Stenographisches Protokoll

653. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 15. April 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

653. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 15. April 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 15. April 1999: 9.02 – 19.14 Uhr

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Tagesordnung

1. Wahl eines Schriftführers für den Rest des 1. Halbjahres 1999

2. Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden

3. Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden

4. Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG)

5. Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird

6. Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank

7. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

8. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll

9. Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen

10. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit

11. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 2

12. Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich

13. Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999)

14. Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999)

15. Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2

16. Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang

17. Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich

18. Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG)

19. Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird

20. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994

21. Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel samt Anlagen

22. Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat 11

Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat 11


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 3

Angelobung der Bundesräte Gottfried Jaud, Georg Keuschnigg, Klaus Gasteiger, Wilhelm Grissemann, Maria Grander, Ing. Kurt Scheuch, Mag. Christof Neuner, Mag. Harald Repar, Mag. Melitta Trunk und Ing. Franz Gruber 13

Antrag auf Durchführung einer Debatte über Antrag auf Abhaltung einer Enquete

Dr. Reinhard Eugen Bösch 41

Annahme 42

Debatte:

Jürgen Weiss 42

Dr. Reinhard Eugen Bösch 43

Stefan Prähauser 44

Dr. Paul Tremmel 44

Antrag, den Selbständigen Antrag 115/A ohne Vorberatung durch einen Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen 42

Ablehnung 45

Wahl eines Schriftführers für den Rest des 1. Halbjahres 1999 45

Unterbrechungen 109 und 115

Personalien

Entschuldigungen 11

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 41

Ausschüsse

Zuweisungen 41

Fragestunde

Bundesministerium für Finanzen 13

Johann Ledolter (1020/M-BR/99); Mag. Günther Leichtfried, Mag. Walter Scherb

Dr. Michael Ludwig (1027/M-BR/99); Dr. André d'Aron, Dr. Vincenz Liechtenstein

Engelbert Weilharter (1033/M-BR/99); Aloisia Fischer, Erich Farthofer

Mag. Michael Strugl (1021/M-BR/99); Ferdinand Gstöttner, Dr. Paul Tremmel

Erhard Meier (1028/M-BR/99); Mag. Walter Scherb, Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Friedrich Hensler (1022/M-BR/99); Karl Drochter, Monika Mühlwerth

Monika Mühlwerth (1034/M-BR/99); Dr. Milan Linzer, Erhard Meier

Johann Grillenberger (1029/M-BR/99); Andreas Eisl, Dr. Ferdinand Maier


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 4

Dr. Milan Linzer (1023/M-BR/99); Stefan Prähauser, Engelbert Weilharter

Horst Freiberger (1030/M-BR/99); Mag. John Gudenus, Engelbert Schaufler

Dr. Vincenz Liechtenstein (1024/M-BR/99); Johann Grillenberger, Dr. Paul Tremmel

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Paul Tremmel, Dr. André d'Aron, Engelbert Weilharter, Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend rot-schwarzer Postenschacher (1600/J-BR/99)

Begründung: Dr. Reinhard Eugen Bösch 109

Beantwortung: Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 111

Redner:

Dr. Paul Tremmel 113

Dr. Reinhard Eugen Bösch (zur Geschäftsbehandlung) 115

Albrecht Konecny (zur Geschäftsbehandlung) 115

und 115

Dr. Milan Linzer 119

Dr. André d'Aron 120

Engelbert Weilharter 121

Monika Mühlwerth 124

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Paul Tremmel und Kollegen betreffend Abhaltung einer Anhörung durch das Parlament für österreichische Vertreter in der EU 114

Ablehnung 126

Verhandlungen

(2) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden (1614 und 1672/NR sowie 5899 und 5902/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Harald Repar 46

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d'Aron 46

Dr. Ferdinand Maier 47

Stefan Prähauser 48

Engelbert Weilharter 49

Mag. Walter Scherb 51

Bundesminister Rudolf Edlinger 52

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 53

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-


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653. Sitzung / Seite 5

BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden (1574 und 1662/NR sowie 5900 und 5903/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) (1632 und 1663/NR sowie 5901 und 5904/BR d. B.)

(5) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird (1664/NR sowie 5905/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 54

[Antrag, zu (3), (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Paul Tremmel 56

Dr. Vincenz Liechtenstein 59

Mag. Harald Repar 59

Mag. John Gudenus 60

Horst Freiberger 62

Bundesminister Rudolf Edlinger 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3), (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 65

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Paul Tremmel und Kollegen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres 58

Ablehnung 66

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 66

Gemeinsame Beratung über

(6) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank (1625 und 1673/NR sowie 5906/BR d. B.)

(7) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (612 und 1667/NR sowie 5907/BR d. B.)

(8) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll (893 und 1668/NR sowie 5908/BR d. B.)

(9) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend eine Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten


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653. Sitzung / Seite 6

Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1477 und 1669/NR sowie 5909/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Harald Repar 67

[Antrag, zu (6) keinen Einspruch zu erheben, zu (7), (8) und (9) dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Redner:

Mag. John Gudenus 69

Stefan Prähauser 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (7), (8) und (9) dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 71

(10) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit (1524 und 1661/NR sowie 5910/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 72

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Engelbert Schaufler 73

Karl Drochter 74

Engelbert Weilharter 74

Bundesministerin Eleonora Hostasch 75

Andreas Eisl 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 78

(11) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1570 und 1660/NR sowie 5911/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 78

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d'Aron 78

Mag. Harald Himmer 80

Karl Drochter 81

Bundesministerin Eleonora Hostasch 83

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 85

(12) Beschluß des Nationalrates vom 25. Februar 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des


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653. Sitzung / Seite 7

Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich (1433 und 1600/NR sowie 5912/BR d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Hannes Missethon 85

(Antrag, 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ernst Winter 86

Peter Rodek 86

Dr. Paul Tremmel 88

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 88

Gemeinsame Beratung über

(13) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1638 und 1681/NR sowie 5913/BR d. B.)

(14) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1633 und 1682/NR sowie 5914/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 89

[Antrag, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Peter Böhm 90

Dr. Milan Linzer 93

Dr. Michael Ludwig 95

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 97

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (14) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 99

Gemeinsame Beratung über

(15) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K. 3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der


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653. Sitzung / Seite 8

Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 (1553 und 1677/NR sowie 5915/BR d. B.)

(16) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang (1526 und 1678/NR sowie 5916/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 100

[Antrag, zu (15) und (16) 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Ing. Peter Polleruhs 102

Johann Payer 103

Dr. Paul Tremmel 104

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (15) und (16) 1. gegen den gegenständlichen Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 105

(17) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich (1571 und 1676/NR sowie 5917/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Michael Ludwig 106

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Uta Barbara Pühringer 107

Josef Rauchenberger 108

Monika Mühlwerth 126

Stefan Prähauser 127

Thomas Ram 128

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 130

Gemeinsame Beratung über

(18) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG) (1589 und 1680/NR sowie 5918/BR d. B.)


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 9

(19) Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird (1588 und 1679/NR sowie 5919/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Michael Ludwig 130

[Antrag, zu (18) und (19) keinen Einspruch zu erheben]


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 10

Redner:

Engelbert Weilharter 131

Johann Ledolter 132

Josef Rauchenberger 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (18) und (19) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 135

(20) Beschluß des Nationalrates vom 25. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 (1654/NR sowie 5920/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. André d'Aron 136

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ferdinand Gstöttner 136

Mag. Harald Himmer 137

Ernest Windholz 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 137

(21) Beschluß des Nationalrates vom 25. März 1999 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel samt Anlagen (1389 und 1692/NR sowie 5921/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 138

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Milan Linzer 139

Johann Payer 139

Thomas Ram 140

Engelbert Schaufler 141

Mag. John Gudenus 143

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 144

(22) Beschluß des Nationalrates vom 25. März 1999 betreffend eine Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (1523 und 1693/NR sowie 5922/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 144

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Peter Rodek 145

Erhard Meier 146

Mag. John Gudenus 147

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 148

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Paul Tremmel, Dr. André d'Aron, Engelbert Weilharter, Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend rot-schwarzer Postenschacher (1600/J-BR/99)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Gottfried Jaud an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Berufsschulbesuch im benachbarten Ausland (1601/J-BR/99)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Gottfried Jaud an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Berufslehre in grenzüberschreitenden Ausbildungsverbünden (1602/J-BR/99)

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gendarmerie in Vorarlberg (1603/J-BR/99)

der Bundesräte Dr. André d'Aron, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Ulrike Haunschmid, Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Förderung des Gastgewerbes in Wien und österreichweit (1604/J-BR/99)

der Bundesräte Erhard Meier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Zulassung von nicht-führerscheinpflichtigen zweispurigen Kleinkraftfahrzeugen: Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h und Überholverbot" (1605/J-BR/99)

der Bundesräte Dr. André d'Aron, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Privatisierung der Brief- und Paketbeförderung der Post (1606/J-BR/99)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Alfred Schöls, Engelbert Schaufler, Wolfram Vindl und Kollegen (1457/AB-BR/99 zu 1571/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Dr. Reinhard Eugen Bösch (1458/AB-BR/99 zu 1576/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1459/AB-BR/99 zu 1578/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen (1460/AB-BR/99 zu 1579/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Mag. Karl Wilfing, Engelbert Schaufler, Alfred Schöls und Kollegen (1461/AB-BR/99 zu 1583/J-BR/99)


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 653. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 652. Sitzung des Bundesrates vom 26. März 1999 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Ing. Walter Grasberger, Alfred Schöls und Mag. Karl Wilfing.

Angelobungen

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt sind Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages und des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Ilse Giesinger:

"An die Parlamentsdirektion Wien

Der Tiroler Landtag hat in seiner konstituierenden Sitzung am 30. März 1999 die zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder zum Bundesrat gewählt.

Die diesbezüglichen Beschlüsse liegen dem Schreiben bei. Um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung wird gebeten.

Der Landtagspräsident

Zu Mitgliedern des Bundesrates beziehungsweise deren Ersatzmitgliedern werden gewählt:

Mitglieder:

1. Gottfried Jaud

2. Georg Keuschnigg

3. Klaus Gasteiger

4. Wilhelm Grissemann

5. Maria Grander

Ersatzmitglieder:

1. Hans Ager

2. Helmut Kritzinger

3. Mag. Verena Woditschka

4. Mag. Gilbert Trattner

5. Dr. Andreas Köll"

Das zweite Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages Dipl.-Ing. Jörg Freunschlag lautet wie folgt:

"Herrn Präsidenten des Bundesrates Gottfried Jaud


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 12

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Kärntner Landtag hat in seiner konstituierenden Sitzung der 28. Gesetzgebungsperiode am 8. April 1999 die Mitglieder des Bundesrates und ihrer Ersatzmänner gemäß Artikel 35 Abs. 1 und 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nach dem Verhältniswahlrecht gewählt.

In der Anlage übermittle ich ein Verzeichnis der Gewählten.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Mitglieder des Bundesrates und ihre Ersatzmänner vom Kärntner Landtag gewählt, Stand: 8. April 1999, 28. Gesetzgebungsperiode:

FPÖ:

1. Scheuch, Ing. Kurt (Erstgenannter), geb. 1.12.1967, Land-/Forstwirt, 9814 Mühldorf 30, Sternhof

Ersatzmitglied:

Klamt, Ing. Gerd, geb. 2.11.1942, Angestellter, 9500 Villach, Widmanngasse 4

2. Neuner, Mag. Christof, geb. 15.1.1953, Kaufmann, 9020 Klagenfurt, St. Veiter Ring 28

Ersatzmitglied:

Oberlerchner Johanna, geb. 13.4.1948, Bäuerin, 9852 Trebesing, Altersberg 3

SPÖ:

3. Repar, Mag. Harald, geb. 5.8.1962, Jurist, 9020 Klagenfurt, Waldrandgasse 14/4

Ersatzmitglied:

Blatnik Ana, geb. 19.7.1957, Berufsschullehrerin, 9072 Ludmannsdorf 49

4. Trunk, Mag. Melitta, geb. 17.6.1955, Mittelschulprofessorin, 9020 Klagenfurt, Anzengruberstraße 36

Ersatzmitglied:

Molzbichler Günther, geb. 15.1.1953, Angestellter, 9800 Spittal/Drau, St. Sigmund-Straße 16a

ÖVP:

5. Gruber, Ing. Franz, geb. 18.7.1956, Landwirt, 9321 Kappel am Krappfeld, Lind 1

Ersatzmitglied:

Richau Franz, geb. 15.12.1960, Gendarm, 9232 Rosegg, Dolintschach 9"

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die neuen beziehungsweise wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend, und ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche jetzt die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel und anschließend um den Namensaufruf.


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 13

Schriftführerin Ilse Giesinger:
"Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Gottfried Jaud.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Ich gelobe!

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke unserem wiederangelobten Präsidenten für sein Gelöbnis. Ich freue mich, daß er jetzt wieder auf das Präsidium kommt und seines Amtes walten wird. Er sei im Hause ganz herzlich wiederbegrüßt. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Präsident Gottfried Jaud (den Vorsitz übernehmend): Ich ersuche nun die Schriftführung um die Fortsetzung des Namensaufrufes.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Klaus Gasteiger.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Maria Grander.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Wilhelm Grissemann.

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Ing. Franz Gruber.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Georg Keuschnigg.

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Mag. Christof Neuner.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Mag. Harald Repar.

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Ing. Kurt Scheuch.

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Ich gelobe!

Schriftführerin Ilse Giesinger: Mag. Melitta Trunk.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Ich gelobe!

Präsident Gottfried Jaud: Ich begrüße die neuen beziehungsweise wiedergewählten Mitglieder in unserer Mitte recht herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

Fragestunde

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 14

Um die Beantwortung aller zum Aufruf vorgesehenen Anfragen zu ermöglichen, erstrecke ich die Fragestunde, sofern mit 60 Minuten das Auslangen nicht gefunden wird, im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten bis auf 120 Minuten. (Präsident Jaud hält kurze Zeit inne, um den Bundesrätinnen und Bundesräten Gelegenheit zu geben, ihren neuen beziehungsweise wiedergewählten Kolleginnen und Kollegen zu gratulieren.) So viel Zeit muß sein. Das ist es, so glaube ich, was das besondere Verhältnis hier im Bundesrat ausmacht.

Ich beginne jetzt – um 9.11 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Finanzen


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 15

Präsident Gottfried Jaud:
Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 1020/M-BR/99, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Johann Ledolter, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eine Frage, die seit geraumer Zeit für Rechtsunsicherheit sorgt, lautet:

1020/M-BR/99

Wie sehen Sie die Zukunft der Getränkesteuer auch im Hinblick auf die anhängigen Verfahren?

Präsident Gottfried Jaud: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesrat! Derzeit laufen drei Verfahren, bei denen unabhängig voneinander Fragen der Verträglichkeit der Getränkesteuer mit dem Europarecht überprüft werden. Es handelt sich um ein Vorabentscheidungsverfahren, um ein Vertragsverletzungsverfahren und um die Klärung der Frage der Zulässigkeit der Getränkesteuer bei Ab-Hof-Verkauf von Wein. Das wesentlichste Verfahren ist ohne Frage das erste.

Nach Auffassung von Fachleuten meines Hauses besteht hinsichtlich des Ausganges des Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof Anlaß zu leichtem Optimismus. Nichtsdestoweniger ist der Ausgang eines derartigen Überprüfungsverfahrens immer von einem bestimmten Ausmaß an Unsicherheiten, wie das bei einem Rechtsverfahren der Fall ist, geprägt. Für den Fall, daß der Europäische Gerichtshof das Vorabentscheidungsverfahren in der Richtung beantwortet, daß eine Steuer wie die Getränkesteuer nicht mit dem Gemeinschaftsrecht verträglich sei, wären ohne jeden Zweifel innenpolitische Konsequenzen erforderlich. Die Landesgesetze betreffend die Getränkesteuer wären ebenso wie die entsprechenden Bestimmungen des FAG zu überdenken.

Es handelt sich hier um eine nicht unwesentliche Finanzierungssäule der österreichischen Gemeinden. Wie im österreichischen Stabilitätspakt vereinbart, würde es sodann an den Gemeindevertretungen liegen, steuerliche Vorschläge zu erstatten, wie die Ertragsanteile der Gemeinden wettgemacht werden können. Ich würde mich einem solchen von den Gemeindebünden getragenen Vorschlag nicht entziehen können.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Ich möchte den Herrn Bundesminister ersuchen, noch ein wenig zu präzisieren, in welche Richtung er sich einen Ersatz für eine entfallende Getränkesteuer hinsichtlich der Gemeindefinanzierung vorstellen kann.

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe nicht die Absicht, die Kreativität der Gemeindevertreter zu präjudizieren. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte sehr, Herr Mag. Leichtfried.

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Die Gemeinden – Sie haben das gesagt – stellen einen der größten Investoren für unsere heimische Wirtschaft dar, und dazu ist natürlich Geld notwendig. Für viele Gemeinden stellt die Getränkesteuer eine wesentliche Einnahmequelle dar. In meiner Gemeinde Wieselburg zum Beispiel macht die Getränkesteuereinnahme in etwa 5 Prozent der gesamten Einnahmen aus. Das ist ein schöner Brocken, und damit kann natürlich sehr viel gemacht werden.

Wenn ich richtig informiert bin, hat die Kommission vor wenigen Wochen festgestellt, daß die Getränkesteuer keinen Verstoß gegen die Mehrwertsteuer-Richtlinie darstellt und die Getränkesteuer daher eigentlich EU-konform ist. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ich habe dann auch ein Referat zu halten, Herr Vorsitzender!) Bedenken hat sie lediglich hinsichtlich der Verbrauchersteuer geäußert, und hier bedarf es eben unserer Erklärungen, was die besondere Zielsetzung dieser Getränkesteuer ist.

Meine Frage geht jetzt dahin, wer an dieser Erklärung arbeitet. Wer arbeitet an einer Erklärung, daß Tourismus, daß Infrastruktur, daß die Finanzautonomie der Gemeinden ganz wichtige Zielsetzungen sind, die mit den Getränkesteuereinnahmen in Zusammenhang stehen?

Präsident Gottfried Jaud: Herr Bundesminister, einen Moment bitte!

Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte nicht, daß wir hier im Bundesrat die Fragestunde zu einer Diskussionsstunde ausweiten, und deshalb bitte ich um Verständnis dafür, daß ich auf die Einhaltung dieser Geschäftsordnungsbestimmung genau achten werde. Ich möchte auch meine Kollegen, die dann am Präsidium sitzen werden, darum bitten, darauf streng zu achten. Denn ich kenne das aus den Landtagen, in denen die Fragestellung oft 5 bis 10 Minuten dauert, und das ist, so glaube ich, nicht Sinn und Zweck der Fragestunde.

Es heißt in unserer Geschäftsordnung: Jede Zusatzfrage muß mit der Hauptfrage in unmittelbarem Zusammenhang stehen und darf nur eine konkrete Frage enthalten und nicht in mehrere Unterfragen geteilt werden. – Ein Satz, maximal zwei Sätze, wenn es zur Begründung der Frage unbedingt notwendig ist, können toleriert werden, alles andere bitte nicht. Ich werde in Zukunft den Fragesteller unterbrechen, und er kann dann eben seine Frage nicht stellen.

Ich bitte nun den Herrn Bundesminister um die Antwort. (Bundesrat Mag. Gudenus: Schachtelsätze oder normale Sätze?)  – Normale Sätze ohne Beistrich!

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie haben recht, daß die Europäische Kommission hinsichtlich einer allfälligen Unvereinbarkeit im Hinblick auf die 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie keine Bedenken geäußert hat. Jedoch sind hinsichtlich der Verbrauchssteuersystem-Richtlinie primär innerhalb Österreichs zahlreiche Bedenken angemeldet worden. Die Europäische Kommission hat von diesen in Österreich aufgestellten Argumentationen nur einige wenige geteilt. Österreich hat gute Argumente dafür, warum auch diese Bedenken der Europäischen Kommission unbegründet sind.

Die mündliche Verhandlung beim EuGH findet am 6. Mai 1999 statt; mit der Bekanntgabe des Erkenntnisses ist erst nach der Sommerpause zu rechnen.

Wir haben uns auf diese inhaltliche Auseinandersetzung entsprechend vorbereitet und, wie gesagt, ein gedämpfter Optimismus ist durchaus angebracht.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Ich bitte Herrn Mag. Walter Scherb um die Zusatzfrage.


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 16

Bundesrat Mag. Walter Scherb
(Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Laut Zeitungsberichten wird im schlechtesten Fall die Getränkesteuer rückwirkend mit 1. 1. 1995 aufgehoben, was einen Einnahmenausfall in der Höhe von 13 Milliarden Schilling ausmachen würde. Ich bin der Meinung, Sie müßten als verantwortungsbewußter Finanzminister alternative Finanzierungsquellen für diesen Fall überlegen und dürften nicht den Gemeinden, die nur eine sehr eingeschränkte Steuerhoheit haben, den Schwarzen Peter zuschieben. (Bundesrat Farthofer: Was ist jetzt, Mister President?)

Meine konkrete Frage lautet: Welche alternativen Finanzierungs- beziehungsweise Einnahmequellen beziehen Sie in Ihre Überlegungen mit ein? (Bundesrat Mag. Gudenus: Ein Schachtelsatz war das jetzt!)

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Also zunächst einmal ist es selbstverständlich, daß man alle möglichen Szenarien durchzudenken hat. Ich gehe allerdings davon aus, daß selbst für den Fall, daß der EuGH die Getränkesteuer als nicht EU-konform einstuft, mit einer rückwirkenden Aufhebung, nämlich ab dem Jahr 1995, nicht zu rechnen ist. Das wäre dann ein weit größerer Betrag als die genannten 13 Milliarden Schilling. Die Getränkesteuer macht nämlich insgesamt rund 7 Milliarden Schilling per anno aus. Also für 1995, 1996, 1997 und 1998 – lassen wir 1999 einmal weg – wären das nicht 13, sondern 28 Milliarden, also ein erheblicher Betrag, der zurückgezahlt werden müßte, wobei sich für mich die akademische Frage stellt, an wen. Das ist eine Durchlaufsteuer, und ich kann mir nicht vorstellen, daß die Wirte dann aufgefordert werden, jeden, der seit dem Jahr 1995 ein Seidel Bier bei ihnen getrunken hat, ausfindig zu machen, um ihm die Getränkesteuer zurückzuzahlen.

Eine derartige Entscheidung würde zu ganz schwerwiegenden Schwierigkeiten führen, nämlich daß der richtige Adressat, der Zahler, sein Geld dann auch zurückbekommt.

In diesem Zusammenhang möchte ich schon sagen: Ich bin mir bewußt, daß der Finanzminister für eine Summe von Dingen verantwortlich ist. Was aber meine Person betrifft, so möchte ich schon darauf hinweisen, daß auch meine Leidensfähigkeit begrenzt ist. Ich würde daher, wenn die Getränkesteuer fällt, ohne Inanspruchnahme der Kreativität der Bürgermeister und der Gemeindevertretungsverbände keine Maßnahmen setzen, denn es würde kein Loch in das Bundesbudget reißen.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1027/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Michael Ludwig, um die Formulierung seiner Frage.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Unbestritten ist die hohe Bedeutung der Technologieförderung für die Zukunft unseres Landes. Daher meine Frage:

1027/M-BR/99

Welcher finanzielle Rahmen ist im Bundeshaushalt 1999 für Maßnahmen der Technologieförderung vorgesehen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie haben recht: Fragen der Technologieförderung sind als ganz wesentlich zu bezeichnen, geht es doch dabei darum, Ressourcen zu schaffen, sodaß durch entsprechend qualifizierte Leistungen ebenso hochqualifizierte Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden können.


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653. Sitzung / Seite 17

Im Bundesvoranschlag für das Jahr 1999 sind insgesamt 3,2 Milliarden Schilling für Maßnahmen der Technologieförderung vorgesehen; das sind um 28 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr sind dies Maßnahmen zum Aufbau der Kompetenzzentren, zur Förderung von regionalen Innovationsprojekten – das ist ein ganz wichtiger Bereich –, zur Stärkung von Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und nicht zuletzt eine verstärkte Förderung des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung.

Das Wirtschaftsministerium – Sie wissen, daß es für diese Dinge zwei Zuständigkeitsbereiche gibt – wickelt die Förderungen der angewandten Forschung und Entwicklung im wesentlichen über den Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft ab. Darüber hinaus sind Forschungsschwerpunkte im Rahmen des Innovations- und Technologiefonds zu erwähnen.

Zusätzlich zu den Bundesförderungen im Jahre 1999 – ich meine, das ist bemerkenswert, und daher soll das jetzt auch festgehalten werden – werden 700 Millionen Schilling aus Mitteln des Jubiläumsfonds der Nationalbank für Förderungszwecke zur Verfügung stehen; im Jahre 1998 waren dies 219 Millionen Schilling. – Ich gehe jedenfalls davon aus, daß die Notenbank ihre diesbezüglichen Initiativen in den nächsten Jahren noch verstärken wird.

Im Budgetüberschreitungsgesetz 1999 sind zusätzliche Maßnahmen enthalten, durch die der Forschungsstandort Österreich weiterentwickelt werden soll. So sind beispielsweise für die Errichtung der Mitteleuropäischen Flugsicherungszentrale, einer ganz wichtigen Einrichtung, 170 Millionen Schilling vorgesehen. Der Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft soll noch vor dem Sommer 1999 mit einem zusätzlichen Haftungsrahmen in Höhe von 2 Milliarden Schilling ausgestattet werden. – Die gesetzlichen Grundlagen hiefür stehen in diesen Wochen in parlamentarischer Behandlung. Die Bundesregierung setzt mit diesen Maßnahmen deutliche Impulse für Forschung und Technologie.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Ich möchte dazu noch nachfragen, wie die Dotierung des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft 1999 aussehen wird.

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 18

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger:
Wir haben für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft, eben im Zusammenhang mit diesen direkten Mitteln, auch die Frage einer Erhöhung des Haftungsrahmens gestellt. Ich persönlich – viele andere sehen das auch so – bin der Ansicht, daß die Forschungsförderungsfonds keine Darlehen zu vergeben haben, denn das wäre eine teure Angelegenheit. Die Republik Österreich ist keine Bank, daher: Wir wollen Haftungsrahmen übernehmen, Zinsenzuschüsse, sodaß mit den vorhandenen Mitteln ein Mehr an Forschung erreicht werden kann. Daher kann ich auf diese Fragestellung, wie sich das budgetdotierungsmäßig exakt darstellen läßt, nämlich die Anteile aus zusätzlichen Mitteln der österreichischen Notenbank und die Erhöhung des Haftungsrahmens auf einen genauen Betrag anzugeben, jetzt, ehrlich gesagt, keine Antwort geben. Sagen kann ich jetzt allerdings – so wurde das auch in der Öffentlichkeit kommuniziert –, daß für Technologieförderung im Jahre 1999 insgesamt 28 Prozent mehr an Budgetmitteln und mit den anderen Mitteln um 44 Prozent mehr zur Verfügung stehen werden, als das eben 1998 der Fall war.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. André d'Aron.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Trotz der von Ihnen aufgezählten Maßnahmen ist die Forschungs- und Entwicklungsquote in Österreich – an internationalen Maßstäben gemessen – nach wie vor als unterdurchschnittlich anzusehen.

Mit welchem Anstieg dieser Quote rechnen Sie aufgrund der Erhöhung des Forschungsfreibetrages im Zuge der Steuerreform?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Es ist richtig, daß die Forschungsquote Österreichs im Vergleich zu anderen Staaten niedrig ist. Dazu möchte ich zunächst einmal zwei Bemerkungen machen. Erstens muß dazu gesagt werden, daß sich die Forschungsausgaben in Österreich sicherlich auch aufgrund der Struktur der österreichischen Wirtschaft anders zusammensetzen, als das im Durchschnitt der EU-Länder der Fall ist. Während im Durchschnitt der Europäischen Union 60 Prozent des Anteils der Forschungsquote aus privaten Forschungstöpfen und nur 40 Prozent aus öffentlichen Mitteln fließen, ist das in Österreich gerade umgekehrt. Eine Begründung hiefür mag zum Teil auch darin liegen, daß wir in Österreich nur wenige großtechnologische Bereiche haben, Bereiche, in denen sich die Beträge dann entsprechend niederschlagen.

Gerade deswegen hat die österreichische Bundesregierung in einer gar nicht einfachen Zeit, nämlich in der Zeit der Budgetkonsolidierung, im Bereich der Forschungsförderung im Rahmen der Steuerreform 2000 Maßnahmen gesetzt, die es ermöglichen sollen, daß auch Forschung in kleineren Betrieben erfolgen kann, und zweitens einen Anreiz dazu geben, daß entweder mehr als bisher an Mitteln für Forschung ausgegeben beziehungsweise daß überhaupt neu in die Forschung eingestiegen wird. Abgesehen davon, daß der Forschungsfreibetrag, der jetzt 12 und in manchen Fällen 18 Prozent beträgt, auf 25 bis 35 Prozent aufgestockt, erhöht wird, das heißt in etwa verdoppelt wird, ist es so, daß 25 Prozent von jenen Forschungsbeträgen abgesetzt werden können, die es schon bisher gab. Für Betriebe, die ihre Ausgaben für die Forschung erhöhen, beziehungsweise für Betriebe, die überhaupt neu in die Forschung einsteigen, gibt es einen Forschungsfreibetrag in der Höhe von 35 Prozent.

Damit wird auch sehr klar dokumentiert, wohin wir wollen, und zu betonen ist auch, daß damit natürlich vor allem auch personalintensive Forschung entsprechend berücksichtigt werden kann. Jetzt aber von mir zu verlangen, hier darzulegen, welche Veränderung der Forschungsquote aufgrund dieser einen Maßnahme eintreten wird, ist, wie ich meine, aber doch etwas zuviel. Dazu bin ich im Moment wirklich nicht in der Lage; ich könnte Ihnen jetzt irgendeine Zahl nennen, eine Zahl, die Sie wahrscheinlich genausowenig widerlegen könnten, wie ich sie beweisen kann.

Daher möchte ich das auch gar nicht tun, sondern lediglich betonen: Was wir wollen, ist, daß die Forschungsförderung, daß Forschung und Entwicklung ein politischer Schwerpunkt der künftigen Politik nicht nur der Bundesregierung, sondern auch der Länderregierungen sein sollen. Ich werde das natürlich auch mit den Ländern besprechen, nämlich gerade was direkte Forschungsförderung mit bestimmten Cofinanzierungen, die es ja gibt, anlangt. Das ist nämlich in Wirklichkeit zuwenig gebündelt, und daher gibt es immer wieder das Problem, daß eben jeder glaubt, er würde es am besten machen, was aber nicht unbedingt stimmen muß.

Ich meine, diesbezüglich sollte man sich einmal zusammensetzen und danach trachten, gemeinsam bestimmte Synergien zu erreichen und dadurch mit einem bestimmten Mitteleinsatz zusätzliche Effekte zu erzielen, sodaß Mittel der Notenbank in zunehmendem Maße zur Verfügung stehen. Ebenso sollte es unser Ziel sein, in den nächsten Jahren größere Dotierungen vorzunehmen, sodaß die Erhöhung des Freibetrages eigentlich nur ein Mosaikstein in diesem gesamten Bild sein sollte.

Wir wollen, daß die Forschungsquote in Österreich von 1,5 Prozent auf 2,5 Prozent bis etwa zum Jahr 2003 steigt. Dabei erwarten wir uns auch im Bereich der privaten Wirtschaft entsprechende Innovationen, die wir natürlich auch unterstützen werden.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich schon auch sagen, daß manche politisch nicht ganz unproblematische Diskussionen in Österreich dazu geführt haben, daß manche Firmen ihre Forschungsarbeiten nicht in Österreich situieren. Ich möchte darauf nicht näher eingehen. Sie wissen bestimmt, was ich meine. Ich habe Gespräche mit einer Firma geführt, bei welcher ich mich seinerzeit als Finanzstadtrat von Wien dafür verwendet habe, daß die Forschungszentrale, die im biotechnischen Bereich tätig ist, in Österreich eingerichtet wird, und ich habe mich dafür eingesetzt, daß in jenem Bereich, in welchem das politische Umfeldklima für Technologie und


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653. Sitzung / Seite 19

Forschung nicht besonders innovativ ist, private Investitionen angeregt werden. Ich möchte bei dieser vorsichtigen Formulierung bleiben.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Darf ich Sie fragen – die Frage reicht vielleicht teilweise in andere Ressorts hinein –, welche konkreten Maßnahmen bisher im Rahmen der von der Regierung angekündigten Offensive gesetzt wurden?

Präsident Gottfried Jaud: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Wir haben im Bereich der Budgets Aufstockungen vorgenommen, wie ich bereits gesagt habe, und wir haben vor allem in Hinblick auf die Finanzierungsstrukturen beider Fonds darauf gedrängt, daß die Rücklagen dazu verwendet werden, um Forschung entsprechend innovativ zu betreiben, wobei ich sagen möchte, daß ich sogar Verständnis dafür habe, daß ein Fondsdirektor ganz gerne auf einem hohen Berg von Rücklagen sitzt, denn man kann nie wissen, was der Politik einfällt; also ungefähr gemäß dieser Philosophie.

Aber ich glaube, daß man in einer Zeit, in welcher man mit öffentlichen Mitteln entsprechend sparsam und vom Effekt her den optimalen Nutzen erzielend vorgehen muß, auf solche Befindlichkeiten weniger Rücksicht nehmen kann. Ich glaube, daß das eine richtige Maßnahme war – sie wurde von beiden Ministern, sowohl von Bundesminister Farnleitner als auch von Minister Einem, mitgetragen –, nämlich die Ressourcen, die auf Rücklagen liegen – eine Rücklage forscht bekannterweise nicht –, für Forschung zu verwenden.

Ich glaube, daß wir – es gibt in einigen Ländern ganz interessante Ansätze dazu, und zwar im klein- und mittelbetrieblichen Bereich – zumindest vom Know-how her auch Unterstützung im Hinblick auf Clusterbildung geben sollen. Ich glaube, daß man nicht ein zweites Mal die Nähmaschine zu erfinden braucht, diese gibt es nämlich schon, auch wenn es vielleicht der eine oder andere nicht weiß. Ich glaube, daß in der Zusammenfassung der Ressourcen ein Mehr an Effekt liegt.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage,1033/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1033/M-BR/99

In welchen Bereichen sehen Sie Ihre seit Jahren erhobene Forderung nach Ökologisierung des Steuersystems und damit nach kostenmäßiger Entlastung des Faktors Arbeit in der geplanten Steuerreform verwirklicht?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich glaube, daß es überhaupt keine Frage ist, daß bei der Umstrukturierung der Steuersysteme, und zwar nicht nur in Österreich, sondern darüber hinaus in ganz Europa, jene beiden von Ihnen angesprochenen Fragenkreise, nämlich Entlastung des Faktors Arbeit auf der einen Seite und Ökologisierung des Steuersystems auf der anderen Seite, Schwerpunktzielsetzungen von der Tendenz her sein müssen.

Die Diskussion innerhalb der Europäische Union im Hinblick auf eine Steuerkoordination beziehungsweise -harmonisierung der einzelnen Steuersysteme – welches Wort Sie dafür semantisch verwenden wollen, ist egal – läuft in diese Richtung.


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 20

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß es gerade unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft gelungen ist, erstmals den Gesamtbereich jener Steuern zu definieren, der von einer derartigen Koordination betroffen sein soll, wenn der Binnenmarkt als gemeinsamer Markt funktionieren soll.

Da geht es um keine Gleichschaltung von Steuersätzen und Steuersystemen, sondern es geht darum, den Binnenmarkt, der eine Einheit in einem großen Wirtschaftsraum bildet, durch eine Koordination der Steuersysteme von wettbewerbsverzerrenden Effekten zu befreien. Daher gehören dazu die Kapitalsertragsbesteuerung, die Unternehmensbesteuerung – das ist sehr schwierig, da geht es um keinen Vergleich; ich amüsiere mich immer, wenn in Medien so "gescheit" geschrieben wird, wie unterschiedlich die KöSt-Steuersysteme in Europa sind; das ist nämlich in Wahrheit völlig Wurscht, entscheidend ist, wie die Gewinne ermittelt werden und was dann faktisch letztendlich in einer koordinierten Vorgangsweise an harmonisierter Steuer verlangt werden kann –, die Energiebesteuerungen und in weiterer Folge natürlich auch um die Mehrwertsteuer.

Die österreichische Steuerreform des Jahres 2000 ist in diese Tendenz eingebettet, aber ich gebe unumwunden zu, daß spektakuläre Maßnahmen in Richtung Ökologisierung des Steuersystems und Entlastung des Faktors Arbeit nicht vorgenommen worden sind, und zwar aus zwei Gründen: erstens deshalb, weil der Schwerpunkt der Steuerreform 2000 zunächst einmal darin gelegen ist, den von allen Parteien geforderten Effekt der kalten Progression den Lohn- und Einkommensteuerzahlern faktisch zu erstatten, zweitens deswegen, weil sich diese Bundesregierung eine massive familienpolitische Zielsetzung gestellt hat, drittens deshalb, weil eine Steuerreform die Kunst des Machbaren ist.

Meine Haltung war immer, daß ich keine Steuerreform vorschlagen werde, die im Jahr 2001 ein Sparpaket zur Folge hat. Das muß ich in aller Deutlichkeit noch einmal sagen. Das ist mit diesem Volumen möglich. Es sind in den Bereichen Ökologisierung des Steuersystems und Entlastung des Faktors Arbeit Schritte und Tendenzen eingeleitet worden. Da muß man natürlich die europäische Diskussion mitbestimmen, was wir auch massiv tun. Ich registrierte – das gebe ich auch unumwunden zu – in den zwei Jahren, in welchen ich bei den europäischen Finanzministertagungen teilnahm, zwar eine Tendenz in diese Richtung, aber es gibt dahin gehend noch keine akkordierte Aktion.

Es kann in einer solch schwierigen Zeit, in der wir heute leben, nicht Aufgabe des Finanzministers der Republik Österreich sein, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft durch Abgaben etwa im Ökologiebereich, die anderswo nicht erstattet werden können, oder durch Ausnahmeregelungen, sodaß am Ende nur mehr der Rentner die ökologische Steuer zahlt, zu schwächen. Das kann, so meine ich, nicht im Sinne der Erfindung sein.

Was die Entlastung des Faktors Arbeit betrifft, sind wir natürlich auch da von der Kunst des Machbaren ausgegangen. Wenn man alle Vorschläge, die im Rahmen der Steuerreformdebatte gemacht worden sind, addiert, kommen absurde Zahlen heraus und die Aufregung der Landeshauptleute – ich gestatte mir, das hier anzubringen – müßte ungleich größer sein. Da hätte wahrscheinlich ein paar der Schlag getroffen. Daher haben wir danach getrachtet, daß eine maßvolle Steuerreform herauskommt, die aufgrund des politischen Willens auch der Koalitionsparteien Auswirkungen auf die Länder und Gemeinden hat – das ist selbstverständlich –, denn einen vierten Geldonkel gibt es bekannterweise nicht, wenn man den Steuerzahler entlasten möchte.

Was wir gemacht haben, ist, daß wir gerade bei der Entlastung des Faktors Arbeit dort, wo es um die Phase der Betriebsneugründungen geht, eigentlich durchaus etwas Innovatorisches auf die Beine gestellt haben, nämlich daß neugegründete Unternehmungen im ersten Jahr um fast 7 Prozent der Lohnnebenkosten entlastet werden. Das geht natürlich zu Lasten des Familienlastenausgleichsfonds – es geht immer zu irgendwelchen Lasten, das ist ganz klar –, ein bißchen zu Lasten der Wohnbauförderung, zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung und zu Lasten der Kammerumlage, weil sich natürlich auch die Wirtschaftskammer der Notwendig


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 21

keit, bei Unternehmensgründungen in besonderer Weise entgegenzukommen, dankenswerterweise nicht verschlossen hat.

Ich glaube daher, daß die Richtung stimmt, daß die Tendenz stimmt. Eine Steuerreform ist immer ein Prozeß, nie etwas Abgeschlossenes. Ich bitte Sie, das auch so zu verstehen.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Sie haben sich mehrmals dahin gehend geäußert, daß eine ökologische Steuerreform mit dem Ziel einer Lohnnebenkosten- oder Lohnsteuersenkung eine Gegenfinanzierung erfordert. Heißt das, daß Sie sich, da die geplante Steuerreform das nicht vorsieht, von Ihren eigenen Äußerungen beziehungsweise Vorstellungen distanzieren müssen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Nein, das heißt das überhaupt nicht. Ich bin schon früher etliche Male gefragt worden – nicht in diesem Zusammenhang –, ob ich mich von meiner Äußerung, die ich als Wiener Finanzstadtrat getätigt habe, als Finanzminister distanziere. Ich pflege keine geistige Bücherverbrennung, sondern ich versuche, im Lichte anderer Erkenntnisse bestimmte Retuschen an Meinungen vorzunehmen, auch an meiner eigenen. Ich würde es jedem empfehlen, immer seine eigenen Meinungen ein bißchen kritisch zu hinterfragen und nie zu sagen, daß man schon alles weiß.

Diese Steuerreform hat, wie gesagt, die Vorgabe eines bestimmten Volumens gehabt, und zwar eines Volumens, das mit absoluter Sicherheit nicht größer ist, als es das Budget verträgt, wobei ich in aller Offenheit sage, daß wir erhebliche Schwierigkeiten haben werden, den Stabilitätspakt, den wir nach Brüssel geschickt haben, mit den nationalen Budgetdefiziten für die Jahre 1999 und 2000 einzuhalten. Aber ich bin kein Prophet, wenn ich behaupte, daß mit dieser Situation Österreich im Rahmen der "EU 15" nicht alleine dastehen wird, weil – das möchte ich Ihnen schon auch in aller Deutlichkeit sagen – die Stabilitätspolitik ein ganz wichtiger Bestandteil der europäischen Politik sein muß – das ist überhaupt keine Frage – und weil auch die Unabhängigkeit der Notenbank meiner Meinung nach außer Frage zu stehen hat, weil in der Koordination der Fiskal- und Geldpolitik natürlich die Entscheidungsfindung liegt.

Ich bin sehr dankbar dafür, daß die Europäische Zentralbank mit einer, wie ich meine, nicht uninteressanten Zinssenkung faktisch dazu beiträgt, die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit die faktisch massiv zurückgehende Konjunktur – man sagt dazu plötzlich Konjunkturdelle, wobei es niemanden gibt, der sagt, wie groß und wie tief sie wird; das ist ein neues ökonomisches Vokabel: Wirtschaftsdelle; früher hat man gesagt: leichte Rezession oder sonst irgend etwas, aber ich will mich auf diese Diskussion gar nicht einlassen, sondern ich nehme zur Kenntnis, daß es jetzt Konjunkturdelle heißt – einen Aufschwung erfährt.

Mein Bemühen geht dahin, daß die Delle möglichst klein und möglichst flach wird. Aber dabei dürfen wir andere Politikdisziplinen nicht vergessen. Ich kann als europäischer Politiker ganz einfach nicht zur Kenntnis nehmen – wobei ich sagen muß, daß Österreich im Vergleich zu den anderen Staaten der Europäischen Union relativ gut dasteht –, daß wir nicht den massiven, sehr punktuellen Kampf gegen die Minimierung der Zahl von 17 Millionen Arbeitslosen in Europa aufnehmen. Das kostet Geld, auch in Österreich. Daher glaube ich, daß wir bei Anerkenntnis der Defizitziele ganz einfach eine Delle oder ein Hügelchen – wenn das eine Delle ist, ist das andere ein Hügelchen – im Abbau der nationalen Defizite zur Kenntnis zu nehmen haben, und zwar im Interesse einer sozial ausgewogenen europäischen und damit auch österreichischen Politik.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Frau Bundesrätin Aloisia Fischer um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Aloisia Fischer (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Sie sind in der Beantwortung der Hauptfrage schon kurz darauf eingegangen, aber ich frage Sie trotzdem noch einmal:


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 22

Ist für Sie ein österreichischer Alleingang im Bereich der Öko-Steuern im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreichs vertretbar?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Nein.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Erich Farthofer um die Zusatzfrage.

Bundesrat Erich Farthofer (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Rahmen der Diskussion über die Ökologisierung des Steuersystems kommt man immer wieder auf das Thema Road-pricing. Wann wird dieses, glauben Sie, in Österreich eingeführt?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich gehe davon aus, daß die LKW-Bemautung etwa zu Beginn der nächsten Legislaturperiode von der Bundesregierung veranlaßt werden. Was ein allgemeines Road-pricing betrifft, möchte ich mich nicht auf einen fixen Zeitpunkt einlassen. Ich glaube, daß man das gesamteuropäische System der Wegekostenrichtlinie im Auge haben muß, bevor man solche Maßnahmen setzt.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1021/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Michael Strugl, seine Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1021/M-BR/99

Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Steuerreform auf die finanzielle Situation der Länder und Gemeinden?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst einmal gerecht gemäß dem Finanzausgleichsgesetz. Das Finanzausgleichsgesetz regelt die Mittelzuteilungen. Die gemeinschaftlichen Bundesabgaben sind nach bestimmten Prozentsätzen verhandelt. Wenn es Mehreinnahmen etwa im Lohn- und Einkommensteuerbereich gibt, dann partizipieren die Länder und die Gemeinden, wie das beispielsweise beim Sparpaket 1996 der Fall war. Damals habe ich mich als Wiener Finanzreferent riesig darüber gefreut, daß das Sparpaket bedeutet, daß die Stadt Wien plötzlich mehr Geld bekommt, weil alle Ausnahmen gestrichen worden sind. Umgekehrt bedeutet das natürlich, daß dann, wenn weniger Geld beim Lohn- und Einkommensteueraufkommen etwa durch eine Senkung der Tarife hereinkommt, die Partizipation der Länder und Gemeinden in die umgekehrte Richtung geht.

Gemäß § 5 des Finanzausgleichsgesetzes sind über die Steuerreform natürlich auch Gespräche mit den Bundesländern und Gemeinden aufzunehmen. Sie finden nächsten Mittwoch statt, weil ich wenig Sinn darin erblickt hätte, mit den Ländern und Gemeinden zu reden, bevor die Bundesregierung faktisch beschlossen hat, was sie eigentlich will. Wir haben, sofern ich das richtig im Kopf habe, am 9. April das umfangreiche Elaborat eines Gesetzentwurfes in die Begutachtung geschickt, und ich werde während der Begutachtung mit den Ländern und Gemeinden darüber reden, und zwar, wie gesagt, nächsten Mittwoch.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Daran anschließend, was den Finanzausgleich betrifft: Es hat sich die finanzielle Situation vor allem kleinerer


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 23

Gemeinden in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Gibt es von Ihrer Seite Pläne, im Zuge der nächsten Verhandlungen zum Finanzausgleich etwa den abgestuften Bevölkerungsschlüssel dahin gehend zu ändern, daß speziell kleinere Gemeinden besser ausgestattet werden?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Wir haben im Rahmen dieser Steuerreform alle Vorschläge – außer den Tarifen und dem, was sich unter Umständen bei der KESt ergibt –, die FAG-Relevanz haben, ausgenommen.

Das war in der öffentlichen Diskussion gar nicht so einfach, weil natürlich viele sehr gescheite Vorschläge die FAG-Partner betroffen hätten, und zwar von der Wohnbauförderung angefangen bis über den Familienlastenausgleichsfonds. Aber wir haben von Beginn an gesagt, daß im Rahmen dieser Steuerreform die FAG-relevanten Themen deshalb nicht angesprochen werden können, weil wir nicht die Absicht haben, obwohl man es rechtlich könnte, einen Vertragsbruch zu begehen oder vom Gentleman’s Agreement zu sagen, es gelte nicht mehr.

Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Nach dem für die Länder und Gemeinden durchaus erfolgreich laufenden Finanzausgleich habe ich auch in meiner damaligen Funktion als Wiener Finanzstadtrat eine Finanzprognose bis inklusive des Jahres 2000 erstellt und dem Gemeinderat auch vorgelegt. So gehört sich das auch.

Es wäre nicht besonders fair, wenn man jetzt mitten oder im dritten Viertel der Periode sagen würde: Hallo, das gilt nicht mehr! – Das wäre wirklich nicht fair gewesen. Daher haben wir im Rahmen dieser Steuerreform alle materiell den Finanzausgleich betreffenden Bereiche ausgeklammert.

Was die konkrete Frage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels betrifft, werde ich mich keiner Lösung verschließen, die die Gemeinden einvernehmlich beschließen.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Ferdinand Gstöttner um seine Zusatzfrage.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Im Zuge der Steuerreform kann es für die Gemeinden zu Einnahmenverlusten kommen, was Investitionen erschweren würde. Die Darlehensaufnahme ist im Moment nach den Maastricht-Kriterien erschwert – verständlicherweise! Denken Sie daran, in Härtefällen da eventuell Ausnahmen vorzunehmen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage betreffend Ausnahmen richtig interpretiere, wenn ich Ihnen antworte, daß es rechtlich nicht möglich ist, die eine oder andere Gemeinden vom anteiligen Ausfall des Gesamtvolumens auszunehmen. Sie haben natürlich völlig recht, wenn Sie feststellen – das braucht man mir als jemandem, der 28 Jahre in der Kommunalpolitik tätig war, nicht dezidiert zu erklären –, daß der Investitionsanteil der Gemeinden an ihrem Haushalt höher ist als der Investitionsanteil der Länder und der Investitionsanteil des Bundes, selbst wenn man die ausgegliederten Bereiche des Bundes dazuzählt. Das ergibt sich auch aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenstruktur unserer Verfassung. Das ist überhaupt keine Frage. Ich werde mich daher bei den Finanzausgleichsverhandlungen, die wir im nächsten Jahr führen werden und bei denen wir sicherlich über viele Fragen, wie die Strukturen der Mittelzuteilungen der gemeinsam vorhandenen Mittel zu regeln sind, zu diskutieren haben werden, sehr redlich bemühen, daß der neue FAG die Gemeinden nicht zum Zahler macht, denn das würde den beschäftigungspolitischen Effekten, die ich mir als Finanzminister wünsche, entgegenstehen.

Präsident Gottfried Jaud: Ich bitte Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel, eine weitere Zusatzfrage zu stellen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 24

Bundesrat Dr. Paul Tremmel
(Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bis jetzt war ich der Meinung, daß die Eckpunkte der Steuerreform fixiert sind. Nunmehr höre ich von Kollegen Gstöttner, eindeutig bezogen auf die Steuerreform, daß es da Retuschen gibt. Ebenso sagt der oberösterreichische Landesrat Leitl, daß die den Ländern möglicherweise erwachsenden Ausfälle, die sich aus der Steuerreform ergeben, besonders abgegolten werden sollten, und er spricht dabei von Einsparungen des Bundes. Heißt das, Herr Bundesminister, daß es eine Steuerreform zur Steuerreform geben soll?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Es wird jene Steuerreform geben, die die Bundesregierung erarbeitet hat und von der ich annehme, daß sie der Nationalrat beschließen wird. Wünsche betreffend Veränderungen sind legitim, ja selbstverständlich. Als Bundesfinanzminister wünsche ich mir auch verschiedenes, es wünschen sich auch viele viel vom Finanzminister und verwechseln mich dabei manchmal mit dem Weihnachtsmann, doch vieles geht ganz einfach nicht. Daß steuerliche Fragen immer in Diskussion sind, ist gar keine Frage.

Doch eines möchte ich schon in aller Deutlichkeit klarstellen, nämlich daß der Sparkurs der Bundesregierung, nämlich einen sparsamen Vollzug vorzunehmen und vor allem auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung entsprechend zu sparen, ein ganz wesentlicher Aspekt der Politik der künftigen Jahre ist.

Es geht nämlich nicht, daß jemand hergeht und sagt: In der öffentlichen Verwaltung werden wir jetzt 15 Milliarden Schilling einsparen! Übermorgen ist das bereits rechtskräftig! Oder: Ein Drittel der Beamten soll man hinausschmeißen! – So ähnlich kann man das hören. Die Leute, die das sagen, werden zwar nicht so zitiert, aber die Zeitung schreibt das sinngemäß.

So wird das nicht gehen! Es muß – das ist auch Bestandteil der Steuerreform – eine ganz genaue Analyse einer Kosten-Nutzen-Rechnung geben, und wir werden uns da auch international renommierter Unternehmungen bedienen. Aber ich möchte schon eines sagen: Die Finanzverwaltung nimmt eher maßvolle Reformen in den Finanzämtern vor, aber ich bekomme je-den Tag Briefe, von Landtagsabgeordneten, von Landesräten, die mir den Rat geben, ich solle sparen, aber nicht bei ihnen. Das kenne ich alles.

Daher möchte ich Ihnen sagen: Die Sparsamkeit des Vollzuges des Bundeshaushaltes ist weiter angesagt. Wer mich kennt, der weiß, daß ich da eigentlich ziemlich konsequent und persönlich eigentlich der Meinung bin, daß die Menschen ein Recht darauf haben, daß ich mit ihrem Geld vorsichtig umgehe. Diesen meinen Ruf möchte ich mir nicht ruinieren lassen.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nun mehr zur 5. Anfrage, 1028/M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Erhard Meier, seine Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1028/M-BR/99

Inwieweit kann die geplante Steuerreform zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich glaube, daß die Steuerreform im wesentlichen das als eine der Zielsetzungen gehabt hat. Die Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich und natürlich auch die Sicherung von Arbeitsplätzen waren das Hauptziel der Steuerreform. Das erfolgte vielleicht nicht in einem von manchen erwünschten Umfang, aber von der Tendenz her ist es klar ersichtlich.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 25

So ist zu erwarten, daß etwa die Tarifsenkungen und das Familienpaket, insbesondere – darauf möchte ich hinweisen – durch die massive Partizipation der Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, dazu führen werden, daß die Inlandsnachfrage steigt.

Sie dürfen nicht vergessen, daß alleine im Bereich der Lohn- und Einkommensteuersenkung 11 Milliarden der 17 Milliarden die Bezieher eines Einkommens bis zu 20 000 S im Monat bekommen werden. Das sind meiner Meinung nach jene österreichischen Familien und Lohnsteuerzahler, die das, was sie sich zukünftig ersparen, unmittelbar wieder der Inlandsnachfrage zuführen werden, weil sie es ganz einfach nötig haben.

Höhere Einkommensklassen hingegen – daher haben wir bei 7 000 S Gesamtsteuerentlastung per anno bei einem Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage einen Schnitt gemacht – werden, was auch beweisbar ist, den Steuergewinn nicht unmittelbar der Inlandsnachfrage zuführen, weil sie es einfach nicht notwendig haben, sondern sie werden sparen. Das ist nichts Schlechtes, aber es ist nicht von Vorteil in einer Zeit, in der wir eine Konjunkturdelle haben, um dieses Wort wieder zu verwenden. Wenn man weiß, daß auch unsere wichtigsten Handelspartner Konjunkturdellen haben, und wenn man weiß, daß wir als kleines Land exportorientiert sind und daß unsere Handelspartner aufgrund der Konjunkturdellen möglicherweise nicht mehr in dem Umfang kaufen wie im vergangenen Jahr, dann muß man sagen: Es ist notwendig, daß wir die Inlandsnachfrage entsprechend ankurbeln.

Im Jahr 2000 werden die Lohn- und Einkommensteuerzahler und die Familien Österreichs insgesamt 17 Milliarden Schilling an Steuerentlastung und 12 Milliarden Schilling an Familienförderung zusätzlich zur Verfügung haben, wobei schon 6 Milliarden Schilling an Familienförderung heuer zur Auszahlung kommen. Das bedeutet im Verhältnis zu 1998 eine erhöhte Kaufkraft um 29 Milliarden Schilling, das ist rund 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Davon – da bin ich überzeugt – geht ein massiver Schub der verstärkten Inlandsnachfrage aus, der dazu beiträgt, daß die österreichische Wirtschaft entsprechend belebt wird.

Weiters möchte ich sagen, daß wir auch sehr gezielte Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich gesetzt haben, und zwar in dem Sinne, daß man es auf Unternehmungen einschränkt, was mir persönlich allerdings nicht gefällt, denn zur Wirtschaft gehören bekannterweise nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Arbeiter, und daher mag ich diese Teilung eigentlich nicht, aber wenn Sie es so wollen, soll es so sein.

Wir haben im Bereich der Unternehmen sehr gezielt Maßnahmen ergriffen, wie zum Beispiel die Erhöhung des Forschungsfreibetrages, die Ausweitung des Lehrlingsfreibetrages, was, wie ich meine, ein ganz wichtiger Aspekt ist, und zwar von 20 000 S auf 60 000 S, verknüpft natürlich mit einem Lehrabschluß, denn wir wollen ausgebildete Facharbeiter und nicht, daß durch Freibeträge am Ende nichts anderes herauskommt außer einer Steuerersparnis für den Unternehmer. Das ist im Rahmen der Qualifikation zu sehen. Die berufliche Weiterbildung wird gefördert, sowohl unternehmerseitig, und zwar mit 9 Prozent, als auch arbeitnehmerseitig, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern also. Weil immer weniger Menschen jenen Beruf, den sie mit 19 oder mit 24 Jahren ergriffen haben, ihr ganzes Leben lang werden ausüben können, ist es notwendig, daß man eine ständige Aus- und Weiterbildung ermöglicht.

Es gibt weiters die von mir erwähnte steuerliche Begünstigung bei Neugründungen. Da ich immer genau zuhöre, wenn mir jemand etwas sagt, habe ich die Argumente der Vertreter der Wirtschaft, vor allem der Wirtschaftskammer sehr ernstgenommen. Man hat mir gesagt, daß es in den nächsten Jahren aufgrund eines bestimmten Alterungsprozesses – gerade Klein- und Mittelbetriebe sind in Österreich aufgrund der Kleinstrukturiertheit der österreichischen Wirt-schaft hauptsächlich für die Beschäftigung zuständig – Zehntausende von Betriebsübernahmen geben werde. Daher wollen wir bei Schenkungs- und Erbschaftsteuern faktisch Freigrenzen bis 5 Millionen einführen, sodaß nicht der Sohn oder der Neffe des Betreffenden oder wer immer die Betriebsübernahme mit einem Bescheid des Finanzamtes über die Erbschaftsteuer beginnen muß.


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 26

Wir werden die Vorsteuerpauschale für die Landwirtschaft – ich nehme an, die Landwirtschaft gehört auch zur österreichischen Wirtschaft – von 10 auf 12 Prozent erhöhen. Wir werden Pauschalierungsbestimmungen für kleine Unternehmungen – das ist eine massive Verwaltungsvereinfachung – durchführen. Wir werden die Eigenkapitalausstattung – ich gebe zu, nicht in dem Umfang, wie sich das viele wünschen, aber alle Wünsche sind eben nicht erfüllbar – verbessern. Ich glaube auch, daß manche – auch da habe ich genau zugehört – die 13. Umsatzsteuervorauszahlung als Belästigung empfinden. Ich möchte vor allem den kleinen Unternehmungen diese Belästigung nicht mehr antun, und ungefähr ein Drittel der Unternehmungen wird diese Vorauszahlung nicht mehr betreffen, nämlich die kleinen Unternehmungen, etwa 180 000 an der Zahl. Mehr – das sage ich auch ganz offen – ist derzeit vom Budget nicht verkraftbar.

