterstatter: Leopold Steinbichler 40

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Paul Tremmel 41

Irene Crepaz 44

Dr. Günther Hummer 45

Wolfgang Hager 46

Josef Rauchenberger 47


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634. Sitzung / Seite 4

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und einiger Bundesräte der SPÖ, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der SPÖ und der Bundesräte der Freiheitlichen 48

Gemeinsame Beratung über

(2) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (934 und 1014/NR sowie 5597/BR d. B.)

(3) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird (1015/NR sowie 5598/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (935 und 1017/NR sowie 5599/BR d. B.)

(5) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (936 und 1018/NR sowie 5600/BR d. B.)

(6) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird (937 und 1016/NR sowie 5601/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Harald Himmer 49

[Antrag, zu (2), (3), (4), (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Monika Mühlwerth 49

Erhard Meier 52

Therese Lukasser 55

Andreas Eisl 59

Leopold Steinbichler 60

Uta Barbara Pühringer 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (2) und (4) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 61

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3), (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben 61

Gemeinsame Beratung über

(7) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Reichshaftpflichtgesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Haftung der Gastwirte und anderer Unternehmer, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Atomhaftpflichtgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Bundesgesetz über die Be


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634. Sitzung / Seite 5

stimmung der Kosten, die einem durch die Bezirksverwaltungsbehörde vertretenen Minderjährigen in gerichtlichen Verfahren zu ersetzen sind, das Gebührenanspruchsgesetz 1975, das Rohrleitungsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Wohnungsgemeinnnützigkeitsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Unterhaltsvorschußgesetz 1985, das Rechtspflegegesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 geändert werden (Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997 – WGN 1997) (898 und 1002/NR sowie 5602/BR d. B.)

(8) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997 – UrhG-Nov. 1997) (883 und 1001/NR sowie 5603/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 63

[Antrag, zu (7) und (8) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Peter Böhm 63

Dr. Milan Linzer 67

Josef Rauchenberger 69

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 70


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634. Sitzung / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (7) keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 73

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8) keinen Einspruch zu erheben 73

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (Stellenbesetzungsgesetz) (533/A und 975/NR sowie 5604/BR d. B.)

(10) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (641/A und 977/NR sowie 5605/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Kurt Kaufmann 74

[Antrag, zu (9) 1. der im § 8 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zu (10) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Paul Tremmel 74

Josef Rauchenberger 76

Jürgen Weiss 78

Ilse Giesinger 80

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 80

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (9) 1. der im § 8 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der Freiheitlichen, gegen die Stimmen der Bundesräte der SPÖ 81

Annahme  des Antrages des Berichterstatters,  zu  (10)  keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP, der Bundesräte der SPÖ und der Freiheitlichen, gegen die Stimmen einiger Bundesräte der ÖVP 81

(11) Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert wird (976/NR sowie 5606/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Milan Linzer 81

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 82

(12) Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (891 und 1033/NR sowie 5607/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 82

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Monika Mühlwerth 82

Ing. Walter Grasberger 84

Josef Pfeifer 85

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 86

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 88

(13) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 1997) (888 und 986/NR sowie 5608/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 88

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 89

Peter Rodek 90

Horst Freiberger 91

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 92

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 94


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634. Sitzung / Seite 7

(14) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von blindmachenden Laserwaffen (563/A und 985/NR sowie 5571 und 5609/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 94

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ludwig Bieringer 95

Mag. John Gudenus 96

Albrecht Konečny 97

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 99

Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend eine aktive Rolle Österreichs bei der weltweiten Minenräumung und Hilfe an die Minenopfer 96

Annahme (E. 152) 99

(15) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Änderungen des am 9. Oktober 1992 in Salzburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn (895 und 987/NR sowie 5610/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 99

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Franz Richau 100

Albrecht Konečny 101

Mag. John Gudenus 103

Dr. Paul Tremmel 104

Stefan Prähauser 105

und (tatsächliche Berichtigung) 107

Andreas Eisl 106

Mag. Harald Himmer 107

DDr. Franz Werner Königshofer 108

Johann Payer 109

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 110

einstimmige Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben 113

(16) Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 über ein Bundesgesetz betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland, das Wehrgesetz 1990, das Heeresgebührengesetz 1992, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Auslandseinsatzgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Ar


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634. Sitzung / Seite 8

beitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1984, die Verordnung betreffend Regelung der Ausbildung zum Zahnarzt, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Medizinproduktegesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Suchtmittelgesetz, das Tierärztegesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Richterdienstgesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Wählerevidenzgesetz 1973, die Exekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz, das Militärstrafgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer – GAFB) (915 und 1037/NR sowie 5611/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 113

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 114

Dr. Vincenz Liechtenstein 116

Helga Markowitsch 117

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 118

Helena Ramsbacher 122

Erhard Meier 123

Dr. Paul Tremmel 123

Ilse Giesinger 124

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben, mit den Stimmen der Bundesräte der ÖVP und der SPÖ, gegen die Stimmen der Bundesräte der Freiheitlichen 125

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Neugliederung des Bundesheeres 116

Ablehnung 125

Verzeichnis der namentlichen Abstimmung 125

Eingebracht wurden

Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konečny und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Oberstleutnant Robert Bernardis – Ehrung desselben – Anfragebeantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung auf die schriftliche Anfrage der Bundesräte Konečny und Genossen (1350/J-BR/97)

 


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634. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich eröffne die 634. Sitzung des Bundesrates.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Engelbert Weilharter.

Schlußansprache des Präsidenten

9.04

Präsident Dr. Günther Hummer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Die Zeit der Vorsitzführung für Oberösterreich geht mit Ende dieses Halbjahres zu Ende. Da jede menschliche und mitmenschliche Kultur beim Danken beginnt und mit dem Danken endet, werde ich mich als der, der im zweiten Halbjahr 1997 Präsident des Bundesrates sein durfte, dieser notwendigen parlamentarischen Gepflogenheit nicht entziehen.

Mein herzlicher Dank gilt zunächst Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach und Herrn Vizepräsidenten Jürgen Weiss. Sie beide sind mir in einer über das Notwendige weit hinausgehenden netten und hilfsbereiten Form zur Seite gestanden. Dafür darf ich Ihnen meinen allerherzlichsten Dank aussprechen.

Ich bedanke mich bei den Fraktionsvorsitzenden, bei meinem Freund Ludwig Bieringer, bei Herrn Albrecht Konečny und bei Frau Dr. Susanne Riess-Passer, für die nette und kollegiale Zusammenarbeit in der Präsidiale und im Bundesrat.

Mein herzlicher Dank gilt auch dem Bundesratsdienst: an der Spitze Herrn Bundesratsdirektor Dr. Walter Labuda, Frau Bundesratsvizedirektorin Dr. Alice Alsch-Harant, dem Sekretär Erich Mroz und Frau Margarete Ruckser. Ihnen und allen Damen und Herren des Bundesratsdienstes sei an dieser Stelle aufrichtig Dank gesagt.

Meine verehrten Damen und Herren! Ich habe gemeinsam mit Ihnen im nun zu Ende gehenden zweiten Halbjahr 1997 den Versuch unternommen, den Bundesrat und den Föderalismus ins Gespräch – nicht ins Gerede – zu bringen. Da und dort konnten wir ein gutes Echo verzeichnen. Ich danke all den Bundesratskolleginnen und -kollegen dafür, daß sie mir dabei geholfen haben. Gerade die kritischen Stimmen, die es gegeben hat, haben dazu beigetragen, daß das Anliegen des Föderalismus in unserer Zeit deutlich gemacht wurde.

Gerade der in Angriff genommene Neubau Europas, vor allem in der Europäischen Union, insbesondere die dort notwendige Institutionenreform, die unumgängliche Osterweiterung und die geplante Regionalisierung machen deutlich, wie notwendig ein nicht nur projektierter, sondern gelebter Föderalismus für ein Gelingen der künftigen europäischen Sicherheits- und Friedensarchitektur ist.

Nur die Realisierung des im Vertrag von Maastricht verankerten Subsidiaritätsprinzips stellt sicher, daß das europäische Zusammenrücken nicht auf Kosten und Würde der europäischen Nationen und Völkerschaften erfolgt und daß deren weitgehende Selbständigkeit und Selbstbestimmung erhalten bleiben.

Das alte Österreich war ein Versuch, so könnte man sagen, europäische Sicherheitsarchitektur zu begründen, der – es war in Jahrhunderten zusammengewachsen – schließlich gescheitert ist und auch scheitern mußte. Noch im Jahr 1918 glaubte der Schöpfer eines bekannten Werkes der österreichischen Reichsgeschichte, Arnold Luschin von Ebengreuth, an dieses Österreich und schrieb als Empfehlung für die österreichische Politik:

"Diese" – nämlich die österreichische Politik – "wird unentwegt festhalten müssen, was für das Gedeihen der Gesamtheit, des Staates und aller darin wohnenden Völkerschaften unentbehrlich ist, innerhalb dieser Grenzen soll aber den einzelnen Nationalitäten nach ihren Kräften in großzügiger Weise zur vollen Entfaltung Gelegenheit geboten werden." – Soweit Luschin.


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Die Österreicher haben demnach als historischen Auftrag – so dürfen wir es wohl sehen –, einen besonderen Beitrag zum Gelingen der europäischen Sicherheitsarchitektur zu leisten. Politische Fragen von höchster Wichtigkeit wie etwa der NATO-Beitritt, die Osterweiterung, die Bewahrung und Neuformung der Neutralität und ihr Verständnis in der heutigen Staatenwelt dürfen nicht Spielball tagespolitischer Kleinmünzerei oder auch eines bloßen Vorteilsdenkens werden. Nur die hohe Wertschätzung von Föderalismus und auch Autonomie kann bewirken, daß Europa in einer gefestigten Union das vermitteln kann, was Robert Schuman als das "Europa der Vaterländer" bezeichnet hat.

"Österreich, das ist die kleine Welt, in der die große ihre Probe hält." – Politische Realität ist, daß die Länder und Gemeinden sowie die übrigen Selbstverwaltungskörper in der österreichischen Politik weit über jenen Bereich hinaus Einfluß ausüben, den ihnen die Verfassung zuerkannt und zugesprochen hat. Föderalismus und Autonomie sind in Österreich Verfassungsrealität.

Dieser Wirklichkeit steht die Tatsache gegenüber, daß immer wieder der Gedanke, Zentralismus sei moderner, billiger und praktischer, Föderalismus hingegen hinterwäldlerisch, sogar separatistisch und kleingeistig, als politisches Irrlicht umgeht. Richtig ist aber: Föderalismus ist oft mühsam, fordert den Geist des Vertrages, foedus, und damit des Sich-Vertragens, fordert die Bereitschaft, eine subtile Wirklichkeit sensibel zu behandeln, vor allem in der Gesetzgebung und in der Beziehung zwischen den Gebietskörperschaften.

Was den Bundesrat angeht, plädiere ich für einen Minimalkonsens, der all das umfaßt, was die drei im Bundesrat vertretenen politischen Fraktionen eigentlich schon längst außer Streit gestellt haben. So etwa ein Stellungnahmerecht des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen und Volksbegehren bis zum Abschluß der Beratungen im Ausschuß des Nationalrates. Ferner eine Verpflichtung des Nationalrates, Gesetzesinitiativen des Bundesrates in Beratung zu nehmen. Schließlich die Möglichkeit von Mitgliedern des Bundesrates, an Ausschußsitzungen des Nationalrates, allenfalls auch mit beratender Stimme, teilzunehmen. Schließlich das Recht, offensichtliche Schreib- und Rechenfehler sowie sinnstörende Fehler im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuß des Nationalrates zu korrigieren.

Ein einhelliger Vorschlag des Bundesrates würde seine Wirkung nicht verfehlen – ein einhelliger. Der aufrichtige Wunsch der Fraktionen, als Föderalisten glaubhaft zu sein, könnte jene Hürde überspringen, die als die Unfähigkeit, sich zu reformieren, heute schon in die politische Alltagssprache fast sprichwörtlich Eingang gefunden hat.

Ich wünsche Ihnen allen, meine sehr verehrten Damen und Herren, gesegnete Weihnachten und ein friedvolles Jahr 1998. Möge jenes Jahr, in das auch die EU-Präsidentschaft Österreichs fällt, ein ersprießliches Jahr für den Föderalismus und schlechthin ein gutes Jahr für unser Vaterland Österreich werden. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

9.14

Fragestunde

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Um die Beantwortung aller zum Aufruf vorgesehenen Anfragen zu ermöglichen, erstrecke ich die Fragestunde – soferne mit 60 Minuten das Auslangen nicht gefunden wird – im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten erforderlichenfalls auf bis zu 120 Minuten.

Ich beginne jetzt – um 9.15 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir kommen nunmehr zur Anfrage 830/M an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Walter Grasberger, um die Verlesung der Anfrage.


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634. Sitzung / Seite 11

Bundesrat Ing. Walter Grasberger
(ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Monat Juli des Jahres 1997 war von einem verheerenden Unwetter geprägt, das weite Teile Niederösterreichs in Mitleidenschaft gezogen hat. Die Hochwasserkatastrophe des Jahres 1997 hat nicht zuletzt auch meinen Heimatbezirk in schwerstem Ausmaß getroffen. Neben den vielen freiwilligen Einsatzstunden, die Feuerwehren und andere Hilfsorganisationen im Dienste der Mitmenschen geleistet haben, war es vor allem das österreichische Bundesheer, das Soforthilfe geleistet und viele Menschen vor noch ärgerem Schaden bewahrt hat.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet daher:

830/M-BR/97

Wie beurteilen Sie den Bundesheereinsatz während der Hochwasserkatastrophe im Sommer 1997?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es war dies eines der größten Hochwässer der letzten Jahrzehnte und hat einen immensen Einsatz erfordert, der sehr kurzfristig angefallen war. Es waren innerhalb weniger Tage mehr als 2 500 Mann – genau waren es 2 589 Mann – mit fast 400 Fahrzeugen – genau 395 – im Einsatz, die insgesamt über 137 000 Arbeitsstunden geleistet haben.

Insbesondere der südliche Teil von Niederösterreich war in sehr hohem Ausmaß betroffen. Fast alle Flüsse sind über das Ufer getreten, haben Straßen, Bahnlinien und Häuser überschwemmt. Es ging darum, die Fluten unter Kontrolle zu bekommen und auch die wichtigsten und dringendsten Räumungsarbeiten durchzuführen, sodaß wieder ein ordnungsgemäßer Betrieb stattfinden konnte. Es hat sich gezeigt, daß dieser Einsatz tatsächlich in wenigen Tagen mit größtem Erfolg durchgeführt werden konnte, und die Reaktion der Bevölkerung darauf war auch positiv.

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Ich habe schon in meiner Einleitung erwähnt, daß mein Heimatbezirk Lilienfeld – man kann das nach den jetzigen Erkenntnissen ruhig so sagen – der am stärksten betroffene Bezirk des Bundeslandes Niederösterreich war. Herr Bundesminister! Ich bin jetzt bald 40 Jahre alt und kann sagen, daß noch niemals zuvor ein derart starker Ruf nach dem österreichischen Bundesheer erfolgt ist. Nach erfolgtem Einsatz war ein sehr positives Echo in der Bevölkerung vorhanden.

Herr Bundesminister! Können Sie die Situation, die sich für das Bundesheer im Bezirk Lilienfeld ergeben hat, aus Ihrer Sicht kurz darstellen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich erinnere mich an diese Situation insofern noch sehr genau, als es nicht nur darum ging, im Bezirk Lilienfeld – wie auch in anderen Bezirken – aktiv Hilfe zu leisten. Teile des Bezirkes waren von der Außenwelt abgeschnitten, sodaß wir überhaupt erst Kontakt aufnehmen mußten, und zwar in der Form, daß wir mit Hubschraubern in das Gebiet flogen, denn so konnten wir uns mit den dort zuständigen politischen Stellen, Bezirkshauptmann und Bürgermeistern, treffen und Maßnahmen beratschlagen, wie überhaupt die Verbindung hergestellt und dann auf Dauer aufrechterhalten werden kann, welch dringende Maßnahmen zu setzen sind. Es war dies zweifellos eine der schwierigsten Situationen im Rahmen dieses Katastrophenfalles überhaupt.

Präsident Dr. Günther Hummer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel.


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Bundesrat Dr. Paul Tremmel
(Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ist schon einmal die Erstattung der für das Bundesheer durch wertvolle Hilfseinsätze bei Katastrophen zusätzlich entstandenen Kosten verlangt oder über den Katastrophenfonds eingefordert worden?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Dem österreichischen Bundesheer sind von der Verfassung her vier Aufgabenbereiche – drei große Aufgabenbereiche – zugewiesen: die Landesverteidigung im engeren Sinn, die Assistenzleistung zur Sicherheit auch im Inneren, der Katastrophen- und humanitäre Einsatz sowie der Auslandseinsatz.

Insofern ist es eine verfassungsmäßige Aufgabe, die auch jeweils aus den Budgets des Landesverteidigungsministeriums bezahlt worden ist. Sollten die Kosten ein planbares Ausmaß, ein abschätzbares Ausmaß übersteigen, dann müßte zweifellos der Weg beschritten werden, den Sie angesprochen haben. Bis jetzt ist meines Wissens nach kein Ersatz betreffend Hochwasser oder sonstige Katastrophenfälle von anderen Bundesdienststellen gefordert worden.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Hedda Kainz, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Oberösterreich hat bereits bei der Heeresreform 1992 einen wesentlichen Beitrag zur Kosteneinsparung geleistet. Ich möchte Sie nun zur Heeresreform 1997 fragen:

824/M-BR/97

Wie wollen Sie trotz der geplanten Reduzierungsmaßnahmen, vor allem in Kirchdorf, Steyr und Freistadt, die Aufgabenerfüllung des Bundesheeres sicherstellen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Lassen Sie mich einige Bemerkungen im voraus zu den geplanten Maßnahmen machen, um dann auch die Situation in Oberösterreich etwas besser abschätzen zu können.

Wir haben auf Grundlage des Situationsberichtes, der auch in diesem Haus beziehungsweise auch im Bundesrat im Laufe dieses Jahres diskutiert worden ist, bereits bestimmte richtungsweisende Maßnahmen angekündigt, unter anderem auch eine Adaptierung der Heeresorganisation, etwa in Form einer Straffung von Kommanden; außerdem soll die Organisation insgesamt dichter werden, und zwar mit folgender Überlegung: Es gab in den letzten Jahren Veränderungen der geostrategischen Situation, wir haben bereits unmittelbar nach Ende des kalten Krieges darauf mit der "Heeresorganisation Neu" reagiert; wir können wirklich sagen, wir waren damals das erste Land in Europa, das so umfassend darauf reagiert hat, alle anderen Länder sind gefolgt.

Ich kann mich auch noch sehr gut an die damalige Diskussion erinnern, ob das richtig und notwendig ist, und ob man denn überhaupt etwas ändern sollte. Ich kann aus der heutigen Sicht sagen, es war nicht nur richtig und notwendig, sondern es hat innerhalb kürzester Zeit auch den Zuspruch derer gefunden, die anfangs skeptisch beziehungsweise ablehnend waren.

Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt. Heute können wir zweifellos die geostrategische Situation und Entwicklung in Europa noch viel besser kalkulieren, als das 1992 oder 1993 der Fall war. Heute werden andere Länder bereits in die NATO aufgenommen, wie etwa Tschechien, Polen, Ungarn. In der Zwischenzeit ist Österreich Mitglied der Europäischen Gemeinschaft geworden, auf der anderen Seite gibt es den dauerhaften Krisenherd Balkan beziehungsweise gibt


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es auch andere dauerhafte Krisenherde, etwa den Irak, der sowohl 1991 als auch jetzt sozusagen international zumindest als äußerst sensibler Punkt zu betrachten ist.

Daraus abgeleitet kommt es natürlich auch zu einer laufenden Anpassung des Konzeptes, getragen durch die notwendigen Sparmaßnahmen. Das erfordert eine stärkere Konzentration auf die in Zukunft zu erwartenden Aufgabenstellungen, sowie den Versuch, alle möglichen Kräfte auch dahin gehend zu konzentrieren. Deshalb haben wir auch überlegt, ein Korpskommando einzusparen, ein Kommando einer Panzergrenadierbrigade bei Aufrechterhaltung.

Dieser Effekt wird dazu führen, daß sich die Bedeutung Oberösterreichs wesentlich erhöht, etwa auf dem Sektor der Panzergrenadierbrigaden, weil es in Zukunft nur mehr zwei Kommanden gibt. Natürlich soll in diesem Kernbereich auch eine Verdichtung stattfinden. Das bedeutet aber wieder, daß auf der anderen Seite dort, wo man vielleicht vom Umfang her nicht mehr diesen Kräftebedarf hat, wie das in der Vergangenheit der Fall war, Kräfte zugeführt werden können. Das heißt, daß wir analog, so wie alle anderen Armeen in Europa auch, etwa bei den infantristischen Kräften schrittweise abbauen können, und das bedingt natürlich auch eine Umorganisation etwa im Jägerbereich in Oberösterreich.

Hinsichtlich konkreter Standorte ist noch keine Entscheidung getroffen, sondern die Regierungsparteien sind jetzt gerade dabei, das Konzept für eine Beschlußfassung im Landesverteidigungsrat vorzubereiten und zu diskutieren. So wie die Organisation feststeht, wird daraus zweifellos auch eine konkrete Standortfrage abzuleiten sein. Ich kann jedoch vorweg sagen: Es werden sicherlich in Oberösterreich nicht drei Kasernen aufgelöst.

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt die zukünftigen Aufgaben angesprochen. Oberösterreich hat eine Schengenaußengrenze, Oberösterreich hat bereits jetzt 130 schützenswerte Objekte, darüber hinaus einen Teil der Großindustrie.

Gemäß der geplanten Maßnahmen wird es dazu kommen, daß 40 Prozent der zukünftigen jungen Männer und Frauen, die jetzt in Oberösterreich wehrpflichtig wären, nicht mehr in Oberösterreich stationierbar sind. Sehen Sie das nicht auch als ein zusätzliches Hemmnis, daß dieser Schutz nicht mehr von jenen ausgeübt werden kann, die auch eine innere Beziehung – wenn ich das so ausdrücken darf – zu diesen Objekten und zu dieser Situation haben?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß sich die Bedeutung Oberösterreichs im Rahmen der militärischen Landesverteidigung nicht verringern wird, sondern Oberösterreich den Vorteil hat, daß es in zwei hochtechnischen Bereichen einen Schwerpunkt besitzt.

Allzu oft wird die Armee mit den infrantistischen Kräften gleichgesetzt, das Schwergewicht der zukünftigen Entwicklung liegt zweifellos im Luftbereich. Oberösterreich hat mit dem Fliegerhorst Hörsching und mit den dort stationierten Fliegertruppen einen der ganz wenigen Standorte und damit eine sehr zukunftsorientierte Konzeption. Außerdem bleibt es Standort beziehungsweise wird es einer der zwei Standorte im Bereich der Panzergrenadierbrigaden sein, also eines der beiden Standbeine sozusagen im Kernbereich der Landesverteidigung.

Ich möchte das nur noch einmal ganz bewußt sagen: Das ist zweifellos von einer überragenden Bedeutung beziehungsweise von einer immer steigenden Bedeutung im Vergleich zu den anderen, weil in der Kriegsführung etwa der Luftbereich im Vergleich zum Kampf Mann gegen Mann am Felde mit dem Gewehr eine immer größere Bedeutung hat. Das sind also zukunftsorientierte Entwicklungen, die da unterstützt werden.

Ich kann dazu nur sagen, daß es durch die organisatorische Anpassung zu keinem höheren Anteil von Oberösterreichern in anderen Bundesländern beim Grundwehrdienst kommen wird. Es war bis jetzt auch so, daß etwa in den Randbereichen die Leute sogar sehr gerne in andere


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Kasernen, in andere Bundesländer fahren, weil man das regional betrachten muß. Ein Mühlviertler hat zum Beispiel gar nichts dagegen, wenn er in der unmittelbaren Nachbarschaft, vielleicht in Weitra, seinen Dienst macht, genauso wie einer aus dem Bezirk Ried gar nichts dagegen hat, seinen Dienst in Salzburg zu absolvieren. Das war bis jetzt schon der Fall. Die Zahl der Oberösterreicher, die ihren Dienst in einem anderen Bundesland machen, wird in keiner Weise ansteigen, die Relation wird sich leicht modifizieren, aber nicht in dem Sinne, daß ein höherer Anteil in andere Bundesländer fahren muß. Es wird auch in Zukunft ein Teil der Oberösterreicher in ihrem eigenen Bundesland Dienst machen, andere in grenznahen Garnisonen oder, wenn es um die Luftfliegertruppe geht, teilweise auch in Langenlebarn, weil es eben zu den einzigen zwei Bereichen zählt, die dafür in Frage kommen, aber in der gleichen Relation, wie das bis jetzt der Fall war, und nicht in einem erhöhten Ausmaß.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister. Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Mag. Walter Scherb.

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Pionierkräfte würden im Falle eines Einsatzes in Oberösterreich zum Einsatz kommen, wenn das Stabsbataillon IV aufgelöst wird?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesrat
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Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Wir haben bei den Pionierkräften in Österreich in Zukunft kaum Änderungen vor. Es gibt nur marginale Anpassungen. Die Pionierkräfte werden insgesamt einen höheren Anteil an der Gesamttruppenstärke haben, als das bis jetzt der Fall ist. Es ist es noch nicht detailliert ausdiskutiert, welche Einheit, welche Kompanie oder welcher Zug verändert wird oder aufrecht bleibt. Das ergibt sich erst dann, wenn die Grundentscheidungen über die Struktur auch tatsächlich feststehen.


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Präsident Dr. Günther Hummer:
Herr Bundesrat Mag. Michael Strugl, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werden diese verbleibenden Pionierkräfte in der Lage sein, die Aufgaben in Oberösterreich, insbesondere auch im Katastrophenfall, wie bisher wahrnehmen zu können?


Bundesrat
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Präsident Dr. Günther Hummer:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich. Der Einsatz der Pioniere ist eine der Grundfunktionen im Friedensbetrieb, und wir werden selbstverständlich sehr großen Wert darauf legen, daß das nicht nur zur besten Zufriedenheit durchgeführt werden kann, sondern daß auch räumlich verteilt entsprechende Kapazitäten vorhanden sein werden.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

821/M-BR/97

Ist der von der Verfassung vorgeschriebene milizartige Charakter des Bundesheeres gewahrt, wenn es nach der geplanten Heeresumgliederung in der Einsatzorganisation keinen großen Verband gibt, der sich überwiegend aus Milizsoldaten zusammensetzt?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich, Herr Bundesrat, und zwar kann man das bereits aufgrund der Größenverhältnisse ersehen. Ich habe angekündigt, daß die zukünftige Struktur einschließlich der Reserven eine Größenordnung von zirka 110 000 Mann haben soll, dabei können Sie davon ausgehen, daß zirka 20 000 Mann Berufssoldaten sind. Das heißt, 90 000 Mann sind keine Berufssoldaten. Die Grundwehrdiener im engeren Sinne machen eine Größenordnung von zirka 20 000 aus, das heißt, daß allein schon aufgrund dieser Rechnung der weitaus überwiegende Teil – auch wenn man die Grundwehrdiener abrechnet –, also 70 000 von 110 000, auf die Miliz entfallen werden.

Ich möchte darauf hinweisen, daß der Miliz in Zukunft im Rahmen dieses Konzeptes insofern eine besondere Bedeutung zukommen wird, als wir eine stärkere Aufgabendifferenzierung vornehmen, und zwar soll es auf der einen Seite Jägerbrigaden geben, die eine erhöhte, aus dem Stand vorhandene Einsatzbereitschaft haben, um zum Beispiel bei Assistenzeinsätzen, Katastropheneinsätzen unmittelbar zur Verfügung zu stehen und hochwirksam zu sein. Auf der anderen Seite soll es auch Territorialverbände geben, Jägertruppen, die sich auch auf besondere Aufgabenstellungen, die ihr Bundesland und die Großregion betreffen, konzentrieren können, wobei das Instrumentarium, das der Miliz zur Verfügung steht, die Möglichkeit, nicht ständig präsent zu sein et cetera, besonders zur Anwendung kommen wird.

Das gleiche gilt für den Auslandseinsatz. Wir könnten heute ohne Miliz keine Auslandseinsätze durchführen. Zirka 60 Prozent unserer Truppen im Ausland setzen sich aus Milizangehörigen zusammen, und das wird auch weiterhin so sein. Das heißt, die Bedeutung der Miliz wird auch in der Zukunft eine überragende sein.

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Bitte, Herr Präsident. – Ihrer Anfragebeantwortung, sehr geehrter Herr Bundesminister, entnehme ich, daß es besondere Schwerpunkte für den Milizeinsatz gibt. Sie nannten den Assistenzeinsatz im Ausland. Wo sind die weiteren Schwerpunkte gewichtet, oder darf ich die Frage anders formulieren: Wird in den Mech-Abteilungen des Bundesheeres der Milizanteil gesenkt?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Nein, das wird er nicht, er wird im Bereich der Mech-Truppen wahrscheinlich gleich bleiben, vielleicht sogar leicht erhöht werden, und zwar aufgrund der Veränderung der geostrategischen Situation, die es ermöglicht, auch dort einen durchaus etwas höheren Milizanteil zu haben.

Was im Bereich der Mech-Truppen verändert werden soll, ist nicht, daß eine Brigade aufgelöst wird, sondern das Kommando einer der drei Brigaden soll in Zukunft nicht mehr eine Panzergrenadierbrigade kommandieren. Wir haben heute die etwas atypische Situation, die noch aus der Zeit des kalten Krieges stammt, die damals bewußt gewählt wurde und die auch bewußt fortgeführt wurde zur Absicherung des Umgliederungsprozesses, nämlich daß wir Panzergrenadierbrigaden haben, die jeweils nur zwei Kampfbataillone führen. Der internationale Durchschnitt dabei sind drei Kampfbataillone, und daher gliedern wir so um, daß wir in Zukunft nicht mehr drei Panzergrenadierbrigaden à zwei Kampfbataillone haben, sondern zwei à drei, und damit den internationalen Standard erreichen.

Auch das Kommando, das dadurch frei wird, werden wir in Zukunft benötigen. Es ist nicht so, daß wir das nicht mehr brauchen, sondern es geht darum, daß wir daraus ein sehr effizientes Auslandseinsatzkommando bilden wollen, weil das eine Daueraufgabe ist, der wir uns stellen müssen. Es ist zweifellos auch sinnvoll, dabei auf bewährte Kommanden und Führungsfähigkeiten zurückzugreifen, und nicht etwas ganz Neues zu schaffen, während anderes aufgelöst wird. Das heißt, es geht dabei um eine Aufgabenveränderung, aber nicht um eine Auflösung; keine Kampfeinheit beziehungsweise kein Kampfverband wird dabei in Frage gestellt.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister. Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Franz Richau, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wie bewährt sich im österreichischen Bundesheer im Präsenzdienst das Modell "7 plus 1"?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben im Zuge der Heeresorganisation-Neu vom alten System – sechs Monate Grundwehrdienst und dann zwei Monate Übungen – auf ein System umgestellt, das nur mehr sieben oder acht Monate Durchdienen und ein Monat Übungen vorsieht. Ich kann sagen, aus allen Erfahrungen zeigt sich nicht nur, daß es richtig war, diese Entscheidung zu treffen, sondern auch daß es notwendig war, diese Entscheidung zu treffen. Denn nur aufgrund dieses Systems ist es auch möglich, auf der einen Seite eine entsprechende Nährrate für die Miliz zu haben, auf der anderen Seite aber auch Präsenzaufgaben wie den Assistenzeinsatz laufend durchführen zu können.

Wir müssen einerseits den Grundwehrdienern, die uns zur Verfügung stehen, durch Monate hindurch eine Ausbildung bieten. Gleichzeitig gibt es aber auch Präsenzaufgaben, so stehen zum Beispiel 2 000 Mann laufend im Burgenland, die diesen Assistenzeinsatz durchführen. Außerdem müssen wir auch in der Lage sein, bei anderen Präsenzaufgaben – etwa bei Katastrophenfällen – jederzeit 2 500 Mann verfügbar zu haben. Und daraus ergibt sich, daß durch dieses Modell "7 plus 1" eine erhöhte Präsenz möglich ist, nicht zuletzt auch, was die schwächer gewordenen Jahrgänge betrifft. Die Geburtenjahrgänge sind in ihrer Stärke in den letzten zehn bis 15 Jahren um ein Drittel zurückgegangen, und dadurch hat sich eine Verdichtung ergeben, durch die die bisherige Aufgabenstellung – die manchmal auch durchaus schwierig ist, das muß man schon sagen – in einem weit besseren Ausmaß ermöglicht wurde, als das sonst der Fall gewesen wäre. Man kann durchaus sagen, mit dem alten Modell "6 plus 2" wäre es nicht zu machen gewesen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister. – Herr Bundesrat Erich Farthofer, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Erich Farthofer (SPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Sind Ihrerseits beziehungsweise seitens des Landesverteidigungsministeriums wehrgesetzliche Änderungen geplant, die die finanziellen Entschädigungen für Truppen, Waffen und freiwillige Übungen verschlechtern?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es gibt an sich einen Erlaß, der eine bestimmte Regelung für bestimmte Übungen vorsieht, und das, was zusätzlich geplant ist, ist eine Veränderung in der Abrechnung der Entschädigung für Übungen beziehungsweise für Verdienstentgänge im Grundwehrdienst. Früher ergab sich aus pragmatischen Gründen die Notwendigkeit, einen Großteil pauschal abzurechnen und mit Pauschalentschädigungen durchzuführen, während es jetzt leichter möglich ist, auf die tatsächlichen Verdienstentgänge einzugehen, weil die Umstellung auf EDV nun einen raschen Zugriff und eine rasche Abwicklung ermöglicht. Das heißt, dazu gibt es sehr wohl Überlegungen und auch Gespräche, aber noch keine Entscheidungen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Peter Rieser, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

831/M-BR/97

Wie stehen Sie zu einer Öffnung des Militärflughafens in Zeltweg für den Zivilluftverkehr?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Diese Frage wird immer wieder von der regionalen Bevölkerung an mich herangetragen. Alle bisherigen Überprüfungen haben allerdings ergeben, daß eine generelle Öffnung für den zivilen Flugverkehr nicht zielführend wäre, und zwar aufgrund folgender Tatsachen: Es befinden sich in unmittelbarer Nähe zwei weitere Flughäfen, nämlich Graz und Klagenfurt. Beide Flughäfen weisen keine besonders hohe Auslastung auf. Eine weitere Öffnung würde dort die Kapazität noch weiter vermindern, wobei man sagen muß, daß der zusätzliche Bedarf, der rein regionale, für das Murtal kaum gegeben ist, weil keine größeren geschäftlichen oder sonstigen Bedingungen, etwa was die Bevölkerung betrifft, vorhanden sind, die ein rasches Anwachsen erfordern würden.

Es wäre weiters notwendig, zusätzliche Einrichtungen zu schaffen, von der Infrastruktur bis zu den Abfertigungen. Wir müßten dort natürlich genauso alle Zoll- und Personenkontrollen, die aufgrund des Schengen-Abkommens notwendig sind, durchführen wie auf allen anderen Flughäfen auch, und das würde sich aufgrund des geringen, von allen, muß ich sagen, gering eingeschätzten Bedarfes, auf keinen Fall rentieren. Außerdem würden auch noch zusätzliche Sicherungsfragen für das österreichische Heer dazukommen.

Wir haben uns daher zu einer Vorgangsweise entschlossen, die folgendermaßen aussieht: Wenn es Großveranstaltungen in diesem Bereich gibt, dann öffnen wir durchaus auch den Flughafen, um einen leichten Zu- und Abverkehr zu ermöglichen. Für den übrigen Bereich bezieht sich die Öffnung nur auf Sportfliegereien, die regional bedingt ist. Aber für eine generelle Öffnung im anderen Bereich wäre das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu ungünstig.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Wolfgang Hager, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Würden Sie nicht die Ansicht teilen, daß dem Bundesheer auch Mehreinnahmen durch Landegebühren et cetera zukommen, wenn der Flughafen Zeltweg geöffnet wird?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die bisherigen Erfahrungen zeigen eben, daß zweifellos die eine oder die andere Einnahme dadurch hereinkommen würde, daß diese aber auf der anderen Seite in einem krassen Mißverhältnis zu den voraussichtlichen Ausgaben stehen würden, sodaß hier eine Wirtschaftlichkeit nicht gegeben wäre.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Diese Frage wurde seinerzeit auch bei der Wiedereröffnung des Militärflughafens von Landeshauptmann Josef Krainer dem Ersten angesprochen, er hat damals verlangt, aus dem Militärflughafen Zeltweg einen Zivilflughafen zu machen. Darüber hinaus hat man auch die Verlegung eines Teiles des JaBo-Geschwaders nach Zeltweg gefordert. Wie ist nun derzeit die Haltung der Steiermärkischen Landesregierung? Hat die Steiermärkische Landesregierung eine Teilöffnung oder eine ganzjährige Öffnung verlangt?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe diesbezüglich, wie ich eben ausgeführt habe, wiederholt Gespräche mit steirischen Landes- und Regionalpolitikern zu diesem Thema geführt und habe auch ausgeführt, daß wir hier zu einer Regelung gekommen sind, die so aussieht, daß wir gerne den Militärflughafen für Großveranstaltungen, die


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in diesem Raum auch immer wieder stattfinden, öffnen, daß aber eine weitergehende Öffnung eben aus Kosten-Nutzen-Gründen nicht in Sicht ist.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Erhard Meier, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Meine Frage lautet:

825/M-BR/97

Welche Regelungen werden Sie treffen, um die Belästigungen durch den Fluglärm von BH-Düsenflugzeugen – wie es im vergangenen Sommer zur Tourismus-Hochsaison durch verstärkte Übungsflüge auch während der Mittagszeit im Salzkammergut vorgekommen ist – zu vermeiden und zu minimieren?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben an sich die Situation in Österreich, daß die Belastung des österreichischen Staatsgebietes durch Übungsflüge des österreichischen Bundesheeres im internationalen Vergleich minim ist, und zwar deshalb minim, weil unsere Luftflotte vergleichsweise klein ist. Sie wissen, wir haben, was die Kampfflugzeuge betrifft, nur eine Stückzahl von 24, und auch bei den anderen Typen kommen wir mit sehr geringen Stückzahlen aus. Natürlich gibt es wie bei einem Flugbetrieb eben üblich und wie in allen anderen Ländern auch da oder dort entsprechende Auswirkungen des Flugbetriebes, allerdings im Vergleich zum Ausland sehr geringe.

Das, was wir zusätzlich noch tun und getan haben, ist, daß wir versuchen, auf der einen Seite einen Teil des erforderlichen Flugbetriebes auch im Ausland durchzuführen und auf der anderen Seite den Flugbetrieb so zu gestalten, daß auf bestimmte Ruhebedürfnisse der Bevölkerung Rücksicht genommen wird, etwa daß zur Mittagszeit keine Flüge mit Kampfflugzeugen stattfinden, die die größte Lärmentwicklung verursachen. Insgesamt ist es so, daß wir eine möglichst breite Verteilung der Flüge durchführen, sodaß es zu keiner besonderen Beeinträchtigung in einer bestimmten Kleinregion kommt.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Ich bin ja nur der verlängerte Arm jener, die das sehr gestört hat, das war die Tourismuswirtschaft. Deswegen meine Frage, Herr Minister: Warum haben Sie auf diese Beschwerden seit etwa vier Monaten keine Antwort gegeben?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das kann ich nicht sagen, weil immer wieder Fragen dazu auftreten und es meines Wissens auch beantwortete Fragen aus dem parlamentarischen Bereich dazu gibt. Ich kann das jetzt schwer beantworten, aber ich kann mich erinnern, daß ich parlamentarische Anfragen zu diesem Thema vor geraumer Zeit beantwortet habe. (Bundesrat Meier: Ja, meine, vorige Woche!) Ja, daher sehe ich nicht den Hintergrund. Sollte irgendwann einmal ein Schreiben unbeantwortet geblieben sein, was in einem Betrieb nicht ganz auszuschließen sein wird, war es sicher keine Absicht, sondern es wird ganz normal behandelt. Da genügt ein Anruf, um eine Antwort einzufordern, und dann wird die Antwort sofort erfolgen, falls tatsächlich etwas übersehen wurde.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel, ich bitte um die Zusatzfrage.


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634. Sitzung / Seite 19

Bundesrat Dr. Paul Tremmel
(Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ist schon einmal ein Vergleich der Lärmstörung durch Bundesheerflugzeuge einerseits und den Linienverkehr andererseits, vor allem den Charterflugverkehr, betreffend die angesprochene Region angestellt worden? Und wenn ja, was ist das diesbezügliche Ergebnis?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben uns selbstverständlich, weil die Lärmfrage auch immer wieder, besonders bei der Einführung der Draken, wie Ihnen bekannt ist, an das Bundesministerium für Landesverteidigung herangetragen worden ist, mit diesem Problem auseinandergesetzt. Grundsätzlich ist zu sagen, daß der militärische Flugverkehr in den letzten Jahren in Österreich gleich geblieben ist. Es hat sich weder an den Einsatzarten noch an der Anzahl etwas besonders geändert.

Im zivilen Flugbereich ist die Situation aber ganz anders. Aus der Statistik kann man ersehen, daß der zivile Flugverkehr im Laufe der letzten zehn Jahre fast eine Verdoppelung erfahren hat. Es hat sich bei den Lärmmessungen auch gezeigt, daß etwa verschiedene zivile Flugmaschinen beim Starten eine wesentlich höhere Lärmwirkung, gemessen in Dezibel, erzielen als etwa die Kampfflugzeuge Draken, aber offensichtlich wird die Lärmentwicklung im militärischen Bereich stärker oder sensibler wahrgenommen, als das im zivilen Flugverkehr der Fall ist.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Bundesrat Peter Rieser, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Führt das österreichische Bundesheer auch Ausbildungen im Ausland durch?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das war eine der wesentlichen Maßnahmen, um auf der einen Seite den Grad der Lärmentwicklung zurückzuschrauben, auf der anderen Seite war es aber auch eine Notwendigkeit aufgrund eben der Flugzeugtype des Kampfflugzeuges, das wir haben. Bestimmte Ausbildungen mußten eben im Ausland durchgeführt werden, weil wir die Vorrichtungen dazu nicht haben oder weil eben bestimmte Ausbildungsvorgänge nur vom Betreiberland durchzuführen sind, das über zweisitzige oder viersitzige Maschinen verfügt und die Ausbildungslehrgänge entsprechend durchführen kann.

Daher üben wir jährlich auch im Ausland, üblicherweise in Schweden und in den letzten Jahren auch in Großbritannien, in Wadington, um aufgrund der dort vorhandenen technischen Systeme die Qualität der Lufteinsätze zu verbessern, was tatsächlich auch gelungen ist.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 832/M, an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Peter Rodek, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

832/M-BR/97

Wodurch ergibt sich die Notwendigkeit für eine Strukturanpassung der Heeresgliederung?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die wesentlichen Grundlagen für die Strukturanpassung sind die Veränderungen der geostrategischen Situation nach dem Ende des kalten Krieges. Wir müssen davon ausgehen, daß wir uns heute am Ende der


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 20

Nachkriegsperiode zum kalten Krieg und am Anfang einer Neuorganisation der sicherheitspolitischen Architektur Europas befinden, wie sie besser durch die Beschlüsse des heurigen Jahres gar nicht zum Ausdruck kommen kann.

Was ist geschehen? – Im heurigen Jahr ist es durch den Vertrag von Paris einvernehmlich zu einem Grundlagenvertrag zwischen der NATO und Rußland gekommen, wodurch Rußland de facto die Position eines assoziierten Staates zur NATO erhält. Es ist heute so, daß Rußland an den NATO-Beratungen früher und intensiver teilnehmen kann als Österreich. Das ist den meisten Österreichern nicht bewußt. Der tatsächliche Ablauf sieht nämlich folgendermaßen aus: Bei NATO-Konferenzen treffen sich zuerst die 16 Stammitglieder, in weiterer Folge werden die zwei Länder in die Beratungen miteinbezogen, mit denen spezielle Verträge vorhanden sind. Das sind Rußland und die Ukraine. In weiterer Folge werden auch die neu aufzunehmenden Mitglieder beigezogen. Das sind Polen, Tschechien und Ungarn. Daraus ergibt sich die Situation, daß wir erst dann beigezogen werden, wenn alle Entscheidungen von diesem Staatenkreis, der fast ganz Europa und fast alle maßgeblichen Staaten umfaßt, schon getroffen worden sind, und das bezieht sich dann auch immer mehr auf ein bloßes Informieren.

Ich sage das deshalb, weil es nach außen hin vielfach nicht bewußt ist, daß unsere Stellung zur NATO zurzeit eine deutlich schwächere ist, eine deutlich nachteiligere als etwa die, wie sie Rußland hat, und daß gerade das, was wir auch in der Vergangenheit immer unter unseren Vermittlungsdiensten verstanden haben, in Zukunft nur dann stattfinden kann, wenn wir selbst in den Gremien sind. Sonst ist es so, daß die Gespräche ohne uns geführt werden, und wir können uns nachher nur darüber erkundigen, was tatsächlich gelaufen ist.

Ich kann sagen, wir befinden uns bereits in diesem Zustand. Ich habe bei meinem letzten Gespräch bereits meinen ungarischen Amtskollegen fragen müssen, was besprochen worden ist. Und da geht es durchaus um wichtige Fragen, etwa was geschieht am Balkan, welche Vorbereitungsmaßnahmen werden für das nächste Jahr getroffen, wenn SFOR endet, welches Konzept oder welche Vorbereitungen gibt es für die Sicherheit in Mitteleuropa et cetera.

Das ist nicht eine Frage, die sich auf unser Land allein bezieht, sondern in Wirklichkeit ist der Kreis der Länder, die nicht mehr beigezogen werden, eigentlich einer, der sich, ich möchte nicht sagen, am Rande Europas befindet, aber tendenziell ist es so. Mit Ausnahme von Österreich sind es im wesentlichen nur mehr Staaten wie die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien, Albanien, Mazedonien, Bulgarien, Rumänien, Moldawien beziehungsweise die außereuropäischen Länder – diese werden aber auch im Rahmen der NATO-Partnerschaft beigezogen – wie Kasachstan, Usbekistan et cetera, die nicht daran teilnehmen, wenn man von Schweden und Finnland absieht. Aber auch bei diesen Ländern ist die Situation eine andere, weil sie sich in einer anderen geographischen Lage befinden.

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Können Sie uns Auskunft über den aktuellen Stand dieser Strukturanpassung geben?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Strukturanpassung soll so stattfinden, daß wir aufgrund der veränderten geostrategischen Situation, aber auch aufgrund der Notwendigkeit, zu rationalisieren, die sich in jedem Betrieb stellt, die Organisation in der Form anpassen, daß wir den Mobilisierungsrahmen insgesamt auf 110 000 inklusive Reserven festlegen. Bis jetzt hatten wir 120 000 plus 20 Prozent Reserven, das heißt eine Größenordnung von zirka 150 000.

Zweitens soll es so sein, daß wir im inneren Bereich die Anzahl der Kommanden verringern, um dadurch auch das nötige Einsparpotential zu gewinnen beziehungsweise die Kraft, die wir besitzen, in die Truppe hineinstecken zu können. Das führt dazu, daß wir in Zukunft ein Korpskommando auflösen werden, daß wir die mechanisierten Truppen neu gestalten, und zwar in der Form, daß es eben nur mehr zwei Panzergrenadier-Brigadekommanden geben wird und daß wir


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die verfügbare Kapazität für die Auslandseinsätze verwenden und daß wir auch die Anzahl der Brigaden im Jägerbereich verringern, sie aber auch teilpräsent machen analog zum mechanisierten Konzept. Das sind die wesentlichen Grundzüge. Darüber wird gerade beraten und, ich hoffe, auch in absehbarer Zeit entschieden werden.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Erich Farthofer, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Erich Farthofer (SPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Es gibt eine Strukturanpassung, es gibt wahrscheinlich eine Verkleinerung des Heeresumfanges – und es gibt Allentsteig. Sie wissen, der Truppenübungsplatz liegt fast zur Gänze im politischen Bezirk Zwettl. Sie kennen die Situation vor Ort im gesellschaftlichen Bereich. Leider sind der erste Repräsentant der Gemeinde und – ich mache keinen Hehl daraus – auch der Repräsentant meiner Partei nicht unbedingt Freunde des Bundesheeres. Das ist eine unglückliche Situation.

Jetzt gibt es in der Bevölkerung natürlich einerseits die Meinung, es könnte aufgrund der Strukturanpassung und der damit einhergehenden Verkleinerung des Heeresumfangs vielleicht doch eine Freigabe von Übungsgelände an Private geben. Andererseits ist aber der Verteidigungsminister – das ist auch bekannt – ein absoluter Befürworter der NATO, und jetzt gibt es in der Region die Angst, sollten wir eventuell kurz- oder längerfristig Mitglied der NATO werden, daß dieser Truppenübungsplatz im Waldviertel, der im Herzen Europas liegt, der absolut erste Truppenübungsplatz Europas wird. Ist das richtig?

Präsident Dr. Günther Hummer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das kann man mit Sicherheit ausschließen. Unser Truppenübungsplatz in Allentsteig ist für österreichische Verhältnisse der mit Abstand größte, die Schweiz hat keinen vergleichbaren, diese hat auf diesem Gebiet einen echten Engpaß, aber im Vergleich zu den Übungsplätzen, wie Sie sie in den neuen Bundesländern Deutschlands, in der ehemaligen DDR, finden, wie Sie sie in Polen finden, wie Sie sie in Tschechien oder in Ungarn finden, ist Allentsteig nur einer von vielen, und zwar mit Abstand nicht der größte, sondern eher ein unbedeutender Übungsplatz.

Tatsächlich ist es so, daß diese Länder den Übungsplatz aktiv anderen NATO-Ländern oder auch Nicht-NATO-Ländern für Übungen anbieten, weil sie damit ein Geschäft machen wollen, weil sie sich dadurch erhoffen, zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Das ist bei uns nicht der Fall. Nicht, daß wir nicht zusätzliche Einnahmen benötigen könnten, aber man muß dazusagen, der Übungsplatz in Allentsteig ist mit dem Betrieb des österreichischen Bundesheeres ausgelastet, und es ist in keiner Art und Weise auf diesem Gebiet eine Änderung geplant oder auch nur irgendwo ins Auge gefaßt.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Herr Bundesrat Mag. John Gudenus, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Durch die Strukturanpassung sind verschiedene Kommanden betroffen. Halten Sie es für zulässig und zweckmäßig, daß der eine oder andere betroffene Kommandant fernsehmedial dagegen polemisiert?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Nein! (Heiterkeit.)

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nunmehr zur 7. Anfrage, 827/M, an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn


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Bundesrat Stefan Prähauser, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

827/M-BR/97

Welches zahlenmäßige Einsparungspotential im Planstellenbereich ergibt sich im Zuge der geplanten Umorganisation des Bundesheeres?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß immer unterscheiden zwischen dem, was sozusagen planbar ist, und dem, was real vollziehbar ist. Tatsache ist, daß wir dabei aufgrund der zu erwartenden Abgänge in den nächsten Jahren nur begrenzte Möglichkeiten haben. Mit der Heeresreform werden wir selbstverständlich keinen unserer Beamten kündigen oder kündigen können, wie Ihnen ja bekannt ist. Das heißt, wir sind auf den natürlichen Abgang angewiesen, und insofern werden die Einsparungen im wesentlichen davon abhängen, wie viele von denen, die sich heute in einem pensionsnahen Alter befinden, tatsächlich von der Gelegenheit Gebrauch machen werden oder Gebrauch machen müssen. Eine fixe Antwort dazu kann ich Ihnen leider noch nicht geben.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Welche Auswirkungen wird dies konkret für das Bundesland Salzburg haben, soweit Sie das jetzt schon beurteilen können?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Für Salzburg belaufen sich die Überlegungen und Planungen im wesentlichen darauf, das hervorragende Potential im technischen Bereich – etwa im Fernmeldebereich et cetera – zu nutzen und dort eine Verdichtung vorzunehmen. Es ist geplant, einen Großteil des Personals aus dem Jägerbereich in den technischen Einheiten einzusetzen. Die wesentliche Änderung im Raum Salzburg soll also den Bereich des Jägerregimentes betreffen, und damit soll die langfristige Absicherung der technischen Einheiten – vom Aufklärungsregiment bis zum Fernmelderegiment – gewährleistet werden.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Welche Einsparungen im Rahmen der neuen Heeresgliederung planen Sie im Bereich der Zentralstellen des Ministeriums?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich wird ein großer Teil der Einsparungen im administrativen Bereich erfolgen. Wir werden den Prozeß der Kürzungen und Straffungen im Bundesministerium selbst fortsetzen. Dort haben wir bereits beim letzten Mal einen größeren Schritt getan, indem wir insgesamt 15 Abteilungen aufgelöst und die Anzahl die Planstellen erheblich verringert haben. Auch wird ein großer Teil der Ämter – etwa das Materialamt, das Amt für Wehrtechnik und das Amt für Bau- und Vermessungswesen – einer Rationalisierung unterzogen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein, ich bitte um die Zusatzfrage.


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Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein
(ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wurden seit Ihrem Amtsantritt Planstellen im Bereich der Landesverteidigung eingespart?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ja. – Als einer, der aus der Privatwirtschaft kommt, habe ich es mir von Anfang an zum Ziel gesetzt, laufend Rationalisierungen durchzuführen, um es mir zu ersparen, irgendwann einmal einen Stau zur Kenntnis nehmen zu müssen und eine Organisation vorzufinden, die den Erfordernissen nicht mehr gerecht wird.

Ich kann nur sagen, daß sich diese Vorgangsweise tatsächlich gelohnt hat, und zwar in zweifacher Hinsicht: Auf der einen Seite wird dadurch im Bereich des Sachaufwandes ein gewisses Potential frei – etwa durch Einsparungen bei Betriebskosten et cetera –, und auf der anderen Seite ist es besonders wichtig, diese Schritte so durchzuführen, daß diejenigen, die beim Bundesheer beschäftigt sind, sowie auch diejenigen, die neu eintreten, gute Aussichten haben, eine Organisation vorzufinden, die ihnen eine Lebensstellung bieten kann und die nicht irgendwann in Frage gestellt wird, weil sie ihre Funktion nicht mehr hinreichend erfüllt.

Wir haben – noch vor dem Einsetzen der Heeresorganisation-Neu – bereits 1991 mit einem Aufnahmestopp begonnen und konsequent Jahr für Jahr Einsparungen bei den Planstellen durchgeführt.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

822/M-BR/97

Welche Zusagen hinsichtlich einer Änderung der geplanten Maßnahmen im Zuge der Einnahme einer neuen Heeresgliederung haben Sie den Vorarlbergern nach deren Protesten gemacht?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe, als anläßlich meiner Anwesenheit in Vorarlberg die Diskussion und die Fragen an mich herangetragen wurden, folgende Zusicherungen gemacht:

Erstens werden nicht mehr Vorarlberger als bisher ihren Dienst außerhalb des Landes machen müssen, sondern es werden auch in Zukunft genauso viele Vorarlberger wie in der Vergangenheit ihren Dienst im eigenen Bundesland ableisten können.

