Fragestunde

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von beiden Rednerpulten aus, die hier im Halbrund aufgestellt sind, vorgenommen. Ich darf den Herrn Minister ersuchen, die Beantwortung vom Rednerpult der Abgeordneten aus vor­zunehmen.

Für die Anfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen, die Beantwortung der Anfragen darf jeweils 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute nicht über­schreiten. Ich werde kurz vor Ende der Redezeit drauf aufmerksam machen.

EU, Kunst, Kultur und Medien

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur 1. Anfrage. Ich darf Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli ersuchen, ihre Frage zu stellen. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundes­minister, lieber Gernot! Im Jahr 2016 hat in Großbritannien das Referendum stattgefun­den und leider eine Mehrheit für den Brexit ergeben. In exakt 315 Tagen, am 29. März 2019, soll der Austritt stattfinden.

17/M

„Wie ist der Stand der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über den Bre­xit?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Herr Präsident! Hohes Haus! Das Vereinigte Königreich hat sich mit dem Referendum leider Gottes aus der Europäischen Union verabschiedet. Ich bedaure das sehr, ich habe das auch immer kundgetan. Der britische Brexit-Minister David Davis hat gemeint, das könnte zu einer Win-win-Situation für alle führen. Ich bin da anderer Meinung, ich glaube, es ist in je­dem Fall eine Lose-lose-Situation. Wir können im Zuge der Verhandlungen nur dafür Sorge tragen, diese Verluste für beide Seiten so gering wie möglich zu halten.

Es ist fix, dass das Vereinigte Königreich mit Ende März 2019 die Europäische Union verlassen wird, und jetzt geht es darum, einen entsprechenden Austrittsvertrag mit UK zu unterfertigen, der im Oktober, im Herbst dieses Jahres vorliegen soll. Wir beraten darüber regelmäßig. Im Rat für Allgemeine Angelegenheiten berichtet über die Aus­trittsverhandlungen EU-Verhandler Michel Barnier. Er hat uns letztens darüber berich­tet, dass circa 75 Prozent des Austrittsabkommens fertig sind, und gesagt, dass es wichtig ist, auch weiterhin die Einigkeit der EU-27 zu wahren. Wir wollen das auch während des Vorsitzes Österreichs entsprechend tun, damit es zu einem guten Ergeb­nis für beide Seiten kommen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Kurze Zusatzfrage: Wie stellst du dir ein zukünftiges Verhältnis mit dem Vereinigten Königreich vor?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Wir haben jedenfalls größtes Interesse daran, dass auch künftig das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ein mög­lichst enges ist. Nicht nur in wirtschaftspolitischer Hinsicht – Großbritannien ist ein gro­ßer und wichtiger Markt, aber vice versa ist auch die Europäische Union ein großer und wichtiger Markt für Großbritannien –, sondern auch in sicherheitspolitischer Hinsicht sind die Briten natürlich sehr, sehr wichtig, gerade was die Nachbarschaftspolitik be­trifft.

Es gibt noch keine konkreten Vorstellungen, es muss eine maßgeschneiderte Partner­schaft sein, in der es ein möglichst enges Miteinander geben muss.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster kommt Abgeordneter Schieder dran. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Danke schön, Herr Präsident. – Jetzt wäre ich fast versucht gewesen, noch eine Zusatzfrage zur Hochzeit in Großbritannien zu stellen, aber ernsthaft: Da nicht nur gegen Polen ein Artikel-7-Verfahren der Euro­päischen Union läuft, sondern auch gegen Ungarn eines in Diskussion ist und das Eu­ropäische Parlament bezüglich der Situation in Ungarn von einer systemischen Be­drohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte gesprochen hat und die Frage ist, ob da schwerwiegende Verletzungen der Grundwerte der Europäi­schen Union vorliegen, möchte ich Ihnen folgende Frage stellen:

14/M

„Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung gegen die weitere Verschlechterung der Rechtstaatlichkeit in Ungarn und Polen setzen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank, Herr Klubobmann! Ganz prinzipiell haben wir immer klargemacht, auch innerhalb der Europäischen Union, dass es keinen Rabatt auf Rechtsstaatlichkeit geben darf. Rechtsstaatlichkeit ist das höchste Gut, das es innerhalb der Europäischen Union gibt. Es ist die Basis für das Zusammenhalten der EU-27 beziehungsweise EU-28, und deswegen haben wir auch immer gesagt, wir un­terstützen die Kommission bei ihrem Vorgehen im Artikel-7-Verfahren gegen Polen, wir hoffen aber, dass das im Wege eines Dialogs lösbar ist. Frans Timmermans hat uns am Montag im Rat für Allgemeine Angelegenheiten berichtet, dass die Polen da erste Schritte gesetzt haben, dass das noch bei Weitem nicht genug ist, dass der Dialog aber fortgesetzt wird und wir beim Rat im Juni einen neuen Sachstand erhalten.

Was andere Länder betrifft, Ungarn und andere, ist natürlich dieselbe Vorgangsweise zu wählen, falls es zu ähnlichen Problemen kommt. Auf Rechtsstaatlichkeit darf es nir­gendwo Rabatte geben, das ist kein Einzelfall.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeord­neter.

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Da Sie und auch Bundeskanzler Kurz ja sehr gerne, sehr freundschaftlich und sehr oft den ungarischen Premierminister Or­bán treffen und ich mit Freude gehört habe, dass Sie auch finden, dass es kein Nach­lassen bei Rechtsstaatlichkeit und Demokratieverletzungen geben darf, lautet meine Frage: Haben Sie dem ungarischen Premier Orbán diesbezüglich bei Ihren zahlreichen Treffen ins Gewissen geredet, ihn ermahnt, ihm quasi auch Hinweise gegeben, wo er wirklich Fehler bezüglich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gemacht hat?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Klubobmann! Wir stellen überall außer Zweifel, dass es nicht nur die österreichische, sondern auch die Haltung dieser Bundesregierung ist, dass wir die Rechtsstaatlichkeit unabdingbar einhalten müssen. Sie ist die Basis dafür, dass die EU-27 zusammenhalten können, deswegen haben wir auch immer gesagt, wir unterstützen das Vorgehen der Kommission, wenn es um die Einleitung eines Artikel-7-Verfahrens geht, wenn es konkrete Probleme gibt. Solange es diese nicht gibt, warne ich davor, aus parteipolitischem Populismus heraus zu versuchen, Rechtsinstrumente zu instrumentalisieren.

Klar ist aber: Wir haben der Kommission die volle Unterstützung dabei ausgesprochen, die Hüterin der Verträge zu sein und auch auf die Rechtsstaatlichkeit zu achten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Engelberg.

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist ja tatsächlich das erste Mal in der Geschichte der Gemeinschaft, dass ein Sank­tionsverfahren nach Artikel 7 eingeleitet wurde, da betritt die EU ja auch ein bisschen neues Terrain.

