Stenographisches Protokoll

657. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 29. Juli, und Freitag, 30. Juli 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

657. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 29. Juli, und Freitag, 30. Juli 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 29. Juli 1999: 9.03 – 21.13 Uhr

Freitag, 30. Juli 1999: 9.01 – 14.17 Uhr

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Tagesordnung

1. Änderung des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Dritten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Genf am 22. September 1995; Änderung und Annahme von Anlagen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Vierten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Kuching, Malaysia, 23. bis 27. Februar 1998

2. Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1999)

4. Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird

5. Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird

6. Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Polizeikooperationsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969 und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 1999)

7. Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden

8. Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII)

9. Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12)


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657. Sitzung / Seite 2

10. Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956)

11. Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich

12. Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden

13. Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

14. Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich

15. Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000)

16. Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird

17. Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000)

18. Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden

19. Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

20. Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden

21. Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz)

22. Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG)

23. Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird

24. Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten (Universitäts-Akkreditierungsgesetz – UniAkkG)

25. Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 1988 geändert wird

26. Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz)

27. Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 – ÖPNRVG 1999)


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657. Sitzung / Seite 3

28. Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG)

29. Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden

30. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG)

31. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG)

32. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden

33. Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG)

34. Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG)

35. Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird

36. Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird

37. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden

38. Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden

39. Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz)

40. Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

41. Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999)

42. Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999)

43. Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird

44. Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über den Vertragsabschluß im Fernabsatz in das Konsumentenschutzgesetz eingefügt und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 sowie das Produkthaftungsgesetz geändert werden (Fernabsatz-Gesetz)

45. Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufs durch den 31. Dezember 1999


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657. Sitzung / Seite 4

46. Bundesgesetz über elektronische Signaturen (Signaturgesetz – SigG)

47. Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG)

48. Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind samt Erklärungen der Republik Österreich

49. Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird

50. Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird

51. Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird

52. Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

53. Selbständiger Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates

54. Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat 23

Angelobung des Bundesrates Dr. Klaus Peter Nittmann 23

Schlußansprache des Präsidenten Jürgen Weiss 275

Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen gemäß § 45 (3), dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung betreffend die Anträge 89, 85 und 93 eine Frist bis zum 17. September 1999 zu setzen 43

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung

Dr. Reinhard Eugen Bösch 43

Antrag auf Durchführung einer Debatte 43

Annahme 44

Debatte:

Albrecht Konecny 44

Dr. André d′Aron 45

Ludwig Bieringer 45

Ablehnung 275

Unterbrechung 200


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657. Sitzung / Seite 5

Personalien

Krankmeldung 23

Entschuldigungen 23

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 42 und 47

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 42

Ausschüsse

Zuweisungen 47

Fragestunde

Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie 24

Uta Barbara Pühringer (1066/M-BR/99); Mag. Melitta Trunk, Ing. Kurt Scheuch

Erhard Meier (1063/M-BR/99); Mag. John Gudenus, Peter Rodek

Ernest Windholz (1070/M-BR/99); Friedrich Hensler, Ernst Winter

Mag. Karl Wilfing (1067/M-BR/99); Johanna Schicker, Ulrike Haunschmid

Ernst Winter (1064/M-BR/99); Ing. Kurt Scheuch, Ing. Walter Grasberger

Dr. Reinhard Eugen Bösch (1071/M-BR/99); Mag. Karl Wilfing, Hedda Kainz

Maria Grander (1068/M-BR/99); Karl Drochter, Monika Mühlwerth

Verhandlungen

(1) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend eine Änderung des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Dritten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Genf am 22. September 1995; Änderung und Annahme von Anlagen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Vierten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Kuching, Malaysia, 23. bis 27. Februar 1998 (1751 und 2082/NR sowie 6020/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Thumpser 47

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Ledolter 48

Erhard Meier 49

Ernest Windholz 50

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 51


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 6

(2) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1944/NR sowie 6021/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 52

(Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen)

Redner:

Ulrike Haunschmid 52

Johann Kraml 53

Friedrich Hensler 54

Leopold Steinbichler 55

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmenmehrheit) 58

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1999) (1199 und 2078/NR sowie 6022/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird (2080/NR sowie 6023/BR d. B.)

(5) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (2081/NR sowie 6024/BR d. B.)

Berichterstatter: Leopold Steinbichler 59

[Antrag, zu (3), (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Ulrike Haunschmid 59

Johann Kraml 61

Ing. Franz Gruber 62

Mag. John Gudenus 63 und 67

Mag. Harald Repar 65

Jürgen Weiss 66

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 68

Berichterstatter Leopold Steinbichler 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 70

Entschließungsantrag der Bundesräte Ulrike Haunschmid, Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend Gebarungskontrolle der Wasserverbände 67


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657. Sitzung / Seite 7

Ablehnung 70

Entschließungsantrag der Bundesräte Ulrike Haunschmid, Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen 68

Ablehnung 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (4) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 71

(6) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Polizeikooperationsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969 und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 1999) (1479 und 2023/NR sowie 6016 und 6025/BR d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Hannes Missethon 72

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ernest Windholz 72

Mag. Harald Repar 74

Alfred Schöls 75

Dr. Peter Böhm 76

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 78

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 82

(7) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden (1854 und 2052/NR sowie 6026/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 82

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Harald Himmer 83

Horst Freiberger 83

Wilhelm Grissemann 84

Bundesministerin Eleonora Hostasch 85

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 86

Gemeinsame Beratung über

(8) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) (1761 und 2050/NR sowie 6027/BR d. B.)

(9) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wie


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657. Sitzung / Seite 8

derauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12) (1762 und 2051/NR sowie 6028/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 86

[Antrag, zu (8) und (9) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. John Gudenus 87

Dr. Ferdinand Maier 88

Johann Kraml 89

Bundesministerin Eleonora Hostasch 89

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8) und (9) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 90

(10) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956) (1651 und 2055/NR sowie 6029/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 90

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Hans Ager 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 91

(11) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 über eine Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich (1836/NR sowie 6030/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 92

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Christof Neuner 92

Bundesministerin Eleonora Hostasch 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 94

Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Christof Neuner und Kollegen betreffend Sicherung des Qualitätsnachweises "Punzierung" 93

Ablehnung 94

(12) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden (1765 und 2025/NR sowie 6031/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 94


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657. Sitzung / Seite 9

(Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Engelbert Weilharter 95

Horst Freiberger 96

Engelbert Schaufler 97

Karl Drochter 98

Bundesministerin Eleonora Hostasch 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 99

(13) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1947/NR sowie 6032/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 100

(Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen)

Redner:

Dr. Peter Böhm 100

Albrecht Konecny 101

Jürgen Weiss 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmenmehrheit) 104

(14) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich (2026/NR sowie 6033/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Karl Wilfing 104

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Anna Elisabeth Haselbach 105

Peter Rodek 106 und 112

Ing. Kurt Scheuch 107

und (zur Geschäftsbehandlung) 114

Erhard Meier 110

Bundesministerin Eleonora Hostasch 112

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 114

Entschließungsantrag der Bundesräte Ing. Kurt Scheuch und Kollegen betreffend Sicherheit vor internationalen Atomgefahren 109

Ablehnung 114

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 115


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657. Sitzung / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

(15) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000) (1613 und 2028/NR sowie 5992 und 6034/BR d. B.)

(16) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird (2029/NR sowie 5998 und 6035/BR d. B.)

(17) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000) (1830 und 2027/NR sowie 6036/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Karl Wilfing 116

[Antrag, zu (15), (16) und (17) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Engelbert Weilharter 116

Klaus Gasteiger 118

Dr. Günther Hummer 119

Hedda Kainz 120

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 121

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (15) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 122

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (16) und (17) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 122

Gemeinsame Beratung über

(18) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden (1163/A und 2039/NR sowie 6037/BR d. B.)

(19) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1162/A und 2040/NR sowie 6011 und 6038/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 123

[Antrag, zu (18) und (19) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Stefan Prähauser 124

Ing. Walter Grasberger 126

Wilhelm Grissemann 127

Dr. Ferdinand Maier 128

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 131

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (19) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 131


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 11

(20) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (1173/A und 2034/NR sowie 6039/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 131

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Josef Rauchenberger 132

Maria Grander 133

Dr. Peter Böhm 133

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 134

(21) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz) (1897 und 2030/NR sowie 6012 und 6040/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 135

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Josef Rauchenberger 135

Dr. Vincenz Liechtenstein 136

Mag. John Gudenus 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 138

(22) Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG) (1811 und 2031/NR sowie 6041/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 138

(Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Josef Rauchenberger 138

Jürgen Weiss 139

Dr. Peter Böhm 140

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 141

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 142


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 12

Gemeinsame Beratung über

(23) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1997 und 2083/NR sowie 6042/BR d. B.)

(24) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten (Universitäts-Akkreditierungsgesetz – UniAkkG) (1914 und 2084/NR sowie 6043/BR d. B.)

Berichterstatterin: Mag. Melitta Trunk 142

[Antrag, zu (23) und (24) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Peter Böhm 142

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 144

Dr. Michael Ludwig 145

Mag. John Gudenus 149

Bundesministerin Eleonora Hostasch 150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (23) und (24) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 151

(25) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 1988 geändert wird (1973 und 2085/NR sowie 6044/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Peter Böhm 151

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Thomas Ram 152

Ing. Franz Gruber 153

Wolfgang Hager 154

Bundesministerin Eleonora Hostasch 155

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 156

Entschließungsantrag der Bundesräte Thomas Ram und Kollegen betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen 153

Ablehnung 156

Gemeinsame Beratung über

(26) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz) (1835 und 2045/NR sowie 6045/BR d. B.)

(27) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 – ÖPNRVG 1999) (1132/A und 2046/NR sowie 6046/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 13

(28) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) (1118/A und 2047/NR sowie 6013 und 6047/BR d. B.)

Berichterstatter: Karl Boden 157

[Antrag, zu (26), (27) und (28) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. André d′Aron 157

Johann Ledolter 159

Herbert Thumpser 161

Bundesministerin Eleonora Hostasch 162

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (26) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 164

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (27) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 164

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (28) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 164

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. André d′Aron und Kollegen betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen 159

Ablehnung 164

(29) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden (1768 und 2000/NR sowie 6048/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 164

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Monika Mühlwerth 165

Maria Grander 167

Johanna Schicker 168

Ilse Giesinger 170

Bundesministerin Eleonora Hostasch 170

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 171

Entschließungsantrag der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks 166

Ablehnung 171

Gemeinsame Beratung über

(30) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG) (1776 und 2002/NR sowie 6049/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 14

(31) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG) (1909 und 2004/NR sowie 6017 und 6050/BR d. B.)

(32) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden (1912 und 2012/NR sowie 6051/BR d. B.)

(33) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG) (1910 und 2013/NR sowie 6018 und 6052/BR d. B.)

(34) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG) (1911 und 2016/NR sowie 6053/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Payer 172

[Antrag, zu (30), (31), (32), (33) und (34) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Engelbert Weilharter 173

Ing. Franz Gruber 174

Karl Drochter 175

Ulrike Haunschmid 177

Ilse Giesinger 179

Bundesministerin Eleonora Hostasch 179 und 183

Engelbert Schaufler 182

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (30), (31), (32), (33) und (34) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 183

(35) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (1857 und 2018/NR sowie 6054/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 184

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Maria Grander 185

Johann Grillenberger 185

Ulrike Haunschmid 185

Bundesministerin Eleonora Hostasch 187

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 187

Gemeinsame Beratung über

(36) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird (1114/A und 2020/NR sowie 6055/BR d. B.)

(37) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 15

politik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1145/A und 2021/NR sowie 6019 und 6056/BR d. B.)

(38) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden (1150/A und 2022/NR sowie 6057/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 188

[Antrag, zu (36), (37) und (38) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Eduard Mainoni 189

Engelbert Schaufler 192

Karl Drochter 193

Bundesministerin Eleonora Hostasch 194

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (36) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 196

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (37) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 196

Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Eduard Mainoni und Kollegen betreffend Konsequenzen aus dem "Euroteam"-Skandal 191

Ablehnung 196

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (38) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 196

(39) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz) (2010/NR sowie 6058/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 197

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Karl Wilfing 197

Karl Drochter 198

Monika Mühlwerth 199

Bundesministerin Eleonora Hostasch 199

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 200

(40) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1969 und 2060/NR sowie 6059/BR d. B.)

Berichterstatter: Hans Ager 201

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d′Aron 201


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 16

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 203

Johann Payer 204

Mag. Karl Wilfing 205

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 207

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 208

(41) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999) (2056/NR sowie 6014 und 6060/BR d. B.)

Berichterstatter: Hans Ager 209


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 17

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d′Aron 209

Ferdinand Gstöttner 212

Ludwig Bieringer 213

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 214

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 215

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 216

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. André d′Aron und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im gemeinnützigen Wohnungsbau um bis zu 30 Prozent 211

Ablehnung 216

(42) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999) (1898 und 2074/NR sowie 6061/BR d. B.)

Berichterstatterin: Ulrike Haunschmid 216


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 18

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 217

Johann Payer 217

Dr. Peter Böhm 218

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 219

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 219

(43) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bun-desgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird (1170/A und 2075/NR sowie 6015 und 6062/BR d. B.)

Berichterstatterin: Ulrike Haunschmid 220

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 220 und 233

Erhard Meier 220

Engelbert Weilharter 222

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 225, 228 und 231

Dr. Peter Böhm (zur Geschäftsbehandlung) 227

Ludwig Bieringer (zur Geschäftsbehandlung) 228

Klaus Gasteiger 229

Wilhelm Grissemann 230

Jürgen Weiss (zur Geschäftsbehandlung) 231

Georg Keuschnigg 234

Dr. Klaus Peter Nittmann 235

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 235

Entschließungsantrag der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen betreffend Entlassung des Wirtschaftsministers 224

Ablehnung 235

Gemeinsame Beratung über

(44) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über den Vertragsabschluß im Fernabsatz in das Konsumentenschutzgesetz eingefügt und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 sowie das Produkthaftungsgesetz geändert werden (Fernabsatz-Gesetz) (1998 und 2062/NR sowie 6063/BR d. B.)

(45) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufs durch den 31. Dezember 1999 (2063/NR sowie 6064/BR d. B.)

(46) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über elektronische Signaturen (Signaturgesetz – SigG) (1999 und 2065/NR sowie 6065/BR d. B.)

Berichterstatterin: Hedda Kainz 236

[Antrag, zu (44), (45) und (46) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Johann Ledolter 237

Herbert Thumpser 238

Engelbert Weilharter 239

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 239

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (44), (45) und (46) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 240

(47) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG) (1902 und 2066/NR sowie 6066/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 241

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d′Aron 241

Dr. Milan Linzer 242

Horst Freiberger 244

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 244

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 246

(48) Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind samt Erklärungen der Republik Österreich (1763 und 2068/NR sowie 6067/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 246

(Antrag, 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 246

(49) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2064/NR sowie 6068/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 247

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ing. Peter Polleruhs 247

Thomas Ram 248

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 248

(50) Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird (2067/NR sowie 6069/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 249

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Peter Böhm 249

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 249


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 19

(51) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird (1769 und 1899/NR sowie 6070/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Schaufler 250

(Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 20

Redner:

Mag. Eduard Mainoni 250

Albrecht Konecny 253

Jürgen Weiss 256

Mag. John Gudenus 258

Annahme des Antrages des Berichterstatters, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmenmehrheit) 260

Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend Rettung des Gartens der Gartenbauschule in Wien 22 260

Ablehnung 261

(52) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (1913 und 1972/NR sowie 6071/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Schaufler 261

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Grillenberger 261

Leopold Steinbichler 262

Mag. John Gudenus 262

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 263

Gemeinsame Beratung über

(53) Selbständiger Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (121/A-BR/99 und 6072/BR d. B.)

(54) Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (120/A-BR/99 und 6073/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 264

[Antrag, zu (53) der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen; zu (54), der Bundesrat wolle dem Antrag 120/A-BR/99 keine Zustimmung erteilen]

Redner:

Dr. Peter Böhm 264

Albrecht Konecny 266

Dr. Reinhard Eugen Bösch 267

Ludwig Bieringer 269

Dr. André d′Aron 271

Mag. Harald Himmer 272

Abänderungsantrag


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 21

der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates 271

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (53) der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmenmehrheit) 274

Abänderungsantrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Sitzordnung im Bundesrat 268

Ablehnung des Selbständigen Antrages 120/A sowie des Abänderungsantrages 274

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Ministerratsvortrag vom 30. September 1997 zur Gewalt in der Gesellschaft, Gewalt in der Familie, Kindesmißhandlung, sexueller Kindesmißbrauch, Gewalt gegen Frauen, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt in den Medien (1641/J-BR/99)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ministerratsvortrag vom 30. September 1997 zur Gewalt in der Gesellschaft, Gewalt in der Familie, Kindesmißhandlung, sexueller Kindesmißbrauch, Gewalt gegen Frauen, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt in den Medien (1642/J-BR/99)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ministerratsvortrag vom 30. September 1997 zur Gewalt in der Gesellschaft, Gewalt in der Familie, Kindesmißhandlung, sexueller Kindesmißbrauch, Gewalt gegen Frauen, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt in den Medien (1643/J-BR/99)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Ministerratsvortrag vom 30. September 1997 zur Gewalt in der Gesellschaft, Gewalt in der Familie, Kindesmißhandlung, sexueller Kindesmißbrauch, Gewalt gegen Frauen, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt in den Medien (1644/J-BR/99)

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ministerratsvortrag vom 30. September 1997 zur Gewalt in der Gesellschaft, Gewalt in der Familie, Kindesmißhandlung, sexueller Kindesmißbrauch, Gewalt gegen Frauen, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt in den Medien (1645/J-BR/99)

der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Hausarbeit kürzt bäuerlichen Vollerwerb (1646/J-BR/99)

der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Hausarbeit kürzt bäuerlichen Vollerwerb (1647/J-BR/99)

der Bundesrätinnen Ulrike Haunschmid, Monika Mühlwerth und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gesundheitsvorsorge durch richtige Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern und deren Müttern (1648/J-BR/99)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Ilse Giesinger, Maria Grander und Georg Keuschnigg an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Erleichterung grenzüberschreitender Such- und Rettungsflüge (1649/J-BR/99)

der Bundesräte Jürgen Weiss, Hans Ager, Ilse Giesinger, Maria Grander und Georg Keuschnigg an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Erleichterung grenzüberschreitender Such- und Rettungsflüge (1650/J-BR/99)

der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend hoher Bürokratieaufwand bei Führerscheinausstellungen (1651/J-BR/99)

der Bundesräte Thomas Ram und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Malversationen beim Verband Niederösterreichischer Winzergenossenschaften reg.Gen.mbH. sowie bei der Winzerhaus Weinvertriebsgesellschaft mbH. niederösterreichischer Winzergenossenschaften GmbH. (1652/J-BR/99)

der Bundesräte Mag. Eduard Mainoni, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Abschiebung von Schubhäftlingen auf dem Luftweg (1653/J-BR/99)

der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Energieabgaben (1654/J-BR/99)

der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend regenerative Energieanlagen (1655/J-BR/99)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Frage der Bundesräte Ulrike Haunschmid, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1492/AB-BR/99 zu 1615/J-BR/99)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Erhard Meier und Kollegen (1493/AB-BR/99 zu 1609/J-BR/99)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen (1494/AB-BR/99 zu 1613/J-BR/99)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen (1495/AB-BR/99 zu 1614/J-BR/99)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Alfred Schöls, Mag. Karl Wilfing und Kollegen (1496/AB-BR/99 zu 1617/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Alfred Schöls, Mag. Karl Wilfing und Kollegen (1497/AB-BR/99 zu 1618/J-BR/99)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Dr. Reinhard Eugen Bösch (1498/AB-BR/99 zu 1619/J-BR/99)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 23

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Präsident Jürgen Weiss: Ich eröffne die 657. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 656. Sitzung des Bundesrates vom 1. Juli 1999 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Dr. Paul Tremmel.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Dr. Günter Leichtfried, Josef Saller und Mag. Michael Strugl.

Angelobung

Präsident Jürgen Weiss: Eingelangt ist ein Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger:

"An die Parlamentsdirektion

Nachwahl zum Bundesrat

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Oberösterreichische Landtag hat in seiner Sitzung am 8. Juli 1999 gemäß Artikel 35 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 und Artikel 29 des Oberösterreichischen Landes-Verfassungsgesetzes 1991 eine Nachwahl durchgeführt.

Es wurden gewählt:

Als Mitglied:

Dr. Klaus Peter Nittmann, geboren am 7. Jänner 1959, Nöbauerstraße 36, 4040 Linz.

Als Ersatzmitglied:

Landtagsabgeordneter Lutz Weinzinger

Mit freundlichen Grüßen"

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann ist im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Ilse Giesinger: " Sie werden geloben, unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Jürgen Weiss: Ich begrüße Herrn Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 24

Fragestunde

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt – um 9.05 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen. (Die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ tragen eine Plakette mit der Aufschrift "Aktion Fairness – ÖGB".)

Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie

Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 1. Anfrage, 1066/M, an den Herrn Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1066/M-BR/99

Welche Verbesserungen, finanzielle wie inhaltliche, konnten Sie im Rahmen der Familienberatungsstellen erzielen?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Sehr geehrter Herr Präsident! Seit 1998 stehen der Familienberatungsförderung 110 Millionen Schilling zur Verfügung; das sind um 10 Millionen Schilling mehr als in den Jahren davor. Diese 10 Millionen Schilling plus, Frau Bundesrätin, werden für die Förderung von bestimmten Schwerpunktberatungen aufgewandt, insbesondere für Schwangerenberatung, Beratung bei Gewalt in der Familie, Scheidungsberatung am Gericht sowie Sektenberatung.

Hinzu kommt, daß durch ein den Rechtsträgern von meinem Ressort zur Verfügung gestellten Abrechnungsprogramm eine EDV-Erfassung soziodemographischer Daten nunmehr möglich geworden ist – dies selbstverständlich unter strenger Wahrung der Anonymität der Klienten und Klientinnen von Familienberatungsstellen –, aus denen Rückschlüsse über Problemlagen in der Bevölkerung möglich sein werden, die dann Grundlage für weitere Untersuchungen oder auch präventive Maßnahmen sein können.

Durch eine Änderung des Familienberatungsförderungsgesetzes vom Dezember 1997 ist es zu einem Auflassen der bis dahin notwendig gewordenen Arztanwesenheitspflicht von vier Stunden pro Monat gekommen. Es wird Arztanwesenheit nur mehr bei Bedarf angeboten; das ist realistischer und erlaubt eine bessere Nützung der finanziellen Ressourcen.

Wir haben weiters verändert, daß freiwilliger Selbstbehalt – ich betone: freiwilliger Selbstbehalt! – von Klientinnen und Klienten geleistet werden kann. Ich halte das auch deswegen für zweckmäßig, weil das Motto: Was nichts kostet, ist nichts wert! allzu leicht greifen könnte und da ein gewisses Kostenbewußtsein geschaffen wurde respektive geschaffen wird.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Kollegin.

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Ab 1. Jänner 2000 werden für die Familienberatung erfreulicherweise 40 Millionen Schilling mehr zur Verfügung stehen. Wofür wird diese Aufstockung verwendet werden?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Die Bundesregierung ist bei ihren Beratungen anläßlich der sogenannten Bad Ausseer-Klausur erfreulicherweise zu diesem Schluß gekommen. Es wird allerdings noch notwendig sein, diesen


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dann auf der gesetzlich vorgegebenen Grundlage über das Budget 2000 zu fixieren. Die Regierungsbeschlußfassung von Bad Aussee steht aber jedenfalls.

Ich habe die Absicht, auch da wiederum in die Schwangerenberatung vermehrt Mittel zu investieren. Vergessen wir nicht, daß die Familienberatung vor etwas mehr als 25 Jahren in diesem Kontext entwickelt wurde, um schwanger Gewordenen in ihrer allfälligen Konfliktsituation Beratung und Hilfe angedeihen zu lassen.

Es werden aber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Frage des Wiedereinstiegs nach der Karenz in das Berufsleben weitere Schwerpunkte bei der sinnvollen Verwendung dieser 40 Millionen Schilling sein.

Hinzu kommt, daß es nach wie vor bei der Versorgung mit Familienberatungsstellen einen regionalen Unterschied gibt. Wir haben in Österreich etwas mehr als 300 Familienberatungsstellen etabliert, aber es gibt noch regionale Unterschiede. Diese Unterschiede ab- und auszugleichen ist ein weiteres Ziel dieser mit plus 40 Millionen Schilling um ein Drittel höheren Budgetierung für Familienberatungsstellen ab dem Jahr 2000. Das ist insgesamt eine sehr erfreuliche Mehrdotation.


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Präsident Jürgen Weiss:
Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Mag. Trunk.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Ich glaube, daß Sie meine Auffassung teilen, daß Frauen ein wesentlicher Teil der Familie sind. Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, daß Sie angesichts der 10 Millionen Schilling mehr für Familienberatung im Jahr 1999 und der 40 Millionen Schilling mehr im Jahre 2000 eine krasse Kürzung der Ihnen verfügbaren Fördermittel im Bereich fortschrittlicher Frauenprojekte im Rahmen der Familienberatung und im Rahmen der Notrufaktion für Opfer vorgenommen haben, und wie rechtfertigen Sie vor allem – das ist etwas, was mich als Vorsitzende eines Frauenhauses sehr schmerzt –, daß Sie die 200 000 S für Kinderbetreuung in den Frauenhäusern einfach gestrichen haben?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Auf der einen Seite teile ich Ihre Auffassung, daß Frauen ebenso wie Männer und Kinder wesentliche Bestandteile der Familie sind, aber auf der anderen Seite geht es darum, daß man Schwerpunktsetzungen auch finanziert. Um die Schwerpunktsetzungen, die ich beschrieben habe, finanzieren zu können, sind da und dort bei gleichbleibenden Budgetmitteln – nämlich 1998 gegenüber 1997 gleichbleibend und vor allem 1999 gegenüber 1998 gleichbleibend – auch Einschränkungen notwendig. Dies ist uns insbesondere insofern leichter gefallen, als es gerade für diese Zwecke im Budget der Frau Frauenministerin, die eindeutig primär dafür zuständig ist, eine höhere Dotation gibt, beispielsweise durch ein in den letzten Monaten beschlossenes Budgetüberschreitungsgesetz. So gesehen erscheint mir die eine oder andere Maßnahme, die Sie angesprochen haben, zulässig und angemessen.

Aber ich stehe nicht an, zu sagen: So unangenehm das auch im Einzelfall sein mag, aber es muß möglich sein, zum Zwecke der Setzung neuer Schwerpunkte dann eben in jenen Bereichen, die kompetenzmäßig doch in hohem Maße eigentlich einem anderen Ressort vorbehalten sein sollten, entsprechende Kürzungen vorzunehmen.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage hat Herr Ing. Kurt Scheuch gewünscht. – Bitte sehr.

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In Ihren Ausführungen fehlte mir eine wichtige Punktation. Ich frage Sie deswegen: Sind Sie bereit, im Rahmen der Familienberatung verstärkt auf die Drogenproblematik, welche gerade jetzt bei den 11- bis 18jährigen festzustellen ist, einzugehen, und wie schauen etwaige Gegenstrategien in diesem Bereich aus?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Es wird auch in vielen Familienberatungsstellen Drogenberatung angeboten. Das Problem ist, daß nicht jede Familienberatungsstelle alle Schwerpunktthemen in gleichem Maße abdecken kann, da sonst die Qualität der Beratung leiden würde. Die Schwerpunktsetzung enthält daher auch die Fokussierung auf einzelne Beratungsstellen. Das heißt, daß nicht in allen 300 Beratungsstellen alle Beratungsschwerpunkte in völlig identischem Ausmaß angeboten werden. Aber die Drogenberatung ist natürlich auch ein Punkt, nach dem in den Familienberatungsstellen Nachfrage besteht, und sie wird daher auch angeboten, und dabei wird es auch bleiben. Davon erfolgt keinesfalls ein Abgehen.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1063/M, an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Erhard Meier, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1063/M-BR/99

Welche Ziele des Kyoto-Papiers zum Abbau von Treibhausgas-Emissionen wird Österreich nach der bisherigen Entwicklung bis 2010 erreichen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Meier! Nach dem Kyoto-Protokoll im Rahmen der Klimaschutzkonvention ist Österreich völkerrechtlich verpflichtet, seine Treibhausgas-Emissionen – das ist vor allem Kohlendioxid, das sind aber auch fünf andere Treibhausgase, es geht da um einen sogenannten Korb – bis zum Jahre 2010 respektive bis zur Budgetperiode von 2008 bis 2012 um 8 Prozent zu reduzieren.

Innerhalb der Europäischen Union ist es nun zu einer Lastenverteilung der in Kyoto übernommenen Verpflichtungen gekommen. Da liegt Österreich mit der übernommenen Verpflichtung von minus 13 Prozent im oberen Drittel. Es gibt Länder, die höhere Verpflichtungen übernommen haben, wie zum Beispiel Deutschland und Dänemark. Österreich liegt mit Großbritannien gleichauf. Es gibt aber auch Länder, die deutlich weniger an Reduktionsverpflichtung übernommen haben.

Es wird dies kein leichtes Unterfangen sein. Ebenso wie andere EU-Mitgliedstaaten arbeiten wir zurzeit an einem Maßnahmenprogramm, das die Kyoto-Ziele erreichbar machen soll. Wir haben die Kommunalkredit beauftragt, in Zusammenarbeit mit Experten ein Optionenpapier zu erstellen, um dann der nach den Nationalratswahlen zu bildenden Regierung in Zusammenarbeit mit den Ländern und den Gemeinden – das halte ich für ganz wesentlich, Herr Bundesrat, denn auch dort sind Aktivitäten zu setzen; das ist nicht alleinige Aufgabe des Bundes, ganz im Gegenteil –, also mit den anderen Gebietskörperschaften, jene Maßnahmen einzuleiten, die zu setzen sind.

Es ist das, wie gesagt, kein leichtes Unterfangen. Wir haben in Österreich zwar die Kohlendioxid-Emissionen bereits auf hohem Niveau stabilisiert, aber erstens nur stabilisiert und zweitens auf hohem Niveau. Dem füge ich hinzu, daß bei einem überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum nicht einmal diese Stabilität gegeben ist, sondern eher mit einem leichten Steigen zu rechnen ist. Das ist in anderen EU-Ländern nicht viel anders. Insbesondere in den USA ist das noch deutlich schlechter, dort ist man von der Erreichung der Kyoto-Ziele noch weit entfernt.

Konkrete Umsetzungsschritte sind auf europäischer Ebene bereits gelungen. So ist es während unserer EU-Ratspräsidentschaft gelungen, durch die Vereinbarung mit der europäischen Automobilindustrie den Verbrauch von Pkws deutlich einzuschränken. Zu erwähnen wäre die


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Vereinbarung über das 6-Liter-Auto per 2008. Das bringt eine 25prozentige Verbrauchseinschränkung aller neu auf den Markt gebrachten Fahrzeuge. Das macht in Richtung Kyoto deutlich über 10 Prozent des EU-Ziels aus. Aber die restlichen 90 Prozent sind europaweit und österreichweit noch zu identifizieren.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Herr Bundesrat.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Ist es abschätzbar, wie hoch jährliche Investitionen in Österreich sein müßten, um die Emissionen von Treibhausgasen auf allen Ebenen unseres Staates von zirka 16 Millionen Tonnen CO2 äquivalent zu verringern? Wieviel Geld brauchen wir, um da weiterzukommen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Das zu quantifizieren, bin ich zurzeit noch nicht in der Lage, Herr Bundesrat! Es wird in dem einen oder anderen Bereich – nicht unbedingt in allen Bereichen – öffentliche Anreize in Form von Investitionen brauchen. Davon ist auszugehen. Ich denke da zum Beispiel daran, daß die freiwillige Vereinbarung mit der europäischen Automobilindustrie ohne solche Anreizfinanzierungen auskommt. Aber gerade dann, wenn es um die Förderung erneuerbarer Energieträger geht, wird man so etwas brauchen, denn erneuerbare Energieträger sind ohne Förderung noch nicht in ausreichendem Maße marktfähig.

Ich will nicht ausschließen, daß auch im Bereich der besseren Hausisolierung Anreizfinanzierungen zweckmäßig wären, dies deswegen, weil es zwar im Neubaubereich relativ einfach ist, entsprechend energiesparend zu bauen, was jetzt auch schon geschieht – und zwar de facto ohne Mehrkosten und mit gewaltigem Einsparungspotential –, wir aber mehr als bisher tun müssen, um die Althäuser besser wärmezudämmen.

Ich darf Ihnen sagen, daß rund 40 Prozent des Primärenergiebedarfs in diesem Lande zur Raumwärmebereitstellung inklusive der Bereitstellung von Warmwasser aufgewandt werden. Das heißt, daß jede Maßnahme in diesem Bereich einen besonders großen Hebel hat. Experten sagen, daß man gut die Hälfte dieser 40 Prozent – also 20 Prozent der Gesamtenergierechnung Österreichs – einsparen könnte, ohne daß jemand in diesem Lande frieren müßte. Das ist machbar.

Das ist also ein sehr wichtiger Bereich. Nur braucht es da wahrscheinlich auch Anreizfinanzierungen, um diese notwendige Aktivität in Gang zu setzen, auch wenn es sich dann langfristig für den Hausbesitzer selbst rechnet, weil eben die notwendigen Investitionen durch entsprechende Energieeinsparungen in Schillingen wieder zurückkommen.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Herr Bundesrat Mag. John Gudenus.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Sie erwähnten die erneuerbare Energie. In welchem Ausmaß hat in Österreich die erneuerbare Energie, sprich die Biomasse, Einfluß darauf, daß die Kyoto-Ziele erreicht oder nicht erreicht werden können?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Gudenus! Ich möchte das so, wie Sie es formuliert haben, nicht im Raum stehen lassen. Sie haben gesagt: die erneuerbare Energie, sprich die Biomasse. Für mich ist erneuerbare Energie auch die Wasserkraft, die Windenergie und die Sonnenenergie, wie sie in der Photovoltaik umgesetzt werden.

Allerdings gebe ich Ihnen indirekt wiederum recht, indem ich sage, daß für die Zukunft das Pferd, auf das Österreich setzen sollte, die Biomasse sein sollte. Warum? – Im Bereich der Wasserkraft haben wir schon sehr viel ausgebaut. Mit Ausnahme der Kleinwasserkraft sehe ich


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in diesem Zusammenhang keine großen weiteren Ausbaumöglichkeiten. Im Bereich der Windenergie haben wir einige Standorte, die gut dafür geeignet sind – gerade in Niederösterreich, im nördlichen Burgenland –, aber Österreich ist nicht Schleswig-Holstein oder Dänemark, und wir haben auch nicht die Windstärken der Mongolei; wir sind da keinesfalls bevorzugt.

Photovoltaik ist ein besonders kleiner Bereich, bei dem die Rentabilität heute noch eine besonders niedrige ist; das wird sich in den nächsten Jahren wahrscheinlich ändern.

Aber, kurz gesagt: Biomasse ist in Österreich im Übermaße vorhanden. Biomasse ist ein Bereich, in dem wir die Technologien zur Wärmeerzeugung haben, und wir sind gerade am Sprung, aus dieser Strom herzustellen, und wir sind wissenschaftlich bereits in der Lage, Biomasse zu vergasen, und zwar in dem Sinne, daß das in weiterer Zukunft als Gas auch über das Erdgasnetz verteilt werden könnte.

Wenn die Europäische Union ihrerseits – obwohl der Wald europaweit keinesfalls so stark vertreten ist wie in Österreich – meint, daß ihre eigenen Ziele zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energieträger von 6 auf 12 Prozent zu 60 Prozent etwa mit Biomasse bestritten werden sollten, dann gilt das für Österreich doppelt und dreifach. Ich glaube also, daß im Bereich der erneuerbaren Energieträger Biomasse der große Schwerpunkt sein sollte.

Wir haben in Österreich zurzeit einen Anteil erneuerbarer Energieträger von rund 26 bis 27 Prozent, die Europäische Union, wie gesagt, einen solchen von 6 Prozent. Die Europäische Union will auf 12 Prozent steigern, und auch wir sollten diese 26 bis 27 Prozent steigern – jedenfalls so steigern, daß in Zukunft ein Dreier vorne steht und nicht ein Zweier.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Peter Rodek. – Bitte sehr.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich kann mir vorstellen, daß hinsichtlich sehr vieler Immissionen zur Erreichung des Kyoto-Zieles eine Lösung auf europäischer Ebene gefunden werden muß, weil es grenzüberschreitende Emissionen gibt. Aber es gibt natürlich auch bei uns in Österreich eine Umweltproblematik, und daher hätte ich Sie gerne gefragt, welche Maßnahmen schon jetzt im Rahmen der betrieblichen Umweltförderung von seiten Ihres Ministeriums gesetzt werden.

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Rodek! Klimaschutz ist ein Schwerpunkt der Umweltförderung und wird immer mehr ein Schwerpunkt. In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Seit 1997 wurden die Budgetmittel für diesen Bereich von 200 auf 315 Millionen aufgestockt.

Ich habe speziell mit dem Schwerpunkt Biomasse gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Molterer, den ich heute später noch im Bundesrat vertreten darf, einen sogenannten Öko-Energie-Fonds eingerichtet. – Nicht, daß es jetzt neue Mittel gäbe, sondern bestehende Mittel sollen leichter ansprechbar sein, und ich glaube, das ist uns schon gelungen. Wir haben hier also schon Schwerpunkte gesetzt und gewisse Einsparungen erreicht, aber um diese Einsparung im zweistelligen Millionen-Tonnen-Bereich zu erreichen, braucht es noch deutlich mehr Maßnahmen.