Zweitens habe ich dazugesagt, daß das Militärkommando in Vorarlberg aufrechterhalten wird, denn ich halte es für eine absolute Notwendigkeit, daß es diese Einrichtung in jedem Bundesland gibt. Das ist nicht nur eine Frage der Organisationstechnik, sondern das ergibt sich meiner Ansicht nach auch aus dem föderalistischen Prinzip, nämlich aus der ungeheuer wichtigen Funktion einer Verbindungsstelle zwischen dem Militär und der jeweiligen Landesregierung.

Drittens habe ich klar zum Ausdruck gebracht, daß wir alle unsere Kaderleute in Vorarlberg auch in Zukunft benötigen werden. Daher ist sozusagen an eine Abgabe von Berufsmilitärs an andere Bundesländer nicht zu denken. – Soviel dazu.


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Im übrigen habe ich heute morgen erfahren, daß absurde Gerüchte im Umlauf sind. Irgend jemand hat behauptet, die Kaserne in Bludesch solle zugesperrt werden. Dazu kann ich nur sagen: Das ist mehr als unsinnig.

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Welchen der vier Kasernenstandorte im Lande Vorarlberg planen Sie zu schließen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es gibt eine Kaserne, die dem Bundesministerium für Inneres zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt wurde und die in Zukunft veräußert werden soll. Selbstverständlich überprüfen wir auch mögliche Rationalisierungen in den anderen Bereichen. Endgültig wird die Frage der Standorte erst dann entschieden werden können, wenn die Struktur fixiert ist.

Ich kann jedenfalls sagen, daß es keine Veränderungen geben wird, die den militärischen Betrieb gegenüber dem jetzigen Betrieb in entscheidender Form verändern könnten, weil es ja nicht so viele Einheiten oder Verbände gibt. Ich wiederhole das, um es hier ganz klarzustellen: Mit Sicherheit kann ich sagen, daß ich niemanden kenne, der je die Hauptkaserne des Landes, Bludesch, in irgendeiner Form in Frage gestellt hätte. Behauptungen darüber entspringen einer Gerüchtebörse übelster Sorte.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Jürgen Weiss, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Ist davon auszugehen, daß im Rahmen des nun von Ihnen bestätigten Fortbestandes eines Militärkommandos für Vorarlberg auch die dortige Ergänzungsabteilung erhalten bleibt?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Aufgrund der veränderten Bedingungen im Ergänzungsbereich – es hat sich das Aufkommen hinsichtlich der Jahrgangszahl insgesamt verändert – werden wir selbstverständlich Änderungen vornehmen. Dafür ist noch keine endgültige Organisationsform fixiert worden, wie ich hinzufügen muß. Das heißt, wir werden unsere Kapazitäten in den Ergänzungsbereichen und in allen einzelnen Ergänzungsabteilungen überprüfen. Bis jetzt ist mir keine Absicht bekanntgeworden, eine von ihnen zur Gänze zu schließen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Frau Bundesrätin Irene Crepaz, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Sie haben schon des öfteren gesagt, daß die Zahl der Militärkommanden verringert und Planstellen eingespart werden. Jetzt möchte ich Ihnen eine Frage stellen, die sich im Zuge der Reform für Frauen im Bundesheer ergibt. Den Frauen wird der Arbeitsplatz garantiert, wenn sie zum Bundesheer gehen. Wie können Sie das damit vereinbaren, wenn die Zahl der Planstellen verringert wird? Wie viele Frauen werden dort Ihrer Ansicht nach einen Platz finden?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Heute wird es hier im Bundesrat noch zu einer Diskussion und Behandlung des Themas "Frauen zum Bundesheer" kommen. Ich bin sicher, daß wir dann näher darauf eingehen werden. Vorweg kann ich sagen: Niemand hat einen Arbeitsplatz garantiert, sondern es ergibt sich insofern ein Unterschied, als


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die Männer im Wege des Grundwehrdienstes zum Bundesheer kommen und dann aufgrund ihrer Eignungsuntersuchungen und ihrer Fähigkeiten in ein Dienstverhältnis übernommen werden oder auch nicht. Bei den Frauen verlagert sich sozusagen eine Erstauswahl bereits auf den Zeitpunkt vor ihrem Eintritt, weil sie ja nicht verpflichtend einen Grundwehrdienst abzuleisten haben. Auf diese Weise findet eine Vorselektion statt. Aber es wird niemandem vorweg eine Zusage gemacht werden können, daß er in jedem Fall einen bestimmten Arbeitsplatz bekommt.

Wir werden sicherlich im Sinne entsprechender Planung vorgehen und mit jemandem, der bei uns in ein Dienstverhältnis eintreten will, vorher darüber beraten, was in Aussicht genommen ist, nachdem er seine Ausbildungsschritte abgeschlossen haben wird et cetera. Aber selbstverständlich hat jede Frau – genauso wie jeder Mann – alle Voraussetzungen und Eignungen zu erbringen, um entsprechend übernommen und eingesetzt zu werden. Da gibt es keinen Unterschied, nichts, was nicht aufgrund vorhandener Gesetze – wie etwa des Gleichbehandlungsgesetzes – bereits gesetzlich geregelt ist. Sonst werden alle völlig gleich behandelt.


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Präsident Dr. Günther Hummer:
Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 9. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Alfred Schöls, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

833/M-BR/97

Stellt der Erlaß vom 17. 11. 1997, mit dem verfügt wurde, daß Aufnahmen und Zuteilungen zu jenen Verbänden, die aufgrund der Strukturanpassung aufzulösen wären, nicht einen Vorgriff auf die Heeresreform dar?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Nein, mit Sicherheit nicht! Denn es hat sich bereits in der Vergangenheit aus der Praxis als sehr ratsam erwiesen, daß man, wenn eine Organisationsänderung in Sicht ist, nicht den gesamten Prozeß sozusagen ungesteuert läßt und damit in letzter Minute Fluchtbewegungen in die eine oder andere Richtung beinahe provoziert, sondern bereits im Vorfeld möglicher Organisationsveränderungen an bestimmten Stellen einen Aufnahmestopp beziehungsweise Zugangs- oder Versetzungsstopp verfügt.

Ich habe das 1991 getan, und ich habe das auch diesmal im Vorfeld so gehandhabt. Bereits am 26. September 1997 habe ich – befristet bis 15. Dezember – für folgende Dienststellen einen Aufnahme- sowie Zugangs- und Versetzungsstopp verfügt: für die Zentralstelle, für die Korpskommanden, für das Kommando der Fliegerdivision, für die Militärkommanden, für die Ämter, für die Schulen und Akademien, für die Betriebsversorgungsstellen und für die Buchhaltung.

Damit wurde dies – vereinfacht ausgedrückt – für alle diejenigen verfügt, die nicht unmittelbar Truppe sind. Denn für die Truppe sind Zu- und Abgang entsprechend erforderlich. Ich habe das verlängert und um die Truppenteile – etwa Kommanden – erweitert, die jetzt zusätzlich in Diskussion stehen. Selbstverständlich – das sage ich gleich hinzu – liegt mir eine Mitteilung meiner Personalsektion vor, daß dies mit der Personalvertretung entsprechend abgestimmt worden ist.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Werden Sie bei den Planungen im Zusammenhang mit der Strukturanpassung der Heeresgliederung auch in Zukunft die Personalvertretungsorgane miteinbeziehen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich! Das ist nicht nur sozusagen eine Frage des Müssens, sondern ich halte es für selbstverständlich, daß die Organe der Personalvertretung entsprechend miteinbezogen werden. Denn sie kennen oft unmittelbar die Bedürfnisse, Wünsche und Absichten der Bediensteten, oft viel besser als die vorgesetzte Dienststelle. Nur aus dem Zusammenwirken beider Dienststellen ergibt sich eine Lösung, die nicht nur tragfähig, sondern auch so gestaltet ist, daß auf der einen Seite die Umorganisationsmaßnahmen durchgeführt werden können und auf der anderen Seite auf die Bedürfnisse des einzelnen Rücksicht genommen wird.

Präsident Dr. Günther Hummer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Erich Farthofer, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Erich Farthofer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Zuerst erlaube ich mir die Feststellung, daß es wirklich ein Treppenwitz des Jahrhunderts war, daß der Gewerkschaftsvorsitzende den ÖAAB-Vorsitzenden bezüglich gewerkschaftlicher Aktivitäten frägt. Aber bitte, es mag so sein. (Bundesrat Dr. Bösch: Er ist als Minister da! Die Frage war richtig!)

Nun, Herr Bundesminister, komme ich wieder auf Allentsteig zurück, wie Sie sich denken können, und frage Sie: Gibt es aufgrund dieser Strukturreform auch bei den Planposten für den Truppenübungsplatz Allentsteig Verringerungen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Was den Truppenübungsplatz betrifft, ist mir nicht bekannt, daß es dort zu Veränderungen kommen wird. Ich kann es aber auch nicht ausschließen; das muß ich hinzufügen. Zweifellos beabsichtigt ist jedoch, im Bereich der Forstverwaltung für den Truppenübungsplatz Rationalisierungsmaßnahmen vorzunehmen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Herr Bundesrat Mag. John Gudenus, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Welche regionalen Schwerpunkte werden im Rahmen der geplanten Strukturanpassung gesetzt werden?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Außer den bereits aufgezeigten Änderungen – nämlich Kürzung um ein Korpskommando, Reduktion sowohl in der Zentralstelle als auch insbesondere in den Ämtern und bei den Militärkommanden – gibt es auch Organisationsänderungen im Bereich der Truppe. Das heißt: Umgliederung der zwölf Jägerbrigaden in drei teilpräsente Brigaden, die – analog zu den Mech-Truppen – Präsenzaufgaben tatsächlich besser erfüllen können, und weiters Jägerbataillone, die einen Schwerpunkt im Territorialbereich haben werden. Dabei soll auch die Jägertruppe, die in Brigaden gegliedert ist, in Zukunft eine schwerpunktmäßige Ausrichtung haben: einen besonderen Alpinschwerpunkt, einen Schwerpunkt Luftlandekapazität und einen Schwerpunkt hinsichtlich einer Mechanisierung in Form der Ausstattung der Jägertruppe mit Radpanzern.

Das ist insofern sehr wichtig, als das Leistungsvermögen einer Truppe immer mehr von ihrer Spezialisierung auf bestimmte Bereiche abhängig ist. Wir können an allen Einsätzen im Inland sowie auch im Ausland ersehen, wie wichtig es ist, Spezialisten für bestimmte Aufgabenstellungen verfügbar zu haben. Ich muß hinzufügen, daß man von Österreich als einem hochentwickelten Land in höherem Maße als von Entwicklungsländern erwartet, auch auf Spezialgebieten, auf


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denen besondere technische Kenntnisse, Fähigkeiten und Kapazitäten erforderlich sind, wirksam werden zu können. Dem haben wir sicherlich in irgendeiner Form Rechnung zu tragen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 10. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Herbert Platzer, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Herbert Platzer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Das Bundesheer hat während des Hochwassers im heurigen Sommer Hervorragendes geleistet. Dazu meine Frage:

826/M-BR/97

Ist auch nach der vorgesehenen Umgliederung des Bundesheeres sichergestellt, daß für die Assistenzleistungen bei Katastrophen- und Elementarereignissen qualifizierte Pionierkräfte in ausreichendem Umfang rasch zur Verfügung stehen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ja. – Wie bereits ausgeführt, wird es bei den Pioniertruppen kaum Veränderungen geben. Es wird minimale, mit grundlegenden Organisationsänderungen verbundene Anpassungen geben, aber es wird kein Verband aufgelöst oder in eine andere Aufgabenstellung übergeführt werden. Daher kann man sagen, daß die Pionierkapazität absolut ungefähr der jetzigen entsprechen und relativ gesehen sogar wesentlich bedeutender sein wird als jetzt, bezogen auf die Größenordnung der anderen Truppenteile.

Weiters ist darauf aufmerksam zu machen, daß sich durch die geplante Umgliederung im Jägerbereich mit dem Übergang zu einem teilpräsenten Organisationsmodell – analog den mechanisierten Truppen – selbstverständlich auch die unmittelbare Kapazität, bei Katastrophenfällen zu helfen, deutlich verbessern wird. Denn es kann in der Folge sozusagen strukturiert vorgegangen werden und tatsächlich im großen Bereich planmäßig auf derartige Entwicklungen eingegangen werden.

An sich ist es in Katastrophenfällen jetzt so, daß die Pioniere nur einen kleinen Teil der eingesetzten Mannschaften ausmachen und daneben sehr viele andere Truppenteile im Einsatz sind, die sämtliche Katastrophenhilfsdienste – wie Säcke schleppen und füllen oder entsprechende Bauten errichten – erfüllen müssen. Dies ist nicht auf Pioniere beschränkt, sondern bezieht sich auf die gesamte Truppe.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke. Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Nein. Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Können Sie in diesem Zusammenhang auch sicherstellen, daß pro Militärkommando mindestens ein Zug zur ABC-Abwehr – vor allem auch für den Katastrophenfall – erhalten bleibt?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die ABC-Abwehr ist zweifellos ein Bereich, der auf der einen Seite einen besonders hohen Ausbildungsstandard in Österreich aufweist, der aber in seiner grundsätzlichen Ausrichtung für die Zukunft wahrscheinlich noch stärker in Neukonzeptionen einfließen wird, als das bis jetzt der Fall war.


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Ich beziehe mich damit auf die Erkenntnisse, die wir aus der Situation im Irak gewonnen haben. Ich habe es bei anderer Gelegenheit schon gesagt: Ich war sehr beeindruckt von dem, was mir unsere österreichischen Experten, die in New York bei der UNO tätig sind, die Überprüfungsaufgaben für die Vereinten Nationen durchführen, über die spezielle Situation und die Gefährdungen etwa im Irak erzählt und berichtet haben.

Das heißt, es ist zweifellos der gesamte Bereich der chemischen und biologischen Waffen und Gefährdungen einer, der in Zukunft wahrscheinlich noch viel mehr Bedeutung haben wird, als das bisher der Fall war. Da gibt es auch aus den Vereinigten Staaten erst seit kurzer Zeit den Bericht einer Kommission, in der Experten zur Beratung der amerikanischen Regierung herangezogen wurden, um sozusagen bestimmte Problemstellungen erörtern zu können, und diese haben eindeutig festgestellt, daß auf diesem Gebiet ein Manko besteht.

Ich bin der gleichen Ansicht, muß ich sagen, weil das wahrscheinlich eine der Gefährdungen darstellt, mit der wir in Zukunft aufgrund der vorhandenen Arsenale an Möglichkeiten und auch aufgrund der leichten Produzierbarkeit verstärkt rechnen müssen und wo auf der anderen Seite natürlich auch insbesondere die Zivilbevölkerung in einem ganz enormen Ausmaß betroffen sein kann.

Insofern wird es sicherlich noch Weiterentwicklungen und Überlegungen geben. Die genaue Organisationsform kann ich Ihnen daher nicht sagen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke.

Herr Bundesrat Franz Richau, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Einsatz des österreichischen Bundesheeres im Bereich der Pionierarbeit oder im Katastrophendienst im letzten Jahr in Kärnten war für uns unverzichtbar, vor allem unbezahlbar.

Daher die Frage: Wie viele Arbeitsstunden hat das österreichische Bundesheer im Rahmen des Katastrophendienstes oder im Pioniereinsatz in diesem Jahr aufgewendet?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Bis Mitte Dezember waren es 154 000 Arbeitsstunden, und es sind insgesamt fast 4 000 Mann – genau 3 841 – und 571 Fahrzeuge im Katastropheneinsatz gestanden, wobei ein großer Teil bei der Hochwasserkatastrophe zur Mitte des Jahres eingesetzt war.

Präsident Dr. Günther Hummer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nunmehr zur 11. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Franz Richau, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! NATO, WEU und vieles andere mehr war in den letzten Monaten ständiges Argumentarium in den Medien. Meine Frage lautet:

834/M-BR/97

Wie beurteilen Sie die sicherheitspolitischen Optionen für Österreich?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Aufgrund eines Regierungsübereinkommens sind Bundeskanzler, Außenminister und Verteidigungsminister aufgefordert, bis spätestens Ende des ersten Quartals des nächsten Jahres einen sogenannten Optionenbericht über weiterführende sicherheitspolitische Optionen einschließlich eines Vollbeitritts


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zur WEU zu erstellen. Diese Berichtserstellung durch Experten dieser drei Ministerien ist gerade im Gange, und ich kann daher natürlich auch das Ergebnis dieser Arbeit nicht vorwegnehmen.

Meine Ansicht zur Frage der Möglichkeiten beziehungsweise Notwendigkeiten der Teilnahme an der sicherheitspolitischen Architektur Europas habe ich wiederholt zum Ausdruck gebracht, und ich möchte gerade heute angesichts der Tatsache, daß in den vergangenen Tagen, in dieser Woche die Abkommen zwischen der NATO und unserem Nachbarland Ungarn, zwischen der NATO und unserem Nachbarland Tschechien und zwischen der NATO und der Republik Polen unterzeichnet worden sind, noch einmal darauf hinweisen, daß es sich hier um einen Vorgang handelt, der von der österreichischen Bevölkerung nicht unterschätzt werden sollte.

Es geht darum, daß hier ein Prozeß im Gange ist, der darauf ausgerichtet ist, ein Mehr an Sicherheit für Mitteleuropa zu bringen, was angesichts der Situation am Balkan auch notwendig ist. Die Frage ist, ob Österreich in Zukunft nur – ebenso wie bisher – bereit ist, Truppen zu stellen, und zwar mehr als die anderen, wenn man das vergleichsweise ansieht. Wenn man etwa das österreichische Engagement und das ungarische Engagement vergleicht oder auch das österreichische Engagement und das tschechische Engagement, so ist es in Relation zur Einwohnerzahl et cetera zweifellos ein höheres internationales Engagement, das Österreich aufweist. Das heißt, nur Engagement zu zeigen, aber nicht auch die Möglichkeit zu haben, mitzubestimmen und vielleicht von vornherein überhaupt bei der Vermeidung von derartigen Krisen mithelfen zu können, darauf einwirken zu können, das halte ich für absolut nicht sinnvoll.

Dazu kommt, daß wir zweifellos auch damit rechnen müssen, daß es keine unbegrenzte Möglichkeit gibt, sondern daß jede Möglichkeit wahrscheinlich auch ihre zeitlichen Begrenzungen hat. Und die Frage, ob wir daher möglicherweise unseren eigenen Zugang zur Mitbestimmungsmöglichkeit auf sicherheitspolitischem Gebiet verspielen können, stellt sich zweifelsohne. Jeder, der das wegschiebt, handelt meiner Ansicht nach nicht ganz gemäß der Verantwortung, die wir in unserer Zeit haben, weil es eine Entscheidung ist, die jetzt zu treffen ist.

Und ich sage vielleicht noch etwas dazu: Es gibt sehr viele Menschen, die sich Gedanken machen, und es ist nicht so, daß man von vornherein immer eine bestimmte Meinung hat. Aber zweifelsohne muß uns eines bewußt sein: daß das Abwarten, daß irgendwann einmal irgendein zukünftiges Modell präsentiert werden könnte, kein zielführender Weg sein kann. Im wesentlichen werden die grundlegenden sicherheitspolitischen Entscheidungen für Europa bereits in den nächsten Jahren getroffen. Da geht es um die Frage: Was wird die WEU machen? Wird sie tatsächlich zu einem gesamteuropäischen Sicherheitsinstrument? Da geht es um die Frage: Wird die NATO weiter expandieren und möglichst viele europäische Staaten aufnehmen können? Von außen werden wir diesen Prozeß nicht beeinflussen können. Und es wird auch um die Frage gehen: Was geschieht in Bosnien weiter, was geschieht am Balkan weiter?

Das heißt, jetzt, in den nächsten Jahren, sind grundlegende Weichenstellungen für die europäische Sicherheitspolitik im Gange. Zu sagen, vielleicht irgendwann einmal, wenn dieser Prozeß abgeschlossen oder wenn er vorbei ist, und zwar in dem Sinne vorbei ist, daß er durch zu wenig Engagement eigentlich gar nicht zustande gekommen ist, das wäre etwas, wovon ich sagen müßte, das könnte ich nicht nur nicht verstehen, sondern das könnte ich aus meiner Sicht auch nicht verantworten.

Mir ist durchaus bewußt, daß das Drängen nach einem möglichen Beitritt Österreichs zur WEU oder zur NATO nicht von allen geschätzt wird – das bringt mir sicherlich auch persönlich keine Vorteile –, aber eines muß ich sagen: Ich würde es nie verantworten können, in dieser Zeit ein Ministerium, in dessen Verantwortungsbereich die Sicherheit unseres Landes fällt, geleitet und nicht in aller Deutlichkeit darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß das notwendig ist.

Ich sage das deshalb vielleicht auch mit dieser inneren Überzeugung, weil ich auf internationaler Ebene überhaupt keinen Experten kenne, der nicht davon ausgeht, daß es für Österreich von Vorteil wäre, diesen Schritt zu tun. Ich wiederhole: Ich kenne das international, aber ich kenne da niemanden, der aufgrund seines Expertenstatus eine derartige Richtung einschlägt, und in


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sofern sehe ich das auch nicht als eine persönliche Meinung an, sondern als eine Meinung, die weit darüber hinausgeht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Herr Bundesminister! Ich habe in vielen Diskussionen festgestellt, daß der Begriff NATO zu sehr im militärischen Bereich gesehen wird und nicht als sicherheitspolitische Architektur.

Daher die Zusatzfrage: Gibt es eine Alternative zur NATO?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Nein. Ich sehe diesbezüglich auf lange Sicht keine Alternative. Natürlich kann man, wenn man in Jahrzehnten oder in Jahrhunderten denkt, sich auch andere Möglichkeiten vorstellen. Für die nächsten zwei Jahrzehnte gibt es aber mit Sicherheit keine Alternative, und zwar aus folgenden Gründen:

Die NATO bietet den enormen Vorteil, daß jedes Mitglied, das dieser Staatengemeinschaft angehört, von vornherein eigentlich darauf vertrauen kann, daß die Wahrscheinlichkeit, daß es dann von jemanden von außen angegriffen wird, relativ gering ist, weil es niemand wagt, ein Mitglied einer derart starken Gemeinschaft anzugreifen. Das heißt, die Sicherheit wird enorm erhöht.

Zweitens gibt es, weil es das effizienteste Instrumentarium ist, auch die Möglichkeit, tatsächlich Krisen vorbeugend zu verhindern. Ich sage das auch deshalb, weil es häufig so rasch vergessen wird. Die Vereinten Nationen haben ungeheuer Wertvolles in Ex-Jugoslawien, in Bosnien mit ihrem Einsatz geleistet. Trotzdem hat der gesamte IFOR-Einsatz nicht ausgereicht, um die Kämpfe zu beenden, Frieden herzustellen, die Tötungen zu verhindern et cetera. Ganz im Gegenteil! Es ist fortgesetzt worden, zwar vermindert, aber es ist fortgesetzt worden. Erst als die NATO dort auch das Kommando, die Planung, die Einsatzführung übernommen hat, ist es anders geworden.

Das ist auch für die Soldaten ein enormer Vorteil. Da geht es gar nicht nur um die betroffene Bevölkerung, sondern ich erinnere daran: Es sind die UN-Soldaten gefangengenommen worden, sie sind nicht nur gehöhnt worden, sondern sie sind Repressalien unterworfen worden, und zwar aus demokratischen Staaten. Denken Sie nur an die Vorfälle mit den holländischen Soldaten, die sich abgespielt haben. Das hat es im Rahmen der NATO nicht gegeben, weil natürlich auch die Effizienz nach außen eine viel höhere ist.

Der dritte Aspekt ist für mich zweifellos auch jener der Kosten, weil es ohne Frage insgesamt günstiger ist, wenn man die Sicherheit gemeinsam organisiert, als wenn sie jeder alleine organisiert. Ich messe auch diesem Umstand eine besondere Bedeutung zu, weil wir ein Land sind, das seit 1955 immer mit einem Minimum an Verteidigungsmitteln ausgekommen ist. Wir haben eines der niedrigsten Verteidigungsbudgets in ganz Europa. Und insofern ist es auch dort von einer ganz besonderen Bedeutung, daß wir das, was wir haben, auch möglichst so einsetzen, daß ein möglichst hoher Sicherheitsnutzen daraus entsteht. Es geht nicht darum, daß jeder etwas hat oder daß jeder das Seine hat, sondern daß daraus eine möglichst hohe Kosten-Nutzen-Relation entsteht.

Aus diesen drei Gründen ist es meiner Meinung nach wirklich notwendig, sich dieser Diskussion zu stellen, auch dann, wenn sie einmal unpopulär sein sollte. Ich nehme das gerne in Kauf. Ich weiß, persönlich bringt mir diese Diskussion kein Lob, sondern da oder dort vielleicht Kritik oder auch Unverständnis. Nur: Wenn wir in der Politik so weit kommen, daß wir nur das machen, was leicht geht, und nicht das, was notwendig ist, dann haben wir unsere Funktion eigentlich verloren. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Günther Hummer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
634. Sitzung / Seite 31

Bundesrat Albrecht Konečny, ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Abgesehen davon, daß ich mir Sorgen um Ihren Umgang mache, wenn Sie sagen, Sie kennen im internationalen Bereich niemanden, der nicht den NATO-Beitritt Österreichs für richtig hält – ich könnte Ihnen ein paar Empfehlungen für Ihren Bekanntenkreis geben. Aber das ist nicht meine Frage.

Sie haben vor einiger Zeit, und zwar bei einer Gelegenheit, bei der Sie als Bundesminister im Ausland waren, Erwartungen hinsichtlich der Haltung der SPÖ zu dieser Frage öffentlich ausgesprochen. Die inhaltliche Antwort hat Ihnen Präsident Fischer gegeben, aber ich wollte Sie fragen: Welche der Öffentlichkeit bisher unbekannt gebliebenen telepathischen Fähigkeiten des Verteidigungsministers Sie in die Lage versetzen, den Entscheidungsprozeß in einer großen demokratischen Partei vorwegnehmen zu wollen?

Präsident Dr. Günther Hummer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich schätze nicht nur Ihre Auseinandersetzung mit Themen, von der ich weiß, daß sie eine intensive ist – unsere Standpunkte decken sich nicht immer –, aber ich muß dazusagen, ich akzeptiere und schätze immer den kritischen Geist, der bei Ihnen dahintersteht. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zum ersten muß ich Ihnen sagen, Sie haben es sich etwas zu leicht gemacht. Sie haben meine Beantwortung zu sehr verallgemeinert. Ich habe mich auf sicherheitspolitische Experten bezogen. Daß es andere Leute gibt, die anderer Ansicht sind, ist richtig, wobei man dazusagen muß, daß viele von denen, die ursprünglich dagegen waren, heute auch dafür sind. Das gilt auch für Sozialdemokraten in allen Ländern. Wenn ich nur daran denke: Es war ein gewisser Javier Solana, in seiner Zeit als spanischer Politiker einer der prominenten Sozialdemokraten, durchaus auch oft in einer Situation, wo er skeptisch bis distanziert, vielleicht sogar ablehnend der NATO gegenüber war. Er ist heute Generalsekretär dieser Organisation. (Bundesrat DDr. Königshofer: Hört! Hört!) Ähnliches könnte ich Ihnen von vielen anderen Ministern oder prominenten Teilnehmern sagen. Das heißt, ich glaube, daß man auch den Prozeß, der bei zunehmender Information stattfindet, nicht unterschätzen sollte.

Ich komme damit zum zweiten Teil Ihrer Frage. Ich habe die Sozialdemokratische Partei – nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, daß sie unser Regierungspartner ist, und ich daher grundsätzlich eine positive Einstellung dazu habe – immer so gesehen, daß sie eine Partei ist, die vielleicht am Anfang einer Situation aus ideologischen Gründen Schwierigkeiten hat, sich sofort für einen bestimmten neuen Weg zu entscheiden, ich habe aber auch gelernt, daß sie es verstanden hat – etwa in der Frage der Europäischen Union –, bei aller anfänglichen Skepsis dann einen klaren Weg zu gehen.

Genau diese Lernfähigkeit konzediere ich dieser Partei auch für die Zukunft. Wenn ich es so formuliert habe, daß ich sicher bin, daß sich die SPÖ in diese Richtung entwickelt, dann deshalb, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, daß eben der kritische Geist in dieser Partei noch nicht zu existieren aufgehört hat und daß er sich sozusagen auch gegen angestammte Positionen durchsetzen wird.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie einer der ersten wären, der diesen Schritt machen würde, Herr Bundesrat! Ich trage gerne das Meine dazu bei. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Meier: Diese Freude wird es nicht geben!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat DDr. Königshofer gestellt. – Bitte.

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit den sicherheitspolitischen Optionen sollte man natürlich auch die Frage nach den Gefährdungspotentialen für unsere Republik stellen.


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 32

Deshalb frage ich Sie: Welche globalen Gefährdungspotentiale sehen Sie für Österreich, welche regionalen Konfliktherde sehen Sie gegeben, die zu Gefährdungspotentialen werden könnten, und wie schätzen Sie diese ein?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist das für eine Erörterung in der Öffentlichkeit zwar nur bedingt geeignet, weil man zweifellos auch immer Rücksicht nehmen muß auf Sensibilitäten, die daraus entstehen könnten.

Lassen Sie es mich so formulieren: Mit dem Ende des kalten Krieges ist die Gefahr einer Paktauseinandersetzung vorbei. Die ist zweifellos auf längere Sicht vorbei. Aus dieser Situation von lower risk ist aber auf der anderen Seite auch lower stability entstanden, was insbesondere in einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von regionalen und lokalen Konflikten, was deren Häufigkeit betrifft, ihren Ausdruck findet.

Ich sage das auch deshalb, weil man gemeint hat, daß der Fall Jugoslawien ein Sonderfall sei und keine Erweiterungen zur Folge haben werde. Der Fall Albanien hat für mich sehr deutlich gezeigt, wie schnell eine Destabilisierung in einem Land eintreten und wie schnell ein staatliches System zusammenbrechen kann.

Das heißt, daß es immer wieder völlig neue Situationen gibt, die vorher auch nicht vorzusehen waren und die man daher nicht automatisch in die Planung miteinbeziehen kann.

Man kann sagen, daß es wesentlich mehr Instabilitäten auf dem konventionellen Sektor gibt. Das bezieht sich, insbesondere räumlich gesehen, in Europa auf den Balkan. Es sind aber auch Konflikte zwischen Staaten und zwischen einzelnen Regionen, etwa aufgrund von Auseinandersetzungen ethnischer Natur, in anderen Gegenden nicht auszuschließen.

Als einen weiteren Gefährdungsbereich sehen wir Nordafrika und den Nahen Osten, denn wir dürfen nicht nur Europa im kontinentalen Sinn als unser unmittelbares Sicherheitsfeld sehen, sondern zweifellos auch das Umfeld. Dieses Umfeld zeichnet sich nicht durch besonders hohe Stabilität aus. So wissen wir aus der tagtäglichen Erfahrung, daß es dort – oft gar nicht im staatlichen Bereich, sondern im halbstaatlichen oder innerstaatlichen Bereich – zu Entwicklungen kommt, die in den Ländern selbst zu Gefährdungen führen und die teilweise auch nach außen getragen werden. Insofern ist gerade diese oft als subkonventionelle Gefährdung bezeichnete Gefahrenquelle eine, die man in Zukunft nicht außer acht lassen soll, weil derartige Staaten und auch Großorganisationen heute die Möglichkeit haben, in den Besitz von weitreichenden Waffensystemen zu kommen, insbesondere von Waffensystemen, mit denen Massenvernichtung nach wie vor möglich ist, etwa auf biologischem, chemischem, aber natürlich auch auf atomarem Gebiet. Ich sehe das als ein Gebiet an, das leider, muß ich dazusagen, auch oft von Militärs immer wieder unterschätzt wird, weil es sich nicht im konventionellen Bereich bewegt.

Man muß auch von sich selbst ausgehen. Nach der Beendigung des Golfkriegs war das Kapitel "Irak" für die Europäer eigentlich von der Bildfläche verschwunden. Erst im Zuge von Auseinandersetzungen und Krisen zeigte sich dann wieder eine Gefährdung. Eine solche könnte immer auftreten. Zwei Wochen später, nachdem ein Konflikt beigelegt worden ist, hat man es schon fast wieder vergessen. Aber das Problem bleibt, die grundsätzliche Problemstellung ist damit nicht aus der Welt geschafft. Ähnliches könnte man von vielen anderen Ländern sagen. Insoferne dürfen wir, glaube ich, nicht davon ausgehen, daß keine neuen Gefährdungen auftreten können. Es wäre zwar allzu schön, ich würde es mir wünschen, aber leider ist dem nicht so. Wenn wir etwas aus der Geschichte lernen wollen, dann sicherlich eines: daß es immer wieder zu neuen Gefährdungen – zwar in einer anderen Art und Weise – gekommen ist. Da muß man eben rechtzeitig vorsorgen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 12. Anfrage, die die Frau


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
634. Sitzung / Seite 33

Bundesrätin Helga Markowitsch stellen wird. Frau Bundesrätin! Ich darf Sie um die Verlesung Ihrer Anfrage bitten.

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

828/M-BR/97

Welche Kasernenstandorte sind im Zuge der geplanten Adaptierung der Heeresorganisation zur Schließung vorgesehen?


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Frau Bundesrätin! Ich habe bereits ausgeführt, daß die Grundentscheidung über die konkrete Organisationsstruktur erst die Basis für das Standortkonzept im Detail ist. Tatsache ist, daß wir derzeit eine Reihe von Standorten einer Überprüfung unterziehen, aber es sind noch keine endgültigen Entscheidungen gefallen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Können Sie mir schon die Standorte nennen, die geplant sind, oder wird auch darüber erst diskutiert?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Frau Bundesrätin! Das ist noch nicht ausdiskutiert. Ich könnte Ihnen nur über den gegenwärtigen Planungsstand Bescheid sagen. Ich halte das aber nicht für sehr zielführend, denn daran ändert sich möglicherweise nächste Woche wieder etwas, und das würde da oder dort nur zu einer unnötigen Verunsicherung führen.

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Darf ich noch etwas fragen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, da das in einem direkten Zusammenhang steht.

Bundesrätin Helga Markowitsch (fortsetzend): Herr Bundesminister! Ist eine Hilfestellung für alle Offiziere oder Unteroffiziere, die ihre Familie zu ihrem Kasernenstandort nachgeholt haben, geplant?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Frau Bundesrätin! Ich kann vorweg sagen, daß wir die Adaption der Organisation so durchführen werden, daß dabei selbstverständlich auf das betroffene Personal maximal Rücksicht genommen wird. Ich meine, daß es ein Mitarbeiter, der durch Jahre oder Jahrzehnte einer Idee, einer Organisation, der Republik gedient hat, verdient, daß man seine Bedürfnisse und Notwendigkeiten entsprechend mitberücksichtigt.

Wir stehen nicht vor der Situation, daß wir von heute auf morgen etwas durchführen müssen, das genauso ist und nicht anders. Wir werden daher versuchen, auch in die neue Organisationsform hineinzuwachsen. Wir werden uns so viel Zeit nehmen, daß wir die Veränderungen so durchführen können, daß dadurch keine Härten für die Betroffenen entstehen. Zu Situationen, wo trotzdem Härtefälle entstehen können, gibt es bereits Gespräche zwischen meinem Ministerium und dem Finanzministerium. Zur Abfederung von möglichen Härten, die im Zuge von Organisationsveränderungen auftreten könnten – es gibt eben durch eine Veränderung einen konkreten Arbeitsplatz dann nicht mehr in seiner bisherigen Wertigkeit, und damit sind Nachteile verbunden –, gibt es ganz konkrete Gespräche, die sehr konstruktiv und insofern auch erfolgversprechend sind.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weiters hat sich zu einer Zusatzfrage Herr Bundesrat Gudenus gemeldet.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! In der heutigen "Presse" kann man als Schlagzeile lesen "Tauziehen um Kasernen." Artikel 81 Bundes-Verfassungsgesetz sieht die Möglichkeit der Mitwirkung in Unterbringung, Verpflegs- und Ergänzungsfragen der Länder vor, nachdem ein diesbezügliches Bundesgesetz erlassen wurde.

Herr Bundesminister! Sehen Sie die Möglichkeit, durch Vorlegen eines solchen Gesetzesvorschlages manche Zwistigkeiten zwischen Ministerium und Bundesländern zum Vorteil beider und auch zum finanziellen Vorteil des Bundesheeres zu lösen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Bisherige Erfahrungen lassen es nicht erwarten, daß es zu einer höheren Bereitschaft der Länder kommt, aus ihren eigenen Landesmitteln Beiträge zur Kasernierung zuzuschießen. Begründbar ist das mit dem Argument, daß die grundsätzlichen finanziellen Angelegenheiten zwischen dem Bund und den Ländern im Rahmen des Finanzausgleiches behandelt werden und darin auch geregelt sind. Insofern ist jetzt aus einer grundsätzlichen Möglichkeit keine andere Situation zu schließen. Ich würde aufgrund meiner Erfahrung daher auch nicht davon ausgehen, daß das jetzt erstmalig in der Geschichte der Zweiten Republik, zumindest soweit es mir bekannt ist, völlig neu eingeführt wird, ohne daß nicht das gesamte Gefüge des ohnehin sehr komplizierten Finanzausgleiches sofort zur Diskussion stehen würde.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Dr. Liechtenstein gestellt. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Welche Kasernen und Liegenschaften werden aufgrund des Kasernenkonzepts vom österreichischen Bundesheer freigegeben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Die Konkretisierung für die zukünftigen Maßnahmen erfolgt erst, wie ich ausgeführt habe. Wir haben im Rahmen der letzten Jahre aufgrund der Heeresorganisation-Neu insgesamt zirka 50 Liegenschaften freigemacht und abgegeben. Dieses Ausmaß ist vielleicht den meisten nicht bekannt. Es handelt sich dabei vielfach um angemietete Objekte, die Lagerzwecken gedient haben, die Unterbringungsmöglichkeiten im Rahmen des alten Raumverteidigungskonzeptes et cetera gegeben haben. Es war zweifellos ein erheblicher Umfang an Liegenschaften, die freigegeben wurden.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 13. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. Tremmel stellen wird. Ich darf ihn um die Verlesung seiner Anfrage bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage, die die Steiermark betrifft, lautet:

823/M-BR/97

Welche Vorschläge wurden vom I. Korps hinsichtlich der weiteren gemeinsamen Verwendung (Standorte) des PzAB 4 und des AufklR 1 gemacht?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Bundesrat! Der Planungsprozeß ist im Gange, und ich glaube, man sollte jetzt auch nicht einzelne interne Diskus


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 35

sionen, die stattgefunden haben, insbesondere in dem Stadium, wo es noch nicht abgeschlossen ist, in der Öffentlichkeit nachdiskutieren. Jedenfalls ist zu sagen, daß sich das Korps I äußerst intensiv mit dem Vorschlag der Generalstabsgruppe auseinandergesetzt hat, eine Reihe von eigenen Vorschlägen entwickelt hat, was sowohl die Kommandostruktur als auch die Truppenstruktur betrifft. Diese Vorschläge sind jetzt Gegenstand ernsthafter Überlegungen.

Entscheidung ist noch keine getroffen worden. Die Überlegungen waren von der Idee getragen, aufbauend auf den vorhandenen Kapazitäten und Ausbildungsständen möglichst viel davon optimal in der Zukunft nützen zu können.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Ist in diese Überlegungen mit einbezogen, daß es einen einstimmigen Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung zu der Standortfrage der Kasernen gibt? Ist diese Umstrukturierung bereits eingearbeitet?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich gibt es im Zuge der Planungs- und Vorbereitungsarbeiten eine Fülle von Abstimmungen, die erforderlich sind. Dies ist ein Prozeß, der erstens intern zwischen den Generalstabsabteilungen und den betroffenen Korpskommanden und Militärkommanden diskutiert werden muß und zweitens zwischen den Regierungsparteien und den Oppositionsparteien zu diskutieren ist, nämlich dahin gehend, ob sozusagen ein Einvernehmen über bestimmte Konzeptbestandteile erzielt werden kann. Drittens haben wir natürlich auch die Aufgabe, das mit den betroffenen Ländern und Gemeinden, mit deren Interessen in Einklang zu bringen.

Meine Vorgangsweise ist dabei, daß ich dann, wenn ein bestimmter Vorschlag vorliegt, versuche, diesen mit der anderen Behörde oder mit dem anderen Organ entsprechend abzustimmen und ein Einvernehmen darüber zu erzielen.

Selbstverständlich ist mir der Vorschlag der steirischen Landesregierung bekannt, genauso ist er auch dem Korpskommando bekannt, und er ist aufgrund verschiedener Vorgespräche bereits in unsere Überlegungen weitgehend eingegangen. Das muß sich nicht immer zu 100 Prozent decken. Wenn es nach den Betroffenen gehen würde, dann darf – das ist ganz klar – keine Liegenschaft je aufgegeben werden, dann darf keine Organisation verändert werden. Es gibt immer einen Betroffenen, der sich dagegen wehrt. Aber dann würde man nie eine Veränderung durchführen können.

Ich habe daher gestern bei der Ausmusterung der Unteroffiziere in Enns sehr deutlich gesagt: Wir sollten nie den Fehler machen, zu spät in neue Organisationsformen hineinzugehen, sondern immer frühzeitig. Ich habe das deshalb gesagt, weil sich die Unteroffiziere den Namen eines besonders ausgezeichneten Unteroffiziers des Ersten Weltkrieges, eines Großonkels des ehemaligen Bundesministers Steyrer, der viele Auszeichnungen erhalten hat, als ihren Jahrgangsnamen gewählt haben. Das hat mich veranlaßt, dazu ein paar Worte zu sagen.

Wenn man bedenkt, daß damals ein Großteil der Armee in den Ersten Weltkrieg mit einer total veralteten Struktur hineingegangen ist, mit Hunderten Dragonerregimentern, die mit einem hohen Kostenaufwand Jahre vorher ausgestattet worden sind, trainiert worden ist, dann in die entsprechenden Gegenden gebracht worden sind, und man dann während der Auseinandersetzung, während der Krise die gesamte Heeresorganisation verändern, auf die neuen Erfordernisse umstellen mußte, weil man zuwenig an das Kommende gedacht hat und sich viel zu viel davon leiten ließ, was zehn oder zwanzig oder dreißig Jahre vorher sozusagen das richtige Modell war, dann kann man vielleicht am besten ermessen, wie notwendig es ist, rechtzeitig auch derartige Schritte zu setzen, und zwar auch dann, wenn sie unangenehm sind. Veränderungen sind meistens unangenehm, aber ich halte sie für sehr notwendig.


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 36

Ich kann dazu nur sagen: Das Korpskommando I bemüht sich sehr, auch die regionalen Aspekte der Steiermark miteinzubringen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Dr. Liechtenstein gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Wie stellt sich momentan die Ausstattung der Artilleriekräfte dar?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesrat
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634. Sitzung / Seite 37

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Um es genau zu sagen: Grundausstattung der Artillerie stellt die M 109 dar, davon sind 178 Geschütze, davon sind 54 in der Konfiguration M 109 A5 – das ist der Höchstentwicklungsstand –, und der Rest sind A2 bis A4, die durch laufende Modifikationen an diesen Stand herangebracht werden. Diese Vereinheitlichung ist eigentlich das wesentliche Ziel, das auch in den nächsten Jahren weiter angestrebt wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Kainz gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Ist es möglich, daß sich aus der Diskussion in der Steiermark über die Frage der gemeinsamen Benutzung von Standorten auch Konsequenzen für andere Bundesländer, speziell für Oberösterreich, konkret für die Kaserne Kirchdorf, ergeben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich sehe das im Moment nicht so, ich kann es aber nicht ganz ausschließen. An sich ist es so, daß wir versuchen, bei den einzelnen Rationalisierungsüberlegungen natürlich auch in bestimmten Einheiten, etwa in Militärkommandobereichen, und damit in Bundesländern zu agieren. Das ist nicht immer zu 100 Prozent der Fall. Im Moment sehe ich keine gravierenden Auswirkungen. Ich müßte nachdenken, ob etwas bevorsteht. (Bundesrätin Kainz: Unter der Voraussetzung, daß die Kaserne Kirchdorf möglicherweise ohnehin geschlossen wird!)

Es gibt viele Kräfte, die sich bemühen, diesen Standort aufrechtzuerhalten, und es gibt auch viele Überlegungen, die in die Richtung gehen, daß es sinnvoll wäre, ihn aufrechtzuerhalten. Wie gesagt: Ich möchte jetzt nicht hinsichtlich jeder einzelnen Kaserne sagen, wie der gegenwärtige Planungsstand ist. Aber wir bemühen uns selbstverständlich, die Belastung für eine bestimmte Region auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Und das ist gerade im Raum Kirchdorf der Fall.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 14. Anfrage, die Herr Bundesrat Mag. Karl Wilfing stellen wird.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

835/M-BR/97

Wie sehen Sie die Zukunft des Aufklärungsbataillons 3 in Mistelbach?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das Aufklärungsbataillon in Mistelbach ist zweifellos einer jener Truppenkörper, die insgesamt eine sehr hohe Priorität im Rahmen unserer Organisation haben, die aber auch ein sehr hohes Leistungsvermögen haben. Durch die Umorganisation wird die Aufgabenstellung des Aufklärungsbataillons in Mistelbach nicht berührt, aber möglicherweise oder wahrscheinlicherweise die organisatorische Zuordnung, weil es jetzt direkt dem Korpskommando 3 zugeordnet wird, sodaß es in Zukunft anders in die Organisationshierarchie eingeordnet werden muß. An der grundsätzlichen Aufgabenstellung ändert sich aber dadurch nichts, weil es eben ein Bataillon ist, das über ein sehr hohes Leistungsvermögen verfügt, und auch die Kaserne, die Garnison über hohe Attraktivität verfügt; sie ist gemeinsam mit der Kaserne St. Johann einer der beliebtesten Standorte, zu denen die Grundwehrdiener versetzt werden wollen, es besteht überhöhte Nachfrage nach diesem Standort.

Es ist so, daß dieses Bataillon auch eine internationale Aufgabe hat, und zwar die Vorbereitung einer Einheit im Rahmen von Shirbrig. Shirbrig ist die High Readyness Brigade im Rahmen der Vereinten Nationen, die über ein Konzept des dänischen Verteidigungsministers international ins Leben gerufen wurde. An dieser wird sich auch Österreich beteiligen. Die Vereinten Nationen sollen damit in die Lage versetzt werden, in Krisenfällen rasch zu reagieren und nicht Monate ungenützt verstreichen lassen zu müssen. Dabei hat Mistelbach eine besondere Aufgabenstellung, nämlich die Vorbereitung und das Managen, könnte man sagen, eines Teiles von derartigen Einsätzen. Das wird selbstverständlich auch in Zukunft der Fall sein.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister. Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Eine Frage zu dem am Schluß Angesprochenen: Herr Bundesminister! Welche konkreten Aufgaben soll die Kaserne Mistelbach im Zusammenhang mit den Auslandseinsätzen des österreichischen Bundesheeres in Zukunft haben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist so, daß Mistelbach wahrscheinlich bereits in unmittelbarer Zukunft hinsichtlich eines Auslandseinsatzes eine besondere Aufgabenstellung erhalten wird, und zwar aufgrund der Tatsache, daß Mistelbach neben Straß die zweite Garnison ist, in der sich bereits jetzt Radpanzer im Einsatz befinden. In Zukunft werden wir – da wir vor wenigen Tagen diesbezüglich zumindest ein inoffizielles Okay von den Vereinten Nationen bekommen haben – auch in Zypern unsere Kräfte im Auslandseinsatz mit Radpanzern ausstatten, um ihnen bei den Vorfällen, die immer wieder auftreten, ein erhöhtes Ausmaß an Sicherheit geben zu können. Voraussichtlich wird dieser erste Pandur-Einsatz im Rahmen des österreichischen Bundesheeres im Ausland auch von Mistelbach aus organisiert werden.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Für eine weitere Zusatzfrage ist Herr Bundesrat Winter gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Eine ähnliche Situation liegt für das Artillerieregiment 3 in Wiener Neustadt vor. Ist im Zuge der Neustrukturierung des Bundesheeres geplant, das AR 3 aufzulösen beziehungsweise aus Wiener Neustadt zu verlegen, und wenn ja, wohin?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Hinsichtlich des Artillerieregimentes in Wiener Neustadt gibt es tatsächlich die Überlegung, es nicht in der bisher bestehenden Form fortzuführen, und zwar deshalb, weil wir im Bereich Großraum Wien – Baden –


Bundesrat
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Wiener Neustadt eine Fülle von Truppenkörpern, eine Fülle von Institutionen, aber zuwenig Kaderpersonal haben, sodaß wir durch eine Verdichtung versuchen müssen, kaderstarke Einheiten und Verbände aufzustellen. Aufgrund der Gesamtkapazität und der gesamten Möglichkeiten sehen wir dort einen konkreten Ansatzpunkt.

Das wird organisatorisch auch relativ leicht durchführbar sein, weil nicht nur Wiener Neustadt selbst über etliche Einrichtungen des österreichischen Bundesheeres verfügt, sondern sich gleichzeitig in Baden die Artillerieschule befindet, sodaß sowohl vom Standort als auch von der spezifischen Ausbildung im Waffengattungssektor her bei der Artillerie Berufsmöglichkeiten auch in fernerer Zukunft und in unmittelbarer Nähe gegeben sind, sodaß das möglichst ohne Härten für die Betroffenen abgehen wird. Eine letztgültige Entscheidung wird allerdings erst getroffen werden. Das ist genauso Bestandteil der Konzeptüberlegungen wie alles andere.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Für eine weitere Zusatzfrage ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Der Standort der Kaserne Weitra wird immer wieder diskutiert. In welchem Zusammenhang sehen Sie diesen Standort im Rahmen einer Strukturbereinigung des Bundesheeres?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Weitra ist eine Kaserne, die zwar nicht die Bedingung, ein Bataillon aufnehmen zu können, erfüllt, aber es ist eine kaderstarke Garnison, die zweifelsohne auch in Zukunft in der Lage sein wird, ein entsprechendes Kaderaufkommen zu haben. Zusätzlich ist durch die Nähe des Truppenübungsplatzes Allentsteig auch eine weitere Voraussetzung gegeben, was in Abstimmung und unter Berücksichtigung auch der wirtschaftlichen Schwäche der umliegenden Region zum Gesamtergebnis geführt hat, daß zum gegenwärtigen Planungsstand Weitra nicht in Frage gestellt ist.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 15. Anfrage, die Herr Bundesrat Pfeifer stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

829/M-BR/97

Wodurch wird gewährleistet, daß das österreichische Bundesheer im Rahmen des individuellen Partnerschaftsprogrammes der PfF (Partnerschaft für den Frieden) an keinen Aktivitäten und Übungen teilnimmt, die über den Rahmen von friedenserhaltenden Maßnahmen hinausgehen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Beschlußfassung über die Entsendung zu Einsätzen oder auch zu Übungen ist durch das neue KSE – das heißt, durch das neue Verfassungsgesetz für Kooperation, Solidarität und Entsendung österreichischer Truppen ins Ausland – neu geregelt worden. Ich persönlich habe darauf gedrängt, daß dieses Gesetz beschlossen wird, auch um alle Zweifel hinsichtlich der notwendigen Vorgangsweise und der notwendigen Beschlußfassung möglichst für alle Zukunft hintanzustellen.

Es ist dort genau normiert, in welchen Fällen die Bundesregierung im Zusammenwirken mit dem Hauptausschuß des Nationalrates oder der Bundesminister allein – in dringlichen Fällen oder wenn es um reine Ausbildung geht – eine derartige Entsendung durchführen kann. Insoferne ist die Entscheidung, ob es zu einer Entsendung kommt, die über Peace-keeping hinausgeht, zweifellos eine, die die gesamte Bundesregierung zu treffen hat. Das ist rechtlich eindeutig geregelt, und ich sage hier ausdrücklich: Ich lege großen Wert darauf, daß das so ist, weil ich glaube, daß


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634. Sitzung / Seite 39

die Frage, ob österreichische Soldaten – auch wenn es auf freiwilliger Basis ist – zu einem Einsatz in das Ausland entsendet werden sollen, selbstverständlich von der gesamten Bundesregierung zu beantworten ist. Ich bin daher sehr froh, daß diese eindeutige Regelung im KSE vorhanden ist.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dr. Bösch gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Minister! Im Rahmen des Entwurfes des EU-Vertrages von Amsterdam wurde auch der Artikel J 7 neu gefaßt. In diesem Artikel, der sich mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union befaßt, wird bekräftigt, daß die Westeuropäische Union ein integraler Bestandteil der Union sein wird. Im Rahmen der Aufgaben der WEU wird neben friedenserhaltenden Aufgaben auch erwähnt, daß zur Krisenbewältigung friedenschaffende Maßnahmen getroffen werden können.

Ich frage Sie deshalb: War die gesamte Bundesregierung für die Neufassung dieses EU-Vertrages, und wie beurteilen Sie diesen neuen Artikel J 7 im Rahmen der Sicherheitspolitik Ihrer Regierung?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es sagt Artikel J 7 nichts darüber aus, welches Land sich in einem konkreten Fall in welcher Form an einem Einsatz beteiligt. Es sagt auf der anderen Seite auch unser KSE nicht aus, daß es auf eine bestimmte Art von Einsätzen beschränkt bleibt, sondern das, worauf es beschränkt bleibt, ist, daß wir zweifellos nicht an einem Krieg zwischen zwei Nationen teilnehmen können oder werden oder wollen, weil dadurch das derzeit bestehende Neutralitätsgesetz verletzt würde. Alle anderen Formen sind in gewissem Rahmen heute auch definitorisch anders geprägt, als das früher der Fall war.