Was wären eigentlich die nächsten Schritte, die in diesem Verfahren zu erwarten sind, sowohl von polnischer Seite als auch von EU-Seite?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Die Kommission hat einige Punkte vorgelegt, die zu än­dern sie von der polnischen Regierung, vom polnischen Parlament verlangt – es geht da um die Frage von vorzeitigen Richterabsetzungen, frühzeitigen Pensionierungen von Höchstrichtern –, und da hat Polen einiges getan, aber noch nicht genug, wie uns der Vizepräsident gesagt hat.

Wir hoffen, und das ist die allgemeine Hoffnung, die auch im Rat zum Ausdruck ge­kommen ist, dass es im Wege des Dialogs lösbar ist, dass die polnische Regierung, das polnische Parlament weitere Schritte in die richtige Richtung macht. Falls sie das nicht tut, und das ist jetzt eine theoretische Annahme, könnte es am Ende des Tages bis zu einer Stimmrechtsaberkennung kommen; dafür bräuchte es aber Einstimmigkeit. Wie gesagt, wir hoffen aber, dass das im Wege des Dialogs gelöst werden kann; Schritte in die richtige Richtung gibt es bereits. (Abg. Engelberg: Danke vielmals!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Anfrage: Herr Klubobmann Rosen­kranz. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident, Herr Bundesminister, schönen guten Morgen!

20/M

„Herr Minister, unter Ihrem Vorgänger“, Thomas Drozda – er sitzt ja mittlerweile in un­seren Reihen im Parlament –, „wurde das ‚Weißbuch Österreichische Bundesmuseen/Ös­terreichische Nationalbibliothek‘ vorgelegt.“

Es waren Expertinnen und Experten, von Edelbert Köb bis Danielle Spera, einge­bunden. Die Aufmerksamkeit, die dieses Werk erlangte, auch in den Medien, legt auf jeden Fall nahe, dass man sagen kann: Bitte nicht in die Schublade! Daher ist meine Frage:

„Was sind die nächsten Schritte bei der Optimierung der Struktur der Einrichtungen hinsichtlich Einheitlichkeit, Effizienz und Verlässlichkeit (wie im Bericht als Ziel defi­niert)?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank, Herr Klubobmann! Wie ich schon öfters ge­sagt habe, haben wir uns genau angesehen, auf welchen Vorarbeiten meines Vorgän­gers ich aufbauen kann. Das Weißbuch ist eine davon, es ist aber keine Entschei­dungsgrundlage, sondern zeigt lediglich verschiedene Szenarien, Möglichkeiten auf, wie man mit den Bundesmuseen weiter verfahren könnte.

Insgesamt glaube ich, dass die Ausgliederung der Bundesmuseen vor circa 20 Jahren jedenfalls als Erfolg gewertet werden kann. Ich bin nicht für eine Reverstaatlichung zu haben, aber der Eigentümer muss seine Eigentümerrechte auch entsprechend wahr­nehmen. Es geht um sehr, sehr viel Steuergeld – circa 113 Millionen Euro –, und des­wegen schauen wir uns gemeinsam mit den betroffenen Häusern innerhalb des BKAs die Abläufe an.

Wir haben eine interne Revision gestartet, im Rahmen derer wir auch die Erfahrungen aus der Bundestheater-Holding vergleichen und schauen wollen, wie weit sie auf et­waige Bundesmuseen übertragbar sind. Dieser Prozess läuft gerade, weil wir, wie gesagt, schauen wollen, dass möglichst viel Geld dort ankommt, wo es hinsoll, nämlich direkt zu den Kunst- und Kulturschaffenden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Ab­geordneter.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Eine kurze Zusatzfrage: Sie haben schon erwähnt, dass das natürlich in Abstimmung und in Absprache mit den Häusern selbst erfolgt. Wie weit ist da der Prozess?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Es hat diese Woche eine interne Revision mit den betref­fenden Häusern gegeben, das hat gestern stattgefunden. Es war ein sehr, sehr guter Termin, ist mir berichtet worden, bei dem auch erhoben worden ist, welche Möglich­keiten es gibt, Synergieeffekte darzustellen, in der Verwaltung zu sparen, damit mehr Geld in der Kunst und Kultur ankommt.

Welche Variante des Weißbuchs umzusetzen am Ende des Tages am geeignetsten er­scheint, wird das Ergebnis dieser Revision zeigen. (Abg. Rosenkranz: Danke!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Anfrage: Frau Abgeordnete Gamon, bitte.

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Minister, ich glaube, ich muss meiner Frage jetzt nicht viel voranstellen, nachdem wir gestern schon so intensiv über das EU-Budget debattiert haben. Trotzdem heute noch einmal konkret eine Frage zu einem Interview des Herrn Finanzministers Löger am Wochenende:

25/M

Bundesminister Löger hat in einem Interview mit dem Standard am vergangenen Wo­chenende gesagt, dass Österreich – genau wie Deutschland – bereit ist, mehr in den EU-Haushalt einzuzahlen. Stehen Sie ebenfalls hinter dieser Aussage?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für die Frage! Ich habe bereits am Montag versucht, das klarzustellen, auch am Dienstag im Hauptausschuss sowie gestern im Plenum, und mache das heute sehr, sehr gerne wieder.

Die österreichische Bundesregierung und damit auch Bundesminister Löger haben im­mer gesagt: 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens soll das Budget für die Europäi­sche Union betragen; das war bisher so, das wollen wir auch in Zukunft haben. Auf­grund des erfreulichen Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren ist das in absoluten Zahlen natürlich mehr; relativ gesehen wollen wir bei 1 Prozent bleiben.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sie haben ja gestern auch gesagt, dass Sie Einsparungsvorschläge fürs EU-Budget haben. Hat irgendein Ministerium, entweder Ihres oder das Finanzministerium, schon Berechnungen angestellt, wie hoch denn das Einsparungspotenzial wäre, zum Beispiel im Bereich Digitalisierung, was Sie gestern auch angesprochen haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Die Verhandlungsbasis ist der Vorschlag der Kommission, alle Einsparungsmöglichkeiten müssen natürlich auf Basis dieses Vorschlags erhoben werden – wo können wir wegnehmen?, wo können wir anders allozieren? –, und da werden die konkreten Programme zwischen Mitte Mai und Mitte Juni ausdefiniert.

Wenn diese Zahlen auf dem Tisch liegen, werden wir uns diese sehr genau ansehen, und auch, wo wir mit unseren Vorschlägen Potenzial heben können und wie viel das ist, denn klar ist für uns, dass wir gerade beim Thema Migration und Außengrenz­schutz doch eine wesentliche Steigerung brauchen, damit es eben dazu kommt, dass die illegale Migration beendet wird. Das soll während der Ratspräsidentschaft auch ei­ner der Schwerpunkte sein.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Die offizielle ös­terreichische Position, dass wir nicht mehr einzahlen und nicht weniger rausbekommen werden, ist ja unhaltbar. Es geht auch aus dem Ministerratsvortrag vom 8. Feber her­vor, dass die Bundesregierung offensichtlich damit rechnet, in Zukunft absolut und re­lativ mehr einzuzahlen und etwas weniger rauszubekommen.