Es ist zwar keine Frage der Maastricht-Relevanz, aber eine administrative Frage, und es hat auch Auswirkungen auf den Schuldenstand. Wir haben uns unter sehr großen Anstrengungen "heruntergekämpft", und ich möchte eigentlich keine Umkehr des Schuldenstandes haben. Dieser würde aber durch eine solche Maßnahme natürlich massiv beeinträchtigt werden.

Sie sehen – jetzt habe ich gar nicht alles aufgezählt –, daß wir auf der einen Seite Maßnahmen setzen, um die Kaufkraft zu erhöhen – und damit zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes beitragen –, und auf der anderen Seite Maßnahmen, die auch den Unternehmungen, die der Landwirtschaft zugute kommen, setzen, um eben die Konkurrenzfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmungen in Österreich zu verbessern.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Minister! Sie haben ohnehin schon vieles angeschnitten, und ich möchte nur noch eine Präzisierung zu einer Frage: Welche steuerlichen Anreize zur Verbesserung der Berufsausbildung der österreichischen Arbeitnehmer sind im Rahmen der Steuerreform 2000 vorgesehen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Wie Sie wissen, ist natürlich für uns auch von besonderer Bedeutung, daß wir die Österreich betreffenden Aspekte der Nationalen Aktionspläne, die im Rahmen einer europäischen Aktion erarbeitet wurden, umsetzen. Da geht es um Qualifizierung, da geht es um Berufsausbildung und ähnliches mehr, und daher sehe ich beispielsweise die Erhöhung des Lehrlingsfreibetrages von 20 000 S auf 60 000 S als eine solche Maßnahme, die im besonderen jener Interessengruppe, die Sie angesprochen haben, zugute kommt.

Ich habe bereits das lebenslange begleitende Lernen angesprochen; es ist dies ein ganz wichtiger Aspekt. Diese Maßnahmen werden im Gesetz einmal auf einen befristeten Zeitraum festgelegt – in etwa drei Jahre beim Lehrlingsfreibetrag, bis zu jenen, die im Jahr 2002 die Lehre beginnen. Man kann nicht mittendrin aufhören, weil man natürlich, wenn man Förderungsmaßnahmen steuerlicher Art setzt, die eine politische Zielsetzung haben – und zwar nicht nur die, daß irgend jemand weniger Steuern zahlt, sondern die politische Zielsetzung der Freibeträge ist, daß bestimmte Effekte entstehen: also Lehrausbildung, lebenslanges begleitendes Lernen und ähnliches mehr –, nach drei, vier Jahren evaluiert, ob der Mitteleinsatz zum optimalen Effekt führt, und dann muß man entscheiden: Jawohl, das ist eine gute Sache!, oder: Nein, das war keine so gute Sache, es muß uns etwas anderes einfallen.

Ich glaube, im großen und ganzen sind diesbezüglich Maßnahmen gesetzt worden, die im wesentlichen auch den österreichischen Arbeitnehmern zugute kommen. Das ist vor allem auch deshalb wichtig, weil wir als hochtechnologisches Land hochqualifizierte Arbeitskräfte wollen und auch brauchen.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Mag. Walter Scherb, seine Zusatzfrage zu stellen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 27

Bundesrat Mag. Walter Scherb
(Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Laut Universitätsprofesor  Fritsch, Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses, wird die Steuerreform 2000 das österreichische Budgetdefizit im kommenden Jahr von bisher erwarteten 1,7 Prozent des BIP auf 2,2 bis 2,3 Prozent des BIP in die Höhe treiben.

Durch die Steuerreform ist es nicht gelungen – entgegen den Zielen –, dieses strukturelle Defizit abzubauen. Im Gegenteil. Meine Frage lautet: Wie sehen Sie die Gefahr, daß das strukturelle Defizit dem Wirtschaftsstandort Österreich besonders in konjunkturell schlechteren Zeiten schadet?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 28

Präsident Gottfried Jaud:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe der Bemerkung des Herrn Universitätsprofessors Fritsch, des Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses, nichts hinzuzufügen, außer daß er wahrscheinlich recht haben wird.

Ich habe vorhin ausgeführt, daß Steuerreform und Beschäftigungspolitik und Konsolidierungskurs in Einklang zu bringen sind. Wir haben das Ziel, bis zum Jahr 2002 ein nationales Defizit von 1,4 Prozent zu erreichen. Daher ist es notwendig, daß Sparsamkeit gerade auch im Bereich der Verwaltung, bei Verwaltungsabläufen, aber auch in anderen Bereichen praktiziert wird. Da gehören meiner Meinung nach auch die Finanzausgleichsverhandlungen dazu. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir auf Dauer bestimmte Fonds haben, die überproportional zum anderen Budget wachsen, und manche Regierungsmitglieder in der peinlichen Situation sind, alle Jahre nachdenken zu müssen, was sie mit zusätzlichen 1,5 bis 2 Milliarden machen. Das ist einem Konsolidierungskurs abträglich, und darüber wird man reden müssen.

Das hat übrigens auch der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen gesagt. Wir haben im Finanzausschuß des Nationalrates darüber geredet, und ich werde diese Diskussion weiterführen, weil da auch sehr kreative Vorschläge der Oppositionsparteien eingebracht worden sind, und ich will auch auf deren Kreativität nicht verzichten.

Es ist nämlich falsch, daß aufgrund der Geschichte Dotierungen von Fonds irgendwo an irgendwelche Einnahmen angebunden sind, die sich überproportional gegenüber dem gesamten Budget entwickeln. Denn was bedeutet das? – Es bedeutet, daß anderswo noch stärker gespart werden muß, und das ist, so glaube ich, nicht der richtige Kurs.

Ich bin der Meinung, daß wir mit einem klugen und solidarisch zwischen den Gebietskörperschaften auszuhandelnden Finanzausgleich auf dem richtigen Wege sind, wobei ich jetzt nicht mißverstanden werden will: Ich will den Ländern nichts wegnehmen, damit sich der Bund etwas erspart, denn für die Darstellung des nationalen Defizits ist das nämlich egal – das ist ein Sack, das ist der andere Sack –, sondern wir müssen gemeinsam sparen. Ich weiß, daß ich da durchaus manche Partner habe, aber ich weiß auch, daß es bei manchen etwas schwieriger wird. Mit Sparsamkeit steht man nämlich in der Zeitung nicht so gut da. Kreativität, die Ausgaben verursacht, ist überschriftenträchtiger. Aber ich glaube, daß der Finanzausgleich ein geeignetes System und Verfahren ist, weil wir in einem gemeinsamen Boot sitzen.

Wir haben auch den innerösterreichischen Stabilitätspakt. Es ist nämlich nicht nur die Republik Österreich der Europäischen Union beigetreten, sondern auch die Länder und Gemeinden, denn wir gehören zusammen. Daher haben wir auch die Ziele des österreichischen Stabilitätspaktes gemeinsam zu erfüllen, und da gehören auch die Fonds dazu. Denn auch die Fonds und auch die Sozialversicherung sind ein Teil der Darstellung der öffentlichen Finanzen – der Defizite, des Schuldenstandes und ähnliches mehr.

Ich bin da nicht so pessimistisch, obwohl natürlich eine Vorwahlkampfzeit eine denkbar schlechte Zeit ist, um so etwas emotionslos zu diskutieren. Aber es wird auch eine Zeit danach geben, und auf die bereite ich mich vor. (Heiterkeit.)

Präsident Gottfried Jaud: Ich bitte Herrn Dipl.-Ing. Hannes Missethon, eine weitere Zusatzfrage zu stellen.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen wurden zur Reduzierung der Lohnnebenkosten im Rahmen der Steuerreform gesetzt?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe bereits gesagt, daß wir keine grundsätzlichen Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten gesetzt haben – außer die nicht zu unterschätzende Maßnahme betreffend 7 Prozent bei Neugründungen. Ich möchte aber auch sagen, daß tendenziell die Lohnnebenkosten etwa im Jahre 1998 gegenüber dem Jahr 1997 abgenommen haben und daß die Bundesregierung in ihrem Koalitionsübereinkommen die Stabilisierung der Lohnnebenkosten versprochen hat.

Ich hätte mir eine Senkung gewünscht, aber aufgrund einer anderen Schwerpunktsetzung, nämlich Senkung der Steuern für die Menschen, war das nicht möglich. Lohnnebenkosten betreffen faktisch die Unternehmen, aber nicht direkt die Menschen. Das sind gewissermaßen anonyme Steuerausfälle, mit denen sich niemand identifiziert.

Eines ist hochinteressant: Jeder verlangt eine Senkung der Lohnnebenkosten. Wenn ich dann sage: gut, Senkung der Lohnnebenkosten und geringere Tarifsenkung!, dann sagt jeder: Na, so habe ich das nicht gemeint! Das ist in Wirklichkeit nämlich eine anonymisierte Steuersenkung. Das war aufgrund der Schwerpunktsetzung Tarife, Familie und, soweit möglich, Unternehmensbereiche bei diesem Volumen nicht möglich. Ich glaube aber, und davon bin ich wirklich überzeugt, daß die Diskussion, die diesbezüglich in ganz Europa geführt wird, dazu führt, daß dies eine permanente Aufgabe des nächsten Jahrzehnts ist, und zwar sowohl im Bereich der Ökologisierung des Systems als auch bei der Verbilligung der Arbeit. Das kann nicht gehen über weniger Lohn – da wäre ich politisch dagegen –, sondern es kann nur dadurch gehen, daß weniger Belastungen auf dem Faktor Arbeit liegen.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 1022/ M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Hensler, die Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Da gerade über die Landwirtschaft gesprochen wird, habe ich eine Frage, die zweifelsohne für die Bauern sehr wichtig ist:

1022/M-BR/99

Wie beurteilen Sie die Steuerbefreiung für die verpflichtende Beimischung von 2 Prozent biogenen Treibstoffen zu Dieselkraftstoffen?

Präsident Gottfried Jaud: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst einmal ist das natürlich nur eine Maßnahme im Bereich der Landwirtschaft, eine Maßnahme, die auch im Rahmen der Steuerpolitik sowie im Zusammenhang mit der Agenda 2000 zu sehen ist.

Wir werden, was gerade für die landwirtschaftlichen Unternehmungen wichtig ist, die Umsatzsteuerpauschalierung mit 1. 1. 2000 von 10 auf 12 Prozent erhöhen. Das ist immerhin ein Betrag in der Höhe von rund 1,2 Milliarden Schilling, obwohl ich – das muß ich schon sagen – vor zwei Jahren im Hinblick auf die Einkommensteuerpauschalierung bei den Landwirten bereits sehr großzügig war – Sie wissen das –, sodaß ich mich gefreut hätte, wenn man das auch öffentlich bemerkt hätte. (Bundesrat Ledolter: Gerecht, nicht großzügig! Gerecht!)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 29

Herr Bundesrat! Ich hätte mich trotzdem gefreut, wenn das jemand festgestellt hätte, zum Beispiel auch öffentlich, denn einige Bauernvertreter haben mir mehr oder weniger zugewispelt, daß sie das durchaus akzeptieren, auch meine – wie ich glaube, und das weiß auch der Herr Landwirtschaftsminister – massive Verhandlungstaktik im Bereich der Finanzminister im Hinblick auf die Agenda 2000 zur Landwirtschaft. Ein Bauernfresser bin ich also nicht; ich glaube, das ist bekannt. Ich bin nämlich der Meinung, daß die Landwirtschaft ein ganz wesentlicher Bestandteil der österreichischen Kultur ist und wir in einem Fremdenverkehrsland – wenn ich das so formulieren darf, ohne jetzt mißverstanden zu werden – neben dem ökonomischen Aspekt auch den Aspekt der Landschaftspflege nicht außer acht lassen dürfen. Daher hat die Landwirtschaft für mich einen hohen Stellenwert, und ich glaube, ich habe das durch meine Politik auch bewiesen. (Beifall des Bundesrates Ledolter. )

Ich gebe Ihnen recht, und ich nehme an, daß Sie das in der Zusatzfrage so gemeint haben, daß das, was sich die Landwirtschaft gewünscht hat, nicht durch diese Steuerreform geregelt wird, nämlich daß mit verpflichtender Beimischung und ähnlichem mehr Maßnahmen gesetzt werden, die im Interesse der Landwirtschaft sein könnten. Ich bin auch gar nicht so sehr überzeugt davon, daß es nur ein Vorteil für die österreichische Landwirtschaft wäre. Abgesehen davon, daß eine verpflichtende Beimischung EU-rechtlich gar nicht so einfach ist und daher zunächst einmal keine steuerliche Frage, sondern auch eine technische Frage ist, sind der Wirtschaftsminister und der Landwirtschaftsminister mit einem nicht unwesentlichen österreichischen Unternehmen, das derartige Treibstoffe herstellen könnte, im Gespräch.

Was wir jetzt tun, ist, daß der Einsatz biogener Treibstoffe dadurch gefördert wird, daß im Falle der Beimischung von Rapsmethylester zu Diesel die Mineralölsteuer auf die beigemischten Stoffe entfällt. Das ist nicht sehr viel, das weiß ich schon. Es ist mehr ein Signal, mehr ein Symbol. Eine verpflichtende Beimengung ist meiner Meinung nach aber keine fiskalpolitische Angelegenheit und fällt daher auch nicht in die Zuständigkeit des Finanzministers. Das muß anderswo entschieden werden. Man muß auch EU-rechtlich prüfen, ob es dann möglich ist, aus Wettbewerbsgründen zu sagen, auch andere dürfen in Österreich nur mehr solche beigemischten Treibstoffe verwenden. Ich glaube, daß das EU-rechtlich gar nicht so einfach ist, aber mehr haben wir nicht getan, als dieses Signal zu setzen, daß, falls beigemengt, die beigemengten Stoffe mineralölsteuerbefreit sind.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 30

Präsident Gottfried Jaud:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, Sie haben wenig Lob gehört. Danke schön für das Bekenntnis zu den Bauern und zur Wichtigkeit unseres Berufsstandes.

Trotzdem eine Zusatzfrage in diese Richtung: Welche weiteren Förderungsmaßnahmen im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe sind aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: An und für sich ist sicherlich jede Überlegung in diese Richtung zu prüfen, und zwar nicht nur unter dem Aspekt einer zusätzlichen Möglichkeit für die Landwirte, sondern man muß gleichzeitig darüber nachdenken, ob dann auch der Absatzmarkt gegeben ist. Wenn sich dann plötzlich quadratkilometerweise – ich weiß schon, daß wir nicht solch große Strukturen haben – Ölsaaten in Österreich ausbreiten, ist die Frage, ob das, was am Ende dabei herauskommt, auch marktfähig ist. Meiner Meinung nach kann es nicht so sein, daß man zwar aus irgendwelchen grundsätzlichen Überlegungen heraus sagt: Das muß man tun, aber der Konsument darf nicht mit Mehrkosten belastet werden, also muß diese Kosten der Steuerzahler tragen! – Als wenn das jemand anderer wäre als der Konsument!

Daher: Solange nicht die Marktfähigkeit solcher Produkte gegeben ist, hat das mit Marktwirtschaft sehr wenig zu tun: Nachdem ich ein Anhänger der sozialen Marktwirtschaft bin ... (Bundesrat Hensler: Ökosozial!) " Ökosozial" kann doch nicht "subventioniert" heißen. Da fallen Sie doch in den finstersten Dirigismus der protektionistischen Wirtschaft zurück, und dagegen bin ich ganz entschieden! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Karl Drochter, seine Zusatzfrage zu stellen.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Wird zur verpflichtenden Beimischung für biogene Treibstoffe zum Diesel eine gesetzliche Maßnahme notwendig sein oder eher nicht?

Präsident Gottfried Jaud: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Für den Fall, daß es verpflichtend beigemischt werden muß, ist eine gesetzliche Grundlage dazu erforderlich, wie bei allem, was sein muß.

Ich glaube, daß wir wahrscheinlich größere Probleme innerhalb der Europäischen Union bekommen könnten, wenn wir uns einer Zwangsbeimischung verschreiben. Weiters glaube ich –darauf muß man in diesem Zusammenhang schon aufmerksam machen –, daß die Kontrolle, ob den aus dem Ausland stammenden Treibstoffen dann tatsächlich biogene Stoffe beigemischt worden sind, einen erheblichen Aufwand verursachen würde. Ich glaube, daß die Überlegungen selbst der Beimischungsfreaks nicht so weit gehen, daß wir dann etwa die Einfuhr von Diesel aus dem Ausland untersagen würden, denn das wäre überhaupt nicht EU-konform.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Bei der Beimischung von biogenen Stoffen, so haben Sie gesagt, entfällt die Mineralölsteuer. In diesem Zusammenhang darf ich Sie fragen: Können Sie auch ausschließen, daß mittelfristig bei den Dieselkraftstoffen eine Erhöhung der Mineralölsteuer vorgenommen beziehungsweise eine Abgabe auf Dieselkraftstoffe eingeführt wird?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Im Rahmen der Steuerreform 2000 und damit auch der Grundlage für die Budgeterstellung 2000 ist das nicht vorgesehen.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1034//M, an den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth, die Anfrage zu verlesen.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1034/M-BR/99

Ab wann wird in welcher Höhe der jährliche österreichische EU-Beitrag aufgrund der Ergebnisse des Europäischen Rates von Berlin gesenkt werden?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst einmal bin ich Ihnen für die Frage wirklich dankbar, Frau Bundesrätin, weil ich damit auch hier im Bundesrat die Möglichkeit habe, ohne einen Anflug von Selbstbeweihräucherung feststellen zu dürfen, daß die Österreicher gemeinsam mit den anderen Nettozahlern ein durchaus respektables Ergebnis zustande gebracht haben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Nicht ganz ohne Stolz möchte ich aber schon darauf hinweisen, daß die Kernentscheidung, die Entscheidung, daß es überhaupt zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Nettozahlerposition Österreichs bis zum Jahr 2006, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, massiv sinken wird, das Konzept der realen Ausgabenstabilisierung war. Dieses Konzept ist in Österreich und von Österreichern während unserer Präsidentschaft faktisch als der dritte Weg zwischen der Deckelung


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
653. Sitzung / Seite 31

von Nettobeiträgen – was zu Absurditäten geführt hätte – und der Begehrlichkeit der Nettoempfänger entwickelt worden. Es ist dies ein Konzept, das zu klaren Auswirkungen führt, nämlich daß der Grundsatz der Budgetsparsamkeit, der auch in den Stabilitätsprogrammen der 15 EU-Nationalstaaten enthalten ist, auch künftighin im EU-Haushalt gilt.

Der österreichische Nettobeitrag, der im Jahr 1999 etwa 0,43 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen dürfte – vielleicht werden es auch 0,437 oder 0,29 Prozent –, wird sich durch diese Maßnahmen bis zum Jahr 2006 sukzessive auf 0,31 Prozent des Bruttoinlandsproduktes reduzieren. Die wesentlichste Einsparung beginnt im Jahr 2002 zu greifen, und zwar mit Inkrafttreten des neuen Eigenmittelbeschlusses, wobei dabei besonders die neue Finanzierung des Rabattes des Vereinigten Königreiches für Österreich wirksam werden, sodaß Österreich nur mehr 25 Prozent seiner ursprünglichen Finanzierungsverpflichtung zu leisten hat.

Ich möchte als zweiten Aspekt etwas erwähnen, das zunächst einmal in zwei Schritten in Kraft tritt: Die Eigenmittelmehrwertsteuer-BSP-Veränderung in zwei Etappen bringt Österreich nicht Unwesentliches. Weiters ist es uns gelungen, die Gemeinschaftsinitiativen so aufzustocken, daß durch ein verändertes INTERREG-Programm – die österreichischen Grenzregionen und die österreichische Staatsgrenze zu den Reformstaaten sind in Kilometern gemessen etwa so groß wie jene der Bundesrepublik Deutschland – Verbesserungen erzielt wurden. INTERREG ist nun auch möglich ohne grenzüberschreitende Partner, auch innerhalb dieser armen Regionen, und es handelt sich dabei eher um Regionen, die Probleme haben, und zwar aufgrund der europäischen Geschichte. Österreich, Ostösterreich vor allem, war so etwas wie ein Blinddarm innerhalb des kommunistischen Blockes. Natürlich hat es Privatinvestitionen in diesen Bereichen nur in einem geringeren Maße gegeben, wodurch sich auch das West-Ost-Gefälle innerhalb Österreichs erklären läßt.

Wir bekommen also zusätzlich 5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2006, sodaß sich dadurch der Nettozahlerbeitrag Österreichs auf 0,31 Prozent vermindert. Ich glaube, daß es dieses Verhandlungsergebnis durchaus verdient, auch in Österreich akzeptiert und anerkannt zu werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Kollegin.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Herr Minister! Der Europäische Rat und auch das Europäische Parlament haben sich aber schon für eine Europasteuer ausgesprochen. Ab wann, Herr Minister, rechnen Sie mit der Einführung einer solchen Europasteuer, und wie wird sich das auf die Senkung der Beitragszahlung Österreichs auswirken?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Würde ich jetzt in meinem Stammbeisl sitzen, würde ich sagen, das ist eine Elfer-Frage. Ich weiß nicht, welche Aspekte einer europäischen Versteuerung überhaupt unterlegt werden könnten. Kerosinsteuer vielleicht; ich weiß es nicht.

Wie hoch ein solches Aufkommen von einer Steuer ist, von der ich eigentlich noch nicht weiß, ob es diesen Steuergegenstand überhaupt gibt und ob sich die Mitgliedstaaten darauf einigen, kann ich daher nicht sagen. Das ist nämlich auch noch eine ganz wichtige Sache. Das Europäische Parlament ist eine respektable Einrichtung, aber ohne Zustimmung der 15 Mitgliedstaaten, nämlich auf Ratsebene, gibt es keine Europasteuer.

Zum dritten: Welche Auswirkungen etwas, von dem man eigentlich noch gar nicht weiß, was es ist, wie hoch es ist und welchen Aufgaben es gerecht werden soll, auf die Nettozahlerposition Österreichs hat, kann ich beim besten Willen nicht sagen, da bin ich wirklich überfordert.

Eine These gefällt mir an und für sich ganz gut: daß es etwa, was immer es sein mag, zusätzliche europäische Initiativen im Bereich von Forschung und Technologie geben soll. Ich glaube, daß es auch im Wettstreit der großen Wirtschaftsräume auf unserer Welt darauf ankommen


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wird, daß man im Know-how-Bereich, in der Technologie, in verschiedenen Bereichen – nicht überall, aber in verschiedenen Bereichen – Spitze wird. Daher gefällt mir dieser intellektuelle Ansatz einer intellektuellen Diskussion über eine mögliche gesamteuropäische Steuer recht gut.

Es tut mir leid, Frau Bundesrätin, daß ich wirklich nicht in der Lage bin, Ihnen konkretere Dinge zu sagen. Für den Fall, daß sich die 15 Mitgliedstaaten etwa – bleiben wir beim Bereich Kerosin – für Kerosin so etwas überlegen sollten: Ich halte es wirklich für verrückt, daß die, die am meisten stinken, die über uns drüberfliegen, wo wir drinnensitzen, dafür keine Steuer zahlen. Aber diesbezüglich sind umfangreiche Verhandlungen auch mit Drittstaaten notwendig. Sie werden mir doch recht geben, daß es wahrscheinlich kein Flugunternehmen geben wird, das in Wien tankt, wenn man in Bratislava keine Steuer zahlt. Das ist also auch noch unter ganz anderen Aspekten zu sehen, und ich glaube, es ist viel zu früh, sich das Fell eines Bären zu teilen, wenn dieser Bär möglicherweise noch gar nicht geboren ist.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister. (Bundesrat Dr. Tremmel: Wenn die Finanzminister einmal diskutieren, wird es für den Steuerzahler gefährlich!)

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dr. Linzer gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Bundesminister! Inwieweit können die Verhandlungsergebnisse von Berlin auch die Finanzierbarkeit der EU-Osterweiterung vorbereiten, allenfalls auch sichern?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich glaube, daß die Ergebnisse der Verhandlungen der Agenda 2000 überhaupt die wesentliche Voraussetzung sind, um über die Erweiterung zu diskutieren. Eine Kostenbelastung etwa in der Höhe, wie wir sie heute vorfinden, vor allem von den reichen europäischen Ländern, also den Nettozahlern, vor allem von Deutschland, den Niederlanden, von Schweden und Österreich – das sind die vier großen Nettozahler in der Europäischen Union –, bei Aufrechterhaltung etwa bestimmter Rabattmodalitäten des Vereinigten Königreiches auch im Hinblick auf die Beitritte hätte dazu geführt, daß man zwar weiter theoretisch hätte diskutieren können, aber vom Volumen her man ohne massive Probleme in der EU-15, nämlich auch bei den Menschen, gar nichts bewerkstelligen hätte können.

Das ist aber nicht alles, das heißt, die Erweiterung ist noch nicht gelaufen – persönlich glaube ich, daß sie irgendwann im nächsten Jahrzehnt stattfinden wird, aber keinesfalls zu den Jahreszahlen, die da kommuniziert worden sind –, und das aus einem ganz einfachen Grund: Das ist nicht nur eine politische Entscheidung, sondern das ist vor allem eine wirtschaftspolitische Frage, die hier gelöst werden muß. Das heißt, da gehören Systeme abgestimmt, da gehören Strukturen der Länder, der Reformstaaten, die in einem Veränderungsprozeß begriffen sind, verändert.

Ich bin durchaus dafür – es war auch gescheit –, etwa nach dem System der Grundlinie mit Verhandlungen zu beginnen, aber jetzt sollte man nach dem Prinzip der Segelregatta jenen aufnehmen, der die Ziellinie überschreitet. Die Ziellinie ist dann überschritten, wenn die Finanzinstitutionen stimmen, wenn die Finanzdienstleistungen stimmen, wenn bestimmte Rechtsvoraussetzungen stimmen und vor allem dann, wenn die gesamte nationale Volkswirtschaft eines solchen Staates dazu in der Lage ist.

Dazu gehört dann vor allem auch die Frage des Arbeitsmarktes, die aber nicht nur als Schutzmechanismus für unseren Arbeitsmarkt gesehen werden kann. Entschuldigen Sie, das ist doch überhaupt keine Frage! Bei vielen Gesprächen – wir hatten relativ viele Kontakte auf politischer Ebene – konnten wir feststellen, daß es nicht so ist, daß irgendeiner der Reformstaaten ohne irgendwelche Übergangsfristen gerade betreffend den Arbeitsmarkt in die Europäische Union hineindrängt. Das ist auch für diese Staaten verheerend, denn die wenigen exzellent ausgebildeten Menschen, die sie haben, würden als erste fortgehen, weil sie in Westeuropa viel mehr bezahlt bekommen. Diese Menschen werden aber zum Aufbau der Wirtschaften dieser Staaten


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gebraucht. Wenn also etwa bei der Süderweiterung Übergangszeiten von acht Jahren vorgesehen waren, obwohl der Unterschied beispielsweise zwischen dem spanischen und dem portugiesischen Bruttoinlandsprodukt zum französischen unvergleichlich geringer war als der zwischen dem österreichischen und dem deutschen im Verhältnis zum tschechischen, ungarischen, slowenischen oder polnischen, ist es legitim, daß wir im wechselweisen Interesse allfällige Beitritte so vornehmen, daß sie beiden Seiten dienen.

Daß Europa nicht an den Grenzen der Europäischen Union haltzumachen hat, daß die Europäische Union nicht Europa ist, das, so glaube ich, brauche ich nicht besonders zu betonen, und daß es langfristig auch nicht wünschenswert ist, daß etwa 60 Kilometer östlich von da, wo wir uns jetzt befinden, eine vielleicht auf ewige perpetuierte Wohlstandsgrenze verläuft, ist eigentlich auch ein Szenario, das mir politisches Unbehagen bereitet.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage liegt von Herrn Bundesrat Meier vor. – Bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Wie wirkt sich diese Entwicklung relativ sinkender EU-Beiträge auf die Bundesländer und Gemeinden aus?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Es ist gar keine Frage, daß vor allem durch die Veränderungen bei den Strukturfonds innerösterreichische Diskussionen erforderlich sind. Bekanntlich wird das Ziel-2-Gebiet verkleinert – wir haben zwar diese von allen akzeptierte Schutzklausel mit dieser Drittellösung, wonach künftighin nicht mehr als ein Drittel der Bevölkerung in einem Förderungsgebiet sein darf –, wichtig ist, daß das Burgenland bis zum Jahr 2006 Ziel-1-Gebiet bleibt, und wichtig ist vor allem, daß es uns gelungen ist, gerade diese Gemeinschaftsinitiativen aufzustocken, weil ein nicht unwesentlicher Teil von Ziel-2- und -5b-Gebieten in diese Regionen fallen.

Ich weiß nicht, ob das gestern bei den Landeshauptleuten schon erstmals angesprochen worden ist, aber ich gehe davon aus, daß die Landeshauptleute und die Landesfinanzreferenten diese Frage diskutieren werden müssen, weil sich dann – zu Recht – möglicherweise einige Bundesländer nicht besonders gerecht behandelt fühlen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 8. Anfrage, die Herr Bundesrat Grillenberger stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

1029/M-BR/99

Inwiefern hat der Abschluß der Agenda 2000 dazu beigetragen, die Entwicklung der EU nachhaltig abzusichern?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich glaube, daß die Agenda 2000 aus vielerlei Gründen ein ganz wesentliches Dokument ist. Es ist an sich bedauerlich, daß das durch die öffentliche Diskussion über den finanzpolitischen Aspekt der Agenda 2000 im Bewußtsein der Menschen so verankert ist, als ob es sich um eine mittelfristige Budgetprognose handeln würde. Die Agenda 2000 ist in Wahrheit ein umfassendes politisches Papier, in dem Fragen des Binnenmarktes, in dem auch Fragen der Steuerpolitik indirekt eine bestimmte Rolle spielen und das natürlich auch die Frage der Erweiterungsstrategien – Vorbeitrittsfazilitäten und ähnliches – enthält.


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Ich glaube, daß nach der Verwirklichung des Binnenmarktes sowie der gemeinsamen Währung die Europäische Union nun mit der Agenda 2000 ein weiteres wichtiges Reformpaket innerhalb nur weniger Jahre erfolgreich zum Abschluß gebracht hat. Vielleicht ist das in manchen Bereichen der Reformen nicht in dem ursprünglich beabsichtigten Tempo geschehen, aber ich glaube, daß in diesem Fall weniger mehr ist, weil letztendlich auch eine Reformpolitik, egal, auf welcher Ebene sie sich abspielt, egal, ob auf Ebene der Europäischen Union oder auf nationaler Ebene, auch die Akzeptanz der Bürger der Länder benötigt. Ich glaube, diese Veränderung in den Strukturpolitiken – etwa in der Landwirtschaft, im Bereich der ländlichen Entwicklung, in den Ziel-2-Gebieten, im Bereich der Technologie und Forschung – ist durchaus so maßvoll angesetzt, daß die Akzeptanz der europäischen Bürger dafür zu erreichen sein wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage, Herr Bundesrat? – Das ist nicht der Fall.

Hingegen wünscht Herr Bundesrat Eisl eine Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Wie hoch ist der finanzielle Beitrag Österreichs zur Agenda 2000?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Jetzt bin ich ein bißchen irritiert, aber vielleicht geht es so: Die Agenda 2000 – noch einmal – hat einen finanzpolitischen Aspekt. Dieser finanzpolitische Aspekt wird in der mittelfristigen Finanzvorschau für die Jahre 2000 bis 2006 niedergelegt. Aufgrund der Entscheidungen, die wir in Berlin getroffen haben, aufgrund des Prinzips der realen Ausgabenstabilisierung und aufgrund der Tatsache, daß gerade im Landwirtschaftsbereich gewisse Marktmechanismen etwas später in Kraft treten, wird sich der österreichische Nettobeitrag von 0,43 auf 0,31 bis zum Jahr 2006 verändern. Das ist das, was dem österreichischen Steuerzahler als Beitrag in die Europäische Union rein fiskaltechnisch zugemutet wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Dr. Maier. – Bitte.

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister! Es gibt eine Frage, die mich seit dem Abschluß der Agenda geradezu quält, und da Sie in Ihren Ausführungen insbesondere bei Punkt 3 davon gesprochen haben, daß es kleine Dellen, aber auch Hügelchen gibt, hätte ich gern gewußt: Wie wirkt sich der Abschluß der Agenda im Zusammenhang mit der Förderung der Grenzregionen in Österreich aus?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst einmal, sehr geehrter Herr Bundesrat: Wir kennen einander schon so lange, und Sie wissen, daß ich gerne dazu beitrage, Ihre Qualen zu erleichtern. Also wenn mir das gelänge, wäre ich sehr zufrieden. (Heiterkeit.)

In diesem Zusammenhang schneiden Sie natürlich eine sehr relevante Frage an, nämlich die, daß die Mittel für Gemeinschaftsinitiativen aus Brüssel nur dann fließen, wenn entsprechende nationale Kofinanzierungen gegeben sind. Das heißt, die EU sagt nicht: Lieber Herr Finanzminister, da hast du jedes Jahr, ich weiß nicht, 5 Milliarden Euro, dividiert durch sieben, mach damit, was du willst! So geht das nicht, sondern es muß konkrete Projekte geben, die bis zu einem Finanzierungsdeckel von 5 Milliarden Euro in der Finanzperiode 2000 bis 2006 nach Österreich fließen können, vorausgesetzt – da sind jetzt natürlich die Länder gefragt; auch der Bund, aber in erster Linie die Länder – in den beschriebenen Gebieten, in denen diese Gemeinschaftsinitiativen und vor allem die modifizierten INTERREG-Programme zum Einsatz kommen können, werden die entsprechend relevanten Projekte a) entwickelt – dafür sind auch private Finanzierungen erforderlich – und b) die entsprechenden Kofinanzierungen zur Verfügung gestellt.


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Das wird Gemeindebudgets treffen, das wird Länderbudgets treffen, das wird selbstverständlich auch das Bundesbudget treffen – so wie wir auch bisher schon zu Kofinanzierungen beigetragen haben –, aber es wird darum gehen, daß in den betroffenen Gebieten schlaue Projekte entwickelt werden. Es geht nicht nur darum, daß Geld fließt, das letztendlich auch österreichisches Steuergeld kostet, sondern auch darum, daß dann jener entsprechende Effekt gegeben ist, wie er durch die Realisierung eines EU-Projektes möglich ist. Ich habe nicht den Ehrgeiz, die 5 Milliarden Schilling auch dann auszuschöpfen, wenn es vom Effekt her ein Nullerl ist, sondern hier sind ganz einfach die Regionalpolitiker in extremem Maße gefordert und eingeladen, letztendlich jene Projekte zu entwickeln, die erforderlich sind, damit wir diese Mittel auch in Anspruch nehmen können.

Ich hoffe, daß mit dieser Antwort die Qual erträglicher geworden ist, Herr Bundesrat! (Heiterkeit.)


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 9. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. Linzer stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1023/M-BR/99

Welche Maßnahmen planen Sie im Zusammenhang mit der angekündigten Neugestaltung der österreichischen Bankenaufsicht?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich glaube, daß das eine sehr wichtige Frage ist, die einen sehr wichtigen Problembereich betrifft.

Ich habe, als es im vergangenen Jahr einige Vorfälle in diesem Bereich gegeben hat, die mich nicht mit besonderer Freude erfüllt haben, von Anfang an gemeint, daß es falsch wäre, wenn man so aus der Hüfte heraus aufgrund eines Anlasses so etwas wie eine Anlaßgesetzgebung machte, nur um zu dokumentieren: Es ist etwas geschehen! Mir geht es vielmehr darum, und mir erscheint es durchaus notwendig, im System der österreichischen Bankenaufsicht – wobei sämtliche Gutachter sagen, daß die Struktur des Systems der österreichischen Bankenaufsicht, die nicht nur die Bankenaufsicht im Finanzministerium umfaßt, sondern die Kette vom Aufsichtsrat über Wirtschaftsprüfer bis hin zur Bankenaufsicht und auch zur Einbindung der Notenbank, an und für sich ein in sich geschlossenes und im wesentlichen auch taugliches System darstellt – Verantwortlichkeiten klarer herauszuarbeiten und zu definieren, weil es ganz einfach, auch wenn es rechtlich so festgelegt ist, unbefriedigend ist, den Eindruck zu erwecken, daß letztendlich, wenn etwas passiert, überhaupt keiner die Verantwortung dafür hat.

Wir haben daher bereits im vergangenen Jahr Ernst & Young als Berater eingebunden, wir haben weiterführende Gespräche mit sehr vielen österreichischen Experten geführt, die ich jetzt namentlich deshalb nicht nennen möchte, weil sie das nicht wollen – ich darf aber sagen, daß sie diese Beratung kostenlos durchgeführt haben, worüber ich mich ganz besonders gefreut habe, und zwar nicht deshalb, weil es mein Budget zusammengehaut hätte, sondern weil es faktisch Engagement zum Ausdruck bringt –, und wir haben insbesondere natürlich auch Gespräche mit der österreichischen Notenbank geführt.

Als Ergebnis dieser Gespräche ist geplant, die Bankenaufsicht – da gibt es kaum Einwände, aber ich werde das jetzt trotzdem sehr vorsichtig formulieren, solange das politisch noch nicht total akkordiert ist – der Nationalbank als beliehenem Unternehmen zu übertragen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist in Ausarbeitung, entspricht vielen europäischen Systemen, vermeidet Doppelgleisigkeiten und führt letztendlich auch dazu, daß eine optimale Kooperation aller mit der Angelegenheit befaßten Personen erreicht wird. Daß selbstverständlich die legistische Verantwortung im Bundesministerium für Finanzen zu verbleiben hat, versteht sich von selbst.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Kollege.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zu der von vielen Seiten geforderten sogenannten Allfinanzaufsicht?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe das eigentlich nicht von so vielen Seiten gehört, sondern ganz im Gegenteil: Als ich einmal als eine der Varianten eine Allfinanzaufsicht unter Einbindung von Wertpapieren und Versicherungen öffentlich geäußert habe, habe ich öffentlich eigentlich nur vernommen, daß das keine optimale Struktur ergeben würde. Es hat sich in der Zwischenzeit auch herausgestellt, daß es in Europa nur in einem Land, so glaube ich, so eine ähnliche Konstruktion wie eine Allfinanzaufsicht gibt, daß in anderen europäischen Ländern eher völlig differenzierte Systeme funktionieren.

Mir persönlich, aber auch vielen unserer Experten kommt das niederländische System optimal vor. Die Niederländer haben ein System, bei dem das operative Handling faktisch bei der Notenbank liegt. Daher werden wir uns – das ist noch ein Diskussionsprozeß, aber wenn ich mir gestatten darf, bringe ich zum Ausdruck, daß auch ich dem zuneige – in diese Richtung hin bewegen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Prähauser gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Welchen Zeitraum nehmen Sie sich vor, um Ihr Vorhaben einer Neugestaltung der Bankenaufsicht umzusetzen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Vorausgesetzt, daß nicht noch in letzter Sekunde politische Irritationen auftreten, könnte ich mir vorstellen, daß eine gesetzliche Veränderung noch in dieser Legislaturperiode möglich wäre.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Schließen Sie aufgrund der von Ihnen genannten Neuordnung der Bankenaufsicht Bankinsolvenzen zu Lasten der Sparer aus?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: So etwas kann man an sich nie ausschließen. Das würde letztendlich bedeuten, daß sich das Risiko vom Sparer auf den Steuerzahler verlegt. Denn wenn eine kriminelle Handlung zugrunde liegt und wenn kein Versäumnis irgendeines öffentlichen Bereiches vorliegt, dann ist jeder seines Glückes eigener Schmied.

Es geht darum, ein effektives Bankenaufsichtssystem zu entwickeln, aber kriminelle Handlungen sind nie ausgeschlossen, und ich kann mir nicht vorstellen, daß man eine Gruppe von Sparern aus Mitteln der Steuerzahler schadlos hält, aus Mitteln, die auch von jenen kommen, die aufgrund eines geringen Einkommens überhaupt über kein Sparguthaben verfügen. Ich glaube, daß das eine Umverteilung wäre, die ich nicht vertreten möchte.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


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Wir kommen nun zur 10. Anfrage, die Herr Bundesrat Freiberger stellt. Ich bitte ihn um Verlesung.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1030/M-BR/99

Ist der Umfang der Steuerreform ausreichend, um die kalte Progression auszugleichen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Nach Analysen des IHS, das in seinen Analysen Berechnungen des Finanzministeriums meistens eher kritisch gegenübersteht, sind Effekte der kalten Progression seit der letzten Tarifanpassung im Jahr 1994 mit etwa 6 Milliarden Schilling inklusive 1998 angenommen worden. Da die Steuerreform erst im Jahr 2000 in Kraft tritt, muß man auch das Jahr 1999 mitrechnen – dabei möchte ich außer acht lassen, daß natürlich Inflation und kalte Progression schon in einem ursächlichen Zusammenhang stehen und die Inflationsrate derzeit recht niedrig ist –, daher gehe ich davon aus, daß der Effekt vielleicht bei 10 Milliarden Schilling liegen wird. Die Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerzahler wird 17 Milliarden Schilling ausmachen, sodaß ich glaube, ohne Übertreibung feststellen zu können, daß die kalte Progression durch die Lohnsteuerreform, die mit 1. Jänner 2000 in Kraft tritt, mehr als abgegolten wird. – Selbstverständlich vorausgesetzt, daß das Parlament das beschließt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Kollege Freiberger! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Wie beurteilen Sie die soziale Ausgewogenheit dieser Steuerreform?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Es war für mich immer ein ganz wichtiger Aspekt, daß Steuerpolitik natürlich auch angewandte Gesellschaftspolitik ist. Das ist jetzt gar nicht politisch dogmatisch, sondern das ist eine ganz realistische Feststellung. Steuerpolitik ist massiv angewandte Gesellschaftspolitik, denn wer wieviel Steuer zahlt, ist eben auch eine Frage eines politischen Weltbildes. Das steht überhaupt nicht zur Diskussion.

Ich bin sehr froh, daß sich die Koalitionsregierung darüber verständigt hat, den Aspekt der sozialen Ausgewogenheit bei dieser Steuerreform in besonderem Maße zu berücksichtigen. Ich habe schon bei einer der vorherigen Fragen gesagt, daß dies beispielsweise gerade bei der Lohn- und Einkommensteuerreform dadurch zum Ausdruck kommt, daß Einkommensbezieher bis 20 000 S 60 Prozent des gesamten Volumens, also 11 Milliarden Schilling, bekommen werden, und zwar deshalb, weil man sich künftig schon relativ bald, nämlich bei einem monatlichen Bruttoeinkommen in der Höhe von 13 000 S, jährlich 4 000 S Steuern ersparen wird. Jemand, der 30 000 S monatliches Einkommen hat, wird sich 5 000 S im Jahr ersparen, und jemand, der über 41 000 S oder 100 000 S oder 1 Million Schilling im Monat verdient – die Höhe ist dann völlig Wurscht –, wird sich nur 7 000 S Steuern im Jahr ersparen können.

Das heißt, es sind die kleinen und mittleren Einkommen in besonderem Maße berücksichtigt worden. Das hat einen wirtschaftspolitischen Grund – ich habe immer wieder betont, daß das für mich gar nicht so sehr ein ideologischer Grund ist als vielmehr ein wirtschaftspolitischer –, nämlich Ankurbelung der Inlandsnachfrage, und das hat einen immens sozialpolitischen Grund, weil ich glaube, daß das vor allem den Beziehern kleiner Einkommen zugute kommt, somit sehr vielen Frauen, sehr vielen Alleinerzieherinnen, denn diese befinden sich in dieser Einkommensgruppe.


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Daher glaube ich, daß von der sozialen Mischung und von der Ausgewogenheit her sich die Steuerreform tatsächlich sehr positiv anlassen wird, und ich meine auch, daß die österreichische Bevölkerung das durchaus so registrieren wird. (Beifall bei der SPÖ.)


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653. Sitzung / Seite 39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Meinen Sie nicht, daß aus sozial- und wirtschaftspolitischen Gründen der freiheitliche Vorschlag einer Flat-tax am ehesten die kalte Progression verhindern würde?


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sie haben selbstverständlich recht, daß die Flat-tax nicht nur die kalte Progression stärker abgelten, sondern im gleichen proportionalen Verhältnis das österreichische Budget ruinieren würde. Daher habe ich diesen Weg nicht beschritten. (Beifall bei der SPÖ.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird Herr Bundesrat Schaufler stellen. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zu der Aussage von Professor Ruppe, einem der Präsidiumsmitglieder der Steuerreformkommission, daß es durch die Tarifmaßnahmen der geplanten Steuerreform zu einer Verschärfung der Steuerprogression kommen wird?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe diese Aussage des Herrn Professors gelesen. Ich kann das nur so interpretieren, daß er kritisiert oder feststellt, daß natürlich eine Anhebung von Absetzbeträgen einen anderen Effekt auf künftige progressive Entwicklungen hat als eine Tarifsenkung.

Wir haben aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit davon Abstand genommen, die Tarifreform nur durch eine Absenkung von Prozentsätzen vorzunehmen, weil dies dazu geführt hätte, daß die Bezieher der höchsten Einkommen den größten Nutzen davon gehabt hätten und Menschen, die sehr wenig verdienen, einen sehr geringen Nutzen. Denn wenn ich jemandem, der 13 000 S verdient und möglicherweise 1 000 S im Jahr an Steuern zahlt, 2 Prozent abgelte, dann entspricht das dem Gegenwert einer Wurstsemmel, wenn ich aber dem Direktor 2 Prozent abgelte, dann beträgt der Gegenwert möglicherweise mehr, als jemand mit 20 000 S in einem Monat zur Abdeckung irgendwelcher Bedürfnisse über das Regelmäßige hinaus zur Verfügung hat.

Darin kann ich keine soziale Ausgewogenheit erkennen, und daher nehme ich die Kritik des von mir wirklich sehr geschätzten Herrn Professors zur Kenntnis.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 11. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein stellen wird. Ich bitte ihn um Verlesung.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

1024/M-BR/99

Wie beurteilen Sie die Zukunft der Wiener Börse im Lichte der nun abgeschlossenen Börsereform?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Der Finanzdienstleistungssektor ist, wie es unbestrittenerweise der Fall ist, durch neue Informationstechnologien und Kommunikationsformen, speziell auch im europäischen Kontext durch Österreichs EU-Mitgliedschaft und den Euro geprägt. Auch spielen natürlich Größenvorteile im Finanzdienstleistungssektor vermehrt eine ganz entscheidende Rolle. Großfusionen im internationalen Banken- und Versicherungswesen unterstreichen, wie ich meine, diese Tendenz sehr eindrucksvoll.

Kleinere Mitspieler in diesem Bereich – die Wiener Börse zähle ich dazu – können sich, wie ich meine, in diesem Umfeld nur durch fokussierte Differenzierung und die Bildung von Allianzen behaupten. Das ist auch der Weg, der hier eingeschlagen worden ist, denn unter diesen Voraussetzungen sind eben die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet und zum Teil schon abgeschlossen worden, zum Teil befinden sie sich in der Umsetzungsphase.

Ich möchte nur einige beispielhaft nennen: Dazu gehört etwa, daß im Börsenrecht die Grundlagen für die Übernahme der Leitung der Wiener Börse durch ein privates Unternehmen geschaffen worden sind, weiters die Fusion von Kassa- und Terminmarkt, die Kooperation mit der Deutschen Börse AG, die Übernahme des Handelssystems Xetra, der Börsenverbund und damit die technische Anbindung an paneuropäische Börsennetze und ähnliches mehr.

Ich glaube, daß die Zukunft zeigen wird, daß die Kooperation mit der deutschen Börse wichtig ist, daß eine bestimmte Drehscheibenfunktion in die mittelosteuropäischen Staaten zumindest eine Chance darstellt, aber daß wir selbstverständlich durch die Maßnahme, die wir gesetzt haben – also mit der Konzentration auf diese beiden Kernkompetenzen, nämlich eine liquide Heimatbörse Wien für Unternehmen aus Österreich und eine mittel- und osteuropäische Börse in einer engen Zusammenarbeit mit der deutschen Börse zu sein –, durchaus eine, wie ich meine, erfolgreiche Nischenstrategie versuchen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall.

Eine Zusatzfrage wird aber vom Herrn Bundesrat Grillenberger gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wird es durch die Börsenreform einen breiteren Zugang der Allgemeinheit zu Börsen geben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: An und für sich ist das eine fast strategische Frage. Ich meine, Aktiensparen ist in Österreich nicht sehr weit verbreitet. Das hängt vielleicht mit der Geschichte zusammen. Manches wird in anderen Ländern anders gesehen. Wir haben auch nicht gerade einen durchschlagenden Erfolg mit dem Versuch, klein- und mittelbetrieblichen Börsenhandel zu betreiben.

Ich glaube, daß hier bestimmte Entwicklungen abgewartet werden müssen beziehungsweise auch eine entsprechende Informationspolitik gemacht werden muß. Um das zu präzisieren: Eine Prognose, ob sich der kleine Mann künftig an der Börse bewegen wird, möchte ich hier eigentlich nicht abgeben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Dient die Verlängerung der Spekulationsfrist bei Wertpapieren auf der Börse vulgo Aktiensteuer – bitte beachten Sie, wie ich hier abgekürzt habe – der Verbesserung der Bonität des Wiener Börsenplatzes, oder ist das eine tolle Förderungsaktion etwa für Schweizer Banken?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst möchte ich feststellen, daß Steuerpolitik auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist. Wenn jeder Arbeiter, jeder Angestellte und auch jeder Beamte, sehr geehrter Herr Bundesrat, für alles, was er verdient, Steuern zahlen muß, dann leuchtet es mir nicht ein, warum Gewinne, die noch dazu spekulativ – nämlich in einer sehr kurzen Frist – erreicht werden, steuerfrei sind.

Was wir nicht wollen – darauf hat sich auch die Bundesregierung festgelegt –, ist, daß der Aktiensparer, der für seine persönliche Altersversorgung in Aktien geht, von einer solchen Steuer erfaßt wird – das war eines der Hauptargumente –, sondern erfaßt werden soll derjenige, der innerhalb einer Spekulationsfrist, die wir von einem Jahr auf zwei Jahre ausdehnen, Gewinne macht – diese kann er selbstverständlich gegen allfällige Verluste gegenrechnen –, und das geht auf zwei Wegen.

Denn auch jetzt müßte jemand, der in der Spekulationsfrist von einem Jahr einen Aktiengewinn macht, Steuer zahlen. Aber wissen Sie, was derzeit passiert? – Es passiert ungefähr das gleiche, was beim Sparbuchsparer vor der KESt passiert ist: Man vergißt ganz einfach, allfällige Gewinne in der Einkommensteuererklärung einzutragen.

Ich möchte durch diese Maßnahmen eigentlich nichts anderes erreichen, als daß auch der Staat – und damit der Steuerzahler – aus dem Segment der Spekulationsgewinne jenen steuerlichen Anteil erhält, der ihm gebührt. Wir wollen das mit zwei Möglichkeiten tun. Entweder werden solche Gewinne, wie im Fall der KESt, vom Institut selbst mit 25 Prozent endbesteuert – das ist relativ einfach, und damit hat es sich –, oder der Aktienhalter erklärt sich bereit, daß das Bankinstitut das zuständige Finanzamt darauf aufmerksam macht, daß es solche Gewinne gegeben hat. In letzterem Fall erfolgt ganz normal eine Veranlagung in der Einkommensteuer.

Ich glaube, das ist eine faire Lösung. Die Betroffenen, die ursprünglich massive Einwendungen gegen alle möglichen in den Medien kolportierten Überlegungen hatten, was denn da Schlimmes vom Finanzminister oder sonstigen Personen ausgeheckt wird, sind durchaus in der Lage, mit dieser Variante zu leben.

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß Österreich das einzige Land ist, das eine Börsenumsatzsteuer hat. Jedoch ist unser Land nicht das einzige, in dem eine Aktiensteuer innerhalb einer Spekulationsfrist zu entrichten ist, sondern das trifft in unterschiedlichsten Formen auf sieben europäische Länder zu. Aber die Börsenumsatzsteuer ist ein österreichisches Unikum, und diese wollen wir auf diese Weise Zug um Zug abschaffen.

Wir sind auch auf die sehr wichtigen Argumente jener Banken und Institute eingegangen, die gemeint haben, sie hätten im Hinblick auf die Millenniumsumstellung erhebliche Probleme, mit 1. Jänner 2000 diese zusätzlichen Tätigkeiten vorzunehmen. Wir haben daher in der Regierungsvorlage den Beginn bereits mit 1. September 2000, aber selbstverständlich gilt das auch für die Börsenumsatzsteuer, die sogenannte BUSt. Diese läuft dann erst mit 30. September 2000 aus.

Es geht aber nicht, daß sich gleich Betroffene auf der einen Seite immer wieder massiv gegen die BUSt aussprechen – mit der Begründung, daß es sie in Europa nicht gibt – und auf der anderen Seite einer spekulativen Kapitalbesteuerung, wie es sie in anderen Länder gibt, widersetzen möchten. Was ich möchte, ist eine einfache Administration. Daher ist der Vorschlag mit der Endbesteuerung gemacht worden. (Bundesrat Dr. Tremmel: Jetzt bin ich so schlau wie zuvor und weiß immer noch nicht, ob die Bonität des Börsenplatzes Wien dadurch verbessert wird!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.


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Wir hätten zwar noch 5 Minuten Zeit, aber die Erfahrung hat gezeigt, daß die Beantwortung der Fragen beziehungsweise das Stellen der Zusatzfragen mehr Zeit in Anspruch nimmt als die 5 Minuten, die wir noch zur Verfügung hätten. Daher schließe ich nun die Fragestunde und bedanke mich noch einmal beim Herrn Bundesminister sowie bei allen Fragestellern.

Was mit den nicht gestellten und daher nicht beantworteten Fragen geschieht, ist in der Geschäftsordnung nachzulesen. Wenn jemand meint, die Frage müßte behandelt werden, dann bitte ich darum, die Fristen dafür zu nutzen, die in der Geschäftsordnung vorgesehen sind.

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt sind fünf Anfragebeantwortungen – 1457/AB bis 1461/AB –, die den Anfragestellern übermittelt wurden. Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf die im Saal verteilte Liste der eingegangenen Anfragebeantwortungen.

Weiters eingelangt sind zwei Beschlüsse des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur zweiten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds und ein Bundesgesetz über Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank-Konsultativgruppe für Internationale landwirtschaftliche Forschung für die Jahre 1999 bis 2001.

Gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegen diese Beschlüsse nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Der Herr Präsident hat diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über den bereits früher eingelangten Beschluß des Nationalrates vom 25. Februar 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich abgeschlossen und schriftliche Ausschußberichte erstattet.

Der Herr Präsident hat all diese Vorlagen sowie die Wahl eines Schriftführers für den Rest des 1. Halbjahres 1999 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich beabsichtige, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 3 bis 5, 6 bis 9, 13 und 14, 15 und 16 sowie 18 und 19 unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Herr Dr. Bösch, bitte.

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung

11.08

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, der im Lichte der Ereignisse auf europäischer Ebene von ganz besonderer Bedeutung ist. Ich habe die anderen Fraktionen eingeladen, ihn mitzuunterstützen. Seltsamer


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weise haben sie das abgelehnt. Wir möchten Ihnen aber im Rahmen der Abstimmung noch einmal die Gelegenheit geben, es dennoch zu tun.

Meine Damen und Herren! In diesem Selbständigen Antrag, den wir vorgelegt haben, geht es uns um die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete. Im Rahmen dieser Enquete soll die Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe auf europäischer Ebene für die Zukunft geregelt werden. Wir haben Ihnen damit einen Vorschlag gemacht, wie wir uns die Abhaltung dieser Enquete vorstellen können.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie im Rahmen dieses Antrages an eine ähnliche Initiative erinnern, die wir im Rahmen der Besetzung der Höchstgerichte hier im Bundesrat sehr erfolgreich durchgezogen und einstimmig beschlossen haben. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß es auch in bezug auf die Besetzung der europäischen Positionen eigentlich mit unserem Selbstverständnis als Bundesräte nur dann vereinbar ist, wenn wir diese neuerliche Initiative setzen.

Wir Freiheitlichen sind der Ansicht, daß wir es unserem Selbstverständnis als selbstbewußtes Parlament schuldig sind, daß wir die Mitwirkung des Bundesrates in diesem Entscheidungsprozeß urgieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich darf deshalb den Antrag stellen, daß wir zu dem von uns vorgelegten Selbständigen Antrag eine Debatte abhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen haben gemäß § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Selbständigen Antrag 115/A-BR/99 betreffend Abhaltung einer Enquete über die Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe gemäß Artikel 23c Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch die Bundesregierung, Einführung eines Hearings der Kandidaten im Parlament, eingebracht.

Weiters wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates beantragt, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschußvorberatung in Verhandlung zu nehmen.

Schließlich hat Herr Dr. Bösch gemäß § 49 Abs. 3 die Durchführung einer Debatte hierüber beantragt.

Zunächst lasse ich über den Antrag auf Durchführung einer Debatte abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag auf Durchführung einer Debatte gemäß § 49 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Durchführung einer Debatte ist somit angenommen.

Wir kommen daher zur Durchführung dieser Debatte gemäß § 49 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates. Ich beschränke die Redezeit für jeden Redner auf 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Bundesrat Weiss. – Bitte.

Debatte über Selbständigen Antrag 115/A-BR/99

11.12

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe der Abhaltung einer Debatte deshalb zugestimmt, weil ich sie für notwendig halte.

Herr Kollege Bösch hat nämlich völlig unerwähnt gelassen, warum der eingebrachte Antrag ohne Vorberatung in einem Ausschuß in Verhandlung genommen werden soll. Das ist ein Vorgang, der außerordentlich selten vorkommt. Denn die Ausschußberatung hat – trotz der Mängel,


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die sie im Bundesrat haben mag – ihren guten Sinn. Daher bin ich jetzt darauf gespannt, zu hören, warum diese Ausschußvorberatung ausgeschlossen werden soll.

Die Ausschußvorberatung scheint mir beim vorliegenden Antrag aus mehreren Gründen notwendig zu sein. Ich möchte das kurz begründen.

Die Abhaltung einer Enquete zur Anhörung jener Damen und Herren, die sich beim Verfassungsgerichtshof beworben hatten, geschah tatsächlich einvernehmlich über Anregung der freiheitlichen Fraktion. Das sei dankend anerkannt. Es hat sich auch bewährt, der Nationalrat hat das aufgegriffen. Die Bundesregierung hat dies noch nicht getan, wird aber sicherlich ebenfalls dazu kommen. Das war mit Sicherheit ein Fortschritt.