Aus der Erfahrung zeigt sich, daß man heute kaum mehr von Peace-keeping-Aktivitäten im alten Sinne spricht, sondern die übliche internationale Terminologie ist Peace-Support-Operations, das heißt friedensunterstützende Maßnahmen. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß das alte Modell, nämlich zwei Streitteile, die ihre Kämpfe beenden und dann eine internationale Organisation herbeirufen, um diesen Waffenstillstand oder diesen Frieden zu sichern, um diesen damit erstellten Frieden zu halten, eigentlich immer mehr zum Sonderfall wird und andere Formen von Instabilitäten auftreten, die diese eindeutige Zuordnung nicht zulassen. Es ist also sicherlich insgesamt richtiger, von Peace-Support zu sprechen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Dr. Kaufmann. – Bitte.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit der Frage von Bundesrat Pfeifer hinsichtlich des Einsatzes des Bundesheeres im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden möchte ich Sie, Herr Bundesminister, fragen, wie der Einsatz des österreichischen Bundesheeres im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe in Polen abgelaufen ist und welche Erfahrungen wir daraus gewinnen konnten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben diesen Einsatz im Sommer, und zwar konkret von Anfang bis Ende des Monats August durchgeführt. Wir waren mit 40 Mann, das heißt einem Zug, dort und hatten drei Wasseraufbereitungsanlagen und 15 Fahrzeuge mit. Die Aufgabenstellung war, die Trinkwasserversorgung für die Bewohner sicherzustellen und dabei die nötigen Desinfektionsvorgänge et cetera durchzuführen, und das ist auch in hervorragender Art und Weise gelungen. Es war dies ein Beitrag, der von der polnischen Bevölkerung und der polnischen Regierung sicherlich sehr geschätzt wurde als eine wesentliche Hilfestellung bei dieser Katastrophe, die alle Ausmaße gesprengt und die Grundversorgung der Bevölkerung extrem gefordert hat.


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Dieser Einsatz wurde beschlossen, nachdem eigentlich ein Einsatz in der Tschechischen Republik erfolgen sollte, diese das Problem aber mit ihren eigenen Kapazitäten selbst bewältigen konnte. Aufgrund der Überdimensionalität des Problems in Polen war die Situation dort anders, die polnische Regierung ist an uns herangetreten, und wir haben diese Hilfestellung durchgeführt. Wir können nur sagen, auch dort haben wir die Erfahrung gemacht, daß die Qualität unserer eigenen Ausbildung und die Qualität des Einsatzes unserer Soldaten im Ausland hervorragend war.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Punkte 2 bis 6, 7 und 8 sowie 9 und 10 der Tagesordnung unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (938 und 1013/NR sowie 5570/BR und 5596/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Steinbichler übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Leopold Steinbichler: Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird unter anderem folgendes ausgeführt:

"Das österreichische Staatskirchenrecht geht vom Bestehen gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften aus. Am Bestehen derartiger Kirchen und Religionsgesellschaften knüpft eine Reihe von Rechtsvorschriften an, wie zum Beispiel das Abgabenrecht, das Schulrecht (Religionsunterricht, Subventionierung von Privatschulen), das Bundesgesetz über die Aufgaben und Einrichtungen des österreichischen Rundfunks, das Personenstandsrecht. Ein Abschaffung des Institutes der Anerkennung erscheint daher praktisch nicht möglich. Ebenso erscheint eine Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Status auf alle religiösen Bekenntnisgemeinschaften unabhängig von der Dauer ihres Bestehens, der Zahl der Anhänger, der Verwendung der finanziellen Mittel sowie des Verhältnisses zum Staat und der übrigen Religionsgemeinschaften unzweckmäßig und rechtspolitisch verfehlt, weil den anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zukommt."

Durch den vorliegenden Gesetzbeschluß sollen

Religionsgemeinschaften nicht nur auf Grund des Anerkennungsgesetzes Rechtspersönlichkeit erlangen können, sondern auch in einer einfacheren Form,


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rechtliche Möglichkeiten für die Feststellung des Bestehens einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft geschaffen werden,

Bedingungen im Rahmen des Artikels 9 der MRK umschrieben werden, bei denen die Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft versagt beziehungsweise entzogen wird, was bedeutsame Auswirkungen bezüglich der Nutzung der "Religionsfreiheit" durch diese Gruppierung und der Möglichkeit ihres Auftretens in der Öffentlichkeit zur Folge haben würde,

für die Anerkennung im Sinne des Anerkennungsgesetzes zusätzliche konkrete Voraussetzungen festgelegt werden.

Der Unterrichtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

11.16

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich in die Debatte eingehe, gestatten Sie, daß ich ein Dankeschön an den Bundesratsdienst ausspreche. Er hat uns den heutigen Plenartag mit vorweihnachtlichem Gebäck etwas versüßt. Herzlichen Dank jedenfalls dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Das hat es uns auch leichter gemacht, unsere Einwendungen in nicht so straffer Form vorzubringen, wie wir das ursprünglich vorhatten. Aber es ändert nichts an der Richtigkeit der Materie, und ich darf auf die Problematik eingehen.

Auch diese Vorlage leidet unter anderem darunter, daß ein Bericht des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes offensichtlich keinen Eingang gefunden hat. Gestern hat der Bundesrat das erste Mal Mut bewiesen und versucht, mit zwei einstimmig angenommenen Entschließungsanträgen die StVO und vor allem das Führerscheingesetz abzuändern. Es tut mir persönlich leid, daß dieser Versuch nicht mit jener Stärke erfolgt ist, wie es die Geschäftsordnung möglicherweise vorgesehen hätte. Sie haben heute die neue Geschäftsordnung des Nationalrates bekommen. Lesen Sie § 21 Abs. 1 nach! Wir hätten das durchaus auch in Form eines Gesetzesantrages machen können.

Wie berechtigt das ist – da sei Kollegen Rieser gedankt, er ist leider nicht hier –, zeigt zum Beispiel, daß einer jungen Frau vor kurzem im Slowenien der Führerschein abgenommen wurde, weil er dem dortigen Recht nicht entsprochen hat. Das ist sehr bedauerlich, und zwar in zweierlei Hinsicht: einerseits aufgrund der Tatsache, daß er abgenommen wurde, und andererseits, weil Slowenien, das sich sehr um den EU-Beitritt bemüht und dabei die Unterstützung Österreichs einfordert, in solchen relativ kleinen Bereichen nicht einmal daran denkt, sich der zukünftigen Rechtslage anzupassen. Über die Anerkennung der deutschen Minderheit und sonstige Probleme rede ich gar nicht. – Verzeihen Sie, daß ich diesen Sidestep in die Geschäftsordnung gemacht habe. Ich darf nunmehr zur Vorlage selbst kommen.

Es ist wohl das Recht einer Gemeinschaft und auch eines Staates, eine Werteorientierung vorzugeben, wenn diese dem Gefühl der Mehrheitsbevölkerung des Staates entspricht. Es ist an und für sich ein Selbstverständnis, daß unsere abendländische Kultur durch bestimmte Religionen und Wertevorstellungen geprägt ist, und es ist ebenso ein Selbstverständnis, daß wir, dieser Staat, diese Gemeinschaft diese Wertevorstellung in Schutz nehmen und verteidigen. Gemäß dem Mehrheitswillen der Bevölkerung sind diese Wertevorstellungen und diese Religionsgemeinschaften quasi ein Primus inter pares.

Andererseits haben wir sehr streng darauf zu achten, daß es nicht zu einer Dominanz – ich werde etwas leiser sprechen, um die Gehörgänge der Bundesräte nicht allzusehr zu strapazieren –


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einer Religionsgemeinschaft kommt. Die sogenannte Staatskirche entspricht ebenso nicht unserer Vorstellung.

Meine Damen und Herren! Wenn wir die Vorlage durchschauen, dann können wir folgende Kernpunkte erkennen. Ich möchte einige dieser Punkte kurz kommentieren. Der Erwerb der Rechtspersönlichkeit für religiöse Bekenntnisgemeinschaften durch Antrag an das zuständige Bundesministerium – verständlich.

Die Erlassung von Feststellungsbescheiden mit der gleichzeitigen Auflösung jener Vereine, deren Zweck in der Verbreitung der Religionslehre der betreffenden religiösen Bekenntnisgemeinschaft besteht, und schließlich die Berechtigung, die Bezeichnung "staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft" zu tragen.

Nächster Kernpunkt: Antrag der religiösen Bekenntnisgemeinschaft auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit; Nachweis, daß mindestens 300 Personen dieser Gemeinschaft angehören; Erstellung von Statuten.

Sodann folgt – vice versa – der Punkt: Versagung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit. Dies kann dann erfolgen, wenn die Lehre gegen die Interessen der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung et cetera verstößt. Im Einzelfall entscheidet das zuständige Bundesministerium.

Ein weiterer Kernpunkt: Beendigung der Mitgliedschaft zu einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft. – Sie erfolgt durch eine Austrittserklärung vor der Bezirksverwaltungsbehörde. Das ist unserer Ansicht nach eine sehr wichtige Bestimmung.

Ich darf hiezu kurz extemporieren: Grundsätzlich wenden wir uns auch in diesem Bereich gegen Pflichtmitgliedschaften. Abgesehen davon meine ich, wenn ich das ideell prüfe, daß die Freiwilligkeit sicherlich zu einem erhöhten Einsatz und zu mehr Durchsetzungswillen in einer Gemeinschaft führt, als wenn man dazu verpflichtet ist.

Ein weiterer Kernpunkt sieht ein öffentliches Register beim zuständigen Bundesministerium vor.

Die zusätzlichen Anerkennungskriterien für die Religionsgemeinschaften werden nach dem entsprechenden § 11 aufgelistet: 20jähriger Bestand, davon 10 Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft, Anzahl von mindestens 2 vom Tausend der österreichischen Bevölkerung. – Dazu werde ich noch einiges sagen.

Weitere Kriterien sind: Verwendung der Einnahmen für religiöse Zwecke, positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat, keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses zu den bestehenden, gesetzlich anerkannten Kirchen.

Greifen wir einmal die positiven Punkte dieser Regierungsvorlage heraus:

Kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit für eine Religionsgemeinschaft. – Das halte ich an und für sich für richtig.

Die gesetzliche Regelung des Austrittes: Ich habe bereits gesagt, daß wir Freiheitlichen das für sehr wichtig halten.

Auskunft über bestehende religiöse Bekenntnisgemeinschaften durch ein öffentliches Register für jedermann. Jedermann kann darin Einsicht nehmen.

Zusätzliche Voraussetzungen für die Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach dem Anerkennungsgesetz, die die derzeitigen Pseudoreligionen möglicherweise nicht erreichen können – ohne Wertegemeinschaften diskriminieren zu wollen, die im Entstehen sind. Es gibt auch andere Gruppierungen, die erhebliche gesellschaftliche Probleme bereiten und bei denen die Gemeinschaft unserer Meinung nach durchaus das Recht hat, sich dagegen zu wenden.

Eine grundsätzliche Anerkennung ist der entsprechende legistische Rahmen.


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Zusammenfassend möchte ich sagen: Der Weg ist an und für sich richtig, aber die Bedenken, die sich noch dagegen erheben, sind für mich persönlich doch sehr gewichtig. Ich komme jetzt zu diesem Bereich der Kritikpunkte und darf unter anderem aus einem Schriftsatz, einer Feststellung des Bundeskanzleramtes – des Verfassungsdienstes – an das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zitieren.

Zunächst wird der Titel kritisiert, das ist noch weniger wichtig. Aber zum Beispiel heißt es im § 9 – ich zitiere –: Der Entwurf sieht eine Mindestanzahl – ich habe das vorhin bereits bemerkt –von mindestens zwei vT der Bevölkerung Österreichs nach der letzten Volkszählung – das wären ungefähr 14 000 Mitglieder – vor. Zwar muß nach Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention die Religion identifizierbar sein – die Europäische Menschenrechtskommission hat auch festgestellt, daß das natürlich eine gewisse Mitgliederanzahl miteinschließt –, jedoch erscheint diese erhebliche quantitative Barriere im Hinblick darauf, daß auch einige anerkannte Religionsgemeinschaften deutlich geringere Mitgliederzahlen aufweisen, als sachlich nicht gerechtfertigt. – Ende des Zitats.

Das ist ein sehr gravierender Vorwurf, weil er nicht nur vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes kommt, sondern auch von der Europäischen Menschenrechtskonvention unterstützt wird. Eine diesbezügliche Modifizierung und genauere Determinierung wäre vonnöten. Da der Zugang zum Anerkennungsverfahren von eminenter Bedeutung ist, wäre zu erwägen, ob dieses Gesetz nicht überhaupt neu erlassen werden sollte. Andererseits läge dann eine Lex imperfecta oder, exakter ausgedrückt, eine Lex fugitiva vor, da die gegenständliche Novelle zum Anerkennungsgesetz im Titel des vorliegenden Gesetzentwurfes nicht deklariert ist.

Noch ein anderer, sehr gravierender Bereich ist dieser Vorlage anzulasten. Dies ist im § 10 nachzulesen. Diese Bestimmung sieht vor, daß der vorliegende Gesetzentwurf auf laufende Verfahren Anwendung findet. Zwar sieht die Bundesverfassung kein allgemeines Verbot rückwirkender Gesetze vor, das heißt, solcher Gesetze, die an Sachverhalte anknüpfen, die sich vor Erlassung der Gesetze ereignet haben, jedoch besteht – abgesehen von Artikel 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention; ich habe sie angeführt, zwar nicht genau zitiert, aber erläutert – auch hiefür die Schranke des Gleichheitsgrundsatzes. In besonderen Fällen kann nämlich die Rückwirkung eines Gesetzes wegen der damit verbundenen vertrauensverletzenden Wirkung gleichheitswidrig sein.

Im gegebenen Fall würde diese Bestimmung in laufende Verfahren eingreifen, und das ist das Problem. Diese laufenden Verfahren gehen in die Vergangenheit und die diesbezüglichen Anträge auf Anerkennung von Religionsgemeinschaften ex lege in eine Anzeige, wenn ich dies genau gemäß § 3 des Entwurfes umdeute.

Da mit der Anerkennung von Religionsgemeinschaften nach dem Gesetz über die Anerkennung von Religionsgesellschaften eine rechtliche Besserstellung verbunden wäre, würde dieser rückwirkende Eingriff des § 10 des Entwurfes in die laufenden Verfahren die Rechtsposition der jeweiligen Antragsteller verschlechtern. Ein solches Vorgehen würde somit die Normadressaten in ihrem berechtigten Vertrauen auf die Rechtsordnung und Rechtslage enttäuschen, was im Lichte der entwickelten Judikatur des Vertrauensschutzes – dies ist im Steuerrecht entwickelt worden – problematisch wäre und unserer Meinung nach auch problematisch ist. – Das ist einer der Kritikpunkte.

Unserer Meinung nach wäre eine Novelle zum Anerkennungsgesetz sinnvoller.

Die zahlenmäßige Feststellung habe ich schon erläutert. Ich sehe diese Barriere an und für sich in dieser Form nicht ein.

Es erhebt sich auch eine weitere Frage: Wie kann eine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft gemessen werden? Welche Werte setzen wir hier an? – Das wird nicht ausgesprochen. Oder: Wie kann eine gesetzwidrige Störung zu den bestehenden Kirchen und Religionsgemeinschaften gemessen werden? Wird der Staat zum Richter über die Religionsgemeinschaften aufgerufen? – Das möchte ich nicht. Das steht uns auch, wie ich meine, nicht zu.


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Weitere verfassungsrechtliche Bedenken sind – ich habe schon darauf hingewiesen – mögliche rückwirkende Auswirkungen auf laufende Verfahren, Verletzung des Vertrauensgrundsatzes sowie der Umstand, daß der Ausdruck "religiöse Bekenntnisgemeinschaft" deren Selbstverständnis nicht ganz Rechnung trägt. Es ist das eine gleichheitswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Religionsgemeinschaften.

Ich sage es so, wie ich es in der Einleitung ausgeführt habe: Eine Gesellschaft, ein Staat hat durchaus das Recht, seine Prinzipien, seine Werte zu schützen und entsprechend darzustellen. Andererseits ist aber auch nach unseren Verfassungsprinzipien, nach unserer Rechtslage sehr streng darauf zu achten, daß es zu keiner Diskriminierung kleinerer Religionsgemeinschaften oder Wertegemeinschaften kommt. Die Voraussetzung, daß es zu keinen derartigen Diskriminierungen und auch nicht zu dominanten Gemeinschaften kommt, enthält diese Vorlage unserer Ansicht nach leider nicht, sodaß wir dieser Vorlage die Zustimmung verweigern müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Crepaz. – Bitte.

11.31

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß mein Vorredner dieses Gesetz so sachlich vorgetragen hat, und ich muß sagen, ich habe auch keine Freude mit dieser Regierungsvorlage über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften. Einerseits ist das, wie ich es sehe, wieder einmal eine Anlaßgesetzgebung, um noch schnell vor der Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof eine gesetzliche Handhabe dafür zu erhalten, die Anerkennung neuer Religionen zu reglementieren.

Der Anlaß ist das 20jährige Ringen der Zeugen Jehovas um Anerkennung. Ich gebe zu, mir ist es nicht gelungen, sachlich an dieses Thema heranzugehen, sondern ich bin da vielleicht etwas emotional besetzt. Wir haben ein Anerkennungsgesetz aus dem Jahr 1874, erlassen von Josef II, mit dem Ziel, die Religionsfreiheit zu gewährleisten. Ich meine aber, daß nun mit diesem neuen Gesetz die Religionsfreiheit und die Freiheit der Religionsausübung eingeschränkt werden.

Andererseits wird man mit diesem Gesetz dem Umtrieb der Sekten und Kulte auch nicht Herr, denn diese Sekten treten speziell an die Jugend heran, und zwar unter dem Mäntelchen der Selbstfindung, der Charakterbildung, der Esoterik und ähnlich schön klingenden Begriffen. Sie werben mit Freundschaft, sie werben mit Liebe und schaffen es so, mit Gehirnwäsche und sanftem Psychoterror Jugendliche und eher labile Menschen in ihren Einflußbereich zu bringen.

Ich streite ganz bestimmt nicht ab, daß Sekten und Kulte eine Gefahr sind, und zwar sowohl für unsere Familien als auch für unsere Gesellschaft, aber wenn Sie § 5 lesen, dann werden Sie feststellen, daß auch die katholische Kirche diesem Gesetz nicht gerecht wird. Denn gerade sie hat auch als Sekte begonnen und hat ihre Macht in den letzten 2 000 Jahren auf Intoleranz, Machtgier und Menschenverfolgung aufgebaut. Denken Sie nur an die Inquisition und die Hexenverbrennungen!

Auch heute noch läßt sie Barmherzigkeit und Toleranz vermissen, wie auch der in Innsbruck von uns allen so geschätzte Altbischof Stecher jetzt sogar schon brieflich aus reiner Sorge zum Ausdruck gebracht hat. Themen wie Empfängnisverhütung, Zölibat oder der Umgang mit den Frauen in der Kirche sind nur einige "Kleinigkeiten", die die Macht der Kirche noch immer demonstrieren und vielen Menschen Schwierigkeiten verursachen.

Wenn Sie wegen Sekten wie zum Beispiel Scientology Angst haben, dann muß ich Sie daran erinnern, daß auch die katholische Kirche ein Wirtschaftsfaktor ist. Auch sie besitzt Banken et cetera.


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Auch heute noch führt sich – speziell bei uns in Tirol und überhaupt auf dem Land – die katholische Kirche so auf, daß man von Religionsfreiheit nicht sprechen kann. Denn je kleiner die Gemeinde ist, umso schlimmer, umso ärger werden die Menschen durch die katholische Kirche manipuliert und genötigt, und wer sich außerhalb ihrer Gemeinschaft stellt, der ist auch im Dorf außerhalb der Gemeinschaft und gehört sozusagen zu den Gottlosen.

Das beste, was ich in diesem Gesetzentwurf gefunden habe, ist, daß der Austritt aus einer Religionsgemeinschaft gebührenfrei und über die Bezirksbehörden erfolgen muß. Das stellt einen gewissen Personenschutz dar. (Lebhafte Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es werden jetzt sozusagen die verschiedensten Kirchen und Religionsbekenntnisse mit den unterschiedlichsten Gütesiegeln bedacht. Es werden Grenzen und Diskriminierungen gesetzt – all das vor dem Hintergrund einer heilen und heiligen Welt, die bestrebt ist, diese Sekten fernzuhalten. – Ich weiß schon, daß meine Einschätzung zu diesem Gesetz nicht von meiner gesamten Fraktion geteilt wird, aber ich erlaube mir heute, diesem Gesetz die Zustimmung nicht zu geben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Dr. Hummer. – Bitte.

11.36

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist nicht zu verhehlen, daß das Verhältnis des demokratischen Rechtsstaates zur Konfession, zu den Konfessionen, zur Vielfalt der Ideologien und Glaubensbekenntnisse, wahrscheinlich zu den schwierigsten verfassungsrechtlichen und demokratiepolitischen Fragen überhaupt zählt.

Eine Art demokratiepolitischer Purismus möchte es so haben, daß die Demokratie den Kirchen und den Ideologien völlig neutral gegenübersteht – in einer gleichen Distanz, in einer Äquidistanz – und in keiner Weise fördernd oder reglementierend eingreift. Das Grundgebot unserer Bundesverfassung, daß alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind, insbesondere ohne Rücksicht auf ihr Religionsbekenntnis, zählt zu den demokratischen Grundfesten unseres Staates. Das steht wohl außer Zweifel.

Wenn man die Demokratie und den Rechtsstaat kritisch würdigt, dann muß man allerdings feststellen, daß er viel mehr ist als das Zusammenspiel bloß politischer Kräfte. Es ist in Wahrheit eine Vielfalt von Wertungen, die sozusagen aus allen Ecken und Enden einer demokratischen Verfassung herausschauen, sodaß sich diese scheinbare Neutralität in Wirklichkeit nirgendwo realisiert.

Schon unser Sachlichkeitsgebot, das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitet wird, ist, wie von der Wissenschaft überzeugend nachgewiesen worden ist, von zahllosen Wertungen verschiedenster Art durchdrungen, und es ist nicht zu verkennen, daß die Kirchen, daß die katholische Kirche, die großen Religionsbekenntnisse, die großen Weltreligionen, die evangelische Kirche, der Islam, die jüdische Religion, einen bedeutsamen Einfluß auf das Geschehen in einem Staate ausüben, daß sie gewaltige Kulturträger sind, daß sie gewaltige Weltanschauungsträger sind, daß sie auf das politische Geschehen tatsächlich in einer gewaltigen, wahrscheinlich vielfach verkannten Weise einwirken.

Der Staat setzt bei seinen Bürgern sehr vieles voraus: ein bestimmtes Verhalten, ein Bekenntnis zum Staat, ein Bekenntnis zur Mitmenschlichkeit, ein Bekenntnis zur Kultur und ein Bekenntnis zu zahllosen Grundwerten, die alle in einem hohen Maß den Religionen, den großen Ideologien und Bekenntnissen entnommen sind, ohne daß uns dies im Alltag überhaupt noch bewußt wird.

In der alten Donaumonarchie, im alten Österreich, in dem der Konstitutionalismus aufkeimte und die Demokratie erst den Wurzeln entsproß, in dem in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein gewaltiger Liberalismus gegen das alte Staatskirchentum aufkam, war es eine


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Errungenschaft, daß man zwischen gesetzlich anerkannten und den übrigen Religionsgemeinschaften unterschied, denen eine freie Religionsausübung zwar nicht öffentlich, aber im privaten Bereich zugesichert wurde. Das war damals eine große Errungenschaft.

Die Zeit ist weitergegangen, unsere Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 verhieß Neutralität und übernahm weitgehend in den Bereichen der Grundrechte den Stand, wie er in der Monarchie insbesondere im Grundgesetz über die allgemeinen Grundrechte der Staatsbürger vom 21. Dezember 1867 und flankierenden Gesetzen festgelegt worden war.

Es sind Wertungen, die dazu führen, daß sozusagen eine exakte Beantwortung dessen, was sich der Politiker fragt – oft nämlich eine sachlich richtige Antwort –, nicht gegeben werden kann. Eines steht aber fest: Daß die großen Bekenntnisse, die großen Kirchen in unserem Land in dem, was sie für unsere Bürger tun und leisten, in dem Grundethos, das sie zu vermitteln suchen, den Staatsbürger in hohem Maße mitbilden und auch das Bekenntnis zu unserer demokratischen Republik mittragen. Es ist bei kleinen, neuen Religionsgesellschaften vielfach gar nicht möglich, dies zu beurteilen.

Man muß ihnen größte Sachlichkeit entgegenbringen, aber der Mißbrauch, etwa für finanzielle Zwecke, wie er sich bei neueren Religionsgemeinschaften erkennen ließ, das Abhängig-Machen von Menschen in solchen Religionsgesellschaften, wie es da und dort gang und gäbe sein soll und auch von Fachleuten geortet wurde – wenn ich insbesondere an die entsprechenden Studien über Sekten des Bundesministeriums für Unterricht erinnern darf –, lassen eine gewisse Vorsicht, die die Freiheit der Religionsausübung nicht antastet, durchaus geboten erscheinen. Das Recht des Staates, seinen Bestand und die Freiheit seiner Bürger auch im geistigen Bereich zu sichern, ist wohl eines der Grundrechte, die sich aus der Souveränität des Staates und seiner Unabhängigkeit auch im Bereich gegenüber seinen Bürgern ergeben.

Daß sich bei dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates der Gesetzgeber ungeheuer schwergetan hat, geht etwa aus der Bestimmung des § 5 hervor, wonach der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten den Erwerb der Rechtspersönlichkeit dann versagen kann, wenn Interessen der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und – siehe da! – der Moral beeinträchtigt sein könnten.

Den Begriff der Moral in einer pluralistischen Gesellschaft außer Zweifel zu stellen, ist wohl unmöglich. Ich darf scherzhaft anmerken, daß mir in solchen Fällen immer die Frage einfällt, die sich der Jurist stellt: Was mag sich wohl der Gesetzgeber dabei gedacht haben? – Dazu muß ich sagen, das wird wohl nie zu ergründen sein, sondern er hat es den jeweiligen Vorstellungen, die eine Mehrheit der Gesellschaft von Moral hat, der Fortbildung der Gesellschaft überlassen, weil eine Definition in diesem Bereich natürlich unmöglich ist.

So kann man die allgemeine Unzufriedenheit sicherlich ansatzweise teilen, nur dort, wo eine sichere Antwort nicht möglich ist, muß man sich mit einer Antwort begnügen, die niemanden glücklich sein läßt, die aber auch – das muß schon herausgestellt werden – niemandem Unrecht tut. So wird den Religionsgesellschaften, die eine bestimmte Mindestzahl an Mitgliedern aufweisen, die sich zu den Grundwerten der Freiheit, der Persönlichkeit, zu den Grundwerten unseres Staates bekennen, wenigstens Rechtspersönlichkeit gegeben, und sie müssen nicht beim Status eines Vereines oder einer sonstigen für Religionen nicht geschaffenen Rechtsform Unterschlupf finden.

Mit dieser Maßgabe können wir wohl dem hier vorliegenden Beschluß des Nationalrates unsere Zustimmung erteilen und werden keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfgang Hager. – Bitte.

11.45

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von reli


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giösen Bekenntnisgemeinschaften wird allgemein auch als "Sektengesetz" bezeichnet. Meinen Ausführungen vorausschicken möchte ich, daß ich keiner religiösen Gemeinschaft angehöre, weder einer staatlich anerkannten noch einer der zahlreichen abstrusen Verbindungen, die um eine staatliche Anerkennung kämpfen.

Das Angebot an religiösen und vor allem pseudoreligiösen Verbindungen ist so groß wie noch nie. Eine gewisse Orientierungslosigkeit der Menschen bietet selbsternannten Gurus einen hervorragenden Nährboden für ihre oft abenteuerlichen Ideologien.

Dieses Gesetz ist, wie es von Kritikern schon bezeichnet worden ist, in einem gewissen Sinne ein "Verhinderungsgesetz", aber ich halte das nicht für schlecht. So wie der Gesetzgeber Betrug oder Körperverletzung unter Strafe stellt, so ist er auch dazu aufgerufen, die Bürger – es sind meistens die schwächsten Mitglieder dieser Gesellschaft, oft psychisch labile Menschen, die davon betroffen sind – vor vermeintlichen Heilslehren zu schützen. Dazu dient meiner Ansicht nach dieses Gesetz sehr wohl.

Die freie Ausübung einer Religion ist ein Menschenrecht, und sie berührt auch sicher einen sehr privaten Teil des menschlichen Daseins. Dieses Recht wird durch das vorliegende Gesetz in keiner Weise berührt oder eingeschränkt, dieses Gesetz diskriminiert niemanden. Jeder Österreicher kann seinem Glauben anhängen, sei er nun Katholik, oder glaubt er an irgendwelche mythischen Naturerscheinungen – der Staat hat kein Recht, ihn daran zu hindern.

Wir wollen auch mit Sicherheit keinen legistisch geregelten Gottesstaat haben oder Zustände wie im Mittelalter, als Menschen für ihr Bekenntnis sterben mußten, das Gesetz greift aber dort ein – so sehe ich das –, wo der private Bereich verlassen wird und die Rechte und Freiheiten anderer Menschen berührt werden. Ich persönlich verbitte mir, von Sektierern belästigt zu werden, die oft mit enormer Penetranz ihre sonderbaren Geschichten weiterverbreiten wollen.

Vor allem bin ich aber – das sage ich ganz persönlich – in Sorge um meine beiden heranwachsenden Söhne. Ich will nicht, daß sie in die Fänge von Sekten geraten, die von Subjekten angeführt werden, die schlichtweg als Verbrecher zu bezeichnen sind. Verschiedene Psychosekten sind zwar wahrscheinlich in ihrem Vorgehen zu raffiniert, als daß sie mit diesem Gesetz wirkungsvoll in die Schranken gewiesen werden könnten, aber dennoch halte ich das Gesetz für sehr begrüßenswert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.48


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
634. Sitzung / Seite 48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rauchenberger. – Bitte.

11.48

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Aufgrund meiner Vorredner kann ich mich in meinem Beitrag sehr kurz halten.

Die bisherigen Ausführungen der Vorredner habe ich mit großem Interesse verfolgt, und ich habe mich auch im Vorfeld dieser Debatte sehr eingehend mit dem Gesetzentwurf und mit verschiedenen Artikeln beschäftigt. Ich bin zur Schlußfolgerung gekommen, daß dieses Gesetz ein typisches Verhinderungsgesetz, wie es auch der ÖVP-Abgeordnete Werner Amon gegenüber dem "Neuen Volksblatt" feststellte, sein soll.

Es mag sein, daß man glaubt, gegen die eine oder andere Glaubensgemeinschaft oder gegen Sekten in Zugzwang zu sein. Rechtsstaatliche Grundsätze deshalb über Bord zu werfen und eine nicht ausreichend verhandelte und nur dem Ehrgeiz des ÖVP-Klubobmannes dienende Radikallösung zu akzeptieren, widerstrebt allerdings zutiefst meiner Gesinnung, meiner Toleranz und Rechtsauffassung. Es ist mir deshalb ein persönliches Bedürfnis festzustellen, daß ich, insbesondere auch unter Anhörung der Beiträge hier in dieser Debatte, dem Antrag des Berichterstatters, gegen das vorliegende Gesetz keinen Einspruch zu erheben, nicht zustimmen werde. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte zum 1. Tagesordnungspunkt ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (934 und 1014/NR sowie 5597/BR der Beilagen)

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird (1015/NR sowie 5598/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (935 und 1017/NR sowie 5599/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (936 und 1018/NR sowie 5600/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird (937 und 1016/NR sowie 5601/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird,


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634. Sitzung / Seite 49

ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 2 bis 6 hat Herr Bundesrat Mag. Himmer übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Mag. Harald Himmer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die einzelnen Berichte des Unterrichtsausschusses liegen Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher verkürzt Bericht erstatten.

Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird. Der Unterrichtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. Ich bitte, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluß keinen Einspruch zu erheben.

Des weiteren berichte ich über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird. Auch dazu hat der Unterrichtsausschuß nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag gestellt, keinen Einspruch zu erheben. Ich schließe mich dem an und bitte das Plenum, diesem Gesetz die Zustimmung zu erteilen.

Des weiteren berichte ich über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird. Der Unterrichtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Des weiteren bringe ich den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird. Auch hier hat der Unterrichtsausschuß mit Stimmenmehrheit den Antrag gestellt, keinen Einspruch zu erheben.

Des weiteren berichte ich über den Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird. Auch hier hat der Unterrichtsausschuß nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag gestellt, keinen Einspruch zu erheben.

Ich stelle den Antrag, gegen die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse im Plenum keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen nun über die Debatte über die zusammengezogenen Punkte ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

11.54

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kollegin Fischer hat gestern gesagt, man solle bei einem Gesetz nicht immer Einzelteile herauspicken, sondern man solle das Ganze betrachten. Da gebe ich ihr grundsätzlich recht, und das mache ich auch gerne bei allen Gesetzen, die zum Bereich Unterricht gefaßt und beschlossen werden sollen.

Gerade bei den Unterrichtsgesetzen bleibt es nicht aus, das Bildungssystem als Ganzes zu betrachten. Das, was mit den Unterrichtsgesetzen immer wieder passiert – wir sehen immer wieder die kleinen Korrekturen –, sind im wesentlichen nichts anderes als kosmetische Operationen. Es sind immer Entlastungsschnitte im System, damit das Ärgste verhindert werden soll. Trotzdem wäre es dringend nötig, sich das Bildungssystem als Gesamtes anzusehen.


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Was heißt Bildung? Was soll sie bewirken? – Bildung heißt Vermittlung von Wissen und – wie der Name schon sagt – Vermittlung von Bildung. Da liegt es aber leider bei uns in Österreich sehr im argen. Und das sage nicht nur ich. Es gibt genügend Statistiken, es gibt genügend Vertreter anderer Parteien, die immer wieder darauf hinweisen, daß es um die sogenannten Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben – auch das Rechnen zählt dazu – ziemlich arg bestellt ist. Da nützt es auch nichts, wenn wir dann immer wieder darauf hinweisen können, daß wir in den naturwissenschaftlichen Zweigen im europäischen Durchschnitt recht gut abschneiden. Das alleine macht es nicht aus. Auch da werden immer nur Segmente herausgegriffen und dann der Erfolg groß gefeiert, aber das Gesamte wird dabei nicht beachtet, und es wird auch nicht darauf hingewiesen und schon gar nicht daran gearbeitet, daß es eben nicht so gut ist, wie es vielleicht den Eindruck erwecken mag.

Jetzt haben wir in diesem Schulorganisationsgesetz die Berufsorientierung verankert. Im Grunde spricht natürlich nichts dagegen, daß die Schüler im Hinblick darauf eine gewisse Orientierung bekommen, was sie weiter tun werden. Wir wissen alle aus der Praxis, wenn man einen Schüler heute fragt, was er denn werden möchte, dann sagt er: Keine Ahnung!, egal, ob er 14 ist oder auch kurz vor der Matura steht.

Es wird dann auch eine gewisse versteckte Arbeitslosigkeit produziert, weil sehr viele an die Uni gehen und dort vielleicht Begabteren und Willigeren den Platz versitzen. Dort sind sie dann einmal aufgehoben, bis sie ihr Studium abbrechen. Man weiß mittlerweile, daß die Zahl der Studienabbrecher sehr groß ist.

Dann lese ich immer in diesen Regierungsvorlagen, das sei alles kostenneutral. Auch die Berufsorientierung wird unter dem Titel Kostenneutralität abgehandelt. Was heißt das? – Wenn ich sage, es ist kostenneutral, dann kann ich es wohl nur von irgendwo anders abzwacken, wenn ich nicht etwas Zusätzliches machen will. Es steht auch in der Regierungsvorlage, daß die Berufsorientierung in den Einheiten im Rahmen des Unterrichtes vermittelt wird.

Bei der Hauptschule wäre das ohnehin im Lehrplan vorgesehen, denn die Hauptschule ist im wesentlichen eine Schule, die zum Beruf führt, im Unterschied zur AHS, deren Ziel in erster Linie die Allgemeinbildung ist. (Bundesrat Meier: Beides!) Aber bei der Hauptschule ist das Element hin zur Berufsorientierung wesentlich größer als bei der AHS.

Jetzt frage ich mich schon, und das frage ich Sie auch: Was soll die Schule eigentlich noch alles machen? – Die Schule übernimmt seit Jahren im wesentlichen die Aufgaben der Gesellschaft. Immer mehr Erziehungsaufgaben, die eigentlich die Eltern wahrnehmen sollten, werden an die Schule delegiert. Da hat Kollegin Pühringer gestern nicht ganz unrichtig gesagt, diese Pauschalverunglimpfung der Lehrer sollte man vielleicht doch sein lassen. Ich weiß schon, daß es im Schulbereich mit den Lehren viele Probleme gibt, und es gibt eine – ich will nicht Mehrheit sagen – Zahl von Lehrern, bei denen man sich denkt, es wäre vielleicht besser gewesen, sie wären keine Lehrer geworden. Aber trotzdem glaube ich, daß es gefährlich ist, wenn man dann immer mit einem Kamm drüberschert und die Lehrer zu den Buhmännern der Nation macht, weil wir nicht vergessen dürfen, daß sie eben viel zu viele Erziehungsaufgaben wahrnehmen müssen.

Die Wissensvermittlung und die Bildung, die sie eigentlich den Schülern zukommen lassen sollten, bleiben damit auf der Strecke, und das betrifft auch dieses Schulorganisationsgesetz. Auch wenn man der Berufsorientierung im Grunde genommen positiv gegenübersteht, muß man schon sagen, auch hier wird natürlich vom Unterricht wieder etwas abgezwackt werden.

Das heißt, wir gehen in Richtung Reduktion der Wissensvermittlung. Ich glaube, daß das schlecht ist. In dem immer härter werdenden Wettbewerb werden wir es noch bitter beklagen, wenn unsere Kinder ein Bildungsdefizit aufweisen. Sie werden dann nicht bestehen können. Wir laufen Gefahr, daß unsere Kinder das Schlußlicht im europäischen Raum sein werden. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

An die Kollegen von der Sozialdemokratie muß ich schon folgendes sagen: Sie sind bei Ihrer Gründung zu Recht mit dem Ziel angetreten: Gleiche Bildung für alle, jeder soll Zugang zur


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Bildung haben. Das ist auch richtig. (Bundesrat Meier: Wir haben das auch heute noch!) Davon haben Sie sich leider entfernt. (Bundesrat Meier: Sie wollen eine Differenzierung!) Eben nicht.

Ich wäre froh, wenn die öffentliche Schule den Anspruch erfüllen würde, den heute die Privatschulen übernommen haben. Schauen Sie sich doch um: Selbst Leute, die Ihre Wähler sind, die oft genug sogar Mitglieder von Ihnen sind, schicken ihre Kinder in Privatschulen. Oft genug sparen sich ... (Bundesrat Meier: Der falsch verstandene Status!)  – Ich weiß, Sie wollen es nicht hören! Sie wollen es auch nicht wahrhaben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Weil es nicht stimmt!)

Oft genug sparen sich die Eltern das Geld dafür wirklich vom Mund ab, um ihren Kindern eine ordentliche Ausbildung zu ermöglichen, die die öffentliche Schule heute nicht mehr bietet. (Bundesrat Meier: Keine Ahnung!) Sie bietet sie nicht mehr!

Es nützt nichts, Kollege Meier, wenn Sie die Augen vor der Wahrheit verschließen (Bundesrat Meier: Die verschließe ich nicht!) und immer so tun, also wäre ohnehin alles in schönster Ordnung. Ich sage Ihnen: Das wird Ihnen noch auf den Kopf fallen und das werden Sie auch noch sehr bedauern.

Die Teilrechtsfähigkeit ist durchaus ein positiver Aspekt. Aber warum wird sie eigentlich eingeführt? – Das muß man sich schon auch fragen. Sie wird nicht deshalb eingeführt, weil sie schon seit Jahren ein Herzensanliegen ist, weil man sagt, daß die Schulen jetzt die Teilrechtsfähigkeit und ein eigenes Budget haben sollen, sondern die Wahrheit ist vielmehr: Die Teilrechtsfähigkeit wird eingeführt, weil der Bund kein Geld mehr hat, die Schulen zu finanzieren. Das ist der Hintergrund der Sache.

Ich stehe dem nicht grundsätzlich negativ gegenüber. (Bundesrat Meier: Das können ja auch die privaten, die Sie zitiert haben, übernehmen! Warum nicht?)  – Die privaten übernehmen ohnehin schon genug und haben keine Plätze mehr. (Bundesrat Meier: Aber anscheinend nicht genug!) Sie brauchen sich nur die Anmeldungsliste in einer Privatschule anzuschauen. Schauen Sie sich diese einmal an! Es gibt eine Warteliste, und Sie müssen Ihr Kind schon anmelden, wenn es in den Kindergarten geht, damit es dann für die erste Klasse Volksschule dort einen Platz bekommt, und das geht dann für die AHS oder Hauptschule genauso weiter. Die Leute, die ihre Kinder noch in Hauptschulen geben – 80 Prozent aller Wiener Volksschüler gehen nach der Volksschule ohnehin in die AHS –, schauen, daß die Kinder in eine private Schule kommen, und da ist eben die Warteliste entsprechend lang. (Bundesrat Meier: Bei uns nicht! – Zwischenruf der Bundesrätin Schicker. – Im Wiener Bereich. (Bundesrat Meier: Sie gehen nur von Ihren Verhältnissen aus! – Bundesrätin Schicker: Bei uns ist das nicht so!) Aber Wien gehört schon noch zu Österreich, oder? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was im Zusammenhang mit der Teilrechtsfähigkeit überhaupt nicht geklärt ist, ist, welche Fähigkeiten der Direktor haben muß, der die Rechtspersönlichkeit darstellt, um dieses Budget auch tatsächlich zu verwalten. Das ist nirgends definiert. Es heißt nur, daß er sich auch einen Geschäftsführer nehmen kann – "kann", aber er muß es nicht. Es stellt sich nur die Frage, ob diese privatrechtliche Aufgabe nicht zu Lasten seiner Aufgaben als Schuldirektor gehen wird. Das ist auch nicht geklärt.

Die finanziellen Mittel, die der Schule bleiben, müssen – so heißt es lapidar – natürlich wieder in der Schule verwendet werden. Das heißt aber nicht, daß diese Mittel für spezielle Lehrgänge, Kurse verwendet werden müssen würden – von diesen hat sich die öffentliche Hand jetzt verabschiedet, weil sie sich diese nicht mehr leisten kann. Diese Mittel könnten genausogut in eine Tenniswoche investiert werden; diese wäre für die Schüler wahrscheinlich lustig und sehr angenehm, aber ob sie tatsächlich der Wissensvermittlung dient, lasse ich einmal dahingestellt.

Die Dienstverpflichtung der Bundesbediensteten ist auch ein interessanter Aspekt. In dieser steht nämlich, daß das Personal das in diesem teilrechtlichen Bereich als Nebenjob machen kann. Wenn sich das aber nicht ausgeht, kann man sich selbstverständlich auch karenzieren lassen.


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Es stellt sich auch die Frage, ob es eine scharfe Trennung und eine freie Entscheidung bei der Personalauswahl gibt. Wie gesagt: Die betriebswirtschaftliche Ausbildung eines Schuldirektors ist auch noch nicht klargestellt.

Ich glaube, wir gehen mit all diesen Teilgesetzen – die Sie hier immer wieder beschließen; wir stimmen oft genug nicht mit – im Schulbereich in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Auch die Teilrechtsfähigkeit birgt die Gefahr in sich, daß das passiert. Es ist gut, wenn es bei den Schulen eine gewisse Konkurrenz gibt, aber es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, daß wir dann gute Schulstandorte haben, wo großes Engagement vorzufinden ist, wohin auch das Geld fließt und die daher dann auch vermehrt angenommen werden, weil sie die besseren Angebote machen können – das wird dann so quasi wie eine "öffentliche Privatschule", das sage ich aber unter Anführungszeichen, sein ... (Bundesrat Meier: Aber für die waren Sie ja gerade! Warum sind Sie jetzt dagegen?)  – Nein. Ich habe weder gesagt, daß ich dafür bin, noch, daß ich dagegen bin, ich habe nur gesagt, wie es ist, nämlich daß es heute einen verstärkten Zulauf zu Privatschulen gibt, weil die öffentliche Schule die Ansprüche vieler Eltern nicht mehr erfüllt. Nichts anderes habe ich gesagt!

Es besteht die Gefahr, daß wir auf der einen Seite dann quasi eine – unter Anführungszeichen –"staatliche Privatschule" haben und auf der anderen Seite die Reststandorte, zu denen dann jene gehen, die sich gar nichts leisten können. Das finde ich bedauerlich, und damit sind dann Sie mit dem Bildungsanspruch, den Sie richtigerweise einmal gestellt haben, gescheitert.

Ich kann dieser Änderung des Schulorganisationsgesetzes nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Erhard Meier das Wort. – Bitte.

12.07

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte einige Worte zu den nun in Verhandlung stehenden Gesetzen sagen; zuerst zur Teilrechtsfähigkeit an Bundesschulen. Die Teilrechtsfähigkeit wird durch eine Änderung des Schulorganisationsgesetzes, aber auch zweier anderer Gesetzte, und zwar des Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes und des Bundesgesetzes über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern, ermöglicht.

Ich sehe das nicht wie Frau Kollegin Mühlwerth, denn es ist dies eine Entwicklung, die sich ergeben kann, je nach Bedarf. Ich sehe die Konkurrenzsituation nicht, wenn es sich um einen positiven Anreiz handelt, einen Anreiz, daß Schulen etwas leisten.

Was die Schulleiter als die dort vorgesehenen Geschäftsführer betrifft, möchte ich sagen: Bisher meinte man immer, daß Schulleiter vielleicht zu sehr Beamte sind und nichts unternehmen wollen, was mit der Wirtschaft zusammenhängt. Meine Ansicht ist: Schulleiter müssen heute auch Manager sein (Bundesrätin Mühlwerth: Da braucht er eine Ausbildung!), ohne den pädagogischen Bereich zu vernachlässigen. Wenn es nun die Möglichkeit gibt, diesen Personen dieses Angebot mit allen Risken des privaten Wirtschaftens zu bieten, sollte man nichts dagegen haben. (Bundesrätin Mühlwerth: Da muß ich schauen, daß er ausgebildet ist!)  – Das zur Teilrechtsfähigkeit.

Wir werden sehen, wie es sich entwickelt. Wenn es an keiner Schule funktioniert beziehungsweise nicht angenommen wird, dann wird es ohnehin nicht gemacht werden, wenn es sich aber bewährt, vielleicht auch nur teilweise bewährt oder in einer bestimmten Art von Schulen, dann ist der heutige Beschluß positiv zu sehen.

Zum Schulorganisationsgesetz möchte ich anmerken, daß die Änderungen und Erweiterungen im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Berufsreifeprüfung positiv sind, natürlich auch unter dem Aspekt, daß sie abwickelbar und durch Innendifferenzierung möglich sind. Das erscheint mir als positiv.


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Auch die Novelle zum Schulunterrichtsgesetz enthält einige neue Punkte. Ein sehr häufig diskutierter war die Schulbuchaktion. Es gibt jetzt Richtlinien für die Wiederverwendung von Schulbüchern durch Beschlüsse des Schulgemeinschaftsausschusses oder des Schulforums. Meine Damen und Herren! Ich spreche aus Erfahrung, denn wir haben das – ganz locker und den Bedürfnissen entsprechend – ohnehin schon so gehandhabt, indem wir auf freiwilliger Basis jene Bücher, die Schüler nicht mitnehmen wollten oder in den Papiercontainer geworfen hätten, eingesammelt haben. Damit haben wir bei etwa zwei Jahrgängen die Bücher eines Jahrgangs eingesammelt; Bücher, die durchaus wiederverwendbar waren – ich spreche nicht von den Arbeitsbüchern. Die eingesammelten Bücher haben wir dann wieder ausgegeben, haben dadurch den Gesamtbetrag, den der Staat zur Verfügung gestellt hat, nicht dafür beansprucht, sondern etwas eingespart. Wir haben damit aber auch die Elternbeiträge senken können, denn wir haben pro Klassen die 10 Prozent nur von den tatsächlich bestellten Schulbüchern ausgerechnet. Es waren genügend Bücher vorhanden, und zwar in einer Vielfalt, zum Beispiel Lesebücher und Biologiebücher, weil wir im Laufe der Jahre verschiedene Ausgaben gesammelt haben. – All das wird jetzt in das Gesetz geschrieben.

Daß der Gegenstand "Hauswirtschaft" in Zukunft "Ernährung und Haushalt" heißt, ist nur eine Formsache und betrifft nicht den Inhalt, der immer gleich und gut sein sollte.

Frau Bundesrätin Mühlwerth! Ich muß Ihnen in einigen Punkten widersprechen. Sie gehen – da will ich mich nicht einmischen, weil ich kein Wiener bin – vielleicht zu sehr von der Wiener Situation aus. In Wien ist der Prozentsatz jener Schüler, die nach der vierten Schulstufe die AHS besuchen, viel höher als auf dem Land, wo wir durch das Existieren von Oberstufengymnasien an den Hauptschulen teilweise die volle Palette der Schüler haben. Dort ist natürlich auch das Niveau ganz ausgezeichnet; auch durch die Leistungsgruppen. Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein, daß eine erste Leistungsgruppe an einer solchen Schule mit allen anderen Schulen – mit allen Unterschieden, die es immer wieder gibt – voll mithalten kann.

Ich muß einer weiteren Aussage von Ihnen widersprechen, Sie haben sie dann zwar etwas zurückgenommen und gemeint, daß es doch nicht die Hälfte der Lehrer sei, die eigentlich nicht Lehrer hätten werden sollen. Ich muß gegen Ihre Aussage protestieren (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth ), denn in jedem Berufsstand gibt es diese und jene Menschen, mehr oder weniger Begabte. Man sollte davon auch den Lehrerstand nicht ausnehmen, aber auch jene verminderten Prozentsätze, die Sie hier ins Spiel gebracht haben, stimmen nicht. Es gibt viele ältere engagierte Lehrer, aber auch viele junge engagierte Lehrer, die in einer nicht leichten Zeit in der Schule ihr Bestes geben. Die Ergebnisse beweisen, daß die österreichische Schule eine gute Schule ist! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Das geht nicht nur aus Statistiken im europäischen Raum hervor, sondern das ist tatsächlich so. Das sollte man hier auch sagen. Von einem Schlußlicht in Europa ist weit und breit keine Spur, Frau Kollegin Mühlwerth! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )

Nun zu jenem Punkt der Novelle zum Schulorganisationsgesetz, in dem ich teilweise mit meiner Vorrednerin übereinstimme. Die Gesellschaft ist es, die von der Schule alles mögliche verlangt. Alles, was in der Gesellschaft heute als Problem erscheint, sollte die Schule bewältigen. Jeder, der in der Schule ist, weiß, welche Themen darunter fallen: Drogen und Alkohol. Es gibt auch den Tag des Waldes, ein Rot-Kreuz-Kurs sollte absolviert werden – das sind wichtige Dinge –, Verkehrserziehung sollte durchgeführt werden – wenn wir einen Todesfall verhindern, hat sich die Verkehrserziehung in der Schule rentiert –, und viele andere Dinge.

Selbstverständlich ist die Vorbereitung, sind Informationen über den zukünftigen Beruf sehr wichtig. Wir wissen, daß sich Kinder und Eltern eigentlich erst sehr spät und nur sehr schwer für eine Richtung entscheiden können; das ist bis zur Matura und darüber hinaus noch beim Studium so. Deshalb ist die Berufsorientierung sicher sehr wichtig, das möchte ich vorausschicken. Ich persönlich wehre mich aber sehr dagegen – ich habe mit vielen anderen gesprochen –, daß eine Stunde in der siebenten und achten Schulstufe als Jahreswochenstunde für Berufsorientierung verwendet wird, weil man diese Stunde woanders wegnehmen muß. Wir haben eine Reduzierung der Unterrichtsstunden der 10- bis 14jährigen, also dieser vier Jahre, von 133 auf 127 Stunden ohnehin bereits hingenommen. Die Schulforen haben nun schulautonome Lehrplä


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ne mit Stundentabellen beschlossen, die zumindest vier Jahre durchgeführt werden müssen, und haben etwa eine zweite Fremdsprache, Informatik, Maschinschreiben, Chorgesang oder andere von der Gesellschaft geschätzte Fächer sozusagen eingebaut.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich wüßte nicht, wo ich an jener Schule, an der ich tätig bin, diese eine Stunde abzwicken sollte. Man kann einen Gegenstand, der jetzt zwei Stunden hat, nicht einmal halbieren. Ich meine aber auch, daß die Berufsorientierung, wie ich bereits ausgeführt habe, wichtig ist.

In der Ausschußsitzung kam es zu einer Debatte darüber – die Frau Unterrichtsministerin ist heute im Ausland, der sie vertretende Verteidigungsminister ist in einer Sitzung des Landesverteidigungsrates. Herr Ministerialrat Dr. Jonak war in der Ausschußsitzung anwesend und hat gemeint, daß die Ausführung dieses Gesetzes in der Form erfolgen wird, daß alles, was bisher schon an Berufsvorbereitung und -orientierung an den Schulen stattfinden mußte, einbezogen wird.

Wir haben an unserer Schule – das ist auch von Schule zu Schule anders – einen Lehrer, eine Lehrerin für Berufsvorbereitung, Berufsorientierung, Schullaufbahnberatung mit eigenen Stunden, mit der Verpflichtung, in dieser Hinsicht etwas zu tun. Mich wundert allerdings, daß vor zwei, drei Jahren der Bericht dieser Schullaufbahnberaterin an die Schulbehörde weggefallen ist. Das hat uns eine Arbeitserleichterung gebracht, aber diesen Bereich hat es gegeben. Der oder die Schullaufbahnberater/in mußte über das, was gemacht wurde, berichten.

Wir führen – ich möchte das nicht hervorhebend betonen – an unserer Schule eine ganze Reihe solcher Maßnahmen zur Berufsorientierungen durch.

Erstes Beispiel: Es kommt die gesamte Wirtschaft des steirischen Salzkammergutes mit ihren Vertretern – dabei können sich Betriebe darstellen, vom Friseur bis zum Bäcker – in die Schule. Eltern und Schüler werden dazu eingeladen. Wir laden alle Schulen des näheren und weiteren Bezirkes ein.

Wir nützen alle Möglichkeiten des Besuches von Schulen an "Tagen der offenen Tür". Wobei wir dazu übergegangen sind, daß nicht alle 30 Schüler einer Klasse alle Schulen besuchen müssen. Wenn sich jemand schon dafür entschieden hat, daß er in die HAK geht, braucht er nicht mehr in die Holzfachschule nach Hallstatt mitzufahren. Je nach Bedarf und Wunsch können diese Schulen besucht werden.

Wir führen berufspraktische Tage und eine Reihe anderer Dinge durch.

Wenn es nun möglich ist, diese Stunden und auch Gegenstände, in denen über Berufe gelehrt wird, wie Wirtschaftskunde innerhalb des Geographieunterrichtes, in denen man sich in der dritten und vierten Klasse Hauptschule – das gilt natürlich auch für die AHS – sowieso mit Berufen und Berufsbildern auseinandersetzt, in diese Berufsorientierung einzubeziehen, kann ich dem schon zustimmen. Sonst hätte ich mich schon gegen eine zusätzliche Stunde, die die Kinder belastet und auf der anderen Seite wertvolle Unterrichtseinheiten für etwas anderes wegnimmt, wehren müssen.

