Stenographisches Protokoll

663. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 6. April 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

663. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 6. April 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 6. April 2000: 9.02 – 17.36 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998 (Grüner Bericht 1998)

2. Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999

3. Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 LWG

4. Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G)

5. Fünfter Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (Berichtszeitraum 1995 bis 1997)

6. Wahl von


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 2

Ausschüssen

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben der Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend Nachwahlen zum Bundesrat 6

Angelobung des Bundesrates Gottfried Kneifel 6

Erklärung zum Ableben des Altbundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger 6

Wahl von Ausschüssen 57

Unterbrechung 58

Personalien

Krankmeldung 6

Entschuldigungen 6

Ausschüsse

Zuweisungen 22

Fragestunde

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 7

Peter Rodek (1081/M-BR/00); Erhard Meier, Monika Mühlwerth

Erhard Meier (1085/M-BR/00); Franz Koller, Ing. Franz Gruber

Franz Koller (1088/M-BR/00); Anna Höllerer, Johann Grillenberger

Ing. Franz Gruber (1082/M-BR/00); Horst Freiberger, Engelbert Weilharter

Johann Kraml (1086/M-BR/00); Dr. Klaus Nittmann, Peter Rodek

Leopold Steinbichler (1083/M-BR/00); Ernst Winter, Monika Mühlwerth

Mag. John Gudenus (1089/M-BR/00); Georg Keuschnigg, Brunhilde Fuchs

Karl Boden (1087/M-BR/00); Engelbert Weilharter, Engelbert Schaufler

Friedrich Hensler (1084/M-BR/00); Johann Grillenberger, Mag. John Gudenus

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Mag. Harald Repar, Erhard Meier, Mag. Dietmar Hoscher und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufgabe der österreichischen Anti-Atompolitik durch die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten (1700/J-BR/00)

Begründung: Mag. Harald Repar 58

Beantwortung: Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 60

Redner:

Erhard Meier 63

Mag. Michael Strugl 66

Ing. Kurt Scheuch 68

Mag. Dietmar Hoscher 70

Dr. Peter Böhm 72

Albrecht Konecny 73

Ludwig Bieringer 74

Ulrike Haunschmid 74

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Mag. Melitta Trunk, Erhard Meier und Genossen betreffend konsequente Fortsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik 64

Ablehnung 76

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 76


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 3

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gefährdung der Meinungsvielfalt durch Abschaffung des Postzeitungsversandes, Gefährdung von Arbeitsplätzen, Gefährdung des unabhängigen Journalismus, Benachteiligung des ländlichen Raumes und EU-Rechtswidrigkeit der geplanten Maßnahmen (1701/J-BR/00)

Begründung: Albrecht Konecny 77

Beantwortung: Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 80

Redner:

Albrecht Konecny (zur Geschäftsbehandlung) 84

und 98

Ludwig Bieringer (zur Geschäftsbehandlung) 85

Mag. Melitta Trunk 85

Johann Ledolter 86

Dr. André d′Aron 90

Hedda Kainz 92

Engelbert Weilharter 93

Peter Marizzi 95

Herbert Thumpser 96

Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 101

Dr. Peter Böhm 103

Verhandlungen


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 4

Gemeinsame Beratung über

(1) Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998 (Grüner Bericht 1998) (III-197/BR sowie 6089/BR d. B.)

(2) Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999 (III-200/BR sowie 6090/BR d. B.)

(3) Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-203/BR sowie 6091/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 23

[Antrag, zu (1), (2) und (3) die Berichte zur Kenntnis zu nehmen]

Redner:

Franz Koller 24

Ing. Franz Gruber 26

Johann Kraml 27

Ulrike Haunschmid 29

Friedrich Hensler 31

Ernst Winter 33

Mag. John Gudenus 34

Anna Höllerer 37

Johann Grillenberger 39

Leopold Steinbichler 40

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 44

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1), (2) und (3) die Berichte zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 47

Gemeinsame Beratung über

(4) Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) (III-192/BR sowie 6092/BR d. B.)

(5) Fünfter Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (Berichtszeitraum 1995 bis 1997) (III-193/BR sowie 6093/BR d. B.)

Berichterstatterin: Brunhilde Fuchs 48

[Antrag, zu (4) und (5) die Berichte zur Kenntnis zu nehmen]

Redner:

Hans Ager 48

Monika Mühlwerth 50

Erhard Meier 51

Mag. John Gudenus 53

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 55

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (4) und (5) die Berichte zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 57

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Interview mit Staatssekretär Finz, "profil" vom 20. März 2000 (1698/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen betreffend Veröffentlichung eines Briefes in Tschechien an den Bundeskanzler (1699/J-BR/00)

der Bundesräte Mag. Harald Repar, Erhard Meier, Mag. Dietmar Hoscher und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufgabe der österreichischen Anti-Atompolitik durch die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten (1700/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny, Mag. Melitta Trunk und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gefährdung der Meinungsvielfalt durch Abschaffung des Postzeitungsversandes, Gefährdung von Arbeitsplätzen, Gefährdung des unabhängigen Journalismus, Benachteiligung des ländlichen Raumes und EU-Rechtswidrigkeit der geplanten Maßnahme (1701/J-BR/00)

der Bundesräte Alfred Gerstl und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gebühren für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an NS-Verfolgte (1702/J-BR/00)

der Bundesräte Alfred Gerstl und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Negativsteuer für Inhaber von Amtsbescheinigungen und Opferausweisen (1703/J-BR/00)

der Bundesräte Georg Keuschnigg, Hans Ager, Maria Grander, Ilse Giesinger und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend bundesweit einheitlicher Grenzwerte für die Emission von GSM-Sendestationen unter Berücksichtigung sowohl thermischer als auch biologischer Wirkungen (1704/J-BR/00)


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 5

der Bundesräte Ilse Giesinger, Jürgen Weiss und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Südumfahrung Feldkirch (1705/J-BR/00)

der Bundesräte Ferdinand Gstöttner und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verlagerung der internationalen Verkehrsverbindungen für den Personenverkehr von der Bahnstrecke Wels – Passau auf die Bahnstrecke Salzburg – München (1706/J-BR/00)


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 6

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 663. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 662. Sitzung des Bundesrates vom 16. März 2000 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Ing. Grasberger.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Drochter, Johanna Schicker und Dr. Aspöck.

Angelobung

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt ist ein Schreiben der Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend Nachwahlen zum Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich teile Ihnen mit, dass das Ersatzmitglied des Bundesrates Mag. Gerhard Tusek mit Ablauf des 13. März 2000 auf seine Ersatzmitgliedschaft im Bundesrat verzichtet hat.

Auf Grund dieses Verzichtes hat der Oberösterreichische Landtag in seiner Sitzung am 14. März 2000 gemäß Artikel 35 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 und Artikel 29 des oberösterreichischen Landes-Verfassungsgesetzes 1991 eine Nachwahl durchgeführt.

Es wurden gewählt:

Als Ersatzmitglied an 1. Stelle:

Gottfried Kneifel, geb. 25. 6. 1948, 4470 Enns, Walderdorffstraße 1/3

Weiters teile ich Ihnen mit, dass auch W. Hofrat Dr. Günther Hummer mit Ablauf des 16. März 2000 auf sein Mandat als Bundesrat verzichtet hat; das am 14. März 2000 gewählte Ersatzmitglied Gottfried Kneifel soll ex lege als Mitglied des Bundesrates nachrücken."

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieses Schreibens.

Herr Bundesrat Gottfried Kneifel ist im Hause anwesend, und ich werde daher die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich darf jetzt die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel ersuchen.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP): Ich gelobe.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für Ihr Gelöbnis und begrüße Sie ganz herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Erklärung zum Ableben des Altbundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Bundesminister! Ich darf Sie ersuchen, sich noch einmal von den Sitzen zu erheben.


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 7

Ich möchte Ihnen ein Telegramm, das mir der Präsident des Südtiroler Landtages anlässlich des Ablebens von Altbundespräsidenten Dr. Kirchschläger übersandt hat, zur Kenntnis bringen.

"Als Präsident des Südtiroler Landtages und im Namen aller Abgeordneten teile ich mit ganz Österreich die Trauer über den verstorbenen österreichischen Altbundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger und übermittle aus diesem Anlass meine persönliche Anteilnahme.

Österreich verliert mit Dr. Kirchschläger einen überzeugten Demokraten, der sich zunächst als österreichischer Botschafter in Prag, anschließend als Außenminister im Kabinett Kreisky und schließlich als Bundespräsident aus ganzem Herzen und nach bestem Wissen und Gewissen für die Belange Österreichs eingesetzt hat.

Als sehr südtirolfreundlicher Politiker und hartnäckiger Verfechter der Südtiroler Autonomie bei den Geheimverhandlungen mit Italien in den sechziger Jahren genießt Dr. Kirchschläger bis heute die besondere Wertschätzung und Sympathie der Bevölkerung unseres Landes. Wir werden dem Verstorbenen, der sich stets im besonderen Maße für die Belange Südtirols eingesetzt hat, ein ehrendes Andenken bewahren.

Hermann Thaler

Präsident des Südtiroler Landtages"

Meine Damen und Herren! Wir haben mit Dr. Rudolf Kirchschläger einen Menschen verloren, den die Österreicher sehr gerne hatten und der den Respekt aller genoss. Seine aufrichtige Gesinnung, die keinen Kompromiss zu eigenen Vorteilen zuließ, zeichnete sein Leben aus. Nicht nur seine Zivilcourage, sondern vor allem seine Liebe zu den Menschen sollte Maßstab für unser eigenes Handeln sein.

Ich danke Ihnen für die Bekundung Ihrer Anteilnahme. – Danke.

Fragestunde

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.08 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur 1. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Peter Rodek, um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben zwar erst vor kurzem dieses Umweltressort mit übernommen. Können Sie mir trotzdem folgende Frage beantworten:

1081/M-BR/00

Welche klimarelevanten Förderungen hat Ihr Ressort im laufenden Jahr bereits vergeben?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Klimaschutz und Maßnahmen gegen den Treibhauseffekt gehören zu den zentralen umweltpolitischen Aufgaben schlechthin. Ich kann Ihnen daher mitteilen, dass im heurigen Jahr von meinem Ressort bisher insgesamt rund 210 Millionen Schilling Fördervolumen für klimaschutzrelevante Maßnahmen ausgegeben wurden. Das ist etwa ein Gesamtinvestitionsvolumen in der Höhe von 1,6 Milliarden Schilling, das dadurch ermöglicht wurde. (Vizepräsident Payer übernimmt den Vorsitz.)


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 8

Es ist davon auszugehen, dass im heurigen Jahr der Bedarf insgesamt weiterhin gegeben sein wird, sodass ich rechne, dass wir im heurigen Jahr mindestens ein Volumen in der Höhe von weiteren 200 Millionen Schilling haben werden.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Kann man schon abschätzen, welche Vermeidungseffekte dadurch erreicht werden können?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Wir haben uns selbstverständlich auch diese Frage angesehen. Es konnten mit diesen Maßnahmen rund 167 000 Tonnen CO2-Äquivalent als Reduktion in Österreich sowie etwa 20 000 Tonnen minus durch Investitionen, die Österreich im Ausland unterstützt hat, verwirklicht werden. Dies stellt einen kleinen, aber wichtigen Beitrag zur Gesamterreichung des Kyoto-Zieles dar.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Meier, bitte.


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 9

Bundesrat Erhard Meier
(SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Der erste Teil meiner Frage ist schon beantwortet worden. Ich wollte Sie fragen, welche weiteren positiven Auswirkungen diese klimarelevanten und umweltrelevanten Förderungen speziell auf den Sektor CO2 und auf den in manchen Gebieten doch Besorgnis erregenden Zustand des Grundwassers haben werden.

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Österreich hat sich, wie Sie wissen, im Rahmen des Kyoto-Zieles verpflichtet, 13 Prozent CO2-Äquivalent zu reduzieren. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, das derzeit bedeuten würde, etwa 16 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zu reduzieren. Das heißt, alle Maßnahmen, auch die Förderungsmaßnahmen, sind notwendig und wichtig. Das gilt genauso für den Grundwasserbereich, in dem wir durch das freiwillige Programm ÖPUL 2000 letztendlich auch eine spezifische Grundwasservorsorge anbieten können, weil ich das Ziel weiter verfolge, dass sämtliches Grundwasser in Österreich potenziell Trinkwasserqualität haben soll.

Vizepräsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Welche Maßnahmen und Förderungen werden Sie auf dem Sektor erneuerbarer Energie vorsehen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Es ist so, dass sich beide Ministerien, die bis vor dem 1. April als zwei Häuser bestanden haben, diesem Schwerpunkt gewidmet haben. Ich habe den Auftrag gegeben, den Ökoenergiefonds in der neuen Ressortkonstellation zu überarbeiten und mit dem spezifischen Schwerpunkt erneuerbare Energieträger auszustatten, weil erneuerbare Energieträger aus meiner Sicht ein Kern der Strategie zur Erreichung des Kyoto-Zieles sind. Ich bin davon überzeugt, dass sich auch die nächste Etappe der Novelle des Elektrizitätswirtschaftsorganisationsgesetzes diesem Ziel widmen wird.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1085/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Erhard Meier, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Das Thema setzt sich durch folgende Frage fort:

1085/M-BR/00

Welche Evaluierungen – durch wen und mit welchen Ergebnissen – gab es seit Einführung des ÖPUL, um die durch die Intensivlandwirtschaft verursachte Grundwasserbelastung zu verringern?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Es ist grundsätzlich das Ziel, dass landwirtschaftliche Tätigkeit, wenn sie sachgerecht und sachgemäß durchgeführt wird, zu keiner Belastung des Grundwassers führt. Dazu brauchen wir Anreizsysteme, wie wir sie etwa mit dem Umweltprogramm ÖPUL haben, das europaweit vorbildlich ist.

Dieses Umweltprogramm ist dann erfolgreich, wenn die Umweltziele erreicht werden. Daher haben wir derzeit insgesamt vier Berichte zur Evaluierung des Umweltprogrammes vorgelegt: den Bericht über die Evaluierung von ÖPUL 1995 vom 24. April 1996, die ökologische Evaluierung des Umweltprogramms vom 18. Dezember 1996 sowie – in diesem Zusammenhang – das Monitoring des Regionalprogramms Niederösterreich "Ökopunkte" vom 18. Dezember 1996, die ökonomische Evaluierung des Umweltprogramms vom 28. Februar 1997 und die Evaluierung des Umweltprogramms 1995, bezogen auf das Jahr 1998, vom 25. Jänner 1999.

Diese Evaluierungsberichte werden von den Mitarbeitern der nachgeordneten Dienststellen meines Ressorts im Wesentlichen vorbereitet und – das ist sehr wichtig – vom Evaluierungsbeirat geprüft, diskutiert, verändert, verbessert und erst dann der Kommission vorgelegt.

Ich möchte Sie informieren, dass in diesem Evaluierungsbeirat zwei Vertreter des Ministeriums Land- und Forstwirtschaft – das ist noch die alte Ressortgliederung –, zwei Vertreter des Umweltministeriums, zwei Vertreter der NGOs – das ist das Ökobüro und die ÖGNU –, ein Vertreter der Bundesländer/Bereich Landwirtschaft und ein Vertreter der Bundesländer/Bereich Naturschutz sitzen. Es ist bisher möglich gewesen, einen breiten Konsens im Evaluierungsbeirat zu erzielen.

Der Bericht zeigt auch, dass die Maßnahmen des ÖPUL im Umweltbereich wirken. Im Bereich Grundwasser haben wir durch das Umweltprogramm eine positive Entwicklung etwa hinsichtlich der Nitrat-Belastung zu verzeichnen. Und er zeigt, dass die potenziellen Risken durch das Umweltprogramm im Sinken begriffen sind, aber noch zusätzliche Anstrengungen notwendig sind.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Die Evaluierungen sind jetzt im Gange. Gibt es schon Konsequenzen für das zukünftige ÖPUL, die aus diesen von Ihnen zitierten Evaluierungsergebnissen ablesbar sind?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Ja, das ist klar. Bereits das ÖPUL 1998, das ein nächster Schritt nach ÖPUL 1995 war, wurde in Brüssel nur genehmigt, weil wir die Verbesserungen durch die Evaluierung begründen konnten. Ein konkretes Beispiel für das ÖPUL 2000, das aus der Evaluierung heraus abgeleitet ist, ist, dass wir ein spezifisches Programm für Grundwasservorsorge im Entwurf für das ÖPUL 2000, der jetzt mit der Kommission in Endverhandlung ist, verankert haben.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Franz Koller, ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 10

Bundesrat Franz Koller
(Freiheitliche, Steiermark): Herr Minister! 81 Prozent der Fließgewässer weisen die Güteklasse I bis II auf. Das ist sehr positiv. Die Situation beim Grundwasser schaut nicht so gut aus. Von den 150 Grundwassergebieten, die in Österreich unter Kontrolle stehen, sind 36 potenziell gefährdet.

Herr Minister! Meine Frage lautet: Wie wirkt sich das ÖPUL auf die Verbesserung des Zustandes des Grundwassers aus? Liegen dazu schon Daten vor? Wie wird die zukünftige Entwicklung aussehen?

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 11

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer:
Herr Bundesrat! Ich habe schon gesagt, dass die Evaluierung ergeben hat, dass positive Effekte auf das Grundwasser gegeben sind. Es ist allerdings notwendig – darauf habe ich auch schon verwiesen –, dass wir innerhalb des Umweltprogramms spezifische Programme für Grundwasserproblemgebiete anbieten. Meine Strategie ist, die spezifischen Förderungsinstrumente so zu entwickeln und anzubieten, dass auf freiwilliger Basis ein Beitrag geleistet wird. Wenn der freiwillige Beitrag allerdings nicht ausreichend ist, dann müssen die gesetzlichen Maßnahmen, die auch im Wasserrechtsgesetz vorgesehen sind, greifen.

Vizepräsident Johann Payer: Danke.

Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Wie beabsichtigen Sie, Herr Minister, die Grundwassersanierung in Österreich im Rahmen des Wasserrechtsgesetzes neu zu regeln?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Es ist tatsächlich so, Herr Bundesrat, dass der jetzige § 33f des Wasserrechtsgesetzes aus meiner Sicht nicht ganz befriedigend ist. Das zeigt auch die latente Diskussion über die Verordnungsentwürfe der Landeshauptleute respektive der Wasserrechtsreferenten auf Landesebene und der Nichtrealisierung der Programme. Das Ziel ist, § 33f so zu novellieren, dass wir eine Prioritätenreihung vornehmen. Das bedeutet, dass jene Grundwassergebiete, die tatsächlich zur Gewinnung von Trinkwasser genutzt werden und eine steigende Tendenz in der Belastung aufweisen, in die oberste Priorität einzureihen sind. Warum? – Weil wir dann mit den verfügbaren Mitteln, die nicht unendlich ausdehnbar, sondern immer knapp sind, wirklich spezifisch dort eingreifen können, wo wir die größten Probleme haben. Das geschieht mit dem Umweltprogramm und der Wasservorsorge, die in diesem enthalten ist, auf freiwilliger Basis. Allerdings, wie ich schon gesagt habe, wenn freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen würden, müsste auch zu gesetzlichen Maßnahmen im Rahmen dieser Prioritätenreihung gegriffen werden.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1088/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Franz Koller, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1088/M-BR/00

Welche Auswirkungen hat der vorbereitete Beschluss der EU-Agrarminister, für die Verarbeitungsindustrie die Einfuhr von landwirtschaftlichen Rohstoffen zum Weltmarktpreis zu erleichtern, auf die bäuerlichen Produzenten von Zucker, Milch, Getreide und Eiern in Österreich?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass die Grundlage für diese Entscheidung in der WTO-Vereinbarung des Jahres 1992 und folgende bis 1995 liegt, weil sich die Union im Rahmen dieser WTO-Vereinbarung verpflichtet hat und verpflichten musste, einen Beitrag zum Abbau der Exporterstattungen und der damit gegebenen Erodierung des Weltmarktes durch den Subventionswettlauf zu leisten. Das betrifft selbstverständlich auch diese "Nicht-Anhang 1-Waren", wie es technisch heißt. Der Vorschlag ist nun im Rahmenbeschluss der Agrarminister politisch umgesetzt, und es ist der Auftrag an die Kommission ergangen, die konkreten Verwaltungsvorschriften zu machen.

Wir meinen, dass wir mit diesem Beschluss zwei Effekte erreicht haben: Einerseits wird natürlich – Sie haben schon darauf hingewiesen – das Stützungsniveau geringer sein. Andererseits aber haben wir im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs dafür gesorgt, dass die Wettbewerbsfähigkeit jener Betriebe, die im Export tätig sind, so gesichert ist, dass auch in Zukunft österreichische Ware verarbeitet werden kann.

Faktum ist allerdings – das ist klar –, dass dieser aktive Veredelungsverkehr im Zuckerbereich angewendet werden wird. Das ist nämlich das Produkt, das uns prioritär betrifft. Aber aktiver Veredelungsverkehr bedeutet, dass dieses Produkt zwar in der Europäischen Union verarbeitet wird, aber nicht am europäischen Markt verbleibt, sondern wieder reexportiert wird. Durch diese Strategie kann die Kapazität der Verarbeitungswirtschaft gesichert werden, um so – damit rechne ich – die Auswirkungen auf die von Ihnen angesprochenen Sektoren möglichst gering zu halten.

Ich sage Ihnen die prozentuelle Aufteilung der bisherigen Erstattung: Eiprodukte: 0,5 Prozent – also da, so meine ich, wird kaum eine Auswirkung sein –, Milch: 25 Prozent, Getreide, überwiegend Stärke: 12 Prozent und Zucker: 62 Prozent. Also wenn überhaupt, dann werden wir beim Zucker einen gewissen zusätzlichen Handlungsbedarf haben.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Herr Minister! Die EU-Finanzkommissarin Schreyer beabsichtigt, Mittel, Agrarmittel für die Kosovohilfe umzuschichten. Meine Frage in diesem Zusammenhang lautet: Hat dies Auswirkungen auf das österreichische Budget und in weiterem Sinne auf die Agrarpreise?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wie Sie richtig gesagt haben, hat die Absicht bestanden. In Lissabon wurde diese Frage beim Europäischen Rat diskutiert, und die Staats- und Regierungschefs haben festgehalten, dass der Finanzrahmen, der in Berlin für die Agenda 2000 festgelegt wurde, Gültigkeit hat. Daher gehe ich davon aus, dass die Meinung der Staats- und Regierungschefs gilt.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Frau Bundesrätin Anna Höllerer! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Herr Minister! Wie beurteilen Sie die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Lebensmittelverarbeitung?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Ich meine, sie befindet sich auf einem guten Weg. Es gibt seit 1995 in der österreichischen Lebensmittelwirtschaft eine massive Bewegung hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. Es ist auch im Rahmen der Sektorplanförderung sehr viel Geld eingesetzt worden. Ich kann Ihnen etwa mitteilen, dass in der Periode 1995 bis 1999 570 Projekte mit


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 12

einem Investitionsvolumen in der Höhe von etwa 13 Milliarden Schilling gefördert wurden, was durch ein Fördervolumen in der Höhe von etwa 3,2 Milliarden Schilling ausgelöst wurde.

Ich glaube aber sagen zu müssen, dass wir noch nicht in allen Bereichen jene Wettbewerbsfähigkeit erreicht haben, die ich mir erwarte. Weitere Strukturentscheidungen etwa in der österreichischen Milchwirtschaft werden notwendig sein, damit wir das Ziel erreichen, möglichst hohe Anteile an Wertschöpfung in Österreich zu haben und damit vernünftige Agrarpreise zu erzielen. Zusammenfassend ist zu sagen: Wir sind auf gutem Weg, aber noch nicht weit genug.

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesrat Johann Grillenberger! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Ist durch die Einfuhr landwirtschaftlicher Rohstoffe von außerhalb der EU die Nahrungssicherheit gegeben?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Es ist für mich klar, dass die lebensmittelrechtlichen Vorschriften, die wir in Österreich haben, für alle in Österreich angebotenen Waren gelten. Es ist sichergestellt, dass die Lebensmittelkontrolle die Kontrolle mit jener Intensität durchführt, die notwendig ist, um die Verbrauchersicherheit zu gewährleisten.

Ich meine daher auch, dass im Zusammenhang mit der Frage der Erweiterung Verbrauchersicherheit kein Kompromiss möglich ist, weil Verbrauchersicherheit wohl an oberster Stelle steht.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1082/M, an den Herrn Bundesminister.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Lebensminister! Meine Frage lautet:

1082/M-BR/00

Was sind die Eckpunkte des österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass im Rahmen der Agenda 2000 eine grundlegende Weichenstellung in der Politik der Europäischen Union vorgenommen wurde, nämlich die Marktordnung und die notwendigen Maßnahmen als eine Säule und die ländliche Entwicklung als zweite neue Säule zu entwickeln. Neu ist dies in Europa, bekannt aber schon in Österreich, so würde ich sagen, weil wir schon seit langer Zeit in diese Richtung gearbeitet haben. Die Schwerpunkte sind:

Erstens: das Umweltprogramm ÖPUL 2000, von dem ich bereits gesprochen habe. Wir wollen damit die flächendeckende Ökologisierung der Landwirtschaft vorantreiben.

Zweitens: die Verbesserung der Bergbauernförderung durch die Realisierung eines Sockelbetrages für die kleineren Betriebe, die wir ab nächstem Jahr umsetzen können.

Drittens: die Integration der Forstwirtschaft in diese Entwicklungsprogramme – äußerst wichtig angesichts der Struktur der österreichischen Land- und Forstwirtschaft.

Viertens: die Frage der einzelbetrieblichen Investitionsförderungen für bäuerliche Betriebe.


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Fünftens: der Sektorplan und damit die Weiterentwicklung der Verarbeitungswirtschaft, die Niederlassungsprämie für Jungübernehmer und, was besonders wichtig ist, die neue Politik für den ländlichen Raum. Das ist der Ersatz der bisherigen 5b-Maßnahmen für integrierte Projekte zwischen Landwirtschaft und Wirtschaft, die nun im gesamten ländlichen Raum angewendet werden können.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Wie ist der Stand der Verhandlungen mit der Europäischen Kommission?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Erstens: Die Europäische Kommission hat die Mittelzuteilung für jedes Land beschlossen. Für Österreich stehen 423 Millionen Euro für dieses Programm "Ländliche Entwicklung" zur Verfügung, und die Bundesregierung hat bei der Budgeterstellung dafür Sorge getragen, dass dieses Geld auch für Österreich abgeholt werden kann.

Zweitens: Wir sind in der Endphase der Verhandlungen. Ich meine, dass wir April/Mai mit einer Programmgenehmigung rechnen können. Es sind einige Fragestellungen noch offen. Ich denke etwa, die Frage des Flächenbeitrags im Rahmen der Ausgleichszulage ist ein offener Punkt. Auch die Anwendung der horizontalen Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele ist einer der Punkte, die noch ausverhandelt werden müssen. Ich bin jedoch guten Mutes, dass wir dieses exzellente Programm zeitgerecht haben werden.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Horst Freiberger! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Welche Zielgruppen, und zwar über die bäuerlichen Betriebe hinaus, werden in den Genuss dieser Förderungen kommen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! In den Genuss der Effekte kommen alle Österreicher, weil ein gutes Umweltprogramm Grundlage für gute Produkte, für sauberes Grundwasser und für schöne Landschaft ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Spezifisch, Herr Bundesrat, ist etwa im Bereich der Sektorplanförderung vorgesehen, dass Unternehmen diese Förderungen beanspruchen können, wenn sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Davon profitieren alle, auch die Arbeitnehmer in diesen Betrieben, und in der ländlichen Entwicklungspolitik ist vorgesehen, dass kombinierte Projekte beispielsweise zwischen Landwirtschaft, Gewerbe, Gastronomie und regionalem Tourismus entwickelt werden können, um damit auch regionale Beschäftigungsimpulse zu geben.

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesrat Engelbert Weilharter! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Inwieweit können Sie das Komplizierteste der EU-Programme noch vereinfachen, ohne dass es dadurch zu Nachteilen für Österreich auf Grund von Sanktionen kommt?

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Das ist eine so genannte "Elfer-Frage", Herr Bundesrat! – Nein, im Ernst: Wir müssen zwei Dinge berücksichtigen. Einerseits müssen wir die Spielregeln einhalten; es handelt sich um Steuergeld in doch erklecklicher Höhe, das verantwortungsvoll und zielgerecht einge


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setzt werden muss. Zweites Spannungsfeld – etwa am Beispiel Umweltprogramm –: Wir sollen es möglichst so gestalten, dass jede Region ihre spezifischen Anforderungen erfüllen kann, angefangen bei den Problemen des Grundwassers bis hin zur Frage der Steilflächen-Mahd in den hochalpinen Gebieten.

Die Bundesregierung hat sich zur Absicht gesetzt, einen Vorschlag auszuarbeiten, wie auf europäischer Ebene auf Basis der neuen Politik – Agenda 2000 – Verwaltungsvereinfachungen durch Vereinfachung der Spielregeln umgesetzt werden können. Das ist ein wichtiges Projekt, das ich mit voller Kraft angehen werde. Allerdings sage ich Ihnen sehr offen dazu: Diese Programme erfordern ein Mindestausmaß an Verwaltung, ein Mindestausmaß an Kontrolle und letztendlich auch ein Mindestausmaß an Bürokratie. Das muss man ganz offen sagen. Wer meint, dieses Geld ohne Kontrolle einfach nur vergeben zu können, der ist auf dem Holzweg.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1086/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Johann Kraml, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1086/M-BR/00

Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Betriebsschließung der Molkerei Königswiesen in Oberösterreich zu verhindern und den dortigen Genossenschaften (Milchbauern), Arbeitern und Angestellten Unterstützung angedeihen zu lassen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer:
Herr Bundesrat! Es ist tatsächlich so – wie auch schon in einer Frage angedeutet wurde –, dass im Bereich der Verarbeitungswirtschaft in Europa und damit auch in Österreich Wettbewerbsdruck herrscht. Der sehr strenge Wettbewerbsdruck führt auch dazu, dass wir Strukturänderungen einfach vornehmen müssen.

Eine konkrete Unternehmensentscheidung ist vom verantwortlichen Unternehmen zu treffen. Es wäre eine völlig falsche politische Einschätzung, wenn gemeint wird, dass Unternehmensentscheidungen durch die Politik vorgenommen werden. Daher sind Unternehmensentscheidungen auch dort zu verantworten, wo sie getroffen werden. Es verfügen sowohl der Bund als auch die Länder über eine Reihe von Instrumenten, um Arbeitnehmern etwa in diesem Falle zu helfen – Stichwort: Arbeitsmarktservice.

Wenn Sie meinen Verantwortungsbereich ansprechen, dann kann ich Ihnen sagen, dass etwa für die Frage der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens – wenn konkrete Pläne vorliegen, die sich wirtschaftlich rechnen – Unterstützungen im Rahmen des Sektorplanes möglich sind. Wenn in Regionen – wie in der von Ihnen angesprochenen Region – konkrete Projekte zur Schaffung von wettbewerbsfähigen Strukturen oder zur Schaffung von neuer Beschäftigung im Rahmen der ländlichen Entwicklung vorliegen, dann kann, wenn die Bedingungen eingehalten werden, sicherlich auch hier unterstützend eingegriffen werden.

Aber noch einmal klar gesagt: Unternehmensentscheidungen über Standorte sind Unternehmensentscheidungen.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Ich frage Sie: Halten Sie persönlich diese Zusammenlegungs- und Schließungsstrategien des Managements der Berglandmilch für richtig?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Das Problem besteht darin, dass der Markt nicht das hergibt, was an Preisen notwendig wäre, um Strukturen zu erhalten, wie wir sie über Jahrzehnte gewohnt waren. Der Markt sagt, was auch die Konsumenten sagen: Sie wollen die Produkte möglichst billig haben. Das bedeutet aber, dass wir nicht die Augen vor notwendigen Strukturreformen verschließen dürfen – zu denen ich mich bekenne, das sage ich sehr klar –, weil ich es nicht verantworten könnte, dass wir zuschauen, bis wir in eine Situation geraten, die wir nicht mehr bewältigen können.

Daher: Wenn Unternehmen diese Entscheidungen treffen, sind sie zu respektieren. Ich sage Ihnen – auch wenn Sie es vielleicht aus der regionalen Betroffenheit heraus etwas anders sehen –: Ja, Strukturreformen in der Verarbeitungswirtschaft hat es gegeben und wird es auch in Zukunft geben.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Dr. Klaus Nittmann! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dr. Klaus Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Für die Schließung von Königswiesen macht Bergland-Generaldirektor Schwaiger den unter Druck geratenen Milchpreis verantwortlich.

Welche Auswirkung wird der sinkende Preis für die österreichischen Bauern mit sich bringen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Klar ist, dass jeder Preisdruck, der vom Markt ausgeübt wird, letztendlich Einkommensdruck bedeutet oder bedeuten würde. Ich sage daher, ich möchte in der Verarbeitungswirtschaft jene Struktur haben, die in bestmöglicher Weise zwei Ziele erreicht: marktfähig und wettbewerbsfähig zu sein und gleichzeitig den bestmöglichen Erlös für die bäuerlichen Betriebe sicherzustellen. Das ist mein Maßstab an strukturelle Entscheidungen.

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesrat Peter Rodek! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Einiges ist zum Teil schon beantwortet worden. Ich möchte Sie trotzdem fragen, wie Sie die Struktur der österreichischen Milchverarbeiter insgesamt beurteilen.

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Es ist so, dass in den letzten Jahren eine massive Strukturentwicklung durchgeführt wurde. Ich meine, dass eine Schlüsselfrage in der österreichischen Milchwirtschaft darin liegt, wie zwei Unternehmen – ich kann sie ansprechen, weil sie auch in der öffentlichen Diskussion sind –, nämlich Bergland und NÖM, ihr zukünftiges Verhältnis zueinander definieren. Das halte ich für die Schlüsselfrage schlechthin, dass die Kooperation der beiden Unternehmen die Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir letztendlich einerseits wettbewerbsfähige Strukturen und andererseits keine Spirale am Markt, die letztendlich den Preis der Bauern nach unten drückt, haben.

Sehr offen gesagt: Mein Ziel ist daher, dass es mittelfristig zu einer Verschmelzung dieser beiden Unternehmen kommt. Ich sehe sonst keine vernünftige Alternative dazu.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 6. Anfrage, 1083/M, an den Herrn Bundesminister.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn


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Bundesrat Leopold Steinbichler, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1083/M-BR/00

Welche Aktivitäten setzen Sie als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im laufenden UVP-Verfahren betreffend Temelin?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wir – die Republik Österreich und das damalige Umweltministerium – sind im August 1999 von der tschechischen Regierung über dieses bevorstehende UVP-Verfahren informiert worden. Wir haben daher ausreichend Zeit gehabt, uns sehr intensiv mit der Vorbereitung dieser Stellungnahme im UVP-Verfahren zu befassen.

Vom Bundeskanzleramt mit der Erstellung beauftragt wurde das Umweltbundesamt. In dieser Stellungnahme des Umweltbundesamtes ist in einem intensiven Dialog mit allen Beteiligten, auch mit der interessierten Öffentlichkeit, letztendlich eine Fachstellungnahme erarbeitet worden, die von Österreich im Rahmen des UVP-Verfahrens auch den Stellen in der Tschechischen Republik zeitgerecht übermittelt wurde.

Damit hat sich die österreichische Bundesregierung auch im Ministerrat befasst. Sie hat im Rahmen des Ministerrates auch der tschechischen Seite die Idee, die in Österreich intensiv diskutiert wurde, nahe gebracht, ein Hearing über die offenen Fragen auf österreichischem Boden durchzuführen. Ich hoffe, dass wir mit der tschechischen Regierung eine vernünftige Vorgangsweise finden können, damit wir unsere Bedenken entsprechend vertreten können.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Wie beurteilen Sie die Energie-Kooperation mit der Tschechischen Republik?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Ich meine, dass die Energie-Kooperationen mit der Tschechischen Republik und anderen Nachbarstaaten ein gutes Beispiel dafür sind, dass man nicht nur gute Tipps geben soll, sondern in Kooperationsprojekten letztendlich auch die eigene positive Erfahrung einbringen kann. Das ist ein wesentliches strategisches Operationsfeld für diese Bundesregierung, und das betrifft selbstverständlich insbesondere die Frage der erneuerbaren Energieträger, weil ich darin eine der Kernstrategien einer modernen Umweltpolitik erblicke. So wird zum Beispiel Ende April in St. Pölten eine entsprechende Fachtagung zu diesem Thema abgehalten werden.

Es ist klar, dass dieser Weg nicht ganz einfach ist – das ist ein Weg der kleinen Schritte –, weil die Einschätzung der Frage der energetischen Nutzung der Atomkraft in Österreich völlig anders als in manchen Nachbarstaaten ist. Das muss man ganz offen sagen. Es sind daher viel Überzeugungsarbeit und das Vorzeigen des guten Beispiels, dass es auch anders geht, notwendig.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Ernst Winter! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben es bereits angeschnitten, dass in Österreich eine UVP-Verhandlung durchgeführt wird. Ist das sicher, oder werden Sie darauf bestehen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer:
Herr Bundesrat! Ich habe meinem tschechischen Amtskollegen diese Idee, die in Österreich intensiv diskutiert wird, als Anregung übermittelt. Sie wissen, dass ich die tschechischen Stellen nicht zwingen kann, festzulegen, wo sie ein Verfahren durchführen.

Ich meine aber, dass es im Sinne der Transparenz und im Sinne der nachbarschaftlichen Beziehungen auch Argumente für die tschechische Seite gibt, die dafür sprechen, es zu tun. Ich weiß, dass diese Diskussion derzeit in der Tschechischen Republik geführt wird, und ich hoffe, dass sie zu einem aus österreichischer Sicht vernünftigen Ergebnis führt. Zu etwas zwingen – das wissen Sie so gut wie ich – kann man in einem formalen Verfahren letztendlich niemand.

Vizepräsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Welche Vorgangsweisen werden Sie vorschlagen, um die Beitrittskandidaten für die Erweiterung der Europäischen Union zur Stilllegung ihrer nicht nachrüstbaren Reaktoren – wie zum Beispiel Bohunice, Ignalina oder Kosloduj – zu bewegen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Es ist ein österreichischer Erfolg, dass beim Gipfeltreffen von Helsinki die Frage der nuklearen Sicherheit als eines der wesentlichen Elemente der Beitrittsverhandlungen aufgenommen wurde. Sie wissen, dass wir in der österreichischen Bundesregierung das Ziel verfolgen, dass spätestens mit dem Zeitpunkt des Beitrittes auch die Einleitung des Stilllegungsverfahrens von nicht nachrüstbaren AKWs durchgeführt wird. Das betrifft die von Ihnen angesprochene Liste von Kosloduj, Ignalina und Bohunice.

Die slowakische Regierung hat in einem Schreiben die Bereitschaft angekündigt, Verhandlungen über diesen Zeitpunkt zu führen. Wir bereiten diese Verhandlungen derzeit intensiv vor und erwarten in dieser Frage – das sage ich sehr klar – die volle Unterstützung der Europäischen Kommission.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 7. Anfrage, 1089/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1089/M-BR/00

Welche Auswirkungen hätten erfolgreiche Bestrebungen der EU-Finanzkommissärin Schreyer, Teilbeträge aus dem EU-Agrarhaushalt für andere Zwecke zu verwenden, auf die verschiedenen Bereiche der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft im österreichischen Bundesbudget?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wichtig ist das Wörtchen "hätte" – ich habe schon in der Antwort auf die Frage von Herrn Bundesrat Koller gesagt, dass ich davon ausgehe, dass diese Ideen Ideen bleiben.

Was wir wissen, ist, dass, wenn diese Ideen realisiert würden – so sage ich –, Klarheit darüber besteht, dass sie nicht in der ländlichen Entwicklung angewendet würden. Man muss hier immer im Konjunktiv reden. Das heißt, Programme wie jene für Bergbauern, Umwelt, ländliche Entwicklung wären nicht betroffen, sondern betroffen wären allenfalls Marktordnungsbereiche. In


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dieser Hinsicht wäre die Frage der Auswirkung danach zu beurteilen, wie die jeweilige Marktentwicklung sein würde, weil etwa die Erstattungshöhe von der Weltmarktentwicklung abhinge.

Ich betone diesen Konjunktiv deshalb, weil aus meiner Sicht der Finanzrahmen von Berlin nicht zur Disposition steht, da er von den Staats- und Regierungschefs beschlossen worden ist.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Vorweg: Ihr Optimismus in Ehren, Herr Bundesminister! – Da im Regierungsprogramm die optimale Ausnutzung der Kofinanzierung vereinbart wurde, frage ich Sie: Was werden Sie unternehmen, um den größtmöglichen Rückfluss von EU-Mitteln, die schließlich aus österreichischen Beiträgen finanziert werden, sicherzustellen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich meine nicht, dass das mein Optimismus ist, sondern ich gehe davon aus, dass es in dieser Frage eine vollständige Rückendeckung quer durch diverse politische Konstellationen in Österreich gibt, weil es letztendlich eine Lebensfrage für die österreichische Landwirtschaft, aber auch für die ländlichen Regionen ist.

Bei den Marktordnungsprämien – um zu Ihrer Zusatzfrage zu kommen – haben wir zeitgerecht die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir in Österreich alle Möglichkeiten, die die Agenda 2000 neu bietet, auch nutzen können. Das heißt, im Bereich der Marktordnungsmittel ist der Rückfluss optimal gesichert.

Was die ländliche Entwicklung betrifft, haben wir durch die budgetäre Vorsorge im Budget 2000 einerseits und durch das Programm "Ländliche Entwicklung" andererseits dafür Sorge getragen, dass der Rahmen von 423 Millionen Euro, die für Österreich zur Verfügung stehen – das ist der relativ höchste Anteil aller EU-Länder, sage ich voll Stolz dazu –, tatsächlich eingehalten wird.

Es ist in der Kommission derzeit eine Diskussion im Gange, die ich für klug halte, nämlich dass im ersten Jahr der Anwendung der Agenda 2000 und des Programms "Ländliche Entwicklung" die Übertragbarkeit ermöglicht werden sollte. Denn wenn es bis zur Programm-Genehmigung sehr lange dauern würde, hätten wir nur sehr kurze Zeit zur Abwicklung, da diese bis zum 15. Oktober gewährleistet sein muss. Ich tue alles dafür, dass jeder Schilling, der möglich ist, auch nach Österreich kommt.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Georg Keuschnigg! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In der Agenda 2000 wurde die ländliche Entwicklung als zweites Standbein der Agrarpolitik der Europäischen Union eingeführt. Wie beurteilen Sie die grundsätzliche strategische Bedeutung dieses integrierten Ansatzes aus der Sicht der österreichischen Land- und Forstwirtschaft?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Dies ist in zweifacher Weise von zentraler Bedeutung. Einerseits ist es international wichtig – ich meine damit, dass diese ländliche Entwicklungsstrategie WTO-tauglich ist. Das heißt, dass die Maßnahmen im Rahmen dieser ländlichen Entwicklungspolitik der kritischen WTO-Diskussion standhalten werden und daher auch ausgebaut werden können, im Gegensatz zu den Marktordnungsmaßnahmen, für die wir enge Grenzen haben. Das ist daher international strategisch wichtig.

Zweitens ist es innerösterreichisch deswegen strategisch wichtig, weil es aus meiner Sicht genau das definiert, was wir mit bäuerlicher Landwirtschaft meinen: jene, die in einem starken


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ländlichen Raum ihre Arbeit verrichtet. Diese integrale Sichtweise von Landwirtschaft und Umwelt, Landwirtschaft und ländlichem Raum ist in dieser neuen Schiene "Ländliche Entwicklung" aus meiner Sicht positiv angelegt, ausbaufähig und auch ausbaunotwendig, weil das eine Zukunftsfrage für die Bauern und das Land ist.

Vizepräsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Bundesminister! Auch ich bleibe in der Möglichkeitsform: Wären Sie aus grundsätzlichen inhaltlichen Gründen gegen die Bestrebungen von Frau Finanzkommissärin Schreyer, oder beschränkte sich Ihre Kritik darauf, dass Sie grundsätzlich einen Beitrag aus dem EU-Agrarhaushalt verhindern wollten?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Dass das klar ist: Es ist die europäische Verpflichtung, den Wiederaufbau im Kosovo zu unterstützen – zweifelsfrei! Wenn das der Europäischen Union ein Anliegen ist, dann ist innerhalb der zuständigen und dafür vorgesehenen Rubrik die Schwerpunktbildung so zu setzen. Ich würde es politisch für fatal halten – das sage ich Ihnen sehr offen –, wenn wir in eine Diskussion kämen, die beispielsweise lautete: Tausche Wiederaufbau gegen agrarische Umweltpolitik!

Das ist nicht meine europäische Vision. Meine europäische Vision ist, dass für das, was Europa will, auch vorgesorgt wird. Daher meine ich, dass bei der Schwerpunktsetzung im großen Budget der Europäischen Union selbstverständlich auch im Rahmen der zuständigen Bereiche die Wiederaufbauhilfe im Kosovo möglich ist. Das ist auch der Auftrag an die Kommission.

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1087/M, an den Herrn Bundesminister.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Karl Boden, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1087/M-BR/00

Wie sehen die konkreten Umsetzungen des Finanzministers der blau-schwarzen Regierung im Budget des Landwirtschaftsministeriums aus, wonach "als oberstes Prinzip hervorzuheben (sei), dass diese Regierung in besonderer Weise soziale Gerechtigkeit ermöglichen wird" (Budgetrede des Finanzministers am 21. 3. 2000, Seite 2)?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wie es Zitate immer so an sich haben, sind sie im Kontext zu sehen. Ich sage Ihnen auch den nächsten Satz aus der Budgetrede dazu; er lautete: Ich sage ermöglichen, weil wir und alle Experten der Meinung sind, dass die drohende Unfinanzierbarkeit des Sozialstaates und die geringe soziale Treffsicherheit von Transfers neue Wege und Instrumente der Sozialpolitik notwendig machen werden. – Das ist sozusagen der Gesamtrahmen, in dem diese Linie der österreichischen Bundesregierung besteht.

Zweitens ist klar, dass auch für das Landwirtschaftskapitel und für das Umweltkapitel der restriktive Budgetkurs gilt – bei gleichzeitiger Sicherung der zugesagten Kernfunktionen, beispielsweise Umweltprogramm oder Bergbauernförderung.

Drittens: Ich weiß, worauf Sie abzielen. Wir haben dort, wo es uns möglich ist, auch Obergrenzen und Staffelungen eingeführt. Es gibt etwa im Umweltprogramm eine österreichische Initiative, dass wir Degressionen nach Betriebsgröße haben, auch bei der Ausgleichszulage und bei der Investitionsförderung.


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Ich habe schon gesagt – nein, ich habe es noch nicht gesagt und sage es jetzt –: Die österreichische Position ist klar, dass wir in der Europäischen Union nach wie vor dafür eintreten, dass es eine betriebsgrößenabhängige Degression bei den Marktordnungsprämien auf europäischer Ebene geben soll. Warum auf europäischer Ebene? – Weil ich die österreichischen Betriebe nicht bewusst im Wettbewerb schlechter stellen möchte als die Mitbewerber in anderen Ländern. Das ist das Ziel, das wir verfolgen.

Vizepräsident Johann Payer: Werden Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Engelbert Weilharter! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! In welchem Ausmaß werden im Kapitel 60 des Bundeshaushaltes Umschichtungen von der Agrarbürokratie zu den Land- und Forstwirten erfolgen, um soziale Gerechtigkeit zu erzielen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass die Budgetvorgabe, die sich diese Bundesregierung genommen hat, äußerst restriktiv ist. Sie bedeutet: Einsparung von Ermessensausgaben und nicht Umschichtung von Ermessensausgaben. Das heißt, die Aufgabe, die wir als Ressortverantwortliche haben, besteht darin, die Verwaltung insgesamt sparsamer zu gestalten, den Sachaufwand und den Personalaufwand zu reduzieren. Das bedeutet, dass wir auch im Landwirtschaftsbereich unsere Organisationsstrukturen überdenken müssen, dass wir unsere Aufgaben überdenken müssen und uns die Frage stellen, welche Aufgaben wir in Zukunft nicht mehr wahrnehmen, weil sie einfach nicht mehr zeitgemäß oder finanzierbar sind.