Meine Frage lautet: Wann werden Sie der Bevölkerung endlich reinen Wein einschen­ken und den Menschen das sagen, was in diesem Raum auch jeder weiß, nämlich dass am Ende des Tages Österreich etwas mehr in den gemeinsamen Topf der Euro­päischen Union einzahlen und etwas weniger herausbekommen wird als heute?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für diese Frage! Herr Abgeordneter, wenn Sie jetzt schon wissen, was das Ergebnis sein wird, dann sind Ihre Fähigkeiten wesent­lich beachtenswerter als die von Gerda Rogers und allen Zukunftsforschern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Krai­ner: Ich wusste nicht, dass die Gerda Rogers eine Zukunftsforscherin ist!)

Es ist derzeit einfach nicht darstellbar, wie das Ergebnis sein wird, denn ein solcher Verhandlungsprozess dauert erfahrungsgemäß mehrere Jahre. Wie das Ergebnis dann sein wird, kann man daher jetzt noch nicht sagen – und auch, wie hoch die Rückflüsse sein werden, kann man jetzt noch nicht sagen. Wenn Sie dazu aber in Ihrer Glaskugel schon konkrete Zahlen haben, dann bitte ich Sie, mir diese zu übermitteln, das wäre auch für uns sehr interessant! (Abg. Krainer: Die habe ich aus dem Ministerratsvortrag vom 8. Feber!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Zadić.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Herr Minister, wir wissen, dass laut allen seriösen Prognosen das Wirtschaftswachstum heuer absolut am Zenit ist. Das heißt, wenn wir bei den 1,1 Prozent bleiben, werden unsere Beiträge nicht mehr so stark stei­gen, wie das heuer der Fall ist. Gleichzeitig steigen aber die Kosten – Inflation und so weiter –, und gleichzeitig wollen wir auch mehr investieren – Außengrenzschutz und viele weitere Ideen, die wir in der Migrations- und Asylpolitik haben.

Daher die Frage: Wenn wir nicht mehr einzahlen und gleichzeitig aber mehr wollen, können Sie sich vorstellen, dass die EU dann auch Eigenmittel erwirtschaftet, zum Bei­spiel auf einer europäischen Ebene im Zusammenhang mit Steuern auf digitale Be­triebsstätten oder durch die Finanztransaktionssteuer?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Also insgesamt kommt es zu einer Steigerung im Ver­gleich zum letzten Rahmen, auch wenn das Wirtschaftswachstum nicht mehr so stark steigt wie in diesem Jahr. Schauen wir einmal, ich hoffe, dass es das trotzdem tut!

Insgesamt wären es pro Jahr Steigerungen um circa 10 Milliarden Euro, ausgehend vom jetzigen Durchschnitt. Das ist eine ganze Menge, sogar wenn Großbritannien nicht mehr einzahlt. Wir glauben daher, dass das ausreichend ist, um die Kompetenzen der Europäischen Union auch entsprechend zu stärken. Man kann Umschichtungen vor­nehmen, Einsparungspotenziale sind da.

Das heißt, aus unserer Sicht ist das nicht notwendig. Es ist auch nicht notwendig, neue Steuern auf europäischer Ebene zu erfinden. Ich halte das für eine Sache, bei der man doch den Anfängen wehren muss, denn wenn das einmal geöffnet ist, dann kommt da, das wissen wir als gelernte Österreicher, recht schnell recht viel dazu. Deswegen sind wir prinzipiell einmal gegen neue Steuern auf europäischer Ebene. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Zadić: Danke!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Sehr verehrter Herr Minister! Ich gehe davon aus, dass wir alle einen freien, unabhängigen, möglichst objektiven Öster­reichischen Rundfunk haben wollen. Jetzt gibt es aber immer wieder Sendungen, an­gesichts derer man den Eindruck bekommt, dass er diesem Anspruch nicht genügt. Mir und vielen anderen ist das auch bei der vorletzten Sendung „Kulturmontag“ aufgefal­len: Sie waren als Medien- und Kulturminister eingeladen, um sich die ganze Sendung hindurch über Gott und die Welt zu verbreitern, ohne dass das kritisch hinterfragt wur­de. (Ruf: Über Gott nicht!)

23/M

„Was würden Sie tun, wenn Sie im ORF eine Belangsendung für den Kultur- und Me­dienminister erkennen, die im Rahmen einer Sendung, zB im Kulturmontag, ausge­strahlt wird?“

(Heiterkeit bei Abgeordneten von Liste Pilz und SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Abgeordneter: Was ich tun würde? – Ich würde mich fragen, was Sie tun würden, wenn politische Funktionsträger die Meinungs-, Presse- und Redaktionsfreiheit einschränken wollen würden, nur weil sie mit dem Auftritt eines politischen Mitbewerbers nicht einverstanden sind. – Das würde ich tun! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dieser offene Brief, den Sie, Herr Zinggl und Herr Schellhorn, an den ORF geschrieben haben, sucht aus meiner Sicht seinesgleichen. Ich darf daraus zitieren:

Sehr geehrter Generaldirektor Wrabetz, selbstverständlich stehen wir für die redaktio­nelle Eigenverantwortung des ORF – et cetera, et cetera –, aber so etwas soll sich nicht wiederholen.

„Dass“ – und das ist meine Lieblingsstelle in diesem Brief – „allerdings dem Minister über die gesamte Sendezeit die Gelegenheit geboten wird, sich völlig unreflektiert als philosophisch und kulturell versierter Schöngeist zu inszenieren, ist einzigartig und journalistisch völlig unzureichend.“ (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich finde das sehr bemerkenswert, es ist wahrscheinlich die freundlichste Kritik, die ein Minister von der Opposition jemals bekommen hat (Heiterkeit bei der SPÖ), es zeigt aber auch Ihre sehr, sehr zweifelhafte Haltung zur Presse- und Meinungsfreiheit, wenn Sie so etwas äußern, einfach weil Ihnen ein Beitrag nicht gefallen hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Es handelt sich bei diesem Format heute um eine Fragestunde an den Minister und nicht um eine Fragestunde des Minis­ters an die Abgeordneten. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Ah-Rufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Wehleidig auch noch!)

Ich wiederhole meine Frage gerne als Zusatzfrage: Was würden Sie tun, wenn Sie in einer Sendung erkennen, dass es sich um eine Belangsendung des Kulturministers handelt? Was würden Sie dann tun? (Ruf bei der FPÖ: Das weiß er nicht, das kommt ja nicht vor!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Abgeordneter, es ist Ihr gutes Recht, Fragen zu stel­len, aber wie auch Ihr Brief schon zeigt, sind Sie offensichtlich nicht mit meinen Ant­worten und Ausführungen zufrieden; das ändert sich anscheinend nicht. Was diesen Brief betrifft, muss ich ehrlicherweise sagen – als gelernter Oppositionspolitiker darf ich das –: Da ist noch Luft nach oben bei der Kritik des Ministers. Wenn es inhaltlich keine Kritikpunkte gibt, dann versucht man, die Redaktionsfreiheit zu kritisieren. Und wenn Sie mich da schon als kulturell versierten Schöngeist brandmarken wollen, darf ich Ih­nen sagen: si tacuisses, philosophus mansisses. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Sabine Schatz.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Meine Frage ist: Sie hatten in dieser angesprochenen Sendung „Kulturmontag“ ein Bild zu - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich bitten, man hört die Frage nicht! (Abg. Neubauer: Da hat man nichts versäumt!)