Ich hoffe also – ich hätte es gerne von der Frau Ministerin noch einmal persönlich bestätigt gehabt; das ist jetzt nichts gegen die Glaubwürdigkeit des Herrn Ministerialrats Jonak –, daß es in der Ausführung so beschlossen werden wird. Ich meine, die Schulen und die Lehrer wollen alles tun, um den Schülern die Möglichkeit zu geben, sich für Berufe zu interessieren, sich zu orientieren und zu informieren, wie ihre weitere Schullaufbahn sein kann und sein wird. Ich bitte aber darum, dafür keinen eigenen Gegenstand zu schaffen, denn das täte uns bei anderen wichtigen Gegenständen, die wir neben all dem, was ich hier angeführt habe, auch zu bewältigen haben, weh.

In diesem Sinne werde ich selbst, aber auch die sozialdemokratische Fraktion den vorliegenden Gesetzen zustimmen und keinen Einspruch erheben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.19


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Therese Lukasser das Wort. – Bitte.

12.20

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In fünf Einzelvorlagen, die schon mehrmals genannt wurden, behandeln wir heute notwendige Anpassungen. Ich darf es vorweg sagen: Meine Fraktion wird diesen Änderungen gerne zustimmen.

Die wesentlichsten Ziele und Inhalte wurden auch bereits mehrfach genannt. An Berufsschulen sowie an berufsbildenden mittleren Schulen sollen für die Absolventen dieser Schularten Fördermöglichkeiten sowie zusätzliche Angebote im Bereich der Freigegenstände geschaffen werden, die den Zugang zur Berufsreifeprüfung erleichtern. Wie es an den Universitäten und Bundesmuseen schon derzeit vorgesehen ist, soll auch im schulischen Bereich die Schaffung von teilrechtsfähigen Einrichtungen zu einem weiteren Betätigungsfeld führen.

Der neu vorgeschlagene § 128c im Schulorganisationsgesetz stellt einleitend die rechtliche Situation dar. Es ist die unselbständige Anstalt Schule, der zur Durchführung bestimmter Aktivitäten Rechtspersönlichkeit eingeräumt wird. Zu den Aufgaben der teilrechtsfähigen Einrichtungen soll es künftig auch gehören, Bildungsangebote zu führen, die nicht schulische Angebote sind. Zu diesen zählen insbesondere Speziallehrgänge, Lehrgänge und Kurse, die nicht mehr vom Geltungsbereich des Schulorganisationsgesetzes umfaßt sein sollen.

Herrn Ministerialrat Dr. Jonak ist in diesem Zusammenhang zu danken, daß er uns im Ausschuß den holprigen Begriff "Teilrechtsfähigkeit" umfassend erläutert hat. Weiters ist in diesen Vorlagen enthalten, daß in den siebenten und achten Schulstufen der Hauptschulen, der AHS und in den entsprechenden Stufen der Allgemeinen Sonderschule der Unterrichtsgegenstand Berufsorientierung als nicht zu beurteilende verbindliche Übung mit Wirksamkeit vom 1. September gesetzlich verankert wird. Ich danke da Herrn Kollegen Meier, der das näher ausgeführt, so kann ich es mir ersparen.

Es ist eine Notwendigkeit im Hinblick auf die gegebene Wirtschaftslage und die gestiegenen Anforderungen im Berufsleben. Darüber hinaus hat sich gezeigt, daß die Berufsorientierung in den Polytechnischen Schulen, die sehr gerne angenommen wird, nicht nur einen Teil der Schüler erreicht, sondern auch in vielen Fällen zu spät kommt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, Frau Elisabeth Gehrer, hat in einem Festvortrag am 10. November dieses Jahres in Innsbruck vor 2 000 Tiroler Lehrern eine chinesische Weisheit genannt. Sie sagte: Wenn der Wind stärker weht, dann bauen die einen Mauern und die anderen Segelschiffe. – Sie meinte dazu, diese Feststellung beschreibe sehr treffend die derzeitige Situation in unserer Gesellschaft und in unserem Bildungswesen. Der Wind der Veränderungen wehe derzeit besonders heftig. Es sei aber nicht zielführend, hohe Mauern zu bauen und sich dahinter zu verstecken. Um den Herausforderungen der Zeit gerecht zu werden, sei es sicher besser, genau zu prüfen, woher der Wind weht, und dann Segelschiffe zu bauen, um neue Ufer zu erreichen.

Um bei dem genannten Bild zu bleiben: Welche Ufer wollen wir erreichen? – Es geht um die Ziele der Bildungspolitik. Sie sind Ihnen allen bekannt und liegen generell in der Sozialisation der jungen Menschen, in der Ausbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, in der Vorbereitung auf eine berufliche und gesellschaftliche Position, in der Vermittlung von Methoden sozialen Lernens und Lebens und in der Einübung von Kritik und Loyalität, von Anpassung und Widerstand.

Wenn unsere Gesellschaft heute eine Bildungsgesellschaft genannt wird, so ist dies eher ein verklärender Ausdruck dafür, daß unsere Jugend heute länger als unsere Eltern und Großeltern in Erziehungseinrichtungen verweilen muß und mehr Erziehungsspezialisten ausgesetzt ist als jede frühere Generation. Wenn viel Erziehung durch berufsmäßige Erzieher und Lehrer für die Lebenstüchtigkeit der Erzogenen besser wäre als wenig, bräuchten wir uns keine Sorgen zu


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machen. In Wirklichkeit sagen aber die guten Absichten der Erzieher, des Elternhauses, der Schule nichts über den Erfolg der erzieherischen Tätigkeit.

Es gibt viele Anzeichen dafür, daß die Erziehung in den letzten Jahren in wesentlichen Punkten mangelhaft war. Ich sehe das an den Irrtümern in der Theorie und an den Versäumnissen in der Praxis. Ich weiß, daß ich mich jetzt hier auf "vermintem" Gelände befinde. Aber die Mängel zeigen sich an den typischen Schwierigkeiten, die die Erzogenen im Jugend- und Erwachsenenalter haben.

Einem Teil unserer Mitmenschen fehlt es einerseits an Eigenschaften für die Lebenstüchtigkeit, andererseits an Eigenschaften, wie sie für den Fortbestand unserer Gemeinschaft unentbehrlich sind. Nachdem heute schon mehrfach von Werten geredet worden ist – Herr Dr. Tremmel und Herr Präsident Dr. Hummer haben Bemerkungen dazu gemacht –, möchte ich auch einige Eigenschaften ganz kurz anführen, die ich für unentbehrlich halte, und zwar:

erstens: Lebensmut, Lebensfreude, Vertrauen in den Sinn des Lebens und somit auch die Bereitschaft zur aktiven Gestaltung des eigenen Lebens,

zweitens: Dienstbereitschaft, Gemeinschaftssinn und Traditionsbewußtsein, verbunden mit Familie, Volk und Kirche, Treue zur Lebensordnung und Teilnahme an der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Die erste Gruppe dieser Eigenschaften ist unbestritten. Lebensmut, Lebenssinn, Selbstvertrauen möchte und soll jeder haben. Dabei wird aber häufig übersehen, wie diese guten Eigenschaften zustande kommen. Sie sind nur zu gewinnen, wenn man von klein auf die zweite Gruppe von Eigenschaften erworben hat, nämlich Hilfsbereitschaft, Gemeinschaftssinn, Traditionsbewußtsein, Ehrfurcht oder Pietät. Zugespitzt ausgedrückt könnte man sagen, Lebensfreude, Lebensmut und Vertrauen in den Sinn des Lebens lassen sich nicht direkt erwerben, sondern stellen sich als Zugabe ein, wenn man gelernt hat, seine Aufgabe zu erfüllen und für andere zu leben statt bloß für sich selbst. Das ist einfaches Erfahrungsgut und im Grunde Selbstverständlichkeit.

Die erste Vorbedingung aber, daß unsere Kinder lebenstüchtig werden, ist die Erfahrung einer guten Lebensordnung am Beispiel liebevoller Eltern und Mitmenschen. Nach der Familie hat die Schule den größten Einfluß. Wir brauchen Schulen, die das Wissen und Können vermitteln, das zu einer selbständigen Lebensführung notwendig ist. Dieses Wissen muß Sachwissen sein, und dieses Können muß Denken-Können sein.

Bildung entscheidet über unsere Zukunft, sieht man, hört man, liest man allenthalben. Aber es ist ein Irrglaube, daß ein Bildungssystem ohne Vermittlung von Werten auskommt. Die Schule kann die Eltern nur unterstützen – das ist heute schon angesprochen worden –, ersetzen kann sie diese nicht. So gehört auch der Religionsunterricht in die Schule und nicht in die Pfarrsäle.

Es ist falsch, anzunehmen, daß das beste Bildungsangebot vom Staat kommen muß. Gerade öffentliche Bildungssysteme brauchen Ermutigung durch private Initiativen. So brauchen wir heute ein Bildungssystem mit größter Verantwortung für den einzelnen. Es geht darum, daß sich unsere Enkel und Kinder in dieser komplexen Welt zurechtfinden können und daß sie nicht in einer Woge ungeordneter Fakten und Ereignisse untergehen.

Wenn wir uns den höchsten Lebensstandard und das beste Sozialsystem und den aufwendigsten Umweltschutz leisten, dann muß auch für das beste Bildungssystem Geld vorhanden sein. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das ist richtig!) Bildung ist ein unverzichtbares Mittel des sozialen Ausgleichs – auch das ist nicht neu – und noch immer die beste Prophylaxe gegen Arbeitslosigkeit. Wir brauchen – da muß ich Frau Kollegin Mühlwerth recht geben – einen neuen Grundkonsens über unsere Bildungsziele, an dem sich alle Bildungsinstitutionen orientieren können.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auf das Bildungssystem zu sprechen kommen und im Zusammenhang damit einige neue Leitgedanken vorstellen. Ich weiß, wie schwierig das ist, dennoch möchte ich Ihnen Eckpunkte eines solchen Bildungsmodells, das bereits länderübergrei


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fend diskutiert wird, skizzieren. Als Eckpunkte – nicht vollständig und vielleicht auch nicht für jeden einsichtig – möchte ich folgende nennen: an der Spitze die Wertorientierung, die Praxisbezogenheit, die Internationalität, die Vielgestaltigkeit, ein Bildungssystem, das Wettbewerb zuläßt, ein Bildungssystem, das mit dem Faktor Zeit vernünftig umgeht.

Zu den einzelnen Punkten. Wertorientierung: Bildung darf sich nicht nur auf die Vermittlung Wissen beschränken. In abgewandelter Form haben wir es heute auch schon mehrfach gehört. Zur Persönlichkeitsbildung gehören eben neben Kritikfähigkeit, Sensibilität und Kreativität auch das Vermitteln von Werten und sozialen Kompetenzen. Dabei denke ich an Vermittlung von Tugenden, die zwar altmodisch klingen, aber bei Gott nicht altmodisch sind: Verläßlichkeit, Pünktlichkeit und Disziplin, vor allem aber Respekt vor dem nächsten und die Fähigkeit zur menschlichen Zuwendung. Wir brauchen also den Mut, erzieherische Werte wieder offensiver in unseren Unterricht einzubauen. Wir müssen uns darauf besinnen, daß man Leistung nicht fördern kann, wenn man sie nicht auch fordert. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) Das setzt freilich das Bewußtsein voraus, daß es im Leben ohne Anstrengung nicht geht.

Zur Praxisbezogenheit: Mich beunruhigt, daß 5 Prozent der Lehrstellenbewerber nicht ausbildungsfähig seien, weil ihnen die erforderlichen Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen fehlen. Mich beunruhigt, daß ein beträchtlicher Teil unserer Hochschulabsolventen keinen ihrer Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz findet, vornehmlich Geisteswissenschaftler, Soziologen, Psychologen. Bei der heutigen Spezialisierung von Wirtschaft und Verwaltung kann keine Ausbildung alles vermitteln, aber gerade deshalb darf die Bildungsphase doch nicht vollständig von der Lebenswirklichkeit abgekoppelt werden. Das soll nicht heißen, daß noch mehr stofflicher Inhalt auf unsere Schüler zukommt, sondern das Wesentliche konzentriert als breites Grundwissen vermittelt werden muß, egal, ob die Schüler und Studenten später Rechtsanwälte, Ärzte, Techniker oder Facharbeiter werden wollen.

Ich erwarte mir von der Einführung des Faches Berufsorientierung, das wir heute beschließen werden, einen kräftigen Impuls in diese Richtung. Dafür brauchen wir die persönliche Flexibilität der Lehrer, um die ich Herrn Kollegen Meier jetzt auch noch von dieser Stelle aus bitte, und der Schüler, aber auch vermehrte Flexibilität im Schulalltag. Wir müssen uns fragen: Sind unsere Lehr- und Ausbildungsplätze aktuell und zeitgemäß für die Praxis?

Das eigentliche Problem liegt darin, daß Veränderungen in der Berufswelt heute hundertmal schneller verlaufen als die Anpassung und Formulierung zeitgemäßer Berufsbilder. Viele der boomenden Dienstleistungsbereiche haben bei uns keinen definitiven Ausbildungsweg, und so müssen sich viele Jugendliche mit einem "training on the job" begnügen, und das in Zukunftsbranchen. Wenn wir nicht wollen, daß unser Ausbildungssystem zum Auslaufmodell wird – ich habe keine Sorge, daß es so weit kommt –, müssen wir unsere Ausbildungsordnungen permanent modernisieren. Wir können es uns nicht mehr leisten, daß jährlich Tausende hochintelligente Menschen am Arbeitsmarkt vorbei ausgebildet werden.

Ich komme zum dritten Eckpunkt, zur Internationalität. Ich bitte um Ihr Verständnis, wenn meine Ausführungen etwas länger werden, als Vorsitzende des Unterrichtsausschusses glaube ich, dazu legitimiert zu sein.

Die Internationalität: Alle unsere Ausbildungsstätten sind gefordert, sich noch mehr als bisher der Welt zu öffnen. So müssen wir schon früh die wichtigsten Sprachen der Welt lehren. Sprachen lernt man am effektivsten in ganz jungen Jahren.

Frau Ministerin Gehrer hat bei der vorhin genannten Tagung wörtlich ausgeführt: Unser Ziel ist es mittelfristig, eine lebende Fremdsprache auch ab der ersten Klasse Volksschule an allen Standorten anzubieten. In Tirol werden derzeit etwa 1 000 Schülerinnen und Schüler nach diesem Modell unterrichtet. – Zitatende.

Wir müssen bei unseren Reformen nicht das Rad neu erfinden. Oft genügt ein Blick auf das, was längst internationaler Standard ist. Ohne klaren Blick voraus kann man aber schnell den Anschluß an diese Standards verlieren.


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Der vierte Punkt wäre Vielgestaltigkeit. Wir haben ein vorbildlich gegliedertes Schulsystem, nutzen diese Vielfalt aber zuwenig. Wir müssen uns ehrlich fragen: Welche Schule sichert dem Kind die beste Förderung? – Das ist nicht immer die Schule mit dem höchsten Abschluß. Das Image der Hauptschule muß enorm aufgewertet werden, weil es gerade diese Schule ist, die für viele Berufe qualifizieren muß. Wenn ich auch hier die Ressortleiterin zitieren darf: 80 Prozent der Maturanten kommen immer noch aus den Hauptschulen. – Für die positive Aussage dazu bedanke ich mich auch noch bei Frau Mühlwerth.

Wir sollten wieder den Mut finden, gute und schlechte Schüler als "gut" und "schlecht" zu nennen, wobei uns dies aber besonders verpflichtet, beide Gruppen optimal zu betreuen. Eine Forderung nach mehr Differenzierung betrifft auch die Hochschulen. So sind heute schon Hochschulabsolventen mit zuwenig verwertbarem Wissen für die Berufspraxis ausgestattet.

Ich erinnere mich an eine Aussage des Generaldirektors von Siemens, der uns anläßlich einer Besichtigung erzählt hat, ihm täten die vielen Bewerber immer leid, die sich bei ihm um einen Posten bewerben, die in kürzester Zeit mit besten Zeugnissen ausgestattet kommen, wo er aber dann fragen muß: Wo haben Sie Auslandspraxis gemacht? Welche Befähigungen haben Sie noch? – Die Studenten müssen dann sagen: Ich habe studiert. – Es ist sehr schwierig, diesen Leuten dann zu sagen: Das ist es nicht, was wir brauchen!

Ich habe in letzter Zeit einmal in einem Beitrag im Fernsehen gesehen, daß man inzwischen schon dazu übergegangen ist, zu reagieren. Zum Beispiel werden jetzt an der Wirtschaftsuniversität Lehrveranstaltungen in Chinesisch angeboten. Ich erinnere mich daran, daß meine Tochter Sinologie studiert hat und zur Kenntnis nehmen mußte, daß mit Sinologie allein "kein Krieg zu gewinnen" ist. Sie mußte dann eine eineinhalbjährige Marketingausbildung machen und hat heute in einem Betrieb eine Stelle gefunden, die sie unter 122 Bewerberinnen bekommen hat. Also Zusatzausbildungen sind einfach notwendig.

Der fünfte Eckpunkt: ein Bildungssystem, das Wettbewerb zuläßt. Es steht unter dem Motto: Wenn wir mehr Spitzenleistungen wollen, müssen wir die Unterschiede in den Leistungen transparenter machen. Geben wir den Schulen wieder mehr Verantwortung zurück! Warum scheuen wir den Vergleich, warum scheuen wir uns, Wettbewerb zu fördern? – Es ist nicht angenehm, aber es ist in anderen Ländern auch der Fall. Wir müssen Qualitätsunterschiede transparent machen und dafür sorgen, daß gute Leistungen belohnt und schlechte durch vielfältige Maßnahmen verbessert werden.

Nun zum sechsten Eckpunkt – auch davon ist heute schon die Rede gewesen –: ein Bildungssystem, das mit dem Faktor Zeit vernünftig umgeht. Menschen, staatliches Geld und Ausstattung werden auch in Zukunft hohe Priorität haben. Das wichtigste Kriterium ist aber der Faktor Zeit, die Zeit der Lehrer, die durch Überlastung und zuviel Bürokratie behindert werden, die Zeit der Schüler und Studenten, die in ihren besten Jahren daran gehindert werden, Gelerntes so schnell anzuwenden, daß sie aus ersten Erfolgen großes Selbstvertrauen gewinnen können. Das ist das Kriterium.

Da die Ausbildungsdauer bei uns überall zu lang ist, sind alle Seiten aufgefordert, mit der Zeitverschwendung Schluß zu machen. So liegen schon im Vorschulalter Begabungen brach, weil viele Kinder in den prägnantesten Lebensjahren nicht hinreichend gefördert werden und wurden. Kurz gesagt: Schaffen wir ein Bildungswesen, das Leistung fördert, niemanden ausschließt, Freude am Lernen vermittelt und selbst als System kreativ und entwicklungsfähig ist.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, noch eine wichtige bildungspolitische Initiative zu erwähnen, nämlich die Hochbegabtenförderung. Der Ihnen allen bekannte Zielparagraph der österreichischen Schulgesetzgebung – ich meine § 2 Abs. 1 Schulorganisationsgesetz – lautet etwas gekürzt: Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend zum selbständigen Bildungserwerb zu erziehen. – Zitatende.


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Aus dieser Formulierung sind zwei wichtige Aufgaben der Schule abzuleiten: Erstens sind strukturelle Rahmenbedingungen für die unterschiedlichsten Schülerpersönlichkeiten oder Schülerbedürfnisse zu schaffen, zweitens ist das selbständige Lernen der Schüler zu fördern. Daß die Schule alles unternehmen muß, um auch lernschwächere Schüler zu fördern, ist unbestritten. Viel wird in diese wichtige soziale Aufgabe des Schulwesens investiert, und niemand möchte diesen pädagogischen Fortschritt heute missen. Dieses begrüßenswerte Bemühen um die Betreuung der weniger Leistungsfähigen mag vielleicht teilweise dazu geführt haben, daß die ebenso berechtigte Förderung besonders begabter Schülerinnen und Schüler etwas in den Hintergrund rückte.

So werden seit einiger Zeit auf verschiedenen Ebenen der Bildungspolitik intensive Anstrengungen unternommen. Ich möchte nur eine Initiative nennen. In Tirol, in Innsbruck, ist der Verein zur Förderung hochbegabter Kinder und Jugendlicher gegründet worden; ich bin Gründungsmitglied. Das Hauptziel ist eine über die schulische Betreuung hinausgehende zusätzliche Förderung Hochbegabter. Die Notwendigkeit einer solchen Hochbegabtenförderung ergab sich aus der wissenschaftlich gesicherten Annahme, daß 2,5 Prozent jedes Jahrganges einen IQ von mehr als 130 haben. Es sitzen also beispielsweise in den Schulen Tirols bei einer Gesamtzahl von 102 000 Schülerinnen und Schülern 2 500 intellektuell hochbegabte Schüler.

Ich muß meine Ausführungen etwas straffen. Ich möchte Ihnen nicht auch noch erklären, was Hochbegabung ist, aber einige Anmerkungen zu den Lehrern möchte ich doch noch anbringen, weil mir das wichtig erscheint.

Der Schlüsselfaktor für den Erfolg jeder Schule ist letztlich die Qualität der Lehrer. Wenn heute in den Medien immer wieder der Eindruck vermittelt wird, daß Beamte – und daher auch Lehrer – nur darauf aus sind, ihre Privilegien zu erhalten, ist ganz klar festzustellen, daß Lehrerinnen und Lehrer weder Privilegierte sind, noch einen Halbtagsjob haben. Ich danke Herrn Kollegen Meier, der das auch schon unterstrichen hat. Tag für Tag sind die Lehrer mit Erwartungen konfrontiert, mit Erwartungen der Eltern: Die Lehrer sollen für die Kinder Vorbild sein, sie sollen Wissen vermitteln, sie sollen gerecht beurteilen, sie sollen die Schwachen akzeptieren und entsprechend fördern. Aber auch die Schule hat Erwartungen an die Lehrer. Die Schule erwartet Interesse und Engagement, erwartet Zusammenarbeit mit den Eltern, erwartet, wenn ich es einmal so formulieren darf, Verständnis für strukturelle Maßnahmen und erwartet Idealismus auch ohne Anerkennung und Lob.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich darf zum Schluß kommen. Eine Gesellschaft kann auf Dauer nur überleben, wenn die Grundtugenden, auf denen die seelische Gesundheit des einzelnen und die Zusammenarbeit des Ganzen beruhen, öffentlich anerkannt werden. Das Denken und Handeln im Einklang mit der Bindung an Heimat, an Volk und Staat ist für die Menschen eine wesentliche Hilfe. Diese Gefühlsbindungen müssen geweckt und gepflegt werden, denn es geht mit dem Staat, mit der Demokratie, mit der Lebensordnung wie mit allen Dingen dieser Welt: Man muß sie lieben, wenn man sie bewahren will. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Andreas Eisl das Wort. – Bitte.

12.46

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Einführung der Teilrechtsfähigkeit sollte – so kann oder muß man es interpretieren – die Erhaltung der land- und forstwirtschaftlichen Schulen retten. In den vergangenen Jahren wurden in den Schulräumen Kurse durchgeführt, die natürlich illegal waren. Weil die Kinder in diesen Bereichen überall weniger werden und die Erhaltung der Schule natürlich von öffentlichem Interesse ist, geschieht dies dennoch. Frau Kollegin Mühlwerth hat das bereits ausgeführt. Es ist dies eine Frage der Finanzierung. Wir haben gerade in Salzburg eine sehr interessante Schule, den Annahof. Dort wurde auch vor kurzem die letzte Klasse geschlossen, weil sie nicht mehr finanzierbar ist. Es gab natürlich einen Aufschrei, und jetzt gibt


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es aufgrund dieser Teilrechtsfähigkeit die Möglichkeit, sie zu erhalten. Das heißt, daß diese Klasse zum Teil privat erhalten und selbst finanziert wird.

Daß die Bildung in Österreich immer schlechter wird, ist dadurch zu beweisen, daß die Überstundenrechnung der Eltern in dieser Republik über 1 Milliarde Schilling ausmacht. Ist das in Ordnung, daß heute nicht nur die Privatschulen überquellen, während in den öffentlichen Schulen die Bildung derart schlecht ist, daß die Eltern, wenn sie auf eine gute Ausbildung ihrer Kinder Wert legen, sich diese Ausbildung vom Mund absparen und ihre Kinder in Nachhilfestunden schicken, damit sie im Leben bestehen können?

Ein weiterer Beweis ist, daß vor kurzem in Salzburg, in der Handelskammer, festgehalten wurde, daß es 500 Schulabgänger gibt – also Lehrlinge –, die derart schlechte Zeugnisse haben, daß sie keinen Lehrplatz antreten können. Das muß man sich einmal vorstellen, meine Damen und Herren! Wenn man sieht, was aus der Lehrerbildungsanstalt an Lehrern hinausgeht und auf die Kinder losgelassen wird, kann man nur sagen: Das wird langsam eine Katastrophe! – Sie als Lehrerin, Frau Kollegin Lukasser, haben erwähnt, wie wichtig es ist, daß die Lehrer gut ausgebildet sind.

Wir werden diesen Tagesordnungspunkten 5 und 6, also dem Land- forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetz und dem Gesetz betreffend Sportlehrerausbildung, unsere Zustimmung erteilen. Alle anderen werden wir aus den erwähnten Gründen ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Leopold Steinbichler das Wort. – Bitte.

12.49

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte grundsätzlich anmerken, daß wir in Österreich ein international anerkanntes, gutes Bildungssystem haben, was sehr viele internationale Karrieren von Österreichern in allen Ländern bestätigen. Internationale Statistiken bestätigen, daß unsere Schulen, sowohl Volks- als auch Hauptschule, im Spitzenfeld der Bewertungen liegen. Trotzdem sind immer wieder Novellen und Anpassungen notwendig.

Zur Teilrechtsfähigkeit: Grundsätzlich hat auch das Unterrichtsministerium in Zeiten knapper Budgets, zu denen ich mich im Sinne unserer nachfolgenden Generationen bekenne, das Problem, mit den eingefrorenen Mitteln immer mehr Aufgaben zu erledigen. Der Staat hat einen grundsätzlichen Bildungsauftrag. Darüber hinaus können mit der Teilrechtsfähigkeit zusätzliche Angebote abgedeckt werden.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf den vorliegenden Kunstbericht verweisen, in dem auf Seite 117 auf die positive Entwicklung der Teilrechtsfähigkeit bei den Bundesmuseen hingewiesen wird, bei der sich diese Möglichkeit ebenfalls sehr positiv ausgewirkt hat.

Zum Schulorganisationsgesetz: Da gibt es sicherlich die positiven Ansätze der Wiederverwendung von Schulbüchern, beziehungsweise ist das Schulorganisationsgesetz sicherlich auch im Bereich der Berufsreifeprüfung zur Vermeidung von Konzentrationen bei den notwendigen Prüfungen sinnvoll.

Zur Berufsorientierung: Diese ist grundsätzlich positiv, wurde doch allzu oft von praxisfremdem Unterricht gesprochen. Ich meine, es ist eine faire Forderung der Wirtschaft, daß berufsorientierter unterrichtet wird. Es ist jedoch darauf zu achten, daß die bisherigen Lehrfächer dadurch keine Einschränkungen erfahren. Bildung darf sich nicht nur auf das Vermitteln von Wissen beschränken, wurde schon richtigerweise festgestellt.

Es wurde heute die Rolle der Eltern so oft erwähnt. Frau Kollegin Lukasser hat das soeben in ausgezeichneter Weise dargestellt. Ich möchte das aus Zeitgründen jetzt nicht wiederholen, schließe mich dem aber voll an.


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Denn eines frage ich mich schon: Wie sollen Lehrer heute unterrichten, wenn die Kinder zu Hause nur von Rechten und nie von Pflichten hören? – Ich denke, auch hier ist das Zusammenspiel Eltern – Lehrer sehr notwendig. Manche Eltern machen es sich schon sehr einfach und geben für einen Mißerfolg der Schule die Schuld. Oft aber sind es die Eltern, die versagen. Was hilft es, wenn in den Schulen Berufsorientierung unterrichtet wird, zu Hause aber, was die entsprechende Geisteshaltung der Kinder angeht, von den Eltern keine Unterstützung geleistet wird?

Ich spreche mich auch gegen einen Wettbewerb der einzelnen Schulsysteme aus, weil ich überzeugt bin, daß jenes System am erfolgreichsten ist, dem es am besten gelingt, motivierte, qualifizierte Lehrer, motivierte Schüler und erziehende Eltern in Abstimmung mit den Forderungen an die jeweiligen Fachrichtungen zu koordinieren. Bildung kostet Geld, aber ich denke, es ist das bestinvestierte Kapital, und weil die vorliegenden Novellen eine Verbesserung in Richtung Praxis darstellen, werde ich ihnen meine Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Frau Bundesrätin Barbara Pühringer hat das Wort gewünscht. Ich erteile es ihr.

12.53

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Vor allem Frau Kollegin Mühlwerth! Sie ist nicht herinnen, aber sie wird es dann nachlesen können, und Sie werden es ihr vielleicht sagen. Sie können sich vorstellen, daß mir derartige Bemerkungen oder eine solche eine Kritik an Schule und Lehrern als Lehrerin weh tut und ich das nicht unwidersprochen lassen kann.

Wenn sie behauptet, daß die Schule die Ansprüche der Eltern nicht erfüllt, so muß ich das zurückweisen. Ich kenne eine Studie, die erst wenige Monate alt ist, und diese besagt, daß 70 Prozent der Eltern unserer österreichischen Schüler mit der Schule, mit den Lehrern ihrer Kinder zufrieden sind. Dieses Ergebnis steht im krassen Widerspruch zur Aussage der Kollegin, und ich glaube, daß es eine schöne Bestätigung und Anerkennung unserer österreichischen Lehrer ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Reichshaftpflichtgesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Haftung der Gastwirte und anderer Unternehmer, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Atomhaftpflichtgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Bundesgesetz über die Bestimmung der Kosten, die einem durch die Bezirksverwaltungsbehörde vertretenen Minderjährigen in gerichtlichen Verfahren zu ersetzen sind, das Gebührenanspruchsgesetz 1975, das Rohrleitungsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Unterhaltsvorschußgesetz 1985, das Rechtspflegegesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 geändert werden (Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997 – WGN 1997) (898 und 1002/NR sowie 5602/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997 – UrhG-Nov. 1997) (883 und 1001/NR sowie 5603/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

eine Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997 (Wertgrenzen-Novelle 1997) und


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ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997).

Die Berichterstattung über die Punkte 7 und 8 hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zum Tagesordnungspunkt 8 darf ich mitteilen, daß sich der Rechtsausschuß sehr eingehend mit dieser Frage beraten hat, und nachdem der Bericht schriftlich vorliegt, kann ich von der Verlesung desselben Abstand nehmen.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 7, Urheberrechtsgesetz, darf ich ebenfalls feststellen, daß das Ergebnis nach eingehender Beratung zustande gekommen ist.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Damit es kein Mißverständnis gibt: Wertgrenzen-Novelle ist Tagesordnungspunkt 7, Urheberrechtsgesetz-Novelle ist Tagesordnungspunkt 8. Dies, damit es für das Protokoll geklärt ist.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

12.59

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Stellungnahme zu dieser für den Zivilprozeß recht einschneidenden und daher allzu verharmlosend als "Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997" bezeichneten Vorlage fällt mir nicht ganz leicht, und vieles von dem, was sie regelt, ist wichtig, vieles ist auch von der Sache her richtig. Das gilt insbesondere auch für die Vereinheitlichung der Haftungsgesetze im Bereich der Gefährdungshaftung.

All das vermag jedoch nichts daran zu ändern, daß die Novelle auch zu ernsthafter Kritik Anlaß bietet. Diese setzt durchaus nicht dort an, wo es die rein technische Kennzeichnung des Gesetzes vermuten ließe: bei der Anpassung der zivilrechtlich maßgebenden Wertgrenzen an die zwischenzeitige Geldwertveränderung beziehungsweise bei der Bedachtnahme auf die künftige Euro-Umstellung.

Wohl aber ist aus meiner Sicht bereits die an zweiter Stelle genannte Zielvorstellung des Gesetzes verfehlt worden. Meines Erachtens kann nämlich keine Rede davon sein, daß die Bestimmungen über die inländische Gerichtsbarkeit nach dem Vorbild des LGVÜ, also des Luganer Parallelübereinkommens zum Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen von Brüssel, vereinheitlicht worden wären.

Das beginnt schon bei der Begriffsbildung. Werden doch künftig im Gesetz, wie es sachlich auch bereits bisher geboten war, ganz unterschiedliche Rechtsfolgen an das Fehlen der vom allgemeinen Völkerrecht oder von völkerrechtlichen Verträgen umgrenzten Gerichtsgewalt einerseits und an das bloße Fehlen einer innerstaatlichen Entscheidungsbefugnis in Rechtssachen mit Auslandsberührung andererseits geknüpft werden.

Allein diese zutreffende Differenzierung hätte den Gesetzgeber dazu veranlassen müssen, den insofern überholten und europaweit vereinzelt gebliebenen Begriff der inländischen Gerichtsbarkeit, der bisher beide Dimensionen umfaßt, durch jenen der internationalen Zuständigkeit zu


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ersetzen. Nur diese Terminologie entspräche den Europäischen Verträgen von Brüssel und von Lugano.

Das mag aber als Frage der formalen Etikettierung vernachlässigbar sein. Hingegen verdient in der Sache selbst entschieden Kritik, daß wir keineswegs dem Grundprinzip der Verträge folgen, die für die internationale Zuständigkeit primär an den Wohnsitz beziehungsweise den Sitz der beklagten Partei anknüpfen und nur zugunsten sozial besonders schutzwürdiger Personen, wie des Verbrauchers, des Arbeitnehmers, des Versicherungsnehmers und des Unterhaltsberechtigten, auch Klägergerichtsstände vorsehen.

Damit stimmt die vorliegende Novelle insofern nicht überein, als sie im § 27a Jurisdiktionsnorm den völligen Gleichlauf von örtlicher und internationaler Zuständigkeit anordnet. Das dient zwar zweifellos der Rechtssicherheit; denn die Rechtsprechung versagte bisher in bestimmten Fällen den inländischen Rechtsschutz auch ungeachtet dessen, daß eine örtliche Zuständigkeit eines, besser irgendeines österreichischen Gerichtes gegeben war. Das dann, wenn sie mit dieser keine ausreichende Nahebeziehung der grenzüberschreitenden Rechtssache zum inländischen Rechtsbereich verwirklicht sah.

Der gegenüber der derzeitigen Praxis, die ich kurz dargestellt habe, gewiß einzuräumende Gewinn an Rechtssicherheit beim Zugang zum Gericht wird aber insofern zu teuer erkauft, als eben nicht sämtliche nationalen Gerichtsstände der Jurisdiktionsnorm auch international tragfähig sind, denn die für die interne Zuständigkeitsverteilung im Inland maßgebenden rechtspolitischen Erwägungen laufen mit jenen einer sachgerechten Ordnung der internationalen Zuständigkeit für grenzüberschreitende Rechtssachen nicht durchgehend parallel.

Ginge es also wirklich um die Orientierung des autonomen österreichischen Rechts an den Grundsätzen der europäischen Übereinkommen und dem mit ihnen erreichten Entwicklungsstand des internationalen Zivilprozeßrechts, so müßten zweifellos zuvor etliche Gerichtsstände der Jurisdiktionsnorm – ein Gerichtsstandsdschungel, wie es bezeichnet wurde – ohne einen solchen entsprechende Nahebezug zum Inland beseitigt werden. – Das zumindest dann, wenn sich hinkünftig auch die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte allein an den Tatbeständen der örtlichen Binnenzuständigkeit messen soll.

In diesem Sinne müßten wir uns von einzelnen Klägergerichtsständen, wie etwa dem Fakturengerichtsstand und dem Gerichtsstand für Warenforderungen, um nur zwei Beispiele zu nennen, verabschieden.

Das Bestreben, selbst in exorbitanten, das heißt international unerwünschten Gerichtsständen unseres Rechts auch ausländische Beklagte vor österreichische Gerichte zu ziehen, verletzt meines Erachtens im Grenzfall deren Anspruch auf angemessene Verteidigung und damit zugleich die Garantie des Artikels 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Daß dies ohnehin im Verhältnis zu EU- beziehungsweise zu EWR-Staaten nicht in Betracht kommt, also "lediglich" auf die Diskriminierung von Drittstaaten und ihren Bürgern hinausläuft, ist dabei kein echter Trost. Es zeigt sich jedoch, daß gerade dabei das Luganer Übereinkommen keineswegs zum Vorbild genommen worden ist. Die Chance zu einer sachgerechten Anknüpfung der internationalen Zuständigkeit an den heutigen Stand der europäischen Rechtsentwicklung ist somit verpaßt worden.

Ähnliches trifft für die internationale Zuständigkeitsvereinbarung zu, die allzu uneingeschränkt zugelassen werden soll. Will man damit, wie insbesondere meine Fachkollegin Professor Bajons befürchtet, ein "Klägerparadies" Österreich schaffen? Sollen etwa zwei Friulaner, der in Italien nicht endenwollenden Prozesse müde, "Gerichtstourismus" nach Villach betreiben? Oder will man Unternehmen der Oststaaten dazu ermuntern, österreichische Gerichte deshalb zu vereinbaren, um hier erwirkte Urteile sodann im gesamten EU- beziehungsweise EWR-Raum vollstrecken zu können? – Irgendeinen zusätzlichen Nahebezug hätte man hier doch als Korrektiv vorsehen sollen. Nach dem Luganer Übereinkommen müßte zumindest der Kläger seinen Wohnsitz oder Sitz in einem Vertragsstaat haben.


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Ebenso geht auch die Heilung der internationalen Unzuständigkeit durch die rügelose Streiteinlassung des Beklagten zu weit. Nach dem Luganer Übereinkommen, das angeblich als Vorbild diente, kommt gemäß Artikel 18 eine solche Heilung bereits dann nicht mehr in Betracht, wenn dadurch eine ausschließliche internationale Zuständigkeit gemäß Artikel 16, zum Beispiel der Gerichtsstand der gelegenen Sache für dingliche Rechtsstreitigkeiten um unbewegliches Gut, überspielt werden würde. Ferner wird auch dafür auf den Wohnsitz zumindest des Klägers, wenn nicht sogar des Beklagten, in einem Vertragsstaat abgestellt. Stets kommt es mit anderen Worten auf den Nahebezug zum Vertragsraum als einem quasi einheitlichen Jurisdiktionsbereich an. – Nicht so aber fortan für die weltweit uneingeschränkte Möglichkeit ausländischer Parteien, für ihren Rechtsstreit ein österreichisches Gericht zu vereinbaren. Welche Mehrbelastung das für österreichische Gerichte bringt, falls nicht zugleich eine Rechtswahl auch zugunsten des österreichischen materiellen Rechts erfolgt ist, überlasse ich Ihrem Vorstellungsvermögen.

Was im weiteren die Änderungen der Zivilprozeßordnung anlangt, hege ich ebenso gemischte Gefühle. Vielem ist auch hier zuzustimmen. So insbesondere den auf die tatsächlichen Bedürfnisse des einzelnen differenzierter Bedacht nehmenden Regelungen über die Verfahrenshilfe; aber auch den Möglichkeiten der amtswegigen Verfahrensbeschleunigung, obgleich gerade diese unter Berufung auf die sogenannte Parteienmaxime nicht im wünschenswerten Ausmaß ausgebaut werden konnten, weil sie im Justizausschuß unsachgemäß eingeschränkt worden sind.

Kritisch halte ich dagegen fest, daß die Interessen der Anwaltschaft bei der Wertgrenze, ab der die absolute Anwaltspflicht eingreift, einmal mehr zu stark berücksichtigt worden sind. Gewiß ist der bisher maßgebliche Betrag in Höhe von 30 000 S proportional korrekt auf 52 000 S valorisiert worden. Der Ausgangsbetrag war jedoch seit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingefroren. Damals bildete er aber noch die Zuständigkeitsgrenze des Bezirksgerichtes! Mit anderen Worten, es galt bis 1983 vor den Bezirksgerichten überhaupt keine absolute Anwaltspflicht!

Ich verkenne dabei nicht, daß man durch die Anhebung der Bezirksgerichtsgrenze, das heißt durch die damit verbundene Verlagerung von Rechtssachen vom Gerichtshof erster Instanz, also von den Landesgerichten, zum Bezirksgericht, der Anwaltschaft nicht einen Teil der ihr vorbehaltenen Aufgaben entziehen wollte. Dennoch muß ich auf folgende, seither bestehende rechtspolitische Unlogik verweisen:

Anders als mit der relativen Anwaltspflicht, also mit dem anwaltlichen Vertretungsmonopol, das erkennbar standespolitische Interessen verfolgt, soll die absolute Anwaltspflicht doch primär dem Interesse der rechtsunkundigen und gerichtsunerfahrenen Parteien dienen. Wieso gilt sie dann aber für Zahlungsklagen bereits ab einem Klagsbetrag in Höhe von 52 000 S, auch wenn es sich dabei um die simpelste Darlehensklage handelt, nicht aber im Bereich der Eigenzuständigkeit, also für familienrechtliche Prozesse auf Feststellung der Vaterschaft, auf Unterhaltsgewährung, auf Ehescheidung und dergleichen und für wohnungsrechtliche Streitigkeiten, die im allgemeinen von weitaus elementarerer Bedeutung für die Beteiligten und vielfach auch rechtlich komplexer sind? – Endet hier plötzlich das Schutzbedürfnis der Parteien, oder sind dort bloß die Streitwerte für die Anwälte unter dieser Grenze betriebswirtschaftlich nicht interessant genug?

Aber um nicht allzu einseitig zu erscheinen: Nicht minder hat man fragwürdige Wünsche erfüllt, die die Richterschaft an das Bundesministerium herangetragen hat. Ich verweise diesbezüglich auf die künftig vorgesehene Möglichkeit, Beweisergebnisse aus Vorprozessen selbst dann zu verwerten, wenn nur eine oder sogar keine der beiden Parteien an diesem präjudiziellen Verfahren beteiligt war. Der hier vorgeschlagenen weiteren Aufweichung des gerade für das österreichische Zivilprozeßrecht und seine Reform um die Jahrhundertwende so prägenden Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ist entschieden entgegenzutreten. Mit jeder Novelle der letzten Jahre ist der Erosionsprozeß zum Abbau der Unmittelbarkeit noch weitergetrieben worden. Das jüngste Vorhaben stellt aber insofern einen negativen Qualitätssprung dar, als es diesmal auch noch mit einer Abschwächung der fundamentalen Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs verbunden ist. War es doch bislang unbestritten, daß rechtliches Gehör von Amts wegen zu gewähren und nicht erst von den Parteien einzufordern ist!


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Zudem verweise ich auf die damit einhergehende Aushöhlung der im Artikel 90 Abs. 1 B-VG verankerten Mündlichkeit des Verfahrens. Zugleich schreitet der von mir bereits mehrfach kritisierte schleichende Wandel zur Parteienmaxime voran. Der rechtlichen Möglichkeit des Parteienvertreters – die ich nicht bestreite –, auf der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu beharren, steht verfahrenspsychologisch der gegenläufige Erwartungsdruck überlasteter Richter gegenüber.

Mir ist schon klar, daß die Forderung zur Ausweitung des genannten § 281a ZPO aus dem Sachbereich der leidigen Prozesse über die Haftpflicht aus Verkehrsunfällen erwachsen ist. Die Richter wollen eben in Parallelverfahren nicht stets dieselben Beweise aufnehmen müssen. Das ist ein Beispiel mehr dafür, wie der Wildwuchs des Verkehrsprozesses den Richter frustriert und demotiviert. Ich kann hier nur an den Herrn Bundesminister für Justiz appellieren – wie schon von ihm selbst vor Jahren gefordert wurde –, den sogenannten Blechschadensfall endlich an alternative Schlichtungsorgane auszulagern, bevor er den regulären Zivilprozeß zu ersticken droht und stets neue sachwidrige Forderungen und ihnen entsprechende Änderungen nach sich zieht.

Unglücklich bin ich auch über die partielle Beseitigung der außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof. Schon bisher war es zwar so, daß das Berufungsgericht auszusprechen hatte, ob die ordentliche Revision zulässig ist; ließe es sie nicht zu, konnte sich die anfechtungswillige Partei mit außerordentlicher Revision an den Obersten Gerichtshof wenden. Sah auch er die Zulässigkeitsvoraussetzung, insbesondere das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, nicht als gegeben an, konnte er die Annahme der Revision ohne Angabe von Gründen verweigern. Dieses Zulassungssystem, das auf der Zivilverfahrens-Novelle 1983 und der Wertgrenzen-Novelle 1989 beruhte, hatten renommierte Mitglieder des Obersten Gerichtshofes selbst initiiert. Es war gleichsam ein Rezept zur Abhilfe gegen die eigene Überlastung. Weshalb dann der Oberste Gerichtshof damit nicht entsprechend umzugehen lernte, bleibt freilich unerfindlich. Hier liegen zweifellos hausgemachte Belastungen vor. Man wende nicht ein, es spreche doch für die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, wenn sie ein ihnen vorgelegtes Rechtsmittel nicht kurzerhand abtun. Aber ist es denn besser, wenn sich der OGH dann lieber erst gar nicht mit der Zulässigkeit eines an ihn gerichteten Rechtsmittels befassen will; dies nach der Devise: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß?!

Vom rechtsstaatlichen Prinzip her sieht es jedenfalls nicht gut aus, daß abschließend eben dieselbe Instanz über die Zulässigkeit des Rechtsmittels befindet, das sich gegen ihre eigene Entscheidung richtet; wird doch das Rechtsmittelgericht insoweit zum Richter in eigener Sache. Zwar ist jetzt ein Antrag auf Abänderung dieses negativen Ausspruchs vorgesehen; wird aber ernsthaft erwartet, daß das Berufungsgericht seinen eigenen Ausspruch, daß die Revision unzulässig ist, ohne weiteres wieder abändern wird, oder geht es weniger um die rechtsschutzsuchende Partei als darum, die Amtshaftung infolge eigener Verfahrens- oder/und solche Entscheidungsfehler zu vermeiden? Denn bekanntlich sind zwar höchstgerichtliche, nicht aber zweitinstanzliche Entscheidungen der Amtshaftung entrückt. Sachlich oder rechtlich unvertretbare Meinungen, was ja die Amtshaftungsrechtsprechung verlangt, sollten indes einem Rechtsmittelgericht wohl nicht mehr unterlaufen.

Unökonomisch, ja gegenüber der ihrem Anwalt jedenfalls honorierungspflichtigen Partei sogar unsozial, ist meines Erachtens die Anforderung, mit dem Abänderungsantrag sogleich die beabsichtigte Revision inhaltlich auszuführen. Offenbar sollen die meritorischen Revisionsausführungen allein dazu dienen, daß das Berufungsgericht die Haltbarkeit seiner eigenen Entscheidung nochmals überprüfen kann. Zudem würde dabei die Erheblichkeit der Rechtsfrage als vorgelagerte Zulässigkeitsvoraussetzung – die prozessuale Logik auf den Kopf stellend – de facto an der nachgelagerten Überzeugungskraft der ausgeführten Revisionsgründe als Erfolgsvoraussetzung gemessen.

Das dargestellte Zulassungssystem soll freilich nur für den Streitwertbereich zwischen 52 000 S und 260 000 S gelten. Darüber hinaus verbleibt es bei der Möglichkeit, außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zu erheben, wenn das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht für zulässig erklärt. Was rechtfertigt aber diese Differenzierung abseits statistischer


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Daten, die den erwünschten Entlastungseffekt bewirken? – Steht doch längst außer Streit, daß die Höhe des Streitwertes weder die subjektive Bedeutung des Prozeßgegenstandes für die Parteien noch gar den objektiven Schwierigkeitsgrad der Problemlösung verläßlich widerspiegelt.

Ich widerstehe der Versuchung, mir die Aussage des ehemaligen Justizsprechers der ÖVP, Herrn Rechtsanwalt Dr. Michael Graff, zu eigen zu machen, daß man künftig offenbar von einer Gerichtsbarkeit "für die Reichen" sprechen müßte. Bei allem Verständnis für die gebotene Entlastung des Obersten Gerichtshofes – im Zuge unserer dringlichen Anfrage im Oktober dieses Jahres habe ich als einziger Debattenredner neben der notorischen Überlastung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes auch eine solche des Obersten Gerichtshofes voll anerkannt – erscheint mir aber dennoch die mit der vorliegenden Wertgrenzen-Novelle 1997 getroffene Maßnahme nicht als geglückt.

Hier bedürfte es vertiefter Überlegungen, die zwischen den Zielvorstellungen, ausreichende Entlastung des Obersten Gerichtshofes zur Wahrung seiner Rechtsprechungsqualität einerseits und dem sozial angemessenen Zugang des rechtssuchenden Bürgers zu seinem Recht unter Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen Rechtsprechungspraxis andererseits zur ausgewogenen Synthese zu finden verhilft. Vermutlich wird man diese Überlegungen hinkünftig nicht mehr dem Obersten Gerichtshof als vom Problem unmittelbar Betroffenen allein überlassen dürfen.

Ganz allgemein erlaube ich mir noch eine weitere Bemerkung: Im Ergebnis befürchte ich, daß die für den Obersten Gerichtshof erreichte Entlastung lediglich zu einer Umschichtung des Mehranfalls auf die Rechtsmittelgerichte zweiter Instanz führen wird. Bei diesen wird daher eben jene Vermehrung von Planstellen geboten sein, die der Herr Bundesminister in bezug auf den Obersten Gerichtshof mit guten Gründen abgelehnt hat.

Auf dieses Problem deutet auch der vom Justizausschuß des Nationalrates beschlossene Entschließungsantrag hin, die weitere Entwicklung der Belastungssituation beim Höchstgericht und bei den Berufungsgerichten zu beobachten und darüber zu berichten. Ich greife hier bewußt nicht die im Nationalrat geäußerte Wendung von einem "Antrag des schlechten Gewissens" auf, aber Skepsis und Zweifel an der jetzt getroffenen Lösung leuchten aus diesem Antrag zweifellos hervor.

Erlauben Sie mir zuletzt ein ceterum censeo, das ich bereits in zahlreichen Stellungnahmen zu Zivilverfahrensnovellen in den letzten 15 Jahre angemerkt habe. Im Gegensatz zu den tragenden Rechtsberufen, Anwaltschaft einerseits und Richterschaft andererseits, ermangelt es gerade einer Gruppe, und zwar der hauptbetroffenen, an jeglicher Interessenvertretung. Ich meine damit das rechtssuchende Publikum, das freilich nicht entsprechend organisierbar ist.

Die Rechtslehrer des Zivilgerichtlichen Verfahrens haben es stets als ihre vornehme Aufgabe angesehen, mangels Eigeninteresses und kraft ihrer Sachkompetenz, diese Anliegen – sie sind zugleich jene einer sachgerechten Ausgestaltung der Rechtspflege und des Verfahrensrechts – selbst zu vertreten. Wie auch im Fall der vorliegenden Wertgrenzen-Novelle 1997 hat sich allerdings ihr Gewicht als politisch zu unerheblich erwiesen. Da ich hier und heute als Mandatar nichts anderes kritisiert habe als in meinen fachlichen Stellungnahmen als akademischer Lehrer, erklärt sich daraus, daß ich dieser Vorlage alles in allem nicht zustimmen kann und daher auch meiner Fraktion die Ablehnung empfehlen muß. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Milan Linzer das Wort. – Bitte.

13.20

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Böhm hat sich heute wirklich ernsthaft bemüht, wieder als sogenannter Insider de facto eine Vorlesung über eine Materie zu halten, die


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ihm ja eigen ist. Ich möchte nun nicht dem Fehler verfallen – als jemand, der eher der Außerstreitregelung dient –, das zu kritisieren, was Sie doch als subjektive Meinung (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Expertenmeinung!)  – das darf ich Ihnen in aller Kollegialität unterstellen – an Gegensätzen vorgetragen haben. Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, daß mein Sitznachbar gemeint und mir sozusagen als Empfehlung mitgegeben hat, ich möge in meiner Wortmeldung ein bißchen praxisbezogener sein. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Das war sehr praxisbezogen, was Sie gesagt haben!) Aber das liegt in der Natur der Sache, da Sie eben ein Wissenschaftler sind. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Das war sehr praxisbezogen! Sehr praxisbezogen! Oder Sie haben es nicht verstanden!) Na ja, wir wollen die Debatte nun nicht auf das Publikumssprichwort reduzieren: drei Juristen, vier Meinungen.

Wenden wir uns also dem Gesetzesbeschluß zu. Es geht um – Kollege Böhm hat das ausreichend ausgeführt – eine Anpassung unter Bedachtnahme der geldwert- und einkommenswirtschaftlichen Veränderungen der Wertgrenzen in unserer zivilrechtlichen Rechtsordnung. Ich meine, in diesem Punkt sind wir uns durchwegs einig. Sie haben lediglich die Anwaltspflicht kritisiert, daß sich die Interessenvertretung der Anwälte hier durchgesetzt hätte. Ich erlaube mir dagegenzuhalten, daß ich auch darin, nämlich im Instrumentarium der Anwaltspflicht, einen Rechtsschutz für den sogenannten "kleinen Mann" sehe. Dieser sollte schon ausgewogen sein. (Bundesrat Dr. Böhm: Nicht bei der Eigenzuständigkeit!) Ich denke, in der gegebenen Höhe, die entsprechend angepaßt wird, ist er durchaus adäquat und angebracht.

Nicht unerwartet kommt Ihre Kritik am sogenannten Zulassungsrevisionsmodell, das wir seit dem Jahre 1989 kennen. Es ist ein Faktum, daß die ordentlichen Rechtsmittel der zweiten Instanz beziehungsweise des Obersten Gerichtshofes durchwegs – fast zu 100 Prozent – angenommen werden. Genau umgekehrt ist die Lage beim sogenannten außerordentlichen Rechtsmittel: Hier werden etwa 80 Prozent zurückgewiesen. Da wollte man eben nach einem längeren Begutachtungsverfahren, in dem auch die Richter des Obersten Gerichtshofes und die Interessenvertreter, aber auch das Ministerium einschreiten, eine Entlastung des Obersten Gerichtshofes herbeiführen.

Es mag sein, Kollege Böhm, daß Sie recht haben, aber ich vertraue hiebei der Regierungsvorlage, dem vorliegenden Gesetzesbeschluß. Ich meine, wir haben guten Grund zu diesem Vertrauen: Wir haben die Frage, ob das der richtige Weg sei, vielfach diskutiert. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Novellen beim Strafrecht, bei dem wir immer der Meinung waren: Gut, lassen wir es darauf ankommen, sehen wir es uns in zwei, drei Jahren an. Ich erinnere auch an den außergerichtlichen Tatausgleich: In den letzten Jahren – ich darf hier durchaus feststellen, in der Amtszeit des Ministers Michalek – haben alle Reformen das gehalten, was sie versprochen haben. Ich bin auch guten Mutes und optimistisch, daß sich die Regelung bezüglich der Entlastung des Obersten Gerichtshofes, die, wie gesagt, auf einem breiten (Bundesrat Dr. Böhm: Die dritte seit 1963!) Konsens aufbaut – in zwei Jahren werden wir dies wieder diskutieren (Bundesrat Dr. Böhm: Und die nächste!)  –, durchaus positiv auswirken wird.