Damals war das ein klarer Fall unserer Zuständigkeit. Wir waren nämlich aufgerufen, ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu nominieren. In bezug auf Nominierungen gegenüber der Europäischen Union liegt die Lage etwas anders, denn da haben wir explizit keine Zuständigkeit. Artikel 23c der Bundesverfassung hat nämlich diese Mitwirkung nicht aufgrund eines Versehens, sondern – wie man in den Materialien nachlesen kann – ganz bewußt, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates, der Bundesregierung übertragen. Der Nationalrat und der Bundesrat sind, wie auch bei anderen Nominierungen, lediglich im nachhinein zu unterrichten.

Nun könnte sich das Interesse des Bundesrates natürlich darauf richten, daß man sagt: Wir zielen auf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes ab. – Dann wäre das geeignete Instrument dafür, einen Antrag auf Gesetzesinitiative hier oder durch Kollegen im Nationalrat einzubringen. – Das ist das eine.

Zum zweiten wäre es – wenn man dessenungeachtet dem Antrag nähertreten wollte – nötig, hinsichtlich des konkreten Teilnehmerkreises und der Tagesordnung Präzisierungen vorzunehmen. So ist davon die Rede – das ist für das Selbstverständnis des Bundesrates etwas eigentümlich –, daß Vertreter der parlamentarischen "Klubs" teilnehmen sollen. Solche gibt es nach unserer Geschäftsordnung nicht. Wir haben im Bundesrat Fraktionen, und das aus guten Gründen. Das heißt somit, wir würden das Nominierungsrecht an Einrichtungen außerhalb des Bundesrates delegieren.

Der Termin wäre mit 3. Mai festgesetzt, und das ist relativ knapp. Wir würden erwarten, daß Vertreter der Bundesregierung daran teilnehmen. Das wird wohl nur möglich sein, wenn man so höflich ist und sich erkundigt, ob diese an diesem Tag überhaupt kommen könnten. In besonderer Weise wird das für die nicht näher umschriebenen Vertreter der in Betracht kommenden EU-Organe gelten. Ich hielte es nicht für zweckmäßig, mit einem kurzen Termin, ohne vorherige Rücksprache, demonstrieren zu wollen: Wir wollten sie anhören, aber sie wollten nicht kommen. – Der Hintergrund dazu wäre, daß sie nicht kommen konnten – was man von vornherein hätte feststellen können, wenn man es gewollt hätte.

Aus all diesen Gründen halte ich es – ohne auf den Inhalt des Antrages selbst näher eingehen zu wollen – für geboten, eine Vorberatung im zuständigen Ausschuß durchzuführen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Dr. Bösch, bitte.

11.16

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Jürgen Weiss! Im Rahmen dieser Enquete, die wir in diesem Antrag urgieren, soll grundlegend darüber diskutiert werden, wie die zweite Kammer unseres Parlaments hinkünftig an diesen Stellenbesetzungen aktiv mitwirken kann. Das heißt, diese Enquete schließt nicht aus, daß wir diesen Antrag auch in einem Ausschuß beraten – nämlich den Antrag in bezug auf die Vorschläge der Verfassungsänderungen, die dies dann möglich machen.


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Meine Damen und Herren! Daß wir den Antrag gestellt haben, ohne Zuweisung zu einem Ausschuß heute darüber abzustimmen, liegt in der Terminnot dieser Entscheidungen begründet. Wir wollen nämlich, daß der Bundesrat die Möglichkeit bekommt, auch bei den jetzt zu fällenden Entscheidungen mitzureden. Der Herr Bundeskanzler hat heute in der Früh angekündigt, daß die Republik Österreich im Laufe des Augusts ihre Nominierungen vornehmen wird. Das heißt, das Parlament ist zur gebotenen Eile verpflichtet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

11.17

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Das Plenum des Bundesrates ist eine Institution, in der man diskutieren und die Diskussion nicht abwürgen soll. Das ist für uns die oberste Prämisse, ich stelle das aber auch für die anderen Fraktionen fest.

Wenn man jedoch so weitgreifende Änderungen mittels Enqueten in Bewegung bringen möchte, sollte man sich nicht solch einen kurzen Zeitrahmen gewähren, weil das höchstens Schnellschüsse sind. Ich gehe davon aus, daß zu solchen Diskussionen auch Experten zu laden sein werden, und ich schließe es aus, daß in der Kürze die dafür geeigneten zu finden sein werden.

Wir werden bei jeder Gelegenheit mit jeder Fraktion den Diskussionsgrad pflegen, den das Thema notwendig macht. Dieses scheint mir sehr groß zu sein. Die Lust, dort mitzubestimmen, wo wir nichts zu sagen haben, ist begreiflicherweise groß. Man sollte aber seine Grenzen zuerst erweitern und dann das Unmögliche möglich machen.

Meine Fraktion wird diesen Antrag nicht unterstützen. (Beifall bei der SPÖ und Beifall der Bundesrätin Fischer. )

11.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner: Herr Dr. Tremmel. – Bitte.

11.19

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin darüber verwundert, Herr Kollege Weiss und Herr Kollege Prähauser, daß man hier formale Vorwände hernimmt, nämlich ohne Ausschußberatung. Es steht in der Einleitung: Abhaltung einer parlamentarischen Enquete. Dort sollte vorberaten werden. – Das ist das eine, was man hier sagen sollte.

Das zweite ist folgendes, meine Damen und Herren – ich bezeichne es als Sternstunde –: Unter Mitwirkung aller Bundesrätinnen und Bundesräte aller Fraktionen ist es erstmals gelungen, ein objektives Auswahlverfahren durchzusetzen. Reinhard Bösch hat das bereits ausgeführt. Auch diese Initiative ist hier in diesem Haus gestartet worden, und zwar in ähnlicher Form. (Bundesrat Prähauser: Nur aufgrund der Zuständigkeit! Kollege Weiss hat das gesagt!)  – Wir haben einen EU-Ausschuß, wir sind zuständig!

Sollen wir zuschauen, wenn Verantwortliche Österreichs in der EU tätig sind, und wir haben als diejenigen, die von der Bevölkerung beziehungsweise von den Landtagen legitimiert sind, keinen Einfluß? – Das wollen wir nicht! Sie haben mit diesem Antrag alle Möglichkeiten offen.

Herr Kollege Weiss! Eine kleine Korrektur darf ich anbringen: Es gibt keine Klubs, so haben Sie gemeint, sondern Fraktionen. Bitte lesen Sie den Antrag genau durch, es heißt: "21 Bundesräte auf Vorschlag der parlamentarischen Klubs". Das ist richtig! Sie gehören einem gesamten Klub an, und auch wir gehören einem Klub an, das ist unbestritten! (Bundesrat Weiss: Wir einer Fraktion!) Ich hätte mir Fairneß in der Diskussion erwartet, nicht aber, solche Unterstellungen darzutun und zu sagen, daß wir nicht wüßten, daß es Fraktionen gibt. (Bundesrat Schaufler: Das war nicht genau formuliert vom Antragsteller!)  – Nein! Lesen Sie es durch! Es ist sehr genau formuliert.


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Meine Damen und Herren! Wir hätten dazu die Möglichkeit! Das Instrumentarium der Enquete ist ähnlich gehalten wie eine Ausschußvorberatung. Warum wir diesen Weg gewählt haben, hat Reinhard Bösch bereits ausgeführt. Heute geht durch die Presse, daß der Vertreter Österreichs in Kürze, nämlich im August, nominiert wird. Sie alle, meine Damen und Herren, werden draußen gefragt werden: Wie haben Sie an diesem Nominierungsverfahren mitgewirkt?

Ich persönlich bin davon beeindruckt, daß Romano Prodi als erster gesagt: Er möchte, um das Element der direkten Demokratie zu fördern, direkt gewählt werden. – Aber wir entziehen uns hier? – Wir wollen den bestgeeigneten Vertreter mitnominieren! Bitte nehmen Sie Ihre Aufgabe in diesem Haus wahr und überlegen Sie es sich, an dieser Enquete mitzuwirken! Machen wir diese Enquete! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.22

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen, den Antrag 115/A gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates ohne Vorberatung durch einen Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen. Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag, den Antrag 115/A ohne Vorberatung durch einen Ausschuß unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen, sondern abgelehnt.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich noch bekannt, daß mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen betreffend rot-schwarzen Postenschacher an den Herrn Bundeskanzler vorliegt. Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung dieser Anfrage an den Schluß der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

1. Punkt

Wahl eines Schriftführers für den Rest des 1. Halbjahres 1999

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Wahl eines Schriftführers für den Rest des 1. Halbjahres 1999.

Die Wahl ist durch das Ausscheiden von Frau Bundesrätin Irene Crepaz notwendig geworden. Es liegt mir der Vorschlag vor, Frau Bundesrätin Hedda Kainz für den Rest des 1. Halbjahres 1999 zur Schriftführerin zu wählen.

Ich darf Ihnen von dieser Stelle aus gleich mitteilen, daß wir von Frau Bundesrätin Kainz die Nachricht erhalten haben, daß sie heute leider erkrankt ist. Sie werden sich daran erinnern, daß wir das bei den Krankmeldungen noch nicht mitteilen konnten. Ich teile es Ihnen gleich jetzt vorsorglich mit, falls jemand fragt: Wir sollen jemanden wählen, und sie ist nicht einmal im Hause? – Daher teile ich Ihnen mit: Sie ist krank, aber es liegt dieser Vorschlag vor.


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Ich bitte nun darum, daß wir die Wahl durch Handzeichen vornehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Ich darf Ihnen darüber Mitteilung machen, daß Frau Bundesrätin Hedda Kainz diese Wahl gerne annehmen wird. Sie wird ihre Funktion, sobald sie wieder gesund ist, hier pflichtbewußt ausüben.

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden (1614 und 1672/NR sowie 5899 und 5902/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Repar übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Mag. Harald Repar: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden.

Die EU-Richtlinie 97/9/EG über Anlegerentschädigungssysteme, die für Wertpapiervermögen ähnliche Entschädigungsvorkehrungen wie bei der Einlagensicherung vorschreibt, ist in nationales Recht umzusetzen.

Ziel des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates ist es, daß auch bei Zusammentreffen von Zahlungsunfähigkeit einer Bank (Wertpapierfirma) und rechtswidrigen Handlungen gegen Anleger-Wertpapiervermögen die Anleger bis zu einer bestimmten Höhe entschädigt werden sollen.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

11.27

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn durch diesen Gesetzentwurf nunmehr die Umsetzung der EU-Anlegerschutz-Richtlinie in nationales Recht stattfinden soll, so hat es in der konkreten Ausformulierung und Gestaltung dieses Entwurfes doch zu negativen oder nicht befriedigenden Ergebnissen geführt.

Es war zum Beispiel im Vorfeld der Gesetzwerdung eine Überlegung vorhanden, wonach die Prüfung der Einhaltung der Wohlverhaltens-Richtlinie nicht nur von Wirtschaftstreuhändern, sondern auch von Rechtsanwälten und Unternehmensberatern durchgeführt werden kann. Ich frage Sie dazu, Herr Bundesminister: Vertrauen Sie den Rechtsanwälten und Unternehmensberatern in dieser Materie nicht? (Bundesrat Prähauser: Rosenstingl ist so ein Schwerpunkt!)


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Auch ist es im Zusammenhang mit diesem Entwurf zu einer Diskriminierung der Vermögensberater gegenüber den Vermögensverwaltern gekommen. Denn Vermögensberater müssen, um überhaupt eine Konzessionierung erlangen zu können, eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abschließen. Warum wurde nicht ein diesbezüglicher Entschädigungsfonds für Vermögensberater überlegt?

Was ist eigentlich der Hintergrund dieses Gesetzes? – Es geht darum, für die Anleger bestmögliche Renditen und Absicherungen zu gewährleisten sowie eine flexible Gestaltung hinsichtlich der Anlegevorgänge vorzusehen. Das bedeutet somit die Förderung der Vermögensberater, und genau das ist im vorliegenden Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Ich frage Sie dazu, Herr Bundesminister: Planen Sie eine weitere Gesetzesnovelle? – Das würde mich bei dieser Materie nicht wundern, da wir in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren jetzt bereits die zweite Gesetzesnovelle haben.

Gestatten Sie mir eine grundsätzliche Bemerkung im Zusammenhang mit dem formalen Ablauf dieser Gesetzwerdung. Im Rahmen der Stellungnahmefrist sind auch für den Bundesrat Fristen vorgesehen, und diese Fristen werden – so habe ich den Eindruck – zunehmend weniger beachtet, und daher ist es uns Vertretern der einzelnen Bundesländer zunehmend weniger möglich, an unsere Leute in den Bundesländern heranzutreten und die Gesetze zu diskutieren.

Es ist das nicht der einzige Fall, ähnlich war es auch im Zusammenhang mit dem Poststrukturgesetz, bei dem man noch weiter gegangen ist. Da hat man seitens Ihres Ressorts zumindest gewußt, daß die Post über den Telekom-Bereich verhandelt, ohne daß das Poststrukturgesetz noch beschlossen war.

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie auf, die Usancen dieses Hauses, dieses Gremiums, des Bundesrates, in Zukunft besser zu beachten und uns die Chance zu geben, daß wir uns auch in ausreichendem Ausmaß an die Bürger wenden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

11.31

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Debatte im Plenum des Nationalrates ist ohnehin schon darauf hingewiesen worden, daß man dieses Gesetz begrüßen muß, und ich glaube, sowohl der Herr Bundesminister als auch der Herr Staatssekretär haben darauf hingewiesen, daß es wichtig ist, diesen Beitrag, der durch dieses Gesetz geregelt wird, im Interesse eines funktionierenden Kapitalmarktes zu leisten. Ich sehe daher aus unserer Sicht keine Veranlassung, dagegen zu sein, da dieses Gesetz einen erhöhten Schutz für die Wertpapieranleger bringt.

Wenn man sich die Spargewohnheiten der Österreicherinnen und Österreicher in den letzten Jahren anschaut, dann wird man feststellen, daß der Trend vom klassischen Sparbuch weg und hin zu anderen Formen, insbesondere zu Wertpapieren, geführt hat. In diesem Zusammenhang ist natürlich die Stärkung des Vertrauens notwendig, und diese wird durch das vorliegende Gesetz vorgesehen. Daher kann man auch davon ausgehen, daß damit der gesamte Wertpapiersektor gestärkt wird.

Ich glaube auch – lassen Sie mich das hier sagen –, daß die Sicherheit der Geldanlage im Vordergrund stehen muß – auch aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre, aufgrund der Probleme mit Bank- oder Kreditinstituten. Daher halte ich auch die Übertragung der Einlagensicherung in eine sektorale Sicherheitseinrichtung für sehr klug, für sehr effizient, aber auch für sehr billig – und das ist wichtig. Genau das, nämlich daß dadurch keine Kosten für den öffentlichen Bereich entstehen, sollte in den Vordergrund gestellt werden. Wir als Mitglieder des Bundesrates sollten uns auch ein wenig den Kopf darüber zerbrechen, was ein Gesetz beziehungsweise eine Novellierung, der wir die Zustimmung geben, kostet. In diesem Fall wissen wir, daß keinerlei


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Kosten entstehen – das ist erfreulich, und das möchte ich daher auch in den Vordergrund stellen.

Gleichzeitig muß ich aber kurz auf das zurückkommen, was der Herr Bundesminister in der Fragestunde angesprochen hat: die Aktiensteuer. In der vorletzten Sitzung des Bundesrates durfte ich kurz darauf Bezug nehmen, seither gibt es eine gewisse Konkretisierung, damals habe ich noch von "krausen Ideen der Toscana-Fraktion" innerhalb der SPÖ gesprochen (Bundesminister Edlinger: Der gehöre ich nicht an! Ich kenne keine!)  – eben, daher ist es auch viel leichter, hier zu argumentieren –, jetzt gibt es schon einen Entwurf.

In diesem Gesetzentwurf, der in die Begutachtungsphase kommt, redet man über die Spekulationssteuer – der Herr Bundesminister hat das natürlich auch vorbildlich gemacht –, ausgedehnt auf zwei Jahre – das ist auch ganz wunderbar! Er hat auch darauf hingewiesen, wie man das seiner Meinung nach effizient machen könnte. Nur ist das Problem aus heutiger Sicht folgendes: Es könnte sein, daß das, was durch die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer wegfällt, unter Umständen durch den Mehrertrag aufgrund dieser Aktiensteuer oder Spekulationssteuer ersetzt wird. Dabei geht es in Wirklichkeit um Größenordnungen, hinsichtlich derer man auf gut wienerisch sagen muß: Das ist "dem Dreck eine Watsche geben".

Aber das eigentliche Problem liegt dahinter, nämlich die Frage: Was kosten die Feststellung und die Erfassung dieser Steuerschuld, dieses Steueraufkommens? – Das bedarf eines gröberen Aufwandes. Daher meine ich, daß man darüber noch diskutieren sollte.

Der Herr Bundesminister hat gemeint, es gibt in mehreren Ländern Europas eine ähnliche Steuer. Ich würde meinen – im Sinne einer gewissen Wettbewerbsfähigkeit, aber auch Steuergerechtigkeit –, daß man in diesem Bereich eine EU-konforme Regelung und Vorgangsweise treffen sollte. Wenn man schon einmal den Termin hinausgeschoben hat – Gott sei Dank gibt es seit den Verhandlungen der Steuerreformgruppe eine erste, so würde ich sagen, sehr realistische Betrachtung der Dinge und daher auch den Termin 1. Oktober des nächsten Jahres –, sollte man vielleicht noch einmal überlegen, ob man nicht einen Beitrag im Sinne der Kosten leisten und eine EU-konforme und auf andere Länder der EU abgestellte Besteuerung von Spekulationsgewinnen durchführen sollte.

Ich sage das deshalb, weil das heutige Gesetz, über das wir jetzt debattieren, nichts kostet, und irgendwann eine Diskussion über diese neue Aktiensteuer entstehen wird. Wenn die Einhebung der Aktiensteuer dann etwas kostet, sollten wir aus der Sicht des Bundesrates ein Problem haben und dieses auch aufzeigen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

11.36

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Die vorliegende Novelle zum Bankwesengesetz ist im wesentlichen eine Anpassung an eine EU-Richtlinie, die dem System der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung entspricht. Dadurch wird dieses System umgeformt. Anlagen in einer Höhe von bis zu 20 000 Euro – das sind 270 000 S – finden damit im Insolvenzfall eine Absicherung. Einige Aspekte des Konsumentenschutzes sind dadurch mitberücksichtigt.

Es ist von der Regierungsvorlage her möglich gewesen, noch einiges in das Gesetz einzubringen, insbesondere in bezug auf den Zeitpunkt, bis zu dem eine Sicherheitseinrichtung beasprucht werden muß und bis zu dem eine Meldepflicht besteht. Der Zeitraum dafür ist von fünf Monaten auf ein Jahr verlängert worden.

Es ist auch eine verbesserte Informationspflicht für die Konsumenten betreffend Sicherheitseinrichtungen vorgesehen. Die Informationen über Sicherheitseinrichtungen müssen im Kassenraum ausgehängt werden.


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Positiv ist auch hervorzuheben, daß das Konzessionierungsverfahren seitens der BWA in wichtigen Bereichen erleichtert wird.

Bei der Novellierung des Wertpapieraufsichtsgesetzes geht es im wesentlichen ebenfalls um eine Anpassung an EU-Normen in bezug auf Sicherung. Es kommt zu bedeutenden Verbesserungen, die die kleinen Vermögensberater betreffen. Für die kleinen Vermögensberater ist der Verzicht auf eine testierte Bilanz vorgesehen.

Es ist nicht mehr erforderlich, die Hauptberuflichkeit, die Haupterwerbsfähigkeit nachzuweisen.

Meine Damen und Herren! Das Positive an diesem Gesetz ist – das sollten wir festhalten –, daß die Vermögenswerte all jener Österreicher, die ihr Geld nicht auf einem klassischen Sparbuch, sondern mitunter auch im Rahmen lukrativer Wertpapiergeschäfte veranlagt haben, besser geschützt werden, nämlich jene Vermögenswerte, die auf einer Bank oder bei einer Wertpapier-Dienstleistungsfirma, wie zum Beispiel bei einem Vermögensverwalter, angelegt werden. Da ist Kontrolle allemal besser als grenzenloses Vertrauen; die jüngere Vergangenheit hat uns manches gezeigt.

In der Praxis heißt das: Das positive Instrument der Einlagensicherung, das sich im Bereich der Sparguthaben bestens bewährt hat, wird auch auf das Wertpapiervermögen ausgedehnt. Meine Damen und Herren! Für die Konsumenten bedeutet das letztlich mehr Sicherheit für ihre Geldanlage, denn es würde – wie aus der Einlagensicherung bereits bekannt ist – ein Schaden, wie schon gesagt, in der Höhe bis zu 275 000 S wiedergutgemacht werden.

Zusammenfassend darf ich sagen: Durch erhöhten Schutz, mehr Sicherheit für die österreichischen Wertpapieranleger und das gewonnene Vertrauen seitens der Sparer kommt es mit Sicherheit zu einer Stärkung des österreichischen Wertpapiersektors. Daher stimmt meine Fraktion dieser Gesetzesinitiative zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

11.39

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Inhalt des Tagesordnungspunktes, dem vorliegenden Bundesgesetz, Stellung nehme, möchte ich ein paar kurze Bemerkungen zu meinen Vorrednern machen.

Herr Kollege Stefan Prähauser hat gemeint, daß hinter diesem Ansinnen der Änderung des Kapitalmarktgesetzes, des Wertpapieraufsichtsgesetzes und des Depotgesetzes durchaus die gute Absicht steckt, mehr Sicherheit zu geben. Herr Kollege Prähauser! Ich tue mir sehr schwer – es wird vielen in unserem Hause so gehen –, Ihnen diesbezüglich Glauben zu schenken, denn Sie haben vor Eingang in die Tagesordnung anläßlich der Geschäftsordnungsdebatte gemeint, dieses Haus, diese Kammer sollte über alle Dinge reden und diskutieren. (Bundesrat Prähauser: Können!) Dies gehöre nicht nur zu den Gepflogenheiten, sondern letztlich auch zu den Aufgaben.

Aber, Kollege Prähauser, Ihre Fraktion, die Sozialdemokraten, hat vor Eingang in die Tagesordnung gegen eine Debatte gestimmt. Daher tue ich mir sehr schwer, Ihnen Glauben zu schenken, wenn Sie auf der einen Seite sagen, man sollte reden, und andererseits gegen eine Debatte stimmen. (Bundesrat Prähauser: Wir haben uns neutral verhalten! Die Debatte wurde nicht verhindert!) I ch meine, man kann diese Vorgangsweise wahrscheinlich auch auf das vorliegende Bundesgesetz übertragen. (Bundesrat Prähauser: Wir haben uns neutral verhalten! – Bundesrat Dr. Tremmel: Ihr habt uns niedergestimmt!)

Meine Damen und Herren! Zum Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden sollen: Ich meine, daß diese Vorlage eine sehr späte Reaktion auf verschiedene Vorkommnisse innerhalb


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653. Sitzung / Seite 50

des österreichischen Bankenbereiches ist. Ich als Steirer erinnere an den finanziellen Niedergang, an die Insolvenz der BHI, aber diese Feststellung, daß es sich um eine Reaktion handelt, kann man machen, wenn man sich die Vorkommnisse um die Riegerbank ins Gedächtnis ruft.

In beiden Fällen, meine Damen und Herren, hat sich herausgestellt, daß die österreichische Bankenaufsicht, die beim Finanzminister ressortiert, in der Praxis nicht funktioniert, denn sonst hätten nicht viele Sparer in den beiden genannten Fällen zumindest um einen Teil ihres eingebrachten Sparkapitals gebracht werden können.

Bei aller Fairneß und bei aller kritischen Betrachtung kann man aber auch nicht vorweg die Feststellung treffen, daß allein die Bankenaufsicht daran schuld ist. Verfahren sind noch im Laufen, und es wird sich erst noch herausstellen, inwieweit die Bankenaufsicht da funktioniert hat.

Meine Damen und Herren! Zu denken muß uns aber geben, daß auf alle Fälle – egal, wie diese Verfahren ausgehen – für die Sparer Rechtsunsicherheit gegeben war. Daß Rechtsunsicherheit gegeben war, hat sich nicht nur in vielen Medien widergespiegelt, sondern wird auch von beiden beteiligten Parteien in diesem Fall nicht bestritten.

Meine Damen und Herren! Sie wollen eine Gesetzesnovelle vorlegen, mit der Sie quasi pseudomäßig mehr Rechtssicherheit bieten. Von mehr Rechtssicherheit zu sprechen, wenn man eigentlich die Einlagensicherung nur inflationär anpaßt – das heißt, von bisher 200 000 S auf 20 000 Euro, umgerechnet rund 280 000 S –, ist nicht richtig, denn das gibt für den einzelnen Sparer sicher nicht mehr Rechtssicherheit. Wenn wir außerdem bei der Wahrheit bleiben, handelt es sich dabei nicht um das Geben von mehr Sicherheit, sondern lediglich um die Umsetzung eines Auftrages, der Ihnen von der Europäischen Union vorgegeben wurde.

Diese Änderung hätte bereits im September des Vorjahres durchgeführt werden sollen. Sie sind diesbezüglich im Verzug und wollen diese Novelle unter dem Titel "Mehr Rechtssicherheit für die Sparer" durchziehen.

Meine Damen und Herren! Es ist aber auch bedenklich, daß davon die Rede ist, daß in Hinkunft bei Spareinlagen die Einlagensicherung auf dem Verordnungsweg festgelegt werden wird, und zwar deshalb, weil in der Vorlage nur von einem Maximalerfordernis die Rede ist. Das heißt, daß der Sparer nicht die Gewißheit hat, aufgrund des vorliegenden Gesetzes, aufgrund dieser Gesetzesänderungen mehr Sicherheit im Hinblick auf die Haftungen und auf seine Einlagen zu haben.

Die Problematik liegt in der unterschiedlichen Eigentümerstruktur der österreichischen Banken. Wir haben grundsätzlich drei Gruppen: den Bereich der Genossenschaftsbanken, die sogenannte Sparkassengruppe und den Verband der Aktienbanken. Aufgrund der Eigentümerstrukturen gibt es natürlich unterschiedliche Haftungen, damit auch – das muß man auch sagen – unterschiedliche zumindest innere Revisionen, und vor allem ist damit auch das Agieren und das Wirken der Bankenaufsicht unterschiedlich: In manchen Bereichen hat die Bankenaufsicht weiterhin nur die sogenannte Buchprüferaufgabe. Im Bewußtsein dieser Tatsache von mehr Rechtssicherheit für die Sparer zu sprechen, meine Damen und Herren, halte ich persönlich für bedenklich.

Abschließend: Mit den vorliegenden Gesetzesmaterien kommen wir nicht den Sparern entgegen, es wird die Bankaufsicht nicht mehr in die Pflicht genommen, es wird nicht mehr Sorgfalt für Wertpapierdepots verlangt. In Summe ist es also eine optische Änderung, die nichts mit den gewünschten und notwendigen Erfordernissen zu tun hat. Das ist kein Beitrag zur Sicherung des Bankenplatzes Österreich, also keine verstärkte Sicherheit für die Anleger, nicht einmal eine ansatzmäßige Rechtssicherheit ist beinhaltet, und daher wird meine Fraktion – meine Damen und Herren, Sie werden es verstehen – dieser Vorlage nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.46


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653. Sitzung / Seite 51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Scherb. – Bitte.

11.46

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Bankwesengesetz ist im wesentlichen eine Anpassung an eine EU-Richtlinie, wie schon gesagt wurde, die dem System der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung entspricht. Einlagen in der Höhe von rund 275 000 S finden damit im Insolvenzfall eine Absicherung, was natürlich zu begrüßen ist. Zusätzlich wird der Konsument durch die verstärkte Aushangpflicht besser informiert.

An diesem Gesetz gibt es jedoch für mich grundsätzliche Kritikpunkte, die von uns auch schon bei vielen anderen Gesetzesvorlagen vorgebracht wurden und leider immer wieder vorgebracht werden müssen.

Dieses Wertpapieraufsichtsgesetz wird nun in einem Zeitraum von nur eineinhalb Jahren zum zweiten Mal novelliert. Das heißt, wir haben innerhalb von nicht einmal zwei Jahren das dritte Gesetz zu diesem Thema. Und diese Novellierung soll noch dazu rückwirkend in Kraft treten. Diese ständig stattfindenden kurzfristigen Änderungen zeigen, daß es sich um mangelhafte Gesetzesvorlagen handelt, die nicht durchdacht sind.

Durch diese vielen mangelhaften Gesetze, die ständig novelliert werden müssen, und durch das immer öfter vorkommende rückwirkende Inkrafttreten von Gesetzen wird Rechtsunsicherheit erzeugt, und diese Rechtsunsicherheit schadet der internationalen Reputation Österreichs und führt dazu, daß Österreich von potentiellen Investoren und auch internationalen Rating-Agenturen unnötigerweise schlechter eingestuft wird.

Das Wertpapieraufsichtsgesetz wird in absehbarer Zeit wieder einer Novellierung unterzogen werden müssen, was auch Mag. Kaufmann im Nationalrat zugegeben hat. Es wäre an der Zeit gewesen, endlich ein gutes Gesetz zu machen und nicht wieder eine Novellierung im voraus zu programmieren.

Es ist zwar auch das Wertpapieraufsichtsgesetz an die EU-Anlegerschutz-Richtlinie angepaßt und das Konzessionierungsverfahren seitens der Bundeswertpapieraufsicht in einigen Bereichen erleichtert worden, aber das Ergebnis ist immer noch nicht befriedigend. Nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz zum Beispiel sind die Wohlverhaltensrichtlinien, wie mein Kollege d'Aron schon ausgeführt hat, noch immer nur von den Wirtschaftstreuhändern und nicht, wie schon seit Monaten diskutiert, von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Unternehmensberatern überprüfbar. Da hat man den Status quo einfach einzementiert, obwohl eine Änderung zielführend gewesen wäre. Dies ist nicht befriedigend, da die derzeitige Regelung sehr kostenintensiv ist.

Es fehlen auch die Ausnahmebestimmungen für den Berufszugang von Vermögensberatern, sodaß die Bundeswertpapieraufsicht in individuellen Fällen prüfen kann, ob ein Verschulden vorgelegen hat. Dies ist für jene Fälle, in denen jemandem die Berufsausübung verwehrt worden ist, von Bedeutung.

Eine Ungleichbehandlung ist bei den Vermögensberatern gegenüber den Vermögensverwaltern entstanden. Die Vermögensberater gehören jetzt keiner Entschädigungseinrichtung an und müssen dies ihren Kunden mitteilen. Das heißt im Klartext, sie müssen dies auf ihren Geschäftspapieren kundtun. Man kann sich vorstellen, daß dadurch das Vertrauen der Kunden ins Wanken gerät, obwohl der Vermögensberater, wie schon ausgeführt wurde, eine verpflichtende Vermögenschadenhaftpflichtversicherung abschließen muß und nur ein Vermittler oder Berater zwischen dem Käufer und dem Verkäufer ist. Es besteht also grundsätzlich kein Unterschlagungsrisiko. Mit diesem Gesetz ist er sozusagen dazu verdammt, auf seinem eigenen Briefpapier gegen sich selbst zu werben.


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Herr Kollege Weilharter hat die Fälle Riegerbank und Diskont-Bank angeführt. Ich möchte noch einmal festhalten, daß diese Novelle den Geschädigten der Riegerbank und der Diskont-Bank nicht hilft und auch nicht geholfen hätte, da das Bonitätsrisiko ausgenommen ist.

Abschließend muß ich leider wiederholen, daß diese Änderung wieder eine Novelle nach sich ziehen wird und wir einer solchen Politik der kleinen Schritte nichts abgewinnen können und deswegen dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.51

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst festhalten, daß die entsprechende Richtlinie des Europäischen Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger die Mitgliedstaaten verpflichtet, auch Systeme für Wertpapiergläubiger einzurichten. Das ist im wesentlichen das Hauptmotiv für diese Novelle.

Ich möchte nun nur noch einige Anmerkungen zu einigen wenigen Diskussionsbeiträgen machen.

Zunächst zur Einlagensicherung und ihrer Höhe: Die 20 000 Euro sind die in der Richtlinie empfohlene Vorgabe. Es ist überhaupt keine Frage, daß ein Staat auch eine darüber hinausgehende Höhe im Bereich der Einlagensicherung festlegen könnte. Ich möchte dazu aber feststellen, daß eine Einlagensicherung von jemandem garantiert werden muß, nämlich vom Sektor. Es ist doch nicht sehr plausibel, den österreichischen Banken andere Werte im Bereich der Einlagensicherung vorzuschreiben, als ihre Konkurrenzinstitute innerhalb der Europäischen Union haben. Das wäre ein gravierender Wettbewerbsnachteil, den die österreichischen Banken dadurch kraft nationaler Gesetze gegenüber anderen hätten.

Es wurde richtigerweise festgestellt, daß dieses Gesetz im Interesse des Kapitalmarktes ist, daß es aber vor allem einen erhöhten Schutz für Anleger darstellt.

Herr Bundesrat Weilharter hat gemeint, dieses Gesetz sei eine späte Reaktion auf Vorgänge. Es wundert mich daher umso mehr, daß seine Fraktion zu dieser späten Stunde – ich meine nicht die Tageszeit; ich nehme Ihr Argument an – nicht zustimmt und diese angebliche Reaktion, die natürlich keine ist, noch länger hinauszögert – um bei Ihrer Diktion zu bleiben.

Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Novelle das Stadium der Begutachtung bereits erblickt hatte, bevor etwa die Geschehnisse der Riegerbank bekannt wurden. Sie ist also keine Reaktion auf jene Vorgänge, die Sie hier vorgebracht haben, sondern eine Notwendigkeit aufgrund einer EU-Richtlinie.

Ich möchte noch eine Bemerkung zur Aktiengewinnsteuer, auf die Herr Bundesrat Maier hingewiesen hat, machen, weil mich das natürlich reizt.

Ich meine, daß die Frage der Besteuerung von Kapital und Arbeit, das Verhältnis zueinander, gesamteuropäisch diskutiert wird. Es ist ganz einfach gerade auch im Hinblick auf eine offensive Beschäftigungspolitik innerhalb der Europäischen Union nicht länger aufrechtzuerhalten, daß alle nationalen Staaten innerhalb der Europäischen Union den Faktor Arbeit immer stärker belasten, andererseits aber beklagen, daß die Arbeitskosten zu hoch sind, und den Faktor Kapital immer weniger besteuern, wie man in den letzten zehn Jahren gesehen hat – das eine hat um 7 Prozent zugenommen, das andere um 10 Prozent abgenommen. Die Anforderungen aber, die etwa zur Aufrechterhaltung der staatlichen Ressourcen im Sozialbereich und in anderen sehr wichtigen Bereichen, Gesundheit, Infrastrukturinvestitionen und ähnliches, gestellt werden, werden nicht geringer.


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Ich gehe davon aus – ich sage das sehr deutlich; ich habe die Diskussionen in den letzten zwei Jahren in Europa verfolgt –, daß sich die Staaten der Europäischen Union gerade im Bereich der Besteuerung des Faktors Kapital in einem Annäherungsprozeß befinden und daß die Entscheidungen nicht nur des Rates von Cardiff, sondern auch des Rates von Wien ganz eindeutig in die Richtung gehen, Kapitalerträge möglichst in koordinierter Form zu besteuern, wenn man das Ziel, den Faktor Arbeit zu entsteuern, verfolgen möchte.

Insofern glaube ich, daß dies ein richtiger Schritt ist und daß auch das System etwa der österreichischen Endbesteuerung bei Sparbüchern – es ist nun auch die Optionsmöglichkeit bei Spekulationsgewinnen gegeben – immer mehr Sympathien anderer europäischer Länder erhalten wird, weil es ein einfaches System ist, weil es ein unaufwendiges, ein kostengünstiges System der Steuereinhebung darstellt.

Ich gebe schon zu, daß der Aufwand, den Sie aufgrund Ihrer Kenntnisse, aufgrund Ihrer beruflichen Tätigkeit erwähnt haben, nicht unerheblich ist. Das ist schon klar. Ich meine aber, daß gerade bei der Aktiengewinnbesteuerung im spekulativen Bereich der Aufwand eher einmalig ist, weil die Entwicklung von EDV-gestützten Programmen aufwendig ist, dann aber, wenn diese aber laufen, das allerdings eher eine Routinebelastung darstellt. Es ist nur der verpflichtet ... (Bundesrat Dr. Maier: ... dann im Ausland!) – Das glaube ich nicht, denn dort wird sich das in ähnlicher Richtung entwickeln. (Bundesrat Dr. Maier: Das garantiere ich Ihnen!) Ich garantiere Ihnen das.

Man kann nicht immer sagen, man solle warten, auf der anderen Seite aber soll man Vorreiterrollen übernehmen. Ich bekenne mich dazu, daß es in einem kleinen Teilaspekt der Kapitalbesteuerung durchaus edel ist, auch als Österreicher eine Vorreiterrolle zu übernehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden (1574 und 1662/NR sowie 5900 und 5903/BR der Beilagen)


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653. Sitzung / Seite 54

4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) (1632 und 1663/NR sowie 5901 und 5904/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird (1664/NR sowie 5905/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 3 bis 5 hat Herr Bundesrat Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden.

Ziel des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates ist eine Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Bediensteten. Außerdem soll durch dieses Bundesgesetz und die geplanten Durchführungsverordnungen eine generelle Rechtsbereinigung auf dem Gebiet des technischen und arbeitshygienischen Bundes-Bedienstetenschutzes beim Bund erfolgen. Auch werden die notwendigen Anpassungen im Beamten-Dienstrecht und im Vertragsbedienstetenrecht des Bundes vorgenommen. Die vorgeschlagenen Änderungen orientieren sich an dem für den Bereich der Bundesbetriebe bereits anzuwendenden ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 450/1994, und den im Zusammenhang mit dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geänderten arbeitsrechtlichen Bestimmungen.

Da die in den §§ 22 Abs. 2, 73 Abs. 3 und 107 Abs. 1 enthaltenen Verfassungsbestimmungen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung nicht einschränken, bedürfen diese nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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653. Sitzung / Seite 55

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz.

Das geltende Bundesgesetz über Auslandseinsatzzulagen für Angehörige österreichischer Einheiten, die auf Ersuchen internationaler Organisationen zur Hilfeleistung in das Ausland entsendet werden, deckt nicht alle möglichen Arten von Entsendungen in das Ausland ab, die das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland vorsieht.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates sieht daher eine Neuregelung der Auslandszulagen aufgrund der geänderten verfassungsrechtlichen Grundlagen vor:

Schaffung eines Besoldungsansatzes für die inländische Vorbereitung eines Auslandseinsatzes sowie für Übungen und Ausbildungsmaßnahmen im Ausland,

Schaffung einer Regelung betreffend jene Zuwendungen, die Bedienstete von dritter Seite erhalten,

funktionsbezogene Einreihung der Bediensteten in die Zulagengruppen,

Änderung der Anzahl der Werteinheiten bei einigen Zuschlägen,

Schaffung eines Gefahrenzuschlages sowie eines Unterkunfts- und Verpflegszuschlages sowie

Schaffung einer Regelung für Personen, die nicht dem Dienststand angehören.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ferner bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates beruht auf einem Antrag des Finanzausschusses des Nationalrates, den dieser gemäß § 27 Abs. 1 GOG-NR in inhaltlichem Zusammenhang mit der dort verhandelten Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen aufgrund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz – gestellt hat.

Mit dem neuzuschaffenden Auslandszulagengesetz ist geplant, Bundesbediensteten im Fall bestimmter dienstrechtlicher Verwendungen im Ausland den Anspruch auf eine Auslandszulage zuzuerkennen. Hinsichtlich der Auslandseinsätze nach dem KSE-BVG wird dieses Gesetz das derzeit geltende Auslandseinsatzzulagengesetz ersetzen. Aus diesem Grunde ist im § 3 Abs. 4 des Auslandseinsatzgesetzes eine Formalanpassung der Verweisung auf die künftig geltenden Zulagennorm erforderlich.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.


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653. Sitzung / Seite 56

12.07

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des etwas kärglich besetzten Hauses! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Gestatten Sie mir, daß ich vorweg eine geschäftsordnungsmäßige Feststellung treffe, die sich auf den vorhergehenden Debattenpunkt bezieht. Ich habe nur, von meinem Platz aus gesehen, die linke Reichshälfte – von hier aus die rechte – im Auge gehabt, und dort hat ein Großteil der Damen und Herren beim Abstimmen die Hände unten gelassen. Ich bitte, in Zukunft darauf zu achten, ob es tatsächlich die Mehrheit ist. Ich habe auf die andere Seite nicht genau geschaut, also kann ich es nicht beurteilen. (Rufe bei der ÖVP: Eine Unterstellung! – Bundesrat Dr. Bösch: Das ist eine Fest stellung!)

Was ist eine Unterstellung? – Das ist eine Feststellung! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist eine Feststellung, Herr Kollege! Ich bitte Sie, nicht nur auf den syntaktischen Fluß der Sprache zu achten, sondern auch auf die grammatikalische Zusammensetzung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Dr. Tremmel! Es bestätigen mir auch Augenärzte, daß ich mich auf meine Sehkraft noch verlassen kann. Ich betone: Es war die Mehrheit! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (fortsetzend) : Selbstverständlich, Frau Präsidentin!

Meine Damen und Herren! Zum Bundes-Bedienstetenschutzgesetz: Wenn Sie diese Stühle hier (der Redner zeigt auf die beigen Drehsessel der Bundesräte)  – wir alle sind keine Bundesbediensteten, aber wir werden vom Bund hier als Mandatare betreut – anschauen, dann stellen Sie fest oder dann könnten Sie feststellen, daß diese Stühle, auf denen wir sitzen, vom Arbeitsinspektorat bereits verboten sind. Das sind nämlich Gasstühle. Ja, so ist es. (Bundesminister Edlinger: Was sind das?)  – Gasstühle, Sitze mit Gasinhalt. (Bundesminister Edlinger untersucht die gleich aussehenden beigen Drehstühle an der Regierungsbank.) – Diese nicht, Herr Minister! Sie sitzen auf einem sicheren Sitz. (Bundesminister Edlinger: Das freut mich! – Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Prähauser: Da sind wir für Österreich froh!)  – Noch! Warten Sie nur.

Meine Damen und Herren! Ich möchte damit nur aufzeigen, wie "ernst" die Gebietskörperschaft Bund – aber auch die Länder oder sonstige Gebietskörperschaften – Vorgaben nimmt, die sie sich selbst gesetzt hat.

Dieses Bundes-Bedienstetenschutzgesetz enthält wiederum derartige Vorgaben. Die Bediensteten und die Menschen ganz allgemein müssen aufgrund solcher Vorgaben mißtrauisch werden! Es hat vor kurzem eine Besoldungsreform gegeben, deren Ziel es war, die Einstiegsgehälter zu erhöhen.

In einer Zeitung von heute kann man lesen – ich zitiere –: Die Vorfreude war groß! Die Sachbearbeiterin im Amt konnte es schon gar nicht mehr erwarten, zu sehen, um wieviel sie ab heuer mehr verdienen würde. Ein Blick auf den Gehaltszettel bringt allerdings die Ernüchterung: brutto 175 S weniger! – Der Schlossermeister im Bundesdienst ist wütend. Sein Einkommen hat sich um satte 514 S verringert. Beide Verwaltungsbedienstete verstehen die Welt nicht mehr! – Ende des Zitats.

Sehen Sie sich das Schema an! Das ist jener Bereich, von dem Sie vorgeben, daß Sie ihn unterstützen wollen.

Ein Beispiel – ich denke dabei an die sozialdemokratische Reichshälfte – aus dem Bereich der Arbeiter: Ein Arbeiter in der Ausbildungsphase, in der fünften Gehaltsstufe, ein Facharbeiter, bekommt nach dem alten Schema: 17 639 S, nach dem neuen 17 552 S.

Oder: Ein gelernter Facharbeiter mit Meisterprüfung oder langjähriger Berufspraxis erhält nach dem alten Schema 17 100 S, nach dem neuen 16 447 S.


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653. Sitzung / Seite 57

Oder: Ein Arbeiter mit abgeschlossener Lehre hat nach dem alten Schema 16 651 S, nach dem neuen 16 075 S.

Das ist also die Besoldungsreform, mit der die Eingangsgehälter angehoben hätten werden sollen. Die Leute sind enttäuscht, und wir möchten die Menschen vor solchen Enttäuschungen warnen.

Der vorliegende Gesetzentwurf, den ich zuerst angesprochen habe, betreffend das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz ist sehr fein und sehr logisch aufgebaut. Aber es fehlen die Sanktionsmöglichkeiten. Was passiert dann, wenn die Arbeitsinspektion kontrollierend durch die Gegend geht? Wie sehen die Sanktionsmöglichkeiten aus? – Es gibt keine.

Man würde das im juridischen Bereich als Lex imperfecta bezeichnen. Wenn es nur das wäre, dann wäre es nicht so tragisch, aber es kommt auch zu Diskriminierungsfällen. Zum Beispiel enthält dieses Gesetz einen Freibrief vielfacher Art. Es ist nämlich nicht klar, inwieweit die Eignung in bezug auf Sicherheit und Gesundheit mit der Konstitution, den Körperkräften, dem Alter und der Qualifikation zu tun haben kann.

Es gibt aber auch Widersprüche. Die Stellung der Sicherheitsvertrauenspersonen ist besonders widersprüchlich. Einerseits haben diese die Interessen der Bediensteten gegenüber dem Dienstgeber zu vertreten und zu wahren, andererseits aber haben sie die Aufgabe des Dienstgebers zu übernehmen, nämlich die Bediensteten zu informieren. – Das ist eine klassische Doppelfunktion, die in sich widersprüchlich sein kann.

Wir trauen dem nicht, weil – wie ich anhand der Beispiele, die ich vorhin aufgezeigt habe, dargestellt habe – der Bund und die Gebietskörperschaften ihren Verpflichtungen schon bei bereits bestehenden Gesetzen eigentlich nicht nachgekommen sind.

In dieser Vorlage hat man die Bestimmungen so weich und so breit gefaßt, was zur Folge hat, daß man unter anderem die Sanktionsmöglichkeiten weggelassen hat. Meiner Ansicht nach ist dies vor allem ein Gesetz für "nach außen hin". Für die Bediensteten selbst, so glaube ich, wird es leider nicht richtig wirksam werden. Wir werden dieser Materie daher nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Auslandszulagengesetz: Ich bin verwundert über die Differenzierung, die in den einzelnen Bereichen gegeben ist. Man muß sich fragen: Ist das überhaupt noch ausgewogen?

Da heißt es zum Beispiel sehr neutral: Schaffung eines Besoldungsansatzes für die inländische Vorbereitung eines Auslandseinsatzes, Schaffung einer Regelung betreffend jene Zuwendungen, die Bedienstete von dritter Seite erhalten, funktionsbezogene Einreihung der Bediensteten in Zulagengruppen, Änderung der Anzahl der Werteinheiten bei einigen Zuschlägen, Schaffung eines Gefahrenzuschlages, Schaffung einer Regelung für Personen, die nicht dem Dienststand angehören.

Diese Auslandszulage besteht aus einem Sockelbetrag einerseits und aus Zuschlägen andererseits. Beim Sockelbetrag wird zwischen den einzelnen Verwendungs- und Entlohnungsgruppen sehr stark differenziert. – Es blinkt schon rot, ich soll schon aufhören, aber ein bisserl werde ich noch reden.

Der Sockelbetrag für die höchsten Gruppen ist doppelt so hoch wie jener für die niedrigsten Gruppen. Das sollte aber bei relativ gleichem Risiko nicht sein, meine Damen und Herren!

Wir haben es diesmal unterlassen, eine Entschließung einzubringen, weil wir schon im Landesverteidigungsrat gesagt haben: Bitte, gleichen wir doch an! Aber wir haben gesehen, der Koalitionstrott ist in diesem Bereich nicht zu stoppen, und man fährt über die Interessen der kleinen Leute drüber – vor allem über die Interessen von Menschen, die für uns im Ausland tätig sind. Das ist nicht gut! Wir werden daher auch dieser Materie keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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653. Sitzung / Seite 58

Zum dritten und letzten Punkt, zum Auslandseinsatzgesetz: Wenn man es durchliest, stellt man fest, es ist schlüssig, weil an und für sich Personenbereiche erfaßt werden, die in den vorhin genannten Gruppen nicht enthalten sind, nämlich Bundesbedienstete im Fall bestimmter dienstlicher Verwendungen im Ausland. Diesen soll nun eine entsprechende Zulage zuerkannt werden. – So weit, so gut.

Ich erinnere Sie, meine Damen und Herren, vor allem die steirischen Abgeordneten hier in diesem Hause, an die Diskussion über die Kasernenstandorte und über die Besoldung. Damals hat es dazu einen einstimmigen steirischen Landtagsbeschluß gegeben, der sich nicht nur auf die Standorte, sondern auch auf die Sicherung der dortigen Arbeitsplätze bezogen hat. Ich erinnere deshalb daran, weil man genau diese Gruppe, meine Damen und Herren, wieder ausgelassen hat, nämlich diejenigen, die als Milizsoldaten oder als Grundwehrdiener einen Auslandseinsatz haben.

Die Regierungskoalition hat die Lösung dieser Frage abgelehnt. Es ist für mich völlig unverständlich, daß mit dieser Vorlage nicht versucht wurde, diesen Mißstand betreffend die Milizsoldaten beziehungsweise die Grundwehrdiener zu beseitigen. Dazu hätte es nun die Möglichkeit gegeben. Aber nein, man hat es nicht gemacht. Ich könnte es noch verstehen, meine Damen und Herren, wenn wir nicht darauf aufmerksam gemacht hätten! Aber wir haben ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht! – Aber nein, es wurde nicht gemacht.

Ich muß in diesem Zusammenhang darauf verweisen, daß der Milizbereich rund 70 Prozent des Auslandseinsatzes umfaßt, und dieser Bereich wird pensionsmäßig ordentlich geschnitten.

Bitte denken Sie an die Nachkaufzeiten. Es heißt, ein Bundesheerler soll die Zeiten nachkaufen. Das wird er nie schaffen! Es gibt bereits konkrete Fälle, meine Damen und Herren, denen große pensionsrechtliche Nachteile erwachsen.

Es gibt viele Soldaten, die erst in einigen Jahren erstmals ihren Pensionsantrag stellen müssen und die die Zeiten vielleicht nicht mehr so genau wissen. Da kann es sich um 30 Monate und mehr handeln! Das ist einfach nicht berücksichtigt worden, obwohl von uns darauf hingewiesen wurde. Das ist für mich völlig unverständlich!

Meine Damen und Herren! Zu dieser dritten Vorlage, zu der ich hier gesprochen habe, bringen wir Freiheitlichen einen Entschließungsantrag ein, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres

"Die Bundesregierung wird aufgefordert:

Erstens umgehend alle notwendigen legistischen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, die gewährleisten, daß für alle Präsenzdiener die während ihrer Wehrdienstzeit erworbenen Versicherungszeiten als pensionswirksame Beitragszeiten in vollem Umfang in die Bemessungsgrundlage der Pensionsversicherung einbezogen werden, und

zweitens für eine Regelung Sorge zu tragen, mit der alle bisherigen Präsenzdienstzeiten, die im Rahmen von Auslandseinsätzen oder als Zeitsoldat erworben wurden, nachträglich als beitragswirksame Versicherungszeiten anerkannt werden."

*****

Der Entschließungsantrag ist am Präsidium abgegeben worden, und ich bitte diesbezüglich um eine namentliche Abstimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

12.20


Bundesrat
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653. Sitzung / Seite 59

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Der von den Bundesräten Dr. Paul Tremmel und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein das Wort. – Bitte.

12.20

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten darf ich ein paar kurze Bemerkungen machen.

Es geht, wenn ich richtig liege, um ungefähr 176 000 Mitarbeiter in zirka 3 600 Dienststellen in zirka 11 000 Gebäuden.

Gute Schutzbestimmungen sind ein Anliegen sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Mit Sicherheit ist die Regelung für alle der über 170 000 Betroffenen ein bedeutender Fortschritt. Es muß überall im öffentlichen Dienst dieselben Schutzbestimmungen geben, die auch für die Wirtschaft gelten.

Es gibt – wenn ich es rückblickend so bezeichnen darf; ich bitte, das nicht mißzuverstehen – oder gab in Österreich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von Arbeitnehmern: einerseits die Arbeitnehmer im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der übrigen Wirtschaft, für die seit dem Jahr 1972 ein immer strenger werdendes Arbeitnehmerschutzgesetz gilt, und andererseits die Arbeitnehmer im öffentlichen Bereich, für die ein entsprechendes Gesetz bis jetzt nicht gegolten hat.

Das heißt, der Entwurf geht in die richtige Richtung. Klar ist aber auch, daß gerade im Bereich der Exekutive – und da wiederum vor allem im Bereich des Militärs – andere und weitere Bestimmungen notwendig sind. Daher sind sowohl die Änderungen im Gesetz den Auslandseinsatz betreffend als auch jene im Auslandszulagengesetz nötig. Dazu gehören die für das Militär und für unseren Sicherheitsschutz notwendigen Personen.

Daher sind die drei vorliegenden Gesetze meiner Ansicht nach absolut richtig, und ich stimme ihnen zu. Meine Partei wird die Zustimmung dazu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Harald Repar. Ich erteile ihm das Wort.

12.22

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen heute einige Gedanken zum vorliegenden Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten näherbringen.

Grundsätzlich bin ich sehr froh darüber, daß Gesundheit und insbesondere die Prävention einen immer wichtigeren Stellenwert erhalten. Eine moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, wie wir sie in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, haben, muß seinen Arbeitnehmern bestmögliche Arbeitsbedingungen anbieten. Moderne, die Gesundheit nicht gefährdende Arbeitsplätze sind nicht nur eine moralische Verpflichtung gegenüber den Arbeitnehmern, sondern auch eine gesundheitspolitische Notwendigkeit, denn zur Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems werden wir der Prävention einen zentralen Stellenwert einräumen müssen.

Die beste Gesundheitspolitik ist jene, die den Menschen sowohl privat als auch ganz besonders am Arbeitsplatz Bedingungen anbietet, die die Gefahren von Unfällen oder Krankheiten mög


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lichst minimieren. Aus diesen Gründen erachte ich das vorliegende Gesetz als wichtigen Schritt zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz bringt uns einem einheitlichen Arbeitnehmerschutz näher und geht in Richtung einer Anpassung an das Niveau in der Europäischen Union. Dabei möchte ich die positive Vorreiterrolle der Europäischen Union hervorheben, die dem Arbeitnehmerschutz eine ganz besonders wichtige Rolle zuordnet.

Österreich übernimmt nun auch im öffentlichen Dienst dieses hohe Schutzniveau der EU. Dieser einheitliche Arbeitnehmerschutz in Europa ist eine wichtige, aber leider viel zu wenig beachtete Leistung der Europäischen Union.

Einheitlicher Arbeitnehmerschutz bedeutet für mich aber auch, daß bestehende Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitnehmergruppen tendenziell abzubauen sind. Mit dem bestehenden Gesetz gehen wir in diese Richtung, indem wir etwa auch im öffentlichen Dienst die Schutzbestimmungen deutlich verbessern, ebenso aber auch eine Neuorganisation im arbeitsmedizinischen Bereich vornehmen und Sicherheitsvertrauenspersonen für Dienststellen mit mehr als zehn Bediensteten einführen. Damit erfolgt eine Anpassung an die Bestimmungen für den privatwirtschaftlichen Bereich.

Logisch ist jedoch, daß es für gewisse Bereiche des öffentlichen Dienstes, wie etwa Polizei oder Bundesheer, aufgrund der spezifischen Anforderungen gewisse Ausnahmeregelungen geben muß.

Ganz besonders im Zusammenhang mit diesem Gesetz wird die Vollziehung von entscheidender Bedeutung sein, denn wir wissen doch ganz genau, daß die Durchsetzung gewisser Bestimmungen meist einen gewissen Spielraum zwischen rigoros und nachsichtig zuläßt.

Ich möchte hier der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß die Schutzbestimmungen im öffentlichen Dienst genauso strikt eingehalten werden wie in der Privatwirtschaft, denn ein "Augen-Zudrücken" ginge nur zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer und unseres Gesundheitssystems. Die vorgesehene Evaluierungsphase von drei Jahren wird es ermöglichen, genau festzustellen, wo Aufholbedarf besteht.

Ich bin zufrieden und froh darüber, daß für diese Phase die notwendigen Mittel bereitgestellt wurden, sodaß die notwendige Ausbildungsarbeit und die Evaluierung in diesem Bereich durchgeführt werden können. Insgesamt glaube ich, daß wir mit diesem Gesetz einem verbesserten Arbeitnehmerschutz in allen Bereichen einen entscheidenden Schritt näher gekommen sind. Wir werden aus diesem Grund diesem Gesetz die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: Sind Sie überzeugt, Herr Kollege?)

12.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

12.26

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollegen und Kolleginnen! Die heute hier zu beschließenden beiden Gesetze, die die Auslandsverwendung österreichischer Soldaten betreffen – nur über diese möchte ich reden –, scheinen gerade in den letzten Tagen an besonderer Aktualität gewonnen zu haben.

Es scheint mir, als ob sich – scheinbar aus besonders humanitären Gründen – europaweit eine Infektion mit einem Virus eingestellt hätte, der geradezu explosionsartig um sich greift und einen gruppendynamischen Prozeß bewirkt, der bei manchen Teilnehmern – ich meine sogar, bei fast bei allen Teilnehmern – ein kollektives Irresein zur Folge hat. Es sind nämlich derzeit ausgerechnet jene, die vor 20 Jahren die Vereidigung von Soldaten verurteilt haben, die die Ausrüstung von Soldaten verurteilt haben, diejenigen, die besonders kriegswütig einen Prozeß herbeipredigen, von dem wir alle nicht wissen, wie er enden soll. Ein Krieg ist schnell begonnen –


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aber keiner weiß, wie und wann er enden wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Aus diesem Grund ist dieses Gesetz auch von besonderer Aktualität, wie ich eben sagte. Trotzdem hat es gerade aus diesen Gründen Mängel.

Wenn man zum Beispiel behauptet – das dürfte wohl in diesem Krieg bis jetzt die absolut einzige Wahrheit sein –, daß Milliarden Schilling für Bomben, aber nur Millionen Schilling für die Opfer ausgegeben werden, dann muß auch ich sagen, daß diese Gesetze, die wir heute beschließen sollen, die österreichischen Soldaten in keinem guten materiellen Zustand belassen.

Warum? – Diese Soldaten werden, wie schon mein Vorredner Paul Tremmel gesagt hat, fast standespolitisch in gewisse Kategorien eingeteilt, und zwar mehr, als dies allgemein notwendig ist. Ich gebe schon zu, daß zwischen dem Oberst und dem Soldaten, dem einfachen Wehrmann, ein Unterschied besteht. Aber das Risiko ist doch meines Erachtens nach für den Wehrmann meistens viel höher als für den Oberst!