Ich habe schon gesagt, das Kyoto-Maßnahmenpaket ist in Vorbereitung im Sinne eines Optionenpapiers, und es wird dann Aufgabe der politischen Entscheidungsträger sein – das kann nicht ich alleine sein, das muß die Bundesregierung sein, das müssen die Länder und Gemeinden sein –, die insgesamt vernünftigsten, aber auch kostengünstigsten Maßnahmen auszuwählen, um Österreichs internationale Verpflichtungen in diesem Bereich zu erfüllen.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum Aufruf der 3. Anfrage, 1070/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn


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Bundesrat Ernest Windholz, um Verlesung seiner Anfrage.


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Bundesrat Ernest Windholz
(Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1070/M-BR/99

Warum sind Sie im Gegensatz zur niederösterreichischen Landesregierung und vielen anderen Ländergremien bis heute nicht bereit, klarzustellen, daß die Schließung beziehungsweise der Baustopp für grenznahe, mit Sicherheitsmängeln behaftete Atomkraftwerke unabdingbare Voraussetzung für einen EU-Beitritt der betreffenden Länder ist?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Windholz! Sie wissen, daß in der Europäischen Union der Gleichheitsgrundsatz gilt. Die Europäische Union und auch wir können daher an zukünftige Mitgliedstaaten keinen anderen Maßstab anlegen, als er für bestehende Mitgliedstaaten gilt. Sie wissen, Herr Bundesrat, daß innerhalb der Europäischen Union – nicht in Österreich, aber in anderen Mitgliedstaaten, wie Frankreich, wie Großbritannien, auch wie bis heute noch Deutschland – Atomkraft zur Aufbringung von Energie benützt wird. Daher kann es nicht um ein prinzipielles Verbot von Kernenergie gehen, sondern nur darum, für mittel- und osteuropäische Kernkraftwerke dieselben Sicherheitsprinzipien einzufordern, wie sie auch in der Europäischen Union gelten.

Hier ist Österreich nicht alleine, trotzdem sind wir – wie auch den heutigen Zeitungen zu entnehmen ist – das EU-Mitgliedsland, das am deutlichsten akzentuiert, daß diese Sicherheitsprinzipien bei Beitrittskandidatenländern einzufordern sind. Ich darf Ihnen sagen, Herr Bundesrat, daß ich bei der am letzten Wochenende in Helsinki stattgefundenen Umweltministertagung erneut sehr deutlich die dort anwesenden Umweltminister der Beitrittskandidatenländer auf unsere österreichische Position, auf den Aktionsplan der Bundesregierung, auf die sehr konsequente Position aufmerksam gemacht habe.

Ich möchte in diesem Zusammenhang wörtlich zitieren: Im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union wurden unter der österreichischen EU-Präsidentschaft mit der Verabschiedung der Schlußfolgerungen des Rates – und Schlußfolgerungen sind die einstimmigen Entscheidungen des Ministerrates; das ist ein sehr starkes Mittel des Meinungsausdruckes – zu den Beitrittsstrategien für die Umwelt und der Schlußfolgerungen des Rates zur nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union sowie der Bekräftigung dieser Schlußfolgerungen durch den Europäischen Rat von Wien deutliche Signale gesetzt. Diese Schlußfolgerungen betonen unter anderem, daß nicht nachrüstbare Kernkraftwerke, worunter jedenfalls die Reaktoren der ersten Generation – Ignalina in Litauen, Bohunice bei unseren slowakischen Nachbarn und Kozloduy in Bulgarien – zu verstehen sind, ehestmöglich stillgelegt werden müssen. – Drei Hochrisiko-Reaktoren müssen also ehestmöglich stillgelegt werden – einstimmige Position der Europäischen Union!

Weiters wurden die beitrittswilligen Staaten aufgefordert, die nukleare Sicherheit zu verbessern, sodaß – und jetzt kommt es! – ein Niveau erreicht wird, das dem Stand in der Union hinsichtlich der Technologie und der Vorschriften sowie in operativer Hinsicht entspricht.

Der Europäische Rat von Köln hat erneut die Bedeutung hoher Sicherheitsstandards im Nuklearbereich in Mittel- und Osteuropa betont.

Das ist also die Position des Europäischen Rates, der europäischen Mitgliedstaaten, ihrer Regierungen, die wir konsequent und deutlich vertreten und bei den sich bietenden Gelegenheiten in Brüssel, aber auch gegenüber unseren Nachbarn in Prag, in Preßburg/Bratislava und auch bei Ratssitzungen, wie eben gerade jüngst in Helsinki, zum Ausdruck bringen. Ich meine, daß wir jetzt auf gutem Weg sind, daß unsere Botschaft dort auch verstanden wird – nicht nur gehört wird, sondern auch verstanden wird.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Das "gehört werden" veranlaßt mich zu einer Zusatzfrage.

Es ist auch sehr wichtig, auch die Bevölkerung vor Ort aufzuklären. Werden Bürgerinitiativen in den Reformländern Tschechien und Slowakei durch Ihr Ressort unterstützt, um vor Ort entsprechende Aufklärungsarbeit leisten zu können?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und auch im Rahmen der international üblichen Usancen unterstützen wir Bürgerinitiativen, die allerdings ihren Arbeits- oder Herkunftsschwerpunkt in Österreich haben, von denen wir aber wissen, daß die Aktivitäten – zum Beispiel von Antiatom International – natürlich auch vor Ort, in der Slowakei, in Tschechien gesetzt werden.

Es wäre nicht üblich, daß es direkte beispielsweise finanzielle Unterstützung Österreichs für tschechische Bürgerinitiativen gäbe. Wir wollen und müssen in diesem Bereich alles vermeiden, was als Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates verstanden würde. Aber österreichische Initiativen, die letztlich grenzüberschreitend und vor Ort initiativ sind und dort wirken, werden von uns unterstützt.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat Hensler, bitte sehr.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Was haben Sie unternommen, um zu erreichen, daß Temelin nicht in Betrieb geht?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Es hat die österreichische Bundesregierung im Vorfeld der leider Gottes mit 11 : 8 zwar knapp aber doch für den Weiterbau ausgegangenen Entscheidung der tschechischen Regierung versucht, diese zu informieren und zu beraten, respektive vor allem jenen Flügel dort zu informieren und zu beraten, von dem klar war, daß er unter der Führung des Umweltministers Dr. Milos Kuzvart gegen den Weiterbau von Temelin sein würde.

Wir haben unter wesentlicher Mitarbeit des Experten Dr. Herbst eine Studio zu "Stranded investments" erstellen lassen. Da geht es darum, inwieweit Temelin in Zukunft als "Stranded investment" in der Europäischen Union anerkannt werden könnte, und darum, daß das bei Abbruch der Bauarbeiten wahrscheinlich noch der Fall sein könnte. Wenn jedoch Tschechien im Bewußtsein dessen, was jetzt Sache ist, fertig baut, könnte Temelin aus unserer Sicht wahrscheinlich nicht "Stranded investment" sein. Das ist im Hinblick auf den Strombinnenmarkt, im Hinblick auf die anzusetzenden Kosten von großer Bedeutung.

Wir haben auch bei der Weiterentwicklung und Nachnutzung des Standortes Temelin die tschechische Regierung kontaktiert und beraten, und es hat Dr. Kuzvart mir und auch meiner Kollegin Prammer ausdrücklich bestätigt, wie wertvoll diese Unterstützung war. Nun, trotzdem ist die Entscheidung der tschechischen Regierung mit 11 : 8 für den Weiterbau von Temelin ausgegangen. Ich gehe davon aus, daß das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Wir bleiben da dran, und wir haben letztlich auch im Aktionsplan der Bundesregierung zu Temelin klare Aussagen getroffen.

Temelin muß hinsichtlich seiner Sicherheitsprinzipien in Deutschland genehmigungsfähig sein. Es gibt dort ein Projekt, das mit Temelin sehr gut vergleichbar ist, den ostdeutschen – sage ich verkürzt – Reaktor Stendal, der im übrigen wegen der zu hohen Kosten für eine Fertigstellung nicht fertiggestellt wurde. Also das, was die tschechische Regierung mit Temelin macht, hat Deutschland mit Stendal nicht gemacht. Wir sagen, es müßte dieser Reaktor, wenn er


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fertiggestellt wird, jedenfalls diesen deutschen Genehmigungsnormen unterliegen und dort genehmigungsfähig sein, und an dieser Linie werden wir weiterarbeiten. Die tschechische Regierung ist davon auch in Kenntnis gesetzt.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht. – Bitte sehr, Herr Bundesrat Ernst Winter.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen sind von Ihrer Seite beziehungsweise von Ihrem Ministerium noch geplant, beziehungsweise welche Maßnahmen kann man noch setzen, um die größtmöglichen Sicherheitsstandards grenznaher AKWs zu erreichen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Der Aktionsplan der Bundesregierung ist letztlich auch weitgehend inhaltsgleich durch einen Entschließungsantrag aller fünf Parlamentsparteien – ich betone, das ist ein Fortschritt gegenüber dem letzten Jahr, wo leider Gottes Anti-Atom-Initiativen nicht von allen fünf Parteien, sondern nur von vier Parteien getragen waren – getragen, sodaß jetzt erstens einmal eine österreichische Anti-Atom-Politik klar definiert ist, zweitens innerstaatlich außer Streit gestellt ist und drittens sehr konkret an zukünftigen Terminplänen anknüpft. So ist beispielsweise Bohunice betreffend klargestellt, daß wir einen direkten Konnex sehen zwischen den Bestrebungen der Slowakei, in die sogenannte erste Erweiterungsgruppe der Europäischen Union zu kommen im Rahmen des Gipfels von Helsinki, und den von der Europäischen Union festgelegten Verpflichtungen, Bohunice ehestmöglich zu schließen.

Wir als Mitgliedstaat der Europäischen Union wollen bis Helsinki darüber Klarheit haben, wie die Slowakei jetzt Schließungspläne sieht, welche Termine sie hier setzt. Wir wissen, daß der ursprünglich von der Europäischen Union in der Beitrittspartnerschaft gesetzte Termin 2000 aus Sicht des Jahres 1999 nicht mehr ganz realistisch sein wird können. Zu Aussagen von slowakischer Seite, das könne 2010, das könne 2015 sein, muß gesagt werden, daß das für uns nicht akzeptabel sein wird. – Ein Beispiel von vielen, wie wir in den nächsten Monaten unsere Anti-Atom-Politik konkret zu operationalisieren gedenken.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 1067/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Karl Wilfing, um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1067/M-BR/99

Ist das von Ihnen vorgeschlagene "Karenzgeld für alle" im Hinblick auf die notwendige Fortführung des Budgetkonsolidierungskurses finanzierbar?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Wilfing! Ich darf diese Frage mit einem kurzen Ja beantworten. Es werden hier keinerlei budgetäre Mittel benötigt. Es sind im steuerlichen Bereich keinerlei Maßnahmen notwendig. Der Familienfonds FLAF wird die notwendigen Überschüsse haben, um den Mehraufwand für das Karenzgeld für alle mit rund 840 Millionen Schilling pro Jahr zu finanzieren.

Andere Zahlen, die aus anderen Ressorts der Bundesregierung kommen, treffen nicht zu. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie man hier auf einen Mehraufwand in der Größenordnung von 2 oder 3 Milliarden kommt. Ich verweise diesbezüglich auch auf den jüngsten Armutsbericht des Sozialressorts, aus dem eine ähnliche Zahl hervorgeht, wie wir sie ermittelt haben. Wir gehen davon aus, daß insgesamt rund 8 500 Personen, zumeist Frauen, aber es könnten auch Männer sein, zusätzlich entweder Karenzgeld neu beziehen oder aber von der derzeitigen Teil


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zeitbeihilfe eben auf das Karenzgeld für alle angehoben werden. Es sind also 8 500 zusätzliche Bezieher. Das Sozialressort schreibt in seinem Armutsbericht, daß rund 7 000 zusätzliche Bezieher gegeben sein könnten. Wir kommen mit unserer Zahl von 8 500 zusätzlichen Karenzgeldbeziehern auf einen Mehraufwand von 840 Millionen Schilling. Das ist verantwortbar, das halte ich für machbar. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben nun die Finanzierbarkeit vom "Karenzgeld für alle" klar nachgewiesen. Gilt das auch für das von Frau Bundesministerin Prammer vorgeschlagene Modell eines einkommensabhängigen Karenzgeldes, und wie bewerten Sie die soziale Gerechtigkeit dieses Vorschlages?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Das Modell des einkommensabhängigen Karenzgeldes kommt meines Wissens nach aus Schweden. Dort gibt es etwas Ähnliches, allerdings nicht für eine derartig lange Frist, wie in Österreich Karenzgeld bezahlt wird. Frau Ministerin Prammer hat in einem Interview eine Zahl von durchschnittlich 7 743 S pro Monat angegeben, die das Karenzgeld kosten würde. Ausgehend von heute, durchschnittlich 5 565 S auf einen 30tägigen Monat bezogen, bedeutet das ein Plus von 38 Prozent, das bei einem Gesamtaufwand für das Karenzgeld von derzeit rund 10 Milliarden Schilling einen Mehraufwand von 3,8 Milliarden Schilling erfordern würde. Das ist die Zahl, mit der man operieren muß.

Ich möchte hier den Herrn Finanzminister zitieren, der gemeint hat, daß wir, wenn man das will, dann eben auch Steuerquoten wie in Schweden bräuchten; das Steuerniveau ist in Schweden deutlich höher als bei uns.

Aus FLAF-Mitteln würde ich eine Finanzierung eines einkommensabhängigen Karenzgeldes deswegen ablehnen, weil der Familienfonds FLAF für Familienleistungen zuständig ist, und hier hat das Prinzip zu gelten: Jedes Kind ist gleich viel wert, und jede Frau ist gleich viel wert. Eine einkommensabhängige Finanzierung müßte also dann aus einem anderen Topf finanziert werden, beispielsweise aus der Arbeitslosenversicherung – wie auch immer –, jedenfalls nicht aus dem FLAF.

Ich habe Frau Ministerin Prammer nicht einmal, sondern mehrfach signalisiert, diesbezüglich für Verhandlungen zur Verfügung zu stehen, sowohl zum Thema Karenzgeld für alle als auch zum Thema einkommensabhängiges Karenzgeld, weil ich es für zweckmäßig gehalten hätte, die Familien Österreichs schon vor dem 3. Oktober davon in Kenntnis zu setzen, was jetzt wirklich beschlossen wird. Es ist zu meinem Bedauern, aber auch zu meiner Überraschung leider Gottes trotz meines mehrfachen Ersuchens nicht zu solchen Verhandlungen gekommen.

Präsident Jürgen Weiss: Bitte bei der Formulierung von Zusatzfragen darauf zu achten, daß sie sich auf eine einzige Frage beschränken sollen und nicht durch Bindewörter in Unterfragen geteilt werden dürfen.

Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Frau Kollegin Schicker.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bei der Einführung von Sozial- und Familienleistungen wird immer darauf Bedacht genommen, eine soziale Treffsicherheit zu erreichen. Wenn jetzt das von Ihnen und Ihrer Partei beabsichtigte "Karenzgeld für alle" eingeführt werden sollte, würde unter anderem – ich sage das jetzt ein bißchen polemisch – auch die Frau des reichsten Österreichers in den Genuß dieses Geldes kommen. Verstehen Sie darunter "soziale Treffsicherheit"?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Es würde vor allem die Frau in den Genuß des Karenzgeldes kommen, die heute eine geringfügige Beschäftigung hat, maximal 3 899 S pro Monat verdient. Sie kennen vielleicht die letzten


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Statistiken. Ich weiß jetzt nicht, ob es der Monat Juni oder Juli war, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber wir nähern uns der Zahl von 200 000 geringfügig Beschäftigten. Ich weiß, daß das nicht alles Frauen sind, die nur geringfügig beschäftigt sind, sondern das können auch Frauen mit zusätzlichen Beschäftigungsverhältnissen sein. Aber es gibt zumindest Zigtausende Frauen, die nur diese 3 899 S zur Verfügung und keinen Karenzgeldanspruch haben. Es gibt Schülerinnen und Studentinnen, Bäuerinnen und Hausfrauen, die keinen Anspruch auf Karenzgeld haben. Und mir geht es primär um diese Gruppen von Frauen.

Was die Frau des reichsten Österreichers betrifft, möchte ich folgendes sagen: Vertreter Ihrer Partei – nicht Sie persönlich –, auch Herr Edlinger, waren sich nicht zu schade, auch den Namen meiner Frau in diesem Zusammenhang hier zu zitieren und in einem Interview unterzubringen. (Bundesrätin Schicker: Ihre Frau hat ein Beschäftigungsverhältnis! Entschuldigen Sie!) Ich darf dem Hohen Bundesrat mitteilen, daß meine Frau nach allen vier Geburten und nach allen fünf Kindern karenzgeldberechtigt war, aber nicht deswegen, weil sie die Frau des reichsten Österreichers war – leider nein – oder Karenzgeld für alle in Anspruch genommen hatte, sondern weil sie ganz normal Anspruch aufgrund einer vorhergehenden Erwerbstätigkeit gehabt hatte. – Soviel zur Polemik aus Ihren Reihen auf meine Familie bezogen.

Aber lassen Sie mich eines klar sagen: Wenn diese Frau des reichsten Österreichers heute einen Anspruch hat, wenn eine Frau Flick oder wer immer Ansprüche dieser Art erworben hat, dann bekommt sie heute Karenzgeld, daran ändert sich durch das Karenzgeld für alle nichts. Wenn sie keinen Anspruch hatte, weil sie eben ... (Bundesrätin Schicker: Dann kriegt sie jetzt eines! Ist das gerecht?) Dann würde sie.

Ich kann nicht mehr tun, als Ihrer Fraktion mehrfach mitzuteilen, daß ich über eine soziale Staffelung von Karenzgeld insgesamt zu verhandeln bereit bin. Nur dann muß einmal die Sozialdemokratie in diesem Lande Abstand davon nehmen, daß immer nur das Individualbesteuerungsprinzip gilt, denn dann braucht es eine Haushaltserfassung. Es kann nämlich nicht so sein, daß man dann bei der Einzelbetrachtung bleibt, denn dann wäre die Frau des Reichsten trotzdem anspruchsberechtigt. Deshalb ist es notwendig, das Haushaltseinkommen heranzuziehen.

Dann muß man auch entsprechende Grenzen vorsehen. Ich bin neugierig, wieviel Bürokratie dann erforderlich ist, was man dann insgesamt an Aufwand braucht, weil es beispielsweise schon bei Mittelstandsfamilien, in denen beide verdienen, durchaus signifikante Einkommensgrößen in Höhe von 600 000 S, 700 000 S, 800 000 S Jahreseinkommen von beiden gemeinsam geben wird. Zwei Mittelverdiener kommen bald auf 700 000 S, 800 000 S Jahreseinkommen. Wenn man also jetzt zum Beispiel eine Grenze eines Haushalts-, Familien- oder Jahreseinkommens in der Größenordnung von 500 000 S, 600 000 S einzieht und sagt, darüber gibt es kein Karenzgeld, dann trifft man schon sehr viele Familien, die man vielleicht nicht treffen wollte.

Es muß also erstens einmal das Haushalts- und Familieneinkommen und nicht das Einzeleinkommen maßgeblich sein. Das wollte Ihre Fraktion bisher immer partout vermeiden. Zweitens muß klar sein, wo man die Grenze ansetzt, und drittens, welchen bürokratischen Aufwand es braucht, um wieviel Geld für die Allgemeinheit einzusparen. Unter dieser Prämisse bin ich gerne verhandlungsbereit, was eine soziale Staffelung betrifft. Das habe ich Frau Kollegin Prammer, das habe ich Ihrer Fraktion, das habe ich auch Herrn Kollegen Edlinger bereits mehrfach mitgeteilt. Ich höre nichts außer irgendwelchen polemischen Antworten über die Medien, daß meine Frau das nicht bräuchte.

In Zukunft wird sie es ohnehin nicht brauchen, gehe ich einmal davon aus, und in der Vergangenheit hat sie den Anspruch darauf gehabt wie jede andere berufstätige Österreicherin. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage hat Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid gewünscht. (Bundesrätin Schicker: Zur Geschäftsordnung!) Sie können sich zur Geschäftsordnung melden. – Bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 34

Bundesrätin Johanna Schicker
(SPÖ, Steiermark) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Bundesminister! Ich möchte richtigstellen: Ich habe keine Namen genannt, ich habe auch nicht Ihre Gattin damit gemeint, und Sie haben mir auf meine Frage nicht geantwortet, ob Sie das für sozial gerecht finden, daß zukünftig die Frau des reichsten Österreichers Karenzgeld bekommt. (Ruf bei der ÖVP: Das hat er sehr wohl, sehr präzise!) Nur eine einfache Frage: Finden Sie das sozial gerecht? Ja oder nein?

Präsident Jürgen Weiss: Frau Bundesrätin! Das war jetzt keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung, sondern eine zusätzliche Zusatzfrage.

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wie hoch ist die Summe der verminderten Zuwendung von 4,5 auf 3,5 Prozent Arbeitgeberanteile durch den Finanzminister an den Familienlastenausgleichsfonds, denn hiermit wird die Aussage Ihres Vizekanzlers Schüssel, der FLAF werde dadurch nicht angetastet und geschmälert, widerlegt?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Ich hoffe, daß die Fragestunde des Bundesrates einem Regierungsmitglied nicht prinzipiell nur gestattet, mit Ja oder Nein zu antworten. Frau Bundesrätin Schicker! So habe ich das jetzt nicht verstehen wollen, ich glaube schon, daß man hier Gelegenheit hat, Fragen auch umfassender zu beantworten. Ich habe auch nicht Ihnen unterstellt, Frau Bundesrätin, einen Namen oder irgend etwas genannt zu haben. Ich habe ausdrücklich Herrn Finanzminister Edlinger zitiert. Ich kann Ihnen den "Kurier"-Artikel von der Vorwoche dann noch nachreichen, falls Sie nicht Gelegenheit hatten, ihn zu lesen.

Aber nun zur gestellten Frage. Frau Bundesrätin! Minus 1 Prozent FLAF-Beiträge würden etwa 9 Milliarden Schilling an Mindereinnahmen ausmachen. Es ist aber nicht richtig, was Sie schlußfolgern, daß Vizekanzler Schüssel das akzeptiert hätte. Das ganz sicherlich nicht. Das ist etwas, was Finanzminister Edlinger nicht einmal, sondern mehrfach in den Raum gestellt hat und was von mir mehrfach kategorisch abgelehnt wurde.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, einmal davon zu sprechen, die FLAF-Beiträge zu senken, indem die Dienstgeberbeiträge von 4,5 auf 3,5 Prozent vermindert werden. Das ist eine Senkung der Lohnnebenkosten, das ist schon richtig. Am Tag danach heißt es dann, daß man diese FLAF-Überschüsse den Ländern zur Verfügung stellen will, um Finanzausgleichsverhandlungen leichter führen zu können. Und am dritten Tage heißt es wieder, man möchte das Budget damit konsolidieren und andere Aufwendungen treffen.

Ich kann immer nur das eine tun, alle drei Dinge zugleich, das geht nicht. Das geht auch dann nicht, wenn man sich das wirklich wünscht.

Also von mir aus ein klares Nein dazu. Eine Absenkung um 1 Prozent würde 9 Milliarden Schilling bedeuten, das würde den Familienlastenausgleichsfonds wieder in die roten Zahlen bringen. Das hieße Überschuldung, Verschuldung, das hieße wiederum Verlust jeder familienpolitischen Flexibilität. Das haben sich Österreichs Familien nicht verdient. Österreichs Familien sind froh darüber, daß endlich nach Jahren der FLAF-Verschuldung jetzt wieder schwarze Zahlen erreicht werden und damit ein gewisser familienpolitischer Spielraum wieder zurückgewonnen werden konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1064/M.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Ernst Winter, seine Anfrage zu verlesen.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 35

1064/M-BR/99

Wie werden Sie sicherstellen, daß anders als bei der Berger-Deponie eine ordnungsgemäße Entsorgung stattfindet, die nicht nur entgegen dem Vermischungsverbot Abfälle vererdet und auf andere Deponien mit hohen Gewinnen auf öffentliche Kosten umlagert?


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 36

Präsident Jürgen Weiss:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat Winter! Die Sanierung der Altlasten-Berger-Deponie ebenso wie der Fischer-Deponie erfolgt im Rahmen eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens durch eine sogenannte Ersatzvornahme, nachdem die zur Sanierung Verpflichteten entsprechenden Behördenaufträgen nicht nachgekommen sind.

Für die Durchführung verantwortlich zeichnet die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres. Es ist daher festzuhalten, daß das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie mangels Zuständigkeit in das gegenständliche Verfahren nicht eingebunden war, auch nicht ist und daher auch keine von uns zu verwaltenden Gelder zum Einsatz kommen.

Wir finanzieren lediglich eine seit 1989 zum Einsatz kommende Sperrbrunnenreihe, die grundwasserstromab der Fischer-Deponie die weitere Verbreitung von Schadstoffen aus dieser Altlast verhindert und die auch eine wichtige Überwachungsfunktion im Rahmen der Räumung übernehmen wird.

Ungeachtet dessen, Herr Bundesrat, liegt es im Wesen eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens, daß zur Umsetzung der behördlichen Aufträge nur die gelindesten Mittel zur Anwendung gelangen, und daher ist anzunehmen, daß jene wahrscheinlich geringer kontaminierten Materialien, die sich für eine Vererdung eignen, diesen Weg der Verwertung beziehungsweise Entsorgung gegangen sind, weil die Kosten dafür geringer waren als für eine direkte Deponierung. Das kann jedenfalls angenommen werden.

Soweit Abfälle zur Vererdung auf die Deponie Langes Feld in Wien gelangen, dürfen diese bescheidmäßig ausschließlich zur Rekultivierung, das heißt, Herr Bundesrat, zur Oberflächengestaltung, im Rahmen der Deponie selbst zum Einsatz kommen.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Herr Bundesrat Ing. Kurt Scheuch.

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Warum genehmigen Sie den Export von 32 000 Tonnen Metallschlemmen aus der Deponie Arnoldstein und bringen somit die einheimische Wirtschaft um einen Auftrag in der Größenordnung von 125 Millionen Schilling?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Nach Anhörung von Experten, vor allem auch hausintern dazu Stellung nehmenden Experten, ist klargeworden, daß das der Weg ist, der zu gehen ist. Die Genehmigung zum Export in eine ausländische Untertage-Deponie erscheint uns jedenfalls die Ziele einer sicheren Entsorgung der entsprechenden Materialien zu gewährleisten. (Bundesrat Ing. Scheuch: Es hätte auch die Möglichkeit eines Recyclings gegeben!)

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat Herr Ing. Walter Grasberger, bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Werter Herr Bundesminister! Was können Sie über die Gebarung im Altlastensanierungsfonds sagen, werden die entsprechenden Einnahmen auch widmungsgemäß verwendet?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Ich möchte nur noch ergänzend zur letzten Frage etwas sagen, weil das nicht so im Raum stehenbleiben soll. Herr Bundesrat Scheuch! Die von uns befaßten Experten waren eben nicht der Auffassung, daß mit einem in Österreich angebotenen Recycling mit einem hohen Maß an Sicherheit, das hier gegeben sein muß, die entsprechenden Entsorgungsziele erreicht werden können. Das ist von uns sorgfältigst abgewogen worden. Wir sind dann im Lichte dieser Expertenmeinungen – sie waren überwiegend dieser Meinung – zu der Entscheidung gekommen, diesen Export zu genehmigen.

Herr Präsident! Sie entschuldigen, aber ich wollte diese Bemerkung nicht so im Raum stehenlassen.

Zur Gebarung des Altlastensanierungsfonds darf ich dir, sehr geehrter Herr Bundesrat, sagen, daß insgesamt von Jänner 1990 bis 1998 2,53 Milliarden Schilling an Altlastensanierungsbeiträgen eingegangen sind. Davon sind 313 Millionen Schilling für die Untersuchung von Verdachtsflächen aufgewendet worden und 2,2 Milliarden Schilling für die Förderung von Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen. Von 145 in den Altlasten-Atlas eingetragenen Altlasten befinden sich zurzeit 42 in Sanierung, zwölf ehemalige Altlasten sind bereits entweder saniert oder gesichert.

Insgesamt ist festzuhalten, daß im Hinblick auf eine viel größere Anzahl von Verdachtsflächenmeldungen diese Zahl von im Altlasten-Atlas eingetragenen sanierten Altlasten relativ gering erscheinen mag. Aber ich möchte sagen, daß wir, was Altablagerungen, also Deponien, betrifft, insgesamt einen guten Kenntnisstand haben und daß wir die wirklich kritischen Altablagerungen in diesen Altlasten-Atlas bereits integriert haben. Man möge sich von der großen Zahl von gemeldeten Verdachtsflächen und dieser im Vergleich dazu relativ geringen Zahl im Altlasten-Atlas nicht täuschen lassen.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1071/M.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Reinhard Bösch, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1071/M-BR/99

Aus welchem konkreten Grund bezeichnen Sie die Finanzierung des Kinderbetreuungsschecks als Vision (APA 320, 20. 7. 1999), obwohl Berechnungen des ÖIF eindeutig belegen, daß der FLAF im Jahr 2000 3,8 Milliarden Schilling Überschuß aufweisen wird?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Bösch! Ich darf Ihnen zur Erklärung, warum ich den Kinderbetreuungsscheck und seine Realisierung, nämlich in seiner Endausbaustufe, als "familienpolitische Vision" bezeichne, die Kosten, die insgesamt für die verschiedenen Modelle anfallen würden, kurz aufschlüsseln:

Das Modell "Karenzgeld für drei Jahre", das heißt, das derzeitige Karenzgeld in Höhe von 5 700 S für drei Jahre für alle Eltern in Österreich auszubezahlen, würde im Jahre 2005 – und auf dieses Bezugsjahr stellt das Österreichische Institut für Familienforschung ab – insgesamt 19,5 Milliarden Schilling kosten, inklusive der Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge und vor allem auch der fiktiven Pensionsversicherungsbeiträge. Diese fiktiven Pensionsversicherungsbeiträge werden jetzt keinem Zahler zugeordnet, stehen aber im Raum und müssen von irgend jemandem finanziert werden. Diese Sozialversicherungsbeiträge, also diese drei Kostenblöcke, machen allein 7 Milliarden Schilling aus.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 37

Die Variante "Karenzgeld für vier Jahre" kostet 23,4 Milliarden Schilling, "Karenzgeld für sieben Jahre" 34,1 Milliarden Schilling, das Existenzminimum – das ist am Ausgleichszulagenrichtsatz orientiert und entsprechend höher als das Karenzgeld – für vier Jahre 30,6 Milliarden Schilling, für sieben Jahre 43,5 Milliarden Schilling. Es ist da nicht nur das Jahr 2005 in Ansatz genommen, sondern auch die dann leider Gottes wahrscheinlich wieder niedrigere Geburtenanzahl.

Es ist aber auch in Ansatz genommen, daß die Krankenversicherungsbeiträge für das Karenzgeld von zurzeit 18,2 Prozent auf 6,8 Prozent reduziert werden. Das ist eine Annahme, die durchaus machbar ist, aber man muß wissen, daß man von 18,2 Prozent auf dann 6,8 Prozent kommt.

So gesehen muß man sich die Finanzierung des Kinderbetreuungsschecks doppelt und dreifach ansehen und vor allem die Prämissen ins Auge fassen, die hier gegeben sind. Es ist auch zu prüfen, inwieweit Einsparungen, nämlich was weniger an Arbeitslosengeld, an Sondernotstandshilfe anfällt – auch da werden Beträge in Milliardenhöhe ausgewiesen und geschätzt –, tatsächlich in dieser Höhe zu erwarten sind.

All das bringt mich zur Ansicht, daß als erster Schritt in Richtung Kinderbetreuungsgeld und Kinderbetreuungsscheck das Karenzgeld für alle machbar ist. Das ist aus heutiger Sicht verantwortbar. Diese 18 Monate halte ich zum 1. 1. 2000 – ich habe das bereits in Richtung des Herrn Bundesrates Wilfing gesagt – für finanzierbar, für machbar und auch für sozial gerecht.

Hingegen ist ein Ausbau dieses Karenzgeldes für alle zu einem Kinderbetreuungsgeld für 24 Monate etwas, was ich heute noch nicht, aber mittelfristig für machbar erachte – genauso wie den wichtigen Schritt, daß man aus den jetzigen Kindererziehungszeiten echte Beitragsjahre macht, denn die Kindererziehungszeiten werden nur auf die Pensionshöhe angerechnet, aber eine Frau und Mutter muß trotzdem 15 echte Beitragsjahre haben. Also diese Schritte halte ich mittelfristig für machbar.

Aber das Karenzgeld jetzt in Richtung sechs, sieben Jahre auszudehnen und dann noch den Scheck hinzuzufügen, damit kommen wir dann in einen Bereich, bei dem ich sage, das ist für mich eine Vision, die zwar politisch wünschenswert, aber heute von der Finanzierbarkeit her noch nicht absehbar ist.

Präsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Bundesminister! Um zu überprüfen, ob Sie nicht nur visionär sind, möchte ich Sie fragen: Halten Sie es für möglich und von Ihrer Seite unterstützungswürdig, daß eine dieser vorgeschlagenen Varianten als Pilotprojekt in einem Bundesland eingeführt wird? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Sagen Sie uns noch dazu, an welches Bundesland Sie denken? (Bundesrat Ing. Scheuch: Tirol!) Ich glaube nicht, daß man ein derartiges Projekt unter Vermeidung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in einem Bundesland als Pilotprojekt einführen kann und in den anderen acht Bundesländern nicht.

Ich glaube insgesamt, daß diese ganze Entwicklung des Kinderbetreuungsgeldes in Richtung eines Kinderbetreuungsscheckes von einer Dimension ist, daß sie auf Bundesebene und unter maßgeblicher Heranziehung des FLAF geschehen soll. Alles andere erscheint mir als wenig realistisch. Ich meine, man sollte sich dem Projekt in Schritten nähern und das Karenzgeld für alle jetzt verwirklichen, das ist machbar. Man soll sich dann, wenn sich die Finanzierung im FLAF tatsächlich so entwickelt, wie die heutigen Schätzungen das erwarten lassen, zum gegebenen Zeitpunkt, noch innerhalb der nächsten Legislaturperiode, überlegen, ob jetzt 24 Monate statt 18 Monate und ob eine Umwandlung der Kindererziehungszeiten in echte Beitragszeiten möglich sind.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 38

Ich würde von meiner Seite aus den Weg vorziehen, mich hier Schritt für Schritt heranzutasten und nicht in einer Gemeinde oder in einem Bundesland die Endausbaustufe des Kinderbetreuungsschecks pilotmäßig zu probieren.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Mag. Karl Wilfing. – Bitte.

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Teilen Sie die Kritik vor allem der SPÖ – auch die Grünen meinen das –, daß die Verwirklichung des Kinderbetreuungsschecks Frauen zurück an den Herd drängen würde?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Nein, Herr Bundesrat, diese Kritik teile ich nicht (Bundesrat Payer: Aufgelegter Elfer! – Beifall bei Bundesräten der ÖVP und SPÖ), weil auch im Hinblick auf den gegebenen Zwischenruf das Gegenteil der Fall ist.

Wir haben heute eine Karenzgeldregelung, die ein weitgehendes Berufsverbot für die Karenzgeldbezieherin mit sich bringt. Eine Frau und Mutter, die in Karenz geht, kann zwar 3 899 S dazuverdienen – es gibt dann noch sehr komplizierte, aber doch vorhandene Einschleifregelungen –, aber im Prinzip kommt man sehr schnell an den Punkt, wo wegen zu hoher Bezüge aus Erwerbstätigkeit das Karenzgeld gestrichen wird. Ich spreche daher von einem weitgehenden Berufsverbot. Daher ist eine Frau, die heute Karenzgeld beziehen möchte, an den Herd oder – wenn Sie wollen – an das Kinderzimmer, an das Zuhause gebunden.

Das Modell "Karenzgeld für alle" und auch seine Weiterentwicklungen gehen einen anderen Weg. Damit soll das Prinzip der Wahlfreiheit hochgehalten werden. Es soll jungen Eltern die Wahlfreiheit gegeben werden, die Kinderbetreuung entweder selbst durch die Betreuungsleistung der Mutter, des Vaters oder beider zu Hause durchzuführen – das ist in hohem Maße der Wunsch von Eltern gerade von Kindern im Alter von ein, zwei, drei Jahren –, oder aber, wenn es gewünscht ist und nicht anders geht, erwerbstätig zu sein und subsidiär eine Kinderbetreuungseinrichtung heranzuziehen.

Also ich stelle mir sehr wohl vor, daß es in der Praxis auf der Basis des "Karenzgeldes für alle" in Zukunft für Mütter deutlich leichter sein sollte als heute, einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, damit das Wiedereinstiegsproblem wegzubekommen, Urlaubsvertretungen, Fortbildungen und Schulungen zu machen.

Erinnern wir uns, meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates, an die Meldungen aus Salzburg, wo es dazu gekommen ist, daß Frauen, die Schulungen gemacht haben, das Karenzgeld gestrichen wurde – betrieben vom dortigen AMS. Erinnern wir uns an diese Vorgänge! Das soll es in Zukunft nicht mehr geben.