Aber gleichzeitig geht diese Bundesregierung davon aus, dass das, was der Landwirtschaft etwa in der budgetären Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zugesagt worden ist, für diese Bundesregierung und für diese Periode außer Streit steht. Das ist mein Ziel.

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesrat Engelbert Schaufler! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft! Sie haben als Mitglied der neuen österreichischen Bundesregierung meine Zusatzfrage in Richtung Betriebsgrößen-Degression in der Europäischen Union schon beantwortet. Daher kann ich darauf verzichten. – Danke schön. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. )

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 9. Anfrage, 1084/M, an den Herrn Bundesminister.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Friedrich Hensler, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1084/M-BR/00

Wie sieht die finanzielle Absicherung der Agenda 2000, allen voran des Programmes "Ländliche Entwicklung", im Budget 2000 aus?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich habe schon gesagt, dass die Mittel aus der Europäischen Union in der Höhe von 423 Millionen Euro – das sind 5,8 Milliarden Schilling – zur Verfügung stehen. Es ist klar, dass wir die österreichische Kofinanzierung dafür im Budget sichergestellt haben; das sind etwa 3,3 Milliarden Schilling. Es ist auch eine Überschreitungsermächtigung im Budget vorgesehen, wenn sich der Bedarf tatsächlich anders darstellen sollte.


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Damit können wir die Brüsseler Mittel ausschöpfen. Damit können wir – um Ihnen eine Größenordnung zu nennen – etwa für das Umweltprogramm einen Betrag in der Höhe von 7,8 Milliarden Schilling zur Verfügung stellen, für die Bergbauernförderung etwa einen Betrag in der Höhe von 2,8 Milliarden Schilling und für das neue Programm "Ländliche Entwicklung" etwa einen Betrag in der Höhe von 1,5 Milliarden Schilling, sodass wir insgesamt aus meiner Sicht – trotz der sehr restriktiven Budgetsituation mit allen Kraftanstrengungen der internen Prioritätensetzung – die ländliche Entwicklung optimal bewältigen können.

Vizepräsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche Mittel sind für die Investitionsförderung im Bereich ländlicher Entwicklung vorgesehen?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Von den angesprochenen rund 1,5 Milliarden, die für die ländliche Entwicklung zur Verfügung stehen, sind es etwa 660 Millionen Schilling, die in der kofinanzierten Investitionsförderung reserviert sind. Das sind Mittel im Ausmaß von 330 Millionen Schilling aus der Europäischen Union und 330 Millionen Schilling aus Österreich, wobei sich diese im bekannten Verhältnis von 60 zu 40 zwischen dem Bund und den Ländern verteilen. Daher ist ein Betrag, der über einem Drittel der Gesamtsumme der ländlichen Entwicklung liegt, für Investitionsförderung vorhanden.

Vizepräsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Herrn Bundesrat Johann Grillenberger um seine Zusatzfrage.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Gibt es in diesem Zusammenhang Berechnungen, wie die finanziellen Aufwendungen für das Jahr 2000 auf die einzelnen Bundesländer aufgeteilt sind?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Alle diese Programme, die ich jetzt geschildert habe, sind in Absprache mit den Bundesländern erarbeitet worden – selbstverständlich deshalb, weil die Bundesländer den nationalen Anteil zu 40 Prozent mitfinanzieren.

Dort, wo es sich um natürliche Gegebenheiten handelt, ist die Verteilung so, wie die Natur sie vorgibt: im Umweltprogramm in jenem Ausmaß, in dem die Bauern daran teilnehmen, oder in der Bergbauernförderung entsprechend dem jeweiligen Bergbauernanteil in den einzelnen Bundesländern. In den anderen Sparten – etwa in der Investitionsförderung – sind Schlüssel für die einzelnen Bundesländer vorgesehen, damit von vornherein eine Orientierung darüber gegeben ist, womit jemand rechnen kann. Diese Schlüssel sind im Einvernehmen zwischen dem Bund und den Bundesländern erstellt worden.

Vizepräsident Johann Payer: Herr Bundesrat Mag. John Gudenus! Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Welche zusätzlichen Programme werden für den Schutz des Waldes und für die österreichische Forstwirtschaft vorgesehen werden?

Vizepräsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich habe schon erläutert, dass es im Rahmen dieser ländlichen Entwicklung zum ersten Mal möglich gewesen ist, die Frage der Forstwirtschaft als integralen Förderbestandteil darzustellen. Ich meine, dass es durchaus auch eine österreichische Initiative


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war, die dazu geführt hat. Denn Sie wissen, dass wir die gemeinsame Forst-Strategie Europas während unserer Präsidentschaft nicht nur auf den Tisch gelegt, sondern auch verwirklicht haben.

Es handelt sich dabei insbesondere um die Frage der Verbesserung der Funktionen des Waldes, die wir hier unterstützen können. Das reicht vom Bereich Schutzwald über die Frage von Bestandsveränderungen – bestandsgerechte, standortgerechte Bewaldung; Mischwald – und über die Frage der Erschließung selbstverständlich bis hin zur Frage der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Forstwirtschaft, etwa unter dem Stichwort: Unterstützung der Waldwirtschafts-Gemeinschaften zur Verbesserung der Marktposition für österreichisches Holz.

Das ist etwa der Rahmen, in dem wir uns in der Forstwirtschaft nun bewegen können. Die Forstwirtschaft ist sehr froh darüber, dass dieses Modell einer Kofinanzierung aus europäischen Mitteln mit der ländlichen Entwicklung erstmals verwirklicht ist.

Vizepräsident Johann Payer: Danke, Herr Bundesminister.

Die Fragestunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsident Johann Payer: Sehr geehrte Damen und Herren! Den eingelangten Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz habe ich dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft und den Bericht über die soziale Lage 1998 dem Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Vorberatung zugewiesen.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsident Johann Payer: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 1 bis 3 sowie 4 und 5 unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Ankündigung von dringlichen Anfragen

Vizepräsident Johann Payer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Mag. Repar, Meier, Mag. Hoscher und Genossen betreffend Aufgabe der österreichischen Anti-Atompolitik durch die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Weiters gebe ich bekannt, dass mir ein weiteres Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und Genossen betreffend Gefährdung der Meinungsvielfalt durch Abschaffung des Postzeitungsversandes, Gefährdung von Arbeitsplätzen, Gefährdung des unabhängigen Journalismus, Benachteiligung des ländlichen Raumes und EU-Rechtswidrigkeit der geplanten Maßnahme an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vorliegt.


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 23

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus. Sie findet im Anschluss an die Durchführung der vorher bekannt gegebenen dringlichen Anfrage der Bundesräte Mag. Repar und Genossen statt.

1. Punkt

Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998 (Grüner Bericht 1998) (III-197/BR sowie 6089/BR der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999 (III-200/BR sowie 6090/BR der Beilagen)

3. Punkt

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-203/BR sowie 6091/BR der Beilagen)


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 24

Vizepräsident Johann Payer:
Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 3, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

der Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998,

der Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999 und

der Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 LWG.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 bis 3 hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend den Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998. Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 4. April 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Weiters erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend den Bericht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999. Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 4. April 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Nun bringe ich noch den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend den Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz. Der Inhalt dieses Berichtes liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 4. April 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Franz Koller. Ich erteile ihm dieses.

10.04

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Zuerst möchte ich meinen Dank an die Beamten, die den Grünen Bericht erstellt haben, aussprechen. Der Grüne Bericht ist wirklich umfangreich, umfassend und verständlich abgefasst. In diesem Sinne ein herzliches Danke an die Beamten.

Dieser Grüne Bericht weist jedoch leider kräftige Einkommenseinbußen für die Land- und Forstwirtschaft aus, so wie auch alle anderen Grünen Berichte außer jenem des Jahres 1995, in dem die degressiven Ausgleichszahlungen und die Lagerabwertung beinhaltet waren.

Die Einkünfte je Betrieb sanken um 6,8 Prozent – dies ist aber noch geschönt, denn wenn die Betriebe nicht aufgestockt hätten, wären es um 1,4 Prozent mehr gewesen. Die Einkünfte je Familienarbeitskraft sanken um 5,4 Prozent. Das Einkommen je Familienarbeitskraft betrug im Jahre 1998 160 533 S – das liegt weit unter jenem eines Industriearbeiters. Diese Einkommenshöhe zu halten war nur möglich, weil sich die Zahl der Arbeitskräfte um 3 Prozent verringert hat. Sonst wäre das Minus um 1,4 Prozent höher gewesen.

Die durchschnittliche Alterspension inklusive Ausgleichszulage beträgt für die bäuerlichen Familien 7 087 S.

Die Einkommenssituation für die Landwirtschaft sieht also nicht gut aus, sie ist genauso wie die soziale Situation sicher verbesserungswürdig.

Alle Steuern und Abgaben werden auf Basis des Einheitswertes berechnet. Ich habe im Vorjahr eine Anfrage an den Finanzminister gestellt, weil die Einkommen jahrelang zurückgegangen sind und der Einheitswert nicht geändert wurde. Im "Förderungsdienst" des Landwirtschaftsministeriums von 1/1992 wurde diese Anfrage aufgegriffen und veröffentlicht. Ich wundere mich über die Aussage, die in diesem Zusammenhang getätigt wurde.

Es heißt: Infolge des EU-Beitrittes und der Übernahme der gemeinsamen Agrarpolitik der EU wurden die Direktzahlungen und Förderungen an die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe stark erhöht, sodass die Einnahmenausfälle im Produktionsbereich durch diese Direktzahlungen und Förderungen weitestgehend kompensiert wurden.

Es wird dann auf das Jahr 1995 eingegangen – das habe ich schon erwähnt. Es stimmt, dass im Jahr 1995 die Einkommen um 22 Prozent gestiegen sind, aber eben, wie gesagt, auf Grund der Lagerabwertung und der hohen degressiven Ausgleichszahlungen.

Weiter heißt es in diesem Artikel: Auch zeigt die längerfristige Entwicklung der durchschnittlichen Betriebsergebnisse, dass die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft nach dem EU-Beitritt höher sind als vor dem EU-Beitritt. – Zitatende. Das stimmt also sicher nicht, denn die Einkommen sind gesunken.

Eine generelle Absenkung der land- und forstwirtschaftlichen Einheitswerte ist nach dem Ertragswertprinzip angesichts der bisherigen Entwicklung der Betriebsergebnisse derzeit nicht gerechtfertigt, heißt es weiter.

Am Montag war ein Bauer bei mir im Büro – ich habe an jedem ersten Montag im Monat Sprechstunden –, der sich bitterlich beklagt und gesagt hat, sein Einkommen sei viel geringer, obwohl


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663. Sitzung / Seite 25

er gleich weitergewirtschaftet habe. Vor dem EU-Beitritt habe seine Familie noch gut mit dem Einkommen auskommen können, aber jetzt sei die Situation so, dass er nur mit Hilfe der Pension seines Vaters – dieser ist 76 Jahre alt – alle Sozialversicherungsbeiträge und so weiter abdecken könne. Er hat wörtlich gesagt: Wenn mein Vater umkippt, dann kippe auch ich um!

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass im Regierungsübereinkommen auch dieser Situation Rechnung getragen wurde. Es ist jetzt vieles umzusetzen. Wir haben einige Punkte hineinreklamiert, und einige besondere Punkte gegenüber dem Übereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP sind hier zu erwähnen.

Erster Punkt: die Verbilligung der Betriebsmittel. In Österreich haben wir den höchsten Dieselöl-Preis. Auch in diesem Zusammenhang ist etwas zu tun.

Zweiter Punkt: Das, was insbesondere die Steiermark als Obstbau-, Weinbau- und Gemüseanbaugebiet betrifft, ist die Frage der Erntehelfer. Die Situation für die Bauern war sehr schwierig, weil keine Erntehelfer zu bekommen waren. Jetzt wurde im Regierungsübereinkommen dafür Sorge getragen, dass in den nächsten Jahren pro Saison zusätzlich 7 000 Erntehelfer vorgesehen sind.

Eine Verbesserung im sozialen Bereich ist ebenfalls vorgesehen – da möchte ich insbesondere den Berufsschutz erwähnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nun auf den Gewässerschutzbericht zu sprechen. Ich habe es in der Fragestunde bereits erwähnt, sehr erfreulich ist, dass schon 81 Prozent aller Fließgewässer in Österreich die Güteklasse 1 bis 2 aufweisen. Beim Grundwasser sieht es nicht so gut aus: Von den 150 ausgewiesenen Grundwassergebieten, in denen gemessen wird, sind 36 potentiell gefährdet; der Großteil davon durch Deponien und Altlasten. Da liegt noch sehr viel Arbeit vor uns, um dies zu beseitigen.

Lobend erwähnen möchte ich noch, dass bereits 81,5 Prozent aller Haushalte in Österreich an öffentliche Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen sind. Kritisch anzumerken wäre allerdings, dass eine Anlage umso förderungswürdiger ist, je größer und zentraler sie ist. Es wäre zu bedenken, dass nicht nur in den Ballungszentren eine Entsorgung durchgeführt wird, sondern auch in entlegenen ländlichen Gebieten eine Entsorgung stattfinden soll und daher kleinere Anlagen auch als förderungswürdig angesehen werden sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist nicht immer die große zentrale Kläranlage richtig, sondern auch kleine Anlagen sind richtig, in die keine industriellen Abwässer geleitet werden. Den Klärschlamm dieser kleinen Anlagen könnte man, wenn keine industriellen Abwässer eingeleitet werden, als Dünger verwenden. Dort, wo industrielle Abwässer eingeleitet werden, ist der Klärschlamm teuer in Simmering zu entsorgen. Das wollte ich hier erwähnen, und ich ersuche, das in Zukunft stärker zu beachten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bauern denken nicht immer nur an das Geld, wie das in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Die Bauern hängen an den Wurzeln. Sie hängen erstens an ihrer Heimat, am Hof und denken sehr wohl an die Umwelt. Wir sind nicht die Umweltverschmutzer, als die wir immer hingestellt werden. Wir sind die Hüter der Umwelt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn in Zeitschriften, Illustrierten und Kalendern eine schöne Landschaft dargestellt wird, so ist das ein kleines Verdienst der Fotografen, aber das größte Verdienst daran haben die Bauern, denn sie pflegen und erhalten die Landschaft und die Umwelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die bäuerlichen Familienbetriebe sind zu erhalten! Sie sind die Grundlage einer funktionierenden Gesellschaft. Wir Politiker haben die Verpflichtung, diese Familienbetriebe zu erhalten! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.14


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663. Sitzung / Seite 26

Vizepräsident Johann Payer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber. Ich erteile ihm dieses.

10.14

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Herr Bundesrat Koller! Das Auskommen mit dem Einkommen ist tatsächlich ein Problem, aber Klärschlamm und ÖPUL vertragen sich nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kürzlich wurde der Grüne Bericht für das Jahr 1998 veröffentlicht. 2 400 land- und forstwirtschaftliche Betriebe offenbaren darin ihren Betriebserfolg und somit ihre wirtschaftliche Lage im Jahr 1998. Die sorgfältige Auswahl und die Verteilung dieser Betriebe über das gesamte Bundesgebiet sind Gewähr dafür, dass die Aussagen für die gesamte österreichische Landwirtschaft Gültigkeit haben.

Eine gesonderte Darstellung – so will es das Landwirtschaftsgesetz – erfahren in diesem Bericht die Bergbauernbetriebe, aber auch den Gartenbau- und Weinbaubetrieben als Spezialbetrieben gilt ein eigenes Kapitel. Die Ergebnisse des Berichtes sind nicht erfreulich. Wie könnte es aber auch anders sein, hatten wir doch im Berichtsjahr noch einen Nadelstreif-Sozialisten als Bundeskanzler. Mit Bundeskanzler Schüssel und unserem "Lebensminister" Molterer kann es nur besser werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Vergleicht man die einzelnen Betriebsergebnisse miteinander, so bestätigt sich eine Entwicklung, der man ebenso Beachtung schenken muss. Man war es gewohnt, von der Disparität zwischen landwirtschaftlichen Einkommen und den Einkommen anderer vergleichbarer Berufe zu sprechen, sprich: vom Klassenkampf der SPÖ. Heute aber bereitet uns Vertretern die Disparität innerhalb des bäuerlichen Berufsstandes gleich viel Sorge. Die wachsenden Einkommensunterschiede zwischen den Gunst- und Ungunstlagen, zwischen flächenmäßig besser und schlechter ausgestatteten Betrieben und zwischen Betrieben mit stark unterschiedlicher Mechanisierung werden immer augenscheinlicher.

Das ist auch der Grund dafür, dass beispielsweise im nordöstlichen Flach- und Hügelland und im Alpenvorland von jeher die Betriebsergebnisse mit Abstand am besten waren. Man kann nicht darüber hinwegsehen, dass auch in Zukunft eine weitere Anhebung des landwirtschaftlichen Einkommens nur durch Einsparung von Arbeitskräften bei gleichzeitiger Verbesserung der Betriebs- und Produktionsstrukturen möglich sein wird.

Herr Koller! Der Betriebsaufwand, zum Beispiel die Kosten für Heizöl für Traktoren, wird gesenkt. Das Betriebseinkommen muss sich auch ohne degressive Ausgleichszahlungen erhöhen. Das Gesamteinkommen mit Bedienung außerlandwirtschaftlicher Einkommen muss abgebaut werden. Darum wird der österreichischen Land- und Forstwirtschaft als Auftraggeberin für die übrige Wirtschaft und im Hinblick auf die Arbeitsplätze wieder mehr Bedeutung zukommen.

Die Bruttoinvestitionen belaufen sich schon jetzt auf Milliardenhöhe. Für die Instandhaltung der Maschinen und Geräte und den Ankauf von kurzlebigen Wirtschaftsgütern werden weitere Milliarden ausgegeben. Wenn man den Aufwand für Energie, die Ausgaben für bauliche Anlagen und Düngemittel zusammenfasst, so ergibt das einen Betrag in zweistelliger Milliardenhöhe, den die österreichische Land- und Forstwirtschaft im Jahr 1998 ausgegeben hat.

Auch ohne Berücksichtigung der Personal-, Haushalts- und Privatausgaben kann mit Fug und Recht auf die große Bedeutung der Landwirtschaft als Auftraggeberin für Industrie und Gewerbe hingewiesen werden. 1998 stiegen die Exporte stärker als die Importe, trotzdem hatten wir 1998 ein Ergebnis der agrarischen Handelsbilanz von minus 20 Milliarden Schilling.

Die Zahl der im Agrarsektor beschäftigten Personen ging im Berichtsjahr um 2,4 Prozent zurück, wie Herr Koller gesagt hat. Das war die Beschäftigungspolitik eines Herrn Tumpel im Nadelstreif mit Rechberger-Gage – leider!

Über die Eckpunkte des Regierungsübereinkommens werden meine bäuerlichen Freunde sicher noch berichten. Ich darf noch einige Gedanken zum Gewässerschutzbericht bringen. Die


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663. Sitzung / Seite 27

Reinhaltung des Grundwassers als Lebensgrundlage für die Bevölkerung in den Städten hat weiterhin hohe Priorität, jedoch kann es Gewässerschutz zum Nulltarif nicht geben.

Der Kanalanschluss in den ländlichen Regionen – ich kann feststellen, dass wir mit den Vertretern der Regierungsparteien auf gleicher Linie sind – muss genauso überdacht werden wie die Einheitswertfeststellung.

Der Einheitswert ist ein Ertragswert. Buchführungsergebnisse weisen Reinerträge von 600 S pro Hektar aus, die Reinerträge werden mit "18" kapitalisiert, das sind Hektarerträge um 12 000 S. Tatsächlich haben vergleichbare Betriebe Hektarsätze in der Höhe von 15 000 S bis 16 000 S. Daraus lässt sich eine rechnerische Senkung der Einheitswerte ableiten. Die Regierung ist gefordert, dies umzusetzen. Herr Bundesrat Koller und seine Freunde werden dabei mithelfen. Dafür vorerst ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Zuschuss zur Hagel- und Frostversicherung ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer umfassenden Ernteversicherung. Eine solche Abdeckung durch Versicherungen kann nur verwirklicht werden, wenn Bund und Länder Zuschüsse garantieren, sodass es zu einer Verbilligung der Prämien kommt. Damit wird die Eigenvorsorge gefördert, und Bund und Länder ersparen sich Entschädigungszahlungen, was der öffentlichen Hand langfristig wesentlich billiger kommt.

Hoher Bundesrat! Wir sollten die Jahrtausendwende zum Anlass nehmen, Rechenschaft darüber zu geben, was seit dem EU-Beitritt erreicht wurde und wie sich die Position der Bauern in unserer Gesellschaft, in der Landwirtschaft und in der gesamten Volkswirtschaft entwickelt hat. Ich glaube, dass wir auf das Erreichte schon ein bisschen stolz sein können. In Jahren großer wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen, die den Bauern ganz Europas den Einsatz ihrer gesamten Intelligenz und ihrer gesamten Arbeitskraft abverlangt haben, haben wir nicht nur mitgehalten, sondern viele Probleme dank unseres Ministers besser gemeistert als die Bauern in anderen Ländern.

Unsere Agrarpolitik war nicht immer bequem, aber sie war erfolgreich, weil sie konsequent war. Vor allem aber war sie vom Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschen, die harte Arbeit leisten und für die gesellschaftspolitische Stabilität für unser Vaterland unentbehrlich sind, getragen. Im Grünen Bericht für das Jahr 1999 wird wohl noch ein Minus davorstehen, aber ab dem Jahr 2000 werden wir dank der neuen Bundesregierung und dank unseres "Lebensministers" ein Plus schreiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Marizzi: Halleluja!)

10.23

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Kraml. Ich erteile ihm dieses.

10.23

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich für die Landwirtschaft, wenn es ihr in den nächsten Jahren tatsächlich so gut geht, wie gerade gesagt wurde, und wenn dann anstelle der Minus Plus stehen.

Meine Damen und Herren! Die Gesamtsituation der Landwirtschaft ist sicher sehr schwierig. Es hat in den letzten Jahren zum Teil sehr tief greifende Strukturveränderungen gegeben. Geschützte Preise und Märkte sind weggebrochen, auf der anderen Seite aber war es nicht möglich, so rasch neue Märkte zu erschließen. Mit diesem Strukturwandel ist der Landwirt konfrontiert. Er ist daher sehr oft auch verunsichert, weiß nicht, wie es weitergehen soll.

Nischenprodukte sind auch in der Landwirtschaft gefragt. Rund 18 800 Betriebe haben sich bereits dem biologischen Landbau verschrieben. Es ist genau diese Sparte, die echte Zukunftschancen hat und die es sehr vielen Betrieben ermöglichen wird, die Landwirtschaft weiterzuführen.


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663. Sitzung / Seite 28

Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen, in dem jedes Haus eine Landwirtschaft hatte. In der Zwischenzeit gibt es nur noch drei größere Landwirte und einen Biobauern – so sind die Veränderungen.

Meine Damen und Herren! Auch der Handel ist bereits voll auf die Bioschiene aufgesprungen, das bringt auf der einen Seite Vorteile mit sich, birgt aber auf der anderen Seite gewisse Gefahren in sich: Die Biobauern stehen sofort wieder unter dem Preisdruck der Supermarktketten, und dieser Preisdruck wirkt sich in weiterer Folge auch wieder auf die Erzeugung der Produkte aus.

Ingesamt gibt es in diesem Bereich aber für viele bäuerliche Betriebe neue Chancen. Und die Umsetzung dieser neuen Chancen muss entsprechend unterstützt werden. Das ist etwas sehr Wichtiges, und diesbezüglich geschieht meiner Meinung nach noch etwas zu wenig.

Meine Damen und Herren! Im Bericht steht hinsichtlich der Maßnahmen 2000: Um die spezifische Identität der österreichischen Land- und Forstwirtschaft zu sichern, ist ein effizientes, sozial gerechtes sowie leistungsorientiertes Förderkonzept für die bäuerlichen Betriebe und den ländlichen Raum Vorraussetzung. – Dieses Wollen kennen wir, es wurde aber bisher leider noch nie richtig in die Tat umgesetzt.

Meine Damen und Herren! Ich habe bereits beim Grünen Bericht 1997 die Ungerechtigkeiten im landwirtschaftlichen Förderungssystem kritisiert: Je größer ein Betrieb ist, je mehr Viehbestand ein Betrieb hat, umso mehr Fördergeld gibt es. – Es ist keine gerechte Mittelverteilung, wenn jener, der am beschwerlichsten zu wirtschaften hat, dann auch noch weniger Förderung bekommt, sozusagen dafür noch bestraft wird.

Meine Damen und Herren! An der Situation, dass rund 80 Prozent der Fördermittel den 20 Prozent der größten und reichsten Betriebe zufließen, hat sich nichts Gravierendes geändert. Dies ist eine Ungerechtigkeit, die sich bereits seit Jahren durch das landwirtschaftliche Fördersystem zieht.

Es kann auch nicht Sinn machen, dass zwar immer mehr Mittel in die Landwirtschaft fließen, in weiten Bereichen dort aber trotzdem die Einkommen Jahr für Jahr sinken.

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat im Nationalrat davon gesprochen, dass sich die neue Bundesregierung neben der Entwicklung der Landwirtschaft vor allem auch die Entwicklung des gesamten ländlichen Raumes zum Ziel gesetzt hat. Davon müssen Sie, Herr Bundesminister, anscheinend noch die Führungsriegen der großen Milchriesen überzeugen – die Molkerei Königswiesen war heute bereits ein Thema. Ich muss aber noch einmal auf diese Situation eingehen, weil sie genau das Gegenteil dessen zeigt, was Sie sich zum Ziel gesetzt haben.

Es soll ein bestehender Betrieb, der jahrelang gewachsen ist, in den bis vor kurzem auch noch investiert wurde, auf Grund betriebswirtschaftlicher Notwendigkeiten, wie es so schön heißt, geschlossen und die Produktion vom Mühlviertel ins niederösterreichische Aschbach verlegt werden.

Meine Damen und Herren! Es wurde die "Mühlviertler Alm" kreiert, es wurden mit großem Aufwand Produkte beworben, wie zum Beispiel die Fasslbutter – und jetzt sperrt man dort zu, muss aber in dem anderen Ort erst wieder eine Produktion aufbauen. Der größte Betrieb einer Gemeinde, der nicht veraltet ist, der ein Produkt erzeugt, das auf dem Markt gefragt ist, soll also geschlossen werden. Das betrifft aber nicht nur die dort beschäftigten Arbeitskräfte, sondern es haben sich auch andere Betriebe darauf spezialisiert, ihre Geschäfte mit der Molkerei zu machen.

Meine Damen und Herren! In den Mühlviertler Supermärkten steht Tiroler Milch, in den Mühlviertler Supermärkten findet man Kärntner Milch – in Mühlviertler Supermärkten findet man jedoch keine Mühlviertler Milch; ich glaube, diese gibt es nicht.


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663. Sitzung / Seite 29

Ich erinnere mich, dass in meine Heimatgemeinde Rohrbach jede Woche italienische LKW-Züge, Tankzüge, kommen und Milch oder sonstige Produkte abholen. Die Milch wird kreuz und quer durch Österreich gefahren. Das soll betriebswirtschaftlich sein? – Herr Bundesminister! Ich glaube, das versteht niemand!

Meine Damen und Herren! Der Gewässerschutzbericht ist ebenfalls eine sehr interessante Lektüre. Er zeigt die Wasserströme in Österreich auf und führt auch deren Wassergüte an. Im Großen und Ganzen sind die Flüsse und Seen sauber. Probleme gibt es in einigen Gebieten mit dem Grundwasser, das mit Nitraten und Pestiziden stark belastet ist. Es lässt sich natürlich darüber streiten, woher diese Belastungen kommen, eines ist aber ganz sicher: Im Wesentlichen sind es die großen Ackerbaugebiete, bei denen es vermehrt Grundwasserbelastungen gibt.

Studien belegen, dass die Pestizidbelastung ausschließlich von der Landwirtschaft stammt und diese ebenfalls für ungefähr 80 Prozent der Nitratbelastungen verantwortlich ist.

In Anbetracht der Gefahren, die, wie wir wissen, nitrat- und pestizidbelastetes Trinkwasser mit sich bringt, wundere ich mich eigentlich, dass sich die diesbezügliche Diskussion hauptsächlich mit der Frage beschäftigt: Wie viel darf im Wasser sein? – Eigentlich sollte man vielmehr darüber sprechen, warum diese Gifte in unserem Trinkwasser, in unserem Grundwasser eigentlich vorhanden sind.

Ich halte nichts davon, da den Kopf in den Sand zu stecken. Die gesetzliche Seite gibt uns mit der 1991 beschlossenen Grundwasserschwellenverordnung die Möglichkeit, entsprechende Schritte dagegen zu unternehmen. Allerdings müssen diese Schritte eingeleitet und dann auch kontrolliert werden.

Sauberes Wasser ist eine unserer Lebensgrundlagen, und es ist wirklich zu wenig, wenn es nur auf dem Papier steht.

Es ist der falsche Weg, wenn auf der einen Seite mit millionenteuren Zusatzeinrichtungen das belastete Wasser wieder aufbereitet wird, aber auf der anderen Seite keine Wirtschaftsbeschränkungen erlassen werden. Der Profit der einen kann doch nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen.

Meine Damen und Herren! Erwähnt muss beim Gewässerschutz auch der Einsatz der Gemeinden werden, die für die Abwasserbeseitigung tatsächlich sehr viel tun. Österreichweit werden Beträge in Milliardenhöhe eingesetzt, damit wir sauberes Wasser haben.

Meine Damen und Herren! Bei allen Nachteilen, die es in der Landwirtschaft gibt, kann sich die Entwicklung der Landwirtschaft sehen lassen. Diesen Standard hat die österreichische Land- und Forstwirtschaft unter einer SPÖ-geführten Bundesregierung erreicht, Herr Kollege Gruber! Auch unter (Bundesrat Hensler: Abschaffen habt ihr es wollen!) einem "Nadelstreif-Sozialisten", wie Sie es gesagt haben, kann man eine sinnvolle Landwirtschaftspolitik machen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Hensler. ) Dass der Arbeiterkammerpräsident für die Landwirtschaftspolitik zuständig ist, ist mir überhaupt ganz neu.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich sagen: Meine Fraktion wird den drei vorliegenden Berichten die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile ihr dieses.

10.32

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich komme gerade vom "Tourismusforum" in St. Johann im Pongau und kann Ihnen, meine Damen und Herren, Folgendes kurz mitteilen: Der allgemeine Wunsch beziehungsweise die Feststellung war, alles zu tun, um die bäuerliche


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663. Sitzung / Seite 30

Struktur auch für das Tourismusland Österreich zu erhalten. Großhoteliers, wie Helmut Peter, plädieren für Großdestinationen und würden nicht nur eine Schließung von Klein- und Mittelbetrieben, sondern auch die Nichtförderung des bäuerlichen Gästerings befürworten. Was ist aber Österreichs Tourismus ohne Bauern und bäuerliche Produkte, die den "Feinkostladen" Österreich erst ausmachen?!

Der Großteil der Landschaftspflege wird von den Bauern bestritten. Stellen Sie sich vor, welche Kosten den Gemeinden, den Ländern und dem Bund dadurch erspart bleiben!

Vom "Tourismus am Bauernhof" des Landes Salzburg wurde mitgeteilt, dass Urlaub am Bauernhof sogar vermehrt von den Gästen in Anspruch genommen wird, und zwar von "besonderen" Gästen, das heißt von Gästen, die nicht aus Ersparnisgründen Urlaub am Bauernhof machen, sondern ... (Bundesrat Prähauser: Zuwächse gibt es in Salzburg keine!) – O ja! Ich werde jetzt einen Hinweis geben. (Bundesrat Prähauser: Sie müssen alle Betten zusammenzählen! Sie müssen Studien dazu zitieren!) – Lassen Sie mich zuerst ausreden.

Es nehmen vermehrt auch Festspielgäste einen Urlaub am Bauernhof in Anspruch. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass das gerade für die örtliche Wirtshauskultur sehr von Nutzen beziehungsweise von Vorteil ist, weil sich gerade jene Gäste, die Urlaub am Bauernhof machen, am Abend im Wirtshaus die Schmankerln und Produkte des "Feinkostladens" Österreich schmecken lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen – Bundesrat Prähauser: Die gehen nach Hause! Sich in die Tasche lügen, macht es nicht besser!)

Ich möchte Ihnen, lieber Herr Kollege, jetzt einige Zahlen nennen, die die positive Entwicklung aufzeigen: Im Jahre 1998 zum Beispiel – ich rede jetzt von Oberösterreich, das Salzburg gegenüber nicht im Hintertreffen ist, was den Urlaub am Bauernhof betrifft (Bundesrat Prähauser: Dort ist es besser!) , Salzburg ist diesbezüglich gleichgestellt – waren privat am Bauernhof 227 101 Gäste (Bundesrat Prähauser: Die waren alle bei den Festspielen!), im Jahre 1999, Herr Kollege, waren es 214 948. Das war leider ein Minus von 12 153 Gästen oder von 5,4 Prozent. In Salzburg waren es 5,3 Prozent. Im Vergleich dazu waren es bei den Ferienwohnungen am Bauernhof und den Ferienhäusern am Bauernhof im Jahre 1998 72 237 Gäste und im Jahre 1999 89 141 Gäste. Das ist ein Plus von 16 904 Gästen in Oberösterreich, lieber Herr Kollege, was eine Gleichstellung mit Salzburg bedeutet, wo es 15 000 Gäste und damit ein Plus von 23,4 Prozent gab. (Bundesrat Prähauser: Das ist nicht gleichgestellt!) Besorgen Sie sich den "Urlaub am Bauernhof" von Salzburg, dann reden wir weiter! (Bundesrat Prähauser: Ich kenne ihn besser, als Sie glauben! – Bundesrätin Mühlwerth, in Richtung des Bundesrates Prähauser: Das schaut nicht so aus, Herr Kollege!) Das sollte man auf ganz Österreich ausdehnen. (Bundesrat Prähauser: Sie sollten bei den Tatsachen bleiben!) – Genau das möchte ich! Aber schauen Sie auch den Tatsachen genau ins Auge, dann werden Sie erkennen, dass es kein Minus gibt.

Diese Regierung und vor allem auch Herr Minister Molterer sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass der Urlaub am Bauernhof beziehungsweise dieser Nebenerwerbszweig geschützt wird und erhalten bleibt, um dem Image Österreichs gerecht zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Leider werden von den Medien bereits vor Abschluss der Verhandlungen um die Getränkesteuer die Bauern verunsichert und Missstimmungen angeheizt. In diesem Zusammenhang möchte ich ein für alle Mal hier klarstellen: Auch den Bauern wurde vor dem EU-Beitritt nur Positives prophezeit, aber das Negative wurde nicht aufgezeigt. Sie alle, meine Damen und Herren, wissen, dass, so wie die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke EU-widrig ist – das ist auch bestätigt worden –, auch das Nichtbesteuern von bäuerlichen Getränken, wie zum Beispiel Most, EU-widrig war.

Wenn jetzt die Einführung einer Produzentensteuer als Teilersatz für die entfallenen Gemeindeeinnahmen aus der Getränkesteuer erwogen wird, dann muss ich sagen: Davon sind auch die Weinbauern betroffen. Jeder Bauer, der den Verkauf seiner Produkte gewerblich betrieben hat, hat immer schon Getränkesteuer bezahlt. Aber wir müssen uns im Klaren sein, dass wir uns


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663. Sitzung / Seite 31

durch das gewaltige Budgetloch, für das wir Freiheitlichen sicher nicht verantwortlich zeichnen und das das Erbe vor allem der sozialistischen Finanzgebarung war, einer Situation gegenübersehen, die diese neue Regierung zu Maßnahmen zwingt, die unbedingt erforderlich sind. Wir alle – auch Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ – müssen Nachsicht bei manchen, auch unliebsamen Maßnahmen üben.

Um das Seine und die Zahlungsfähigkeit des Heimatlandes zu gewährleisten, sind es neben den Klein- und Mittelbetrieben vor allem die Bäuerin und der Bauer, die immer wieder die Ärmeln aufkrempeln und fest anpacken, denn sie wissen genau, dass ihnen jammern am wenigsten hilft.

Es ist die Regierung gefordert, diesem Auftrag gerecht zu werden. Sie muss danach trachten, einen Konsens zwischen Bauern, Wirtschaftstreibenden und Handel zu finden.

Nach den zwei Tagen "Tourismusforum" bin ich mehr denn je überzeugt davon, dass es die neue Regierung schaffen kann, Österreich als Wirtschafts- und Tourismusland erhalten zu können – wohlgemerkt nur mit der Kraft von uns allen, mit Arbeit und mit dem Verständnis für Vieles... (Bundesrat Prähauser: Erhalten zu können, ist zu wenig, ausbauen ist die Prämisse!) – Jetzt müssen wir zuerst einmal das Budgetloch stopfen, das uns die sozialistische Partei, die sozialistische Finanzwirtschaft und Herr Edlinger hinterlassen haben. (Bundesrat Prähauser: Nicht zu Lasten des Fremdenverkehrs! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden es schaffen – wohlgemerkt nur mit der Kraft von uns allen, meine Damen und Herren, mit konsequenter Arbeit und mit dem Verständnis für Vieles der Wirtschaftstreibenden, der Mitarbeiter, aber vor allem mit dem Großeinsatz unserer Bauern zur Erhaltung der schönen bäuerlichen Struktur, die das Besondere Österreichs erst ausmacht! (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Aber wir werden es nicht schaffen, wenn immer wieder unser Land und die Arbeit der neuen Regierung unberechtigt von eigenen Landsleuten schlecht gemacht wird, wenn die Sozialdemokratische Partei aufhört, sozialdemokratisch zu sein, als sozialistische Partei zu agieren und überhaupt einen Gedanken an die Demokratie zu verlieren. (Bundesrat Prähauser: Sagen Sie das Noch-Parteichef Haider! Wer macht wen schlecht?)

Die Bilder von Demonstrationen in Österreich sind weder von der ÖVP noch von der FPÖ hinausgetragen worden, sondern von der Sozialdemokratischen Partei und allen anderen (Zwischenrufe bei der SPÖ)  – Bilder, die unser Land und die Arbeit der Bauern in ein schiefes Licht gestellt haben. Nehmen Sie das endgültig einmal zur Kenntnis, und ziehen Sie daraus die Konsequenzen! Unsere Regierung tut alles, um diesem Land und vor allem den Bauern zu dienen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.42

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Friedrich Hensler. Ich erteile ihm das Wort.

10.42

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute drei wichtige Beschlüsse, die im unmittelbaren und mittelbaren Bereich die Bauern betreffen, auf der Tagesordnung. Gestatten Sie mir aber, dass ich eingangs einen Einwand gegen die Ausführungen des Kollegen Kraml erhebe.

Herr Bundesrat! Sie haben hier die sozialistische Regierung für ihre Tätigkeiten zum Wohle der Bauern gelobt. Dazu möchte ich klar und deutlich sagen: Das Faktum, dass die Situation der Bauern derzeit positiv ist, ist in erster Linie das Verdienst unseres Bundesministers Willi Molterer. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere mich: Die Aussagen, die von führenden Persönlichkeiten der sozialistischen Partei gegenüber der Landwirtschaft getätigt wurden, waren mehr als negativ. Eindeutig negative


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Aussagen dazu gab es von Seiten des Gewerkschaftspräsidenten Verzetnitsch. Es gab auch die Forderung, dass das Landwirtschaftsministerium abgeschafft werden soll. Ich weise das strikt und vehement zurück. Die Politik für die Bauer vertritt die Österreichische Volkspartei, vertritt unser Landwirtschaftsminister. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun einige Anmerkungen zum Grünen Bericht:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Grüne Bericht beschreibt auf der einen Seite die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft und auf der anderen Seite die Entwicklung der Bauernschaft in Österreich generell. Dazu ein offenes Wort: Ich gebe Kollegen Koller völlig recht, wenn er meint, dies sei kein Bericht, der zum Jubeln Anlass gibt. Das ist zweifelsohne unbestritten. Aber dieser Bericht zeigt klar und deutlich die Situation auf, in der sich unsere Landwirtschaft befindet.

Es wurden zugegebenermaßen großartige Leistungen erbracht, aber die Landwirtschaft befand sich aufgrund der Umstrukturierungen in der EU – es ist dies jetzt der vierte Grüne Bericht, der seit dem EU-Beitritt dem Hohen Haus vorgelegt wird – in einer sehr schwierigen Lage. Trotz allem haben wir mittels konstruktiver Arbeit des Ministeriums, aber auch in konstruktiver Zusammenarbeit mit den Bauern sehr viel erreicht.

Natürlich ist der Abgang, ist die schwierige Lage, wie gesagt, darauf zurückzuführen, dass die degressiven Ausgleichszahlungen zurückgegangen sind. Degressiv heißt, dass es von Jahr zu Jahr weniger gibt. Dazu kam die ungünstige Lage auf dem Schweinemarkt. Sie wissen, dass die Veredelungsbetriebe große Probleme haben. Aber man hat von Seiten der Regierung versucht, aktiv zu helfen und angesichts dieser schwierigen Lage für die Bauern Abhilfe zu schaffen.

Ein positiver Faktor, der im Grünen Bericht erwähnt ist, ist, dass die Futterbaubetriebe ein Plus von 7 Prozent und die Bergbauernbetriebe pro Arbeitskraft ein solches von 5 Prozent haben.

1999 war, wie mein Kollege Gruber schon gesagt hat, auch ein sehr schwieriges Jahr. Da hieß es, gewaltige Anstrengungen zu unternehmen.

Wir müssen aber auch die Probleme, die in nächster Zeit auf die Landwirtschaft zukommen, bewältigen. An dieser Stelle sage ich ganz offen und ehrlich: Da bedarf es auch eines Umdenkens in der Landwirtschaft. Umdenken heißt, dass sich jeder einzelne Bauer Gedanken machen muss, wie er seinen Betrieb optimal organisieren, optimal gestalten kann. Dazu steht in Österreich ein wirksames Instrument zur Verfügung, nämlich die Maschinenringe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Derzeit sind in Österreich 75 000 Bauern bei den Maschinenringen organisiert. Niederösterreichweit gibt es 13 500 Mitglieder, die ihren Betrieb über die Maschinenringe organisieren und gestalten. Damit besteht die Möglichkeit, aktiv einzusparen, die Fixkosten zu senken und in Zusammenarbeit mit überbetrieblichen Gründungen von Gemeinschaften wesentlich konkurrenzfähiger gegenüber dem Ausland zu sein.

Ich möchte jetzt etwas sagen, was mir persönlich sehr am Herzen liegt: Politik kann nicht alles organisieren, alles gestalten. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, und diese Rahmenbedingungen sind in der heutigen Zeit mehr denn je wichtig. Daher bin ich sehr froh, dass von der Bundesregierung, die jetzt die Verantwortung trägt, die Rahmenbedingungen in diesem Bereich sehr aktiv geschaffen werden.

Ich komme damit auf die "Maßnahmen 2000" zu sprechen. Es wurde unter der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs die "Agenda 2000" zwar mit gewissen Anhängseln, aber doch sehr positiv bewältigt. Damit wurden die wichtigsten Rahmenbedingungen geschaffen.

Die neue Bundesregierung, die jetzt die Verantwortung in Österreich trägt – ich betone: die Hauptverantwortung – bekennt sich zu einer leistungsfähigen Landwirtschaft. Ein wichtiger Punkt ist die optimale Umsetzung der "Agenda 2000". Im Rahmen der "Agenda 2000" ist das ÖPUL ein wichtiger Faktor.


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Das ÖPUL-Programm hat Vorbildwirkung in ganz Europa. Ich glaube, wir können darauf stolz sein, sehr geehrter Herr Bundesminister, dass wir dieses ÖPUL-Programm in unserem Land Österreich verwirklichen können. Auf der einen Seite können wir dadurch den Bauern in sehr vielen Bereichen eine Hilfestellung geben, und auf der anderen Seite wird damit das Umweltbewusstsein wesentlich in den Vordergrund gestellt. Damit werden gleichzeitig eine Unterstützung für die Bauern und Leistungen für die Umwelt erreicht. Ich kann das nur begrüßen. Dieses ÖPUL-Programm trägt wesentlich zu einer leistungsfähigen Landwirtschaft bei.

Die Frage der Betriebsmittel möchte ich ebenfalls anreißen. Sie war auch Gegenstand der Regierungsvereinbarungen. Betriebsmittel sind eine wichtige Grundvoraussetzung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Bauern sind gerne bereit, es mit der Konkurrenz aus dem Ausland aufzunehmen, aber sie müssen – und sollen – dieselben Grundvoraussetzungen haben wie die Bauern in anderen Ländern. Diesbezüglich ist in der Regierungsvereinbarung sehr viel enthalten. So soll zum Beispiel der Dieselölpreis auf ein bestimmtes Niveau gesenkt werden. Weitere Beispiele sind die Düngermittelabgabe und der Pflanzenschutz. Diesbezüglich gibt es in Österreich wesentlich größere Belastungen als im Ausland. Hinsichtlich des Mehrwertsteuersatzes ist sicher noch sehr viel möglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein dritter, wichtiger Punkt ist die strenge Vergabe des Gütesiegels für unsere Nahrungsmittel. Diesbezüglich habe ich bereits im Ausschuss gefragt, wie die Meinung der Österreicherinnen und Österreicher betreffend diesen Bereich ist. Es gibt dazu sehr viel Zustimmung. Über 80 Prozent der österreichischen Konsumenten sagen, die Bauern erzeugen Produkte mit hervorragender Qualität. Herr Bundesminister! Ich glaube, es gibt kein schöneres Kompliment für unsere Bauern, als dass die Österreicherinnen und Österreicher zu ihnen stehen.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich mich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass dieser Bericht heute hier auf dem Tisch liegt. Den betroffenen Beamten gilt ein Dankeschön. Es ist ein hervorragender Bericht. Er zeigt klar und deutlich auf, wie die Lage der Landwirtschaft ist. Aber auch bei Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, möchte ich mich für Ihre Arbeit, die Sie im Interesse der Bauern, für die Österreicherinnen und Österreicher und ganz besonders für unseren Berufszweig geleistet haben, bedanken. – Meine Fraktion wird diesen drei Regierungsvorlagen sehr gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

10.51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ernst Winter. Ich erteile ihm das Wort.

10.51

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gruber! Du hast hier vom Rednerpult aus gesagt, die SPÖ habe in der Vergangenheit alles schlecht gemacht. Dazu muss ich dir schon die Frage stellen: Hat nicht die ÖVP den zuständigen Minister in der Vergangenheit gestellt? – Du weißt auch, lieber Freund, dass die Beschlüsse in der Regierung einstimmig gefasst worden sind, und ich nehme an, dass dieser Umstand auch bis Kärnten vorgedrungen ist. Auch hier im Bundesrat, Kollege Gruber, haben wir gegen viele Gesetzesvorschläge und Gesetzesnovellen keine Einsprüche erhoben, und auch du hast mitgestimmt. Somit muss ich dir schon sagen, dass es sehr billig ist, heute die Sozialdemokraten für alles in der Vergangenheit verantwortlich zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Haunschmid sprach auch vom Erbe der SPÖ. Dazu muss ich Folgendes feststellen: Liebe Kollegin Haunschmid! Die F-Bewegung hat vor Antritt der neuen Regierung sehr viel versprochen, wofür es aber an Geld fehlt. Deshalb sind Anpassungen notwendig geworden, die 100-prozentige Erhöhungen ergeben.