Ich sehe da eine gesetzliche Bestimmung, die zum Nachteil der Masse der Eingesetzten ist. Des weiteren stört mich, daß die Versicherungsleistungen für die Betroffenen so gut wie außer Beachtung bleiben, etwa die Versicherungssumme für den Todesfall. Denn "erstaunlicherweise" – wir erfahren es täglich aus den Medien – werden sehr wohl auch Soldaten in diesen Kriegseinsätzen getötet – ob sie jetzt das Rote Kreuz am Ärmel tragen oder nicht.

Erstaunlich ist auch, daß viel zu wenig über die Toten berichtet wird. Wahrscheinlich hätte, wenn wir alles wüßten, dieser kollektive Irrsinn schon ein Ende gefunden!

Für diese Soldaten also, die zu Tode kommen, sind die Versicherungssummen im Todesfall viel zu gering! Das gilt auch für die Soldaten, die unfallversichert sind. Aber was ist das für ein "Unfall", wenn man von einer Granate getroffen wird und "nur" ein Fuß weggerissen wird? Eigenartige "Unfälle", nicht wahr? – Das nennt man Kriegsverletzungen! Für diese sind die Versicherungssummen viel zu gering!

Es ist kein Anreiz für den Mann da, sich einem Kriegsschauplatz zu stellen, wie er sich derzeit darstellt. Diese nicht abgesicherten Langzeitfolgen, diese auch sozial nicht abgefederten Langzeitfolgen sind es auch, die den österreichischen Soldaten – ob als Milizsoldat oder österreichischer Wehrpflichtiger oder Soldat im Beamtenstand – davon abhalten, sich freiwillig für diesen Einsatz in großer Zahl zu melden.

Es ist auch eine große Ungerechtigkeit, daß jene Soldaten, die Assistenzeinsatz an der österreichisch-ungarischen Grenze im Rahmen der Hilfe für die Grenzgendarmerie und für das Innenministerium leisten, teilweise eine viel höhere Assistenzeinsatzzulage erhalten als Soldaten, die für einen Auslandseinsatz vorgesehen sind oder sich für einen solchen melden.

Es soll schon – ich meine, das wäre zu überprüfen, Herr Bundesminister – die richtigen Grenzsicherungsprofis geben, weil natürlich der Einsatz an der österreichisch-ungarischen Grenze viel angenehmer ist: Man kann alle paar Tage nach Hause fahren, seine Familie besuchen, kennt sein Umfeld, und auch die klimatischen – wenn es nur die allein wären! – Unwägbarkeiten sind bekannt. Aber alle jene, die irgendwo im fernen Afrika, im Mittelmeerraum oder eben jetzt im Gebiet Albaniens Dienst am Nächsten tun wollen – Kampfeinsätze werden es hoffentlich keine werden! –, haben einen zum Teil schlechteren Stand. Da dies der Fall ist, so meine ich, Herr Bundesminister, kann diesen Gesetzentwürfen von unserer Seite aus nicht zugestimmt werden.

Folgendes sei noch gesagt: Die beamteten Berufssoldaten melden sich nur zu 10 Prozent zu Auslandseinsätzen, und von diesen 10 Prozent werden erstaunlicherweise wiederum 50 Prozent krank. Da dürfte das Klima besonders schlecht sein, da Berufssoldaten eher krank werden als Milizsoldaten. Ich meine, auch da drückt sich die Erkenntnis aus, daß die Regelung für Unfall, Krankheit und Todesfall, aber auch die Einsatzgebührenregelung ungleichgewichtig dargestellt sind, sonst müßte es doch so sein, daß, wenn ein junger Mann schon das Abenteuer sucht, er


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sich für einen Auslandseinsatz und nicht für den Einsatz an der österreichisch-ungarischen Grenze meldet.

Bedenken wir noch einmal: Milliarden für Bomben, Millionen für die Opfer – auch für unsere eigenen Soldaten! – Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Horst Freiberger gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

12.33

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich mich kurz mit dem Auslandszulagengesetz und mit dem Auslandseinsatzgesetz beschäftigen. Die neuen Bestimmungen wurden deshalb notwendig, da das bestehende AEZG nicht alle möglichen Arten von Entsendungen in das Ausland vorsieht beziehungsweise regelt.

Das neue Gesetz beinhaltet Regelungen für Auslandszulagen durch Schaffung eines Besoldungsansatzes für die inländische Vorbereitung eines Auslandseinsatzes sowie für Übungen und Ausbildungsmaßnahmen im Ausland, eine Regelung betreffend Zuwendungen, die Bedienstete von dritter Seite erhalten, eine funktionsbezogene Einreihung der Bediensteten in die Zulagengruppen, eine Änderung der Anzahl der Werteinheiten bei einigen Zuschlägen, die Schaffung eines Gefahrenzuschlages sowie eines Unterkunfts- und Verpflegszuschlages und eine Regelung für Personen, die nicht dem Dienststand angehören.

Damit auch Präsenzdiener gleich behandelt werden – Herr Dr. Tremmel, es geht bei der Gleichbehandlung um Zulagen und nicht, wie Sie hier gefordert haben, um die gleiche Regelung für die Pensionen von Milizsoldaten (Bundesrat Dr. Tremmel: Ich habe auch von den Zulagen gesprochen, Herr Kollege!); ja, aber Sie haben die Gleichstellung bei den Pensionen verlangt (Bundesrat Dr. Tremmel: In weiterer Folge!) , und diese Vorlage beschäftigt sich ausschließlich mit der Regelung der Zulagen –, die an einer Vorbereitung für einen sowie an einem späteren Auslandseinsatz teilnehmen, ist es erforderlich, daß § 3 Abs. 2 des Auslandseinsatzgesetzes entsprechend modifiziert wird. Somit kann man sagen, daß die Einheitlichkeit der finanziellen Abgeltung bei allen möglichen Arten von Entsendungen gegeben ist.

Meine Damen und Herren! Ersparen Sie es mir, diese beiden Vorlagen im Detail zu referieren. Es ist ein äußerst kompliziertes Gebilde von unterschiedlichen Zonen, Zonenzuschlägen und differenzierten Werteinheiten, sodaß ich ehrlich gestehen muß, daß man ohne intensives Studium dieser Materie nicht in der Lage ist, dies innerhalb einer kurzen Zeit begreiflich zu erklären. Ich vertraue aber auf das Verhandlungsergebnis der Sozialpartner, da diese Regelung mit der zuständigen Gewerkschaft vereinbart wurde.

Ich sehe die Regelung nicht negativ, wie dies etwa Herr Abgeordneter Van der Bellen in seinem Debattenbeitrag im Nationalrat ausgeführt hat, jedoch kann ich nur empfehlen, seinen Beitrag im Stenographischen Protokoll der 162. Sitzung des Nationalrates vom 24. März 1999 nachzulesen, da dieser sicher einen gewissen Unterhaltungswert hat.

Die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ werden im Sinne einer gleichen Behandlung der finanziellen Abgeltung bei allen möglichen Arten von Entsendungen selbstverständlich ihre Zustimmung erteilen.

Meine Damen und Herren! Nun möchte ich noch einige Anmerkungen zum Bundes-Bedienstetenschutzgesetz machen. Ziel der Neuregelung ist eine Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitszustandes der Bundesbediensteten. Konkret sieht das Gesetz eine Gefahrenevaluierung- und -dokumentation durch den Dienstgeber, die Bestellung von Sicherheitsvertrauenspersonen, die Errichtung von Arbeitsschutzausschüssen sowie Untersuchungen bei der Bildschirmarbeit vor.


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Ein wesentlicher Punkt sind auch das Mitwirkungs- und Informationsrecht der Personalvertretung sowie die Informationspflicht des Bundes gegenüber der Personalvertretung. In diesem Zusammenhang ist auch wesentlich, daß die Sicherheitsvertrauenspersonen bei der Ausübung ihrer Aufgaben an keine Weisungen gebunden sind.

Meine Damen und Herren! Es ist dies ein erster Schritt zu einer überfälligen Harmonisierung des Arbeitnehmerschutzes zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst. Als ersten Schritt in die richtige Richtung bezeichne ich es deshalb, da aufgrund verschiedener spezifischer Gegebenheiten im öffentlichen Bereich erst die nötigen Verordnungen zu erlassen sind; nach einer bestimmten Zeit wird man die Erfahrung mit diesem Gesetz evaluieren und das Gesetz nötigenfalls anpassen beziehungsweise novellieren. Dieser Weg wird ähnlich wie beim Arbeitnehmerschutzgesetz, das seit dem Jahre 1972 mehrmals novelliert wurde, auch beim Bundes-Bedienstetenschutzgesetz beschritten werden. Ich empfinde das als einen wichtigen, entscheidenden Schritt in Richtung Harmonisierung des Arbeitnehmerschutzes.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ-Bundesrätinnen und -Bundesräte werden dieser Vorlage gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Rodek. )

12.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nunmehr dem Herrn Bundesminister für Finanzen das Wort. – Bitte.

12.38

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat liegen drei nicht unwichtige Materien auf dem Tisch. Ich möchte zunächst zum Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und den begleitenden Novellen ein paar Bemerkungen machen, wobei in der Diskussion eine Reihe von Veränderungen positiver Natur sowohl von Herrn Bundesrat Dr. Liechtenstein als auch von den Herren Bundesräten Repar und Freiberger dargelegt worden ist.

Ich habe mir allerdings, sehr geehrter Herr Bundesrat Dr. Tremmel, als ich Sie reden hörte, gedacht: Wie hätten Sie argumentiert, wenn nicht besagter Artikel im heutigen "Kurier" erschienen wäre? – Denn Ihre gesamte Argumentationslinie und auch die Ablehnung Ihrer Fraktion haben Sie eigentlich mit dem "Kurier"-Artikel begründet. Vielleicht können Sie Ihr Abstimmungsverhalten auch insoferne überdenken, als ich Ihnen hier sage, daß es die im "Kurier" zitierten und auch verglichenen Positionen in der Tat in Einzelbereichen gibt. Es ist aber ohne jede Frage zunächst einmal festzustellen, daß es sich hier um ein Optionsrecht und um keine verpflichtende Veränderung handelt. Daher ist es klar, daß, wenn tatsächlich solche Situationen über die Ausbildungszeit hinaus, aber selbst innerhalb der Ausbildungszeit einträten, wahrscheinlich sehr wenige von einer solchen Option Gebrauch machen würden, und das ist eigentlich nicht im Sinne dieses Gesetzes.

Daher möchte ich in aller Deutlichkeit sagen, daß von mir als zuständigem Ressortminister die Effekte von auch nur kurzfristigen Gehaltsverlusten als nicht erwünschtes Ergebnis definiert werden. Wir werden daher auch in einer ziemlich exakten Analyse feststellen müssen, wo diese Effekte auftreten und diese bis zum Sommer korrigieren, weil wir eigentlich möchten, daß viele von dieser Option Gebrauch machen, wobei es unbestritten ist, daß in der langfristigen Perspektive das Optieren ohne jeden Zweifel – das haben Sie auch gar nicht in Abrede gestellt – einen Vorteil darstellt.

Es gibt allerdings durchaus einen logischen Aspekt, etwa hinsichtlich der 5prozentigen Kürzung bei der Ausbildung, denn letztendlich ist da eine bestimmte Umschulung erforderlich, bei der auch ein entsprechendes Engagement von seiten des Bediensteten erwartet werden kann. Letztendlich geht es auch darum, daß die Ausbildung im Vertragsbedienstetenrecht in der konkreten Realisierung so fest verankert wird, daß tatsächlich ein Vertragsbediensteter Chancengleichheit gegenüber einem Beamten hat. Aus diesem Grunde ist es notwendig, daß dieser ebenfalls über die entsprechenden Kenntnisse verfügt.


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Aber ich möchte noch einmal mit aller Entschiedenheit sagen, daß wir diese – wie es der Herr Staatssekretär im selben Artikel formuliert hat; das haben Sie aber nicht zitiert – "Ecken und Kanten", die in dieser sehr komplexen Materie entstanden sind – ohne jeden Zweifel! –, genau analysieren werden. Man kann es nämlich nicht so sagen wie Sie, daß das nun bei jedem eintritt, sondern das ist nur in einigen ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Das habe ich nie gesagt!)  – Nein, aber Sie haben nicht das Gegenteil gesagt. Sie haben vorgelesen, und es mußte daher bei jemandem, der sich mit der Materie nicht auskennt – das kann man gar nicht verlangen, sie ist sehr komplex; Sie haben den Vorteil, daß Sie ein öffentlich Bediensteter und ein Insider sind –, der Eindruck entstehen, daß allgemein weniger verdient wird. Es ist aber nicht so, daß jeder, der jetzt in das neue Vertragsbedienstetenrecht optiert, weniger verdienen wird als vorher, sondern das trifft nur auf eine ganz geringe Zahl von Personen in ganz bestimmten Fällen zu. Wir werden uns das ganz genau anschauen. Noch einmal – das sage ich jetzt als für diese Bereiche letztendlich zuständiger Bundesminister –: Das ist als Effekt des Optionsrechtes nicht gewünscht, denn es müßte jeder ein Esel sein, der eine Option annimmt und am Ende, wenn auch kurzfristig, weniger verdient.

Aus diesem Grunde werden wir das korrigieren. Ich lade Sie daher ein, diesem Gesetz, weil das eigentlich die einzige Kritik war, hier im Bundesrat ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Na, na!)  – Die anderen Kritikpunkte haben Sie mir nicht erzählt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das war zumindest aus Ihrer Sicht Ihre Argumentation. Da es bei Ihnen keine Fraktionsdisziplin gibt, können Sie ja als einzelner Bundesrat zustimmen. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. )

Zweiter Bereich: Man muß schon auseinanderhalten, was diese beiden Gesetze eigentlich regeln. Sie regeln Auslandszulagen. Hinsichtlich der Auslandszulagen kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung darüber sein, in welcher Weise eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Rängen gegeben ist, wobei ich durchaus eine bestimmte Sympathie dahin gehend habe, sozusagen unten mehr zu tun als oben. Aber ich möchte Sie schon bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß diesbezüglich wirklich sehr lange und sehr detaillierte Verhandlungen mit der betroffenen Personalvertretung, mit der Gewerkschaft stattgefunden haben, und ich das zu respektieren habe, wenn ich den Beitrag der Sozialpartner auch in diesen Bereichen ernst nehmen möchte.

Ich glaube, daß dieses Auslandszulagengesetz mit Pensionen und vor allem mit der Feststellung von Ersatzzeiten eigentlich relativ wenig zu tun hat. Die Frage von Ersatzzeiten betrifft mein Ressort nicht unmittelbar und direkt. Es ist jedoch eine grundsätzliche Frage, wer letztendlich die Gegenleistung für Ersatzleistungen vornimmt, denn den Zahler kenne ich schon: Das wird das Budget ganz allgemein sein, das ist aber besonders jenes der sehr geschätzten Frau Sozialministerin, die soeben eingetroffen ist. Ich nehme an, sie ist nicht deswegen gekommen, aber ich freue mich trotzdem sehr, weil ich sie gerne sehe. (Heiterkeit bei der SPÖ.) So einfach ist das also nicht. Wenn man von Kosten- und Budgetwahrheit redet, dann muß man auch dort, wo Ersatzzeiten oder Pensionsansprüche entstehen, die Gegenrechnung anstellen, nämlich wenn es darum geht, wer die Äquivalente bezahlen wird.

Die Mittel können letzten Endes nicht aus dem Budget des Sozialbereiches kommen; das würde zu einer Verfälschung der Kostenwahrheit in den einzelnen Verantwortungsbereichen führen. Und das ist etwas, was gerade (in Richtung der Freiheitlichen) Ihre Fraktion immer wieder verlangt, nämlich Kostenwahrheit. Ich bin sehr dafür, daß man da etwas tut, aber die Maßnahme, die Sie vorschlagen, führt zu einer weiteren Verschleierung der Kostenwahrheit. Daher kann ich mich dem nicht anschließen.

Sehr geehrter Herr Bundesrat Gudenus! Mich hat Ihre Aussage: "Milliarden für Bomben, Millionen für die Opfer" – von der negativen Seite her, so haben Sie es auch gemeint – wirklich sehr beeindruckt, weil mich dieses Problem auch sehr beschäftigt. Ich persönlich halte jeden Krieg für einen Wahnsinn, und ich bin sehr froh darüber – ich muß Ihnen das ehrlich sagen –, daß wir keinem Bündnis angehören, bei dem wir Gefahr laufen, daß junge österreichische Männer von der NATO in den Krieg geschickt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Dr. Paul Tremmel und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres vor.

Von Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Da ein solches Verlangen nur von fünf Bundesräten gestellt werden kann, stelle ich die Unterstützungsfrage.

Wer dieses Verlangen unterstützt, den bitte ich um ein entsprechendes Handzeichen. – Da nunmehr eine ausreichende Unterstützung vorliegt, lasse ich namentlich abstimmen.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.


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(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Giesinger
geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich gebe nunmehr das Abstimmungsergebnis bekannt: Für den Antrag stimmten 16 Bundesrätinnen und Bundesräte, gegen den Antrag 32. Der Antrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Dr. Böhm, Dr. Bösch;

Dr. d'Aron;

Eisl;

Grander, Grissemann, Mag. Gudenus;

Haunschmid;

Mag. Neuner;

Ram, Rodek;

Mag. Scherb, Ing. Scheuch;

Dr. Tremmel;

Weilharter, Windholz.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Drochter;

Farthofer, Fischer, Freiberger;

Gasteiger, Giesinger, Grillenberger, Ing. Gruber, Gstöttner;

Hensler, Dr. Hummer;

Jaud;

Keuschnigg, Konecny, Kraml;

Ledolter, Mag. Leichtfried;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon;

Ing. Polleruhs, Prähauser, Pühringer;

Rauchenberger, Mag. Repar;

Schaufler, Schicker, Steinbichler, Mag. Strugl;


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Thumpser, Trunk;

Winter, Wolfinger.

*****

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank (1625 und 1673/NR sowie 5906/BR der Beilagen)

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (612 und 1667/NR sowie 5907/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll (893 und 1668/NR sowie 5908/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend eine Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1477 und 1669/NR sowie 5909/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll sowie

eine Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Die Berichterstattung über die Punkte 6 bis 9 hat Herr Bundesrat Mag. Harald Repar übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Mag. Harald Repar: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeich


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nung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank.

Mit dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates soll die gesetzliche Ermächtigung für die Beteiligung Österreichs an der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank geschaffen werden.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters erstatte ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates hat die Förderung und den Schutz von Investitionen zum Gegenstand und regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit unter anderem die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und Formen der Streitbeilegung. Das Abkommen beruht auf dem Prinzip der Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung – ausgenommen Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen und ähnlichem ergeben. Aufgrund dieses Vertragsinstrumentes ist jede Vertragspartei in der Lage, die Rechte ihres Investors im Investitionsland sicherzustellen und zu vertreten.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.


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Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Als nächstes erstatte ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates hat die Förderung und den Schutz von Investitionen zum Gegenstand und regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit unter anderem die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und Formen der Streitbeilegung. Das Abkommen beruht auf dem Prinzip der Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung – ausgenommen Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen und ähnlichem ergeben. Aufgrund dieses Vertragsinstrumentes ist jede Vertragspartei in der Lage, die Rechte ihres Investors im Investitionsland sicherzustellen und zu vertreten.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Letztlich erstatte ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend eine Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay über die Förderung und den Schutz von Investitionen wurde vom Nationalrat am 3. März 1994 genehmigt. Der Bundesrat hat am 10. März 1994 beschlossen, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Der Bundespräsident hat das Abkommen am 18. März 1994 ratifiziert. Das Parlament Paraguays hat das Abkommen bis jetzt nicht genehmigt, da auf seiten Paraguays Unklarheiten betreffend einige Bestimmungen des Abkommens bestehen. Diese Bestimmungen werden in einem Briefwechsel interpretiert. Ohne diese Interpretation wird das Abkommen in Paraguay nicht ratifiziert.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd beziehungsweise gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

13.00

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Kollegen und Kolleginnen! Die Erhöhung für die Afrikanische Entwicklungsbank lehnen wir – das möchte ich vorweg gleich sagen – ab, unter anderem deshalb, weil für die Republik Österreich damit Kosten verbunden sind, denn es sind 33,1 Millionen Schilling einzuzahlen. Möglicherweise ist ein Haftungskapital in der Höhe von 590 Millionen Schilling zur Not abrufbar.

Wir wissen, daß die Entwicklung in Afrika in weiten Bereichen in den letzten Jahren rückläufig ist, obwohl sich die europäischen Staaten im besonderen Maße für die Entwicklung dieser Länder verwenden, sei es nun im Rahmen der EU, der Europäischen Union, sei es als Einzelstaat, in diesem Fall Österreich. Wir wissen weiters, daß jene Geldsumme, die die Republik Österreich für wohlmeinende und humanitäre Absichten jährlich bereitstellt, natürlich nicht im unbegrenzten Maße vermehrbar ist. Angesichts der Hilfe, die jetzt im südlichen Teil Europas, Balkan genannt, notwendig ist und noch notwendig sein wird, meine ich, daß österreichische Geldmittel als Hilfe dort angebracht sind, wo wir uns am ehesten betroffen fühlen, und zwar auch deshalb, weil dort Flüchtlingsbewegungen in Gang gesetzt werden, die bei einem Mangel beziehungsweise bei einem Ausbleiben der Hilfe vor Ort nicht in den Griff zu bekommen sein werden.

Natürlich nehmen wir zur Kenntnis, daß in Westafrika und insbesondere in Nigeria österreichische Unternehmen durchaus erfolgreich agieren können. Es gilt auch als sicher, daß – so


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meinte auch Staatssekretär Ruttenstorfer – durch eine gewisse Anzahl an Aufträgen Geld ins Land zurückfließt. Aber es ist nicht dieser kommerzielle Gedanke, der dieser Afrikanischen Entwicklungsbank zugrunde liegt, sondern es ist eher die entwicklungspolitische Aufgabe, die im Vordergrund steht. Solche entwicklungspolitischen Aufgaben haben wir meiner Meinung nach am Balkan derzeit und in Zukunft genug zu erfüllen, daher meinen wir Freiheitlichen, daß Österreich aufgrund dieser Gegebenheiten und des Umstandes, daß im südlichen und östlichen Afrika die Entwicklungshilfe in den letzten Jahren so gut wie keine Auswirkungen hatte, diese Mittel nicht in diese Entwicklungsbank einzahlen sollte. – Das zum ersten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zu den drei Abkommen mit Kroatien, Chile und Paraguay. Wir stimmen diesen zu, und zwar deshalb, weil darin die Meistbegünstigung und die Inländergleichbehandlung erwähnt und lediglich jene Vorteile ausgenommen werden, die sich an und für sich nur aus EU-Integrationsmaßnahmen ergeben. Daß wir mit Chile und Kroatien ein besonderes Abkommen schließen, ergibt sich auch aus der Washingtoner Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Es erstreckt sich aber nicht auf die Liberalisierung des Arbeitsmarktes und auf die Beschäftigung. Der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt wird von kroatischen und chilenischen Staatsbürgern nicht in Anspruch genommen werden können.

Es gibt dagegen natürlich den Einwand, daß ein solches Zusatzprotokoll und diese Abkommen überhaupt nur unter juridisch und politisch gleichgestimmten Staaten mit einem gleichen Rechtsstandard vorgenommen werden sollten und könnten, und als Beispiel dafür wird angeführt, daß die Volksrepublik China, obwohl sie einem solchen Vertragsverhältnis, wie wir es heute besprechen, unterliegt, einem Schiedsspruch nicht nachgekommen ist. Dem kann man wiederum als Gegenargument beifügen, daß China noch nicht Mitglied der Welthandelsorganisation ist.

Tatsache ist, daß Bevölkerungen und Staaten mit einem ähnlich kultivierten Rechtsstandard, einem ähnlich kultivierten Umgang miteinander und mit ähnlichen Rechtstraditionen derartigen Abkommen entweder leichten Herzens zustimmen können oder solcher Abkommen gar nicht mehr bedürfen. Es wird immer wieder zu Abkommen und Vereinbarungen kommen, deren Streitfälle nicht einmal vor der Welthandelsorganisation gelöst werden können. Man meint daher auch, daß der Ausbau der Welthandelsorganisation raschest vorangetrieben werden solle, um solche Unklarheiten endgültig einer Klarstellung zuzuführen.

Unterm Strich heißt das: Staaten mit ähnlichem historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Niveau werden sich leicht tun, miteinander wirtschaftlich zu kommunizieren, Staaten mit einem geringeren Niveau bedürfen besonderer Abkommen, und es gibt immer eine Anzahl von Staaten, bei denen weder ein Abkommen noch kein Abkommen nützt. Bei denen kann man gar nichts machen, und daher wäre es am besten, daß dort nur Privatwirtschaftstreibende ihr Risiko suchen, aber nicht der Staat, und daß der Staat nicht für diese eintritt. – Wir stimmen diesen drei Abkommen zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Prähauser gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

13.07

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Vizepräsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Es geht, wie wir gehört haben, um drei Zuwendungen für Entwicklungshilfe beziehungsweise eine Kapitalbeteiligung an der Afrikanischen Entwicklungsbank. Insgesamt geht es dabei um ein Volumen in der Höhe von 834 Millionen Schilling, wovon ein Teil direkt zu bezahlen ist, den anderen Teil stellen Haftungsübernahmen dar.

Die Direktzahlungen teilen sich folgendermaßen auf: Erstens ist in den Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds, dem GEF 2, eine Leistung in der Höhe von insgesamt 231 Millionen Schilling einzuzahlen, und zwar in fünf jährlichen Raten von 2001 bis 2005. Dabei handelt es sich um einmalige Zahlungen, für die es keine Rückzahlungen gibt. Damit werden Umweltförderungen


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für Klimaänderungen, biologische Vielfalt internationaler Gewässer, Vermeidung von Ozon und dergleichen mehr bestritten.

Der zweite Beitrag, der in den Jahren 1999 bis 2001 fällig ist, geht an die Weltbank-Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung. Es geht dabei um einen Betrag in der Höhe von 51,9 Millionen Schilling, zahlbar in Raten zu je 17,3 Millionen Schilling.

Der dritte Beitrag betrifft die allgemeine Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank. Diese Kapitalerhöhung halten wir Sozialdemokraten für eine sinnvolle Maßnahme, und zwar deswegen, weil nach der Krise der Afrikanischen Entwicklungsbank vor drei bis vier Jahren zum einen die Sanierungsmaßnahmen erfolgreich über die Bühne gegangen sind und es zum zweiten in einer Reihe von afrikanischen Staaten ein positives wirtschaftliches Wachstumspotential gibt, das auch für eine Reihe von österreichischen Firmen nicht uninteressant ist.

Aus Sicht des österreichischen Steuerzahlers ist zu sagen, daß die Kapitalerhöhung, die wir nun durchführen, unterhalb unserer Quote, unserer Verantwortung liegt, das heißt, es handelt sich um eine außerordentlich sparsame Maßnahme, die der österreichischen Wirtschaft lukrative Perspektiven eröffnet.

Meine Fraktion wird diese Initiative unterstützen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen im Rahmen der fünften allgemeinen Kapitalerhöhung der Afrikanischen Entwicklungsbank.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem Beschluß des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen samt Protokoll.


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Da der vorliegende Beschluß ebenfalls Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend eine Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Da der vorliegende Beschluß Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit (1524 und 1661/NR sowie 5910/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Herr Vizepräsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit.

Durch das vorliegende Abkommen wird Angestellten der OPEC, die nicht österreichische Staatsbürger oder Staatenlose mit ständigem Aufenthalt in Österreich sind, eine Versicherung in den einzelnen Zweigen der österreichischen Sozialversicherung sowie die Erstattung der geleisteten Pensionsversicherungsbeiträge bei Aufnahme in den Vorsorgefonds der OPEC ermöglicht. Die Wahrung der Rechte wird auch für jene Angestellten der OPEC, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens ihre Beschäftigung begonnen haben oder in den Vorsorgefonds aufgenommen wurden, gewährleistet.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzesergänzend und gesetzändernd, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.


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Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. Ich erteile es ihm.

13.14

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Vizepräsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Jedes internationale Abkommen zur sozialen Sicherheit, von dem einzelne Menschen betroffen sind, ist wichtig und ein Fortschritt in der gesamten sozialen Sicherheit, das möchte ich eingangs feststellen.

Wenn nun zwischen der Republik Österreich und der OPEC ein Abkommen zustande kommt, so ist es sicherlich so, daß nicht Tausende Menschen davon betroffen sein werden, aber es ist für jeden einzelnen Angestellten, der aus dem Ausland kommend in Österreich seine Tätigkeit aufnimmt, wichtig, ja von eminenter Bedeutung, daß er trotz einer allfälligen Krankheit abgesichert ist beziehungsweise später im Alter eine Altersversorgung bekommt. Ich habe mir sagen lassen, daß davon etwa 80 Personen – das ist eine bescheidene Anzahl – erfaßt werden.

An und für sich freut mich dieses Gesetz, doch ein paar Fragen drängen sich naturgemäß auf. Wenn man sich die Gesetzesvorlage und den Beschluß im Nationalrat ansieht, so erkennt man – das ist auch im Bericht klar und deutlich ersichtlich –, daß der einzelne Dienstnehmer, sobald er von der OPEC übernommen wird, die Möglichkeit hat, bereits geleistete Pensionsbeiträge zurückzubekommen und diese in diesen Vorsorgefonds einzuzahlen. Ich kenne keinen Österreicher, der, nachdem er Beiträge bezahlt hat, aber vielleicht insgesamt die Anspruchsvoraussetzungen des ASVG – darin kenne ich mich gut aus, da bleibe ich jetzt gedanklich zu Hause – nicht zur Gänze erfüllt, die Möglichkeit hätte, auch nur einen bezahlten Schilling zurückzubekommen. Bei diesem Punkt drängt sich mir ein Fragezeichen auf.

Weiters wird den Angestellten der OPEC zugebilligt, daß – dagegen habe ich nichts, ich stelle nur Fragen – sie nun die Möglichkeit haben, Versicherungszeiten bei österreichischen Versicherungsanstalten nachzukaufen. Das hat es in Österreich wohl einmal gegeben, ist aber Vergangenheit. Daher erlaube ich mir doch die folgende Frage, die wir zwar im Ausschuß kurz besprochen haben, die aber für mich nicht sehr umfassend und auch nicht schlüssig erklärt werden konnte: Bekommen wir mit diesem Gesetzesbeschluß nicht vielleicht Schwierigkeiten mit der österreichischen Bundesverfassung, die den Grundsatz der Gleichbehandlung determiniert? – Ich weiß schon, in dieser Vorlage geht es um Personen, die aus dem Ausland kommen und in Österreich arbeiten, und der Gleichheitsgrundsatz der Bundesverfassung bezieht sich im wesentlichen auf österreichische Staatsbürger. Das ist zwar nicht ganz gleich zu sehen, ich kann aber, wenn es schon nicht Äpfel mit Birnen sind, doch, so möchte ich sagen, Obst mit Obst vergleichen.

Das sind ein paar Fragen, die sich mir gestellt haben. – Im großen und ganzen bleibe ich bei der positiven Haltung: Es ist gut, wenn internationale soziale Abkommen geschlossen werden – speziell für Menschen, die vielleicht jahrelang in Österreich und dann viele Jahre in einem anderen Staat der westlichen Welt arbeiten.

Es ist auch so, daß wir Interesse daran haben müssen, diese Organisationen, die viel Geld bewegen, in unser Land zu bekommen. Unter diesen Aspekten verstehe ich schon, daß man manches Privileg – bitte das jetzt im Sinne des Wortes zu verstehen und nicht provozierend – zugesteht, das vielleicht in Österreich einmal vorhanden war, aber jetzt nicht mehr gegeben ist.


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Ich hätte diese beiden Fragen gerne von der Frau Bundesministerin beantwortet bekommen. Meine Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage gerne die Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Drochter. – Bitte.

13.19

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Bei diesem Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der OPEC wird einer kleineren Personengruppe – so, wie das Kollege Schaufler bereits gesagt hat – die Möglichkeit geboten, Sozialversicherungsschutz in Österreich zu erwerben. Diesbezüglich bilden wir keine Ausnahme; das ist in internationalen Bereichen weltweit Usus. – Es gilt, nur den besonderen sozialen Schutz zu erwähnen, den wir hier in Österreich anbieten können.

Im heute vorliegenden Entwurf ist auch vorgesehen, daß für alle österreichischen Staatsbürger und Staatenlose mit ständigem Aufenthalt in Österreich diese Bestimmungen des ASVG und der Arbeitslosenversicherung, wenn sie beansprucht werden, Gültigkeit haben. Es geht dabei vor allem um jene Personen des OPEC-Personals, die nach Stundenlohn bezahlt werden. Wenn wir uns einmal den Begriff "Stundenlohn" vor Augen führen, dann können wir annehmen, daß es sich hiebei um Arbeitnehmer handelt, die eher sehr einfache Dienste im Bereich der internationalen Organisation OPEC leisten.

Jene Arbeitnehmer, die davon Gebrauch machen wollen, müssen auch im vorhinein eine Erklärung abgeben, in der festgelegt wird, welchen Versicherungszweig, welchen Versicherungswunsch sie beanspruchen wollen. Bei dieser Regelung – ich glaube, das muß man hier betonen – handelt es sich um keine Sonderregelung für die OPEC. Diese jetzt zur Diskussion stehende Regelung hat ebenso Gültigkeit für die Beschäftigten in anderen internationalen Organisationen, die in Österreich ansässig sind, so zum Beispiel für die UNIDO und für die Atombehörde.

Ich meine, daß das auch ein Beweis dafür ist – das bestätigen auch immer wieder die Beschäftigten in diesen internationalen Organisationen –, daß Österreich nicht nur ein friedliches Land ist, sondern daß die Beschäftigten hier eine sehr umfassende und weitgehende soziale Absicherung haben. Diese Mitarbeiter sind daher froh darüber, daß sie auch in diesen Kreis aufgenommen werden können.

Kollege Schaufler hat bereits erwähnt, daß man das Ganze auch aus materieller Sicht sehen sollte. Etwas, was man nicht unerwähnt lassen sollte, ist, daß maximal 80 Personen hiefür in Frage kommen. – Im Ausschuß haben wir uns danach erkundigt, und es ist uns gesagt worden, daß wahrscheinlich lediglich zwei Bedienstete von diesem Angebot Gebrauch machen werden.

Bei Inkrafttreten dieses Abkommens – als Termin ist der 1. Juni 1999 vorgesehen – wird der dafür notwendige finanzielle Aufwand, wird der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung, und zwar hochgerechnet für 80 Personen für vier Jahre, rund 2,06 Millionen Schilling betragen. Das ist ein Betrag, den wir im Verband der Sozialversicherung sicherlich leisten können. Daher gibt es aus der Sicht der Sozialdemokratie auch kein Problem, diesem Gesetzentwurf die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter das Wort. – Bitte.

13.23

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Vizepräsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Bei dieser Vorlage handelt es sich um ein Übereinkommen über eine sozialrechtliche Thematik beziehungsweise letztendlich um die Möglichkeit, daß sich Angestellte der OPEC, die nicht österreichische Staatsbürger sind, aber ihren stän


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digen Aufenthalt in Österreich haben, einerseits österreichischen Sozialrechtsnormen unterwerfen und andererseits österreichische Sozialrechte erwerben. Es wird in der Präambel darauf hingewiesen, daß es dabei um den Bereich des ASVG und des ALVG geht.

Ebenso wird in der Präambel darauf hingewiesen, daß nach Artikel 2 des UNIDO-Abkommens der Kreis der Betroffenen mittels Abgabe einer Erklärung die Möglichkeit erwerben kann, sich in die vier Hauptsparten des österreichischen Sozialversicherungsbereiches einzukaufen.

Es wurde von Kollegen Schaufler kurz angesprochen, daß natürlich der Einkauf in den österreichischen Pensionsbereich, sprich der Pensionsnachkauf innerhalb der ASVG-Versicherung, problematisch ist, da für die österreichischen Staatsbürger diese Möglichkeit nicht gegeben ist.

Meine Damen und Herren! Es wurde auch bereits darauf hingewiesen, daß der Kreis jener Betroffenen, die davon Gebrauch machen werden, sehr klein ist. Es ist in dieser Vorlage die Rede von 80 Personen; bei näherer Hinterfragung im Ausschuß wurde uns versichert, daß diese Zahl tatsächlich wesentlich geringer sein werde. Derzeit liegen lediglich zwei derartige Erklärungen vor.

Meine Damen und Herren! Man könnte grundsätzlich sagen, daß es sich dabei um einen durchaus positiven Schritt handelt, nämlich um die Möglichkeit einer sozialrechtlichen Gleichstellung. Dem ist aber in Wirklichkeit nicht so, denn die Ansprüche vor allem im Pensionsbereich sind durch diese Nachkaufmöglichkeit mit dem österreichischen Beitragszahlersystem nicht identisch.

Meine Damen und Herren! Nach einer Diskussion darüber im Ausschuß hat niemand Geringerer als unsere Frau Vizepräsidentin Haselbach gemeint, daß durch die Niederlassung derartiger Organisationen in Österreich eine sehr große "Umwegrentabilität" in vielen Bereichen gegeben sei. Wörtlich meinte sie, daß dadurch auch in Österreich "der Schilling rollt".

Das wäre zwar an sich keiner Kritik zu unterziehen, aber, meine Damen und Herren, ich gebe bei dieser Gelegenheit doch zu bedenken, daß keine geringere Person als die Vizepräsidentin des österreichischen Bundesrates diese Argumentation dafür verwendet, daß die gesetzgebenden Körperschaften unter Umständen eine Regelung beschließen, die für Österreicher verfassungsmäßig nicht konform, nicht gleich ist.

Hohes Haus! Es kann nicht sein – das muß wohl auch in dieser Debatte gesagt werden –, daß die Umwegrentabilität offensichtlich höher als die Verfassungsmäßigkeit gewertet wird! Es darf nicht sein, meine Damen und Herren, daß die Vorsitzende des Bundesrates Umwegrentabilität vor Verfassungsmäßigkeit stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe eingangs bereits gesagt, daß meine Fraktion dieser Vorlage zwar die Zustimmung geben wird, daß aber die Begründung hiefür nicht darin liegen kann, daß es sich um eine – unter Anführungszeichen – "österreichische Tradition" handle, denn als wesentlich, notwendig und von staatspolitisch großem Interesse betrachten wir eben die Erhaltung des Standortes OPEC in Wien.

Meine Damen und Herren! Abschließend sei gesagt: Man sollte in Hinkunft – bei aller Berücksichtigung dieser Kritikpunkte – schon darauf Bedacht nehmen, daß Gesetzesänderungen und eben auch derartige Übereinkommen nicht vorweg die Gefahr bringen, daß mit diesen eventuell gegen unsere Bundesverfassung verstoßen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nunmehr Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch das Wort. – Bitte.

13.29

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte einige kurze Anmerkungen


Bundesrat
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zu den in dieser Debatte aufgeworfenen Fragen, aber auch zur zuletzt gemachten Aussage hinsichtlich Verfassungskonformität dieses Abkommens machen.

Aus der Sicht meines Ressorts, aus meiner persönlichen Sicht, aber auch während der parlamentarischen Behandlung im Plenum des Nationalrates beziehungsweise im Ausschuß für Arbeit und Soziales konnte keine Verfassungswidrigkeit in diesem Abkommen erkannt werden, denn sonst hätten wir dem Bundesrat einen derartigen Entwurf sicherlich nicht zur Beratung vorgelegt.

Ich bin der Überzeugung, daß es wichtig ist, daß wir in Österreich ausländische internationale Organisationen ansässig haben, denn damit wird natürlich auch dem Ansehen Österreichs Rechnung getragen – nicht zuletzt wird Österreich damit zu einer Drehscheibe in wichtigen wirtschaftlichen Fragen. So haben wir auch die Chance – trotz der Kleinheit unseres Landes –, internationale Fragen wesentlich mitzuentscheiden. Das ist doch, so meine ich, sehr begrüßenswert.

Dementsprechend finde ich es auch wichtig, daß hier beschäftigte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn sie nicht österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind, in ein adäquates System der sozialen Sicherheit eingeschlossen und gleichermaßen abgesichert sind gegen soziale Risken, denen man als Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer eben unterliegt. Daher bemühen wir uns, überall dort, wo der Wunsch besteht, entsprechende Abkommen mit in Österreich ansässigen internationalen Organisationen zu vereinbaren. Auch diese Regierungsvorlage ist ein derartiges Abkommen.

Natürlich haben diese Abkommen auch das Spezifikum, daß sie in Details voneinander abweichen können. Trotzdem sind sie ihren Grundsätzen nach alle gleich, und zwar dahin gehend, daß insbesondere Fällen von Krankheit Rechnung getragen und auch Pensionsvorsorgen ermöglicht werden.

Herr Kollege Schaufler hat zwei konkrete Fragen gestellt. Einerseits betraf das die Beitragserstattung, wieso diese in diesem Abkommen ermöglicht wird. Ich darf darauf verweisen, daß das zwar aufgrund der Rechtssystematik, die wir in unserem Sozialversicherungsrecht vorfinden, nicht wortident ist, wir aber auch in unserem Rechtssystem die Möglichkeit haben, Überweisungsbeträge von einem Versicherungssystem in das andere zu transferieren, und wir machen es auch. Wenn ich zum Beispiel den Fall hernehme, daß jemand aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst geht, dann wird praktisch auch, um Transparenz und ordentliche Finanzgebarung darstellen zu können, von einer derartigen – ich sage das jetzt bewußt so – Erstattung Gebrauch gemacht, auch wenn wir das in unserem Sozialversicherungsrecht als Überweisungsbetrag definieren.

Gleichermaßen wird mit der Beitragserstattung diesem Anspruch Rechnung getragen, weil es letztlich darum geht, daß diese Beiträge für die Leistungen aus dem Fonds zu verwenden sind und der Fonds dann jene Leistungen erbringt, die sonst das System im Rahmen der sozialen Sicherheit erbringen würde. Ich betrachte das daher als eine absolut korrekte, richtige und auch faire und unserem Rechtssystem angepaßte Lösung.

Außerdem möchte ich darauf verweisen, daß kein Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wird, wenn von einem Nachkauf von Versicherungszeiten gesprochen wird. Vielleicht ist der Begriff "Nachkauf" etwas irreführend. Man muß davon ausgehen, daß Österreicher aufgrund unserer gesetzlichen Pflichtversicherung pflichtversichert sind und gar keine Möglichkeit haben, sich aus dem Sozialversicherungsrecht herauszuoptieren, wogegen Ausländer, die nicht von unserem Sozialversicherungssystem, von der Pflichtversicherung erfaßt sind, keine Möglichkeit haben, sich hineinzuoptieren.

Daher halte ich es auch für fair, daß die Möglichkeit geschaffen wird, daß man sich mittels Beitragszahlungen Rechte oder gewisse Ansprüche erwerben kann. Damit wird dem Rechnung getragen, daß ausländische Staatsbürger österreichischen Staatsbürgern, die bei internationalen Organisationen tätig sind, gleichgestellt sind. Ich darf darauf verweisen, daß es in unserem ASVG-Recht, und zwar in § 506, Bestimmungen für Österreicher gibt, die diesen Rechtsan


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spruch beinhalten. Dementsprechend betrachte ich es jetzt als eine Gleichbehandlung der bei der OPEC beschäftigten Nicht-Österreicher mit Österreichern, die im Ausland Zeiten erworben haben, die sie dann aber im Inland geltend machen können.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube daher, daß wir mit diesem Abkommen –wenn auch nur für eine kleine Gruppe, aber doch für einzelne Personen – einen größeren sozialen Schutz in unserem Land bieten können und damit die Attraktivität Österreichs, sich doch bei einer internationalen Organisation zu engagieren, noch verstärken konnten, was ich für gut erachte. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.35

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Eisl. Ich erteile es ihm.

13.35

Bundesrat Andreas Eisl (Freiheitliche, Salzburg): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich nehme diesen Tagesordnungspunkt zum Anlaß, um mich von diesem Hause zu verabschieden.

Ich bin seit 37 Jahren Mitglied der Freiheitlichen Partei – ich bleibe es auch – und höre mit heutigem Tage hier in diesem Hause auf. Ich war 25 Jahre lang Bezirksobmann, war 20 Jahre lang Landwirtschaftskammerrat, 18 Jahre lang Gemeindevertreter, 11 Jahre lang Landtagsabgeordneter und bin seit fünf Jahren in diesem Hause. Ich glaube, diese Bilanz alleine zeigt auf, was in den abgelaufenen nahezu 40 Jahren von uns, von jedem einzelnen und auch von mir geleistet wurde.

Natürlich war es im Bundesrat anders als im Landtag, das muß ich auch heute zum Abschied feststellen. Viele Dinge hätten wir bewegen können, wenn wir nur gewollt oder uns getraut hätten. Daß heute der Bundesrat im "Kaisermühlen Blues" sozusagen vorgeführt wird, ist nicht von ungefähr. Heute hatten wir wieder solch einen Fall. Wenn man eine Enquete verlangt, heißt das noch lange nicht, daß darin etwas beschlossen wird. Eine Enquete ist in Wahrheit nur ein Beratungsgremium, dagegen bräuchte man doch keine Ausreden zu verwenden. Bei einer Enquete werden keine Gesetze beschlossen, es ist nur ein Diskussionsgremium. (Präsident Jaud übernimmt den Vorsitz.)

Trotzdem möchte ich mich bei allen herzlich bedanken, vor allem bei den Mitarbeitern. Mit vielen war ich besser befreundet, mit anderen weniger. Das liegt in der Natur. Das geht quer durch Parteilinien. So soll es auch sein. In diesem Sinne danke ich euch allen und wünsche euch einen guten Erfolg! (Allgemeiner Beifall.)

13.37

Präsident Gottfried Jaud: Sehr geehrter Herr Bundesrat Eisl! Ich darf Ihnen auch vom Präsidium aus für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute wünschen. Sie waren für uns ein ganz besonderer Kollege, der sich immer getraut hat, seine persönlichen Ansichten über die Parteiansicht hinweg in diesem Raume zu artikulieren. Dafür herzlichen Dank! Sie reißen sicher eine Lücke, die nicht leicht zu schließen sein wird. Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz im Interesse Österreichs, im Interesse des Bundesrates. (Allgemeiner Beifall.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1570 und 1660/NR sowie 5911/BR der Beilagen)

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke mit den Teilunternehmungen Wien Strom, Wien Gas, Wiener Linien sowie Bestattung Wien und deren Einbringung in Gesellschaften des Handelsrechts sowie Zuordnung zum Konzern Wiener Stadtwerke Holding AG bedarf einer Regelung von Fragen im Bereich des Arbeitsverfassungsgesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes sowie des Gesellschafts- und Steuerrechts.

Der gegenständliche Gesetzesbeschluß enthält vor allem Bestimmungen über

die Schaffung einer Sonder-Kollektivvertragsfähigkeit für die Wiener Stadtwerke Holding AG für den ausgegliederten Bereich,

die Übergangsregelung für die betriebliche Interessenvertretung,

die Regelung des Einbringungsvorgangs und der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge sowie der Steuerbefreiung für diesen Vorgang,

die Regelung über das Weiterbestehen der Betriebskrankenkasse der Wiener Stadtwerke – Verkehrsbetriebe durch Neudefinition des Versichertenkreises nach erfolgter Ausgliederung.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Gottfried Jaud: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. – Bitte.

13.41

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf soll Fragen des Arbeitsverfassungsgesetzes, des ASVG sowie des Gesellschafts- und Steuerrechts im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke, mit den Teilunternehmungen Wien Strom, Wien Gas, Wiener Linien sowie Bestattung Wien und deren Einbringung in Gesell


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schaften des Handelsrechtes sowie Zuordnung zum Konzern Wiener Stadtwerke Holding AG regeln.

Das ist ein typischer Fall einer Ausgliederung, wie es heute im Rahmen der Republik durchgeführt wird, indem man nämlich eine Spezialregelung erfindet. Die erste Frage, die man sich in diesem Zusammenhang dringend stellen muß, ergibt sich aus folgendem Zusammenhang: Üblicherweise werden für Ausgliederungen und Zuordnungen die bestehenden Gesetze Österreichs herangezogen, und zwar das GesmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz – all das, was üblicherweise für andere Firmen auch Geltung findet. Ich frage Sie dazu, Frau Bundesministerin: Warum wird das bei dieser Materie nicht auch so durchgeführt? Warum brauchen wir hier wieder eine Lex specialis? – Ich darf Ihnen dann in weiterer Folge meiner Rede erklären, warum wir glauben, daß es hier zu einer Lex specialis kommt.

Bei einer Anlaßgesetzgebung stellt sich nämlich immer die Frage in Richtung Besserstellung eines Unternehmens oder eines einzelnen Bereiches im Verhältnis zu anderen Unternehmen, kleineren Unternehmen, meistens privaten Unternehmen, Bereichen oder Beteiligten. In diesem konkreten Fall betrifft das das Steuerrecht, somit die Vermeidung von Steuerzahlungen, das Arbeitsrecht und die Funktionen von Personalvertretern, welche im konkreten Fall hinsichtlich ihrer Dauer verlängert werden.

Das kann ich schon verstehen, denn wenn neue Personalvertretungswahlen bei der Gemeinde Wien, bei den Wiener Stadtwerken erfolgen würden, hätte die freiheitliche Fraktion natürlich eine viel bessere Chance zu punkten. Frau Bundesministerin! Ich frage Sie: Ist eine der Motivationen dieser Spezialgesetzgebung, die hier vorliegt, jene gewesen, daß unsere Personalvertreter nicht die Chance haben, neu zu punkten, sich neuen Personalvertretungswahlen zu stellen?

Ich möchte ein bißchen auf die politische Historie der Wiener Stadtwerke eingehen. Die Wiener Stadtwerke haben und hatten und werden auch in Zukunft die Verpflichtung haben, die Versorgung der Bevölkerung mit Verkehrsdienstleistungen, mit Strom und mit Gas sicherzustellen. Das heißt, sie sind ein Bereich, der in der Gemeinwirtschaft tätig ist. Das bedeutet aber auf der anderen Seite auch, daß dieser gemeinwirtschaftliche Auftrag zu definieren ist und auch weiterhin zu definieren ist, genauso wie er in der Vergangenheit definiert war. Schließlich ist es so, daß bei wesentlichen Angeboten der Wiener Stadtwerke – das betrifft Strom und Gas und auch Verkehrsdienstleistungen – ein Kontrahierungszwang besteht. Das heißt, der Vertragspartner Wiener Stadtwerke kann gar nicht den Vertragspartner, den einzelnen, den Bürger, den Wiener Bürger ausschließen.

Somit wäre dieser gemeinwirtschaftliche Bereich weiterhin zu kontrollieren, und zwar von den Vertretern der Gemeinde Wien, und das ist der Gemeinderat. Was ist durch die Gesetzgebung im Zusammenhang mit den Wiener Stadtwerken de facto passiert? – Es ist im Endeffekt so, daß der Gemeinderat heute keinerlei Chancen mehr hat, diesen gemeinwirtschaftlichen Auftrag zu definieren und letztlich auch dort entsprechend einzugreifen. Es wurde die Volksanwaltschaft ausgeschlossen, die nicht mehr in der Lage ist, da tätig zu werden.

Ich frage mich in diesem Zusammenhang: Warum wurde nicht auf das Aktiengesetz zurückgegriffen? – § 112 Aktiengesetz wäre heranzuziehen gewesen. Jedem Aktionär wird nach diesem Aktiengesetz das Recht gegeben, auf Verlangen Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu bekommen. Hier hätte im Innenverhältnis der Eigentümerseite – Gemeinderat auf der einen Seite, Stadträte auf der anderen Seite – eine entsprechende Regelung eintreten müssen. Oder wurde diese Struktur der Wiener Stadtwerke deswegen gewählt, um einen leichteren Verkauf des Unternehmens an ausländische Investoren durchführen und somit auch wieder den gemeinwirtschaftlichen Auftrag in Frage stellen zu können, vor allem die Versorgung der Bürger?

Dieser Eindruck, den wir in diesem Zusammenhang haben, wird durch den Inkrafttretungszeitpunkt des Gesetzes per 1. 1. 1999 noch verstärkt. Ich frage Sie dazu, Frau Bundesmini


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sterin: Wissen Sie etwas davon? Können Sie uns im Bundesrat darüber Aufklärung geben, ob Sie von Beteiligungswünschen internationaler Investoren etwas wissen?

Sehr geehrte Damen und Herren! Die freiheitliche Fraktion kann einer Gesetzesvorlage, welche eine Verschlechterung der Kontrollrechte und der Bürgerrechte beinhaltet beziehungsweise eine reine Anlaßgesetzgebung darstellt, nicht zustimmen. Aus diesen Gründen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.47

Präsident Gottfried Jaud: Des weiteren zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile ihm dieses.

13.47

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich wäre der vorliegende Gesetzentwurf etwas relativ Unspektakuläres, da ein auf einen lokalen Monopolmarkt ausgerichtetes Unternehmen nun dem freien Wettbewerb ausgesetzt wird und insoferne auch die Gesellschaftsform zu ändern ist. Wir alle wissen, daß Wien etwas anders ist, und natürlich ist klar, daß das für die Stadt Wien einen Paradigmenwechsel darstellt.

Mein Vorredner hat es bereits gesagt, es handelt sich um ein kommunales Unternehmen. Gut funktionierende kommunale Unternehmen sind für die Stadtsubstanz, für die Stadtentwicklung im gemeinwirtschaftlichen Auftrag notwendig. Sie haben die Versorgung mit Strom und mit öffentlichem Nahverkehr sicherzustellen. Genauso ist bekannt, daß die meisten Kommunalunternehmen sogenannte Mischkonzerne sind, die aus ertragsfähigen und strukturdefizitären Teilbetrieben bestehen. In Wien liegt das in etwa zwischen Energie und Verkehr. Die Konzeption dieser kommunalen Unternehmen setzt natürlich eine entsprechende zuträgliche Gewichtung dieser Verhältnisse zwischen diesen Teilen voraus.

Wie hat eigentlich die Kommunalisierung der Stadtwerke in Wien stattgefunden? – Das geht auf den christlich-sozialen Bürgermeister Karl Lueger zurück, der damals die Kommunalisierung der Stadtwerke durchgeführt hat. Der Grund für diesen Schritt lag darin, daß die Privatunternehmen, die teilweise in ausländischer Hand waren, keine einwandfreie Versorgung der Großstadt aus seiner Sicht gewährleisten konnten, und die einzelnen kommunalen Betriebe, zu denen eben Strom, Gas, Straßenbahn und auch das Bestattungswesen zählten, wurden 1948 zu den Stadtwerken zusammengeführt.

Nun ist es so, daß die Stadtwerke bislang als sogenannte Eigenregiebetriebe organisiert waren. Damit war natürlich nicht sichergestellt, daß sie nicht nachhaltig der tagespolitischen Beeinflussung ausgesetzt sind. Man muß bedenken, daß die Geschäftsführung selbst keine wesentlichen Geschäftsführungskompetenzen hatte, sondern ihr die Geschäftsleitung, die politischen Organe, Stadtrat, Gemeinderatsausschuß, Gemeinderat zugewiesen waren. Das gilt insbesondere auch für die Budgethoheit und die Tarifabschlüsse. Diese vielfach kritisierte Verflechtung zwischen Politik, Verwaltung und Gewerkschaft hat in Wien auch einen Namen, nämlich Johann Hatzl. Ich glaube, wenn man ihn in diesem Zusammenhang nennt, würde er sich durchaus stolz dazu bekennen.

Meine Damen und Herren! Die ÖVP hat in Wien diesen Veränderungen im Hinblick auf diese neuen Herausforderungen des Energiemarktes einen hohen Stellenwert zugemessen. Aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten hat die Wiener ÖVP bereits seit über zehn Jahren eine Umwandlung der Stadtwerke in eine Aktiengesellschaft gefordert. Die Volkspartei begründete diese Forderung stets damit, daß die gemeinwirtschaftlichen Zielsetzungen mit möglichst privatwirtschaftlich verfaßten Instrumentarien hinsichtlich Kostenwahrheit, Leistungskriterien und Effizienz verfolgt werden können. Wesentlich ist dabei eine Versachlichung durch ausdrückliche Entlassung der kommunalen Unternehmen aus der parteipolitischen Einflußnahme und damit weitgehend aus der tagespolitischen Auseinandersetzung.


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Meine Damen und Herren! Es war nicht leicht ... (Das Handy des Redners läutet. – Bundesministerin Hostasch: Das ist der Hatzl! – Heiterkeit. – Der Redner dreht sein Handy ab.) – Hatzl, ja.

Es war für uns nicht leicht, den Sozialdemokraten folgende Formulierung abzuringen – in dem Koalitionsabkommen war es zu lesen –: Für die Wiener Stadtwerke ist eine Organisations- beziehungsweise Gesellschaftsform zu entwickeln, die sie für künftige, nationale und internationale Kooperationen befähigt – insbesondere natürlich auch angesichts des zu erwartenden Wettbewerbs durch die Liberalisierung der Märkte. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf erinnern, daß Abgeordneter Dr. Tschirf, ÖAAB-Obmann von Wien, die Forderung nach Reform der Stadtwerke mittels einer Kostenstellenuntersuchung im Zusammenhang mit den Stadtwerken erhoben hat. Herr Klubobmann Hatzl hat dieses Verlangen als merkwürdig bezeichnet und die Angst geäußert, daß eine Änderung des Gesellschaftsstatuts höhere Tarife und möglicherweise sogar reduzierte Leistungen für den Konsumenten mit sich bringen würde. Das war eine Kritik am Koalitionspartner ÖVP, aber natürlich auch an der eigenen Stadträtin Ederer.

Dennoch hat dann die Frau Stadträtin eine Arbeitsgruppe beauftragt, sich Varianten für die Neustrukturierung der Wiener Stadtwerke zu überlegen, und die Zielsetzungen waren dabei folgende: Erreichen einer optimalen zivil-, handels- und steuerrechtlichen Gestaltung anläßlich der Strukturveränderungen für den laufenden Vertrieb; eine Verbesserung der Anpassungsfähigkeit des Unternehmens; eine Vereinfachung und Versachlichung der Willensbildung; eine Erhöhung der Flexibilität der Unternehmensführung; eine Kapitalmarkt- und -partnerschaftsfähigkeit und der Zugang zu neuen Formen der Finanzierung. – Tatsächlich hat der Wiener Gemeinderat am 18. Dezember 1998 die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft beschlossen.

Meine Damen und Herren! Der EU-Binnenmarkt, die EU-Binnenmarktrichtlinien und die damit gesetzten Liberalisierungen schaffen völlig neue Rahmenbedingungen. Die Liberalisierung des Strommarktes und des Gasmarktes muß auch in der Gesellschaftsform der Wiener Stadtwerke ihre entsprechende Rückkoppelung haben. Es gilt daher, die Zukunftschancen auch für die Wiener Stadtwerke zu nützen. Um in Zukunft auch sicherzustellen – damit möchte ich auch auf meinen Kollegen Bezug nehmen –, daß österreichische Unternehmungen diese Energieversorgung übernehmen, ist es erforderlich, die kritischen Erfolgsfaktoren, die für den Markt notwendig sind, zu erfüllen.

Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß Wien Strom derzeit im Europaranking der Energieversorger etwa auf Platz 50 liegt. Es ist also langfristig unabdingbar, daß die Wiener Stadtwerke neue Kooperationspartner suchen. Anbieten würden sich dabei natürlich die EVN oder der Verbund, und nur ein großer, schlagkräftiger, effizient geführter Stromkonzern wird im freien Markt der Stromversorgung überleben können. (Bundesrat Dr. d'Aron: Gerade das ist nicht gewährleistet!)

Aufgabe der Politik, meine Damen und Herren, ist es daher, die rechtlichen Grundvoraussetzungen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, daß sich die kommunalen Energieversorger den Erfordernissen des Marktes anpassen können. Daher wird meine Fraktion dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

13.55

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Frau Vizepräsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Es ist schon erwähnt worden, das vorliegende Gesetz betrifft die und befaßt sich mit der Ausgliederung der Stadtwerke. Wir Sozialdemokraten sind davon überzeugt, daß wir mit der neuen Unternehmensform die positive und wirtschaftliche Entwicklung der Kommunalbereiche in Wien für die Zukunft


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wesentlich absichern können. Aber zweifelsohne sei auch hier erwähnt und auch unterstrichen, daß diese heute zu beschließende Maßnahme der Ausgliederung von Wirtschaftsbereichen der Stadt Wien zu den größten in der Form in Österreich in der Zweiten Republik gehört.

Kollege Dr. Aron! (Bundesrat Dr. d'Aron: d'Aron!) – d'Aron, das habe ich ja gesagt: kleines "d" und "Aron". Ich möchte Ihnen nur in Erinnerung rufen, daß Ihre Partei beim Ankauf der Anteile des Bundes bei den Ill-Werken in Vorarlberg auch dem Steuerverzicht zugestimmt hat. Ich darf Ihnen auch in Erinnerung rufen, daß die Personalvertretungswahlen und die Betriebsratswahlen bei den Wiener Stadtwerken erst im Spätherbst des vergangenen Jahres stattgefunden haben. Daß Sie ein großes Bedürfnis haben, wieder Wahlen durchzuführen, kann ich mir nach den Ergebnissen, die die Fraktion Freiheitlicher Arbeitnehmer bei diesen Wahlen erreicht hat, leicht vorstellen.

Ihre Fraktion hat nämlich dort nicht das gesteckte Ziel erreicht, sie ist eine der kleinen gewählten politischen Gruppen, und Ihnen wird sicherlich auch noch in Erinnerung sein, daß Sie bei den Betriebsratswahlen in der Rudolfsstiftung in Wien die Mehrheit verloren haben. Sie wissen aber auch, da Sie von Verkauf gesprochen haben, daß der Verkauf nur möglich ist, wenn im Wiener Gemeinderat eine Dreiviertelmehrheit einem Verkauf zustimmt.

Das ist der Unterschied zwischen Gemeinwirtschaft und Privatwirtschaft. Wenn Sie das nicht wissen, werden Sie das sicherlich noch lernen. Man kann nicht ein bisserl schwanger sein, und das geht in der Wirtschaft schon gar nicht. Sie haben gesagt, daß wir eine "Lex Wien" gemacht hätten, aber das stimmt überhaupt nicht. Das wissen Sie auch, weil es eine Vielzahl von vergleichbaren Sonderregelungen gibt, die den Übergang von Rechten und Pflichten im Wege einer Gesamtnachfolge vorgesehen haben, und das haben wir auch hier im Bundesrat beschlossen. Ich darf nur Beispiele nennen: Post und Telekom Austria, Österreichische Bundesforste, Österreichische Staatsdruckerei, Bundestheater Holding, AMS, Austria Control, AMA. Es gibt tatsächlich keine Sonderregelung für Wien.

All diese grundlegenden Veränderungen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, der Unternehmensformen sind notwendig – ich habe das schon gesagt – im Interesse der Konsumenten, aber auch im Interesse der beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Ich darf Ihnen den Wiener Gemeinderat, auch Personalvertreter, Rudi Hundstorfer, in Erinnerung rufen, der im Gemeinderat unmißverständlich formuliert hat – ich zitiere –: Wir sagen ja zu einer Ausgliederung und damit zum effizienten Wirtschaften der Stadtwerke auch in der Zukunft, aber ebenso klar nein zu einem Personalabbau und zu einem Verkauf des Unternehmens. – Zitatende. Kein Wiener Gemeinderat Ihrer Partei hat eine solche Erklärung abgegeben.

Das vorliegende Gesetz nimmt besonders darauf Bedacht, daß die Wiener Stadtwerke eine konzernrechtliche Gliederung erhalten, um auch für direkte Übertragungsmöglichkeiten von der Stadt Wien in Enkel oder Töchter Vorsorge treffen zu können.

Es wird nicht nur die Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit des Unternehmens geschaffen, ebenso wichtig ist es für uns Sozialdemokraten und vor allem für die Personalvertretung, für die Betriebsräte, aber auch für die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, daß auch die Rechte und die Ansprüche, die Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Mitverantwortung für die Mitarbeiterinnen und für die Mitarbeiter auch in der neuen Unternehmensform in bewährter Qualität nicht nur gesichert, sondern auch erhalten und weiterentwickelt werden können.

Das wird dadurch sichergestellt, daß für den Bereich der Wiener Stadtwerke weiterhin das Wiener Personalvertretungsrecht Gültigkeit hat. Nach der Ausgliederung gilt das Arbeitsverfassungsgesetz. Sie wissen ganz genau, daß diese Regelung zeitlich bis zum Jahre 2002 befristet ist. Dann läuft das Personalvertretungsrecht aus, und die Kolleginnen und Kollegen in diesem Bereich werden ihre Betriebsrätinnen und Betriebsräte nach dem Arbeitsverfassungsgesetz wählen.

Wir glauben schon, daß diese Regelung gerechtfertigt ist, weil nämlich die Beschäftigten, die von der Ausgliederung betroffen sind, derzeit immer noch in einem Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien stehen und das noch längere Zeit sein werden. In solchen Übergangsphasen ist es für


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uns Sozialdemokraten, aber auch für uns als Gewerkschafter unverzichtbar, daß es stabile Verhältnisse für die Kolleginnen und Kollegen gibt, die in diesen Bereichen ihre Tätigkeit verrichten.

Die Wiener Stadtwerke Holding AG soll auch notwendigerweise eine gesonderte Kollektivvertragsfähigkeit für den ausgegliederten Bereich auf Arbeitgeberseite erhalten. Auch diese Sonderregelung ist keine Lex Wiener Stadtwerke, sondern ist jenen bei anderen Ausgliederungsfällen, die ich aufgezählt habe, nachgebildet, und diese haben sich bisher bestens bewährt.

Auch das Arbeitsverfassungsgesetz sieht solche Ausnahmen und Sonderregelungen vor. Gerechtfertigt sind solche Regelungen deshalb, weil die Arbeitsverhältnisse bis zur Ausgliederung einem einheitlichen Regelungskreis unterworfen waren. Daß diese einheitliche übersichtliche Regelung auch für die Zukunft bestehen soll, wird, so glaube ich, von niemandem angezweifelt und auch nicht bestritten.

Das Weiterbestehen der Betriebskrankenkasse der Wiener Stadtwerke kann man, so glaube ich, auch von unserer Warte aus gesehen als äußerst positiv bewerten. Es wird nach der Ausgliederung sicherlich notwendig sein, den Versichertenkreis neu zu definieren. Die Betreuung der Versicherten durch die Betriebskrankenkasse war bisher sehr vorbildlich, und auch aus wirtschaftlichen Überlegungen spricht nichts gegen ein Weiterbestehen. Wir alle wissen, daß die Betriebskrankenkassen besonders kostensparend wirken, weil das Unternehmen sehr viele Kosten der Verwaltung übernimmt. Es gibt ja – aber das werden Sie vielleicht auch wissen – neun weitere Betriebskrankenkassen in Österreich, aber die Betriebskrankenkasse der Verkehrsbetriebe – das sei hier auch erwähnt – ist mit über 15 000 Versicherten sicherlich die größte Betriebskrankenkasse, die wir in Österreich haben.

Abschließend möchte ich sagen: Die heute zu beschließenden Grundsätze sehen vor, daß in den nächsten zwei Jahren neu einzustellende Mitarbeiter weiterhin Beschäftigte der Gemeinde Wien sein werden. Nach Ablauf dieses Zeitraumes werden sie Beschäftigte dieser Kapitalgesellschaft sein, die wir mit der heutigen Beschlußfassung gründen, und werden dann natürlich auch den ASVG-Bestimmungen unterliegen.

Wir sind davon überzeugt, daß mit der neuen Unternehmensform eine gute Lösung für die Konsumenten, für die Mitarbeiter, aber auch für das Unternehmen selbst gefunden wurde, und wir Sozialdemokraten im Bundesrat geben gerne unsere Zustimmung dazu, weil wir davon überzeugt sind, daß damit auch die Herausforderungen in der Zukunft sowohl mittelfristig als auch längerfristig mit Sicherheit bewältigt werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

14.06

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesrat d'Aron! Sie haben gefragt, warum in diesem Fall eine Lex specialis, eine spezielle Regelung getroffen wurde.

Es ist auch in anderen Fällen der Ausgliederung – es gab deren schon sehr viele – immer wieder eine eigene Rechtsform, eine eigene Initiative gewählt worden, aber trotzdem ist auch diese Ausgliederung nach den gleichen Grundsätzen vorgenommen worden, wie es das auch in anderen Bereichen der Fall war, angefangen bei der AMA über Austro Control bis zur Post- und Telekom AG. Es gibt noch viele andere Beispiele, die Herr Bundesrat Drochter zum Teil auch schon erwähnt hat. Auch da wurde durch eigene Gesetze eine spezifische legistische Lösung gefunden, aber trotzdem nach gemeinsamen grundsätzlichen Normen vorgegangen.

Ich betrachte es daher als sinnvoll sowohl für das Unternehmen als auch insbesondere für die betroffenen Beschäftigten, daß klare Rechtsvorschriften bei solch einem entscheidenden Akt einer Umstrukturierung, einer Änderung der Unternehmensform gewählt werden.


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Ich glaube, es war richtig, daß man diesen Weg gewählt hat, denn bei den vorangegangenen Beratungen mit vielen Handelsrechtlern, Betriebswirtschaftern über das Thema, welche Form bei einem derartigen Unternehmen wie den Wiener Stadtwerken gewählt werden soll, hat sich ergeben, daß dies der gangbarste, der sinnvollste und auch jener Weg wäre, der für das Unternehmen, für den Konzern, für die Erfordernisse der Zukunft die besten Voraussetzungen mit sich bringt.

Sie werden sich nicht wundern, daß mir bei einem derart wichtigen Unternehmensschritt nicht nur die Anliegen der Konsumenten und der Eigentümer am Herzen liegen, sondern insbesondere auch die Betroffenheiten der Kolleginnen und Kollegen, die durch diesen Schritt erzeugt werden. Ich finde es daher wichtig, daß wir mit diesem Gesetz einerseits eine eigene Kollektivvertragsfähigkeit festlegen und andererseits sichergestellt haben, daß die Betriebsvertretung bis zum Jahr 2002, in dem dann die Arbeitsverfassungsregelungen in Kraft treten, auch die Tätigkeit der Betriebsräte mitübernimmt. Damit wird Kontinuität hergestellt, aber auch sichergestellt, daß diese Regelungen den Anforderungen der EU-Betriebsübergangsregelung und -richtlinie entsprechen.

Ich weiß nicht, sehr geschätzter Herr Bundesrat, ob Sie sich der Konsequenzen bewußt sind, wenn Sie meinen, es hätte jetzt gleich eine Neuwahl nach dem Arbeitsverfassungsgesetz stattfinden sollen, weil Sie sich daraus mehr politische Vorteile erwartet hätten. Bedeutet hätte dies, daß einerseits die Personalvertretung von einem derartigen Schritt unberührt bleibt, weil diese bei der letzten Wahl gewählt wurde und für die vorgeschriebene Funktionsdauer bestehen bleibt. Andererseits hätten Betriebsräte gewählt werden müssen. Man hätte also eine Doppelstruktur entwickeln müssen. Ich glaube, daß es nicht sinnvoll ist, zwei Interessenvertretungen parallel, nebeneinander, für die gleiche Betroffenheit von Kolleginnen und Kollegen zu entwickeln. Ich glaube auch nicht, daß eine Akzeptanz bei den Kolleginnen und Kollegen hätte erreicht werden können, und man bedenke, was das letztlich auch präjudiziell für andere Bereiche bedeutet hätte.

Ich denke daher, daß es gerade bei einer Ausgliederung ganz entscheidend ist, daß es Rechtssicherheit für die Kolleginnen und Kollegen, die sich in einem Dienstverhältnis befinden, gibt, sie müssen wissen, wie es mit ihrem Dienstverhältnis weitergeht, und ihre Ansprüche müssen auch unter einer neuen Rechtssituation gesichert sein. Gleichzeitig muß aber die Vertretung ihrer interessenpolitischen Anliegen durch eine Personalvertretung und in der weiteren Folge durch eine betriebsrätliche Vertretung nach dem Arbeitsverfassungsgesetz jetzt schon klar geregelt sein, damit sie ihre Anliegen auch artikulieren und nicht zuletzt auch umsetzen können.

Ein letzter Punkt noch – Herr Bundesrat Drochter hat es auch schon erwähnt –: Es wurde der Eindruck vermittelt, als wäre hier eine Lex specialis im Steuerrecht gemacht worden. Auch bei anderen Ausgliederungen wurde gleichermaßen eine Steuerbefreiung angewendet, die sich immer wieder als sinnvoll erweist, wie nicht zuletzt auch bei der großen Ausgliederung der Ill-Werke, der auch Ihre Fraktion im entsprechenden Bundesland zugestimmt hat. Ich würde es daher nicht verstehen, wenn man hier, weil es in Wien eine derartige unternehmerische und auch legistische Entscheidung gegeben hat, anderes Recht walten lassen möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 25. Februar 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich (1433 und 1600/NR sowie 5912/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung: Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Dipl.-Ing. Hannes Missethon: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 25. Februar 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß Plastiksprengstoffe – insbesondere im internationalen Flugverkehr – schwer zu entdecken und bei den Ermittlungen die Herkunft derselben schwer festzustellen ist.

Ziel des Übereinkommen ist daher die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zwecke des Aufspürens.

Der vorliegende Staatsvertrag, dessen Artikel VII Abs. 3 verfassungsändernd beziehungsweise verfassungsergänzend ist, bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen.

Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Der Nationalrat hat beschlossen, daß gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG dieser Staatsvertrag hinsichtlich seiner Fassungen in französischer, spanischer, russischer und arabischer Sprache dadurch kundzumachen ist, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden im Bundesministerium für Inneres aufgelegt werden.

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat die Vorlage am 16. März 1999 in Verhandlung genommen und mit Stimmenmehrheit beschlossen, die Verhandlung über den Gegenstand zu vertagen.

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten stellt nach neuerlicher Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.


Bundesrat
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Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Winter. – Bitte.

14.15

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Übereinkommen sollen terroristische Sprengstoffattentate erschwert werden, indem in Hinkunft alle Vertragsstaaten dazu verpflichtet sind, alle Plastiksprengstoffe mit einer Markierungssubstanz, die ihre Entdeckung vor allem in Gepäckstücken von Reisenden erleichtert, zu versehen.

Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um die Ratifizierung des Übereinkommens über die Markierung von Plastiksprengstoffen, vor allem zum Zweck des Aufspürens. Die Vertragsstaaten – es sind 35 – verpflichten sich daher, explosive Erzeugnisse, also Plastiksprengstoffe, zu markieren. Markiert werden sie durch Markierungsstoffe, indem Plastiksprengstoffen Markierungsstoffe beigemengt werden.

Es verpflichten sich die Vertragsstaaten weiters, notwendige und wirksame Maßnahmen einzuleiten, um die Herstellung von nicht markierten Sprengstoffen zu verhindern beziehungsweise deren Ein- und Ausfuhr nicht mehr zu genehmigen. Es wird in Zukunft im Zuge der Ermittlungen nach Sprengstoffanschlägen natürlich die Herkunft des Sprengstoffes um vieles leichter ausfindig gemacht werden können, was natürlich auch zur leichteren Ausforschung der Täter beitragen wird.

Ich darf in diesem Zusammenhang, meine sehr geehrten Damen und Herren, den entsetzlichen Flugzeugabsturz in Lockerbie im Dezember 1988 erwähnen, der möglicherweise hätte verhindert werden können, wenn es damals schon die Verpflichtung zur Markierung gegeben hätte. Übrigens ist dieses traurige Ereignis auch der Anlaßfall für dieses Übereinkommen.

Wir werden natürlich den Terror nicht zu 100 Prozent verhindern können, aber diese Ratifizierung ist ein wichtiger erster Schritt, um solchen traurigen Anlässen zumindest in technischer Hinsicht entgegenwirken zu können. Es ist in Österreich sowie in den Vertragsstaaten die Installierung von Sprengstoffdetektoren bei der Großgepäckskontrolle auf allen Flughäfen mit internationalem Flugverkehr vorgesehen. In Österreich sind das sechs Flughäfen. Als erster wird der Flughafen Wien-Schwechat ausgestattet werden, und in einer weiteren Phase werden die Flughäfen Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg sowie Graz und Linz erfaßt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein erster und wichtiger Schritt, und meine Fraktion wird daher die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rodek. – Bitte.

14.18

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich jedes Wort, das Kollege Winter gesagt hat, zu unterstreichen, und es wurde bereits alles Wesentliche diese Vorlage betreffend ausgeführt. Er hat auch erwähnt, daß am 21. 12. 1988 über dem schottischen Ort Lockerbie ein Flugzeug der Pan American Airways abgestürzt ist und 270 Menschen dabei ums Leben gekommen sind. Dieser Flugzeugabsturz ist unter dem Begriff "Lockerbie" in die Geschichte eingegangen, in eine Geschichte, die uns heute nach mehr als zehn Jahren hier im Hohen Haus wieder beschäftigt. Denn diese mutmaßlichen – man muß jetzt immer "mutmaßlich" dazusagen – Attentäter konnten zwar später ausgeforscht werden, sind aber nach Libyen geflüchtet und wurden von dort nicht ausgeliefert. Erst jahrelange Sanktionen von seiten der USA haben Gaddafi dazu bewegt, daß nun diese beiden Terroristen nach Schottland ausgeliefert und nach dortigem Recht abgeurteilt werden.


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Vielleicht können bei dieser Gerichtsverhandlung auch die Hintergründe des Attentates, die bis heute im Dunkeln geblieben sind, aufgeklärt werden. Geklärt werden konnte aber, daß das Flugzeug mit einem tschechischen Plastiksprengstoff namens Semtex, der in einem Kofferradio verborgen anstandslos die Grenzkontrollen passiert hatte, gesprengt worden ist. Dieses Semtex ist völlig geruchlos und war nicht zu erkennen. Daher ist das Problem damals wie heute noch immer, daß die verschiedenen Plastiksprengstoffe mit den üblichen Kontroll- und Sicherheitsvorrichtungen im internationalen Flugverkehr nicht beziehungsweise nur äußerst schwer zu entdecken sind.

Dieser tragische Vorfall von Lockerbie hat letztendlich die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation bewogen, eine Expertenkommission zur Entdeckung von Sprengstoffen ins Leben zu rufen. Es hat allerdings von 1988 bis zum 1. März 1991 gedauert, bis sich die Staatenkonferenz auf einen Text einigen konnte, der dann schließlich als Montreal-Übereinkommen angenommen worden ist.

Da diese Terroranschläge leider nie auszuschließen sind – auch der jetzige Krieg kann vielleicht eine Ursache für mögliche Terroranschläge sein –, sollen durch dieses Übereinkommen terroristische Sprengstoffattentate erschwert werden. Es haben sich daher alle Vertragsstaaten verpflichtet, Plastiksprengstoffe in Hinkunft mit einer Markierungssubstanz zu versehen, die eine Entdeckung in den Gepäckstücken vor allem von Reisenden ermöglichen, um so das Ärgste zu verhindern, beziehungsweise wird dadurch, wenn schon bedauerlicherweise Sprengstoffanschläge geschehen sind, die Feststellung der Herkunft des Sprengstoffes beziehungsweise des Weitergabeweges nach derartigen Anschlägen erleichtert werden. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Täterausforschung geleistet – vorausgesetzt natürlich, werte Kolleginnen und Kollegen, daß ein gekennzeichneter Sprengstoff verwendet wurde.

Kollege Winter hat es bereits erwähnt: Österreich ist ein Musterknabe. Zur Umsetzung dieses gegenständlichen Übereinkommens sind als konkrete Schritte die Installierung, wie wir im Ausschuß gehört haben, von Gaskomatographen, also von Spezialgeräten, vorgesehen, die auf allen unseren sechs Flughäfen mit internationalem Flugverkehr zum Einsatz kommen sollen. Natürlich – das hat Kollege Winter auch schon erwähnt – soll der Flughafen Wien-Schwechat als größter Flughafen als erster damit ausgestattet werden. Aber weil diese Markierungsstoffe einen sehr hohen Verdampfungswert haben, daher auch, ich sage jetzt, erschnüffelt werden können, werden zusätzlich noch sieben Sprengstoffhunde ausgebildet, die in diesen Bereichen dann auch eingesetzt werden sollen.

Ich hoffe nur, Frau Bundesministerin, daß es nicht nur beim Flughafen Wien-Schwechat bleibt. Die Terroristen suchen den Weg des geringsten Widerstandes, daher ist es notwendig, daß auch alle anderen Flughäfen in Österreich dementsprechend nachgerüstet werden.

Ich glaube aber, daß dieser effektive Schutz vor Anschlägen nur dann gegeben ist, wenn möglichst viele Staaten dieses Übereinkommen ratifizieren, denn nur die Vereinheitlichung aller internationalen Sicherheitsbestimmungen auf den Flughäfen kann für den Flugverkehr die notwendige Sicherheit bringen. Auch das ist zum Ausdruck gekommen: Bisher sind 35 Länder diesem Übereinkommen beigetreten. Aus österreichischer Sicht wäre es besonders wichtig, daß alle europäischen Staaten, vor allem auch alle EU-Staaten, von diesem Übereinkommen erfaßt sind. Ich ersuche Sie daher, sehr geehrte Frau Bundesministerin, daß Sie sich und die gesamte Regierung auf europäischer Ebene dafür einsetzen, daß in puncto Sicherheit auf den Flughäfen ein gemeinsamer Weg gefunden wird.

Meine Fraktion wird selbstverständlich dazu ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)


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653. Sitzung / Seite 88

14.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

14.24

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich werde ein bissel lauter reden, damit sich das Haus wieder füllt. Grundsätzlich wird meine Fraktion dieser Vorlage die Zustimmung geben. Die beiden Vorredner haben wichtige materielle Inhalte bereits erläutert und auch die historischen Beweggründe über Lockerbie bis hin zur Gegenwart dargelegt.

Ich möchte auf einen Punkt verweisen, meine Damen und Herren, der an und für sich dem Bundesrat guttut. Obwohl dieses Gesetz richtig und gut ist, war es doch mit einigen Mängeln behaftet. Es wurde in einer Ausschußsitzung zurückgestellt, weil wir aus der Vorlage eigentlich nicht erkennen konnten, wie die Markierungen tatsächlich vorgenommen werden. In der letzten Sitzung ist das entsprechend erläutert worden, und dabei wurde festgestellt, daß es eigentlich nur einen Markierungsbereich gibt, und das sehe ich ein bissel mit einer Träne in den Augen. Ein Monopolist in Amerika erzeugt diese Markierungsstoffe, die dann diesem Sprengstoff beigemengt werden.

Ich möchte noch kurz auf ein paar formale Mängel in diesem Gesetz hinweisen. Sie führen an, Frau Ministerin, daß die Einrichtung von Kontrollmöglichkeiten an den Grenzübergängen 7 bis 10 Millionen kosten wird. Das ist richtig. Die Flughäfen, so sagt man, wären bereits dazu verpflichtet. Ich sage Ihnen aber, der Flughafen Wien-Schwechat hat ein solches Gasdetektorenerkennungssystem noch nicht, weil das erst in Entwicklung ist. Das sollte man auch dazusagen, weil der Bürger glaubt, mit diesem Gesetz ist die Erkennung von Plastiksprengstoff bereits möglich. De facto ist das aber noch nicht möglich.

Suchhunde müssen ausgebildet werden, müssen auf diesen speziellen Geruch trainiert werden. Auch das sollte man dazu sagen.

Ich danke im übrigen den Kollegen des Bundesrates, die auf diese Möglichkeiten hingewiesen haben. So sehe ich auch, meine Damen und Herren, die Tätigkeit des Bundesrates, wie es schlicht und einfach im Gesetz heißt: Der Bundesrat soll im föderalistischen Interesse gegenlesen. Bei diesem Gesetz haben wir diese Aufgabe wahrgenommen. Mein Wunsch wäre es, daß wir auch bei gewichtigen Materien – nicht, daß diese Materie unwichtig ist – so vorgehen und uns langsam aus den glaublich und wirklich vorgegebenen Zwängen herauslösen und als echte föderalistische Kammer tätig sind.

Ich habe schon anfangs ausgeführt: Der Materie selbst wird meine Fraktion die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ferner bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.


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653. Sitzung / Seite 89

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1638 und 1681/NR sowie 5913/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999) (1633 und 1682/NR sowie 5914/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 13 und 14 hat Herr Bundesrat Gstöttner übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich bringe zunächst den Bericht des Justizausschusses betreffend das Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999.

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß ein internationaler Trend zur Gründung von Rechtsanwaltsgesellschaften besteht. In mehreren EU-Mitgliedstaaten gibt es bereits Rechtsanwalts-Kapitalgesellschaften. Die Berufsausübung durch Rechtsanwalts-GmbHs macht eine entsprechende Sonderregelung für die Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte erforderlich. Die Mindestversicherungssumme für den Einzelanwalt wird deutlich angehoben.

Es wird eine präzisere gesetzliche Grundlage für satzungsmäßige Verbesserungen in der anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwälte sowie für die Bildung von Einrichtungen der Krankenversicherung im Sinne des § 5 GSVG geschaffen. Die bestehende Rechtsanwaltsordnung wird durch eine Richtlinienbefugnis des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags betreffend die Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften und die Schaffung von verbindlichen Einrichtungen zur Sicherung und Überwachung dieser Pflichten ergänzt.

Die gesetzliche Bemessungsgrundlage für Ansprüche auf Leistung von Ehegatten- und Kindesunterhalt wird verringert, eine Pauschalhonorarregelung für durchschnittliche Ehescheidungen nach § 55a EheG eingeführt, des weiteren erfolgt eine Klarstellung bei der Bemessungsgrundlage für Klagen nach § 1330 ABGB.

Im RechtsanwaltsprüfungsG wird ein eigenes Prüfungsfach "Grundzüge des Europarechts" vorgesehen. Im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter werden die Ver


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653. Sitzung / Seite 90

jährungsbestimmungen geändert und im Bereich der einstweiligen Maßnahmen eine Sonderregelung zum Schutz anvertrauten fremden Vermögens getroffen.

Der Justizausschuß stellt nach der Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte weiters den Bericht des Justizausschusses betreffend das Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999.

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß die Entwicklungen der modernen Informationstechnologie vermehrt auch für die notarielle Berufsausübung nutzbar gemacht werden sowie daß die in der Praxis auftretenden Probleme des notariellen Berufsrechts einer gesetzlichen Lösung zugeführt werden.

Ziel des gegenständlichen Beschlusses ist die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für

die Ermächtigung der Österreichischen Notariatskammer zur Einrichtung eines elektronischen Urkundenarchivs, eines elektronischen Teilzeitnutzungsregisters und eines elektronischen Zeitstempelregisters,

die gesetzliche Regelung der Pflichten des Notars bei der Übernahme von Treuhandschaften,

die Übernahme der Bestimmungen für das Österreichische Zentrale Testamentsregister,

eine genauere Umschreibung der Voraussetzungen für die Schaffung von Notarstellen, Überarbeitung der Bestimmungen über die Praxiszeit und die Besetzungsvorschläge für Notarstellen,

die Anhebung der Mindestversicherungssumme für die Berufshaftpflichtversicherung,

die Regelung der "kollegialen Hilfe" im Zusammenhang mit ausländischen Notaren,

die Schaffung einer berufsrechtlichen Grundlage für die Bildung von Einrichtungen der Personenversicherung, insbesondere einer Krankenversicherung im Sinne des § 5 GSVG sowie

die Einführung des Prüfungsfaches "Grundzüge des Europarechts" für die Notariatsprüfung.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm. – Bitte.

14.34

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Dem Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 werden wir gerne unsere Zustimmung geben, denn für diesen Berufsstand hat dieses Gesetz einen zeitgemäßen rechtlichen Rahmen geschaffen.

Hingegen läßt das Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 recht zwiespältige Gefühle aufkommen. Das kann nicht überraschen; steht doch das Berufsrecht der Rechtsanwälte im Spannungsfeld der nationalen Entwicklung des Berufsstandes einerseits und der internationalen Tendenzen, insbesondere der Vorgaben des EU-Rechts andererseits.

In dieser Perspektive bringt die Novelle zweifellos manche Verbesserungen und auch notwendige Anpassungen an die aktuellen Verhältnisse. So ist insbesondere das Bestreben anzuerkennen, durch neue Rechtsformen der Berufsausübung die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Anwälte im europäischen Raum zu fördern.


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Ferner war leider auch die Verschärfung der Berufspflichten und des Disziplinarrechts geboten – dies im Blick auf das gravierende, zum Teil sogar kriminelle Fehlverhalten einzelner Anwälte –, weil die Schädigung des Ansehens des ganzen Standes in der Öffentlichkeit eben nur durch die Stärkung seiner Selbstreinigungskraft ausgeglichen werden kann.

Aus denselben Gründen ist auch der Ausbau der Kontrollinstrumente zu begrüßen, die zukünftig Mißbräuchen bei der Führung von Treuhandschaften vorbeugen sollen. Bedauerlich daran ist allerdings, daß die Anwaltschaft hier nicht längst dem Vorbild des Notariats gefolgt ist, das dafür strenge berufsrechtliche Vorschriften kennt und über ein zentrales Treuhandregister verfügt.

Diesen positiven Aspekten – oder zumindest unvermeidlichen Veränderungen – stehen aus meiner Sicht freilich so erhebliche Kritikpunkte gegenüber, daß meine Fraktion dieser Novelle nicht zustimmen kann.

Was sind nun die Hauptbedenken? – Zunächst ist unverständlich, weshalb heute eine Novelle beschlossen wird, die zwar durchaus auch dringliche Anliegen erledigt, die aber weitere, bereits längst absehbare Probleme bewußt offenläßt.

Vor allem die EU-Richtlinie zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen EU-Mitgliedsstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, stellt uns vor zwei Aufgaben: zum einen vor jene, diese Richtlinie korrekt in das österreichische Recht umzusetzen, und zum anderen vor eine wesentlich heiklere, nämlich die, jede mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbare Inländerdiskriminierung zu vermeiden. Diese entsteht demnächst zwangsläufig dadurch, daß die meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten wesentlich niedrigere Barrieren für den Zugang zum Anwaltsberuf vorsehen.

In Spanien, um einen Extremfall zu erwähnen, kann sich zum Beispiel jeder Absolvent des Jusstudiums ohne weiteres als Anwalt betätigen; und in der Bundesrepublik Deutschland wird eine wesentlich kürzere Praxiszeit und keine Anwaltsprüfung verlangt. In Hinkunft wird aber jeder ausländische Anwalt, der in seinem Heimatstaat in dieser Funktion zugelassen ist, nach einer dreijährigen Praxis in Österreich den Anwaltsberuf auch bei uns ausüben können.

Unsere heimischen Rechtsanwaltsanwärter werden sich dann fragen, weshalb sie nach einem wissenschaftlichen Studium des österreichischen Rechts, das ausländischen Mitbewerbern ja fehlt, und zwar nach einem Studium, das in der faktischen Regelstudienzeit sehr lang ist, sowohl eine fünfjährige Praxis als auch eine anspruchsvolle Anwaltsprüfung ablegen müssen.

Einer Anfechtung der entsprechenden berufsrechtlichen Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof wird ohne jeden Zweifel Erfolg beschieden sein. Das verkennt auch der soeben neugewählte Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer durchaus nicht. Dennoch will die Standesvertretung in dieser sensiblen Frage begreiflicherweise keinen eigenen Vorstoß unternehmen.

Dem Gesetzgeber aber bleibt die Anpassung des österreichischen Berufsrechts keinesfalls erspart. – Überhaupt wäre die Stellung der Rechtsanwaltsanwärter auch in anderer Hinsicht verbesserungswürdig. Zum einen müßte für sie, wenn schon nicht eine volle Kammermitgliedschaft, so doch wenigstens eine eigene Vertretung im Rahmen des Ausschusses verankert werden; unterliegen sie doch immerhin allen Berufspflichten und der Disziplinargerichtsbarkeit. Ferner klaffen unüberbrückbare Versicherungslücken, wenn der Berufsunfähigkeits- und der Hinterbliebenenschutz nicht bereits vom Beginn der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit an eingreift.

Nun zum zweiten Bedenken. Anders als die Standesvertretung der Rechtsanwälte selbst vermag ich die Möglichkeit, Anwaltskanzleien in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu organisieren, zumindest nicht vorbehaltlos zu begrüßen. Gewiß drängte sich diese Neuerung – auch abgesehen von betriebswirtschaftlichen Überlegungen – nicht zuletzt wieder unter internationalem Aspekt auf, müssen doch Anwaltsgesellschaften aus anderen EU-Mitgliedsstaaten in Österreich uneingeschränkt anerkannt werden. Erneut gebietet es daher die Gleichbehandlung österreichischer Rechtsanwälte, ihnen dieselbe Möglichkeit zu eröffnen. Die damit


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verbundene automatische Haftungsreduktion scheint mir freilich problematisch zu sein; war es doch, anders als in den USA, die seit langem rein unternehmerisch geprägte law firms kennen, bis heute gute österreichische Tradition, daß den Klienten ein persönliches Vertrauensverhältnis mit seinem Rechtsfreund verbindet und er daher auch notfalls dessen persönliche Haftung erwarten kann.

Bei risikoreichen Rechtsfällen mußte sich der Rechtsanwalt, wollte er sich im voraus von seiner unbeschränkten Haftung für Vertretungsfehler freizeichnen, diese Entlastung in den Grenzen des sittlich Erlaubten, also lediglich bei leichter Fahrlässigkeit, ausdrücklich ausbedingen. Ist aber, so frage ich, künftig jedem Mandanten bewußt, daß die Rechtsanwalts-GesmbH nur noch mit ihrem Kapital haften wird?

 

Gewiß ist die vorliegende Novelle ehrlich darum bemüht – ich verkenne das keineswegs –, diese begrenzte Haftung zumindest effektiv abzusichern; ist eine solche GesmbH doch zum Abschluß einer Haftpflichtversicherung mit einer relativ hohen Deckungssumme verhalten. Dennoch bleiben mehrere Fragen dabei offen. Sollte nicht dessen ungeachtet die persönliche Haftung des für die schlechte Vertretung verantwortlichen Anwalts aufrechtbleiben? Weshalb werden die höchst unterschiedlichen Versicherungssummen ausschließlich davon abhängig gemacht, ob es sich um einen Einzelanwalt oder um eine GesmbH handelt? – Vom Zuschnitt und von der Struktur der Kanzlei und von ihrem durchschnittlichen Jahresumsatz her könnte ja auf der einen Seite eine kleine GesmbH und auf der anderen Seite eine nicht kapitalgesellschaftlich organisierte Großkanzlei bestehen. Weshalb wird schließlich dem Klienten im Gegensatz zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung kein Direktanspruch gegen die Versicherung zugestanden?

Auch zur Aufhebung des Filialverbotes ist folgendes kritisch anzumerken: Gewiß ließ es sich nicht länger aufrechterhalten, vom EU-Recht her einer ausländischen Rechtsanwaltskanzlei eine Niederlassung in Österreich zubilligen zu müssen, aber im österreichischen Berufsrecht dem inländischen Rechtsanwalt keine Filiale im eigenen Land zuzugestehen. Dennoch irritieren auch dabei zwei unerwünschte Effekte: Zum einen kommt es ja überhaupt nicht darauf an, ob der die Niederlassung errichtende und betreibende Anwalt dort in irgendeiner Weise selbst tätig wird. Mit anderen Worten wird, wie ich es schon bei der Haftungsfrage beklagt habe, auch damit das Prinzip der persönlichen Berufsausübung preisgegeben. Zum anderen bevorzugt die Zulassung von Filialgründungen eindeutig die Großkanzleien, weil sie ihnen die Vermarktung ihres Rufes auch außerhalb ihres Hauptsitzes und unter anderer faktischer Leitung erlaubt.

In dieser Kritik liegt meines Erachtens – um nicht mißverstanden zu werden – keine Trauer um überwundene Zünftelei, sondern eher die Sorge um eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten kleinerer Kanzleien, deren soziale Funktion gerade für finanziell minderbemittelte Klienten nicht außer acht zu lassen ist.

Umgekehrt bestraft die Novelle – so meine nächste Kritik – die gesamte Anwaltschaft, das heißt auch alle seriösen Vertreter des Barreaus, für jene schwarzen Schafe in ihren Reihen, die ihre Mandanten ausgebeutet hatten; denn die Obergrenzen des tariflichen Honoraranspruchs für die Beratung und Vertretung bei einvernehmlichen Ehescheidungen erscheinen mir vom Preis-Leistungs-Verhältnis her unausgewogen. So ist etwa empirisch belegt, daß bis zu einer Bemessungsgrundlage von 50 000 S nicht einmal eine Deckung der Kosten des einschreitenden Rechtsanwaltes gegeben ist. Bei Einnahmen von etwa 15 000 S bleiben nach Abzug der Kanzleiregien und Vorsteuern nicht einmal 4 000 S Gewinn. (Präsident Jaud übernimmt den Vorsitz.)

Gewiß kann man zugunsten der in der Novelle vorgesehenen Pauschalierung des Honorars ins Treffen führen, daß sie keine Überforderung des Mandanten mehr zuläßt, daß sie ihm die Berechenbarkeit seiner Verfahrenskosten ermöglicht und auch dem Rechtsanwalt den Vorwurf erspart, seinen Mandanten unangemessen belastet zu haben. Dem stehen jedoch ernsthafte Einwände gegenüber.

Zweifellos hängt die Arbeitsbelastung des Rechtsanwaltes nicht davon ab, welchen Verkehrswert oder auch nur Einheitswert ein Grundstück hat, das in die vermögensrechtliche Einigung


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der zu scheidenden Ehegatten einzubeziehen ist. Das ist richtig. Die reale Arbeitsbelastung hängt von ganz anderen Faktoren ab. Diese sind allerdings in der vorliegenden Novelle auch nicht ausreichend berücksichtigt. Nun geht es bei der Neuregelung – das ist einzuräumen – zwar um durchschnittliche familien- und vermögensrechtliche Verhältnisse und um durchschnittliche anwaltliche Leistungen; denn allein für sie soll die Pauschalierungsregelung eingreifen. Dieser allzu unbestimmte Rechtsbegriff wird aber zwangsläufig zu Auslegungsstreitigkeiten führen und ermöglicht eben dadurch wiederum keine sichere Vorhersehbarkeit der zu erwartenden Kosten.

Was gilt denn für Fälle, in denen mangels gegebener "Durchschnittlichkeit" die Pauschalierung über- oder unterschritten werden soll? Ist man sich dabei dessen bewußt, daß die freigewählten Rechtsanwälte an einer einvernehmlichen Scheidung nicht mehr sonderlich interessiert sein werden oder daß sich die Anwälte mit der Prüfung optimaler Bedingungen, der die Scheidung begleitenden Vereinbarungen möglicherweise nicht mehr ausreichend befassen werden? – Mit anderen Worten: Die Regelung erfüllt zwei Anforderungen nicht, nämlich die Voraussetzungen für das Pauschalhonorar präziser zu fassen und die zwar leistungsgerechte, aber für den Klienten noch vertretbare Höhe des Honorars zu bestimmen.

Ähnlich verfehlt ist die Obergrenze für den Streitwert von Klagen gemäß § 1330 ABGB, also auf Schadenersatz wegen Ruf- oder Kreditschädigung. Die Herabsetzung eines vom Kläger überhöht angesetzten Streitwertes gemäß § 7 Rechtsanwaltstarifgesetz reicht als Abwehrmittel wohl durchwegs aus.

Ich komme zum letzten Kritikpunkt. In bezug auf das Disziplinarrecht ist die neue Regelung abzulehnen, daß einstweilige disziplinäre Maßnahmen gegen einen Rechtsanwalt auch bereits aufgrund staatsanwaltlich genehmigter Ermittlungen der Sicherheitsbehörden verhängt werden können, selbst wenn sich darin kein ausreichender Tatverdacht äußert. Eine bloße Anzeige darf doch wohl keinen Rechtsanwalt entscheidend schädigen, er muß ja von den gegen ihn laufenden Vorerhebungen nicht einmal Kenntnis erlangt haben.

Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang mit Bezug auf die Causa Kalal und Hummelbrunner daran, wie rasch und leichtfertig Rechtsanwalt Dr. Merlicek in Untersuchungshaft genommen wurde, und daß es sich dann bald herausgestellt hat, daß nichts daran war.

Aufgrund all dieser zum Teil sehr schwerwiegenden Bedenken kann meine Fraktion dem Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz die Zustimmung nicht erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.47

Präsident Gottfried Jaud: Des weiteren zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile es ihm.

14.47

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Als einem Angehörigen des freien Berufsstandes der Notare gestatten Sie mir eingangs auf die sehr bedeutende Stellung der Notare und der Rechtsanwälte in unserem modernen Rechts- und Wirtschaftsleben hinzuweisen. Gerade in unserer Zeit, in der wir durch die Internationalisierung und durch unseren Beitritt zur Europäischen Union ein Öffnen, ein Aufbrechen der Wirtschaftsräume erleben, verstärken sich natürlich die internationalen Rechts- und Wirtschaftsbeziehungen, entstehen ganz neue Betätigungsfelder, stellen sich ganz neue Herausforderungen an diese beiden Berufsstände, der Anwälte und der Notare, als Träger des Rechtsstaates, als Rechtsberater, als die sie die Bürger vertreten beziehungsweise ihnen zur Durchsetzung ihrer Rechte verhelfen, und zwar im privaten Bereich, vor Gericht oder vor den öffentlichen Institutionen und natürlich auch vor den internationalen Behörden.

Es ist, so glaube ich, in dieser Situation besonders wichtig, daß entsprechende, zeitgemäße Rahmenbedingungen für diese beiden Berufsstände geschaffen werden, daß Berufsordnungen


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beziehungsweise ein Berufsrecht beschlossen werden, damit tatsächlich den Ansprüchen dieser Berufsstände entsprochen werden kann.

Es sind in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der Modernisierung dieser beiden Berufe sehr oft die Stichworte "Liberalisierung" und "Deregulierung" gefallen. Ich glaube, daß man damit aber sehr sorgsam umgehen muß, denn diese Diskussion kann nur vor dem Hintergrund geführt werden, daß keineswegs ein Qualitätsverlust stattfinden darf, daß die Rechtssicherheit gegeben ist, daß der Zugang des Bürgers zum Recht in keiner Weise geschmälert werden darf und daß der ausübende Notar oder der ausübende Rechtsanwalt in seiner Stellung unabhängig und vertrauenswürdig bleibt und auf jeden Fall in seinen Rechten ungeschmälert arbeiten kann.

Die dabei seitens höherer Politiker geforderte Deregulierungsdebatte, daß man durch Aufhebung überbürokratischer Bestimmungen und durch eine völlige Liberalisierung zusätzliche Unternehmensgründungen schaffe – es wurde von einer Schaffung von 30 000 Arbeitsplätzen gesprochen –, ist meiner Ansicht nach bei weitem überzogen.

Beide Berufsstände – Rechtsanwälte und Notare – verschließen sich keineswegs der Schaffung neuer Arbeitsplätze, wissen sie doch, wie schwer es in der heutigen Zeit ist, Arbeitsplätze zu finden, aber man soll, salopp gesprochen, die Kirche im Dorf lassen. Man soll vor allem nicht das Kind mit dem Bad ausgießen und jetzt versuchen, sozusagen eine völlige Freigabe, eine völlige Liberalisierung und Deregulierung mit einem völlig freien Zugang zu diesen Berufen zu erreichen. Das würde doch ein Minus an Ausbildung, ein Minus an Qualität und ein Minus an Konsumentenschutz bedeuten, und das ist zweifellos nicht Sinn der Sache.

Meine Damen und Herren! Kollege Böhm hat dankenswerterweise erklärt, er werde dem Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 die Zustimmung erteilen, nicht aber dem Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz. – Kollege Böhm! Ich teile zum Teil Ihre Ansicht, insbesondere was die Problematik der Nichtumsetzung einer EU-Richtlinie betrifft. Da gibt es meines Wissens eine Art "Bemühungszusage", und zwar in Form eines Entschließungsantrages.

Ganz kann ich Ihnen, Herr Kollege Böhm, aber nicht folgen in bezug auf die Einführung der GesmbH, in bezug darauf, daß sich ein Anwalt sozusagen in Form einer GesmbH formieren kann – das umso mehr, als ohnehin die persönliche Geschäftsführung statuiert und auch die Haftpflichtversicherung entsprechend gegeben ist.

Meine Damen und Herren! Eine durchaus diskussionswürdige Problematik ergibt sich immer wieder hinsichtlich der sogenannten Honorar-Richtlinien. Das, was Sie, Kollege Böhm, angeführt haben, haben wir im Ausschuß gemeinsam diskutiert. Ich halte diesen Mindestsatz bei der einvernehmlichen Scheidung auch nicht für besonders treffend, weil bei der gesetzlichen Formulierung der einvernehmlichen Scheidung – mit einigen wenigen Arbeits- und Tarifansätzen – dennoch sozusagen ein breiter Spielraum gegeben ist. Ich fürchte, daß es einer neuerlichen Judikatur bedürfen wird, um das Ganze einigermaßen wieder ins rechte Lot zu bringen.

Weiters, Kollege Böhm, haben Sie § 1330 ABGB, kreditschädigendes Verhalten, angeführt; auch da eine Pauschalierung. Ich finde das schon ein bißchen kurios, weil nachweislich und gerade aus Ihrer Partei vielfach solche Prozesse provoziert werden. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Das kommt überall vor, aber besonders in Ihrer Partei geschieht das, offensichtlich so unter dem Motto: Na ja, Politiker: Lüge hin, Lüge her, irgend etwas wird schon hängenbleiben. Dann steht man vor Gericht und versucht, über kreditschädigendes Verhalten zu streiten, und dann soll es auch letztlich zu einem Urteil kommen. (Bundesrat Dr. Böhm: Ich möchte Politiker nicht schützen!) Ich bin völlig Ihrer Meinung, aber da hätte man die Ansätze wesentlich erhöhen sollen. Da bin ich absolut Ihrer Meinung!

Zu den Honoraren: Für die Notare darf ich sagen, daß wir bestimmte Mindestsätze haben. Ich bin da absolut nicht der Meinung des Herrn Staatssekretärs Ruttenstorfer, der seinerzeit – ich glaube, im Jänner war das – in einer Grundsatzdebatte in einem Seminar gemeint hat: All das muß weg, das ist nicht mehr zeitgemäß! – Im Gegenteil: Solche Mindestsätze haben einen ganz wichtigen Ordnungsfaktor, denn damit kann der Unfug absolut hintangehalten werden. Im übrigen darf ich für meinen Berufsstand sagen, daß diese Mindestsätze für uns in der Praxis de


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facto ohnehin Höchstsätze sind. Auch unsere Kammer, unsere Standesvertretung sieht das so. In der Judikatur unserer Kammer wird sehr wohl gesagt: Im Vordergrund muß die Angemessenheit des Honorars stehen! Das heißt, daß dann, wenn eben weniger Arbeit als üblich mit der Causa x verbunden ist, nicht nur eine Herabsetzung angemessen, sondern seitens der Kammer eine solche sogar erwünscht ist.

Weiters darf ich sagen, daß bei der Tätigkeit der Damen und Herren des freien Berufsstandes der Anwälte und Notare, damit diese wirklich all den oft sehr großen Herausforderungen standhalten können, selbstverständlich auch ökonomische Sicherheit gegeben sein muß. Wir wissen, daß es Hunderte, um nicht zu sagen Tausende Anwälte gibt, die – gerade in Großstädten ist das oft der Fall – beinahe am Existenzminimum leben. (Bundesrat Dr. Böhm: Absolut!)

Meine Redezeit ist leider um; es wäre aber noch einiges zu sagen. Erwähnen möchte ich daher nur noch das Urkundenarchiv, das die Notare jetzt statuiert bekommen. Die Urkunden- und Aktenlager, die Keller sind übervoll, und es ist daher höchst an der Zeit, daß wir die Notariatsakte EDV-unterstützt aufbewahren können.

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich angesichts der kurzen Redezeit jetzt nicht mehr anführen konnte, möchte aber abschließend noch das Thema Treuhandregister erwähnen, etwas, was wir Notare dankenswerterweise schon seit einigen Jahren mit großem Erfolg praktizieren. In der Tat: Wenn Geld, wenn Geldeswert dem Notar übergeben wird, treuhändig mit einem bestimmten Auftrag, so soll der Klient absolut sicher sein – abgesichert auch durch eine adäquate Haftpflichtversicherung in Höhe von mindestens 5,6 Millionen Schilling; je nach Fall natürlich auch entsprechend höher –, daß da nichts passiert, daß weder zu früh noch zu spät der Adressat das Geld bekommt. Die Anwälte ziehen da dankenswerterweise nach.

Ich erinnere weiters daran, daß mit dem Urkundenarchiv auch das Teilzeitnutzungsregister, das elektronische Zeitstempelregister, eingeführt wird.

Alles in allem glaube ich sagen zu können, daß mit diesen beiden Gesetzen nunmehr eine gute Handhabe für die beiden Berufsstände Notar und Anwalt gegeben sein wird, sodaß sie noch mehr und noch besser als bisher den neuen Anforderungen gerecht werden können.

Meine Fraktion wird diesen beiden Gesetzentwürfen zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.59

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig. – Bitte.

14.59

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit den Novellen zum Berufsrecht der Rechtsanwälte und der Notare liegen Gesetzentwürfe vor, die umfassende Änderungen in den Rechtsgrundlagen dieser beiden Berufe herbeiführen – zwei Berufe, die für den Rechtsstaat, aber auch für die Sicherung der Grund- und Freiheitsrechte jedes Staatsbürgers von großer Bedeutung sind.

Rechtsanwälte und Notare garantieren die Durchsetzung der Rechte der Bürger gegenüber dem Staat, aber auch gegenüber anderen Einrichtungen, beispielsweise in Bereichen der Wirtschaft.

Eine wichtige Aufgabe bei der Durchsetzung von Recht in unserer Gesellschaft ist die Information, aber auch die Beratung. Rechtsanwälten und Notaren kommt hiebei große Bedeutung zu.

Aber es hat sicher auch Gründe, warum die Rechtsberatung bei Interessenvertretungen, bei Kammern immer stärker nachgefragt wird. Wichtig sind Information und Aufklärung über die unmittelbare Tätigkeit, aber auch über die Kosten, die aufgrund dieser Informationstätigkeit entstehen.


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Für die Immobilienmakler beispielsweise gibt es besondere Aufklärungspflichten. Wenn diese Pflichten nicht eingehalten werden, kommt es zu einer Minderung des Honoraranspruches. Das ist eine Regelung, die auch für Rechtsanwälte und Notare, wie ich meine, durchaus gangbar wäre.

Positiv bewerte ich die Treuhandschaften, die Ermächtigung durch Gesetz für die Rechtsanwaltskammer, und für begrüßenswert halte ich auch die gesetzliche Verankerung im Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz.

Darüber hinaus müßten besondere Aufklärungs- und Informationspflichten im Gesetz festgelegt und das Kostenrecht generell neu diskutiert werden.

Sinnvoll wären weiters bundeseinheitliche Regelungen für die Abwicklung von Treuhandgeschäften. Eine Vertrauens-Schadensversicherung wäre aus Überlegungen des Konsumentenschutzrechtes in diesem Bereich sicher von großer Bedeutung.

Wenn die Herren Itzlinger und Jeannée auch Ausnahmen – ich möchte deutlich betonen: Ausnahmen – sind, so beeinflussen sie doch auch medial verstärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die rechtsberatenden Berufe. Diese jetzt vorliegenden Gesetzesvorlagen sind Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtssicherheit und stärken außerdem das Vertrauen der Bevölkerung in die Tätigkeit der klassischen rechtsberatenden Berufe.

Eine Verbesserung im Bereich des Konsumentenschutzes ist die deutliche Anhebung der Mindestversicherungssummen für die Berufshaftpflichtversicherung in der Rechtsanwalts- und Notariatsordnung. Diese Anhebung der Mindestversicherungssummen ist, wie ich meine, zum einen eine deutliche Verbesserung für den Konsumenten, andererseits aber auch ein Schutz des Rechtsanwaltes vor Entwicklungen, die für ihn nicht absehbar sind und für ihn auch zu großen wirtschaftlichen Problemen führen können.

Auch wenn sich die Tätigkeitsfelder von Notaren und Rechtsanwälten deutlich von anderen Dienstleistungsbereichen unterscheiden, ist auf die Qualität ihrer Dienstleistungen besonders zu achten. Die Bürger und Konsumenten erwarten Unabhängigkeit, Vertrauenswürdigkeit, hohe berufliche Leistung und Qualifikation.

Ich gebe Ihnen, Herr Dr. Böhm, sicherlich recht, wenn Sie meinen, daß die Ausbildung für Rechtsanwälte und Notare in Österreich sehr gut, allerdings auch sehr lang und sehr intensiv ist. Wir sind auf diesen hohen Ausbildungsstand zu Recht stolz und haben sicherlich auch Interesse daran, diese sehr hohe Qualität im Bereich der Berufsausbildung zu halten.

Innerhalb der Europäischen Union gibt es allerdings große Unterschiede in der beruflichen Ausbildung, vor allem im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit. In der Europäischen Union wird es zweifellos auch zu einer Harmonisierung der Ausbildungsanforderungen kommen müssen. – Nicht zu einer Nivellierung, Herr Dr. Böhm, diesbezüglich teile ich Ihre Befürchtungen nicht ganz (Bundesrat Dr. Böhm: Ich fürchte es aber! Ich wünsche es nicht, aber ich befürchte es!), aber sicher zu einer Harmonisierung auf einem, wie ich hoffe, doch möglichst hohen Niveau.

Die Initiativen, die Sie, Herr Bundesminister, auch im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft in diesem Bereich gesetzt haben, waren zweifellos sehr wichtige Impulse, und ich bin überzeugt davon, daß auch in der nächsten Zeit diese Initiativen zur Harmonisierung der beruflichen Ausbildung auch in der Europäischen Union Platz greifen werden.

Die vorliegenden Gesetzentwürfe sind notwendige Schritte in Richtung Verbesserung der Berufsrechte von Rechtsanwälten und Notaren, und wir Sozialdemokraten werden deshalb gegen diese Vorlagen auch keinen Einspruch erheben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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15.04

Präsident Gottfried Jaud: Des weiteren zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek. Ich erteile ihm dieses.

15.04

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Rechtsanwälte und Notare sind nicht nur die beiden sogenannten klassischen rechtsberatenden Berufe, ihnen kommt auch heute – ich möchte sagen, mehr denn je – eine ganz wesentliche Garantenstellung für die Sicherung und Bewahrung des demokratischen Rechtsstaates, der Grund- und Freiheitsrechte der Bürger, des guten Funktionierens der Rechtspflege und der Aufrechterhaltung des Rechtsfriedens in unserer Ge-sellschaft zu.

Selbstverständlich unterliegt auch das Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare, so wie die gesamte Rechtsordnung, einem kontinuierlichen Modernisierungs- und Anpassungsbedarf an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Dabei muß man aber mit Augenmaß vorgehen und immer auch darauf achten, daß die Grundprinzipien der Tätigkeit der freien Rechtsberufe gewahrt und gesichert bleiben. Ein solches Grundprinzip ist etwa die unabhängige und, wie schon erwähnt, möglichst persönliche Berufsausübung. Ebenso unverzichtbar ist die absolute Seriosität als Grundlage des unabdingbaren Vertrauens der Bürger in die Integrität der rechtsanwaltlichen und notariellen Berufsausübung sowie ihrer beruflichen Selbstverwaltungen.

In diesem Sinn wurde zwar im Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Rechtsanwaltschaft die Berufsausübung in Form einer Rechtsanwalts-GesmbH ermöglicht, gleichzeitig aber doch auch versucht, das Prinzip der persönlichen und unabhängigen Berufsausübung möglichst weitgehend beizubehalten. Die sonst bei der GmbH zulässige Möglichkeit der Bestellung von Fremdgeschäftsführern oder Prokuraerteilung soll daher ebenso ausgeschlossen sein wie – zumindest vorerst – eine bloße Sachfirma und jedenfalls die von der Freiheitlichen Partei im Nationalrat geforderte Beteiligung von Fremdkapitalgesellschaftern. (Bundesrat Dr. Böhm: Ich teile das nicht!) – Ja, Sie nicht, aber andere, interessanterweise auch aus diesem Berufsstand.

Das soll also ausgeschlossen sein, um, was unabänderliche Konsequenz einer Kapitalbeteiligung völlig Berufsfremder wäre, unerwünschte Abhängigkeiten bei der rechtsanwaltschaftlichen Berufsausübung im Interesse der Mandanten und der geordneten Rechtspflege zu vermeiden.

Was die Haftung bei der Rechtsanwalts-GesmbH anlangt, hat man sich im Entwurf nach langer Diskussion nicht für die Handelndenhaftung, deren Sinnhaftigkeit von der möglicherweise bloß sehr geringen Leistungskraft der Betroffenen abhängt, nicht entscheiden können, sondern – durchaus im Einvernehmen mit dem Berufsstand der Rechtsanwälte, aber auch unter Berücksichtigung ausländischer Vorbilder – für die mehr im Interesse der Klienten gelegene hohe Haftpflichtversicherungspflicht entschieden.

Meine Damen und Herren! Die Klienten der rechtsberatenden Berufe, wie der freien Berufe überhaupt, können in der Regel Qualität und Preisangemessenheit der freiberuflichen Leistung nicht beurteilen. Es ist daher aus Sicht vor allem auch des Konsumentenschutzes nicht vertretbar, wenn man die Berufszugangsvoraussetzungen unangemessen und zu Lasten eines entsprechenden Qualitätsniveaus nach unten nivellieren und, wie dies zum Teil gefordert wird, die bestehenden Berufsausübungsvorschriften und Honorarregelungen für Rechtsanwälte und Notare beseitigen würde.