Das "Karenzgeld für alle" ist das Gegenteil dessen, was der Koalitionspartner hier – ich meine: in nicht ganz sachlicher Weise – dem entgegenhält. Es bedeutet kein "Zurück an den Herd", sondern – wenn man so will – ein "Weg vom Herd" und auch die Möglichkeit der Wahlfreiheit, um Beruf und Familie wirklich ein bißchen besser vereinbar zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Jürgen Weiss: Für eine weitere Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Es ist einigermaßen schwierig, Ihre in verschiedene Richtungen gehenden Aussagen auf eine deckungsgleiche konkrete Aussage zu bringen. Einerseits geben Sie hier in Ihren Ausführungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des FLAF zu, daß man von geringeren Geburtenzahlen ausgeht, andererseits haben Sie aber – und das steht im Gegensatz zur Ihrer Aussage; ich weiß nicht mehr ganz genau, ob Sie es waren oder Ihr Herr Kollege Schüssel – diese Woche auch zugegeben, daß man auch damit spekuliert, daß durch das "Karenzgeld für alle" weniger Frauen auf den


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 39

Arbeitsmarkt drängen werden, was in den Berechnungen seinen Niederschlag findet. Außerdem haben Sie jetzt hier die Frage des zusätzlichen Verdienens ... (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Frage!)

Präsident Jürgen Weiss: Ich bitte Sie, die Frage zu formulieren.

Bundesrätin Hedda Kainz (fortsetzend): Ich bin dabei, eine Zusatzfrage zu formulieren, dies ist aber aufgrund der vielen gegensätzlichen Aussagen, die ich aus den Antworten des Herrn Ministers herauslese, nicht einfach. (Zwischenrufe.)  – Bin ich am Wort, Herr Präsident?

Präsident Jürgen Weiss: Zur Formulierung einer Zusatzfrage!

Bundesrätin Hedda Kainz (fortsetzend): Die konkrete Frage, Herr Bundesminister: Ist aus Ihren sehr differenzierten Aussagen herauszulesen, daß Sie tatsächlich bereit sind, aus dem Familienlastenausgleichsfonds Anliegen und Möglichkeiten zu formulieren, die von den Frauen gewünscht werden im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Ich verstehe Ihre Frage so, ob ich bereit bin, aus dem FLAF Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu finanzieren. – Ich antworte darauf mit Ja.

Zurückweisen möchte ich, Frau Bundesrätin, daß meine Aussagen widersprüchlich oder nicht konsistent gewesen wären. Ich meine, daß meine Linie in der Frage "Karenzgeld für alle", bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Finanzierungsmöglichkeiten auf Punkt und Beistrich und vor allem auch hinsichtlich der Zahlen nachvollziehbar, plausibel und konsistent ist; anderes können Sie nicht sagen.

Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Wenn es um Maßnahmen wie zum Beispiel das von uns durchgeführte Audit Familie und Beruf geht, Hilfeleistung in der Pilotphase, Förderungsmaßnahmen für Unternehmen, wenn es darum geht, beispielsweise Österreichs Arbeitgeber, wo immer sie sein mögen, über die notwendigerweise bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufzuklären, wenn es darum geht, in Unternehmungen beispielsweise Betriebskindergärten einzurichten, um für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor Ort etwas zu machen, bin ich gerne gesprächsbereit und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten natürlich auch bereit, FLAF-Mittel zur Verfügung zu stellen.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur Anfrage 1068/M.

Ich bitte die Fragestellerin, Frau Bundesrätin Maria Grander, um die Verlesung ihrer Anfrage.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1068/M-BR/99

Welche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familien und Beruf haben Sie bereits gesetzt?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Gleich im Anschluß daran, was ich schon gesagt habe: Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist vielleicht sogar das familienpolitische Kernthema.

Junge Menschen, befragt nach dem, was sie haben wollen, sagen zuerst einmal: eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, danach kommen erst die finanziellen Transferleistungen des Staates und dann kommen erst Infrastruktureinrichtungen, Kinderbetreuungseinrichtungen wie zum Beispiel Kindergärten. Daher ist das klarerweise ein Schwerpunktthema von uns, andererseits ist dies aber auch ein Thema, bei dem einem die begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten durch den Gesetzgeber bewußt sein müssen.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 40

Hier geht es um Bewußtseinsbildung, um eine Bewußtseinsveränderung dahin gehend, die Familienwelt nicht mehr subsidiär zur Arbeitswelt darzustellen, nämlich nach dem Motto "Die Familie hat sich nach der Arbeit zu richten!", sondern Familie und Arbeitswelt gleichgewichtig zu betrachten.

Zwei konkrete Maßnahmen, die wir in diese Richtung gesetzt haben: auf der einen Seite das schon angesprochene Audit Familie und Beruf, eine Familienverträglichkeitsprüfung für Unternehmen. Die Unternehmer, die mitgemacht haben, sind begeistert – es sind ganz kleine und ganz große darunter; zum Beispiel Neckermann-Versand in Graz ebenso wie die Erste, Elk-Fertighäuser, ein mittelständisches Unternehmen mit 600 bis 700 Mitarbeitern, ebenso wie Inzersdorfer, die bekannte Konservenfabrik. In Zukunft werden Unternehmen wie die Raiffeisen Zentralbank, Austrian Airlines – ein Unternehmen, das nicht nur viele Tausende ArbeitnehmerInnen beschäftigt, sondern bei dem auch aufgrund der Eigenheiten einer Airline die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders schwierig ist – mitmachen. Aber auch ein großer amerikanischer "Markenartikler" wie Procter & Gamble ist schon mit an Bord; andere werden hoffentlich und sicher noch dazukommen.

Dabei wird analysiert, wird vorgeschlagen, durch welche Maßnahmen eine bessere Familienverträglichkeit erreicht werden kann: mehr Arbeitszeitgestaltung für junge Eltern, firmeninterne Karenzzeiten. In Österreich macht man den prinzipiellen Fehler, "Karenzierung" immer mit "staatlich" und "Karenzgeld" zu verknüpfen – es ist nicht nur so. Karenzierung kann auch auf Firmenebene geschehen und muß nicht unbedingt mit Karenzgeldzahlungen verknüpft sein. – Das wollen wir weiterentwickeln.

Ich möchte haben, daß es in zwei, drei Jahren zum guten Ton in Österreichs Wirtschaft gehört, daß sich Unternehmen auditieren lassen im Hinblick auf bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und daß junge, talentierte, qualifizierte Schulabgängerinnen überhaupt nur mehr bei solchen Firmen anheuern, weil sie wissen, daß sie dann, wenn sie einmal ein Kind bekommen, die Möglichkeit haben, beides unter einen Hut zu bringen; wobei man sich nicht der Täuschung hingeben darf, daß man damit alle Probleme wegbekommt. Es wird immer die Doppel- und Dreifachbelastung geben, man sollte sie jedoch so niedrig wie möglich halten.

Zuletzt möchte ich noch sagen, daß mir auch die Durchführung des Bundeswettbewerbs zur Wahl des frauen- und familienfreundlichsten Unternehmens wichtig erscheint. Sie hat in der Steiermark begonnen und wurde auch von den anderen Bundesländern übernommen. Es gibt jetzt auch auf Bundesebene einen Bundeswettbewerb, der Bundessieger wurde heuer erstmals gekürt – das soll weiterhin so sein, denn dann strengen sich die Firmen an, beteiligen sich, da gibt es dann Best-practice-Modelle, wo sich der eine vom anderen etwas abschauen kann.

Es geht dabei also um konkrete Maßnahmen, um neben der Bewußtseinsbildungskampagne "Der Chef bin ich" – diese Kampagne läuft gerade aus – bei Österreichs Arbeitgebern das Bewußtsein zu etablieren, daß es nicht nur den Chef am Arbeitsplatz gibt, sondern auch den Chef zu Hause, und das ist das Kind. (Ruf bei der SPÖ: Partner!) Österreichs Familien und Österreichs Arbeitswelt sollten sich auch ein bißchen nach diesen ganz kleinen Chefs zu Hause richten und nicht nur nach dem großen Chef im Büro, im Amt, in der Firma. (Beifall bei der ÖVP.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 41

Präsident Jürgen Weiss:
Gibt es eine Zusatzfrage?

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Nein, danke, darauf wurde schon geantwortet.

Präsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage: Herr Bundesrat Karl Drochter. – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Sehr oft scheitert die von uns angestrebte Vereinbarkeit von Familie und Beruf an der täglichen, an der betrieblichen Arbeitszeit. Können Sie, Herr Bundesminister, sich vorstellen beziehungsweise sind Sie bereit, die Herabsetzung der gesetzlich geregelten Arbeitszeit für die Betreuungspflichtigen zu unterstützen – befristet natürlich –, um den Müttern oder Vätern die Betreuungspflichten, die im Rahmen der Familie unverzichtbar sind, zu erleichtern beziehungsweise diese zu gewährleisten?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ich habe mich dieser Frage nicht mit Scheuklappen genähert, sondern habe mit einer Reihe von Personalchefs und auch -chefinnen von wesentlichen Unternehmen gesprochen.

Solange Teilzeit weiblich ist – Teilzeit ist in Österreich in hohem Maße weiblich –, so lange wird ein Rechtsanspruch auf Teilzeit allzu leicht ein Schuß ins Knie der Frauen selbst werden, denn neben der Tatsache, daß nur Frauen schwanger werden und Kinder bekommen können, hätten Frauen dann gewissermaßen auch noch den Rucksack mitzutragen, daß sie auch noch einen Rechtsanspruch auf Teilzeit haben, die Männer nicht – also: Im Zweifelsfall nehmen wir gleich den Mann, der fällt weniger oft aus und hat auch keinen Rechtsanspruch auf Teilzeit.

All diese Personalchefs haben mir allerdings gesagt, daß es in ihren Unternehmungen auf betrieblicher Ebene ohnehin für Eltern – in der Praxis sehr oft für die Mütter – von Kindern im Vorschulalter die Möglichkeit für flexible Arbeitszeitmodelle, für Teilzeitmodelle gäbe, daß das selbstverständlich sei.

Ich plädiere dafür, diese Frage auf der Ebene der betrieblichen Sozialpartnerschaft zu belassen und nicht den krampfhaften und für die Frauen vielleicht nicht förderlichen, sondern sogar benachteiligenden Versuch zu unternehmen, mit der Gesetzespeitsche drüberzufahren.

Das gilt auch für eine Verlängerung der Behaltefrist – das ist dann wieder frauenimmanent, das wird dann allzu leicht ein Nachteil für die Frauen.

Die Ebene der betrieblichen Sozialpartnerschaft scheint mir besser dafür geeignet, dort sollte man es machen, und in vernünftigen Unternehmungen geschieht es ohnehin. Die Bevormundung durch den Gesetzgeber erscheint mir erst als zweitbeste Möglichkeit.

Außerdem habe ich auch recherchieren lassen, wie sich die Situation in Europa darstellt: In Schweden gibt es dieses Recht auf Teilzeit, das ist richtig. In den Niederlanden mit einer durchaus sozialdemokratisch geführten Regierung ist diese Frage im Parlament von den Grünen vorgetragen und von den Sozialdemokraten abgelehnt worden.

Präsident Jürgen Weiss: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist sehr löblich, aber es gibt auch Frauen, die über den jetzt möglichen Zeitraum hinaus gerne zu Hause bleiben und ihre Kinder selbst betreuen. Diese Frauen fühlen sich aber oft diskriminiert.

Welche Maßnahmen können Sie sich vorstellen, damit der Arbeitsplatz Familie aufgewertet wird?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Ich habe schon vor einigen Minuten gesagt, daß mir eine Trennung zwischen der vom Gesetzgeber vorgesehenen Karenzierung und der betrieblichen Karenzierung zweckmäßig erscheint.

Ich habe im Hohen Hause in einem Gespräch mit einer sehr qualifizierten Journalistin die Beobachtung machen müssen, daß auch sie dachte, daß auch die Karenzzeit auf 18 Monate reduziert worden wäre. Das stimmt nicht. Die Karenzzeit ist nach wie vor 24 Monate, und ich meine, daß Maßnahmen, wie sie zum Beispiel der Arbeitgeber Bund und andere Arbeitgeber setzen, mit denen längere Karenzierungen ermöglicht werden, zweckmäßig sind.

Ich kenne große deutsche Automobilunternehmen, die eine Karenzierung von maximal zehn Jahren ermöglichen, allerdings dann für alle Kinder gewissermaßem im Paket, und eine wirklich


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657. Sitzung / Seite 42

sehr weit gehende Flexibilität für Mütter und Väter hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer elterlichen Pflichten bieten.

Da bedarf es dann allerdings auch Überbrückungsmaßnahmen, nämlich Schulungsmaßnahmen, Urlaubsvertretungen und ähnliches mehr, da nach sechs, acht oder zehn Jahren der Wiedereinstieg natürlich noch schwieriger ist als nach zwei oder drei Jahren.

Ich meine – das habe ich schon gesagt –, daß die Entkoppelung des "Karenzgeldes für alle", eines Kinderbetreuungsgeldes, von einem Berufsverbot zweckmäßig ist, daß man jungen Menschen in diesem Bereich wirklich mehr Wahlfreiheit geben sollte. Die 300 000 AlleinerzieherInnen in diesem Land können mit 6 000 S, wenn das Karenzgeld auf diese Höhe angehoben werden wird, auch nicht leben; das ist lächerlich, das geht nicht. Aber mit 6 000 S Karenzgeld und der Möglichkeit, daneben eine Teilzeitbeschäftigung anzunehmen, geht es sich unter Umständen schon aus.

Ich glaube, da bedarf es einem Mehr an Flexibilität. Diese starren Grenzen müssen weg und auch die Vorstellung, daß der Gesetzgeber mit zwei oder drei Federstrichen all das viel besser regeln kann, als es sich die Familien und Arbeitgeber selbst ausmachen können.

Präsident Jürgen Weiss: Durch den Ablauf der festgesetzten Zeit ist die Fragestunde beendet.

Einlauf

Präsident Jürgen Weiss: Eingelangt sind sieben Anfragebeantwortungen, 1492/AB bis 1498/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Vertretung des Kanzlers durch den Vizekanzler.

Ich ersuche die Schriftführerin um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, daß ich mich innerhalb des Zeitraumes vom 25. Juli bis 8. August 1999 im Ausland aufhalten werde.

Gemäß Artikel 69 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz vertritt mich der Herr Vizekanzler, den ich hievon in Kenntnis gesetzt habe.

Mit freundlichen Grüßen"

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Eingelangt sind ferner drei Beschlüsse des Nationalrates vom 15. Juli 1999 über

ein Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße – Aktiengesellschaft,

ein Bundesgesetz betreffend die Übertragung des Bundesanteils an der Olympia-Eissportzentrum Innsbruck Ges. m. b. H sowie die Übertragung von unbeweglichem Bundesvermögen und

ein Bundesgesetz, mit dem die XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 43

Diese genannten Beschlüsse unterliegen im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Ich gebe weiters bekannt, daß ein gemeinsames Schreiben des Bundeskanzlers und des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten betreffend Nominierung von Dr. Franz Fischler für die Funktion des österreichischen Mitglieds der Europäischen Kommission für den Aufgabenbereich Landwirtschaft gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz vorliegt.

Fristsetzungsantrag


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 44

Präsident Jürgen Weiss:
Weiters gebe ich bekannt, daß die Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates eingebracht haben, wonach dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung betreffend die Anträge 89/A, 85/A und 93/A eine Frist bis 17. September 1999 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungsantrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Ich darf bekanntgeben, daß es sich um folgende Anträge handelt:

Antrag 89/A der Bundesräte Dr. Kapral und Kollegen betreffend Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird,

Antrag 85/A der Bundesräte Dr. Schambeck und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Finanz-Verfassungsgesetzes sowie

Antrag 93/A der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Finanz-Verfassungsgesetzes.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Bundesrat Dr. Bösch gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

10.20

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute diesen Fristsetzungsantrag in bezug auf diese drei Anträge betreffend den Bundesrat und seine Reform eingebracht, weil wir Freiheitliche es für notwendig halten, daß die Reform des Bundesrates endlich aus dem Bundesrat heraus betrieben und auch endlich hier in den Gremien des Bundesrates diskutiert wird.

Meine Damen und Herren! Alle substantiellen Anträge dazu – ob sie Regierungsvorlagen oder Bundesratsanträge sind – beginnen bei der schon legendären Bundesstaatsreform, sind aber mittlerweile – Sie wissen das alle – parlamentarisch versandet.

Wir Freiheitliche empfinden das als verantwortungslos. Wir Freiheitliche wollen einen effizienten Bundesrat, der in der Gesetzgebung auch eine essentielle Rolle spielen kann. Die Meinung, daß man, wenn sich der Bundesrat nicht bessert, ihn abschaffen könnte, ohne daß irgend jemandem in dieser Republik ein Schaden entstünde, gewinnt zunehmend Anhänger – auch bei den Regierungsparteien und nicht nur bei der Opposition.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitliche sind der Ansicht, daß in einer solchen Situation selbstbewußte Parlamentarier, die wir sein müßten, gefordert sind.

Ich stelle daher den Antrag, zu dem von uns eingebrachten Fristsetzungsantrag eine Debatte abzuhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.22

Präsident Jürgen Weiss: Ich lasse sogleich darüber abstimmen, ob über diesen Fristsetzungsantrag eine Debatte durchgeführt werden soll.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag auf Durchführung einer Debatte über den genannten Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Durchführung einer Debatte über den Fristsetzungsantrag ist somit angenommen.

Gemäß § 49 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates beschränke ich die Redezeit für jeden Bundesrat auf fünf Minuten.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny. – Bitte.

10.23

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben dieser Debatte zugestimmt, weil es keine Gelegenheit geben kann, bei der wir einer Diskussion über dieses unser eigenes Gremium ausweichen wollen. Es ist keine Frage ... (Heiterkeit des Bundesrates Ing. Scheuch. )  – Wie meinen, Herr Kollege? Haben einen Scherz gemacht? (Bundesrat Ing. Scheuch: Nein, leider nicht!)  – Leider nicht, sehen Sie!

Es gibt in diesem Haus eine Partei, in deren seit langem bestehenden Programm allemal die Auflösung des Bundesrates festgehalten ist beziehungsweise war. In dieser Partei erzählt man frischgebackenen Bundesräten, daß sie eh nichts zu tun haben, worauf sie dann, nachdem es einige ... (in Richtung des Bundesrates Ing. Scheuch )  – Herr Kollege, ich weiß nicht, was man Ihnen erzählt hat, Ihrem Vorgänger hat man gesagt, daß man hier nichts zu tun hat. Und als er daraufgekommen ist, daß das leider nicht stimmt, hat er uns in der letzten Sitzung mitgeteilt, daß er wegen Überlastung sein Mandat zurücklegt. Ob das wirklich die Grundlage für eine konsistente Politik zur Aufwertung des Bundesrates ist, möchte ich füglich in Zweifel ziehen.

Aber daß dieser Bundesrat, wie jedes demokratische Gremium, seine Notwendigkeit immer wieder in der Praxis unter Beweis stellen muß, ist ebenso unbestritten wie die Tatsache, daß die Rahmenbedingungen, unter denen sich diese Praxis abspielt, durchaus, wenn sie als unzureichend empfunden werden, nachzujustieren sind. Wir haben in vielen Gremien dieses Hauses, aber auch in unseren eigenen Parteien, ohne daß wir – wie auch ich zugeben muß – damit alle überzeugt haben, Diskussionen darüber geführt, wie die Rechtsstellung, die Verfassungsstellung des Bundesrates und seine Kompetenzen ausgeweitet werden können, wie seine Arbeitsweise verbessert werden kann. Dazu stehen wir, und ich glaube, daß es eine Reihe von wesentlichen Vorschlägen gibt, die über das hinausgehen, was in den drei hier angeführten Anträgen festgehalten wird.

Ich halte es zwar für eine starke Übertreibung, daß die Frage, ob der Bundesrat abgeschafft werden soll oder nicht, zum wahlkampfbeherrschenden Thema wird; ich halte das eher für das Auftreten des Halleyschen Kometen, der mit großer Regelmäßigkeit durch das Sommerloch zischt, aber das soll daran nichts ändern.

Ich möchte allerdings auch folgendes klar zum Ausdruck bringen: Die Frage einer Verfassungsneukonstruktion – um nicht das zugegebenermaßen durch allzu häufige Benützung ein wenig ausgelutschte Wort von der "Bundesstaatsreform" in den Mund zu nehmen – ist sicherlich nicht ein Thema, das im Wahlkampf in Ruhe, Gelassenheit und mit Augenmaß diskutiert werden kann. Ich weiß nicht, welche innere Frist Sie bis zum 17. September festsetzen und was der 17. September an besonderen Merkmalen an sich hat, daß dann die Vorstellungen des Bundesrates – seine eigenen Vorstellungen – über seine Neukonstruktion vorliegen müssen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 45

Wir werden daher dem Fristsetzungsantrag selbst nicht zustimmen, weil wir glauben, daß eine Frage wie diese mit Sicherheit nicht als Wahlkampfmunition geeignet ist. Wir werden uns in der Sache mit diesen und mit unseren eigenen Ideen, die zum Teil auch Gegenstand von Anträgen sind oder sein werden, selbstverständlich auseinanderzusetzen haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Bieringer. )

10.27

Präsident Jürgen Weiss: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron zu Wort gemeldet.

10.27

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben heute in einer Zeit, in der die Völkerrechtssouveränität der einzelnen Staaten ausgehöhlt wird. Das ergibt sich dadurch, daß wir zum Beispiel auch im Rahmen der EU eine zunehmende internationale Vernetzung haben. Dieser Zentralisierung, die heute besteht, ist eine Dezentralisierung, eine Aufwertung der Regionen gegenüberzustellen. Wir Freiheitliche wollen daher, daß das föderalistische Prinzip in Österreich aufgewertet wird. Es muß auch zu einer Aufwertung des Bundesrates kommen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Woher der Herr Fraktionsvorsitzende der SPÖ Konecny die Information hat, daß in unserem Parteiprogramm die Auflösung des Bundesrates steht, weiß ich nicht. Vielmehr steht dort zu lesen, daß wir eine Aufwertung des Föderalismus in Österreich haben wollen – und das ernsthaft. Wir wollen nicht die Bundesratsreform mit dem Halleyschen Kometen vergleichen oder sagen, daß ein Begriff ausgelutscht ist. Wir wollen etwas Solides für Österreich haben – und das schnell! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für uns gilt der Grundsatz – so steht es auch in der Bundesverfassung –, daß der Bundesrat in Permanenz tagt. Wenn man etwas will, wenn man etwas in diesem Land verbessern will, dann darf man es nicht weit von sich wegschieben und sagen, das ist nicht so wichtig, da reden wir irgendwann einmal darüber, am besten am St. Nimmerleinstag. – Wir Freiheitliche sind vorstellig geworden, um die Bundesratsreform bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, so wie das gute Funktionäre eines Staates üblicherweise auch durchzuführen haben, zu machen. Wir Freiheitliche wollen wirklich etwas Substantielles erreichen, nämlich eine deutliche Verbesserung.

Man sieht bei der SPÖ und bei der ÖVP, was wirklich gedacht wird. Wir Freiheitliche wollten eine Erledigung der Selbständigen Anträge haben, und zwar inklusive deren Beratung innerhalb eines Jahres nach Einbringung, und eine Verwertung der guten Ideen, die hier im Bundesrat seitens der Funktionäre eingebracht werden. Sie wollen jedoch eine Eliminierung der Anträge haben, nämlich dadurch, daß diese Anträge vertagt und letztlich durch Ausscheiden der Bundesratsmitglieder nicht mehr zum Gegenstand der Verhandlungen werden. Das ist der deutliche Unterschied unserer Politik. Wir Freiheitliche sehen den Bundesrat als Vertreter der Länderinteressen. Wir Freiheitliche wollen die Aufwertung des Föderalismus in Österreich.

Ich bitte Sie daher: Nehmen Sie die Möglichkeit jetzt wahr, unserem Entschließungsantrag näherzutreten! Stimmen Sie bitte diesem zu! Ich sage das vor allem in Richtung ÖVP. Ich fordere die ÖVP auf, hier tätig zu werden (Oh-Rufe bei der SPÖ), weil die SPÖ inzwischen abgesagt hat. Der SPÖ ist nämlich der Bundesrat im Grunde genommen egal, weil es ist ja wichtig, die Gesetze außerhalb des Parlamentes abzuwickeln. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Bundesrates Gerstl. )

Ich fordere daher die ÖVP auf, unserem Entschließungsantrag die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

10.31

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte über den Bundesrat wird anscheinend von Leuten


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 46

geführt, die die österreichische Bundesverfassung sehr wenig kennen und nicht wissen, welche Rechte der Bundesrat heute bereits besitzt. Das möchte ich ausdrücklich auch einmal hier im Plenum festhalten. Es ist rührend, wenn man hört, wer sich aller bemüßigt fühlt zu sagen, daß der Bundesrat abgeschafft gehört. Herr Kollege d'Aron! Bei aller Wertschätzung Ihrer Person, aber als Sie hier gesprochen haben, war ich mir nicht sicher, ob Sie wissen, wovon Sie sprechen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Denn Sie redeten andauernd von einem Entschließungsantrag, obwohl es hier um ... (Bundesrat Dr. Bösch: Fristsetzungsantrag!)

Ich wiederhole nur, Herr Kollege Dr. Bösch, was Herr Kollege d'Aron hier gesagt hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Hoffentlich versprechen Sie sich nie!) Ich rede nur von dem, was hier gesagt wurde. Ich habe es ja nicht gesagt, sondern ich wiederhole es nur. Es geht hier um einen Fristsetzungsantrag (Bundesrat Ing. Scheuch: Richtig!), und ich erkläre gleich für meine Fraktion, daß wir einen Fristsetzungsantrag sofort zustimmen, wenn wir ihn für sinnvoll halten. Aber das, was Sie hier machen wollen, ist ein Fristsetzungsantrag zum 17. September, damit Ihr Antrag am 14. Oktober im Plenum verhandelt wird und dann am 28. Oktober verfällt; denn es dürfte Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen sein, daß alle Anträge, die in einer Gesetzgebungsperiode des Nationalrates eingebracht werden, mit Ende der Gesetzgebungsperiode für verfallen erklärt werden.

Daher werden wir Ihrem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen, denn wir wollen über die Reform des Bundesrates diskutieren, aber wir wollen nicht, daß Anträge sang- und klanglos verschwinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.) Und aus diesem Grund werden wir Ihrem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen.

Ich bedanke mich sehr herzlich dafür, daß Sie dafür Sorge tragen, daß Anträge der von mir sehr geschätzten und meiner Fraktion zugehörigen Herren Prof. Schambeck und Jürgen Weiss nicht verfallen. Dafür bedanke ich mich wirklich sehr herzlich. Wir werden aber selber danach trachten und sind Manns genug, daß wir unsere Fraktionskollegen unterstützen und dann diskutieren werden, und zwar zu einem Zeitpunkt diskutieren werden, zu dem es sinnvoll ist, und nicht zu einem Zeitpunkt, wenn niemand etwas davon hat. Wir wollen, daß dieser Bundesrat, zu dem wir uns voll und ganz und ohne Wenn und Aber bekennen, bestehen bleibt. Wir wollen nicht erklären: Wenn das nicht gemacht wird, dann soll man ihn abschaffen. Von Abschaffen reden nur jene Leute, die nicht wissen, welche Rechte dieser Bundesrat hat.

Ich zitiere an dieser Stelle – und das mache ich wirklich nicht gerne – Herrn Klubobmann Kostelka, der vor nicht allzu langer Zeit erklärt hat: Würde der Bundesrat alle seine Rechte wahrnehmen, die er wahrnehmen kann, dann würden sich so manche wundern und die ganze Aufwertungsdebatte würde aufhören. – Zitatende. (Bundesrätin Mühlwerth: Und was machen Sie?)

Lassen Sie mich folgendes sagen: Wir werden trachten müssen, ganz gleich welche Regierungsform es geben wird ... (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )  – Herr Kollege Scheuch! Gehen Sie zur Löwingerbühne, dort passen Sie hin, aber lassen Sie uns hier mit Ihren Wortspenden in Ruhe! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Wir werden danach trachten müssen – diesen Appell richte ich heute schon an alle, ganz gleich welche Regierungsform es nach dem 3. Oktober geben wird –, daß der Bundesrat nicht in ein Koalitionsübereinkommen gezwängt wird. Lassen wir dem Bundesrat das freie Spiel, das ihm laut Bundesverfassung zusteht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Das hat er aber nie!)

10.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 47

Ich darf noch einmal daran erinnern, daß wir entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung über den Fristsetzungsantrag nach Erledigung der Tagesordnung abstimmen werden.

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt sind jene Beschlüsse des Nationalrates, die auch Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Beschlüsse sind den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen worden. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über die Beschlüsse des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird, ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird, sowie über die Anträge 120/A und 121/A abgeschlossen und schriftliche Ausschußberichte erstattet.

Der Entschließungsantrag 118/A(E) wurde vertagt.

Der Herr Präsident hat daher alle diese Vorlagen mit Ausnahme des soeben erwähnten vertagten Entschließungsantrages auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 3 bis 5, 8 und 9, 15 bis 17, 18 und 19, 23 und 24, 26 bis 28, 30 bis 34, 36 bis 38, 44 bis 46 sowie 53 und 54 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung selbst das Wort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend eine Änderung des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Dritten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Genf am 22. September 1995; Änderung und Annahme von Anlagen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Vierten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Kuching, Malaysia, 23. bis 27. Februar 1998 (1751 und 2082/NR sowie 6020/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung: Änderung des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Dritten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Genf am 22. September 1995; Änderung und Annahme von Anlagen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, angenommen auf der Vierten Tagung der Vertragsparteienkonferenz in Kuching, Malaysia, 23. bis 27. Februar 1998.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Thumpser übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Herbert Thumpser: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie, wie von der Frau Vizepräsidentin zitiert.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 48

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach der Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung und die Antragstellung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ledolter. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

10.39

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Verehrter Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als kurze Replik auf die vorangegangene Fragestunde möchte ich doch festhalten, daß ich es als sehr beschämend empfinde, daß die anscheinend einzige Antwort, die auf eine engagierte Idee, die brillant vorgetragen und vorbereitet wurde – und von einem sehr engagierten Minister getragen ist –, gegeben wurde, im ministeriellen Dialog offensichtlich nur noch die persönliche Diffamierung und das persönliche Heruntermachen von Bedenken ist. Ich möchte das in aller Form und mit allem Nachdruck zurückweisen.

Ich möchte auch dafür plädieren, daß sich der Hohe Bundesrat nicht auf dieses Niveau begeben möge. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus stört es mich, weil es sich gerade um einen Minister handelt, der in der abgelaufenen Legislaturperiode bei einer schwierigen Materie, die er souverän gemeistert hat, sehr wohl unter Beweis gestellt hat, daß er durchaus auf konsensualem Weg unterwegs ist.

Diesen positiven Weg zeigt auch eine kurze Rückschau auf die vergangene Arbeit. Dies beginnt mit der Klimakonferenz in Kyoto, wo Sie, Herr Minister, ein völlig neues Modell gewählt haben, nämlich das Einbinden von Mitgliedern des Umweltausschusses aller Fraktionen zur gemeinsamen Vertretung der österreichischen Position, wodurch Sie sehr großes Ansehen erlangt haben. Es sind zweifelsohne das österreichische Engagement und das Verhandlungsgeschick unter Ihrer Führung, Herr Minister, das internationale Anerkennung gefunden hat – und das nicht nur in Kyoto, sondern auch auf der Vorläuferkonferenz in New York und schließlich und endlich anläßlich der Präsidentschaft in Buenos Aires. Da hat Österreich ein sehr gutes Bild gemacht, und das ist auch hier im Bundesrat dankbar festzuhalten.

Diese Erfolgsbilanz auf konsensualem Weg zieht sich durch die ganze Legislaturperiode als gute und erfolgreiche Umweltpolitik. Meine Damen und Herren! Ich bin auch der Überzeugung, daß es in Zukunft noch sehr vieler weiterer Schritte bedürfen wird, um auf diesem Weg, der mit Nachhaltigkeit und mit sehr viel Zielstrebigkeit in einer zugegebenermaßen schwierigen Materie, aber auch über die Generationen hinweg engagiert gegangen wird, erfolgreich zu sein.

Es handelt sich um eine Politik nicht nur mit erhobenem und moralisierendem Zeigefinger, sondern mit dem Werben um Akzeptanz, mit Leistungsanreizen auch für die Wirtschaft, vor allem aber im Interesse der Erhaltung der Lebensgrundlagen unserer schönen Heimat – all jener notwendigen Dinge, die die Existenzgrundlage jener sichern, die hier leben, wirtschaften und arbeiten und die letztendlich dazu beitragen, daß unsere Heimat auch international liebenswert und lebenswert bleibt.

Damit zum gegenständlichen Thema der Regierungsvorlage, das in der Europäischen Gemeinschaft bereits im Hinblick auf eine Änderung der EG-Verbringungsverordnung aus dem Jänner 1997 EU-Konformität aufweist. Seitens der G 77-Staaten bestand auch schon in den vorbereitenden Verhandlungen zum Basler Übereinkommen die Forderung nach einem vollständigen Exportverbot für gefährliche Abfälle aus den Industriestaaten in die dritte Welt. Das zweifelsohne deshalb, weil gerade in der dritten Welt, in den Staaten, die bei weitem nicht die technischen, die wirtschaftlichen, aber auch die legistischen Rahmenbedingungen auf


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 49

weisen, um eine entsprechende Entsorgung und ordnungsgemäße Behandlung von gefährlichen Abfällen zu gewährleisten, das Einführen dieser gefährlichen Stoffe und deren Verarbeitung durchaus problematisch erscheint.

Die G 77-Forderung nach einem umfassenden Verbot der Verbringung von Abfällen in Entwicklungsländer ist damit, so glauben wir, umgesetzt. Mit dieser – wie sie der Herr Minister bezeichnet hat – Anti-Öko-Dumping-Verordnung, diesem weltweit erstmaligen Abkommen, ist ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung gesetzt, und dieser ist zu begrüßen.

Was ich auch noch anmerken möchte, ist, daß bei der linken Reichshälfte schon wieder überschießende Forderungen nach einem umfassenden Erhebungs- und Kontrollsystem auch für die nicht gefährlichen Abfälle erhoben werden. Ich meine, daß das durchaus von Interesse sein kann, aber derzeit nicht zu den vordringlichen Aufgaben zählt, denn eine lückenlose Verfolgung des Weges von Abfällen wird damit zweifelsohne bestenfalls erschwert, aber nicht ausgeschlossen.

Ein Wort auch noch zur sogenannten "Vererdung", die punktuell durchaus entsprechend dem heutigen Stand der Technik immer noch ein taugliches Instrumentarium sein mag – und in der Fragestunde wurde vom Herrn Minister bereits darauf eingegangen –, die aber letztendlich ein Weg ist, der sich in der Zukunft als nicht mehr zielführend erweisen wird und auch eindeutig den Richtlinien der EU über Abfalldeponierung widerspricht.

Eine Anmerkung noch am Ende einer Periode hinsichtlich der Kompetenzverteilung, weil ich doch glaube, daß über die Parteigrenzen hinweg neidlos anzuerkennen ist, daß Minister Bartenstein mit dem vorgelegten Weg bewiesen hat, wie Umweltpolitik zu machen ist. Und ich glaube, daß es hoch an der Zeit wäre, mit eifersüchtigem Beharren auf Kompetenzen in Bereichen wie Gentechnik oder nuklearer Sicherheit in einer bestimmten Partei Schluß zu machen, weil letztendlich auch bei der Umwelt-Generaldirektion in Brüssel, bei der GD 11, all diese Agenden zusammenlaufen, und es daher zweckmäßig wäre, diese Intentionen in einer ministeriellen Hand zusammenzuführen.

Zum Schluß noch: Herr Minister! Gratulation zu dieser guten Performance, und ein Dank auch für dieses Engagement und diesen Einsatz für die Menschen in Österreich, für die Umwelt, die wir an die nächsten Generationen weiterzugeben haben und zum Wohl unserer Heimat bewahren mögen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

10.47

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Zuerst möchte ich anmerken, daß leider im Ausschuß, in dem dieser Tagesordnungspunkt behandelt wurde, niemand vom Ministerium anwesend war. Es war zwar nur ein Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung, aber es werden doch von Bundesräten immer wieder Fragen gestellt, die auch beantwortet werden sollten. Natürlich waren wir uns im Ausschuß darüber einig, daß es ein wichtiges Gesetz ist, das wir in keiner Weise verzögern sollten. Aber ich würde – und das gilt für alle Ministerien in gleichem Maße – ersuchen, daß eben doch auch das Ministerium vertreten ist, auch für den Fall, daß sich herausstellt, daß keine oder nur wenige Fragen gestellt werden.

Zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Bundesrat Ledolter, der gemeint hat, daß von der linken Reichshälfte weitere Abfallkontrolle verlangt wird. Ich weiß jetzt im Detail nicht, was Sie gemeint haben, aber ich glaube, es kann sowieso nicht um eine linke oder rechte oder andere Umweltpolitik gehen, sondern Themen sind eben aufzugreifen. Ich glaube ja nicht, daß es Angriffe politischer Natur gewesen sind, sondern ein Aufgreifen von Themen. (Bundesrat Ledolter: Im Nationalrat hat es fast so geklungen!) Okay.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 50

Wir sprechen heute über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung, über den Export von Abfällen. Wir haben ja in der letzten Bundesratssitzung die Regelung des Imports und der Durchfuhr von gefährlichen Gütern besprochen. Der Hauptpunkt dieses Übereinkommens scheint mir zu sein, daß kein Mißbrauch insofern erfolgen soll, als Staaten der sogenannten dritten Welt als Deponie von gefährlichen Abfällen, also als Abfallkübel, verwendet werden, weil sie einfach nicht die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Entsorgung haben. Anderseits könnte es sein, daß sie die Devisen, die sie für die Übernahme dieses Abfalles erhalten, dringend brauchen. Es ist deshalb wichtig, daß schon der Export solcher Abfälle verboten wird. Vielleicht trägt das auch dazu bei, daß man versucht, zu vermeiden, daß Abfall, den man schwer anbringt, dessen Entsorgung teuer ist und den man auch nicht mehr in Länder der dritten Welt verbringen kann, gar nicht mehr entsteht.