Darf ich Sie bitten, noch einmal von vorne zu beginnen? (Abg. Schieder: ... Ruhe im Saal haben!)

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ) (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie hatten in dieser angesprochenen Sendung „Kulturmontag“ ein Bild zu interpretie­ren. Wie Journalisten und Journalistinnen festgestellt haben, entspricht Ihre Interpreta­tion beinahe eins zu eins der Interpretation auf Wikipedia. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Meine Frage ist: Waren Sie vorab informiert, welches Bild Sie zu interpretieren hatten?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Also diese „Kulturmontag“-Sendung dürfte breites Aufse­hen erregt haben. Ich finde es nur schade, dass die Sendungen in der TVthek des ORF nur sieben Tage online bleiben dürfen, sonst hätten jetzt alle Herrschaften noch die Möglichkeit, das nachzusehen, was mich sehr freuen würde. Die Vorbereitung dazu ist genau so gelaufen wie bei einer Einladung zu einer „ZIB 2“ bei Armin Wolf. Man hat nicht mehr oder weniger Informationen gehabt.

Wenn Sie sagen, dass auf Wikipedia Ähnliches steht: Na ja, der „Turmbau zu Babel“ von Bruegel ist jetzt nicht so schwierig zu interpretieren. Dass da Wikipedia richtig liegt, ist durchaus nachvollziehbar. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer. – Abg. Wöginger: Das ist eine hochqualitative Fragestunde!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Fragestellerin: Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

18/M

„Wie soll die von Ihnen angekündigte umfassende Kunst- und Kulturstrategie konkret ausschauen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für diese recht konkrete Frage. (Abg. Schie­der: Auf Fragen Ihrer eigenen Fraktion müssten Sie jetzt schon einmal antworten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir wollen natürlich auf dem aufbauen, was da ist. Da ist in Österreich ja sehr, sehr viel Gutes passiert. Eine gute Kulturpolitik denkt aber nicht in Jahren, sondern tendenziell in Jahrzehnten, wenn nicht gar in Jahrhunderten.

Es geht darum, was man mit dem kulturellen Erbe macht, wie man es richtig präsen­tiert – und auch, wie man es schafft, neue Größen hervorzubringen, österreichische Künstlerinnen und Künstler international bekannt zu machen, ihnen dadurch auch den Sprung in die wirtschaftliche Selbständigkeit zu ermöglichen. All das ist Teil der Kunst- und Kulturstrategie, aber auch der Förderbereich, der ja ein sehr aufgesplitterter ist. Letztlich hat Österreich sehr, sehr viele verschiedene Kulturinitiativen, Künstlerinnen und Künstler, die es wert sind, unterstützt zu werden. Das geht auch nur gemeinsam mit den Bundesländern, die da einen Löwenanteil leisten. Deswegen geht es darum, alle Teilnehmer einzubinden und auch mit den Landeskulturreferenten gemeinsame Lösungswege zu finden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Ja, noch ein Frage – da Sie es ansprechen – zu den Förderungen: Gibt es da schon ein paar konkrete Zugänge? Wie wird das mit den Förderungen ausschauen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Wir haben einen Termin mit den Landeskulturreferenten der verschiedenen Bundesländer gehabt. Wir sind uns einig geworden, dass sehr, sehr viel Gutes passiert, aber dass das vielleicht noch sichtbarer gemacht werden kann. Es gibt vereinzelte, versprenkelte Kulturförderungen, deren Sichtbarkeit oft so nicht gege­ben ist.

Wir haben deswegen gesagt, wir versuchen, ein Modell zu erarbeiten, im Rahmen des­sen wir dem Ganzen vielleicht ein gemeinsames Mascherl geben und für Themen, die man definiert, auch für Jahre – so wie jetzt das Jahr 2018 das Gedenk- und Erinne­rungsjahr ist – im Vorhinein ein Topf zur Verfügung gestellt wird. Aus diesem Topf ver­geben dann Land und Bund die Förderungen gemeinsam, damit jedes einzelne Projekt unter diesem Dach auch sichtbar ist. Das hilft nicht nur einer besseren Vermarktung, sondern das würde auch der Sichtbarkeit der einzelnen Projekte helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Großbauer: Vielen Dank!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Anfrage: Herr Abgeordneter Leichtfried, bitte.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich komme zurück zur Europapolitik. Sie haben ja gemeinsam mit dem Herrn Bundeskanzler diese Renationalisierungsdebatte angestoßen und unter anderem auch gemeint, es ist nicht einsichtig, dass die Europäische Union regeln muss, ob auf einer Flasche Putzmittel draufsteht: Nicht trinken!, weil es gefährlich ist. Jetzt gibt es so ein Thesenpapier von Kollegen Lopatka, aus dem man im Wesentli­chen herauslesen kann, dass er möchte – beziehungsweise in diesem Thesenpapier steht halt, es wäre gut –, dass die Sozial-, die Gesundheitspolitik, der Konsumenten­schutz renationalisiert werden. Ist das Standpunkt der Bundesregierung?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 15/M, hat folgenden Wortlaut:

„Tritt die Bundesregierung weiterhin dafür ein, Sozial- und Gesundheitspolitik sowie KonsumentInnenschutz in Zukunft nur noch auf nationaler Ebene statt europaweit zu regeln?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf eine Besuchergruppe der Neuen Mittel­schule Mautern recht herzlich bei uns begrüßen, in der sich auch Familienangehörige unserer Abgeordneten befinden. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Uns als Bundesregierung geht es generell um Bürokratie­abbau. Das ist kein Geheimnis. Das gilt für Österreich, das gilt aber natürlich auch für die europäische Ebene. Wir wollen natürlich Regelungen, die aus unserer Sicht über­schießend und nicht notwendig sind, abschaffen und damit den Bürgerinnen und Bür­gern und auch den Wirtschaftstreibenden mehr Freiheit gewähren.

Es braucht aus unserer Sicht einfach kein Gesetz dafür, dass man verbrannte Pommes nicht essen darf. Das ist jetzt gar nichts Böses, das ist einfach nur gesunder Hausver­stand – und wenn es solche Regelungen gibt, dann sollten die aus unserer Sicht redu­ziert werden, denn es braucht nur dort mehr Europa, wo es sinnvoll ist: in Bereichen wie beispielsweise Grenzschutz, Migrationsbekämpfung, gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Überall dort aber, wo man deregulieren kann, sollten wir das auch tun, nicht nur in Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Ab­geordneter.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ja, das klingt gut, der Teufel liegt aber manchmal im Detail. Ich möchte zu Ihren Putzmitteln – oder jenen des Bundeskanz­lers, ich weiß nicht, von wem das jetzt konkret gekommen ist – zurückkommen. Ich habe darüber länger nachgedacht.