Meine Damen und Herren! Die Gemeinderatswahlen in Niederösterreich haben Folgendes gezeigt: Von 680 Gemeinderäten hat die F-Bewegung 50 verloren, anstatt 1 000 zu erreichen,


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was ihr Wahlziel war. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es gibt einen Spruch, der folgendermaßen heißt: Was der Bauer schafft mit Gottes Kraft, nimmt ihm über Nacht die Genossenschaft! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dieser Spruch stammt nicht von den Sozialdemokraten, sondern von Ihrem Koalitionspartner, zu dem ich Ihnen sehr viel Glück für die Zukunft wünsche, Herr Minister!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Gewässerschutzbericht 1999 möchte ich Folgendes sagen: Es ist in der Vergangenheit einiges für den Gewässerschutz getan worden, es ist aber doch noch Vieles in diesem Bereich in Zukunft zu verbessern. Aber wir haben es zum Beispiel geschafft – das ist heute schon angeklungen –, dass über 81 Prozent der Haushalte an Kläranlagen angeschlossen wurden. Da gibt es aber auch noch einiges zu tun. Natürlich, Herr Minister, weiß ich, dass es bei Streusiedlungen und für die Bergbauern um vieles schwieriger werden wird, aber zum Schutze unseres Wassers muss, so glaube ich, alles nur erdenklich Mögliche getan werden.

Die Zahlen im vorliegenden Gewässerschutzbericht besagen, dass 48 Prozent der Beobachtungsflächen als potentielle Nitratproblemregionen ausgewiesen sind, Regionen wie etwa das Marchfeld, das Tullner Feld, das südliche Wiener Becken und so weiter. Sie zählen zu den Intensivproduktionsgebieten der österreichischen Landwirtschaft. Der biologische Landbau muss daher als konsequente Qualitätsproduktion in der Landwirtschaft mit dem Nebeneffekt des Grundwasserschutzes zu einem wichtigen Anliegen der Landwirtschaft werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über 120 000 Personen müssen in Österreich Trinkwasser trinken, das mehr als 50 Milligramm pro Liter an Nitraten enthält. Die Belastung betrifft im Wesentlichen aber doch die landwirtschaftlich intensiv genutzten Ackerbauregionen im Süden und im Osten des Bundesgebietes. Dazu kommt die Belastung des Grundwassers mit Pestizidwirkstoffen, die ebenfalls vorwiegend die genannten Gebiete betreffen.

Diese Fakten dürfen und werden, so hoffe ich, auch nicht einfach hingenommen werden. Allerdings war, so glaube ich, Herr Bundesminister, die Zusammenführung von Agrar- und Umweltagenden in einem Ministerium nicht unbedingt das beste Zeichen. Aber im Besonderen ersuche ich Sie, die Sanierung unseres Grundwassers fortzusetzen und darauf ein besonderes Augenmerk zu legen. – Ich danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

10.57

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus das Wort. – Bitte.

10.57

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freunde – aber nur für jene, die sich angesprochen fühlen! (Beifall und Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ich möchte, bevor ich mich dem Gewässerschutzbericht 1999 widme, ein paar Worte dazu sagen, dass es mich besonders freut, dass wir vor wenigen Tagen im Fernsehen die Mitteilung erhalten haben, dass die Hauptstadt Europas, nämlich Brüssel, endlich eine Kanalisation bekommt. Das ist etwas, was in Österreich schon längst der Fall ist. Aber vielleicht sind uns die Brüsseler deswegen so neidig und holen jetzt langsam auf. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Endlich gibt es eine Kanalisation in der Hauptstadt Europas! – Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, zumal in Österreich, wie wir wissen, schon 81,5 Prozent der Haushalte an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sind. Ich halte das für einen ungeheuerlichen Erfolg aller, die daran beteiligt waren, insbesondere aber der Steuerzahler, die sich das sehr viel Geld kosten ließen. Aber dass die Planung durchgeführt wird, dass die politische Intention von allen Parteien gleich ist – zwar mit unterschiedlicher Gewichtung, aber doch gleichermaßen –, sehe ich als ein staatliches Gemeinschaftsvorhaben, das durchaus – sagen wir es so – geglückt ist, auch wenn es einzelne Pannen dabei gibt.

Es wird in Österreich ein ökologischer Schutzwasserbau nicht nur im Flachland, sondern auch im Gebirge betrieben, der in Zukunft – nachdem es in der Vergangenheit andere Einsichten


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betreffend die Natur gab, immer in der besten Absicht, das ist klar, aber die Einsichten ändern sich erfreulicherweise oftmals, so hoffen wir es, zum Guten – mit dazu beitragen soll, dass gerade bei der Wildwasserverbauung und Ähnlichem zu einem naturbezogenen Bau geschritten wird. Es wird so manches, was wir in den vergangenen Jahren mit vielen staatlichen Geldern finanziert haben, rückgebaut, und dieser Rückbau trägt dazu bei, dass die österreichische Landschaft ihre liebliche und dem Fremdenverkehr bekömmliche Gestalt wiederum annimmt.

Dieser ökologische Systemansatz soll ein ganzheitlicher sein; hoffentlich ist er es. Es wird nicht ganz einfach sein, diesen Kompromiss mit den verschiedensten Interessen zu koppeln, aber da sind wir Österreicher, so glaube ich, europaweit führend.

Die ökologische Funktionsfähigkeit wird als Fähigkeit zur Aufrechterhaltung des Wirkungsgefüges zwischen einem Gewässer und seinem Umland, dem umgebenden Lebensraum, bezeichnet. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir diesen Lebensraum, in dem die Wasserbewirtschaftung stattfindet, genau betrachten.

Ziel dieser Gewässerbetreuung ist es und wird es sein, die Sicherung der ökologischen Funktionsfähigkeit, die Minimierung der Eingriffe in die Natur, den Hochwasserrückhalt und die Anpassung der Anforderungen des Hochwasserschutzes an die Raumordnung zu gewährleisten. Ich glaube, es ist ein wesentlicher Punkt, dass die Anforderungen der Raumordnung im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz nicht zu großdimensioniert angesetzt werden, sondern dass kleindimensionierte Einheiten für den Hochwasserschutz geschaffen werden, denn diese sind übersichtlich und die Eingriffe in die Natur sind nicht zu groß.

Welches Problem haben wir aber? – Wir haben dieses Problem vielfach schon von unseren Vätern und Großvätern geerbt, und zwar die Belastung der Böden durch Überdüngung. Das ist ein langfristiger Prozess, den wir nicht von heute auf morgen regulieren, regeln können. Das regelt zum Teil der Markt, weil die Preise für Düngemittel inzwischen eine Höhe erreicht haben, bei denen sich jeder Landwirt überlegt, Düngemittel einzusetzen, und daher tut er dies für seinen Kulturbereich meist nur im gerade notwendigen Ausmaß.

Es gibt einen Unsicherheitsfaktor, den Kollege Koller schon angesprochen hat, und zwar die Kanalisierung im ländlichen Bereich. Diesbezüglich ist man bereits zur Erkenntnis gelangt, man erkennt, nicht Großkläranlagen sind das, was die Bevölkerung wünscht beziehungsweise was für die Natur notwendig ist, sondern es sind die kleinen, spezifischen Anlagen, die nicht unbedingt gemeindeumfassend, sondern bestenfalls katastralgemeindespezifisch angelegt werden.

Es gibt dabei Lösungen, die weit einfacher sind als die rein technischen Lösungen, etwa die Grün-Kläranlagen, die sich in manchen Bereichen bewähren – auch wenn Herr Kollege Neuner jetzt etwas zurückweisend oder ablehnend den Kopf schüttelt. Ich glaube, es gäbe viele Möglichkeiten für einfache Lösungen in jenen ländlichen Bereichen, in denen es keine Industrieanlagen gibt, zum Beispiel gibt es auch die Möglichkeit, Klärschlamm verwendbar zu machen, und Kollege Koller hat bereits gemeint, diesen als Düngemittel verwenden zu können.

Grundsätzlich, muss ich sagen, ist der Gewässerschutzbericht 1999 eine sehr gute Arbeit, und ich hoffe auf eine Weiterentwicklung. Zur Frage, ob wir an die 100 Prozent herankommen werden, meine ich, das ist keine Notwendigkeit, denn es gibt einzelne Gehöfte, für die solch eine Lösung absolut nicht zielführend wäre. (Beifall des Bundesrates Ing. Gruber. )  – Danke vielmals für den angekündigten Applaus. Sie können ihn jetzt weiterführen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)  – Danke.

Ich komme nun zum Landwirtschaftsbericht, zum Grünen Bericht 1998. Dieser ist insoferne etwas weniger erfreulich, als die Einkommensentwicklung für die landwirtschaftliche Bevölkerung doch zu wünschen übrig lässt. Wir haben in diesem Bereich einen Rückgang um 3,8 Prozent zu verzeichnen – in einer EU-Statistik wird sogar von 4,2 Prozent gesprochen –, und das ist natürlich für die betroffene ländliche Bevölkerung schmerzlich.

Der Anteil der ländlichen Produktion am Bruttoinlandsprodukt beträgt 1,4 Prozent. Die Erzeugerpreise sind im Durchschnitt um 4,3 Prozent zurückgegangen. Zwei Beispiele: Die Preise für


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landwirtschaftliche Produkte sind um 6,4 Prozent gesunken und jene für Holz – das ist erfreulich – um 5 Prozent gestiegen. Das sind Daten, die hier im Bericht stehen. – Wir können also erkennen, dass landwirtschaftliche Betriebe mit einem entsprechenden Holz- oder Forstanteil ganz gut über die Runden kommen, während jene, die nur landwirtschaftlich ausgerichtet sind, gewisse Probleme haben.

Die Anzahl der Beschäftigten im Berichtszeitraum beträgt 149 600, davon sind 124 000 Familienarbeitskräfte, Familienmitglieder.

Besonders störend und nachteilig für die landwirtschaftliche Entwicklung ist der Rückgang der Erzeugerpreise im Ausmaß von 5,3 Prozent. Ich glaube, dass diese Einbuße von 5,3 Prozent einen weiteren Rückgang der landwirtschaftlichen Bevölkerung nicht verhindern, sondern bedauerlicherweise vielleicht sogar noch fördern wird.

Ich meine, dass wir im Rahmen der Strukturpolitik noch sehr viele Aufgaben zu erfüllen haben werden. Ich finde, dass die Probleme, die wir im Rahmen der Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation erkennen, eher egoistischer für das Land angefasst werden sollten, Herr Bundesminister. Ich glaube nicht, dass wir die österreichische Landwirtschaft auf dem Markt des Welthandels opfern sollten!

Der deutsche Bauernverbands-Präsident Sonnleitner meint auch, dass die europäische Identität – er spricht von europäischer Identität; ich würde sogar sagen: die österreichische Identität in Europa – bewahrt werden muss. Er sagt, die politische Souveränität dieses Bereiches darf nicht auf dem Altar der Liberalisierung und der Globalisierung geopfert werden.

Es ist in diesem Zusammenhang erstaunlich, dass die amerikanischen Landwirte – obwohl sie fürchterlich jammern – heute im Durchschnitt doppelt so hohe Ausgleichszahlungen wie die Landwirte in Europa bekommen! Vielleicht ist das eine Anregung dafür, wie wir unsere Bauern künftig besser stellen können. Jedenfalls: Die Amerikaner jammern fürchterlich. Eine Schlagzeile in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" lautet – ich zitiere –: Die Liberalisierung der Landwirtschaft bereitet Kopfzerbrechen, und zwar insbesondere den Vereinigten Staaten. – Zitatende. Das ist erstaunlich, weil wir immer der Meinung waren, die Vereinigten Staaten profitieren so leicht von dieser Situation, von diesen Vorgängen.

Ein besonderes Anliegen ist die Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe. Das ist mir auch persönlich ein Anliegen, und deswegen möchte ich hier wiederum die Forderung erheben, dass die landwirtschaftlichen Rohstoffe, die nachwachsenden Rohstoffe, bewusst und vermehrt zur Energiegewinnung herangezogen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Überall dort, wo das Erdgas-Netz durchgeleitet wird, werden zwangsläufig die österreichischen Wälder benachteiligt, nicht mehr gepflegt werden. Ich selbst würde mich als Hausfrau oder als Hausmann in einem solchen Bereich, durch den das Erdgas durchgeleitet wird, für Erdgas entscheiden, weil es schlichtweg die sauberste und praktischste Energie ist. Daran gibt es überhaupt nichts zu "deuteln". Deswegen fordere ich auf, einen Raumordnungsplan zu schaffen, der festlegt, wohin werden Erdgasleitungen gelegt und wo ist die heimische Energie zu fördern.

Zu den Einkünften. Wie wir erkennen können, sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den letzten Jahren bedauerlicherweise zurückgegangen. Betrugen sie im Jahr 1995 noch 181 699 S pro Familienarbeitskraft, so sind sie im Jahr 1998 auf 160 553 S zurückgegangen. Das deckt sich auch etwa mit den Förderungen für die Land- und Forstwirtschaft, die im Jahr 1995 36,8 Milliarden Schilling und im Jahr 1998 28,4 Milliarden Schilling betrugen. Auch im Land Wien – ein weiteres Beispiel – ging die Summe der agrarbewirtschafteten Flächen innerhalb von einem Jahr von 29 450 Hektar auf 27 349 Hektar zurück und die Zahl der Arbeitskräfte sank in diesem Bereich von 2 063 auf 1 525.

Das sind Zahlen, die mir bedenklich erscheinen und bei mir den Eindruck erwecken, dass die ländliche, die bäuerliche Bevölkerung die Krise, in der sie steckt, noch nicht hinter sich gebracht hat.


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Vielleicht wird das am besten in einem Artikel ausgedrückt, den Rudolf Strasser vor einiger Zeit in der "Presse" geschrieben hat. Darin heißt es unter anderem – ich zitiere –: Gleichzeitig sind für die Höhe der Lebensmittelpreise für Konsumenten die Erzeugerpreise immer weniger maßgeblich; 1980 waren sie es noch zu rund 33, derzeit etwa zu 20 Prozent. Bei einer Semmel beispielsweise beträgt der Anteil der Erzeugerpreise für Weizen am Verbraucherpreis nur mehr 3 bis 4 Prozent. – Ende des Zitats.

Diese Zahlen sind es, die uns Landwirte und diejenigen, die die Interessen der Landwirte vertreten, eigentlich fast verzweifelt machen. Wie kann es sein, dass der Anteil des Rohproduktes am Preis nur noch 3 Prozent ausmacht und dass all die anderen Kosten dazwischen, die der Konsument aber sehr wohl zahlen muss, wie von Gott gegeben einfach hingenommen werden?

Wir Landwirte und die, die die ihre Interessen vertreten, scheinen da oft in einer Sackgasse zu sein, weil sich in diesem Bereich verschiedene Interessen wie jene der Industrie, der Arbeiterkammer und verschiedenster anderer Bereiche gegenseitig die Waage halten, und zwar zu Lasten einer kleinen, aber für die österreichische Landwirtschaft wichtigen Gruppe, nämlich der Bauern.

Ich möchte im Zusammenhang mit den Maßnahmen im Jahr 2000 noch einmal folgenden Satz hier zitieren, Herr Bundesminister: "Der Arbeitsplatz Bauernhof ist deshalb eine wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Herausforderung." – Zitatende. Sie glauben daran, ich glaube daran und wir alle tun das, aber diese Herausforderung darf nicht zum Nachteil dieser Bevölkerungsgruppe ausfallen.

Der nächste Satz lautet, und damit höre ich auf: "Die Agrarpolitik hat für faire Wettbewerbsbedingungen sowie dauerhafte Abgeltung" – und so weiter – "zu sorgen." – Faire Wettbewerbsbedingungen sind dann nicht vorhanden, wenn das Rohprodukt so gering dotiert ist, dass der Bauernstand nicht davon leben kann, sondern in den nächsten Jahren leider Gottes weiter schrumpfen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Anna Höllerer das Wort. – Bitte.

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Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Im Grünen Bericht 1998 gibt ein umfangreiches Datenmaterial Auskunft über die Entwicklung der heimischen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Wie bereits angesprochen, musste der Agrarsektor einen enormen Einkommensrückgang in Kauf nehmen, und zwar sanken die Einkünfte je Betrieb um 6,8 Prozent und je Familienarbeitskraft um 5,4 Prozent – trotz einer Ausweitung des Volumens, das dabei produziert wurde.

Diese Entwicklung ist vor allem auf den Rückgang der degressiven Ausgleichszahlungen zurückzuführen, aber auch bezüglich der Betriebsformen ist hier einiges anzumerken. Besonders die Veredelungsbetriebe hatten einen enormen Rückgang des Unternehmensertrages, nämlich im Ausmaß von insgesamt 18 Prozent, zu verzeichnen, die landwirtschaftlichen Gemischtbetriebe haben ein Minus von 7 Prozent und die Marktfruchtbetriebe mussten ein Minus von 5 Prozent akzeptieren.

Auch die Verringerung der Zahl der Familienarbeitskräfte muss hier angeführt werden. Ihre Anzahl betrug 1,65 Familienarbeitskräfte pro Betrieb, die im Berichtszeitraum in den Betrieben arbeiteten, das bedeutet einen Rückgang von 1 Prozent.

Ein wichtiges Kapitel im Grünen Bericht 1998 wird der Landwirtschaft in Bezug auf die Umwelt gewidmet. Hier wird eindrücklich festgehalten, dass der Umgang der Menschen mit den Ressourcen Einfluss auf das Klima dieser Erde nimmt. In fast allen globalen Klimamodellen wird errechnet, dass aufgrund des Treibhauseffektes ein Temperaturanstieg zu erwarten ist, und zwar hervorgerufen durch Spurengase wie CO2, Ozon oder Stickoxide. Das beeinflusst selbstverständlich die Wasserversorgung, aber auch die Ökosysteme im Gesamten gesehen.


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Diese Luftschadstoffe haben selbstverständlich auch Auswirkungen auf die österreichischen Wälder, durch sie wird das Waldsterben in Österreich forciert. Das bedeutet auch, dass die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Trotzdem muss man anmerken, dass der größte wirtschaftliche Schadensverursacher im Forst immer noch der Borkenkäfer ist. 1998 wurde eine Schadholzmenge in der Höhe von 660 000 Festmetern registriert. Das ist zwar nur mehr fast die Hälfte der Menge von 1997, aber trotzdem noch ein sehr beachtlicher Wert.

Die Aufforstung der Jungwälder scheint auch durch Schalenwildverbiss stark zu leiden. Dies betrifft ganz besonders die ökologisch wichtigen Baumarten, nämlich Tanne, Buche, Ahorn und Esche. Das bedeutet, dass dadurch eine gewisse Entmischung der Jungwälder entsteht. 85 Prozent der neu aufgeforsteten Waldfläche sind bereits empfindlich geschädigt.

Die jährliche Niederschlagsmenge in Österreich ist generell gesehen äußerst günstig. Sie beträgt im Durchschnitt, also bezogen auf das gesamte Bundesgebiet, in etwa 1 170 Millimeter Wasser pro Quadratmeter, also rund 98 Milliarden Kubikmeter Wasser, das in Form von Niederschlägen auf unser Bundesgebiet einwirkt. Man muss natürlich dazusagen, dass das meiste davon im Fließwasserbereich wieder abfließt und das Grundwasserproblem in Österreich von maßgeblicher Bedeutung ist.

Untersuchungsprogramme, die an 1 800 Messstellen durchgeführt wurden, haben ergeben, dass im Beobachtungszeitraum 1995 bis 1997 69 Prozent dieser Messstellen Nitratwerte von unter 30 Milligramm je Liter aufwiesen – das bedeutet, dass an dieser Stelle eine geringe Belastung an Nitrat vorliegt – und nur 16 Prozent Werte zeigten, die über dem Trinkwassergrenzwert von 50 Milligramm je Liter lagen.

Es gibt Grundwassersanierungskonzepte, die bereits Wirkung zeigen. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Entwicklung von ÖPUL 95 zu ÖPUL 98 sehr wichtige Impulse in Richtung Gewässerschutz setzen konnte. In diesem Zusammenhang muss ich sagen, es ist sehr bedauerlich, dass das ÖPUL 2000 erst im Jahr 2001 zur Wirkung kommen wird, denn gerade im ÖPUL 2000 ist ein wichtiges Konzept vorgesehen, damit man für den Grundwasserschutz entsprechende Impulse setzen kann. Das ist bis jetzt nicht möglich gewesen, da es bisher nicht einmal eine nationale Absicherung gab. In der Koalitionsregierung mit der SPÖ wurde das verhindert. (Pfui-Ruf bei der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Die nachwachsenden Rohstoffe und biogenen Energieträger könnten in Zukunft von ganz großer Bedeutung für die österreichische Landwirtschaft sein. Es wäre möglich, damit eine wichtige Wirtschaftsbasis zu schaffen. Das Potential ist bis jetzt bei weitem nicht endgültig ausgeschöpft! Es wäre hier wirklich jede Menge zu tun. Allerdings muss man sagen, dass derzeit die Rahmenbedingungen dafür nicht wirklich günstig sind.

Ein paar Worte vielleicht noch zu den Frauen, die als Betriebsleiterinnen in Österreich tätig sind. Dazu wird festgestellt, dass ein Anstieg der Zahl der Betriebsführerinnen zu verzeichnen ist. Diese Entwicklung ist bisher sicherlich darauf zurückzuführen gewesen, dass viele Männer in den Nebenerwerb abgegangen sind und daher zunehmend Frauen hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig geworden sind und sich auch als Betriebsführerinnen etablieren konnten.

Verstärkt muss jetzt auch der Trend festgestellt werden, dass viele Frauen ihren außerlandwirtschaftlich erlernten Beruf, in dem sie eine hohe Qualifikation erreicht haben, auch weiterhin ausführen und daher nur über Ehe und Haushalt mit dem landwirtschaftlichen Betrieb in Verbindung stehen. Dieser Trend ist in Österreich verhältnismäßig neu. In anderen großbetrieblichen Agrarstrukturen in Nord- und Westeuropa ist das schon längst die Regel, genau so wie in den USA.

Es ist aber noch ein anderes Phänomen zu bemerken. Es wird für Hofübernehmer zunehmend schwerer, Partnerinnen zu finden, die bereit sind, mit ihnen auf dem Bauernhof zu leben und zu wirtschaften. Dadurch sind viele Betriebe ihrer Existenz bedroht. Davon betroffen sind weniger die kleinen Nebenerwerbsbetriebe, sondern vor allem die einkommensschwachen Haupterwerbsbetriebe.


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Die Erhebung hat ergeben, dass immerhin 27 Prozent der Betriebe in Österreich bereits von Frauen geführt werden, wobei hier besonders anzumerken ist, dass es ein signifikantes West-Ost-Gefälle gibt. Das bedeutet, dass in Tirol und Vorarlberg lediglich 13 bis 18 Prozent der Betriebe von Frauen geführt, während in den östlichen Bundesländern Burgenland, Niederösterreich, Steiermark und Oberösterreich 29 bis 37 Prozent der Betriebe bereits von Frauen geleitet werden. (Bundesrätin Fuchs: Die sind aufgeschlossener!)

Einen Punkt muss ich noch anführen. 61 Prozent der befragten Frauen sind der Meinung, dass sie wirklich voll und ganz Bäuerinnen, Landwirtinnen sind, dass sie also mit hundertprozentigem Einsatz hinter ihren Betrieben stehen, währenddessen das nur 52 Prozent der Männer von sich sagen konnten. Das bedeutet, dass die Identifikation der Frauen mit ihren landwirtschaftlichen Betrieben wesentlich höher zu sein scheint.

Ich möchte von dieser Stelle aus darauf aufmerksam machen, dass dieses Potential, das die Frauen haben, dieses innovative Potential, dieses Engagement, sicher auch in Zukunft für die landwirtschaftlichen Betriebe von großer Bedeutung sein wird! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein paar Worte noch zur sozialen Situation. Die durchschnittliche Alterspension der Bauern – das haben wir heute schon gehört – betrug 1998 7 807 S inklusive Ausgleichszulage. Das ist im Bevölkerungsdurchschnitt gesehen ein sehr niedriger Wert.

Das Jahr 1998 brachte eine Reihe gesetzlicher Veränderungen. Dabei ist die Einführung des Krankenscheines als sehr positiv zu erwähnen. Auch die Einführung der BäuerInnen-Krankenversicherung analog der Regelung der Pensionsversicherung war im Jahr 1998 fällig. Es kam weiters zur Absenkung des Wertes beim fiktiven Ausgedinge von 35 auf 30 Prozent des jeweiligen Richtsatzes, und vor allem wurden auch in der bäuerlichen Sozialversicherung schon 1998 Maßnahmen gesetzt, die den Zugang zur vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit wesentlich erschwert haben.

Ich möchte hier noch erwähnen, dass es für uns als Bäuerinnen sehr wichtig war, dass es zu einer Anhebung des Wochengeldes auf 300 S kam, und zwar mit einer jährlichen Dynamisierung. Bäuerinnen haben so wie selbständig erwerbstätige Mütter Anspruch auf Teilzeitbeihilfe. Das entspricht ungefähr der Leistung des halben Karenzgeldes der ASVG-Versicherten: das sind bis zum 18. Lebensmonat des Kindes täglich 92 S. Es besteht dabei auf Grund des Betriebshilfegesetzes auch die Möglichkeit, das in Form von Sachleistungen zu beziehen.

Ich möchte noch die Gelegenheit benützen, um mich bei Ihnen, Herr Bundesminister Molterer, da Sie beim Regierungsprogramm ja maßgeblich mitverhandelt haben, sehr herzlich dafür zu bedanken, dass es gelungen ist, bezüglich Karenzgeld einiges zu bewegen. Es bedeutet für uns schon sehr viel, dass es ab 2001 möglich sein soll, das Karenzgeld für alle  – Mütter und Väter – zu bekommen, dass es also abgekoppelt wird von der Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes. Das Kargenzgeld gibt es nun zwei Jahre lang für einen Elternteil, und ein Jahr lang für den zweiten Elternteil. Die Erhöhung dieses Kinderbetreuungsgeldes ist auch sehr wichtig, und vor allem auch die pensionsrechtliche Absicherung im ersten Abschnitt.

Ich möchte mich als Frau und Bäuerin sehr positiv dafür aussprechen. Es ist damit gelungen, einen wichtigen Meilenstein in Richtung mehr sozialer Gerechtigkeit zu setzen, und vor allem wird damit auch die Kinderbetreuung und die Erziehung, die die Eltern leisten, mit der richtigen Wertigkeit dargestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

11.24

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Grillenberger das Wort.

11.24

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir die drei Tagesordnungspunkte in einem, den Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998, den Grünen Bericht, der doch schon einige Zeit zurück liegt – jetzt haben wir das Jahr 2000 –, sowie den Gewässerschutzbericht und den


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Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 diskutieren, so muss ich sagen, diese Berichte haben trotz ihrer Unterschiedlichkeit eines gemeinsam: Sie sind ein gutes und umfangreiches Zahlenwerk, und ich möchte, wie heute schon einige meiner Kollegen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die hervorragende Arbeit danken, mit der sie diese Berichte zusammengestellt haben.

Meine Damen und Herren! Zunächst zum Grünen Bericht, der ganz offen die Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft zeigt. Wenn man die Zahlen vergleicht, dann sieht man, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung 1998 sehr erfolgreich verlief. Das Wirtschaftswachstum beschleunigte sich auf 3,3 Prozent und lag damit deutlich über dem mittelfristigen Trend.

Auch im internationalen Vergleich war die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs ansehnlich und sie lag um 0,5 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Sieht man die Entwicklung des Agrarsektors 1998 an, dann erkennt man, dass der wirtschaftliche Fortschritt in manchen Bereichen der Landwirtschaft fast diametral verläuft. So konnte sich etwa die Produktion auf dem Agrarsektor dem Volumen nach deutlich ausweiten, dagegen ging der Wert zurück.

Nur einige wenige Sparten in der Landwirtschaft konnten ihren wirtschaftlichen Ertrag steigern. In einem weiteren Kapitel ist sehr ausführlich mit Statistiken und Tabellen der land- und forstwirtschaftliche Außenhandel dokumentiert. Dabei zeigt sich, dass die Ausfuhren um 9 Prozent auf 37 Millionen Schilling gestiegen sind. Die Einfuhren in der Höhe von 57 Milliarden Schilling zeigen, dass die Handelsbilanz 1998 in diesem Bereich ein Minus von 20 Milliarden Schilling aufweist. Da gibt es noch einigen Nachholbedarf, und das könnte eine Chance sein, die prekäre Einkommenssituation, die im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, wie der Bericht zeigt, noch besteht, mit mehr Marktanteil am Agrarsektor beziehungsweise durch Eigenproduktionen zu verbessern.

Betrachtet man die Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft über einen längeren Zeitraum hinweg, dann kann man wohl eine Gesamtsteigerung der Produktivität und dem Einkommen nach feststellen. Dennoch wird im Bericht auch klar aufgezeigt, dass es neben den großen Leistungen, die die bäuerlichen Betriebe und die Menschen dort erbringen, auch wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt und vieles verbesserungsbedürftig ist.

Meine Damen und Herren! Ich glaube – und das geht auch aus den vorliegenden Berichten hervor –, dass die Chancen der Landwirtschaft, wenn sie genützt werden, für die Zukunft der zur Zeit 150 000 Beschäftigten in diesem Erwerbsbereich, trotz einer kontinuierlichen Abwanderung von 2 Prozent im Jahr 1998, nach wie vor gut sind. Es tun sich neue Produktionszweige auf, die allerdings in den verschiedenen Programmen umgesetzt werden müssen.

Es geht aus den Berichten auch klar hervor, dass unsere Landwirtschaft nach wie vor kleinbäuerlich strukturiert ist und dass die Großgrundbesitzer in der Minderheit sind. Mehr als die Hälfte aller Betriebe bewirtschaften weniger als 10 Hektar. Das sollte auch bei den Förderungen seinen Niederschlag finden. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe das schon einmal hier angesprochen. Es sollte nicht nur der Großgrundbesitz gefördert werden, sondern man sollte dabei auch nach den Beschäftigten in den bäuerlichen Betrieben vorgehen. Das sollte man meiner Meinung nach nicht vergessen!

Wir werden diesen Berichten die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile ihm das Wort.

11.29

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Haus! Geschätzter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Generell kann man zum vorliegenden Grünen Bericht sagen, dass man denjenigen, die diesen erarbeitet haben, ganz herzlich gratulieren kann. Er ist ein vorbildliches und überschaubares Werk und gibt, wie ich meine, einen guten Einblick und Querschnitt durch die österreichische Land- und Forstwirtschaft.


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Es gab eine Reihe von Vorrednern. Ganz besonders fasziniert hat mich die Sachlichkeit der Frau Kollegin Höllerer, die sehr interessante Zahlen genannt und sehr gut und verständlich gesprochen hat. Ich darf mir aber auch erlauben, zu den Ausführungen einiger anderer Kolleginnen und Kollegen, die vorweg gesprochen haben, einige Ergänzungen zu bringen.

Anfangs hat Kollege Koller durchaus berechtigt auf die Problematik hingewiesen, dass die Land- und Forstwirtschaft sehr oft als Umweltverschmutzer dargestellt wird. Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass uns dabei mehr andere "Umweltverschmutzer" – unter Anführungszeichen –, wenn wir sie so nennen wollen, tatkräftig unterstützen. Ich darf zwei Beispiele bringen, die veranschaulichen, wie leichtfertig mit Natur geworben wird – und zwar gerade von Betrieben, die die Natur sehr stark belasten, was ich von der Land- und Forstwirtschaft nicht behaupten möchte.

Ich habe hier ein Musterblatt eines Notizkalenders, und ich muss sagen, man könnte nicht mit schönerer Natur als mit dem Kaisergebirge in Tirol werben. Ich habe mir gedacht, das muss ein Notizblock der AMA oder eines sehr nah mit der Landwirtschaft verbundenen Bereiches sein. Ich nenne jetzt das betreffende Werk bewusst nicht beim Namen: Es ist eine Lack- und Farbenfabrik mit einem Vogel-Namen. Wenn eine Lack- und Farbenfabrik mit dem Slogan "Saubere Arbeit – saubere Umwelt!" wirbt, so bin ich begeistert davon, dass sie sich bemüht, Produkte zu erzeugen, die umweltfreundlich sind. Aber sie sollte zumindest nicht so populistisch sein und auch noch mit der sauberen Umwelt werben, zumal sie diese mit ihrer täglichen Produktion doch auch sehr belastet.

Ein weiteres Beispiel – naheliegend, weil die heutige Freizeitgesellschaft immer mehr den Flugverkehr in Anspruch nimmt – ist die Nitratbelastung durch den Flughafen Linz-Hörsching. Freunde! Es wird besonders auch in den Sanierungsgebieten, in der Welser Heide etwa, immer wieder von der Trinkwasser-Belastung durch die Bewirtschaftung seitens der Bauern gesprochen; wir alle haben noch die Titelseite vom AK-Report vor Augen: die Bauern als Gülle-Spritzer, als Wasservergifter, als Brunnenvergifter.

Ich darf einige Fakten ergänzen: Auf dem Flughafen Linz-Hörsching, Herr Kollege Kraml, werden im Winter durchschnittlich 20 bis 30 Tonnen Harnstoff als Auftaumittel eingesetzt. Das ergibt einen jährlichen durchschnittlichen Gesamteintrag von 60 000 Kilogramm Nitrat. – Also bei irgendwelchen auftretenden Nitratproblemen im Trinkwasser pauschal die Landwirtschaft zu beschuldigen, das ist zu billig. Das ist demagogische Beschuldigung, die wir uns nicht gefallen lassen können, weil sie den Fakten nicht entspricht. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich möchte wirklich darum bitten, in Zukunft zuerst die tatsächlichen Verursacher derartiger Einträge in das Grundwasser auszumachen, bevor man Beschuldigungen ausspricht. Ich glaube, die Zeit sollte vorbei sein, dass man einen so wertvollen Partner wie die Land- und Forstwirtschaft immer wieder pauschal verunglimpft.

Herr Kollege Kraml! Zu der von Ihnen angesprochenen Nischenproduktion. – Selbstverständlich, ein gern gebrauchtes Schlagwort! Ich bin aber schon der Meinung, dass wir die gesunde, herkömmliche bäuerliche Produktion in Österreich natürlich nicht schlecht machen dürfen. Das ist das große Spannungsfeld. Ich respektiere und akzeptiere die Arbeit der Biobauern, aber wir sollten diese beiden Gruppen nicht gegeneinander ausspielen. Ich glaube, es ist sehr wesentlich, dass man darauf Rücksicht nimmt.

Ich darf mir eine Anmerkung zur angesprochenen Mittelverteilung erlauben – Ihr Kollege hat es jetzt noch einmal gesagt –, zur angeblichen Förderung der Großgrundbesitzer. Ich möchte aber keine Statistik gebrauchen, weil Statistiken immer gefährlich sind, sondern ich bringe ein ganz einfaches Beispiel von meinem eigenen Betrieb. Das kann jedermann nachkontrollieren.

Wir haben immer versucht, unseren Betrieb auszubauen und Wachstumsschritte zu setzen, die notwendig sind. Ich zitiere jetzt nicht unseren Herrn Minister Molterer, sondern seinen deutschen Kollegen Funke, bekanntermaßen von Ihrer Fakultät, der in meinem Bezirk den Bundesbauerntag abgehalten hat. Auf die Anfrage eines sozialistischen Bauernvertreters – eine be


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rechtigte Anfrage –, wie er dazu stehe, dass im Rahmen der "Agenda"-Verhandlungen zirka 60 000 Betriebe wegrationalisiert würden, sagte er: Herr Kollege, Sie werden doch nicht die Augen verschließen und nicht erkennen, dass wir einen gewaltigen technischen Fortschritt haben, dass allein auf Grund des technischen Fortschrittes jährlich 3 Prozent Produktivitätssteigerung möglich sind, dass sich natürlich der eine oder andere dazu entschließt – es ist um jeden Betrieb schade, und die Größe bestimmt überhaupt nichts –, in einen anderen Beruf zu wechseln, und dass natürlich dann derjenige, der in der Branche verbleibt, diesen Betrieb mitbewirtschaften wird und dann kein Großgrundbesitzer wird, weil das meistens Pachtverhältnisse sind. Sie können sich meinen Mehrfachantrag bei der AMA ausheben lassen, ich gebe Ihnen die Vollmacht dazu.

Wir haben in den letzten Jahren schrittweise sechs Kleinbetriebe dazugepachtet, sind deshalb noch lange keine Großgrundbesitzer, haben aber natürlich jede Menge an Mehrarbeit, nicht nur auf der Wiese, sondern natürlich in der Folge, weil wir das Futter ja verwerten müssen, im Stall, und zwar auf Grund der größeren Viehbestände. Ich muss sagen, dass meine Familienmitglieder keine Proleten sind, weil sie die dafür gerechtfertigten Prämien, die auf Grund des Öpuls, auf Grund der Flächenverträge, auf Grund der Stück-Verträge möglich sind, in Anspruch nehmen. Diese Prämien brauchen wir unbedingt, aber das sind keine Förderungen, wie es immer falsch dargestellt wird, sondern das sind die gerechtfertigten Preisausgleiche, die beim EU-Beitritt ausverhandelt worden sind.

Ich glaube, es ist reine Demagogie, wenn man das immer wieder auf einzelne Großgrundbesitzer, die wir in Österreich sicherlich haben, umwälzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Da dürfen wir die Augen vor der Realität nicht verschließen.

Frau Kollegin Haunschmid – Sie ist jetzt leider nicht im Saal anwesend –! Ich bin wirklich begeistert von den Aussagen der Frau Kollegin im Zusammenhang mit bäuerlicher Produktion, gesunden bäuerlichen Produkten, bäuerlich gepflegter Kulturlandschaft. Ich rufe von dieser Stelle aus – weil wir einige Kollegen aus dem Tourismusbereich hier in unserer Mitte haben – auf zum Schulterschluss der Wirte und Bauern. Ich glaube, dieser Qualitäts-Tourismus wird uns wesentlich unterscheiden von dieser – ich sage es immer ein bisschen provokant – McDonalds- und Tamagotchi- Gesellschaft. Ich habe gehört, dass McDonalds davon spricht, die neue Wirte-Generation zu sein. Ich muss sagen, ich finde dort nichts von einem Landwirtshaus mit einer gemütlichen Atmosphäre, mit gesunden, nachvollziehbar bäuerlich hergestellten Produkten; wobei McDonalds eine ganz saubere nachvollziehbare Linie beim Kauf der Produkte geht, das möchte ich nicht in Frage stellen. Nur: Dieser Preisdruck, den McDonalds erzeugt – McDonalds ist ja so stolz darauf, dass sich die Produkte seit 30 Jahren nicht verteuert haben –, geht, das wissen wir genau, auf Kosten des letzten Gliedes in der Kette, und das ist der Produzent. Das muss man klar und deutlich dazusagen.

Frau Kollegin Aumayr hat im Nationalrat unsere Qualitätsprodukte angesprochen. Dazu muss man hier an dieser Stelle – und ich bin dem Herrn Minister dankbar dafür, dass er sich mit dieser Thematik beschäftigt – sagen: Es ist der Verein "Made in Austria", der das österreichweite Gütesiegel "Made in Austria" vergibt, und ich meine, es werden unsere Konsumentenschutzverbände danach trachten, dass wir – und, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich rufe bitte auf zur Mitarbeit – Folgendes schaffen: Wo immer im Lebensmittelbereich "Österreich" draufsteht, muss "Österreich" auch drinnen sein! Wenn das nicht gelingt – ich bin nämlich nicht unbedingt für die Abschaffung dieses Zeichens auf den Lebensmittelprodukten, weil es sympathisch ist, weil rot-weiss-rot Österreich verkörpert, nationale Produktion –, dann müssen diese Produkte im Lebensmittelbereich gleichzeitig versehen sein mit dem AMA-Gütesiegel, das garantiert: in Österreich erzeugt, in Österreich produziert und in Österreich verarbeitet! – zum Schutz unserer Arbeitnehmer im vor- und nachgelagerten Bereich und zum Schutz unserer Bauern und Gewerbetreibenden, die mit diesen Produkten dann auch Geschäfte betreiben. (Bundesrätin Haunschmid nimmt wieder ihren Platz ein.)  – Frau Kollegin Haunschmid! Ich habe mich gerade bedankt für deinen Einwand, für deine Argumentation im Tourismusbereich und den Schulterschluss mit den Wirten und das Angebot an die Bauern, gemeinsam weiterzuarbeiten.


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Ich möchte noch eine kurze Anmerkung zum Umwelt-Kongress in Bad Ischl machen. Ich bedanke mich bei allen Ernährungswissenschaftlern, die daran mitgearbeitet haben, dass einige Fakten endlich wieder ans Tageslicht gebracht wurden, Fakten, die wir im Laufe der letzten Jahre schon als Tatsachen angesehen haben, weil sie immer wieder in den Medien gestanden sind, und: Was in der Zeitung steht, stimmt ohnehin! ist die landläufige Meinung. Daran sieht man, wie weit man sich tatsächlich von der Realität entfernen lässt.

Bei diesem Umwelt-Kongress hat einer der Ernährungswissenschafter aufgezeigt, wie künstliche Fettaugen in einer Rindsuppe erzeugt werden. Dass wir heute im bäuerlichen Bereich, aber schon lange nicht mehr nur in der bäuerlichen Produktion, unter dem Druck der Importe stehen, liegt auch an den Ersatzlebensmitteln, die in der Chemie, in der chemischen Werkstätte erzeugt werden. Aber etwas nehme ich nicht zur Kenntnis: Wenn heute die Zahl der Allergiker zunimmt – und in dieser Sache fordere ich den Schulterschluss mit der Medizin, mit den Ärzten –, wenn wir zunehmend Probleme im Gesundheitsbereich haben, wenn sich unsere Ernährungsgewohnheiten massiv verändern, nämlich hin zur Fast-Food-Küche, zum Konserven-Menü, wenn jemand krank ist, dann dürfen nicht das Schnitzel, der Liter Milch, die Butter und unsere bäuerlich produzierten, unsere "g’standenen" Nahrungsmittel dafür verantwortlich gemacht werden! Ich glaube, mit diesem Vorurteil muss man endlich aufräumen.

Ein interessantes Detail am Rande des Kongresses: Jetzt auf einmal ist man darauf gekommen, dass Margarine wesentlich gefährlichere Inhaltsstoffe hat als die so geschmähte Butter auf Grund dieser damaligen verfälschten Cholesterin-Diskussion.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gäbe sehr vieles zu sagen, das wäre gerade im Zuge des Grünen Berichtes angebracht, aber auf Grund der vorgeschrittenen Zeit nur ganz kurze Abrisse.

Der Milchbereich ist schon angesprochen worden. Natürlich ist dort großer Druck vorhanden, aber wir müssten es schleunigst schaffen, dass es neben den geplanten Fusionen sofort zu Kooperationen kommt. Ich denke, die Diskussion ist schändlich, dass sich nicht mehr die Bauern über die niedrigen Milchpreise beklagen, sondern dass es zunehmend die Supermarkt-Chefs sind, die draufkommen, dass sie mit dieser Niedrigstpreis-Politik natürlich auch gewaltige Umsatzeinbrüche erleiden. Ich hoffe, dass hier die Vernunft siegt, ich hoffe, dass die angesprochenen Transporte von Grundnahrungsmitteln im beschränkten Rahmen bleiben, weil, wie gefordert wurde, nationale Marken, bodenständige regionale Marken Gott sei Dank von den Konsumenten gekauft, unterstützt und gefördert werden. Denken wir an das Beispiel der Gmundner Milch, die vor drei Jahren mit einer regionalen Marke auf den Markt gegangen und äußerst erfolgreich unterwegs ist.

Eine kurze Anmerkung zum Bäuerinnen-Bereich. Ich bin Frau Kollegin Höllerer sehr dankbar, dass sie die Bemühungen – die auch gelungen sind! – im Bereich: Karenzgeld für alle! angesprochen hat. Ich habe noch die damaligen Beschuldigungen in den Ohren: Da bekommen dann die millionenschweren Bäuerinnen und die Unternehmersgattinnen auch Karenzgeld.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wieder ein Beispiel aus der Praxis, weil ich davon mehr halte als von den Statistiken, die auch wichtig sind: Meine Nachbarin hat als Nebenerwerbsbäuerin den Betrieb geführt – wir haben diesen heute gepachtet –, eine kleine Milchlandwirtschaft, der Gatte war im außerlandwirtschaftlichen Bereich bei der Firma Hatschek beschäftigt, sie hat fünf Kinder sehr gut erzogen, alle bestens im Berufsleben verankert, verheiratet, und diese Nachbarin bekommt sage und schreibe – ich nenne zuerst den größeren Betrag, damit Missverständnisse ausgeschlossen sind – monatlich 2 525 S Pension, und zwar nach der Erhöhung, denn vor der Erhöhung waren es 2 488 S. – Das sind die Fakten, und das sollte man auch berücksichtigen, wenn man gar zu locker mit Großgrundbesitzern und Millionären argumentiert.

Noch ein letzter Satz zur Holzwirtschaft, weil dieses Thema nach meinem Dafürhalten heute zu kurz gekommen ist. Der Holzbereich ist ein ganz wesentlicher, nicht nur – wie vom Kollegen Gudenus schon angesprochen – im Energiebereich, denn dort hätten wir noch gewaltige


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Ressourcen, die ungenutzt sind, der jährliche Zuwachs könnte noch viel mehr genützt werden, auch aus Umweltgründen. Von dieser Stelle aus der Appell an die Bundesforste, die ungenützten Mengen, die oftmals auch zu teuer verkauft werden, an Brennholznützer günstiger abzugeben, denn ich denke, die Bundesforste hätten über den dann möglichen Zuwachs mehr Ertrag als dann, wenn sie so viel verlangen, dass niemand mehr den Wald bewirtschaftet und er letztlich verfault, weil er ungenützt bleibt.

Zur Holzwirtschaft insgesamt ist zu sagen: Die Holzwirtschaft ist mit einem Exportüberschuss von 27 Milliarden Schilling nach dem Fremdenverkehr der zweitgrößte Devisenbringer. Auch das muss einmal in aller Klarheit gesagt werden. Und ich denke, mit der Einführung des Ökoenergiefonds ist ein wesentlicher Grundstein für die Zukunft gelegt worden. Wie gesagt, ist der Wald eine äußerst wichtige Säule in unserer herkömmlichen Land- und Forstwirtschaft, auch für unsere bäuerlichen Betriebe.

Abschließend darf ich festhalten, dass die Landwirtschaft, die oftmals so unbedeutend dargestellt wird: 4 Prozent der Gesamtbevölkerung mit einem Beschäftigungspotenzial von 660 000 Personen, den vor- und nachgelagerten Bereich eingerechnet, mit einem Investitionskapital von 30 Milliarden Schilling jährlich, weitaus unterschätzt wird. Wir haben natürlich das Problem, dass sich unsere Betriebe auf das ganze Land verteilen und sie nicht in einer großen geschlossenen Halle mit schönen Empfangsräumen, Prunkräumen ihre Bedeutung vermitteln können. Aber ich denke, wir müssen ganz deutlich sagen: Was in der Land- und Forstwirtschaft geleistet wird, ist das Rückgrat des funktionierenden ländlichen Raumes! Dessen sollten wir uns in Zukunft bewusst sein. Ich bitte, das hinauszutragen.

Wir werden den vorliegenden Berichten zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.45

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer das Wort. – Bitte.

11.45

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich für die lobenden Worte für meine Mitarbeiter bedanken. Sie sind gerechtfertigt, weil die Damen und Herren des Ressorts eine wirklich großartige Arbeit bei der Erstellung der Berichte leisten.

Ich teile die Einschätzung, dass der Grüne Bericht jenes Maß an Realismus hat, das uns angebracht erscheint, nämlich das Aufzeigen der Tatsachen und Realitäten, die sagen – das möchte ich schon festhalten –, dass im Förderungsbereich, im Bereich der agrarpolitischen Instrumente ein ganz zentraler und wesentlicher Teil zur Einkommensentwicklung positiv beigetragen wird, die aber auch sagen, dass Agrarpolitik eines nicht ausschalten kann, nämlich das, was der Markt an Entwicklung hat. Und das ist aus meiner Sicht daher sehr wichtig für die agrarpolitische Debatte, die auch in diesem Haus geführt wird.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen sehr offen, ich habe oft den Eindruck, dass sich die agrarpolitische Debatte darin beschränkt, die Fördermittel und die Verteilung dieser Fördermittel zu diskutieren. Das ist wichtig, das ist keine Frage. Ich möchte aber schon sagen, dass es sich um Agrarwirtschaft handelt und dass es daher von ganz zentraler Bedeutung in der Agrarpolitik ist:

Wie können wir erstens die Marktposition der bäuerlichen Landwirtschaft, unserer bäuerlichen Betriebe verbessern? Es sind einige Anregungen diesbezüglich auch in der Diskussion gekommen. Ich meine daher, dass die Frage der Marktposition in Relation auch zu den Mitbewerbern sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Forstwirtschaft durch die klare Qualitätsorientierung einerseits, aber auch durch die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen andererseits notwendig ist.