In ausführlichen Listen sind jene Abfälle, zum Beispiel Metalle und metallhaltige Abfälle, Abfälle aus verschiedensten organischen und anorganischen Bestandteilen, angeführt, die grenzüberschreitend verbracht oder eben nicht verbracht werden dürfen. Es ist dies sicher eine sehr technische Angelegenheit, die Expertenwissen erfordert, da sich ein Laie nicht vorstellen kann, wie gefährlich manche dieser Stoffe sind.

Auch die Staaten, die durch diese Regelungen betroffen sind, werden angeführt. Dabei kommt es auch auf mengenmäßige Konzentrationen beziehungsweise auf spezifische Eigenschaften – siehe auch Anlage III – an, die zu prüfen sind und die als Grundlage für eine Zustimmung oder eben Ablehnung des Exportes dienen. Die Listen werden noch nicht vollständig sein, es werden immer wieder neue gefährliche Güter auftauchen und einer Diskussion unterzogen werden. Diese Listen müssen daher überprüft und angepaßt werden. Hiemit ist ja auch eine technische Arbeitsgruppe beauftragt.

Da der vierten eine fünfte Tagung der Konferenz der Vertragsparteien folgen wird, können dann weitere Anpassungen vorgenommen werden. Ich begrüße auch namens der SPÖ-Fraktion diese Regelungen und wünsche mir eine weitere Entwicklung zu einem weltumspannenden Umweltbewußtsein, nämlich dahin gehend, daß keine Verlagerung von Abfällen "woanders hin" – unter Anführungszeichen –, nur recht weit weg von uns, von mir, erfolgt. Ich hoffe, daß auch überprüfende Exekutivorgane aller Staaten in der Lage sein mögen, die geschaffenen gesetzlichen Grundlagen umzusetzen und deren Einhaltung zu kontrollieren.

In diesem Sinne werden wir keinen Einspruch gegen die vorliegende Gesetzesvorlage erheben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.52


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Windholz. – Bitte.

10.52

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das in Verhandlung stehende Übereinkommen findet selbstverständlich auch die Zustimmung der freiheitlichen Bundesratsfraktion. Ein Exportverbot für gefährliche Abfälle in die dritte Welt ist dringend erforderlich. Gleichzeitig darf ich festhalten, daß alles menschenmögliche getan werden muß, damit der Anfall von gefährlichen Abfällen so gering wie möglich gehalten wird.

Gleichzeitig nützt das beste Gesetz, die beste Anordnung für die Exekutive nichts, wenn Personalnot herrscht und die Ausfuhren kaum kontrolliert werden. Ich darf hier ausdrücklich festhalten, daß es wichtig ist, nicht nur, wie mein Vorredner gesagt hat, den Exekutivbeamtinnen und -beamten die entsprechenden Schulungen zuteil werden zu lassen, sondern auch jenes Personal zur Verfügung zu stellen, das notwendig ist, um entsprechende Kontrollen durchführen zu können.

Die Freiheitlichen werden diese Vorlage gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

10.53

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! In aller Kürze. Es ist, wie ich meine, durchgehende Auffassung, daß es sinnvoll ist, den Export gefährlicher Abfälle in Entwicklungsländer zu verbieten. Was hier angemerkt werden muß, ist, daß bis vor kurzem auch unsere direkten Nachbarländer Ungarn und Tschechien nicht der OSZE angehört haben. Das ist jetzt anders. Daher ergeben sich allenfalls mögliche Probleme zumindest in Hinkunft nicht mehr. Ungarn und Tschechien sind auch mit dem, was wir landläufig unter Entwicklungsländern verstehen, sicherlich nicht zu vergleichen.

Herrn Bundesrat Meier bitte ich um Verständnis, und ich habe mich bei ihm zu entschuldigen. Aufgrund eines, wie ich herausfinden mußte, Kommunikationsfehlers war die entsprechende Expertin und Mitarbeiterin meines Hauses zwar im Hohen Haus anwesend, hat aber gedacht, daß sie der Ausschußsitzung nicht mehr beiwohnen müsse, sondern nach Beratung mit einigen Bundesräten nicht mehr gebraucht werde. Das war ein Kommunikationsfehler, das wird nicht mehr vorkommen. Ich bitte dafür ausdrücklich um Entschuldigung. Das war keine Mißachtung des Bundesrates.

Zuletzt eine Anmerkung zur notwendigen Kontrolle. Wir haben gerade in den letzten Wochen wieder in Zusammenarbeit mit den Ländern eine Schwerpunktaktion durchgeführt, es wurden an Österreichs Außengrenzen LKWs kontrolliert. Ich kann Ihnen nur insofern von einer positiven Tendenz berichten, als vom Trend her jedenfalls die Disziplin der Frächter, Spediteure besser geworden ist. Es sind die erforderlichen Dokumente im Regelfall mit dabei, und es sind keine Übertretungen von österreichischen oder europäischen Rechtsmaterien feststellbar, jedenfalls nicht im Regelfall. Daß es Übertretungen gibt, steht außer Frage, aber sie werden zumindest seltener, das hat diese Schwerpunktaktion ergeben. Diese Aktionen werden weiterhin fortgesetzt, und ich hoffe, daß die Disziplin in diesem Bereich noch weiter steigt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1944/NR sowie 6021/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wolfinger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 52

Berichterstatter Franz Wolfinger:
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft. Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht beziehungsweise für die Stellung des Antrages und vor allen Dingen für den Hinweis auf Artikel 44 Abs. 2 B-VG.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

10.57

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! In der letzten Sitzung des Bundesrates wurde des Weingesetz verhandelt. Es ist unverständlich, warum nicht wie im Nationalratsplenum das AMA-Gesetz gleich mitbehandelt wurde. Den Grund dafür kann ich mir schon vorstellen: Weil sich diese demokratische Regierung nicht ganz einig darüber war, wie dem Großhandel und dem Großauslieferer klargemacht werden kann, daß auch die Tankwagenweine AMA-gebührenpflichtig sind.

Nun, die ÖVP hat sich da doch durchgesetzt, weil sie ja doch den kleinen Weinbauern vor Ungleichbehandlung schützen wollte. Schließlich sind wir ja in einem Wahljahr. Hätte man heute nicht verhandelt, meine Damen und Herren, hätte man diese Gesetzgebung hinausgezögert, dann wäre die Ungleichbehandlung perfekt gewesen. Die Exportgroßhändler wären AMA-gebührenfrei, die Tankwagenzüge würden ohne AMA-Gebühren hinausgehen, und der kleine, redliche Kleinbauer hätte nicht nur pro Hektar, sondern auch pro Hektoliter bezahlt. Dieser muß dies immer noch tun, aber mit diesem Gesetz wird wenigstens ein kleiner Teil einer Ungleichbehandlung entschärft.

Aber auch auf die Gefahr hin, daß meine Worte wieder Anlaß zu Polemik von der Ministerbank sein könnten wie das letzte Mal, muß ich trotzdem sagen: Es ist unglaublich, daß mit einem sogenannten Gütesiegel solch eine Mißwirtschaft betrieben wird. Masse statt Klasse. Es ist tragisch, daß in dieser Gesetzvorlage eines Landwirtschaftsministers, eines Bauernsohnes, noch dazu eines Landsmannes von mir, das Qualitätssiegel, auf das gerade die Regierung so stolz ist, so verscherbelt wird.

Es gibt einen berühmten österreichischen Sommelier, der im Ausland tätig ist. Können Sie sich vorstellen, wie er diesen Weinlandwein dann verkauft, wie er ihn präsentiert? Woher kommt der Wein?, wird man ihn fragen, und er wird antworten: Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ein bißchen von Niederösterreich, ein bißchen vom Burgenland, aber eines kann ich Ihnen sagen – da zitiere ich Nationalratsabgeordneten Schwarzböck –: "... aus zwei oder mehreren Weinbaugebieten als niederösterreichischer oder burgenländischer Wein auf den Markt gebracht werden kann, um die entsprechenden Mengen zu haben, ohne daß wir die regionalspezifische Bezeichnung dort, wo sie weiterhin gewollt wird, aufweichen."

Wie können Sie mir da sagen, daß der Feinkostladen Österreich noch geschützt wird (Beifall bei den Freiheitlichen) , wenn wir so weitermachen, wenn wir nichts anderes wollen als nur Masse, wie es da geschrieben steht: Es wird sichergestellt, auch in Zukunft zu gewährleisten, daß sich die Österreicher oder auch die Ausländer den österreichischen Wein nicht nur zu allen Zeiten leisten können, sondern daß er auch in ausreichender Menge vorhanden ist.

Meine Damen und Herren! Es ist doch immer so, daß ein besonderes Produkt nur jenes ist, von dem man auch einmal sagt: Das ist aus! Das war nur in einer gewissen Menge vorhanden. Ich denke da zum Beispiel an meine Speisekarten. Wenn wir ein besonders gutes Produkt haben,


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657. Sitzung / Seite 53

und es wird um ein Uhr Mittag gesagt, daß es aus ist, und das geht ein paar Tage hintereinander so, weil es eben reißend weggeht, dann spricht sich das doch herum, dann wird der Absatz immer größer. Das würde von selbst gehen, und die Qualität unseres österreichischen Weines würde nicht so diskriminiert werden, wie es jetzt mit diesem Gesetz geschieht, meine Damen und Herren! – Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

Wenn ich mir vorstelle, daß ein kleiner Weinbauer jetzt nicht mehr imstande sein darf, auf seinem Etikett deutlich sichtbar seinen Namen zu präsentieren, daß er ihn nicht mehr oder nur ganz klein draufschreiben kann, denn darin steht, daß bei einem Landwein die Bezeichnung der kleinen geographischen Einheit, der Gemeinde oder der Personen auf der Etikettierung nur halb so groß sein darf, dann, meine Damen und Herren, ist das, was wir da machen, schon eine kommunistische Art, aber doch bitte keine demokratische österreichische Art. Das ist wirklich abzulehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir damit den Feinkostladen Österreich und dieses sogenannte Qualitätssiegel AMA so schützen, wie es sein soll.

Ich möchte Ihnen wirklich ans Herz legen, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Wir verscherbeln das ins Ausland, wir geben Masse statt Klasse den Vorrang, und ich glaube, das ist der österreichischen Weinbauern und auch der anderen Bauern nicht würdig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.03

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

11.03

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die uns heute vorliegenden Änderungen des Agrarmarkt-Austria-Gesetzes betreffen im grundsätzlichen den Bereich Wein und sind mit der letzten Sitzung, in der das Weingesetz beschlossen worden ist, zusammenhängend.

Mit dem AMA-Gesetz werden der AMA Aufgaben übertragen, die von ihr als Bundesbehörde ausgeführt werden. Grundsätzlich werden von den Landwirten die Aktivitäten der AMA als positiv gesehen.

Die Hauptaufgaben der AMA sind die Abwicklung der gesamten Anträge und auch das Marketing und die Werbung für die landwirtschaftlichen Produkte im In- und Ausland. Dieser Bereich ist absolut positiv zu bewerten. Ohne entsprechendes Marketing sind die Produkte auf dem heutigen Markt einfach nicht mehr unterzubringen. Für den einzelnen Landwirt wären die Kosten für Marketing und Werbung mit Sicherheit nicht erschwinglich, der AMA-Beitrag, der durchschnittlich 1 600 S pro Hof ausmacht, ist jedoch sicherlich leistbar.

Ganz wichtig sind die Kontrollen und die Überprüfungen, die durchgeführt werden müssen – die EU verlangt das –, und in den letzten Tagen, meine Damen und Herren, wurde auch wieder vermehrt über das Gütesiegel diskutiert. Neben dem AMA-Gütesiegel gibt es noch weitere Kennzeichnungen, die allerdings nichts über die tatsächliche Herkunft des Produktes aussagen. Und genau dort, so glaube ich, liegen auch die Probleme.

Mit klugen Marketingstrategien wird dem Kunden ein österreichisches Qualitätsprodukt signalisiert, das sehr oft keines ist. Da zeichnen sich vor allem die großen Handelsketten aus, die aufgrund ihrer Markt- und Trendforschung sofort erkannt haben, wie bessere Spannen zu erreichen sind. Um Qualität vorzutäuschen wird ein Scheingütesiegel verwendet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo Austria draufsteht, soll aber auch eine rein österreichische Qualität drinnen sein und nicht nur die Wertschöpfung als Gradmesser dienen. Gerade im sensiblen Bereich der Nahrungsmittel ist es für den Konsumenten wichtig, daß er sich auf das, was ihm angezeigt wird, auch verlassen kann. Die AMA ist mit ihrem Marken


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657. Sitzung / Seite 54

zeichen mit Sicherheit auf dem richtigen Weg, bei den anderen beiden sogenannten Gütesiegeln gehört auf jeden Fall nachjustiert.

Meine Damen und Herren! Ich habe eingangs bereits auf die Wichtigkeit der AMA hingewiesen. Meine Fraktion wird den Änderungen daher zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.

11.06

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben heute innerhalb der gesetzgebenden Körperschaften das zweite Mal in kurzen Abständen unmittelbar hintereinander die Möglichkeit, auf die Problematik des Weinbaues hinzuweisen.

Ich habe mir wirklich vorgenommen, nicht auf den aktuellen Beitrag der Kollegin Haunschmid einzugehen, aber gestatten Sie mir, Frau Kollegin Haunschmid, vorerst doch eine persönliche Bemerkung. Die Weinbauern in Österreich bemühen sich redlich, sie produzieren eine hervorragende Qualität, und ich weise es auf das entschiedenste zurück, daß Sie hier in diesem Plenum versuchen, das auf dem Rücken der Weinbauern und darüber hinaus auch derjenigen, die diese hervorragende Qualität der Öffentlichkeit präsentieren, auszutragen und die Arbeit nicht in das richtige Licht zu rücken. (Bundesrätin Haunschmid: Sie arbeiten auf dem Rücken der Weinbauern!) Ich möchte das klar und deutlich zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Weingesetz ist ein gutes Gesetz, und diese AMA-Novelle fügt sich nahtlos in diese Lücke hinein. Ich bin überzeugt davon: Wir sind in dieser Richtung auf dem richtigen Weg.

Der Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni betreffend die Änderung des AMA-Gesetzes betrifft das Weinmarketing und nicht, wie im Plenum von der FPÖ angesprochen wird, das AMA-Gütesiegel. Ich möchte das klar und deutlich sagen. Das AMA-Gütesiegel bezeichnet das Herkunftsland, aber es geht nicht darum, sondern es geht ganz einfach um die Finanzierung des Marketings für den österreichischen Wein. Es ist, so glaube ich, sehr wichtig, daß man das klar und deutlich sagt.

Wer heute Wein verkaufen will, braucht Fairneß zwischen den Weinbauern und den Weinhändlern, und er braucht Fairneß gegenüber den Konsumenten. Das ist zweifelsohne Grundvoraussetzung für den Konsumenten, aber gleichzeitig auch für den Produzenten.

Ich möchte hier ein Beispiel bringen, das mir als produzierender Weinbauer sehr am Herzen liegt. Die Weinmarke Nummer eins in Österreich ist der Grüne Veltliner. Es muß vermittelt werden, daß dieser Grüne Veltliner ausschließlich aus einer bestimmten österreichischen Region stammt, denn der Grüne Veltliner verkaufen nicht nur wir in Österreich, er wird auch in Ungarn verkauft, und er wird genauso auf dem europäischen Markt angeboten. Hier muß es eine klare Unterscheidung geben. Die Möglichkeit dazu haben wir auf der einen Seite durch das Weingesetz und auf der anderen Seite durch die AMA-Gesetz-Novelle.

Diese AMA-Gesetz-Novelle bietet einen wichtigen Beitrag zum verstärkten Marketing für den österreichischen Wein. Es kann nicht sein, daß redliche Winzer und Weinhändler, die ihren Wein in Österreich abfüllen, für ihren gesamten österreichischen Wein einen Marketing-Beitrag leisten, während andere aber den gleichen Wein in Gebinden über 50 Liter im Ausland abfüllen lassen und ihn dann in Österreich verkaufen. Für mich ist das klar und deutlich unlauterer Wettbewerb.

Die AMA selbst ist nur Inkassostelle, denn die Mittel fließen ausschließlich der Österreichischen Weinmarketinggesellschaft zu, deren Hauptgesellschafter – das ist auch unbestritten – die weinbautreibenden Länder Burgenland, Niederösterreich und Steiermark sind.

Im übrigen ist die Weinmarktlage viel zu ernst, um sie in einen politischen Streit hineinzuziehen.


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Sie alle wissen, daß die Situation auf dem Weinmarkt derzeit sehr angespannt ist. Die Faßweinpreise liegen bei ungefähr 3 S, was zweifelsohne nicht kostendeckend ist. Gleichzeitig ist aber, soweit man das bisher sieht, Gott sei Dank eine gute Ernte zu erwarten.

Ich begrüße daher die Initiative des Herrn Bundesministers Molterer. Ich ersuche dich (der Redner spricht in Richtung von Bundesminister Dr. Bartenstein), sehr geehrter Herr Bundesminister, den Dank meiner Fraktion für seine Aktivität in diese Richtung an den Herrn Bundesminister weiterzugeben. Ich ersuche aber gleichzeitig auch den Bundesminister für Finanzen, allen Vorschlägen des Landwirtschaftsministers zuzustimmen, wenn es darum geht, den österreichischen Weinmarkt zu stabilisieren.

Ich begrüße auch die Initiativen des Herrn Bundesministers Molterer, im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Wein ab dem Jahre 2000 alle EU-Mittel für die Umstellungsmaßnahmen zu lukrieren. Ich denke da an Sortenumstellung, Flurbereinigung, Verbesserung der Bewirtschaftungstätigkeit et cetera.

Um auf dem internationalen Markt bestehen zu können, bedarf es eines Wettbewerbs. Ich bin davon überzeugt, daß die österreichischen Weinbauern hervorragende Qualität erzeugen, und ich bin davon überzeugt, daß sie auf diesem Markt unter gleichen Voraussetzungen sicher bestehen werden können.

Ich lade alle übrigen Fraktionen ein, diesen Beschluß des Nationalrates zu unterstützen. Alle Weine, ob in der Bouteille oder im 50-Liter-Faß, sind gleich zu behandeln, wenn es darum geht, solidarisch einen Beitrag für das Marketing des österreichischen Weines zu leisten. Denn der Markt liegt nicht vor der Tür, sondern er muß täglich erarbeitet werden. Es heißt nicht umsonst: Was hilft das beste Produkt, wenn man es – wie in diesem Fall – im Keller hat? – Man muß es ganz einfach an den Mann bringen. (Bundesrätin Schicker: Oder an die Frau!) Oder an die Frau. – Entschuldigen Sie, gnädige Frau! (Bundesrätin Schicker: Danke, Herr Kollege!)

Wer den internationalen Markt beobachtet, weiß, daß sich der Weinmarkt in zwei Richtungen entwickelt. Die USA, Australien und Neuseeland gehen einen eigenen Weg. Diese Überseeländer wählen den Ansatz zur beliebigen kellertechnischen Veränderung des Weines, die nur ein liebliches Produkt ergeben soll, ohne daß ein Bezug auf das Herkunftsland gegeben ist. Das unterscheidet sich vehement von unserem Bereich. Europa geht den Weg der Naturbelassenheit, Europa und insbesondere auch wir lehnen die Beliebigkeit der kellertechnischen Veränderungen ab. Europa und wir wollen den Bezug zur Region und zur Herkunft des Weines erhalten, um dem Verbraucher Sicherheit zu geben, daß sein Wein tatsächlich ein natürliches Produkt aus der von ihm gewählten Region und seiner Winzer ist.

Dafür brauchen wir das Marketing. Es ist zweifelsohne unheimlich wichtig und in diese Richtung hervorragend organisiert.

Weinmarketing ist gleich Weinbaupolitik, Weinbaupolitik ist gleich Agrarpolitik, Agrarpolitik ist Politik für die Menschen in der Region, im ländlichen Raum. Der Bundesrat als politischer professioneller Vertreter der Regionen könnte durch einen gemeinsamen Beschluß zu dieser Novelle deutlich machen, daß er – auch im Interesse der Werbung für Wein aus den verschiedenen Regionen – ein Garant dafür ist, daß er die Interessen des ländlichen Raumes und der Regionen vertritt.

Meine Fraktion wird dieser Novelle gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

11.15

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In manchen Gesichtern habe ich schon ein Schmunzeln


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 56

gesehen, daß ich beim Thema Weingesetz einen Schlagobersbecher mitbringe. Aber dazu später.

Vorweg zur Frau Kollegin Aumayr. (Heiterkeit und Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Haunschmid: Nicht einmal meinen Namen können Sie sich merken!) – Dieselbe Fraktion, also Haunschmid.

Frau Kollegin, folgendes: Du hast leider zwei Gesetzesmaterien verwechselt. (Bundesrätin Haunschmid: Aber wirklich nicht!) Die Problematik, die du angesprochen hast und zu der du letzthin unsere Weinbauern schon einmal als "Pantscher" bezeichnet hast, ist im Weingesetz geregelt, das vorigen Samstag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Heute geht es bitte –das hat, so glaube ich, Herr Kollege Hensler sehr gut erklärt (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid ); zuhören, sonst verwechselst du es noch einmal – um die AMA-Gesetz-Novelle zur Abgabenverordnung von Gebinden bis 50 Liter und über 50 Liter. Ich denke, Kollege Hensler als Fachmann, als Weinbauer hat das sehr gut dargestellt und erklärt. Ich darf mich dem anschließen: Wir brauchen kontrollierte, nachvollziehbare Qualität. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Payer. )

Warum? – Ich komme schon zu meinem mitgebrachten Schlagobersbecher. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Becher so betrachtet – ich habe ihn durch die Reihen gehen lassen –, nimmt einmal jeder Konsument vorweg an, daß es sich hier garantiert zu 100 Prozent um ein österreichisches Produkt handelt. Warum? Weil zwei-, dreimal, vom Deckel angefangen bis hier zum Logo, der rot-weiß-rote Balken zu sehen ist, weil da natürlich auch noch "Austria" draufsteht und das rot-weiß-rote "A" für Austria zu sehen ist. Einer der Kollegen, die vor mir gesprochen haben, hat schon gesagt: Wo Österreich draufsteht, sollte Österreich drinnen sein.

Wenn eine Handelskette, die mit "Ja, natürlich!" und "Bauernhofgarantie" wirbt – man kann sie nennen, es ist BILLA –, die ständig mit Demagogie die Bauern vor ihren Karren spannt und die in Wirklichkeit nichts anderes als einen brutalen Preiskrieg auf dem Markt führt, nicht bereit ist, das Gütesiegel der Agrarmarkt Austria, das AMA-Gütesiegel zu führen, dann nimmt sie es mit ihrer Ehrlichkeit nicht so ernst.

Ich habe hier einen kurzen Auszug mitgebracht, den mir der Herr Sektionschef zur Verfügung gestellt hat. Darin stehen die Vorteile des AMA-Gütesiegels und was das AMA-Gütesiegel garantiert – genauso wie beim Wein, Frau Kollegin Haunschmid! Nur das AMA-Gütesiegel garantiert, daß es sich – da geht es jetzt um Fleischprodukte – von der Geburt an bis zur Haltung zur Gänze um österreichische Produkte handelt.

Ich komme zu einem weiteren Punkt, der mir im Hinblick auf die Arbeitsplätze ganz wesentlich erscheint. Auch die Be- und Verarbeitung, alle Arbeitsschritte haben ausschließlich in Österreich, im Inland zu erfolgen. Ich denke, das ist sehr wesentlich. Wir haben nichts davon, wenn wir importierte Ware haben, wenn die Tiere im Ausland gefüttert wurden, wenn die Produkte im Ausland erzeugt und verarbeitet wurden und letztlich nur mehr im Inland verkauft werden.

Auf der dritten Seite dieses Auszuges – ich würde dann den Bundesratsdienst bitten, daß wir eine Kopie pro Kollegen hier im Bundesrat anfertigen und diese austeilen – ist die Liste angeführt, welche Produkte zu 100 Prozent gewährleisten, daß ausschließlich Österreich drinnen ist, nämlich bei Trinkmilch, Butter, Käse und Naturjoghurts, bei Frischfleisch, bei Frischobst und Frischgemüse, bei Mehl, bei Eiern und Pute und bei Honig.

Ich denke, ausschließlich mit solchen Qualitätskriterien, die kontrolliert und nachvollziehbar für den Konsumenten angeboten werden, wird es uns gelingen, den Markt vor Ausbeutern, vor Vernebelungstaktik, vor Täuschungsmanövern zu schützen. Denn hier einen Preiskrieg zu führen und vielleicht letztlich zu fordern: Wenn ihr wollt, können wir ohnehin österreichisches Schlagobers oder österreichische Butter anbieten, aber zum selben Preis wie die importierte minderwertigere ausländische Ware – bei diesem Spielchen werden wir nicht mitmachen.


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Wenn es große Marktketten gibt – ich nenne noch einmal BILLA stellvertretend für alle anderen –, die diesen Preiskrieg führen, die mit "Ja, natürlich!", mit "Bauernhofgarantie" werben, dann sollen sie gefälligst auch die Produkte unserer bodenständigen bäuerlichen Landwirtschaft einkaufen und verkaufen.

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, diese Forderungen mitzutragen, in ihren Klubs umzusetzen und auch bei den Diskussionen, die jetzt in der Sommerpause bei diversen Veranstaltungen sicherlich möglich sind, zu vertreten.

Meine Fraktion wird dem vorliegenden AMA-Gesetz die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.20

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Eingangs möchte ich festhalten, daß ich heute lediglich den – leider Gottes – verhinderten Landwirtschaftsminister Willi Molterer vertrete und meine Anwesenheit nicht etwa eine Vorwegnahme des vom Klubobmann der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion geäußerten Zusammenlegungswunsches ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Drochter: Was nicht ist, kann noch werden!)

Es ist weder angemessen noch aus meiner Sicht zweckmäßig – weil ich das Weingesetz zuwenig kenne –, auf die Äußerungen der Frau Bundesrätin Haunschmid näher einzugehen, weil das Weingesetz tatsächlich nicht zur Debatte steht.

Es wurde mehrfach gesagt, daß es logisch nachvollziehbar ist, jetzt auch die Gebinde über 50 Liter in die entsprechende AMA-Familie einzureihen und sie ebenfalls beitragspflichtig zu machen. Dem schließe ich mich selbstverständlich an.

Hinsichtlich des Gütesiegels und der Diskussion, die jetzt von Bundesrat Steinbichler so plastisch vor Augen geführt worden ist – wir alle hatten schon große Sorge, daß er den Wein aus Joghurt- oder Schlagobersbechern zu sich nehmen würde (Heiterkeit bei der ÖVP)  –, möchte ich folgendes sagen: Dies ist aus meiner Sicht ein sehr gutes Beispiel dafür, daß es leicht ist, von Kennzeichnung und Transparenz für den Konsumenten zu sprechen. Ich kenne das aus der Gentechnik-Debatte.

Wir werden sicherlich in Richtung von mehr Kennzeichnung für den Konsumenten kommen. Dann werden wir auf allen Produkten hoffentlich das AMA-Gütesiegel als ein Herkunfts- und Gütezeichen haben, das hinsichtlich aller Produkte darauf abstellt, ob die Rohstoffe aus Österreich stammen. Ein Handelsprodukt mit so gut wie keinem Herstellungsprozeß in Österreich wird nicht als österreichisches Produkt gekennzeichnet. Ein Beispiel dafür wurde angeführt.

Wir haben weiters die Inhaltstoffe, die deklariert werden, und darüber hinaus vielleicht noch die Information darüber, ob das Produkt aus gentechnisch veränderten Organismen besteht oder nicht, und so weiter.

Es resultiert daraus eine restlose und heillose Verwirrung des Konsumenten, meine Damen und Herren des Bundesrates! Das kann es nicht sein. Ich glaube, man wird darauf zu achten haben, daß es für den durchschnittlichen Verbraucher, der nicht die Packung eine Stunde lang studieren, sondern die Information auf einen Blick haben möchte, übersichtliche Informationen gibt.

Auch die folgende Botschaft – er weiß das ohnehin – werde ich Kollegen Molterer aus dieser Debatte überbringen. Es gibt im Bereich der Lebensmittel aufgrund der Vorfälle der letzten Monate und Jahre verständlicherweise eine erhöhte Sensibilität des Konsumenten. Mag die Sensibilität des Konsumenten bei vielen anderen Produkten des täglichen Lebens auch eine relative sein, so will er hingegen bei den Nahrungsmitteln wirklich wissen, ob dort, wo "Öster


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reich" draufsteht, auch "Österreich drinnen" ist. Ich glaube, diesen Weg sollten wir gehen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.23

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Der gegenständliche Beschluß enthält in Ziffer 1 § 1 eine Verfassungsbestimmung, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich nochmals die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1999) (1199 und 2078/NR sowie 6022/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird (2080/NR sowie 6023/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (2081/NR sowie 6024/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird.


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657. Sitzung / Seite 59

Die Berichterstattung über die Punkte 3 bis 5 hat Herr Bundesrat Steinbichler übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Leopold Steinbichler: Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die drei Berichte liegen in schriftlicher Form vor.

Der erste ist der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wassserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1999).

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Darüber hinaus erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

11.27

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Die Quelle des Lebens, das wertvollste Lebensmittel, das hier geschützt gehört, das ständig überprüft wird (Bundesrat Prähauser: ... ist das Bier!), daß den Verbrauchern das Recht gibt, über die Wasserqualität informiert zu werden, daß mit dem Lebensmittelgesetz der Qualitätsschutz des Wassers gewährleistet ist: Wir sehen darin die Bemühungen, die wertvollste Ressource Wasser noch besser im allgemeinen Bewußtsein zu verankern.

All das ist nicht nur der Wunsch der Freiheitlichen, sondern wir stimmen selbstverständlich dem Lebensmittelgesetz zu.

Ein Glas Wasser – wie selbstverständlich wir es konsumieren, ohne einen Gedanken darüber zu verschwenden, welche Kraft und elementare Substanz darin schlummert! Vor allem – vergessen wir das nicht – erweist sich das Wasser als Basis für unsere Gesundheit.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir in Österreich sitzen auf einem Schatz, den wir bisher nicht in vollem Ausmaß wahrgenommen haben. Wenn ein Kollege von einer Koalitionspartei im Nationalratsplenum zwar die Befürchtung der Freiheitlichen, Österreich könnte zum Wasserlieferanten der EU werden, unserem Alter – Herr Kollege Steinbichler, Frau Kollegin Aumayr und ich sind fast im gleichen Alter – zuschreibt, dann ist das nicht nur ungezogen. Ich denke jedenfalls, daß es gut ist, daß ich mir in all den Jahren über die Bedeutung des Wassers bewußt sein konnte, mir aber auch sehr wohl der Tragweite der in diesem Wassergesetz verankerten Programme im Rahmen der Europäischen Integration bewußt bin.


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Denn wenn ich mir vorstelle, daß diese Programme im öffentlichen Interesse zu berücksichtigen sind und der Landwirtschaftsminister Maßnahmen anordnen kann, die zur Erfüllung dieser Programme notwendig sind, denke ich mir: Was alles ist seit dem EU-Beitritt nicht schon ins Ausland verkauft worden! – Unsere Wasserkraft, unser Wasserrecht und unser Wasser müssen uns bleiben, meine Damen und Herren!

Daß dies nicht alles ... (Bundesrat Wolfinger: Wer nimmt es weg? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Lesen Sie es genau nach. Daß dies alles von unserer Regierung nicht so selbstverständlich gesehen wird, ist aus diesem Programm im Rahmen der Europäischen Integration ganz deutlich herauszulesen. (Bundesrat Prähauser: Österreicher sind besondere Liebhaber französischen Wassers! – Bundesrat Payer: "Blutschokolade"! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Das erinnert mich daran, was in letzter Zeit im Oberösterreichischen Landtag geschehen ist. Die ÖVP wollte eine internationale Ausschreibung für 49 Prozent der Aktien der Energie AG durchführen, um möglichst viel Geld zu bekommen. Unter anderen hätten auch französische und deutsche Atomstromriesen mitbieten können und wären voraussichtlich zum Zug gekommen, weil sie weitaus am meisten Geld haben. Um Geld geht es immer wieder.

Meine Damen und Herren! Genauso hat sich die ÖVP verhalten, als sie sich beim Verkauf der Energie AG eine drohende Abstimmungsniederlage ersparen wollte: Da versuchte man im letzten Moment mit allen Tricks, die SPÖ, die FPÖ und die Grünen so unter Druck zu setzen, daß sie den Verkauf der Energie AG im Landtag freiwillig nicht zur Sprache bringen. (Bundesrat Steinbichler: Das ist unrichtig!) Aber wir haben uns nicht beugen lassen und die beste Lösung für Oberösterreich beschlossen. Gott sei Dank haben die Sozialistische Partei, die Grünen und wir zusammengehalten. (Bundesrätin


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Schicker: Sozialdemokratische Partei!)

Meine Damen und Herren! Unsere wichtigsten Ressourcen, Wasser und Energie, können nicht mehr ohne weiteres ins Ausland verscherbelt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler.  – Bundesrat Dr. Bösch: Wie war das?) Wie war das? (Bundesrat Steinbichler: Wer wird den finanziellen Schaden bezahlen, der dem Land Oberösterreich entsteht, wenn diese nicht mehr die Ausschreibungen übernimmt?) – Ach so, glauben Sie wirklich, daß es nicht zuerst nach Österreich gehört – denken Sie auch an die kleinen Stromerzeuger, lieber Herr Kollege Steinbichler? (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Was wollen wir Freiheitlichen? – Wir Freiheitlichen konnten da nicht mittun. Wir wollten nicht, daß Atomstromproduzenten über unseren Strom und den Preis bestimmen. Wir wollen selbst entscheiden. Auch werden schon in wenigen Jahren, wenn die Reaktoren schrottreif sind und um viel Geld entsorgt werden müssen, unsere Wasserkraftwerke sehr viel mehr wert sein als heute. (Bundesrat Steinbichler: Aber gegen Lambach seid ihr auch gewesen!)

Meine Damen und Herren! Daher ist es unser Standpunkt, nur mit österreichischen Unternehmen über eine Beteiligung zu verhandeln. Dabei muß vor allem auch eine Strompreissenkung für die Haushalte das Hauptziel sein. Nicht viel Geld, sondern billiger Strom und vor allem die Erhaltung der Wasserressourcen ist unser Ziel, meine Damen und Herren!

Ich erzähle Ihnen auch etwas über den eigenen Betrieb. 13 Jahre lang dauerte es bis zur Bewilligung, unser rechtlich erworbenes Wasserrecht ausnützen zu können. Wir haben ein kleines Kraftwerk, wir haben 120 Abnehmer. 13 Jahre lang hat es nur Bürokratie und noch einmal Bürokratie gegeben, immer wieder neue Verordnungen, immer wieder neue Änderungen. Das muß man sich vorstellen, so wird nämlich der Inländer behandelt. Ein rechtlich erworbenes Wasserrecht wird zur Seite geschoben und hinausgezögert, damit man – solange sie noch verstaatlicht war – die OKA schützen konnte, sodaß man Strom von dort einspeisen und beziehen mußte. So lange ist es so gegangen. (Bundesrat Payer: Wahrscheinlich hat man das Wasser untersucht!)

Nachdem sie privatisiert war, ist es leider ganz leicht gegangen. Mit einem Strich wäre es danach möglich gewesen, Herr Kollege, daß wir unsere Energie AG ins Ausland hätten verscherbeln können. Ich denke mir, daß es mit dem Wasser genauso geschehen wird. (Bundesrätin Schicker: Der Vorwurf geht hier an die falschen Stellen! Wir können es nicht ändern! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich zitiere Ihnen dazu Dipl.-Ing. Robert Köck, meine Damen und Herren! Sie kennen ihn als Geschäftsführer der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach. Ich zitiere ihn wortwörtlich: Die hin und wieder auftauchenden Befürchtungen, die EU könnte zwangsweise auf unsere Wasserressourcen zugreifen, sehe ich nicht ganz so scharf. Dabei stellt sich aber die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, auf lokale Vorkommen zurückzugreifen, statt mit hohen Investitionen lange Transportwege in Kauf nehmen zu müssen. Auch die sich ergebenden Hygieneprobleme beim Transport lassen die Versorgung sehr weit entfernter Gebiete als problematisch erscheinen.

Er sagt also nicht: Es ist ausgeschlossen, daß diese Ressourcen verkauft werden. (Bundesrat Steinbichler: Ich bin eh dafür!) Er sagt: Es ist nur daran zu denken, daß wir anders arbeiten könnten. – Meine Damen und Herren! Ich glaube, das sagt genug aus!

Sicherlich haben wir viel erreicht. Wir haben Staudämme gebaut, wir haben Kraftwerke errichtet, wir haben Flüsse gezähmt, wir haben Überschwemmungen verhindert. Doch aufgrund der scheinbaren Kontrolle über die Gewalt des Wassers haben wir zusammen mit der Furcht auch gleich die Ehrfurcht vor diesem einzigartigen und uns von der Natur in großem Maße geschenkten Produkt verloren. Der Preis, den wir alle dafür zahlen werden, ist hoch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gemäß der indischen Weisheit "Erst durch den Entzug der Speise erkennst du deinen Hunger" müssen wir – leider allzu langsam – auch den Wert des Wassers erkennen. Da wir Freiheitlichen uns dieses Juwels bewußt sind und weil wir dieses unter keinen Umständen veräußern wollen, lehnen wir dieses Gesetz ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

11.36

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! "Das Wasserrecht soll für heutige ebenso wie für zukünftige Generationen eine möglichst vielfältige und wasserwirtschaftlich wie ökologisch abgestimmte Nutzung der Gewässer gewährleisten, die Gewässer vor den schädlichen Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten ... schützen." – So beginnt der Bericht des Landwirtschaftsausschusses zum Wasserrechtsgesetz.