Man kann darüber diskutieren, ob draufstehen muss, dass man es nicht trinken darf, weil es gefährlich ist, da gebe ich Ihnen recht; aber diese Regelung zu renationalisie­ren würde ja bedeuten, dass jedes Land entscheidet, ob das draufstehen muss oder nicht, und dann haben wir vielleicht 13 Länder, da muss man es draufschreiben, im 14. Land muss man etwas ganz anderes draufschreiben und in den anderen braucht man nichts draufzuschreiben. Das ist ja keine Erleichterung für die Wirtschaft, im Ge­genteil, diese Renationalisierung behindert ja die Wirtschaft, weil man dann für jedes Land die Flaschen eigens beschriften muss. Das meinte ich damit, dass da ein biss­chen der Teufel im Detail steckt. Vielleicht möchten Sie diese Überlegung ja doch nicht so anstellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Abgeordneter, ich glaube, Sie haben mich falsch ver­standen. Ich habe nicht von Putzmitteln sondern von Pommes gesprochen. (Ruf bei der SPÖ: Nicht heute, aber ...!) Ich habe gesagt, es braucht kein Gesetz dafür, dass man verbrannte Pommes nicht essen soll. (Abg. Rendi-Wagner: Lebensmittelkenn­zeichnung ist wichtig!) Dafür braucht es keine Gesetze, dazu stehe ich nach wie vor. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Ich würde gerne zur Frage der Putzmittel vielleicht eine Dringliche Anfrage einbringen! – Ruf bei der SPÖ: Nein zu den Pommes, weil die kann man besser zubereiten!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wurm, bitte.

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Ja, ich spreche auch zum Thema Konsumentenschutz; er ist national ein sehr wichtiges Thema und natür­lich auch auf EU-Ebene. Wie Sie selbst vorhin erwähnt haben, hat es natürlich einige sehr kuriose konsumentenschutzpolitische Vorgaben aus Brüssel gegeben, ich erinne­re an den Krümmungswinkel der Gurken und Bananen und eben die Pommesverord­nung. Es ist aktuell der New Deal for Consumers in Brüssel in Diskussion, der wird konsumentenschutzpolitisch auf uns zukommen. Jetzt wollte ich auch Sie noch einmal ganz konkret fragen:

Sehen Sie Möglichkeiten, den Konsumentenschutz wirklich nationalstaatlich in unse­rem Sinne zu regulieren, oder sind wir dann auch auf die letzten Entscheidungen in Brüssel angewiesen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank, Herr Abgeordneter! Es geht uns schlicht und einfach darum, die Dinge dort zu regeln, wo sie am Sinnvollsten zu regeln sind, und überschießende Regulierung zu vermeiden. Das ist das Grundprinzip der Subsidiari­tät – bei dem wir uns aber auch an der eigenen Nase nehmen müssen, denn es war in den letzten Jahren in den letzten Bundesregierungen leider Gottes so, dass wir, wenn Regulierungsvorschläge aus Brüssel gekommen sind, diese nationalstaatlich immer wieder übererfüllt haben. Dadurch haben wir in Österreich selbst viel von dem produ­ziert, was wir kritisiert haben. Das will diese Regierung verhindern, das werden wir nicht tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Loacker, bitte.

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Bundesminister, zur Frage, ob der Konsumentenschutz renationalisiert werden solle, hat Ihre Sprecherin der Tageszeitung „Die Presse“ mitgeteilt, Sie seien bewusst missinterpretiert worden. Das halte ich für erfreulich, da in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum ein gemeinsa­mer Konsumentenschutz durchaus auch Sinn ergibt. Ihre Sprecherin hat aber ergänzt, es sei Ihnen um eine „Rückbesinnung auf das Herkunftsstaatprinzip“ gegangen.

Welchen Unterschied macht Ihrer Meinung nach das Herkunftsstaatprinzip im Konsu­mentenschutz?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Also ich habe die Frage jetzt nicht ganz nachvollziehen können. Das Herkunftslandprinzip ist aus mehreren Gründen ein sehr, sehr wesentli­ches: nicht nur, weil es auch dazu beiträgt, dass der Konsument klar weiß, aus welcher Region genau ein Produkt kommt, sondern auch, weil es für die Vermarktung ein ganz wesentlicher Punkt ist. Dass die Regulierung insgesamt dort passieren soll, wo es sinnvoller ist, habe ich schon ausgeführt. Das gilt in allen Bereichen, auch im Konsu­mentenschutz.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kol­ba, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Kolba (PILZ): Herr Minister, Sie wissen, der VW-Skandal hat weltweit für großes Aufsehen gesorgt. VW hat in den USA über 25 Milliarden Euro an Schadenersatz bezahlt, in Europa hat VW überhaupt keinen Schadenersatz bezahlt, sondern nur ein Softwareupdate durchgeführt, das auch zweifelhaft ist.

Die EU-Kommission hat aus diesem Skandal gelernt und einen Richtlinienvorschlag für Verbandsklagen vorgelegt, man könnte auch mit einer populären Bezeichnung – unter Anführungszeichen – für „Sammelklagen“ sagen. Die Kommission hat gesagt, sie möchte gerne, dass dieser Richtlinienvorschlag mit 1.1.2019 in Kraft tritt.

Meine Frage ist: Wie ist Ihre Haltung dazu? Werden Sie diesen Richtlinienvorschlag unterstützen, insbesondere im Rahmen der EU-Präsidentschaft?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank, Herr Abgeordneter! Insgesamt nehmen wir natürlich die Vorschläge der Kommission sehr, sehr ernst und werden sehr eingehend prüfen, in welcher Weise die Umsetzung möglich und nutzbringend ist. Generell bedarf es keiner Überregulierung, wie ich schon ausgeführt habe. Dass die Kommission aber immer wieder in die richtige Richtung geht, zeigt sich nicht zuletzt bei der Frage der Steuervorteile für große, internationale Konzerne in Irland. Da hat die Kommission eine sehr scharfe Vorgangsweise eingeschlagen und die unterstützen wir auch. Wir werden uns daher sehr genau ansehen, inwieweit wir die Kommission dort unterstützen kön­nen. (Abg. Kolba: Danke!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage wird von Herrn Abgeordnetem Angerer gestellt. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Minister, wir haben in den letzten Tagen schon mehrfach über den EU-Finanzrahmen diskutiert, und wir stehen ja jetzt am Be­ginn des Prozesses dieser Verhandlungen. Die EU schlägt eine deutliche Erhöhung dieses Finanzrahmens vor, von derzeit rund 1,03 Prozent auf 1,11 Prozent.