Diese Regelungen dienen, wie schon gesagt wurde, im wesentlichen dem Interesse der Konsumenten. Sie haben aber auch die Funktion, eine gewisse ökonomische Basis für die Berufsausübung sicherzustellen, die für die Wahrung der Unabhängigkeit der freien Berufe und, so möchte ich sagen, in gewisser Weise auch der Seriosität ebenso unabdingbar ist.

Freilich ist dabei immer auch auf soziale Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen, und diesem Grundgedanken wurde mit den im Gesetzentwurf vorgenommenen Änderungen des Rechtsanwaltstarifgesetzes, die heute schon angesprochen wurden, Rechnung getragen.

Bei den angesprochenen neuen Pauschalhonorarregelungen für einvernehmliche Ehescheidungen ist nicht daran gedacht, daß Rechtsanwälte überdurchschnittliche Beratungs- und Vertretungsleistungen zum Diskonttarif erbringen müssen. Es wurden vielmehr – im übrigen auch im vollen Einverneh


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men mit der Standesvertretung – maßvolle Pauschalhonorarbeträge für durchschnittliche Fälle einvernehmlicher Scheidungen geschaffen. (Bundesrat Dr. Böhm: Ist ihnen nichts anderes übriggeblieben!) Dies hat nicht nur den Vorteil, daß die Kosten für die Scheidungsparteien vorhersehbar werden, sondern es ist nicht zuletzt – ich möchte den Spieß sozusagen umdrehen – auch im Interesse der Rechtsanwaltschaft, wenn dadurch die bei manchen Parteien derzeit bestehende Scheu vor der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts wegen der Ungewißheit über die drohenden Kosten beseitigt werden kann.

Was die auch schon angesprochene Regelung über die Bemessungsgrundlage für Klagen nach § 1330 ABGB betrifft, so wird mit der vorliegenden Novelle keineswegs eine inhaltliche Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage durchgeführt, sondern nur die seinerzeitige Intention des Gesetzgebers eindeutig klargestellt, daß auch Feststellungsklagen unter die bisherige Regelung fallen. Zugleich wurde die Bestimmung in den Bemessungsgrundlagen OGH-fähig angepaßt.

Unter dem Aspekt der Wahrung und Stärkung des Vertrauens der Bürger in die rechtsanwaltliche und notarielle Berufstätigkeit ist es vor allem zu sehen, wenn in der Rechtsanwaltsordnung eine gesetzliche Grundlage für Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags über die Ausübung von Treuhandschaften geschaffen und in der Notariatsordnung die bisher durch Richtlinien festgelegten Pflichten des Notars im Zusammenhang mit Treuhandschaften und dem elektronischen Treuhandregister gesetzlich geregelt werden.

Meine Damen und Herren! Wie bereits erwähnt ist ein wesentliches Prinzip der freien Rechtsberufe auch die demokratisch legitimierte berufliche Selbstverwaltung mit weitgehenden Regulierungs-, Kontroll- und Sanktionsbefugnissen. Nur dadurch kann dafür gesorgt werden, daß nicht einige wenige schwarze Schafe den Ruf eines gesamten Berufsstandes in Frage stellen können.

Die im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vorgesehenen zusätzlichen Möglichkeiten, insbesondere die neue Maßnahme zum Schutz anvertrauten fremden Vermögens, sollen in diesem Sinne effizienzsteigernd wirken.

Ich kann Ihre Meinung zu den Änderungen im § 19 Abs. 1 Disziplinarstatut nicht teilen. Bei der allgemeinen Regelung der Voraussetzungen für einstweilige Maßnahmen wurden die formellen Voraussetzungen für die Ergreifung einstweiliger Maßnahmen nur insofern erweitert, als die Regelung, wonach gegen den Rechtsanwalt ein gerichtliches Strafverfahren anhängig sein muß, also gerichtliche Vorerhebungen geführt werden, um den Fall erweitert wurde, daß von der Staatsanwaltschaft Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden geführt werden (Bundesrat Dr. Böhm: Der ist weisungsgebunden, der Staatsanwalt!) – Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Der Staatsanwalt ist genauso weisungsgebunden, wenn er die Vorerhebungen durch den Untersuchungsrichter machen läßt. Das ist also kein Qualitätsunterschied.

Was die Frage der Voraussetzungen des dringenden Tatverdachts betrifft, so ändert sich durch diese Regelung überhaupt nichts, da es nicht vom Tatverdacht abhängig ist, ob gerichtliche Vorerhebungen oder Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden geführt werden. Die Änderung beruht vielmehr auf dem praktischen Bedürfnis, daß gerade bei Wirtschaftsdelikten keine gerichtlichen Vorerhebungen geführt werden, sondern in der Praxis in aller Regel Vorerhebungen durch die Sicherheitsbehörden, also die Wirtschaftspolizei, geführt werden. Mit der Frage des dringenden Tatverdachts hat das überhaupt nichts zu tun.

Überdies muß zusätzlich zum formellen Aspekt eines anhängigen Strafverfahrens beziehungsweise von Vorerhebungen noch die materielle Voraussetzung kommen, daß die einstweilige Maßnahme mit Rücksicht auf die Art und das Gewicht des dem Rechtsanwalt zur Last gelegten Disziplinarvergehens wegen zu besorgender schwerer Nachteile besonders für das Interesse der rechtsuchenden Bevölkerung oder das Ansehen des Standes erforderlich ist. Das ist das Wesentliche. Daran ändert sich durch die Notariatsordnungs-Novelle überhaupt nichts.

Meine Damen und Herren! Daß die freien Rechtsberufe in Österreich unter Wahrung der Grundprinzipien der freien Berufsausübung durchaus auch modern und zukunftsorientiert sind, haben


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schon die Ausführungen von Kollegen Linzer gezeigt, insbesondere was die auch im internationalen Vergleich beispielhafte Innovation des elektronischen Urkundenarchives angeht, für das durch die Novelle eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll.

Meine Damen und Herren! Mit den zu beschließenden Gesetzen und den aufgrund ihrer Ermächtigungen von den Berufsständen dann zu erlassenden Richtlinien wird ein wesentlicher Schritt in Richtung einer sinnvollen Modernisierung des Berufsrechts dieser beiden Berufsstände getan. Anfang nächsten Jahres soll im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Richtlinie der Niederlassungsfreiheit für Rechtsanwälte ein weiterer Schritt folgen, der eine Reihe der von Ihnen angesprochenen und hier noch vermißten Maßnahmen bringen wird. Ich ersuche Sie daher, gegen die beiden Gesetzesvorlagen keinen Einspruch zu erheben. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.17

Präsident Gottfried Jaud: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsprüfungsgesetz, das Teilzeitnutzungsgesetz und das Bauträgervertragsgesetz geändert werden (Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der


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Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 (1553 und 1677/NR sowie 5915/BR der Beilagen)

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang (1526 und 1678/NR sowie 5916/BR der Beilagen)

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 und

ein Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang.

Die Berichterstattung über die Punkte 15 und 16 hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht zu Tagesordnungspunkt 15:

Mit dem vorliegenden Übereinkommen wird das Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, das Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und das Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung nach Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG ratifiziert.

Ziel des vorliegenden Staatsvertrages ist es, die Mitgliedstaaten zu Angleichungen im materiellen Strafrecht zu verpflichten, insbesondere zu Angleichungen von Straftatbeständen, die Straftaten zum Nachteil der Haushalte der Europäischen Gemeinschaften sowie Beamtenbestechung erfassen, sodaß insbesondere Straftaten zu Lasten der Gemeinschaft besser verfolgt werden können.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen.


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Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Das Übereinkommen, die Protokolle und die Erklärungen werden in deutscher Sprache im Bundesgesetzblatt kundgemacht. Der Nationalrat hat weiters gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich der ebenfalls authentischen dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, irischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Textfassungen des Übereinkommens und der Protokolle beschlossen, daß diese dadurch kundzumachen sind, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufgelegt werden.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, und

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Zu meinem zweiten Bericht:

Das gegenständliche Übereinkommen trägt dem Umstand Rechnung, daß das auf der Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) abgeschlossene Übereinkommen vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr von 33 Staaten, darunter Österreich, unterzeichnet wurde.

Ziel des Übereinkommens ist der Schutz offener und wettbewerblich strukturierter Märkte vor den negativen Auswirkungen der Korruption und die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr mit den Mitteln des Strafrechts.

Die Umsetzung in innerstaatliches Recht erfolgt im wesentlichen durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 153.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen.

Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Der Nationalrat hat gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG weiters beschlossen, daß das Übereinkommen in der authentischen englischen Textfassung und in deutscher Übersetzung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wird. Die authentische französische Textfassung des Übereinkommens wird dadurch kundgemacht, daß diese im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur Einsichtnahme aufgelegt wird.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, und

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.


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Präsident Gottfried Jaud:
Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Peter Polleruhs. – Bitte.

15.25

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Es geht in dieser Debatte um zwei Übereinkommen, und ich darf gleich mit dem ersten beginnen; im wesentlichen wurde seitens des Herrn Berichterstatters das meiste bereits gesagt.

Das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist das erste Übereinkommen, das auf die Bestimmungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres des Vertrages über die Europäische Union gegründet ist und die Mitgliedstaaten verpflichtet, Angleichungen im materiellen Strafrecht vorzunehmen. Die Angleichung der nationalen Bestimmungen besteht insbesondere in der Festlegung eines strafrechtlichen Mindeststandards. Ich glaube, das ist in diesem Punkt das Wesentliche. Weder das Übereinkommen noch das Protokoll sehen einen harmonisierten Betrugs- oder Bestechungsbestand vor, der in allen Mitgliedstaaten gleich zu lauten hätte. Damit ist eine sinnvolle Einfügung in die nationale Rechtsordnung möglich.

Ich habe mir diese umfassende Regierungsvorlage durchgesehen, die Sie ebenfalls alle bekommen haben, und ich möchte dazu sagen: Als einer der wichtigsten Artikel dieses Übereinkommens scheint mir doch jener der Zusammenarbeit zu sein. Ich darf daher aus Artikel 6 zitieren:

"Stellt ein Betrug, wie er in Artikel 1 definiert ist, eine Straftat dar und betrifft er zwei oder mehr Mitgliedstaaten, so arbeiten diese Staaten bei den Ermittlungen, der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung wirksam zusammen, zum Beispiel durch Rechtshilfe, Auslieferung, Übertragung der Strafverfolgung oder der Vollstreckung in einem anderen Mitgliedsstaat ergangener Urteile." – Zitatende.

Ich meine, das ist wesentlich und wichtig, weil das nicht immer so gehandhabt wurde.

Ich habe mir aber auch Artikel 11 dieses Übereinkommens betreffend Inkrafttreten angesehen, und da, so muß ich sagen, mache ich mir schon etwas Sorgen. Ich hoffe aber, daß das nicht zu große Sorgen werden. Obwohl dieses Übereinkommen erst 90 Tage nach der in Abs. 2 genannten Notifizierung durch den Mitgliedstaat, der diese Förmlichkeit zuletzt vornimmt, in Kraft tritt, hoffe ich doch sehr, daß die Mitgliedstaaten rasch ihren nationalen Verpflichtungen in diesem Punkte nachkommen werden. Für neue Mitglieder, die der Europäischen Union beitreten, ist das schon etwas anders geregelt, indem es mit der Beitrittsurkunde, aber spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens, also wiederum nach dieser 90-Tage-Frist, in Kraft tritt. – Soweit zu diesem einen Übereinkommen.

Lassen Sie mich nun kurz auf das nächste Übereinkommen zu sprechen kommen, nämlich auf das Übereinkommen über die Bekämpfung und Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr. Bei der OECD hat man sich schon, wie den Unterlagen zu entnehmen ist, Ende der achtziger Jahre diesbezüglich Sorgen gemacht, und es wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, deren Arbeiten in eine Empfehlung mündeten, die den Mitgliedstaaten gegenüber zunächst ganz allgemein gegeben wurde. Effektive Maßnahmen zur Abschreckung, Verhinderung und Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger wurden aber damals schon ins Auge gefaßt.

In diesem Sinne wurde dann ein Katalog von Elementen ausgearbeitet, der letztendlich doch zu einem Übereinkommen führte, welches wir eben heute zu behandeln haben. Das Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Ge


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schäftsverkehr ist daher mehr oder minder ein gesetzändernder beziehungsweise gesetzesergänzender Staatsvertrag geworden, hat keinen politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Dieses Übereinkommen enthält insgesamt 17 Artikel – das ist wiederum im Detail in der Regierungsvorlage nachzulesen, in deren Besitz jeder von Ihnen ist – und regelt, beginnend beim Straftatbestand über die Zusammenarbeit bis hin zu Gerichtsbarkeit und Auslieferung, die gesamte Problematik.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seitens der ÖVP-Fraktion wird diesen beiden Übereinkommen gerne die Zustimmung gegeben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.31


Bundesrat
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Präsident Gottfried Jaud:
Des weiteren zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Payer. – Bitte.

15.31

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß sich die Europäische Union für das nächste Jahrtausend bereit gemacht hat. Mit der Verabschiedung des Reformprogramms Agenda 2000 auf dem Sondergipfel in Berlin am 24. und 25. März haben die EU-Staats- und Regierungschefs die Weichen für eine Erneuerung der Agrar- und Strukturpolitik gestellt und damit den Weg für die Vertiefung und Erweiterung der Union geebnet.

Am 16. März ist die Europäische Kommission in Wahrnehmung ihrer Verantwortung als Folge der im Bericht des Weisenrates enthaltenen Anschuldigungen geschlossen zurückgetreten. Jacques Santer hat richtigerweise darauf hingewiesen, daß es sich beim Rücktritt der Kommission zwar um eine Krise handle, die jedoch als Katalysator für tiefgreifende und nachhaltige Reformen in allen europäischen Institutionen zu nützen sei.

Trotz der Krise steht jedoch eines fest: Der Rücktritt einer Kommission kann die Europäische Integration nicht stoppen, geschweige denn diese rückgängig machen. Die rasche Einigung der Staats- und Regierungschefs in Berlin am 24. März auf Romano Prodi als neuen Kommissionschef hat dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Europäische Union hat ihre Handlungsfähigkeit bewiesen, indem es ihr gelungen ist, mehrere gleichzeitig auftretende Probleme produktiv zu lösen und die Herausforderung notwendiger Reformen zu meistern. (Bundesrat Dr. Tremmel: Na sehen Sie, wozu das gut war!)

Die Mißstände in der EU-Kommission haben es deutlich gemacht: Günstlingswirtschaft, Korruption und Mißmanagement muß der Kampf angesagt werden. (Bundesrat Dr. Tremmel: Ja, das ist richtig!) SPÖ-Vorsitzendem und Bundeskanzler Viktor Klima geht es mit seinem "Aktionsplan für ein sauberes Europa" genau darum. Er geht da, so glaube ich, sehr entschlossen vor. Überhaupt gelten Österreichs Sozialdemokraten in der EU – ich erwähne hier unseren ehemaligen Kollegen, Bundesrat Bösch aus Vorarlberg, ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Ist er deswegen so weit hinten gereiht worden?) – Er wird weiterhin Mitglied in der österreichischen Vertretung sein. (Bundesrat Dr. Tremmel: Da haben andere anscheinend mehr gemacht!) Die österreichischen Sozialdemokraten gelten ganz einfach als Aufdecker, gelten als Reformer in Sachen Betrugsbekämpfung.

Meine Damen und Herren! Ziel dieser heutigen Vorlage ist es – das hat mein Vorredner schon gesagt –, die Mitgliedstaaten zur Angleichung im Strafrecht zu verpflichten, damit insbesondere Straftaten zu Lasten der Gemeinschaft besser verfolgt werden können. Außerdem sollen durch das vorliegende Übereinkommen den negativen Auswirkungen der Korruption und der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr mit den Mitteln des Strafrechtes entgegengewirkt werden können.

Die SPÖ-Fraktion stimmt daher im Sinne einer positiven Weiterentwicklung der EU den beiden Vorlagen sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

15.34

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile es ihm.

15.34

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Herr Vorredner hat mich jetzt veranlaßt, nicht nur darzulegen, daß wir gegen diese beiden Materien auch keinen Einspruch erheben werden, sondern auch ein bisserl die historische Dimension Revue passieren zu lassen.

Daß es zur Vorlage Nummer 1, die sich mit den finanziellen Bereichen befaßt, gekommen ist, ist höchst an der Zeit, wie Sie richtig ausgeführt haben. Da geht es um 56 Milliarden Schilling. Aufdecker Bösch wurde hier erwähnt, aber Ihre burgenländische Kollegin – wie heißt sie nur? – muß offensichtlich mehr aufgedeckt haben, denn Kollege Bösch ist hinten gereiht, ist an sechster Stelle gereiht. (Bundesrat Payer: Das hat nichts damit zu tun!) – Ach, das hat nichts damit zu tun? (Bundesrat Payer: Mann, Frau, Mann, Frau! So ist das!) Ah, so ist das.

Zur klärenden und aufklärenden Wirkung Österreichs und Ihres Vorsitzenden Klima, Herr Kollege Payer, darf auch noch einiges gesagt werden. Meines Wissens und meiner Erinnerung nach hat Kollege und Europaparlamentsabgeordneter Herbert Bösch als Vorsitzender des Finanzausschusses – da hat er ein bisserl Glück gehabt, muß man sagen – all das schon vor einem guten Jahr, vor eineinhalb Jahren gesagt. Wenn ich jetzt zurückrechne, dann komme ich darauf, daß Österreich vor knapp einem Jahr den Vorsitz hatte. Funktioniert da die Verbindung nicht ganz? Hat das Herr Bundeskanzler Mag. Viktor Klima nicht gewußt? Was ist da los? Oder wollte er es zudecken? (Bundesrat Rauchenberger: Frei nach Kreisky: Lernen Sie die Institutionen kennen! – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.) Aha, na gut. Ich kenne mich nicht so aus. Ich muß euch fragen, wie ihr die Koalition hier handhabt. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deswegen, Herr Bundesminister, sind wir so heilfroh, daß diese Materie kommt. Ich habe mir hier auf meinem Zettel aufgeschrieben: Endlich! Gott sei Dank ist sie da! – Das nur als Einbegleitung.

Ich komme nun gleich zum Kern der Sache. In der Vorlage sind Bereiche enthalten, die den Betrug verhindern sollen. Unter anderem steht im Artikel 1 Abs. 1 lit. b: "Im Zusammenhang mit Einnahmen jede vorsätzliche Handlung oder Unterlassung ..." Und dann sind die Tatbestandsmerkmale aufgeführt, etwa daß rechtswidrig vermindert oder nicht entsprechend dargelegt wird und so weiter.

Hier fehlt mir ein Begriff nach der österreichischen Rechtsordnung. Da heißt es nur "vorsätzliche Handlungen oder Unterlassungen". Mir fehlt, so wie das bei uns im strafrechtlichen Bereich üblich ist, der Begriff "grob fahrlässig", und ich sage auch, warum ich das bemängle.

Wie wir wissen, verfügt das Gemeinschaftsrecht über eigene Rechtsquellen, das sind die Verordnungen. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine Richtlinie. Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überläßt jedoch dem Staat selbst die Wahl der Form und der Mittel, um das Ziel umzusetzen.

Dazu hat der Europäische Gerichtshof unter anderem folgendes festgestellt: Im Laufe der Jahre hat der Europäische Gerichtshof jedoch für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Umsetzung von Richtlinien, die so präzise sind, daß sie den einzelnen begünstigen, dem Staat gegenüber das Instrument der vertikalen unmittelbaren Wirksamkeit von Richtlinien geschaffen. Daraus folgt, daß eine nicht im Rahmen der Umsetzungsfrist umgesetzte und nur unzulänglich im innerstaatlichen Recht eingefügte Richtlinie – das Wort "unzulänglich" habe ich mit den fehlenden Worten "grob fahrlässig" hier begründet –, deren einschlägige Bestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, dem Staat entgegengehalten werden kann. Lediglich im Bereich der Bürger untereinander entfaltet die Richtlinie noch keine horizontale Drittwirkung.

Das ist also in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes in bezug auf Richtlinien festgehalten. – Das zum materiellen Bereich.


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Inhaltlich darf ich sagen – das unterstützt auch die freiheitlichen Aussagen immer wieder –, daß es seinerzeit natürlich zu einer gravierenden Gesamtänderung der Verfassung gekommen ist. Ich habe die Rechtsquellen erwähnt, die auf das innerstaatliche Recht einwirken. Daher wären wir verpflichtet – ich sage das auch –, dem Bürger darzutun, daß sich unsere Verfassung nicht schleichend ändert, sondern de facto beinahe schon durch das europäische Recht aufgesaugt wird. – Das grundsätzlich zu den in Beratung stehenden Bereichen.

Herr Bundesminister! Ich habe bereits ausgeführt, daß diese Vorlage Gott sei Dank noch gekommen ist, wenngleich sie für uns ein bißchen zu spät gekommen ist.

Bei der zweiten Vorlage halte ich entgegen, daß darin von physischen Personen die Rede ist. Warum hat man nicht daran gedacht, auch hier juridische Personen einzubauen? Ich habe es nicht gefunden. (Bundesminister Dr. Michalek: Das ist drinnen!) – Es ist enthalten? – Gut. (Bundesminister Dr. Michalek: Es ist drinnen! Nur eben mit dem Vorbehalt!) Der Vorbehalt ist eben das Problem. Insgesamt sollten wir doch Nägel mit Köpfen machen.

Bitte nehmen Sie meine Anmerkung jetzt nicht als Kritik, sondern wirklich als Anmerkung, was man bei solchen Vorlagen in Zukunft beachten sollte. – Wir werden diesen beiden Vorlagen die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.41

Präsident Gottfried Jaud: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 7 Abs. 2; Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 6 Abs. 2; Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Ferner bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr samt Anhang.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Ferner bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

17. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich (1571 und 1676/NR sowie 5917/BR der Beilagen)


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Präsident Gottfried Jaud:
Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung: Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption samt Erklärung der Republik Österreich.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Übereinkommen trägt dem Umstand Rechnung, daß das Interesse an internationalen Adoptionen in den letzten Jahren im besonderen Maße gestiegen ist. Da die Gefahr besteht, daß das Instrumentarium der internationalen Adoption zu Zwecken des Kinderhandels mißbraucht wird, ist es das erklärte Ziel dieses Staatsvertrages, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption zu verbessern und zu gewährleisten, daß internationale Adoptionen nur zum Wohl des Kindes und unter Wahrung seiner Grundrechte stattfinden. Durch dieses Übereinkommen soll darüber hinaus auch sichergestellt werden, daß das Instrumentarium der Adoption weder für Zwecke des Kinderhandels noch der Entführung mißbraucht wird. Die gegenseitige Anerkennung von Adoptionsentscheidungen muß gewährleistet sein.

Zu den Vertragsstaaten gehören auch außereuropäische Staaten wie zum Beispiel Australien, Kanada, Mexiko und Neuseeland, und der Beitritt steht auch Staaten offen, die nicht Mitglieder der Haager Konferenz für internationales Privatrecht sind.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Gottfried Jaud: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer. Ich erteile ihr dieses.

15.46

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kinder sollen "zur vollen und harmonischen Entfaltung ihrer Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen". – Dieser erste Gedanke in der Präambel des Übereinkommens stellt, so glaube ich, die alles umfassende Grundlage für diese vorliegende internationale Vereinbarung dar, und er ist auch der Grundgedanke, an dem keiner vorbeigehen kann, der im politischen Geschehen Verantwortung für Menschen trägt.

Ich denke, diese Verantwortung ist uns allen gemeinsam, und es ist sicherlich auch die Bedeutung dieses Anliegens, die im Nationalrat zu einem einstimmigen Beschluß und auch im Bundesratsausschuß zu einer einhelligen Empfehlung aller Fraktionen geführt hat.

Alle weiteren in der Präambel angeführten Überlegungen resultieren aus diesem ersten Satz, etwa wenn es unter anderem darum geht, daß vorrangig Maßnahmen zu treffen sind, die es einem Kind ermöglichen, in der Herkunftsfamilie zu bleiben – also die leibliche Familie des Kindes steht vorerst im Vordergrund –, daß aber dann, wenn das nicht möglich ist, dem Kind durch Adoption eine dauerhafte Familie gegeben werden soll und daß Maßnahmen zu setzen sind, durch die bei internationaler Adoption Mißbrauch möglichst ausgeschaltet wird – Mißbrauch, der bis zum Handel mit Kindern, zum Verkauf von Kindern und zur Kindesentführung geht.

Immer geht es also um Bedingungen, die das Wohl des Kindes, sein Glück, sein Geborgensein in einer Familie bestmöglich absichern, und es fällt doch auf, wie die Bedeutung der Familie für die Entwicklung und für das Wohl des Kindes immer wieder in den Vordergrund gestellt und immer wieder betont wird.

Ein diesbezügliches internationales Abkommen gibt es seit vielen Jahren. Weltweit haben sich auch viele außereuropäische Länder angeschlossen, etliche – so war es der Unterlage zu entnehmen – sind erst im vergangenen Jahr beigetreten. Österreich tritt nun bei und verpflichtet sich dadurch dem Anliegen dieses Übereinkommens, und zwar nicht nur moralisch, sondern auch auf gesetzlicher Basis.

Wie war das bisher?, muß man sich fragen. – Bisher sind in Österreich Adoptionsvermittlungen von Kindern aus dem Ausland meist auf privater Ebene erfolgt, also durch Privatpersonen, durch Glaubensgemeinschaften, zum Teil durch Vereine, und teilweise sind dabei, wie man immer wieder in den Medien, im Fernsehen gehört hat, die Vorschriften des jeweiligen Herkunftslandes grob verletzt oder umgangen worden.

Wir wissen auch, daß die Unfruchtbarkeit von Elternpaaren im Zunehmen ist, daß dadurch die Zahl adoptionswilliger Eltern steigt, und wir wissen, daß gleichzeitig nicht geplante und nicht gewünschte Kinder aus verschiedensten Gründen nicht mehr in jedem Fall zur Welt gebracht werden, sodaß Adoptionswünsche immer häufiger nur mehr im Ausland erfüllt werden können – in den letzten Jahren war das meist Rumänien –, und damit haben auch die Probleme bei internationalen Adoptionen und auch der Mißbrauch zugenommen.

Dies hat nun zur Erkenntnis geführt – und beileibe nicht zu bald, muß ich sagen –, daß zum Schutz der Kinder, aber sicherlich auch zum Schutz der Adoptiveltern, zum Schutz der leiblichen Eltern – denn auch da kann unermeßliches Leid zugefügt werden –, also zum Schutz aller Beteiligten, gesetzliche Vereinbarungen notwendig sind, deren Einhaltung eben länderübergreifend kontrolliert werden muß.


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Es ist dies ein Anliegen der Mitmenschlichkeit, der Menschenwürde, dem wir uns – wenn ich jetzt "wir" sage, meine ich nicht nur meine Fraktion, sondern ich nehme an, daß ich damit Sie alle einschließen kann – sicherlich nicht verschließen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.51

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

15.51

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vorausschicken, daß das, was von Kollegin Pühringer in ihren Ausführungen zum Ausdruck gebracht wurde, auch von uns vollinhaltlich mitgetragen wird und sich mit unseren Grundsätzen deckt.

Die bestehende österreichische Rechtslage entspricht selbstverständlich dem Ziel des vorliegenden Übereinkommens, wonach Adoptionen nur zum Wohl des Kindes und unter Wahrung seiner Grundrechte stattfinden sollten. Darüber hinaus soll es die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption verbessern und gewährleisten.

Durch dieses Übereinkommen soll auch sichergestellt werden, daß das Instrumentarium der Adoption weder für Zwecke des Kindeshandels noch der Entführung mißbraucht wird.

Das Übereinkommen kann neben dem von Österreich bereits ratifizierten Haager Übereinkommen über die behördliche Zuständigkeit, das anzuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindes Statt vom 15. November 1965 sowie dem Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung angewandt werden.

Zu internationaler Adoption im Sinne dieses Übereinkommens und damit zur Anwendung von dessen Bestimmungen verpflichten sich die beitretenden Vertragsstaaten, wenn das Wahlkind und dessen künftige Adoptiveltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Es ist ungeachtet dessen anzuwenden, ob die Adoption im Heimat- oder im Aufnahmestaat stattfindet.

In den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen grundsätzlich nur Adoptionen von Kin-dern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Wurde jedoch die Zustimmung zur Fortsetzung des Adoptionsverfahrens noch vor diesem Höchstalter erteilt, so ist die Adoption auch nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres auszusprechen und eine solche Adoption anzuerkennen.

Mit dem in Artikel 4 lit. b verankerten Subsidiaritätsgrundsatz soll sichergestellt werden, daß eine Adoption in das Ausland nur dann stattfindet, wenn im Heimatstaat selbst für das zu adoptierende Kind keine Möglichkeit der Unterbringung besteht. Das Wohl des Kindes kann es jedoch verlangen, daß einer internationalen Adoption zugestimmt wird, obwohl im Heimatstaat eine Pflege- oder Adoptivfamilie zur Verfügung steht. Dies ist aber nach besonderen Umständen des Einzelfalls zu prüfen.

Besonders wesentlich scheint mir in diesem Zusammenhang auch zu sein, auf die in Artikel 4 lit. c Z 1 enthaltene Schutzvorschrift zu verweisen, die gewährleisten soll, daß das Adoptionsverfahren nach fachlichen – wie zum Beispiel pädagogischen, psychologischen und sozialen – Geschichtspunkten unter Einbeziehung aller Personen, Institutionen und Behörden, deren Zustimmung zur Adoption notwendig ist, vorbereitet wird. Besonders die leiblichen Eltern sind über die Wirkungen der Adoption aufzuklären, und die bestehende österreichische Rechtslage erfüllt selbstverständlich bereits diese Erfordernisse des Übereinkommens.

Artikel 5 regelt die Pflichten, die die zuständigen Behörden des Aufnahmestaates haben, wobei sich diese ebenfalls wieder nach nationalem Recht richten.


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In Artikel 6 schließlich findet sich eine sehr praxisorientierte Regelung hinsichtlich der Zuständigkeit. Die örtlich zuständigen Landesregierungen als Träger der Jugendwohlfahrt werden dabei als Österreichs zentrale Behörden mit der räumlichen Zuständigkeit für das jeweilige Bundesland bestimmt. Damit wird nicht nur eine den Landesjugendwohlfahrtsgesetzen entsprechende Situation geschaffen, sondern gleichzeitig deren Sachkompetenz in Angelegenheit der Adoption genutzt, sodaß ein einwandfreies Funktionieren des Übereinkommens sichergestellt werden kann.

Zusammenfassend darf ich daher feststellen, daß sich dieses Übereinkommen auf die Grundlage der in unserem Land bestehenden Praxis stützt und dabei die Einbeziehung bereits mit der Sach- und Rechtslage betrauter beziehungsweise vertrauter Behörden und Einrichtungen erfolgen wird.

Das Wohl der Kinder scheint daher mit dem Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption garantiert zu sein. Aus diesem Grund wird meine Fraktion dem Abschluß des diesbezüglichen Staatsvertrages samt Erklärung die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.55

Präsident Gottfried Jaud: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung, damit wir dann pünktlich um 16 Uhr die Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen aufnehmen können.

Die Sitzung ist bis 16 Uhr unterbrochen .

(Die Sitzung wird um 15.56 Uhr unterbrochen und um 16.04 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Gottfried Jaud: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Paul Tremmel, Dr. André d'Aron, Engelbert Weilharter, Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend rot-schwarzer Postenschacher (1600/J-BR/99)

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen an den Herrn Bundeskanzler.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Bösch als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.04

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenige Monate vor der europäischen Parlamentswahl hat der Bericht des Weisenrates über die EU-Skandalchronik eine politische Bombe platzen lassen. Nach dem geschlossenen Rücktritt der Kommission wurde offenbar, wie tief die Regierungsparteien in den Skandalsumpf verwickelt sind. Günstlings- und Freunderlwirtschaft, Postenschacher, Betrug, Proporz und Packelei – das ist das Bild, das die EU nach dem Rücktritt dieser Kommission bietet. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Da wird es auch nichts nützen, so zu tun, als hätten Sie den Skandal auf- und nicht jahrelang zugedeckt.

Zur Erinnerung: Der von den freiheitlichen Abgeordneten unterstützte Mißtrauensantrag gegen die Kommission wurde von ÖVP und SPÖ im EU-Parlament mehrheitlich abgelehnt. Es ist gerade für die SPÖ bezeichnend, daß ausgerechnet jener sozialdemokratische Abgeordnete, der entgegen der Parteilinie die Skandale aufgedeckt hat, bei der Aufstellung der Kandidatenliste zur


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neuen EU-Wahl mit Mühe und Not mit einem Kampfmandat bedacht wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Das ist der Postenschacher!) – Daß der sechste Platz auf Ihrer Liste ein Kampfmandat werden wird, dafür werden wir schon sorgen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bericht des Weisenrates ist auch deshalb eine Sensation, weil er als parteipolitisch unabhängiges Organ das System der EU grundlegend aufgedeckt hat. Er hat die Tatsache bekanntgemacht, daß die Kommission die Kontrolle über ihre Verwaltung längst verloren hat. Wenn wir Freiheitlichen diesen Kontrollverlust und den damit entstandenen Milliardenschaden für die Bürger Europas in den vergangenen Jahren angeprangert haben, meine Damen und Herren der Koalitionsparteien, dann haben Sie dies regelmäßig nur lächerlich gemacht. Es wird jetzt aber nicht mehr genügen, nur einige Personen auszuwechseln, sondern es wird darum gehen müssen, die Struktur dieser EU-grundlegend zu verändern, nämlich hin zu mehr Mitspracherecht der Bürger. Wie sich das allerdings die Regierungsparteien vorstellen, meine Damen und Herren, das sieht man neben vielen anderen Bereichen an der Postenvergabe auf nationaler und europäischer Ebene.

Der zurückgetretene österreichische EU-Kommissar Fischler offenbarte in der ORF-"Pressestunde" ungeniert und völlig selbstverständlich, daß der SPÖ-Bundeskanzler mit ihm einen Deal ausgepackelt habe. (Bundesrat Eisl: Unglaublich!) Er könne nur dann wieder Kommissar werden, wenn die SPÖ den Posten des Botschafters in Brüssel erhalte, der jetzt von einem ÖVPler besetzt wird. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist eine Zumutung!)

Meine Damen und Herren! Da offenbart sich einmal mehr eine Geisteshaltung, für die Sie sich schämen sollten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht der beste Mann soll nach Brüssel, um dort Österreich zu vertreten, sondern der richtige Parteibuchträger. Meine Damen und Herren! Mit dieser Kritik stehen wir nicht alleine da. Wir haben dabei eine ganz berühmte Unterstützung. Unter anderem hat vor kurzem der Altvizekanzler und Bundesparteiobmann der ÖVP Erhard Busek in einem Interview in einer Tageszeitung davon gesprochen, daß diese blöde österreichische Postenschacherei auf europäischer Ebene für uns wirklich eine Blamage sei. – Eine Meinung, die der Herr Vizekanzler sicherlich nicht alleine hat, und eine Meinung, die er sich während jahrelanger Praxis in der Regierung gebildet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Vor einem Jahr haben wir Freiheitlichen auch an Sie, Herr Staatssekretär, als Vertreter des Herrn Bundeskanzlers hier im Bundesrat, also auf nationaler Ebene, eine dringliche Anfrage zu diesem Thema eingebracht. Durch den damals zuvor stattgefundenen tragischen Tod des Kontrollbank-Vorstanddirektors Gerhard Praschak ist offengelegt worden, mit welcher menschenverachtenden Rücksichtslosigkeit die Koalitionsparteien nach wie vor Proporz und Postenschacher betreiben. Aufgeschreckt durch den Nachlaß des Gerhard Praschak, der eine der übelsten Regierungsmachenschaften zugunsten des damals von Ihnen abgehalfterten Ministers Rudolf Scholten beleuchtete, versuchte der Bundeskanzler, mit einem sogenannten Maßnahmenpaket die Flucht nach vorne anzutreten. Sie hatten sogar die Stirn, ein diesbezügliches Gesetz zu beschließen.

Meine Damen und Herren! Seit diesem Zeitpunkt wurde geradezu als Verhöhnung dessen auf allen Ebenen und jetzt zur Krönung dieser ganzen Vorgangsweise auch noch auf europäischer Ebene sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in öffentlichen Unternehmungen weiterhin nach parteipolitischen Präferenzen besetzt. Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben dies immer bekämpft. Der Klärung der Frage, ob Sie es mit den von Ihnen beschlossenen Gesetzen auf nationaler Ebene und Ihren öffentlichen Bekundungen auf europäischer Ebene ernst meinen, dient diese heutige dringliche Anfrage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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16.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich Herr Staatssekretär Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.11

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf in Beantwortung der Fragen 1 bis 13 wie folgt Stellung nehmen:

Lassen Sie mich vorerst einleitend die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der anstehenden Bestellung einer neuen Europäischen Kommission skizzieren. Der Rücktritt der gesamten Kommission am 15. März dieses Jahres als Reaktion auf den vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Weisenbericht wurde als dieser Situation angemessener Schritt allgemein begrüßt. Dieser Schritt bietet Gelegenheit zu einer umfassenden inhaltlichen, organisatorischen und nicht zuletzt personellen Erneuerung der Kommission. Die Europäische Union hat auch in dieser Phase ihre Handlungsfähigkeit bewiesen. Bereits am 24. März dieses Jahres haben die Staats- und Regierungschefs im Rahmen eines außerordentlichen Europäischen Rates Romano Prodi zum neuen Präsidenten der Europäischen Kommission designiert. Dieser bietet aufgrund seiner politischen und persönlichen Statur sowie seines bisherigen Berufsweges jede Garantie dafür, daß die angestrebte umfassende Reform der Europäischen Kommission tatsächlich rasch und vollständig erfolgen wird.

Wie Sie wissen, wird der Vertrag von Amsterdam am 1. Mai dieses Jahres in Kraft treten. (Bundesrat Konecny: Setzt doch das nicht voraus!) Dieser wird nicht zuletzt die demokratische Legitimation und damit auch die Autorität des Präsidenten der Europäischen Kommission erhöhen. So bedarf die Benennung des Präsidenten der Europäischen Kommission nunmehr der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sind im Rahmen ihres gestrigen informellen Zusammentreffens einvernehmlich darüber übereingekommen, daß die Benennung von Romano Prodi zum Präsidenten – unter Einhaltung dieses Verfahrens – so rasch als möglich erfolgen soll. Im Anschluß daran sieht der Vertrag von Amsterdam vor, daß die Regierungen der Mitgliedstaaten die übrigen Persönlichkeiten, die sie zu Mitgliedern der Kommission zu ernennen beabsichtigen, im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten benennen.

Romano Prodi hat beim gestrigen Zusammentreffen mit den Staats- und Regierungschefs klargemacht, daß er bei der Wahrnehmung seiner diesbezüglichen Rechte darauf dringen wird, daß die bestgeeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zum Wohle der Union Berücksichtigung finden werden. Schließlich werden sich der Präsident und die übrigen Mitglieder der Kommission, die auf diese Weise benannt worden sind, als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments zu stellen haben. Auch da besteht Einvernehmen darüber, daß dieses Bestellungsverfahren so rasch als möglich vonstatten gehen soll.

Wichtig ist mir aber in diesem Zusammenhang auch, daß für die Ernennung eines österreichischen Mitgliedes der Europäischen Kommission die österreichische Bundesverfassung ein besonderes, insbesondere auch das Parlament maßgeblich beteiligendes Verfahren vorsieht. Artikel 23c B-VG sieht vor, daß die Mitwirkung an dieser Ernennung der Bundesregierung obliegt, die dabei das Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates herzustellen hat. Die Bundesregierung hat dabei den Hauptausschuß des Nationalrates und den Bundespräsidenten gleichzeitig davon zu unterrichten, welche Person sie zu ernennen beabsichtigt.

Ich rufe in diesem Zusammenhang auch in Erinnerung, daß der Verfassungsausschuß des Nationalrates bei der Beratung der diesbezüglichen Regierungsvorlage seinerzeit festgestellt hat, daß in der Praxis schon vor der formellen Befassung des Hauptausschusses Konsultationen mit den im Hauptausschuß vertretenen Parteien geführt werden. Schließlich ist aufgrund der Bundesverfassung auch der Bundesrat von dem nach diesem Verfahren namhaft gemachten Mitglied der Kommission zu unterrichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen also, daß die österreichische Bundesverfassung ein Verfahren für die Bestellung des österreichischen Kommissionsmitgliedes vorsieht, das eine Nominierung in transparenter Art und Weise, auf breiter politischer Basis und unter maßgeblicher Einbeziehung des Parlaments sicherstellt. Wie ich bereits berichtet habe, kommt im neuen Ernennungsverfahren aufgrund des Vertrages von Amsterdam erstmals dem


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designierten Präsidenten der Europäischen Kommission ein maßgebliches Mitspracherecht zu. Diese Verfahrensvorschriften gewähren meiner Ansicht nach die größtmögliche Sachlichkeit und Transparenz bei der Bestellung der gesamten Europäischen Kommission und insbesondere des österreichischen Mitgliedes.

Sie können davon ausgehen, daß das aufgrund dieses Verfahrens schließlich benannte österreichische Mitglied die beste Lösung für Österreich, aber auch für Europa sein wird. Wir befinden uns zurzeit im Anfangsstadium dieses Ernennungsverfahrens, bei dem wir alle gemeinschaftsrechtlichen, aber insbesondere auch die innerstaatlich vorgesehenen Schritte selbstverständlich vollinhaltlich einhalten werden. Es ist klar, daß wir in diesem Verfahren Schritt für Schritt vorgehen müssen und daß daher auch innerhalb der Bundesregierung Vorgespräche, die der Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung dienen, zu führen sind.

Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, daß die in Ihrer Anfrage auch enthaltenen Behauptungen über die parteipolitischen Äußerungen anderer Regierungsmitglieder und sonstiger Politiker mit den Geschäften der Bundesregierung sowie mit dem Vollzugsbereich des Bundeskanzlers nicht in Beziehung stehen.

Zu den Fragen 14 bis 16:

Nach Artikel 52 B-VG und § 90 erster Satz Geschäftsordnungsgesetz 1975 ist der Nationalrat unter anderem befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. § 90 zweiter Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 präzisiert die darin angesprochenen Gegenstände der Vollziehung in gleicher Weise wie § 2 Abs. 3 des Bundesministeriengesetzes 1986. Demgemäß unterliegen dem Fragerecht Regierungsakte sowie Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten. Damit sind jedoch nur solche Gegenstände angesprochen, hinsichtlich derer eine Zuständigkeit der Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder besteht, und nur Handlungen und Unterlassungen der Regierungsmitglieder selbst oder jener Organe, gegenüber denen ein Bundesminister ein Weisungsrecht oder zumindest ein Aufsichtsrecht hat.

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, daß sich die Fragen 14 bis 16 daher nur auf den Vollziehungsbereich des Bundeskanzlers beziehen können. Es ist daher lediglich zu prüfen, in welchen Fällen im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes das Stellenbesetzungsgesetz bisher zur Anwendung gekommen ist. Der Geltungsbereich des Stellenbesetzungsgesetzes des Bundesgesetzblattes Nr. 26/1998 bezieht sich auf die Bestellung von Mitgliedern des Leitungsorgans von Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen.

Für den Bereich des Bundeskanzleramtes sind das folgende: Bundestheatergesellschaften: Die öffentlichen Ausschreibungen des Geschäftsführers der Bundestheater-Holding und der Theaterservice GmbH sowie der Stellen der kaufmännischen Geschäftsführer der Burgtheater GmbH, der Wiener Staatsoper GmbH und der Volksoper Wien GmbH erfolgten am 17. Jänner 1998 im Amtsblatt zur "Wiener Zeitung" und in weiteren österreichischen und internationalen Zeitungen. Das Stellenbesetzungsgesetz trat mit 1. März 1998 in Kraft, weshalb es auf die genannten Ausschreibungen noch keine Anwendung zu finden gehabt hätte. Die Ausschreibung erfolgte aber bereits zum damaligen Zeitpunkt nach den nunmehr im Stellenbesetzungsgesetz enthaltenen Grundsätzen. Alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Besetzung der Leitungsfunktionen im Bereich der Bundestheater ab 1. 3. 1998 gesetzt wurden, entsprachen selbstverständlich dem Stellenbesetzungsgesetz.

Bei der Bundessporteinrichtungen GmbH, die als zweite in Frage kommt, erfolgte die Ausschreibung der Stelle des Geschäftsführers am 8. 9. 1998 nach den Grundsätzen des Stellenbesetzungsgesetzes. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.


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Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

16.21

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Schade, Herr Staatssekretär, daß Sie vormittags nicht anwesend waren, weil wir genau das, was Sie hier unter Hinweis auf Artikel 23c Bundes-Verfassungsgesetz ausführten, was die Pflicht der Bundesregierung sei, gefordert haben. Leider hat sich die Wohlmeinung, die Sie namens der Regierung hier vertreten, bis zu Ihren Koalitionsparteien noch nicht ganz durchgesprochen. Aber wir werden Ihnen, ich werde Ihnen die Möglichkeit geben, daß Sie, meine Damen und Herren, diesen Fehler reparieren können. Ich werde nämlich dann einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen, wobei ich auch auf Ihre diesbezüglichen Ausführungen, Herr Staatssekretär, Bezug nehmen werde.

Ganz so, wie Sie es gesagt haben, daß überhaupt kein Zusammenhang zwischen den Gesprächen Fischler einerseits und Klima andererseits bestehe, ist es nicht, oder die österreichische Presse ist total desinformiert, schlecht informiert oder überhaupt nicht informiert. Die "Wirtschaftswoche", die uns nicht unbedingt nahe steht, schreibt ... (Bundesrat Konecny: Und vor allem seit einiger Zeit nicht mehr erscheint!) – Das macht nichts, aber sie hat einige wichtige Dinge geschrieben. (Bundesrat Konecny: Dazu kann sie wohl nichts mehr gesagt haben!) – Vor einiger Zeit ist sie noch erschienen, und sie hat genau, Herr Kollege, den Punkt erfaßt: Sind Generaldirektoren, sind Funktionäre, sind Richter, sind in österreichischen Banken, sind in Industrieunternehmen diese in festem Griff? Sind das Personen, die ihre Karriere der Parteikarriere verdanken? (Bundesrat Konecny: Damals hat sie das schon gewußt! Bravo!)

Herr Kollege Konecny! Jetzt zitiere ich aus Zeitungen, die noch erscheinen. Ich weiß nicht, ob die “Salzburger Nachrichten” so desinformiert sind, wenn sie schreiben: Klassischer Proporz für Brüssel! – Oder die "Kleine Zeitung" schreibt etwa: Fischler habe von Klima die Zusicherung bis zum Jahr 2005. – Diese Zeitung erscheint auch noch, Herr Kollege! (Bundesrat Konecny: Wenn sie einen Blödsinn schreiben, dann vielleicht nicht mehr lange!) – Warten Sie ein bisserl!

Oder etwa die “Presse”, die Sie immer recht begeistert lesen, schreibt: Kuhhandel – in Brüssel gemeint – empört die Opposition. – Sie müssen es machen, meine Damen und Herren und sehr geehrter Herr Kollege Konecny, um den Fluß, die Kontinuität aufzuzeigen. Das beginnt in der Steiermark mit Frau Hochkofler oder mit der ehemaligen Ministerin Konrad. Ich darf Ihnen aus einer Liste zitieren, die zeigt, was in Österreich passiert ist. Michael Auracher: Karriereweg: Sekretär bei Finanzminister Androsch, Funktion: Vorstand Austria Center Vienna (Bundesrat Konecny: Macht er es schlecht?); Herbert Cordt: Karriereweg: Sekretär bei Finanzminister Androsch, Funktion: Vorstandsmitglied Länderbank, Finanzberater; Max Kothbauer: Karriereweg: Sekretär von Bundeskanzler Vranitzky, Funktion: Vize-Generaldirektor CA (Bundesrat Payer: Und die Qualität! – Bundesrat Meier: Bestens qualifiziert!); Johannes Kunz: Karriereweg: Sekretär bei Bundeskanzler Kreisky, Funktion: ORF-Informationsindentant, Kulturmanager und und und. (Bundesrat Konecny: Wir können nichts dafür, daß aus Ihnen nichts wird!)

Völlig verquer muß der Wähler eigentlich erkennen, daß die Qualitäten und die Qualifikationen, die Sie vorgeben, immer gegeben sind. Aber eines ist nicht passiert (Bundesrat Payer: Ein Roter hat keine Qualifikation nach Ihren Ausführungen! Nur Sie!), nämlich daß man die Chance gegeben hätte, die selbstverständlich in jedem kleinen Bereich besteht, indem man ausschreibt, damit man anderen die Möglichkeit der Bewerbung gibt. Das hat man in diesem Fall nicht gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )

So machen Sie es überall. In Salzburg wird ein Computerdefekt hergenommen oder waren es sogar Viren. Da ist auf einmal eine Liste (Bundesrat Konecny: Der Virus war aber von der FPÖ!) – hören Sie jetzt einmal ein bisserl zu – aufgeschienen, die den proporzmäßigen Fehlbestand aufgliedert. (Bundesrat Prähauser: Ist schon verurteilt worden! – Bundesrat Konecny: Daß Sie Ihre Salzburger Partei als Viren bezeichnen, das sage ich ihnen!) Sie machen Partei


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politik auf Computern des Landes, das ist unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Sie sind unglaublich! Das ist wahr!)

Ich weiß nicht, ob sich der Bürger darüber amüsiert. (Bundesrat Meier: Das war ein gutes Beispiel!) Aber eines sage ich Ihnen: Das hat bei Ihnen System. Fein, höflich und professionell hat es der seinerzeitige Professor Schambeck ausgedrückt, als er hier gesagt hat ... (Bundesrat Konecny: Der Virus hat einen Namen! – Bundesrat Payer: Wer im Glashaus sitzt! – Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) – Mich amüsiert es, wie Sie über Kleinigkeiten lachen können. Wenn Sie über Ihre Fehler so nachdenklich wären, wie Sie hier in sich hineinlachen, dann würde mich das freuen. Ich sage, das hat System. Wir haben oftmals darauf hingewiesen, beispielsweise bei der Bestellung eines Intendanten im Bereich des ORF. Kein einziger Abgeordneter wirkt da mit. Auch beim Konsultationsmechanismus wirkt kein einziger Parlamentarier – Land, Bund, Nationalrat – mit.

Beim Finanzausgleich – eine erhebliche Summe, bei der wir als Föderalisten tätig sein sollten – wirkt kein einziger Parlamentarier mit. Das muß Sie doch nachdenklich machen.

Ich unterstelle Ihnen nicht, daß Sie das immer bewußt tun, aber das ist langsam, schleichend. Daher finden Sie es als selbstverständlich, daß in Brüssel folgendes abgehandelt wird: da ein schwarzer Kommissär, dort ein roter Botschafter. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es mögen beide qualifiziert sein, aber ich frage mich, meine Damen und Herren ... (Bundesrat Dr. Linzer: Das sind die Besten!) – Wenn sie die Besten sind, Kollege Linzer, dann können sie sich durchaus der Konkurrenz stellen. Warum tun Sie das nicht? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Linzer: Haben Sie einen Konkurrenten? – Nein!)

Warum wollen Sie die Verfassung torpedieren? Warum wollen Sie, wie der Herr Staatssekretär richtigerweise gesagt hat, Artikel 23c B-VG außer Kraft setzen? – Vorher wollen Sie das vereinbaren. Das ist unglaublich. Das ist wirklich unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, aber auch deshalb, weil wir, wie wir das am Vormittag bereits dargelegt haben, der Meinung sind, daß die Bestellung der österreichischen Vertreter nicht nach sachlichen Kriterien, sondern, wie wir glauben, nach parteipolitischen Kriterien erfolgt – Herr Staatssekretär Wittmann hat das hier eben ausgeführt –, aufgrund der Vermutung, die ich vorhin ausgesprochen habe, aufgrund der negativen Erfahrungen, die wir bereits bei solchen Vorbestellungen – lachen Sie nicht, Sie sind über den Tisch gezogen worden; ich erwähne nur Marizzi! – gemacht haben, und aufgrund der alternativen Bekanntgabe von Kandidaten in letzter Minute und und und stellen wir folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Paul Tremmel, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Abhaltung einer Anhörung durch das Parlament für österreichische Vertreter in der EU

Der Bundesrat wolle beschließen – wie es der Herr Staatssekretär in seiner Beantwortung hier dargetan hat –:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Kandidaten für Organe der Europäischen Union im Sinne des Artikels 23c B-VG (Mitglieder der Kommission, des Gerichtshofes, des Gerichtes erster Instanz, des Rechnungshofes und des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank) so rechtzeitig bekanntzugeben, daß

erstens die zuständigen Organe des Parlaments diese noch zu einer Anhörung einladen können und

zweitens der Bundespräsident sich ebenfalls über deren Qualifikation ein Bild verschaffen kann."

*****


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Überlegen Sie es sich, meine Damen und Herren! Ich bitte Sie: Treten Sie diesem Entschließungsantrag bei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einen Entschließungsantrag bekommen, der die formalen Erfordernisse erfüllt. Er ist ausreichend unterstützt. Ich gebe aber zu bedenken, ob es unsere Sache ist, darüber zu entscheiden, ob die zuständigen Organe des Parlaments diese zu einer Anhörung einladen können et cetera. Das Parlament – das haben wir vom heute zitierten Professor Schambeck einige Male gehört – ist ein Haus; besteht aus Nationalrat und Bundesrat. Wenn man die Begründung liest, dann stellt man fest, gemeint ist als damit auch betrautem Organ der Hauptausschuß des Nationalrates. Ich möchte Ihnen all das nur zu bedenken geben, meine aber trotzdem – damit die freiheitliche Fraktion nicht meint, ich behandle sie schlecht –, daß wir diesen Antrag zulassen. Die Formalerfordernisse erfüllt er, aber meines Erachtens nicht mehr als nur die Formalerfordernisse. (Bundesrat Dr. Bösch: Zur Geschäftsordnung!)

Bitte, Herr Bundesrat.

16.32

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg) (zur Geschäftsordnung): Frau Vizepräsidentin! Ich glaube, daß Sie am Präsidium keine inhaltlichen Bewertungen vornehmen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben am Präsidium die Pflicht, unparteiisch zu prüfen, ob die formalen Grundlagen für das Einbringen des Entschließungsantrages zutreffen oder nicht. Alles andere ist Sache der Debatte, ist vom Rednerpult aus zu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege! Ich habe gesagt, die Formalerfordernisse sind gegeben, es sind die entsprechenden Unterschriften darauf. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist genug!) Es ist allerdings die Frage, ob wir so etwas überhaupt behandeln sollen. Ich habe Ihnen eben die Hand gereicht und nicht gesagt, er erfülle nicht die Erfordernisse und werde nicht zugelassen. Daher steht er in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Kollege Konecny. – Bitte. (Bundesrat Konecny: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte, Herr Kollege.

16.33

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich beantrage eine sofortige Unterbrechung der Sitzung. Meines Erachtens ist dieser Antrag nicht verhandlungsfähig. Ich ersuche, in der Zwischenzeit die Präsidiale zu einer Sitzung einzuberufen.

16.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich unterbreche die Sitzung zur Durchführung einer Präsidiale. Ich bitte aber die Damen und Herren des Bundesrates, sich in der Nähe aufzuhalten – ich nehme nicht an, daß die Präsidiale sehr lange dauern wird –, damit wir gleich nach Beendigung der Präsidiale die Sitzung wiederaufnehmen können.

(Die Sitzung wird um 16.34 Uhr unterbrochen und um 16.50 Uhr wiederaufgenommen. Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf festhalten, daß der eingebrachte Antrag auch nach Beratung in der Präsidialkonferenz als Verhandlungsgegenstand gilt, so wie es die Frau Präsidentin festgehalten hat.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Konecny das Wort. – Bitte.

16.50

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich gebe zu, daß mich Herr Vizepräsident Weiss – wenn ich insoweit die Vertraulichkeit der Präsidialkonfe


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renz brechen darf – mit einem unwiderlegbaren Argument davon überzeugt hat, daß man über diesen Entschließungsantrag doch verhandeln soll. Er hat gemeint: Die Formulierung und die Sinnhaftigkeit sind das Risiko des Antragstellers.

Dieses Risiko geht die Freiheitliche Partei ein. Es ist bei der Formulierung dieses Entschließungsantrages ein verhältnismäßig hohes Risiko gegeben, aber man kann niemanden daran hindern, sich so lächerlich zu machen, wie er ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine dringliche Anfrage vorliegen, die in relativ unbewährter Art und Weise versucht, das übliche Rührei herzustellen, indem man Entwicklungen in Brüssel mit dem österreichischen Stellenbesetzungsgesetz, mit dem sogenannten "Kuhhandel", vermischt. Der sachliche Zusammenhang hält sich – wie auch bei diesem Entschließungsantrag – sehr in Grenzen. Aber man kann es ja immerhin einmal probieren.

Meine Damen und Herren! Um es klar zu sagen: In der Politik spielen keine Kühe mit, sondern Politiker. In der Politik fallen Entscheidungen, hinter denen natürlich auch – daran wird niemand zweifeln – das Bekenntnis einer Persönlichkeit zu einem bestimmten politischen Kurs steht. Es wäre mir unbekannt, daß der Job eines Landesrates in Niederösterreich, von dem man doch auch unterstellen muß, daß er ein beträchtliches Maß an Qualifikation erfordert, von Ihrer Partei öffentlich ausgeschrieben wurde – wobei ich die Frage, welche Chancen Herr Kollege Stadler bei einer öffentlichen Ausschreibung gehabt hätte, nicht im Detail untersuchen möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist aber ein schräger Vergleich!)

Diese politische Funktion ist, wie bei Ihnen üblich, "on short notice" vergeben worden. Ein Wochenmagazin ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist ein schräger Vergleich!)  – Ich bin ein schräger Vogel, Herr Kollege! Ich habe kein Problem damit. Diese politische ... (Zwischenruf des Bundesrates Eisl. ) Warum regen Sie sich so auf, Kollege Eisl? (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) Bitte, liebe Frau Kollegin! Sie reden mir die ganze Sitzung hindurch ins Ohr. Ich ertrage dies geduldig. Bitte seien Sie wenigstens ruhig, wenn ich am Rednerpult stehe! (Beifall bei der SPÖ.)

Über diese besagte politische Besetzung – wie gesagt, "on short notice" – hat ein Wochenmagazin heute getitelt: Dobermann, Platz!, aber diese Behauptung mache ich mir selbstverständlich nicht zu eigen. Diese Besetzung ist erfolgt, weil dieser Mann Ihrer Überzeugung nach oder nach Überzeugung Ihres Vorsitzenden für etwas steht. (Bundesrat Ing. Scheuch: Sie scheinen sich ja sehr zu fürchten vor unserem neuen Landesrat!)