Einfach gesagt, heißt das für mich: Die Bevölkerung hat ein Recht auf sauberes Trinkwasser, und der Gesetzgeber ist dazu da, dieses Recht auch Wirklichkeit werden zu lassen.

Die vorliegende Novelle zum Wasserrechtsgesetz beinhaltet eine ganze Reihe von richtigen Punkten. Die Verbände und Genossenschaften sind im Wasserrecht jetzt klar geregelt, und auch entsprechende Strafbestimmungen sind vorgesehen. Gerade bei den Strafbestimmungen wird es auf die konsequente Anwendung ankommen. Werden diese lax angewendet, dann wird sich die Problematik sicherlich nicht verringern.

Geregelt ist in der vorliegenden Novelle auch die Typengenehmigung der Anlagen, damit sichergestellt wird, daß die Anlagen dem neuesten Stand der Technik entsprechen.

Weiters sind die Fristen für den Anschluß der noch nicht angeschlossenen Bereiche an die Kanalisation geregelt.

Geregelt ist auch die Information der Bürgerinnen und Bürger über die Trinkwasserqualität. Diese Information hat alle drei Jahre zu erfolgen.


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Meine Damen und Herren! In Österreich gibt es nach den vorliegenden Grundwasserberichten an die 6 000 Quadratkilometer kontaminierter Flächen, die es in den nächsten Jahren zu sanieren gilt. Das Problem liegt dabei eindeutig in der Greifbarkeit der Verursacher, sodaß letztendlich die gesamten Sanierungskosten zu Lasten des Steuerzahlers gehen werden.

Mir ist auch klar, daß diese großflächigen Sanierungen nicht von heute auf morgen geschehen können und daß dies alles Zeit braucht. Allerdings verstehe ich nicht, daß es seit 1996 ausgewiesene Sanierungsgebiete gibt und sich dort trotzdem keine Verminderung der Nitrat- und Pestizidwerte ergeben hat. Das heißt meiner Ansicht nach, daß anscheinend alles so weitergeht wie bisher.

Meine Damen und Herren! Es kann nicht so sein, daß am Anfang der Kette wie bisher weitergearbeitet wird – damit meine ich auch die Landwirtschaft – und daß am Ende – dort, wo der Konsument steht – entsprechend teure Maßnahmen zu setzen sind, damit das Trinkwasser wieder ein Trinkwasser ist, wie es die Richtlinien vorschreiben. Denn sonst zahlt auch wieder der Konsument über den Wasserpreis die entsprechenden Sanierungen.

Meine Damen und Herren! Für das ÖPUL-Programm stehen jährlich 7,5 Milliarden Schilling zur Verfügung. Mit diesen Förderungen sollte ein Maximum an Umweltverbesserungen erreicht werden. Nur eine umweltschonende Bewirtschaftung kann Umweltbelastungen flächendeckend verhindern.

Die vorliegenden Novellen sind richtige Schritte dazu. Die SPÖ-Fraktion wird daher ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Gruber. – Bitte.

11.40

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Vizepräsidentin! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Sauberes Trinkwasser, saubere Flüsse und Seen zu haben ist wie Gold zu besitzen. Dieses "weiße Gold" zu erhalten, ist Aufgabe des Wasserrechtsgesetzes. Die vorliegende Novelle umfaßt sechs Schwerpunkte: Neuregelung der Wasserverbände und -genossenschaften, Neuregelung der Straftatbestände – wie es schon mein Vorredner gesagt hat –, Ausbau der wasserwirtschaftlichen Planungsinstrumente, Beseitigung von Unklarheiten, die sich im bisherigen Vollzug ergeben hatten, neue Konzeption der Programme zur Grundwassersicherheit sowie die Abwasserbeseitigung.

Das Bundesland Kärnten ist in puncto Anschlußgrad der Bevölkerung an öffentliche Kanalisationsanlagen unter den österreichischen Bundesländern bekanntermaßen das Schlußlicht. Laut projektiertem Ausbauziel fehlen derzeit noch für knapp 30 Prozent der Bevölkerung öffentliche Kanalisationsanlagen. Eine ähnliche Situation gibt es jedoch auch in mehreren anderen österreichischen Bundesländern, zum Beispiel in Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol, wo ebenfalls noch größere Teile der Bevölkerung nicht an kommunale Kanalisationsanlagen angeschlossen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wasserrechtsgesetz-Novellen der Jahre 1990 und 1997 haben dem Schutz des Wassers Rechnung getragen. Durch die nun vorliegende Novelle wird mit einer Fristverlängerung den Gemeinden, den Wassergenossenschaften und dem gesamten ländlichen Raum geholfen.

Frau Haunschmid! Vizekanzler Wolfgang Schüssel hat in einer der letzten Fragestunden von diesem Rednerpult aus klipp und klar gesagt, daß in der EU vom Einstimmigkeitsprinzip nicht abgegangen wird. Die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung des Abwassers liegen im Aufgabenbereich der Gemeinden. Der Schutz des Grundwassers liegt bei uns Bauern, obwohl es, sehr geehrte Damen und Herren, auch andere Problemverursacher gibt.


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Ich hoffe, daß die Allgemeinheit den Wert der Pflege und der Bereitstellung des Bodens als Filter und Puffer im Interesse der Wasserwirtschaft erkennt und dem auch Rechnung trägt. Das heißt: Wasserschutz wird es nicht zum Nulltarif geben!

Die Nachricht, daß die Freiheitlichen einer Fristverlängerung nicht zustimmen, werde ich sicherlich über den Semmering nach Kärnten überbringen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Rauchenberger. )

11.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

11.44

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Meine Damen und Herren! Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Bevor ich auf die Wasserrechtsgesetz-Novelle eingehe, möchte ich noch zwei Bemerkungen auf eine in einer der letzten Sitzungen gemachte Äußerung des Kollegen Konecny, der im Moment nicht anwesend ist, machen. Er setzt sich immer sehr stark für den Bundesrat und die Belassung gewisser Zustände ein. Ich möchte nur in Erinnerung bringen, daß er vor mehreren Sitzungen den Bundesrat als Partner der Regierung bezeichnet hat. – Das ist gerade das, was man als Abgeordneter und als Bundesrat nicht sein soll! Man soll als Bundesrat vielmehr Partner der Bevölkerung, Partner des Bundeslandes sein.

Ich möchte auch noch auf Herrn Kollegen Bieringer replizieren, der meinte, mein Kollege Scheuch verhalte sich so, als würde er auf der Löwinger-Bühne auftreten. Auch diese Bemerkung kann ich nicht gutheißen, denn auf der Löwinger-Bühne ist keiner von uns zu Hause, niemand führt sich so auf! Wir alle vertreten verschiedene Standpunkte, jeder auf seine Art und Weise, das gibt aber niemanden das Recht, den anderen als der Löwinger-Bühne zugehörig zu bezeichnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zur Wasserrechtsnovelle: Auf was freut sich der Wiener, wenn er vom Urlaub nach Wien zurückkommt? – Auf sein Wasser! (Ruf bei der SPÖ: Aufs Anker-Semmerl!) Wir Wiener wollen weiterhin die Freude haben, unser Wasser preiswert und in guter Qualität genießen zu können.

Wir Freiheitlichen haben gewisse Bedenken gegen diese Wasserrechtsnovelle, was sich auch darin ausdrückt, daß wir ihr nicht zustimmen werden können. Was ist es nun, was uns daran so stört? – Es ist jene Bestimmung, daß Brüsseler Intentionen per Verordnung in die österreichische Gesetzgebung, in die österreichische Durchführung einfließen können. Wir wissen nicht, was alles dadurch kommen kann, wir wissen aber auch, daß moderne Politologen meinen, daß die zukünftigen Auseinandersetzungen nicht Kriege um das Öl, nicht Kriege um Ideologien, sondern Kriege um das Wasser sein werden. Und das ist der Grund, warum ich diese Diskussion hier mit Ihnen führe und führen muß.

Wir alle sind der Ansicht – ich gehe zumindest davon aus –, daß wir in guter Absicht dieser Gesetzgebung zustimmen beziehungsweise sie – ebenfalls mit guter Absicht – ablehnen, weil wir unterschiedliche Wege dafür sehen, wie wir dieses Thema angehen müssen. Unser Weg lautet: Seien wir vorsichtig! Wenn nun mißverständliche Gesetzesformulierungen in uns die Vermutung aufkommen lassen, daß – möglicherweise haben wir unrecht; aber was ist, wenn wir damit recht haben? – unsere Rechte am österreichischen Wassers durch solch ein Gesetz ausverkauft werden, so müssen wir ablehnen.

Konnte man doch vor wenigen Wochen im Wirtschaftsteil der "Presse" lesen, daß 93 Prozent – oder waren es 97 Prozent? – des Wassers den Bach runterfließen, und zwar nicht, weil das Wasser bergab fließt – das ist eine Selbstverständlichkeit –, sondern es sollte damit ausgedrückt werden, daß diese 97 Prozent genützt werden sollen. Allerdings: Derjenige, der den Artikel geschrieben hat, mißversteht völlig den Nutzen des Wassers.

Wasser, welches – um es zu wiederholen – den Bach hinunter fließt, nützt natürlich sehr wohl. Es bringt zwar vielleicht nicht direktes Geld, trägt aber zum Liebreiz der Landschaft bei, es trägt dazu bei, daß Kraftwerke laufen, es trägt auch dazu bei, daß es getrunken wird, es trägt dazu bei, daß ein Mikroklima, ein österreichspezifisches Klima vorhanden ist. Es trägt insgesamt dazu bei, daß Österreich so ist, wie wir es gerne haben, und wie es – das merken wir an den positiven


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Fremdenverkehrszahlen – auch von den Ausländern gerne gewollt wird, denn deswegen kommen sie hierher. Jetzt steht aber in diesem Artikel: Da rinnt das Wasser den Bach runter! – ganz so, als ob es nicht genutzt würde. Es wird aber genutzt, wie wir sehen.

In einem anderen Artikel findet man, daß in Spanien und in Portugal – ich bin sicher, der Herr Bundesminister weiß das besser als ich – soundsoviel Hektar zukünftig zu bewässern sind, um der Landwirtschaft einen höheren Ertrag zu ermöglichen. Woher soll das Wasser kommen? – Aus dem Mittelmeer? Vom Atlantik? Ist es Grundwasser, was vielfach verwendet wird? Oder wird versucht, ... (Bundesrat Rodek: Von oben!)  – Von oben? Aber, Kollege, dort regnet es nicht, das ist der Spaß daran!

Hier aber regnet es, und dieses unser Wasser könnte unter Umständen dorthin transportiert werden. (Rufe bei der ÖVP.) Wenn das der Fall ist, nimmt man damit Österreich nicht nur jenes Wasser weg, das den Bach runterrinnt und die Landschaft, die Gegend so liebreizend macht, sondern man schädigt damit indirekt auch die österreichische Landwirtschaft. Denn wenn auch in diesen Ländern produziert wird, dann wird sowohl hier als auch dort produziert, und wer billiger produziert, wer es günstiger schafft, hat den Markt auf seiner Seite!

Ich glaube daher, daß wir alleine aus diesen Gründen schon die Pflicht haben, die Alarmglocken läuten zu hören, und daher wiederum die Pflicht haben, zu sagen: Nein, so nicht! Dies ist allein deshalb schon notwendig, weil der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Gegensatz zum Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Molterer Zweifel in mir und in manchen von uns aufkommen läßt, ob es ihm mit dem Einstimmigkeitsprinzip wirklich so ernst ist. Hat er doch auch hier gesagt, daß er für das Mehrheitsprinzip sei. Das hat er auch gesagt. Molterer jedoch hat keinen Zweifel daran gelassen – mit allem Respekt gesagt! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Er war sicherlich nicht für das Mehrheitsprinzip! ...)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn ein Parteiobmann und Außenminister in seine diesbezüglichen Äußerungen nicht totale Klarheit bringt, dann haben wir als Oppositionspartei die Pflicht, da auf die Bremse zu steigen. Herr Bundesminister und Parteiobmann der ÖVP Schüssel hat diese notwendige Klarheit nicht geboten. Ich warne vor Zweideutigkeiten, die ... (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Ich warne davor, daß diese Zweideutigkeiten uns Österreicher einmal zum Nachteil gereichen könnten.

Wir Wiener sind es gewohnt, gutes Wasser zu haben. Als Waldviertler, der ich auch bin, weiß ich, daß es nicht gut, nicht angenehm ist, ein Wasser zu haben, von dem man weiß, daß es nicht die gleiche Qualität hat wie in Wien. Aus diesem Grunde habe ich auch bei unserer letzten Gemeinderatssitzung dazu aufgerufen (Bundesrat Rauchenberger: Gemeinderat ist er auch noch! Ein Multi!) , die Kanalgebühr so lange nicht zu zahlen, solange das Wasser schmutziger in den Vorfluter rinnt, als es vorher war. (Anhaltende Rufe bei der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Am Wort ist Herr Bundesrat Gudenus, bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Wasser ist ein zu wertvolles Gut, als daß wir es trotz hoher Kosten verschmutzt in den Vorfluter hineinfließen lassen.

Herr Bundesminister! Vielleicht haben Sie die Möglichkeit, darauf einzuwirken, denn das Erstaunliche ist, die Kanalanlage funktioniert hervorragend. Die Klärung erfolgt gut, das ist kein Problem. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Gruber. ) Der Vorfluter ist vorher schmutzig und nachher schmutzig und hat die Gewässergüteklasse 4. Aus diesem Grunde habe ich meine Gemeindebürger in dieser Katastralgemeinde aufgefordert, die Kanalgebühr nicht mehr zu zahlen, solange das nicht in Ordnung gebracht ist. (Ruf bei der SPÖ: Wie soll man das dann in Ordnung bringen? Ohne Geld ka’ Musi!) Das ist schon ein Punkt! Wir müssen also auf der Hut sein!

Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf: Seien auch Sie auf der Hut! Die Regierung macht vieles in guter Absicht. Aber ich bin überzeugt davon, daß manche Dinge nicht so gemacht werden, wie es manches Regierungsmitglied gerne hätte, weil internationale Rücksichten zu nehmen sind. (Bundesrat Payer: Sie fordern Bürger auf, etwas Unrechtes zu tun!)


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Wir, die wir in Opposition sind, sagen: Keine Rücksicht auf internationale Verbindungen im Rahmen der EU! Unsere Interessen zuerst, österreichisches Wasser zuerst! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Repar. – Bitte.

11.54

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zur vorliegenden Wasserrechtsnovelle vor allem aus Kärntner Sicht Stellung zu nehmen, da insbesondere dieses Bundesland durch die Änderung des § 33g Abs. 1 und 2 betroffen ist.

Worum geht es dabei? – Unbestritten sind die wichtigen Grundsätze der Wasserwirtschaft. Es ist unsere Pflicht, die Wasserressourcen auch für künftige Generationen dauerhaft nutzbar zu machen. Dabei ist es notwendig, die natürliche Beschaffenheit unserer Gewässer sicherzustellen. Wir müssen mit unseren Wasserressourcen als einem der wichtigsten Güter der Zukunft sorgsam umgehen und die Gewässer so weit wie möglich ökologisch funktionsfähig halten. Dazu gehört auch die Einrichtung von modernen Abwasserentsorgungsanlagen, um damit eine weitere Belastung unseres Grundwassers zu verhindern.

Die Aufgabe, eine ökologisch sinnvolle Entsorgung unserer Abwässer sicherzustellen, ist ebenfalls unbestritten. Gleichzeitig muß aber berücksichtigt werden, daß dieser flächendeckende Ausbau moderner Abwasserentsorgungssysteme sehr viel Geld kostet und für die öffentliche Hand wie auch für den einzelnen Bürger eine nicht zu unterschätzende finanzielle Belastung darstellt. Dies gilt insbesondere für Bundesländer wie Kärnten, die von einem eher geringen Versorgungsgrad bei Abwassersystemen ausgehend nun in relativ kurzer Zeit ein landesweites Kanalisationsnetz aufbauen müssen.

Mit der vorliegenden Novelle wird sichergestellt, daß – allgemein formuliert – die Zielsetzungen des Wasserrechtsgesetzes mit den finanziellen Möglichkeiten in Einklang gebracht werden. Im Bundesland Kärnten kommt es konkret zu einer Angleichung der Fristen des Wasserrechtsgesetzes an den Kärntner Prioritätenkatalog. Die ambitionierten Zielsetzungen des Wasserrechtsgesetzes werden, wenn man es so formulieren darf, auf den Boden der finanziellen Realität heruntergeholt.

In Kärnten profitieren insgesamt 35 der 132 Gemeinden unmittelbar durch die nunmehrige Rechts- und Förderungssicherheit bei der Umsetzung von Kanalprojekten gemäß Prioritätenkatalog und Abwasserrahmenkonzept. Ganz wesentlich sind dabei folgende drei Punkte:

Durch die Erstreckung der Fristen kann der drohende Finanzierungsengpaß in den kommenden Jahren gemildert werden. Die Aufteilung der noch ausstehenden Projekte auf mehrere Jahre wird die notwendige Finanzierung deutlich erleichtern.

Zweitens kommt es zu einer Entkriminalisierung von etwa 30 000 bis 40 000 Bürgern in Zonen außerhalb zukünftiger kommunaler Kanalisationsbereiche. Diese Bewilligung für Kleinkläranlagen außerhalb des Entsorgungsbereiches der Gemeinden ist mit 31. Dezember 1998 abgelaufen. Durch die vorliegende Novelle gelten diese Kleinkläranlagen grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2005 als wasserrechtlich bewilligt.

Drittens besteht nun die Möglichkeit, per Verordnung des Landeshauptmannes die Frist für Kleinkläranlagen im Entsorgungsbereich der Gemeinden bis längstens 31. Dezember 2012 zu verlängern – dies unter der Voraussetzung, daß in dieser Gemeinde gemäß Abwasserrahmenkonzept eine Kläranlage geplant ist. Damit kann eine Doppelbelastung jener Bürger vermieden werden, in deren Gemeinden der Bau einer Kläranlage in der Zeit zwischen 2005 und 2012 durchgeführt werden wird. Jenen Bürgern, die veraltete Kleinkläranlagen betreiben, welche nicht den Standards des Wasserrechts entsprechen, ist nun eine angemessene zeitliche Frist eingeräumt worden, ihre Anlagen zu modernisieren. Für die Hausbesitzer im Entsorgungsbereich der


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Gemeinden konnte eine drohende Doppelbelastung vermieden werden. Sie müssen nun keine moderne Anlage installieren, wenn ohnehin in einigen Jahren ein Gemeindekanalisationssystem entstehen wird.

Ich möchte die Novelle zusammenfassend als einen vernünftigen Kompromiß zwischen ökologischer Notwendigkeit und finanziellen Realitäten bezeichnen, denn auch bei ökologisch sinnvollen Maßnahmen dürfen wir nicht die soziale Komponente, das heißt, die zumutbare finanzielle Belastung des Bürgers und der öffentlichen Hand aus den Augen verlieren. Nunmehr werden sowohl Kriminalisierung als auch unzumutbare Doppelbelastungen von Bürgern vermieden. Daher stimme ich der vorliegenden Novelle vor allem aus Sicht zigtausender Kärntner Haushalte zu. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Weiss. – Bitte.

11.58

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Wenn man sich den Wortlaut des Wasserrechtsgesetzes vor Augen hält, sticht einem natürlich § 55b ins Auge, in dem es um die Umsetzung von Programmen im Rahmen der Europäischen Union geht. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Zu dem, was Herr Kollege Gudenus vorhin ausgeführt hat, ist natürlich zu sagen, daß das auch geltendes Recht wäre, wenn es nicht in einer rechtsstaatlich einwandfreien Form beschlossen werden würde, einfach deshalb, weil es eine Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht ist. Dadurch wird allerdings deutlich, wie wichtig die Möglichkeit der Länder, auch des Bundesrates und des Nationalrates, ist, auf die Verhandlungsführung der Vertreter Österreichs in Brüssel entsprechenden Einfluß nehmen zu können.

Ich gebe zu, daß diese Bestimmung, wonach wir solche Programme umsetzen, natürlich kritisch zu hinterfragen wäre, wenn es das Einstimmigkeitsprinzip im Rat nicht gäbe. Aber, Herr Kollege Gudenus, wenn Sie hier aufmerksam zugehört und gelesen hätten, was es zu diesem Thema schon alles zu lesen gab, dann würden Sie nicht in Zweifel ziehen können, daß sowohl der Herr Außenminister als auch der Herr Landwirtschaftsminister hier mehrfach erklärt haben, daß es aus der Sicht Österreichs bei diesem Einstimmigkeitsprinzip bleiben muß. Das wurde auch bei den Verhandlungen über den Vertrag von Amsterdam erfolgreich durchgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber wenn man die eigene Brille partout nicht putzen will, dann ist es natürlich schwer, etwas Klarheit zu gewinnen. Ich sage jetzt ein bißchen polemisch dazu: Es ist schon erstaunlich, für was alles die spanischen Schildläuse herhalten müssen! Zuerst haben sie das Joghurt verfärbt, und jetzt drohen sie, unsere Stauseen auszusaufen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)  – Aber damit will ich es schon bewenden lassen und auf dieser Ebene natürlich nicht weiterdiskutieren.

Ein zweiter Gesichtspunkt ist aus der Sicht der Länder nicht unwesentlich, und zwar in dem Zusammenhang, daß bei der Mitgliedschaft in Wasserverbänden auch in Betracht gezogen werden kann, wer Gewässer nicht bloß geringfügig beeinträchtigt, sondern auch – das ist ausdrücklich mit dem Wort "oder" versehen – schlichtweg einfach nur in Anspruch nimmt, auch wenn damit keine Beeinträchtigung der Qualität verbunden ist.

Der klassische Fall dabei ist, daß ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen Wasser abarbeitet und bekanntlich in der Regel auch in gleichbleibender Qualität weitergibt, weil es durch das Abarbeiten in seiner Zusammensetzung und seiner Reinheit nicht beeinträchtigt wird. Auch in einem solchen Fall können diese Unternehmen, selbst wenn es keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt gibt, herangezogen werden. Der Landeshauptmann hat dabei einen gewissen Gestaltungsspielraum und eine Abwägungsmöglichkeit, aber man sollte schon in Rechnung stellen, daß diese Versorgungsunternehmen teilweise – etwa für die Gewährleistung einer entsprechenden Wasserwirtschaft in den Unterläufen – schon bisher freiwillig


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erhebliche finanzielle Beiträge geleistet haben, und ich gehe davon aus, daß das bei Zwangsverbänden auch entsprechend angerechnet würde.

Ein dritter Gesichtspunkt, der vor allem von unserem Bundesland aus sehr kritisch betrachtet wird, ist die Verpflichtung des Landeshauptmannes, alle Bescheide, die er erlassen hat, dem Bundesministerium vorzulegen, weil das Bundesministerium die Möglichkeit hat, wegen Verletzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Damit ist natürlich in der Praxis ein ganz beachtlicher Aktentourismus verbunden, und wir wissen aus verwandten Rechtsbereichen bereits, wie belastend es für die Landes-, aber letztlich auch für die Bundesverwaltung ist, wenn Zigtausende Bescheide vorgelegt werden müssen – mit dem Effekt, daß nur bei einer Handvoll tatsächlich ein Haar in der Suppe gefunden wird.

Es läßt sich unschwer ausmalen, welche Heerscharen allein mit diesem Vorgang beschäftigt sind, und es wäre – weil so viel von Verwaltungsinnovation die Rede ist – wirklich innovativ, einmal darüber nachzudenken, ob diese nicht nur in diesem Gesetzesbeschluß zu findende Bestimmung der zwangsweisen Vorlage aller Bescheide tatsächlich der Weisheit letzter Schluß ist und der angestrebten Verwaltungsvereinfachung nicht zuwiderläuft. (Beifall bei der ÖVP.)

12.04

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

12.04

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Ich danke dem Herrn Präsidenten dafür, daß er mich noch einmal ans Rednerpult bittet, weil ich die beiden Entschließungsanträge, die hier schon beim Herrn Präsidenten liegen, nicht mündlich eingebracht habe. Daher bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich zwei Entschließungsanträge – einen betreffend die Gebarungskontrolle der Wasserverbände und einen zweiten betreffend die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen – hiemit formgerecht einbringe. – Ich danke sehr.

(Der Redner wird vom Präsidium darauf hingewiesen, daß er die beiden Anträge verlesen muß.)

Der erste Antrag lautet:


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Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Zwecks Schonung der Finanzmittel der Gebietskörperschaften und somit der Steuerzahler, aber auch der von Projekten der Wasserverbände betroffenen Bürger wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dringend aufgefordert,

für Wasserverbände eine wirkungsvolle und an die Verwaltung der enormen Finanzmittel angepaßte Rechnungsprüfung und Gebarungskontrolle verpflichtend vorzuschreiben,

die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Vorhaben und Projektabwicklungen der Wasserverbände zu verstärken,

die begleitende Kontrolle bei der laufenden Gebarung sicherzustellen."

*****

Der Entschließungsantrag zur Beibehaltung der Einstimmigkeit lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. keiner Änderung des EG-Vertrages zuzustimmen, mit der vom Einstimmigkeitsprinzip in Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung der Wasserressourcen (Artikel 130s) abgegangen wird, und

2. bei Abstimmungen über Maßnahmen der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung von Wasserressourcen die Bestimmungen des § 105 Abs. 1 lit. k Wasserrechtsgesetz einzuhalten."

*****

Ich danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.06

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Die von den Bundesräten Ulrike Haunschmid, Mag. John Gudenus und Kollegen eingebrachten Entschließungsanträge betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen und betreffend Gebarungskontrolle der Wasserverbände sind genügend unterstützt und stehen demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Martin Bartenstein. Ich erteile es ihm.

12.06

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Nochmals, in Vertretung meines Kollegen Molterer:

Sehr geehrter Herr Bundesrat Gudenus! Sie sprechen richtigerweise davon, daß Trinkwasser auf einer globalen Ebene immer knapper wird, daß letztlich kriegerische Auseinandersetzungen um das Trinkwasser nicht unvorstellbar sind und daß sich die Zahl der Krisenherde, die sich rund um mangelhaftes oder mangelndes Trinkwasser in dieser Welt ergeben, deutlich über den Nahen Osten hinaus erweitert hat.

Man hat aber bei Ihnen ein bißchen den Eindruck, als würden Sie den etwas krampfhaften Versuch unternehmen, diese Konfliktfelder nach Österreich hereinzutragen und hier einen Krieg um das Wasser entweder zu entfachen oder zumindest zu prolongieren. Das, was die Schildlaus nicht war, die von Ihrer Seite aus besungen worden ist – so ähnlich wie die Reblaus seinerzeit –, und das, was auch die Blutschokolade nicht sein konnte, das ist seither das Wasser oder der freiheitliche Krieg um das Wasser.

Ich kann Ihnen nur das bestätigen, was Außenminister und Landwirtschaftsminister hier und andernorts gesagt haben: Wenn es um unser Wasser geht, Herr Bundesrat Gudenus, dann rücken wir vom Einstimmigkeitsprinzip nicht ab! Das war so, das ist so, und das wird so sein.

Es ist auch von Frau Bundesrätin Haunschmid Herr Köck zitiert worden, der das auch nicht so sieht. Sie sind dann mit etwas anderem weitergegangen, aber da haben Sie Ihre eigene Position gewissermaßen relativiert.

Aber in einer Beziehung verstehe ich Sie nicht, Frau Bundesrätin Haunschmid! Sie haben auch gesagt, daß wir – oder Sie von den Freiheitlichen – Wasser unter keinen Umständen veräußern wollen. – Das verstehe ich aber wiederum nicht! Wenn wir wollen, dann werden wir das auch tun, und es geschieht auch schon, daß Wasser da und dort veräußert wird. Es ist das nasse oder das weiße Gold des nächsten Jahrhunderts, vielleicht des nächsten Jahrtausends, und es wird das schwarze Gold, das Erdöl, ablösen.


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So lange wir das in unserer eigenen Gestionierung tun, und so lange das auf nachhaltige Art und Weise geschieht – das heißt, daß Qualität und entsprechende Ressourcengröße in Österreich nicht verändert werden –, solange sehe ich darin nichts so Schlechtes. Sie sagen da sehr apodiktisch: Die Freiheitlichen wollen das Wasser unter keinen Umständen veräußern. – Bitte, das ist Ihre Auffassung. Ich teile sie nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. )

Im übrigen ist es, wie ich meine, sehr differenziert, aber gleichzeitig eindrucksvoll von Herrn Bundesrat und Präsidenten Weiss dargestellt worden, wie die Sache tatsächlich aussieht. Ich selbst habe die Wasserrahmenrichtlinie – die im Umweltrat, in der Generaldirektion XI beheimatet ist – auf EU-Ebene über Jahre hinweg in Abstimmung und letztlich auch in Akkordierung mit dem Agrarressort verhandeln dürfen. Ich kenne daher dieses Thema ebenfalls.

Wenn es um die Bewirtschaftung, wenn es um die Verfügbarkeit unserer Ressource Wasser geht, dann gilt das Einstimmigkeitsprinzip, und dabei wird es auch bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch etwas anderes, was Frau Bundesrätin Haunschmid hier geäußert hat, kann nicht so stehen bleiben – nämlich was die Energie betrifft. Frau Bundesrätin! Sie haben gesagt, daß billiger Strom auf der einen Seite Ihr Ziel sei, auf der anderen Seite dürfe aber nichts veräußert werden und so weiter, und Atomstrom komme überhaupt nicht in Frage. – Das ist aber eigentlich ein Widerspruch!

Wenn Sie den billigsten Strom für Österreichs oder Oberösterreichs Stromkunden wollen, Frau Bundesrätin, dann werden Sie Atomstrom importieren müssen. – Übrigens geschieht das ohnehin schon, aber wir importieren in einem Halbjahr nicht mehr Atomstrom, als wir im anderen Halbjahr dann Strom aus Wasserkraft exportieren. Unser Saldo ist neutral, aber es ist nicht so, daß wir keinen Atomstrom importieren würden.

Auf diesen Widerspruch möchte ich Sie schon aufmerksam machen: Wenn es Ihnen rein um den Preis geht, dann müßte es Atomstrom sein. Das wollen wir nicht. Wir wollen in diesem sensiblen Bereich der Energieunternehmungen letztlich österreichische Lösungen, wenn es sie gibt und wenn das möglich ist. Wir waren diesbezüglich bisher nur zu einem Teil erfolgreich; Sie wissen das.

Aber alles unter einen Hut zu bringen: einerseits den billigsten Strom zu beziehen, der aber aus Wasserkraft stammen muß, andererseits zu erklären, eine Veräußerung von Unternehmen komme nicht in Frage, und darüber hinaus einfach alles zu ignorieren, was das EU-Recht letztlich einem Mitgliedstaat wie uns vorgibt – so einfach kann es sich, wie ich meine, auch eine Bundesrätin der Oppositionsfraktion wie der Freiheitlichen nicht machen.

Ein Letztes zu dem, was aus Kärntner Sicht hier angemerkt wurde. Das ist ein Thema, das mich sehr betrifft, weil letztlich für die Abwasserreinigung, für die Finanzmittel in diesem Bereich, auf Regierungsebene wiederum ich zuständig bin, wiewohl es sich dabei um Finanzausgleichsmittel handelt, die etwa zu 30 Prozent von den Ländern und Gemeinden kommen. Es ist richtig, daß Kärnten von der reinen Zahl her das Schlußlicht in Österreich darstellt. Man muß aber ein paar Dinge dazu sagen.

Erstens: In Kärnten wurden in einer Phase, die schon lange zurückliegt, der Seenreinhaltung und der Seenreinigung bewußt der Vorzug gegeben. Die Tatsache, daß man das Wasser aus dem Wörther See und aus meinem Urlaubsziel, dem Millstätter See, trinken kann, geht letztendlich auf diese groß angelegten Projekte der siebziger und, wie ich glaube, der frühen achtziger Jahre zurück. Dadurch ist in anderen Bereichen weniger weitergegangen.

Derzeit wird in Kärnten überdurchschnittlich viel in die Abwasserreinigung investiert, sodaß es einen gewissen Aufholprozeß gibt. Und, was mir wichtig ist, Frau Bundesrätin: Es hat uns in den letzten Wochen die Kärntner Landesregierung bestätigt, daß es in Kärnten mit den getroffenen Maßnahmen im Bereich der WRG-Novelle – das ist insbesondere von Herrn Bundesrat Repar hier vorgetragen worden – möglich sein sollte, daß die Gemeinden gesetzeskonform vorgehen, daß also da kein Defizit entsteht, was dann einen gesetzwidrigen Zustand ergeben würde. Viel


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mehr sollte eine gesetzeskonforme Vorgangsweise auf der Basis der jetzt zur Verfügung stehenden Mittel und der Fristensetzungen entsprechend der heute zu beschließenden WRG-Novelle möglich sein. Es ist sehr wichtig, daß das in Kärnten und auch anderswo möglich sein wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne: Das Wichtigste, was auch ich noch einmal betonen möchte, ist: Wenn es um die Bewirtschaftung unseres Wassers geht, dann geht hier nichts ohne uns, dann gilt auf EU-Ebene das Einstimmigkeitsprinzip, und dabei wird es bleiben – auch wenn eine Partei in diesem Lande immer wieder etwas anderes zu behaupten versucht.

Wie haben Sie gesagt, Herr Bundesrat Gudenus? – Sie haben gesagt, es läuten die Alarmglocken! – Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, daß sich derjenige, der einen falschen Alarm auslöst, in aller Regel strafbar macht. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.14

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Bitte, Herr Kollege Steinbichler.

Berichterstatter Leopold Steinbichler: Ich darf kurz etwas anmerken, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kraml! Sie haben das ÖPUL-Programm positiv erwähnt, aber ich glaube, die Zeit, in der man bei Wasserproblemen und Wasserverschmutzung immer nur die Landwirtschaft beschuldigt hat, sollte der Vergangenheit angehören.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Herr Kollege Steinbichler! Ich muß Sie unterbrechen. Es ist kein Debattenbeitrag, sondern lediglich ein Schlußwort des Berichterstatters erlaubt.

Berichterstatter Leopold Steinbichler (fortsetzend): Herr Präsident! Ich wollte nur darauf hinweisen, daß man zwischen Wasserbenützern und Wassernützern unterscheiden sollte. Die Landwirtschaft bewirtschaftet 85 Prozent der Flächen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf den Urlauberschwerverkehr, den Flugverkehr, auf die Industrie, das Gewerbe und auf die Kläranlagenbetreiber verweisen. Ich bitte, nicht nur die Landwirtschaft zu beschuldigen. – Danke. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetz-Novelle 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die eingebrachten Entschließungsanträge.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ulrike Haunschmid, Mag. John Gudenus und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Gebarungskontrolle der Wasserverbände vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.


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Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Ulrike Haunschmid, Mag. John Gudenus und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag nunmehr abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Polizeikooperationsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969 und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 1999) (1479 und 2023/NR sowie 6016 und 6025/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Polizeikooperationsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969 und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 1999).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon übernommen.

Bevor ich ihm das Wort erteile, begrüße ich den mittlerweile erschienenen Innenminister Mag. Schlögl in unserem Hause.

Bitte um den Bericht.


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Berichterstatter Dipl.-Ing. Hannes Missethon:
Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Polizeikooperationsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969 und das Strafvollzugsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich auf den Antrag.

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kollege Ernest Windholz. Ich erteile es ihm.

12.20

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Geschätzter Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bei Tagesordnungspunkt 6 geht es unter anderem auch um die Änderung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes. § 27 wird Abs. 5 und § 14 wird Abs. 4 hinzugefügt. Es geht hiebei um einen Abtausch von Befugnissen zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Inneres, ein Abtausch, der grundsätzlich zu begrüßen ist, weil es sich um die Nutzung von Synergieeffekten handelt.

Allerdings gibt es bei § 14 Abs. 4 eine Einschränkung. Dieser sieht vor, daß Zollorgane bundesweit Einschreitungsmöglichkeiten bekommen – allerdings erst bei Verdacht einer mit mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung.

Das ist absolut unverständlich, weil zum Beispiel bei geringfügigem Diebstahl, also bei der Feststellung von Diebsgut bei einer zollrechtlichen Amtshandlung, keine Möglichkeit zur Einschreitung gegeben ist. Das verstehen wir Freiheitliche überhaupt nicht, denn das bedeutet im Klartext, daß man eine Person, die betreten wird, nicht beamtshandeln kann.

Im Gegenzug dazu sieht § 28 Abs. 5 vor, daß die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt werden, bei verschlossenen Beförderungsmitteln, bei denen Verdacht auf gerichtlich strafbare Handlung gegeben ist, Zollverschlüsse zu öffnen. Das ist insgesamt begrüßenswert. Die Frage, warum man dann die Einschränkung einer mit sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verankert, versteht niemand, es sei denn, es hängt damit zusammen, daß man weiterhin verhindern möchte, daß die Zollwache in das Sicherheitspolizeigesetz aufgenommen wird, und das kann durchaus der wahre Grund dafür sein.