Meine Frage dazu:

21/M

„Die Kommission hat am 2. Mai ihren Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen präsentiert. Wie ist Ihre Einschätzung zu diesem Vorschlag?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank, Herr Abgeordneter! Wir haben als Bundes­regierung klargemacht, dass dieser Vorschlag, so wie er jetzt auf dem Tisch liegt, für uns nicht akzeptabel ist, weil er schlicht und einfach zu hoch ist. Wir glauben, dass das EU-Budget auch mit 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens – so, wie es auch bisher geregelt ist – das Auslangen finden kann, und wollen deswegen in der Verhandlung dafür sorgen, dass sich dieser Vorschlag der Kommission unserem annähert. Wir ha­ben da einiges an Unterstützung. Die Niederländer, die Schweden, die Dänen, die Fin­nen sind ebenfalls dieser Meinung. Auch Deutschland hat gesagt, dass 1 Prozent ein­mal eine gute Ausgangslage wäre, denn es kommt durch das Wirtschaftswachstum oh­nehin zu einer absoluten Steigerung. Wir glauben, dass das genügen sollte.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Haben Sie noch eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Bundesminister, Sie sagen, dass der Vor­schlag der Kommission zu hoch ausfällt. Wo hätten Sie mehr Potenzial für Einsparun­gen und Effizienzsteigerungen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vor allem im Bereich europäische öffentliche Verwaltung gibt es seitens der Kommission im Budgetvoranschlag im Vergleich zum letzten Rah­men einen Anstieg von 22 Prozent. Das ist definitiv ein Bereich, in dem es – das sagen wir – zu keinen Steigerungen kommen sollte; wenn, dann sollte man eher über Einspa­rungen reden.

Wir als österreichische Bundesregierung tun das in Österreich letztlich auch. Wir wol­len im System und nicht bei den Menschen sparen, wir wollen als Richtwert nur jede dritte Planstelle nachbesetzen. Warum sollte man nicht über ähnliche Maßnahmen auf europäischer Ebene nachdenken?!

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Mi­chael Bernhard. – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, geschätz­ter Herr Bundesminister! Eines der wesentlichen familienpolitischen Projekte Ihrer Re­gierung ist die Indexierung der Familienbeihilfe, und das hat viele europapolitische Komponenten. Beiseite lasse ich jetzt im Zusammenhang damit, dass Sie Primärrecht und Sekundärrecht der Europäischen Union verletzen und dass Sie die österreichi­schen Unternehmen im Ausland in ihrer Entwicklung gefährden. Meine Frage bezieht sich auf den Bereich der osteuropäischen Pflegekräfte, die in Österreich tätig sind. Es gibt viele kritische Stimmen, die die Gefahr sehen, dass es zu einer Pflege-, zu einer Betreuungskrise kommt, wenn die Familienbeihilfe entsprechend indexiert wird.

Meine konkrete Frage an Sie:

26/M

„Wieso gibt es keine öffentlich zugänglichen Berechnungen darüber, welche Auswir­kungen die Indexierung der Familienbeihilfe auf Wanderbewegungen von Pflegekräften aus osteuropäischen Mitgliedsstaaten nach Österreich haben wird?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst einmal zu Ihrer Einleitung: Ich kann nicht nach­vollziehen, dass diese Maßnahme österreichische Unternehmen im Ausland schädigen sollte. Das sollten Sie mir noch erklären.

Uns geht es bei dieser Maßnahme schlicht und einfach darum, dass wir Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln wollen. 100 Euro sind einfach in Österreich weniger wert als beispielsweise in Bulgarien. Das heißt, der Wert ist unterschiedlich. Und da es bei der Familienbeihilfe um eine Abdeckung der Lebenshaltungskosten geht und die Lebenshaltungskosten in Ländern wie beispielsweise Rumänien oder Bulga­rien niedriger sind, ist es auch legitim, den Betrag entsprechend anzupassen, damit der Wert eben ein gleicher ist und österreichische Kinder nicht benachteiligt werden. – Das sei einmal vorweggeschickt.

Warum gibt es keine Statistiken oder Berechnungen über mögliche Auswirkungen? – Erstens gibt es keine Statistik darüber, wie viele ausländische Pflegekräfte als Grenz­gänger in Österreich arbeiten. Das gibt es einfach nicht, und deswegen kann man auch keine Berechnungen darüber anstellen, wie sich etwaige Maßnahmen auswirken wür­den. Außerdem ist es so, dass diese Maßnahme keinerlei Auswirkungen auf Gehalts­bestandteile hat, und deswegen gehen wir auch nicht davon aus, dass sie irgendeine Auswirkung auf die von Ihnen angesprochene Wanderbewegung hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Haben Sie noch eine Nachfrage? – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Minister, Ihre einleitenden Worte be­treffend würde ich Sie an Ihren Bundeskanzler verweisen. Die Unternehmen, die in Rumänien aktiv sind, haben sich mit diesem schon in Verbindung gesetzt, weil es dort massiven Druck wegen der Familienbeihilfe gibt.

Sie haben jetzt begründet, warum keine Studien und keine tatsächlichen Statistiken über die Auswirkungen geführt werden. – Meine konkrete Frage: Auf welcher Basis be­reiten Sie sich vor, wenn es tatsächlich zu einem Pflege- oder Betreuungsnotstand in Österreich kommt, wenn Sie Ihr Projekt umsetzen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist ein generelles Thema, die Indexierung der Fami­lienbeihilfe wird darauf keinerlei Auswirkungen haben. Es geht eher um die Frage – und Sie erkennen anhand der derzeitigen Medienberichterstattungen, dass die Ver­handlungen mit den Bundesländern laufen –, wie sich der Entfall des Pflegeregresses auswirkt. Das ist definitiv eine Maßnahme, die Auswirkungen hat, und das muss auch gelöst werden.

Die Indexierung der Familienbeihilfe ist lediglich eine Frage der Gerechtigkeit. Wir überweisen über 270 Millionen Euro jährlich ins Ausland, und wir glauben, dass wir eine Einsparung von circa 100 Millionen Euro erreichen können, und dieses Geld kön­nen wir in Österreich sehr, sehr gut brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Sandler stellt eine Zusatzfra­ge. – Bitte.

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Neben der Kritik der Europäischen Kommission vermisst auch der österreichische Verfassungs­dienst spezifischere Aussagen zur Vereinbarkeit der geplanten Indexierung der Fami­lienbeihilfe mit dem EU-Recht. Ganz konkret fehlt angesichts der ständigen Rechtspre­chung des EuGH eine ausreichende Begründung des erforderlichen Allgemeininteres­ses.

Mit welchen zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses rechtfertigen Sie als Europaminister die geplante Indexierung der Familienbeihilfe?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Erstens stützen wir uns bei unserem Vorgehen auf ein entsprechendes Gutachten, zweitens haben wir uns die Vorgangsweise sehr, sehr gut überlegt, und drittens verstehe ich nicht, warum etwas, was wir tun, weniger rechtmäßig sein soll als etwas, was die Kommission tut. Auch diese entlohnt ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Teil entsprechend den Le­benshaltungskosten in den jeweiligen Ländern. Deswegen gehen wir davon aus, dass auch diese Maßnahme gerechtfertigt sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Mühlberghuber stellt eine Zu­satzfrage. – Bitte.