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Selbstverständlich ist zweitens der Ausbau der Direktzahlungen wichtig. Auch hier ein offenes Wort zu der Verteilungsdiskussion. Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von der Sozialdemokratie! Sie müssen sich bei dieser Debatte fragen: Welche Ziele verfolgen wir eigentlich mit den Förderungen? Wenn eines der Ziele etwa der Marktordnungsmaßnahmen der Europäischen Union ist, den Preisverlust durch Änderung der Marktordnung abzugelten, dann werden Sie doch mit mir übereinstimmen, dass der Preisverlust auf jedem Hektar entsteht, sodass es durchaus gerechtfertigt ist, auch die Ausgleiche so zu unterstützen oder zu kompensieren, wie die Verluste entstanden sind.

Ich weiß selbstverständlich, dass es auch so etwas wie economies of scale gibt, das heißt: Degression der Kosten. Daher trete ich auf europäischer Ebene immer auch für die Degression der Förderungen ein. Aber wenn nicht differenziert wird, dann geben sie ein völlig falsches Signal. Sie sagen zu Recht, dass die Frage der ökologischen Orientierung wichtig ist. Das unterschreibe ich hundertprozentig. Aber dann möchte ich schon auch die Klarheit haben, dass die ökologische Leistung, die verlangt wird, am 1. Hektar genau so wichtig ist wie am 10. Hektar oder am 50. Hektar oder am 100. Hektar. Diese Diskussion scheint mir wichtig zu sein. Ich bin zum Beispiel nicht daran interessiert, in einer Einbahnstrasse ständig mit Gegenverkehr konfrontiert zu sein, aber ich bin an dieser fachlichen Diskussion interessiert. Diese führe ich so, dass ich frage: Welche Ziele verfolgt Förderung und wie können wir sie effizient erreichen?

Daher auch die Debatte – drittens – über die Kostenentlastung. Ich halte es für wichtig, dass wir der Landwirtschaft jene Wettbewerbsbedingungen geben, die die Mitbewerber haben. Das nimmt sich diese Bundesregierung etwa im Bereich Pflanzenschutzmittel und im Bereich Diesel vor.

Viertens brauchen wir die Perspektive, für die Landwirtschaft neue Chancen im ländlichen Bereich zu eröffnen, aber auch im Bereich der Energie. Auch das ist angesprochen worden. Das ist meine, das ist unsere Konzeption in dieser Regierung: die Marktpositionen zu verbessern, faire und leistungsorientierte Ausgleichszahlungen, faire Chancen im Wettbewerb und neue Chancen für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zu eröffnen.

Zum Gewässerschutzbericht. – Meine Damen und Herren! Auch diesbezüglich finde ich, dass wir unser Licht nicht unter den Scheffel stellen sollen. Wir haben etwas zustande gebracht, und es ist das Verdienst aller Beteiligten – der Kommunen, der Wirtschaft, der Länder, der Landwirtschaft, des Bundes –, dass wir heute sagen können, der Steuerzahler vor allem auch, dass wir 81 Prozent Abwasserreinigungsanlagen-Anschlussgrad haben. Darum beneidet uns Europa! Es wurde zu Recht das Beispiel von Brüssel genannt. Wir diskutieren heute in Österreich den Anschluss der letzten – im Sinne von regionalen – noch nicht angeschlossenen Gebiete. Manche Regionen in Europa diskutieren die Frage, ob es in einer Hauptstadt eine Abwasseranlage, eine Kläranlage geben soll. Da sind wir in Österreich meilenweit voraus!

Wir sind meilenweit voraus etwa in der Frage Seenreinhaltung und auch in der Frage der Qualität der Flüsse. Natürlich ist es im Bereich Grundwasser bei weitem noch nicht so, dass schon alle zufrieden sein können. Selbstverständlich haben wir Probleme, die deutlich anzusprechen sind, etwa bei regional gegebenen Pestizidbelastungen, ja, aber wir müssen auch sagen, welche Tendenz sich hier abzeichnet. Wir haben in Teilen, in weiten Bereichen sinkende Tendenz. Etwa Atrazin haben wir im Jahre 1995 verboten. Nur: Wer sich mit Naturwissenschaft beschäftigt, weiß, wenn ich 1995 etwas verbiete, dann wird es etwas länger dauern, bis sich tatsächlich Effekte abzeichnen, da ja im Boden einiges an Ablagerungen gespeichert ist.

Zur Nitratfrage. – Selbstverständlich bedarf es hier noch zusätzlicher Anstrengungen, aber ich kann sagen, dass wir eine positive Entwicklung zu verzeichnen haben, die wir unterstützen müssen. Sie setzt sich nicht automatisch fort, sondern es bedarf zusätzlicher Anstrengungen, um sie auf Dauer in diese positive Richtung gehen zu lassen.

Auf einige konkrete Fragestellungen, die in der Diskussion aufgeworfen wurden, möchte ich durchaus noch eingehen.


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Herr Bundesrat Koller! Was Sie zitiert haben betreffend Förderdienst, entstammt einem Bericht des Förderdienstes aus dem Parlament aus der abgelaufenen Legislaturperiode, wo die Antwort des Finanzministers auf eine Anfrage zitiert wird. Ich sage Ihnen, dass meine Haltung in der Frage Einheitswert so ist, wie sie letztendlich auch im Arbeitsübereinkommen ihren Niederschlag gefunden hat, nämlich dass wir bei der Hauptfeststellung auch die sektorale Einkommensentwicklung zu berücksichtigen haben. Selbstverständlich!

Ich mache nur darauf aufmerksam, dass wir dabei die Gesamtsicht nicht außer Acht lassen dürfen, welche Konsequenzen beispielsweise eine Einheitswertdebatte auf die soziale Sicherheit und auf das Niveau der sozialen Sicherheit hat. Das ist ein Spannungsfeld, das wir aber meiner Meinung nach lösen und positiv bewältigen können. Daher, Herr Bundesrat Gruber, wird auch die Frage der Einheitswerthauptfeststellung eine ganz wesentliche sein, wo eben die Berücksichtigung der Einkommensentwicklung aus der gesetzlichen Grundlage, die zitiert wurde, mit dem 18-fachen Reinertrag nicht geleugnet werden kann. Wozu hätten wir denn sonst die gesetzliche Grundlage?

Herr Bundesrat Kraml! Noch einmal zu Königswiesen. – Mir ist die ehrliche Sprache lieber als irgendetwas politisch Verbrämtes. Ich sage Ihnen, dass die Politik Unternehmensentscheidungen nicht außer Kraft setzen kann, dass die Politik auch der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit ins Auge blicken sollte. Ich meine, dass wir in Österreich leider heute noch teuer daran zahlen, dass die Politik in den abgelaufenen Jahrzehnten den Eindruck erweckt hat, betriebswirtschaftliche Realitäten seien nicht gegeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine Aufgabe sehe ich eher darin, zu hinterfragen: Wo können wir helfen und wo können wir zusätzlich neue Impulse und Perspektiven anbieten? Ich habe gesagt, dass wir mit dem Instrument der ländlichen Entwicklung etwas in der Hand haben. Weil Sie die "Mühlviertler Alm" zitiert haben: Die "Mühlviertler Alm" besteht nicht nur aus der Fasslbutter, sondern auch aus vielen anderen positiven Projekten, die Beschäftigung und Einkommen in diese so schöne Region, die ich ja sehr gut kenne, wie Sie wissen, gebracht hat.

Zur Frage des Förderkonzeptes habe ich Ihnen schon gesagt: Diskutieren wir das sehr sachlich mit Hinblick darauf: Welches Ziel erreichen wir durch welche Förderungen und welches wollen wir tatsächlich auch im Leistungsgedanken verwirklichen?

Zur Frau Bundesrat Haunschmid und "Urlaub auf dem Bauernhof": Bei der Bewertung der Statistiken – weil es hier eine Debatte mit dem Kollegen gegeben hat – sollte man doch sehen, dass "Urlaub auf dem Bauernhof" eine qualitative Fortentwicklung nimmt und die bäuerlichen Betriebe etwa den Trend, dass die Urlauber Ferienwohnungen haben wollen, sehr offensiv aufgegriffen haben. Dass sich daraus logischerweise eine gewisse Reduktion der Zahl der Betten ergibt, weil das Angebot qualitativ besser ist, ist logisch und hat unter dem Strich dazu geführt, dass der Umsatz aus "Urlaub auf dem Bauernhof" gestiegen ist. Das halte ich für absolut positiv und richtig!

Zur Frage des staatlichen Egoismus, Herr Bundesrat Gudenus, möchte ich schon meine Skepsis anmerken, denn wissen Sie, der jeweilige staatliche Egoismus führt eigentlich zum Problem. Ich meine, dass wir den staatlichen Egoismus in der Gemeinschaft überwinden sollten. Das ist eine Riesenchance in der Europäischen Union. Und ich sage Ihnen, dass gerade für ein kleines Land die Überwindung des staatlichen Egoismus ein Fortschritt und ein Vorteil ist!

Seien Sie Realist, wie ich einer bin: Wenn die Franzosen sagen, wir machen staatlichen Egoismus, wenn die Deutschen sagen, wir machen staatlichen Egoismus. und wenn die Spanier sagen, wir machen staatlichen Egoismus, dann wünsche ich uns alles Gute. Wie sollen wir da am Binnenmarkt bestehen? Da ist es mir lieber, wir haben weniger Egoismus, dafür mehr Solidarität, die letztendlich den Kleineren immer mehr hilft als den Größeren. Das ist mein Zugang zu diesem Thema.

Die USA. – Als Vorbild, Herr Bundesrat, nehme ich sie nicht, wenn Sie sagen: doppelte Höhe der Zahlungen. Das stimmt, da haben Sie Recht! Sie müssen aber dazu sagen: doppelte


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663. Sitzung / Seite 47

Zahlung je Betrieb. Wir haben eine durchschnittliche Betriebsgröße von 20 Hektar in Österreich. Bei 500 Hektar, wie in den USA, ist es keine besondere Kunst, doppelt so viel je Betrieb zu haben. Mir ist es wichtiger, dass wir beachten, wie relativ das ist. Hier möchte ich uns nicht mit den USA vergleichen.

Letzter Satz: Ich bin Frau Bundesrätin Höllerer sehr dankbar dafür, dass Sie auf die Bäuerinnenarbeit und die Leistungen der Bäuerinnen hingewiesen hat. Ich meine, dass diese oft nicht so deutlich hervorgehoben wurden, wie es hätte gemacht werden sollen. In vielen bäuerlichen Betrieben haben nämlich in der Zwischenzeit die Frauen die Führung des Betriebes in der Hand, sie haben Unternehmerfunktion, Unternehmerführungsfunktion, die sie in vielfacher Weise gut unter einen Hut bringen mit den sonstigen Aufgaben – allerdings unter hohen Belastungen. Das sei dazu gesagt. Daher sollten wir gerade den Bäuerinnen besonders dankbar dafür sein, dass sie so viel zur Stabilität der ländlichen Regionen und zur Aufrechterhaltung der starken bäuerlichen Familie beitragen! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

11.58


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663. Sitzung / Seite 48

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht der Fall. Danke.

Die Abstimmung über die vorliegenden Berichte erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1998 (Grüner Bericht 1998).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2000 gemäß § 9 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

4. Punkt

Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) (III-192/BR sowie 6092/BR der Beilagen)

5. Punkt

Fünfter Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (Berichtszeitraum 1995 bis 1997) (III-193/BR sowie 6093/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5, über welche die Debatte ebenfalls unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies:

der Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und

der Fünfte Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (Berichtszeitraum 1995 bis 1997).

Die Berichterstattung über die Punkte 4 und 5 hat Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs übernommen. Ich bitte sie um die Berichterstattung. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Berichterstatterin Brunhilde Fuchs: Werter Herr Präsident! Werte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie über den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 4. April 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie über den Fünften Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie liegt ebenfalls schriftlich vor.

Der Ausschuss für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 4. April 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. 

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ager. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

12.02

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu Beginn – quasi als kleiner Farbtupfer in dieser Landwirtschaftsdebatte –, auf die Ausführungen des Kollegen Steinbichler einzugehen, der das Beispiel von der Firma und dem Vogel gebracht hat. Ich möchte das hier ansprechen. Es handelt sich um die Firma Adler in Tirol. Wir sind sehr stolz darauf, dass es diese Firma gibt. Die Firma Adler hat sehr viele Umweltpreise gewonnen, weil sie sehr viele Millionen Schilling in die Forschung gesteckt hat und einen wasserlöslichen Lack erzeugt, lieber Kollege! Man sieht daran, wie differenziert oft auch innerhalb unserer Fraktion die Betrachtungsweisen sind. Wie schon gesagt, wir sind froh darüber. Die Aufnahme dieser schönen Berge ist ganz einfach Tirol! Man hat in diesem Fall nur das Land fotografiert, lieber Kollege! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist unser größtes Kapital, und damit gehen wir auch in die Werbung! Das wollte ich nur zu Beginn sagen.

Der nächste Punkt, den ich einfließen lassen möchte, ist der Schulterschluss der Landwirtschaft mit dem Tourismus. Da, so glaube ich, sind wir alle, die wir hier im Bundesrat vertreten sind, dahin gehend gefordert, dass man diesen doch noch leeren Hülsen dort und da wirklich Leben einhaucht, dass das nicht nur immer in schönen Sonntagsreden stattfindet, sondern dass man die Landwirtschaft, die auch die Erhalterin dieser schönen Landschaft, von der wir gerade gesprochen haben, ist, auch in einen Prozess mit einbezieht, der allerdings wirtschaftlich sein muss. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun darf ich, bevor ich eine Rüge bekomme, zum gegenständlichen Thema kommen. Ich gebe zu, dass ich mir zu Beginn meiner Überlegungen etwas schwer damit getan habe, die Punkte 4 und 5, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz und Umweltkontrollbericht, auf Anhieb in einen Zusammenhang zu bringen. Ich habe mich dann doch damit beschäftigt und glaube, dass ein wun


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derschönes gemeinsames Bild daraus geworden ist. Die Absicht, unsere gemeinsame Umwelt intakt zu halten, ist begrüßenswert, soll aber keine Einbahnstraße sein. Ich möchte daher heute dieses sensible Thema Umwelt einmal von einer anderen Seite beleuchten, nämlich aus der Sicht der Wirtschaft.

Eine notwendige und realistische Umweltverträglichkeitsprüfung sollte in manchen Fällen mit einer Wirtschaftsverträglichkeitsprüfung einhergehen, meine ich. Es sollte geprüft werden, ob ein Projekt auch für die Wirtschaft verträglich und in manchen Dingen er träglich ist, lieber Herr Minister!

Nur eine intakte Wirtschaft, die Gewinne macht, ist imstande, unseren hohen Umweltstandard zu halten und zu finanzieren. Da, so glaube ich, sind wir alle einer Meinung. Ich denke hier im Besonderen daran, sinnvolle EU-Richtlinien, bei denen wir noch säumig sind, zu erfüllen, die uns in Europa Chancengleichheit garantieren. Wir sollten eher auf sehr teure, oft über das Ziel hinausschießende, österreichische Extrawürste dort und da verzichten.

Ich meine, dass wir in Umweltangelegenheiten in Europa eine Vorbildfunktion haben, wie wir auch schon gehört haben. Ich denke in diesem Zusammenhang an unsere sauberen Gewässer und klaren Seen, was in jeder Beziehung dem Tourismus und auch der gesamten Wirtschaft zugute kommt. Ich bin der Ansicht, dass in der letzten Legislaturperiode ein sehr gut arbeitender und in die Zukunft orientierter Umweltminister die Weichen für die kommenden Generationen gestellt hat.

Hier schließt sich wieder der Kreis, wobei ich die Dinge miteinander verbinden konnte. Lassen Sie mich an dieser Stelle ein paar persönliche Worte – da das heute auch ein Thema ist – zu unserer Jugend sagen! Die sehr gute Vorbildung schon in den Kindergärten, aber im Besonderen in den Schulen – an dieser Stelle möchte ich als jemand, der aus der Wirtschaft kommt, den Schulen und den Lehrern danken, die diese Arbeit immer wieder hervorragend leisten – hat unsere Jugend für die Umwelt viel mehr sensibilisiert, als es in meiner Generation der Fall gewesen ist.

In diesem Zusammenhang noch ein paar Gedanken, die uns im Bundesrat alle, auch über Parteigrenzen hinweg, interessieren sollten: Die heutige Jugend, die meiner Meinung nach um nichts, aber schon um gar nichts schlechter ist als die vorhergehende, sucht Geborgenheit und Solidarität. Sie findet beides am ehesten bei ihresgleichen, sie findet sie oft nicht in der Politik, aber auch nicht mehr in der Kirche. Diese jungen Leute stehen hinter uns Erwachsenen in der Warteschleife – wenn man das so bezeichnen kann – und fühlen sich offensichtlich ziemlich alleingelassen. Sie machen ihr Privatleben, ihre überschäumende Freude, ihre oft hilflose Wut und ihren manchmal abgrundtiefen Schmerz auch der Politik gegenüber viel öffentlicher. Das sind meine Gedanken, die ich heute die Jugend betreffend einfließen lassen möchte.

Ich möchte das mit folgendem Satz beenden: Wir Erwachsenen haben mit Sicherheit mehr Übung darin, in der von uns auch mitverantworteten Kälte der Welt zu überleben, aber wir haben keinerlei Grund, unsere Routine mit moralischer Überlegenheit zu verwechseln. – So viel als Abrundung meiner Gedanken zur Jugend. Ich bin der Meinung, es genügt nicht, wenn jede Partei ein paar Jugendliche dazugewinnt, sondern ich glaube, es muss uns als Gesamtpolitik gelingen, die Jugend wieder für die Politik zu interessieren, denn dann ist sie auch wieder am Leben, am Land und an allen Dingen interessiert.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass dieser Umweltkontrollbericht meiner Meinung nach eine Erfolgsstory ist, die uns all diese Dinge in der Zukunft sichern wird. Ich weiß, dass dieses für Österreich und seine Menschen sehr wichtige Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt, Jugend, Familie – wahrscheinlich habe ich noch etwas vergessen –, Forstwirtschaft (Bundesrätin Mühlwerth: Wasserwirtschaft!), Wasserwirtschaft und so weiter bei dir, lieber Willi Molterer, in guten Händen ist, und wünsche dir, aber auch der gesamten Regierungsmannschaft viel Erfolg und alles Gute zum Wohle Österreichs.


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Meine Fraktion wird diesem Gesetz gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Ager schüttelt Bundesminister Mag. Molterer die Hand.)

12.10

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

12.10

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich den Worten des Kollegen Ager anschließen. Ich finde es sehr gut, dass Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Forstwirtschaft und Umwelt in einem Ministerium gebündelt sind. Auch die vorangehende Debatte des Grünen Berichts hat deutlich gezeigt, dass Land- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und Umwelt untrennbar miteinander verbunden sind und dass diese Dinge ganzheitlich gesehen werden müssen.

Wir haben in letzter Zeit gesehen, dass Umwelt nicht etwas ist, was uns alleine betrifft. Die Katastrophen der letzten Monate, vor allem in Rumänien, haben ganz deutlich gezeigt, dass Umwelt nicht vor den eigenen Landesgrenzen aufhört, sondern dass sie global zu sehen ist; nicht nur die europäischen, sondern auch außereuropäische Länder sind daran beteiligt. Daher muss ich schon anmerken, dass es sich auch im Zuge der EU-Osterweiterung – zu der wir uns zwar grundsätzlich bekannt haben, wir aber immer eingemahnt haben, nicht zu schnell zu erweitern und gewisse Standards zu beachten – deutlich manifestiert, dass diese unsere Sorge beziehungsweise dieser Aufruf, auch bezüglich der Umweltstandards bei den Beitrittskandidaten gewisse Kriterien zu verlangen, sehr berechtigt waren.

Aus diesem Umweltkontrollbericht geht hervor, dass einige doch sehr respektable Erfolge erzielt worden sind, wobei es uns aber leider immer noch nicht gelungen ist – ohne dass ich das jetzt im Einzelnen aufzähle, weil die Zahlen ohnehin im Bericht stehen und ich nicht eine Zahlenkolonne herunterrasseln möchte –, bei den CO2-Emissionen eine Senkung zu erzielen. Bei den CO2-Emissionen zeigt sich schon auch – darauf möchte ich hinweisen –, wie wichtig es sein wird, den Anteil an erneuerbarer Energie zu erhöhen. Es ist im Regierungsübereinkommen – der Herr Minister hat das heute in der Fragestunde schon gesagt – auch vereinbart worden, hinsichtlich der erneuerbaren Energie massiv etwas zu tun. Das freut mich nicht nur, das halte ich auch für besonders wichtig, denn wir dürfen nicht vergessen, dass die fossilen Energieträger enden wollend sind. Es gibt natürlich verschiedene Berichte, die einen nennen diese Zahl, die anderen nennen jene Zahl. Es ist auch unerheblich, wie viele Jahre es in Summe tatsächlich sind. Tatsache ist jedoch, sie sind enden wollend, und man muss jetzt etwas unternehmen und nicht erst dann, wenn es fast schon zu spät ist – so nach dem Motto, wie es beim Sparen gehandhabt wird. Da gibt es den alten Spruch: "Spare in der Not, dann hast du Zeit dazu." – Das wird hier sicherlich nicht gehen.

Wenn wir den kommenden Generationen eine saubere Umwelt hinterlassen wollen, dann müssen wir jetzt und hier tätig werden. Wir haben nur eine Welt. Wir können nicht auf eine Zweite ausweichen, wenn die Erste nicht mehr funktioniert. Das heißt, um diese eine Welt zu retten, auf der wir leben und auf der unsere Nachkommen noch gut leben können sollen, müssen wir heute schon tätig werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wird uns natürlich umso leichter fallen, da wir alle wissen – zahlreiche Studien bestätigen das auch –, dass gerade im Bereich der erneuerbaren Energie auch Arbeitsplätze geschaffen werden können. Es ist immer etwas Wichtiges und Schönes, wenn es Bereiche gibt, in denen Arbeitsplätze geschaffen werden können und müssen.

Ich gebe Herrn Kollegen Ager völlig Recht. Er hat gesagt, man müsse dabei auch die Wirtschaft bedenken. Ich würde sagen: Manchmal braucht auch die Wirtschaft einen kleinen Anstoß; nicht immer geht alles freiwillig, obwohl es viele Vorbilder gibt, die das sehr wohl freiwillig und von sich aus machen, weil es ihnen auch wichtig erscheint. Manchmal braucht man eben einen kleinen Anstoß. Aber ich würde doch auch sagen, man muss mit der Wirtschaft gemeinsam umweltpolitische Maßnahmen und Strategien entwickeln, weil es nichts bringt, wenn man die Wirtschaft immer gegen sich hat. Ich glaube aber auch, dass man hier manchmal aufklärend wirken


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muss. Nicht immer hat man den Eindruck, dass alle gleichermaßen davon überzeugt sind, dass dieses Anliegen sehr wichtig ist.

Es ist auch klar: Wir können nicht alles alleine machen. Wir in Österreich können bei Umweltmaßnahmen nicht alles alleine machen. Auch hier sind andere gefordert, und zwar zum Beispiel die Europäische Union, die Beitrittskandidaten und auch die außereuropäischen Länder, wie diverse Klimakonferenzen gezeigt haben. Österreich ist der EU als Umweltmusterland beigetreten. Ich meine, es gibt genügend Bereiche, wie zum Beispiel die erneuerbare Energie, bei denen wir durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen. Diese Vorbildfunktion sollten wir auch weiterhin wahrnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.15

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

12.16

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Wir diskutieren den Bericht über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Auf dem Deckblatt steht zu lesen, dass dieser in der 655. Sitzung des Bundesrates am 2. Juni 1999 in Verhandlung genommen werden sollte. Heute ist schon der 6. April 2000. Dasselbe gilt übrigens auch für den Fünften Umweltkontrollbericht. Ich weiß nicht, wo diese beiden Berichte so lange gelegen sind, aber je aktueller die Berichte sind, desto leichter kann man auf diese eingehen.

Kurz ein paar Worte dazu: Im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geht es hauptsächlich um die EMAS-Verordnung. Das ist die Verordnung über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. Das Ziel ist es, bei einzelnen Betrieben in möglichst vielfältiger Art und Weise Maßnahmen zu setzen, die dem Umweltschutz im weitesten Sinne des Wortes dienen sollen. Es gibt dazu natürlich auch eine Reihe begleitender Gesetze und Verordnungen mit ungeheuer langen Titeln, zum Beispiel eine Fachkundebeurteilungsverordnung, eine Standorteeintragungsgebührenverordnung oder eine Umweltgutachterzulassungsgebührenverordnung. Ich möchte das nur so nebenbei erwähnen. Es dreht sich natürlich auch um Kosten, die daraus entstehen, und es dreht sich auch um Kosten, die dafür aufgewendet werden, dass sich diese Unternehmen dafür zur Verfügung stellen und umweltgerechte Maßnahmen in ihren Betrieben einführen.

Es wurde in zwei Erweiterungsverordnungen die Sektorengrenze auf die Kommunen, das Baugewerbe, auf Speditionen, Schulen und Krankenanstalten ausgeweitet. Es gibt eine ganze Liste, die auf Seite 10 dieses Berichtes ersichtlich ist. Zuständig sind das Bundesministerium – bisher – für Umwelt, Jugend und Familie, das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und das Bundesministerium für Finanzen. Ich kann mir vorstellen, dass jetzt ein Ministerium wegfällt, wenn das Landwirtschaftsministerium zuständig wird. Nein, doch nicht, denn dann tritt das Landwirtschaftsministerium an die Stelle des Umweltministeriums.

Es gibt natürlich genaue Richtlinien über die förderungsfähigen Kosten, die Fördervoraussetzung und die förderbaren Unternehmen mit einer Höchstförderung von 300 000 S. Wenn ich es dem Bericht richtig entnommen habe, gab es bisher 333 Projekte, wobei die Förderbasis 422 Millionen Schilling und die Förderung 129 Millionen Schilling betragen haben.

Es gibt für die gute Durchführung auch den so genannten Öko-Audit-Preis. Die Preisträger der Jahre 1995 bis 1998 – ich glaube, es waren 21 von 88 eingereichten Projekten – sind also auch hier enthalten. Wenn man Fragen an jene hat, die teilnehmen, gibt es eine Reihe von Adressen, an die man sich wenden kann. Natürlich war das bisher das Umweltministerium. Die Zulassung für das Umweltgutachten liegt beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, die Eintragungsstelle für die Standorte beim Umweltbundesamt und die Förderungsabwicklung wird durch die Österreichische Kommunalkredit AG abgewickelt.


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Es sind in diesem Bericht Maßnahmen, die der Umwelt dienen, ersichtlich. Vielleicht lässt sich das auch weiter entwickeln – natürlich immer in die Richtung, dass sich nicht nur die Verwaltung vergrößert, sondern die Mittel, die dafür ausgegeben werden, dem eigentlichen Thema, nämlich der Verbesserung des Umweltschutzes, dienen sollten.

Ich komme zum Fünften Umweltkontrollbericht. Auch dazu möchte ich nicht nur das Datum anmerken, sondern es steht immer zu lesen: Bericht an den Nationalrat. – Wir haben nichts gegen den Nationalrat, aber vielleicht könnte man dazuschreiben: Bericht an den Nationalrat und den Bundesrat (allgemeiner Beifall), weil dieser Bericht, wie alle anderen Berichte, auch von uns behandelt wird. Ich glaube auch, dass das keine böse Absicht ist, nur war es eben bisher immer so üblich. Es wäre jedoch schon nett, wenn das auch so dort stünde.

Der Umweltkontrollbericht handelt von den verschiedensten Umweltmaßnahmen im weitesten Sinne, fußend auf internationalen Abkommen und Protokollen wie etwa des Montrealer Protokolls aus dem Jahre 1987 und der zweiten Veranstaltung in Montreal im Jahre 1997.

Ein umfangreiches Kapitel ist den CO2-Emissionen gewidmet. Wir wissen, dass dieser Bereich einer der am schwersten zu bewältigenden ist, dass dort weitere Maßnahmen notwendig sind, damit wir den Reduktions-Prozentsatz, der uns vorgegeben ist, erreichen können. Das Toronto-Ziel sieht bis zum Jahre 2005 eine Minderung der Emissionen um 20 Prozent vor. Die EU hat sich selbst neue Reduktions-Prozentsätze verordnet, die auch zwischen den Staaten der Europäischen Union wiederum aufgeteilt worden sind. Was diese unterschiedlichen Prozentsätze betrifft, ist es interessant, festzustellen, dass etwa die USA 7 Prozent an Verminderung zu erbringen haben, während bei der Aufteilung zwischen den EU-Staaten auf Österreich ein Anteil von 13 Prozent entfiel.

Zur Erreichung dieser Vorgabe sind natürlich noch weitere Maßnahmen notwendig, die wir in anderen Gesetzen umsetzen können und müssen: Bauordnungsbestimmungen, Kraftwärmekupplung, verstärkte Nutzung der Biomasse, bessere thermische Qualitäten bei Heizungssystemen, die Verwendung der Sonnenenergie durch Solarkollektoren, die Verwendung von Fernwärme, bei der Umweltschutzmaßnahmen gezielt an einer Stelle getroffen werden können, und als ganz wichtiger Punkt die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, vor allem des öffentlichen Nahverkehrs. Man braucht sich nur in den Morgenstunden die Verkehrslage auf den Straßen in einem und rund um ein Ballungszentrum anzusehen. Man sieht die Verkehrslawine, meistens sitzt in jedem Auto nur eine Person. In dieser Frage steht uns also noch die Bewältigung einer für die Gesellschaft ganz wichtigen Aufgabe bevor.

Wenn man den Umweltschutz global betrachtet, muss man natürlich zwischen den Industriestaaten und den so genannten Entwicklungsländern differenzieren. Gerade auch manche Industriestaaten haben noch ein sehr gering ausgebildetes Umweltbewusstsein. Ich glaube, dass beispielsweise die USA noch sehr viel mehr tun müssten. Für Entwicklungsländer ist das natürlich sehr schwierig, weil eben kein Geld für Umweltmaßnahmen vorhanden ist. Die Schornsteine der Fabriken rauchen dort. Während eines Chinabesuches bin ich einmal durch die schönen Reisfelder gefahren. Überall sah ich dort Männer, die Insektizide gespritzt haben, und ich nehme an, dass diese Spritzmittel und alles, was dort sonst noch ausgebracht wird, bei weitem nicht umweltfreundlich sind, sondern eine ganz große Belastung für die Umwelt und das Grundwasser darstellen. Das hat mich betroffen gemacht.

Ich kann jetzt, weil das Licht hier am Rednerpult schon leuchtet, nicht mehr auf alles eingehen wie etwa auf die Fluorchlorkohlenwasserstoffe oder auf die Nitratbelastungen. Umfangreiche Kapitel sind auch der Boden- und Landwirtschaft, dem Wald, der Natur und der Landschaft gewidmet. Ich meine, dass Umwelt wirklich alle Lebensbereiche umfasst.

Weil es gerade aktuell ist, möchte ich aber doch noch auf ein Kapitel eingehen, das die Radioaktivität in der Umwelt behandelt, siehe Seiten 543 bis 564. Wir wissen, dass durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gerade Österreich und die skandinavischen Länder mit Cäsium besonders stark belastet wurden. Hinsichtlich dieser Belastung liegen wir gleich hinter der Ukraine und Weißrussland. Das war damals so und kommt hoffentlich nie wieder vor.


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Es gibt auch eine sehr schöne Karte, auf der die sich im Nahebereich Österreichs befindenden Atomkraftwerke eingezeichnet sind. Sie wissen, welche Haltung wir in Österreich einhellig, über alle Parteigrenzen hinweg, gegenüber diesen Kraftwerken einnehmen. Als Oppositionspartei hat die FPÖ die Bundesregierung natürlich immer aufgefordert, noch mehr zu tun. Ich erinnere mich beispielsweise an die Wortmeldung des steirischen Bundesratskollegen Dr. Tremmel betreffend das AKW Krško. Zurzeit entnehmen wir jedoch den Zeitungen, dass es das sicherste Kraftwerk sei und dass wir nichts mehr zu tun bräuchten. Jedenfalls hat das die Frau Außenministerin bei einem Slowenienbesuch so dargestellt. Wir werden darüber noch zu diskutieren haben. Ich bin neugierig, wie sich die Debatte gerade zu diesem Thema entwickeln wird.

Ich erwähne das nicht nur aus parteipolitischen Gründen, meine Damen und Herren! Die Bevölkerung sollte jedenfalls wissen, wie sicher dieses Atomkraftwerk ist. Ist es durch Erdbeben gefährdet? Ist es vom System her gefährlich oder nicht? – Wenn es einmal so heißt und einmal so, entsteht doch auch eine Unsicherheit, und man glaubt uns unter Umständen gar nichts mehr. Ich glaube, dass das ein wichtiges Thema bleiben wird.

Natürlich betrifft der Umweltschutz auch die Landwirtschaft. Ich sage damit aber nicht, dass Landwirte und Bauern allein schuldig sind. Das könnte man genauso auf die Industrie und auf andere Bereiche ausweiten. Man könnte auch sagen: Jeder Autofahrer, der Auspuffgase verursacht, ist ebenfalls schuldig, und einen Kühlschrank benützt auch jeder zu Hause. Umweltschutz ist tatsächlich eine allgemeine Aufgabe, die wir in all diesen Bereichen zu lösen haben – nicht nur in der Landwirtschaft, aber natürlich auch dort!

Ich meine, dass ein mit Durchsetzungskompetenzen ausgestattetes Umweltministerium wichtig wäre. Auch wenn der Umweltschutz beispielsweise beim Wirtschaftsministerium oder beim Verkehrsministerium angesiedelt wäre, würde dasselbe gelten, weil natürlich jedes Ministerium irgendwie befangen ist – selbstverständlich auch das Landwirtschaftsministerium –, was die Problematik des Umweltschutzes betrifft. Ich glaube also, dass dieses wirklich übergreifende Thema Umweltschutz einer eigenen objektiven und starken Instanz bedarf, damit wir auf diesem Gebiet weiter kommen.

Ich möchte aber namens der sozialdemokratischen Fraktion sagen, dass wir natürlich alle positiven Bemühungen anerkennen, vor allem jene der betroffenen Körperschaften wie auch jene des Umweltbundesamtes, aller Ministerien und all jener, die an diesem Bericht mitgewirkt haben, den wir damit in dieser Form – natürlich mit der Hoffnung, dass es auf diesem Gebiete weitergeht – zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.28

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich möchte etwas zur Ehrenrettung der Ersteller der Berichte feststellen: Es heißt deswegen "Der Bericht an den Nationalrat", weil der Nationalrat eine entsprechende Entschließung gefasst hat. Es wird uns aber nichts daran hindern, in einer unserer nächsten Präsidialsitzungen zu überlegen, ob wir nicht auch eine Entschließung vorschlagen können, sodass diese Berichte in Zukunft nicht nur an den Nationalrat, sondern auch dezidiert an den Bundesrat gehen. Das ist ein Vorschlag für eine unserer nächsten Sitzungen.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

12.29

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir diesen Fünften Umweltkontrollbericht in Händen halten, haben wir wirklich ein Buch, welches wert ist, auch unseren Kollegen in anderen europäischen Ländern gezeigt zu werden. (Der Redner hält ein Exemplar des Umweltkontrollberichtes in die Höhe.) Ich hege berechtigten Zweifel daran, dass in anderen Ländern mit so viel Energie und so viel Wissenseinsatz und Kosteneinsatz – das ist sicherlich ein wertvoller Bericht, auch schon als Eigenwert – an der Zukunft unseres Erdballs gearbeitet wird.


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Ich möchte vielleicht ein Dichterwort voranstellen: "Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es täglich, um es zu besitzen" – und mit diesem Bericht wird das gemacht. Es ist vielleicht etwas vermessen, diesen Bericht diskutieren zu wollen.

Ich möchte nur ein paar – scherzhafte – Anmerkungen dazu machen, dass man in diesem Bericht natürlich eine Unzahl von fachlichen Fremdwörtern kennen lernt, deren deutsche Bedeutung zum Glück auch immer dabeisteht. So heißt etwa "künstlich verändert" euhemerob, "natürlich" heißt ahemerob . Das sind schöne Begriffe. Und es gibt eine ganze Liste solcher Begriffe, ich habe mir das einmal angeschaut und muss sagen, da ist wirklich ein Bericht erstellt worden, dem viele Stunden wissenschaftlicher Arbeit vorangegangen sind.

Wir wissen, dass aus dem Anlass, Umwelt ernst zu nehmen, auch viele internationale Konferenzen stattgefunden haben, von denen es dann viele Protokolle, die mit den Namen hübscher Hauptstädte auf unserem Erdball bestückt sind, gibt.

Es ist erfreulich, dass es, wie man dem Bericht auch entnehmen kann, dem Wald international besser geht – trotzdem es noch immer Umweltverschmutzungen gibt. Aber was ist es, was eigentlich diesen Bericht über das Handeln um die Umwelt so wichtig macht? – Es ist doch die Angst vor den Klimaänderungen, auch Klimaänderungen, die wir befürchten!

Und so kommen die Klimaforscher zu einigen Resultaten, die nicht immer ganz unseren Absichten entsprechen. Klimaforscher haben überraschend deutlich eingestanden, dass sie den menschlichen Einfluss auf das Klima in ihren Modellen noch immer nicht eindeutig ausmachen konnten. Das bedeutet aber nicht, dass es diesen menschlichen Einfluss nicht gibt – das sagen sie gleich dazu! Weiters gehört es seit einiger Zeit zu den Gepflogenheiten dieser Zunft, nämlich der Klimaforscher, den anthropogenen Treibhauseffekt für jedes Hochwasser, für jeden Wirbelsturm und für jede Hitzeperiode verantwortlich zu machen – und das, so meinen viele Forscher, ist natürlich nicht ganz sinnvoll. Aber ein Körnchen Wahrheit wird schon darin stecken, dass der Klimafaktor Mensch dabei auch im Spiel ist.

Es wird kaum noch wahrgenommen, dass das Klima von Natur aus und stets und in den letzten Jahrtausenden durchaus nachweisbar ständig geschwankt hat. Wer will sich denn daran erinnern – keiner von uns kann es auf Grund seines Lebensalters –, dass man im Spätmittelalter auf Grönland Wein gepflanzt hat, auch in der Höhe von Stockholm? – Und diese Klimaänderungen müssen auf natürliche Art und Weise stattgefunden haben!

Daher meine ich, dass wir uns durch manche nicht immer erfreulichen Daten nicht schrecken lassen sollen, durch manche Ereignisse nicht immer schrecken lassen sollen. Es ist nicht alles vom Menschen gemacht – erfreulicherweise! Wir wissen, dass manche der großen Vulkanausbrüche – und eben jetzt erleben wir wieder einen auf einer japanischen Insel – viel mehr zu Klimastörungen beitragen, als es Menschenhand in der Lage ist zu tun.

Es soll uns jedoch – schon aus rein ökonomischen Gründen – nicht von unseren Bemühungen, das Klima, die Umwelt zu schonen, abhalten. Denn das, was man in der Luft abfackeln kann, könnte man unter Umständen auch ökonomisch verwerten, das, was in das Abwasser fließt, könnte man wahrscheinlich auch ökonomisch verwerten. Der Sparsamkeitstrieb des Menschen also, die Produkte – auch die Abfallprodukte – zu verwerten, wird in Zukunft dazu beitragen, unsere Umwelt weiter und vielleicht noch vermehrt lebenswert zu erhalten.

Die Umweltsituation mag manchmal bedrohlich ausschauen, mancher Lawinenabgang lässt uns vielleicht erschauern und fragen, was wieder los ist, aber daran erkennen wir, dass die Möglichkeiten des Menschen, auf das Klima Einfluss zu nehmen, begrenzt sind. Nehmen wir manches auch als fast gottgegeben hin, aber achten wir darauf, dass das, was der Mensch verbessern kann, auch stetig verbessert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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12.35

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister! Ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.

12.35

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich mich nicht mit fremden Federn schmücke, sondern meinem Amtsvorgänger für die Vorlage dieser Berichte, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium und im Umweltbundesamt für die Erstellung dieser Berichte danke. Ich möchte festhalten, dass beide Berichte seitens der Verwaltung im Jahre 1998 fertig gestellt wurden und es offensichtlich am parlamentarischen Procedere gelegen ist, dass wir diese Berichte erst im Jahre 2000 diskutieren.

Ich möchte auch nicht auf die Details dieser Berichte eingehen, meine Damen und Herren, sondern nur einige Überlegungen bezüglich einer grundsätzlichen Positionierung im Umweltbereich anstellen.

Erstens zur Fragestellung, dass nun in diesem Ressort Umwelt, Land- und Forstwirtschaft sowie Wasserwirtschaft vereint sind. – Ich weiß, dass es darüber eine kritische Diskussion gibt – das ist klar, das ist auch legitim. Die Frage lautet: Wer ist der Bock, wer ist der Gärtner – wobei die jeweilige Seite denkt, der Bock zu sein und die andere der Gärtner, und umgekehrt.

Ich würde es ganz anders sehen: In der alten Ressortkonstellation waren die Landwirtschaft und die Wasserwirtschaft unter einem Dach vereint, mit dieser Konstellation ist es nun möglich gewesen, eine positive Weiterentwicklung zu forcieren. Denn diese neue Konstellation bietet meiner Ansicht nach die Chance, Synergien zwischen den relevanten Sektoren in noch größerem Ausmaße zu nutzen. Warum? – Weil etwa die Frage der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Tätigkeit selbstverständlich Auswirkungen auf die Umwelt hat, und zwar in beide Richtungen: positive Effekte, aber auch schwierige, wenn ich etwa an die Nitratfrage denke.

So gesehen ist diese einheitliche Verantwortung in der neuen Ressortkonstellation eine ehrgeizige, eine spannende, mit unendlichen Chancen, Synergien zu erzielen im Sinne des gemeinsamen Ziels.

Was ist dieses gemeinsame Ziel? – Ich definiere es für uns, für dieses Ressort, als die nachhaltige Sicherung der Lebensgrundlagen. Das bedeutet, dass wir in allen Bereichen mit unseren Lebensressourcen, mit unseren Lebensgrundlagen sorgsam umzugehen haben. Ich meine, dass wir uns dabei selbstverständlich der Kräfte des Marktes bedienen müssen – ja –, ich glaube aber, dass die politische Verantwortung darin liegt, den Kräften des Marktes einen Rahmen vorzugeben, sodass die soziale Verträglichkeit und die ökologische Nachhaltigkeit gesichert ist. So gesehen brauchen wir die gegenseitige Befruchtung.

Natürlich ist klar, dass wir eine erfolgreiche Ökonomie brauchen, aber eine erfolgreiche Ökonomie ist langfristig ohne nachhaltige Sicherung der ökologischen Lebensgrundlagen nicht vorstellbar. Im Übrigen: Wer sich mit den Wurzeln beider Begriffe beschäftigt, wird draufkommen, dass gut verstandene Ökonomie nachhaltig ist und gut verstandene Ökologie durchaus einen wirtschaftlichen Grundgedanken – so wie es die Natur im Übrigen in sich birgt – hat. Warum? – Damit wir – das ist mein Ziel – ökologische Effizienz und ökonomische Effizienz besser in Einklang bringen, um die gemeinsame Zielsetzung – Sicherung der Lebensgrundlagen – zu erreichen.

Gerade der Umweltbereich ist meiner Meinung nach ein Sektor, anhand dessen wir deutlich sehen, dass die Internationalisierung nicht nur ein Faktum ist, sondern auch eine positive Chance. Es ist eine stehende Redewendung, dass Umweltprobleme an der Grenze nicht Halt machen, und in zunehmendem Ausmaß sehen wir, dass die globalen Themen auch globale Antworten verlangen. National ist unser Spielraum nicht nur begrenzt, sondern auch in manchen Bereichen relativ wirkungslos – da brauchen wir diese Internationalität, die über die Union hinaus auf globaler Ebene, auf Ebene der Vereinten Nationen eine besondere Bedeutung hat.

Ich meine, dass Umweltpolitik ein Gesamtanliegen sein muss und es daher nicht darauf ankommt, in welcher Ressortkonstellation sie erfolgt, sondern die Diffundierung umweltpolitischer Anliegen in alle Verantwortungsbereiche und damit auch in alle Ressortbereiche letztendlich die Grundvoraussetzung des Erfolges ist.


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663. Sitzung / Seite 56

Zu zwei Bereichen ganz konkret: Die Erweiterung ist ein für die Umwelt wichtiges und zentrales Projekt. Wenn die Erweiterung gut gemacht ist – und sie wird gut gemacht werden –, kann sie und wird sie auf die Umweltsituation in Europa und also auch in Österreich positive Auswirkungen haben, weil klar ist, dass gerade bei den Schutzzielen – wir haben das heute schon angesprochen – einerseits das hohe Niveau der Europäischen Union Standard und Maßstab ist und zweitens – ich denke etwa an die Frage der Abwässer – gerade durch den Beitritt zur Europäischen Union ein zusätzlicher Impuls möglich ist.

Zur Frage Kyoto: Selbstverständlich ist es ein ehrgeiziges Ziel, 13 Prozent CO2-Äquivalent auf Basis des Ausgangsniveaus zu reduzieren. Aber wir sind diese Verpflichtung eingegangen und werden sie auch erfüllen. Denn nur wenn alle Staaten der Union diesen Beitrag leisten, ist das Gesamtziel der Union und damit auch das Globalziel erreichbar.

Ich meine, dass die Union und ein Industrieland wie Österreich eine besondere Verpflichtung haben: Wir können nur dann an die Entwicklungsländer appellieren, ihren Beitrag zu leisten, wenn wir selbst Vorbild sind. Diese politische Dimension bitte ich, nicht außer Acht zu lassen.

Was ist aus meiner Sicht notwendig? – Wir sollten erstens die Frage der Kyoto-Fähigkeit der bestehenden Instrumente abklopfen. In Anbetracht von etwa 25 Milliarden Schilling, die für die Wohnbauförderung in Österreich zur Verfügung stehen, erhebt sich für mich als erste Frage nicht, ob wir zusätzliche Mittel dafür einsetzen, sondern die erste Frage lautet: Ist der Einsatz dieser Mittel so gestaltet, dass sie dem Klimaschutzziel dienen? – Ich meine, dass der Einsatz im Sinne der Effizienz verbessert werden kann: Althaussanierung beispielsweise, Dämmungsmaßnahmen und so weiter.

Zweitens sollten wir uns überlegen, wie wir neue Instrumente entwickeln können – der Ökoenergiefonds ist heute schon angesprochen worden –, etwa erneuerbare Energien: Die Bandbreite reicht von der Biomasse bis zur Windkraft und zur Photovoltaik.

Drittens: die Frage des Ordnungsrahmens. Das ist ein Thema. Das ElWOG und die anstehende Novellierung kann eine Chance sein – und sie wird auch genutzt werden –, in der Frage der erneuerbaren Energie neben der Biomasse auch die Kleinkraftwerke entsprechend zu verankern. Ähnliches gilt für die schon angesprochene Bauordnung.

Viertens werden wir uns – das ist wichtig zu betonen, weil es gerade eine aktuelle öffentliche Diskussion gibt – an der Debatte um die Anwendung der flexiblen Instrumente in der Europäischen Union offensiv beteiligen. Ich meine, dass sich bei der Behandlung der Frage der flexiblen Instrumente auch Chancen bieten, hinsichtlich der ökologischen und ökonomischen Effizienz optimal zu agieren und dabei gleichzeitig das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, möglichst viel in Österreich zu tun.