Wir hatten in der letzten Bundesratssitzung über die Frage der Zuständigkeit im Hinblick auf Mautprellerei zu befinden. Da zeichnete sich ab, daß sich die Vertreter des Innenministeriums in diesem konkreten Fall nicht durchsetzen konnten, daß es aber tendenziös so ist, daß man nur schrittweise der Zollverwaltung Befugnisse übertragen möchte, obwohl das zu Lasten der Sicherheit Österreichs geht.

Gerade bei der Bekämpfung der Mautprellerei handelt es sich um die Erhebung von Strafen, die bei Anhaltungen und zum Beispiel bei Zollkontrollen entstehen. Das ist wirklich unverständlich, Herr Minister, denn die Erhebung von Steuerabgaben, die Verhinderung von Hinterziehung ist eigentlich ursächliches und zentrales Aufgabengebiet der Zöllner. Sie wissen ganz genau, daß es hinsichtlich der Überwachung der Straßenverkehrsabgabe, sprich STRABAG, und der


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Überwachung und des Verkaufes der Vignette hervorragende Ergebnisse der mobilen Überwachungseinheiten gibt.

Gerade das Bundesministerium für Inneres macht immer deutlich, daß man dem Grundsatz entsprechen möchte, daß die Sicherheitsexekutive von allen artfremden Aufgaben entlastet gehört. Daher ist es unverständlich, warum Sie sich damals schriftlich an alle Ausschußmitglieder gewandt haben und die Zollwache, wenn man so will, ausbremsen wollten.

Beim Schengen-Informationssystem, das ich hier schon mehrmals angesprochen habe, ist es auch so, daß die Zollwache oder die Zollverwaltung insgesamt diskriminiert wird. Es gibt mehrere Artikel in den Schengen-Übereinkommen, in denen die Zollverwaltung namentlich dafür auch vorgesehen ist. Nur bei der nationalen Umsetzung haben Sie noch immer nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Es liegt mir auch ein Schreiben des Rates der EU vor, aus dem eindeutig hervorgeht, daß die Zollverwaltung in Österreich in diesem Bereich noch immer diskriminiert wird. Gerade die Zollwache hat aber immer wieder sehr spektakuläre Erfolge im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Zum Beispiel werden Rekordmengen an Suchtgift sichergestellt. Bis 1997 lagen wir immer im Bereich von 200 Kilogramm, diese Menge ist im Vorjahr bei weitem übertroffen worden. Oder: Erst vor kurzem wurden drei Tonnen Waffen, die für die italienische Mafia bestimmt waren, beschlagnahmt. Es waren dies 450 Gewehre und Pistolen. Es ist daher unverständlich, warum man sich in diesem Zusammenhang immer noch weigert, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen.

Gerade bei der Änderung dieses SPG werden auch die Gemeindewachkörper – dabei handelt es sich um rund 1 500 Bedienstete – mitaufgenommen.

Ganz grotesk wird es aber, wenn man sich mit der Frage des Menschenrechtsbeirates auseinandersetzt. § 15c sieht vor, daß der Menschenrechtsbeirat ermächtigt wird, jede Dienststelle der Sicherheitsexekutive, jeden Ort der Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Sicherheitsexekutive mittels einer Delegation oder einer Kommission zu besuchen. Es gibt in weiterer Folge noch eine Fülle von Rechten, die man da zubilligt.

Aufgrund der Tatsache, daß die Zollwache in das SPG nicht aufgenommen wird, kommt es jetzt zum Beispiel zu folgender grotesker Situation:

Zollämter zweiter Klasse, das sind jene mit eingeschränkter Abfertigungsbefugnis, sind zum Beispiel im Burgenland das Zollamt Rattersdorf und das Zollamt Pamhagen. Das Zollamt Rattersdorf ist mit Grenzgendarmen besetzt, die auch zollrechtliche Agenden wahrnehmen. Das Zollamt Pamhagen ist rein mit Zollwachebeamten besetzt. Das heißt, diese Kommission wird bei gleich gelagerten Amtshandlungen, bei gleich gelagerten Fällen, die Möglichkeit besitzen, beim Zollamt Rattersdorf Einsicht zu nehmen, ihre Rechte wahrzunehmen, beim Zollamt Pamhagen dagegen nicht. Auch das kann verstehen wer will, wir Freiheitlichen sicher nicht. (Bundesrat Schöls: Das ist Ihr Problem!)

Kollege Schöls macht sich immer solch große Sorgen um die Beamten. Das ist ein klassisches Beispiel. Das ist also unser Problem. In Wahrheit ist es das Problem des Gesetzgebers. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls. ) – Ich machte jetzt auf einen, wie ich meine, gravierenden Mißstand aufmerksam (Beifall bei den Freiheitlichen), aber bei Kollegen Schöls ist es Usus, daß die Regierung nicht kritisiert werden darf. Diese ist unfehlbar, diese macht immer alles bestens.

Auf den Menschenrechtsbeirat wird mein Kollege Böhm noch näher eingehen.

Im Sicherheitspolizeigesetz gibt es sehr positive Ansätze, wie die Sicherheitsakademie, die Einführung der DNA-Analyse, aufgrund derer in den letzten zwei Jahren schon spektakuläre Fälle aufgeklärt werden konnten, unter anderem vier Morde, 17 Vergewaltigungen und viele andere Straftaten mehr. Auch die Einbindung der Gemeindewachkörper ist unserer Meinung nach äußerst positiv.


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Allerdings fehlt uns im SPG die erweiterte Gefahrenerforschung. Auch das ist völlig unverständlich und zeigt, wenn man sich näher damit auseinandersetzt, daß es einzig und allein an der Koalition gelegen ist, wenn das nicht geschieht. Diese sagt zwar aus, daß das zwingend miteinzubeziehen gewesen wäre, jedoch konnte aufgrund anderer Dinge, wie zum Beispiel das Militärbefugnisgesetz, keine Einigung erzielt werden. Das ist also absolut bedauerlich. – Wir werden daher dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.29

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Repar. Ich erteile es ihm.

12.29

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum vorliegenden Sicherheitspolizeigesetz möchte ich mit einigen allgemeinen Bemerkungen beginnen. Im Vordergrund steht für mich die Überlegung, daß das Sicherheitsbedürfnis der Menschen einen der wichtigsten politischen Aufträge darstellt. Sicherheit gehört für mich zu den elementarsten Grundvoraussetzungen einer demokratischen Gesellschaft.

Die Lebensqualität der Menschen hängt ganz entscheidend davon ab, wie sehr sie ihre Lebensinteressen frei und ohne Angst vor Bedrohungen, welcher Art auch immer, entfalten können. Daher muß die Sicherheit der Bürger bei allen politischen Überlegungen einen zentralen Stellenwert einnehmen.

Eng verbunden mit der Garantie einer gewissen Sicherheit ist auch das Monopol des Staates dafür. Wir bekennen uns dazu, daß staatliche Institutionen, wie etwa die Exekutivorgane, das ausschließliche Recht haben sollen, Gesetzesverletzungen zu unterbinden und den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen.

Faktum ist aber auch, daß sich die Formen der Kriminalität ständig weiterentwickeln und daraus ständig neue Herausforderungen an die Sicherheitsorgane des Staates erwachsen. Wir müssen daher unseren Exekutivorganen auch die Instrumente in die Hand geben und die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit allen Formen der Kriminalität – ich erwähne hier neue Arten, wie organisierte Kriminalität, Schlepperunwesen – adäquat begegnet werden kann.

Daher plädiere ich auch dafür, unserer Exekutive moderne Fahndungsmethoden, wie etwa die DNA-Analyse oder die Schleierfahndung, zu ermöglichen. Neue Uniformen und neue Unterkünfte sind einfach zu wenig. Neben der Beistellung modernster Geräte und modernster Methoden müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und genau darum geht es bei der heute vorliegenden Gesetzesnovelle.

Speziell bei der DNA-Analyse hat sich bereits gezeigt, daß damit Verbrechen aufgeklärt beziehungsweise auch Verdächtige von Schuld freigesprochen werden konnten, was ohne Einsatz dieser DNA-Analyse nicht möglich gewesen wäre.

Selbstverständlich darf das Sicherheitsmonopol des Staates nur nach ganz klaren Regeln und nur in ganz klar abgesteckten Grenzen funktionieren. Mit dem neuen Sicherheitspolizeigesetz wurde diese schwierige Aufgabe, so meine ich, doch sehr gut gelöst. Der Exekutivbeamte braucht klare Regeln, an denen er sich bei seiner schwierigen Aufgabe orientieren kann. Gerade im Bereich der Exekutive kann und darf es nicht so sein, daß einzelne wegen unklarer Bestimmungen nach Gutdünken operieren.

Hervorheben möchte ich die mit dieser Novelle gesetzlich geregelte Installierung eines Menschenrechtsbeirates. Es ist richtig und notwendig, einen solchen Beirat zu haben, der vor allem über die praktische Umsetzung der Fremdenpolitik wachen wird. Andere Staaten haben keinen solchen Beirat. Österreich nimmt damit wieder einmal eine positive Vorreiterrolle ein, die auch von Amnesty International gewürdigt wurde.


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Erwähnenswert ist auch, daß mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes die Gemeindewachkörper – ihnen gehören österreichweit mehr als 1 500 Personen an – endlich in den Vollzug sicherheitspolizeilicher Angelegenheiten einbezogen werden. Dies entspricht einer jahrelang erhobenen Forderung.

Man hat es sich mit dem vorliegenden Sicherheitspolizeigesetz sicherlich nicht leicht gemacht. In Hearings wurden diffizile Bereiche, wie etwa die DNA-Analyse, gemeinsam mit Experten intensiv und detailliert diskutiert. In diesem Zusammenhang darf auch darauf hingewiesen werden, daß das vorliegende Gesetz von Experten als fachlich ausgezeichnet eingestuft wurde.

Mit dem Sicherheitspolizeigesetz ist es gelungen, unseren Exekutivorganen geeignete, aber auch maßvolle Instrumente in die Hand zu geben, um gegen die modernen Formen der Kriminalität gewappnet zu sein. – Aus diesem Grund können ich und auch meine Fraktion der Gesetzesvorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile es ihm.

12.33

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Berichterstatter hat in seinem Bericht zu dem Punkt, über den wir diskutieren, darauf hingewiesen, daß eine Reihe von gesetzlichen Änderungen vorliegt, die wir heute in der zweiten Kammer des Hohen Hauses zu beschließen haben.

Ich bin froh darüber, daß in den meisten Bereichen zumindest ein Teil erfolg gelungen ist. Das unterscheidet mich vielleicht von Kollegen Windholz, nämlich daß ich mich nach dem Grundsatz: "Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!" auch mit kleinen Erfolgen zufrieden gebe. Da Sie die Bestimmungen gerade im Bereich der Zollwache kritisiert haben, Herr Kollege Windholz, würde ich Ihnen empfehlen, die Uniform der Zollwache nicht nur am Zollwacheball auszuführen, sondern tatsächlich mit Zollwachebediensteten zu sprechen, die sich diese Änderungen sehr massiv gewünscht haben, die sehr froh darüber sind, daß diese Novelle zustande gekommen ist.

Zu Ihrer Anmerkung, daß wir beziehungsweise ich alles kritiklos hinnehme: Ich nehme keineswegs alles kritiklos zur Kenntnis, man muß aber auch positive Ansätze akzeptieren. Das ist jedenfalls meine Auffassung von Politik. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben Ihre Auffassung von Politik in den letzten Tagen wieder einmal schriftlich dargelegt, als Sie George Washington zitiert und im Hinblick auf einen Ihrer Parteikameraden darauf aufmerksam gemacht haben, daß man in der Politik nicht die Fähigen, sondern die zu allem Fähigen fürchten müsse. Aber das haben Sie mit sich selbst auszumachen.

Nun zu ein paar anderen Punkten, die ich noch ansprechen möchte: Ich bin froh darüber, daß für die DNA-Analyse eine entsprechende Rechtsgrundlage verankert wird. Die Diskussion im Innenausschuß des Nationalrates hat gezeigt, wie notwendig es ist, daß auch eine "Rückwärtserfassung" möglich wird. Es soll sich niemand in Sicherheit wiegen können im Bewußtsein: Das hat es zu meiner Zeit noch nicht gegeben. Wenn jetzt der neueste Stand der Kriminaltechnologie eingeführt wird, soll das für alle gelten. Daher bin ich froh, daß dies mit der Novelle verankert wird.

Ich verhehle auch nicht meine Freude darüber – ich bin hier mit dem Präsidenten des Bundesrates, mit unserem Kollegen Jürgen Weiss, eines Sinnes, der schon vor langer Zeit mittels entsprechender Entschließungsanträge hier in der zweiten Kammer des Hohen Hauses eine Regelung für die Gemeindewachkörper gefordert hat –, daß es nunmehr gelungen ist, eine rechtliche Grundlage für die Gemeindewache zustande zu bringen; auch wenn es sich "nur" – unter Anführungszeichen – um etwas mehr als 1 500 Bedienstete handelt: Wir haben damit eine weitere rechtliche Absicherung erreicht.


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Ich mache aus meinem Herzen aber auch keine Mördergrube, wenn ich folgendes sage: Herr Bundesminister! Auf Ihren Nachfolger warten nach der Nationalratswahl noch einige Aufgaben. Ich bedaure sehr, daß wir uns im Zusammenhang mit der Diskussion um das Militärbefugnisgesetz nicht darauf einigen konnten, daß die erweiterte Gefahrenforschung entsprechend rechtlich verankert wird, daß es zu einer rechtlichen Absicherung der Heeresnachrichtendienste und der Stapo kommt. Das ist ein Schwachpunkt dieser Novelle. Ich hoffe, daß es in der neuen Legislaturperiode ehebaldigst zu einer Regelung für diese Bereiche kommt.

Ein lachendes und ein weinendes Auge habe ich im Zusammenhang mit den Regelungen zur Sicherheitsakademie. Herr Bundesminister! Wir haben uns auch hier im Bundesrat bereits einige Male über die Frage der Sicherheitsakademie unterhalten, und deswegen macht mich das Ergebnis ein bißchen betroffen. Diesen Vorwurf müssen Sie sich einfach gefallen lassen, weil Sie andernorts politisch sehr sensibel reagieren.

Ihr neuer Klubobmann im Niederösterreichischen Landtag ist "zufälligerweise" zugleich auch Bürgermeister jener Gemeinde, in der zum dritten oder vierten Male versucht wird, eine Sicherheitsakademie zu errichten. Er betrachtet diese Angelegenheit als parteipolitisches Spiel und hat zur Grundsteinlegung – wie auch immer man diesen Akt nach mehreren Spatenstichen bezeichnen soll – kein Mitglied einer anderen politischen Partei eingeladen. Dazu muß ich schon sagen: Die Sicherheitsexekutive ist nicht im Besitz der Sozialdemokratischen Partei! Ich hätte mir schon erwartet, daß auch die Vertreter der anderen Parteien über solche Maßnahmen informiert werden und auch die Möglichkeit haben, dabei zu sein – dies umso mehr, als wir diese Sicherheitsakademie auch entsprechend unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es bleibt zu hoffen, daß die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, die für diese Ausbildung Fachhochschulniveau vorsehen.

Abschließend sei daher gesagt: Wir werden dieser Novelle zustimmen. Wir wissen aber, daß vom jetzigen Ressortchef im Bereich der inneren Sicherheit einige Dinge in dieser Legislaturperiode nicht durchgeführt werden konnten. Ich denke beispielsweise an die Frage der Schubhaftstation in der Ostregion. Das Land Niederösterreich hat in dieser Angelegenheit – das wissen Sie sehr genau, Herr Bundesminister – sehr viel geleistet. Am Tag Ihrer Wahl zum Landesparteiobmann von Niederösterreich haben Sie damit Schlagzeilen produziert. Sie sagten, Sie würden dafür Sorge tragen, daß die Frage der Container in Schwechat einer Lösung zugeführt wird. Bis jetzt ist nichts geschehen.

Ich erwarte mir auch, daß sich im Bereich der Objektivierung bei der Postenvergabe einiges ändert. Dazu nur ein Stichwort: Gendarmerieposten Perchtoldsdorf. Es geht nicht an, sich auf der einen Seite als Opfer darzustellen und auf der anderen Seite die Dinge aus einer anderen Sicht zu bewerten. Trotz alledem wird meine Fraktion den vorliegenden Novellen die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. )

12.41

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

12.41

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Meine Fraktion wird diesem Gesetzesbeschluß des Nationalrates nicht zustimmen – das nicht etwa deshalb, weil wir seinen gesamten Inhalt ablehnen. Das ist Kollegen Schöls offenbar entgangen.

Wir anerkennen durchaus einige wesentliche Punkte als Beiträge zur Verbesserung der inneren Sicherheit. So freut uns insbesondere, daß die seit langem versprochene Sicherheitsakademie endlich doch noch verwirklicht wird. Wir begrüßen auch, wie es heute schon erwähnt wurde, die Einbeziehung der Gemeindewachkörper in den sachlichen Anwendungsbereich des Sicherheitspolizeigesetzes.


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Im Ergebnis bejahen wir auch die Einführung der DNA-Analyse. Gewiß handelt es sich dabei um einen Eingriff in einen an sich grundrechtlich geschützten Bereich. Sie erinnern sich vielleicht daran, daß ich als einer der wenigen im Hause gegen die Einführung des sogenannten Großen Lauschangriffs gesprochen und gestimmt habe. Dennoch meine ich, daß die Güterabwägung hier eindeutig zugunsten dieser modernen Methode der kriminaltechnischen Ermittlung ausfällt; das umso mehr, als bei der DNA-Analyse – anders als beim Großen Lauschangriff – unbeteiligte Dritte und ihre Privatsphäre sowie anerkannte Verschwiegenheitspflichten nicht betroffen sind.

Hingegen sind wir nicht damit einverstanden, daß sich der Gesetzgeber anläßlich dieser Novelle nicht zur projektierten erweiterten Gefahrenerforschung durchringen konnte. Zwar stehe ich auch ihr nicht völlig unkritisch gegenüber – dies aus einer gewissen, vermutlich aus meinem Zivilberuf herrührenden, Sensibilität für die Wahrung der Grundrechte. Aber dennoch bedauere ich – erneut im Sinne der Interessenabwägung und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit –, daß diese notwendige Form der präventiven Gefahrenabwehr nicht realisiert werden konnte, und daß das selbst angesichts der so bedrohlichen Dimension der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität nicht gelungen ist. Weshalb nicht? – Weil es an der Uneinigkeit der Koalitionsparteien – ich nenne sie bewußt nicht -"partner" – über dieses zentrale Thema der inneren Sicherheit unseres Landes gescheitert ist und weil Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, sich dabei nicht durchsetzen konnten.

Ein solches Instrument rechtsstaatlicher Prävention wäre nach meiner Überzeugung zumindest dann geboten, ja heute bereits unverzichtbar, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß von Einzelpersonen oder von einer Personengruppe, insbesondere von einer Organisation, kriminelle Aktivitäten unternommen werden, durch die die öffentliche Sicherheit schwer gefährdet wird. In einer solchen Situation zuzuwarten, bis die bereits absehbaren Straftaten begangen worden sind, ist ein verantwortungsloses Spiel mit dem Schutz der rechtstreuen Bevölkerung!

Der zweite gravierende Einwand richtet sich gegen den sogenannten Menschenrechtsbeirat, gegen den wir echte Bedenken hegen. Das keineswegs deshalb, weil wir nicht davon überzeugt wären, daß die Exekutive bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe selbstverständlich an die Einhaltung der Menschenrechte gebunden ist. Das ergibt sich sowohl aus verfassungsrechtlichen wie auch aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, aber im Grunde versteht es sich bereits aus den Postulaten eines materiellen Rechtsstaates von selbst. Diese normativen wie auch rechtsethischen Vorgaben sind mit anderen Worten nicht neu. Daß sie erst anläßlich eines tragischen Anlaßfalles in Erinnerung gerufen werden mußten, wollen wir daher nicht glauben!

Daher meinen wir Freiheitlichen, daß die neuerdings so genannte Sicherheitsexekutive und ihre rechtlich und politisch verantwortliche Ressortleitung dieser Bindung aus eigenem entsprechen müßte. Wenn es dazu tatsächlich erst eines Beirates bedürfte, dann wäre das für sich allein schon als Offenbarungseid einer rechtsstaatlichen Vollziehung in diesem sensiblen Bereich zu bewerten!

Ob zudem die Zusammensetzung dieses nunmehr etablierten Beirates geglückt ist, bezweifeln wir ernsthaft. Gewiß ist den Mitgliedern Unabhängigkeit zugesichert – wenngleich sie auch abziehbar sind – und sind die vorgesehenen Einzelpersonen, wie auch die meisten Institutionen, dem Schutze der Menschenrechte verpflichtet. Manche der in Betracht kommenden und in die nähere Auswahl gezogenen Institutionen haben sich allerdings dem Verdacht ausgesetzt, über ihre ideelle Aufgabe hinausgegangen zu sein und in der Praxis selbst solche Personen unterstützt zu haben, die kriminell geworden sind. In dieser Hinsicht verweise ich auf das Milieu von Drogendealern. Ersparen Sie mir die Nennung einzelner Institutionen, die ich – von solchen Fehlleitungen abgesehen – im übrigen wegen ihres sozialen und humanitären Engagements durchaus schätze.

Nach der gegen Sie, sehr verehrter Herr Bundesminister Schlögl, entfesselten Kampagne in bestimmten Medien – gewiß nicht solchen, die meiner Fraktion nahestehen – verstehe ich auch, daß Sie als so schwer angegriffener Minister darüber erfreut waren, daß Sie diesmal sogar von Amnesty International Beifall erhalten haben – ein für Ihr Ressort allerdings eher seltenes Lob.


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Ihre Freude sollte es aber trüben, daß gerade diese Organisation, die auch ich in der Vergangenheit stets gerne unterstützt habe – zumindest solange ich von ihrer uneingeschränkten Integrität ausgehen konnte –, schon mehrmals nachweisbar unzutreffende Vorwürfe gegen die österreichische Exekutive erhoben hat.

Lassen Sie mich das Resümee aus all dem ziehen: Die vorliegende SPG-Novelle enthält zweifellos einige erhebliche Verbesserungen für den effektiven Schutz der inneren Sicherheit. Sie bleibt aber deutlich hinter ihren ursprünglichen Zielen zurück. Vor allem bleibt sie die durch die aktuellen Bedrohungsbilder dringend gebotene erweiterte Gefahrenerforschung schuldig. Im Gegensatz zu diesem gewiß rechtsstaatlich und grundrechtlich heiklen, aber sicherheitspolitisch unverzichtbaren Instrument konnte sich die Koalition offensichtlich viel leichter auf den Menschenrechtsbeirat einigen, weil er die fatale Optik des tragischen Falles Omofuma öffentlichkeitswirksam ausgleichen sollte.

Meine Damen und Herren! Eine solche durchsichtige Tagespolitik tragen wir nicht mit, und meine Fraktion wird auch deshalb dem vorliegenden Gesetz ihre Zustimmung versagen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.47

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Karl Schlögl. Ich erteile es ihm.

12.48

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Diskussion und darf nochmals betonen, daß ich diese Sicherheitspolizeigesetz-Novelle für eine sehr wichtige Novelle halte. Ich glaube, daß sie mit dazu beitragen wird, eine Stärkung des Rechtsstaates in Österreich zu erreichen, aber auch mit dazu beitragen wird, daß die österreichische Exekutive noch erfolgreicher, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, für die Sicherheit in diesem Lande arbeiten können wird.

Ich meine auch, daß der Vorwurf, der zum Glück hier im Bundesrat nicht erhoben worden ist, nämlich daß diese Sicherheitspolizeigesetz-Novelle ein Schritt in Richtung Polizeistaat sei, in keiner Weise gerechtfertigt ist. Im Gegenteil: Für mich als zuständigem Ressortverantwortlichen, als politisch Verantwortlichem ist es sehr wichtig, klar zu sagen, daß die österreichische Exekutive auf dem Boden des Rechtsstaates steht, ein Teil des Rechtsstaates ist und nicht nur die Aufgabe hat, bestmöglich für die innere Sicherheit in diesem Lande zu sorgen, sondern daß die österreichische Exekutive genauso die Aufgabe hat, alles daranzusetzen, um den Grundsätzen des österreichischen Rechtsstaates zum Durchbruch zu verhelfen, und alles daranzusetzen, daß die Menschenrechte in diesem Lande bestmöglich gewahrt bleiben.

Ich denke, daß die österreichische Exekutive so gesehen ein wichtiger Bestandteil des österreichischen Rechtssystems und eine der tragenden Säulen des Rechtsstaates ist. Grundrechte und Sicherheitsarbeit stehen nicht im Gegensatz zueinander, sondern stellen für mich unabdingbar notwendige, gegenseitige Ergänzungen dar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesrat Windholz hat kritisiert, daß dem Zoll zuwenig Rechnung getragen worden sei. Bei Bundesrat Windholz und seinen Äußerungen macht sich wieder einmal bemerkbar, daß das Sein das Bewußtsein bestimmt. Natürlich ist er ein sehr engagierter Vertreter seiner Gruppe, nämlich des Zolles.

Herr Bundesrat Windholz! Meine Aufgabe ist es, die Interessen der österreichischen Sicherheitsbediensteten und vor allem die Interessen der 34 000 Gendarmerie- und Polizeibeamten zu vertreten. Ich finde es schon bemerkenswert, daß der Innenminister eine solche Gesetzesvorlage, eine solche Novelle einbringt, womit die Bediensteten des österreichischen Zolls zusätzliche Initiativrechte und zusätzliche Handlungsmöglichkeiten bekommen. Ich glaube, das braucht der Zoll auch, um die entsprechenden Aufgaben erfüllen zu können.


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Ich sehe kein Problem bei dieser Sechs-Monate-Bindung, vor allem deswegen, denn wenn es eine entsprechende Anhaltung durch die Organe des Zolls gibt, kann mir niemand erzählen, daß, wenn Diebsgut gefunden wird, das Zollorgan gleich auf Anhieb feststellen kann, ob es sich um Diebsgut aus einem Ladendiebstahl oder um Diebsgut aus einem schweren Einbruch handelt. Das heißt, es gibt genügend Möglichkeiten, um auch entsprechend sicherheitspolizeilich agieren zu können.

Ich glaube nur – das sage ich auch ganz klar Ihnen gegenüber –, wenn man sich entschließt, daß es diese zwei Wachkörper weiterhin gibt, nämlich die österreichische Gendarmerie und Polizei auf der einen Seite und die Zollwache auf der anderen Seite, dann ist es auch notwendig, daß es klare Abgrenzungen gibt. Ich stelle mir nicht vor, daß auf der Straße ein zusätzliches Wacheorgan, nämlich der Zoll, aufgebaut wird, das die Aufgabe hat, eine zweite Gendarmerie zu sein. Das wäre eine Vergeudung von Ressourcen; dafür gibt es einen gut ausgebildeten Wachekörper, nämlich die österreichische Gendarmerie. Die Beamtinnen und Beamten haben das gelernt, und in deren Händen soll man auch weiterhin die Wahrung der Sicherheit belassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Kritik des Bundesrates Schöls möchte ich sagen: So wie der Schelm ist, so denkt er auch. – Ich kann ihm versichern, daß er noch einige Zeit auf den Nachfolger von Karl Schlögl wird warten müssen und daß Karl Schlögl vorhat, noch einige Zeit in diesem Ministerium tätig zu sein. (Beifall bei der SPÖ.) Das heißt also, ich gehe nicht davon aus, daß auf meinen Nachfolger in unmittelbarer Zeit schwierige, bewältigbare oder unbewältigbare Aufgaben zukommen, sondern ich gehe davon aus, daß das, was noch nicht erledigt ist, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode von mir als Innenminister angegangen wird.

Ich möchte Herrn Bundesrat Schöls auch bitten, daß er mir einmal auflistet oder Nachhilfeunterricht dahin gehend gibt, was das Land Niederösterreich in Sachen Schubhaftstationen geleistet hat. Da habe ich einfach eine Wissenslücke. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Diesbezüglich weiß ich nichts, und ich bin mir nicht bewußt, daß von seiten des Landes nur irgend etwas geleistet worden ist. (Bundesrat Schöls: Das hängt vielleicht mit dem Gesprächstermin zusammen, der war!) Aber wenn das der Fall wäre, dann würde ich mich über jeden Nachhilfeunterricht sehr freuen.

Es gibt drei Bundesländer, die in dieser Republik etwas für Schubhaftstationen geleistet haben. Das sind Vorarlberg, Salzburg und das Burgenland. Diese drei Bundesländer sind initiativ geworden und haben gemeinsam mit dem Bund etwas geleistet. Alle anderen Bundesländer, wenn ich von Wien absehe, weil das eine Sondersituation ist, haben bisher nichts dazu beigetragen, daß Schubhaftstationen errichtet werden. Es gibt aber eine klare Kompetenz, daß diese Aufgabe bei den Bundesländern liegt, und ich werde die Länder auch nicht aus der Verantwortung entlassen, weil sie im Interesse der Gesamtheit und im Interesse der Sicherheit dieses Landes Schubhaftstationen errichten müssen.

Unabhängig davon habe ich dem Landeshauptmann von Niederösterreich vor kurzem wieder einen Brief geschrieben, in dem ich ihn gebeten habe, daß er gemeinsam mit dem Bund und mit dem Land Burgenland das Projekt Schubhaftstation Schwechat unterstützt. Ich hoffe, daß wir auch in finanzieller Hinsicht endlich die Zustimmung bekommen. Das Angebot, das von seiten des Bundes gegenüber dem Land Niederösterreich gemacht worden ist, ist sehr fair und ist ohne Zweifel vom Land Niederösterreich mitzutragen. Wir haben uns bereit erklärt, zwei Drittel der Kosten zu übernehmen, und ein Drittel teilen sich das Land Niederösterreich und das Land Burgenland.

Ich glaube, das ist auf jeden Fall ein sehr fairer Vorschlag, wenn man bedenkt, daß es eigentlich die Aufgabe der Länder wäre, diese Schubhaftstationen zu errichten. (Bundesrat Ledolter: Die Standort-Bürgermeister sind aber dagegen! Aus sehr offensichtlichen Gründen! Die Standort-Bürgermeister sind aber dagegen!) – Welche Standort-Bürgermeister? (Bundesrat Ledolter: Der von der zu errichtenden Schubhaftanlage betroffenen Orte!) – Im Raum Schwechat? (Bundesrat Ledolter: Man muß nur schauen, wo sie hingehören!)


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Dazu kann ich Ihnen nur sagen, daß ich mit den sozialdemokratischen Bürgermeistern eine klare Vereinbarung habe, und von den sozialdemokratischen Bürgermeistern gibt es die Zustimmung zum Standort Schwechat. (Bundesrat Hensler: In Schwechat gibt es Zustimmung?) – Der Bürgermeister von Schwechat hat sein Einverständnis dazu erklärt. (Bundesrat Hensler: Ist mir nicht bekannt!) – Mir ist es bekannt. Ich kann natürlich nicht über jene Bürgermeister reden, die nicht meiner politischen Bewegung angehören. Mit ihnen habe ich kein Gespräch geführt. Diesbezüglich gibt es die Vereinbarung, daß andere das Gespräch führen, und ich nehme an, daß dieses Gespräch stattgefunden hat.

Meine Damen und Herren! Schubhaftstationen sind unbedingt notwendig. Es geht nicht, daß Schubhäftlinge kreuz und quer durch Österreich geführt werden. Das kostet wertvolle Zeit von Gendarmeriebeamten. Wir brauchen im großen Bundesland Niederösterreich unbedingt eine zentrale Schubhaftstation. Was bietet sich Besseres an als der Flughafen Schwechat, der zum Teil auch – unter Anführungszeichen – "exterritoriales Gebiet" ist und wo es keine Beeinträchtigung irgendwelcher Anrainer gibt. (Bundesrat Hensler: Der Bürgermeister von Schwechat, Gogola, war dagegen! Das haben die Zeitungen geschrieben!) – Da haben Sie andere Informationen als ich.

Das, was er mir gesagt hat, ist sehr klar, und für meine Entscheidung wären selbst Bedenken des Bürgermeisters von Schwechat nicht ausschlaggebend, weil ich gute Argumente dafür habe, warum eine solche Schubhaftstation dort errichtet werden kann. Ich kann Ihnen also versprechen, daß es von dieser Seite her kein Problem bei der Entstehung der Schubhaftplätze geben wird.

Genauso darf ich Herrn Bundesrat Schöls zur Objektivierung der Postenvergabe der Gendarmerie folgendes sagen: Ich will nicht polemisch sein, aber ich verspreche ihm, niederösterreichische Verhältnisse werden bei der Gendarmerie nicht eintreten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ledolter: Also keine Verbesserung! – Bundesrat Schöls: Heißt das, es gibt keine sozialistischen Landesgendarmeriekommandanten?)

Erstens möchte ich sagen, ich habe mir sehr genau angeschaut, welche Postenvergaben es in der Zeit gegeben hat, seit ich Innenminister bin. Die Vergabe von Gendarmeriepostenkommandantenstellen wird in der Regel nicht einmal an den Innenminister herangetragen, sondern wird auf Landesebene in enger Akkordanz zwischen den Landesgendarmeriekommandanten und der Personalvertretung entschieden. Es wird auch immer die Unterstützung oder das Wohlwollen des jeweiligen Landeshauptmannes eingeholt. Deswegen gibt es die Situation, daß es in manchen Bundesländern hie und da leider länger dauert, bis eine Postenkommandantenstelle tatsächlich besetzt wird.

Das heißt, 95 Prozent aller Vergaben fallen nach objektiven Kriterien aus und sind unbestritten. 5 Prozent der Vergaben verlaufen vielleicht auch nach objektiven Kriterien (Bundesrat Bieringer: Vielleicht!) , sind aber nicht unbestritten und landen dann schlußendlich beim Minister zur Letztentscheidung – und das von rund 900 Gendarmerieposten, die wir in ganz Österreich haben.

Das heißt also, eine überwältigende Anzahl von Postenvergaben wird auf unteren Ebenen durchgeführt, und zwar ohne Einfluß des zuständigen Ministers. Es hat bisher lediglich eine einzige Vergabe eines Landesgendarmeriekommandantenpostens in Tirol gegeben. Da ist es einer geworden, der keiner politischen Bewegung zuzuordnen ist und auch kein Parteibuch hat. In der Zwischenzeit ist dieser Landesgendarmeriekommandant von allen politischen Lagern in Tirol auch sehr anerkannt.

Das heißt also, ich kann alle Bedenken zerstreuen. Für mich ist nicht das Parteibuch ausschlaggebend, sondern die Qualifikation, wobei ich natürlich auch zubilligen möchte, daß es auch immer wieder Situationen gibt, in denen es zwei, drei oder mehr gleichwertige, gleichrangige Persönlichkeiten gibt. Da muß man dann von Fall zu Fall entscheiden, und da kann es passieren, daß man vielleicht nicht immer den Geeignetsten findet, aber ich glaube, daß das im wesentlichen bisher sehr gut gelungen ist.


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Herr Bundesrat Schöls hat recht – da muß ich ihm beipflichten – betreffend Einladung der Sicherheitsakademie – Grundsteinlegung. Ich selbst bin sehr überrascht gewesen, daß keine Vertreter der Politik anwesend waren (Bundesrat Schöls: Keiner stimmt nicht, Herr Minister!) , weil es das Prinzip des Innenministeriums ist, bei Eröffnungen, weil wir uns da positiv präsentieren können, auch die politischen Parteien und ihre Repräsentanten und Vertreter einzuladen. In dem Fall war es leider nicht so, wobei ich aber dazusagen möchte, ohne daß ich die Schuld von mir abschiebe, daß nicht das Innenministerium, sondern die Bundesimmobiliengesellschaft eingeladen hat, eine sehr interessante und gut funktionierende Gesellschaft, die aber nicht im Einflußbereich des Innenministers ist.

Sie haben außer dem Ressortverantwortlichen nur den Bürgermeister von Traiskirchen eingeladen, und der Bürgermeister von Traiskirchen hat es halt nicht als seine Aufgabe gesehen, die politischen Vertreter einzuladen, was ich im nachhinein bedauere. Ich habe mir für die Zukunft vorgenommen, auch bei Einladungen, die über die Bundesimmobiliengesellschaft gehen, sehr darauf zu achten, daß politische Vertreter aller Parteien eingeladen werden. Aber ich bin stolz darauf, daß Bundesrat Schöls bei der Sicherheitsakademie dies als einziges mit weinendem Auge betrachtet, mit allem anderen jedoch einverstanden ist.

Das ist für mich auch deshalb so wichtig, weil die Landesparteigeschäftsführerin der ÖVP Niederösterreich einige Tage davor in einer pamphletartigen Aussendung vom Innenminister die Sicherheitsakademie eingefordert hat. Ich glaube, daß allein das schon zeigt, wie wichtig und notwendig es ist, daß diese Grundsteinlegung endlich erfolgt ist und daß wir mit der heutigen Beschlußfassung auch die rechtliche Grundlage dafür schaffen.