Österreich ist durch Kommissar Fischler, der ein, wiewohl der anderen Partei angehöriger, ausgezeichneter Landwirtschaftsminister in diesem Lande war, in dieser Periode, soweit ich das beurteilen kann – ich bin ausdrücklich kein Agrarfachmann – gut repräsentiert worden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dieses Lob – wer immer sich dem anschließen will – sagt überhaupt nichts über die Besetzung des nächsten Kommissarpostens aus, denn das Kommissar-Recycling hat gewisse Grenzen. Fischler ist ein Agrarfachmann. Wenn es andere Anforderungen – diese werden jetzt im Dialog behandelt werden – für eine bestimmte Funktion in der Kommission geben sollte, dann ist nicht notwendigerweise gesagt, daß der hervorragende Agrarfachmann Fischler derjenige ist, der – ich sage jetzt irgend etwas – als Wettbewerbskommissar eine gute Figur machen muß. Ich weiß es nicht, und ich werde mich hüten, Namen in Umlauf zu bringen: Aber vielleicht gibt es in diesem Land jemanden, der für diese Funktion oder eine Balkan-außenpolitische Funktion – wie ich es in einer Zeitung gelesen habe – qualifizierter ist.

Wenn der künftige Kommissionspräsident Prodi sagt – was gescheit ist –: Das wird es sicher nicht mehr geben, daß wir die Außenpolitik auf fünf Kommissare verteilen!, und wenn in dieser Information ausdrücklich vorkommt, daß die Möglichkeit bestünde, einen themenübergreifenden Kommissar für die schwierige Balkan-Region zu ernennen, der außenpolitische, aber auch ökonomische Funktionen hätte – ich werde, wie gesagt, keine Namen in Umlauf bringen –, dann


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muß ich sagen, man wird doch noch einmal darüber nachdenken dürfen, ob es nicht jemand anderen gibt.

Wenn Sie meinen, das als "Kuhhandel" bezeichnen zu müssen, dann ist es die einzige Entschuldigung ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Die Zeitungen! Nicht wir, die Zeitungen!) Wenn die schon 1996 aufgehört haben, zu erscheinen, tun sie sich ein bißchen schwer, auf die aktuelle Situation einzugehen! (Bundesrat Dr. Tremmel: Das ist mir in der "Kleinen Zeitung" ...!)  – Wenn Sie meinen, das als "Kuhhandel" bezeichnen zu müssen, dann gibt es eine einzige maßvolle Entschuldigung dafür, nämlich die, daß immerhin vom Agrarkommissar die Rede und insofern ein sachlicher Konnex gegeben ist.

Wir werden diese Frage mit all jenem Verantwortungsbewußtsein prüfen, das notwendig ist. Sie können mir eines glauben: Jede der Besetzungen der von Ihnen angeschnittenen Funktionen in der EU ist nach diesem Kriterium erfolgt! Wir haben mit den Menschen, die unser Land in Brüssel vertreten, die besten Erfahrungen gemacht.

Brüssel und die Europäische Union sind natürlich ein Thema, das von Ihnen heute releviert wird, weil es im Vorfeld des Wahlkampfes für das Europäische Parlament recht lustig ist, hier – wenn auch in sehr unqualifizierter Weise – Postenschacher und Mißbrauch in der Kommission zusammenzurühren.

Ich habe mir überlegt, ob man Kollegen Bösch – aber das ist in Vorarlberg irgendwie hoffnungslos – durch einstweilige Verfügung zeitweilig den Gebrauch des eigenen Namens untersagen könnte. Denn wenn Sie noch 10 Minuten weitergeredet hätten, dann wären Sie jener Bösch gewesen, der all das aufgedeckt hat! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Bösch: Ich habe den Namen ja nicht allein ...!) Schauen Sie, genau darum geht es: Die FPÖ lärmt auf der Publikumsgalerie des Europaparlaments herum, und andere leisten tatsächliche Arbeit– unser Bösch, nicht Ihre Leute! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Dr. Tremmel: EU-Kosten: 52 Milliarden Schilling!)

Es ist zweifelsfrei so, daß die Aufdeckung dieser Vorgänge nicht nur dem einzelnen konkreten Bericht des Kollegen Bösch zu verdanken ist, sondern auch der Tatsache, daß sich dieser Mann schon jahrelang davor in die Materie eingearbeitet hat – diejenigen, die mit ihm im Europaparlament gesessen sind, wissen das –, sich auch jene Reputation und jene Kontakte aufgebaut hat, die es ihm möglich gemacht haben, einen solchen Bericht mit dem notwendigen Gewicht vorzulegen.

Ihre durch das Europäische Parlament abwechselnd durchschwirrenden Kurzzeitveranstaltungen sind überhaupt nicht in der Lage, dort irgend etwas zu bewirken. (Bundesrat Dr. Tremmel: Offensichtlich Sie aber auch nicht!) Wir werden das natürlich den Menschen sagen. Alle halben Jahre einen neuen Delegationsleiter, alle Vierteljahre einen neuen Abgeordneten, das mag ja ein netter Kuhhandel – nichts da –, Versorgungsposten für jemanden von Ihnen sein, den man sich warmhalten will, um ihn dann irgendwo in einem Bundesland zu deponieren. Das ist bei Ihnen offenbar notwendig.

Aber glauben Sie mir: Damit wird Österreich kein guter Dienst geleistet. Die Leute zischen dort durch – nicht einmal wie Sternschnuppen. Denn Sternschnuppen leuchten, und das tun diese Abgeordneten sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Bösch hat tatsächlich entscheidend dazu beigetragen, daß Dinge öffentlich geworden sind, über die man vorher gemunkelt hat, die man geahnt hat, die aber jetzt gründlich untersucht werden müssen. Ich halte gar nicht – das sage ich auch dazu, aber das ist eben gute sozialdemokratische Tradition – das Aufdecken für die entscheidende ... (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)  – Warum lachen Sie? (Bundesrat Dr. Tremmel  – auf Bundesrat Dr. Bösch deutend –: Weil Sie Kollegen Bösch erwähnt haben!)

Meinen Kollegen! – Ich bin geneigt, zur Vermeidung von Mißverständnissen ab sofort zwischen Kollegen und Genossen Bösch zu unterscheiden, damit diese Reklamation, weder von Leistung noch von Lob, unmöglich gemacht wird.


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Nochmals: Die tatsächliche Leistung des Europaabgeordneten Bösch liegt darin, daß er nicht nur Mißstände aufgedeckt hat, sondern daß er – weil er sie untersucht und strukturell untersucht hat, wieso sie passieren konnten – vor allem mit einem operationalen Vorschlag dafür, wie man das in Zukunft vermeiden kann, hervorgetreten ist. Das Aufdecken ist wichtig, weil es die politische Stimmung ... (Bundesrat Eisl: Und gefährlich! Da muß man dann weg!)

Nein, man muß nicht weg, Herr Kollege! Sie werden – nein, Sie nicht, denn Sie haben sich heute auch von uns verabschiedet, aber jene Ihrer Kandidaten, die nach Brüssel entsendet werden, werden dort das Mißvergnügen haben, sich von Kollegen Bösch in den Schatten stellen lassen zu müssen. (Bundesrat Dr. Bösch: Welchen Bösch haben Sie jetzt gemeint?)

Nochmals: Das Entscheidende an der Initiative von Herbert Bösch war, daß es ihm gelungen ist, durchzusetzen, daß es eine neue, unabhängige Kontrollinstitution geben wird, die von vornherein – so ist zu hoffen, und so ist es die Absicht – Mißbräuche im Bereich der Kommission aufdecken und sie dadurch, daß sie sie öffentlich macht, auch abstellen wird. Ich sage ganz offen dazu: Wir werden vielleicht noch die eine oder andere Überraschung erleben.

Es war klug, daß der Weisenrat bestellt worden ist, weil er eine unabhängige Institution ist und daher die Frage, wie man die Kommission beurteilt, nicht in einer politischen Abstimmung, sondern zunächst einmal in einer Untersuchung geklärt wurde. Dieser Weisenrat hat in seinem jetzt vorgelegten Bericht, auf den die Kommission mit dem kollektiven Rücktritt reagiert hat, nicht alle Kommissare, sondern ausschließlich die in der politischen Diskussion stehenden Vorwürfe gegen einzelne Kommissare untersucht.

Es wird darüber hinaus – dafür wurde der September genannt, aber man soll ein Gremium, das eine so große und schwierige Aufgabe zu bewältigen hat, nicht drängen – einen weiteren Bericht geben. Darin wird diese Kommission versuchen, sich aus eigenem – und nicht von Zeitungsmeldungen und Rednermitteilungen im Parlament ausgehend – ein breiteres Bild über die Arbeit der Kommissare beziehungsweise über die Arbeit ihrer Beamten zu machen und dabei auch die Ressorts derjenigen zu untersuchen, die in dieser Phase nicht in die öffentliche Diskussion geraten sind.

Es wird gut sein, wenn wir auch das sehr aufmerksam mitbedenken, weil es nicht nur Fälle über das hinaus, was jetzt bekannt geworden ist, geben kann, sondern auch Fälle, die strukturell anders liegen und auf die man vielleicht anders reagieren muß.

Glauben Sie mir – nein, Sie glauben es mir nicht, aber die anderen mögen es mir glauben (Bundesrat Eisl: Versuchen Sie es wenigstens!)  –, daß diese Regierung alles darangesetzt hat, nicht zuzudecken, sondern aufzudecken. Es war der Bundeskanzler, der – allerdings in einem Rahmen der Sozialdemokratie – gemeinsam mit Tony Blair massiv dafür eingetreten ist, daß die Rahmenbedingungen für eine schonungslose Aufdeckung von Mißbrauch in der Kommission und die Instrumente geschaffen werden, um diejenigen, die dagegen verstoßen, sofort und mitleidlos zur Verantwortung zu ziehen – dies auch dann – ich betone das –, wenn es in den einzelnen Mitgliedstaaten im Zuge der Administration von EU-Programmen passiert, bis hin zu der Forderung – wir werden sie durchsetzen! –, daß mißbräuchlich verwendete Mittel gewissermaßen unter Haftung der Empfängerländer stehen und dann, wenn der Mißbrauch nachgewiesen wurde, auch von den haftenden Mitgliedsländern zurückgezahlt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie wird sich von niemandem darin übertreffen lassen, in diesem Bereich für Sauberkeit in Europa zu sorgen, und auch dann, wenn es – daran zeigt sich in Wirklichkeit die Konsequenz einer Haltung – eigene Mitglieder, eigene Funktionäre trifft, nicht davor zurückschrecken, Konsequenzen zu ziehen. Es ist eben nicht so – im Gegensatz zu Ihrer Behauptung –, daß die Sozialdemokratie etwa Kommissarin Cresson geschützt hat (Bundesrat Dr. Böhm: Die Franzosen schon!), sondern sie hat sich, unter anderem durch den Weisenratsbericht, von der Berechtigung der Vorwürfe überzeugt und dann die Konsequenzen daraus gezogen.

Ich brauche keine Namen zu nennen, aber diese Haltung muß die FPÖ erst lernen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.05


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm das Wort.

17.05

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich finde, daß diese Diskussion prinzipiell ihre Berechtigung haben kann, wenn es darum geht, Stellenbesetzungen zu hinterfragen. Es ist auch das gute Recht der Opposition, sich mit diesem Thema zu beschäftigen: Nur sollte man in dieser sensiblen Frage, da es um Personalia geht, ein gewisses Niveau einhalten. Ich finde es beinahe unappetitlich, daß mit den Personen, die hier genannt sind, diese Diskussion vor dem Hintergrund einer zu erwartenden Europawahl entfacht wird.

Ich bekenne mich absolut zum Stellenbesetzungsgesetz. Aber wenn wir all die Dinge hier sozusagen zerlegen und zerpflücken, was da an Besetzungen verpackt ist, so müßte man das auf mindestens fünf Ebenen darstellen.

Ich wehre mich aufrichtig und ehrlich dagegen, daß man unseren Kommissar Fischler an die erste Stelle dieser Kampagne setzt. Erinnern wir uns doch daran, wieso es damals dazu gekommen ist, daß Fischler Kommissar geworden ist! Es war nicht so sehr, daß die Bundesregierung Fischler nach Brüssel getragen hat, sondern man hat uns signalisiert: Wir brauchen einen ausgezeichneten Mann auf dem Gebiete der Landwirtschaft. – Daraufhin hat die Bundesregierung gut überlegt, und so wurde der ehemalige Landwirtschaftsminister Fischler Kommissar.

Es ist heute schon gesagt worden, daß er seine Sache ausgezeichnet gemacht hat. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe das zwei Jahre lang verfolgt. Ich hatte die Gelegenheit, seine Arbeit dort zu sehen und zu verfolgen, ich habe aber auch die Anerkennung der anderen Länder für seine Arbeit in dieser äußerst schwierigen Materie gesehen, in der natürlich kein Land und kein Mitglied dieses Berufsstandes zufrieden sein können, weil in der Landwirtschaft ein weltwirtschaftliches Problem gegeben ist.

Alles in allem war und ist Fischler ein ausgezeichneter Mann. Wenn Sie, Herr Kollege Bösch, ihn hier an die erste Stelle dieser Besudelungskampagne setzen, dann darf ich Sie offen und ehrlich einladen: Schämen Sie sich zunächst einmal, bevor Sie andere auffordern, sich zu schämen! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. Bösch: Niemand hat etwas gegen Fischler gesagt! – Bundesrat Dr. Böhm: Gegen Fischler ist nichts gesagt worden!)

Sie können selbstverständlich ein anderes Urteil über die Bewertung der Arbeit fällen. Das mag durchaus in Ordnung sein. (Bundesrätin Mühlwerth: Das haben wir gar nicht getan!) – Selbstverständlich, das bleibt Ihnen unbenommen! (Bundesrat Mag. Gudenus: Das war der Staatssekretär, nicht Bösch!) Aber ihn hier im Zusammenhang mit Postenschacher und Kuhhandel an die erste Stelle zu setzen (Bundesrat Mag. Gudenus: Das hat der Staatssekretär gemacht, diese Verurteilung!), das lassen wir nicht zu, und das werden wir auch in Zukunft nicht zulassen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie hier die Europapolitik derart strapazieren, dann erinnern Sie sich daran – das muß ich Ihnen auch sagen; ich würde das nicht so aggressiv formulieren, aber Sie fordern uns damit heraus, Kollege Konecny hat das angedeutet –, welche kümmerliche Rolle Ihre Kollegen draußen spielen: Entweder sind sie in Chicago oder auch nicht, oder sind sie in Brüssel oder auch nicht! (Bundesrat Dr. Bösch: Das glauben Sie nur!) Ich war zwei Jahre draußen, ich habe das mitverfolgt. Sie können absolut keinen Millimeter bewegen – bis auf einige gute Ausnahmen! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Bösch. ) Auch Gute oder Vernünftige gibt es bei Ihnen. (Bundesrat Dr. Böhm: Und Professor Hager? Was sagen Sie dazu?)

Sie besudeln Ihr eigenes Land in Brüssel, in Straßburg – ein Unikat in der Europäischen Union, lassen Sie sich das sagen! Das macht niemand außer der Freiheitlichen Partei! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Kennen Sie Professor Hager?)


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Wenn Sie heute Kollegen Bösch, der zweifellos ein absolut seriöser und sehr fleißiger Mann im Haushaltsausschuß war und dort gute Arbeit geleistet hat, sozusagen als den Mann zitieren, der etwas geleistet hat, weil Sie niemanden haben, dann muß ich Ihnen sagen, das ist ein Armutszeugnis, eine Bankrotterklärung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ob er sich den sechsten oder den zweiten Platz verdient hat, lassen Sie bitte andere entscheiden – das ist nicht Ihr Bier, auch nicht meines! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Des weiteren habe ich eigentlich nichts mehr zu sagen; das, was wesentlich ist, habe ich gesagt. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.11

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile ihm das Wort.

17.11

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich wird als kleines Land in der EU aufgrund der vorliegenden EU-Bestimmungen zunehmend in eine Situation des wirtschaftlichen Handelns mit hoher Effizienz gelangen müssen. Dann geht es natürlich um Kostenstrukturen, um bestmögliche und weitreichende Markterschließungen. Das Auffinden von innovativen Produkten und die Erschließung von Marktnischen werden in allen Wirtschaftsbereichen vordringlich sein. – Ich habe den Eindruck, daß das für meinen Vorredner nicht wirklich ein wichtiges Thema ist, denn die Freiheitlichen haben etwas anderes gesagt. Wir brauchen die besten Leute am besten Ort – und das neutral. Ich habe das Gefühl, daß Sie dem nicht folgen können. (Bundesrat Prähauser: Wenn es nach den Freiheitlichen ginge, hätten wir in Europa überhaupt niemanden! Sie wollen Europa gar nicht!)

Ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ und von der ÖVP, und ich frage auch Sie, Herr Staatssekretär, der Sie als Vertreter des Bundeskanzlers hier sind: Wie sollen die wirtschaftlichen Ziele eines kleinen Landes in der EU erreicht werden, wenn bei einer sehr hohen Quote von österreichischen Betrieben, welche letztlich der öffentlichen Hand zuzuordnen sind, die Führungspersönlichkeiten primär nach Parteizugehörigkeit ausgesucht werden? – Für große Betriebe, Bahn, Post, Wiener Stadtwerke – darüber haben wir heute schon geredet (Zwischenruf des Bundesrates Rauchenberger )  –, andere kommunale Energieversorgungsunternehmen, den Bankensektor – siehe Praschak – wurde das Stellenbesetzungsgesetz beschlossen, in dem steht, daß die Bestellung von Leitungsorganen von Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu erfolgen hat. Es hat in diesen Fällen eine Ausschreibung voranzugehen.

Das ist Gegenstand unserer dringlichen Anfrage, Herr Staatssekretär, in den Fragen 13, 14, 15, 16, wo es heißt: "Sind Sie der Meinung, daß die österreichische Bevölkerung Verständnis für den praktizierten und geplanten rot-schwarzen Postenschacher aufbringt beziehungsweise derartige Vorgangsweisen goutiert?" (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie schaut die Realität aus? – Das ist der Teil "Economist" aus der die "Presse" von heute. (Der Redner zeigt diesen Teil der Zeitung.) Ich zitiere daraus wörtlich:

"Heute, Donnerstag, läuft die Bewerbungsfrist für den Vorstand der Post AG mit Briefpost und Busdienst aus. Die wichtigsten Weichenstellungen stehen allerdings hinter den Kulissen bereits fest." (Bundesrat Dr. Böhm: Wie immer!)  – Ich sage dazu: Das ist immer so! – "Die Besetzung der Topposition des Generals hat Eigentümervertreter Finanzminister Rudolf Edlinger zur Chefsache gemacht." – Na klar! – "Seine Wahl soll auf Siemens-Österreich-Vorstand Anton Wais gefallen sein." – Also schon vorher, bevor diese Ausschreibungsfrist beendet ist.

Weiter unten im Artikel heißt es dann: "Durch den Wechsel von ÖIAG-Finanzchef Erich Becker an die Spitze der VA-Tech ist der nächste Postenschacher vorprogrammiert" – es wird offen darüber berichtet –, "zumal der Chef der Verstaatlichten-Holding, Karl Hollweger, mit Jahresen


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de in Pension geht." – Dann wird ganz genau aufgezählt, wer was werden soll. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Herr Staatssekretär! Sie sind hier als Vertreter des Herrn Bundeskanzlers, und ich fordere Sie auf, hier im Hohen Haus dazu Stellung zu beziehen. Welches Ansehen hat Österreich noch im Ausland? Die "Presse" wird doch selbstverständlich auch von ausländischen Vertretern gelesen! (Bundesrat Konecny: Dann sollten Sie sich über die "Presse" beschweren!)

Österreichische Topmanager müssen daher zwangsläufig, sofern Sie keiner Partei angehören, ins Ausland ausweichen, um dort entsprechende Karrierechancen wahrzunehmen. Viele von ihnen haben dann auch im Ausland die Chance und sitzen heute in Vorständen internationaler Konzerne.

Die politischen Postenvergaben, die es in Österreich gibt, treiben schon Blüten. Es in Österreich zum Beispiel so – das sehen wir etwa auch bei der Bahn –, daß genau überlegt werden muß, wer in welchen Wirtschaftsbereichen der öffentlichen Hand der Mächtigere ist. Wenn dies zum Beispiel die SPÖ ist, dann bekommt diese um einen Posten im Vorstand mehr, oder es bekommt der SPÖ-Generaldirektor ein Dirimierungsrecht. Das bedeutet natürlich mehr Kosten (Bundesrat Konecny: Aber das Dirimierungsrecht ist sehr teuer!) und unflexible Strukturen in den Unternehmen.

Haben Sie, Herr Staatssekretär, als Vertreter des Bundeskanzlers es wirklich notwendig, hier im Hohen Haus nicht auszuführen, daß Ihnen die Änderung dieses Zustandes kein Anliegen ist? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann der vorauseilende politische Gehorsam: Besonders politisch eingesetzte Manager machen natürlich nur jene Handlungen, von denen sie glauben, daß sie der Partei, die sie gefördert hat, politisch genehm sind. Herr Konecny, Sie wissen das selbst von der SPÖ; es kommt häufig genug vor. (Zwischenrufe der Bundesräte Konecny und Prähauser. ) Das betrifft natürlich die Besetzungen der weiteren Mitarbeiter. (Bundesrat Prähauser: Aber in der FPÖ gibt es das nicht! – Bundesrat Konecny: Da ist alles anders!)

Jetzt möchte ich noch etwas zu den formalen Vorfällen sagen, die vorhin hier im Parlament stattgefunden haben: Ich wundere mich, daß die auch von einigen von uns gewählte Vizepräsidentin die Unterstützung des Bundesrates Konecny braucht, um auf den weiteren Fortgang dieser Verhandlung Einfluß zu nehmen. (Bundesrat Payer: Er hat nur ein parlamentarisches Recht ausgeübt!)

Auf der anderen Seite möchte ich auch noch etwas zu Ihren Ausführungen sagen: Gerade Sie, Herr Konecny, sind dagegen gewesen, daß in Kärnten eine Direktwahl des Landeshauptmanns stattfindet, aber letztlich konnten Sie ihn ja doch nicht verhindern. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

17.18

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz auf die Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Herrn Kollegen Konecny, zurückblenden. Herr Kollege Konecny! Sie haben in Ihren Ausführungen – damit keine Verwechslung geschieht und damit Sie nicht der Meinung sind, ich zitiere falsch – Ihren EU-Abgeordneten Bösch (Rufe bei der SPÖ: Mag. Herbert Bösch!) in einer meiner Ansicht nach sehr bescheidenen Art gelobt, und Sie haben davon gesprochen, daß er sich auf europäischer Ebene hervorragend eingearbeitet hat und daß er ein hervorragender Aufdecker war. (Bundesrat Prähauser: Europaweit anerkannt!)


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Meine Damen und Herren! Herr Kollege Prähauser! Ich maße mir nicht an (Bundesrat Kone
cny: Eben, dann lassen Sie es!), eine Bewertung der Arbeit Ihres Europaabgeordneten vorzunehmen (Bundesrat Konecny: Reicht für die Wiederentsendung bei weitem aus!), aber nehmen Sie auch zur Kenntnis: Die Positionierung des Abgeordneten Bösch auf der Europaliste der Sozialdemokratischen Partei legt ein Zeugnis darüber ab, wie ernst Sie es mit den Aufdeckern meinen. Damit haben Sie sich selbst letztlich "gestellt". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch kurz auf die Ausführungen des Kollegen Dr. Linzer replizieren. Er hat für meine Begriffe – mit dieser Meinung bin ich sicher nicht allein in diesem Raum und darüber hinaus – in einer sehr unqualifizierten, sehr subjektiven Weise (Bundesrat Konecny: Na geh!) versucht, die freiheitlichen Abgeordneten im Europaparlament abzuqualifizieren. Mag sein, daß das Ihr Stil ist, über den Sie sich immer beklagen. (Ruf bei der SPÖ: Er hat sie ja gekannt! – Bundesrat Dr. Linzer: Ich habe mit ihnen allen gearbeitet!)

Herr Kollege Linzer! Ich sage Ihnen in aller Bescheidenheit – wir, die freiheitliche Fraktion, sind stolz darauf –: Unsere Parlamentarier im Europaparlament waren weder bei Geldverschiebungen noch bei illegalen Finanzierungen dabei (Zwischenrufe bei der SPÖ), noch haben sie Geld geklaut, und sie waren auch nicht an irgendwelchen anderen Unkorrektheiten oder Postenschiebereien beteiligt. Nehmen Sie das bei Ihren Beurteilungen zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Rosenstingl! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Aufgrund Ihres Verhaltens und aufgrund Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Linzer (Bundesrat Dr. Linzer: Das ist FPÖ-Politik, was Sie jetzt wieder meinen! Das ist Ihre Antwort auf objektive Kritik!), verstärkt und unterstützt durch Ihren Koalitionspartner SPÖ (Bundesrat Dr. Linzer: Jetzt erzählen Sie mir etwas über Frankreich und Spanien – aber draußen! – Bundesrat Konecny: Nein, über Brasilien!), aufgrund Ihrer Verhaltensweise feiert nicht nur die Postenschacherei fröhliche Urständ, nein, ich glaube sogar, daß die Postenschacherei bereits ein permanentes Programm der derzeitigen Bundesregierung ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da gibt es – es wurde darüber gesprochen – das unappetitliche Angebot: Fischler bleibt, wenn dafür der Botschafterposten an die SPÖ geht.

Es gibt aber auch den Proporz bei der Besetzung der Nationalbank, um auf nationale Ebene zurückzukommen.

Man schuf einen weiteren Vorstandsposten innerhalb der Kontrollbank, um den Bundesminister a. D. Scholten zu versorgen.

Weiters gab und gibt es den üblen Versuch in der Steiermark, die ehemalige Ministerin Konrad zu versorgen. (Bundesrat Dr. Linzer: Haider wird in Kärnten Landeshauptmann! – Bundesrätin Schicker: Den hätte sie gut ausgefüllt!) Man wollte dafür sogar, Frau Kollegin, einen neuen Posten innerhalb der Verwaltung erfinden. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Bei der Führung der Post und der Postsparkasse wird rein nach dem Parteienproporz von SPÖ und ÖVP der Vorstand beschickt.

Bei den Österreichischen Bundesbahnen wird der Vorstand rein nach parteipolitischer Zugehörigkeit ernannt.

Meine Damen und Herren! Im österreichischen Bankenbereich, ob Bank Austria, Raiffeisenzentralbank, GiroCredit oder wie sie alle heißen, werden alle Vorstandsetagen rein nach Parteizugehörigkeit, rein nach Regierungsproporz besetzt. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Da durfte sogar die in der Steiermark oft zitierte, in den Medien "Zeughauslady" Genannte auf Kosten der Steuerzahler die ganze Welt bereisen. Da hat die politische Verantwortung des Kulturreferenten, Peter Schachner-Blazizek, aber auch des Personalreferenten der ÖVP, kläglichst versagt.


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Weiters gibt es in der Steiermark eine, wie ich meine, wieder unappetitliche Diskussion im Hinblick auf die Besetzung des "Gebietskrankenkassenbosses". Der ehemalige Vorsitzende und Chef der Gebietskrankenkasse fühlte sich von einer Mitarbeiterin zu sehr angesprochen. (Bundesrat Prähauser: Da würde ich nicht darüber lachen, das kann jedem passieren!) Das Sozialministerium, das letztlich zuständig wäre oder eingreifen hätte sollen, hüllte sich in Schweigen, und der Vorsitzende nahm selbst den Hut. Die Unappetitlichkeit – das heißt: die Tat – folgte auf den Fuß, denn bei der Neubesetzung wurde jede Form der Objektivierung mißachtet. Bei der Neubesetzung wurde die Qualifikation nicht berücksichtigt, sondern die Besetzung wurde rein aus parteipolitischen Überlegungen vorgenommen. (Bundesrat Freiberger: Es gibt in der FPÖ keinen, der die Qualifikation hat!)

Meine Damen und Herren! In der Steiermark gab es auch bei der Besetzung der Funktion des Landesschulratspräsidenten eine üble parteipolitische, proportionale Besetzung. Da sich ÖVP und SPÖ nicht auf einen Präsidenten einigten, schuf man einfach die Funktion eines zweiten.

Diese Liste der Postenschacherei, des Parteienproporzes ließe sich unendlich und abendfüllend fortsetzen. (Bundesrat Payer: Rosenstingl!)

Meine Damen und Herren! Kollege Konecny hat sich darüber beklagt – Kollege Linzer hat das verstärkt –, daß gerade dieses Aufzeigen, dieses Aufdecken dem Rufe Österreichs auf dem internationalen Parkett schade. Es sind nicht immer, wie Sie sagen, die “bösen” Freiheitlichen, die diese Dinge aufzeigen, sondern es gibt eine Fülle von Medien, die bereits erkannt hat, daß der Postenschacher fröhliche Urständ feiert und eigentlich, wie ich meine, permanentes Programm der Regierung ist.

Eine Zeitung schrieb am 22. März dieses Jahres: Junktimierung der Chefs in Brüssel bestätigt. SPÖ, Swoboda: Schüssel geht parteipolitisch vor.

Am 19. März schrieb eine andere Zeitung: Fischler: Habe von Klima die Zusicherung bis 2005. Nur wenn die ÖVP den Posten des EU-Botschafters in Brüssel aufgibt, will Kanzler Viktor Klima Kommissar Fischler belassen.

In einer anderen Zeitung heißt es: Klassischer Proporz in Brüssel.

Noch treffender hat es eine weitere Zeitung am 18. Jänner dieses Jahres formuliert – ich zitiere wörtlich –: Sie sind Generaldirektoren, Funktionäre und Richter. Sie haben Österreichs Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen ebenso fest im Griff wie Schulen, Spitäler und Gerichte. Ihre Karriere verdanken sie dem Parteibuch und den richtigen Beziehungen. (Bundesrat Payer: Was ist mit Mölzer? – Bundesrat Konecny: Der ist ja qualifiziert, das haben wir ja hier erlebt!) Qualifikationen und Kreativität sind nur Nebensache. Ungeniert wie eh und je schanzen SPÖ und ÖVP ihren Günstlingen Posten und Pouvoirs zu. Jetzt hat der rot-schwarze Proporz auch die EU-Institutionen für sich entdeckt. – Wörtliches Zitat. (Bundesrat Konecny: Wie ist das mit dem Berater-Vertrag für Herrn Mölzer?)

Weiteres Zitat aus einer weiteren Zeitung vom 18. Jänner: Frühstücksaffäre Nummer 2. Das Protokoll eines vertraulichen Treffens der EU-Botschafter in Wien übt harte Kritik über Österreichs EU-Vorsitz. Verlagerung ungelöster interner österreichischer Probleme einschließlich Proporzdenkens auf EU-Ebene verlagert.

In einer anderen Zeitung heißt es: Skandalflut macht EU-Kommission zu schaffen.

Wieder in einer anderen Zeitung steht: Die Packelei in der Sozialversicherung feiert fröhliche Urständ. – Und so geht es weiter. Aufgrund dieser Medienberichte und Schlagzeilen ließe sich die Liste unendlich fortsetzen.

In Summe, so meine ich, meine Damen und Herren – das haben Sie heute zu Sitzungsbeginn bewiesen –, besteht von seiten der Regierungsparteien keine Bereitschaft, den Postenschacher einzudämmen oder abzustellen, denn das ist ihr Programm. Es besteht von beiden Regierungs


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parteien keine Bereitschaft dazu, auch nur ansatzweise der Objektivierung Vorschub zu leisten oder darüber nachzudenken.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie dürfen sich nicht darüber wundern, daß immer mehr Menschen in unserem Land den Glauben an die Demokratie und an die Rechtsstaatlichkeit verlieren, wenn Sie weiterhin der Postenschacherei Vorschub leisten.

Meine Damen und Herren! Ist das das Sittenbild der rot-schwarzen Koalition? – Wenn das Ihr Programm ist – es scheint so; es ist Ihr permanentes Regierungsprogramm –, dann sagen Sie es! Wir werden dafür sorgen, daß es die Bevölkerung erfährt!

Abschließend – und auch das ist symptomatisch –: Meine Damen und Herren! Wie ernst sie es mit der Abschaffung des Proporzes meinen, zeigt Ihre spärliche – ohne jetzt den Inhalt zu bewerten – Beteiligung an der jetzigen Debatte. Sie legen damit ein Zeugnis dafür ab, daß Ihnen der Postenschacher angenehm ist und daß Sie ihn auch weiterhin beibehalten wollen.

Ich meine daher, es ist für beide Regierungsparteien symptomatisch, unter dem Motto zu leben: "Wer Butter am Kopfe hat, meide die Sonne!" – Daher fallen Ihre Debattenbeiträge sehr gering aus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster erteile ich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth das Wort. – Bitte.

17.30

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Gleich eingangs meiner Rede muß ich sagen: Ihre Vizepräsidentin Haselbach war heute eine sehr schlechte Repräsentantin der Länderkammer. Ich hoffe, daß das, was sie heute hier einzuführen versucht hat, nicht Platz greifen wird. Wenn die Vorsitzende der Meinung ist, daß ein Antrag von uns formal nicht zulässig ist, dann soll sie das sagen und auch begründen – sie muß es auch begründen. Sicher kann es aber nicht so sein, daß sie sagt: Ich bin der Meinung, daß er gerade noch zulässig ist, und freundlichkeitshalber lasse ich ihn zu, aber inhaltlich gefällt er mir nicht! – Ich kann Sie, meine Damen und Herren, nur bitten: Appellieren Sie an Ihre Kollegin, sodaß sich dergleichen nicht wiederholt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Konecny! Da Sie bei der heutigen Thematik von einem Rührei sprechen, möchte ich das aufgreifen und sagen: Dieses Rührei halten ja Sie am Kochen – Sie, die SPÖ, allerdings unter tatkräftiger Unterstützung der ÖVP, die da überall miteingebunden ist. (Bundesrat Konecny: Sonst wird es auch nicht fertig!)

Herr Kollege Konecny! Wenn alle, die heute schon genannt wurden und die diversen Vorstandsetagen bevölkern, so qualifiziert sind, wie Sie es sagen – wir alle wissen, auch die Zeitungskommentatoren schreiben es immer wieder, daß das selbstverständlich parteipolitische Besetzungen sind, und zwar nach dem Motto: Da ein Schwarzer, dort ein Roter!, so geht es munter dahin –, dann frage ich mich, wieso kein einziger von ihnen in der Privatwirtschaft untergekommen ist. Wieso stehen denn dann privatwirtschaftliche Unternehmen nicht schon Schlange? (Bundesrat Konecny: Tun sie ja auch!) – Beim ehemaligen Kabinettchef von Kanzler Vranitzky Krammer ist kein einziger privater Wirtschaftsbetrieb "Schlange gestanden". (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das hat auch lange genug gedauert, und er hat sich sehr bemühen müssen. Auf jeden Fall sind sie nicht Schlange gestanden und haben gesagt: Ja, bitte, kommt ganz dringend zu mir!

Im Zusammenhang mit dem Aufdecker, dem Genossen Bösch, der heute von Kollegen Konecny und auch von der ÖVP, von Kollegen Linzer, so sehr gelobt wurde, muß ich sagen: Herr Kollege Konecny! Wenn es Ihre gepflegte Sozialdemokratie ist, daß sich der Aufdecker auf dem siebenten Listenplatz wiederfindet und der Quereinsteiger “Hans-Peter Martin von der farblosen Sorte” hineingehievt wird, dann verzichte ich gerne darauf, dann kann jeder froh sein, wenn er


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nicht bei den Sozialdemokraten ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Dann lesen Sie wenigstens die Zeitungen ...!)

Neue Gesichter bei den Freiheitlichen, die Sie so kritisieren, ergeben sich zwangsläufig: Wir gewinnen Wahlen, und daher kommen auch immer neue Gesichter. Sie verlieren Wahlen, und daher werden es bei Ihnen immer weniger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Wurzeln dieser rot-schwarzen Postenschacherei, über die wir heute reden müssen – nicht nur wollen, sondern auch müssen – , sind nicht erst gestern entstanden. Sie reichen bis in die fünfziger Jahre zurück. Da haben Sie zwei Verstaatlichungsgesetze beschlossen, um wesentliche Betriebe dem Zugriff der Alliierten zu entziehen, gleichzeitig hat man diese aber in die Hände der Parteisekretariate gegeben; und so ist es ganz munter dahingegangen. Das haben Sie sich auch noch mit den Kompetenzgesetzen 1956 und 1959 abgesichert. In diesen Gesetzen ist ganz klar gestanden, daß die Bestellung der ordentlichen Organe über Vorschlag der beiden großen politischen Parteien erfolgt, paritätisch nach ihrer Vertretung im Nationalrat.

Wenn die eine Partei – das ist dann ein Parteienüberkommen – den Vorsitzenden des Aufsichtsrates stellt, dann kann die andere Partei den Vorsitzenden des Vorstandes beanspruchen. – Damals hat das schon begonnen.

Man hat auch damals schon davon gesprochen, daß man transparente Kriterien möchte und daß wirtschaftlich vorgebildete Persönlichkeiten in diese Gremien kommen sollen, was aber zum Beispiel die ÖVP überhaupt nicht daran gehindert hat, den wirtschaftlich völlig unbeleckten ÖAAB-Generaldirektor Ignaz Köck zum Generaldirektor der OMV zu ernennen. – Das zu den "transparenten Kriterien".

Dieses System ist bis zum heutigen Tag erhalten. (Zwischenruf des Bundesrates Rauchenberger. ) Man braucht sich nur die Besetzungen in den Schulen in Wien anzuschauen, da gibt es auch diese sogenannten Kriterien, nach denen "objektiv" vorgegangen wird. Tatsache ist, man weiß genau, welche Schule schwarz und welche rot ist. Ab und zu braucht die SPÖ etwas von der ÖVP, dann wird halt der Schuldirektor getauscht, und die schwarze Schule wird rot – und umgekehrt. Aber geändert hat sich daran grundsätzlich nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine Schrecksekunde hatten Sie natürlich nach dem Selbstmord von Praschak, der genau diesen Postenschacher in einer Art politischem Testament angeführt hat. Aber dieser Schreck hat sich bei Ihnen nicht sehr lange gehalten. Es ist dann in derselben Art munter weitergegangen.

Es gibt Leute, die das auch noch ziemlich unverfroren zugeben. Im "profil" vom 12. Mai 1997 wird Czaba Szekely zitiert, ein langjähriger Sekretär von Viktor Klima aus seiner Zeit als Verkehrs- und Finanzminister, der auf die Frage, wie er zu seinem Job als Boß der Raab-Ödenburg-Ebenfurt Bahn AG kam, ganz zwanglos gesagt hat: "Ich habe Klima gesagt", so hat er sich erinnert, "daß ich mich geordnet verändern möchte."

Sie haben überhaupt keine Lehre daraus gezogen! Der Wähler hat Ihnen jedesmal die Rechnung präsentiert, aber Sie sind offensichtlich nicht lernfähig. Uns soll es recht sein! Nach einer erdrutschmäßigen Niederlage bei den Kärntner Wahlen, bei denen die SPÖ 10 Prozent eingebüßt hat (Bundesrätin Mag. Trunk: 4 Prozent! Aber das reicht auch! Der Unterschied ist 10 Prozent!), hat man sich überhaupt nicht geniert, als nächsten Akt gleich die Postenschacherei, da Kommissar Fischler und hier EU-Botschafter in Brüssel vorzunehmen, so nach dem Motto: Wenn du meinen Botschafter in Brüssel nicht willst, dann bekommst du auch deinen Kommissar nicht! – Das erinnert mich sehr an die Sandkastenspiele von Kleinkindern.

Das sehen auch die Kommentatoren sämtlicher Zeitungen so. Anneliese Rohrer fragt in der "Presse" vom 23.3.1999: Ist der SPÖ und der ÖVP noch zu helfen? – Ich schließe mit der Bemerkung: Der SPÖ und der ÖVP ist nicht zu helfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Paul Tremmel und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Abhaltung einer Anhörung durch das Parlament für österreichische Vertreter in der EU vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag ist damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir setzen die Verhandlungen über Tagesordnungspunkt 17 fort.

Als nächster erteile ich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth das Wort. – Bitte.

17.39

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption ist sicher zu begrüßen. Es ist überhaupt keine Frage, daß wir diesem selbstverständlich zustimmen werden.

Ich möchte dazu anmerken, daß ich hoffe, daß im Sinne dieses Abkommens der Handel mit Kindern – wir wissen, daß das gerade bei Adoptionen sehr oft der Fall war – tatsächlich eingedämmt wird – dies steht auch in der Präambel –, daß das im Sinne der Kinder tatsächlich funktioniert.

Wir alle wissen, ohne jetzt einzelne Namen zu nennen, daß es Länder gibt, in denen all das sehr locker gehandhabt wird und in denen es überhaupt kein Problem ist, irgendwelche Dokumente zu bekommen; keiner weiß, woher sie kommen.

Erst unlängst gab es einen Fall in Indien, bei dem man erst sehr viel später draufgekommen ist, daß das betroffene Kind nicht rechtmäßig zur Adoption freigegeben war, sondern sozusagen einkassiert wurde. Ich hoffe, daß solche Fälle nicht mehr vorkommen werden.

Ich möchte aber im Zusammenhang mit der Adoption etwas Grundsätzliches sagen. Die Adoption ist eine Art Tabuthema. Es wird kaum darüber gesprochen. Am schlimmsten ist es für jene Mütter, die ihre Kinder zur Adoption freigeben. Diese Mütter werden in aller Regel als Rabenmütter abqualifiziert. Sie haben natürlich auch einige bürokratische Hürden hinter sich zu bringen, bei denen sie es sich unter Umständen sogar wieder überlegen. Nun ist es freilich nichts Schlechtes, wenn eine Mutter ihr Kind behält, zurücktritt und es nicht zur Adoption freigibt. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß es enorm großen Mutes bedarf, sich dazu zu entschließen, ein Kind zur Adoption freizugeben.

Ich denke, wenn man dieses Thema ein wenig enttabuisieren könnte, dann würde es den Frauen von vornherein leichter gemacht werden, die grundsätzliche Entscheidung zu treffen: Lasse ich abtreiben, oder trage ich mein Kind aus und gebe es dann zur Adoption frei?, was, wie ich glaube, der bessere Weg wäre.

Es ist aber auch oft so – zumindest haben mir das Eltern gesagt, die Kinder adoptiert haben –, daß es auch für diese Paare nicht ganz selbstverständlich ist. Man muß sich überlegen, welche Schritte dazu führen, sich überhaupt dazu zu entschließen, ein Kind zu adoptieren. Das ist kein Entschluß, den man so quasi im Vorübergehen trifft. Mir haben aber Adoptiveltern erzählt, daß


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Bekannte, die wußten, daß dieses Kind adoptiert worden ist, das Kind angeschaut und gesagt haben: Das Kind ist eigentlich eh ganz lieb!

Daran sieht man, daß die Adoption mit einem gewissen gesellschaftlichen Makel behaftet ist. Ich finde, mehr Verständnis sowohl für die Situation der Mutter, die ihr Kind zur Adoption freigibt, als auch für diejenigen, die Kinder adoptieren, wäre wirklich angebracht!

In diesem Zusammenhang wäre es auch wünschenswert, daß einige der bürokratischen Hürden reduziert würden. Es ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, daß Adoptiveltern in einer gewissen Weise überprüft werden müssen. Ich denke aber, daß eine Begleitung, die weniger Bürokratismus in sich birgt, aber trotzdem zu dem gleichen Ergebnis kommt, besser wäre. Ich finde, man sollte Eltern, die den Wunsch haben, ein Kind zu adoptieren, schützen, weil es für ein Kind auf jeden Fall besser ist, zu ihnen zu kommen, als in einem Kinderheim zu bleiben.

Das heißt: Was ich mir im Rahmen dieses Übereinkommens wünsche, ist, daß bei diesem Thema mehr Offenheit herrscht und daß es weniger Bürokratie, mehr Begleitung, aber auch mehr Sicherheit im Ausland gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile ihm das Wort.

17.43

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Wenn man selbst eine Familie hat, Kinder hat, dann kann man sich wahrscheinlich nur schwer in die Lage versetzen, das nachzuempfinden, was eine Familie oder jemand, der sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kind und diesen Kinderwunsch auf natürlichem Wege nicht erfüllt bekommt, fühlt und was er alles in Bewegung setzt, um zu Kindern oder zu einem Kind zu kommen.

Die Frage: Adoption – ja oder nein?, müssen wir im Interesse jener Kinder betrachten, die ohne Adoption nicht die Chance hätten, so aufzuwachsen, wie wir uns das vorstellen, auf unserem Standard. Wir haben dafür zu sorgen, daß auch diese Kinder eine entsprechende Heimat finden, eine Familie finden.

Wir wissen, daß es nicht leicht ist, Kinder zu adoptieren. Die Kriterien dafür sind oft aus der Emotion heraus nicht wirklich nachvollziehbar. Selbstverständlich hat die Behörde die Pflicht, genau zu prüfen, wer Kinder adoptieren darf und welche Kinder das sind. Letztendlich haben wir allerdings auch Umstände wie persönliches Elend, Armut oder die Situation einer Frau, die einfach allein gelassen wurde und nicht in der Lage ist, für ein kommendes Kind zu sorgen, zu berücksichtigen.

Wie wir wissen, beginnt bereits nach der Empfängnis die Diskussion darüber: Soll das Kind geboren werden, ja oder nein? – Wir alle wollen, daß jedes Leben die Chance hat, das Licht der Welt zu erblicken. Damit haben wir aber auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß ein ungestörtes Aufwachsen der Kinder in allen sozialen Belangen gewährleistet werden kann.

Es geht einfach auch darum, durch Kinder manchen Familien jenen Selbstwert zu geben, den sie brauchen, um in dieser Gesellschaft bestehen zu können. Dabei ist es für mich unerheblich, ob Kinder aus nichteuropäischen Ländern oder aus Europa stammen oder sozusagen aus "Situationen vor der Haustüre" entstehen. Das heißt, auch bei uns kann es sehr wohl passieren, daß junge Mädchen schwanger werden, die nicht in der Lage sind, für das Kind zu sorgen, oder daß es einfach Umstände, Lebensverhältnisse gibt, die es nicht richtig erscheinen lassen, daß Kinder dort hineingeboren werden.

Wir haben dafür zu sorgen, daß der richtige Weg gefunden wird. Wir haben aber vor allem dafür zu sorgen – das ist unsere oberste Aufgabe! –, daß mit Kindern kein Geschäft gemacht werden kann, und zwar kein Geschäft in welchem Sinn auch immer!


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Ich erinnere nur in Stichworten an Länder, von denen wir wissen, was dort schon passiert ist oder noch immer passiert: Ich erinnere etwa an Brasilien, an Afrika und an Asien. Aber auch in Europa sollten wir die Augen vor diesen Dingen nicht verschließen. Auch in Europa sind schon Situationen entstanden, die man eigentlich für unglaublich hält. Auch in sogenannten guten Familien haben es Kinder oft sehr schwer, werden manchmal extrem mißhandelt oder auch, wie wir fassungslos feststellen müssen, sogar getötet.

Um das zu verhindern, sind wir aufgerufen, Vorsorge zu treffen und hilfreich zu sein. Und dort, wo ein Kinderwunsch nicht auf natürlichem Weg erfüllt wird, sollten wir dafür sorgen, daß Kindern durch Adoption eine Chance gegeben wird, in diesem Leben bestehen zu können und eine Familie zu bereichern.

In dieser Situation ist die diesbezügliche Einhelligkeit aller Parteien in diesem Gremium, aber auch im Nationalrat für mich besonders erfreulich. Sie ist aber auch die Grundvoraussetzung. Denn unsere Kinder sind unsere gemeinsame Zukunft! Damit wir auch in Zukunft miteinander auf politischer Ebene ideologisch diskutieren können, brauchen wir einen guten, gebildeten und geschulten Nachwuchs. Dafür sollten wir gemeinsam sorgen.

Weil ich schon bei der Überparteilichkeit und beim Gemeinsamen bin, gestatten Sie mir als einzigem Mitglied der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion Salzburg, noch ein paar persönliche Worte an Herrn Kollegen Eisl zu richten.

Lieber Kollege Eisl! Ich war leider nicht im Saal, als du deine letzte Rede gehalten hast. Ich möchte es aber nicht versäumen, dir in meinem Namen und im Namen der sozialdemokratischen Fraktion für die oft ambivalente, aber auch geladene emotionelle Mitarbeit beim Dialog, den du mit uns geführt hast, zu danken! Ich habe anderen Kollegen gegenüber den Vorzug, dich schon sehr lange zu kennen. Ich weiß, daß du mit sehr viel Engagement an die Arbeit herangegangen bist und daß du schon seit den frühen achtziger Jahren in der Politik tätig warst – nicht immer zur Freude der Sozialdemokraten, das möchte ich betonen; das soll ein kleines Lob gewesen sein, aber es sollte nicht zu viel sein, Herr Kollege Eisl!

Ich weiß aber auch, daß du über deinen Berufstand des Bauern hinaus in der Wirtschaft sehr tüchtig gewesen bist. Schon mein Vater hat Produkte hergestellt, die du selbständig vertrieben hast. Ich könnte einige Geschichten darüber erzählen. Eigentlich wundert es mich, daß du bei all diesen Geschäften noch Zeit für die Politik gehabt hast. Aber solange du dich als Freiheitlicher auf die Bauern konzentriert hast, war mir als Sozialdemokrat das egal. Jetzt steht sozusagen dein Abschied vor der Tür. Du gehst in Pension.

Als Kollege Waldhäusl dieses Gremium verlassen hat, haben manche in meiner Fraktion gesagt, jetzt sei der wahre Streiter der Bauern aus dem Bundesrat ausgezogen. Aber die Wissenden haben damals schon gesagt: Aber jener Bauernvertreter, der meistens weiß, wovon er redet, ist uns erhalten geblieben! – Damit haben wir dich gemeint, Kollege Eisl!

Lieber Andi Eisl! Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit!

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit auch nicht vergessen, Frau Kollegin Aloisia Fischer, die etwas kürzer das Land Salzburg im Bundesrat vertreten hat und heute auch ausscheidet, zu danken. Liebe Aloisia! Auch dir herzlichen Dank. Wir kennen uns nicht so lange, daher kann ich das nicht so einpacken. Du warst aber auch nie so vorlaut wie Kollege Eisl, und daher kann ich das andere auch ersparen. – Glück für die Zukunft! Danke. (Allgemeiner lebhafter Beifall.)

17.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Thomas Ram das Wort. – Bitte.

17.49

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geschätzter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch wenn sich offenbar erst wenige europäische Länder von Bedeutung dazu entschlossen haben, diesem Gesetz, das heute zur


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Verhandlung steht und das die Annahme an Kindes Statt im zwischenstaatlichen Bereich regelt, beizutreten – unsere unmittelbaren Nachbarländer Deutschland, Italien und die Schweiz konnten sich dazu noch nicht entschließen –, werden wir Freiheitlichen diesem Gesetz die Zustimmung nicht versagen.

Wir stimmen zu, weil wir einerseits der Auffassung sind, daß es dringend notwendig ist, dem Kindesmißbrauch, dem Kindeshandel und der Kindesentführung Einhalt zu gebieten, und weil wir andererseits davon überzeugt sind, daß dieses internationale Übereinkommen genau dazu beitragen kann.

Darüber hinaus halten wir es für wünschenswert und hoffen, daß es durch dieses Übereinkommen leichter gelingen wird, werdenden Müttern, die sich in einer schweren seelischen oder sozialen Notlage befinden, die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Kind nicht abzutreiben, sondern zur Adoption freizugeben. Wir befürworten dies umso mehr, als es immer häufiger vorkommt, daß Ehepaare, denen eigene Kinder versagt bleiben, liebend gerne fremde Kinder aufziehen wollen.

Was uns ebenfalls gefällt und uns auch für die Zukunft bedeutsam erscheint, ist der Umstand, daß schon im Vorspruch des Gesetzes ausdrücklich auf das Kindeswohl Bedacht genommen und ausdrücklich davon gesprochen wird, daß das Kind zur vollen harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen sollte. Den Kindern soll weiters eine dauerhafte Familie gegeben werden, und schließlich soll dieses Übereinkommen dazu beitragen, sicherzustellen, daß internationale Adoptionen zum Wohl des Kindes und unter Wahrung seiner Grundrechte stattfinden.

Es besteht kein Zweifel daran, daß die Begriffe "Familie" und "Eltern" von der Vorstellung geprägt sind, daß Mann und Frau eine dauerhafte Lebensgemeinschaft führen. Denn die Annahme an Kindes Statt ist für jene gedacht, denen eigene Kinder versagt blieben. Kinder aber können immer nur von Menschen unterschiedlichen Geschlechts gezeugt beziehungsweise empfangen werden. Für viele Grüne und auch manche Sozialdemokraten ist dies aber durchaus nicht mehr selbstverständlich. Auch die internationale Entwicklung geht in eine bedenkliche Richtung.

Vor etwa einer Woche hat die tschechische Regierung mit nur einer Gegenstimme einen Gesetzentwurf über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit normalen Ehen angenommen. Eine rot-grüne Mehrheit in Hamburg hat die Lebensgemeinschaft zweier gleichgeschlechtlich veranlagter Menschen staatlich anerkannt. In der französischen Nationalversammlung haben Kommunisten in trauter Gemeinschaft mit Sozialisten und Grünen einen sogenannten Partnerschaftsvertrag gebilligt, der auch von Homosexuellen abgeschlossen werden darf.

Für mich stellt sich dabei die Frage: Ist eine solche Lebensgemeinschaft einmal anerkannt, wie weit ist es bis zum nächsten Schritt, bis zur Gleichstellung mit der Ehe und in letzter Folge der Entwicklung bis dahin, daß solche Partnerschaften auch Kinder adoptieren können? – Die vorliegende Regelung schließt das zum Glück aus, meine Damen und Herren!

Da die annehmenden Wahleltern die leiblichen Eltern ersetzen sollen, leibliche Eltern aber niemals gleichgeschlechtlich veranlagt sein können, folgt zwingend, daß homosexuelle Ehepaare keine Kinder adoptieren dürfen. Abgesehen davon wäre das Kindeswohl in einer solchen Gemeinschaft höchst gefährdet.

Meine Damen und Herren! Auch aus diesem Grunde stimmen wir diesem Gesetz gern zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


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653. Sitzung / Seite 130

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist offenkundig auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen .

18. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG) (1589 und 1680/NR sowie 5918/BR der Beilagen)

19. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird (1588 und 1679/NR sowie 5919/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Gäste! Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß die Konkurs- und die Ausgleichsordnung keine näheren Bestimmungen über die Höhe der Ansprüche des Masse- beziehungsweise Ausgleichsverwalters und der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände enthalten.

Ziel des gegenständlichen Beschlusses ist es, eine österreichweit einheitliche Entlohnung der Insolvenzverwalter und bevorrechteten Gläubigerschutzverbände zu schaffen.

Das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) wird dahin gehend abgeändert, daß eine Pauschalabgeltung für die Tätigkeiten bevorrechteter Gläubigerschutzverbände im Zusammenhang mit der Ermittlung des Anspruchs auf Insolvenz-Ausfallgeld geregelt wird.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe im Anschluß daran den Bericht zum Thema Firmenbuchgesetz:

Der vorliegende Beschluß des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, daß bei den Firmenbuchgerichten und den Steuerbehörden eine Vielzahl von Gesellschaften registriert sind, deren Vermögenslosigkeit evident und an die eine Zustellung nicht möglich ist. Dies bewirkt einen unnötig hohen Arbeitsaufwand.


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653. Sitzung / Seite 131

Ziel des gegenständlichen Beschlusses ist die Neufassung des "Amtslöschungsgesetzes" und dessen "Überführung" in das Firmenbuchgesetz, damit die amtswegige Löschung vermögensloser Gesellschaften effizienter gestaltet und zugleich eine gewisse Rechtsbereinigung erreicht werden kann.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile es ihm.

17.58

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit der die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden sollen, kann nach erster Beurteilung nicht der Weisheit letzter Schluß sein.

Meine Damen und Herren! Allein der Gedanke "je höher die Insolvenz, desto niedriger die Entlohnung des Masseverwalters" legt Zeugnis darüber ab, wie die Regierungskoalitionäre, die dieser Vorlage zustimmen, denken. Die Tatsache, daß die größte Insolvenz der Zweiten Republik, die sogenannte Konsum-Pleite, damit bagatellisiert wird, dürfte der Vater dieses Gedankens sein.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn dem nicht so ist – was ich aber nicht glaube –, dann verlangt die Vorlage zumindest gedanklich vom Masseverwalter beziehungsweise auch vom Wertermittler oder Schätzgutachter, die Verwertung so zu überlegen, daß eventuell die höheren Entlohnungsgrundsätze zum Tragen kommen. Die Schaffung dieses Spannungsfeldes spricht für keine zeitgemäße Reform. Gerade die Staffelung bei kleineren Bemessungsgrundlagen mit 20 Prozent netto ergibt mit der Umsatzsteuer ohne Verfahrenskosten mindestens ein Drittel der sogenannten Insolvenzmasse. Das heißt, diese Regelung geht zu Lasten der Gläubiger.

Meine Damen und Herren! Diese enorm hohe Ausgangsbasis wird bis zu einer Bemessungsgrundlage in der Höhe von 300 000 S im Entwurf festgeschrieben, die Senkung auf 15 Prozent bis zu 1,4 Millionen, und dann erfolgt eine Senkung bis auf 10 Prozent bei einer Bemessungssumme von 7 Millionen. Das bedeutet, daß die kleineren Verfahren – das sind die meisten – die teuersten sind und daß daher der Großteil der Gläubiger die Draufzahler bei dieser Reform ist.

Meine Damen und Herren! Bevor Sie dieser Vorlage die Zustimmung geben, sollten Sie auch bedenken – eine steirische Zeitung hat das treffend so ausgedrückt –: Der Exekutor kommt immer öfter zu Familie Österreicher!

Meine Damen und Herren! Die Milliardenpleiten – zum Beispiel die des Konsum – ab der Bemessungsgrundlage von 84 Millionen Schilling wurden mit dem "eleganten" Satz von 1 Prozent entlohnt. Ich hätte mir einen niedrigeren Ausgangsprozentsatz vorgestellt sowie eine moderatere Senkung dieser Staffel gewünscht, damit Kleininsolvenzen nicht zu den teuersten werden.

Meine Damen und Herren! Es ist aber auch beabsichtigt, einen weiteren Gläubigerschutzverband zu installieren, und zwar den sogenannten ISA, den Insolvenzschutzverband für Arbeiter. Die Installierung dieses Schutzverbandes wird wiederum mit öffentlichen Geldern vorgenommen. Bedenklich stimmt mich allerdings, daß diese Installierung eines dritten Schutzverbandes von Arbeiterkammer und ÖGB offiziell anerkannt und begrüßt wird.


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653. Sitzung / Seite 132

Meine Damen und Herren! Was meine ich damit? Zählt es nicht noch zu den klassischen Aufgaben vor allem der Arbeiterkammer, aber auch des Gewerkschaftsbundes die Konsumenten und Gläubiger zu schützen? Will man da wieder eine Verantwortung delegieren und dies letztlich mit Steuergeldern finanzieren?