Bezüglich des Abänderungsantrages haben Sie gemeint, es sollte nicht so sein, daß die Instanz, die entschieden hat, meritorisch noch einmal über den Abänderungsantrag mitentscheidet. In diesem Punkt bin ich ein wenig überfragt: Zugegeben, es könnte durchaus so sein, daß sich ein anderer Senat mit diesem Abänderungsantrag beschäftigt. Wie diese Frage gerichtsintern zu lösen ist, da könnte ich Ihrem Vorschlag durchaus folgen, daß es einem Senat nicht zumutbar ist, zu sagen, eine erhebliche Rechtsfrage sei sehr wohl gegeben, der Abänderungsantrag sei begründet, und es möge dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werden.

Ich begrüße andererseits – als soziale Klausel – durchaus die Herabsetzung des Streitgegenstandes bei Unterhaltsansprüchen. Ich bin der Meinung, daß wir dem "kleinen Mann", dem "kleinen Publikum", zu Hilfe kommen müssen. Ich würde auch meinen, daß wir in Zukunft die sogenannten festen Gerichtsgebühren, die tatsächlich belasten – unisono –, eher einfrieren und progressiv Steigerungen bei den sogenannten Prozentualgebühren beschließen, wenn dies notwendig ist.


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Alles in allem: Meine Fraktion ist der Meinung, daß wir global dieser Novelle durchaus zustimmen können. Wir werden keinen Einspruch erheben. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Josef Rauchenberger das Wort. – Bitte.

13.27

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Mit der erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 sollen insbesondere die zivilrechtlich maßgebenden Wertgrenzen mit Rücksicht auf die Geldwertveränderung entsprechend angehoben werden, wobei auch auf die zu erwartende Euro-Umstellung Bedacht genommen werden soll. Dies gilt auch für die bezirksgerichtliche Wertgrenze.

Mit der vorliegenden Novelle sind Änderungen in so unterschiedlichen Rechtsgebieten wie dem Konsumentenschutzgesetz, dem Rohrleitungsgesetz, dem Rechtsanwaltstarifgesetz, der Exekutionsordnung, der Zivilprozeßordnung, dem Außerstreitgesetz und anderen Gesetzen, wie auch dem Atomhaftpflichtgesetz, verbunden.

Zum zuletzt angesprochenen Gesetz, dem Atomhaftpflichtgesetz, ist anzuführen, daß die in diesem Gesetz endlich vorgesehene Tarifanhebung zwar erfreulich ist, das bestehende Atomhaftpflichtgesetz jedoch als grenzenlos rückständig gilt und deshalb dringend einer grundlegenden Reform bedarf.

Man muß sich vergegenwärtigen, daß dieses Gesetz noch aus einer Zeit stammt, als die Überlegung im Vordergrund stand, die österreichische Atomindustrie zu schützen und zu fördern. Da wir heute erfreulicherweise gänzlich andere Voraussetzungen und politische Zielsetzungen haben, reicht im Atomhaftpflichtgesetz das Anheben von Wertgrenzen auf Dauer absolut nicht aus.

Was wir vielmehr brauchen, ist ein modernes österreichisches Atomhaftungsgesetz. In diesem Zusammenhang gestatte ich mir die Anmerkung, daß die sozialdemokratische Fraktion mit Klubobmann Dr. Kostelka bereits ein neues österreichisches Atomhaftungsgesetz ausgearbeitet hat. Dem diesbezüglichen Entwurf, der völlig auf heutiger Sicht basiert, gingen seitens unseres Koalitionspartners, der ÖVP, bereits positive Signale zu. Es soll die Haftung für Schäden regeln, die durch radioaktive Stoffe verursacht werden.

Die Haftung für die einzelnen Verwender von radioaktiven Stoffen soll dabei entsprechend ihrer Gefährlichkeit gestaffelt werden. Bei Kernanlagen soll hingegen eine Gefährdungshaftung vorgesehen werden, die vom Vorliegen von Verschulden und Rechtswidrigkeit unabhängig sein soll und wobei weiters keine Haftungshöchstgrenzen vorgesehen sind.

Abschließend sei deshalb zu diesem Spezialbereich festgestellt, daß es meines Erachtens dringend erforderlich ist, sich für ein neues, der Zeit entsprechendes, modernes Atomhaftungsrecht auszusprechen, weshalb ich die diesbezügliche Initiative meiner Fraktion sehr begrüße.

Die Anhebung der Wertgrenzen im vorliegenden Atomhaftpflichtgesetz ist für uns daher nur ein vorübergehender, kleiner, bei weitem nicht ausreichender und endgültiger Schritt.

Viel diskutiert im Zusammenhang mit der vorliegenden erweiterten Wertgrenzen-Novelle wurde unter anderem auch eine angebliche Einschränkung des Zugangs zum Obersten Gerichtshof. Nach Kenntnis der Fakten wage ich die Feststellung, daß dies nicht der Fall sein wird. Die diesbezügliche Neuerung bezweckt vielmehr eine spürbare Entlastung des Obersten Gerichtshofes, welche durch seine derzeitige Überlastung schon die Tendenz in sich trägt, den Zugang zum Recht für den Bürger und für die Bürgerin zu erschweren.

Andererseits bedeuten die diesbezüglichen Änderungen in der Zivilprozeßordnung eine sinnvolle Aufwertung der Oberlandesgerichte. Der Sachverhalt ist so, daß die heute geltende Untergrenze, bis zu welcher grundsätzlich der Ausschluß der Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofes ge


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geben ist, praktisch gleichbleibt. Hier gibt es nur eine Erhöhung von 50 000 S auf euro-konforme 52 000 S.

Neu ist, daß bis zu einer Grenze von 260 000 S, also künftig etwa 20 000 Euro, keine außerordentliche Revision zum Obersten Gerichtshof zulässig sein soll. Der in zweiter Instanz unterlegenen Partei soll in derartigen Fällen aber die Möglichkeit zukommen, nach einem Unzulässigkeitsausspruch an die zweite Instanz einen Antrag zu richten, daß die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofes mittels einer ordentlichen Revision doch zugelassen werden soll. (Präsident Dr. Hummer übernimmt den Vorsitz.)

Weiters ist dabei darauf zu verweisen, daß in einem solchen Fall das Gericht in zweiter Instanz keinesfalls willkürlich eine Abänderung eines Anspruches ablehnen kann, da bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit einer Amtshaftung durchaus gegeben wäre.

Zusammenfassend darf ich daher zur Problematik im Zugang zum Obersten Gerichtshof festhalten: Der Zugang zum OGH wird im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage nur unwesentlich eingeschränkt. Gleichzeitig dürfte es jedoch aufgrund der in der Vorlage vorgesehenen Regelung und im Gegensatz zur aktuellen Situation künftig zu einer spürbaren Entlastung des Obersten Gerichtshofes kommen.

Dieser Umstand unterstützt meines Erachtens viel stärker die Interessen der rechtssuchenden Bevölkerung und überwiegt die möglicherweise eintretende, jedoch unwesentliche Einschränkung.

Hinweisen möchte ich abschließend auch noch darauf, daß im Justizausschuß des Nationalrates eine Entschließung gefaßt wurde, wonach der Bundesminister für Justiz ersucht wird, "dem Nationalrat bis Ende Februar 2001 einen Bericht über die in den Jahren 1998 bis 2000 zu beobachtenden durchschnittlichen Anfallszahlen an ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmitteln und die daraus resultierenden Belastungen beim OHG sowie der an die Oberlandesgerichte und Landesgerichte gerichteten Anträge auf Änderung der Ansprüche über die Zulassung einer Revision oder eines Revisionsrekurses, aufgegliedert nach den vier Oberlandesgerichtssprengeln, einschließlich der Art der Erledigung dieser Anträge, vorzulegen".

Mit der Umsetzung dieser Entschließung ist eine zusätzliche parlamentarische Möglichkeit dafür gegeben, in einigen Jahren zu überprüfen, inwieweit sich die vorliegende Reform betreffend Zugang zum Obersten Gerichtshof tatsächlich bewährt hat. – Für meine Fraktion kann ich demnach mit gutem Gewissen festhalten, daß wir dem Antrag, gegen das vorliegende Gesetz keinen Einspruch zu erheben, zustimmen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.34

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek. Ich erteile es ihm.

13.34

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erwähnt worden, daß die erweiterte Wertgrenzen-Novelle nicht bloß Regelungen zur Anpassung der in verschiedenen Gesetzen und nicht nur in den Gerichtszuständigkeitsvorschriften enthaltenen Wertgrenzen enthält, sondern darüber hinaus auch durchaus beachtliche zusätzliche Regelungen in den verschiedensten Bereichen, insbesondere im Zivilverfahrensbereich.

Was die eigentliche Anpassung anlangt, darf ich Ihr Augenmerk darauf lenken, daß wir versucht haben, bei der im wesentlichen indexgemäßen Anpassung Euro-orientiert vorzugehen. Das heißt, daß, wenn die spätere Umstellung mit 1. Jänner 2002 erfolgen soll, ohne weitreichende innere Wertveränderungen auf runde Euro-Beträge einfach umgestellt werden kann.

Was die Anhebung der bezirksgerichtlichen Zuständigkeitsgrenze anlangt, möchte ich gerade hier im Bundesrat darauf hinweisen, daß das wiederum ein Schritt ist, die Bedeutung der Bezirksgerichte als Eingangsgerichte herauszustreichen. Ich darf aber doch auch sagen, daß wir


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Berechnungen angestellt haben, daß die Entlastung auf der Gerichtshofsebene im Durchschnitt etwa 15 Prozent darstellen wird. Die Streuung auf die vielen Bezirksgerichtseinheiten führt aber dazu, daß dort im Durchschnitt lediglich ein Zuwachs von durchschnittlich etwas über 2 Prozent sein wird. Man sieht also, daß auch beträchtliche Veränderungen durch die große Streuung in der unteren Ebene nur wenig Auswirkungen aufgrund der Zuständigkeitserweiterung haben. In den Ballungsgebieten allerdings wird es doch zu einer gewissen personellen Umschichtung und Besserausstattung der Bezirksgerichte kommen müssen.

Wenn in jenen Bereichen, die über den eigentlichen Wertgrenzenbereich hinausgehen und das Zivilverfahren betreffen, oder an den Zuständigkeitsvorschriften der Jurisdiktionsnorm Kritik geübt wurde, so ist das natürlich aus der Sicht des sich hier fachkundig zu Wort Meldenden verständlich. Ich meine aber, daß wir doch einiges dagegenzusetzen haben.

Was den erwähnten "Gerichtsstandsdschungel" anlangt, möchte ich darauf hinweisen, daß bereits im Jänner 1998, also in wenigen Wochen, in Brüssel eine Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufnimmt, die die Überarbeitung des Lugano-Übereinkommens, aber auch des Brüssel-Übereinkommens zum Ziele hat und die ihre Arbeit bis zum Jahresende abschließen soll. Es ist uns daher sinnvoll erschienen, da aufgrund dieser Arbeit neuerliche Änderungen im Zuständigkeitsbereich notwendig sein werden, daß wir nicht jedes Jahr unser Zuständigkeitssystem ändern – es wären alle verwirrt, niemand kennt sich dann mehr aus –, sondern daß wir es jetzt einmal mit dieser Implementierung belassen und nach dem Ergebnis der Überarbeitung dieser EU-Übereinkommen eine Generaldurchforstung der Gerichtsstände der Jurisdiktionsnorm vornehmen werden, wobei wir freilich doch auch die bisherige innerstaatliche Bewährung der österreich-spezifischen Gerichtsstände nicht aus den Augen verlieren wollen.

Wenn grundsätzlich moniert wurde, daß die Parteienmaxime, Unmittelbarkeit des Verfahrens, rechtliches Gehör et cetera, unausgewogen verändert wird, so möchte ich darauf hinweisen, daß die Stellungnahmen dazu durchaus gegenläufig waren. Eines der Ziele dieses Gesetzesvorhabens ist auch eine gewisse Beschleunigung des Verfahrens, und das steht nun einmal mit anderen Überlegungen und Grundsätzen in einem gewissen Spannungsverhältnis. Wir meinen, daß es gelungen ist, die Regelungen doch durchaus ausgewogen vorzunehmen.

Daß eine weitergehende amtswegige Präklusion, wie es in der Regierungsvorlage vorgesehen war, im Ausschuß eliminiert wurde, ist erwähnt worden. Es ist demjenigen, der dies erwähnt hat, auch bekannt, von welcher politischen Seite das im Ausschuß initiiert worden ist.

Zum diesbezüglich aufgeworfenen Thema ist zu bemerken, daß es nicht einfach ein Sich-Verschweigen der Partei oder des Vertreters ist, wenn von gewissen Rechten künftig nur mehr über Antrag Gebrauch gemacht wird, sondern daß wir eine ausdrückliche Zustimmung, also eine Frage: Machst du von diesem Recht Gebrauch oder nicht?, vorsehen; und nur wenn ausdrücklich die Zustimmung erteilt wird, dann tritt diese Straffung ein.

Kernstück der Auseinandersetzungen war zweifelsohne die Frage der Anrufung des Obersten Gerichtshofs. Sie wissen, daß der Oberste Gerichtshof seit längerem darauf hingewiesen hat, daß er bei der gegebenen Situation und bei der ständigen Anfallsteigerung seine Aufgabe nicht mehr im internationalen Vergleich nach wie vor relativ rasch erledigen kann und er sich daher eine Entlastung gewünscht hat. Nun haben die einen gemeint, das wäre durch eine personelle Aufstockung zu erreichen. Abgesehen von den Zeiten, in denen wir leben, muß man beachten, daß der Oberste Gerichtshof, gemessen an unserer Einwohnerzahl, was die personelle Ausstattung und Größe anlangt, zu den Größten überhaupt gehört. Andererseits haben Zivilprozeßrechtler gemeint, das erhöht nur die Anzahl der Senate, die dann wieder uneinheitlich entscheiden. Dieser Weg wurde also nicht beschritten.

Wenn – als Alternative hiezu – der Zugang zum Obersten Gericht beschränkt werden muß, so stellt sich die Frage, wie beschränkt man ihn. Wir sind nicht den Weg gegangen, der uns als Alternative zu unserem Modell genannt wurde, nämlich einer dramatischen Erhöhung der bisherigen 50 000 S-Grenze, bis zu der der Oberste Gerichtshof überhaupt nicht mehr angerufen werden kann. Es gab Vorschläge, die eine Unanrufbarkeit bis 150 000 S vorgesehen haben. –


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Wir sind einen anderen Weg gegangen. Im Außerstreitverfahren haben wir die Untergrenze überhaupt eliminiert, im streitigen Verfahren haben wir sie in Wirklichkeit nicht wertangepaßt und nur wegen der künftigen Eurobezogenheit von 50 000 auf 52 000 S erhöht. Wir sind einen anderen Weg gegangen, wobei wir uns die Erfahrungen mit dem Zulassungsrevisionsmodell zunutze gemacht haben.

Der Oberste Gerichtshof hat in etwa 95 Prozent der von den Gerichten in zweiter Instanz zugelassenen, also ordentlichen, Revisionen dieselbe Meinung vertreten und die Voraussetzungen als gegeben erachtet. – Ein Zeichen dafür, daß die zweite Instanz in der Frage der Zulassung ganz gute Einschätzungen hat. Auch von den außerordentlichen Revisionen hat der Oberste Gerichtshof etwas über 80 Prozent zurückgewiesen, also auch da ist eine hohe Treffsicherheit der Gerichte zweiter Instanz, was die Verneinung der Zulässigkeit der ordentlichen Revision anlangt, festzustellen.

Wir meinen, daß es daher in diesem Bereich möglich sein könnte, eine Einschränkung vorzunehmen und sind zu dem Modell gekommen, daß es zwischen 52 000 S und 260 000 S keine außerordentliche Revision geben soll. Dem gegenüber soll aber doch ein gewisses Rechtschutzinstrument eingezogen werden: den Antrag an die zweite Instanz auf neuerliche Prüfung der Frage, ob eine ordentliche Revision zugelassen wird oder nicht. Das halte ich durchaus nicht nur für eine Farce oder für eine Pflanzerei, wie es im Nationalrat bezeichnet wurde, denn ich glaube, man muß doch zugeben, daß sich aufgrund dieses Antrages zum ersten Mal die Partei mit dem Gericht betreffend die Frage der Zulässigkeit auseinandersetzt. Bis dahin hat man sich nur mit der Sachfrage auseinandergesetzt, nicht aber mit der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Revision vorliegen oder nicht. Zum ersten Mal tritt die Partei betreffend diese Frage mit dem Gericht überhaupt in einen Dialog ein.

Zweitens: Ich glaube nicht, daß sich da eine allzu restriktive Haltung der zweiten Instanz ergeben wird, ist sie doch künftig in dieser Frage die letzte Instanz. Und es ist allemal etwas anders zu sagen, ich bin der Meinung, es liegen die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht vor, wenn ich weiß, die Partei kann ohnehin mit einer außerordentlichen Revision zum Obersten gehen, als jetzt wirklich als Letzter zu sagen, nein, ich schneide dir den Weg ab. Dazu kommt, daß gerade nach einer Konfrontation mit den in der Antragstellung ausgeführten Gründen, die für eine ordentliche Revision sprechen würden, die zweite Instanz nicht leichtfertig die Frage beantworten und verneinen wird, besteht doch die Gefahr, wie hier richtig hingewiesen wurde, als zweite Instanz – anders als beim Obersten Gerichtshof – bei einer unvertretbaren Rechtsansicht in Amtshaftung gezogen zu werden.

Insgesamt glaube ich also, daß damit ein Modell gefunden wurde, das durchaus wert ist, nun einmal erprobt zu werden. Ich habe kein schlechtes Gewissen dabei. Zur Überprüfung der Auswirkungen bedarf es aber auch nicht unbedingt einer Entschließung des Nationalrates: Es ist im Justizbereich eine Selbstverständlichkeit, daß die Justizgesetze nach einer gewissen Zeit ihrer Geltung einer Evaluierung zugeführt werden, und das werden wir auch in diesem Fall machen. Wenn – wie ich sicher bin – es sich herausstellt, daß sich hier keine Unzulänglichkeiten ergeben, wollen wir durchaus ins Auge fassen, dieses Modell auch – so es politisch möglich ist – in das arbeits- und sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen, weil ich keine Veranlassung sehe, eine grundlegende Unterschiedlichkeit walten zu lassen.

Was die Frage anlangt, daß mit diesem Antrag auf neuerliche Überprüfung der Frage der Zulassung einer Revision auch gleich die Revision auszuführen ist, möchte ich darauf hinweisen, daß das ähnlich jetzt schon bei der Erhebung einer außerordentlichen Revision ist, wo nicht nur ausgeführt werden muß, daß die Voraussetzungen zur Anrufung des Obersten Gerichtshofes gegeben sind, sondern auch gleichzeitig die Revision selbst ausgeführt werden muß. Letzten Endes führt das doch auch, für den Fall der Stattgebung des Antrages, zu einer Beschleunigung in der weiteren Abwicklung.

Was die angesprochenen Fragen der Gefährdungshaftung anlangt, darf ich darauf hinweisen, daß wir diesen Bereich in verschiedenen Punkten in Bearbeitung haben. Sie werden am Anfang nächsten Jahres sowohl mit einem versendeten Entwurf zu einer Novelle zum Gentechnik


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gesetz, das sich mit der Gentechnikhaftung befaßt, konfrontiert werden, als auch mit einem Begutachtungsentwurf zu dem schon angeführten Atomhaftungsgesetz, zu dem es allerdings – wie ich glaube – noch keineswegs die hier erwähnte grundlegende Übereinstimmung gibt, weil es doch Implikationen gibt, die erst eine politische Lösung erfahren müssen, insbesondere was die Frage einer allfälligen Einbindung in die bestehenden internationalen Instrumente und die hiefür allenfalls notwendigen Voraussetzungen anlangt. – Soweit zu den noch in Aussicht genommenen Gesetzesvorhaben im Zusammenhang mit der Gefährdungshaftung. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.48

Präsident Dr. Günther Hummer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend eine erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keine Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (Stellenbesetzungsgesetz) (533/A und 975/NR sowie 5604/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (641/A und 977/NR sowie 5605/BR)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies: ein Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 9 und 10 hat Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Dr. Kurt Kaufmann:
Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus zum Stellenbesetzungsgesetz liegt Ihnen schriftlich vor.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates regelt die Bestellung von Mitgliedern des Leitungsorgans von Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. der im § 8 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der zweite Gesetzesbeschluß betrifft ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Mehrheitlich oder einheitlich?)  – Mehrheitlich, das habe ich ja gesagt. Oder habe ich einstimmig gesagt? "Mit Stimmenmehrheit" habe ich gesagt.

Der zweite Gesetzesbeschluß betrifft das Bundesvergabegesetz 1997. Mit diesem Gesetzesbeschluß des Nationalrates wird das Bundesvergabegesetz so geändert, daß jene Unternehmen bei der Vergabe berücksichtigt werden, welche Lehrlinge ausbilden.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, über die die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt werden.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile es ihm.

13.53

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Berichterstatter! Um schlüssig in meinen Ausführungen fortsetzen zu können, habe ich vorhin diesen Einwand gemacht, denn der ersten Vorlage, die Sie berichtet haben, werden wir nicht die Zustimmung geben, der zweiten sehr wohl.

Zur ersten Vorlage: Stellenbesetzung in staatsnahen Unternehmensbereichen. Zu dem sehr kurz gefaßten Bericht wäre noch hinzuzufügen, daß die Eignung des Bewerbers zu prüfen ist, eine öffentliche Ausschreibung voranzugehen hat und daß der Name der Person, mit der die Stelle besetzt wurde, und die Namen derer, die an dieser Entscheidung mitwirken, zu veröffentlichen sind.

Wir würden uns noch wünschen, daß die entsprechenden Verträge, mit denen solche Personen bestellt werden, veröffentlicht werden würden, dann hätte etwa das Desaster im Falle Konrad vermieden werden können, das sicherlich niemand von Ihnen in dieser Form so gewollt hat. Der Vertrag war wahrscheinlich noch gar nicht vorhanden, daher konnte man ihn nicht veröffentlichen, das sehe ich schon ein. Man muß sich halt ein bißchen mehr Zeit dafür nehmen, dann könnte man ihn auch veröffentlichen. Unser Wunsch lautet also: Veröffentlichung solcher Muster- oder Schablonenverträge.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß diese Vorlage ein Zeichen des schlechten Gewissens, ein unvollkommenes Feigenblatt ist, das die nicht mehr vorhandene Jungfräulichkeit bezüglich Vertrauenswürdigkeit verdecken sollte. Einen Fall habe ich bereits angezeigt. Leider Gottes sind solche Fälle nur die Spitze des Eisberges in unserer sonst so schönen Republik Öster


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reich. Denken Sie etwa an die Konduitlisten des Salzburger Landeshauptmannstellvertreters aus dem Computer. Warum gibt man so etwas überhaupt her? Darf man so etwas überhaupt? (Zwischenrufe.) Der Computer gehört der Stadt, also dem Land Salzburg. Es werden Dinge verwendet, die völlig verquer zu den entsprechenden objektiven Verfassungsbestimmungen sind. Das ist ein Mißbrauch dieser EDV-Anlage! Das sage ich Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Was soll ich zitieren? Sie müssen immer dann einen Zwischenruf machen, wenn ich zuhöre. Ich bin schon ein bißchen schwerhörig. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das Kärntner Papier! Der Kärntner Vertrag!)

Warten Sie, ich werde mich mit Ihrer Seite auch noch beschäftigen. Meine Damen und Herren! (Bundesrat Prähauser: Kollege Tremmel! Taubheit schützt vor Wahrheit nicht!) Die Wahrheit habe ich euch gerade gesagt. Ihr seid offensichtlich nicht taub, aber ihr tut so, als ob ihr taub wäret. Also nehmt das an, was ich euch sage.

Ich möchte diese "sauren Wiesen" nicht noch erweitern. Das tun leider Gottes Sie, wie das seinerzeit Bundespräsident Kirchschläger richtig gesagt hat. Meine Damen und Herren! Viel wichtiger erschiene es uns, daß wichtige Bereiche, die heute die Öffentlichkeit dominieren, vermehrt der öffentlichen Kontrolle unterstellt und durchleuchtet werden. Ich nenne Ihnen einen Bereich: die E-Wirtschaft.

Sie können in der Zeitung nachlesen – die oberösterreichischen Kollegen haben sich zu Recht über die Säumigkeit der Steiermark aufgeregt –, daß die ESTAG, also die Energie Steiermark AG, über die Sperrminorität hinaus, an die Electricité de France verkauft werden sollte. Österreich bekommt dadurch nicht nur Atomstrom – obwohl alle dagegen sind und auch entsprechend einschlägige Gesetze gemacht haben und eigentlich alles dagegen vorhanden ist –, sondern es wird auch die wirtschaftliche Beweglichkeit dieses Landes eingeschränkt. Da sollten Sie wirklich einschreiten! Meine Damen und Herren! Zeigen Sie, daß Sie eine wirksame Koalition sind und nicht nur eine Not- und Abwehrkoalition! Da einzuschreiten wäre sehr aktuell und sehr notwendig.

Postenbesetzungen erfolgen durch einen Generalbevollmächtigten, durch eine Regierungsstelle, wobei der Regierungsbevollmächtigte gleich mehr als die Hälfte des Aufsichtsrates besetzt. Bitte denken Sie nur in Richtung Bank Austria, und dann werden Sie feststellen, welcher Druck beziehungsweise welche Pression im Bereich der Öffentlichkeit ausgeübt wird!

Verhindern Sie, daß neue Machtmonopole und Einflußimperien entstehen! Die Bank Austria habe ich genannt; nicht nur halb Graz gehört dieser. Wenn Sie die aktuelle Ausgabe von "News" anschauen – ich habe Sie mir von einem Kollegen ausgeborgt –, werden Sie lesen können, welcher Druck ausgeübt wird: Fällig gestellt. Bank Austria klagt bei Rieger 160 Millionen Kredit ein. – Das ist der LASK-Präsident, zur Erklärung. – Mit der Bank Austria prozessiert Rieger über einen längst fälligen 160 Millionen Kredit. Rieger: Man will mich ruinieren.

Unterbinden Sie diese Dinge, meine Damen und Herren! Ein kärgliches Stellenbesetzungsgesetz, das wirklich nur ein Feigenblatt ist, kann sicher nicht die öffentliche Moral und Ordnung wiederherstellen.

Sie haben darauf Einfluß zu nehmen, daß das dort einigermaßen durchschaubar und durchleuchtbar wird, wo sich der einzelne überhaupt nicht mehr wehren kann. Da entstehen neue Verhältnisse der Unterdrückung, auch einer modernen Sklaverei. Es wird auch die freie Wirtschaft kaputtgemacht.

Aus diesen Gründen und weil wir glauben, daß das nur ein unvollständiges Feigenblatt ist, werden wir dieser ersten Vorlage sicher nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum zweiten: Beim Bundesvergabegesetz überwiegen für meine Fraktion die Plus insofern, als es der Ansatz eines Versuches ist, Lehrlingen zu helfen, ein Ansatz deswegen, weil die Lehr


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lingsoffensive von Bundeskanzler Klima kläglich gescheitert ist. Wenn nicht Gehrer mit den Schulen eingeschritten wäre und geholfen hätte, wären kaum Lehrlinge vermittelt worden. Jetzt müssen es die Privaten machen.

Allerdings ist die Vorlage schon etwas unklar formuliert. Muß jetzt ein österreichisches Unternehmen Lehrlinge einstellen, oder dürfen es Personen bis 19 Jahre sein? Diese Frage konnte auch im Ausschuß nicht endgültig geklärt werden. Wenn es Lehrlinge sein müssen, dann ist darauf hinzuweisen, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung mit anderen EU-Unternehmungen sicherlich verletzt wird. Andererseits arbeitet die Bundesregierung genau konträr zu dieser Vorlage. Die Lehrlingsinitiative habe ich genannt. Ich nenne etwa die sogenannte Kaderschmiede der Regierung, die vom Herrn Bundeskanzler abwärts durch ehemalige Mitarbeiter der OMV besetzt ist, die Hunderte Leute entlassen hat und somit auch keine Lehrplätze zur Verfügung stellt. Den Dividendenausstoß hat sie erhöht, allerdings nicht den Lehrplatzausstoß. Das wären Bereiche, wo man hineingehen und Einfluß nehmen könnte.

Es wurde bereits im Nationalrat erwähnt, daß beim Arbeitsmarktservice Linz die Bezuschussungen für Lehrlinge gestoppt werden – mit Ausnahme von Behinderten und Betroffenen. Bitte, das ist ja eine völlig konträre Maßnahme, was da passiert. Weiß die eine Hand nicht, was die andere tut? Wir werden dieser Vorlage trotzdem unsere Zustimmung geben, und zwar deswegen, weil es zumindest ein Versuch ist. Wir bewerten diesen Versuch auch entsprechend und hoffen, daß es wenigstens die Privatwirtschaft schafft und daß mit diesem Gesetz die noch wirksame Privatwirtschaft nicht eingeschränkt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.03

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

14.03

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Die vorliegende Gesetzesnovelle soll das aus 1982 stammende Bundesgesetz über die öffentliche Ausschreibung von Funktionen in Kapitalgesellschaften, an denen Bund, Länder oder Gemeinden beteiligt sind, ablösen.

In der Debatte um Privilegien, um vermeintliche oder echte, mit dem Wunsch und dem Recht der Öffentlichkeit auf mehr Transparenz, hat Bundeskanzler Mag. Klima als Vorsitzender der SPÖ im Mai dieses Jahres alle Parlamentsparteien eingeladen, noch vor dem Sommer an der Umsetzung eines Programms mitzuwirken und bestimmte Ziele zu verwirklichen. Bundeskanzler Mag. Klima hat dabei als konkrete Ziele fünf Punkte für Klarheit, Offenheit und Kontrolle vorgelegt, um neue verschärfte Richtlinien für eine objektive und transparente Auswahl von Führungskräften in allen Unternehmungen mit bestimmendem Einfluß von Bund, Ländern und Gemeinden, also vom Rechnungshof geprüfte Institutionen, zu schaffen. (Bundesrat Dr. Harring: Das gilt nur für die Zukunft! In der Vergangenheit war es nicht so!) Das hat in Kärnten auch nicht gegolten. Wir gehen jetzt von den tatsächlichen Gegebenheiten aus.

Ich darf Ihnen diese von Bundeskanzler Mag. Klima im Mai dieses Jahres vorgelegten fünf Punkte für Klarheit, Offenheit und Kontrolle, die für die vorher genannten Unternehmungen und die dort beschäftigen Führungskräfte gelten sollten, nochmals in Erinnerung rufen:

Erstens: Lückenlose öffentliche Ausschreibung aller Geschäftsführer- und Vorstandsfunktionen.

Zweitens: Moderne leistungsorientierte Standardverträge für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder. Ausarbeitung durch eine Expertenkommission bestehend aus Wirtschaftstreuhändern, Rechtsexperten und Personalberatern nach dem Vorbild der Kommission zur Reform der Politikerbezüge.

Drittens: Festlegung marktgerechter Bezüge durch die Aufsichtsräte nach verpflichtenden nationalen und internationalen Branchenvergleichen.


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Viertens: Namentliche Veröffentlichung der verantwortlichen Entscheidungsträger, zum Beispiel Aufsichtsräte.

Fünftens: Vollständige Offenlegung aller Einkommen von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern.

Andere gemeinwirtschaftliche Unternehmungen, zum Beispiel Genossenschaften und Sparkassen, wurden von Bundeskanzler Mag. Klima eingeladen, sich diesen Richtlinien im Sinne eines freiwilligen Ehrenkodex anzuschließen. Die Parlamentsparteien waren, wie von mir bereits angeführt, eingeladen, an der Umsetzung dieser Grundsätze mitzuwirken.

Es ist meines Erachtens wichtig, auf diesen Umstand bei der Debatte zum vorliegenden Gesetz hinzuweisen, da es sich formal um die Verwirklichung eines gemeinsamen Antrages der Koalitionspartner, vertreten durch die beiden Klubobmänner Dr. Kostelka und Dr. Khol, handelt .

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß dafür bereits am 15. Mai ein Antrag der Koalitionspartner eingebracht wurde. In diesem Antrag wurden unter anderem die Ausarbeitung von Richtlinien durch eine Expertenkommission sowie die Einführung von Parametern für leistungsorientierte Verträge gefordert. Diese Forderung wird in der gegenständlichen Vorlage durch Ausarbeitung einer sogenannten Vertragsschablone erfüllt. Dabei geht es darum, daß die Verträge zur Bestellung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern in Gesellschaften, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, einen gewissen einheitlichen Standard bekommen.

Somit bringt dieses Gesetz natürlich mehr Transparenz gegenüber der seit 1982 gültigen Regelung, und zwar in vielfacher Hinsicht. Bisher gab es beispielsweise den Einkommensbericht des Rechnungshofes, in dem die Bezüge der staatsnahen Betriebe offengelegt wurden. Das vor kurzem erst beschlossene Bezügebegrenzungsgesetz sieht außerdem vor, daß eine Liste aller Bezüge in staatsnahen Unternehmungen, die über 80 000 S betragen, für die Jahre 1998 und 1999 veröffentlicht wird. Das gegenständliche Stellenbesetzungsgesetz darf daher als großer Fortschritt angesehen werden. Wie schon im Titel des Gesetzes angeführt, bringt es wesentlich mehr Transparenz, Transparenz in bezug auf die Person, die bestellt werden soll, mehr Transparenz in bezug auf die entscheidenden Personen, die die Funktionen besetzen, und natürlich auch mehr Transparenz in bezug auf die finanziellen Auswirkungen.

Sicher wird es auch nach Beschlußfassung dieses Gesetzes Menschen geben, denen die zu schaffende Regelung nicht weit genug geht, die alles und jedes reglementieren, ja sogar nivellieren wollen. Bei einer Neuregelung dieses Problembereiches sollen aber auch jene gehört werden, die davor warnen, zu enge Rahmen zu schaffen. Gute Manager würden in einem derartigen Fall ausschließlich in private Unternehmungen oder – noch schlimmer – ins Ausland abwandern.

Ich darf zu diesem Kapitel daher nochmals abschließend feststellen: Dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es bringt mehr Transparenz und verknüpft außerdem das Bezügebegrenzungsgesetz mit dem Bereich der öffentlichen Wirtschaft, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt. Wer diese Regelungen allerdings für negativ oder gar für zahnlos hält, ist möglicherweise nur enttäuscht darüber, daß sogenannte Kärntner Regelungen der Vergangenheit angehören werden.

Ein gänzlich anderes Problem wird mit der Novelle zum Bundesvergabegesetz, einem weiteren Tagesordnungspunkt dieser Debatte, angesprochen. Mit der dabei zu schaffenden neuen Regelung sollen künftig Unternehmen dahin gehend verpflichtet werden, jugendliche Arbeitnehmer vorwiegend zu Ausbildungszwecken zu beschäftigen. Die Behebung des Lehrstellenmangels ist ein nationales Anliegen. Dabei müssen alle zu Gebote stehenden Mittel ausgeschöpft werden. Ein konkretes Mittel soll die bessere Beurteilung im öffentlichen Vergaberecht für jene Betriebe sein, die Ausbildungsbereitschaft zeigen und eine Ausbildungsleistung erbringen.


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Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, daß es wichtig sein wird, sämtliche Vergaben des Bundes in diese Regelung einzubeziehen sowie an Länder, Gemeinden und ausgegliederte Rechtsträger zu appellieren, in gleicher Weise wie der Bund vorzugehen.

Wie wichtig Initiativen in diesem Bereich sein können, zeigt die Lehrlingsinitiative der Bundesregierung, die von Bundeskanzler Mag. Klima gestartet wurde. Dabei gelang es heuer erstmals seit vielen Jahren, ein ausgeglichenes Niveau zwischen Lehrstellenangebot und Nachfrage zu erreichen. Durch die besonderen Anstrengungen dieser Lehrlingsinitiative der Bundesregierung war es aber auch möglich, die Beschäftigung Jugendlicher im heurigen Jahr verstärkt zu fördern. Öffentliche Stellen, private Unternehmen, Kammern und Vertreter beider Regierungsparteien konnten aufgrund gemeinsamer Zielsetzung beachtliche Lösungen zustande bringen. Besonders Wien ist österreichweit mit der Zahl verfügbarer Lehrstellen beispielgebend.

Der Einsatz dieser Lehrlingsinitiative der Bundesregierung hat sich bereits gelohnt. Erstmals seit 20 Jahren gibt es wieder mehr Lehrstellen, und die Ausbildung von Lehrlingen wurde vereinfacht. Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, werden künftig begünstigt.

Diese Erfolge dürfen uns aber nicht ruhen lassen. Die Lehrlingsausbildung muß weiter reformiert werden, die Wirtschaft muß sich auch ihrer Verantwortung bewußt werden. Die Jugendbeschäftigung muß vorrangiges Ziel in der EU werden. Mit den Erfolgen von heute gilt es aber auch, für die Zukunft vorzusorgen. Nur gut ausgebildete Facharbeiter werden künftig in der Lage sein, selbst Verantwortung in Betrieben zu übernehmen oder den Mut aufzubringen, den Schritt in das Gewerbe, den Handel oder gar in die Industrie zu wagen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Umso mehr ist es notwendig, durch Maßnahmen, wie beispielsweise im gegenständlichen Bundesvergabegesetz, dafür zu sorgen, daß Jugendliche Beschäftigung finden und ausgebildet werden. Es ist daher nur logisch und konsequent, daß die öffentliche Hand als Auftraggeber im Leistungsvertrag Betriebe zu dieser Zielsetzung verpflichtet. Meine Fraktion wird aus diesem Grund auch dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.12

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

14.12

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Rauchenberger hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen, daß die Änderung des Bundesvergabegesetzes ein Signal in Richtung eines gesellschafts- und wirtschaftspolitisch erwünschten Verhaltens ist und daß wir dessen Inhalt unterstützen. Wir werden daher auch diesem Gesetz die Zustimmung geben.

Es hat sich allerdings im Ausschuß gezeigt, daß es doch Fragen gibt, die erst in der Praxis eine befriedigende Antwort erhalten werden, etwa hinsichtlich der Auswirkungen, wenn, was branchenweise durchaus vorkommen kann, im Inland für einen Betrieb keine ausreichende Zahl von Lehrlingen zur Verfügung steht, im benachbarten Ausland sehr wohl. Es könnte also durchaus zu einer vorprogrammierten Wettbewerbsbenachteiligung grenznaher Unternehmen kommen. Das wird man sich in der Praxis ansehen müssen. Daher hätte ich bei diesem Gesetz nicht von vornherein ausgeschlossen, es auf einen angemessenen Zeitraum zu befristen und dann Bilanz zu ziehen. Dies umso mehr, als bei der Berücksichtigung horizontaler Gesichtspunkte im Vergabewesen kein nachvollziehbares System zu erkennen ist.

Das Gesetz selbst hat schon auf die Umweltgerechtigkeit abgestellt. Jetzt wird auf den Gesichtspunkt Beschäftigung Jugendlicher, sage ich jetzt einmal vereinfacht, abgezielt. Wir wissen alle aus anderen Diskussionen, daß es eine ganze Reihe gesellschaftspolitischer Anliegen gibt, die von ähnlicher Tragweite sind, etwa die Frage, ob ein Unternehmen vielleicht einen Anspruch auf Bonus hat, wenn es verstärkt Frauen beschäftigt, wenn es verstärkt Behinderte oder andere benachteiligte Gruppen beschäftigt. Das sind alles Dinge, die da in einen Zusammenhang gestellt werden sollten, ohne daß ich über die Berechtigung des einen oder anderen Anliegens werten wollte. Ich weise nur darauf hin, daß das offenbar einzig erkennbare System


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die Tagesaktualität ist. Das ist, glaube ich, für ein Gesetz mit einer derartigen Tragweite ergänzungsbedürftig.

Ganz kurz zum Stellenbesetzungsgesetz, das Kollege Dr. Tremmel als Feigenblatt bezeichnet hat. Selbst wenn es nur ein Feigenblatt wäre (Bundesrat Dr. Tremmel: Unvollkommen!), wären Sie angesichts der Blößen, die auch Sie sich schon gegeben haben, gut beraten, sich zumindest eines solchen Feigenblattes zu bedienen. (Beifall bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Auch das Stellenbesetzungsgesetz ist in gewisser Weise ein Signal, ein Wegweiser erwünschten Verhaltens. Herr Nationalratsabgeordneter Kier hat das meiner Ansicht nach im Nationalrat treffend umschrieben: Durch das Gesetz werde zwar niemand anständiger, aber es werde schwieriger, unanständig zu sein. – Das scheint mir eine sehr treffende Zusammenfassung zu sein.

Das Gesetz bringt zum einen eine Verbesserung der Transparenz hinsichtlich dessen, wer bestellt wurde, und jener, die ihn bestellt haben. Das ist allerdings lediglich ein Nachvollzug der Wirklichkeit, denn bisher war in jedem einzelnen Fall den Medien zu entnehmen, wer bestellt wurde, was dafür ausschlaggebend war und wer dem Aufsichtsrat angehört hat. Natürlich ist es wünschenswert, das zu verrechtlichen und nicht von der Beliebigkeit der Medienberichterstattung abhängig zu machen.

Ein weiterer, aber wesentlich gravierenderer Punkt und Fortschritt ist die Absicht und die Verpflichtung der Bundesregierung, Vertragsschablonen auszuarbeiten, mit denen sozusagen die Einkommenspyramide für Politiker weitergebaut und ergänzt wird.

Als kleinen Mangel möchte ich anmerken, daß von dem Anwendungsbereich dieser Vertragsschablonen ein Unternehmen mit Handlungsbedarf nicht erfaßt ist, nämlich der ORF. Er ist aber auf andere Art und Weise dem Gesetzgeber zugänglich, nämlich durch das Rundfunkgesetz. Ich habe die Erwartung, daß auch dort das nachvollzogen wird, was wir hier für andere Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, machen.

Dieses Stellenbesetzungsgesetz hat eine nicht uninteressante verfassungsrechtliche Diskussion ausgelöst – es gab ja kein Begutachtungsverfahren dazu, es gab lediglich eine Befassung der Länder durch die Antragsteller im Nationalrat –, nämlich über die Frage, ob die Berufung auf die Bundeszuständigkeit, das Zivilrechtswesen zu regeln, ausreichend sei, um auch Gesellschaften im Eigentum von Ländern und Gemeinden zu erfassen, zumal bei diesen Kapitalgesellschaften beispielsweise durchaus jetzt differenziert wird: solche – ich sage es jetzt vereinfacht –, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, dann solche, die zwar auch im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, aber einer Gemeinde angehören, die nicht der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, und schließlich solche Kapitalgesellschaften, bei denen diese Voraussetzungen nicht zutreffen.

Für die Frage der Zustimmungspflichtigkeit ist es aber nicht relevant, weil das Ganze weder als Bundesverfassungsgesetz bezeichnet ist noch in seinem Ganzen als Verfassungsbestimmung. Es war im Jahre 1982, als erstmals ein solches Gesetz mit einem verwandten Inhalt beschlossen wurde, nicht relevant, weil es damals das Zustimmungsrecht des Bundesrates noch nicht gegeben hat.

Ich bin aber sehr dankbar dafür, daß jedenfalls davon ausgegangen wurde, daß die Verfassungsbestimmung, mit der die Länder zur Erlassung gleichartiger Regelungen hinsichtlich der Vertragsschablonen ermächtigt werden, als Verfassungsbestimmung gekennzeichnet wurde, und wir davon ausgehen, daß diese Verfassungsbestimmung der Zustimmung des Bundesrates bedarf, der ich, weil es im Vorverfahren, im Vorfeld der Meinungsbildung doch einen breiten Konsens mit den Ländern gegeben hat, gerne die Zustimmung geben werde. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)


Bundesrat
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14.18

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.

14.18

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Mit dem vorliegenden Gesetzesantrag soll das Bundesvergabegesetz so geändert werden, daß jene Unternehmen bei der Vergabe berücksichtigt werden, die Lehrlinge ausbilden beziehungsweise Auszubildende bis 19 Jahre beschäftigen.

Ich bin auch dafür, daß Jugendliche das Recht haben, eine für die Berufsausübung erforderliche Ausbildung zu erhalten. Die Wirtschaft hat auch gezeigt, daß sie Lehrlinge und Jugendliche ausbildet und in vermehrtem Maße Lehrlinge eingestellt hat. Aber wenn diese Kriterien in einem Gesetz so verankert sind, daß in die Ausschreibungsunterlagen diese anfangs erwähnten Kriterien als Bedingung aufzunehmen sind, lehne ich dies ab, da ich der Meinung bin, daß dies zwar auf freiwilliger Basis geschehen kann, aber niemals in ein Gesetz gegossen werden soll.

Abschließend verweise ich auf das, was mein Bundesratskollege Jürgen Weiss vorhin zu diesem Gesetz gesagt hat. Ich kann mir daher ersparen, dies zu wiederholen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.20

Präsident Dr. Günther Hummer: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Peter Wittmann. Ich erteile es ihm.

14.20

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Hoher Bundesrat! Einige kurze Bemerkungen zu den beiden Gesetzen: Ich denke, das Gesetz über die Stellenbesetzung spricht für sich selbst. Es enthält alle Punkte, die der Bundeskanzler zugesagt hat.

Es ist ein Gesetz, das die Transparenz der Ausschreibungen beziehungsweise der Besetzungen in beträchtlichem Ausmaß erhöht. Weiters sieht es die verpflichtende Ausschreibung vor, die einer Besetzung vorangehen muß. Die versprochenen Schablonenverträge sind in diesem Gesetz ebenfalls enthalten. Für die Bezahlung sind marktgerechte und zum Vergleich verpflichtende Kriterien eingeführt worden. Das Gesetz sieht auch überdies die namentliche Veröffentlichung derjenigen vor, die über eine Besetzung entscheiden, und das ist ein sehr wichtiges Kriterium zum Nachvollzug dieser Entscheidung. Damit ist meiner Ansicht nach ein Kontrollmechanismus gegeben, der weit über die bisherige Regelung hinausgeht. Ich denke, er unterscheidet sich wohltuend von den bisherigen Gesetzen und ermöglicht eine objektivere und transparentere Gestaltung.

Die Forderung nach Offenlegung der Bezüge ist ebenfalls erfüllt worden, wenn auch nicht in diesem Gesetz. Sie ist bereits im Bezügebegrenzungsgesetz beschlossen worden. Somit sind diese fünf Punkte erfüllt.

Zum zweiten der beiden jetzt debattierten Tagesordnungspunkte möchte ich festhalten, daß es der Regierung gelungen ist, erstmals seit 1978 eine Trendwende herbeizuführen. Es sind jetzt wieder mehr Jugendliche in Ausbildung als im Vorjahr, nachdem es seit 1978 Jahr für Jahr weniger geworden waren. Ich halte das für ein gutes Zeichen.

Ich denke, daß die Verpflichtung, Firmen mit Lehrlingen besserzustellen, ein adäquates Mittel ist, um weitere Initiativen für Jugendliche in die Wege zu leiten, und daß man sich dieser Verpflichtung nicht entziehen sollte. Wir alle wissen, daß es mit der Freiwilligkeit nicht zu den Ergebnissen gekommen ist, die wir uns erhofft haben. Daher ist in diesem Fall eine gesetzliche Bestimmung durchaus gerechtfertigt und rechtens. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und Beifall des Bundesrates Weiss. )

14.22

Präsident Dr. Günther Hummer: Weitere Wortmeldungen liegen zu diesen Punkten nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


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Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich, das Stellenbesetzungsgesetz.

Der vorliegende Beschluß enthält im § 8 eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf. Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, der im § 8 des vorliegenden Beschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmung im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, der zitierten Verfassungsbestimmung des vorliegenden Beschlusses im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 10. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert wird (976/NR sowie 5606/BR der Beilagen)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen nun zu Punkt 11 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Milan Linzer: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus.

Der gegenständliche Gesetzesbeschluß beruht auf einem Antrag des Verfassungsausschusses des Nationalrates, den dieser gemäß § 27 Abs. 1 GOG-NR in inhaltlichem Zusammenhang mit den dort verhandelten Initiativanträgen 440/A, Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwal


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tungsverfahrensgesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz geändert werden – AVG-Novelle 1997 –, und 493/A, Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden, gestellt hat.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? (Bundesrätin Mühlwerth: Ja!)  – Frau Bundesrätin Mühlwerth ... (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, erst zum nächsten Punkt!) Ein Mißverständnis.

Wünscht sonst jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (891 und 1033/NR sowie 5607/BR der Beilagen)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen nun zu Punkt 12 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Familie und Umwelt über den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Mit dem gegenständlichen Gesetzesbeschluß des Nationalrates sollen folgende Änderungen im Familienlastenausgleichsgesetz vorgenommen werden: Anhebung der Altersgrenze bis zum 27. Lebensjahr für Schwangere beziehungsweise für Mütter, die sich in Berufsausbildung – insbesondere Studium – befinden, legistische Klarstellung des Begriffes "auszahlende Stelle" bei Rückforderungen von Familienbeihilfe sowie Setzung von Informationsmaßnahmen zur Beibehaltung der hohen Untersuchungsdisziplin beim Mutter-Kind-Paß.

Der Ausschuß für Familie und Umwelt stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.

14.28

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war mit meiner verfrühten


Bundesrat
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Wortmeldung den Tagesordnungspunkten ein bißchen voraus, weil ich mich gefreut habe, daß eine langjährige freiheitliche Forderung Aufnahme in einen Gesetzesvorschlag gefunden hat. Es war nämlich unsere Idee, darauf hinzuweisen, daß es bei Schwangerschaft oder Geburt noch während des Studiums oder der Berufsausbildung ein besonderer Härtefall ist, wenn die Familienbeihilfe vorher ausläuft und gesagt wird: Da gibt es jetzt einfach nichts mehr.

Deshalb bin ich sehr froh darüber, daß das nunmehr im Gesetz seinen Niederschlag gefunden hat, obwohl man dazu anmerken muß, daß die Vorgangsweise wieder typisch gewesen ist: Am 1. Oktober 1996 wurde diese Altersgrenze festgelegt, und nach einem Jahr kommt man darauf, daß das leider doch nicht so gut war. In diesem Fall sage ich aber: Besser später als nie.

Leider zeigt sich immer wieder, daß dem Positiven das Negative auf dem Fuß folgt. Auch beim Mutter-Kind-Paß – da haben wir erst heuer eine Herabsetzung des Zuschusses beschlossen – haben wir schon damals darauf hingewiesen, daß aller Wahrscheinlichkeit nach zu erwarten ist, daß die Untersuchungen zurückgehen werden.

Wie es eben so oft in diesem Haus ist – und nicht nur in diesem Haus, sondern auch im Nationalrat –, in dem Moment, in dem wir auf etwas hinweisen, heißt es sofort: Das ist alles nicht wahr, die Freiheitlichen betreiben schon wieder Panikmache, und das ist typisch dafür, daß sie gegen alles und jedes sind. Wie aber ist es jetzt wirklich?

Da steht es: Wie entsprechendes Datenmaterial zeigt, ist die Inanspruchnahme von Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen zu Beginn des Jahres 1997 gesunken. Es ist daher – ich kürze das jetzt – notwendig, durch Maßnahmen wie zum Beispiel Informationsschreiben die Eltern zu motivieren, die im Bereich der Vorsorgemedizin wichtigen Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen im größtmöglichen Ausmaß in Anspruch zu nehmen. – Das ist auch völlig in Ordnung, aber das haben wir bereits vorher gewußt.

Und was passiert jetzt? – Jetzt glauben Sie wieder, Sie könnten mit Informationen die Leute dazu bringen, zu den Untersuchungen zu gehen. Ich sage Ihnen, es wird genau das gleiche geschehen wie letztes Mal: Sie werden damit kein Durchkommen finden. Sie werden dem Familienlastenausgleichsfonds viel Geld entziehen, um die Eltern zu informieren und anzuschreiben, aber es wird nichts bringen.

Von uns gibt es im Nationalrat einen Abänderungsantrag, in dem wir festgestellt haben, daß es offensichtlich tatsächlich eine Motivation wäre, einen höheren Geldzuschuß für die Mutter-Kind-Paß-Untersuchung, auf drei Teile aufgeteilt, zu gewähren. Dem sind Sie selbstverständlich wieder nicht gefolgt. Ich bin gespannt, wann dieser Vorschlag von Ihnen kommen wird und Sie das als Ihre eigene Idee verkaufen werden. Aber so wie jetzt wird es sicherlich nicht funktionieren.

Da sollte man sich einmal überlegen, welchen Kostenfaktor die Krankheiten bedeuten, die an Kindern nicht rechtzeitig erkannt worden sind und später wahrscheinlich einen höheren Aufwand erfordern werden, nämlich dann, wenn die Behandlung jener Krankheiten nötig wird, die wahrscheinlich kostengünstig zu verhindern gewesen wären, wenn man sie rechtzeitig erkannt hätte.

Weiters hat sich der Familienausschuß mit der Schulbuchlade beziehungsweise der Wiederverwendung von Schulbüchern befaßt. Wir haben immer gesagt: Führen wir die alte Schulbuchlade wieder ein, weil sie auf jeden Fall günstiger ist als jedes Jahr die Herausgabe eines neuen Buches, da noch dazu das Lernziel ja auch damit nicht genügend erreicht wird. Wir wissen, wie einfach es ist, wenn die Kinder in ein Buch hineinschreiben können. Man merkt sich nur die Hälfte dessen, das man sich merkt, wenn man es mit eigener Hand aufschreiben muß.

Künftig gibt es nur noch einen generellen Selbstbehalt. Es ist nicht mehr so, daß die wiederverwendeten Bücher in Abzug gebracht werden und für die neu angeschafften der Selbstbehalt bezahlt wird, den Sie mit dem Strukturanpassungsgesetz geschaffen haben, sondern jetzt wird ein genereller Selbstbehalt eingehoben. Sie schreiben zwar dann, das komme der Schule und den Unterrichtsmitteln zugute, aber Tatsache ist, daß dies neuerlich eine Belastung für die Eltern ist. Denn sie können nicht mehr von dem ausgehen, was sie tatsächlich anschaffen müssen, sondern das ist eben ein Generalbetrag, der gleichmäßig auf alle verteilt wird.


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Zum Abschluß möchte ich Ihnen etwas zur Administration sagen. Ich glaube nicht, daß das so funktionieren wird, wie Sie sich das vorstellen. Sie schreiben nämlich: Am Ende des Kalenderjahres müssen die Schüler bekanntgeben, welche Bücher sie zur Wiederverwendung bereitstellen werden.