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die Kürzung beziehungsweise die Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder, die im Aus­land leben, ist eine wichtige Maßnahme unserer Familienpolitik. Damit wird eine lang­jährige freiheitliche Forderung umgesetzt und die Gerechtigkeit gegenüber den öster­reichischen Familien wiederhergestellt.

Meine Frage dazu: Welche positiven Auswirkungen wird die Indexierung der Familien­beihilfe auf unser Budget haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank für diese Frage! Insgesamt sind es exakt 273 Millionen Euro, die als Familienbeihilfe pro Jahr an circa 132 000 Kinder im Aus­land überwiesen werden. Wir glauben, dass wir etwas mehr als 100 Millionen Euro sparen können. Das entlastet natürlich unser Budget, wir können das Geld sehr, sehr gut brauchen. Allerdings ist das nicht nur eine Frage von monetären Gründen, sondern vor allem auch eine Frage der Gerechtigkeit, denn es ist schlicht und ergreifend nicht nachzuvollziehen, warum de facto Kinder in Österreich schlechter behandelt werden sollten als Kinder in Rumänien oder Bulgarien.

Wir sind auch so fair und sagen, dass die Lebenshaltungskosten überall zur Berech­nung herangezogen werden sollen, das heißt auch in Ländern, wo die Lebenshaltungs­kosten höher sind als bei uns, beispielsweise in Schweden oder Belgien. Dort gibt es dann ein bisschen mehr, in Bulgarien und Rumänien eben ein bisschen weniger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als nächsten Fragesteller darf ich Herrn Abge­ordneten Noll bitten.

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Herr Präsident! Herr Bundesminister, schö­nen guten Morgen! Vorweg darf ich sagen, ich genieße die Geschmeidigkeit Ihrer Ant­worten. Sie riskieren zwar hin und wieder eine gewisse Inkongruenz zwischen Frage und Antwort, aber das dürfte Teil der Job Description sein.

Zur konkreten Fragestellung: Wir haben einen Österreichischen Rundfunk als natio­nales Leitmedium. Dieser ORF ist seit Jahrzehnten in den Krallen der großen Parteien, ORF und SPÖ (Heiterkeit bei der ÖVP), und das führt zu einer gewissen Delegitimie­rung des ORF. (Abg. Rosenkranz: SPÖ, ja!) – So ist es in den vergangenen Jahrzehn­ten gewesen.

Meine konkrete Frage: Wie wollen Sie die politische, aber auch wirtschaftliche Unab­hängigkeit des Österreichischen Rundfunks herstellen und dann in weiterer Folge auch garantieren?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 24/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie wollen Sie den ORF wirtschaftlich und politisch unabhängig machen?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Unabhängigkeit ist nicht nur in den Redaktionen faktisch gegeben – wenn Sie sich auch die Berichterstat­tung ansehen, nicht nur das Redakteursstatut, auch das ORF-Gesetz –, sondern es ist auch verfassungsrechtlich festgehalten, dass die Objektivität und die Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe, die mit der Besorgung dieser Aufgaben betraut sind, zu gewährleisten sind. Ich gehe davon aus, dass auch Sie die Arbeit des ORF schätzen und als unabhängig bewerten. Es ist nicht so, dass man als Politiker immer mit jedem Beitrag, der kommt, zufrieden sein muss, das haben die Abgeordneten Zinggl und Kollegen eindrucksvoll bewiesen, aber auch das ist Teil der Demokratie. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Noll? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Es freut mich, dieses vehemente Votum für die Unabhängigkeit der redaktionellen Arbeit des ORF zu hören, das auch schon in der Beantwortung der Anfrage des Kollegen Zinggl zu vernehmen war.

Zusatzfrage deshalb: Wie sehr glauben Sie, dass eine Stellungnahme des zukünftigen Vorsitzenden des Stiftungsrates, er werde ein Drittel der Auslandskorrespondenten ent­lassen, wenn sie nicht korrekt berichten, mit dieser Haltung übereinstimmt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich kommentiere nicht jeden Kommentar, den ich den Zeitungen entnehme, aber in diesem Fall habe ich heu­te den Zeitungen entnommen, dass selbiger gemeint hat, es würde zu keinerlei Ent­lassungen kommen. Insofern hätte sich dieser Vorwurf neutralisiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bevor ich die Zusatzfragesteller aufrufe, darf ich die Senioren und Seniorinnen aus Griffen in Kärnten herzlich bei uns willkommen hei­ßen. (Allgemeiner Beifall.)

Eine Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Schrangl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Den Freiheitlichen sind seit jeher österreichische Inhalte im öffentlich-rechtlichen Rund­funk sehr wichtig, und ich habe gesehen, das trifft auch auf Ihre Sympathie. Deswegen würde mich interessieren, ob Sie näher ausführen können, welche Initiativen die Bun­desregierung setzt, um sicherstellen zu können, dass der österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft österreichischen Content finanzieren und auch senden kann.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich würde mich freuen, wenn nicht nur der österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk, sondern möglichst viele Fernsehsender, Zeitungen, Medienunternehmen österreichische Inhalte produzie­ren, verbreiten und damit auch österreichische Identität stiften könnten. Das ist aber natürlich, wie Sie richtig sagen, eine Hauptaufgabe des Öffentlich-Rechtlichen und das war eine der grundlegenden Erfordernisse an den ORF, wofür er auch mit entspre­chend Geld ausgestattet wird. Ich denke, gerade in Zeiten der absoluten digitalen und medialen Globalisierung wird dieser Auftrag immer wichtiger, dessen sollten sich alle Medienunternehmen immer stärker bewusst werden. Die Frage der Österreicherquote in der Musik steht ja immer wieder im Raum. Ich halte es für legitim, das zu diskutieren.

Alles in allem glaube ich, dass wir die österreichische Medienlandschaft und damit auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so weit stärken müssen, dass es auch in zehn, 15 Jahren im digitalen Raum noch österreichische Identität, österreichische In­halte geben wird. Das wollen wir auch im Rahmen der Enquete im Juni diskutieren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage: Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Ich möchte mich auf die wirt­schaftliche Grundlage und die Möglichkeiten des ORF konzentrieren. – Sehen Sie ei­nen politischen Gestaltungsbedarf im momentanen Ringen der europäischen öffentlich-rechtlichen Medienhäuser um die Subscription-Video-on-Demand-Services, die es gibt, um die Marktanteile der jungen MedienkonsumentInnen? Gibt es da Ihrer Meinung nach einen politischen Gestaltungsbedarf?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Das ist ein gesamtheitliches Thema. Die grundsätzliche Frage ist: Sollen Produktionen, die mit Steuergeld finanziert werden, digitalen Mono­polisten zur Verfügung gestellt werden, damit die dann Geld damit machen können? – Aus meiner Sicht ist das so nicht der Fall. Es geht darum, wenn Geld durch Leistungen Dritter gemacht wird, dass das auch abgegolten werden muss. Sofern das sicherge­stellt ist und auch sichergestellt ist, dass wir einen Wettbewerb im digitalen Raum ha­ben, dann kann das möglich sein. Momentan gibt es eine Monopolsituation in diesen Bereichen, momentan gibt es keine Verpflichtung, dass Geld überwiesen werden muss, wenn diverse Inhalte Dritter verwendet werden, um Geld zu machen. Insofern ist das momentan ein großes Problem.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Nehammer stellt die nächste Frage. – Bitte.