Zur Frage der Gemeindewachekörper möchte ich sagen, daß das eine sehr wichtige Unterstützung für die Arbeit der österreichischen Exekutive ist – auch Bundesrat Schöls hat es so gesagt –: 1 500 Leute kreuz und quer im Bundesgebiet verstreut, vor allem aber im Bundesland Vorarlberg. Eigentlich war vorgesehen, daß diese Gemeindewachekörper im Rahmen der Bundesstaatsreform zusätzliche Kompetenzen erhalten sollen. Die Bundesstaatsreform ist leider nicht vollzogen beziehungsweise umgesetzt worden. Trotzdem habe ich in dieser Sicherheitspolizeigesetz-Novelle, wie ich es vor einem Jahr in diesem Haus versprochen habe, die rechtliche Stellung der Gemeindewachekörper verbessert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schlußendlich möchte ich sagen, daß das Thema "erweiterte Gefahrenerforschung" ein Thema für Pharisäer ist, und zwar deswegen, weil sich zwar alle politischen Parteien – abgesehen von den Grünen und den Liberalen, die entschieden dagegen sind – zur erweiterten Gefahrenerforschung bekennen, aber letztlich der Innenminister mit diesem seinem Anliegen alleingelassen geworden ist. Es hat weder in meiner eigenen Partei ein gestiegenes Interesse daran gegeben, die erweiterte Gefahrenerforschung jetzt noch durchzubringen, noch hat ein Interesse daran in der Österreichischen Volkspartei bestanden, die das sehr bewußt an die Reform der Militärnachrichtendienste gekoppelt hat, was auch ich für notwendig halte – das sage ich gleich dazu –, noch hat die Freiheitliche Partei ein Interesse daran gezeigt, denn diese wollte im Nationalrat zur Behandlung des Sicherheitspolizeigesetzes einen Unterausschuß einsetzen, und wenn das der Fall gewesen wäre, dann gäbe es heute keine Beschlußfassung der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle, sondern wahrscheinlich erst in der neuen Legislaturperiode.

Ich glaube, daß es notwendig und wichtig wäre, daß alle politischen Parteien vom Lippenbekenntnis zur Tat übergehen und sich dessen bewußt werden, daß die erweiterte Gefahrenerforschung extrem wichtig ist.

Worum geht es bei der erweiterten Gefahrenerforschung? – Es geht dabei darum, daß die österreichische Exekutive, vor allem die staatspolizeilichen Organe der österreichischen Exekutive, die Möglichkeit haben, gegenüber politischen oder anderen Gruppen innerhalb unserer Gesellschaft, die keinen Straftatbestand gesetzt haben, trotzdem Ermittlungen, Observationen durchzuführen, wenn die Möglichkeit oder die Gefahr oder Indizien für kommende Straftaten bestehen. Angesichts der Bedrohungen, die aus dem Ausland in immer stärkerem Maße nach Österreich überschwappen, angesichts der gesamten Ereignisse rund um die Kurden-Proble


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matik und die Verhaftung von Öcalan und angesichts der Ereignisse im Kosovo halte ich es für sehr wichtig, daß die österreichische Exekutive die Möglichkeit zur Vorsorge vor absehbaren Bedrohungen hat. Daher glaube ich, daß die erweiterte Gefahrenerforschung sehr wichtig ist.

Natürlich bedarf es dazu einer entsprechenden Kontrolle. Diese sehen wir in Form eines Rechtsschutzbeauftragten vor. Eine erweiterte Gefahrenerforschung soll nur dann stattfinden, wenn die Exekutive das entsprechende Projekt der Justiz, dem Rechtsschutzbeauftragten vorlegt und wenn es auch eine begleitende Kontrolle gibt. Ich glaube, daß damit der Rechtsschutz in hohem Maße gewährleistet ist. Ich bitte den Bundesrat, mich in meinen Ambitionen zu unterstützen, daß in der neuen Legislaturperiode die erweiterte Gefahrenerforschung Wirklichkeit wird.

In diesem Sinne herzlichen Dank für das zum Teil sehr große Lob zu dieser Novelle, und ich werde mich bemühen, jene Punkte, die von den politischen Parteien als mangelhaft angezeigt worden sind, als kommender alter und neuer Innenminister in der nächsten Legislaturperiode zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.06

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden (1854 und 2052/NR sowie 6026/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich erstatte den Bericht des Finanzausschusses. Der Vizepräsident hat den Titel des Beschlusses schon vorgelesen. Ich bringe nur mehr den Antrag des Finanzausschusses:

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, möchte ich die mittlerweile im Hause erschienene Sozialministerin Frau Eleonora Hostasch begrüßen.


Bundesrat
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Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile es ihm.

13.07

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Der Herr Innenminister hat vorhin gesagt, daß er vorhat, noch lange im Amt zu bleiben, obwohl es doch so ist, daß nach der Wahl eine neue Regierung gebildet wird. Aber es ist natürlich ein absolut legitimes Ziel, der eigene Nachfolger zu werden, und wir haben hier zur Kenntnis genommen, daß Herr Innenminister Schlögl sein eigener Nachfolger werden möchte.

Zu dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates betreffend das Glücksspielgesetz möchte ich ganz kurz ausführen, daß es dabei darum geht, dem Sport in Ankoppelung an die entsprechenden Lotterieumsätze mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Dabei soll die Untergrenze für die Jahre 2000 bis 2002 in der Größenordnung von 440 Millionen Schilling liegen, und die Obergrenze soll in den Jahren 2000 bis 2002 von 460 Millionen Schilling auf 500 Millionen Schilling steigen.

Ich glaube, daß ich in diesem Rahmen nicht darauf hinzuweisen brauche – wenn wir Sportberichte diskutieren, werden einzelne Leistungen angeführt –, welche ausgezeichneten Ergebnisse unsere Spitzensportler in den unterschiedlichsten Sportdisziplinen erzielen. Wir alle sind uns, so glaube ich, der wichtigen internationalen Wirkung der Leistungen unserer Sportler bewußt, vor allem was den Fremdenverkehr betrifft, wo sie als Botschafter unseres Landes sehr gut Bildnis abgeben, aber natürlich haben die Sportler auch eine Vorbildfunktion für die Jugend in unserem Land. Deshalb muß die Wichtigkeit des Sports natürlich auch darin seine Grundlage finden, daß die entsprechenden finanziellen Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden.

Wir von seiten der Österreichischen Volkspartei bekennen uns ganz klar und deutlich zum frei organisierten Sport in Österreich und gleichzeitig natürlich auch zur entsprechenden Zurverfügungstellung der Mittel für diesen Sport. Insoferne gibt es für uns über diesen vorliegenden Gesetzesbeschluß keine Diskussion, wobei natürlich anzumerken ist, daß es, sollte es gelingen, im Laufe der nächsten Legislaturperiode zu weitergehenden Förderungen für den Sport zu kommen, sehr sinnvoll wäre, diese Mittel direkt den Fachverbänden zukommen zu lassen, damit diese wirksame Maßnahmen treffen können, um beispielsweise geeignete Trainer und auch die entsprechenden Strukturen vorzufinden, die die Leistungen in unserem Sportumfeld in Österreich sicherstellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.10

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Horst Freiberger. Ich erteile es ihm.

13.10

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Vizepräsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die zu behandelnde Regierungsvorlage, mit der das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden, garantiert weiterhin eine gewisse Grundsubvention für den österreichischen Sport. Durch die Novellierung des Bundes-Sportförderungsgesetzes wird sichergestellt, daß bis zum Jahr 2002 – Kollege Himmer hat bereits darauf verwiesen – 500 Millionen Schilling pro Jahr nach dem Glücksspielgesetz für den Sport zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus ist in diesem Gesetz formuliert, daß durch die Erhöhung der Bundes-Sportförderungsmittel auch arbeitsmarktpolitische Akzente gesetzt werden sollen. Durch die Förderung der Dachverbände werden im wesentlichen die Errichtung, die Erhaltung und die Betreuung der Sportstätten gewährleistet. Dies ermöglicht vielen sportinteressierten Menschen die Ausübung einer sportlichen Betätigung.

Weiters werden die Fachverbände gefördert, die sich mit allen Formen des Leistungs- und Spitzensports beschäftigen. Die Aufgabenbereiche der Dach- und Fachverbände decken einen wesentlichen sozial- und gesundheitspolitischen Bereich ab und tragen in hohem Maße zur Ver


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besserung der Volksgesundheit bei. Ebenso haben die österreichischen Leistungen und Erfolge im Spitzensport Vorbildwirkung und sind Motivation für viele Menschen in unserem Land, sich sportlich zu betätigen.

Was den arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkt betrifft, haben sich die drei Dachverbände und der Österreichische Fußballbund bereit erklärt, mindestens die Hälfte der sich aus der Erhöhung der Bundes-Sportförderungsmittel ergebenden Mehreinnahmen in den Jahren 2000 bis 2002 zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und damit zu einer wesentlichen Verbesserung der Betreuung vor allem der Nachwuchssportler zu verwenden. Dies ist auch als Verpflichtung im § 9 Abs. 4 dieser Novelle festgeschrieben.

Meine Damen und Herren! In einer Zeit, in der die Vermittlung ideeller Werte und die Erziehung zu solidarischem Verhalten in der Gesellschaft immer schwieriger werden, sind Förderungen von selbstorganisiertem Sport von immenser Bedeutung. In den zirka 12 200 Sportvereinen in Österreich entstehen und festigen sich soziale Bindungen leichter als in vielen anderen Organisationen. Diese Vereine können Jugendlichen, aber auch benachteiligten und behinderten Menschen in unserer Gesellschaft auf Dauer sozialen Halt bieten. Der Sport, der außerdem fast sprachlos funktioniert, ist dafür erwiesenermaßen ein sehr geeignetes Mittel.

In einer zunehmend entsolidarisierten Gesellschaft bedeuten die Angebote der Sportvereine eine wichtige Gelegenheit zum sozialen Miteinander über Generationsgrenzen und soziale Schranken hinweg.

Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, mich im Namen meiner Fraktion bei allen Sportlerinnen und Sportlern, aber auch bei den Tausenden Funktionären und Mitarbeitern für ihre geleistete Tätigkeit im Sinne des österreichischen Sports zu bedanken. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß in den über 12 000 Sportvereinen Zigtausende Sportfunktionäre ehrenamtliche Leistungen erbringen, was ein Vielfaches der Sportförderung ausmacht. Es gibt dazu Schätzungen, die diese Tätigkeiten mit zirka 3 bis 4 Milliarden Schilling pro Jahr bewerten. Für diese großartigen Leistungen gebührt ihnen unser voller Respekt und große Anerkennung.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sport für alle als Ziel verpflichtet uns, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit der heute zu beschließenden Gesetzesvorlage werden diese Möglichkeiten wiederum verbessert. Es ist für den österreichischen Sport eine gute Lösung und ein entscheidender Schritt, verstärkt Anreiz zu Sportausübung zu geben. Die SPÖ-Bundesrätinnen und -Bundesräte werden dieser Gesetzesvorlage gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.15

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann. Ich erteile es ihm.

13.15

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden dem Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden, unsere Zustimmung erteilen, aber gestatten Sie mir ein paar kritische Anmerkungen dazu.

Es ist typisch für die tatsächliche Situation des Sportes in Österreich, daß anscheinend ohne parteipolitische Einflußnahme eine Sportförderung nicht möglich ist, wobei bis vor kurzer Zeit Ausgrenzungen von Sportvereinen – das ist bekannt –, die nicht so ganz in das großkoalitionäre Konzept passen, gang und gäbe waren. In diesem Zusammenhang darf ich auf die jahrelange Diskriminierung der ÖTB Turnvereine hinweisen.

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Trennen Sie sich doch endlich von dieser unguten parteipolitischen Einflußnahme, die Sie über die Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und Union betreiben. Diese peinliche politische Geldverteilung führt in Wahrheit zu einer Entidealisierung des Sports, und es wundert mich eigentlich überhaupt nicht, daß sich unter Tausenden Ideali


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sten auch genügend Politfunktionäre befinden, die sicher kein Vorbild für unsere sportbegeisterte Jugend sind.

Daß durch diese Regierungsvorlage angeblich auch arbeitsmarktpolitische Akzente gesetzt werden, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen; das dürfte nur eine allgemeine Formulierungsfloskel sein. Es muß besonders in Vorwahlzeiten halt alles unter dem Titel "Arbeitsplätze" gesehen werden; das wird schon so sein.

Meine Damen und Herren! Warum wir Freiheitlichen dieser Vorlage trotzdem zustimmen, kann ich auch rasch und bündig erklären: Unsere sportbegeisterte Jugend erwartet sich selbstverständlich die notwendige Dotierung zur Sportausübung. Natürlich haben Tausende Idealisten unter den Funktionären das Recht auf entsprechende Rahmenbedingungen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch von dieser Stelle aus diesen Idealisten meinen Dank aussprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.17

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Sozialministerin Eleonora Hostasch. Ich erteile es ihr.

13.17

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Auch wenn ich heute hier in Vertretung des Herrn Bundesministers Edlinger zu Ihnen spreche und nicht in meiner politischen Funktion, in der ich für Gesundheits- und Beschäftigungsfragen verantwortlich bin, freue ich mich dennoch, hier die endgültige Beschlußfassung des vorliegenden Gesetzentwurfes mit Ihnen miterleben zu dürfen, denn dieses Gesetz trifft Vorsorge dafür, daß mehr finanzielle Mittel, nämlich ein erheblicher Budgetanteil, nicht nur für den Spitzensport, sondern in sehr hohem Maße auch für den Breitensport und nicht zuletzt auch für den Nachwuchs in unserer Jugend zur Verfügung gestellt werden. Damit wird sowohl für die Volksgesundheit als auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sehr viel getan. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, durch ein gesellschaftliches Zusammentreffen, sei es im sportlichen Bereich oder in anderen Vereinswesen, immer wieder dazu beizutragen, daß die Generationen miteinander in einen Dialog treten. Gerade der Sport hat nicht zuletzt den Ruf, zu verbinden.

Ich glaube, daß wir mit dieser Förderung sicherstellen, daß Österreich seine Spitzenleistungen und seinen Spitzenrang im internationalen Sportwesen wird halten können, und ich hoffe, daß sich gerade mit Hilfe dieser finanziellen Mittel in der großen Breitenwirkung auch immer wieder Spitzenkräfte herausentwickeln werden und ihre sportlichen Begabungen dementsprechend gefördert werden können.

Ich möchte aber auch den arbeitsmarktpolitischen Effekt dieser Förderung hervorstreichen. Die Arbeit der verschiedenen Sportvereine würde nicht funktionieren, wenn nicht hauptamtlich beschäftigte Personen zusammen mit ehrenamtlich tätigen Funktionären diesen wichtigen Bereich betreuen und entsprechend zur Verfügung stehen würden. Dadurch wird auch ein arbeitsmarktpolitischer Effekt erzielt, und das ist zu begrüßen. Wir verweisen nicht zu Unrecht darauf, daß uns in Österreich in der Beschäftigungspolitik sehr viel gelungen ist und wir im europäischen Vergleich deutlich bessere Arbeitsmarktdaten aufweisen.

Ich möchte hier doch unterstreichen, daß es sich manche Vereine beziehungsweise Fachverbände nicht gefallen lassen würden, in Parteiecken gestellt und unter Proporz subsumiert zu werden. Da stehen Engagement und Idealismus im Vordergrund, da gibt es keine parteipolitische Präferenz. (Bundesrat Weilharter: Die Dachverbände schon!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Trotzdem glaube ich, ist es gut, wenn sich Parteien auch klar zu einer bestimmten Aufgabe bekennen, und ich weiß für die Sozialdemokratie, für die ich besser sprechen kann als für andere Parteien, daß es gerade sie mit großem Engagement macht, ihren Schwerpunkt auf den Breitensport legt und – das möchte ich auch betonen – die verschiedenen Interessen und auch Talente und Begabungen unterstützt.


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In diesem Sinn, sehr geschätzte Damen und Herren, freue ich mich, daß gerade für die Verbände, für die Vereine mit diesem Gesetz auch eine bessere Planbarkeit möglich gemacht wurde, weil dadurch auch eine mittelfristige Sicherstellung für die Finanzierung gegeben ist. Wir alle wissen, wie schwierig es ist, in Organisationen, in Vereinen eine mittelfristige Budgetierung so vorzunehmen, daß die Tätigkeit der jeweiligen Organisation auch gesichert ist.

Ich freue mich daher, zu sehen, daß von seiten des Bundesrates volle Unterstützung für dieses Gesetz gegeben ist. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) (1761 und 2050/NR sowie 6027/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12) (1762 und 2051/NR sowie 6028/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds, ADF VIII, und

ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation, IDA 12.

Die Berichterstattung über die Punkte 8 und 9 hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds, ADF VIII, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.


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Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation, IDA 12, liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

13.24

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesordnungspunkt behandeln wir die Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds und die Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation.

Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe davon aus, daß Ihnen bekannt ist, daß für den ersten Bereich – für die ADF, die 8. allgemeine Wiederauffüllung – seitens Österreichs 363 Millionen und einige hunderttausend Schilling und für den zweiten Bereich – die IDA, also die Internationale Entwicklungsorganisation – zur 12. Wiederauffüllung 1,1 Milliarden Schilling vorgesehen sind.

Wir Freiheitlichen haben uns nach reichlicher Überlegung entschlossen, diesen beiden Tagesordnungspunkten nicht die Zustimmung zu geben. Wir wissen, daß die afrikanischen Länder, denen diese Gelder zugute kommen sollten, zu den ärmsten Ländern der Welt gehören. Wir wissen aber auch, daß die Mittel, die Österreich insgesamt für Hilfeleistungen zur Verfügung stellen kann, nicht in einer derartigen Größenordnung vorhanden sind. Die Republik Österreich kann eben nur begrenzte Mittel ausgeben.

Wir fühlen uns dabei – so unangenehm es dem einen oder anderen sein mag – in guter oder schlechter Gesellschaft; das ist eine Frage der Betrachtung. Wir wissen, daß die Deutschen, die ehemals sehr viel Entwicklungshilfe geleistet haben, die Dänen und die Norweger im Rahmen allgemeiner Sparmaßnahmen ihre Hilfen streichen oder kürzen mußten. Wir kennen die Worte des Administrators der UN-Hilfsorganisation, Marc Mulloch-Brown, der resignierend feststellt, daß es doch bedauerlich wäre, wenn die Armen in Afrika für den Aufbau der Balkan-Region mitzahlen müßten. – Ja, meine Damen und Herren, indirekt ist es eigentlich so, und es spielt sich wie so oft im Leben – auch im familiären Bereich, aber auch im Bereich der Politik – so ab, daß einem der Rock näher als der Mantel und das Leibchen näher als der Rock sind.

Wir müssen daher zur Kenntnis nehmen, daß wir aus diesen Gründen – weil gerade Österreich sehr viel Hilfe für den Balkan, für die Nachbarstaaten leistet – diese Hilfe für Afrika nicht leisten können.

Wir müssen aber auch feststellen, daß die Vereinigten Staaten ihre Hilfeleistungen zurückgenommen haben, daß die Vereinigten Staaten – das reichste Land der Welt, der Weltpolizist Numero 1, welches Millionen und Milliarden Bomben gerade in den Balkan auf Grund gesetzt und Zerstörungen bewirkt hat – das Schlußlicht an internationaler Hilfeleistung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, bildet, nämlich mit 0,2 Prozent.


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Warum diejenigen, die es so "dick" haben, so viel weniger geben als jene, die – wie Österreich – sich redlich bemühen, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, steht heute nicht zur Debatte.

Wir erkennen aber auch, daß die jahrelange Hilfe, die die internationale Gemeinschaft gerade in Afrika geleistet hat, aus Gründen, die hier zu diskutieren derzeit den Rahmen sprengen würden, schlecht greift. Vielleicht ist der Grund dafür der, den der Schweizer Soziologe Hans-Joachim Hoffmann-Novotny auf der Fuschler Tagung unter dem Titel "Ökumene im Widerspruch" genannt hat: Nicht die Propagierung der Gleichheit, sondern die differenzierende Anerkennung der Verschiedenheit sei die Voraussetzung für Befriedung und Einheit der Völker, der Menschen. – Vielleicht kann man das verstärken, indem wir sagen: In Würde sind wir alle gleich, aber in unserem Verhalten sind wir so verschieden geprägt, daß das Aufdrängen – auch das wurde bei der Tagung in Fuschl gesagt – der westlichen Doktrinen des freien Marktes und der unbegrenzten Dienstleistungen große Konsequenzen in Bereichen haben, die nicht den gleichen historischen Hintergrund haben, wie wir ihn zu haben meinen.

Wir glauben daher, daß es wichtiger ist, die begrenzten Mittel, die Österreich an Hilfe zur Verfügung stellen kann, jenen Bereichen zur Verfügung zu stellen, denen wir nahe, nachbarschaftlich nahe, sind, sodaß wir auch einen gewissen Einfluß auf die Verwendung der Mittel haben können. Wir haben keinen Einfluß, wenn es im fernen Afrika ausgegeben wird und dort zur Bezahlung von Beratern, die vom Ausland aufgedrängt werden, von sogenannten "Technical assistants", verwendet wird, oder wenn die "Technical assistance" nur zur Ausspähung der wirtschaftlichen Filetstücke dient, sodaß jene Länder am Schrott sitzenbleiben, während die Filetstücke von ausländischen Gruppen aufgekauft werden.

Wir wollen uns dem nicht anschließen. Wir hoffen, daß unser Geld in unserer Nachbarschaft gut aufgehoben ist und zum Aufbau der Nachbarschaft beiträgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.31

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. Ich erteile es ihm.

13.31

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege! Sie waren leider bei den Ausschußberatungen nicht dabei. Das zeigt wahrscheinlich auch, was für ein Anliegen Sie in Wirklichkeit mit der Materie verbindet. Dort hätten Sie nämlich erfahren können, daß genau das, was Sie jetzt bezüglich der Hingabe des Geldes und des effizienten Einsatzes gesagt haben, sehr eindrucksvoll von den Vertretern des Finanzministeriums dargestellt wurde. Es wurde aufgezeigt, wie effizient die Hingabe dieser Mittel, die zweifellos noch anzusprechen sind – das werde ich auch noch tun –, erfolgt.

Der Vertreter des Ministeriums hat in einer, wie ich meine, vorbildlichen Art darauf hingewiesen, daß es früher in diesem Zusammenhang Schwachstellen gegeben hat und man sich eben aufgrund dieser Tatsache sehr bemüht hat, eine Verbesserung zu erreichen. Derzeit ist eine Erfolgsquote von über 80 Prozent gegeben, sodaß wir über die kompetenten Vertreter Österreichs – wir stellen dort auch einen Exekutivdirektor – wissen, was projektmäßig dort tatsächlich gemacht wird.

Das läßt mich jetzt zu einem anderen Punkt kommen, denn das ist für mich schon eine Frage einer gewissen Geisteshaltung, die Sie hier auch sehr eindrucksvoll dokumentiert haben. Es gibt so etwas wie eine internationale Solidarität, Herr Kollege und meine Damen und Herren der Freiheitlichen Partei, und innerhalb dieser Solidarität haben Sie zwei Möglichkeiten: solidarisch zu sein oder Schritte zu setzen, die Sie in die Isolation bringen. Sie gehen den Weg der Isolation. Ob das richtig ist, wage ich zu bezweifeln. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist lächerlich, was Sie da sagen!)

Wenn Sie darauf hinweisen, daß man eher vor Ort etwas machen muß, dann kann ich Ihnen nur sagen: Schauen Sie sich die vorbildliche Haltung der österreichischen Bevölkerung an, die im


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Rahmen der Aktion "Nachbar in Not" sehr wohl bewiesen hat, was sie bereit ist, im Sinne einer Solidarität zu leisten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Das sind ja die Länder, von denen er sprach!)

Sie brauchen sich keine Gedanken über internationale Fonds machen, bei denen geregelt und sichergestellt ist, daß die Mittel so vergeben werden, daß Sie ruhig schlafen können. Sie glauben, daß Sie sich von einer internationalen Solidarität abkoppeln und einfach das machen können, was Sie sich vorstellen. Das stellen Sie sich so vor, das mag durchaus so sein. Ich glaube, daß es viel wichtiger ist, im Rahmen einer internationalen Solidarität diese Mittel auszugeben, wenngleich man aber schon wissen muß, wie sie ausgegeben werden. Das wurde im Ausschuß sehr eindrucksvoll nachgewiesen, und daher wird die Fraktion der Österreichischen Volkspartei dem auch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.34

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Johann Kraml. Ich erteile es ihm.

13.34

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesrat Gudenus hat den Spruch mit dem Rock und dem Mantel zitiert, daher möchte ich ihm sagen, daß man im Leben auch den Mantel nicht vergessen darf (Bundesrat Konecny: Im Sakko wird es manchmal sehr kalt!) , sonst wird einem sehr oft sehr kalt.

Meine Damen und Herren! Österreich leistet 1,5 Milliarden Schilling für diese beiden Fonds. Wir sind eines der reichsten Länder, und ich glaube, es ist unsere moralische Verpflichtung, auch da unseren Beitrag zu leisten. – Die SPÖ wird daher diesem Gesetz die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.35

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Als nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Sozialministerin. – Bitte.

13.35

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir aus meiner Sicht auch noch ein paar Bemerkungen gerade zu den beiden letzten Wortmeldungen, die ich unterstreichen möchte, zu machen.

Ich würde es beschämend finden, wenn sich Österreich aus dieser moralischen Verpflichtung, aus dieser internationalen Solidarität heraushalten würde, vor allem wenn sich zum Beispiel Schwellenländer wie Brasilien, China, Indien, Korea und selbst die Republik Südafrika an dieser internationalen Solidarität beteiligen. Ich glaube, es kann nicht unser Selbstverständnis sein, uns nicht in diese internationale Solidarität einzubringen.

Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, daß auch eine durchaus verwaltungsökonomische und damit kostengünstige Form gefunden wurde, um den Ärmsten zu helfen und entsprechende Unterstützung zu leisten. Ich glaube daher, daß es richtig ist, wie bereits gesagt wurde, daß alle Projekte, alle Mittelverwendungen immer wieder evaluiert werden und Management und Vorstand die Verantwortung übertragen bekommen haben, diese Evaluierungen auch vorzunehmen. (Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich an das heutige "Morgenjournal" denke, sehr geschätzte Damen und Herren, in dem von einer Studie darüber berichtet wurde, wie sich die Wählerschaft der einzelnen Parteien zu dem Begriff Solidarität verhält und was sie unter Solidarität versteht, dann muß ich sagen, Herr Bundesrat Gudenus, daß das, was Sie heute aus der Sicht Ihrer Partei sagen, nicht identisch ist mit dem, was – zumindest nach dieser Studie – Ihre eigene Wählerschaft denkt, denn diese ist nach diesem Ergebnis ein besonders solidarischer Teil unserer Bevölkerung.


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Ich glaube, daß es im Sinne Österreichs ist, wenn wir uns international solidarisch verhalten. Es war leider auch Österreich schon auf internationale Solidarität angewiesen, und ich hoffe, daß unser Land immer in der Lage sein wird, anderen zu helfen, statt auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.37

Präsident Jürgen Weiss: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956) (1651 und 2055/NR sowie 6029/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung: Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956) liegt Ihnen in schriftlichen Form vor.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hans Ager. Ich erteile es ihm.


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13.39

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Gestatten Sie mir am Beginn ein paar persönliche Worte, nachdem ich heute das erste Mal hier stehen darf.

Ich bin ein sehr gefühlsbetonter Mensch und habe mich in letzter Zeit mit vielen Dingen beschäftigt. So stört es mich beispielsweise ganz gewaltig, wenn ich das so sagen darf, wer aller ungestraft auf dem Bundesrat "herumtrampeln" darf. Das ist einmal das eine. Ich glaube, da werden wir uns formieren müssen, und zwar alle miteinander, um uns vom Nationalrat und auch von den Ländern das zu holen, was uns zusteht. Wir müssen das, wie ich schon gesagt habe, gemeinsam tun.

Wie wir das machen sollen, das weiß ich allerdings nicht. Das müssen wir miteinander erarbeiten. Was ich allerdings schon weiß, ist, daß wir nach fünf Jahren hier im Bundesrat mit Sicherheit daran gemessen werden, was wir getan und weitergebracht haben, und nicht daran, wie lange wir darüber geredet haben. Das ist jetzt ein Seitenhieb auf die heutige Rednerliste. Wahrscheinlich muß ich mich als Tiroler erst daran gewöhnen.

Das möchte ich hier in den Raum gestellt haben. Ich komme aber jetzt schon zum gegenständlichen Tagesordnungspunkt, bevor ich mir einen Rüffel einhandle, Herr Präsident!

Bei der Regierungsvorlage betreffend Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge handelt es sich um eine reine Anpassung auf wirtschaftlicher Basis. Dieses Übereinkommen der Länder sieht den völligen Verzicht auf die Einhebung von Eingangsabgaben bei Fahrzeugen vor, die infolge Zerstörung und unwiederbringlichen Verlusts durch höhere Gewalt nicht wieder ausgeführt werden können.

Daneben sieht das Abkommen aber auch die Befreiung von der sonst in Österreich üblichen Einfuhrumsatzsteuer vor. Ich denke, in Zeiten von offenen Grenzen und gemeinsamen Märkten ist diese Harmonisierung notwendig.

Da das Abkommen einen Staatsvertrag darstellt, keine Erlassung von Gesetzen erforderlich macht und der Nationalrat einstimmig seine Zustimmung dazu gegeben hat, bin ich der Meinung, daß wir dies auch tun sollten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.42


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Präsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 über eine Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich (1836/NR sowie 6030/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung: Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 über eine Änderung der Anhänge I und II des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag:

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Christof Neuner. Ich erteile es ihm.

13.43

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union müssen viele Gesetze hinsichtlich ihrer EU-Konformität adaptiert werden. Wir haben in den letzten Monaten viele solcher Gesetzesvorlagen behandelt und, wie ich meine, bei einigen davon zu schnell entschieden, ohne wirklich auf die Betroffenen zu hören und ihre Anliegen zu berücksichtigen. Ich denke zum Beispiel an die doppelte Preisauszeichnung, die in der letzten Sitzung des Bundesrates beschlossen worden ist.

Oft habe ich beim Lesen einzelner Gesetzesvorlagen das Gefühl, daß sich hier einige Ministerialbeamte austoben; sie sind, wie der Volksmund sagt, ein spanisches Dorf für mich.

Ich warne davor, daß Österreich zu oft den Musterschüler spielt und um jeden Preis die Vorreiterrolle einnimmt, während die anderen Staaten der Europäischen Union durch individuelle Einschränkungen und eigenständige Vorschriften ihren Markt schützen. Wir brauchen keine zusätzliche Verschärfung und keine Ausweitung der Bürokratie.

Dagegen sind die vorgegebenen EU-Richtlinien oft verständlich, einfach, und man kann ihre Durchführbarkeit logisch nachvollziehen. Diesbezüglich muß auch ein Umdenken bei uns in Österreich stattfinden.

Beim vorliegenden Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 über eine Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen kommen wir ohne Fleißaufgaben aus. Die Änderung der Anhänge stellt eine Anpassung der seit 1972 praktisch unveränderten Bestimmungen betreffend internationale Normen und Fertigungstechniken dar.

Im wesentlichen handelt es sich um die Erweiterung der zulässigen Feingehalte für Silber-, Gold- und Platinwaren gemäß den gültigen ISO-Normierungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden. Auf das mögliche Einspruchsrecht verzichten wir Freiheitliche.

Dessen ungeachtet gibt es seit einiger Zeit Bestrebungen, durch Zulassung der Punzierung durch die jeweiligen Hersteller der Edelmetallerzeugnisse eine vordergründige Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens herbeizuführen. Tatsache ist aber, daß durch den Wegfall der routinemäßigen amtlichen Kontrolle dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet wäre, was nicht im


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Interesse der Konsumenten, aber auch nicht im Interesse der ehrlichen Hersteller und Händler von Edelmetallprodukten sein kann.

Darum haben wir freiheitlichen Bundesräte einen Entschließungsantrag eingebracht, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Mag. Christof Neuner und Kollegen betreffend Sicherung des Qualitätsnachweises "Punzierung"

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß Punzierungen auch in Hinkunft ausschließlich durch das Punzierungsamt durchgeführt werden dürfen und damit der Qualitätsnachweis zweifelsfrei erhalten bleibt."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.46

Präsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Mag. Neuner und Kollegen soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Ich erteile Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch das Wort. – Bitte.

13.47

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir nur eine kurze Bemerkung zu diesem Debattenbeitrag des Herrn Bundesrates. Ich möchte unterstreichen, daß wir gut beraten sind, wenn es um Anpassungen an EU-Richtlinien geht, nicht Übererfüllungen vorzunehmen oder Vorzugsschüler sein zu wollen, wenn es nicht auch aus österreichischer Sicht sinnvoll ist, besondere Schwerpunkte zu setzen oder auch ein besonderes Tempo für die Umsetzung von bestimmten Richtlinien an den Tag zu legen.

Ich glaube, Sie werden heute noch ein Gesetz beraten, mit dem wir etwas in Kraft treten lassen, was im Rahmen der Europäischen Union erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft tritt.

Wenn aber zum Beispiel in den letzten Tagen über die Anpassung der EU-Bauarbeitenkoordinationsrichtlinie diskutiert wird, dann möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen, daß es bei dieser Richtlinie zu keiner Übererfüllung kam, daß wir keine besondere Vorzeige- oder Vorreiterrolle eingenommen haben, sondern sehr genau zu differenzieren versucht haben, was unbedingt notwendig ist und was eher nicht notwendig ist, wobei uns auch die in Deutschland gemachten Erfahrungen genutzt haben, wo diese Richtlinie bereits seit vielen Jahren in die Praxis umgesetzt worden ist.

Es sind dadurch keine negativen Auswirkungen für private Haushalte zu erwarten. Ich möchte aber trotzdem sagen, daß es nicht nur – dorthin zielt das Bauarbeitenkoordinationsgesetz – bei großen Baustellen zum Vorteil des Auftraggebers, zum Vorteil der Unternehmungen und zum Vorteil der Arbeitnehmer, was die Unfallverhütung betrifft, ist und daß auch ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) – Glauben Sie bitte den Erfahrungen, die auch Deutschland gemacht hat. Dort ist es nachgewiesen zu Kosteneinsparungen durch den Baukoordinator gekommen. Wo es gewünscht ist ... (Bundesrat Dr. Maier: Da brauche ich nicht den Gesetzgeber! Wirklich nicht!)

Es ist dies aber absolut sinnvoll, gerade im Hinblick darauf, daß die Zahl der Unfälle am Bau überproportional hoch zur Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich ist. Ich glaube daher, daß


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bei diesem Gesetz eine maßvolle Lösung gefunden wurde, auch wenn es jetzt nicht Gegenstand der Beratung ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Bei dem jetzt diskutierten Übereinkommen handelt es sich nicht um eine EU-Richtlinie, sondern um ein weit darüber hinausgehendes Übereinkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.49


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Präsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Neuner und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Sicherung des Qualitätsnachweises "Punzierung" vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist daher abgelehnt.

12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden (1765 und 2025/NR sowie 6031/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden.

Ich bitte Herrn Bundesrat Alfred Schöls, den Bericht zu erstatten.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden, bringen und darf Ihnen mitteilen, da der Bericht schriftlich vorliegt, daß der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag stellt, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Ich darf bitten, die Debatte zu eröffnen und nach deren Erledigung die Abstimmung darüber durchzuführen.

Präsident Jürgen Weiss: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich mitteilen, daß wir keinen Widerspruch zur Geschäftsordnung sehen würden, wenn sich die Herren ihrer Sakkos entledigen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile es ihm.

13.52

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle tangiert und umfaßt eine ganze Fülle von Gesetzen, sie hat eigentlich nur ein Ziel: Weil auf die sogenannten ausgegliederten Bereiche aus dem öffentlichen Dienst, in diesem Fall also auf die Post, das Beamtendienstrecht nicht 1 : 1 beziehungsweise gar nicht umlegbar ist, versucht man von seiten der Koalition natürlich, diesen ausgegliederten Bereichen und dort wieder nur einer bestimmten Gruppe den Beamtenstatus zu übertragen. Meine Damen und Herren! Daher ist das der Versuch, in einem Federstrich das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Gehaltsgesetz, die Reisegebührenvorschrift und das Bundesfinanzgesetz zu novellieren.

Den Beschäftigten in diesen ausgegliederten Bereichen, vor allem bei der Post, geben Sie das Gefühl, daß sie den Beamtenstatus erhalten, aber es werden nicht alle davon betroffen sein, sondern leider wieder nur jene Gruppe – das ist die kleinere – der mittleren und höheren Einkommensbezieher. Direkt davon betroffen ist die Masse der Postbediensteten nicht. Der sogenannte Postler, wenn Sie gestatten, wird daraus keinen Vorteil oder Nutzen ziehen können.

Meine Damen und Herren! Ein Poststrukturgesetz müßte viel mehr neue Akzente setzen, und ich denke, es hätte durch dieses Gesetz für die Betroffenen auch ein leichterer Zugang zu ihren Interessen gewährleistet werden müssen. Ich denke zum Beispiel an die Selbstbestimmung im Hinblick auf die Personalvertretung. Es ist nach wie vor so, daß das Poststrukturgesetz beziehungsweise die Post-Betriebsverfassung kleineren Gruppen oder überparteilichen Gruppen nicht ermöglicht, als Belegschaftsvertreter zu kandidieren, weil für diese Gruppen die Quoten nach wie vor höher festgesetzt sind als für andere.

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir erwartet, daß bei einer Strukturreform auch darauf eingegangen wird. Ich hätte mir von einem Strukturgesetz auch erwartet, daß vor allem auf die Rationalisierung innerhalb der Post eingegangen wird. Sie alle wissen, daß die Rationalisierungen im Bereich der Post zu Lasten der Mitarbeiter durchgeführt werden und es zu eklatanten, großen Personaleinsparungen kommt. Immer weniger Bedienstete haben immer mehr Aufgaben zu erfüllen oder zumindest jene Aufgaben zu erfüllen, die bisher eine größere Gruppe erledigt hat. Ein Strukturgesetz hätte nach freiheitlicher Auffassung darauf abzielen und eingehen müssen. Das ist aber nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Ein Poststrukturgesetz müßte aber auch berücksichtigen, daß die wenigen Mitarbeiter, die dort noch beschäftigt sind, auch immer mehr Aufgaben übertragen bekommen. Es wird nicht mehr nur der Postverkehr im klassischen Sinne bewerkstelligt, sondern es wird von den Postbediensteten auch der Verkauf von Produkten abgewickelt, beginnend von den Brieflosen bis zu verschiedensten Musik- und Elektronikartikeln. Diese Aufgaben sind diesen Leuten übertragen und zum Teil auch angeordnet worden. Darauf hätte ein Poststrukturgesetz auch Bedacht nehmen müssen.