Die EMAS-Verordnung wurde angesprochen. Herr Bundesrat! Hier arbeite ich an einer Novellierung, die zum Ziel hat, dass Betriebe, die zertifiziert sind und sich den strengen Spielregeln der Auditierung im europäischen Monitoring-System unterziehen, auch etwas davon haben sollen. Eine Idee wäre beispielsweise, dass ein EMAS-zertifizierter und -auditierter Betrieb etwa bei den Meldepflichten nicht jenen bürokratischen Status braucht wie ein nicht zertifizierter Betrieb. Denn wozu zertifizieren wir denn einen Betrieb? – Damit er sich der Zertifikation gemäß verhält! Dieser Gedanke, nämlich dass für Betriebe, die sich an solchen Programmen beteiligen, im Sinne kommunizierender Gefäße das staatliche Handeln und die staatliche Verwaltungsaktivität zurückgenommen und damit den Betrieben auch Kosten erspart werden, ist aus meiner Sicht ein wichtiger, auch kreativer Ansatz in der Umweltpolitik.

Abschließend: Ich meine, dass dieser Fünfte Umweltkontrollbericht sagt, wo wir gut sind. Er sagt aber genauso, wo wir nicht gut genug sind. Und wir müssen uns gerade in der Umweltpolitik immer vor Augen halten: Das ehrgeizige Ziel der Lebensgrundlagensicherung kann nur durch ständige Anstrengung erreicht werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.44


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663. Sitzung / Seite 57

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Berichte getrennt erfolgt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Fünften Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über den Berichtszeitraum 1995 bis 1997.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme ist somit angenommen.

6. Punkt

Wahl von Ausschüssen

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung: Wahl von Ausschüssen.

Es liegt mir ein Antrag der Bundesräte Bieringer, Konecny, Dr. Böhm und Genossen gemäß § 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor, an Stelle des Ausschusses für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur, an Stelle des Ausschusses für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz den Ausschuss für Frauenangelegenheiten, an Stelle des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr den Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie und an Stelle des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit sowie den bisher noch nicht bestehenden Ausschuss für öffentliche Leistung und Sport mit jeweils 15 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern neu zu wählen, wobei jeweils 7 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, 5 auf die SPÖ und 3 auf die FPÖ entfallen.

Es liegt mir weiters ein Antrag der Bundesräte Bieringer, Konecny, Dr. Böhm und Genossen gemäß § 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor, an Stelle des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und an Stelle des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales den Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen mit jeweils 18 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern neu zu wählen, wobei jeweils 8 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, 6 auf die SPÖ und 4 auf die FPÖ entfallen.

Ich werde, sofern kein Einwand erhoben wird, die beiden Anträge unter einem zur Abstimmung bringen. – Ich sehe kein Handzeichen.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die sich für die Neuwahl der von mir genannten Ausschüsse aussprechen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Die Ausschüsse sind somit gemäß § 13 der Geschäftsordnung neu gewählt.


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663. Sitzung / Seite 58

Es liegt mir ein weiterer Antrag der Bundesräte Bieringer, Konecny, Dr. Böhm und Genossen gemäß
§ 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor, den bisher bestehenden Ausschuss für Umwelt, Jugend und Familie aufzulösen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die sich für diesen Antrag auf Auflösung des genannten Ausschusses aussprechen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Dieser Ausschuss ist somit gemäß § 13 der Geschäftsordnung aufgelöst.

Ich unterbreche nun die Sitzung bis 14 Uhr. Wir werden um 14 Uhr die dringliche Anfrage an die Frau Bundesministerin für Äußeres zum Aufruf bringen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 12.48 Uhr unterbrochen und um 14.02 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Mag. Harald Repar, Erhard Meier, Mag. Dietmar Hoscher und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufgabe der österreichischen Anti-Atompolitik durch die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten (1700/J-BR/00)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Mag. Repar und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten.

Da diese dringliche Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Mag. Repar als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

14.03

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die gestrigen Aussagen betreffend die weitere Vorgangsweise hinsichtlich des AKWs Krško im Zuge eines offiziellen Besuches in Laibach veranlassen uns, diese Anfrage heute hier dringlich zu behandeln; ich werde das in den nächsten Sätzen auch begründen.

Frau Ministerin! Ich habe gestern meinen Ohren und Augen nicht getraut, als ich das Interview mit Ihnen im Fernsehen gehört habe, in dem Sie wortwörtlich gesagt haben: Zu Krško haben wir nie auf die Schließung bestanden, sondern es gibt eine gemeinsame Position der Europäischen Union, in die die österreichische Position natürlich klar eingebaut oder enthalten ist. Sie haben gesagt, dass Krško tatsächlich nach westlichen Standards ausgerüstet ist. – Das war gestern in der "ZiB 1" zu hören.

Der Kommentator hat noch hinzugefügt, dass Ihr Amtskollege in Slowenien, Herr Minister Rupel, gemeint hat, dass das, was Sie gesagt haben, die Slowenen hören wollten.

Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Ihnen das vorhalte, aber: Wir erwarten uns hier in Östereich, dass ein Regierungsmitglied, das ins Ausland fährt, dort das sagt, was wir Österreicher hören wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist viel zu ernst (Zwischenrufe bei der ÖVP) – seien Sie nicht so nervös! –, als dass es zum Austausch irgendwelcher netten diplomatischen Gesten geeignet ist. Mir ist schon bewusst, dass Sie nervös sind, da man heute, wenn man als Mitglied


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der Bundesregierung ins Ausland fährt, Geschenke machen muss, damit man überhaupt empfangen und dort gehört wird. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber dieses Thema ist wirklich viel zu ernst für solch diplomatische Gesten.

Frau Ministerin! Ich darf Ihnen sagen, dass Ihre Aussage der bisherigen Anti-Atompolitik Österreichs eklatant widerspricht. Die Vorgangsweise stellt auch einen völligen Bruch mit der bisherigen Arbeit der Bundesregierung, der Landesregierungen und der gesetzgebenden Körperschaften dar. Es liegen nämlich meines Wissens nach keinerlei Beschlüsse vor, erstens vom bisherigen Weg abzugehen und zweitens solche Aussagen zu treffen, wie Sie sie gestern getätigt haben.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf den Aktionsplan vom 6. Juli 1999 betreffend österreichische Anti-Atompolitik im europäischen Zusammenhang verweisen. Dieser Plan kam vor allem auf Initiative der Kärntner und der Steiermärkischen Landesregierung zustande.

Der Nationalrat hat in seiner Sitzung vom 13. Juli 1999 die Bundesregierung ersucht, diesen Plan bei allen bilateralen Beziehungen bestmöglich zu unterstützen. Dabei geht es vor allem darum, Nachbarländern energiewirtschaftliche Kooperationen anzubieten, um den Ausstieg aus und den Verzicht der Nutzung von Kernenergie zu gewährleisten. Das heißt, Ziel ist es, ein kernenergiefreies Europa zu schaffen.

Frau Außenministerin! Warum sind wir so erbost? – Weil die Menschen in Österreich, in Kärnten, in der Steiermark Angst haben und sich fürchten. Es gibt Expertenmeinungen, die die Ängste und die Furcht bestätigen. Krško ist einfach ein massives Sicherheitsrisiko.

Slowenien ist ein Land mit einer relativ hohen Erdbebenhäufigkeit und -stärke. Das liegt daran, dass dort mehrere tektonische Großeinheiten aneinander grenzen, und die Bewegungen an den Plattengrenzen lösen immer wieder Erdbeben aus – das ist auch im Vorjahr der Fall gewesen. Die beiden seismisch aktivsten Areale sind einerseits die Region um Ljubljana und andererseits das Gebiet um Brežice in unmittelbarer Nähe des AKWs Krško. Das Gebiet von Krško gehört also zu den seismisch ungünstigsten Standorten, die es für ein Atomkraftwerk in Slowenien gibt. Bei der Festlegung der Auflagen für den Bau des AKWs Krško wurde die wahre Erdbebengefährdung missachtet und völlig unterschätzt. Sogar die slowenische nukleare Sicherheitsbehörde geht davon aus, dass die seismologische Situation unzureichend bekannt ist. Es gibt auch den Verdacht, dass im Sicherheitsbericht Informationen vertuscht wurden, und zwar betreffend die Fünfmeilenzone, innerhalb welcher ein AKW, wenn es dort Gefährdungen gibt, nicht errichtet werden darf.

Dies bedeutet, dass bei der Festlegung der Auflagen für den Bau des AKWs Krško heikle Informationen über die Erdbebengefährdung vertuscht und wichtige Daten über starke Erdbeben nicht berücksichtigt wurden. Die unzureichende Auslegung des AKWs Krško für ein schweres Erdbeben kann zu katastrophalen Unfällen führen. Selbst wenn der Reaktor solch ein Beben unbeschadet überstehen würde, können durch abgerissene Leitungen und zerstörte Sicherheitseinrichtungen Situationen entstehen, in denen der Reaktor nicht mehr vom Bedienungspersonal steuer- und kontrollierbar ist. Auch der Ausfall beziehungsweise die fehlende Möglichkeit der Inbetriebnahme von Kühlpumpen kann zur Katastrophe führen. Es ist auch anzunehmen, dass im Falle eines starken Erdbebens durch umgestürzte Hochspannungsmasten die Stromzufuhr unterbrochen wird. Dies hat in der Vergangenheit weltweit schon zu mehreren schwerwiegenden Störfällen in AKWs geführt.

Sie sehen also, Frau Ministerin, dass sich die Menschen zu Recht fürchten. Wir alle haben noch Tschernobyl in Erinnerung – vor vielen Jahren war das. Tschernobyl ist mehr als 1 000 Kilometer von Österreich entfernt. Viele wissen, dass es auch in Österreich Verseuchungen gegeben hat, dass man Sachen, die in der Erde gewachsen sind, Schwammerln und so weiter, nicht essen sollte, weil es gesundheitsgefährdend war. Wir wissen, was dort mit den Menschen passiert ist. Wir alle sehen noch die tote Landschaft vor uns, wissen, dass die Menschen von dort flüchten mussten, dass sehr viele an Krebs gestorben sind und dass es in weiterer Folge viele


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Missgeburten gab. Wir alle wissen also um die Gefahren solcher AKWs, und deswegen hat uns Ihre gestrige Aussage umso mehr bestürzt.

Meine Damen und Herren! Es geht heute hier im Hohen Haus aber auch darum, Farbe zu bekennen. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie sich die freiheitliche Fraktion die Meinung ihres Ex-Obmannes oder Noch-immer-Obmannes oder Schon-wieder-Obmannes oder Schattenkanzlers, jedenfalls Kärntner Landeshauptmannes, aneignen und unterstützen wird. Es ist ihm in dieser Frage immer alles viel zu langsam gegangen. Ich erinnere an Folgendes: Noch im Vorjahr hat er im Zuge der Nationalratswahl darauf gedrängt, dass rasch Pläne und Abkommen dahingehend geschmiedet werden, wie es zu einem Ausstieg und zu einer Schließung Krškos kommen kann.

Ich bin überzeugt davon, dass Sie wahrscheinlich auch heute wieder bereit sein werden, Positionen aufzugeben – wie Sie uns das schon innerhalb kürzester Zeit in der Regierung bewiesen haben (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch )  –, Positionen, die Sie im Wahlkampf versprochen haben. Herr Kollege! Ich denke nur an den Kinderscheck, an die Flat-Tax, an die Anti-Privilegien-Kampagne und an Ihren Ex-Justizminister mit dem Jaguar-Geheule, das er an den Tag gelegt hat. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bin überzeugt davon, Sie sind auch heute wieder bereit, diese Position hier aufzugeben – zum Wohle der FPÖVP-Einheitspartei – und diese Position über Bord zu werfen.

Folgendes ist uns nicht klar: Auf der einen Seite sind Sie massiv gegen eine EU-Osterweiterung, auf der anderen Seite aber unterstützen Sie eine Bundesregierung und eine Bundesministerin, die ... (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Was ist Ihre Position?) – Ja, das ist meine Position. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Was ist Ihre Position?)  – Sie unterstützen eine Bundesregierung, eine Bundesministerin, die ins Ausland fährt und Aussagen tätigt, die durch nichts gedeckt sind und die eine massive Gefährdung der österreichischen Bevölkerung darstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Seien Sie mir nicht böse, aber ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen: Durch Ihre gestrige Äußerung haben Sie die bisherige Anti-Atomenergiepolitik desavouiert. Sie haben durch Ihre Aussage mit einem Schlag den hervorragenden Namen, den Österreich durch seine kontinuierliche und beständige Anti-Atompolitik erlangt hat, zunichte gemacht – Sie haben die österreichische Bevölkerung letztendlich verkauft! (Bundesrätin Haunschmid: Jetzt möchte ich wissen, wer Österreich verkauft hat!)

Dies bedeutet für uns, dass es sehr wichtig ist, dieses Thema heute hier dringlich zu behandeln. Es gilt nämlich, die österreichische Anti-Atompolitik weiterzuführen. Und das Ergebnis der heutigen Beratungen kann nur sein, dass Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, die gestern getätigten Aussagen umgehend zurücknehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

14.12

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Gestatten Sie mir vor dem Eingehen in die Beantwortung der dringlichen Anfrage einige grundsätzliche Bemerkungen.

Die Bundesregierung hat insbesondere in ihrem Regierungsprogramm ausdrücklich festgehalten – ich möchte das hier klar zitieren –:

"Besonderes Augenmerk wird die Bundesregierung auf die Umsetzung des in der letzten Legislaturperiode verhandelten Anti-Atompakets bei den Verhandlungen über die Erweiterung der Union auch auf die Frage der nuklearen Sicherheit legen. Die Bundesregierung unterstützt die beim Gipfel von Helsinki zugesagten Bemühungen der Beitrittskandidaten" – (Bundesrat Konecny: Sehr interessant!) – "zur Stillegung nicht mehr nachrüstbarer Atomreaktoren (Bohunice,


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Ignalina und Kozloduj) innerhalb fixierter Stillegungspläne und strebt die Einleitung der Stillegung der Reaktoren spätestens zum Zeitpunkt des Beitritts an.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung Maßnahmen unterstützen, die zur Verbesserung der nuklearen Sicherheit in den beitrittswilligen Ländern führen, um ein Sicherheitsniveau zu erreichen, das dem Stand in der Union hinsichtlich der Technologie und den Vorschriften sowie in operativer Hinsicht entspricht. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung auch die Ausarbeitung von Ausstiegsszenarien aus der Atomenergie". – Ende des Zitats.

Und im Kapitel "Außen- und Europapolitik" heißt es dazu im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union – ich zitiere noch einmal –:

"Im Einklang mit den maßgeblichen EU-Beschlüssen ist gemäß den Schlußfolgerungen des Rates auf die frühzeitige Stilllegung von Reaktoren zu drängen, die nicht mit vertretbarem Kostenaufwand auf international akzeptierte Sicherheitsstandards nachgerüstet werden können. Unbeschadet der Zielsetzung Österreichs, den Verzicht auf AKWs zu erreichen, sind hinsichtlich in Grenznähe befindlicher oder geplanter AKWs die höchstmöglichen Sicherheitsstandards anzuwenden". – Ende des Zitats.

Selbstverständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich mich auch in meinen Äußerungen in Laibach an dieses Programm gehalten. Meine in den Medien nur verkürzt wiedergegebenen Äußerungen haben sich lediglich auf die Frage bezogen (Bundesrat Konecny: Originalton!) – lassen Sie mich aussprechen, Sie wollten doch hören, was ich dazu sage! (weitere Zwischenrufe) – , Herr Bundesrat, ob die Schließung von Krško eine Bedingung für den Beitritt Sloweniens zur EU ist. Das Eintreten für eine möglichst rasche Schließung aller grenznahen Kernkraftwerke – einschließlich Krško – bleibt selbstverständlich weiterhin ein Anliegen der Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für die Bundesregierung hat die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität. In diesem Zusammenhang ist natürlich insbesondere die Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke für Österreich von vitalem Interesse. Daher hat Österreich die nukleare Sicherheit im Rahmen der Erweiterung der Europäischen Union zu einem vorrangigen Thema gemacht.

Österreich anerkennt dabei das Recht jedes Staates, "die Entscheidung über die Erzeugung von Kernenergie entsprechend den eigenen politischen Ausrichtungen zu treffen", wie dies auch in einer Gemeinsamen Erklärung in der Schlußakte zum Vertrag über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens zur Europäischen Union festgehalten ist.

Dieser Grundsatz ist Teil des Besitzstandes der Europäischen Union und gilt deshalb sinngemäß auch für die laufenden und die zukünftigen Beitrittsverhandlungen mit den Ländern Mittel- und Osteuropas. Wenn sich die künftigen Mitgliedstaaten jedoch für die Nutzung der Kernenergie entschieden haben – und für die meisten trifft das zu –, kommt dem Sicherheitsniveau der Kernkraftanlagen wesentliche Bedeutung zu.

Da sicherheitstechnische Normen und Standards jedoch nicht auf Ebene der Europäischen Union festgelegt sind, hat Österreich während seiner Ratspräsidentschaft 1998 die Initiative für Schlußfolgerungen des Rates ergriffen, in denen unter anderem die beitrittswilligen Länder aufgefordert werden, die nukleare Sicherheit so zu verbessern, "daß ein Niveau erreicht wird, das dem Stand in der Union hinsichtlich der Technologie und der Vorschriften sowie in operativer Hinsicht entspricht."

Diese Prinzipien sind auch Teil der Position der Europäischen Union in den Beitrittsverhandlungen. Der Europäische Rat von Helsinki vom 10. und 11. Dezember 1999 hat diese Haltung bestätigt: "Der Europäische Rat weist erneut auf die Bedeutung hoher Sicherheitsstandards im Nuklearbereich in Mittel- und Osteuropa hin. Er fordert den Rat auf zu prüfen, wie die Frage der nuklearen Sicherheit im Rahmen des Erweiterungsprozesses im Einklang mit den einschlägigen Schlußfolgerungen des Rates behandelt werden kann".

Nun möchte ich auf die einzelnen Fragen eingehen.


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Frage 1: "Wie lautet Ihre Erklärung zum Thema Krško in Slowenien im Wortlaut?" – In einem kurzen Pressegespräch habe ich in Laibach sinngemäß ausgeführt, dass die nukleare Sicherheit ein Thema ist, das die Bevölkerung der beiden Staaten wie auch ganz Europas betrifft. Deshalb sei die Frage der nuklearen Sicherheit auch Teil der EU-Beitrittsverhandlungen zum Kapitel Energie. Wir wissen, dass Krško ein Kernkraftwerk westlicher Bauart ist und Slowenien bemüht ist, größtmögliche Sorgfalt in Bezug auf die Sicherheit der Anlage walten zu lassen. Da in Slowenien hinsichtlich der Inhalte der Beitrittsverhandlungen völlige Transparenz herrsche, sei die Position der EU zu Krško allen bekannt. Österreich stehe voll hinter dieser Position.

Meine nur im Zusammenhang mit der Einleitung verständliche – da ist praktisch das Missverständnis entstanden – kurze Antwort auf eine Zusatzfrage lautete daher – sie war nur bezogen auf den slowenischen EU-Beitritt – wie folgt:

"Bei Krško haben wir nie auf der Schließung bestanden, sondern es gibt klar eine gemeinsame Position der EU, in die die österreichische Position natürlich klar eingebaut ist oder enthalten ist. Und zwar haben wir gesagt, daß Krško tatsächlich nach westlichen Standards her ausgerüstet ist."

Frage 2: "Gibt es einen Beschluss der Bundesregierung, auf dessen Basis Sie diese Erklärung abgegeben haben?" – Wie ich bereits einleitend ausgeführt habe, steht meine Erklärung voll auf dem Boden und in Übereinstimmung mit dem Programm der Bundesregierung.

Zur Frage 3, ob ich mit Frau Landeshauptmann Klasnic und Landeshauptmann Dr. Haider in dieser Frage einen Kontakt hatte, bevor ich diese Erklärung abgegeben habe, möchte ich Folgendes sagen: Eine gesonderte Kontaktaufnahme mit den Landeshauptleuten der Steiermark und Kärntens war in dieser Frage nicht erforderlich. Ich stehe jedoch laufend in Kontakt mit den Landeshauptleuten (Zwischenruf des Bundesrates Konecny ) in sie betreffenden Fragen und habe daher auch vor meinem Besuch in Slowenien ein allgemein gehaltenes Gespräch mit Landeshauptmann Haider geführt. (Bundesrat Konecny: Und er war da einverstanden? – Weitere Zwischenrufe.)

Zu den Fragen 4 bis 6: Die Haltung der österreichischen Bundesregierung zu den Kernkraftwerken in den Beitrittsländern ist – das habe ich schon ausgeführt – im bereits eingangs erwähnten Aktionsplan festgelegt. Kernkraftwerke, die nicht mehr mit vertretbarem Aufwand nachgerüstet werden können – das sind die Kernkraftwerke der "ersten Generation": Ignalina, Kozloduj und Bohunice –, sind innerhalb der fixierten Stilllegungspläne zu schließen.

Kernkraftwerke, die sich in Betrieb befinden, sind laufend sicherheitstechnisch nachzurüsten – unabhängig davon, ob östlicher oder westlicher Bauart –, mit dem Ziel, sich dem Stand der Technik in der Europäischen Union anzunähern.

Kernkraftwerke, die sich noch in Bau befinden, müssen jedenfalls dem heutigen Stand der Technik entsprechen und genehmigungsfähig sein.

Diese Grundsatzposition, meine sehr geehrten Damen und Herren, gilt grundsätzlich auch für die vom Anfragesteller erwähnten Anlagen.

Zur Frage 7: Auch hier darf ich noch einmal auf meine einleitenden Bemerkungen – deshalb waren mir diese sehr wichtig – verweisen. Die Antwort auf die Frage 7 ist daher ein klares Nein.

Zu den Fragen 8 bis 10 führe ich aus: Wie ich ebenfalls schon anfangs in der Einleitung erwähnt habe, wird die Bundesregierung in ihrem Arbeitsprogramm natürlich besonderes Augenmerk auf die Umsetzung des in der letzten Legislaturperiode verhandelten Anti-Atompaktes legen. Die Bundesregierung ist in diesem Zusammenhang in Übereinstimmung mit der Substanz der in der Anfrage erwähnten Entschließungen des Nationalrates. Meine Erklärung, die sich nur auf die slowenischen EU-Beitrittsverhandlungen bezog, steht dazu nicht in Widerspruch.


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Zur Frage 11, ob mir bekannt ist, dass der gegenständliche Beschluss der Bundesregierung auch insbesondere auf Wunsch der Landeshauptleute von Kärnten und der Steiermark zustande gekommen ist, darf ich sagen: Ja.

Zur letzten Frage darf ich sagen: Aus meinen Ausführungen ergibt sich, so glaube ich, eine klare, in völliger Übereinstimmung mit der Linie dieser Bundesregierung und früherer Bundesregierungen stehende Position, sodass ich keinen Anlass für eine Rückziehung dieser Erklärung sehe. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.24

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Erhard Meier. – Bitte.

14.24

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Im Zusammenhang mit Ihrer Aussage stellen Sie nun fest, es sei ein Irrtum, es sei nicht so gemeint gewesen (Zwischenrufe bei der ÖVP), es seien nur Teile dessen, was Sie in Slowenien gesagt haben, wiedergegeben worden – man braucht nur die heutigen Zeitungen zu lesen, und es ist auch im Fernsehen gezeigt worden –, es stimme ohnehin alles mit der österreichischen Haltung, den Entschließungen des Parlaments und dem Standpunkt der Bundesregierung überein, nichts stünde in Widerspruch dazu.

Wie immer wir hier argumentieren: Die Menschen in den betroffenen Gebieten können das einfach nicht verstehen – es mag sein, dass einige anders denken –, weil es immer geheißen hat, dass auch das Atomkraftwerk Krško eine Gefahr sei. Ich bin kein Techniker, der das selbst prüft, aber wir wurden immer dahin gehend informiert, dass es eine Gefahr sei. Das AKW ist im Jahr 1981 errichtet worden, sei also verbesserungsbedürftig, und es stehe auf einer seismologischen Bruchlinie, einer Erdbebenlinie – ich hoffe sehr, dass es keines gibt, meine Damen und Herren!

Gerade die angrenzenden Bundesländer – ich spreche hier sicher nicht für Kärnten, aber für die Steiermark – haben in mehreren Aussagen im Rahmen der Sitzungen der Landtage und der Landesregierungen auf die trotzdem vorhandene Gefahr – sonst wäre das alles nichts gewesen – hingewiesen und entsprechende Beschlüsse gefasst.

Ich erinnere mich auch an Debatten hier im Bundesrat, in denen auch Bundesratskollege Dr. Tremmel entschieden darauf hingewiesen hat, welche Gefahren von dort ausgehen, gemeint hat, dass eine Schließung das Beste wäre und dass man die Frage Krško auf jeden Fall in die kommenden Beitrittsverhandlungen, Erweiterungsgespräche einbinden müsse, um damit auch Druck auszuüben, damit diesem Atomkraftwerk Krško die Gefährlichkeit genommen würde.

Natürlich ist die Energiepolitik Sache jedes einzelnen Staates, aber Sie haben vehement kritisiert, dass die frühere Bundesregierung nicht in der Lage war, Fortschritte in die Richtung zu erzielen, dass die Atomkraftwerke im Osten Europas, auch nördlich von Österreich geschlossen würden. Und jetzt, da Sie in der Regierung sind, fahren Sie nach Slowenien und machen dort Zusagen und Bemerkungen, die damit nicht übereinstimmen, da diese Gefahr, wenn sie vorher vorhanden war, auch jetzt noch vorhanden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass die österreichische Außenpolitik nicht so gehandhabt werden kann – das betrifft alle, die im Ausland Aussagen machen –, dass man dort nicht mehr versprechen kann, als wir dann halten und im Inland vertreten können. Das betrifft auch die Osterweiterung als solche. Es wurde sehr oft gesagt: In zwei, drei Jahren seid ihr schon dabei!, aber wir alle wissen, dass es aus den verschiedensten sachlichen Gründen nicht so schnell gehen kann, sondern bestimmte Überlegungen angestellt werden müssen.


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Jetzt waren Sie in Slowenien, Frau Außenministerin, Sie haben eine sehr gute Presse, man ist voll des Lobes über Sie, über das, was Sie dort gesagt haben (demonstrativer Beifall bei der ÖVP), es steht das aber in Widerspruch zur gesamtösterreichischen Haltung.

Ich möchte gleich sagen, dass wir hiezu einen Entschließungsantrag einbringen. Dieser lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Mag. Melitta Trunk, Erhard Meier und Genossen betreffend konsequente Fortsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesrat hat beschlossen:

1. Die Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, auf bilateraler und europäischer Ebene die bisher im Einvernehmen zwischen allen Parteien formulierte österreichische Anti-Atompolitik – wie auch im Entschließungsantrag der Bundesräte Steinbichler, Hedda Kainz, Rodek, Gstöttner, Mag. Strugl, Kraml, Wolfinger, Dr. Hummer, Uta Pühringer betreffend Fortführung der österreichischen Atompolitik vom 12. März 1998 ausgedrückt – konsequent umzusetzen.

2. Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten wird aufgefordert, auch im Hinblick auf das slowenische Kernkraftwerk Krško die im nationalen Konsens erarbeitete österreichische Anti-Atompolitik – wie auch im Entschließungsantrag der Bundesräte Steinbichler, Hedda Kainz, Rodek, Gstöttner, Strugl, Kraml, Wolfinger, Dr. Hummer, Uta Pühringer betreffend Fortführung der österreichischen Atompolitik vom 12. März 1998 ausgedrückt – zu vertreten und ihre Äußerungen anlässlich des Besuches in Slowenien im Hinblick auf diese österreichische Anti-Atompolitik zu korrigieren.

*****

Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht versuchen – in einer Art und Weise, die die Gesprächsbasis mit unseren Nachbarländern selbstverständlich weiterhin aufrecht erhält und unsere Unterstützung, sei es auch finanzieller Art, zusichert –, unsere Anti-Atompolitik zum Ausstieg und zur Verminderung weiterzuentwickeln, dann widersprechen wir jenem Geist beziehungsweise jener Haltung, die wir in Österreich als Vorbild als Nicht-Atomland, bekräftigt durch eine Volksabstimmung, bisher eingehalten haben.

Man kann sich natürlich nicht immer auf die EU ausreden, meine Damen und Herren! Wir haben im Europäischen Parlament erlebt, dass es nicht so leicht ist, gegen die Atomkraft anzukämpfen, weil es natürlich eine ganze Reihe von EU-Mitgliedstaaten gibt, die einen hohen Prozentsatz ihrer Stromgewinnung aus der Atomkraft beziehen, weshalb dort die Entwicklung einige Zeit dauern wird. Das heißt aber nicht, dass Österreich, das gerade in der Anti-Atomkraftwerkspolitik, beginnend mit der Volksabstimmung, Vorreiter gewesen ist, sich jetzt ausredet und sagt: Die EU ist auch noch nicht so weit, daher brauchen wir diese Forderungen jetzt nicht mehr aufzustellen!

Frau Ministerin! Ich will Ihnen einige Stimmungsbilder anhand von Zitaten der Frau Landeshauptmann Klasnic zur Kenntnis bringen, weil wir immer hin und her reden. Die Leute sehen das einfach anders.

Frau Landeshauptmann Klasnic hat gemeinsam mit dem Landeshauptmann von Kärnten – es hat diesbezüglich mehrere Gipfelgespräche gegeben – eindeutig gefordert, was diesbezüglich zu geschehen hat. Wir haben uns auch bemüht, da einen Konsens zu finden. Es ist dann Frau Ministerin Prammer mit den beiden Landeshauptleuten auf der Hebalm zusammengekommen,


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weil wir alle – das kann keine parteipolitische Angelegenheit sein – natürlich dafür sind, dass wir die Gefahren, die von irgendeinem Kraftwerk, auch von Krško, ausgehen, in den Griff bekommen.

Auch die Frau Landeshauptmann hat das des Öfteren gesagt. Zum Beispiel sagte sie: Das Atomkraftwerk Krško ist für die Steiermark seit Jahren Anliegen und Sorge.

Weiteres Zitat: Zuletzt hatte sich die Landeshauptfrau verärgert über Bundeskanzler Klima gezeigt, weil Krško im Gegensatz zu anderen Atommeilern rund um Österreichs Grenzen nicht formell in den Nationalen Aktionsplan aufgenommen worden ist. (Rufe bei den Freiheitlichen: Hört! Hört!) Klasnic fordert, dass für Krško dieselben Bedingungen gelten wie für alle anderen AKWs von EU-Beitrittswerbern.

Weiters: APA vom14. Juli 1999: Kritik an Bundeskanzler Viktor Klima kam von der steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic. Die südlichen Bundesländer seien in den Entscheidungsprozess rund um die Atomenergie nicht eingebunden gewesen, auf sie wurde wieder einmal vergessen. Sie mahnt ein Recht auf Klarheit in der Sicherheitsfrage ein.

Sie haben selbst gesagt, dass Sie allgemeine Gespräche mit dem Herrn Landeshauptmann von Kärnten geführt haben, jedoch nicht mit Landeshauptmann Klasnic. Sie haben sie also wieder vergessen – um mich der gleichen Diktion, die sie vorhin hier verwendet hat, zu bedienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich zitiere weiter: Frau Klasnic führt weiter aus, es geht nicht an, dass nur einzelne Interessen, nämlich die des Burgenlandes, Oberösterreichs, Niederösterreichs und Wiens gehört würden und auf die Steiermark und Kärnten einfach vergessen werde. Für das grenznahe Atomkraftwerk Krško müsste das Gleiche gelten, wie für die slowakischen und tschechischen Atomkraftwerke. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) – Das können Sie gerne tun. Wir sprechen jetzt über Krško und über die Aussagen, die die Frau Außenministerin hiezu gemacht hat. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und Gegenrufe bei der SPÖ.)

Ich zitiere weiter: Weiters fordert Frau Landeshauptmann Klasnic, die südlichen Bundesländer Kärnten und Steiermark haben sich in den Anti-Atomplan der Regierung hineinreklamiert. Krško ist dann mit einbezogen worden. Beim Atomgipfel Süd auf der Hebalm wurde am Dienstag von den Landeshauptleuten Haider und Klasnic gemeinsam mit der Koordinatorin der Bundesregierung, Ministerin Barbara Prammer, ein Sicherheits- und Ausstiegspaket für das slowenische Kernkraftwerk Krško erörtert. – Das habe nicht ich gesagt, ich habe es nur wiederholt.

Es sollen all diese Maßnahmen getroffen werden. Aus dem Bundesland Steiermark gibt es eine ganze Reihe von Anträgen, die im Steiermärkischen Landtag auch einhellig zur Kenntnis genommen wurden. Der erste Antrag ist vom 5. November 1991 – ich erspare es mir, ihn hier vorzulesen –, der zweite Antrag ist vom 23. Mai 1995, der nächste Antrag ist vom 23. September 1997, und am 19. Mai 1998 wurde die Steiermärkische Landesregierung vom Steiermärkischen Landtag einhellig aufgefordert, die Bundesregierung aufzufordern, sich gemeinsam mit der Republik Italien für einen Ausstieg von Slowenien und Kroatien aus der Atomenergie einzusetzen und dabei auch die EU um entsprechende Hilfe und Fördermittel zu ersuchen. – Das habe ich wörtlich zitiert.

Dem entgegen steht zweifellos diese Aussage, die Sie aus irgendwelchen Gründen, die Sie uns in der Anfragebeantwortung natürlich noch nicht genannt haben – sei es aus dem Grund, ein gutes Klima zu schaffen –, gemacht haben.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie Kärntner oder Steirer sind, vor allem Untersteirer – ich komme aus dem Norden der Steiermark; ich könnte sagen, ich bin weit weg, aber wir alle sind sehr nahe an diesen Gefahren –, dann fragen sich doch die Menschen dort, was Sie über Krško denken!

Bisher hat es immer geheißen, das Kraftwerk Krško sei gefährlich, es müsste stillgelegt oder mit allen Mitteln umgerüstet werden, aber nicht so, dass es eine viel längere Lebensdauer als bis


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2010 erhält, wie das anscheinend jetzt durchzusetzen versucht wird. Jetzt auf einmal heißt es, auch von Fachleuten mit Gutachten untermauert, die Sie vielleicht zur Grundlage Ihrer Aussage gemacht haben, Krško gehöre zu den sichersten Atomkraftwerken westlicher Prägung, und daher ist dadurch überhaupt keine Gefahr gegeben, sodass wir dem, was dort weiter geschieht, unbeschaut zustimmen könnten und die weitere Entwicklung nicht mehr beeinflussen müssten. (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. )

Herr Kollege Missethon! Wir können über das Alte auch reden, aber Sie behaupten ja, alles besser machen zu können. Da Sie auch in der Regierung waren, können Sie von all dem nicht nichts gewusst haben, Herr Kollege Missethon! (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Warum hat Klima vergessen?) Und jetzt sind Sie wieder in der Regierung und machen alles besser. Nur: Ich glaube nicht, dass das ein Weg ist, es besser zu machen, Frau Ministerin, indem man im Ausland, im befreundeten, benachbarten Slowenien, Aussagen macht, die unserer bisherigen und der fortgesetzten Politik nicht entsprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich ersuche daher, den von uns gestellten Anträgen, die nur die Fortsetzung der bisherigen Politik fordern, zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und der Bundesräte Mag. Gudenus und Dr. Nittmann. )

14.39

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Konecny und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend konsequente Fortsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Strugl. – Bitte. (Bundesrat Konecy, in Richtung des Redners: Keinen Steirer gefunden, keinen Kärntner? – Heiterkeit bei der SPÖ.)

14.39

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesrat Konecny! Auch die Oberösterreicher sind von diesem Thema betroffen, zwar nicht, was Krško betrifft, aber wir Oberösterreicher haben auch ein grenznahes Atomkraftwerk – um Ihnen das in Erinnerung zu rufen. Aber das sei nur am Rande bemerkt.

Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich wesentlich kürzer fassen als mein Vorredner, weil die Frau Außenministerin die Dinge, die hier von meinen Vorrednern gesagt wurden, klargestellt hat. Es kann sich also, wie ich meine, der Sturm im Wasserglas wieder legen.

Wir alle stimmen miteinander überein in der Position, dass die Sicherheit der Bevölkerung in Österreich, was die grenznahen Atomkraftwerke betrifft, ein wichtiges Anliegen ist. Genau das war auch der Grund, warum Österreich damals unter Außenminister Schüssel und Staatssekretärin Dr. Benita Ferrero-Waldner initiativ geworden ist. Ihr jetzt zu unterstellen, sie würde diese Interessen vernachlässigen, das ist, meinen Damen und Herren von der SPÖ, eine billige parteipolitische Polemik. Das weisen wir zurück! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja selbstverständlich ist es so, dass auch wir das Recht der Staaten anerkennen, ihre eigene Entscheidung zu treffen, was die Erzeugung von Kernenergie betrifft. Das ist auch Bestandteil des Beitrittsvertrages Österreichs und, wie die Frau Bundesministerin schon erwähnt hat, auch Rechtsbestand der Europäischen Union, und daher geht es, da wir wissen, dass die meisten dieser Staaten Kernenergie erzeugen, um Sicherheitsstandards. Das ist eigentlich die wesentliche Frage. Natürlich ist es so, dass es keinen definierten europaweiten Sicherheitsstandard in diesem Sinn gibt, sondern man hat sich auf die Formulierung "Stand der Union" verständigt, was die Technologie und die Vorschriften beziehungsweise die operativen Vorgänge betrifft.

Was Krško betrifft, möchte ich authentisch noch einmal zitieren, was dazu die gemeinsame Position der EU ist. Zitat: Slowenien wird dementsprechend ersucht, regelmäßig umfassende Informationen über das laufende Nachrüstungsprogramm für das Kernkraftwerk Krško, über Investitionen in dem Brennstoffkreislauf einschließlich eingesetzter Brennstoffe und Abfallbewirtschaftung und über zugehörige Finanzvorschriften, unter Einbeziehung staatlicher Mittel, vor


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zulegen sowie darüber zu berichten, welche Fortschritte bei den seismischen Anlagen gemacht werden, wie Slowenien die Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit der doppelten slowenisch-kroatischen Eigentümerschaft in Bezug auf die Anlage regeln will und wie die Rolle und die Arbeit der Sicherheitsbehörde weiter ausgestaltet werden soll.

Das ist der Fahrplan in diesem Prozess, auch was den Beitritt Sloweniens zur EU betrifft. Das gilt für beide gleichermaßen, für Slowenien genauso wie für die EU, und wenn das eingehalten wird, dann ist das auch in dieser Weise die gemeinsam akzeptierte Position.

Sie behaupten jetzt in Ihrer dringlichen Anfrage, das wäre ein Bruch und widerspreche der bisherigen Anti-Atompolitik, und 20 Jahre sozialdemokratische Anti-Atompolitik – Gott sei Dank haben Sie nur 20 Jahre herangezogen; der Zwischenruf von vorhin wird Ihnen wahrscheinlich schon vorher eingefallen sein, denn sonst hätten Sie nämlich in Ihrer eigenen Politik einen Bruch – sei jetzt mit dieser Aussage zunichte gemacht worden.

Ich sage Ihnen ehrlich: Ich kann da keinen Widerspruch und keinen Bruch erkennen. Es ist – das hat auch die Frau Ministerin schon ausgeführt – eine Verkürzung der Position, was sie tatsächlich gesagt hat, und sie hat hier authentisch wiedergegegeben, wie ihre Position ist. Also nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, das ist auch ihre offizielle Stellungnahme, und hören Sie auf, ihr zu unterstellen, dass sie gegen die Interessen Österreichs vorgeht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Da muss man sich schon auch die Mühe machen, ein bisschen genauer hinzuschauen und die Dinge auseinander zu halten. Es gibt die nichtnachrüstbaren Schrott-Reaktoren in Bohunice, in Kozloduy und in Ignalina, und diese sind selbstverständlich, da sie nicht nachgerüstet werden können, stillzulegen. Das ist auch die gemeinsame, von allen akzeptierte Position. Die Schlussfolgerungen des Rates, was die nukleare Sicherheit in Verbindung mit der Erweiterung betrifft, wurden – das wurde schon erwähnt – unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft formuliert, und diese sind völlig klar, und daran gibt es auch überhaupt keinen Zweifel.

Das ist übrigens auch in den Beitrittspartnerschaften genauso erwähnt, auch was Slowenien betrifft. Auch darin steht, dass die slowenische Kernenergiepolitik an den Ergebnissen seismischer Untersuchungen auszurichten ist. Diesbezüglich wird es eine neue Studie geben, aus PHARE-Mitteln der Europäischen Union finanziert, diese wird für den Juni erwartet, und dann wird diese Position entsprechend zu bewerten sein.

Noch einmal: Wo ist da bitte der Widerspruch zum Aktionsplan der Bundesregierung vom 30. Juni 1999? Wo ist da der Widerspruch zu den Ergebnissen des Atomgipfels Süd vom 20. Juli 1999? – Ich kann das beim besten Willen nicht so sehen wie Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Bundesrat Konecny: Ob Sie es sehen, ist nicht wirklich die Fragestellung!)

Aber, Herr Kollege Konecny, Sie erlauben mir trotzdem die Bemerkung, dass ich hier meine persönliche Sicht der Dinge darlege, denn deswegen bin ich hier auch am Wort. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Aber die Frau Landeshauptmann sieht es ganz offensichtlich anders!)

Eines ist auch klar: dass die österreichischen Bemühungen fortgesetzt werden, um die Sicherheit der Bevölkerung in Bezug auf die grenznahen Atomkraftwerke zu gewährleisten. Das sollten Sie uns und auch dieser Regierung nicht absprechen. (Bundesrat Konecny: Sie werden also dem Antrag zustimmen!) – Dazu sage ich auch noch etwas, Herr Kollege Konecny!

Was Krško betrifft, wurden auch schon entsprechende Initiativen gesetzt. Das wissen Sie, das ist auch mit den beiden Bundesländern abgestimmt, ob das das seismische Frühwarnsystem betrifft, ob das die Vernetzung des Strahlen-Frühwarnsystems betrifft und ob das – auch das sollte man hier sagen – sämtliche energiewirtschaftliche Kooperationen betrifft, in die seit den neunziger Jahren 800 Millionen Schilling von österreichischer Seite investiert wurden, um diesen Ländern zu helfen, zu neuen Formen der Energiegewinnung zu kommen. (Bundesrat Konecny: Das war ja unsere Politik! Das müssen Sie mir nicht erklären!) – Ja, aber nicht nur monopolisiert


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auf die Sozialdemokraten, Herr Kollege Konecny, aber so tun Sie ja jetzt, und dem ist nicht so, bitte schön. Sie dürfen jetzt nicht so tun, als ob es das alles nicht gegeben hätte. (Bundesrat Konecny: Das hat es gegeben! Ob es das noch gibt, das ist die Frage!) Das gibt es sehr wohl auch – und das wollte ich Ihnen damit sagen – in Zukunft.

Herr Bundesrat Konecny! Sie wissen ganz genau, dass auch der damalige Umweltminister – jetzt ist er Wirtschaftsminister – zusätzliche Mittel genau am 7. Oktober 1999 für Kooperationsprojekte, bei welchen es um erneuerbare Energieträger, um Beratungsleistungen, um Joint Ventures, um all diese Initiativen geht, um diesen Ländern einen Weg zu eröffnen, der mittel- und langfristig aus der Atompolitik herausführt, beantragt hat. Auch das bleibt natürlich ein Ziel von uns, das wir anstreben: dass es letztlich gelingen soll, möglichst viele dieser Kraftwerke zu schließen. Das steht überhaupt nicht außer Frage, und daran gibt es auch keinen Zweifel.

Ob das Krško ist, ob das andere Kernkraftwerke sind, es gilt genauso für uns in Oberösterreich, was Temelin betrifft, wo jetzt ein UVP-Verfahren stattfindet, an dem sich auch das Land beteiligt. Das langfristige Ziel ist und bleibt der Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie, und das ist keine Änderung der bisherigen Linie.

Die Frau Bundesministerin hat nur eines gesagt, was auch völlig richtig ist: Es gibt keine Conditio-sine-qua-non-Schließung, was den Beitritt Sloweniens zur EU betrifft, denn es wäre töricht, das zu tun. Dieser Fehler bleibt nur Ihrer ehemaligen Ministerin Prammer vorbehalten, die so etwas einmal angedacht hat. Aber da hat sie der ehemalige Bundeskanzler Mag. Klima schon zurückgepfiffen, weil er gewusst hat, dass das kein Weg zu einer sinnvollen Lösung sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, wenn wir uns darauf verständigen, dass wir ... (Bundesrat Konecny: Machen Sie Schluss, jetzt wird es wieder widersprüchlich!)

Herr Kollege Konecny! Ich bin schon fast am Ende meiner Ausführungen, aber gestatten Sie mir, dass ich meine Redezeit selbst gestalte, es ist mir eine von der Frau Präsidentin eingeräumt worden!

Halten Sie das auseinander, was den EU-Beitritt betrifft und was die langfristige Politik in der Atomfrage betrifft (Bundesrat Meier: Das haben wir nie gefordert! Das hat ein anderer gefordert!), und hören Sie auf damit – so wie auch in anderen Fragen –, mit einer wichtigen Position Österreichs gegenüber dem Ausland innenpolitisches Kleingeld zu wechseln, denn das ist nicht gut für unser Land! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Eines noch zum Abschluss, um auch die diesbezügliche Frage von Ihnen zu beantworten: Sie haben einen Entschließungsantrag eingebracht, und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich halte das für eine Fleißaufgabe, denn Sie haben in Wirklichkeit das hineingeschrieben, was wir schon einmal in einen Antrag geschrieben haben, dass es auch in Zukunft gelten soll. Diesen Antrag hätten Sie sich wirklich sparen können. Daran ist in der Zwischenzeit nichts geändert worden, und daher kann ich den Sinn dieses Ihres Antrages nicht erkennen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Werden Sie zustimmen oder nicht?)

14.40

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Scheuch. – Bitte.

14.50

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoch geschätzter Bundesrat! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Der Antrag der SPÖ, der uns heute hier vorliegt, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie – das kann man nicht verschweigen –, aber diese besteht nicht in diesem Micky-Maus-Papier, sondern eigentlich eher in den Gegenfragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben.


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Man könnte zum Beispiel die Frage stellen: Wie genau nimmt es die SPÖ mit ihrer Atompolitik? – Im Computerzeitalter
würde man, in der Computersprache gesagt, direkt ein Link zum Herrn Kreisky buchen, der diesbezüglich eine klare Haltung hatte, und ich kann es einigen Leuten, zum Beispiel auch Herrn Konecny, nicht ersparen, zu fragen, wie sie sich damals in der Abstimmung verhalten haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Richtig! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß schon, dass Sie das ärgert. Hört, hört! (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Das kann ich Ihnen gerne beantworten! Ich war im Nationalrat nicht für die neuerliche Durchführung einer Volksabstimmung!) Ja, ja. Das ist sogar undemokratisch, was Sie mir jetzt gesagt haben, aber gut. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )

Herr Konecny! Ich gestehe auch Ihnen eine gewisse Lernfähigkeit zu. (Bundesrat Konecny: Es war der Versuch, den jene unternommen haben, eine zweite Abstimmung zu starten, welchen die erste nicht gepasst hat!) Sie hätten die zweite auch verloren.