Bei der heutigen Schulbuchqualität ist wirklich sehr schwierig zu prognostizieren, ob ein Buch auch bei einigermaßen pfleglicher Behandlung bis Juni nicht schon auseinandergefallen sein wird. Ich kenne viele Bücher, die – obwohl mit ihnen keine Schneeballschlachten oder sonstiges veranstaltet wurden – allein schon durch den täglichen oder mehrmals in der Woche erfolgenden Gebrauch auseinandergefallen sind. Wenn Sie das schon so regeln wollen, dann machen Sie es doch auf diese Weise: Am Ende des Schuljahres gibt der Schüler die Bücher ab, die er nicht mehr braucht, und im Herbst können sie dann von neuem ausgegeben werden. Niemand kann mir sagen, daß das administrativ nicht zu regeln wäre. (Bundesrat Meier: Die neuen muß man aber schon vorher bestellen!)

Sie können ja sagen: bis Juni. Einigen wir uns darauf, daß bis Anfang Juni jeder wissen muß, welches Buch er hergibt und welches er behält. (Bundesrat Meier: Das ist fast zu kurz für die Bestellung!) Aber schon im Dezember zu sagen, welches Schulbuch hergegeben werden wird, ist wirklich schwierig.

Daher muß ich Ihnen sagen: Schon allein aufgrund der Punkte, die ich jetzt angesprochen habe – obwohl ich über die Gewährung der Familienbeihilfe in Ausnahmefällen bis zum 27. Lebensjahr wirklich sehr glücklich bin –, müssen wir gegen diesen Beschluß des Nationalrates Einspruch erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.35

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile es ihm.

14.35

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe den Ausführungen von Frau Kollegin Mühlwerth sehr aufmerksam zugehört und denke, daß es die Familienpolitik der Bundesregierung – insbesondere dort, wo sie von der Österreichischen Volkspartei geprägt ist – am wenigsten nötig hat, Ratschläge der Freiheitlichen einfließen zu lassen.

Ich möchte Ihnen weiters sagen, daß auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das kürzlich ergangen und in dem klar zutage getreten ist, daß die Familienbesteuerung in der jetzigen Form vom Verfassungsgerichtshof so nicht gebilligt wird, ein Erfolg der Familienpolitik der Volkspartei in der Regierung ist. Das möchte ich gleich eingangs hier feststellen.

Daß die Familienbeihilfe in Ausnahmefällen bis zum 27. Lebensjahr gewährt wird, wenn die Berufsausbildung – insbesondere im Fall eines Studiums – wegen Geburt oder Schwangerschaft nicht vor dem 26. Lebensjahr abgeschlossen werden kann, ist meiner Ansicht nach eine Selbstverständlichkeit im Sinn der Gleichheit und im Sinn von mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern.

Ich denke, daß mit dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates zum Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nicht nur öffentliche Mittel in Blickrichtung der Weiterverwendung von Schulbüchern eingespart werden, sondern daß – an dieser Stelle möchte ich näher aufs Schulbuch eingehen – damit auch der Wert des Schulbuches und der Wert des Buches an sich weiter gesteigert worden ist. Persönlich habe ich stets Probleme damit, ein Buch wegzuwerfen. Denn ein Buch kann einem tatsächlich so etwas wie ein Freund und Lebensbegleiter werden. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist es, ganz richtig!)

Die Wiederverwendung von Schulbüchern – da darf ich wiederum Bundesminister Martin Bartenstein als einen maßgeblichen Initiator dieser gesetzlichen Veränderungen anführen –, die nun schon seit einiger Zeit wieder ermöglicht wird, ist sicherlich auch eine erzieherische Maßnahme. Ich denke, es ist nicht nur eine erzieherische Maßnahme für die jungen Menschen, son


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dern auch für die Eltern, weil damit ein Buch auch wieder etwas wert geworden ist. Ich füge hinzu, daß sicherlich auch die Einführung des Selbstbehaltes eine gewisse erzieherische Maßnahme ist, selbst dann, wenn der Selbstbehalt nur 10 Prozent beträgt. Auch diese 10 Prozent sind ein Hinweis darauf, daß es etwas kostet.

Meiner Ansicht nach steht es uns allen gut an, daß wir, nachdem es uns gelungen ist, mit der Umweltpolitik von der Wegwerfgesellschaft wegzukommen, jetzt auch vom Wegwerfbuch weggekommen sind. Damit möchte ich keineswegs in Frage stellen, daß auch Arbeitsbücher, die für schriftliche Eintragungen vorgesehen sind, weiterhin im Schulwesen Bestand haben werden und sollen. Sie haben diesen festen Platz mit Sicherheit verdient.

Die Wiederverwendung von Schulbüchern hat durch die Initiative des Bundesministeriums für Familie heute in praktisch allen Schulen Eingang gefunden, nicht nur in unseren Pflichtschulen, sondern auch in den höheren Schulen und – ich füge es bewußt hinzu – in den Berufsschulen.

Problematisch ist, daß die Lehrkräfte allerdings die sehr umfangreichen Administriermaßnahmen haben. Frau Kollegin Mühlwerth, Sie haben das eher in Abrede gestellt, aber es ist tatsächlich so. Wenn Sie mit Vertretern dieser Berufsgruppe gesprochen hätten, dann hätten Sie überall erfahren können, daß wirklich eine Fülle von Administriermaßnahmen damit verbunden war, die mit dieser Beschlußfassung, die wir heute zu treffen haben, aus der Welt geschafft werden soll.

Ich habe kürzlich mit einem Hauptschuldirektor gesprochen, der mir glaubhaft versichert hat, daß im großen und ganzen in etwa doch so 14 Tage Arbeit damit verbunden waren, weil man eben individuell den Selbstbehalt herauszurechnen hatte und weil sich, wenn man es gewissenhaft machen wollte, natürlich die an einer Schule tätigen Lehrer gemeinsam vor Augen halten mußten, welche Anschaffung sinnvoll ist beziehungsweise wie man der Schule und letztlich auch der Gesellschaft etwas ersparen kann. – Damit ist einer Forderung der Lehrerschaft mit Sicherheit Rechnung getragen worden.

Nochmals: Das gilt im Pflichtschulbereich, im Bereich der mittleren Schulen, im Bereich der höheren Schulen und auch im Bereich der Berufsschulen. Ich hatte erst kürzlich ein Gespräch mit einem Berufsschuldirektor, der Lehrlinge ausbildet – und nicht "Läuse", wie der FPÖ-Abgeordnete zum Niederösterreichischen Landtag Haberler Lehrlinge kürzlich bezeichnet hat; das ist gestern schon angesprochen worden –, und konnte erfahren, daß das dort auch entsprechend Gewicht hat. (Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl. ) Bitte, Kollege Waldhäusl, es ist Faktum, und es ist auch gestern von Dr. Tremmel in der Verlesung entsprechend nachgewiesen worden. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Solange sich von den FPÖ-Abgeordneten hier niemand distanziert, so lange steht das im Raum, und so lange – um mit den Worten der Frau Abgeordneten Haunschmid von gestern zu sprechen – das nicht geschehen ist, könnte ich gar nicht so viele Zwergerln im Garten haben, daß ich mich da wohl fühlen könnte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Konečny. )

In diesem Sinne wird die ÖVP-Fraktion dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.43

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Pfeifer. Ich erteile es ihm.

14.43

Bundesrat Josef Pfeifer (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist schon zum Ausdruck gekommen, warum es zu dieser Novelle gekommen ist, und zwar deswegen, weil die Altersgrenze bei Gewährung der Familienbeihilfe seinerzeit vom 27. auf das 26. Lebensjahr gesenkt wurde, und sie jetzt aus den bekannten Gründen wieder angehoben werden soll und muß, und zwar rückwirkend mit 1. Oktober 1996.

Meine Damen und Herren! Dasselbe gilt für den Mutter-Kind-Paß. Es ist bekannt, daß die Anzahl der Untersuchungen gesunken ist beziehungsweise noch im Sinken begriffen ist und daß entsprechende Maßnahmen gesetzt werden müssen. Ich bin nicht der Meinung, daß allein ein


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höherer Geldbetrag eine Rolle spielt, sondern daß unbedingt auch entsprechende Informationen notwendig sind und letztendlich auch zielführend sein werden.

Herr Kollege Grasberger! Zur Schulbuchaktion ist zu bemerken, daß seinerzeit eine andere Ausgangssituation gegeben war. Als die Gratisschulbücher eingeführt wurden, war an eine Gleichstellung aller Schüler gedacht. Wir kennen die Diskussion, die gelaufen ist, und ich glaube, es ist ganz gut und es ist auch erlaubt, daß hier wieder eine andere Meinung Platz greift und auch in irgendeiner Form durchgearbeitet wird.

Ich möchte jetzt nicht die Frau Kollegin Mühlwerth in Schutz nehmen, aber wenn du, Kollege Grasberger, meinst, Ratschläge kann man nicht immer annehmen, so meine ich, man kann sie schon mit einbinden und vielleicht auch einmal realisieren. Aber so, wie es jetzt gemacht wurde – ich habe das bei der Unterrichtsausschußsitzung erlebt –, geht es vielleicht auch nicht. Frau Mühlwerth sprach von einer freiheitlichen Idee und was weiß ich noch alles, und trotzdem haben die Freiheitlichen im Ausschuß dagegengestimmt beziehungsweise werden sie auch heute dagegen stimmen. Sie wollten sogar den Punkt abgesetzt haben. Wenn das schon so eine Idee ist, dann hätte man diese Idee auch weiter ausarbeiten können.

Ich glaube, man könnte zu all diesen Punkten noch sehr lange und ausführlich diskutieren, ich meine aber, daß es notwendig ist, daß hier rasch gehandelt wird. Die SPÖ wird diesem Gesetzesvorschlag die Zustimmung erteilen und keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Richau. )

14.46

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Bartenstein. Ich erteile es ihm.

14.46

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Ich bedanke mich im vorhinein für die Beschlußfassung dieser so wichtigen Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes, die mir auch die Möglichkeit zu einer Korrektur gibt – ich sage das ganz offen –, nämlich zu einer Korrektur in der Richtung, daß in Zukunft auch weibliche Studierende – Studentinnen hätte man früher gesagt –, die schwanger gewesen sind beziehungsweise ein Kind geboren haben, dieses Jahr angerechnet bekommen, ebenso wie männliche Studierende, die Wehrdienst- oder Zivildienstzeit angerechnet bekommen.

Es ist dies ein Versehen gewesen, aber wir korrigieren das in einer Art und Weise, daß das Gesetz rückwirkend ab 1. Oktober 1996 verändert wird und damit jeder, wer auch immer bisher gewissermaßen zum Handkuß gekommen ist, das nachträglich reparieren lassen kann. Es wird niemanden geben, der durch den Rost fällt. Im übrigen ist die Anzahl derjenigen, die Ansprüche haben, durchaus überschaubar. Die Mehrkosten liegen im einstelligen Millionenbereich pro Jahr. – Soviel zur Korrektur.

Was ebenfalls Gegenstand der Debatte ist, ist die mir gegebene Möglichkeit, im Rahmen der Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen auch zu informieren. Es ist richtig, daß es in Verbindung mit der Streichung der Geburtenbeihilfe zu einem Rückgang der Untersuchungsfrequenzen, der Untersuchungsdisziplin gekommen ist. Wir haben Zahlenschätzungen – genaue Zahlen für 1997 liegen natürlich noch nicht vor –, aber insbesondere bei den Kindern, die den 12. Lebensmonat schon überschritten haben, nimmt die Untersuchungsdisziplin leider Gottes rasch ab.

Jetzt kann man darüber grübeln, man kann sagen, das ist schrecklich, das sind doch Gratisuntersuchungen, das müßten die Mütter doch annehmen und so weiter, aber gleichzeitig wäre es aus meiner Sicht wenig verantwortungsvoll, darauf nicht zu reagieren und das bei weitem am besten ausgebaute Vorsorgeinstrument der österreichischen Medizin in der Qualität abwerten zu lassen.

Wir möchten daher erreichen, daß wir die Untersuchungsfrequenzen tunlichst über 90 Prozent halten können, und möchten informieren. Es ist eine schriftliche Information geplant, die viermal


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stattfinden soll. Die Daten sollen über das Bundesrechenzentrum an die Mütter kommen, mit der Aufforderung und der Einladung, die ohnehin gratis erfolgenden Untersuchungen auch in Anspruch zu nehmen.

Es ist darüber hinaus geplant, in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer auch Plakatinformationskampagnen zu machen. Wartezimmer von Frauenärzten, Wartezimmer von Kinderärzten, aber auch von praktischen Ärzten auf dem Land eignen sich naturgemäß sehr gut, um schwangere Frauen auf die Möglichkeit und auch auf die Notwendigkeit und die Sinnhaftigkeit der Mutter-Kind-Paß-Untersuchung aufmerksam zu machen.

Meine Damen und Herren der freiheitlichen Fraktion! Sie schlagen 6 000 S statt 2 000 S Mutter-Kind-Paß-Bonus vor, den ich letztes Jahr nicht ohne gewisse Schwierigkeiten politisch durchgesetzt habe. Natürlich können es 6 000 S sein, aber diese 6 000 S müssen auch finanziert werden, und das kostet mehr als 100 Millionen Schilling, die wir zurzeit einfach nicht haben.

Ich meine also, daß der Anreiz, diese großartigen Gratisuntersuchungen in Anspruch zu nehmen, durch diese 2 000 S in Verbindung mit Information doch ein abgerundetes Paket darstellen sollte und somit eine hohe Untersuchungsfrequenz im Rahmen der Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen weiter gewährleistet sein sollte.

Zum dritten Element, daß sich hinter dieser FLAG-Novelle verbirgt, zur Schulbuchreform 1998. Es geht um zwei Zielvorstellungen. Eine ist schon erwähnt worden: Wir wollen und müssen weg vom Wegwerfbuch – das ist nicht mehr zeitgemäß; das sage ich auch als Umweltminister –, wir müssen diejenigen Bücher, die von der Qualität und vom Inhalt her geeignet sind, auch wiederverwenden können, wenn die Schüler und die Schulen das wollen.

Wir geben damit den Schulen eine große Verantwortung. Die Schulgemeinschaftsausschüsse, drittelparitätisch mit Lehrern, Schülern und Eltern besetzt, sollen die Entscheidung treffen, welche Bücher wiederverwendet werden. Und wenn der Schüler dann nichts dagegen hat und er freiwillig auf sein Eigentum verzichtet, dann soll sein Schulbuch eben in die Schulbibliothek – bitte, liebe Frau Kollegin Mühlwert von den Freiheitlichen, sagen Sie nicht "Schülerlade"; Sie tun das ja absichtlich, um das abzuwerten – eingestellt werden. Das kann auch einmal die Klassenbibliothek sein.

Dem Bundesrat liegt ein sehr wichtiger Entschließungsantrag des Nationalrates nicht vor, der jedoch in hohem Maße zur Schulbuchreform auf Basis der FLAG-Novelle gehört und der dafür sorgen wird, die Schulbücher insgesamt zu modernisieren, zu straffen und auch die Anzahl der Titel zurückzunehmen, um insgesamt das Schulbuch den Erfordernissen der neunziger Jahre und vielleicht auch schon des nächsten Jahrhunderts anzupassen.

Zweite Ursache für diese Schulbuchreform ist aber auch, daß der Versorgungsgrad mit Schulbüchern in den letzten Jahren auf nur mehr 75 bis 77 Prozent zurückgegangen ist, je nachdem, ob das unsere Untersuchungen sind oder die des Rechnungshofes. Das heißt, daß nur drei von vier benötigten Schulbüchern über die Schulbuchaktion ausgegeben werden können und eines nicht.

Jetzt gibt es die Möglichkeit, daß diese Schulbücher von älteren Geschwistern kommen oder aber – das wollen wir ganz sicherlich nicht –, daß Eltern diese Bücher kaufen müssen. Wir wissen zum Beispiel, daß Schulbücher für den Musikunterricht in sehr hohem Maße schon gekauft werden müssen, weil sie über die Schulbuchaktion nicht mehr zur Verfügung stehen.

Jetzt wollen wir, indem wir in den nächsten Jahren Schritt für Schritt auf einen Wiederverwendungsanteil von 15 Prozent kommen – nicht mehr, 15 Prozent –, erreichen, daß die Versorgung mit Schulbüchern wiederum auf über 90 Prozent steigt, während, wenn wir lediglich zugeschaut hätten, die Versorgung in den nächsten Jahren über die Jahrtausendwende hinweg auf 60 Prozent, also nur mehr knapp mehr als die Hälfte, gesunken wäre.

Wir stehen unter budgetären Sachzwängen; 1,2 Milliarden Schilling sind der Deckel. Ich bin auch nicht in der Lage, zu sagen, der Selbstbehalt steht zur Disposition. Nein! Wir brauchen


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diese 120 Millionen Schilling. Und wie es richtig gesagt worden ist von Bundesrat Grasberger: Es ist die individuelle Berechnung des Selbstbehaltes eine sehr theoretische gewesen. Nicht einmal 3 Prozent der Eltern haben das in Anspruch genommen. Das ist auch kein Wunder, weil der Selbstbehalt ein durchaus angemessener ist. Volksschüler zahlen pro Jahr 52 S, und das steigt dann bis zur Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen auf 225 S pro Jahr an. Das heißt, ein oder zwei Bücher, die jemand nicht bestellt hat, haben zu sehr bescheidenen Ersparnissen geführt. Das hat daher auch kaum jemand gemacht. Daher jetzt: eine fixe Pauschalierung, aufgedruckt auf den Erlagschein, und somit eine deutliche Verwaltungsvereinfachung.

Ein Satz noch zum Datum: Natürlich muß das im Herbst vom Schüler entschieden werden, ob er denn auf seinem Eigentum besteht oder darauf verzichtet, denn die Schulbücher werden im Jänner, Februar des laufenden Kalenderjahres schon für das kommende Schuljahr bestellt. Das ist durchaus machbar, und glauben Sie mir: Sollte einmal ein Buch verlorengehen oder, wie gesagt worden ist, bei einer Schneeballschlacht beschädigt worden sein – daran wird weder die Welt zerbrechen noch der Unterricht in dieser Schule zu leiden haben, sondern da gibt es eine gewisse Ausgleichsmöglichkeit.

Ich denke also, daß mit dieser FLAG-Novelle die Basis für diese Schulbuchreform 1998 gegeben ist.

Ich darf den Hohen Bundesrat auch davon in Kenntnis setzen, daß der ebenso wichtige Vertrag meines Hauses – Herr Ministerialrat Nowoszel hat ihn persönlich ausverhandelt – mit den Schulbuchverlegern und dem Handel längst ausverhandelt und unterschrieben ist. Also auch von dieser Seite her haben wir die notwendigen Vorarbeiten geleistet, sodaß ab dem Schuljahr 1998/99 mit der Schulbuchreform 1998 eine gewisse Modernisierung und eine gewisse Anpassung der Schulbuchaktion an die Erfordernisse der heutigen Zeit gegeben sein wird. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.55

Präsident Dr. Günther Hummer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 1997) (888 und 986/NR sowie 5608/BR der Beilagen)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung: Zivildienstgesetz-Novelle 1997.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß die


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mit dem unentgeltlichen Auslandsdienst für Zivildienstpflichtige seit dessen Einführung im Jahre 1992 gewonnenen Erfahrungen Modifizierungen und Ergänzungen der geltenden gesetzlichen Regelung erforderlich machen.

Weiters bedarf der in § 41 Zivildienstgesetz angeführte Begriff der "angemessenen Vergütung", die der Rechtsträger der Einrichtung, der Zivildienstleistende zugewiesen sind, dem Bund zu leisten hat, einer näheren gesetzlichen Präzisierung.

Der gegenständliche Beschluß weist folgende Schwerpunkte auf:

eine Präzisierung der Bestimmungen in § 12b Zivildienstgesetz betreffend das Anerkennungsverfahren, die vorgesehenen Dienstleistungsbereiche und die Kontrolle der Auslastung der Zivildienstpflichten und

eine Präzisierung des Begriffes der "angemessenen Vergütung" in § 41 Zivildienstgesetz durch die Einführung eines Mindestbetrages.

Da die in den Ziffern 1 (§ 5 Abs. 5) und 2 (§ 12b Abs. 3) sowie 7 (§ 76c Abs. 11) des gegenständlichen Beschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG nicht einschränken, bedürfen diese nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch. Ich erteile es ihm.

14.57

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren mit dieser Novelle heute die Neuregelung des Auslandsdienstes für Zivildienstpflichtige, im Rahmen derselben eine strengere Kontrolle der Einsatzmöglichkeiten und eine generelle Vergütung der Trägerorganisationen, die solche Zivildienstleistende übernehmen.

Diese Elemente, Herr Minister, sehen wir grundsätzlich positiv, was wir ablehnen an dieser Novelle, ist, daß sogenannte Gedenk- und Friedensdienste prinzipiell als Wehrersatzdienste gelten sollen. Ich respektiere, Herr Minister, wenn jemandem das ein Anliegen ist, ich akzeptiere auch, daß die Bundesregierung solche Dienste im Ausland fördert, ich lehne aber ab, daß das als Wehrersatzdienst gelten soll. Der Wehrersatzdienst muß sich nach freiheitlicher Auffassung an den Bedürfnissen der Landesverteidigung orientieren, und die Dienstposten, die für Zivildienstleistende geschaffen werden, sollten sich im Rahmen der umfassenden Landesverteidigung bewegen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Wir anerkennen, daß der Zivildienst in vielen Bereichen in den letzten Jahren wirklich gute Arbeit geleistet hat, und wir sehen auch die Zivildienstgesetzgebung, die Sie in den letzten Monaten und Jahren gemacht haben, jetzt fruchtbringend, nämlich insofern, daß die Gesamtzahl der Zivildienstleistenden auf ein Ausmaß heruntergegangen ist, das es der Armee ermöglicht, ihre Rekrutenanzahl zu erhalten. Während wir noch vor vier bis fünf Jahren eine Zivildienerzahl von 10 000 bis 13 000 pro Jahr hatten, liegen wir derzeit bei zirka 6 000.

Der zweite Bereich dieses Gesetzes, Herr Minister, der neu zu überdenken ist, ist die unterschiedliche Entschädigungszahlung der verschiedensten Trägerorganisationen.

Während mit diesem Gesetz nunmehr die Auslandseinrichtungen und die sogenannten Blaulichtorganisationen eine Entschädigung in der Höhe von 1 228 S werden bezahlen müssen, gibt es viele andere Einrichtungen im Sozialbereich – ich denke da an die vielen mobilen Hilfsdienste


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und an Behindertenhilfen verschiedenster Art –, die eine Entschädigung zwischen 2 500 S und 7 500 S leisten müssen. Wir wollen, daß in diesem Bereich eine Harmonisierung stattfindet, und wir werden deshalb dem Antrag, gegen dieses Gesetz keinen Einspruch zu erheben, nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rodek. – Bitte, Herr Bundesrat.

15.01

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich habe meine letzte Rede zur Zivildienstgesetz-Novelle 1994 mit einem Bekenntnis zum Zivildienst beendet, und ich stehe auch heute noch dazu, denn ohne Zivildienst und ohne Zivildiener könnte unser soziales Netz nicht aufrechterhalten werden. Allerdings habe ich damals schon kritisch angemerkt, daß das Gesetz noch in einigen Punkten verbessert werden muß.

Die nun vorliegende Zivildienstgesetz-Novelle trägt diesem Umstand Rechnung. Sie enthält im wesentlichen – das ist schon zum Ausdruck gekommen – zwei wichtige Neuerungen: erstens die Einführung eines Mindestkostenersatzes beim Einsatz eines Zivildieners und zweitens eine Ergänzung und Modifizierung bei einem unentgeltlichen Auslandseinsatz eines Zivildienstpflichtigen.

Während ich dem zweiten Punkt durchaus meine Zustimmung geben kann, stehe ich dem ersten Punkt sehr kritisch gegenüber, nämlich der Einführung des Mindestbeitrages für alle Organisationen, die Zivildiener beschäftigen.

Es mag wohl als Erfolg gewertet werden – auch wenn es die Freiheitliche Partei anders sieht –, daß der in der Begutachtung vorgesehene Betrag in der Höhe von 2 744 S nach heftigen Protesten nunmehr auf 1 228 S reduziert worden ist, aber eine gute Lösung ist das meiner Meinung nach trotzdem keine.

Auch der Umstand, daß der Wirksamkeitsbeginn dieser Verträge auf den 1. 1. 1999 verschoben worden ist, um den betroffenen Einrichtungen die Möglichkeit zu geben, ihre Finanzplanung auf die neue Situation einzustellen, ändert nichts an der Tatsache, daß die sozialen Einrichtungen, wie zum Beispiel Rotes Kreuz, Arbeiter Samariter Bund und so weiter, sicherlich in schwere finanzielle Bedrängnis kommen werden. Allein in Oberösterreich sind rund 600 Zivildiener in diesem Bereich eingesetzt. Diese würden zum Beispiel dem Roten Kreuz Mehrkosten in der Höhe von zirka 11 Millionen Schilling verursachen. In ganz Österreich sind zirka 2 500 Zivildiener in dieser Organisation tätig. Das hat Mehrkosten in der Höhe von insgesamt rund 50 Millionen Schilling zur Folge.

Das bedeutet, daß mit dieser "Blaulichtsteuer", wie dieses Gesetz im Volksmund genannt wird, Rotes Kreuz, Feuerwehr und wer immer davon betroffen ist nur schwer oder überhaupt nicht zu Rande kommen werden.

Man kann natürlich der Meinung sein, daß diese Mehrkosten das Rote Kreuz nicht allzu sehr belasten werden, da nach dem Rettungsgesetz über den Rettungsbeitrag, den die Länder und die Gemeinden je zur Hälfte aufzubringen haben, die Organisationen entlastet werden. Dies bedeutet aber andererseits nur eine Verlagerung des Problems auf eine andere Ebene. Dann wird eben jemand anderer zur Kasse gebeten werden. Es darf keinesfalls eine Gefährdung der Freiwilligenhilfsdienste, die im Interesse der Allgemeinheit unentbehrliche Hilfe leisten, eintreten.

Der zweite wesentliche Punkt dieser Novelle enthält, wie ich schon erwähnt habe, den unentgeltlichen Auslandseinsatz für Zivildienstpflichtige. Ich bin dafür, daß Zivildienst vorrangig im Inland geleistet wird, jedoch soll auch die Möglichkeit gegeben sein, im Rahmen des Friedens- und Gedenkdienstes, aber auch im Rahmen des Sozialdienstes für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Landes zu dienen. Der Auslandsdienst stellt somit von Aufgabenstellung, Inhalt und Zielsetzung her eine echte Alternative zum Zivildienst dar.


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Neu ist im Gesetz die Bestimmung – sie dient in erster Linie zur Vermeidung von Mißbrauch –, daß eine vertragliche Verpflichtung zur Leistung des Auslandsdienstes vor einer Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst erfolgen muß. Angestrebtes Ziel dieser Neuregelung ist, daß nur wirklich Engagierte und Interessierte am Auslandsdienst teilnehmen, und ich glaube, es gebührt jedem Respekt und Anerkennung, der 14 Monate unentgeltlich in einem fremden Land unter schwierigsten Bedingungen Gedenk-, Sozial- oder Friedensdienst leistet.

Die Erreichung dieses Zieles garantieren die Trägerorganisationen, wie zum Beispiel das Schwarze Kreuz, wobei für die Anerkennung als Trägerorganisation klare Grundvoraussetzungen geschaffen worden sind. Als wesentlich erscheint mir dabei der Umstand, daß über das Vorliegen dieser Voraussetzungen und in der Folge über die Anerkennung als Trägerorganisation künftig das Innenministerium alleine entscheidet. Ursprünglich war nämlich vorgesehen, daß hinsichtlich der Trägereigenschaft zwischen Bundesministerium für Inneres und dem Außenministerium Einvernehmen herzustellen ist.

Praktisch muß man sich das so vorstellen: Damit das Außenministerium seine Zustimmung erteilen konnte, mußte es die Behörde des Innenministeriums um Mithilfe ersuchen. Diese äußerst umständliche Regelung soll nun aufgehoben und entsprechend der bisherigen Praxis geändert werden.

Da somit der vorliegende Beschluß des Nationalrates dem Umstand Rechnung trägt, aufgrund der seit der Einführung des unentgeltlichen Auslandsdienstes für Zivildiener im Jahre 1992 gewonnenen Erfahrungen die Bestimmungen über den Auslandsdienst zu modifizieren und zu ergänzen, wird meine Fraktion dazu ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Freiberger. – Bitte, Herr Bundesrat.

15.08

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie meine Vorredner bereits erwähnt haben, geht es bei der vorliegenden Novelle zum Zivildienstgesetz erstens um eine Präzisierung des § 12, nämlich des Anerkennungsverfahrens, und zweitens um die Regelung der angemessenen Vergütung für alle Einrichtungen, die Zivildiener zugeteilt erhalten.

Hohes Haus! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen einige grundsätzliche Bemerkungen zum Zivildienst machen.

Es hat immer wieder wehrdienstpflichtige Männer gegeben, die aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe beim Bundesheer abgelehnt haben. Diese sogenannnten Waffendienstverweigerer sind oft kriminalisiert worden, wenn die zuständige Kommission im Ministerium für Landesverteidigung die vorgebrachten Gründe nicht anerkannt hat. Darüber hinaus mußte der Dienst beim Bundesheer versehen werden, was insofern nicht sehr sinnvoll war, als ein Hauptelement der militärischen Ausbildung fehlte. Außerdem mußte statt neun 12 Monate gedient werden.

Mitte der siebziger Jahre wurde auf Initiative der SPÖ das Zivildienstgesetz in Österreich beschlossen, das die Leistung eines Wehrersatzdienstes außerhalb des Bundesheeres ermöglicht hat. Zwar mußten die Gewissensgründe wiederum vor einer Kommission glaubhaft gemacht werden, jedoch hat sich dies außerhalb des Bundesheeres abgespielt. Die Kommission war auch mit Vertretern der Jugendorganisationen besetzt, und es wurde der Zugang zum Dienst ohne Waffe, also zu einem wirklich sinnvollen Zivildienst, erleichtert.

Am Rande möchte ich bemerken, daß auch ich 1976 vor der Zivildienstkommission meine Gewissensgründe vorgebracht und 1979 meinen Zivildienst beim Roten Kreuz abgeleistet habe.


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In der Folge wurde das Zivildienstgesetz mehrmals novelliert, bis es Anfang der neunziger Jahre endlich gelungen ist, die Gewissensprüfung abzuschaffen. Zwar wurde das nur um den Preis einer Verlängerung des Zivildienstes erreicht, aber der Zugang zu einem sinnvollen Wehrersatzdienst wurde erleichtert. An dieser Stelle möchte ich feststellen, daß die Zivildiener einen festen Platz in unserem System der sozialen Versorgung haben und eine sehr wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung dieses Systems einnehmen.

Lassen Sie mich diese Gelegenheit nutzen, allen Zivildienern für ihre Leistungen zum Wohle der Allgemeinheit sehr herzlich zu danken. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Als erfreuliche Begleiterscheinung sei hier noch bemerkt, daß sehr viele Zivildiener ein hohes soziales Bewußtsein haben und nach der Ableistung ihres Dienstes oft als freiwillige Helfer bei ihren Einsatzorganisationen verbleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt zurzeit zirka 700 anerkannte Zivildiensteinrichtungen, bei denen auf folgenden Dienstleistungsgebieten der Zivildienst abgeleistet werden kann: in erster Linie im Rettungswesen, in Krankenanstalten, in der Sozial- und Behindertenhilfe, in der Altenbetreuung und in der Krankenpflege, in der Betreuung von Vertriebenen, von Asylwerbern und von Flüchtlingen, bei Einsätzen bei Epidemien, in der Katastrophenhilfe und im Zivilschutz, im Bereich des Dienstes bei Gedenkstätten, insbesondere bei solchen für Opfer des Nationalsozialismus, bei der Vorsorge für die öffentliche Sicherheit und die Sicherheit im Straßenverkehr, bei der Tätigkeit im Rahmen der zivilen Landesverteidigung, in der Gesundheitsvorsorge, bei der Betreuung von Drogenabhängigen, beim Dienst in Justizanstalten und bei der Betreuung von Menschen in Schubhaft.

Meine Damen und Herren! Bei der Aufzählung dieser Tätigkeiten wird erst klar, wie vielschichtig die Aufgaben von Zivildienern sind, und es gebührt ihnen dafür unser größter Respekt.

Nun möchte ich kurz zum Inhalt der vorliegenden Novelle kommen; meine Vorredner haben darüber bereits ausführlich referiert.

Aufgrund der gewonnenen Erfahrungen im unentgeltlichen Auslandsdienst für Zivildienstpflichtige sind Präzisierungen und Ergänzungen im Anerkennungsverfahren erforderlich geworden. Des weiteren ist eine angemessene Vergütung durch die Einführung eines Mindestbeitrages vorgesehen. Beim letzteren konnte im Zuge der Verhandlungen erreicht werden, daß für die sogenannten Blaulichtorganisationen der monatliche Betrag auf 1 228 S herabgesetzt wurde und erst mit 1. 1. 1999 vorgeschrieben ist. Diese Frist ist notwendig, damit die betroffenen Trägerorganisationen ausreichend Zeit haben, ihre Budgets den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, daß diese Regelungen durchaus vertretbar sind. Die Fraktion der sozialdemokratischen Bundesräte wird daher dieser Gesetzesvorlage ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.13

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, alle drei Redner haben sehr deutlich hervorgehoben, welche Bedeutung der Zivildienst in den letzten Jahren in Österreich bekommen hat, und haben auch sehr deutlich hervorgehoben, daß der Zivildienst ein sehr wichtiger Bestandteil – vor allem bezüglich der Arbeit vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter – in karitativen Organisationen in Österreich geworden ist.

Ich freue mich, daß der Zivildienst, der viele Jahre im Kreuzverhör der öffentlichen Kritik gestanden hat und von den politischen Gruppierungen unterschiedlich bewertet worden ist, nun in einem Bereich tätig ist, bezüglich dessen es einen politischen Grundkonsens quer durch alle


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politischen Lager gibt. Ich glaube, daß das wichtig, notwendig und gut ist, und zwar vor allem deswegen, weil es diesbezüglich nicht nur einen Grundkonsens quer durch alle politischen Lager gibt, sondern der Zivildienst auch von den Menschen in unserem Lande sehr stark befürwortet, von der österreichischen Bevölkerung anerkannt wird.

Eine Untersuchung, die in Auftrag gegeben worden ist, hat gezeigt, daß 77 Prozent der österreichischen Bevölkerung den Zivildienst als eine gute Sache betrachten. 44 Prozent halten den Zivildienst sogar als eine sehr wichtige Einrichtung. Der Zivildienst ist also etwas, was von der überwältigenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung für wichtig, für notwendig und für gut erachtet wird.

Ich glaube, daß die Arbeit der Zivildiener für die Gesamtgesellschaft wichtig ist. Meiner Meinung nach ist die Arbeit der Zivildiener aber auch für deren persönliche Entwicklung wesentlich, da sie dadurch einen sehr wichtigen und auch einen sehr tiefen Einblick in viele soziale Probleme bekommen und auch mitbekommen, daß es nicht nur eine heile Welt gibt, sondern daß es auch viele Menschen gibt, die unter sehr schwierigen Bedingungen leben müssen, die sehr schwierige Lebenssituationen meistern müssen. Ich glaube, daß dem Zivildiener sehr deutlich signalisiert wird, wie wichtig es ist, daß man sich für den Nächsten engagiert. Es ist sehr erfreulich, daß sehr viele Zivildiener nach Ableistung ihres Zivildienstes in der Organisation, in der sie tätig gewesen sind, ehrenamtlich weiterarbeiten. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie notwendig diese Einrichtung ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im wesentlichen hat, wie bereits angeschnitten worden ist, diese Zivildienstgesetz-Novelle zwei wichtige Zielvorgaben. Die eine ist, den Auslandsdienst klar zu regeln. Das bedeutet auch, daß gewährleistet ist, daß es da keinen Mißbrauch gibt.

Ich glaube, daß es notwendig und wichtig ist, zu sagen, daß prinzipiell der Zivildienst im Inland zu leisten ist und daß es nur in Ausnahmefällen einen Zivildienst im Ausland geben kann, und wenn es Ausnahmefälle gibt, so sollen diese klar definiert sein. Ich halte die Ausrichtung des Zivildienstes im Auslandsbereich ausschließlich auf den Gedenkdienst und auf den Friedensdienst für wichtig, notwendig und gut.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für notwendig und im österreichischen Interesse, daß junge Menschen an internationalen Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus und an der Aufarbeitung der Geschichte arbeiten und dieses Wissen weiterhin vermitteln. Ich bekenne mich dazu und meine, daß das sinnvoll und gut ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im heurigen Jahr an die 6 500 Zivildiener, und davon leisten 61, also nicht einmal 1 Prozent aller Zivildiener, ihre Arbeit im Ausland ab, und zwar in den genannten Einrichtungen. Zivildienst in anderen Einrichtungen wie beispielsweise bei "Radio Moçambique" wird durch diese Gesetzesnovelle verhindert. Das ist in Zukunft nicht möglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zweite Regelung betrifft die Frage, ob es sinnvoll ist, daß nun ein Kostenersatz auch für die sogenannten Blaulichteinrichtungen eingeführt wird. Dazu ist von seiten der Freiheitlichen Partei die Kritik gekommen, daß der nun festgesetzte Beitrag im Vergleich zu dem von anderen Organisationen zu entrichtenden Kostenersatz zu niedrig ist, während von seiten der ÖVP die Kritik gekommen ist, daß das eine unzweckmäßige, zusätzliche finanzielle Belastung für die Rotkreuzorganisationen bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es nicht für gerechtfertigt, daß die sogenannten Blaulichtorganisationen, in denen von 6 500 Zivildienern nahezu 3 000 Zivildiener, nämlich 2 990, tätig sind, die nicht nur eine wichtige ehrenvolle Arbeit der karitativen Betreuung leisten, sondern zum Teil auch – das weiß jeder von uns, der in "Blaulichtorganisationen" ehrenamtlich tätig ist – Arbeiten verrichten, durch die zusätzliche Einnahmen erzielt werden, wobei die "Blaulichtorganisationen" sogar in Konkurrenz zur Privatwirtschaft treten, zum Beispiel in Form von Taxiunternehmen und ähnlichem, nichts bezahlen müssen, während andere


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wichtige Einrichtungen, wie zum Beispiel Pflegeheime, Altenbetreuungsheime und ähnliche Organisationen, einen sehr bedeutenden Beitrag zahlen müssen.

Bis zu 7 200 S wird von manchen Einrichtungen für den Zivildiener pro Monat bezahlt. Daher glaube ich, daß die Regelung, die wir nun gefunden haben, wichtig und sinnvoll ist, zumal damit gleichzeitig auch dem Gedanken Rechnung getragen wird, daß die "Blaulichtorganisationen" vorerst nicht allzu sehr finanziell belastet werden. Ursprünglich haben wir an 2 700 S gedacht. Wir haben uns nun auf einen Betrag von 1 228 S im Monat geeinigt; ein Betrag, der meiner Meinung nach vertretbar ist, ein Betrag, der meiner Meinung nach relativ leicht von den "Blaulichtorganisationen" – da vor allem von Rettung und Arbeiter Samariter Bund – sehr leicht wieder eingespielt werden kann.

Die Kosten, die dadurch verursacht werden, sind nicht in jenem Ausmaß gegeben, wie hier genannt worden ist. Insgesamt bekommen wir mit dieser zusätzlichen Abgabe rund 41 Millionen Schilling. Ich halte diesen Betrag für gerechtfertigt. Dieser Betrag dient dazu, daß wir im Jahre 1999 und im Jahre 2000 noch mehr Zivildiener als bisher den "Blaulichtorgansiationen" zur Verfügung stellen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne empfinde ich die vorliegende Gesetzesnovelle als einen wesentliche und wichtige Unterstützung für die Arbeit der Zivildiener in der Zukunft, aber auch als ein klares Bekenntnis für die Einrichtung des Zivildienstes als Wehrersatzdienst in Österreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von blindmachenden Laserwaffen (563/A und 985/NR sowie 5571 und 5609/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies ein Bundesgesetz über das Verbot von blindmachenden Laserwaffen.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Gstöttner übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Das Protokoll über blindmachende Laserwaffen verbietet lediglich den Einsatz von blindmachenden Laserwaffen im bewaffneten Konflikt. Es erscheint daher notwendig, dieses Verbot auf die Herstellung, Beschaffung, den Verkauf, die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie den Besitz solcher Waffen und deren spezieller Teile auszudehnen. Durch Umsetzung in einem entsprechenden Bundesgesetz wird das Verbot jederzeit anwendbar, das heißt nicht bloß im internationalen bewaffneten Konflikt, sondern auch im nicht internationalen


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bewaffneten Konflikt, im internen Konflikt und ebenso in Friedenszeiten. Durch eine entsprechende Erklärung bei der Ratifizierung sollte Österreich überdies klarmachen, daß nach seinem Verständnis das Protokoll unter allen Umständen anwendbar ist und nicht bloß während des internationalen bewaffneten Konfliktes, da dies im Protokoll über blindmachende Laserwaffen nicht klar geregelt ist.

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt somit dem Verbot von blindmachenden Laserwaffen Rechnung.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

15.23

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es bei dem Verbot von Laserwaffen? – Laser ist an und für sich eine segensreiche Erfindung. Vor allem in der Medizin wird der Laserstrahl immer umfangreicher und sehr erfolgreich eingesetzt. Aber es gibt nichts Gutes an menschlichen Erfindungen, ohne daß jemand daherkommt und sagt, eigentlich könnte man auch eine Waffe daraus machen.

Genau das ist passiert. Die Laserwaffe ist bereits zur Serienreife entwickelt, wird aber noch nicht produziert. Daher beschließen wir dieses Verbot gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Die derzeit geltende Konvention oder vielmehr das internationale Protokoll sieht nur ein Einsatzverbot im Kriegsfalle vor. Das vorliegende Bundesgesetz geht weiter. Es verbietet auch die Entwicklung, die Herstellung, die Beschaffung, die Vermittlung, den Verkauf, die Ein-, Aus- und Durchfuhr solcher unmenschlicher Waffen.

Meine Damen und Herren! Österreich hat eine Vorreiterrolle bei der weltweiten Minenräumung und Hilfe an die Minenopfer. Jedes Jahr werden zwanzigmal mehr Anti-Personen-Minen gelegt als entschärft. Außenminister Dr. Schüssel forderte alle auf, so rasch wie möglich dem Beispiel Österreichs zu folgen und die Ratifizierung der Anti-Personen-Minen-Deklaration 1998 vorzunehmen. Erforderlich sind 40 Ratifikationen. Die wachsende internationale Kooperation ist das Schlüsselelement dieser Konvention. Konkrete Maßnahmen werden genannt, um diese internationale Kooperation zu strukturieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich anhand einiger Beispiele aufzeigen, wo Österreicher erfolgreich gewirkt haben. Es gibt Entminungsprojekte in Afghanistan und in Moçambique, die von Österreich unterstützt werden; die Fortsetzung dieser Aktivitäten ist für 1998 geplant. Die Schwerpunkte der Projekte, die von Österreich finanziert wurden, lagen bei der Rehabilitation von Minenopfern, bei Hilfe zur Selbsthilfe, was die Entminung anlangt, weiters wurden österreichische Entminungsexperten als Instruktoren für Experten in Bosnien und Herzegowina entsandt. Österreichs Bemühungen bei der Kooperation mit Osteuropa werden auch international anerkannt. Ziel ist die Wiedereingliederung dieser Menschen in den normalen Alltag.

Die Minen fordern 25 000 Opfer pro Jahr, neun von zehn Opfern sind Zivilisten. Und das Erschreckendste ist: Jedes dritte Opfer, meine Damen und Herren, ist ein Kind! Fruchtbares Ackerland kann wegen der Verminung nicht genutzt werden. Dadurch ist die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in diesen Ländern beeinträchtigt. Die Kosten einer solchen Mine betragen 3 US-Dollar; die Beseitigung einer Mine kostet 300 bis 1 000 US-Dollar, also das Hundert- bis Dreihundertfünfzigfache.

Aus all diesen Gründen darf ich folgenden


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Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konečny, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen betreffend eine aktive Rolle Österreichs bei der weltweiten Minenräumung und Hilfe an die Minenopfer

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht,

1. mit den anderen Staaten der Kerngruppe eng zusammenzuarbeiten, um gemeinsam eine effiziente Strategie zur weltweiten Minenräumung und zur Milderung des durch APM hervorgerufenen Leidens zu entwickeln und umzusetzen;

2. hiebei sich für eine Koordinierung der Geberaktivitäten, unter Berücksichtigung der Möglichkeiten im System der Vereinten Nationen, und die Ausrichtung auf Hilfe zur Selbsthilfe einzusetzen;

3. nach der erforderlichen führenden Rolle Österreichs beim Zustandekommen der APM-Verbotskonvention sich nun auch bei deren Implementierung beispielhaft zu engagieren;

4. die von der Bundesregierung erbrachte Hilfe zur Minenräumung sowie an die Minenopfer wesentlich zu steigern;

5. ehebaldigst einen Betrag von jeweils bis zu 25 Millionen Schilling in den kommenden Jahren für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen;

6. durch einen Appell an die Öffentlichkeit auch die österreichische Bevölkerung zu finanziellen Beiträgen für diese Zielsetzung zu gewinnen suchen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie sehr herzlich, unseren gemeinsamen Entschließungsantrag zu unterstützen, weil ich glaube, daß das unbedingt notwendig ist und daß hier Handlungsbedarf gegeben ist. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Bieringer, Konečny, Dr. Riess-Passer und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend eine aktive Rolle Österreichs bei der weltweiten Minenräumung und Hilfe an die Minenopfer ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Gudenus. – Bitte.

15.29

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Meine lieben Kollegen! Kollege Bieringer hat schon sehr deutlich darauf hingewiesen, welche Bedeutung das Gesetz betreffend die Laserwaffen hat. Es handelt sich hiebei um Waffen, die ähnlich wie die Minen – über die er dann sehr lange und sehr ausgiebig gesprochen hat – sehr gefährlich sind und auch viel Leid über die zivile Bevölkerung bringen. Laserwaffen haben die unglückliche Eigenschaft, im Kriegsfalle möglicherweise im Waffenhandwerk nicht ausgebildete Personen zu treffen und nachhaltig zu schädigen. Diese Schädigung soll natürlich verhindert werden.

Es ist betrüblich, daß der rechtmäßige militärische Einsatz von Laserwaffensystemen, die eine nicht dauerhafte Erblindung zur Folge haben, nicht geächtet ist. Das heißt, solche Waffen können weiterhin hergestellt, vertrieben, gelagert werden – all das darf mit solchen, welche bewußt eine dauerhafte Erblindung herbeiführen, nicht getan werden.


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Ich halte es für einen großen Mangel dieses Gesetzes, daß es eine Ausnahmeregelung gibt. Wenn wir schon den technischen Fortschritt, wie ihn auch Herr Kollege Bieringer angesprochen hat, in Kauf nehmen und berücksichtigen wollen, so müßten wir, so meine ich, auch jene Waffensysteme miteinbeziehen, die entwickelt werden, um eine nicht dauerhafte Erblindung herbeizuführen. Auch solche Waffen dürfen nicht weiter hergestellt werden. Das scheint mir ein großer Mangel dieses Gesetzes zu sein.

Weiters erscheint mir das Gesetz schwer durchführbar – vielleicht geht der Herr Bundesminister für Inneres darauf ein. Es wird nicht nur die Herstellung, Beschaffung, der Verkauf, die Ein-, Aus-, Durchfuhr und der Besitz solcher Waffen, sondern auch spezifischer Teile bestraft.

Meine Damen und Herren! Nur einzelne wissen – ich weiß es nicht –, wie solch ein Teil ausschaut. Dieser spezifische Teil, der die Erblindung herbeiführt, ist für die wenigsten von uns als solcher erkennbar. Er ist nicht groß, und er mag so angefertigt sein, daß er für uns vielleicht wie ein Bestandteil einer Waschmaschine, wie ein Steuergerät für einen Fernsehapparat aussieht. Ich versuche jetzt absichtlich Alltagsgeräte zu nennen, denn gut gemachte Geräte haben mindestens ein Double-use-Programm. Es ist für mich nicht abschätzbar, inwieweit unsere Organe an der Grenze oder im Land selbst in der Lage sind, diese Gerätekomponenten als solche zu erkennen und aus dem Verkehr zu ziehen. Das erscheint mir auch als großer Mangel dieses Gesetzes.

Grundsätzlich aber – das wissen Sie – sind wir für dieses Gesetz zum Verbot dieser infamen Waffe, welche Menschen für ihr Leben blendet, so wie auch Minen eine infame Waffe sind, die Menschen auf Lebensdauer körperlich so zurichten, daß sie in den meisten Fällen ihre normale Lebensweise nicht weiterführen können.

Ich finde es eigentlich symptomatisch, daß wir dieses Gesetz als fast letztes Gesetz vor Weihnachten beschließen, so wie wir voriges Jahr auch das Minengesetz beschlossen haben. Es zeigt das den friedlichen Ausklang des Jahres und den Gemeinsinn des Bundesrates, ohne sich zum Partner der Regierung zu machen. Wir sind mit diesem Gesetz Partner der österreichischen Bevölkerung, wir sind darüber hinaus Partner der Menschheit und des humanen Gedankens schlechthin. Ich wünsche diesem Gesetz baldige und schnelle Verbreitung. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie des Bundesrates Drochter. )

15.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konečny. – Bitte.

15.34

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bedauerlicherweise ist es nicht der Krieg, den wir durch Bundesgesetze untersagen können, auch wenn internationale Bemühungen letztlich darauf ausgerichtet sind, militärische Auseinandersetzungen als Mittel der Politik zurückzudrängen. Das mindeste, was wir versuchen müssen, so begrenzt der Erfolg dieser Bemühungen auch sein mag, ist es, die Auswirkungen von militärischen Konflikten oder von militärischen Vorbereitungen auf die Zivilbevölkerung gering zu halten.

Mit dem Verbot von blindmachenden Laserwaffen tun wir das in einem Teilbereich, und zwar in einem Teilbereich, in dem die internationalen Bemühungen – auch in diesem Fall – unter tatkräftiger Mitwirkung Österreichs vorangekommen sind. In dem von Kollegen Bieringer eingebrachten gemeinsamen Entschließungsantrag richtigerweise damit in Verbindung gebrachten Bereich der Minen haben wir das mit Initiativen erreicht, die in ganz besonderem Maße von Österreich getragen wurden.

Ich hoffe, daß uns die Überzeugung eint, daß militärische Auseinandersetzungen keine Form der politischen Konfliktlösung sind, weder zwischen Staaten noch zwischen Bevölkerungsgruppen in Staaten.


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Ich tue mir ein bißchen schwer mit der Wendung von der unschuldigen Zivilbevölkerung – nicht, weil sie schuldig wäre, sondern weil in so vielen Fällen Menschen, überwiegend Männer in diesem Fall, als absolut unschuldige Wehrdienstleistende in Minenfelder oder auch gegen blindmachende Laserwaffen getrieben werden. Die Schuld derer, die ein Krieg erwischt, auch als Kombattanten, wäre durchaus zu hinterfragen.

Jede Bemühung, jede internationale Vertragsregelung, jede gesetzliche innerstaatliche Regelung, die einen kleinen Beitrag dazu darstellen kann, Menschen vor den Folgen – und im Fall von Minen auch Spätfolgen – militärischer Auseinandersetzungen zu schützen oder – wenn sie schon eingetreten sind – ihnen bei der Bewältigung zu helfen, sind zu begrüßen. Ich sage aber noch etwas dazu, weil das zu den wenigen Dingen gehört, die in der Debatte bisher nicht angeschnitten wurden: Es kann uns nicht darum gehen, einen menschlichen, humanen Krieg zu fördern, sozusagen eine klinisch reine militärische Auseinandersetzung, indem wir derartige Initiativen setzen. Der Krieg, die militärische Auseinandersetzung, das gegenseitige Töten von Menschen sind es, wogegen wir letztlich anzukämpfen haben, wohl wissend, daß das ein Ziel ist, das nicht auf der aktuellen Tagesordnung steht (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP) und daß uns dieses Fernziel nicht blind dafür machen darf, daß es heute konkrete Aufgaben gibt, bei denen wir etwas weiterbringen können.

Der Entschließungsantrag, den wir gemeinsam formuliert und eingebracht haben, ist ein solches Beispiel. Österreich ist auf diesem Gebiet tätig gewesen. Die Tatsache, daß wir hier – ich möchte das unterstreichen – von der Bundesregierung einen Betrag von 25 Millionen Schilling für diese Aufgabe verlangen, sowie die Tatsache, daß wir diesen Betrag in Gesprächen, die gestern mit dem Finanzministerium geführt wurden, auch sicherstellen konnten, ist, glaube ich, nicht nur ein Erfolg, sondern es ist auch etwas, was Beispielwirkung haben kann und soll für andere Staaten, von denen wir entsprechend ihrer Größe und Wirtschaftskraft mehr Engagement auf diesem Gebiet erwarten können.

Ich darf hinzufügen, daß es der guten humanistischen Tradition dieses Landes entspricht, daß wir in unserem Land – das ist kein egoistischer Aspekt, auch wenn es Arbeitsplätze bedeutet – eine hochentwickelte Erzeugung modernster Prothetik haben. Die bisherigen Aktivitäten haben gezeigt, daß diese hochkomplexen Hilfsmittel, die wir zur Verfügung stellen können, Menschen, die in schwerster Weise von Minen geschädigt wurden, helfen können, ein halbwegs – und "halbwegs" ist zu unterstreichen – normales Leben zu führen. Zumindest können sie für sich selbst sorgen, und das ist immer das Entscheidende.

Ich möchte unterstreichen, daß meine Fraktion sowohl dem Bundesgesetz als auch dem eingebrachten Entschließungsantrag selbstverständlich ihre Zustimmung geben wird, und daß wir uns bemühen werden – ich hoffe, wieder gemeinsam mit den anderen Fraktionen dieses Hauses –, zu weiteren Schritten beizutragen, die die Menschen davor schützen, ihr Leben als Nebenprodukt militärischer Auseinandersetzungen – sozusagen als Spätfolge, wie ich vorher gesagt habe – zu verlieren.

Es soll das – und da schließe ich mich ausnahmsweise, aber doch, Kollegen Gudenus nur zu gerne an – auch etwas sein, was zu dieser Jahreszeit paßt. Wenn wir nächstes Jahr um diese Zeit wieder eine solche Initiative beschließen könnten, sollte es mich freuen, Herr Innenminister! (Beifall bei der SPÖ.)