Meine Damen und Herren! Da ich aber auch das Spannungsgeld angesprochen habe, möchte ich ausdrücklich betonen, daß die meisten Masseverwalter korrekt nach Rechtsvorschriften agieren. Aber ich frage nochmals: Warum schließt der Gesetzgeber dieses Spannungsfeld vorweg nicht aus? – Dadurch, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, machen Sie sich für eventuelle Verstöße gegen die vorliegenden Rechtsmaterien mitverantwortlich. Es gibt zwar nur eine verschwindende Minderheit von Masseverwaltern, die gegen Rechtsnormen verstoßen, aber die wenigen schwarzen Schafe, die es trotzdem tun, bekommen durch Ihren Beschluß praktisch die Legitimierung und das Werkzeug dafür. (Präsident Jaud übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ebenso sind Sie durch Ihre Hochsteuerpolitik für die hohe Insolvenzrate mitverantwortlich, und Sie von der Koalition sind für die hohen Lohnnebenkosten verantwortlich. Sie sind damit auch quasi die Beschleuniger der Firmenpleiten. Ebenso, meine Kollegen von SPÖ und ÖVP, ... (Bundesrat Steinbichler: Kollege Weilharter! Das können Sie doch nicht im vorhinein sagen, sondern erst im nachhinein!)  – Herr Kollege! Genauso sind Sie mitverantwortlich – Sie können sich nicht aus der Verantwortung schleichen – dafür, daß es zu keiner Eigenkapitalbildung kommt und dadurch die Insolvenzrate sehr hoch ist.

Meine Damen und Herren! Für alle Unzulänglichkeiten, die aufgrund dieser vorliegenden Ausgleichsordnung und Konkursordnung im Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz entstehen, werden Sie in Zukunft auch die Mitverantwortung tragen müssen.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum Firmenbuchgesetz. Wir werden auch dieser Vorlage nicht die Zustimmung geben, denn es ist nicht einsichtig, daß da wiederum ein sogenannter österreichischer Alleingang versucht wird. Damit werden Sie natürlich dem Wirtschaftsstandort Österreich nicht dienen, sondern ganz im Gegenteil, es wird zu Wettbewerbsnachteilen kommen, die wir Freiheitlichen nicht mittragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.03

Präsident Gottfried Jaud: Des weiteren zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Ledolter. Ich erteile ihm dieses.

18.03

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz ist erstmals eine einheitliche österreichweite und leistungsorientierte Entlohnung der Insolvenzverwalter und vor allem der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände geschaffen worden, beziehungsweise ist diese im Werden. Letztendlich ist in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, daß sich unsere Justizsprecherin Maria Fekter sehr um das Zustandekommen der positiven und wirtschaftsfreundlichen Teile dieser Regelung bemüht hat.

Dazu möchte ich feststellen, daß in dieser neuen Regelung auch die Verpflichtung des Masseverwalters auf Erstellung einer Vorschau enthalten ist: einer Vorschau über seine künftig zu setzenden Schritte und Maßnahmen. Dies soll sicherstellen, daß sich letztendlich nicht, wie bisher gelegentlich üblich, die großen Gläubigerfirmen und Gläubigerschutzorganisationen in einer Form und einem Umfang einbringen, die bewirken, daß für die Klein- und Mittelbetriebe, die dann hintennach kommen, nichts mehr übrig ist. Bisher gab es in solchen Fällen oft eine Quote, die dem Masseverwalter zwar noch ein Honorar erlaubt hat, aber letztendlich nicht mehr zur Befriedigung der Klein- und Mittelbetriebe geführt hat.

Was mich außerdem an dieser neuen Vorlage und Regelung freut, ist, daß sie leistungsorientiert gestaltet ist und trotzdem das Instrument von Zu- und Abschlägen enthält. Das bedeu


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tet, daß Masseverwalter, die sich besonders einbringen und in deren Fällen ein entsprechender Umfang an Aktivitäten notwendig ist, auch mit einem erhöhtem Entgelt zu rechnen haben, während Massen, die keiner besonderen Bearbeitung bedürfen, eben mit Abschlägen zu bewerten sind.

Ein paar Worte zu den Gläubigerschutzverbänden: Ich bin froh darüber, daß es nicht zur Regel geworden ist, diese Gläubigerschutzverbände nach dem Umfang der Masse zu entlohnen, da man sich auf 20 Prozent der Entschädigungshöhe des Masseverwalters festgelegt hat, und zwar auch im Hinblick darauf, daß von den Gläubigern ohnehin ein Honorar verlangt wird und daß bevorrechtete Vertretungen nicht notwendigerweise in einem weitaus höheren Umfang zu bedienen sind.

Das heißt aber auch, daß die Gläubigerschutzverbände zu Lasten der Masse vorweg bevorrechtet, bevorzugt bedient werden, und daß jetzt österreichweit einheitlich geregelt und einheitlich zu betrachten ist, wie diese Regelung erfolgt, nämlich mit diesem erwähnten Satz von 20 Prozent.

Daß die Gläubigerschutzverbände nicht nach der Höhe ihrer Forderung entlohnt werden und daß in Zukunft die Großforderungen in einem Konkurs nicht die Forderungen der kleinen und mittelständischen Lieferanten "überfahren" können, ist ein wesentlicher Inhalt dieser Maßnahmen.

Meine Damen und Herren! Da vom Kollegen Weilharter angesprochen wurde, daß sich ÖGB und Arbeiterkammer etwas wünschen durften im Hinblick auf einen Insolvenzschutzverband, möchte ich grundsätzlich festhalten, daß eine entsprechende Absicherung für ein zukünftiges korrektes Wirtschaften besser dadurch zu erreichen ist, indem man der Wirtschaft möglichst wenig hineinredet, indem es möglichst wenig Einflußnahmen im Bereich der Wirtschaft gibt und indem sich besonders jene Organisationen und Institutionen, die dabei angesprochen sind, mit ihrer Kreativität im Erfinden von neuen Wirtschaftslenkungsmaßnahmen möglichst zurückhalten! Ich bitte, das auch zu beherzigen! Es wäre schön, wenn dieses Denken auch bei den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion Einzug halten würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Wort noch zu der Änderung des Firmenbuchgesetzes: Damit wird die bisherige Regelung außer Kraft gesetzt, wonach kleine GesmbHs und ähnliche Firmen mangels Masse nur sehr schwer ausgeschieden werden konnten.

Man darf dabei zwei Aspekte nicht aus den Augen verlieren. Es geht in erster Linie um die Verläßlichkeit des Firmenbuches, und es geht letztendlich auch um die Aktualität und die Transparenz, und in diesem Zusammenhang ist natürlich eine Löschung infolge offensichtlicher Vermögenslosigkeit durchaus zu begrüßen. Es gibt auch eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen, sodaß keine unbeabsichtigte und irrtümliche Löschung erfolgen kann.

Es sind dabei wieder die Interessenvertretungen eingebunden, man muß aber auch im Rahmen des Firmenbuches von sich aus tätig werden und hat die Verpflichtung, zwei Mal Kontakt aufzunehmen mit einer Firma, die es in zwei aufeinanderfolgenden Jahren verabsäumt hat, die notwendigen Unterlagen, die Bilanzen vorzulegen.

Aufgrund dieses Verfahrens ist es denkunmöglich, daß eine Firma gelöscht werden könnte, ohne daß feststünde, daß tatsächliche Vermögenslosigkeit vorliegt. Das heißt, daß allein die zweimalige Nichtvorlage der Bilanz zwar Ausgangspunkt eines Verfahrens, nicht aber dessen Ende sein kann, an dem die Löschung stehen soll.

Kritisch anmerken möchte ich noch, daß die Verpflichtung, in der "Wiener Zeitung" zu publizieren, in einer Zeit wie der heutigen, die von elektronischen Medien geprägt ist, durchaus problematisch ist. Obwohl wir diesbezüglich noch an EU-Recht gebunden sind und durchaus kompatibel mit unseren Normen der dort geforderten Schriftlichkeit und der schriftlichen Darstellung verpflichtet sind, meine ich, daß wir doch Überlegungen in die Richtung anstellen sollten, in Zukunft eine elektronische Darstellung, eine EDV-gestützte Verarbeitung dieser Informationen zuzulassen und die bisher gepflogene Regelung der Kundmachung in der "Wiener Zeitung" mittels Inserat, daß die Bilanzen hinterlegt sind, in Zukunft als nicht mehr zeitgemäß in Frage zu


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stellen. Insgesamt, meine Damen und Herren, möchte ich noch einmal appellieren, die Wirtschaft wirtschaften zu lassen; dann wird es weniger Konkurse und Ausgleichsverfahren geben müssen.

Insoferne glaube ich, daß wir dieser Regelung durchaus unsere Zustimmung geben können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.10

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

18.10

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei den vorliegenden Gesetzesinitiativen handelt es sich dem eigentlichen Sinn nach um Wirtschaftsgesetze, obwohl deren Vorlage durch das Justizressort erfolgte.

Das Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz beruht in seiner Konzeption auf einer Entschließung des Nationalrates anläßlich der parlamentarischen Behandlung des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1997, mit welcher der Bundesminister für Justiz ersucht wurde, einen Gesetzentwurf derart rechtzeitig vorzulegen, daß noch in dieser Gesetzgebungsperiode ein Beschluß gefaßt werden kann. Dabei handelt es sich um den vorerst letzten Baustein einer bereits vor Jahren begonnenen Erneuerung des Insolvenzrechtes, die mit der Einführung des Privatkonkurses durch die Konkursordnungs-Novelle 1993 begann. Die Weiterentwicklung des Unternehmensinsolvenzrechtes durch die Insolvenzrechtsänderungsgesetze erfolgte 1994 und 1997.

Inhalt des Entwurfes sollte die Entlohnung des Masseverwalters, des Ausgleichsverwalters und der bevorrechteten Gläubigerverbände für ihre Tätigkeit in Insolvenzverfahren sein. Derzeit enthalten weder die Regelungen der Konkursordnung noch jene der Ausgleichsordnung nähere Bestimmungen über die Höhe der Ansprüche der Masse- beziehungsweise Ausgleichsverwalter und der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände.

Der vom Herrn Bundesminister für Justiz – innerhalb des vorgesehenen Zeitraumes – vorgelegte und gegenständliche Entwurf baut auf den Grundsätzen der Rechtsprechung auf und hat eine österreichweite einheitliche Entlohnung der Insolvenzverwaltung und bevorrechteten Gläubigerschutzverbände zum Inhalt. Besonderer Wert wurde dabei darauf gelegt, daß diese Regelung für alle Beteiligten, also die Gerichte, die Insolvenzverwalter, die Gläubigerschutzverbände, vor allem aber für die Gläubiger, transparent und nachvollziehbar sein soll. Es ist erfreulich, daß dieser Umstand von allen Fraktionen des Parlaments uneingeschränkt begrüßt wird und damit die bisherige Regelung mit großen Ungerechtigkeiten in der Entlohnung von Masseverwaltern ein Ende hat.

Bei der Festlegung der Höhe der Prozentsätze und der Degressionsstufen – im Fall der Regelentlohnung also – wurde versucht, einen Mittelwert der von den einzelnen Gerichten bisher sehr unterschiedlich zugesprochenen Entlohnungen zu finden. In besonderen Ausnahmefällen kann allerdings – unter Berücksichtigung dieses Einzelfalles – von der Regelentlohnung anhand bestimmter Kriterien nach oben oder unten abgewichen werden. Dies wird dann notwendig sein, wenn sich der Masseverwalter besonders intensiv bemüht, oder auch dann, wenn der Masseverwalter nicht wirklich verdienstlich tätig war.

Zu einer differenzierten Debatte im Nationalrat, aber auch hier durch Herrn Kollegen Weilharter, führten die Bestimmungen des § 13c, dem Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer. Im besonderen wurde Kritik daran geübt, daß es auch im Verfahren zur Anmeldung von Dienstnehmeransprüchen vor dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zu einer Abgeltung diesbezüglicher Kosten kommen soll. Entscheidend dabei ist, daß die diesbezüglichen Zahlungen nicht zu Lasten der Konkurs- und Ausgleichsmasse gehen, genauso unbestritten muß es aber auch sein, daß der notwendige Aufwand – so wie in allen übrigen Phasen des Verfahrens – abgegolten wird.


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Mit der Änderung des Firmenbuchgesetzes wird ein zeitgerechter Schritt zur Qualitätsverbesserung und zur Effizienzsteigerung gesetzt. Durch eine Neufassung des Amtslöschungsgesetzes und dessen Überführung in das Firmenbuchgesetz soll die amtswegige Löschung vermögensloser Gesellschaften effizienter gestaltet und zugleich eine gewisse Rechtsbereinigung erreicht werden. Konkret sollen Zustellvereinfachungen, besondere Bestimmungen zur Hilfeleistung zwischen Gerichten und Steuerbehörden und die Vermutung der Vermögenslosigkeit bei wiederholter Nichtvorlage von Jahresabschlüssen ergänzt und in dieser Form als vierter, neuer Abschnitt dem Firmenbuch angefügt werden.

Die in der Debatte dazu eingebrachte Befürchtung einzelner Abgeordneter, die Löschung könnte aufgrund dieser vorgeschlagenen Regelung zu rasch vor sich gehen und dabei auch nicht vermögenslose Gesellschaften durch den Löschungsvorgang gewissermaßen überfahren, kann glaubwürdig entkräftet werden. Schließlich ist – Kollege Ledolter hat bereits darauf hingewiesen – eine Reihe von Sicherungen vor einem solchen Löschungsvorgang vorgesehen.

So hat zum Beispiel nach § 283 ff Handelsgesetzbuch das Gericht die Nichtvorlage der Jahresabschlüsse nicht einfach hinzunehmen, sondern muß das dort vorgesehene Zwangsstrafverfahren gegen die Gesellschaft einleiten und betreiben. Es ist also davon auszugehen, daß das Gericht auch in diesem Zusammenhang nähere Kenntnis von den tatsächlichen Gegebenheiten dieser Gesellschaft erhält.

Auch nach § 18 des Firmenbuchgesetzes muß das Gericht versuchen, mit der Gesellschaft Kontakt aufzunehmen, und auf die mögliche Löschungsfolge aufmerksam machen, ehe es in ihre firmenbücherlichen Rechte eingreift. Darüber hinaus sind nach dem neuen § 40 Abs. 2 Firmenbuchgesetz die einschlägige Interessenvertretung und die Steuerbehörde zu befassen, und auch diese werden einwenden, so ein Vermögen vorhanden ist, daß die Gesellschaft eben nicht löschungsreif ist. Schließlich kommt es bei Offenkundigkeit eines Vermögens – dies kann auch aus einem unvollständig vorgelegten Jahresabschluß ersichtlich sein – grundsätzlich zu keiner Einleitung des Löschungsverfahrens.

Aus all diesen Argumenten ist, so glaube ich, ableitbar, daß wirklich nur sogenannte Karteileichen, die tatsächlich keinerlei operative Tätigkeit mehr entfalten und bei denen jedenfalls auch kein Vermögen vorhanden ist, vom Löschungsverfahren betroffen sein werden. Die Neugestaltung dieses Gesetzes wird daher wesentlich zur Transparenz und Aussagekraft des Firmenbuches und damit auch zur Rechtsbereinigung insgesamt beitragen.

Aufgrund der von mir dargelegten Argumente handelt es sich daher bei beiden Vorlagen um notwendige Änderungen, weshalb meine Fraktion dazu die notwendige Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17

Präsident Gottfried Jaud: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.


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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 24. März 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

20. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 25. März 1999 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 (1654/NR sowie 5920/BR der Beilagen)

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. André d'Aron übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. André d'Aron: Durch die Errichtung eines neuen Eisenbahngrenzüberganges zur Slowakischen Republik bei Kittsee ergibt sich die Notwendigkeit, das bestehende Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen um diesen Übergang zu ergänzen.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend, enthält aber keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Gottfried Jaud: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. Ich erteile es ihm.

18.20

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Eisenbahnverbindung Wien–Bratislava bestand schon in der k. u. k. Zeit. Während der Jahre des Eisernen Vorhangs waren die Grenzen gesperrt und damit die Geleise sozusagen tot. Mit der Grenzöffnung bekam diese


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Strecke wieder Bedeutung, was zu Ausbauüberlegungen und zur Errichtung eines neuen Eisenbahnüberganges zur Slowakischen Republik bei Kittsee führte.

Die Bundesregierung hat per Verordnung die Anschlußstrecke Parndorf–Kittsee-Staatsgrenze zur Hochleistungsstrecke erklärt. Darüber hinaus ist diese Strecke auch in das Konzept der TEN, der transeuropäischen Netze, eingefügt worden. Dazu ist noch festzustellen, daß dem Bund aus diesem Abkommen keine Mehrausgaben und auch keine Mehrung des Personalstandes erwachsen.

Abgesehen davon, daß diese Bahnverbindung eine Verkürzung der Fahrzeit zwischen Wien und Bratislava von zirka 45 Minuten ermöglicht, bringt sie auch für die Pendler aus dem Burgenland und aus Niederösterreich eine spürbare Verbesserung. Ein Wunsch der Bevölkerung geht damit in Erfüllung. Ein wichtiger Schritt für die Region und ein wichtiger Schritt zum Ausbau der positiven Beziehungen zwischen Österreich und der Slowakischen Republik können damit gesetzt werden.

Die SPÖ-Bundesräte werden der Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

Präsident Gottfried Jaud: Des weiteren zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile es ihm.

18.22

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe den Worten meines Vorredners nichts hinzuzufügen. Auch meine Fraktion wird dieser Vorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

18.22

Präsident Gottfried Jaud: Mir liegt eine Wortmeldung des Bundesrates Ernest Windholz vor. – Bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Polleruhs. )

18.23

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Hochgeschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich werden auch die freiheitlichen Bundesräte dieser Änderung des Abkommens zustimmen.

Mit dieser Änderung sind wir zeitlich eigentlich schwer in Verzug, denn die Züge rollen längst im wahrsten Sinne des Wortes – nicht seit Tagen, nicht seit Wochen, sondern bereits seit Monaten. Aber gerade mit den Grenzübergängen zur Slowakei haben wir unsere Not, denn der neue Straßenübergang Kittsee läßt leider noch immer auf sich warten. Es gab schon terminiert diverse Einweihungsfeiern, die Zollverwaltung begann bereits damit, Planpostenbestellungen vorzunehmen, jedoch scheiterte es dann schlußendlich an den slowakischen Nachbarn. – Eigentlich ist dem nichts mehr hinzuzufügen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

18.24

Präsident Gottfried Jaud: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.


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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

21. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 25. März 1999 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel samt Anlagen (1389 und 1692/NR sowie 5921/BR der Beilagen)

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung: Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel samt Anlagen.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Erhard Meier übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Der Berichterstatter ist nicht anwesend. (Bundesrat Mag. Gudenus: Wir waren zu schnell! – Bundesrätin Schicker: Wer ist der Vorsitzende im Ausschuß?) Wer ist Ausschußobmann? – Frau Bundesrätin Mühlwerth wäre es. (Bundesrätin Schicker: Ich kann es schon gerne machen, aber das sollte der Vorsitzende oder die Vorsitzende des Ausschusses machen! Die darf das laut Geschäftsordnung! Bitte, Herr Präsident, wenn Sie mich damit beauftragen, mache ich es sehr gerne!)

Ich beauftrage Frau Bundesrätin Schicker mit der Berichterstattung.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie lautet wie folgt:

Aufgrund der besonderen ökologischen Gegebenheiten und der internationalen Bedeutung des Gebietes Neusiedler See-Seewinkel bestanden seit vielen Jahren Bestrebungen zur Errichtung eines Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel. Das Gebiet des Neusiedler Sees, mit 230 ha der größte Steppensee Europas, mit einer typischen Steppen- und Pußtalandschaft, ist Lebensraum für eine besonders mannigfaltige Tier- und Pflanzenwelt. So sind über 300 Vogelarten hier vertreten, von denen zirka die Hälfte hier auch brütet. Viele von ihnen stehen auf den Roten Listen der gefährdeten Arten.

Am 10. September 1993 wurde eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel unterzeichnet. Seit seiner Gründung hat sich der Nationalpark vorbildhaft für weitere österreichische Nationalparkprojekte entwickelt und war der erste und bis 1996 der einzige Nationalpark Österreichs, dem die internationale Anerkennung zuteil wurde.

Eine nach fünf Jahren durchgeführte Evaluierung der bisherigen Entwicklung des Nationalparks durch eine Bund-Land-Expertengruppe ergab, daß aufgrund der geänderten Ausgangslage Vertragsanpassungen, insbesondere hinsichtlich der finanziellen Regelungen notwendig sind. In der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG werden die erforderlichen Anpassungen berücksichtigt. Aufgrund der Neuregelung der Finanzierung ist davon auszugehen, daß in den nächsten Jahren mit dem für 1998 beschlossenen Budgetrahmen weiterhin das Auslangen gefunden werden kann.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Gottfried Jaud: Ich bedanke mich bei Frau Bundesrätin Schicker für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm dieses.


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653. Sitzung / Seite 139

18.28

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! In einem kürzlich erschienenen Buch über das Burgenland, das wunderschön und vor allem mit Bildern ausgestattet ist, wird das Burgenland – gemeint sind in erster Linie die Region um den Neusiedler See, das Steppengebiet, das Land der weiten Ebene – als "die kleine Unendlichkeit" bezeichnet.

In dieser kleinen Unendlichkeit des nördlichen Burgenlandes ist der Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel ein länderübergreifender Nationalpark Österreich-Ungarn, eine Symbiose von Ökologie und Ökonomie, unter größten Schwierigkeiten geschaffen, begründet und nach langen Vorarbeiten im Jahre 1992 eröffnet. Wir Burgenländer sind stolz darauf, daß wir diesen Nationalpark haben, der die einzigartige wunderschöne Fauna und Flora rund um den Neusiedler See mit dem Ziel erschließt, daß diese im Sinne des Naturschutzes, auch im Sinne der Erhaltung dieser Kultur- und Naturlandschaft für unsere Kinder und Kindeskinder bestehen bleiben.

Waren es zu Anfang zum einen Informationen über den Naturschutz, über diese wunderschöne Nationalparklandschaft, zum anderen die Erschließung durch den Tourismus, so sind es nunmehr neue Projekte, die anstehen, vor allem auch was die Erforschung der Verhaltensweisen der Tiere betrifft sowie der Funktion der Teiche, Tümpel und besonders der Schilfzonen, wie wir es seinerzeit in der Schule gelernt haben.

Wir sind dankbar dafür, daß dieses Gesetz die Durchführung dieser Projekte im Sinne einer Erweiterung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel ermöglicht. Ich glaube, daß wir Österreicher einen hervorragenden Weg mit der Erschließung der Natur in den Nationalparks gehen. Es gibt auch etliche Nationalparks im Westen unserer Landes, in den Kalkalpen, im Glocknergebiet und so weiter. Ich denke, daß es von unschätzbarem Wert ist, wie gesagt, wenn wir diesen länderübergreifenden, beispielgebenden Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel unseren Nachfahren erhalten.

Meine Fraktion wird daher diesem neuen Gesetz, das sich zum Ziel setzt, neue Projekte zu finanzieren, gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.31

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Payer. Ich erteile es ihm.

18.31

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als Burgenländer freut es mich besonders, daß wir heute die Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Burgenland über die Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel verabschieden. Der Umstand, daß das aller Wahrscheinlichkeit nach einstimmig erfolgen wird, erfüllt mich mit großer Freude und veranlaßt mich, ein herzliches Dankeschön zu sagen.

Es geht im konkreten um Vertragsanpassungen gegenüber dem Jahre 1993 und um die Erweiterung des bestehenden Nationalparkgebietes um den Bereich Podersdorf–Karmazik. Es geht weiters um eine neue Finanzierungsregelung zum Zwecke der Flächensicherung für die nächsten Jahre. Es wird eine konstante Budgetierung auf Basis des Jahres 1998 sichergestellt, wofür ich dem Bundesminister ein aufrichtiges Dankeschön sagen möchte. Die Kostenaufteilung zwischen Bund und Land beträgt je 50 Prozent.

Die Nationalparkkommission wird von derzeit zehn auf nunmehr sechs Mitglieder verkleinert. Ich glaube, daß die Effizienz und die Schlagkraft dadurch gesteigert werden. Auch die Zahl der Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates wird reduziert.

Wenn man all diese positiven Maßnahmen hört und die einhellige Zustimmung registriert, vergißt man sehr leicht, welch große Schwierigkeiten – Kollege Linzer hat auch darüber gesprochen – überwunden werden mußten, um dieses Naturjuwel in unserer typischen Steppen- und Pußtalandschaft zu erhalten. Die mannigfache Tier- und Pflanzenwelt ist einmalig in Europa.


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653. Sitzung / Seite 140

Aus diesem Grund war unser Nationalpark bis 1996 der einzige Nationalpark Europas, dem die internationale Anerkennung zuteil wurde.

Ich erinnere mich aber noch sehr genau an die Jahre vor 1992. Ich war damals Landesparteisekretär der SPÖ Burgenland. Ich erinnere mich daran, wie schwierig es war, die Flächensicherung zu erreichen, also Flächen für den Nationalpark zu bekommen. Mit zirka 1 500 Grundbesitzern mußte einzeln verhandelt werden. Die finanziellen Forderungen mußten auf ein erträgliches und finanzierbares Maß gebracht werden. Nur durch intensive Aufklärungsarbeit konnte ein Ausgleich zwischen allen Beteiligten gefunden werden. Kompromisse zwischen Jagd, Jägerschaft und Berufsfischerei mußten geschlossen werden. Es zeigte sich aber, daß all jene, die aus populistischen Gründen durch Dagegensein politisches Kleingeld schlagen wollten, gescheitert sind. Der burgenländische grenzüberschreitende Nationalpark ist ein gutes Beispiel dafür, wie Natur und Mensch zusammenwirken und wie sie harmonisch vereint werden können.

Meine Damen und Herren! Bedenken Sie, daß die ersten Verhandlungen geführt wurden, als es noch den beinahe unüberwindlichen Eisernen Vorhang gab! Vergessen dürfen wir aber auch nicht, daß diese Verhandlungen sicher dazu beigetragen haben, politische und ideologische Spannungen abzubauen. Wir Burgenländer und die Besucher aus der ganzen Welt spüren die positiven Auswirkungen nicht nur auf die Natur, sondern auch auf den Tourismus, auf unsere Wirtschaft, auf die Landwirtschaft. Verschiedenartigste Projekte prägen heute das Bild des Nationalparks. Das Infozentrum in Illmitz zum Beispiel leistet hervorragende Arbeit. Der sanfte Tourismus boomt. Ökologie und Ökonomie stehen nicht im Widerspruch zueinander.

An dieser Stelle erlaube ich mir, aus der heutigen Ausgabe des "Burgenland-Kurier" zu zitieren, in dem Heike Kroemer in einem Artikel schreibt:

"Sommerbeginn am Neusiedler See. ,Wo der Alltag aufhört, beginnt das Burgenland. Und genau dort beginnt auch der Sommer früher als im übrigen Österreich‘, erklärte ein gut gelaunter Tourismusdirektor Gerhard Gucher, als er gemeinsam mit Landesrat Karl Kaplan Mittwoch den Startschuß zum diesjährigen ,Summer Opening‘ am Neusiedler See gab.

Den Höhepunkt bildet auch heuer wieder der Windsurf Worldcup. Vom 23. April bis zum 2. Mai trifft sich die Crème de la crème der internationalen Windsurf-Szene erneut in Podersdorf. Die 32 besten Surfer der Welt werden am Neusiedler See am Freestyle Grand Prix teilnehmen. Unter ihnen Stars wie der elffache Weltmeister Björn Dunkerbeck, der bereits im vergangenen Jahr sein Herz an das Burgenland verlor und Tausenden begeisterten Surffans das gleiche raubte.

Für das Mega-Spektakel am Neusiedler See gab es bereits eine Auszeichnung. Das Surf-Opening 1997 wurde mit dem Austrian Event Award in Gold ausgezeichnet."

Ich habe diesen Artikel hier vorgelesen, um ganz einfach die Vielfalt aufzuzeigen; die Vielfalt der Events, die es in diesem grenzüberschreitenden Nationalpark gibt.

Meine Damen und Herren! Die heute zu beschließenden Adaptierungen sind die logische Folge einer sehr gelungenen Aufbauphase. Ich bin überzeugt davon, daß wir auf dem richtigen Weg sind und stimme daher namens meiner Fraktion dieser Vorlage sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Liechtenstein. )

18.38

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Thomas Ram. Ich erteile es ihm.

18.38

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, ist es mein großes Ziel, einmal so beliebt zu sein wie Herr Kollege Himmer. Deshalb werde ich meinen Debattenbeitrag auch dementsprechend kurz fassen.


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653. Sitzung / Seite 141

Da die Freiheitlichen noch keinen Bundesrat aus dem Burgenland haben, habe ich die Ehre und die Aufgabe, etwas über den Nationalpark Neusiedler See zu erzählen. Das mache ich um so lieber, da ich gerne selbst zu diesem Nationalpark fahre, weil ich auch zu den Surfern gehöre – zwar nicht zu den Weltklassesurfern, aber man bemüht sich trotzdem, daß etwas aus dem Sport wird.

Die Kollegen Linzer und Payer haben schon ausführlich über den Nationalpark gesprochen. Ich möchte nur kurz erwähnen, daß wir hier ein international einmaliges Projekt haben, bei dem es gelungen ist, die verschiedensten Interessen unter einen Hut zu bringen, nämlich die Interessen des Tourismus, die Interessen der Forschung, die Interessen der Landwirtschaft, die Interessen der Jägerei, aber auch die Interessen der Fischerei. Das ist mir um so wichtiger und für mich um so bedeutender, als ich aus einer Gegend komme, wo ein anderer Nationalpark in Diskussion steht, wo es diesen Nationalpark Donau-Auen auch gibt, bei dem es aber leider nicht gelungen ist, all die erwähnten Interessen so gut unter einen Hut zu bringen wie beim Nationalpark Neusiedler See.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Payer hat schon erzählt, wie schwierig es war, diesen Nationalpark einzurichten. Folgendes möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, Herr Kollege Payer: Es gab im Jahre 1972 Pläne des damaligen Landeshauptmannes Kery, eine Brücke, eine Autobrücke über den Neusiedler See zu bauen. Wir können froh und dankbar darüber sein, daß es gelungen ist, dieses Projekt zu verhindern.

Als junger Mensch bin ich sehr froh darüber, daß dieser herrliche Flecken Natur nicht verbaut wurde und uns für die Zukunft erhalten bleibt. Deshalb werden wir Freiheitliche natürlich gerne diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

18.40

Präsident Gottfried Jaud: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. – Bitte. (Bundesrat Hensler: Wie sich die Fischamender am Neusiedler See auskennen!)

18.41

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Jemand, der den Neusiedler See, den größten Steppensee Europas, auf der Landkarte betrachtet und vielleicht zwischen der Bundeshauptstadt und dem angesprochenen See wohnt, weiß, wovon man nun sprechen wird, nämlich vom liebevoll so genannten "Meer der Wiener". Ich freue mich wirklich darüber, daß bezüglich der Frage um diesen Nationalpark zwischen allen hier vertretenen Fraktionen Konsens besteht. Es ist ein einmaliges Kleinod unseres gemeinsamen Staates Österreich, das wir schätzen müssen und das auch immer geschätzt wurde.

Es wurde natürlich schon in der Zeit nach 1950, als sich Österreich wirtschaftlich enorm entwickelte, die Frage gestellt: Wird dieser See, der – obwohl flächenmäßig sehr groß – nicht zu den tiefsten gehört, alles verkraften können, was man ihm zumutet? – Die Möglichkeiten, Urlaub zu machen, waren für die Menschen damals noch nicht so weitreichend wie heute. Heute ist eine Reise auf die Malediven beinahe ein Wochenendausflug! Dazumal war die Situation aber anders, man freute sich, wenn man vielleicht einmal im Monat ein Wochenende am Neusiedler See verbringen konnte, ja verbringen durfte.

Aber der Druck des Tourismus wurde größer und größer! Daß in den Jahren 1970 bis 1972 dieses Naturjuwel noch so vorhanden war, daß es sich lohnte, darüber nachzudenken, ob es grundsätzlich geschützt werden kann – etwas, für das natürlich immer mit viel Aufwand ein Konsens erzielt werden muß, weil verschiedene Interessen aufeinander prallen –, und daß das auch gelungen ist, ist großartig! Wir sollten aber in dieser Stunde, in der der Vertrag eigentlich nur verlängert beziehungsweise erweitert wird, die Flächen vergrößert werden, doch eine Minute innehalten und darüber nachdenken, warum es im Jahre 1970 und dann später, 1992, diese Fläche in der schützenswerten Form noch gegeben hat.


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653. Sitzung / Seite 142

Heute vormittag hat Herr Finanzminister Edlinger gemeint, daß die Landwirtschaft auch zur österreichischen Wirtschaft gehöre. Es hat Zeiten gegeben, in denen die österreichische Wirtschaft eigentlich fast nur aus der Landwirtschaft bestand, man denke nur an die Jahrhundertwende zurück! Warum sage ich das? – Er hat danach noch einen sehr schönen Satz gesagt, der mich wieder sozusagen befriedet hat, nämlich: Die Landwirtschaft ist wesentlicher Teil der österreichischen Kultur! – Das aber hängt mit schützenswerten Flächen zusammen, bei denen die Nutzer dieser Naturflächen schon über Jahrhunderte gesehen haben, daß hier etwas Besonderes vorhanden ist. Die Landwirte und die Bevölkerung rund um den See haben immer gewußt, daß man dem See und der Naturfläche nicht alles zumuten kann. Es ist zu nachhaltigen Nutzungen gekommen, wie sie wünschenswert waren und sind.

Ich bin der Meinung, daß wir schlecht beraten wären, wenn wir größere Flächen zwar schützen, aber dort dann überhaupt nichts mehr geht – Sie wissen, was ich meine! Im Nationalpark March-Donau-Auen, der auch international anerkannt ist und praktisch vor meiner Haustüre liegt, ist es so, daß die jahrhundertealte Tradition des Fischens – heute längst nicht mehr Broterwerb, sondern eher Freizeitgestaltung – doch eingeschränkt ist, aber auch die jagdlichen und landwirtschaftlichen Einschränkungen sind dort schon sehr gravierend.

Daher kann man meiner Überzeugung nach die nachhaltige Form der Bewirtschaftung, in Verbindung mit dem sanften Tourismus, anerkennen, die all das in der Form weiter erhalten soll, wie es eben über Jahrhunderte in sparsamer, zurückhaltender Nutzung möglich war. Den Umstand, daß wir dort noch 300 Vogelarten und vieles andere mehr vorfinden, verdanken wir der vernünftigen Jagd, der vernünftigen Fischerei und der vernünftigen nachhaltigen Landwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Ram. )

Ich meine also, daß dieses Kleinod – Kleinod ist eigentlich der falsche Ausdruck, es ist eine großartige Fläche, es ist eine große Fläche – ein Schmuckstück Österreichs ist. Ich möchte aber, da wir meist nur von den großen Parks, von den Nationalparks reden, auch nicht unerwähnt lassen, daß heuer das "Jahr der Naturparks" ist! Aus diesem Anlaß gibt es eine kleine Broschüre. Obwohl ich mit Leib und Seele Niederösterreicher bin und dieses Land aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit von der letzten Ecke des Waldviertels bis in die Bucklige Welt kenne, hat es mich bei Durchsicht dieser Broschüre dennoch überrascht, daß es in Niederösterreich neben dem großen international anerkannten Nationalpark March-Donau-Auen noch sage und schreibe weitere 21 – ich verspreche mich nicht! – kleinere Naturparks gibt, einige davon – darum schaue ich auch dorthin (der Redner blickt zu den Plätzen der Bundesräte der SPÖ)  – im Waldviertel; Kollege Winter ist leider nicht da. 21 Naturparks gibt es in Niederösterreich! In der Steiermark gibt es sechs, im Burgenland vier und in Oberösterreich zwei.

Wir sollten uns also wieder, auch wenn wir sehr schnell mit einem Düsenjet auf den Malediven – um dieses Beispiel noch einmal anzuführen – sein können, auf diese Schätze besinnen und Werbung dafür machen, Natur zu erleben, wie es in der Broschüre so schön heißt. "Natur erleben – Natur begreifen"! Kann es für ein menschliches Lebewesen etwas Schöneres geben, als diesen Satz wirklich zu leben? – Ich meine, wir sollten in dieser Sache viel mehr tun, um das Bewußtsein der Bevölkerung dafür zu bilden. Vor allem sollten wir das bei den jungen Menschen in den Schulen tun, dadurch würde einiges vorwärts gebracht werden. Wir haben es bei der Frage der Mülltrennung et cetera gesehen, daß dies am besten über die Schulen funktioniert. Wir können auch Urlaub vor der Haustüre machen, ohne die Natur zu zerstören. Denn dort brauchen wir die Landwirtschaft, dort brauchen wir Fischer, dort brauchen wir Jäger, die nicht nur, um das einmal so auszudrücken, auf Beute aus sind, sondern die meiste Zeit dort schützend, hegend und pflegend verbringen.

Dieser Grundgedanke sollte uns allen eigen werden, denn dann werden wir auch für die späteren Generationen – ich denke nicht nur an die nächste, sondern ein paar hundert Jahre vor – und in den nächsten paar hundert Jahren noch einen wunderschönen Nationalpark Neusiedler See, einen Nationalpark March-Donau-Auen und viele kleine Naturparks mehr haben. Wenn noch ein paar dazukommen, kann es uns nicht schaden. In diesem Sinne stimmen wir natürlich gern dieser Gesetzesvorlage zu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

18.48


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653. Sitzung / Seite 143

Präsident Gottfried Jaud:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. – Bitte.

18.48

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollegen und Kolleginnen! Es ist natürlich kaum möglich, diesem Gesetzesvorhaben nicht zuzustimmen. Aus diesem Grunde möchte ich Ihnen nur eine kleine Zeichnung, die vor mir liegt, darstellen.

Auf dieser Zeichnung ist eine Igel-Familie abgebildet, welche Radio hört. Der Sprechtext des Radios lautet: "Wegen hohen Verkehrsaufkommens rät die Polizei ab von der Überquerung der A3 an folgenden Stellen ..." – Das ist auch der Grund, warum wir einen Nationalpark brauchen, damit wir die Igel nicht vom Überqueren der Straßen abhalten müssen. An viel zu vielen Stellen werden nicht nur Igel, sondern auch andere Kleintiere, manchmal sogar auch große Tiere beim Überqueren der Straße vom Verkehr erfaßt und kommen dort um. Das ist mit einer der Gründe, warum wir sehr viele Landschaftsschutzgebiete, Landschaftsparks, Naturparks, aber eben auch Nationalparks haben.

Das Problem des Nationalparks Neusiedler See – er hat natürlich auch ein Problem – liegt in der Verwaltung. Daher wird nun bei diesem Gesetzesvorhaben ein 15a-Übereinkommen beschlossen, wonach die Verwaltung zwischen Bund und Land getrennt wird und ein weiterer Teil dazukommt, denn er wird zwar gemeinsam, aber doch nicht ganz gemeinsam mit dem ungarischen Teil des Nationalparks Neusiedler See verwaltet. Durch diese Gemeinsamkeit können entweder sehr kostengünstige Ergebnisse erzielt werden oder aber Dreifachverwaltungen entstehen, die gerade das Gegenteil bewirken.

Wir wissen – das hat mein Vorredner Schaufler schon gesagt –, daß das Verwalten, insbesondere das Bewirtschaften einer Landwirtschaft nachhaltig erfolgen soll. Heißt doch Wirtschaften, wenn man es ernstnimmt, daß mit den Ressourcen sparsam umgegangen wird, das ergibt dann die Nachhaltigkeit! In einem Nationalpark muß dies besonders nachhaltig geschehen, denn es wollen auch noch unsere Kinder und Kindeskinder dieses Projekt, welches auch einiges Geld kostet, genießen können.

Wodurch teilt sich das mit, was ich als etwas problematisch anschaue? – Nun: Warum wird der wissenschaftliche Beirat von 16 auf acht Personen halbiert? Wird es dadurch wissenschaftlicher oder wird es ökonomischer, oder können acht Wissenschafter die Leistung von 16 erbringen? – Das geht aus dem Gesetzesvorhaben nicht heraus, und das läßt in mir aufgrund des jetzt gleich Folgenden Zweifel aufkommen, ob die Zweckmäßigkeit und die Sparsamkeit wirklich der Grund dafür sind, daß man in diesem Bereich eine Personalreduktion vornimmt. (Bundesrat Payer: Im wissenschaftlichen Beirat sind nicht nur Wissenschafter! Wissenschafter arbeiten dort, aber das ist ein Beirat zur Beratung!) – Na ja, eine Beratung von mehr Leuten ist sicherlich kein Nachteil, es sitzen in diesem Saal auch 64 und nicht nur drei Personen! (Bundesminister Dr. Michalek: Das kommt darauf an! Acht Leute – zehn Meinungen! 16 Leute – 40 Meinungen!) Ich weiß, das ist so wie bei den beiden Anwälten, Herr Minister, die drei Meinungen haben, wenn man Glück hat.

Ein weiterer Punkt ist, daß das Gremium, die Nationalparkkommission verkleinert werden soll, und zwar von zehn auf sechs Mitarbeiter. In den Beilagen steht, daß damit der Sparsamkeit und der Zweckmäßigkeit Genüge getan werden sollen. Aber ein bißchen weiter unten ist zu lesen, daß jene Leute, die in dieser Kommission tätig sind, ohnehin nicht dafür bezahlt werden. Warum also wird weiter oben darauf hingewiesen, daß durch diese Verringerung die Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit gefördert werden?

Ich glaube, manche Dinge werden sich erst im Laufe der Jahre herausstellen, und insoferne bin ich optimistisch, daß sich die Betriebsform, die noch immer in der Aufbauphase ist, so entwickelt, daß sie tatsächlich sparsam und zweckmäßig ist und der Wissenschaft, aber auch insbesondere dem umfassenden Erhalt unserer Umwelt genügt.


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653. Sitzung / Seite 144

Wir wissen von einem anderen Nationalpark, daß es doch Ergebnisse und Vorkommnisse gibt, die wahrscheinlich bei der Gründung des Parkes vorher nicht absehbar waren. So steht in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse", daß die Donauaufschüttung mit Schotter im Nationalpark Donau-Auen Kosten verursacht, und nun streiten sich – mit Worten natürlich und zum Glück gesittet – der Herr Bundesminister und der Direktor – wahrscheinlich des Nationalparks –, insbesondere aber auch der Leiter der Donauschiffahrtsverwaltung darüber, wer die Aufschüttung der Donau zahlt! Kommt die Aufschüttung der Donau mit Schotter dem Nationalpark Donau-Auen zugute, oder kommt die Aufschüttung der Donau mit Schotter der Schiff-fahrt zugute? – Ich will damit nur sagen, daß es vielleicht aus diesem Grund, Herr Kollege Payer, zweckmäßig wäre, ein paar Leute mehr in einem Gremium zu haben, weil ein paar Leute mehr oft mehr erkennen als weniger, aber das wollen wir nicht ausdiskutieren! (Bundesrat Payer: Es gibt auch einen Vorstand, es gibt verschiedene Gremien!) Ich stelle das daher nur in Frage.

Unsere Zustimmung zu diesem Nationalpark – das habe ich schon einleitend gesagt – ist gegeben, aber es ist trotzdem durchaus berechtigt, einige Fragezeichen aufzuzeigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.55

Präsident Gottfried Jaud: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

22. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 25. März 1999 betreffend eine Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (1523 und 1693/NR sowie 5922/BR der Beilagen)

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen zum 22. Punkt der Tagesordnung: Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wolfgang Hager übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Österreich ist Vertragspartei des Wiener Übereinkommens zum Schutz der Ozonschicht und des diesbezüglichen Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen sowie der nachfolgenden Anpassungen und Änderungen.

Seit dem Verbot von ozonabbauenden Substanzen hat der Schwarzmarkthandel erheblich zugenommen. Österreich ist insofern davon besonders betroffen, weil Österreich eine der längsten EU-Außengrenzen aufweist. Bei Zollkontrollen konnten bereits mehrmals erhebliche Mengen von FCKW beschlagnahmt werden. Das läßt auf eine Zunahme des Angebots auf dem Schwarzmarkt schließen. Weitere Indizien für eine solche Entwicklung stellen trotz Verbots die weitere Verfügbarkeit von FCKW sowie deren relativ stabiler Preis dar.


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653. Sitzung / Seite 145

Durch die Einführung eines weltweiten Lizenzierungsverfahrens wird die Kontrolle der Transporte transparenter. Ferner wird dadurch die Möglichkeit geschaffen, Genehmigungen auf zwischenstaatlicher Ebene gegenseitig zu überprüfen.

Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 13. April 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Gottfried Jaud: Ich bedanke mich für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Rodek. Ich erteile es ihm.

18.58

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Erst im Jänner dieses Jahres haben wir uns mit der Umwelt im Hohen Haus beschäftigt, als wir den Ozonbericht der Bundesregierung für das Jahr 1997 behandelt haben.

Wir haben uns wieder einmal zu einer lebens- und schützenswerten Umwelt bekannt, und es ist, seit ich Mitglied des Bundesrates bin, nicht das erste Mal, daß über dieses Thema gesprochen wird. Mir sind, nur um einige Schlagworte zu nennen, Begriffe wie Kyoto, Toronto, Wiener Übereinkommen, Rio, Buenos Aires und auch Montreal noch in guter Erinnerung, sie alle haben nur ein einziges Ziel, nämlich unsere Umweltbelastung zu vermindern.

Einige Erläuterungen dazu: Es soll – erstens – mit dem Beschluß von Kyoto bis zum Jahr 2010 eine Reduktion der klimarelevanten Gase um 5,2 Prozent erreicht werden. Österreich hat sich wie alle anderen EU-Länder sogar zu einer Reduktion um 8 Prozent der sechs für den Treibhauseffekt verantwortlichen Gase verpflichtet. Wir haben dem Ozonbericht 1997 entnehmen können, daß wir auf dem besten Wege zur Erreichung dieses Zieles sind. Immerhin konnten in den Jahren 1985 bis 1995 die Stickoxyde um rund 20 Prozent und die VOC-Emissionen sogar um 26 Prozent gesenkt werden.

Zweitens soll mit dem Beschluß von Toronto bis zum Jahr 2005 die Reduktion von CO2, dem Hauptverursacher des Treibhauseffektes, erreicht werden. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesbezüglich sind nicht nur wir Europäer, sondern in erster Linie die Hauptverursacher, nämlich die USA beziehungsweise die volkreichen Staaten wie China und Japan zum Beispiel gefordert. Warum? – Ein Computerprogramm, dessen Erfinder vor kurzem eine nobelpreisähnliche Auszeichnung im Wert von 1 Million Dollar erhalten hat, besagt, daß durch die Erwärmung der Erdatmosphäre paradoxerweise bei uns in Europa innerhalb der nächsten 100 Jahre eine Eiszeit kommen wird. Verantwortlich dafür ist laut diesem Computerprogramm die Abschmelzung der Pole. Dieses Kaltwasser verursacht eine beträchtliche Störung des Golfstromes, der kontinentalen "Warmwasserheizung". Die Erklärung liegt darin, daß dieses kalte Wasser der abschmelzenden Pole in unsere Bereiche kommt, das kalte Wasser ist schwerer und drückt schon vor Norwegen das warme Wasser des Golfstromes, also die "Warmwasserheizung", auf den Meeresboden, und daher können die Auswirkungen des Golfstromes nicht mehr zu uns kommen.

Es ist dies also eine sehr bedenkliche Entwicklung, und die tatsächliche Umsetzung des Protokolls von Toronto scheint daher wirklich ein Gebot der Stunde zu sein. Die Durchsetzung und Einhaltung dieser Ziele ist uns eine ernste Herausforderung.

Letztendlich wurde – drittens – mit dem Protokoll vom Montreal aus dem Jahre 1997 auf der Basis des Wiener Übereinkommens der Ausstieg aus den FCKWs und deren Nachfolgesubstan


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zen beschlossen, und durch die Einhaltung dieser Bestimmungen könnte sich das Ozonloch bis zu den Jahren 2050 beziehungsweise 2070 wiederum schließen.

Unbestritten, werte Kolleginnen und Kollegen, sind die gesundheitlichen Gefährdungen, die durch dieses Ozonloch gegeben sind. Unbestritten ist daher auch, daß Ozon ein wichtiges Thema geworden ist und daß man über die entsprechenden Grenzwerte zu diskutieren hat. Unbestritten ist weiters, daß für das Ozon so wie in vielen anderen Bereichen der Umweltpolitik der Verkehr der Hauptverursacher ist. Ich habe dazu bereits in meinem Redebeitrag über den Ozonbericht ausführlich Stellung genommen und will mich in dieser Hinsicht nicht wiederholen.

Besonders hervorheben möchte ich aber, daß gerade unter der österreichischen Präsidentschaft im Umweltrat am 20. und 21. Dezember des Vorjahres ein echter Durchbruch erzielt werden konnte – das ist vor allem der Initiative unseres Umweltministers zu verdanken –, nämlich die Absenkung der Stickoxyde, einer der klassischen Ozonvorläufersubstanzen, bei den Dieselabgaben von Lkws. Gegenüber dem derzeitigen Niveau kann dadurch bis zum Jahr 2008 eine Reduktion der Stickoxyde um nicht weniger als 70 Prozent erreicht werden.

Nun zum heutigen Beschluß: Wir haben schon gehört, daß die Mitverursacher erhöhter Ozonwerte – und zwar nicht die geringsten – die Fluorkohlenwasserstoffe, die FCKWs sind. Im Jahre 1995 haben sich die Industriestaaten daher die Auflage gemacht, die Herstellung von Produkten mit FCKW zu verbieten. Wie jedoch aus dem Bericht des Umweltausschusses des Nationalrates hervorgeht, hat seit diesem Verbot der Ozon abbauenden Substanzen der Schwarzmarkthandel bedauerlicherweise erheblich zugenommen. Bei den dankenswerterweise genauen Zollkontrollen an der EU-Außengrenze konnten erhebliche Mengen von FCKW beziehungsweise Halonen, Tetrachlorkohlenstoffen, Trichlorethan oder von Erzeugnissen, die diese Stoffe enthalten, beschlagnahmt werden. Betroffen davon sind vor allem Importe aus Rußland und anderen osteuropäischen Staaten. Obwohl für diese Staaten ebenfalls eine Ausstiegsfrist für das Jahr 1994 beziehungsweise bis 1996 vorgesehen war, haben sie Substanzen für den Eigenverbrauch weiterproduziert, aber auch dieselben Stoffe in gebrauchter oder in wieder aufbereiteter Form exportiert.

Mit der Änderung dieses Montrealer Protokolls soll nun erreicht werden, daß der Handel mit Ozon abbauenden Substanzen wie zum Beispiel Methylbromid verboten wird und vor allem aufgrund Artikel 4A dieses Vertrages die oben erwähnten Staaten dazu verpflichtet werden, den Export gebrauchter oder wieder aufbereiteter Stoffe einzustellen. Es ist dies eine sinnvolle Maßnahme, der meine Fraktion nur zustimmen kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.05

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Erhard Meier. Ich erteile es ihm.

19.05

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Mein Vorredner hat schon angeführt, daß wir erst in der Jännersitzung den Ozonbericht 1997 diskutiert und zur Kenntnis genommen haben. Es ging dabei um das Problem des bodennahen Ozons. Heute geht es um die Gefährdung, die durch den Abbau der Ozonschicht entsteht.

Zum Schutz der Ozonschicht gibt es bereits mehrere internationale Übereinkommen, zum Beispiel das Wiener Übereinkommen aus dem Jahre 1985 und eben das Montrealer Protokoll aus dem Jahre 1987 mit weiteren Anpassungen und Änderungen von London, Wien und Kopenhagen. 1997 fand nun in Montreal die 9. Tagung der Vertragsstaaten statt. Dabei ging es darum, verstärkte Regelungen und Kontrollen einzuführen, die vor allem Entwicklungen entgegenwirken sollen, durch die das Montrealer Abkommen umgangen wird, und den zunehmenden Schwarzmarkthandel, zum Beispiel mit FCKW und anderen derartigen Stoffen, einzudämmen und zu verhindern.

Österreich hat bezüglich der Einhaltung des Montrealer Protokolls eine reine Weste. Es besteht bei uns bereits eine Reihe von gesetzlichen Regelungen, die den Ozonabbau in den oberen


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653. Sitzung / Seite 147

Schichten der Atmosphäre verhindern sollen. Wir wollen damit die EG-Verordnung aus dem Jahre 1994 durchsetzen, die nicht nur den Transport innerhalb der EU, sondern vor allem die Ein- und Ausfuhr von FCKW, Halonen, Tetrachlorkohlenstoff und Trichlorethan aus und in Nicht-EU-Staaten regelt, wobei sowohl Importlizenzen der Kommission notwendig als auch Höchstmengen festgelegt sind. Die Ein- und Ausfuhr der angeführten Stoffe in und aus Staaten außerhalb der EU, die nicht Vertragsstaaten des Montrealer Protokolls sind, ist überhaupt verboten.

Die wesentlichen Änderungen des Montrealer Protokolls sind in Artikel 4 festgelegt, wobei folgende Inhalte wichtig sind:

Artikel 4A: "Ist eine Vertragspartei ... nicht in der Lage, die Produktion" eines Stoffes "einzustellen, so verbietet sie die Ausfuhr gebrauchter, wiederverwerteter und zurückgewonnener Mengen dieses Stoffes, sofern die Ausfuhr nicht zum Zweck der Vernichtung geschieht." – Zitatende.

Artikel 4B: "Jede Vertragspartei richtet bis zum 1. Jänner 2000 oder innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem dieser Artikel für sie in Kraft tritt ... ein System zur Lizenzerteilung für die Einfuhr und Ausfuhr von neuen, gebrauchten, wiederverwerteten und zurückgewonnenen geregelten Stoffen der Anlagen A, B, C und E ein." Für die Anlagen C und E besteht die Möglichkeit – ich würde dazu sagen leider –, eine Fristerstreckung zur Errichtung des Lizenzsystems bis 1. Jänner 2002 oder bis 1. Jänner 2005 zu erreichen. "Über die Einrichtung und Wirkungsweise" des Lizenzsystems muß "innerhalb von drei Monaten" berichtet werden. Aus einer allen Vertragsparteien zuzustellenden Liste jener Vertragsparteien, die über das Funktionieren des Lizenzsystems berichten, ist ersichtlich, welche Kontrollen durchgeführt werden, sodaß dadurch sozusagen eine übergeordnete Kontrolle entsteht.

"Kein Staat oder keine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration kann" – laut Artikel 2 – dieser Änderung beitreten, wenn er nicht vorher die Änderungen von 1992 akzeptiert hat, also das volle Paket. – Zitatende.

Es ist zu hoffen, daß durch dieses Lizenzierungsverfahren eine verstärkte Kontrolle der Transporte von FCKWs und anderen Stoffen erreicht wird und Genehmigungen durch transparente Berichte gegenseitig überprüft werden.

Die sozialdemokratische Fraktion wird diesem Gesetz gerne zustimmen und keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

19.09

Präsident Gottfried Jaud: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

19.09

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollegen und Kolleginnen! Wie könnte man ein Gesetzesvorhaben, welches die Umwelt bewahren und den Abbau der Ozonschicht verhindern soll, überhaupt negativ kritisieren? – Das will ich auch gar nicht tun. Wir werden diesem Gesetzesvorhaben auch deshalb sehr gerne zustimmen, weil es notwendig ist.

Aber lassen wir uns nicht von verschiedenen Bereichen ausbluffen! Mir liegt ein Artikel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vor, welche vorgestern folgendes darüber schrieb: "Es ist niemandem geholfen, wenn man sich mangels aussagekräftiger Daten in der trügerischen Hoffnung wiegt, die Menschheit sei doch noch zur Einsicht fähig." – Der Autor des Artikels bezieht sich dabei auf die Regenwälder in Brasilien, bei denen man meinte, mit Satellitenaufklärung den Schaden ableuchten oder überwachen und feststellen zu können, wie groß er tatsächlich war.

Meine Kollegen und Kolleginnen! Das ist nicht möglich! Ebensowenig ist es möglich, irgend etwas zu erreichen, wenn wir hier schöne und erwartungsgemäß hohe Ziele von Kyoto, Rio und Toronto fixieren, obwohl wir zugleich wissen, daß sich die Industrie nicht daran hält beziehungsweise es ihr gelingt, die überwachenden Einrichtungen, mit welchen Mitteln auch immer, auszu


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tricksen. Darüber hinaus wird dann noch angegeben beziehungsweise die Behauptung aufgestellt, daß das Lizenzierungssystem keine Kosten verursacht!

Kollegen und Kolleginnen! Ein altes Sprichwort lautet: Was nichts kostet, ist nichts wert. – Ich zweifle daran, daß man mit einem kostenlosen Lizenzierungssystem das hohe Ziel oder die hohen Ziele erreicht, welche Kyoto, Rio, Toronto und x andere schöne Hauptstädte vorgeben. Ich glaube, wir müssen diese Ziele viel ernster nehmen, als daß wir sagen, da kostet die Verwaltung nichts. Das ist ein Fehlansatz! Die Verwaltung soll billig sein, sie soll effektiv sein, sie soll sparsam und zweckmäßig sein. Wenn sie aber nichts kostet, dann ist sie weder zweckmäßig noch billig. Vielleicht ist sie gesetzmäßig, aber damit alleine hat sie noch nichts erfüllt.

Zu diesen Zielen über das Montrealer Abkommen gibt es natürlich auch verschiedene technische Aussagen – jetzt leiste ich Abbitte beim Herrn Bundesminister –: Nicht nur Juristen haben verschiedene Meinungen, auch und gerade Naturwissenschafter haben über die verschiedensten Phänomene, so möchte ich sagen, oder zumindest Gegebenheiten unterschiedliche Meinungen. Dennoch gilt: Im Zweifel für den Erdball, im Zweifel für unsere Kinder, im Zweifel für diese Schöpfungsgeschichte!

In diesem Sinne müssen und wollen wir auch diesem Gesetz zustimmen. Hier sind uns keine Ziele zu hoch. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

19.12

Präsident Gottfried Jaud: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, daß seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sieben Anfragen – 1600/J bis 1606/J – eingebracht wurden.

Den Antrag 115/A betreffend Abhaltung einer Enquete habe ich dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus und den Antrag 116/A dem Geschäftsordnungsausschuß zugewiesen.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 6. Mai 1999, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschußvorberatungen sind für Dienstag, den 4. Mai 1999, ab 15 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 19.14 Uhr


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653. Sitzung / Seite 149

Berichtigung

In der 651. Sitzung des Bundesrates soll es auf Seite 4 im ersten Absatz statt "Wachbediensteten-Hilfeleistungsgesetz" richtig "Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz" heißen.