Ich muss Ihnen schon sagen: Ich gestehe auch der SPÖ eine gewisse Lernfähigkeit zu, das ist gar keine Frage, man kann seine Positionen ändern, natürlich. (Bundesrat Gasteiger: So wie die Freiheitlichen! – Bundesrat Konecny: Aber nicht jeden Tag zweimal!) Wir lernen auch, natürlich. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In der Atompolitik sind Sie nicht flink in Ihrem Denken. Anscheinend liebäugeln Sie wirklich noch mit Atomstrom. Erster Beweis: Am Freitag, dem 19. Mai 1995, erschien ein Artikel in einer Tageszeitung mit der Überschrift: "Kärnten wird im Stich gelassen". – Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie damals in der Regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! – In diesem Artikel steht wortwörtlich zu lesen – ich zitiere –: Die Schließung des Pannen-Reaktors in Krško liegt Bundeskanzler Franz Vranitzky offensichtlich nicht so am Herzen ... In der Einleitung des Artikels heißt es – ich zitiere –: Bei den EU-Verhandlungen mit Slowenien drohen alle Bemühungen der Kärntner, die Schließung des AKW Krško zu erreichen, zu scheitern. Die Bundesregierung hat einen entsprechenden Landtagsbeschluss ignoriert. (Bundesrat Konecny: Wer sagt das?) – Die "Kronen Zeitung" aus dem Jahre 1995. (Bundesrat Konecny, lachend: Ach Gott!) Sie sind teilweise auch journalistisch tätig, und man weiß natürlich, dass da eine eigene Ironie immer erlaubt ist.

Meine Damen und Herren! Man könnte jetzt glauben, unser "lieber" Franz Vranitzky war zeitlich gesehen doch noch näher beim Bruno Kreisky und hat vielleicht deswegen Kärnten dort verraten, aber dem ist nicht so, denn es gibt auch noch andere Beispiele. (Bundesrat Mag. Repar: Die Frau Bundesministerin hat Kärnten verraten: Ist das der Schluss der Ausrede?) – Nein, das ist nicht der Schluss der Ausrede! Ich komme noch auf die Aussagen der Bundesministerin zu sprechen. Warten Sie ab, üben Sie sich in Geduld! (Bundesrat Konecny: Bis jetzt ist es nicht sehr unterhaltsam!) Ich weiß schon, dass Ihnen das nicht gefällt.

Dann hat es einen Bundeskanzler Klima gegeben. Nun bringe ich einen Beweis aus seiner Regierungszeit. Die Überschrift eines Artikels in einer Kärntner Zeitung lautete – ich zitiere –: "Bundesregierung völlig untätig." In diesem Artikel steht unter anderem Folgendes – ich zitiere –: "... so schlug man vor, könne man für Krško vielleicht ein Satelliten-Handy anschaffen. Damit sie anrufen können, bevor sie in die Luft fliegen."

Auf den Punkt gebracht hat es eigentlich in der "Kleinen Zeitung" Herr Hubert Patterer, den man nicht gerade als Freund der Freiheitlichen bezeichnen kann. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Repar. ) – Sie sind fehlinformiert, das ist er nicht.

Herr Patterer schrieb in der "Kleinen Zeitung" Folgendes – ich zitiere –: "Am Sonntag demonstrierte Kanzler Klima auf dem Dreiländereck für ein ‚atomfreies Europa‘. Ob die Alm-Demo die Atommächte erschüttert, ist nicht bekannt. Fest steht: Klima unterlief die eigene Kundgebung. Von der Forderung, die Schließung Krškos in das Anti-Atompaket der Regierung aufzunehmen, wie dies SP-Ministerin Prammer beim steirischen Atomgipfel bekräftigt hat, war nicht mehr die Rede. Klima sprach nur von den Beitrittsbedingungen, dass das AKW sicher sein müsse. Wie das bei einem Reaktor, der kein Frühwarnsystem hat und auf der Erdbebenlinie liegt, der Fall


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sein soll, verschwieg Klima. Viel Zeit hat er nicht: Am 3. Oktober geht der Wähler zur Demo." – Zitatende.

Das wurde geschrieben, und das ist auch eingetreten. Auch Zeitungen haben manchmal Recht. Und die Wähler haben sich für jene Leute entschieden, die diese Anliegen der Bevölkerung, diese Ängste der Bevölkerung, die ich teile und auch unterstütze, ernst nehmen, und sie belohnen das dann mit ihrer Stimme.

Wer hat sich eigentlich in der Atompolitik eingesetzt? – Da kann man direkt euren Antrag hernehmen. Es waren Dr. Jörg Haider und Landeshauptfrau Klasnic, die sich in diesem Zusammenhang wirklich stark gemacht haben. Ich zitiere in diesem Zusammenhang einen Teil des Wortlautes eines Artikels aus der "Kronen Zeitung" vom 4. Juli 1999: "Unsere Länder bedroht das slowenische AKW Krško!", wettern Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider und seine steirische Amtskollegin Waltraud Klasnic."

So ist das gewesen. Leere Worthülsen sind zu wenig! Wir haben den "Atomgipfel-Süd" einberufen! (Bundesrat Meier: Das ist das Ergebnis jetzt!) Wir haben ein Frühwarnsystem verlangt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, haben einen Antrag der Freiheitlichen Partei, den ich hier eingebracht habe und der viel weitreichender als der Ihrige war, im letzten Herbst mit der Begründung abgelehnt, dass man nicht Junktims setzen kann. Jetzt wollen Sie sich vom Paulus zum Saulus wandeln? – Das ist direkt peinlich! Das muss ich Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sei mir noch ein Satz zu Ihrem Antrag gestattet: Wir werden prüfen, ob wir Ihre dringliche Anfrage nicht in ein freiheitlichen Wahlprogramm aufnehmen können, denn so viel Lob sind wir von Ihnen gar nicht gewöhnt. (Bundesrat Meier: Dann müssen Sie dagegen stimmen!) Ich muss überhaupt nichts. (Bundesrat Meier: Können!)

Abschließend seien mir auch ein paar Worte zur Person der Außenministerin gestattet: Einer solchen Frau, die in den letzten Monaten außergewöhnliche Steherqualitäten bewiesen hat, wenn es um die Verteidigung österreichischer Interessen gegangen ist (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie Bravorufe bei der ÖVP), traue ich viel eher zu, den Standpunkt der FPÖ, der unumstößlich ist und auch heute von Jörg Haider in der Weise definiert wird, dass das Fernziel das Abschalten von grenznahen Atomkraftwerken, ja ein atomkraftfreies Europa ist, durchzusetzen als ihren sämtlichen Vorgängern und den früheren Bundeskanzlern. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.59

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dürfte ich bitten, die Handys auszuschalten und sie nur außerhalb des Sitzungssaales zu benützen.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

14.59

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Angesichts der gestern geäußerten öffentlichen Haltung der Frau Außenministerin, so wie sie zitiert wurde, scheint es, obwohl es schon erwähnt wurde, notwendig zu sein, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es betreffend die österreichische Haltung zu Krško einstimmige, nach wie vor gültige Beschlüsse des Nationalrates, des Bundesrates und der Regierung gibt, und zwar Beschlüsse, zu denen die gestern getätigten Aussagen in klarem Widerspruch stehen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Darüber können wir uns nachher unterhalten.

Meine Damen und Herren! Wenn wörtlich zitiert wird, Österreich habe nie die Schließung von Krško verlangt, so steht das in klarem Widerspruch zu dem vom Nationalrat verabschiedeten Aktionsplan vom 13. 7. 1999 – der im Übrigen einstimmig verabschiedet wurde –, denn dort ist dezidiert von einer ehestmöglichen, endgültigen Schließung des Kernkraftwerkes Krško die Rede.

Weiters wird ausgeführt: Einer Verlängerung der Betriebszeit soll unter allen Umständen entgegengetreten werden. – Einstimmig verabschiedet. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)


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Ich erinnere auch an die Entschließung des Bundesrates vom 12. 3. 1998, in der ebenfalls die Stilllegungsoption für das AKW Krško angesprochen wird. Der Atomgipfel Süd vom 20. Juli 1999 wurde ebenfalls angesprochen. Es ist also unmissverständlich von einem Ausstieg, von einer Schließung die Rede, und zwar vom ehestmöglichen Ausstieg, und nicht erst dann, wenn irgendetwas passiert ist. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Strugl .) – Dann lesen Sie es bitte nach! (Bundesrat Mag. Strugl: Ich habe es nachgelesen!)  – Fein, ich auch.

Da kann einiges passieren! Der Einbau nachträglicher Elemente wie etwa die Nachrüstung von Dampfgeneratoren verlängert zwar die Betriebsszeit, nicht unbedingt aber auch die Betriebssicherheit in allen Belangen. Es bleibt die externe Problematik der Erdbebengefahr, es bleiben die kraftwerksimmanenten Risikofaktoren von der Versprödung der Reaktordruckbehälter bis hin zur Überalterung und Rissanfälligkeit von Schweißnähten. Es war Ihr geschätzter Parteivorsitzender, der selbst bemerkte, dass Krško nicht nach amerikanischer Technologie gebaut, sondern lediglich nach amerikanischer Technologie ausgebessert wurde.

Zur grundsätzlichen Problematik der Anti-Atompolitik. Auch ökonomisch ist das Infragestellen der bisherigen österreichischen Anti-Atompolitik kurzsichtig. Jegliche Verniedlichung der Atomkraft und damit die Verwässerung des Druckes, aus der Atompolitik auszusteigen, und zwar so rasch wie möglich, verzögert die forcierte Weiterentwicklung alternativer Energiepotentiale. Gerade in diesem Bereich sind zahlreiche österreichische Unternehmer, gerade im klein- und mittelbetrieblichen Bereich, heftigst engagiert.

Jedem ist klar, dass in Hinkunft die externen Kosten der Atomenergie – und wirtschaftswissenschaftlich wird das ja eingebaut – in die Bewertung dieser Energieform einfließen müssen – das heißt, die Kosten der Dekommissionierung, der Endlagerung, der Risikoabdeckung –, sodass auch betriebswirtschaftlich die Rentabilität der Atomenergie nicht mehr gegeben ist.

Überdies ist der internationale Ausstieg und der möglichst rasche Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie auch wirtschaftlich und arbeitsplatzmäßig für Österreich von großer Bedeutung – gerade für ein Land, das vernünftigerweise selbst auf diese Energieform verzichtet und daher zumindest bisher ein hohes Ausmaß an Glaubwürdigkeit besaß. Hinzu kommen Chancen der länderübergreifenden energiewirtschaftlichen Kooperation, wie sie insbesondere auch von den Landeshauptleuten der Steiermark und Kärntens angesprochen wurde.

All diese Argumente und viele mehr – dies sind bei weitem nicht alle – belegen, dass es schlimm wäre – ich betone das Wort "wäre" –, würde die nunmehrige Bundesregierung beschließen, vom bisherigen bewährten Anti-Atomkurs Österreichs abzugehen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer .)  – Ich habe "wäre" gesagt.

Fast noch schlimmer ist aber die sich aufdrängende Vermutung, dass es sich hier um einen nicht abgesprochenen Alleingang der Frau Außenministerin gehandelt haben könnte (Beifall bei der SPÖ)  – ein Alleingang, der letztlich die Sicherheit der Bevölkerung auf dem Altar diplomatischer Floskeln zu opfern bereit ist! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Bei aller Wertschätzung und aller Notwendigkeit internationaler Diplomatie: Sie steht nicht über den Beschlüssen des Parlaments und schon gar nicht über den Bedürfnissen der Bevölkerung! (Bravo-Rufe und Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Kommentatoren meinen – wieder ein Zitat –, dass die österreichische Außenministerin hier heute in Laibach das gesagt hat, was die Slowenen hören wollten, und im Gegenzug gab es von den Slowenen keinerlei Kritik an der Regierung in Wien, dann kann das nur unsere entschiedene Ablehnung finden. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Angesichts dieser Vorkommnisse ist man geneigt, frei nach Andreas Khol zu zitieren: Jetzt geht es Schlag auf Schlag! Jede Woche ein neues Hoppala. – Ich frage mich nur, welches Hoppala dann nächste Woche kommen wird. Vielleicht Temelín? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Hoffentlich nicht Sie!)

15.04


Bundesrat
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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Zunächst Herr Professor Böhm, dann Herr Professor Konecny.

15.04

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Dem von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs eingebrachten Entschließungsantrag wird meine Fraktion keine Zustimmung erteilen. (Bundesrat Prähauser: Warum nicht?) Dies nicht etwa deshalb, weil wir unsere Linie verändert haben, wie Sie uns heute schon mehrfach unterstellt haben – ganz im Gegenteil! Ich nehme für meine Fraktion in Anspruch, dass wir hier die konsequenteste Haltung aller Fraktionen bezogen haben, dass wir am striktesten Anti-Atomkurs aller Fraktionen festgehalten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den wahren Grund unserer Ablehnung kann ich Ihnen gerne mitteilen. Sie sprechen in dem Entschließungsantrag betreffend konsequente Fortsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik davon, dass es eine erfolgreiche Anti-Atompolitik der früheren Bundesregierung, insbesondere der von Ihrer Fraktion gestellten Bundeskanzler gegeben hätte. Darauf komme ich noch kurz zu sprechen. Aus meiner Sicht möchte ich sagen: Wenn Sie fordern, diese angeblich so erfolgreiche Anti-Atompolitik fortzuführen, dann betrachte ich das aus meiner Perspektive als eine gefährliche Drohung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Wo steht das? Wo steht das mit dem Wort "erfolgreich"?)

Sie werden ja, was Ihre Kanzler anlangt, gewiss nicht Bruno Kreisky gemeint haben. Aber ich will nicht ironisch sein, denn man darf ja umdenken. Das ist ja klar, dass die Anti-Atompolitik erst nach dem Umdenken von Bruno Kreisky selbst eingesetzt hat. (Bundesrat Konecny: Sie müssen einen falschen Text haben! Das steht nicht im Antrag!) Aber wenn Sie davon ausgehen, welche "Erfolge" Kanzler Vranitzky oder gar Kanzler Klima hatte, dann möchte ich Ihnen eines sagen: Ich sage mit Bedauern und gar nicht mit Häme, dass sie total erfolglos waren!

Sie werden mir das echte Bedauern abnehmen, wenn ich Ihnen sage, was Sie nicht wissen können: dass ich nämlich beiden Kanzlern in dieser Frage sogar gedient habe. Ich bin nämlich seit Jahren – ich war es schon unter Kanzler Vranitzky und dann noch unter Kanzler Klima – Mitglied des "Forums für Atomfragen", also jenes Beirates, der die Kanzler beraten hat. Ich war dort immer ein absolut atomkritisches Mitglied dieser Kommission, der ich bis heute angehöre. Ich weiß im Übrigen nicht, ob dieses Forum weiter bestehen bleiben wird.

Aber zu den "Erfolgen". Ich erinnere Sie nur an das Stichwort Temelin. Wir haben nichts erreicht! Wir haben uns sogar bis in die USA bemüht, um sozusagen Lobbying im Amerikanischen Kongress zu machen. – Es war alles erfolglos!

Oder: Ich verweise Sie auf die Zusage der Slowakischen Republik, Bohunice zu schließen. – Es ist keine Rede mehr davon!

Oder: Ich verweise Sie auf Mochovce. Mit dieser Problematik war ich intensivst befasst. Was waren die Erfolge? – Null. Ganz im Gegenteil! Das haben ja auch dann die Umweltverbände mit Recht heftig kritisiert. Es ist ein kritischer Prüfbericht über dieses AKW, das vom Institut für Risikoforschung unter dem renommierten Professor Kromp eingeholt wurde, in der Tischlade liegen geblieben, bis dann die Umweltverbände das moniert haben. Er ist liegen geblieben! Ich weiß nicht: Vielleicht wollte man damals falsche Rücksicht auf die Slowakische Republik nehmen? – Ich weiß es nicht. Sind das die "Erfolge", die Sie für Ihre Kanzler in Anspruch genommen haben?

An die Stelle reiner Ankündigungspolitik muss endlich politisches Handeln treten! (Bundesrat Meier: Und das beginnt jetzt mit dieser Aussage!) Unsere Interessen werden insbesondere auch im Zuge der bevorstehenden Verhandlungen über die Osterweiterung der Europäischen Union Berücksichtigung finden müssen.


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Ich war daher heute sehr interessiert, die entsprechenden Klarstellungen der Frau Bundesministerin zu hören. Wir erwarten von ihr die angemessene Berücksichtigung, und ich bin auch zutiefst davon überzeugt, dass das in entsprechender Weise von ihr durchgeführt werden wird. (Bundesrat Meier: Wie wird das berücksichtigt?) So wie Kollege Scheuch heute schon über die klare Position unserer Außenministerin in Verteidigung unserer Interessen gesprochen hat, kann ich nur sagen: Ich habe das Vertrauen! Ich glaube ihr das!

Sie wissen, dass wir dem von Ihnen heute zitierten Entschließungsantrag schon damals nicht beigetreten sind. Wir sind also konsequent! Wir haben nämlich einen wesentlich weitergehenden Antrag gestellt, den Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, abgelehnt haben. – Das ist Ihre "überzeugende" Anti-Atompolitik! (Bundesrat Meier: Können Sie diesen Antrag noch einmal stellen? Stellen Sie ihn noch einmal!)

Es ist daher nur konsequent, dass wir Ihrem Antrag unsere Zustimmung versagen. Ich lade Sie aber ein, meine Damen und Herren von der SPÖ, sich an einer Arbeitsgruppe unseres Hauses zu beteiligen, die ich hiemit vorschlagen möchte, um den von Ihnen beschworenen Konsens aller Fraktionen auf sachbezogener Ebene wieder herzustellen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Albrecht Konecny. – Bitte.

15.10

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich habe nicht die Absicht, die inhaltliche Debatte nochmals aufzunehmen, aber in einem einzigen Punkt muss ich das tun. Kollege Böhm! Sie müssen einen falschen Text in der Hand gehabt haben. All das, was Sie zitiert haben, steht in diesem Antrag nicht drinnen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Aber es könnte drinnen stehen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)  – Kommt schon, Herr Kollege.

Herr Kollege! Darf ich Sie höflich ersuchen, auch ein wenig zuzuhören? – Genau deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet.

Es ist überhaupt keine Frage, dass es uns um die Sache geht. Ich weiß zwar nicht, wo wir gemäß der Geschäftsordnung eine Arbeitsgruppe unterbringen können, ich weiß nicht, welche technische Modalitäten es geben kann, um das im Haus verbindlich zu machen. Aber es ist überhaupt keine Frage, dass eine wie immer zusammengesetzte und wie immer konstituierte – und ich verwende jetzt bewusst einen Begriff, der ganz außerhalb der Geschäftsordnung liegt – Task Force zur Formulierung und Unterstützung einer klaren Politik gegenüber jenen Nachbarstaaten, die Kernkraftwerke haben, nicht nur unsere Unterstützung, sondern selbstverständlich auch unsere Mitarbeit findet.

Wir haben es, als Sie in der Opposition waren, heftig kritisiert, dass Sie bei dieser Formulierung wenig Engagement gezeigt haben. Ich habe wirklich nicht gewusst, dass Sie, Herr Kollege Böhm, Mitglied jenes Beirates sind, also muss ich die eine oder andere Bemerkung, die ich damals gemacht habe, in Bezug auf Ihre Person zurücknehmen. Wir haben damals das geringe Engagement der Opposition kritisiert. Diesen Fehler werden wir nicht mehr machen. Wir werden in der Präsidialkonferenz, aber gerne auch auf fraktioneller Ebene darüber reden, wie wir dieses legitime Interesse formulieren und vertreten können.

Nichtsdestoweniger möchte ich das mir erteilte Wort noch in einer zweiten Sache gebrauchen und das Ersuchen stellen, dass über diesen Entschließungsantrag namentlich abgestimmt wird. (Beifall bei der SPÖ.)


Bundesrat
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15.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile ihm das Wort.

15.13

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich vorweg darf ich für die ÖVP-Fraktion festhalten: Wir werden diesem Entschließungsantrag der Sozialdemokratischen Fraktion nicht beitreten. (Bundesrat Prähauser: Eine vergebene Chance! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und zwar deswegen nicht, weil wir nicht in Tibet sind und keine tibetanische Gebetsmühle brauchen, um einen Entschließungsantrag immer wieder zu beschließen und dergleichen mehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bei der dringlichen Anfrage der SPÖ geht es nicht um die Sache, sondern Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, haben ein Problem: Sie können es nicht verkraften, dass eine ausgezeichnete Außenministerin die Interessen des Landes vertritt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Die Wandlung ist sehr schnell erfolgt, Herr Kollege!)

Sie wollen – völlig aus dem Zusammenhang gerissen – irgendetwas hineininterpretieren, was nicht hineinzuinterpretieren ist. Ich sage Ihnen, das wird Ihnen nicht gelingen! Die Bevölkerung von Österreich ist stolz auf die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.) Wir sind stolz auf eine Frau, die es zustande bringt, dass Männer zu ihr aufschauen und dass sie von allen in der Welt geschätzt wird! (Bundesrat Prähauser: Von was für allen?)

Sie können noch so viel dagegen machen, es wird Ihnen nicht gelingen. Wir sind stolz auf diese Außenministerin, und wir werden sie immer und überall unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Bei euch wird noch der Schwache stark! Das hat schon Schiller gesagt!)

15.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Werden noch weitere Wortmeldungen gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. (Bundesrat Payer: Noch so ...!)

15.15

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Sprechen Sie bitte zu Ende, Herr Kollege, was Sie sagen wollten. (Bundesrätin Mag. Trunk: Ich habe gemeint, die gestrige ...!)

Nein, Sie wollten etwas ganz anderes zu meiner Person sagen, aber das hätten Sie jetzt ruhig zu Ende reden können. Ich rede nicht von Ihnen, Frau Kollegin Trunk, sondern vom Herrn Kollegen Payer hier vorne. Aber es macht nichts. Wir sind das von der sozialistischen Partei gewohnt, und daher melde ich mich auch noch zu Wort.

Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen – besonders Ihnen von der Sozialistischen Partei – kurz eine aktuelle Meldung, die ich auf Grund der dringlichen Anfrage soeben von Frau Landesrätin Haubner aus Oberösterreich bekommen habe, vorzulesen. (Rufe bei der SPÖ: Die Schwester!)

Sie lautet: "Die Anti-Temelin-Position des Landes Oberösterreich bleibt unverändert. Nach wie vor ist unser Ziel, die Inbetriebnahme des AKW Temelin zu verhindern. Der 1997 im oberösterreichischen Landtag beschlossene Antrag besitzt weiterhin Gültigkeit, weist Landesrätin Ursula Haubner auf die eindeutige Beschlusslage des Landtages und der Oberösterreichischen Landesregierung hin. Die offiziellen Vertreter des Landes Oberösterreich sprechen sich dafür aus, dass der im Juni 1999 verabschiedete Aktionsplan von der neuen Bundesregierung rasch umgesetzt wird. Deshalb sei es unverständlich, dass nunmehr langjährige Bemühungen durch Polemik der Sozialdemokratischen Partei (ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny und danach auch anderer Bundesräte der SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Wer hat Ihnen denn das vorgeschrieben? Wer hat Ihnen das aufgesetzt?) im Bereich der Anti-Atompolitik aufgeweicht werden sollen. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Nur eine einheitliche Vorgangsweise und Sprachregelung der Bundesregierung gemeinsam mit dem Nationalrat und mit dem Bundesrat in der Anti-Atompolitik gibt jene Stärke ..." (Anhaltende ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)


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663. Sitzung / Seite 75

Passen Sie einmal auf, Herr Kollege Kon
ecny, ich werde Ihnen etwas sagen. (Bundesrat Konecny: Ich schaffe es nicht, Frau Kollegin!) Sie können nachher lachen, wenn ich mit dem Thema Anti-Atompolitik fertig bin, und nicht jetzt! (Neuerliche lebhafte ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Payer: Das ist zuviel!)  – Na, dann lachen Sie nur ruhig weiter, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten, lieber Herr Kollege, und das werden wir sein! Das werden eindeutig wir sein. (Bundesrat Prähauser: Sie werden nicht lachen, Frau Kollegin, nicht in 150 Jahren!)

In der Meldung heißt es weiter: "Nur eine einheitliche Vorgangsweise und Sprachregelung der Bundesregierung samt dem Nationalrat und dem Bundesrat in der Anti-Atompolitik gibt jene Stärke, mit der die Bemühungen Oberösterreichs und Gesamtösterreichs, Temelin zu verhindern, Erfolg haben können." – Ende des Zitates. (Bundesrat Marizzi: Sagen Sie das nicht zu uns, sagen Sie das der Frau Ministerin!)

Meine Damen und Herren! Jede weitere Initiative der SPÖ, Österreich in ein schlechtes Licht zu rücken, ist hinfällig. Das möchte ich Ihnen sagen. (Bundesrat Payer: Wer hat uns denn in ein schlechtes Licht gerückt?!)

Sie haben es lange genug bewiesen. Aber unsere derzeitige Außenministerin Ferrero-Waldner, das muss ich hier auch als Freiheitliche sagen, hat Themen, mit denen Sie Österreich in ein schlechtes Licht gerückt haben, wieder in das rechte Licht gerückt, und dafür sage ich ihr unseren herzlichen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.19


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 76

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk.  – Der Vizepräsident gibt das Glockenzeichen.)

Die Debatte ist geschlossen (anhaltende Zwischenrufe der Bundesrätin Mag. Trunk ) und damit auch die Möglichkeit für Zwischenrufe. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Konecny und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend konsequente Fortsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik vor. Ich lasse über diesen Antrag abstimmen.

Ich denke, Sie richtig zu interpretieren, Kollege Konecny, wenn Ihr Ersuchen ein Verlangen auf namentliche Abstimmung war. Ein solches Verlangen ist von fünf Bundesräten zu stellen, daher stelle ich die Unterstützungsfrage: Wer dieses Verlangen unterstützt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist eine ausreichende Unterstützung. Ich lasse daher namentlich abstimmen.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 GOG erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabethischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein". Ich bitte um deutliche Wortmeldungen.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabethischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Kainz und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Wir nehmen die Stimmenzählung vor. Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung. Wir werden in Kürze das Abstimmungsergebnis bekannt geben. (Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt.

Mit "Ja" stimmten 18 Mitglieder des Bundesrates, mit "Nein" 34. Der Antrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Boden;

Freiberger, Fuchs;

Grillenberger, Gstöttner;

Haselbach, Mag. Hoscher;

Kainz, Konecny, Kraml;

Marizzi, Meier;

Payer, Prähauser;

Mag. Repar;

Thumpser, Mag. Trunk;

Winter.

 

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Ager;

Bieringer, Dr. Böhm, Buchinger;

Dr. d′Aron;

Giesinger, Grander, Grissemann, Ing. Gruber, Mag. Gudenus;

Hagen, Haunschmid, Hensler, Mag. Himmer, Höllerer;

Keuschnigg, Kneifel, Koller;

Ledolter, Dr. Liechtenstein, Dr. Linzer;

Dipl.-Ing. Missethon, Mühlwerth;

Mag. Neuner, Dr. Nittmann;

Ing. Polleruhs, Pühringer;

Ram;

Saller, Schaufler, Ing. Scheuch, Schöls, Mag. Strugl;

Weilharter, Wolfinger.

*****


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 77

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Mag. Melitta Trunk und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gefährdung der Meinungsvielfalt durch Abschaffung des Postzeitungsversandes, Gefährdung von Arbeitsplätzen, Gefährdung des unabhängigen Journalismus, Benachteiligung des ländlichen Raumes und EU-Rechtswidrigkeit der geplanten Maßnahme (1701/J-BR/00)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung der dringlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und Genossen an den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Albrecht Konecny als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

15.25

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vertreter dieser Regierung, nota bene auch der Herr Bundeskanzler, haben zu wiederholten Malen die Öffentlichkeit und im Übrigen auch das Ausland ersucht, diese Regierung nicht an Worten, sondern an ihren Taten zu messen. Sehr viele Taten, an denen man diese Regierung messen kann, gibt es ja noch nicht. Aber das, was wir heute mit dieser dringlichen Anfrage zum Gegenstand einer Debatte machen wollen, ist eine Tat – eine, von der ich befürchte, dass der Herr Bundesminister den Titel seines Ressorts missverstanden hat. Auf diese Art von für die Demokratie und die Zivilgesellschaft gefährlichen Innovationen können wir dankend verzichten! (Beifall bei der SPÖ.)

Es war eine so bekannte "linksradikale" Organisation wie der Verband Österreichischer Zeitungen, der gestern oder vorgestern in Inseraten in allen Tageszeitungen diesen Satz von Wolfgang Schüssel, den auch ich eingangs zitiert habe, an die Spitze seiner Aussagen gestellt und dann den Herrn Bundesminister sehr persönlich angesprochen hat: "Herr Bundesminister Schmid! Die Regierung will ihre Kritiker postwendend zum Schweigen bringen – mit Absicht?" – Genau das ist die Fragestellung, die in diesem Zusammenhang aktuell ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich ist es notwendig, Maßnahmen zu treffen, um die Maastricht-Ziele im Budget zu erreichen, keine Frage. Natürlich ist das Einsparungspotential jedes einzelnen Ressorts abzuklopfen und nochmals abzuklopfen. Hätte der Herr Bundesminister etwa gesagt, er möchte sich mit der österreichischen Post zusammensetzen und prüfen, ob denn wirklich die Gemeinkostenrechnung so aussehen muss, wie sie aussieht und vorgelegt wurde, dann hätte auch ich als steuerzahlender Staatsbürger gesagt: Ja, es ist sicherlich zu hinterfragen, ob die Leistungen, die da in Rechnung gestellt werden, wirklich das kosten müssen, was sie kosten!

Aber das, was nun geschieht – und dem Herrn Bundesminister ist außer einem von mir nicht nachzuvollziehenden Vergleich mit der Oma, die ihrem Enkerl einen Brief schreibt, nichts wirklich Substantielles eingefallen –, bedeutet schlichtweg Folgendes. (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. ) Mir ist nichts eingefallen. (Bundesrat Weilharter: Sie maßen sich etwas an!) – Ich maße mir gar nichts an, ich spreche über mich, und darüber darf ich ein bisschen was sagen. Herr Kollege! Sie sollten auch manchmal über sich nachdenken, Sie könnten zu den erstaunlichsten Einsichten kommen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Da gibt es eine Maßnahme, die ich für demokratiepolitisch im höchsten Maße gefährlich und für ökonomisch extrem schädlich halte. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierungsmehrheit hat gestern im Finanz- und Budgetausschuss ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. – Herr Kollege! Sie können sich zu Wort melden, so viel Sie wollen, aber es geht viel leichter, wenn einer nach dem anderen spricht.


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663. Sitzung / Seite 78

Die Regierungsmehrheit hat im Finanz- und Budgetausschuss bei der Beratung der Budgetbegleitgesetze eben jene Regelung beschlossen, die darauf abzielt, die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen an die österreichische Post, die mit der Beförderung von periodischen Druckschriften erbracht werden, zu streichen. Dabei ging es in der Vergangenheit um einen Betrag von 900 Millionen Schilling.

Die österreichische Post hat für die vergangenen Jahre mitgeteilt, dass dieser seinerzeit vereinbarte Beitrag nicht kostendeckend sei, wozu ich keine inhaltliche Debatte zu führen in der Lage bin, und hat gemeint, nunmehr seien 1,3 Milliarden Schilling dafür vom Bund zu erbringen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Haben Sie dazu Herrn Abgeordneten Edlinger gefragt?)  – Herr Kollege, darf ich Sie bitten! Ich habe den Abgeordneten Edlinger gefragt, und er hat gemeint, seiner Einschätzung nach wäre eine Steigerung in diesem Ausmaß nicht gerechtfertigt, aber Sie haben ja auch die 900 Millionen Schilling, die in der Vergangenheit gezahlt wurden, gestrichen, also insofern sind Sie zu dieser Fragestellung nicht sehr legitimiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Was passiert nun? – Bisher zum Post-Zeitungsvertrieb zugelassen waren Publikationen, und das waren und sind sehr verschiedene Kaufzeitungen aller Art, von Tageszeitungen bis zu Monatszeitungen, Mitteilungen von Gemeinden, die sich an ihre Gemeindebürger wenden, auch periodische Publikationen politischer Parteien oder politisierender – wenn Sie wollen – Organisationen, von Interessenvertretungen und natürlich auch von zahlreichen karitativen, sozialen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Nur um Ihnen ein Bild von der Dimension des Problems zu geben: Im Jahre 1998 – das letzte, über das Zahlen vorliegen – wurden über 709 Millionen Sendungen dieser Art von der Post befördert – Sie können sich also ausrechnen, 100 oder fast 100 pro Bürger –, davon waren 582 Millionen mit Anschrift versehen, also keine Postwurfsendungen, wie das umgangssprachlich heißt, sondern etwa Briefe von gemeinnützigen Organisationen, von Vereinen, von Kirchen an ihre Mitglieder, an ihre Spender, an ihre Sympathisanten. Die österreichische Post hat natürlich dafür auch Beträge inkassiert, der Service war ja auch bisher nicht gratis, und sie hat außerdem in der Vergangenheit 900 Millionen Schilling vom Bund dafür bekommen.

Diese Subvention – wenn man will, Quersubvention, das haben Sie gesagt, Herr Bundesminister – soll jetzt gestrichen werden. Nun, was kann ganz einfach aus der Sicht der beiden Beteiligten passieren? Es gibt die eine Möglichkeit, dass die Post, die privatisiert werden soll, wie ich höre, sich diesen Defizitbringer als Rucksack selber umhängen lässt. Sie haben ja die freundliche Einladung ausgesprochen, die Post könnte sich einen verbilligten Tarif einfallen lassen. Gut, das wird die wirtschaftliche Gestion dieses Unternehmens substantiell verbessern. (Bun-desminister Dipl.-Ing. Schmid: Das habe ich nicht gesagt!)  – Dann war es einer der Kollegen von der ÖVP, ich gebe zu, der Einheitsbrei ist nicht mehr ganz auseinander zu halten. (Beifall bei der SPÖ.) Das wird die Verkaufschancen substantiell verbessern.

Die zweite Möglichkeit ist, dass die Post den Tarif in dem Ausmaß – es geht ungefähr um eine Vervierfachung – erhöht, dann werden sich die sozialen, karitativen, politischen, zivilgesellschaftlichen, kritischen Organisationen in vielen Fällen das nicht leisten können. Und dort – und ich möchte das gar nicht gering schätzen –, wo es um die österreichische Medienwirtschaft geht, haben die betreffenden Unternehmen die Alternativen, entweder diese Mehrausgaben zu schlucken oder sie an den Konsumenten weiterzugeben, was insbesondere die Qualitätspresse entweder mit gigantischen Mehrkosten oder aber mit Auflagenschwund bedrohen wird, weil die Zahlungsfähigkeit der Bevölkerung beschränkt ist.

Damit wir nur ein Gefühl dafür bekommen, worüber wir hier reden: Die "Presse" – die Tageszeitung "Die Presse" – wird hier mit jährlichen Mehrkosten in der Höhe von 57 Millionen Schilling bedroht, der "Standard" mit Mehrkosten von 33 Millionen Schilling, die "Salzburger Nachrichten" mit 20 Millionen Schilling, die "Neue Zeit" mit 20 Millionen Schilling, das "WirtschaftsBlatt" mit 40 Millionen Schilling. Und wenn ich mir jetzt überlege, dass ich einen solchen begünstigten Zeitungstarif in praktisch allen relevanten europäischen Ländern habe, dann bedeutet das nicht nur, diese Zeitungen gewissermaßen zu schädigen, sondern es bedeutet zugleich, sie in einem


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663. Sitzung / Seite 79

globalisierten Markt gegenüber Konkurrenten, die auf ihrem Heimmarkt diese Begünstigung haben, auf Drittmärkten, aber auch in Österreich in einen schweren Konkurrenznachteil zu versetzen.

Reden wir von jenen Zeitschriften, die sozusagen im Grenzbereich angesiedelt sind, also Grenzbereich zwischen Verlagsunternehmen und gesellschaftlicher Organisation. "Autotouring":15 Millionen Schilling mehr, "Agrarverlag": 17 Millionen Schilling mehr, "Wirtschaftsverlag": 19 Millionen Schilling mehr, "Niederösterreichische Nachrichten": 13 Millionen Schilling mehr. Sollte irgendjemand von Ihnen die intelligente Frage stellen – ah, der Kollege ist nicht da, darum wird die Frage nicht gestellt –: Woher haben Sie denn diese Daten?, kann ich das gerne beantworten: Diese sind nämlich vom Verband Österreichischer Zeitungen penibel bei den Mitgliedsunternehmen erhoben worden.

Es geht hier also nicht um Groscherlgeschäfte, sondern es geht hier um die wirtschaftliche Existenz vor allem der Qualitätspresse, denn so großartig verdient diese nicht.

Wenn gleichzeitig diese Bundesregierung freundlich eine Überprüfung der Presseförderung ankündigt, dann ist das eine gefährliche Drohung gegenüber der Existenz kritischer Medien in diesem Lande. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage ganz offen: Ich habe kalte Schauer am Rücken verspürt, als Herr Klubobmann Khol in der Diskussion den skandalösen Satz gesprochen hat: Man müsse bei allfällig zu vergebenden Einzelsubventionen an Vereine zwischen "Böcken und Schafen" unterscheiden. – Die Schafe, das sind also diejenigen, die sich in die Schafherde der Regierung einreihen, und die Böcke, das sind die störrischen und widersprüchlichen, in denen vielleicht oppositionelle Stimmen zu Wort kommen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Das ist Ihre Interpretation! – Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde mich ja sofort entschuldigen, wenn Herr Klubobmann Khol gemeint hätte, die Böcke müsse man fördern und die Schafe nicht, aber ich fürchte, so war es nicht gemeint. Ich habe das segensreiche Wirken des Kollegen Khol in den letzten Jahren verfolgen können. Jedes Jahr hat sich dasselbe Theater wiederholt: Wir haben – und ich habe diesem Gremium lange angehört – im Publizistikförderungsbeirat nach kritischen Kriterien und mit einem nachjustierten Gesetz geprüft, welche Zeitschriften der wahrlich bescheidenen Förderung aus diesem Titel teilhaftig werden sollen – auch wieder zur Klarstellung, weil das nicht alle wissen: da geht es um ungefähr 35 000 S pro Jahr pro Medium –, wir haben komplizierte Formulare ausfüllen lassen, geprüft, gegengecheckt, einen Buchprüfer zugezogen, und dann haben wir gesagt: Gut, die und die und die bekommen 35 000 S.

Formal ist aber diese Entscheidung durch die Bundesregierung, die bekanntlich ihre Beschlüsse nur einstimmig fassen kann, zu treffen, und jedes Jahr ist Kollege Khol – der mit den Schafen und den Böcken! – gekommen und hat einen neuen Bock entdeckt und gemeint: Also denen können wir wirklich die ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Und jedes Jahr haben Sie mitgemacht!)  – Ich gebe es freimütig zu, Herr Kollege, ich bekenne mich absolut schuldig. Wir haben jedes Jahr im Interesse von etwa 120 Publikationen, die dieses Geld gebraucht haben, knurrend – was auch immer – zur Kenntnis genommen, dass Nummer 121 und 122 kein Geld bekommen. Ich bekenne mich dazu, weil es eine Verantwortung gegenüber jenen Zeitschriften gibt. Sie können mich deswegen kritisieren, Sie werden die Situation mit der einstimmigen Beschlussfassung in der Bundesregierung schon noch erleben.

Wir haben versucht, das persönlich – das Geld hat ja bekanntlich kein Mascherl, man kann ja auch etwas spenden – in Einzelfällen zu reparieren. Aber Sie können mir glauben: Jedem, der an diesem Prozess beteiligt war, ist alljährlich der Mageninhalt hochgekommen, wenn Kollege Khol wieder einmal seine privaten Presseförderungskriterien zur Anwendung gebracht hat.

Trotzdem: Es war notwendig, den Publikationen die Mittel auszuzahlen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Es geht jetzt aber um den Postversand!) Das ist der Herr, der uns sagt, es ... – Bitte? (Bundesrat Dr. d′Aron: Es geht jetzt um Postversand, nicht um Presseförderung! – Bundesminister Dipl.-


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Ing. Schmid: Nein!)  – Nein, es ist nicht richtig, und das wissen Sie. Das ist der Herr, der jetzt sagen wird, wer die Böcke und wer die Schafe sind, wer eine Förderung bekommt und wer keine Förderung bekommt.

Meine Damen und Herren! Das alles ist Nebelvorhang. Die Vergabe dieser Subventionen, dieser angeblichen Subventionen ist Nebelvorhang. Im Budgetbegleitgesetz ist die Streichung dieser Zuschüsse an die Post festgeschrieben, aber es gibt keinen Groschen im Budget für diese angeblichen Subventionen. (Beifall bei der SPÖ.) Da weiß die linke Hand sehr genau, was die rechte tut. Die rechte nimmt weg, aber die linke in Form des Kollegen Finanzministers gibt nichts zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist keine Budgetsanierungsmaßnahme, das ist ein Anschlag auf die Medienfreiheit in Österreich! Das ist kein Beitrag zur Subventionswahrheit! Sie haben organisatorisch, strukturell nicht vorgesorgt. Wir reden von Maßnahmen, die heuer in Kraft treten. Das ist ein reiner Nebelvorhang, der davon ablenken will, dass denjenigen, die in diesem Land kritisch sind, ihre Arbeit zumindest erschwert werden soll. – Sie werden niemanden mundtot machen, Sie werden niemandem die Möglichkeit nehmen, sich auszudrücken! Das hoffe ich zumindest. (Bundesrat Dr. Böhm: Das will ja auch niemand! – Bundesrat Payer: Kroatische Kultusgemeinde im Burgenland: 750 000 S! Woher sollen die die nehmen!)

Herr Kollege! Sie bringen die Zivilgesellschaft dieses Landes und die kritischen Stimmen an den Rand des Verstummens. Es wird unsere Aufgabe sein, dafür zu sorgen, dass sie nicht ganz verstummen müssen. Aber es sollte den Parteien dieser Regierungskoalition zu denken geben, dass Menschen, die im Wirtschaftsleben stehen, die überhaupt keine politische Bindung an die Opposition zumindest haben, dieser Regierung vorwerfen, dass sie ihre Kritiker zum Schweigen bringen will. Das ist eine Maßnahme, die nur so verstanden werden kann. Wir verlangen im Interesse der freien Meinungsbildung in diesem Land, im Interesse eines wesentlichen Teiles der Demokratie, dass diese Maßnahme fallen gelassen wird. Ich glaube, auch Sie brauchen den freien Diskurs in diesem Land, die freie und demokratische Auseinandersetzung. Setzen Sie sie nicht leichtfertig aufs Spiel! Wenn Sie sie absichtlich aufs Spiel setzen, dann wäre das umso tragischer. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an ihn gerichteten Anfrage erteile ich Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie das Wort. – Bitte.

15.44

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrtes Präsidium! Meine werten Damen und Herren des Bundesrates! Ich habe jetzt sehr aufmerksam den Ausführungen des Herrn Bundesrates Konecny gelauscht. (Bundesrat Marizzi hält ein Inserat mit den Worten: "Herr Bundesminister Schmid! Die Regierung will ihre Kritiker postwendend zum Schweigen bringen. – Mit Absicht?" in die Höhe.)  – Danke. Um das zu lesen, brauche ich keine Brille, denn das ist ungefähr die Distanz, auf die ich etwas sehe. Dein roter Kopf dahinter ist auch irgendwie bezeichnend. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Das ist allerhand!) Ich würde mich, wenn ich eine solche Bilanz übergeben müsste, ebenfalls schämen. Ich würde mich ebenfalls schämen, wenn ich mich dann hinstellte und mich selbst quasi als den Retter des Pluralismus, als den Retter der Demokratie bezeichnete.

Ich werde Ihre Fragen beantworten. Ich hoffe, dass der Schleier, der augenscheinlich über Ihnen hängt, von dem Sie hier gesprochen haben, sich etwas lichtet, und ich hoffe, dass Sie dann eine klarere Position und einen klareren Zugang zur Problematik haben.

Zur Frage 1:

Als Mitglied dieser Bundesregierung bekenne ich mich ausdrücklich zur Präambel des Regierungsabkommens und somit zur Förderung der pluralistischen Demokratie und zum Schutz der Förderung der Menschenrechte. Ich werde daher alle Maßnahmen, die zur Förderung dieser


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pluralistischen Demokratie und zum Recht auf Meinungsäußerung und zur Meinungsvielfalt beitragen, unterstützen. Es gilt für mich als Demokrat: "Auch wenn ich nicht ihrer Meinung bin, werde ich mich immer dafür einsetzen, dass sie diese frei äußern können."

Darüber hinaus ist für mich eine wesentliche Grundlage einer pluralistischen Demokratie ein wirtschaftlich gesundes Staatswesen. Ein solches hat diese Regierung von der SPÖ nicht übernommen, sondern vielmehr eine katastrophale und desaströse Budgetsituation. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das hat aber der Herr Finanzminister in der Zwischenzeit ein bisschen anders gesagt!)

Zur Frage 2:

Als Beitrag zur Sanierung der desaströsen Budgetsituation, wie sie von der SPÖ übergeben wurde. – Womit auch der zweite Teil der Frage weitgehend beantwortet ist.

Zur Frage 3:

Jede Systemänderung, die zur Sanierung ... (Bundesrat Konecny: Moment, die Frage ist nicht beantwortet!)  – Darf ich Ihnen die Frage vielleicht vorlesen. Sie müssten sie ja kennen. Sie haben mich gefragt: Wie wollen Sie die eingesparten Mittel verwenden? – Ich antworte Ihnen darauf: Als Beitrag zur Sanierung der desaströsen Budgetsituation, womit natürlich auch der zweite Teil der Frage beantwortet ist, wenn diese Mittel großteils zur Budgetsanierung verwendet werden. Meine Antwort ist die, die ich verlesen habe, Sie können es im Protokoll nachlesen. (Bundesrat Konecny: Nein, die Frage ist nicht beantwortet!)

Zur Frage 3:

Jede Systemänderung, die zur Sanierung des von der SPÖ übernommenen desaströsen Budgets beiträgt, ist gerechtfertigt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur Frage 4:

Es ist nicht Gegenstand des Vollzugs, Aussagen von Abgeordneten des Nationalrates zu dokumentieren, zu kommentieren, noch dazu, wenn diese unvollständig wiedergegeben worden sind. Ich ersuche Sie: Fragen Sie Herrn Klubobmann Khol selbst!

Gestatten Sie mir jedoch darüber hinaus eine persönliche Bemerkung: Nach meinem Wissen ist auch Herr Klubobmann Khol bemüht, alle Maßnahmen zu unterstützen, die zur Sanierung des von der SPÖ übernommenen desaströsen Budgets dienen.

Zu den Fragen 5 bis 8:

Die Bundesregierung hat sich mit Nachdruck dazu bekannt, dass zur Aufrechterhaltung beziehungsweise Schaffung der Meinungsvielfalt und zur Unterstützung karitativer Organisationen beziehungsweise karitativer Maßnahmen erforderliche Vorkehrungen getroffen werden. (Bundesrat Konecny: Aber mit Bekenntnissen können sie kein Porto bezahlen!) Die Bundesregierung hat sich mit Nachdruck dazu bekannt. Ich ersuche Sie, das zur Kenntnis zu nehmen und nicht immer anders darzustellen. – Herr Bundesrat! Soll ich Ihnen Sammlungen von Bekenntnissen Ihrer Regierung vorlegen und die Fakten, die jetzt auf dem Tisch liegen, damit vergleichen? Sie werden noch feststellen, dass das, was wir als Regierung sagen, auch tatsächlich vollzogen und umgesetzt wird. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Ausarbeitung der Kriterien wird zurzeit von einer interministeriellen Arbeitsgruppe beraten.

Vorweg ein Hinweis zu den Kriterien – und hier unterscheidet sich unser Zugang zu diesem Thema –: Mit Sicherheit werden behördliche Nachrichten so wie vor allem Parteizeitungen keine Begünstigung mehr erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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Wir müssen hier als politische Parteien mit gutem Beispiel vorangehen, und ich meine, dass es gerade der Sozialdemokratischen Partei gut anstehen würde, auf Grund ihrer Schuld an diesem desaströsen Budgetzustand ihre Parteizeitungen aus den alle Mal gut dotierten Parteisubventionen zu bedienen.