15.41

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters liegt ein Antrag der Bundesräte Bieringer, Konečny, Dr. Riess-Passer und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend eine aktive Rolle Österreichs bei der weltweiten Minenräumung und Hilfe an die Minenopfer vor.

Ich lasse jetzt über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend eine aktive Rolle Österreichs bei der weltweiten Minenräumung und Hilfe an Minenopfern ist daher angenommen. (E. 152)

15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Änderungen des am 9. Oktober 1992 in Salzburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn (895 und 987/NR sowie 5610/BR der Beilagen)


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Änderungen des am 9. Oktober 1992 in Salzburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Gstöttner übernommen. Ich darf ihn darum bitten.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß Änderungen des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Übernahme von Personen an der gemeinsamen Grenze erforderlich sind, mit der Zielrichtung, daß alle Personen, die illegal aus dem Staatsgebiet einer Vertragspartei in das Staatsgebiet der anderen Vertragspartei gelangen, rückübernommen werden.

Zwischen Österreich und den westlichen Nachbarstaaten sowie einigen weiteren westeuropäischen Staaten bestehen bereits seit vielen Jahren vertragliche Regelungen über die Übernahme von Personen an der Grenze. Aufgrund der nur im Verhältnis zu Ungarn geltenden Sonderregelung kam es immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten und in der Folge zu Problemen bei der Rückstellung illegaler Grenzgänger.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Abkommens die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Richau. – Bitte.

15.44

Bundesrat Franz Richau (ÖVP, Kärnten): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte bis zum gestrigen Tag nicht vor, mich zu diesem Punkt zu Wort zu melden, weil er eine Selbstverständlichkeit für die Tätigkeit der Exekutive und der Behörden an den Grenzen darstellt und eigentlich nur eine Verbesserung des derzeitigen Zustandes ist.

Der für mich wichtige Punkt war aber die heutige Medienlandschaft, die für mich in einen politischen und rechtlichen Skandal ausgeartet ist. Wenn jemand, dessen Abwesenheit im Parlament mit 75 Prozent feststeht, sich erdreistet, das österreichische Sicherheitssystem in Frage zu stellen, mit Daten handelt und sie präsentiert, sie jedoch nicht öffentlich herausgibt, so macht er sich meines Wissens und meinem rechtlichen Verständnis nach entweder der Beweisunterdrückung oder, was ich nicht hoffe, der Verleitung einer Person zum Amtsmißbrauch schuldig und ist somit straffällig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir persönlich scheint es verwunderlich zu sein, wenn im heutigen "Kurier" Herr Dr. Haider als Detektiv bezeichnet wird. Für mich scheint der Begriff "Mitwisser beim Datendiebstahl" oder "Mitwisser beim Datenklau" eher angebracht zu sein.

Es gibt derzeit in Österreich zirka 23 000 zugriffsberechtigte Beamte der Exekutive, und es kann sicherlich vorkommen, daß aufgrund der Hektik Fehler passieren. Ich stelle mich jedoch vor diese Beamtenschaft, weil ich davon überzeugt bin, daß kein Beamter, ohne dazu gezwungen zu werden – sei es durch Geld oder Erpressungsversuche oder aus politischen Motiven –, die Möglichkeit des Zugriffes mißbräuchlich verwendet. (Bundesrat Dr. Harring: Sehr gewagt! Sehr dünn!)  – Dazu stehe ich!

Die ständigen Denunzierungen und die ständigen Verunglimpfungen der Exekutive durch Dr. Haider sind für mich mittlerweile unerträglich geworden und verlangen rechtliche Konsequenzen. (Bundesrat Eisl: Nicht erst jetzt! Er ist euch schon immer unangenehm gewesen! Die Wahlergebnisse stören euch!)  – Ihnen gestehe ich den Zwischenruf zu, weil Sie sicher öfter anwesend sind, als es Ihr Obmann ist. (Zwischenruf des Bundesrates Eisl. )

Nein, er ist nicht unangenehm. Nein, überhaupt nicht! Mich stört sein Verhalten überhaupt nicht, Herr Kollege! Ich verlange nur rechtliche Konsequenzen gegenüber Ihrem Parteiobmann! Durch solche negativen Aussagen will man bewußt – das halte ich der FPÖ vor – die Sicherheit Österreichs destabilisieren und Unruhe in die Bevölkerung bringen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Destabilisierend sind die Gesetze! Schauen Sie sich die Begleitgesetze an!)  – Herr Dr. Tremmel! Sie legen immer Wert darauf, jemanden ausreden zu lassen. Darf ich das auch für mich beanspruchen? – Danke.

Wenn Herr Dr. Haider wirklich im Besitz von Computerausdrucken der Exekutive ist, wenn er weiß, daß und wie man ohne Probleme zu solchen Ausdrucken kommt, dann hätte er die Verpflichtung gehabt, dies sofort anzuzeigen und der Justiz zu melden, statt erst nach mehrmaligem Nachfragen von Journalisten nur ganz kleine Geheimnisse – ich persönlich behaupte, er hat überhaupt keine – preiszugeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem dies nicht erfolgt ist, gilt es meiner Ansicht nach, zu hinterfragen, ob tatsächlich Beamte oder sonstige Personen erpreßt wurden oder ob dieser Datenklau nur aus rein politischen Motiven erfolgt ist. Ich fordere Herrn Dr. Haider auf, eventuell erhaltene Computerdaten, die er den Medien gegenüber erwähnt hat – ich hoffe nur, daß das nicht wieder nur Medienpolitik ohne Wahrheitsinhalt war –, sofort der Justiz zu übermitteln, damit der eingesetzte "Maulwurf" – ich bezeichne es einmal so; ich glaube, er


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arbeitet mit diesen Mitteln – beziehungsweise das schwarze Schaf innerhalb der Exekutive gestellt und verurteilt werden kann, damit diese zerstörerische Kritik an der Exekutive und an den Kollegen in der Beamtenschaft endlich aufhört!

Ich fordere aber auch die zuständigen Herren im Justiz- und im Innenministerium auf, gegen Herrn Dr. Haider bei festgestelltem Fehlverhalten Anzeige wegen Beweisunterdrückung beziehungsweise wegen Verdachtes der Anstiftung oder Verleitung zum Amtsmißbrauch als Bestimmungstäter zu erstatten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konečny. – Bitte.

15.49

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! – Meine Damen und Herren von der FPÖ! Sie werden schon noch jaulen, aber Sie müssen nicht gleich damit anfangen.

Österreich hat mit seinen Nachbarstaaten und darüber hinaus mit einigen anderen Staaten Rückübernahmeabkommen abgeschlossen. Dabei wurde das Abkommen mit Ungarn mit einer Sonderregelung versehen, die immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten und in der Folge zu Problemen bei der Rückführung illegaler Grenzgänger geführt hat. Es ist nun nach intensiven Verhandlungen gelungen, diese Bestimmungen klarer zu fassen, was Gegenstand dieses Übereinkommens ist.

Die gute Zusammenarbeit mit Ungarn, die es in dieser Frage gibt, ist für uns und für die österreichische Exekutive ein wesentlicher Bestandteil bei der Erfüllung des Schengen-Abkommens.

In diesem Zusammenhang – Stichwort "Schengen" – möchte ich mich aber, wie schon mein Vorredner, auch einem sensiblen Thema zuwenden, das in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit breit diskutiert wurde, nämlich dem Umgang mit den bei der Verbrechensaufklärung und Verbrechensverhütung anfallenden personenbezogenen Daten.

Darauf hinzuweisen, daß es sich dabei um besonders wichtige, besonders sensible Daten handelt, die aus guten Gründen unter dem Monopol der Sicherheitsbehörden bleiben müssen, ist so gut wie überflüssig. Es ist keine Frage, daß das Eindringen eines, in diesem Fall offensichtlich bestochenen Beamten in den Computer von Europol ein Alarmzeichen ist, das es erfordert, in dieser Institution wie in jeder anderen mit solchen Daten befaßten Institution alle Sicherungsmöglichkeiten nochmals zu überprüfen, um sicherzustellen, daß es auch dem Übelwollenden zumindest nicht zu leicht gemacht wird, Daten in einer mißbräuchlichen Weise zu verwenden.

Aber es ist natürlich auch auf die aktuelle Frage einzugehen, was denn davon zu halten ist, wenn solche Daten ganz offensichtlich weitergegeben werden und wenn sich ein österreichischer Politiker damit brüstet, sie zu besitzen, sie beschaffen zu können, und dies nicht als Beweis seines eigenen Fehlverhaltens, sondern als Beweis für eine angebliche Unfähigkeit des Sicherheitssystems darstellt. Hier haben wir es mit einer Umkehrung der Realität zu tun, die eigentlich nur aus einem Denken stammen kann, dem die Rechtsstaatlichkeit völlig fremd ist.

Wenn ich dieser Argumentation folge, dann wäre jeder Banküberfall ein wirkungsvoller Beweis dafür, daß die Sicherungseinrichtungen in den Bankfilialen nicht ausreichen. Wenn ich der Argumentation folge – das hat er wörtlich so gesagt –, daß er sich alle Daten beschaffen kann, dann haben wir es hier offenbar – ich weiß, das ist nicht der korrekte Ausdruck im kriminologischen Sinn – mit einer eigenartigen "Beschaffungskriminalität" zu tun. Denn so kann es ja nicht sein, daß geschützte Daten, die nur unter Mißbrauch beschafft werden können, zum politischen Kleingeld gemacht werden! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Ich weiß schon, die sogenannte Freiheitliche Partei hat einen relativ lockeren Umgang mit vertraulichen und geschützten Daten. Wir haben bekanntermaßen in Salzburg den erfolgreichen Versuch erlebt, in einen fremden Computerbestand einzudringen und mit den dort abgeschöpften Daten Politik zu machen. Es gibt in Kärnten die Beschuldigung, daß mit Hilfe eines verbotenen Scanners ein Telefongespräch abgehört wurde und daß mit den dabei erhaltenen Informationen versucht wird, Politik zu machen. Und wir haben jetzt den Fall, daß sich der Obmann dieser sogenannten Freiheitlichen Partei offensichtlich Daten beschafft hat.

Er hat sich in einem Punkt widersprochen. Auf der einen Seite behauptet er, daß man ihm diese Daten zugespielt hat, was immer das heißen soll, aber gleichzeitig knüpft er an den Tatbestand, daß ihm das angeblich zugespielt wurde, für die Öffentlichkeit die Information, man könne sich alles beschaffen. – Also, was hat jetzt stattgefunden: die aktive Beschaffung oder das anonyme Zuspielen?

Er hat diesen Widerspruch auch aufrechterhalten, denn er hat zunächst einmal davon gesprochen, daß er nicht Anzeige erstatten werde. – Ich zitiere jetzt aus der APA; ich war bei dieser Pressekonferenz nicht anwesend: Man werde nicht einen anonymen Beamten anzeigen, der uns das zugespielt hat. Vielmehr werde man den Innenminister damit konfrontieren.

Nachdem die Medienvertreter diese Antwort begreiflicherweise nicht besonders befriedigend gefunden haben, hat Haider dann gemeint, und die Formulierung ist originell: Er werde selbstverständlich Anzeige erstatten! – Also das und das Gegenteil davon hat er im Abstand von drei Minuten erklärt, wie wir es ja gewöhnt sind.

Die Frage ist also jetzt – vielleicht kann das einer der Damen und Herren von den Freiheitlichen beantworten, die Frau Klubvorsitzende ist ja nicht da, vielleicht könnte man von dieser Seite hören –, ob jetzt Anzeige erstattet wurde oder wird oder werden soll. Das wäre eine Klarstellung. Denn eines ist ganz klar: Diese Daten können nur unter Rechtsverletzung aus dem Sicherheitsapparat hinausgegangen sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich habe den Medien entnommen, daß der Herr Bundesminister für Inneres gestern Herrn Haider aufgefordert hat, die Daten, die ihm da rechtswidrig – zugespielt oder beschafft – in die Hand gekommen sind, zu übergeben, weil natürlich die Kenntnis dieser Daten ein entscheidender Beitrag dazu wären, um jenen, der objektiv Recht gebeugt hat, weil er diese Daten weitergegeben hat, ausfindig zu machen.

Ich nehme an – der Häuptling "Schnelle Zunge" ist auch sonst relativ flott –, daß der Herr Bundesminister bereits im Besitz einer Antwort ist. Vielleicht kann er uns mitteilen, ob er einerseits durch Herrn Haider wieder in den Besitz der abhanden gekommenen Daten gelangt ist und ob er andererseits eine Information darüber hat, ob Herr Parteiobmann Haider Anzeige erstattet hat.

Wissen Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen: Von Sicherheit und der Notwendigkeit, die Sicherheit in diesem Land zu erhöhen, zu sprechen, aber gleichzeitig einen aktiven Beitrag zur Unterminierung dieser Sicherheit zu leisten, ist mehr, als man auch beim oppositionellsten Politiker entschuldigen kann! Da trübt offenbar der Haß den Blick für die Realitäten und die Notwendigkeiten!

Entweder geht es uns darum, ein sicheres Österreich erfolgreich gegen Bedrohungen – die es gibt, gar keine Frage – zu verteidigen oder nicht. Aber eine dieser Bedrohungen ist es, wenn auch nur einzelne Mitarbeiter des Sicherheitsapparates sozusagen auf die andere Seite der Front hinüberwechseln. Was es war, das diesen einen oder einige dazu veranlaßt hat, die Daten dorthin "beschaffen zu lassen", weiß ich nicht. Aber wer einmal solcherart Daten aus der Hand gibt, gibt sie vielleicht auch an andere, die ihn mit Geld, mit guten Worten oder unter Ausnützung einer Notsituation – ich weiß die näheren Umstände nicht – darum ersuchen.

Unter uns gesagt, ein ganz normaler Amtsmißbrauch würde mich in diesem Zusammenhang fast noch beruhigen. Aber wenn der Kollege, der das getan hat, es Herrn Haider gegen Geld


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gibt, dann gibt er es auch der Mafia gegen Geld. Das würde mich mehr beunruhigen als das bloße politische Motiv, das schon arg genug ist.

Meine Damen und Herren! Sicherheit ist etwas Unteilbares. Die Grundsätze, die wir über Datenschutz aufstellen, sind etwas Unteilbares, und wenn sie unteilbar sind, dann gelten sie für alle Rechtsunterworfenen in diesem Land, sogar für einen Herrn Haider! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.59


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634. Sitzung / Seite 104

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Herr Bundesrat Gudenus hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.00

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Kollege Konečny hat in gekonnter Art und Weise den Ansatz unternommen – ich weiß, daß es ihm natürlich nicht zur Gänze gelungen ist –, Bundesparteiobmann Haider zu unterstellen, einen aktiven Beitrag zur Verunsicherung geleistet und eine gehässige Haltung eingenommen zu haben, abgesehen davon, daß der Sicherheitsapparat auch "Schmalz" von ihm abbekommen hat.

Ich weise diese Art von vorweihnachtlich unchristlicher Attitüde des Kollegen Konečny entschieden zurück. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Es mag die Ausdrucksweise des Herrn Dr. Haider dem einen oder anderen politisch nicht ins Konzept passen. Sie werden aber nicht daran vorbeigehen können, Herr Konečny, daß Herr Dr. Haider mit seinen sehr griffigen (Bundesrat Konečny: "Unter"!) Formulierungen Dinge auf den Kern bringt und – was kein Nachteil ist – in den letzten Jahren auch Anerkennung bei der Bevölkerung findet.

Aber was eigentlich der Gipfelpunkt Ihrer Aussage ist, nämlich daß Dr. Haider Haß ausdrückt, das erinnert mich ein wenig an Formulierungen, die wir einst im DDR-Rundfunk und Fernsehen hören konnten, sofern wir überhaupt diese Sender aufgedreht haben. (Bundesrat Konečny: Eben, ich kann das nicht vergleichen!) Weder Dr. Haider noch einer der freiheitlichen Abgeordneten und Bundesräte gibt sich irgendwelchen Haßformulierungen hin. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Ich halte Ihnen vor, daß Sie, Herr Kollege Konečny, mit Ihren Aussagen heute nachmittag einen wenig geglückten Schlußpunkt gezogen haben. Dies in Anbetracht der Tatsache, daß es sich um die letzte Sitzung des Jahres und den letzten Tagesordnungspunkt handelt, wo wir uns doch sehr bemüht haben – es ist uns, so glaube ich, auch allen leicht gefallen –, harmonisch, aber vielleicht auch divergierend zu diskutieren. Ich sage nicht Vorwurf zum Vorhalt, das ist eine geringere Stufe.

Ich versuche – dies tun auch meine Kollegen –, diesen letzten Arbeitstag in diesem Jahr harmonisch zu beenden und nicht von Haß und aktivem Beitrag zur Verunsicherung zu reden. Wir alle wissen – wir nehmen dies auch für uns selbst in Anspruch, Herr Konečny –, daß jeder auf seine Art das Recht und die Pflicht hat, mit den Bürgern dieses Landes Kontakt zu halten und bei ihnen auch gehört zu werden. Das können Sie machen oder Dr. Haider, wir alle. Ich habe nie gehört, daß Dr. Haider einen von Ihrer Fraktion oder von der ÖVP geziehen hat, Haßworte verwendet zu haben. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Konečny: Dann haben Sie nie aufgepaßt!) Das Wort "Haß" hat er nie in den Mund genommen, er hat scharfe Formulierungen gefunden. (Bundesrat Konečny: Wenigstens bei Ihrem Parteiobmann sollten Sie aufpassen!)

Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Kollege, nehmen Sie mein Mißfallen zur Kenntnis. Haß und aktiver Beitrag zur Unsicherheit werden hier in diesem Hohen Haus weder im Nationalrat noch im Bundesrat gepredigt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

16.05

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es hat mich nicht nur mit Befremden erfüllt, sondern es hat mich eigentlich erschüttert, wie hier die Stimmung durch eine Wortmeldung, die sicherlich nicht der Courtoisie dieses Hauses entspricht, in der eine Reihe von Unterstellungen verwendet wurde, verschlechtert wurde. Wenn ich zusammenfasse, wird Ihnen wahrscheinlich das Lachen im Hals steckenbleiben, Herr Konečny!

Weder ich für meine Person und – wie ich annehme – auch niemand von meiner Fraktion würde von der sogenannten Sozialistischen oder Sozialdemokratischen Partei sprechen. Ich würde eine derartige Diktion natürlich auch nicht für die Fraktion der Österreichischen Volkspartei verwenden.

Bereits in den ersten Sätzen ist es Ihnen gelungen, eine Pauschaldiskriminierung von Mitgliedern dieses Hauses auszusprechen. Das lehne ich persönlich ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie sind Sie in Ihren Ausführungen fortgefahren? – Unterminierung der Sicherheit, Haß trübt die Realität. Bitte prüfen Sie das Protokoll des Nationalrates, ob das in der von Ihnen aufgezeigten Form jemals geschehen ist. Ich weise diese Unterstellung zurück. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Trotz Ihrer relativ gekonnten Rhetorik ist Ihnen auch ein Ausrutscher passiert, und Sie haben von der Salzburger Datenentnahme gesprochen. Ich darf dazu eine Richtigstellung machen. Sie waren bei meinen diesbezüglichen Ausführungen nicht hier. Sie haben gesagt, aus dem Computer des Landeshauptmann-Stellvertreters sei etwas aus der Speicherseite entnommen worden. – Das ist nicht dessen Datensichtgerät. Das ist das Datensichtgerät des Landes Salzburg. Nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, daß es Ihnen nicht zusteht, irgendwelche öffentliche Einrichtungen als Parteibesitz zu deklarieren! Das ist unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Diese Argumentation ist unglaublich!)

Wenn Sie schon darin etwas gespeichert haben, was jeder Objektivität Hohn spricht, Konduitelisten, wie Stellen besetzt werden sollten, dann würde ich an Ihrer Stelle schweigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Causa an und für sich: Sie werten eine APA-Aussendung und verweisen auf eine Zeitungsmeldung. Sie haben allerdings wie so oft wieder begonnen, das Pferd beim Schwanz aufzuzäumen.

Was ist gesagt worden? – Es ist gesagt worden, daß die Abschiebung straffällig gewordener Ausländer einfach zu lange dauert. Das wird dem Innenminister mitgeteilt. Der Herr Innenminister hat einen diesbezüglichen Brief an den Parteiobmann der Freiheitlichen Partei geschrieben – die entsprechende Antwort wird auch kommen –, in dem die Fakten dargelegt werden. Hier zu unterstellen, wie es bei einer Inquisition üblich ist, vorzuverurteilen, das sei Ihnen überlassen.

Im Unterschied zu Ihrer Person, Herr Konečny – ich unterstelle das nicht Ihrer Fraktion, die großteils äußerst bemüht ist –, sind auch wir so wie die anderen Kollegen von ihrer Warte aus sehr um die Sicherheit dieses Landes und vor allem – auch wenn Sie uns als "sogenannte Freiheitliche" bezeichnen – tatsächlich um die Freiheit der Menschen dieses Landes bemüht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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16.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

16.09

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Der Vertrag mit Ungarn gibt uns die Möglichkeit, den Auftrag des Abkommens von Schengen verstärkt und wirkungsvoll umzusetzen. Ich glaube aber, daß Sicherheit im Innenbereich beginnt. Daher möchte ich auch einige Worte zu dem hier Zitierten sagen.

Liebe Kollegen von der FPÖ! Mit Verharmlosen und Blauäugigkeit werden wir diesem Staat nicht helfen können. Datenklau jetzt in der neuen Dimension auf Bundesebene ist nicht mehr so zu verharmlosen wie auf Länderebene, was auch von dir, Kollege Tremmel, gerade so dargelegt wurde. Tatsache ist, es wurde keine Partei- oder sonstige Notiz aus einem EDV-Bereich des Landes entnommen, sondern es waren ausschließlich landesinterne Angelegenheiten. Jeder von uns weiß, daß auf Landesebene auch Personalvertretungen tätig sind. In Salzburg ist es zumindest so. Es gibt dort Blaue, Schwarze, Rote und auch Grüne.

Selbstverständlich steht Personalvertretern auch die Infrastruktur zur Verfügung. Ich verwahre mich dagegen, noch einmal zur Kenntnis nehmen zu müssen, dabei hätte es sich um Parteiinformationen gehandelt. Das bitte ich in Zukunft auch so zu handhaben.

Tatsache ist aber vielmehr, daß Unterlagen, die – das kann man zugeben – durch widrige Umstände öffentlich wurden, selbstverständlich ohne "Bedenken von Parteiangestellten der FPÖ" – das ist tatsächlich so – notiert und auch ausgedruckt wurden. Das läßt sich EDV-mäßig zurückverfolgen. Ihr ehemaliger Landesrat Schnell hat das auch zugegeben und sofort die Entlassung des Parteiangestellten verlangt. Ich frage mich nur, seit wann es Parteiangestellte in Landesrats- oder Regierungsbüros, die dort Büros und Sessel benutzen, gibt. Ich kann mir das von der SPÖ aus nicht vorstellen und darf auch versichern, daß es so etwas bei den Sozialdemokraten nicht gibt. Ich weiß aber auch, daß es sich bei der ÖVP ähnlich verhält.

Verharmlosen ist das eine, auch dann, wenn man der Öffentlichkeit vorzugaukeln versucht, es rechtfertigt die Maßnahme das Tun. Haltet den Dieb! Das vergessen wir. Wir würden möglicherweise ohnehin Schädlinge nicht mehr dem Volk vorenthalten können.

Ich möchte mit Nachdruck eines sagen: Es tut mir persönlich weh, wenn man mit Gefühlen von Menschen spielt. Es tut mir weh, wenn bei Vieraugengesprächen ein Landesparteiobmann einer Partei einem anderen sagt: Du, die Informationen habe ich von einer frustrierten Sekretärin deines Büros bekommen.

Jeder von uns versteht menschliche Schwächen. Jeder von uns kommt in die Versuchung, zugespieltes Material vielleicht zu verwenden oder auch nicht. Ich darf festhalten, in dieser Versuchung war ich auch schon manchmal, aber ich habe ihr bis heute widerstanden.

Es ist noch gar nicht so lange her, daß von der FPÖ-Zentrale ein Irrläufer mit relativ brisantem Inhalt über Telefax in die SPÖ-Zentrale kam. Das hätte mir zumindest einen Dreispalter in jenen Medien gebracht, die ich davon informiert hätte. Was habe ich getan? – Ich habe die Nummer der FPÖ gewählt und mitgeteilt, ich hätte hier ein Fax aus der Parteizentrale der FPÖ. Ich faxe dieses zurück und vernichte das Original. – Das ist auch ein Verständnis von Zusammenarbeit im Interesse eines Landes.

Ich möchte sagen – da würde ich auch den weihnachtlichen Frieden beschwören –: Nehmen Sie sich daran ein Beispiel, und versuchen Sie nicht, den Leuten vorzumachen, man müsse stehlen, um mögliche Mißbräuche in der Zukunft verhindern zu können. Das ist jetzt schon die nächste Stufe, die in Wien passiert ist. Und bei Sicherheit geht es um mehr. Das geht uns alle an.

Es ist traurig, wenn man nicht einmal darüber nachdenkt, wie man mit angeblichen Äußerungen einer Mitarbeiterin eines Büros umgeht, was das letztendlich für die Menschen in einem Büro bedeutet, wenn man zwei Tage lang einen Schuldigen, einen Maulwurf im engsten Bereich eines Landesparteivorsitzenden auf Regierungsebene sucht. Gott sei Dank ist die Technik heute soweit – das wissen allerdings manche Freiheitliche noch nicht –, daß man in der EDV Zugriffe zurückverfolgen kann. Ich bin heute froh, daß das möglich war.


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Besonders bemerkenswert ist – das möchte ich auch anmerken – die Tatsache, daß der Postenschacher in diesem Fall eine solch große Rolle für die FPÖ gespielt hat, die gerade, was Salzburg betrifft, bei Versorgungswünschen immer wußte, wo sie hinzugehen hatte, wenn ihre Mandatare letztendlich unterzubringen waren. Ich stehe aber dazu, daß Politiker, die kein Mandat haben, die nicht mehr in den Privatberuf zurückkehren können, auch unser aller Unterstützung bedürfen, denn das Arbeiten für ein Land, für einen Staat kann keine Einbahnstraße sein.

Ich wundere mich nur, daß es nur dann keine Versorgung ist, wenn es sich um FPÖ-Mandatare handelt. Alle anderen würden vom Staat oder von irgendwelchen Parteibonzen versorgt werden. Dagegen verwahre ich mich. Das ist Zwietracht-Säen in einer Gesellschaft, die momentan verunsichert ist, verunsichert aber auch durch die FPÖ, die auf der einen Seite die Sicherheitsfrage täglich hinausposaunt und die Sicherheit in Frage stellt, sich dabei aber nicht scheut, sie selbst zu unterminieren.

Ich sage ganz offen, ich habe es auch mit Befriedigung gelesen – nur mußte ich auch etwas anderes hören –, daß Partik-Pablé eine Untersuchung beantragen wolle, damit man diese unbekannten Täter dingfest machen kann. Ich bin sicher, daß das einiges Licht ins Dunkel bringen würde. Ich würde auch vorschlagen, der Sache auf den Grund zu gehen. Wenn jemand von sich aus behaupten kann, er könne jedes Informationsmaterial aus dem Innenministerium auf Anforderung bekommen, dann gilt es, genau diesen Kanal zu stopfen. Ich würde mir nie getrauen zu sagen, ich könnte mir jederzeit Informationen von irgendwo her besorgen, wenn ich nicht selbst dort tätig wäre.

Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Ich bitte Sie, nicht so blauäugig zu sein. Niemand wird hier auf die Idee kommen, Ihnen ähnliches zu unterstellen. Ich bitte aber auch, diese Dinge nicht verharmlosend weiterzutragen und dann aus dem Stegreif eine Verteidigungsrede zu halten über Dinge, die man eigentlich nicht nachvollziehen kann. Denn wenn man das könnte, müßte man dagegen sein und dagegen reden.

Daher bitte ich Sie im Sinne des Weihnachtsfestes, dies in Zukunft anders zu handhaben und mit uns zu versuchen, die Menschen nicht zu verunsichern, sondern im Sinne des Staates zu helfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eisl. – Bitte.

16.17

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zwei Dinge klarstellen: Es gibt keinen Datenklau und keinen Datendiebstahl, weil Daten, die in den Computern der Landesregierungen gespeichert sind, öffentlich sind und jedem zugänglich sein sollten und müssen. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Der zweite Punkt: Herr Kollege Richau! Ich nehme nur Stellung zu den Salzburger Themen, nicht zu anderen, weil ich mich nicht in Dinge einmische, von denen ich nichts weiß. Ich war nicht dabei, weder bei der Pressekonferenz noch bei anderen Dingen. Ich stelle nur klar, daß es bei einer Einrichtung, also einer Computereinrichtung der Landesregierung, keine Geheimnisse geben soll und darf und die Informationen allen offenstehen sollten. (Rufe bei der SPÖ: Zugriffsberechtigung!)

Ich möchte aber Herrn Kollegen Prähauser daran erinnern, daß die Überstundenaffäre auch von Herrn Kollegen Buchleitner ausgegangen ist; es ist, wie ich meine, zwei Jahre her. Er ist nicht Personalchef der Salzburger Landesregierung, hat aber von diesen Sachen gewußt. Der Chef selbst war über diese Sachen nicht informiert.

Als dritten Punkt möchte ich klarstellen: Durch den erfreulichen Zuwachs der Zahl der Freiheitlichen im Lande Salzburg haben wir einen zweiten Regierungssitz erreicht, und somit brauchen


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wir auch Ressortmitarbeiter. Kollege Prähauser! Sie wissen genau, daß Ressortmitarbeiter selbst eingestellt werden können. Diese werden erst nach drei Jahren in die Landesregierung übernommen. Ihr Gehalt wird aber von der Landesregierung refundiert. Das war so ein Fall. Dieser Mitarbeiter war nicht illegal oder schwarz angestellt, sondern im Einvernehmen mit der Personalvertretung. Ich will das nur richtigstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es hat sich Herr Kollege Prähauser zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. Ich würde bitten, daß wir diese vorziehen.

16.20

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Hohes Haus! Ich melde mich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort. Ich muß hier eindeutig festhalten: Natürlich sind Daten auch im Landescomputer ressortmäßig geschützt. Nicht umsonst haben alle Mitarbeiter eigene Codes, die sie einzugeben haben, um auch entsprechend zugreifen zu können. Ich glaube, das ist sinnvoll und gut so.

Zweitens: zu diesen Parteiangestellten in den Regierungsbüros. Das ist keine Aussage der Sozialdemokraten. Herr Landesrat Schnell hat sich so verteidigt, daß er gesagt hat, er hatte keinen Einfluß darauf, was sein Parteiangestellter dort tat, und er hat ihn gekündigt. Das möchte ich festhalten. (Bundesrat Eisl: Das ist ja legitim!)

Ich frage ja mit Recht: Was tut er dort? – Es gibt keinen Parteiangestellten der SPÖ im Regierungsbüro des Herrn Landeshauptmann-Stellvertreters Gerhard Buchleitner. Ähnliches gilt auch für die ÖVP.

16.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Himmer gelangt zu Wort. – Bitte.

16.21

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin sehr froh, daß sich Kollege Königshofer auch noch zu Wort gemeldet hat, denn damit haben wir heute zumindest noch die theoretische Möglichkeit, daß einer der Mandatare von der freiheitlichen Fraktion auf die tatsächlich erhobenen Vorwürfe eingeht. Wenn wir Dinge wie Verdacht des Amtsmißbrauchs und Verleitung zum Amtsmißbrauch diskutieren, so muß ich sagen: Die Argumente, die dahin gehend gekommen sind, daß die Freiheitlichen gute Wahlergebnisse gehabt haben – die Argumentation des Bundesrates Gudenus etwa war, ob man so etwas zu Weihnachten thematisieren darf et cetera –, sind natürlich nicht solche, die materiell zur Aufklärung beigetragen haben. Ich muß schon feststellen, daß ich freiheitliche Kollegen selten so sanft im Bundesrat reden hörte wie jetzt bei dieser Debatte.

Herr Kollege Gudenus! Sie haben die Wertschätzung gegenüber den Kollegen von den anderen Fraktionen besonders betont. Lesen Sie einmal die Protokolle, betrachten Sie einmal Ihre Wortwahl, wenn Sie von der Bundesregierung und von den Regierungsfraktionen sprechen. Diese ist mitunter tief beleidigend, und wenn Sie glauben, daß daraus eine Wertschätzung abgeleitet werden kann, dann ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Bitte Beispiele!) Sie sind sicher am meisten in Ihre Reden verliebt. Lesen Sie sie nach! (Bundesrat Eisl: Kollege Himmer! Ich kann Ihnen aushelfen! Sie unterstellen anderen Fraktionen Unfähigkeit!) Was unterstelle ich Ihnen? (Bundesrat Eisl: Sie unterstellen am Rednerpult der Freiheitlichen Partei Unfähigkeit!)

Ich habe etwas anderes gesagt. Ich habe gesagt, Unfähigkeit ist noch einer der geringsten Ausdrücke, den ich von der Freiheitlichen Partei gehört habe. Sie haben schon viel beleidigendere Sachen gesagt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Heute glauben wir auf einmal, es sitzen nur mehr Christkinder von dieser Fraktion hier.

Da möchte ich Ihnen schon etwas sagen: Amtsmißbrauch und Verleitung zum Amtsmißbrauch sind doch keine geringfügigen Delikte! (Bundesrat Dr. Tremmel: Schon eine Anklage passiert?


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Was stellen Sie da fest, bitte? Das sind Vorverurteilungen! Das ist unglaublich! – Zwischenruf des Bundesrates Waldhäusl. )

Herr Dr. Tremmel! Auch ich bin ein freier Mandatar so wie Sie (Bundesrat Dr. Tremmel: Dann versuchen Sie, die Wortwahl entsprechend zu treffen: versuchter Amtsmißbrauch ...!), und ich nehme gerne Ordnungsrufe von der Präsidentin zur Kenntnis. Sie sind noch nicht Präsident dieses Hauses und werden es auch hoffentlich nicht werden. (Beifall bei der ÖVP.) Deswegen sage ich Ihnen, daß auch ich als freier Mandatar hier meine Meinung äußern darf. Wie Sie als Opposition sich das immer herausnehmen, nehme auch ich mir das heraus, weil Sie offensichtlich schon kontrolliert werden müssen, bevor Sie in Regierungsverantwortung kommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Wir müssen bereits auf Sie aufpassen, bevor Sie Verwaltungsverantwortung haben. (Bundesrat Waldhäusl: Solche Leute wie Sie brauchen wir nicht zum Aufpassen!) Herr Waldhäusl! Auf Sie warten wir schon sehr lange! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Professor Waldhäusl! (Heiterkeit und Beifall des Bundesrates Konečny. ) Es wäre mir sehr angenehm, wenn Sie mich ausreden lassen würden. Man kann den Weihnachtsfrieden sehr einfach wiederherstellen: Dr. Haider führt den Weihnachtsfrieden dadurch herbei, daß er keine Beweismaterialien unterdrückt. Ich unterstelle nichts, aber ich frage einmal. Sie haben die besseren Kontakte zu Dr. Haider und wissen auch besser, was vorgefallen ist. Vielleicht können Sie das hier klarstellen. Können Sie ausschließen, daß es um ein politisches Motiv geht? Können Sie ausschließen, daß dieser Beamte, der die Daten zugespielt hat, irgendwo im Umfeld der Freiheitlichen tätig ist? Können Sie das ausschließen? – Ich sage nicht, daß es der Fall ist, aber es würde mich interessieren, ob Sie das ausschließen können. Wenn Sie das ausschließen können, so ist das schon wieder ein kleiner Beitrag zum Weihnachtsfrieden.

Noch ein zusätzlicher Beitrag zum Weihnachtsfrieden, den Kollege Dr. Haider, Ihr Fraktionsobmann, im Nationalrat leisten kann, weil das soziale Motiv zu Weihnachten auch von Politikern immer wieder thematisiert wird: Er ist bei einer beträchtlichen Anzahl von Plenarsitzungen gar nicht dabei gewesen und kassiert auch als Klubobmann ein nicht schwaches Gehalt. Ich weiß nicht, 170 000 S oder so? (Bundesrat Waldhäusl: 60 000! Wir haben eine Begrenzung! Wir sind nicht so Abkassierer wie Sie!) Ja, die begrenzten Möglichkeiten der Freiheitlichen Partei sind mir bewußt. Aber ich würde vorschlagen: Er kann doch einfach ... (Bundesrat Waldhäusl: Die Obergrenze!) Ja, die Obergrenze hat er aber offensichtlich auf seine Anwesenheit im Nationalrat bezogen. Dort dürfte er sehr konsequent mit der Obergrenze sein. Es ist halt ein Unterschied, wenn man ein Gehalt für eine Gegenleistung bezieht. Es kann mitunter ein geringeres Gehalt, das man ohne Gegenleistung bezieht, eine viele größere Ungerechtigkeit sein. Das ist aber schon ein bißchen komplizierter zum Mitdenken und daher nicht unbedingt für jedermann verständlich.

Daher wollte ich Ihnen sagen: Es wäre ein Beitrag, wenn man das abziehen würde, was Dr. Haider nicht in diesem Hohen Haus anwesend war. Dann kann er dieses Geld dieser von ihm so geliebten Republik rücküberweisen. Ich würde anregen, daß er es der Republik rücküberweist und nicht einem undurchsichtigen Sozialfonds, den niemand überprüfen kann. Er soll es der von ihm geliebten Republik rücküberweisen, in der es sehr viele Menschen gibt, die öffentliche Gelder weit mehr notwendig haben als Dr. Haider. Vor allem gibt es Menschen in diesem Land, die ihrer Arbeitsverpflichtung auch nachkommen. – Soweit meine Vorschläge für Ihre Beiträge zum Weihnachtsfrieden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Konečny: Das sind die Fleißigen und Tüchtigen! – Bundesrätin Crepaz: Er spart ja für die dritte Republik!)

16.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Königshofer. – Bitte.

16.28

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist mir an sich wenig erklärlich, daß die Herren von der sozialdemokratischen Fraktion in der letzten Sitzung vor Weihnachten eine derart hek


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tische Debatte vom Zaun brechen müssen. (Bundesrat Prähauser: Der Datenklau wurde jetzt erst bekannt! Das haben wir vorher nicht gewußt!) Aber ich kann Ihnen eines sagen, meine Herren: Der Fehdehandschuh, den Sie uns hier hinwerfen, wird von uns aufgenommen werden. (Bundesrat Prähauser: Das ist aber keine Drohung, oder?) Wir werden jetzt noch kurz über Daten sprechen. Ich zähle Ihnen die Versäumnisse auf, die Sie in der Vergangenheit begangen haben.

Auf den "Senf", den der ehemalige selbsternannte "Bonzenquäler" Himmer hier eingebracht hat, will ich gar nicht eingehen. Merken Sie sich nur eines, Herr Kollege Himmer: Sie selbst haben im Parlament per Beschluß verhindert, daß Politiker auf Gehaltsbestandteile verzichten können. Das machen Sie heute Dr. Haider zum Vorwurf! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Ansonsten sage ich dazu nichts.

Aber nun zum Datenklau, den Sie uns vorwerfen. Es ist schon des öfteren in dieser Republik vorgekommen, daß Daten illegal aus Ämtern verschwunden sind. Ich sage Ihnen: Die Verantwortung dafür trägt immer der oberste Amtsträger, und der ist auf Bundesebene nun einmal der zuständige Bundesminister. (Bundesrat Konečny: Er ist für Haider verantwortlich?) Das ist auch in diesem Fall so. Er muß in seinem Bereich schauen, daß das Amt so verwaltet wird, daß keine Daten nach außen gelangen. Sonst haben wir ähnliche Verhältnisse wie in Brüssel mit den Schengen-Daten. (Ruf bei der ÖVP: Der Kaufhausbesitzer ist für den Diebstahl zuständig?)

Jetzt nenne ich Ihnen noch einen Fall, den Sie uns bitte nicht zum Vorwurf machen können und der der größte Justizskandal war, den es in der Zweiten Republik gegeben hat. Im Jahre 1994 hat Justizminister Michalek sowohl bei einer mündlichen dringlichen Anfrage als auch bei einer schriftlichen Anfrage zugegeben, daß ein Strafhäftling, ein Mann, der wegen Mordes verurteilt war, ein hochqualifizierter EDV-Techniker, der in der Strafanstalt Mittersteig im EDV-Bereich eingesetzt war, das gesamte Strafvollzugsinformationssystem samt Handbuch und Quellcodes in 24 Kartons aus der Strafanstalt Mittersteig verbracht hat. Da frage ich Sie: Wer hat die Zuständigkeit? – Das war nicht unser Versehen, da war doch Minister Michalek zuständig. Hätten wir das nicht aufgezeigt – wer weiß, was mit diesem Datenmaterial geschehen wäre (Beifall bei den Freiheitlichen), weil dieser Häftling kurz vor der vorzeitigen Entlassung gestanden ist.

Da waren alle Daten aller österreichischen Strafgefangenen enthalten. Da waren sogar die Bereifungen der Justizwachefahrzeuge aufgezeichnet. Dafür sind Sie verantwortlich. Schieben Sie uns jetzt nicht den Schwarzen Peter zu! Wenn Daten illegal aus den Ministerien, aus den Ämtern verbracht werden, dann sind nicht wir die Schuldigen. Sie tragen die Verantwortung! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Payer. – Bitte.

16.31

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vielleicht kann ich in einigen kurzen Sätzen auch etwas zu diesem sogenannten Weihnachtsfrieden beitragen. Ich habe mit Verwunderung vernommen, daß es in Salzburg Parteiangestellte gibt, die auf einmal in der Landesregierung arbeiten. Aber da fällt mir ein, das scheint in der FPÖ so gang und gäbe zu sein, denn Exlandesrat Rauter im Burgenland hat natürlich auch seinen Parteisekretär Hofer sofort in der Landesregierung angestellt. Also das zieht sich, glaube ich, von Salzburg bis ins Burgenland. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Zur Ehrenrettung des Nachfolgers von Landesrat Rauter, des FPÖ-Landesrates Gabriel Wagner, kann ich sagen, daß er sich sofort von diesem Parteisekretär getrennt hat. Ich weiß auch warum. Der jetzige FPÖ-Landesrat Gabriel Wagner war nämlich ursprünglich ein ÖVPler, der für die ÖVP im Landtag gesessen ist. (Zwischenruf des Bundesrates Eisl.  – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

16.33


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634. Sitzung / Seite 110

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Karl Schlögl. – Bitte sehr. (Bundesrat Waldhäusl: Und jetzt kommt die Aufklärung!)

16.33

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Herr Präsident! Entschuldigung. (Heiterkeit.) Da sieht man, was hinter dem Rücken eines Innenministers alles passieren kann.

Ich war auch lange Zeit Mitglied des Bundesrates, vier oder fünf Jahre, glaube ich. Ich habe selten eine solch engagierte und emotionelle Diskussion erlebt wie die heutige. Ich glaube, daß es vom Prinzip her auch ganz gut ist, wenn es eine solche Diskussion gibt, und daß man sich auch sachlich sehr stark auseinandersetzen soll. Ich bin auch sehr dankbar und froh, daß die Mitglieder der freiheitlichen Fraktion im Bundesrat sehr emotionell und sehr sensibel reagieren, denn das ist immerhin ein erster Schritt zur Besserung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Dr. Tremmel: Wenn Sie das so sagen, glaube ich es Ihnen sogar!)

Sie sind auch nicht immer so harmlos im Austeilen. So hat mir beispielsweise Herr Klubobmann Haider gestern vorgeworfen, daß ich treulos gegenüber dem österreichischen Sicherheitssystem agiere. Das dient auch nicht unbedingt dem Weihnachtsfrieden, und wenn es meiner Psyche zwar nicht schadet, so kränkt es aber doch ein wenig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im wesentlichen möchte ich mich nicht zu den Salzburger Vorfällen zu Wort melden, denn davon verstehe ich sehr wenig und bin auch viel zuwenig darüber informiert. Ich glaube aber, daß ich mich sehr wohl zu dem zu Wort melden sollte, was in den letzten zwei Tagen diskutiert worden ist, und zwar sehr emotionell auch hier im Bundesrat. Es erscheint mir schon wichtig, eingangs festzuhalten, daß wir ein hevorragendes österreichisches Sicherheitssystem haben, daß wir 33 500 Beamtinnen und Beamte haben, die für die österreichische Sicherheit arbeiten, und daß die überwältigende Mehrheit dieser Beamtinnen und Beamten mit größter Sorgfalt, mit größter Treue, mit großem Engagement und mit sehr viel Kraft in der Sache tätig ist. (Allgemeiner Beifall.)

Bei einem Großteil dieser Personen steht wirklich die österreichische Sicherheit im Vordergrund ihrer Arbeit und ihrer Interessen. Natürlich – das brauche ich niemandem zu sagen – passieren überall dort, wo Menschen tätig sind, auch Fehler, passieren überall dort, wo Menschen tätig sind, auch Mißbräuche und passieren überall dort, wo Menschen tätig sind, Verfehlungen, die auch ins Strafrechtliche hineinreichen.

Wichtig ist mir, klar festzuhalten, daß die Ereignisse in Belgien, in Brüssel, die eigentlich der Anlaß der Diskussion sind, in keiner Weise mit Österreich direkt zusammenhängen, weil das Datenklau, Datendiebstahl, eine Weitergabe von Daten an mafiose Organisationen gewesen ist und weil es sich dabei ausschließlich um belgische Daten handelte. Dies ist also ein ursächlich belgisches Problem. Natürlich ist es eine Warnung. Ich möchte hier auch sehr klar sagen, daß sich aufgrund dieser Ereignisse in Belgien jede nationale Sicherheitsorganisation überlegen muß, wie sie in ihrem eigenen Bereich solchen Datenklau verhindern kann, das Risiko eines solchen Datenklaus einigermaßen beseitigen kann. Es ist aber auch gleichzeitig ein Auftrag an alle – und damit auch an mich als Schengen-Vorsitzender und an meinen Nachfolger ab 1. Jänner –, zu schauen, daß international gemeinsame Sicherheitssysteme geschaffen werden.

Der zweite Punkt ist die gestrige Pressekonferenz von Klubobmann Jörg Haider und die anschließende Diskussion und die Auswirkungen dieser Pressekonferenz. Im wesentlichen hat Klubobmann Dr. Haider bei dieser Pressekonferenz zwei Vorwürfe gemacht. Der erste Vorwurf ist, daß das österreichische Sicherheitssystem löchrig ist, daß man aus dem österreichischen Innenministerium jede Art von Daten erhalten kann, die man will. Man braucht nicht einmal dafür zu bezahlen, man bekommt sie freiwillig. Das ist vereinfacht der eine Vorwurf. Der zweite Vorwurf ist, daß es bei der Abschiebung von straffälligen Ausländern zu zeitlichen Verzögerungen kommt, daß die Abschiebungsdaten nicht im Computer gespeichert sind und daß diese ausländischen Straftäter unbeobachtet wieder zurückkommen können und dann die österreichische Sicherheit gefährden. Ich möchte zu beiden Punkten Stellung nehmen.


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Erstens ist es mir wichtig festzustellen – ich habe mir das ausschreiben lassen –: Wir haben in den letzten Monaten – es gibt beispielsweise einen Bundesrat, der selbst aktiv daran teilnimmt und einer der Mitarbeiter in diesem Bereich ist – ein sehr effektives Sicherheitssystem an unserer Grenze aufgebaut, ein Sicherheitssystem, das nicht dazu dient, daß wir einen neuen Eisernen Vorhang errichten – das können wir nicht, das weiß jeder von uns –, sondern das Ziel hat, so weit wie möglich grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern und so weit wie möglich illegale Immigration zu verhindern.

Vor einigen Tage war der deutsche Innenminister Kanther bei uns in Österreich, und er hat sich sehr lobend über das ausgesprochen und hat auch zugebilligt, daß wir hier sehr vieles gemeinsam geleistet haben. Wir haben auch genug Steuergeld dafür ausgegeben. Fast 2,5 Milliarden Schilling werden wir bis Ende 1998 dafür ausgeben.

Wir waren gerade im heurigen Jahr auch sehr erfolgreich bei den Aufgriffen von illegalen Grenzgängern. Wir haben beispielsweise allein im Jahre 1997 bis jetzt 14 300 Zurückschiebungen gemacht, und über 16 900 Personen wurde ein Aufenthaltsverbot verhängt. Diese 16 900 Personen wurden zum größten Teil auch bereits ausgewiesen. Ich glaube, das sind sehr eindrucksvolle Zahlen.

Aber eines ist für mich auch wichtig, und das möchte ich vor allem – ich glaube, das hat Herr Bundesrat Tremmel gesagt – Herrn Bundesrat Dr. Tremmel sagen: Ein Großteil dieser Menschen sind, bitte, nicht solche, die straffällig geworden sind, sondern ein Großteil dieser Menschen hat eine Verwaltungsübertretung begangen: Sie sind illegal, ohne Aufenthaltsberechtigung, in unser Staatsgebiet eingereist. Das ist meiner Meinung nach ein sehr gravierender Unterschied. Herr Haider spricht immer wieder von "straffälligen Ausländern". Das ist eine ganz andere Gruppe als die Menschen, die aus verschiedenen Überlegungen illegal nach Österreich einreisen.

Ich darf Ihnen versichern, daß wir alles tun, daß, wenn ein Aufenthaltsverbot verhängt wird, die Menschen ausgewiesen werden. Dann wird die Durchsetzung dieses Aufenthaltsverbotes auch in der Form im Computer, im Speicherungscomputer, festgelegt, daß unsere Beamten das in relativ kurzer Zeit feststellen können. Aber es kann natürlich vorkommen, daß es, wenn eine Bezirksverwaltungsbehörde – hier sitzen größtenteils Praktiker – ein Aufenthaltsverbot ausspricht, bis das dann schlußendlich im Computer der Sicherheitsbehörde ist, einige Tage dauern kann. Das kann nicht anders sein, das kann nicht auf Knopfdruck geschehen. Wir haben das Online-System noch nicht, in dem eine Bezirksverwaltungsbehörde direkt in den Sicherheitscomputer einspeichern kann.

Das heißt also, ich glaube, daß dieser Vorwurf des Herrn Abgeordneten Haider ungerechtfertigt ist, daß dieser Vorwurf zwar in der Sache stimmt, weil es manchmal bis zu zehn Tagen dauert, es dauert manchmal länger, aber daß wir sehr bemüht sind, diesen bürokratischen Ablauf so gering wie möglich zu halten.

Was auch wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren – Herr Bundesrat Richau kann mir das bestätigen –: Es gibt viele, die wir festnehmen, denen wir ein Aufenthaltsverbot erteilen, die wir zurückschieben, das heißt, wir übergeben sie an unsere Nachbarstaaten: an Ungarn, an Tschechien und so weiter. Dort werden diese Menschen oftmals freigelassen, sie werden nicht weitergeschoben, weil sie eine Berechtigung zum Aufenthalt in Ungarn haben. Ein rumänischer Illegaler, der nach Ungarn einreist und dann illegal nach Österreich reist, hat in Ungarn ein Aufenthaltsrecht. Das heißt, Ungarn hat keine Visumverpflichtung mit Rumänien. Das ist das große Problem, und darum passiert es ja unseren Sicherheitsbehörden allzu oft, daß viele Illegale festgenommen werden, wieder zurückgeschoben werden und dann wieder die Einreise versuchen.

Ich war vor kurzem in Laa an der Thaya an der Grenze. Dort hat man mir beispielsweise erzählt, daß sie einen Mann neunmal festgenommen haben. – Abgesehen davon, daß es sensationell ist, daß man sich neunmal hintereinander festnehmen läßt (Heiterkeit), aber das ist eine andere Debatte, führt das doch zu einem gewissen Frust innerhalb der Sicherheitsbehörden. Deshalb sind wir auch bemüht, bei Schubabkommen zu erreichen, daß nicht nur übergeben wird,


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sondern daß die Menschen wieder in ihr Herkunftsland zurückgeschoben werden, weil nur so garantiert ist, daß nicht neuerlich eine Einreise versucht wird.

Das zweite – das ist für mich schon viel ernster, und deshalb ist es auch notwendig, daß man sich damit auseinandersetzt – ist der Vorwurf, daß das Innenministerium löchrig ist. Ich gehe davon aus, daß das nicht der Fall ist, obwohl natürlich jedem bewußt ist, daß es in einem solch großen Ministerium unmöglich ist – auch für den politisch Verantwortlichen, der immer auch den Kopf hinhalten muß –, zu gewährleisten, daß keine Daten nach außen gelangen.

Aber nur, um den konkreten Fall zu nennen: Herr Abgeordneter Haider hat aus Informationen des FIS, also des Fremdeninformationssystems, zitiert. Zu diesem Informationssystem und zum EKIS, zum erkennungsdienstlichen Informationssystem, haben 23 000 Beamte Zugriffsmöglichkeit. Zirka 23 000 Beamte in ganz Österreich haben Zugriffsmöglichkeit! Es ist also für niemanden, auch für keinen Innenminister X oder Y, möglich, dies tatsächlich wirkungsvoll zu kontrollieren.

Es ist auch notwendig, daß es diese Zugriffsmöglichkeit gibt, denn wenn jemand angehalten und überprüft wird, muß man relativ schnell wissen, ob gegen den Betreffenden eine Fahndung vorliegt oder nicht. Das heißt also, solch einen Datenklau wird man nie verhindern können. Was wir tun können, wenn das passiert und wenn unrechtmäßig Daten weitergegeben werden, ist, daß wir feststellen, von wem diese Daten weitergegeben worden sind. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es für mich so wichtig, daß Herr Abgeordneter Haider bereit ist, mir die Unterlage dafür zu geben. Wenn er bereit ist, mir die Unterlage zu geben, kann ich auf Knopfdruck – überspitzt formuliert: auf Knopfdruck – herausfinden, wer abgefragt hat. Das ist noch keine Garantie dafür, daß der dann tatsächlich die Daten weitergegeben hat, aber muß zumindest begründen, wieso er abgefragt und was er mit den Abfragekarteien dann gemacht hat.

Deswegen habe ich auch einen sehr lieben Brief an Herrn Abgeordneten Haider geschickt – mit der Bitte, daß er mir diese Daten zur Verfügung stellt. Herr Abgeordneter Haider hat sehr flott reagiert. Er hat mir bereits einen Brief zurückgeschrieben und hat mir mitgeteilt, daß er diese Daten leider unter Verschluß halten wird, weil er fürchtet (Bundesrat Konečny: Aber!), daß ich diesen Beamten zum Sündenbock mache. (Bundesrat Konečny: Aber! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber, Herr Bundesrat Konečny, auch ich kann flott reagieren: Ich habe ihm bereits wieder einen Brief zurückgeschrieben, in dem ich versucht habe, ihm den Sachverhalt zu erklären, und da er mir ein persönliches Gespräch angeboten hat, habe ich dieses persönliche Gespräch auch angenommen. Ich hoffe, daß wir uns in den nächsten Tagen zusammensetzen und die entsprechende Unterlage bekommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Vor Weihnachten!)  – Vor Weihnachten, natürlich, das steht im Brief. Sie kennen meinen Brief schon, sehr gut! Wir werden vor Weihnachten zusammenkommen, damit wir diese Daten bekommen.