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir stehen vor großen medienpolitischen Herausforderungen, und Sie planen dazu auch eine Medienenquete, die demnächst stattfinden wird.

Meine Frage dazu:

19/M

„Können Sie schon mehr zu den Schwerpunkten und Inhalten der in Kürze stattfin­denden Medienenquete sagen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Abgeordneter! Generell war es der Regierung, ist es der Regierung ein Anliegen, mit dieser Enquete einen echten medienpolitischen Dis­kurs in Österreich in die Wege zu leiten, in dem es um die tatsächlich großen Fragen in der Medienpolitik geht, und nicht nur darum, ob die Presseförderung um 100 000 Euro erhöht wird oder nicht, wer in welcher Position in einem österreichischen Medienunter­nehmen angesiedelt wird oder wie groß das Aufsichtsratsgremium ist. Das sind de facto alles – ich sage es einmal so – Schrebergartendiskussionen, die ihre Berechti­gung haben, die ich aber nicht als Medienpolitik verstehe.

Wir wollen die tatsächlichen Herausforderungen, die es im medienpolitischen Bereich gibt, die sehr, sehr viel mit der digitalen Welt zu tun haben, die sehr international sind, versuchen anzudiskutieren und wir haben dazu sechs verschiedene Bereiche ausge­sucht, innerhalb derer wir diskutieren wollen:

Es geht um Europa, es geht um Wettbewerb und neue Allianzen. Es geht um die Frage von gemeinsamen Vermarktungsplattformen, denn Daten sind das neue Gold. Es geht um die Frage Public Value, öffentlich-rechtlicher Auftrag, darum, wie sich dieser weiter­entwickeln muss. Auch die Frage Digitalisierung und Demokratie ist sehr, sehr wesent­lich. Fake News, Hate Speech – diese Schlagwörter kennen wir alle. Und es geht um die österreichische Identität, wie bereits angesprochen worden ist.

Ich freue mich sehr, dass bereits sehr, sehr hochrangige Keynote Speaker ihre Teil­nahme an dieser Enquete zugesagt haben. Es sind dies beispielsweise Mathias Döpf­ner, CEO des Axel-Springer-Verlags, Gerhard Zeiler und auch die Kommissarin Věra Jourová, die in ihrem Bereich einige wesentliche Dossiers hat, die auch im medienpoli­tischen Bereich zu regulieren sind.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Welche weiteren Aktivitäten haben Sie im Anschluss an die Medienenquete geplant?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Wir wollen die Medienenquete als Anstoß für eine Diskus­sion nutzen und die Themen, die dort aufkommen – wir haben ja auch eine Einmel­dung zu drei verschiedenen Themenbereichen erbeten; wir haben die geladenen Per­sonen gebeten, Fragen zu stellen und ihre Anregungen zu übermitteln –, in entspre­chenden Arbeitsgruppen, je nachdem, wo dann die Schwerpunkte liegen, beraten, um sukzessive auch die richtigen Maßnahmen in Gesetzesform ableiten zu können.

Es soll auch eine Weiterführung während der Ratspräsidentschaft geben, eine eigene Konferenz auf europäischer Ebene, im Rahmen derer genau die Fragen kulturelle Identität Europas, die Medienpolitik Europas mitdiskutiert werden sollen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Droz­da. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Wir haben heute das Thema Unabhängigkeit des ORF – an einem Tag, an dem im Stif­tungsrat auch Entscheidungen fallen – diskutiert, und ich glaube, wir sind uns einig in der Feststellung und der Analyse, dass Unabhängigkeit, abgesehen von der rechtli­chen Situation, natürlich nur dann stattfindet, wenn auch die ökonomische Basis gesi­chert ist.

Insofern wollte ich Sie fragen – Sie haben gesagt, Sie würden gerne auf einer entspre­chenden Reiseflughöhe bleiben und keine Schrebergartenthemen ansprechen, also ich hoffe, es ist kein solches –, wie es um die Situation der Zeitungszusteller und um die Presseförderung bestellt ist, denn wir wissen um die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wertschöpfungsketten.

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 16/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen zur Neuorganisation der Presseförderung werden Sie angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung für traditionelle Wertschöpfungsketten von Medienunternehmen budgetwirksam setzen?“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Schön, dass Sie die Presseförderung mit der Frage be­treffend die Zusteller verknüpfen, denn ich bin tatsächlich der Meinung, dass man, be­vor man über die Frage der Neuregulierung der Presseförderung redet, die insgesamt ein Volumen von 8,7 Millionen Euro hat, zuerst darüber diskutieren sollte, wie wir die momentane Rechtsunsicherheit im Bereich der Zeitungszusteller, was Sozialversiche­rungen betrifft, regeln können. Dazu sagen uns österreichische Medienhäuser, dass das, wenn das falsch interpretiert wird – und das wird es dann und wann –, einen Mehrkostenaufwand von zirka 80 bis 100 Millionen Euro für die österreichischen Me­dienverlagshäuser bedeuten könnte. Dann brauchten wir gar nicht darüber zu diskutie­ren, ob wir jetzt die Presseförderung ein bisschen erhöhen oder nicht, denn dieses Pro­blem gehört zuerst gelöst.

Wir arbeiten an einer gemeinschaftlichen Lösung. Für den Fall, dass eine solche nicht möglich sein wird, weil vielleicht der eine oder andere Verhandlungspartner auf stur schaltet, werden wir versuchen, das gesetzlich in die Hand zu nehmen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine Nachfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Es gibt noch eine Zusatzfrage, die die Medienunabhängigkeit betrifft, und zwar in dem Fall jene in Ungarn. Ich wollte Sie fra­gen, ob Sie in diesem Zusammenhang ein Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag gegen Ungarn unterstützen würden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Wenn die Kommission ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren einleitet, egal gegen welches Land, dann gehe ich davon aus, dass sie wesentliche Gründe dafür hat. In Polen war das beispielsweise so; das war allerdings das erste Mal, dass dieses Instrument angewendet worden ist. Wir tun gut daran, auf Polen ein­zuwirken, dass dieses Problem im Dialog gelöst wird. Das gilt nicht nur für Polen, sondern für alle anderen Länder selbstverständlich auch. Es darf keine Rabatte auf Rechtsstaatlichkeit geben, diese ist eines der höchsten Güter der Europäischen Union. (Abg. Drozda: Was heißt das für Ungarn?)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf nur darauf hinweisen, dass die Zusatz­frage im Zusammenhang mit der Hauptfrage stehen muss und dass diese Zusatzfrage in keinem sachlichen Zusammenhang steht.

Die Frage Nummer 13 der Abgeordneten Petra Steger entfällt, weil die Frau Abgeord­nete entschuldigt ist.

Da alle Anfragen zum Aufruf gekommen sind, erkläre ich die Fragestunde nunmehr für beendet.