Zur Frage 9:

Ich habe veranlasst, dass auf die mir zugegangenen kritischen Schreiben aufklärend geantwortet wird; aufklärend dahin gehend, dass die Unterstützung karitativer Bereiche, wie oben erwähnt, erfolgen wird. Ich habe in diesem Zusammenhang auch die Gelegenheit genutzt, den gemeinnützigen Vereinen und Organisationen Bescheid zu geben, welch desaströse Budgetsituation wir von der SPÖ übernommen haben, und habe darüber hinaus die Tatsache aufgezeigt, dass von meinem Vorgänger Forderungen aus den Jahren 1998 und 1999 seitens der Post in der Höhe von 1,6 Milliarden Schilling einfach nicht beglichen wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie stellen sich hierher, kritisieren strukturelle Maßnahmen, zu denen Sie uns mit Ihrer Politik gezwungen haben, und haben zusätzlich Schulden in der Höhe von 1,6 Milliarden Schilling in dem Bereich nicht beglichen! Ich habe das als "Zechprellerei" bezeichnet. Die Forderungen umfassen 1,6 Milliarden Schilling, das wissen Sie. Festzustellen, nur 800 Millionen Schilling zahlen zu wollen – genau in diesem Bereich nur 800 Millionen Schilling zahlen zu wollen! –, sich dann zu verabschieden – Zechprellerei, ich sage es noch einmal, das ist der Begriff, der mir dazu einfällt – und jetzt zu lamentieren und zu jammern, weil hier einfach strukturelle Maßnahmen erforderlich sind, das ist ein starkes Stück! – Sie haben uns dazu gezwungen, nehmen Sie das bitte einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist die gleiche Art von budgetärer Verantwortung, wie sie augenscheinlich auch Ihre Mutterpartei zurzeit versteht – man hört von 300 Millionen Schilling Schulden. Die gleiche Art wie beim "Konsum", die gleiche Art wie bei der Verstaatlichten: Ein Haufen Schulden, und der Böse ist derjenige, der sie beseitigt. – Das werden wir den Leuten noch erklären. Sie geben mir ja jetzt eine gute Gelegenheit, das hier ein für alle Mal klarzustellen. (Bundesrat Meier: Wohnbaugenossenschaften!)

Was Wohnbaugenossenschaften anlangt: Soll ich Ihnen aufzählen, wie viele rote ich saniert habe in den letzten acht Jahren, Herr Bundesrat? Da kenne ich mich besser aus! Was ist mit der GEMISAG, was ist mit der GEWOG, was ist mit der OWG? Was wollen Sie denn noch? Soll ich Ihnen die Bilanzen vorlegen? – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Ich bedanke mich für den Zwischenruf. Ich bedanke mich herzlich für den Zwischenruf. Wenn Sie mich auf Wohnbaugenossenschaften anreden, dann bitte als steirisches Regierungsmitglied. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Ich habe einen Zwischenruf beantwortet, das werde ich ja wohl dürfen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Im Gegensatz zu Rosenstingl sitzt der Vorstandsdirektor aber nicht im Gefängnis!)  – Ach, wirklich? Und wie viele sind verurteilt aus Ihren ehemaligen Vorstandsmannschaften in den verschiedenen Bundesländern? Wollen wir da eine Bilanz ziehen?

Aber passen Sie auf: Wenn ich auf Wohnbaugenossenschaften angesprochen werde, dann muss ich sagen, ich bin stolz darauf, dass Frau Kollegin Schicker, die heute nicht anwesend ist, in der Debatte zu Ihrer letzten Dringlichen darauf hingewiesen hat, welch hervorragende Wohnbaupolitik Michael Schmid in der Steiermark betrieben hat. Ich bedanke mich heute noch dafür. Wir können ihr dafür auch in ihrer Abwesenheit applaudieren. Sie hat Recht gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu den Fragen 10 bis 12:

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass die Verteilung von Förderungen ... – Passen Sie auf, das sind wichtige Punkte, Sie können davon profitieren, wenn Sie mir zuhören!

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass die Verteilung von Förderungen gleichzusetzen ist mit dem Verteilen von Steuermitteln. Die beste Sicherung von Arbeitsplätzen besteht in der Reduzierung der Steuerbelastung und in der Senkung der Lohnnebenkosten. Ich würde mir über


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die Erhaltung und Sicherung von Arbeitsplätzen keine Sorgen machen, hätten wir nicht von der SPÖ – ich glaube, Sie wissen, was kommt – eine derart desaströse Budgetsituation übernommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Zu Frage 13:

Es müsste eigentlich allgemein bekannt sein, dass die Postgebühr für eine Zustellung von Wien nach – nennen wir zwei Beispiele – St. Oswald ob Eibeswald gleich teuer ist wie die Zustellung eines Poststückes von Wien an die Anfragestellerin, in die Anzengruberstraße 36 in Klagenfurt. Ihre Frage beruht daher offensichtlich auf einer gravierenden Fehlinformation (Bundesrat Konecny: Sie müssen die Begründung lesen!), und die kann ich dann so nicht beantworten. (Bundesrat Konecny: Das ist schlecht! Weil Sie nicht lesen können!)

Zur Frage 14:

Ich und diese Bundesregierung werden alles daran setzen, um die unsozialen Maßnahmen der SPÖ-dominierten Regierung der vorigen Legislaturperiode, welche im Sparpaket 1 und im Sparpaket 2 enthalten waren, zu beseitigen. Klares Ziel dieser Bundesregierung ist es, Förderungen und Subventionen nur für jene auszuzahlen und zu gewähren, welche diese auch tatsächlich benötigen, um vom sozialistischen Gießkannensystem der Ineffizienz wegzukommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Zur Frage 15:

Ich nehme diese Kritik sehr ernst, wobei sie in weiten Bereichen nicht gerechtfertigt ist, weil der Sachverhalt falsch dargestellt wird. (Bundesrat Konecny: Warum nehmen Sie sie dann ernst?) In diesem Zusammenhang darf ich Sie auch darüber informieren, dass sich der Verband der österreichischen Regionalzeitungen – wird Ihnen vielleicht bekannt sein – seit Jahren darum bemüht, in die Liste der für den Post-Zeitungsversand Begünstigten aufgenommen zu werden. (Bundesrat Konecny: Wissen Sie, wer das ist?) Der Verband der österreichischen Regionalzeitungen bemüht sich seit Jahren, aufgenommen zu werden! (Bundesrat Konecny: Wissen Sie, wer das ist?) Interessanterweise – das ist eine Gruppe, die 4,5 Millionen Leser vertritt –, interessanterweise wurde dies von jener Partei – Sie können es dann beantworten – erfolgreich verhindert, die sich heute hier herstellt und um die Meinungsvielfalt lamentiert, proklamiert, aber solchen Bereichen keine Möglichkeit des Medienpluralismus, des Gleichheitsprinzips eröffnet hat.

Zu Frage 16 – negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt der Journalisten.

Solche negativen Auswirkungen wurden in jüngster Geschichte sehr nachhaltig bekannt, aber lediglich von der SPÖ verursacht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran – Sie werden weiter nicken können, wenn ich es Ihnen in Erinnerung rufe; Sie werden sich in diesem Zusammenhang erinnern –, dass über Nacht mit einem einzigen Federstrich des Parteivorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Bundeskanzler Franz Vranitzky Dutzende Journalisten der "Arbeiter Zeitung" ohne Job auf der Straße gestanden sind. (Bundesrat Konecny: Nein!)

Ein breiter und unabhängiger Journalismus in Österreich wird durch diese Bundesregierung nicht gefährdet, sondern vielmehr – und auch das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben – auf Grund jener Tatsache, dass Journalisten der SPÖ-Zeitung der Steiermark, der "Neuen Zeit", darunter zahlreiche Familienväter – das alles wissen wir, Herr Bundesrat, hören Sie nur zu! –, seit Monaten keine ordentlichen Gehälter mehr bekommen und nur durch das Unterschreiben einer Haftungserklärung bei der Bank zu ihren Einkommen Zugang haben. – Das ist für mich, bitte, menschenverachtendes Verhalten gegenüber Journalisten. Werfen Sie nicht uns vor, dass wir den Berufsstand der Journalisten gefährden, wenn Sie selbst in Ihrem eigenen Bereich solche Maßnahmen setzen. (Bundesrat Meier: In welchem Bereich?)

Und zu den großen sympathischen Zeitungen ... (Bundesrat Meier: Ist es eine SPÖ-Zeitung?)  – SPÖ-Zeitung, "Neue Zeit"! Wissen wir das? – Na also, bitte! Na bitte! Kindesweglegung auch noch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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663. Sitzung / Seite 84

Ich gebe allerdings zu bedenken, dass der Parteivorsitzende der SPÖ – wenn wir von sympathischen Zeitungen, er hat die "Neue Zeit" immer wieder erwähnt, sprechen – das Abo vor Jahren schon abbestellt hat. Das ist uns auch bekannt. Also so sinnvoll, dort zu fördern, ohne wirtschaftliche Maßnahmen zu setzen, wird es wohl leider Gottes nicht sein, das kann ich Ihnen nachhaltig begründen.

Zu Frage 17:

Ein Gutachten wurde erwähnt, das von mir nicht in Auftrag gegeben wurde und mir in vollem Umfang nicht bekannt ist. Ich kann daher keine Stellungnahme dazu abgeben.

Zur Frage 18:

Sie können versichert sein, dass die von dieser Regierung getroffenen Maßnahmen EU-konform sein werden. In Bezug auf die Wettbewerbsgleichheit hätte sich allerdings die von der SPÖ dominierte Regierung in der letzten Legislaturperiode längst Gedanken darüber machen können, dass es zwar finanzielle Unterstützung für den Postversand, nicht jedoch für private Distributionsunternehmen – wie zum Beispiel Feibra, Hurtig und Flink et cetera – gegeben hat. Ihre hier aufgezeigten Vorwürfe, wenn Sie so wollen, treffen somit Sie selbst.

Zu Frage 19:

Hier scheint Ihrerseits eine Verwechslung zwischen Gesetzesänderung und Gesetzesbruch vorzuliegen. Ich möchte aber auch hier und abschließend die Gelegenheit dazu nutzen, Ihnen in Erinnerung zu rufen, dass die derzeitige Bundesregierung zu dieser Maßnahme gezwungen ist, da einerseits meine Vorgänger mir unbezahlte Rechnungen und Forderungen in Milliardenhöhe hinterlassen haben und andererseits der von SPÖ-Finanzminister übergebene destras..., dest... – (Bundesrat Meier: Desaströs! – Weitere Rufe bei der SPÖ: Desaströs!)  – Sehen Sie! Jetzt habe ich es ihm zwölf Mal vorgelesen – endlich wiederholt er es, endlich gibt er es zu. Ich bedanke mich dafür, Herr Bundesrat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Glauben Sie mir abschließend eines: Keine Regierung dieser Welt ... (Bundesrat Konecny: Das ist ein unaussprechlicher Minister! Wo bleiben Ihre Antworten? Das ist ein Skandal, was Sie tun! So etwas hat es im Haus noch nicht gegeben! Jede konkrete Antwort verweigern Sie! Das ist unerhört! – Bundesrat Payer: So etwas hat es noch nie gegeben! – Bundesrat Gasteiger: Das wird noch Folgen haben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen jetzt noch eine sehr konkrete abschließende Antwort geben: Keine Regierung dieser Welt würde einschneidende Maßnahmen setzen, wenn sie nicht dazu gezwungen wäre. Ihre Politik zwingt diese Regierung, den Österreichern Dinge wegzunehmen, die ihnen ohne Weiteres zustehen würden. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.01


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
663. Sitzung / Seite 85

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist. (Bundesrat Konecny: Zur Geschäftsbehandlung!) War das eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? – Bitte sehr.

16.01

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich beantrage eine Sitzungsunterbrechung, und ich ersuche die Stenographen in der Zeit, während die Sitzung unterbrochen ist, das Protokoll der angeblichen Antworten des Herrn Bundesministers fertig zu stellen. Es war aus dieser "netten" Abfolge von Polemiken nicht erkennbar, in welcher Art die Fragen konkret beantwortet wurden. (Bundesrätin Haunschmid: Weil Sie so viel zwischengerufen haben! – Ruf bei den Freiheitlichen: Ein bisschen aufpassen sollte man! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bitte zu klären, in welchem Zeitraum diesem Ersuchen stattgegeben werden könnte. (Bundesrat Bieringer: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Bundesrat Bieringer gemeldet. – Bitte.

16.02

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe überhaupt keine Veranlassung, die Sitzung zu unterbrechen. Falls die SPÖ-Fraktion mit der Beantwortung der Fragen durch den Herrn Bundesminister nicht einverstanden ist, kann das im Rahmen von Debattenbeiträgen ohne Weiteres gesagt werden. Ich habe nichts dagegen, wenn das Stenographische Protokoll schneller vorgelegt wird, dagegen habe ich überhaupt keinen Einwand, aber ich sehe keine Veranlassung, die Sitzung zu unterbrechen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ein Verlangen auf Einberufung der Präsidialkonferenz wurde nicht gestellt.

Ich erteile nunmehr als erster Rednerin Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk das Wort. – Bitte.

16.03

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Vorspann zu meinem Diskussionsbeitrag, zu dem ich dann einen Satz sagen werde, muss ich eines feststellen: Erstens: Ich bin seit knapp einem Jahr Mitglied des Bundesrates (Bundesrat Winter: Der Vizekanzler ist gar nicht gekommen!) und habe in diesem kurzen und dennoch langen einen Jahr noch nie erlebt, dass ein Minister in dieser Nichtform der politischen Nichtkultur mit Parlamentariern spricht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zweitens habe ich zehn Jahre im Kärntner Landtag verbracht. Es gab unterschiedliche Vorsitzführungen, und ich habe nie erlebt ... (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Sie können sich wieder abregen. Ich habe nie erlebt, ohne explizit namentlich jemanden zu kritisieren, dass eine Sitzung abgehalten und ihr vorgesessen wird, ohne dass man etwas dabei findet, wenn in diesem Ton mit Parlamentariern gesprochen wird. (Bundesrätin Haunschmid: Umgekehrt auch! Wir haben noch nie erlebt, dass mit einem Minister so geredet wird!)

Drittens: Ich habe noch nie erlebt, dass es so viele konkrete Anfragen gegeben hat und ein zuständiger Minister nicht eine einzige beantwortet hat. (Bundesrat Weilharter: Das ist eine Unterstellung! Das ist eine fiese Unterstellung! – Bundesrat Konecny  – heftig –: Ich verlange einen Ordnungsruf für die Bemerkung "fies"! Jetzt reicht es aber! Welches Vokabular verwenden Sie, Herr Kollege?)

Nein, das bedeutet, die Demokratie hier im Hohen Haus mit Füßen zu treten! Das ist nicht mehr erträglich! (Bundesrat Konecny: Jetzt reicht es wirklich! – Ruf bei der SPÖ: Hört der Vorsitzende nichts? – Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Sagen Sie mir einen Ausspruch, der unerträglich ist! – Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny.  – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Sagen Sie mir einen Ausdruck, der ungebührlich ist!)

Nein, Herr Minister, ich plaudere nicht mit Ihnen, sondern ich stehe hier am Rednerpult und beantworte jene Nicht-Fakten mit meinen Worten, die Sie nicht gesetzt haben, beziehungsweise stelle ich fest, dass Sie einen Akt der politischen Unkultur gesetzt haben.

Herr Minister! Zu Ihrer Behauptung, "AZ"-Journalisten seien von Bundeskanzler Vranitzky arbeitslos gemacht worden, stelle ich fest, diese Behauptung ist unrichtig, um nicht zu sagen, eine Lüge. Das hat auch sehr viel damit zu tun (Rufe bei den Freiheitlichen: Ordnungsruf! Ordnungsruf!)  – ich habe gesagt: unrichtig, um nicht zu sagen Lüge! –, dass die Journalisten der "Arbeiter-Zeitung" auch sehr viel Qualität haben.


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Nächster Punkt: Sie haben hier irgendwelche Wohnbaugenossenschaften aufgezählt. Es ist aber eine Tatsache, dass es in der Sozialdemokratie in Österreich keinen vormaligen Landesparteivorsitzenden wie Gratzer gibt, der rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt wurde! Es gibt bei uns keinen Nationalratsabgeordneten, der zehn Jahre hinter Gittern zu sitzen hat – außer Ihrem Kollegen Rosenstingl! Und Sie sprechen hier von unkorrektem Vorgehen in anderen Parteien!

Schulden zu machen, Defizite zu haben, das ist ein unternehmerisches Risiko, aber wenn man verbrecherisch damit umgeht, dann ist das eine völlig andere Nichtqualität, und das zu sagen, steht Ihnen nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Satz zu Ihren "desaströsen Budget-Hinterlassenschaften". Sigmund Freud kam herunter in den Saal, weil Sie dieses Wort nicht aussprechen können. (Bundesrat Dr. Böhm: Das hören Sie halt nicht gern! Das ist eine unangenehme Wahrheit für Sie!) Punkt eins: grenzenlose Nichtbewunderung vor den Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, die noch vor wenigen Monaten die SPÖ/ÖVP-Koalition hier verteidigt, einhellig abgestimmt und offensichtlich jetzt ihr Bewusstsein, ihr Erinnerungsvermögen und offensichtlich auch noch das politische Rückgrat verloren haben (Beifall bei der SPÖ), denn es hat die SPÖ anscheinend allein regiert. Leider hat sie es nicht! (Bundesrat Dr. Böhm: Den Finanzminister haben Sie aber schon gestellt!)

Zweiter Punkt: Herr Minister! Niemand aus Ihrer Partei war gezwungen, die Verantwortung zu übernehmen. Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher wollte diese Regierung nicht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das stimmt nicht! Das ist unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie haben in einer Form der Aushebung mit der ÖVP diese Regierung übernommen. Sie mussten nichts tun, Sie hätten auch dort bleiben können, wo Sie hergekommen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Wo war das? Wo war das?)

Letzter Punkt: Diese Rede werde ich hier im Bundesrat halten, aber erst nachdem Form, Ordnung und Geschäftsordnung wieder einkehren und Sie diese Fragen beantwortet haben. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Sie sind nicht die Zensorin!)

16.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Ledolter das Wort. – Bitte.

16.09

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich verstehe die Emotionen und die Empörung nicht ganz, denn es war in einer der letzten Plenarsitzungen dieses Hohen Hauses, nämlich im Februar, in der Herr Bundeskanzler Klima zur Beantwortung einer dringlichen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion hier gesessen ist. Die Debatte war zum Gegenstand der Auswirkungen der Regierungsbildung – ich will jetzt gar nicht das Vokabular verwenden, das ich immer aus Ihrer Ecke höre –, zu den wirtschaftlichen und sonstigen Konsequenzen dieser Regierungsbildung.

Der damalige Vizekanzler Klima (Rufe bei der SPÖ: Bundeskanzler! Bundeskanzler!) ist hier auf der Regierungsbank von Ihnen noch sehr heftig akklamiert worden, hat stürmischen Applaus eingefahren. Er hat sich aber dann ohne jedes weitere Wort, ohne jede Antwort, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben, auf eine merkwürdige Art und Weise aus diesem Saal entfernt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das wird ja immer kurioser! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Qualität einer Anfragebeantwortung finde ich auch etwas merkwürdig, meine Damen und Herren! Ich kann es Ihnen aber schon erklären. Bundesrat Maier hat hier vom Rednerpult aus Zeitungen zitiert, und der damalige Exbundeskanzler Klima ist dann zu uns in die Bankreihen gekommen und wollte das Zitat nachlesen. Ich habe mir erlaubt, in der Pause des Suchens Herrn Bundeskanzler Klima zu fragen, was man sich denn dabei gedacht habe, eine derartige Kampagne über dieses kleine Österreich hereinbrechen zu lassen, sich im Ausland diese Dinge


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zu bestellen. Und darauf ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Ich bin daneben gestanden! Achten Sie auf Ihre Worte! Ich bin einen Meter daneben gestanden!)

Nein, Sie sind nicht daneben gestanden! Ferry Maier ist dort gestanden, Frau Kollegin! Ich weiß schon, Sie sind fast überall dabei oder glauben, das zu sein. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Dort in der Bankreihe bei diesem Gespräch mit Kanzler Klima sind Sie nicht dabei gestanden. Es ist nur dann Herr Präsident Fischer aus dem Hintergrund dazugetreten, und Herr Präsident Fischer hat gesagt: Aber, Viktor, was machst du denn da? Du musst doch da nicht sein! Ich hätte mit dir vieles zu besprechen, so komm doch zu mir in mein Büro! – Darauf hat sich Klima auf dem Absatz umgedreht und gesagt: Eigentlich weiß ich eh nicht wirklich, was ich da tue – wortwörtlich und vor Zeugen! –, ich bin heute den letzten Tag Bundeskanzler, denn morgen wird die Regierung angelobt, und daraufhin hat er sich aus dem Saal begeben. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist der Skandal!)

Meine Damen und Herren, nur so viel zur historischen Wahrheit. (Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt sagen Sie den Satz! Ich habe Sie unterbrochen, Sie haben den Satz gesagt, ich stand bei ihm da, und Sie wollten uns ein Geheimnis verkünden! Sagen Sie uns jetzt den Satz!)

Ich kann es für Sie gerne noch einmal wiederholen, so Sie es nicht verstanden haben. Ich habe Herrn Klima gefragt, warum diese Kampagne über Österreich hereingebrochen ist, warum man sich so etwas im Ausland bestellt hat. Das war meine Frage.

Aber hier von der Regierungsbank aus, liebe Frau Kollegin, wäre eine Erklärung vonnöten gewesen, wäre eine Erklärung vom Hohen Bundesrat erwartet worden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie können das heute ausgegebene Protokoll daraufhin untersuchen, es sind vom damaligen Herrn Bundeskanzler Klima keine wie immer gearteten Beiträge in diesem Protokoll zu finden.

Ein kurzer Exkurs noch zu der heutigen Disputation, meine Damen und Herren! Herr Bundesrat Konecny hat in einer hervorragenden dialektischen Meisterleistung begonnen, uns Nebelvorhänge aufzurichten, Nebelvorhänge vor einem ganz natürlichen Ereignis, vor einem ganz natürlichen Vorgang: dass es nämlich vor dem Hintergrund einer – wie haben Sie gesagt? – desaströsen Budgetsituation, die wir zu übernehmen hatten, notwendig ist, manche Geschenke wieder zurückzunehmen. Das ist ein ganz normaler Vorgang, meine Damen und Herren, eine Selbstverständlichkeit, bei der Sie ... (Bundesrat Konecny: Die Pensionen sind auch ein Geschenk, oder wie ist das? – Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Parteiförderung!)

Herr Bundesrat! Sie haben darauf hingewiesen, dass es gescheiter ist, wenn wir es hintereinander machen. Ich darf Sie daran erinnern. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Sie spekulieren aber offensichtlich damit, dass der Bürger gar nicht weiß, dass er bisher mit seinem Steuergeld dafür aufzukommen hatte, dass Geschenke an Printmedien und an sonstige verteilt und gegeben wurden – in einem Umfang und in einer Größenordnung, für die sich jeder Normalverbraucher sehr bedanken wird, wenn das publik wird. (Bundesrat Marizzi: Das ihr mit beschlossen habt!) Wir haben manche Maßnahmen mittragen müssen um des lieben Friedens willen, Maßnahmen, die jetzt allgemein zu beklagen sind. (Bundesrat Marizzi: Mein Gott! Mein Gott! Das ist ja wirklich schwach!)

Meine Damen und Herren! Der Bürger finanzierte bisher mit jährlich 900 Steuermillionen Sendungen mit, die er zum Teil gar nicht will, Sendungen, die in seinem Briefkasten unerwünscht landen, Publikationen und Printmedien. (Bundesrat Freiberger: Die Wirtschaftskammer-Zeitung!) – Das mag sein, dass diese für Sie unerwünscht ist, das Ergebnis der letzten Kammerwahlen insbesondere im Bereich der Fraktion, die Sie vertreten, hat gezeigt, dass vielleicht Ihre Aussendungen nicht so sehr erwünscht sind, Herr Kollege! (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Die anderen sind sehr wohl erwünscht, das Wahlergebnis hat es gezeigt. Ich darf Sie daran erinnern.


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In klassischer sozialistischer Manier, meine Damen und Herren, wird ein System verteidigt, das dem Bürger das Geld aus der Tasche zieht, ohne dass er gefragt wird, und dafür werden ihm Geschenke der merkwürdigsten Art überreicht, und diese Methode lehnen wir ab. Ich bin dafür, dass der Bürger gefragt wird, dass man den Bürger frägt, ob er all das will. (Bundesrat Marizzi: Das ist aber eine gefährliche Drohung!) Denn dann kann der Bürger entscheiden, meine geschätzten Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion (Bundesrätin Mag. Trunk: Ob Karl-Heinz Böhm den Menschen helfen darf, werden wir die Bürger fragen!), ob er diese Publikationen haben will oder nicht, ob er bereit ist, dafür zu zahlen, oder nicht, ob er bereit ist, dafür zu spenden, oder nicht. Ich mache mir keine Sorgen um das SOS-Kinderdorf, denn dafür wird es genug ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Nein, SOS-Mitmensch – und SOS-Kinderdorf auch!) Ich rede vom Kinderdorf, ich rede vom Herrn Böhme, da gibt es kein Problem.
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(Bundesrat Kone
cny: Böhm!)

Meine Damen und Herren! Ich erinnere Sie daran, dass es in diesem System auch üblich ist, dass die Menschen dafür zur Kasse gebeten werden, dass sie auch die Publikationen jener bekommen, die im Allgemeinen alles bestreiten – außer dem eigenen Lebensunterhalt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist unfassbar! – Bundesrat Konecny: Unerhört!) Und da soll der Bürger in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er diese Publikationen möchte oder nicht. (Bundesrat Konecny: Diese Diffamierung der Caritas und solcher Organisationen ist unvorstellbar! Es ist unvorstellbar, was Sie in Ihrem Hass hier von sich geben!)

Herr Kollege Konecny! Wieso Hass? – Bei allem Respekt vor der Dialektik eines Spät-Achtundsechzigers ... (Bundesrat Konecny: Und Internet-Generations-Angehörigen! – Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Also da von Hass zu reden ... (Bundesrat Konecny: Also wenn Sie schon zitieren, dann zitieren Sie korrekt: Alt-Achtundsechziger und Angehöriger der Internet-Generation!) Ja, ich suche mir aber wohl die Zitate aus, die ich zu übernehmen bereit bin. Danke für den Hinweis. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Sie werden doch nicht Ihren Parteivorsitzenden nur halbrichtig zitieren!) Aber ich bitte Sie!

Kurzer Exkurs zu den Auswirkungen dieser Maßnahmen, wie sie hier so wortreich im Hinblick auf Wirtschaftsstandort, auf Arbeitsplätze und auf die sonstige Relevanz derselben dargestellt wurden. Gestern ist im Ausschuss, der die Budgetbegleitgesetze behandelt, festgelegt worden, dass die Post in die Lage versetzt wird, sich eines eigenen Tarifgestaltungsspielraumes zu bedienen. Na selbstverständlich! Es wird der Post auch gut anstehen, sie wird es brauchen im Hinblick auf Auslastung, im Hinblick auf Konkurrenzsituation. Darin ist wieder ein Teil der Wahrheit enthalten, meine Damen und Herren: Wenn man sich schon Sorgen um einen Wirtschaftsbetrieb macht, um einen bevorstehenden Börsegang, um die Effizienz der Post und vieles mehr, dann möchte ich bei aller Demut vor der wesentlichen gemeinwirtschaftlichen Aufgabe, die die Post zu übernehmen bereit ist oder auch in Zukunft übernehmen wird müssen – das in Abrede zu stellen, würde mir nicht einfallen –, schon darauf hinweisen, dass der Selbstbedienungsladen Post für Funktionäre und Mitarbeiter ein wenig einzuschränken ist. Da gibt es einen Handlungsbedarf, um das in den Griff zu bekommen. (Ruf bei der SPÖ: Wiederholen Sie das bitte noch einmal!) – Den Selbstbedienungsladen für Funktionäre und für Mitarbeiter.

Ich sage es Ihnen gerne, ich habe eine Aussendung der Post mit, und das, so glaube ich, gehört auch den Bürgern immer wieder näher gebracht: Es gibt in diesem Lande – sehr zur Verblüffung der normalen Werktätigen, die doch den Großteil unserer arbeitenden Bevölkerung darstellen – Menschen, die zwar 60 Minuten bezahlt bekommen, aber nur 45 Minuten zu arbeiten brauchen: das im Bereich der Post mit einer Größenordnung von 36 000 Mitarbeitern, davon 19 000 Beamte.

In diesem System, meine Damen und Herren, ist es auch klar und nachvollziehbar, dass der Gesamtaufwand für das Personal bei 70 Prozent liegt. Das ist auch nicht weiter verwunderlich (Bundesrat Marizzi: Weil es ein Dienstleistungsbetrieb ist!), denn eine 45-Minuten-Leistung mit 60 Minuten zu honorieren, ist durchaus nicht üblich. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen, meine Damen und Herren! Das ist es, was ich mit "Selbstbedienungsladen" meine. (Bundesrat Konecny: Ja, wir werden das die Postler wissen lassen! – Bundesrat Marizzi: Die Postler werden sich das merken!)

Ich kann Ihnen aber gerne noch etwas nachreichen, damit Sie wissen, warum Sie sich aufregen, geschätzte Kollegen! Bei den Überstunden gibt es auch eine ähnlich soziale oder merkwürdige Regelung im Rahmen einer so genannten Mitbesorgungsregelung. Ich muss das vorlesen – das ist eine offizielle Aussendung der APA, in der die Post zitiert wird –, weil sich das normale Verständnis sträubt, das nachzuvollziehen. Im Rahmen der so genannten Mitbesorgungsregelung hat beispielsweise ein Mitarbeiter, der in einem Postamt mit drei Personen arbeitet, dann, wenn einer auf Urlaub und einer krank ist, automatisch Anspruch auf Überstunden, auch wenn er nur die Normalarbeitszeit arbeitet. – Verstanden?

Ja, auch Herr Professor Böhm – nehme ich an – trägt diese Konsequenzen mit.

Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, wird auch viele nachdenklich machen: Auch über die Reisegebührenregelungen ist nachzudenken. Zitiert wird ein Briefträger, aber ich kann mir durchaus auch höhere Postoffiziale vorstellen, die im Ort A wohnen, der etwa 10 Kilometer vom Ort B entfernt ist: Dies berechtigt den jeweiligen Mitarbeiter der Post, Reisegebühren zu verrechnen. Das ist eine interessante Konstruktion, meine Damen und Herren!

Bevor wir in das große Lamento mit einstimmen, dass diese ach so unredlichen Maßnahmen der Bundesregierung – wie Sie glauben – dazu führen, dass die Post in ihrer wirtschaftlichen Effizienz behindert werden könnte, sollten wir, so glaube ich, bedenken, dass genau diese Maßnahmen die Post schwerer treffen würden. Es wird dort der Sparstift anzusetzen sein. Dies wird wohl kaum im Bereich eines Professors Böhm liegen, sondern ich glaube eher, dass es sich hiebei um von der Gewerkschaft mitgetragene und sehr wortgewaltig verteidigte Maßnahmen handelt.

Eine kurze Anmerkung noch zur Medienpolitik. (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber auch das Recht der Gewerkschaft!) Natürlich, auch wenn es durchaus merkwürdig ist, Herr Kollege!

Eine kurze Anmerkung noch zur Medienpolitik und zum Pluralismus, den Sie so sehr in Frage gestellt sehen, Herr Kollege Konecny! Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, in der Bruno Kreisky nicht nur der Sonnenkönig, sondern auch der Medienkaiser gewesen ist. Das war auch eine Zeit, in der die Medienlandschaft in dieser heutigen Ausformung gestaltet wurde, in der hiezu der Grundstein gelegt wurde. Danach hat sich die SPÖ eigentlich als Behinderer- und Verzögererpartei verstanden gegen eine Politik, die den Pluralismus gefördert hätte, gegen eine Politik, die zum Beispiel Privatradiostationen oder auch terrestrisches TV hätte fördern sollen. Das ist nicht geschehen. Wenn ich den Bogen zur heutigen Zeit schlage, dann haben wir heute einen designierten Parteivorsitzenden Gusenbauer, der sich ausführlich mit den "braunen Flecken" seiner Partei und mit der Demontage des Medienkanzlers Kreisky beschäftigt, statt substanzielle Politik zu machen und sachliche Lösungen zu suchen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch noch eine Verbeugung vor jenen Organisationen nachreichen, die sich zweifelsohne um Karitatives oder um andere wertvolle Bereiche in unserer Gesellschaft bemühen. Diese werden zwar möglicherweise auch von dieser Maßnahme getroffen, doch glaube ich, dass sie über so große Zustimmung der Bürger verfügen, dass es nicht schwierig sein wird, diesen zusätzlichen Aufwand dadurch zu kompensieren, dass sie auch höhere Erlöse erzielen. Wir werden aber durchaus noch weitere Verhandlungen darüber führen – und es gibt auch noch eine zweite Lesung des Budgets, wo das möglich sein wird –, die es ermöglichen werden, dass die karitativen Organisationen weiterhin eine Möglichkeit des begünstigten Versandes finden werden.

Insgesamt, so glaube ich, sollte man wieder mehr Augenmerk auf die Normalität von Vorgängen richten, anstatt zu glauben, aus jeder sich bietenden Gelegenheit möglichst umfangreich politisches Kleingeld schlagen zu müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

16.26


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663. Sitzung / Seite 90

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Schöls zu auf seinen Platz gehenden Bundesrat Ledolter: Ich trage das nicht mehr mit! Ich trage das nicht mehr mit! – Bravorufe und Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Wir auch nicht! – Ruf bei der SPÖ: Skandalös, was der aufführt!)

16.26

Bundesrat Dr. André d′Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Erstens möchte ich mich für die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers bedanken. Ich habe genau aufgepasst, ich bin Frage für Frage durchgegangen und habe mir einzelne Punkte dazugeschrieben. Ich habe mein Referat auf Grund der Anfragebeantwortung anpassen müssen, denn ich glaube, man sollte vielleicht ein bisschen mehr auf wirtschaftliche Aspekte eingehen, die man noch mit einbeziehen könnte, mit diskutieren könnte.

Die von den SPÖ-Bundesräten eingebrachte dringliche Anfrage beschäftigt sich mit der weiteren Abgeltung für begünstigte Porti, und zwar an den Postdienst. Inhaltlich beschäftigt sich diese dringliche Anfrage nicht mit der Frage der Abschaffung des Postversandes, obwohl in der dringlichen Anfrage immer wieder gesagt wird, dass der Postversand abgeschafft wird. Das ist nicht der Inhalt dieser Anfrage, sondern es geht um die Frage begünstigter Porti. Es ist also hier im Hintergrund eine Abgeltungsfrage zu sehen.

Tatsächlich ist es so, dass die Post in Zukunft berechtigt sein soll, die Porti, die Tarife, die Preise frei zu gestalten, marktmäßig anzupassen. Wir wissen, bei der Post ist eine ähnliche Situation gegeben wie bei anderen großen Unternehmungen in der Republik. Die großen Unternehmungen der Republik haben die Problematik, dass sie enorme remanente Kosten haben, die man nicht von heute auf morgen reduzieren kann. Es wird aber so sein, dass man sich auf dem Markt weiterbewegen muss. Es wird also auch eine Post in Zukunft sicherlich gezwungen sein, entsprechende Preise zu finden und Kunden zu finden, also im Rahmen von Gesprächen mit den einzelnen Unternehmen, mit den Vereinen und so weiter zu angemessenen Preisen zu finden.

Deswegen verstehe ich auch die Wortmeldung des Herrn Bundesrates Konecny nicht. Er hat uns dargestellt – ich kann das nicht nachvollziehen –, was zum Beispiel die Änderung dieses Gesetzes für den "Standard", für "Die Presse" kostet und so weiter. Ich dagegen glaube, das können wir heute noch gar nicht sagen, denn es ist die Möglichkeit zur individuellen Preisgestaltung gegeben. Es wird davon abhängen, ob diese Zeitungen, die Sie genannt haben, Herr Bundesrat, dann tatsächlich das Geschäft – wenn ich das so sagen darf – mit der Post machen werden oder aber an andere bestehende Vertriebsfirmen – wir haben einige große Vertriebsfirmen in Österreich – herantreten werden. Oder vielleicht entwickeln sich auch neue. Sicherlich wird die Post versuchen, wie jedes Großunternehmen in einer solchen Situation, ihre Kunden zu halten. Ich glaube, das wird auf jeden Fall eintreten.

Aber worum geht es eigentlich? – Es geht darum, dass diverse Begünstigte derzeit einen begünstigten Tarif haben. Eigentlich ist solch ein begünstigter Tarif – und da werden mir, so hoffe ich, auch Sie von der SPÖ zustimmen – nicht gerechtfertigt. Es ist nicht notwendig, begünstigte Tarife einzuräumen, wenn es um Aussendungen eines Produktes zur Hautpflege – ich kann den Namen nicht nehmen – geht, oder dass die Arbeiterkammern diese begünstigten Tarife haben oder letztlich auch die politischen Parteien und wahlwerbenden Gruppen, die ohnehin schon gefördert werden.

Da gibt es natürlich auch diverse Regionalzeitungen – durchaus politischen Inhaltes –, die gefördert werden. Da muss man sich schon fragen, ob dabei der gemeinwirtschaftliche Bereich im Vordergrund steht. Es gibt zum Beispiel – das möchte ich Ihnen von der SPÖ schon sagen, weil mich das irritiert hat – "Bezirk Melk Aktuell: Dr. Alfred Gusenbauer für die SPÖ Melk." Nun ist es meines Erachtens auf der einen Seite wichtig, dass man seine politischen Botschaften verkündet, unter das Volk bringt und auch darüber diskutiert, auf der anderen Seite meine ich jedoch, sollte das doch nicht aus Steuergeldern und letztlich aus Mitteln der Allgemeinheit finan


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 91

ziert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat
Konecny: Sie verschicken die "Neue Freie Zeitung" genauso! Was soll das?)

Ja, aber sehen Sie, das ist der Unterschied, Herr Fraktionsvorsitzender! Wir sind bereit, unseren Beitrag im Rahmen der Budgetsanierung zu leisten. Wir nehmen diesen Anteil auch auf uns. Wir wissen, das kann – soferne wir uns nicht mit der Post einigen, wie ich eingangs schon erwähnt habe – zu einer Verschlechterung unserer Kostensituation führen. Wir haben uns dazu verpflichtet, diese Verantwortung für Österreich zu übernehmen, denn wir brauchen diese Budgetsanierung. Und wir haben ein Bekenntnis dazu abgelegt, dass wir diese nicht einnahmenwirksam machen wollen, nicht noch mehr Steuergelder kassieren wollen, sondern ausgabenwirksam. Wir wollen bei den Ausgaben, bei den Staatsausgaben einsparen. Wir können es doch gar nicht rechtfertigen, dass man solche Angelegenheiten, wie die Förderung von Parteizeitungen, weiterhin akzeptiert und dafür eine Steuererhöhung in Kauf nimmt. Das kann doch nicht etwas sein, was wir wollen – und zwar alle, die wir hier im Hause vertreten sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wende mich jetzt an Sie von der SPÖ. Vor allem ist es sicherlich so, dass man über diesen begünstigten Tarif noch etwas sagen muss. Ich bitte den Herrn Bundesminister, dass er vielleicht – ich weiß nicht, ob er die Unterlagen mit hat – etwas über Titel sagen könnte und welche es überhaupt gibt. Vielleicht gibt es dazu noch etwas zu sagen. Das ist zwar nicht Teil der dringlichen Anfrage von Seiten der SPÖ, aber diese wären, auch meine jetzigen Überlegungen betreffend, erläuternd. Es dürfte tatsächlich so sein – das habe ich Meldungen der Pressedienste entnommen, die in letzter Zeit herausgegangen sind –, dass nur eine geringe Zahl von karitativen Vereinen – nämlich 42 Stück – immer wieder in den Pressediensten erscheint. Das sind 42 karitative Vereine von mehreren Tausenden Vereinen, die tatsächlich die Notwendigkeit haben, diese Aussendungen zu machen. (Bundesrat Konecny: Das sind die Mitglieder dieses Vereins, die protestiert haben!)  – 42, diese Zahl habe ich entnommen, steht hier im Pressedienst. Vielleicht kann dazu noch eine Aufklärung kommen. Jedenfalls ist das nur ein ganz geringer Beitrag. (Vizepräsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt dann Zahlen, die besagen, es gehe um 900 Millionen Schilling, um 1,2 Milliarden Schilling oder um 1,4 Milliarden Schilling – es sind immer unterschiedliche Zahlen –, es geht jedoch tatsächlich um 50 Millionen Schilling, von denen die wirklich karitativen Vereine eine Begünstigung durch diese Porti notwendig haben. Es geht tatsächlich um einen äußerst geringen Anteil. Man spricht von 4 Prozent, man diskutiert über 5 Prozent – von der Gesamtheit. Wir können doch nicht – und ich fordere Sie ... (Bundesrat Konecny: Das sind dann die Schafe!)  – Was heißt "Schafe"?

Wir können doch nicht – ich fordere Sie auf – auf der einen Seite die karitativen Vereine vorausschieben, um auf der anderen Seite die indirekte Parteienförderung durch Subventionierung der Porti zu fördern. Das geht doch nicht. Ich habe die Erläuterungen zum Budgetbegleitgesetz angeschaut, und diese liegen bei Ihnen im SPÖ-Parlamentsklub auch auf. In diesen Erläuterungen zum Budgetbegleitgesetz steht zu diesem Punkt zu lesen, dass eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die genau diese Härtefälle, um die es geht – das ist wirklich Gemeinwirtschaft, das ist Sozialwesen –, untersucht und einer Lösung zuführt. Ich halte es auch für gut, dass es in diesem Sinne zu Lösungen kommen wird. Die freiheitliche Fraktion steht da wirklich dahinter. (Bundesrat Grillenberger: Wer entscheidet das? – Bundesrat Konecny:  ... den österreichischen Vereinen verbieten, mit ihren Mitgliedern zu kommunizieren?!)

Ich möchte Sie von der SPÖ auffordern, davon Abstand zu nehmen – genauso wie wir Freiheitliche es getan haben und die Kollegen von der ÖVP –, eine indirekte Parteienförderung für parteinahe Zeitungen oder Parteizeitungen zu akzeptieren. Ich bitte Sie daher, Ihre dringliche Anfrage, in der Sie letztlich wieder die Parteienförderung wollen, zurückzuziehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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16.35

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile ihr dieses.

16.35

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich nehme meine politische Arbeit zu ernst, als dass mich diese Diskussion nicht tief betroffen machen würde, und zwar betroffen einerseits durch die Tatsache, dass die Art der Anfragebeantwortung, die der Herr Bundesminister gewählt hat, bei diesem Thema doch zu einer Emotionalisierung geführt hat, der ich nicht das Wort reden kann, und dass andererseits hier in der Argumentation Aussagen gemacht wurden – ich habe sie mitgeschrieben –, wie eben Herr Kollege Leodolter (Bundesrat Dr. d'Aron: Ledolter!)  – Ledolter, pardon! –, der die Formulierung verwendet hat: " ... Selbstbedienungsladen Post für Funktionäre und Mitarbeiter ...." – Ich meine, dass dies eine zutiefste Missachtung der Tätigkeit eines Postbeamten ist, der bei Wind und Wetter draußen am Land vielleicht mit dem Moped (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schöls ) unter Einsatz seiner Gesundheit dafür sorgt, dass wir unsere Demokratie leben können, sodass jeder Staatsbürger die Informationen, die er für seine Entscheidungen braucht, auch erhält.

Meine Damen und Herren! Ich sehe diese Poststrukturgesetz-Novelle, die bei uns durch die Vorschläge, die gemacht wurden, sehr viel Unmut und tiefe Betroffenheit ausgelöst hat (Bundesrat Dr. d′Aron: Das wurde vom Edlinger seinerzeit eingebracht!), im Zusammenhang mit Meinungsvielfalt und Demokratie, zu der natürlich auch Parteien gehören. Wir befinden uns heute in einer Medienlandschaft, die bereits jetzt eine Konzentration aufweist, die zum Beispiel in den USA undenkbar wäre. Daher sehe ich mit den geplanten Maßnahmen eine weitere Konzentration, die einfach nicht wünschenswert sein kann, weil sie zur einseitigen Information und damit zum Wegfall der von uns gewünschten Vielfalt führt.

Wenn ich mich heute für Printmedien ausspreche – wobei ich den Bezug zu Aussagen zu Grunde lege, die bei Gott nicht der durchaus positiven Unterstützung von zum Beispiel Arbeitnehmerfragen oder Aussagen der SPÖ, der ich angehöre, zuzurechnen sind –, dann entspringt das einfach meinem Gefühl für Demokratie und der damit zusammenhängenden notwendigen Information.

Ich glaube, dass die Art und Weise, hier Änderungen im Bereich der Massengebühren herbeizuführen, eine sehr diffizile Methode ist, kritische Äußerungen auszuschalten und Meinungsvielfalt einzuschränken. Es wurde Westenthaler heute hier in manchen Redebeiträgen angeführt, der gemeint hat, dass es Parteien seien, die in erster Linie Nutznießer sind. Ich möchte diesbezüglich nicht verschämt in der Kritik hintanhalten, sondern ich möchte diese in den Vordergrund stellen. Gerade wenn eine Regierung und eine Partei immer wieder Demokratie in den Vordergrund stellt, ihren Handlungen immer demokratische Motive unterlegt, so ist es dann ausgerechnet diese Partei, die solchen Maßnahmen das Wort redet, mit denen sie Parteien nicht zulassen will.

Meine Damen und Herren! Demokratie hat zur Grundlage, dass man in Parteien zur Meinungsbildung kommt, die dann zu einer Mehrheitsentscheidung, die Sie immer wieder in der Akzeptanz einfordern, führt.

Nun zu einem anderen Thema, das heute schon angesprochen wurde. Es geht um die Abfederung von Härten durch die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die Kriterien festzulegen hat, auf welche Art von Organisationen eben solch begünstigte Tarife anzuwenden sind. Ich sehe da einen sehr gefährlichen Selektionsprozess in folgende Richtung: Wer genehm ist, wird gefördert, wird begünstigt, er kann seine Meinung äußern. Wer nicht genehm ist, sich kritisch äußert, hat damit zu rechnen, dass er mundtot gemacht wird (Bundesrätin Mühlwerth: Das war euer System!), weil er ganz einfach diese begünstigten Tarife nicht in Anspruch nehmen und die volle Belastung nicht verkraften kann.

Der Aussage von Herrn Khol, dass Böcke von Schafen getrennt werden müssen, ist, so glaube ich, nichts mehr hinzuzufügen. Ich erinnere mich an eine der letzten Sitzungen hier im Haus, bei der die Formulierung "den Bock zum Gärtner machen" schon Anlass zu Unmut gab, obwohl ich glaube, dass diese Formulierung ganz einfach eine gängige Ausdrucksweise für eine bestimmte


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Situation der Betroffenheit ist, und daher muss es mir zugestanden werden, entsetzt darüber zu sein, wenn Schafe von Böcken getrennt werden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe mit dem bis jetzt Gesagten – vor allem im Hinblick auf Demokratie – in erster Linie die FPÖ gemeint. Mit dem, was ich jetzt sage, meine ich die ÖVP. Nicht nur, dass die gesamte ÖVP immer wieder das Wort der Bürgergesellschaft im Mund führt, erinnere ich an die Situation in Oberösterreich, als ganz besonders – ich glaube, es war im Vorjahr – der "Tag der ehrenamtlichen Funktionäre" gefeiert wurde, im Zuge dessen großartige Ehrungen an all jene Menschen, die sich der Gesellschaft uneigennützig zur Verfügung stellen, verliehen wurden.