Unabhängig davon weiß ich, daß diese Unterlage ohnehin bereits bei Zeitungen kursiert, und so wird es für die österreichischen Sicherheitsbehörden sicherlich nicht so schwer sein, das in den nächsten Tagen aufzuklären. Es ist das vor allem auch deswegen aufzuklären, weil gerade die Freiheitliche Partei großes Interesse zeigt. Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat gestern gefordert, daß der Stapo-Unterausschuß zusammentritt. Der wird am Montag zusammentreten, und ich hoffe, daß ich bis Montag dem berechtigten Wunsch aller Betroffenen entsprechen kann und bereits jene Person nennen kann, die dafür verantwortlich ist, daß geheime Informationen zu Herrn Haider gekommen sind.

Ich hoffe auch, daß es, wenn man einmal einen klaren Präzendenzfall schafft und klar sagt, daß das nicht sein darf, und wenn man klare Konsequenzen zieht, gelingen wird zu erreichen, daß andere in Zukunft vorsichtig sind damit, Herrn Abgeordneten Haider oder irgendwelchen anderen politischen Persönlichkeiten oder Zeitungen und Medien solche geheimen Informationen zuzuspielen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.47


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 über ein Bundesgesetz betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland, das Wehrgesetz 1990, das Heeresgebührengesetz 1992, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Auslandseinsatzgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Ärztegesetz 1984, die Verordnung betreffend Regelung der Ausbildung zum Zahnarzt, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Medizinproduktegesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Suchtmittelgesetz, das Tierärztegesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Richterdienstgesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Wählerevidenzgesetz 1973, die Exekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz, das Militärstrafgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer – GAFB) (915 und 1037/NR sowie 5611/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung: Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundesminister! Werte Damen und Herren! Ich berichte über den Beschluß des Nationalrates vom 11. Dezember 1997 betreffend ein Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer – GAFB.

Der gegenständliche Gesetzesbeschluß des Nationalrates hat die Öffnung des Bundesheeres für militärische Dienstleistungen von Soldatinnen auf ausschließlich freiwilliger Basis zum Ziel. Der Beschluß beinhaltet folgende Schwerpunkte:


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Normierung der freiwilligen Zugangsmöglichkeit zum Bundesheer für Frauen im Bundes-Verfassungsgesetz

Schaffung eines "Ausbildungsdienstes" für Frauen im Bundesheer als Ausbildungsverhältnis sui generis in Form einer eigenständigen, zwölfmonatigen Wehrdienstleistung zur Vorbereitung auf eine Übernahme als Berufssoldatin bei jederzeitiger Austrittsmöglichkeit

Normierung gleicher Rechte und Pflichten in diesem Ausbildungsverhältnis wie für Wehrpflichtige

volle soziale Absicherung der Frauen im Ausbildungsverhältnis, insbesondere auch im Falle der Mutterschaft

bei positiver Absolvierung aller Ausbildungsschritte in diesem Ausbildungsverhältnis uneingeschränkte Aufnahmemöglichkeit in den Bundesdienst als Berufssoldatin

Schaffung einer Nachhollaufbahn für weibliche Zivilbedienstete im Bundesministerium für Landesverteidigung zur erleichterten Übernahme als Berufssoldatin

Umsetzung diverser Modifikationen und Klarstellungen im Wehrgesetz 1990.

Da die im vorliegenden Beschluß enthaltenen Verfassungsbestimmungen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung nicht einschränken, bedürfen diese nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG.

Des weiteren enthält der vorliegenden Beschluß in dessen Artikel 24 eine Grundsatzbestimmung. Da für die Erlassung von Ausführungsgesetzen durch die Länder eine Frist von sechs Monaten vorgesehen ist, bedarf es hiezu ebenfalls keiner Zustimmung durch den Bundesrat gemäß Artikel 15 Abs. 6 B-VG.

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch.

16.52

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute das Frauenausbildungsverhältnisgesetz, das, wie der Berichterstatter ausführte, im wesentlichen zum Inhalt hat, daß in Zukunft Frauen den Dienst beim Bundesheer absolvieren können. Es gibt darin auch neue Regelungen für Militärpiloten und Zeitsoldaten.

Daß Frauen beim Bundesheer Dienst machen können, wird von uns grundsätzlich positiv beurteilt. Das österreichische Bundesheer erreicht dadurch einen normalen Standard einer westlichen Armee. Herr Bundesminister! Ich habe gedacht, daß diese Maßnahme ein Fortschritt für das österreichische Bundesheer und für die Sache der Landesverteidigung als solche sein wird. Ich war mir aber immer im klaren darüber, daß es nur dann ein Fortschritt sein wird, wenn wir die ganze Sache klug und auch mit Fingerspitzengefühl über die Bühne bringen. Daran mangelt es aber bei dieser Gesetzesvorlage, die Sie hier heute beschließen wollen.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Die Frauen sollten nach unserer Meinung dieselben Rechte und Pflichten haben, wenn sie den Dienst in der Armee antreten, und das gerade ist durch diese Gesetzesvorlage nicht der Fall. Es werden in diesem Gesetz heute einige Ungleichheiten und auch Ungerechtigkeiten festgeschrieben, die mit dem grundsätzlichen Dienst von Frauen in der Armee nichts zu tun haben.


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Herr Bundesminister! Unverständlich ist für mich diese Anstellungsgarantie für weibliche Angehörige des Heeres nach dem Ausbildungsdienst – und das in einer Zeit, in der Sie bundesweit einen Aufnahmestopp bei der Truppe verfügt haben. Ihre Regimenter, Herr Bundesminister, haben – Sie wissen das, nehme ich an, selbst genauer – die größten Probleme, das notwendige Kaderpersonal zu bekommen, und zwar nicht, weil sich nicht genügend junge Männer zum Dienst melden würden, sondern weil die Dienstposten, die vorgesehen wären, derzeit gesperrt sind.

Herr Minister! Sie schaffen dadurch eine Bevölkerungsgruppe, die im Gegensatz zur Mehrheit der im Bundesheer Dienst Tuenden ein Recht auf Weiterbeschäftigung haben wird, ein Recht auf Weiterbeschäftigung, das nach meinem Dafürhalten sachlich nicht argumentierbar ist. Sie werden dadurch innerhalb der Truppe böses Blut schaffen, und Sie werden in einer Zeit, in der Ihr Ressort mit Geldmangel und mit anderen organisatorischen und politischen Schwierigkeiten zu tun hat, nicht zur Beruhigung beitragen.

Daß die Bewerberinnen jederzeit aus dem Dienst ausscheiden können und daß sie auch nicht in der Miliz verwendet werden sollen, Herr Bundesminister, sind weitere wesentliche Lücken in diesem Gesetz.

Ich glaube, daß mit diesem Gesetz, das Sie heute hier beschließen wollen, der Sache des Bundesheeres einerseits und der Sache der Frauen auf der anderen Seite kein guter Dienst erwiesen wird. Wir werden deshalb diesem Gesetz auch nicht zustimmen.

Herr Bundesminister! Ich wünsche mir überhaupt, daß Sie in Fragen der Landesverteidigung in Zukunft etwas mehr Offenheit an den Tag legen, etwas mehr Offenheit auch in der Frage NATO-Beitritt und auch in der Frage Umgliederung des Bundesheeres. Sie haben gerade eine Debatte über die Neuorganisation des Bundesheeres hinter sich. Sie haben der Bevölkerung sozusagen einen Knochen hingeworfen und haben erwartet, daß nunmehr allen im Bundesgebiet das Wasser im Munde zusammenläuft.

Sie haben dabei die Diskussion mit den zuständigen Landespolitikern nicht gesucht, und Sie wollten auch die Debatte in den Parlamenten umgehen. Sie sollten deshalb all diese Vorschläge rechtzeitig machen, und Sie sollten mit der Bevölkerung, die davon betroffen ist, und auch mit den Ländern und den dort Zuständigen rechtzeitig reden.

Sie haben in diesen Vorschlägen zur Neugliederung des Bundesheeres einige Vorschläge gemacht, die in manchen Bundesländern die militärische Infrastruktur so gut wie beseitigt hätte. Sie haben in dieser neuen Heeresorganisation eine grundsätzliche Systemänderung vorgeschlagen. Herr Bundesminister! Sie haben eine Systemänderung vorgeschlagen, die das Bundesheer von einer Milizarmee zu einer Präsenzarmee machen wird. Sie haben heute auch in der Fragestunde so getan, als würde eigentlich alles beim alten bleiben. Sie haben auch gesagt, daß die Abschaffung dieser zwölf Jägerbrigaden, die wir haben, durch die Aufstellung von 21 Milizbataillonen kompensiert wird. Ich glaube, daß man das nicht so sehen kann.

Auch in der Frage des NATO-Beitritts, den wir begrüßen würden, wünschen wir uns von Ihnen, Herr Bundesminister, mehr Offenheit. Wir wünschen uns, daß Sie das Parlament, daß Sie die Parlamentarier, die über wesentliche Schritte auch entscheiden müssen, besser informieren, daß Sie sie informieren über die PfP-plus, über die WEU-Neu, die jetzt im Rahmen der EU neu gegliedert worden ist, über den Euroatlantischen Partnerschaftsrat und über die neuen Möglichkeiten, die sich dadurch für die Republik eröffnen. Herr Bundesminister! Sie werden nämlich die Zustimmung der Parlamentarier, und nicht nur derjenigen aus Ihrer Partei, brauchen, und Sie werden auch die Zustimmung der Bevölkerung für eine allfällige Volksabstimmung über den NATO-Beitritt brauchen. Sie werden auch, wenn Sie Strukturreformmaßnahmen in den Ländern umsetzen wollen, die Zustimmung der Länder dafür brauchen.

Herr Bundesminister! Machen Sie zuerst das eine, nämlich den NATO-Beitritt! Legen Sie klare Schritte ihrer Politik dar, damit Sie auch von seiten der Parlamentarier mitverfolgt werden können, damit Sie auch eine Grundlage für die zweite Linie haben, die Sie beziehen sollten, nämlich die Reform des Bundesheeres als solches! Reden Sie mit den Betroffenen, reden Sie


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mit den Ländern, mit den betroffenen Bediensteten Ihres Ressorts rechtzeitig, dann werden Sie auch für viele Ihrer Maßnahmen, die da und dort auch Kürzungen und Straffungen bringen, Zustimmung ernten!

Herr Bundesminister! Setzen Sie sich in der Koalition – das ist der wesentlichste Punkt – endlich durch, damit das Landesverteidigungsbudget endlich auf eine europareife Höhe angehoben wird. Wenn Sie weiterhin bei diesen 0,8, 0,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bleiben, wird Ihnen auch die beste Organisationsreform nichts nützen: Die Landesverteidigung wird nie den Stand erreichen, den sie erreichen müßte.

Herr Bundesminister! Ich erlaube mir deshalb, an die Damen und Herren des Bundesrates folgenden Entschließungsantrag der Freiheitlichen heranzutragen:

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert,

1. die Entschließungen und Bedenken der Länder und Gemeinden, in den Planungen seines Ressorts hinsichtlich einer neuerlichen Heeresgliederung zu berücksichtigen,

2. die Präsenzfähigkeit für Katastrophenfälle und Assistenzeinsätze in den Bundesländern zu gewährleisten sowie den Mobilmachungsrahmen nach den tatsächlichen Aufwuchsfähigkeiten der Bundesländer und den für sie zu erwartenden Bedrohungsbild zu orientieren und daher

3. keine Auflösungen von militärischen Verbänden, Kommanden und Standorten vorzunehmen, bevor nicht die Entscheidung über den weiteren sicherheitspolitischen Weg Österreichs durch die Bundesregierung und die Organe der Gesetzgebung getroffen wurde.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Dr. Bösch und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Neugliederung des Bundesheeres ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. – Bitte.

17.01

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt zu einem Thema sprechen, das mich sehr freut, nämlich Frauen als Soldatinnen im österreichischen Bundesheer. Ich glaube, daß das eine Stärkung der Landesverteidigung ist; und ich werde dann nachher noch ein paar Worte dazu sagen.

Im Koalitionseinkommen 1996 wurde zwischen den Regierungsparteien vereinbart, daß den Frauen gleichberechtigt die Möglichkeiten von Berufskarrieren beim Bundesheer eröffnet werden sollen. Dies wird ab Jänner 1998 umgesetzt. Dabei wird österreichischen weiblichen Staatsbürgern die Möglichkeit eröffnet, eine Laufbahn beim Berufsmilitär einzuschlagen und natürlich auch jederzeit zu beenden. Das ist freiwillig, es ist nicht die allgemeine Wehrpflicht wie bei uns Männern, sondern es ist freiwillig.

Die erste Initiative, an die ich mich noch erinnern kann, kam vor etwa vor fünf Jahren von Frau Nationalrätin Rosemarie Bauer, die gefordert hat, daß auch das Bundesheer für die Frauen offen sein soll und muß. Daraufhin hat sich eine Gruppe junger Frauen gebildet, die einen Verein gegründet hat mit dem Ziel, den freiwilligen Zugang von Frauen zum Bundesheer zu


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ermöglichen. Ich glaube, daß die Gleichberechtigung von Mann und Frau überall garantiert sein muß – so auch im Bereich des Heeres.

Wenn wir uns die letzten Jahrzehnte in Europa, aber auch außerhalb Europas vergegenwärtigen, so müssen wir sagen, daß eine ganz große Anzahl von Staaten den freiwilligen Zugang von Frauen in die Armee ermöglicht hat. Alle EU-Staaten haben das im Moment ermöglicht, ebenso alle NATO-Staaten. (Bundesrätin Crepaz: Deutschland nicht!) Man hat einen Zugang. Wir müssen auch in die östlichen Nachbarländer sehen, und zwar nach Bulgarien, Rumänien, Tschechien, Ungarn und in die Slowakei. Dort sind ebenfalls Frauen beim Militär, aber auch in der Schweiz, was sicherlich sehr schön ist. Bei der israelischen Armee haben die Frauen einen sehr guten Ruf. Wenn wir in der Geschichte zurückblicken, müssen wir auch sagen, daß gerade im Zweiten Weltkrieg die Leistungen der russischen Frauenregimenter sehr bekannt waren.

Mit diesem Gesetzentwurf stehen für die Frauen alle jene militärische Laufbahnen offen, die sie selbst anstreben. Der Grundsatz der Freiwilligkeit wurde konsequent eingehalten. Die Zivilbediensteten im Bundesministerium werden die Möglichkeit haben, eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Es wurde bereits erwähnt, daß das für den Milizbereich im Moment nicht der Fall ist. Das ist etwas, was ich bedauere, aber ich hoffe, daß es sich auch in dieser Richtung positiv entwickeln wird.

Ich habe schon einmal gesagt, daß es in allen NATO-Staaten den freien Zutritt der Frauen zur Armee gibt. Ich habe auch das letzte Mal gesagt – das war immer meine Überzeugung –, ich bin für den Vollbeitritt Österreichs zur NATO. Ich bin auch für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht für Männer. Das gilt aber nicht für die Frauen.

Als Steirer muß ich sagen, ich bin sehr glücklich, daß ab Anfang April in der Kaserne Straß – das ist im Süden der Steiermark – zum ersten Mal Frauen ausgebildet werden. Es haben sich einige hundert Interessierte bereits bei den militärischen Dienststellen gemeldet. Soviel ich gehört habe, waren es vor wenigen Tagen 433. Das ist etwas Wesentliches. Wir freuen uns darüber, weil es – ich habe es eingangs schon gesagt – eine Stärkung der Landesverteidigung bedeutet. Wir brauchen eine starke Schlagkraft, und ich darf dem Herrn Minister sehr herzlich dafür danken, daß dies möglich geworden ist.

Diesem Gesetzentwurf wird, wie ich glaube, weit über die Grenzen auch meiner Partei hinaus zugestimmt werden. Das heißt, wir stimmen dem selbstverständlich gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.06

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Helga Markowitsch. – Bitte.

17.06

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Koalitionsabkommen vom März 1996 haben die Regierungsparteien vereinbart, Frauen gleichen Chancen für Berufskarrieren beim österreichischen Bundesheer zu eröffnen. Der Ministerrat verabschiedete daher am 4. November 1997 die Regierungsvorlage eines sogenannten Frauenausbildungsverhältnisgesetzes sowie eine Novelle der allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer. Dem vorangegangen war ein gemeinsamer Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und der Bundesministerin für Frauenangelegenheit und Verbraucherschutz betreffend Schaffung von gleichberechtigten Möglichkeiten von Berufskarrieren beim österreichischen Bundesheer für Frauen.

In diesem Bericht sind im wesentlichen die Grundzüge für die dann im Ministerrat festgelegte Öffnung des Bundesheeres für Frauen enthalten. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Änderungen und Ergänzungen im Bundesrecht, sowohl auf Verfassungs- als auch auf einfachgesetzlicher Ebene, wurden gemeinsam in einer Sammelnovelle unter dem Kurztitel "Frauenausbildungsverhältnisgesetz" zusammengefaßt.

Mit diesem heute zu beschließenden Gesetz können Frauen ab 1998 zum Bundesheer. Die Betonung liegt auf können – das hat auch schon Herr Bundesrat Liechtenstein angeführt –, weil


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hier das Prinzip der absoluten Freiwilligkeit gilt. Aus diesem Grunde kommt für mich auch kein Milizdienst für Frauen in Frage. Ich kann mich daher dem Bedauern des Herrn Bundesrates nicht anschließen.

Jene Frauen, die gerne eine militärische Ausbildung beim Bundesheer absolvieren und eine Laufbahn als Berufssoldatin einschlagen wollen, steht diese Möglichkeit ab 1. Jänner 1998 offen. Die ersten Freiwilligen werden bereits per April 1998 ihre Einberufungsbefehle erhalten.

Aufgrund einer eigenen Bestimmung im Bundesverfassungsgesetz wird das Heer einen Ausbildungsdienst schaffen, in dem sich Frauen freiwillig und mit dem jederzeit einlösbaren Recht, auszutreten, auf eine Karriere als Soldatin vorbereiten können. Die Absolventinnen werden nach einer zwölfmonatigen Ausbildung als Soldatinnen in den Bundesdienst aufgenommen werden. Ihnen werden sämtliche militärische Laufbahnen und Verwendungsprofile offenstehen. Es sollte auch sichergestellt werden, daß nur so viele Frauen ausgebildet werden, wie im Anschluß an das Ausbildungsverhältnis freie Stellen für eine Übernahme zur Verfügung stehen. Auch wird mit diesem Gesetz der Gruppe von Frauen, die bereits im Bereich der Landesverteidigung arbeiten, die Möglichkeit gegeben, beim Bundesheer Karriere zu machen. Das ist ein verständliches Anliegen und wird ihnen nun ermöglicht. Für weiblichen Zivilbedienstete wird eine Nachhollaufbahn für den erleichterten Zugang zum Soldatenberuf geschaffen.

Wichtig für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist es auch, die Frauen, die diese Laufbahn ergreifen wollen, so abzusichern, daß sie möglichst gute rechtliche und praktische Voraussetzungen haben. Wir wissen aus Erfahrung in anderen Ländern, daß Frauen der Dienst in der Armee oft sehr schwer gemacht wird. Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten hat daher mit dem Bundesminister für Landesverteidigung sehr lange und ausführliche Verhandlungen geführt. Der Verteidigungsminister ist schließlich in vielen Punkten der Argumentation der Frauenministerin gefolgt.

Das Ausbildungsverhältnis bietet soziale Absicherung, insbesondere auch im Falle der Mutterschaft. Für Militärdienst versehende Frauen besteht auch dann Mutterschutz, wenn vorher kein Dienstverhältnis bestanden hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, nicht jedoch dem Entschließungsantrag. Ich hoffe, daß durch diesen Gesetzentwurf jene Frauen, die eine Laufbahn beim Bundesheer einschlagen wollen, auch tatsächlich zum Zug kommen, daß ihre Vorstellungen, Wünsche und Hoffnungen erfüllt werden. Uns allen aber wünsche ich, daß es niemals wieder notwendig sein wird, österreichische Staatsbürger, egal ob Frau oder Mann, in einen Krieg gegen andere Menschen zu schicken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.11

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Werner Fasslabend. Ich erteile es ihm.

17.11

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte, nachdem sich die ersten drei Redner der jeweiligen Fraktionen zu Wort gemeldet haben, eine kurze Erklärung abgeben, und zwar in zweierlei Richtung.

Erstens: zum Gesetz, das es Frauen in Zukunft ermöglicht, freiwillig Dienst beim österreichischen Heer abzuleisten. Ich halte das tatsächlich für ein Ereignis, das weit über den Rahmen des Bundesheeres hinausgeht. Ich habe auch bei meinen Ausführungen im Ausschuß und im Nationalrat darauf hingewiesen, daß es genau 100 Jahre her ist, daß die erste Frau in Österreich zum Doktor der Medizin promoviert wurde und daß sie damals, obwohl sie bereits den Doktortitel der Zürcher Universität erworben hatte, alle Prüfungen noch einmal ablegen mußte, weil man es ihr schwermachen wollte beziehungsweise ihr nicht zugetraut wurde, daß eine Frau eine derartige Funktion tatsächlich einnehmen könnte.

Ich sage folgendes hier noch einmal: All das, was ich im Zuge der Diskussionen zum Thema Frauen zum Heer erlebt habe, hat mich sehr an früher geführte Diskussionen erinnert. In Wirk


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lichkeit muß man dazu sagen: Die Situation ist nur für uns in Österreich neu. In den meisten westeuropäischen Ländern, ja sogar in östlichen Ländern und in Entwicklungsländern ist es ganz normaler Standard, daß man auch Frauen, die es wollen und können, den Zutritt zum Heer ermöglicht.

Ich habe das auch in vielen anderen Funktionen miterlebt, und ich bin stolz darauf, daß es immer wieder gelungen ist, Schritte für Frauen zu setzen, egal ob es Grete Rehor als erste Ministerin, Marga Hubinek als erstes Mitglied des Nationalratspräsidiums oder auch Waltraud Klasnic als Landeshauptfrau in der Steiermark oder eben viele andere Frauen in ganz entscheidenden Positionen waren. Es wurde immer in Frage gestellt, ob sich das mit dem Beruf und dem Wesen einer Frau vereinbaren läßt, ob das überhaupt notwendig ist und ob das eigentlich nicht nur dazu führen wird, daß die Frau ihre Familie vernachlässigen wird oder was auch immer. Das ist heute keine Frage mehr.

Es ist eine Tatsache, daß es sich hier nicht um Zehntausende Frauen handelt, die in Zukunft zum Heer gehen werden, genauso wie es nicht Zehntausende sind, die den Beruf einer Politikerin ergreifen oder auch nicht Zehntausende, die Ärztinnen werden, sondern es ist nur eine begrenzte Anzahl. Es werden auch nicht alle Doktor der Medizin. Ebenso wird es auch eine begrenzte Anzahl von Frauen sein, die zum österreichischen Heer gehen und dort eine Berufskarriere machen wird.

Ich freue mich darüber, weil das meiner Meinung nach einer der letzten Bereiche ist, in den Frauen, die durchaus das Zeug dazu haben und wobei wir auch aus internationaler Erfahrung wissen, daß es funktioniert, bisher zu gehen gehindert wurden. Ich würde das überhaupt nicht überschätzen, sondern man muß davon ausgehen, daß es auch in Zukunft wahrscheinlich nur eine begrenzte Zahl von Frauen sein wird.

Daß darüber hinaus auch das Heer davon profitieren wird, daß es im militärischen Dienst Frauen gibt, weiß man aus vielen Beispielen aus anderen Armeen. Ich freue mich daher darüber, weil ich meine, daß mit diesem Gesetzentwurf ein weiterer Meilenstein auf dem Weg, nicht nur der Gleichberechtigung, sondern auch einer offenen Gesellschaft entstanden ist, der es eben Frauen ermöglicht, nach Wissen und Können und nicht nach bestimmten Einordnungen in Zukunft eine Berufskarriere machen zu können.

Gleichzeitig möchte ich noch sagen, daß es offensichtlich noch immer Vorurteile gibt, denn es wird nach wie vor mit einer Fülle von Behauptungen eine Situation erzeugt, in der man teils in die eine, teils in die andere Richtung geht. Es wird zum Beispiel nachdrücklich – auch in dieser Diskussion – die Behauptung aufgestellt, es gebe eine Anstellungsgarantie für Frauen. Es möge mir nur einer der Herren oder eine oder Damen, die das behaupten, zeigen, wo das steht. Das ist kompletter Unsinn. Frauen sind den Männern selbstverständlich völlig gleichgestellt, haben keine Vorrechte in irgendeiner Hinsicht, haben keine Rechte, die sich besonders für sie ergeben, soweit sie sich nicht aus der Unterschiedlichkeit des Dienstverhältnisses oder anderer gesetzlicher Normen wie des Gleichbehandlungsgesetzes ergeben. Was sollte anders sein?

Frauen können daher genauso, wie Männer, wie Berufssoldaten es können, ihren Beruf freiwillig antreten und beenden. Falls heute der Herr Generaltruppeninspektor erklären sollte, daß er seinen Dienst freiwillig beenden will, kann ihn niemand daran hindern. In derselben Weise kann das bei einer Frau, die Offizierin oder Unteroffizierin ist, in Zukunft niemand tun. Es stellt sich auch nicht die Frage, ob es einen Einsatz gibt oder nicht. Das ist in fast allen Armeen der Welt so geregelt, genauso auch bei der Polizei oder der Gendarmerie. Es gibt überhaupt keinen Grund, nun anzunehmen, daß es ein Vorrecht für Frauen geben sollte.

Es gibt nur einen Unterschied – das kann man durchaus sagen –: Frauen haben noch nicht die Möglichkeit, zur Miliz zu gehen. Ich persönlich bedauere das. Ich halte das aber angesichts des großen Schrittes, der nun gemacht wird, auch nicht für so ausschlaggebend. Jetzt wird dieser ganz große Schritt gemacht, und die Praxis wird sehr bald über die Vorbehalte, die es in diesem Bereich gibt – nach meiner Ansicht –, hinwegschreiten, wenn es nämlich ganz selbstverständlich geworden ist, daß Frauen beim Heer sind. Wenn einmal die ersten Frauen ihren Ausbildungsdienst absolviert haben werden, wird auch das kein besonderes Thema mehr sein. Dann wird


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man ihnen auch diesen Zugang nicht mehr verwehren. Warum sollte man es auch tun? – Sie werden damit die Möglichkeit haben, auch dann, wenn sie nicht im Aktivstand sind, sich nicht nur weiterzubilden, sondern in ihren Funktionen weiterzurücken und in weiterer Folge, wenn sie wieder Zeit, Lust und Liebe haben, wieder einzutreten und in eine höhere Funktion zurückzukehren.

Ich bin völlig sicher, daß sich diese Frage innerhalb allerkürzester Zeit erledigen wird. Ich bin auch völlig sicher, daß ebenso wie in anderen Armeen Frauen im österreichischen Bundesheer "ihren Mann stehen" werden, weil ich gesehen habe, daß sich Frauen nicht nur in Staaten, in denen Funktionen für sie beschränkt sind – es gibt viele Staaten, die Frauen grundsätzlich zugelassen haben, aber nur zu bestimmten Bereichen –, sondern dort, wo sie in eher atypischen Bereichen Dienst versehen, durchzusetzen verstehen.

Natürlich muß man von vornherein einmal feststellen – es ist geradezu grotesk –, daß beim Bundesheer insgesamt 3 000 Frauen arbeiten. Die gesamte Verwaltung wird von Frauen dominiert. Sie haben zwar die Möglichkeit, im Bürobereich tätig zu sein, aber sie hatten nicht die Möglichkeit, Sanitätsdienst zu leisten oder etwa im Fernmeldebereich – einem typischen Bereich, der üblicherweise zu 80, 90 Prozent von Frauen besetzt ist – im militärischen Bereich zu arbeiten. Ich sehe einfach nicht ein, warum es diese Möglichkeit nicht geben sollte.

Wenn aber unabhängig davon eine Frau Hubschrauberpilotin werden will, frage ich mich, warum sie es nicht werden sollte. Ich habe selbst gesehen, wie Frauen in der amerikanischen Armee Einsätze mit Kampfjets fliegen et cetera. Warum nicht? – Wenn eine Frau das möchte, das entsprechende Können und die körperlichen und geistigen Fähigkeiten und auch die entsprechende Ausbildung dazu hat: Warum sollte diese Möglichkeit einer Frau verwehrt sein? Gibt es tatsächlich noch Schranken, die man einer Frau in der Berufsausübung aufgrund ihres Geschlechtes auferlegen möchte? – Ich meine, die österreichischen Frauen sind so mündig geworden, daß sie auch die letzten Reste an Vorbehalten entsprechend überwinden werden.

Zweiter Punkt: Es liegt ein Entschließungsantrag, der von Herrn Bundesrat Bösch eingebracht wurde, vor, der sich weniger auf die zukünftige Situation der Frauen im Heer im entsprechenden Gesetzentwurf bezieht, sondern auf Fragen der Heeresorganisation, die damit zusammenhängen. Ich möchte dazu in aller Deutlichkeit folgendes sagen: Es kommen in diesem Entschließungsantrag einige Dinge zum Ausdruck, und zwar ist es unter anderem die Frage, daß es in Zukunft aufgrund der neuen Heeresorganisation in Katastrophenfällen schwieriger sein könnte, das Heer einzusetzen, als bisher.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Warum? – Weil wir in Zukunft auch im infanteristischen Bereich eine teilpräsente Organisationsform und damit die Möglichkeit eines sofortigen, rasch wirksamen, effizienten Einsatzes unter einer effizienten Führung haben und das erstmals im Brigaderahmen erbringen werden können. Dies ist ein ganz großer Fortschritt, genauso wie es in der Vergangenheit einer war, nach all den Diskussionen, die geführt wurden, als man von den Landwehrstammregimentern zu den Jägerregimenten übergegangen ist. Es gibt heute niemanden im Bundesheer, der das nicht als ganz großen Fortschritt erkannt hätte. Der logische Fortsetzungsschritt dafür ist es, die Gliederung – bereits in der Friedensorganisation – in teilpräsente, infanteristische, das heißt, Jägerbrigaden vorzunehmen. Dieses Ziel werden wir nicht nur anstreben, sondern dessen Umsetzung auch durchführen. Das wird auch zur Folge haben, daß wir eben gerade bei der Bewältigung von Krisen oder Katastrophen noch effizienter vorgehen können, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Es stellt sich weiters die Frage des Mobilmachungsrahmens. Ich möchte auch dazu ganz deutlich folgendes sagen: Wir sind bei der Heeresgliederung-Neu die ersten in Europa gewesen, die diesen Schritt damals gesetzt haben. Erinnern Sie sich nur an die Diskussionen zurück, was damals alles behauptet wurde, was die Konsequenz daraus wäre. In der Zwischenzeit haben alle anderen denselben Schritt unternommen, das heißt, deutliche Reduktionen des Mobilmachungsrahmen vorgenommen. Egal, wohin Sie blicken, werden Sie die gleiche Tendenz erkennen. Selbstverständlich werden wir den Schritt, den wir nun vorhaben, in enger Abstimmung zu den Erfordernissen machen; daher haben wir auch einen entsprechend großen


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Rahmen vorgesehen, der nicht zu groß oder zu klein sein soll, sondern dem angepaßt sein soll, was wir in Zukunft benötigen werden.

Die dritte Sache, die angesprochen wurde, ist, daß man Bedenken berücksichtigen sollte. Selbstverständlich! Daher habe ich – eigentlich ungewöhnlich für eine derartige Vorgangsweise – nicht nur aufbauend auf einem Vorschlag der Generalstabsabteilungen ein Konzept erstellen lassen, sondern auch die Korps- und Militärkommandanten in diesen Prozeß miteinbezogen, damit sie ihre Vorstellungen aus der Kenntnis der Organisation und auch der regionalen Gegebenheiten heraus einbringen können. Diese Vorgangsweise ist im militärischen Bereich durchaus nicht immer üblich. Sie ist umständlicher und schwieriger. Aber ich meine, daß sie grundsätzlich zu einer wesentlich besseren Lösung führen wird.

Selbstverständlich werde ich auch alle Bedenken, die von Landesregierungen, Landeshauptleuten und Bürgermeistern eingebracht werden, nicht nur ernst nehmen, sondern sie auch berücksichtigen. Wenn man sich den heutigen Zwischenstand in der Planung anschaut, kann man feststellen, die Situation hat sich im Gegensatz zu den ursprünglichen Entwürfen der Generalstabsgruppe A schon wesentlich verändert; ganz egal, ob es die Zusammensetzungen, die Standorte oder andere Bereiche betrifft. Es sind selbstverständlich nicht nur rein militärische Erfordernisse, sondern natürlich auch regionale Gegebenheiten miteinzubeziehen. Sie können sicher sein, daß ich es mir nicht nur einmal, zweimal oder dreimal, sondern hundertmal überlege, bevor ich eine Garnison in einer unmittelbaren Grenzregion oder in einer Region, in der es enorme Beschäftigungsprobleme gibt, auflöse und auf das Spiel setze. Selbstverständlich sind für mich auch der regionale Effekt und die regionale Auswirkung ganz bedeutend, und das berücksichtige ich auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen zu diesem Thema sagen, daß ich selbstverständlich auch mit allen Landeshauptleuten, bevor es von meiner Seite zu einer Vorlage dieses Konzeptes im Landesverteidigungsrat kommen wird, nicht nur Gespräche führen, sondern eine Abstimmung durchführen werde, die größtmögliche Übereinstimmung in den Absichten bringen soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte dazu noch sagen, daß es natürlich so sein wird, denn wenn ich alle Betroffenen frage, kann ich eines mit Sicherheit sagen, daß ich immer auf die gleiche Reaktion treffe. Jeder sagt mir: Es gibt nur Traditionskasernen, die man auf keinen Fall in Frage stellen kann, und es gibt nur Traditionsregimenter, die man auf keinen Fall verändern darf. – Ich sage nur folgendes dazu: Auf diese Art und Weise könnten wir nie eine Anpassung an die jeweils erforderlichen Gegebenheiten durchführen. Das richtige Augenmaß ist wichtig. Da kann ich Ihnen versichern, daß ich die regionalen Bedenken – beginnend bei jedem einzelnen Bürgermeister bis hin zu den entsprechenden Organisationen – mitberücksichtigen werde.

Ich habe es heute schon gesagt: Ich habe auf diesem Gebiet durchaus bereits persönliche Erfahrung, welche Bedenken vorgebracht werden. Vielleicht nur nebenbei: Natürlich gibt es auch Bürgermeister, die mir anhand des Standortes ihrer jeweiligen Kaserne die gesamte Heeresgliederung am besten erklären könnten, wie die Umgliederung eigentlich zu machen sei. Ich versuche dann darauf hinzuweisen, daß es möglicherweise doch noch einige Spezialisten gibt, die ein bißchen mehr mit der Materie vertraut sein könnten und daß es vielleicht noch einige andere Aspekte außer den regionalen gibt. Ich kann Ihnen sagen, es ist nicht immer leicht, meine Vorstellungen durchzubringen. Aber meisten stelle ich fest, daß von diesen doch eine entsprechende Wirkung ausgeht.

Insoferne kann ich Ihnen folgendes sagen: Ich habe bei meiner ersten Umgliederung feststellen können, daß das Ergebnis nicht nur akzeptiert worden ist, sondern daß innerhalb kürzester Zeit eine hohe Identifikation, auch aller Betroffenen, stattgefunden hat. Genauso wird es auch diesmal sein. Daß vorweg jeder, der betroffen ist, natürlich sagt, daß er am liebsten keine Änderung hätte, spielt sich auch in einem bestimmten Rhythmus ab. Zuerst kommen die Leute zu mir und sagen: Na ja, etwas muß man schon tun. Wann werden Sie denn etwas tun? Am gescheitesten wäre es, dies einfach anzugehen et cetera. – Wenn ich dann darauf erwidere: Laßt euch Zeit! Ihr werdet schon sehen, wenn es so weit ist, dann kommt ihr mit Sicherheit zu mir und sagt: Ja aber so hätten wir es doch nicht gerne gehabt, sondern da wäre uns ein anderer Weg lieber gewesen. – Das spielt sich immer auf die gleiche Art und Weise ab.


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Ich kann nur sagen, daß ich schon viele Abstimmungsgespräche geführt habe. Ich werde nach den Gesprächen mit den Regierungsparteien, auch unter Einbeziehung der Opposition und selbstverständlich aller einzelnen Bundesländer, einen sehr sorgfältig erstellten Entwurf vorlegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen weiteren Punkt möchte ich auch noch ansprechen, weil er mir ganz wichtig erscheint. Mit der Gesetzesvorlage ist nicht nur der freiwillige Zugang von Frauen zum Heer, sondern auch eine Regelung für die Piloten verbunden. Das ist zweifellos eine ganz wichtige Maßnahme, weil die Erstellung der Voraussetzungen für eine entsprechende Ausbildung und auch eine entsprechende Bezahlung von hochqualifizierten Personen eine unabdingbare Voraussetzung für die Luftraumverteidigung in Österreich ist. Daß gerade der Luftraum immer höhere Bedeutung erlangt, kann man an der internationalen Entwicklung unschwer absehen. Daher hat dieser Gesetzentwurf große Bedeutung für die Zukunft des Heeres.

Es geht darum, daß wir in Zukunft die personellen Ressourcen, die personellen Grundlagen für einen weiteren Ausbau unserer Luftraumverteidigung als Schlüsselelement der Verteidigung gewährleisten können. – In diesem Sinne ersuche ich Sie alle um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

17.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Helena Ramsbacher das Wort. – Bitte.

17.31

Bundesrätin Helena Ramsbacher (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frauen zum Heer. – Durch das gegenständliche Gesetz soll den Frauen der freiwillige Zugang zum Bundesheer ermöglicht werden. Prinzipiell ist das einmal ein sehr positives Signal, nämlich in Richtung einer geschlechtsneutralen Behandlung von Mann und Frau und einer Gleichheit. Jede Frau, die den Wunsch hat, ihre Karriereleiter im Bundesheer zu erklimmen, soll also die Möglichkeit haben, sich das selbst auszusuchen.

Allerdings muß es dann auch eine völlige Gleichbehandlung von Mann und Frau geben. Dies ist aber aufgrund des Gleichbehandlungsgesetzes und dem 40 : 60-Schlüssel einfach nicht gegeben, und somit sind die Frauen dann bevorzugt.

Wir Frauen wollen aber keine Sonderbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung. Ich habe das auch schon vor zwei Tagen zum Nachtsarbeitsgesetz gesagt. Rechte und Pflichten und die völlige Gleichstellung der weiblichen und männlichen Soldaten – das ist natürlich auch der Freiwilligendienst im Heer bei der Miliz – sind eine Grundvoraussetzung zum Gelingen dieser Aktion "Frauen beim Heer". Ich selbst war übrigens im Rahmen einer parlamentarischen Aktion im Juni zwei Tage beim Bundesheer, und zwar in der Kaserne Mautern. Herr Minister! Ich bedanke mich bei Ihnen persönlich für die Möglichkeit – für mich als Frau –, einmal ein Kasernenleben von innen zu erleben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Auch wenn ich als Frau niemals zum Bundesheer gehen werde und froh bin, daß es freiwillig ist, hat es mir doch sehr viel Einblick gegeben. Ich bin auch sehr froh, daß ich meinem Sohn in Zukunft sagen oder ihn diesbezüglich auch beraten kann, wie eine Bundesheerkaserne von innen ausschaut.

Alle Frauen, die zum Heer gehen wollen, sollen die Möglichkeit dazu haben. Allerdings muß ich sagen, es muß einfach sein, daß die Frauen nicht den Männern bevorzugt werden. Aufgrund dieser nicht vorhandenen Gleichbehandlung von Mann und Frau werden wir von der Freiheitlichen Partei dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung nicht geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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17.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Erhard Meier. Ich erteile ihm das Wort.

17.33

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ; Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um zu erklären, warum ich diesem Gesetz nicht zustimmen werde, und zwar wegen des Passus "Frauen als Soldatinnen". Ich tue dies aus innerer Überzeugung. Ich bin jenen Frauen nicht gram, die diese Ausbildung und diesen Weg nützen. Ich bin für die Landesverteidigung, ich habe auch meinen Präsenzdienst abgeleistet. Es geht mir in erster Linie auch nicht um die Gleichstellung; diese ist ohnehin in dieser Form noch nicht gegeben, sowohl was Frauen gegenüber Männern betrifft, wahrscheinlich auch nicht zur Gänze, was Männer gegenüber Frauen betrifft.

Das ist nicht der Hauptpunkt, obwohl ich meine, wenn man für die Gleichberechtigung der Frau ist, dann gibt es noch viele andere offene Fragen, die wir auch und zuerst zu erledigen haben, um den Frauen beruflich und überall die völlige Gleichstellung zu ermöglichen. Ich schicke das deshalb einleitend voraus, weil diese Gleichstellung für mich nicht das erste Problem ist, warum ich dagegen stimme.

Das viel Wichtigere scheint mir zu sein, daß wir überall auf dieser Welt, in allen Staaten und auch bei uns, danach trachten müssen, Kriegsgefahren zu vermindern und überall weniger Soldaten und Soldatinnen zu haben. Ich weiß nun, meine Damen und Herren – auch aus dem Sicherheitsbedürfnis heraus, das wir alle haben –, daß noch sehr viel Vision und Illusion dabei enthalten ist. Ich möchte aber ersuchen, daß man jene Menschen – ich bin sicherlich nicht alleine dieser Ansicht, ich weiß das – nicht als Utopisten oder gar als Rückschrittliche bezeichnet, die meinen, daß man versuchen sollte, die Anzahl der Soldaten und Soldatinnen zu reduzieren und dadurch dort, wo wie in Österreich den Frauen der Zugang zum Bundesheer als Soldatin – nicht in der Verwaltung – nicht möglich war, dies nicht einzuführen.

Es wurden Staaten aufgezählt, in denen Frauen als Soldatinnen tätig sind. Meine Damen und Herren! Wenn Israel erwähnt wurde, so muß man doch sagen, das ist ein bis auf die Zähne bewaffnetes Gebiet – aufgrund von Situationen, die noch lange nicht überwunden sein werden. Ich bin für den gegenteiligen Weg, nämlich für das Vermindern von diesem schrecklichen Dienst mit der Waffe, vor allem im Ernstfall, den niemand will. In Zeiten des Friedens hätte ich überhaupt nichts dagegen, wenn wir alle Soldaten wären.

Aber ich meine, daß es im Hinblick darauf, was ich gerade beschrieben habe, wichtig wäre, die Frauen zuerst in allen anderen Dingen gleichberechtigt werden zu lassen, bevor wir ihnen die Ausbildung mit der Waffe ermöglichen und sie zu Soldatinnen machen. Das ist mein Grund, warum ich aus Überzeugung meine, daß wir diesen Schritt in Österreich nicht setzen sollten, und warum ich dagegenstimmen werde, daß Frauen in Österreich Soldatinnen werden können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.37

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel das Wort. – Bitte.

17.37

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Zwei generelle Feststellungen in Ihren Ausführungen bewegen mich, daß ich mich jetzt zu Wort melde: erstens Ihre Relativierung unseres Entschließungsantrages und zweitens, weil Sie über die Heeresgliederung-Neu so sprechen, als ob Sie schon bereits im Laufen wäre.

Zum ersteren: Der Bundesrat ist ein föderalistisches Organ und den Landtagen mitverantwortlich, daß föderalistische Aufgaben umgesetzt werden. Sie wissen, Herr Bundesminister – vielleicht wissen Sie es auch noch nicht –, daß der Niederösterreichische Landtag heute einen einstimmigen Beschluß zu den Kasernenstandorten gefaßt hat. Herr Bundesminister! Sie wissen, daß ein solcher einstimmiger Beschluß im Landtag in der Steiermark gefaßt wurde. Sie wissen, Herr Bundesminister, daß ein solcher Beschluß von Vorarlberg existiert. Sie wissen, Herr Bundesminister, daß ein solcher Beschluß von Oberösterreich existiert. Die Salzburger Landesregierung hat einen ebensolchen einstimmigen Beschluß gefaßt.


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Ich darf vor allem die steirischen Kollegen darauf aufmerksam machen, weil ich mich – ich nehme an, die anderen Kollegen sicher auch – dem Landtag mitverbunden fühle, ohne daß wir vom Landtag Weisungen erhalten können. Ich werde heute in dieser Causa, also zum Entschließungsantrag, eine namentliche Abstimmung verlangen und den Herrn Präsidenten zum Schluß meiner Wortmeldung ersuchen, die entsprechende Unterstützungsfrage zu stellen.

Herr Bundesminister! Der zweite Grund, warum ich mich zu Wort melde, ist die Frage der Heeresgliederung-Neu: Kürzlich tagte der Landesverteidigungsrat, und es liegt mir eine Aussendung der APA vor, die lautet:

Diskussionsauftakt für die neue Heeresgliederung. Noch keine Entscheidung gefallen, auch nicht bei den Beschaffungsvorhaben. In der Frage der Adaptierung der Heeresgliederung-Neu ist trotz der Aufregung der vergangenen Wochen noch nichts entschieden.

Der Diskussionsprozeß hat erst begonnen, das gab Bundeskanzler Viktor Klima am Donnerstag nachmittag nach dem Landesverteidigungsrat als Ergebnis der Beratungen bekannt. Die Entscheidungen betreffend die Neugliederungen des Bundesheeres werden nun im Verteidigungsressort sorgfältig für die Beschlußfassung im Landesverteidigungsrat und im Ministerrat vorbereitet, sagte Klima.

Die Entscheidung über neue Abfangjäger – ich habe Sie seinerzeit auch dazu um den Zeitplan befragt – als Drakennachfolge stehe zurzeit nicht an. Verteidigungsminister Werner Fasslabend betonte, der Startschuß für die Planung sei erfolgt. Er hofft, in zügigen Verhandlungen einen breiten Konsens zu erzielen, zwei Runden hätten bereits stattgefunden, weitere Termine seien für unmittelbar nach Weihnachten vereinbart. 

Der SPÖ-Wehrsprecher Anton Gaál meinte dazu, es sei ebenfalls noch zu früh für eine Entscheidung, Fasslabends Vorschläge seien im Grundsatz der richtige Weg, im Detail sehe er aber falsche Weichenstellungen, die wir jetzt in den Verhandlungen korrigieren werden. Einer konstruktiven Zusammenarbeit stehe jetzt nichts mehr im Wege.

Wichtiges Detail am Rande, meine Damen und Herren, ist, daß über die wichtigen Beschaffungsvorhaben des Bundesheeres überhaupt noch kein Konsens erzielt wurde. Die Finanzierung hängt noch völlig in der Luft, ein Zeitplan dazu ist nicht vorhanden. Ich betone das, weil über die Heeresgliederung-Neu so gesprochen wird, als ob sie schon im Laufen wäre beziehungsweise knapp vor der Realisierung stünde. Ich würde Sie höflich ersuchen, Herr Minister, entweder diese APA-Aussendung zu bestätigen oder festzuhalten, daß dem nicht so.

Herr Präsident! Abschließend darf ich ersuchen, über den freiheitlichen Entschließungsantrag, den Kollege Bösch eingebracht hat, eine namentliche Abstimmung durchführen zu lassen und die diesbezügliche Unterstützungsfrage zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42

Vizepräsident Jürgen Weiss: Für das vom Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel gestellte Verlangen auf namentliche Abstimmung ist die Unterstützung von insgesamt fünf Bundesräten erforderlich.

Ich stelle nun die Frage, wer dieses Verlangen unterstützt, und bitte jene, die dem beitrete wollen, um ein Handzeichen. – Ich stelle fest, das Verlangen auf namentliche Abstimmung ist ausreichend unterstützt.

Als nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.

17.43

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hoher Bundesrat! Für uns Vorarlberger Bundesräte wäre das Anliegen des Entschließungsantrages des Dr. Bösch beziehungsweise der Freiheitlichen eventuell unterstützenswert gewesen. Bundesminister Dr. Fasslabend hat jedoch jetzt in seiner Antwort klargestellt, daß er diese Anliegen teilweise bereits praktiziert und es als selbstverständlich erachtet, diese


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Anliegen zu berücksichtigen. Ich vertraue auf das Wort des Bundesministers, und daher ist dieser Entschließungsantrag nicht mehr notwendig und überflüssig. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist jedoch bezeichnend, daß Bundesrat Dr. Bösch die Antwort des Ministers auf seinen eigenen Entschließungsantrag nicht mehr abgewartet hat und im Saal nicht anwesend ist und daher bei seinem eigenen Entschließungsantrag praktisch auch nicht mitstimmt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Hört! Hört!)

17.44

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte zunächst jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Neugliederung des Bundesheeres vor.

Ich lasse über den Antrag betreffend Neugliederung des Bundesheeres abstimmen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen auf Stellung der Unterstützungsfrage von mehr als fünf Bundesräten unterstützt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Markowitsch und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet. Ich unterbreche kurz zur Auszählung der Stimmen.

(Die Sitzung wird um 17.49 Uhr unterbrochen und um 17.50 Uhr wiederaufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Auf den Antrag entfielen 11 "Ja"- und 30 "Nein"-Stimmen. Der Antrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Dr. Böhm;

Eisl;

Mag. Gudenus;


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Dr. Harring, Haunschmid;

DDr. Königshofer;

Mühlwerth;

Dr. Riess-Passer;

Mag. Scherb;

Dr. Tremmel;

Waldhäusl.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte (laut namentlicher Abstimmungsliste 31 "Nein"-Stimmen):

Bieringer;

Crepaz;

Drochter;

Farthofer, Fischer;

Giesinger, Ing. Grasberger;

Hager Karl, Haselbach, Mag. Himmer, Dr. Hummer;

Jaud;

Dr. Kaufmann, Konečny;

Dr. Ludwig, Lukasser;

Markowitsch, Dr. h. c. Mautner Markhof, Meier;

Ing. Polleruhs, Prähauser, Pühringer;

Rauchenberger;

Schaufler, Schicker, Schöls;

Vindl;

Weiss, Mag. Wilfing, Winter, Wolfinger.

*****

17. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1998

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung: Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie von zwei Schriftführern und drei Ordnern für das 1. Halbjahr 1998.

Mit 1. Jänner 1998 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Bundesland Salzburg über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Ludwig Bieringer.


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Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Bevor ich in den Wahlvorgang selbst eingehe, halte ich fest, daß der Bundesrat gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates anläßlich jedes Wechsels im Vorsitz gemäß Abs. 1 aus seiner Mitte zwei Vizepräsidenten zu wählen hat.

Die Wahlen sind nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes, d’Hondtsches Verfahren, mit der Maßgabe durchzuführen, daß der erstgewählte Vizepräsident nicht der Fraktion des Präsidenten angehören darf.

Die Grundprinzipien der Bundesverfassung sowie der Geschäftsordnung des Bundesrates, aber auch die sich damit befassende Literatur gehen bei der Wahl dieser Funktionäre von einer klaren Zweiteilung aus.

Zunächst wird bei der Bestimmung des Präsidenten das föderalistische Grundprinzip unserer Verfassung zum Ausdruck gebracht, indem der Vorsitz halbjährlich zwischen den Ländern, unabhängig von deren Größe, wechselt.

Völlig getrennt davon wird die politische Kontinuität in der Leitung des Bundesrates durch die Vizepräsidenten verwirklicht, welche nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts, also nach der Stärke der Fraktionen zu wählen sind.

Die Interpretation der gegenständlichen Bestimmungen ergibt klar, daß ein Vorschlagsrecht für die Vizepräsidenten den beiden stärksten Fraktionen im Bundesrat zukommt. Darüber hinaus hat der Geschäftsordnungsgesetzgeber eine Spezialbestimmung in die Richtung geschaffen, daß der erstgewählte Vizepräsident nicht von jener Fraktion gestellt werden soll, welcher der Präsident angehört. Diesbezüglich wurde eine klare Stellvertretungsregelung in die Richtung normiert, daß der Präsident nicht durch den Vizepräsidenten derselben Fraktion vertreten werden soll, sondern von jenem Vizepräsidenten, den die andere der beiden stärksten Fraktionen stellt.

Weiters sieht § 56 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, daß diesbezügliche Wahlvorschläge zu ihrer Gültigkeit der Unterstützung von mehr als der Hälfte der Bundesräte, denen ein Vorschlagsrecht zukommt, unterfertigt werden müssen.

All dies bedeutet, daß der Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für den ersten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1998 sowie jener der ÖVP-Fraktion für den zweiten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1998 den Bestimmungen der Geschäftsordnung genügen und daher zur Wahl zu stellen sind.

Der Wahlvorschlag der Freiheitlichen – dies ist die drittstärkste Fraktion des Bundesrates – ist jedoch als nicht den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend zurückzuweisen.

Ich werde daher den Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für den ersten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1998 sowie jenen der ÖVP-Fraktion für den zweiten Vizepräsidenten für das erste Halbjahr 1998 zur Abstimmung bringen.

Wahl der Vizepräsidenten

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gehe nunmehr in den Wahlvorgang selbst ein.

Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wird die Durchführung der Wahl mittels Stimmzettel gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlags


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recht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Frau Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Vorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall. – Präsident Dr. Hummer übernimmt den Vorsitz.)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.


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Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Schriftführer

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir kommen nun zur Wahl der beiden Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen Helga Markowitsch und Ilse Giesinger für das erste Halbjahr 1998 zu Schriftführerinnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Es wird kein Einwand erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Bundesrätin Helga Markowitsch (SPÖ, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl gerne an.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen.

Wahl der Ordner

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir kommen nunmehr zur Wahl der drei Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesräte Engelbert Schaufler, Erhard Meier und Andreas Eisl für das erste Halbjahr 1998 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Ein Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Herr Engelbert Schaufler.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen.

Präsident Dr. Günther Hummer: Herr Bundesrat Erhard Meier.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Ich nehme die Wahl an.

Präsident Dr. Günther Hummer: Bundesrat Andreas Eisl.

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Ich danke und nehme die Wahl an.

Präsident Dr. Günther Hummer: Die Tagesordnung ist somit erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung insgesamt eine Anfrage eingebracht wurde.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 15. Jänner 1998, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen neben den bereits in der letzten Sitzung erwähnten Beschlüssen des Nationalrates der Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, der Sicherheitsbericht 1996, der Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich und der 13. Sportbericht 1996 des Bundeskanzlers in Betracht.

Die Ausschußvorberatungen sind für Dienstag, den 13. Jänner 1998, ab 14 Uhr vorgesehen.

Ich wünsche allen Damen und Herren des Bundesrates noch gesegnete Weihnachten, einige erholsame Tage im Kreise ihrer Lieben und ein gutes, erfolgreiches Jahr 1998! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 17.59 Uhr