Meine Damen und Herren! Dieses "uneigennützig zur Verfügung stellen" ist in dem Moment sinnlos, wirkungslos, nicht mehr möglich, in dem den Menschen die Möglichkeit der Mitteilung genommen wird. Da im Fernsehen die "Initiative zur Rettung des Stephansdoms" als Beispiel angeführt wurde, glaube ich, dass es möglicherweise der Mehrheit der Bevölkerung nicht in erster Linie ein Anliegen ist, sich dafür einzusetzen, wie diese Initiative ihre Zielsetzungen finanziell bewältigt, weil – vielleicht auch nicht richtig – von ihr der Stephansdom nicht als wichtiges förderungswürdiges Anliegen gesehen wird. – Das entspricht nicht meiner persönlichen Meinung; erlauben Sie mir diese Zwischenbemerkung.

Ich meine aber, dass es eine ganze Reihe von Initiativen gibt, deren Arbeit weit über das so genannte Kleinkaritative hinausgeht. Das ist all das, was in jenen Bereichen angesiedelt ist, die vom Staat einfach nicht wahrgenommen werden können, weil ganz besonderer persönlicher, diffiziler, zielgerichteter und gruppenorientierter Einsatz notwendig ist, um die staatlichen Aufgaben zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! All jenen Organisationen entziehen Sie den Boden für ihre Tätigkeit, ohne zu sagen, wie dieser Prozess aufgefangen werden kann, was zugegebenermaßen vom Staat nur schwer erfüllbar ist, weil einfach große Lösungen und die zielgerichtete Arbeitsweise, die in sehr vielen Bereichen notwendig ist, nicht erbracht werden können.

Das ist das Aushöhlen der Meinungsvielfalt, verbunden mit einem Anschlag auf die Demokratie und dem Beweis dafür, dass mit dieser Maßnahme keine sozialen Anliegen schützenswerter und unterstützungswürdiger Gruppen in unserem Staate gefördert werden, ja im Gegenteil ihnen ganz massive Schädigungen zugefügt werden.

Meine Damen und Herren! Solch einer Arbeitsweise, solch einer Einstellung muss ich mich ganz einfach mit aller Entschiedenheit verschließen. Ich glaube, alle, die sich ein bisschen in diese Richtung eine Tätigkeit überlegen, müssen Verständnis für die tiefe Betroffenheit haben, die diese Diskussion heute bei mir ausgelöst hat. (Beifall bei der SPÖ.)

16.44

Vizepräsident Johann Payer: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.45

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Noch einmal zurückkommend auf Frau Kollegin Trunk möchte ich sagen, sie hat in den letzten Sätzen ihrer Wortmeldung mit erhobenem Pamphlet darauf hingewiesen – Sie werden sich sicher erinnern –, erst wenn Geschäftsordnung und Ordnung herrsche, werde sie ihre Rede halten. Frau Kollegin Trunk! Sie maßen sich etwas an, was eine Zensur des Vorsitzes ist. Das ist ungeheuerlich, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und gerade Sie mahnen gleichzeitig Pressefreiheit ein. Das ist unglaublich, Frau Kollegin! (Bundesrätin Mag. Trunk: Kritik muss erlaubt sein! Überall!)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir aber auch ein paar inhaltliche Bemerkungen zur dringlichen Anfrage der SPÖ. Die sozialdemokratische Fraktion führt auf der ersten Seite ihrer Anfrage an, welche Tätigkeiten der Postzeitungsversand umfasst, und führt gleichzeitig Klage darüber, dass die Meinungsfreiheit, die Meinungsvielfalt gefährdet sei.


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Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Der Versuch, Quantität mit Qualität zu verwechseln beziehungsweise gleichzustellen, ist nicht korrekt. Meine Damen und Herren! Quantität mit Qualität zu vergleichen – da Sie Zahlen anführen, wie viele Aussendungen davon betroffen sind –, ist inhaltlich nicht nur falsch, sondern beweist einmal mehr, dass es Ihnen von der Sozialdemokratie nicht um die Sache geht, sondern um reinen, puren Aktionismus.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie führen weiters an, dass sich der Marktwert der Österreichischen Post AG verringern könnte, wenn die Abgeltung der Leistungen des Postzeitungsdienstes für 1999 nicht zur Gänze erfolgt, vor allem dann, wenn die Aufstockung um rund 400 Millionen Schilling für das Jahr 2000 nicht erfolgt.

Meine Damen und Herren! Diese Einschätzung ist auch schlichtweg falsch. Allein die Idee, dass, wenn man aus seiner Brusttasche Geld in die Hosentasche verlagert, man mehr besäße, ist abwegig. Man besitzt um keinen Groschen mehr, weder steigert sich der Wert um einen Deut, noch haben sich die finanziellen Verhältnisse geändert. Das allein, meine Damen und Herren, beweist einmal mehr, dass es Ihnen nur um reinen Aktionismus und nicht um Inhalte gegangen ist (Bundesrätin Mag. Trunk: Was heißt das? Können Sie erklären, was Sie sagen!?), denn, Frau Kollegin Trunk, genau mit dieser Methode, die Sie heute an den Tag gelegt haben, erreichen Sie das, was Sie beklagen. Sie unterstellen nämlich der Österreichischen Post AG, dass sie ohne staatlichen Zuschuss, ohne diesen Postzeitungsdienst unbedeutend und wertlos ist. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist eine Unverschämtheit!)

Meine Damen und Herren! Das ist Ihre Strategie. Das ist Sozialismus pur und daher zurückzuweisen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie schreiben auch sinngemäß in der Begründung dieser dringlichen Anfrage, dass durch weniger Staat, mehr Privat, durch mehr Wettbewerb und weniger Zuschüsse oder eben durch mehr Kostenwahrheit Arbeitsplätze gefährdet seien.

Werte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Keine Regierung der Zweiten Republik hat mit öffentlichen Geldern so viele Arbeitsplätze vernichtet wie die Sozialdemokratie. Schreiben Sie sich das fest hinter Ihre Ohren! Schauen Sie sich die Statistiken an! Rufen Sie sich den Niedergang der verstaatlichten Industrie in Erinnerung, meine Damen und Herren! Und erinnern Sie sich an Ihr Paradeunternehmen "Konsum" und an dessen Niedergang! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Bundesräte Kainz und Konecny. )

Meine Damen und Herren! In allen Bereichen – leider! –, in denen sozialistische Arbeitsmarktpolitik angesagt war (Bundesrat Konecny: Haben wir die Trendwende geschafft! Genau das! Kollege Bartenstein hat dazu abschließende Aussagen getroffen!), haben wir deutlich gespürt und spüren es noch sehr deutlich, dass diese Ihre Arbeitsmodelle nicht gefruchtet und vor allem nicht zielführend waren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich verstehe aber, dass Ihre dringliche Anfrage (Bundesrat Freiberger: Nein, du verstehst nicht!), Herr Kollege Freiberger, vielleicht heute nur eine Übung der Opposition ist. Etwas anderes, wenn ich die Begründung lese, kann sie ja nicht sein. Meine Damen und Herren! Wenn das eine Übung der Oppositionsrolle sein soll, so sage ich Ihnen: Sie müssen noch sehr viel lernen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Aber nicht so vom Blatt lesen wie Sie! – Bundesrätin Kainz: Aber von Ihnen nicht!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie sollten viel mehr darüber nachdenken. Es gibt da auch eine alte steirische Weisheit: Ein Brandstifter beziehungsweise dessen Tat wird nicht legitimiert, wenn er plötzlich die Mitgliedschaft bei der Feuerwehr reklamiert. – Brandstifter sollten nicht Feuerwehr spielen!

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Jemand, der der Verursacher dieses Finanzdesasters, dieses desaströsen Budgetdefizits ist, sollte nicht die Sanierungen blockieren und bekämpfen, sondern sollte sich der Situation bewusst sein, dass diese Probleme, die nun


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saniert werden, von Ihnen während Ihrer 30 Jahre dauernden Regierungspolitik verursacht wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat
Konecny: Das war's?)

16.51

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Marizzi. – Bitte.

16.51

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Weilharter! Sie sind aus der Steiermark. Haben Sie diese Zeitung gelesen? (Der Redner hält die Kopie eines Zeitungsartikels in die Höhe.) – Ich lese vor: Posttarif für Steirische ÖVP unabdingbar. Der steirische ÖVP-Klubobmann Hermann Schützenhöfer hat sich gestern dem Protest gegen die Abschaffung des verbilligten (Bundesrat Dr. Nittmann: Lauter! Ich höre nichts! – Zwischenruf des Bundesrates Konecny ) Posttarifes angeschlossen. – Zitatende. Ich weiß nicht, was Sie uns erzählt haben. Haben Sie nicht mit Ihrem Klubobmann geredet, oder wie ... (Zwischenrufe der Bundesräte Thumpser und Weilharter. )  – Moment, Moment! Jetzt komme ich noch zu Kollegen Ledolter. (Bundesrat Weilharter: Wenn Sie mir Schützenhöfer als Klubobmann unterstellen, haben Sie die falsche Adresse erwischt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Dr. Nittmann: Vielleicht wissen wir etwas nicht!) In solch einer Diskussion von der Post als "Selbstbedienungsladen" zu sprechen, das herauszustreichen, ist, so meine ich, schon ein starkes Stück. Ich an Ihrer Stelle, Herr Kollege Ledolter, würde mich schämen! 36 000 Postler en passant zu beleidigen und zu sagen, das sei ein Selbstbedienungsladen, ist ein starkes Stück. Haben Sie schon einmal mitbekommen, dass ein Briefträger – unter uns gesagt – keine leichte Arbeit hat? – Einen Briefträger als Beamten, als pragmatisierten Beamten abzutun, die Post als "Selbstbedienungsladen" zu bezeichnen, in den man jetzt wieder Geld hineinstecken müsse, dazu kann ich nur sagen: Herr Ledolter! Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schöls. )

Herr Bundesminister! Ich bin stolz darauf, dass ich ein Roter bin, genauso wie Sie stolz darauf sind, dass Sie ein Blauer sind. Aber das Inserat, das jetzt schon öfters in wichtigen Zeitungen, wie in der "Presse", erschienen ist, hat kein Roter geschaltet. (Der Redner hält ein Inserat in die Höhe. – Bundesrätin Haunschmid: Das kostet viel Geld! Unnütz viel Geld!) Ich habe keinen roten Kopf, sondern ich habe ein rotes Herz. Ich schaue mir das an und lese vor: ",Messen Sie diese Regierung bitte nicht an Worten, sondern an ihren Taten.‘ (Wolfgang Schüssel) Herr Bundesminister Schmid! Die Regierung will ihre Kritiker postwendend zum Schweigen bringen. Mit Absicht?"

Ich lese Ihnen noch etwas vor, damit Sie jetzt einen roten Kopf bekommen: "Schmid ist bis jetzt noch durch keine einzige positive Idee aufgefallen. Es wird Zeit, daß er endlich anfängt, produktiv zu arbeiten." (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Konecny: Bravo!)  – Moment! – "Bis jetzt ist Schmid nur als Gegner diverser Projekte aufgetreten: vom Ausbau der Westbahn bis zur EU-Erweiterung – Schmid war immer GEGEN alles. (...) ‚Schmid muß lernen, daß die Zeit der Opposition vorbei ist. Als Regierungsmitglied erwartet man von ihm produktive Arbeit!‘"

Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Haunschmidt, Junge ÖVP Wien. Jetzt frage ich Folgendes: Ist er jetzt ein Schaf oder ein Bock? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Wer ist das? Wer ist denn das? ...! – Bundesrat Dr. Nittmann: Schafe gibt es in jeder Partei!) Herr Minister! Herr Kollege! Es macht ja nichts. Sie kennen ihn nicht. Wenn Sie Ihre eigenen Parteileute nicht kennen, dann tun Sie mir Leid! (Beifall bei der SPÖ. – Der Redner überreicht Bundesrat Bieringer die Kopie der Presseaussendung, aus der er zitiert hat.)  – Ich gebe Ihnen das, Sie können das lesen. Geben Sie mir das aber wieder zurück! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Man muss wirklich aufpassen. (Bundesrat Mag. Himmer wirft einen Blick auf die Presseaussendung.)  – Sie kennen ihn. Danke! (Bundesrat Konecny: Er ist identifiziert!)

Ich frage mich aber – damit bleibe ich noch bei den Böcken und bei den Schafen –: Wer sind dann wirklich die Böcke, wer sind die Schafe? Und vor allem: Wer ist der Wolf? – Ich hoffe, Sie sind nicht der Wolf. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wer ist Rotkäppchen?)


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Herr Bundesminister! Überlegen Sie sich diese Sache noch einmal! Das, was Sie tun, ist wirklich gefährlich! Lassen wir einmal die politischen Parteien beiseite! Denken wir an die vielen karitativen Vereine! Denken wir an die Gemeinden! Denken wir an viele dieser Menschen, die damit operieren! Ich sage: Lassen wir die Politiker beiseite! Okay, machen wir ein Gesetz, in dem die politischen Parteien nicht beinhaltet sind, oder irgend etwas anderes! Herr Bundesminister! Das, was Sie jedoch jetzt vorhaben, ist das Mundtot-Machen von 3 600 Vereinen! (Bundesrätin Haunschmid: Warum denn?) Das muss man sich einmal vorstellen! Sind das Böcke oder Schafe?

Herr Bundesminister! Das wird ein Kahlschlag für kleine Zeitungen werden. (Bundesrat Bieringer gibt dem Redner die Kopie der Presseaussendung zurück.)  – Danke. In Österreich gibt es 8 500 kleine Zeitungen. Die Betroffenen sind auch die Wirtschaftskammer und die Caritas, das geht vom ARBÖ bis zum ÖAMTC, vom "Standard" bis zur "Presse", von der "Kirchenzeitung" bis zum Verein "Menschen für Menschen", und Sie sehen, ich rede jetzt nicht von den politischen Parteien, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich stelle mir überhaupt die Frage – Sie müssen sich auch die Frage stellen –, ob diese Tarifpläne nicht EU-widrig sind. Das müssen Sie sich auch vor Augen führen. In allen anderen EU-Staaten werden diese Postwurfsendungen finanziell gestützt, und jetzt bilden wir in Österreich wieder die Ausnahme, Herr Bundesminister!

Man muss sich die Vereine anschauen, zum Beispiel die "Krebshilfe" oder "Ärzte ohne Grenzen". Jetzt kann man sagen: Global 2000 mag ich als Minister nicht (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Bitte?!), oder Greenpeace mag ich auch nicht. – Okay, vielleicht ist die "Aidshilfe" sympathischer, aber: Herr Minister! Überlegen Sie sich einmal, was Sie mit Ihrem Vorhaben anrichten! Dabei geht es nicht um Subventionen für die Post oder darum, dass Sie die Tarife um 500 Prozent erhöhen, wobei Sie immer gesagt haben, wir Freiheitlichen schauen darauf, dass keine Steuern erhöht werden, wir senken Kosten. – Sie erhöhen aber jetzt um 500 Prozent, Herr Bundesminister! (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter.  – Zwischenrufe bei der SPÖ. )

"Anpassen" heißt das jetzt. Ich kenne Sie, Herr Minister, schon seit langem als Kollege im Nationalrat. Sie sind Architekt, Sie sollten eigentlich Brückenbauer sein, aber das, was Sie jetzt machen, ist ein Kahlschlag, ein Killen der Meinungsvielfalt.

Herr Bundesminister! Ich erinnere mich an die letzte dringliche Anfrage betreffend Semmeringtunnel; das war sachlich und so weiter. "Haare" et cetera, das lasse ich jetzt alles weg, das haben Sie gesagt. Aber genauso wie Pröll letztendlich Sie betreffend Semmeringtunnel – und da werden wir noch einiges auszuhalten haben – ... (Rufe bei der ÖVP: Herr Landeshauptmann Pröll!)  – Herr Landeshauptmann Pröll. Danke. Entschuldigung! – Genauso wie Herr Landeshauptmann Pröll den Herrn Minister über den Tisch gezogen hat, genauso wird Herr Klubobmann Khol den Herrn Minister dahin gehend über den Tisch ziehen, dass Herr Khol zwischen Schafen und Böcken unterscheiden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.59

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm dieses.

17.00

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für all jene, die Herrn Mag. Georg Haunschmidt nicht kennen: Er ist Landesobmann der Jungen ÖVP in Wien. Und diese Junge ÖVP Wien hat vorgestern – im Originalton! – vom "Todesstoß" für politische Jugendorganisationen gesprochen. Ich zitiere: "Die Junge ÖVP Wien spricht sich mit aller Vehemenz gegen die geplante Abschaffung des Postzeitungsversandes aus." – Zitatende.

Das nur zur Klarstellung für all jene, die vielleicht Herrn Mag. Georg Haunschmidt nicht kennen. (Bundesrat Konecny: Wir organisieren gerne eine Begegnung zwischen dem Herrn Fraktionsobmann und dem ...!)  – Bitte.


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Zweitens: Über die Aussage des Kollegen Leodolter (Bundesrat Dr. d′Aron: Le dolter!)  – Ledolter, mir rutscht das "o" dazwischen – betreffend Post und "Selbstbedienungsladen Post" ist schon gesprochen worden. Allerdings, Kollege Ledolter, wenn du dafür die Reisekostenverrechnung der Post anführst und angibst, dass ein Postler, der in Ort A wohnt, während sich sein Postamt in Ort B befindet, Reisekosten verrechnen kann, dann lade ich dich herzlich ein, mit mir nach Sankt Aegyd zu fahren, denn dort fährt ein Postler, um die Post vom Postamt ins letzte Haus zu bringen, 126 Kilometer! (Bundesrat
Konecny: Das sind die Selbstbediener, klar!) Und das, lieber Kollege Le dolter (Bundesrat Dr. d′Aron: Besser!)  – man bessert sich! –, möchte ich in diesem Zusammenhang nicht haben!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben ausgeführt, dass es für behördliche Institutionen keinen begünstigten Postzeitungsversand mehr geben soll. Dazu gehören, so nehme ich an, auch die Gemeinden. (Bundesrat Konecny: 100 Millionen im Jahr!) Wenn die Gemeinden dazu gehören, Herr Bundesminister, dann bin ich nahe daran, die Gemeinden und ihre Bürgermeister, vor allem aber dann auch die Bevölkerung als Melkkühe dieser neuen Regierung anzusehen. (Bundesrätin Haunschmid: So etwas Blödes! – Bundesrat Konecny: Bitte, Herr Präsident, können wir jetzt endlich eine Sprachregelung finden?)

Wir haben den Entfall der Getränkesteuer zu verzeichnen, von dem wir noch nicht wissen, wie er kompensiert wird. Dass den Gemeinden dadurch Milliardenbeträge entfallen, ist Ihnen bekannt. Es wird im Zusammenhang mit dem begünstigten Postzeitungsversand darüber nachgedacht, den Gemeinden die Anzeigen- und Ankündigungsabgaben zu entziehen. Auch diese bedeuten Milliardenbeträge für die Gemeinden. Mit einem Schlag wird den Gemeinden auf der einen Seite die finanzielle Basis entzogen, auf der anderen Seite werden für sie mit einem neuen, wahrscheinlich teureren Posttarif zusätzliche Belastungen geschaffen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin Bürgermeister der Marktgemeinde Traisen, einer Gemeinde, die nur rund 2 000 Haushalte hat. Für diese würde das im Jahr rund 140 000 S an Mehrbelastung bringen. Ich weiß nicht, wie ich diese 140 000 S, sollte dies kommen, aufbringen soll, um der Bevölkerung die behördlichen Informationen in entsprechender Form zukommen zu lassen.

Herr Minister! Demokratie lebt von Meinungen. Demokratie lebt mit der Vielfalt. Und Demokratie ist Meinungsvielfalt. Um ganz unverfänglich zu sein, bleibe ich bei den Zeitungen: Der "Kurier" verschickt in Wien, Niederösterreich und Burgenland pro Tag 26 000 Exemplare per Postversand an seine Leserinnen und Leser. 26 000 Exemplare! Es wird für viele dieser 26 000 Zeitungsleserinnen und -leser, vor allem, wenn sie im städtischen Ballungsbereich wohnen, andere Vertriebssysteme geben, etwa durch Hauszustellung oder durch anderes.

Ich bleibe beim Beispiel Sankt Aegyd, denn ich weiß nicht, ob Sie, Herr Minister, auch Lahnsattel kennen, es grenzt an die Steiermark. (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Ja! Große Loan!)  – Genau! Ich frage mich: Welche Vertriebsorganisation bringt den Leserinnen und Lesern dort um diesen Preis den "Kurier"? – Die Leute dort haben dann nur die Möglichkeit, das Porto selbst zu bezahlen, oder, so wie es schon gesagt wurde, die Zeitungszustellung wird halt teurer. Es trifft auf alle Fälle – wenn Sie Lahnsattel kennen, wissen Sie, welche Bevölkerungsschicht dort wohnt – ältere Menschen, zu einem Großteil alte Holzfäller, die nicht 15 000 S oder 20 000 S Pension haben, aber dann rund 2 000 S mehr zu bezahlen haben, um diese Informationen zu erhalten. Und das, sehr geehrter Herr Minister, ist für mich auch ein soziales Problem, weil sich für diese ZeitungsleserInnen in Lahnsattel die Information um 2 000 S im Jahr verteuert.

Zur Äußerung des Kollegen d'Aron bezüglich der Vertriebsorganisation: In den Ballungszentren sehe ich da kein Problem, das hab ich schon gesagt. Dort trägt bald jemand um einen Schilling eine Zeitung aus. Wer das aber in einem ländlichen Gebiet zu denselben Konditionen wie in einem städtischen Gebiet macht – das schau ich mir an!

Auch noch ein Wort zu Kollegen Ledolter, der unter anderem die Wirtschaftskammer und andere Interessenvertretungen genannt hat. Ich kann Ihnen eine Aussendung der Wirtschaftskammer Kärnten vom 4. April im Originaltext vorlesen, in der "Belastungen" für die Wirtschaft und


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"ein Inflationsschub" befürchtet werden – ich zitiere –: Die Wirtschaftskammer Kärnten protestiert heftig gegen die Änderung des Postgesetzes, derzufolge Massensendungen massiv verteuert werden. Wenn das Budgetbegleitgesetz 2000 in der vorliegenden Fassung realisiert wird, werden Massensendungstarife um 300 bis 600 Prozent teurer, was alle Dimensionen sprengt. – Zitatende. Es wird also nicht nur für die Sozialdemokraten teurer, wie immer so gerne behauptet wird, sondern auch für die Interessenvertretungen, ob Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer oder welche auch immer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bitte Sie wirklich im Interesse der Leserinnen und der Leser, im Interesse der Menschen dieses Landes, aber auch im Interesse der Institutionen, der politischen Parteien dieses Landes diese Ihre Vorhaben zu überdenken.

Zum Schluss gestatten Sie mir noch ein persönliches Wort: Ich hoffe, ich habe Sie falsch verstanden. Als Kollege Marizzi bei Ihrer Anfragebeantwortung das Plakat zum ersten Mal hochgehalten hat, haben Sie gesagt – korrigieren Sie mich gegebenenfalls –: Ich sehe es auch ohne Brille, und ich sehe auch Ihren roten Kopf. – Herr Minister! Ich bin seit zwei Jahren in diesem Hause. Bei aller Emotion, die es gegeben hat, bei all den unterschiedlichen Weltanschauungen, die hier diskutiert wurden, muss ich sagen, persönlich so angegriffen, vor allem von einem Regierungsmitglied, wurde noch kein Mitglied dieses Hauses! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Wenn Sie das so gesagt haben, dann erwarte ich mir persönlich von Ihnen eine Entschuldigung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.08

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Professor Albrecht Konecny. Ich erteile ihm dieses.

17.08

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Absicht, zunächst auf eine Reihe von wichtigen Detailfragen einzugehen, zum Teil auch deshalb, weil es der Herr Bundesminister vorgezogen hat, die Antwort darauf zu verweigern. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist eine Unterstellung!)

Es ist keine Unterstellung. Der Herr Bundesminister hat beispielsweise zu Frage 13 ausdrücklich gemeint, er könne das nicht beantworten, weil er nicht sehe, wie es zu dieser Benachteiligung des ländlichen Raumes kommen solle. Herr Kollege Thumpser hat nun mit sehr drastischen Beispielen dazu Stellung genommen. Aber wir haben diese Problemstellung – solch eine Frage "schießt" man nicht aus der Hüfte – auch in der Begründung dieser Anfrage sehr deutlich dargestellt. Und ich erwarte mir von einem Bundesminister eigentlich schon, dass er die Begründung einer Anfrage zumindest liest – mit oder ohne Brille – und dann in der Beantwortung darauf Bezug nimmt.

Klar ist, wir haben eine höchst unterschiedliche Siedlungsstruktur in diesem Land. Es gibt im städtischen Bereich die Möglichkeit, mit relativ geringen Stückkosten Sachen zu distribuieren. Der Herr Minister selbst hat als Beispiel die Feibra angeführt. Es ist kein Zufall, dass eine solche Firma zunächst in Wien und vergleichbare Unternehmen dann in anderen Ballungszentren entstanden sind, da in solchen Zentren Tausende Exemplare mit relativ kurzer Wegstrecke des Austrägers verteilt werden können.

Sie alle, auch diejenigen, die Wien nur besuchsweise kennen, haben das sicher schon gesehen. Die Logistik ist einfach, da stehen irgendwo an einer Straßenecke vier, fünf "Rodeln" mit den Exemplaren, und dazu gibt es vier, fünf Austräger. In Lahnsattel oder in anderen vergleichbaren Orten Österreichs ist aber das hinzutransportierende Material so ein "Staperl" (der Redner zeigt mit Daumen und Zeigefinger den Abstand von zirka 5 Zentimeter an), und derjenige, der das austrägt, hat, so wie der Postler auch, dutzende Kilometer zu laufen. Diese Dienstleistung wird niemand außer einem gemeinwirtschaftlich verpflichteten Unternehmen zu denselben Preisen anbieten können.


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Wenn wir den Markt nicht regulieren, ist vieles nicht möglich. Diesbezüglich irren Sie, Herr Minister! Lassen wir die Zeitungen weg! Auch die ganz normale Postzustellung ist natürlich mit unterschiedlichen Kosten belastet, ob sie sich bei mir daheim im 8. Bezirk oder in Lahnsattel abspielt. Es ist entweder die gesetzliche Vorgabe an ein Unternehmen, eine bestimmte Dienstleistung gesamthaft zu gleichen Preisen im Bundesgebiet zu erbringen, oder aber die öffentliche Hand bestellt und bezahlt Leistungen. Wir machen das bei der Bundesbahn, die Nebenbahnen fahren auch nicht kostendeckend, aber die Betroffenen meinen, die Leistungen oder der Betrieb sei notwendig! Genauso war es bisher bei den Zeitungstarifen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Das war nicht so!)

Da geht es nicht um Privilegien, da geht es nicht um Subventionen, sondern es geht darum, bestimmte Dinge überhaupt erst möglich zu machen. Ich habe mich in meiner Wortmeldung jener Verengung nicht schuldig gemacht, die einige Folgeredner unter Berufung auf mich glaubten aufgreifen zu können. Nein, es geht nicht nur um eine Hand voll karitativer Vereine, es geht genauso um Kultur- und Sportorganisationen und Berufsorganisationen (Bundesrätin Haunschmid: Und um die SPÖ!), wie beispielsweise um die Zeitschrift "Die Österreichische Blasmusik", also um einen Verein, den wir subventionieren, der nicht wirklich mein Herzensanliegen, aber für Hunderttausende Österreicher ein Stück Kultur unseres Landes ist. Und dieser wird jetzt entweder keine Zeitung mehr machen können oder die Mitgliedsbeiträge erhöhen oder mehr Subvention einfordern müssen.

Die Frage ist: Fördere ich all jene, die in unserer Gesellschaft ein positives Element darstellen – ich bin mir nicht einmal sicher,  ob man die Parteien ausschließen muss,  aber tun wir einmal so –, dann bleibt unter dem Strich nichts übrig, dann habe ich die Einsparung hier gegen den Mehraufwand hier, und vielleicht kann ich 15 Prozent einsparen. Die Frage ist, ob die Operation mit aller Administration, die dahintersteckt, wirklich nicht mehr kostet als die 15 Prozent.

Daher ist also festzustellen: Das Ganze ist, wie ich gesagt habe, ein Hüftschuss, der in Wirklichkeit der österreichischen Gesellschaft einen Schaden zufügt, bei dem es nicht um ein paar, wie Sie gesagt haben, Härtefälle geht. Nein, darum geht es nicht! 80 Prozent der Betroffenen sind Härtefälle: die Jugendorganisationen, Berufsvereinigungen – Arbeitnehmer und Arbeitgeber –, Sport- und Kulturorganisationen, Autofahrerorganisationen. Wie, so glauben Sie, informiert das Wiener Konzerthaus seine Mitglieder? – Mit einer Zeitschrift! Wer wird das zahlen? – Es wird eine Subvention fällig werden, oder es wird das nicht mehr geben.

Ich glaube, da ist etwas im günstigsten Fall völlig unüberlegt und in dem Fall, den ich durchaus zu unterstellen bereit bin, in gezielter Absicht losgetreten worden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte an dieser Stelle noch eine technische Bemerkung machen. Der Herr Bundesminister hat die Behauptung aufgestellt, die Mitglieder des Verbandes der österreichischen Regionalzeitungen wären durch eine Partei – offenbar waren damit wir gemeint – nicht zum Postzeitungsvertrieb zugelassen worden. Sie haben sich offenbar mit diesem Thema wirklich nicht sehr ernsthaft beschäftigt! Wissen Sie, wer diese Mitglieder sind? Wissen Sie es? (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Soll ich Ihnen den Brief geben?)  – Gerne, aber wissen Sie, um welchen Typus Zeitschrift es sich dabei handelt, oder von welchem Typus deren Publikationen sind?

Dahinter steckt ein alter Streit zwischen den österreichischen Kaufzeitungen und der österreichischen Gratis-Presse. Im Gegensatz zu dem Vereinsnamen, der nahe legt, das seien Regionalzeitungen – das sind sie nicht! –, handelt es sich dabei nämlich um die in fast allen österreichischen Bezirken bestehenden Gratis-Zeitungen, die grundsätzlich keine Abonnenten haben, sondern sich an das allgemeine Publikum wenden. Es gibt seit vielen Jahren einen Krieg zwischen den Kaufpublikationen und diesen Gratis-Publikationen. In, wie ich behaupte, völlig korrekter Anwendung der Postordnung und der nunmehrigen Vertragsbestimmungen – aber es hat jedenfalls nie eine politische Intervention gegeben – sind solche Gratis-Zeitungen, die ausschließlich kommerzielle Interessen verfolgen – denn es handelt sich in Wirklichkeit um Anzeigenblätter –, nicht zum Postzeitungsversand zugelassen worden. Das steht so in den Bestimmungen, die keine Partei erfunden hat. Ich weiß nicht, warum Sie sich dieser Polemik wie vieler anderer zu bedienen versucht haben.


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Lassen Sie mich eine Schlussbemerkung machen: Dies war kein guter Tag für den Bundesrat, und auch nicht für die ÖVP-Fraktion. Kollegen Ledolter ist es sozusagen mit der linken Hand gelungen, zumindest zeitweilig – nicht auf Dauer, das weiß ich schon – seine Fraktion zu spalten. Ich muss sagen, ich zolle Kollegen Schöls – und auch anderen, aber ihn habe ich am deutlichsten bemerkt – meine Anerkennung. (Zwischenruf bei der ÖVP.)  – Ich will ihn nicht werben, damit keine Missverständnisse entstehen – also wollen schon. Aber ich halte es jedenfalls für anerkennens- und aussprechenswert, wenn ein Mandatar dieses Hauses eine derartige Beleidigung eines Berufsstandes oder einer Berufsgruppe zurückweist, über die er mehr weiß als Kollege Ledolter, und ich kann Ihnen nur meine Anerkennung aussprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer  – in Richtung des Bundesrates Schöls –: Du bekommst Beifall von der falschen Seite!)  – Da würde ich normalerweise eine tatsächliche Berichtigung anmelden, das ist die richtige Seite, Kollege Bieringer!

Zweitens ist festzuhalten: Wir haben eine Beantwortung bekommen, die über weite Strecken darauf verzichtet hat, Antworten zu geben. Das haben andere vor mir schon gesagt. Wenn man konkrete Anfragen stellt, sie begründet, ausführlich begründet, dann kann man von einem Bundesminister erwarten, dass er selbst, wenn er den Groll darüber, hier sitzen zu müssen, ins Gesicht geschrieben trägt, eine konkrete Antwort gibt. (Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Entschuldigung, das muss ich mir aber auch nicht sagen lassen!)

Ich glaube, dass der Herr Bundesminister, auch in seinem Stil ... (Bundesrat Weilharter: Ungeheuerlich!)  – Kollege Weilharter! Sie müssen es sich anhören, und es steht Ihnen nicht zu, mit jenen Beschimpfungen, die Sie heute schon von sich gegeben haben, zu antworten. (Bundesrätin Haunschmid: Und Sie?)  – Auch Sie, Frau Kollegin, gehören zu den Häuptlingen schnelle Zunge. Sie sind vor 20 Minuten bei einer Wortmeldung eines Kollegen meiner Fraktion mit dem Ausruf "Blödsinn" aus dem Saal gestürmt. Frau Kollegin! Diese Art von pausenloser ... (Bundesrat Weilharter: Und Sie? Glauben Sie auch ... Spiegelbild?)

Herr Kollege! Ich kann mich in den Spiegel schauen. Wie Sie das halten, weiß ich nicht, aber Sie haben die Premiere auf die ... (Bundesrat Weilharter verlässt den Saal.) Er geht mir davon, aber das halte ich psychisch aus. Sie haben das Erstgeburtsrecht, soweit ich das den Protokollen entnehmen kann, auf die Verwendung des Wortes "fies" in den Debatten dieses Hauses. Gratuliere, Kollege Weilharter, jeder muss einmal der Erste sein. (Bundesrätin Haunschmid: Fragen Sie Frau Kollegin Trunk, was sie alles gesagt hat!)

Herr Bundesminister! Auch Sie waren ein Erster. Die Debatte darüber – die Kollegen von der FPÖ, die schon ein Weilchen diesem Haus angehören, wissen das –, wo die Polemik von der Regierungsbank, die nicht parlamentarische Usance ist, beginnt, haben wir geführt. (Bundesrätin Haunschmid: Ausgelöst durch die SPÖ!) – Nein! Natürlich gibt es hier Abstufungen, wo die Polemik von der Regierungsbank beginnt, und ich bin, durchaus wissend, wie manche unserer Bundesminister das gehandhabt haben, bereit, nicht allzu strenge Maßstäbe anzuwenden. (Oh!-Rufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Bieringer: Vergelt’s Gott für die Gütigkeit!)

Was Herr Minister Schmid heute geboten hat, insbesondere die Attacke auf Kollegen Marizzi, werde ich zum Gegenstand von Beratungen in der Präsidialkonferenz machen. Das ist zweifelsohne ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Wir zittern schon!)  – Herr Kollege! Sie brauchen nicht zu zittern! Sie sind auch nicht Minister! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Grenze ist meiner Überzeugung nach – ich habe diese relativierende Bemerkung dazu gemacht – eindeutig überschritten worden. Wir werden uns das Recht, in dringlichen Anfragen Auskünfte zu verlangen, nicht nehmen lassen. Im Gegensatz zu dem, was uns auch ein paar Mal unterstellt wurde, stellen wir dringliche Anfragen nicht nur – auch da bin ich ehrlich –, um damit in der Öffentlichkeit einen bestimmten Standpunkt zu transportieren, sondern auch, um die Absichten der Bundesregierung im Detail zu erfahren und um uns daran kritisch festmachen zu können.

Bei letzterem Versuch hat uns Herr Minister Schmid heute gnadenlos scheitern lassen. Wir sind um kein Stückchen zusätzlich informiert worden. Zur Erreichung des ersteren Zwecks – auch


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das sei eingestanden – haben uns die Äußerungen des Herrn Ministers Schmid allerdings außerordentlich geholfen, wofür ich mich herzlich bedanke! (Beifall bei der SPÖ.)

17.21

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid. Ich erteile ihm dieses.

17.21

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid: Wertes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe jetzt eigentlich vorgehabt, mir selbst einen leisen Ordnungsruf zu erteilen, da sich Herr Kollege Marizzi in alter Bekanntschaft – in alter Freundschaft darf ich nicht sagen – beleidigt gefühlt hat, weil ich gemeint habe, dass ich angesichts der Schulden, die uns die SPÖ übergeben hat, auch einen roten Kopf bekommen würde. – Ich nehme mein Vorhaben, mir selbst einen Ordnungsruf zu erteilen, angesichts dessen, was Herr Professor Konecny jetzt gesagt hat, allerdings zurück. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, dass doch irgendwo Waffengleichheit herrschen darf. Ich halte fest, dass ich hier nicht mit Groll sitze, dass das eine Unterstellung ist, und dass ich wirklich aus Überzeugung heute zur Dringlichen gekommen bin, um zur Aufklärung in dieser Causa etwas beizutragen.

Wenn Sie das eine oder andere als polemisch bezeichnen, dann frage ich mich, was Ausdrücke wie "die Parteien werden abgeschafft" sind. Frau Bundesrätin! Sie haben den Verdacht geäußert, dass die Absicht besteht, Parteien abzuschaffen.

Oder ich zitiere Sie, Herr Professor, dass man den Vereinen verbietet – wörtliches Zitat –, "miteinander zu kommunizieren". – Wissen Sie, wie viele Vereine in Österreich ohne Inanspruchnahme der Unterstützung durch die Allgemeinheit auskommen, zum Beispiel die "FC Wirtshausnachrichten"? – Ich kann Ihnen das dann vorlesen.

Sie haben heute den ganzen Tag davon gesprochen, dass die Meinungsvielfalt abgeschafft werde, obwohl mit Nachdruck festgehalten wurde, dass diese Bundesregierung im Bereich der Presseförderung, der Unterstützung der Meinungsvielfalt ihren Obolus leisten wird. Sie haben das einfach nicht zur Kenntnis genommen!

Weiters wurde mit Nachdruck festgehalten, dass die karitativen Bereiche unterstützt werden. Ich sage das noch einmal. Trotzdem wurde in einer gewissen Rhythmik immer wieder, und zwar auch unter Aufzählung der Vereine, die Behauptung aufgestellt, dass all diese keine Unterstützung mehr bekommen. Ich halte das für unehrlich, seien Sie mir nicht böse, weil das nicht stimmt! Das entspricht nicht den Tatsachen. Ich kann Ihnen, wenn Sie wollen, auch andere Vereine – ich wurde auch danach gefragt – aufzählen. Ich will diesen jetzt nicht nahe treten. Ich sage Ihnen nur: Ich glaube nicht, dass es diese Vereine notwendig haben, dass sie durch die öffentliche Hand unterstützt werden, etwa verschiedene Tennisklubs.

Ich bin übrigens auch bei sieben oder acht Vereinen: Kein Einziger davon bekommt auch nur einen Schilling Unterstützung für seine Mitteilungen, und wir kommunizieren hervorragend. Glauben Sie mir das!

Herr Bürgermeister! Ich bin in einer ähnlichen Gemeinde wie Ihrer zu Hause. Sie hat 2 400 Einwohner. Auch die Gemeindezeitung wird dort selbst ausgetragen und aufgehängt. In dieser Gemeinde gibt es 36 Vereine, die mit keinem einzigen Schilling unterstützt werden. Das ist ein Faktum!

Wissen Sie, wie viele Vereine es in Österreich gibt? (Bundesrat Konecny: Ich weiß es, im Gegensatz zu Ihnen!) – Herr Professor! Bitte unterstellen Sie mir jetzt keine Polemik oder sonst irgendetwas Bösartiges! Aber sagen Sie doch um Gottes willen nicht, dass irgendjemand in diesem Land den Vereinen verbietet – wörtliches Zitat von Ihnen –, "miteinander zu kommunizieren". Das ist einfach nicht richtig! (Bundesrat Konecny: Was heißt "miteinander"? Das habe ich ja nicht gesagt! Nein!)


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Sie haben das wörtlich gesagt, ich habe mir das aufgeschrieben. Dann haben Sie fluchtartig den Saal verlassen, was mich an sich gefreut hat, denn diese Aussage hat wirklich nichts zu einer positiven und konstruktiven Diskussion beigetragen. Sie haben das wirklich gesagt.

Wenn Sie sagen, dass man den Vereinen verbietet ... (Bundesrat Konecny: "Unmöglich macht" habe ich gesagt!) Ich halte jetzt fest: Sie haben "verbietet" gesagt! Wir werden das im Protokoll nachlesen. Ich bitte, das Protokoll dann auch dahin gehend zu prüfen, wie weit die Fragen beantwortet wurden. Daran liegt mir nämlich sehr viel. (Bundesrat Konecny: Das liegt inzwischen vor!)

Ich gebe Ihnen Recht beziehungsweise habe Verständnis dafür, dass Sie es nicht unbedingt gerne hören, wenn ich auf die Situation, die wir übernommen haben, hinweise. Aber es tut mir persönlich weh, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass sehr viele aus der Sozialdemokratischen Partei jetzt politisches Kleingeld aus dieser Situation schlagen wollen, wenngleich sie selbst einen desaströsen Budgetzustand herbeigeführt haben. Verstehen Sie? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Schauen Sie Ihre Wahlversprechen an!)

Wir können das wiederholen: Der Budgetzustand ist desaströs! Der Herr Professor hat es bereits zustande gebracht. (Bundesrätin Fuchs: Karenzgeld für alle! Wie viel kostet das?)

Glauben Sie mir bitte: Das ist die Situation! Ich sage aus tiefster Überzeugung: Ich würde mich gigantisch freuen, und ich wäre noch viel lieber Minister, wenn ich über solche Budgetmöglichkeiten verfügen könnte, dass ich jedem Verein und auch den 30 000 oder 50 000 anderen noch Geld geben könnte! Ich habe allein in meinem Ressort unter Einrechnung der gesetzlich gebundenen SCHIG-Mittel, die noch nicht verbraucht sind, 317 Milliarden Schilling Schulden! Nur in meinem Bereich habe ich 317 Milliarden Schulden! (Bundesrätin Fuchs: Amnestie für Steuerschuldner! Wo passt denn das dazu?) Glauben Sie mir: Ich hätte lieber eine Situation übernommen, dass wir nicht unseren Nachfolgegenerationen sagen müssen, dass die nächste, die übernächste und die überübernächste Generation diese Schulden bezahlen werden müssen. Das ist aber leider Gottes eine Tatsache!

Herr Professor! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausschließlich diese Situation führt dazu, dass wir Maßnahmen setzen werden müssen. Sie dürfen hinausgehen – ich fordere Sie wirklich mit Nachdruck auf! – und den Leuten draußen sagen, dass Sie trotzdem eine Parteiförderung in der Höhe von etwa 250 Millionen – das sind etwa 20 Prozent des Gesamtvolumens – wollen. Denn diese Zahlen lassen Sie aus! Sie wollen 20 Prozent! Ich sage: Wir verzichten darauf. Wir gehen mit gutem Beispiel voran und werden unsere Informationstätigkeit gemäß unseren finanziellen Möglichkeiten einschränken. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sponsoren! Anonyme Sponsoren!) Sie sind aufgefordert!

Ich will jetzt nicht polemisch werden, aber ich nehme an, dass die SPÖ in Kärnten auch nicht unbedingt ein karitativer Verein ist. Unter dieses richterliche Mäßigungsrecht fallen Sie leider Gottes nicht. Es gibt außerdem auch die behördlichen Bereiche.

Ich fasse zusammen und wiederhole noch einmal: Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass man seitens der Sozialdemokratischen Partei nun mit einer Darstellung, die über weite Bereiche nicht den Tatsachen entspricht, auf emotionale Weise Kleingeld und politisches Kapital aus einer Situation schlagen will, die man selbst in diesem Land bewirkt hat, nämlich eine desaströse Verschuldung.

Herr Bürgermeister! Zum Lahnsattel: Wir wissen, woher das kommt: auf der Loan, die große Loan. "Loan" ist – für alle, die diesen Ausdruck nicht kennen – die große Lawine. Worunter wir leiden, ist nicht die Lawine, die uns der Herrgott in Form von Schnee heruntergeschickt hat, sondern die uns Herr Edlinger in Form eines Schuldenbudgets der Sonderklasse beschert hat. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


Bundesrat
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663. Sitzung / Seite 103

17.30

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.

17.30

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte nur noch zu geschäftsordnungsmäßigen Dingen Stellung nehmen.

Zunächst hat es mich doch ein wenig überrascht, Herr Kollege Konecny, dass Sie hier – dafür hätte ich noch Verständnis – Fragen des politischen Stils einmahnen. Sie wissen, dass mir das selbst auch ein Anliegen ist. Allerdings würde ich dann doch erwarten, dass Sie hier nicht selektive Wahrnehmungen an den Tag legen. Ich verstehe, dass Sie das nicht in den Vordergrund stellen, aber Sie müssen doch bemerkt haben, wie die Wortwahl in Ihrer eigenen Fraktion teilweise ist. Es kann Ihnen nicht entgangen sein, weil Kollegin Trunk über ein entsprechendes Organ verfügt, dass sie, ohne dass ein Ordnungsruf erteilt worden wäre, von Lüge und Unverschämtheit gesprochen hat. So ging das dahin. Die Tonart und den Tonfall, wie sie sie manchmal wählt – vereinzelt gilt das auch für Sie, das muss ich auch sagen! –, bin ich eigentlich nicht gewohnt. Ich habe es mir auch von Vorgesetzten nicht gefallen lassen, wenn sie begonnen haben, mich anzuschreien.

Jetzt noch eine geschäftsordnungsmäßige Bemerkung: Sie haben das Stenographische Protokoll angefordert und sich wie folgt geäußert – ich zitiere –: "Es war in dieser netten Abfolge von Polemiken nicht erkennbar, in welcher Art die Fragen konkret beantwortet wurden." – Ende des Zitats.

Inzwischen liegt uns das Rohprotokoll vor. Es hat mich nicht überrascht – denn sonst hätte ich ja zuerst dem Herrn Bundesminister nicht gut zugehört –, dass auch die Durchsicht des schriftlichen Protokolls ergeben hat, was ich bereits wahrgenommen habe: Der Herr Bundesminister war durchaus in der Lage, die Fragen, die entsprechend gestellt waren, substanziell zu beantworten. – Ich verweise beispielsweise – wenn Sie es durchblättern und näher ansehen wollen – auf Frage 9, auf Frage 15, auf Frage 16 und ähnliche mehr. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Wenn Sie ihm hingegen eine Frage stellen wie beispielsweise Frage 17, nämlich nach einem Gutachten, das er nicht in Auftrag gegeben hat und das er meines Wissens nicht kannte, dann kann er nicht mehr dazu sagen als: Ich kann dazu keine Stellungnahme abgeben. – Wie ich eben überhaupt ... (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) Bitte keine Zwiegespräche hier! (Bundesrätin Mag. Trunk: Wer ist hier der Präsident?)

Wie ich überhaupt gerne sagen möchte: Die Beantwortungen von Fragen können nicht substanzieller sein als die teilweise polemisch gestellten Anfragen! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.33

Vizepräsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich möchte jetzt eine Erklärung abgeben und zitiere § 70 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates: "Der Ruf ‚zur Ordnung‘ kann vom Präsidenten auch am Schluss der Sitzung, in der der Anlass gegeben wurde, oder am Beginn der nächsten Sitzung nachträglich ausgesprochen werden."

Kollege Böhm hat es bereits angemerkt hat, und ich habe hier jetzt ebenfalls ein Rohprotokoll, auf welchem der Stenographendienst verzeichnet hat, dass es sich um ein nicht bearbeitetes Rohprotokoll handelt. – Daher wird sich die Präsidiale mit diesem Protokoll in der nächsten Präsidialsitzung beschäftigen. Dann besteht noch immer die Möglichkeit, vom Präsidium aus einzuschreiten. Aufgrund des Protokolls, das mir jetzt vorliegt, ist momentan keine Entscheidung zu treffen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
663. Sitzung / Seite 104

Meine Damen und Herren! Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt neun Anfragen, 1698/J bis 1706/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Dienstag, der 9. Mai, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, so weit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, den 8. Mai, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 17.36 Uhr