Meine Damen und Herren! Aber ein Poststrukturgesetz und vor allem ein Post-Betriebsverfassungsgesetz müßten auch dafür sorgen, daß Klarheit für die Dienstnehmer innerhalb der Post geschaffen wird, denn aufgrund der Ausgliederung werden Dienstverhältnisse für kleinere Bedienstete jetzt nur mehr zeitlich begrenzt, das heißt befristet, geschlossen, diese befristeten Verträge werden immer wieder verlängert, wodurch der Dienstgeber seine sozialen Verpflich


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tungen umgeht. Ein Strukturgesetz hätte zumindest die Gewißheit schaffen müssen, daß dieses befristete Dienstverhältnis nach mehreren Befristungen – über die Zahl könnte man reden, wir könnten uns vorstellen, daß das nach zwei Verlängerungen passiert – in ein unbefristetes übergeht.

Meine Damen und Herren! All diese Dinge fehlen in dieser Vorlage. Das veranlaßt natürlich meine Fraktion, daß wir diesem vorliegenden Entwurf, der nur einer kleinen Gruppe der Postbediensteten quasi einen Beamtenstatus verleiht, unsere Zustimmung nicht geben werden.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie es mit einer Reform im Bereich der Post ernst meinen würden und wenn Ihnen die kleineren Einkommensbezieher in der Post ein ernstes Anliegen wären, dann hätten Sie darauf Rücksicht genommen. Wenn Ihnen nicht nur die Gruppe der besser Verdienenden ins Auge gesprungen wäre, dann hätten Sie mit dieser Novelle auch auf die Gruppe der weniger Verdienenden abgezielt und eine umfassende Strukturreform innerhalb des Postgesetzes gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.58

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Horst Freiberger das Wort. – Bitte.

13.58

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kollege Weilharter! Zu dir möchte ich nur sagen: Thema verfehlt! Diese heutige Materie beschäftigt sich mit etwas anderem, aber ich komme dann noch darauf zu sprechen. Vielleicht ganz kurz noch zu deinen Anmerkungen über die Zustände in der Post oder dazu, wie es den Beschäftigten dort geht:

Ich kann dir nur versichern und sagen, daß es eine starke Gewerkschaft dieser Berufsgruppe und vor allem sehr gute Personalvertreter und Betriebsräte in diesem Bereich immer wieder zuwege bringen, für die Bediensteten sehr gute Regelungen zu schaffen. Das zeigt auch die sehr hohe Zufriedenheit der Beschäftigten, trotzdem der Druck, was die Tätigkeit betrifft, immer stärker wird. Aber durch die Ausgliederungen und durch die Privatisierung im Bereich der Post sind natürlich auch andere Maßstäbe anzulegen. Genau das ist eine politische Forderung gewesen, die die FPÖ immer erhoben hat. Jetzt hier zu sagen, die dort Beschäftigten dürfe man diesen härteren Bedingungen nicht aussetzen, das ist eine doppelbödige Bemerkung.

Wir stehen auf dem Standpunkt, vor allem die sozialdemokratischen Gewerkschafter – das haben die letzten Gewerkschafts- und Personalvertretungswahlen bei der Post wieder eindeutig unter Beweis gestellt, denn sie haben wieder zulegen können ... (Bundesrat Weilharter: Weil Sie andere Gruppen nicht zulassen!) – Nein, wir haben die Wahlen gewonnen, nicht die freiheitlichen Arbeiter oder diese witzige neue Gewerkschaft, die da gegründet wurde! Die sozialdemokratischen Gewerkschafter haben diese Gewerkschafts- und Personalvertretungswahl gewonnen. (Bundesrat Dr. Bösch: Das liegt nicht an der Gewerkschaft, sondern an der Personalpolitik der Post!) Das zeugt doch von einer gewissen Akzeptanz der Mitarbeiter in der Post ihrer Vertretung und mehrheitlich der sozialdemokratischen Vertretung gegenüber. Diese Personalvertretungswahlen sind noch nicht sehr lange her, sie waren erst vorigen Herbst. So lange ist das also noch nicht her. (Bundesrat Dr. d′Aron: Und jetzt kriegen Sie die Rechnung präsentiert!) – Welche Rechnung? – Es gibt keine Rechnung, sondern es kommt hier zu einer weiteren Verbesserung. Sie sollten sich die Vorlagen ein bissel genauer anschauen.

Resümierend dazu: Nur Keile da hineinzutreiben, ist sicher der total falsche Weg. Ich gebe dir recht, daß die Bedingungen härter werden, aber durch die starke Organisation und durch die gute Personalvertretung gelingt es immer wieder, ordentliche Regelungen für die Bediensteten der Post zustande zu bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun möchte ich mich mit der Novelle des Poststruktur- und des Post-Betriebsverfassungsgesetzes beschäftigen.


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Durch diese Novelle wird es der PTA in Zukunft möglich sein, auf Verordnungsebene Regelungen zu treffen, die vom Beamtendienstrecht abweichen. Ebenso werden die Beamten der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung in eine gesonderte Besoldungsgruppe, in das sogenannte PF-Schema, übergeführt. Mit dieser neuen Regelung kann die PTA mit ihren ausgegliederten Betrieben sehr flexibel auf wirtschaftliche Gegebenheiten reagieren. Es werden Möglichkeiten geschaffen, einzelne Dienstrechtsvorschriften an die spezifischen Bedürfnisse solch ausgegliederter Einrichtungen anzupassen. Verbunden damit soll die Konkurrenzfähigkeit auf dem heimischen, aber auch auf dem internationalen Markt gestärkt werden.

Meine Damen und Herren! In diesem Entwurf ist zusätzlich noch die Regelung vorgesehen, daß das Konkurrenzverbot aus dem Angestelltengesetz auch auf die dem PT-Konzern zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten Anwendung findet.

Weiters wird der Versetzungsbegriff neu definiert, und Versetzungen an einen anderen Dienstort können nur noch erfolgen, wenn sie innerhalb des PT-Konzerns geschehen.

Darüber hinaus wird die Wartefrist für die außerordentliche Zulage und die Dienstalterszulage für die PT-Beamten um jeweils ein Jahr verkürzt.

Damit vermieden wird, daß für Beamte derselben Besoldungs- und Verwendungsgruppe ein unterschiedliches Dienst- und Besoldungsrecht gilt, ist es erforderlich, die Beamten der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung in eine gesonderte Besoldungsgruppe überzuführen. Für diese Besoldungsgruppe ist die Bezeichnung "PF-Schema" vorgesehen.

Meine Damen und Herren! Bezüglich der finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt möchte ich noch anmerken, daß man die Kosten der Umsetzung des Flexibilisierungspakets noch nicht abschätzen kann, da die künftige Gebarung der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft durch einzelne Verordnungsermächtigungen noch nicht vorhersehbar ist. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, daß für den Bund keine finanziellen Aktivitäten notwendig sind, da die Kosten für die PTA-Beamten dem Bund von der Post und Telekom AG ersetzt werden. Allfällige Auswirkungen auf den Pensionsaufwand des Bundes müssen durch die Beitragsleistung der Post und Telekom AG gedeckt sein.

Darüber hinaus sei hier angemerkt, daß die Post und Telekom AG einen monatlichen Betrag in der Höhe von 27,5 Prozent des Aufwandes der PTA-Beamten an den Bund zu leisten hat.

Hohes Haus! Abschließend möchte ich noch anmerken, daß diese geplanten Veränderungen in Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten und dem Dienstgeber ausgehandelt und vereinbart wurden. Im Sinne einer funktionierenden Sozialpartnerschaft werden diese neuen Regelungen einen zukunftsorientierten Betrieb ermöglichen. – Meine Fraktion wird daher diesem Gesetzentwurf gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.04

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. Ich erteile ihm das Wort.

14.04

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Ich brauche auf die maßgeblichen Bestimmungen, die diese Novelle zum Poststrukturgesetz bringt, nicht mehr einzugehen, denn das hat mein Vorredner schon getan, möchte aber doch sagen: Er hat recht, wenn er sagt, die Kosten des sogenannten Flexibilisierungspaketes seien nicht abschätzbar. Abschätzbar sind sie jedoch für die außerordentliche Zulage, für die die Wartezeit verkürzt wird, und die Mehrkosten werden in der Vollausbauphase zirka 70 Millionen Schilling jährlich betragen. Das nur als kleinen Nachtrag, nicht als Besserwisserei, da hier doch Kosten entstehen.

Wenn ein Unternehmen wie die Post von einem Staatsunternehmen zu einem Privatunternehmen wird, dann ist klar, daß viele Bestimmungen geändert werden müssen, um dem Unter


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nehmen eben jene Möglichkeiten zu geben, die es im freien Wettbewerb braucht. Aus diesem Grund wurde diese Novelle notwendig.

Es war auch wichtig, das vom Vorredner angesprochene Problem des Versetzungsschutzes klar zu definieren. Mein Parteikollege und Sprecher der Österreichischen Volkspartei in Sozialfragen Dr. Feurstein hat sich dafür sehr stark gemacht und auch durchsetzen können, sodaß Versetzungsschutz schlußendlich auch Versetzungsschutz bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den notwendigen Maßnahmen: Die Post wird sich ändern, muß sich ändern. Wenn man in den letzten Wochen die Meldungen der Medien verfolgt hat, weiß man, daß die Post nicht nur dieses Strukturgesetz braucht, sondern auch beabsichtigt, die Postämter völlig neu zu strukturieren, und bereits Gedanken in diese Richtung vorgebracht hat. Da habe ich schon große Sorgen. Denn wenn es dazu kommen sollte, daß einerseits Service-Postämter eingerichtet würden, die alles, was ein Postamt macht, auch in Zukunft machen, und andererseits kleinere Postämter in Dörfern, Märkten und Kleinstädten vielleicht nur noch zu Basis-Postämtern umgestaltet würden, die nicht mehr die volle Dienstleistung anbieten, dann wäre es eine natürliche Folge, daß die Kundenfrequenz bei einem verringerten Angebot auch sinkt. Daraus könnte dann der Gedanke abgeleitet werden, daß diese Postämter nicht mehr notwendig sind, sodaß es zu einer massiven Schließung von Postämtern käme. Das erfüllt mich mit Sorge, davor hätte ich Angst.

Speziell im ländlichen Raum ist es doch so – Freund Ledolter, ein Gastronom und Hotelier, ist anwesend, aber unsere anderen Gastwirte sind derzeit nicht hier –: Wenn in einem Dorf das letzte Wirtshaus schließt, dann fehlt – das wissen wir – im dörflichen Leben ein wesentliches Merkmal, ein Kommunikationspunkt. Ähnlich ist es, wie ich meine, bei einem Postamt: Wenn das Postamt schließt, dann schließt das letzte Wirtshaus – ich darf das so locker sagen – auch bald, weil niemand mehr in den Ort kommt. Wir müssen aufpassen, daß diese Überlegungen trotz aller Rationalisierungsmaßnahmen nicht übersehen werden. Es ist nicht immer das das Optimale, was einen Schilling mehr für die Bilanz bringt. Man muß gewisse Dinge auch im Zusammenhang mit der Gesamtstruktur des ländlichen Raums sehen. Bedauerlicherweise gibt es wieder einen verstärkten Trend zur Urbanisierung. Es wäre schlecht, wenn in unseren ländlichen Räumen die Arbeitsplätze verlorengingen und Strukturen entstünden, sodaß wir dann sehr viel Geld aufwenden müßten, um wieder gegenzusteuern. Das sollten wir im Auge behalten.

Dem Poststrukturgesetz, wie es jetzt vorliegt, können wir leicht – ich selbst mache es auch gerne – die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.08

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile ihm das Wort.

14.08

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Inhaltlich ist bereits alles gesagt worden, daher möchte ich nur noch zu den Ausführungen des Kollegen Weilharter folgendes sagen: Kollege Weilharter hat gemeint, das Post-Betriebsverfassungsgesetz ermögliche anderen politischen Gruppierungen bei Betriebsratswahlen und Personalvertretungswahlen keine Kandidatur. Das stimmt nicht!

Alle politischen Gruppierungen haben auch bei der Post die Möglichkeit, bei Personalvertretungswahlen beziehungsweise bei Betriebsratswahlen ihre Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen und sich um Mandate zu bewerben. Das hat auch die FGÖ probiert, sie hat aber leider kein Mandat bekommen, auch die AUF nicht; die freiheitlichen Arbeitnehmer haben aber da oder dort ein Betriebsratsmandat geschafft. Ich meine, daß es wichtig ist, daß man das hier hervorstreicht.

Es ist schon gesagt worden, daß es bisher ein Problem war, daß das auf die öffentliche Verwaltung zugeschnittene Beamtenrecht nicht flexibel genug war, um den wirtschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart Rechnung zu tragen.


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Die Kollegen Freiberger und Schaufler haben schon erwähnt, daß es doch möglich war, in den Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten und den Wirtschaftsverantwortlichen zu erreichen, daß auch in den neuen, künftigen Strukturen die Rechte und Ansprüche der Mitarbeiter geregelt und abgesichert sind. Das Ergebnis ist, so glaube ich, für beide Seiten vertretbar, umsetzbar, sodaß in der Zukunft darauf aufgebaut werden kann. Abschließend darf ich festhalten, daß dies ein weiterer Schritt ist, um einem zeitgemäßen Betrieb gestalten und auch den Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft gerecht werden zu können. Daher ist es für die sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräten leicht, wie Kollege Freiberger schon gesagt hat, dieser Novellierung die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.10

Präsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch. Ich erteile es ihr.

14.11

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! In der Debatte wurde schon festgehalten, daß die Ausgliederung von Unternehmen, die im Staatseigentum standen oder als Staatsunternehmen gegolten haben und dann neuen Anforderungen in der Privatwirtschaft, im freien Wettbewerb ausgesetzt sind, neue Herausforderungen mit sich bringen, sowohl für die Unternehmensleitung als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher ist es auch notwendig, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, sodaß diesen neuen Herausforderungen Rechnung getragen wird.

Das bedeutet einerseits, der Unternehmensleitung jene Flexibilität auch in personellen Fragen zu ermöglichen, bei der die Wettbewerbsfähigkeit hergestellt werden kann, andererseits ist es aber auch erforderlich, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was ihre Arbeitssituation, ihren Arbeitsvertrag, ihre Perspektiven betrifft, Rechtssicherheit zu geben. Ich meine daher, daß es absolut richtig und eine politisch richtige Entscheidung ist, gerade in solchen Fällen wie bei der Post diesen spezifischen Prozeß mit Sondergesetzen zu begleiten, zu steuern, aber auch zu sichern, daß dieser Weg in die Privatwirtschaft in einer geordneten Form erfolgen kann; in einer Form, die, wie in der Praxis schon bewiesen wurde, erfolgreich ist und auch funktioniert.

Noch einmal: Ich meine, daß es sehr wichtig ist, daß für die Beschäftigten sowohl Vertretungsrechte als auch Arbeitnehmerrechte im Sinne des Dienstrechtes und der Gehaltsvorstellungen sichergestellt sind.

Sehr geschätzter Herr Bundesrat Weilharter! Sie haben zu Recht auf die Problematik von aneinandergereihten befristeten Dienstverhältnissen verwiesen. Es sollte aber darauf aufmerksam gemacht werden, daß nach unserem Arbeitsrecht Kettenarbeitsverträge nicht zulässig und daher gesetzlich verboten sind. Sollte ein derartiger Fall eintreten, wäre er nichtig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.13

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.


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13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1947/NR sowie 6032/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Alfred Schöls übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird, bringen.

Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Ich bitte, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

14.14

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die vorliegende Novellierung des Bundes-Verfassungsgesetzes enthält überwiegend Punkte, gegen die auch aus der Sicht meiner Fraktion kein Einwand besteht; handelt es sich dabei ohnehin um keine bedeutsamen Neuerungen oder gar um eine echte Weiterentwicklung der Bundesverfassung, vielmehr geht es bloß um rechtstechnische Anpassungen und Abrundungen.

Aus stilistischer Sicht ist kritisch anzumerken, daß die gesetzespositivistische Tendenz zur kasuistischen Detailregelung fortgeführt wird, wie sie – im europäischen Rechtsvergleich – gerade einer Verfassungsurkunde, also dem Grundgesetz eines politischen Gemeinwesens, entschieden zuwiderläuft.

Ein Punkt kann jedoch auch nach seinem Inhalt nicht unsere Zustimmung finden. Es ist aus diesem Anlaß einmal mehr mit Bedauern darauf hinzuweisen, daß es die Bundesverfassung dem Bundesrat verwehrt, seine Zustimmung zu Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates beziehungsweise seinen Einspruch gegen solche inhaltlich zu differenzieren.

Eine Vorlage unterliegt dem Einspruchsrecht ja bekanntlich nur im ganzen. Wie wir wissen, kann man ihr – mit anderen Worten – nur uneingeschränkt zustimmen oder sie nur ebenso pauschal ablehnen.

Die von Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, bis heute nicht ernsthaft betriebene Reform des Bundesrates müßte nicht zuletzt auch dieses grundlegende Defizit beheben. Auch Herr Präsident Weiss hat auf diese Problematik schon früher aufmerksam gemacht. Aber Sie haben heute einmal mehr bewiesen, daß es Ihnen um eine solche Fortentwicklung offensichtlich gar nicht wirklich geht.

Aber zurück zu jenem Punkt, der uns von der Sache her und auch unter föderalistischem Gesichtspunkt bedenklich erscheint. Der neugefaßte Artikel 147 Abs. 2 soll in bezug auf die Ernennung zum Verfassungsgerichtshof künftig folgendes bestimmen – ich zitiere –:


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"Verwaltungsbeamte des Dienststandes, die zu Mitgliedern oder Ersatzmitgliedern ernannt werden, sind unter Entfall ihrer Bezüge außer Dienst zu stellen. Dies gilt nicht für zum Ersatzmitglied ernannte Verwaltungsbeamte, die von allen weisungsgebundenen Tätigkeiten befreit worden sind, für die Dauer dieser Befreiung." – Zitatende.

Aus sachlichen Überlegungen ist diese Regelung entschieden abzulehnen.

Weshalb soll ein Ersatzmitglied, das nur fallweise zur Mitwirkung an der Rechtsprechung des Gerichtshofes herangezogen wird, völlig außer Dienst gestellt werden? Soll das Ersatzmitglied, da es ohne Bezüge karenziert ist, zum Ausgleich dafür dieselbe Entschädigung erhalten wie ein Vollmitglied des Gerichtshofes, ohne jedoch die gleiche Arbeit wie ein solches zu leisten? Oder soll damit vielleicht gar erreicht werden, daß Verwaltungsbeamte überhaupt nicht zu Ersatzmitgliedern des Verfassungsgerichtshofes bestellt werden?

Der Ausnahmstatbestand für die von allen weisungsgebundenen Tätigkeiten befreiten Verwaltungsbeamten kommt ja kaum jemals in Betracht, sieht man von der Tätigkeit als Mitglied in einem Unabhängigen Verwaltungssenat ab.

Sowohl die erste Variante, die sachlich undifferenzierte Gehaltsregelung, als auch die zweite Variante, der weitgehende Ausschluß öffentlich Bediensteter vom Amt eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes erscheinen jedoch als Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Artikels 7 B-VG.

Zudem wirft die erörterte Änderung des Artikels 147 Abs. 2 B-VG auch ein Problem in bezug auf die bundesstaatliche Kompetenzverteilung auf. Zweifellos wird ja dadurch in die Landeskompetenz zur Regelung des Dienstrechtes von Landes- und Gemeindebediensteten eingegriffen. Falls sich Artikel 44 Abs. 2 B-VG – entgegen der Auffassung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes – nicht nur auf formelle, sondern auch auf materielle Einschränkungen der Länderkompetenzen bezieht – eine Auffassung, die ich teile –, bedürfte die entsprechende Verfassungsänderung der Zustimmung des Bundesrates nach der zitierten Verfassungsbestimmung.

Der Präsident des Salzburger Landtages, Herr Universitätsprofessor Dr. Helmut Schreiner – er gehört, wie bekannt ist, der Fraktion der ÖVP an –, mutmaßt daher, daß die geplante Neuregelung – ich zitiere ihn – "offenbar eine Maßnahme darstellt, die aus einem ganz bestimmten Anlaß geschaffen werden soll." – Zitatende. Oder weiß er es sogar? Dann wäre jedoch das Vorgehen der Regierungsparteien im Nationalrat umso schlimmer, weil es einmal mehr ein frivoler Umgang mit unserer Bundesverfassung ist!

Aus all diesen Gründen wird daher meine Fraktion dieser Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes keinesfalls zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Albrecht Konecny. Ich erteile ihm das Wort.

14.19

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir haben es nun mit einer Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz zu tun, die in einer Reihe von Bereichen, bei denen es sinnvoll und notwendig erscheint, Klarstellungen und Aktualisierungen vornimmt. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Ich erachte es als bedauerlich, wenn diesem Bestreben – zumindest in dem einen, von Professor Böhm jetzt gerade angeführten Fall – mit Mutmaßungen eine geheime, auch von ihm nicht angesprochene, mir jedenfalls unbekannte Absicht unterstellt wird.

Die vier Materien, die in dieser Novelle behandelt werden – das ist der Punkt, bei dem ich ihm zweifellos recht geben möchte –, sind naturgemäß solche, denen nicht der Glanz der Verfassungsurkunde anhängt. Aber da wir in Übereinstimmung mit der allgemeinen Praxis praktisch


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wie in allen anderen Staaten eine zweistufige Gesetzgebungsordnung haben und nicht eine dreistufige, die gewissermaßen die Verfassungsurkunde von der unangenehmen Notwendigkeit befreit, auch detaillierte Tatbestände, sofern sie in die Verfassungsurkunde eingreifen, regeln zu müssen, müssen wir mit diesem Zustand leben.

Falls wir im Amte noch die Neukodifizierung der Bundesverfassung erleben werden, ist das sicherlich ein Gesichtspunkt, über den man ernsthaft sprechen muß, denn es ist zweifelsfrei so, daß für den Bürger die Bundesverfassung eine einerseits durchaus kasuistische und andererseits eher organisationstheoretische Regelung ist. Auf dieser Ebene bin ich gerne bereit, mich mit Ihnen zu verständigen.

Dort, wo es um materiellrechtliche Änderungen des Verfassungsrechtes geht, handelt es sich um sinnvolle und zweckmäßige Neuregelungen. Die Ermächtigung an den Landesverfassungsgesetzgeber, den Verfassungsgerichtshof wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Landesrechnungshof und einer von diesem zu überprüfenden Einrichtung anzurufen, entspricht zumindest einem tatsächlichen Rechtsbedürfnis. Die auf Bundesebene bestehende Regelung hat ihre Grundlage in einer sehr konkreten Auseinandersetzung zwischen dem Rechnungshof und der damaligen Zentralsparkasse als zu prüfende Einrichtung. Damals wurde diese Regelung so getroffen, daß logischerweise zur Regelung eines solchen Falles der Verfassungsgerichtshof berufen ist. Da wir keine Landesverfassungsgerichtshöfe haben und vermutlich auch keine haben sollten, ist es sicherlich sinnvoll, einen solchen Konflikt, wenn er auf Landesebene entsteht, ebenfalls durch den einzigen Verfassungsgerichtshof, den wir haben, lösen zu lassen.

Wir haben zum zweiten eine verfassungsgesetzliche – das hat jetzt eher Urkundencharakter – Neubeschreibung der Aufgaben der Parlamentsdirektion, die insbesondere auch das Element des Europäischen Parlaments beziehungsweise die entsprechende Erledigung von Verwaltungsangelegenheiten für diese Abgeordneten nun eindeutig dieser Behörde zuordnet.

Ich glaube, daß wir – auch wenn das nur ein Seitenschlenker ist, aber ein guter – angesichts der Erwähnung der Parlamentsdirektion in dieser Novelle in dieser letzten Sitzung vor den Sommerferien die Gelegenheit dazu nützen sollten, um uns bei den Bediensteten des Hauses für die Art und die Intensität, wie sie uns betreuen und wie sie uns bei unserer Aufgabenerfüllung helfen, sehr herzlich zu bedanken. (Allgemeiner Beifall.) – Dieser Satz steht leider nicht in der Novelle und ist nicht Bestandteil der Bundesverfassung.

Es gibt schließlich eine Klarstellung bei der Ernennung der Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates hinsichtlich deren Amtsdauer, und wir haben den von Professor Böhm breit – das ist nicht als Kritik gemeint –, aber ausführlich erörterten Fall, daß wir mit dieser Novelle eine, wie ich meine, klare Regelung sowohl für die Mitglieder als auch für die Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes in jenen Fällen treffen, in denen sie aus dem Kreis der Verwaltungsbeamten kommen.

Ich kann mir sehr wohl vorstellen, daß es für Ersatzmitglieder Möglichkeiten in den Verwaltungsbehörden gibt, sie in Bereichen tätig werden zu lassen, in denen sie von Weisungen freigestellt sind. Ich nehme an – oder ich behaupte einmal –, daß gerade der Charakter eines Ersatzmannes, der gewissermaßen jederzeit einberufen werden kann, um Recht zu sprechen, eine solche Regelung notwendig macht, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß sich ein Verwaltungsbeamter, der über einer in irgendeiner Form verwandten Materie an seinem Schreibtisch gebrütet hat, nur durch den bloßen Ortswechsel in den Verfassungsgerichtshof in einen von jeder Vorbeeinflussung freien Verfassungsrichter verwandeln kann. Wenn man die Funktion des Ersatzmannes ernst nimmt, dann ist eine solche Regelung zweifellos zielführend.

Es gibt, so meine ich, gute Gründe, dieser Novelle unsere Zustimmung zu geben, weshalb das die sozialdemokratische Fraktion auch tun wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.27

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Günther Hummer. Ich erteile es ihm. – Er ist nicht anwesend.


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Es hat sich noch Herr Bundesrat Jürgen Weiss zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

14.27

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Herr Professor Böhm hat in sehr zutreffender Weise auf eine Problematik unseres Zustimmungsrechtes aufmerksam gemacht. Sie liegt darin, daß wir bei Verfassungsbestimmungen, seien sie auch in größerer Zahl in einem einfachen Bundesgesetz verpackt, jeder einzelnen die Zustimmung erteilen – oder auch nicht. Wenn eine Vielzahl von sachlich gar nicht zusammenhängenden Änderungen der Verfassung in das Kleid eines Bundesverfassungsgesetzes verpackt ist, dann unterliegt dem Zustimmungsrecht nur die Gesamtheit. Das ist, wie am heutigen Beispiel sichtbar wird, keine befriedigende Ausgangslage.

Es wurde schon darauf hingewiesen, daß ein wesentlicher Punkt dieser Novelle, nämlich die Anrufbarkeit des Verfassungsgerichtshofes bei Streitigkeiten zwischen Landesrechnungshöfen und zur Prüfung stehenden Unternehmen einem Anliegen mancher Länder entspricht. Es ist als dankenswert anzuerkennen, daß das aufgegriffen wurde. Die anderen Fragen sind eher rechtstechnischer Art und keine verfassungspolitischen Neuerungen.

Ich hätte auch mit der Bestimmung hinsichtlich der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes kein Problem, wenn sich diese Regelung auf den Bereich des Bundesdienstrechtes beschränkt hätte. Ich hoffe, das wurde unbedacht damit gemacht, denn es ist gleichzeitig ein Eingriff in die Dienstrechtszuständigkeit der Landtage, ohne daß man vorher mit den Ländern darüber gesprochen hätte. Das ist ein Stil, den ich schon wegen der Beispielsfolgen nicht gutheißen möchte, wenngleich ich zugebe, daß sich die praktischen Auswirkungen in Grenzen halten werden, weil sich der Fall, daß Landesbedienstete zu Mitgliedern oder zu Ersatzmitgliedern des Verfassungsgerichtshofes ernannt werden, leider – sage ich dazu – in Grenzen halten wird.

In der Güterabwägung komme ich zu einem anderen Schluß als Herr Professor Böhm, durchaus auch, wie ich denke, im Einvernehmen mit den Ländern. Das Gut Zuständigkeit der Landesrechnungshöfe und Erfüllung einer wichtigen Länderforderung wiegt im Zweifel auch nach meiner Einschätzung höher als jenes eines sehr beschränkten Eingriffes in die Dienstrechtszuständigkeit der Länder.

Ich meine, daß die Länder das auch so sehen. Jedenfalls haben wir diesen Gesetzesbeschluß des Nationalrates nicht in der ursprünglich dafür vorgesehenen Sitzung behandelt, sondern zurückgestellt, damit die Länder die Möglichkeit haben, sich zu artikulieren. Sie haben das in keinem einzigen Fall getan. Der Herr Landtagspräsident von Salzburg hat uns nur mitgeteilt, daß er Artikel 147 ablehnt, aber er hat sich nicht darüber geäußert, ob er die Novelle insgesamt ablehnt. Nach einem Gespräch, das ich mit ihm, aber auch mit anderen geführt habe, komme ich zu keiner anderen Schlußfolgerung, als daß die Güterabwägung für die Zustimmung zur Novelle spricht.

Bedeutsam ist aber nicht nur das, was in der Novelle steht, sondern auch das, was nicht in ihr steht. Eine Änderung der Bundesverfassung am Ende einer Gesetzgebungsperiode hätte auch Gelegenheit geboten, verschiedene verfassungspolitische Anliegen aufzugreifen, an denen hier im Bundesrat ein gewisses Interesse besteht. Ich gehe jetzt gar nicht näher auf die Bundesstaatsreform ein, sondern auf Dinge, die noch etwas enger mit uns zu tun haben.

Ich erinnere nur an das Anliegen, das auf mehreren einstimmigen Beschlüssen von Landtagen beruht, den Ländern bei der Gestaltung ihres Wahlrechtes, insbesondere bei der Einführung der Briefwahl für Landes- und Gemeindevertretungswahlen, einen größeren Spielraum einzuräumen. Wenn sie diesen nutzen wollen, sollen sie das auch können. Ich erinnere nicht zuletzt an den vom Bundesrat mit den Stimmen aller Fraktionen schon wiederholt geäußerten und auch dem Nationalrat als Gesetzesantrag vorgelegten Wunsch, zu Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates nicht erst im nachhinein und gesamthaft im Wege eines Einspruches Stellung nehmen zu können, sondern bereits vorab, also bevor der Nationalrat seine Entscheidung getroffen hat. Das wäre ein wesentlich praxisgerechteres Vorgehen.


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Es ist schade, daß der Nationalrat diesen Antrag nicht aufgegriffen hat – umso mehr als sich jetzt manche in diese Richtung äußern und in der Erfüllung dieses Vorschlages eine ganz probate Medizin für die Stellung des Bundesrates sehen. Wenn dem so ist, dann frage ich mich, warum sie unserem Antrag im Nationalrat nicht zur nötigen Zweidrittelmehrheit verholfen haben. Aber ich gehe davon aus, daß das ebenso wie die Diskussion über uns selbst in der nächsten Gesetzgebungsperiode wieder auf der Tagesordnung stehen wird. Ich denke, daß es zweckmäßig sein wird, vom Bundesrat aus diesen Antrag rasch wieder einzubringen, um zu signalisieren, daß wir hier nicht locker lassen wollen.

Ich meine auch, man sollte im Zusammenwirken mit dem Nationalrat auch ein bißchen anklingen lassen, daß wir uns schon ein stärkeres Eingehen auf unsere verfassungspolitischen Anliegen erwarten, wenn der Nationalrat seinerseits erwartet, daß wir möglichst rasch und möglichst ohne Widerspruch seinen verfassungspolitischen Anliegen Rechnung tragen. Letztlich wird die Gesetzgebungshoheit des Bundes von beiden Organen ausgeübt, zwar mit unterschiedlicher Wertigkeit, aber gerade in solchen Verfassungsfragen bedarf es des Zusammenwirkens beider Kammern. Das sollte vom Nationalrat nicht einseitig strapaziert werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.33

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Bei dem vorliegenden Beschluß handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf. Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG geändert wird, die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG geändert wird, die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich (2026/NR sowie 6033/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu Punkt 14 der Tagesordnung: Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich.

Die Berichterstattung hat Bundesrat Mag. Karl Wilfing übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Karl Wilfing: Herr Präsident! Geschätztes Plenum! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli


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1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich liegt Ihnen in schriftlicher Fassung vor, sodaß ich nun zu Antragsverlesung komme.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile ihr dieses.

14.36

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Verehrte Damen und Herren! Der Ausschußbericht weist deutlich auf das Ziel des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates hin: Österreich soll frei sein von jenen Gefahren, die die Nutzung von Atomkraft in sich birgt. Daß es dazu ein einhelliges Ja gibt, versteht sich eigentlich von selbst.

Meine Damen und Herren! Es wurde einmal – zwar in einem anderen Zusammenhang – von Österreich als einer Insel der Seligen gesprochen. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, wir hätten wieder solch eine Insel gefunden und es uns auf ihr gemütlich gemacht. Aber so einfach, glaube ich, darf man es doch nicht sehen, denn dieses Bundesverfassungsgesetz wird zweifellos eine starke außenpolitische Bedeutung haben.

Wie so vieles heutzutage macht auch nukleare Bedrohung nicht an Staatsgrenzen halt. Auch wir hatten einen durchaus langen Lernprozeß zu durchlaufen, um zu einer klaren Absage an die sogenannte friedliche Nutzung der Kernkraft zur Energiegewinnung zu kommen, allerdings wurden durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl unsere Schritte doch einigermaßen beschleunigt. Wir können zu Recht darauf stolz sein, und wir wissen auch, daß uns viele Menschen auf der ganzen Welt darum beneiden. Genau das ist es, warum ich meine, daß dieses Bundesverfassungsgesetz auch von großer außenpolitischer Bedeutung ist. Hier ist es wiederum § 1, der meiner Meinung nach starke Signalwirkung nach außen hat.

Bis auf eine Ausnahme, meine Damen und Herren, nämlich die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki, ist der Menschheit vorläufig ein Atomkrieg erspart geblieben. Es bedarf, so glaube ich, jeder nur erdenklichen Anstrengung in der innerstaatlichen Gesetzgebung und bei der Mitwirkung in internationalen Organisationen, um zur Aufrechterhaltung und Stärkung des Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen beizutragen. Denn es muß endlich allen Menschen auf unserer einen, gemeinsamen Welt folgendes bewußt werden: Gemäß der Charta der Vereinten Nationen hat jeder Staat – ob groß, ob klein – das Recht auf Schutz vor Angriffen anderer, ein Recht auf Selbstverteidigung. Aber – das ist jetzt wirklich zu bedenken – die Arsenale der Staaten, die über Atomwaffen verfügen, gehen weit über das Ausmaß hinaus, was je durch dieses Recht auf Selbstverteidigung gerechtfertigt sein könnte. Ein hundertfaches Overkillpotential ist nicht mehr nur eine Überlebensfrage für die Bürger jener Länder, die diese Waffen besitzen, es ist letztlich eine Überlebensfrage für uns alle auf diesem Planeten – gleichgültig, wo wir leben.

Wir, die Atomwaffenfreien, haben das Recht zu verlangen, daß der nukleare Wahnsinn zu einem Ende gebracht wird. (Beifall des Bundesrates Meier. ) Wir wissen, daß Abschreckung nicht der Weg zu einem dauerhaften Frieden ist. Hier bedarf es intelligenterer Lösungen. Ich meine, durchaus stolz können wir sagen: Österreich wirkt mit all seinem Können und all seinem guten Willen mit, um zu intelligenten Lösungen zu kommen.

Meine Damen und Herren! Wenn jetzt Rußland und die USA einen neuerlichen Anlauf nehmen wollen, um SALT weiterzubringen, dann werden wir nicht bei ihnen am Tisch sitzen, aber auch sie werden die Signale unserer eindeutigen Haltung wahrnehmen. Das ist, wie ich meine, doch schon sehr viel.


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Dort, wo wir Österreicher vertreten sind, werden wir unseren Standpunkt zur Befreiung von der Bedrohung durch Atomwaffen vortragen – ein Standpunkt, den wir heute mit unserer Zustimmung zum Gesetzesbeschluß des Nationalrates ganz deutlich untermauern. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.41

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Rodek. Ich erteile es ihm.

14.41

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wenige einstimmige Beschlüsse in diesem Haus, und es gibt noch weniger einstimmige Beschlüsse im Nationalrat, aber ich glaube, daß dieses Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich alle Fraktionen mitzutragen haben. Das ist gut so, denn es ist ein Gesetz, das deutlich macht, daß Österreich mit der problematischen Verwendung der Atomkraft in keiner Weise einverstanden ist und daß damit ein erster Schritt zu einer atomwaffenfreien Zone und hoffentlich auch atomfreien Zone in Europa gesetzt wird.

Dieses Gesetz sieht nämlich im wesentlichen vor, daß in Österreich keine Atomwaffen hergestellt werden dürfen, aber auch die Stationierung von Atomwaffen nicht erlaubt ist. Damit hat sich Österreich ohnedies nicht sehr beschäftigt. Wir haben eigentlich nie Atomwaffen hergestellt beziehungsweise auch nicht stationiert.

Ein bißchen anders schaut es schon bei der Beförderung von spaltbarem Material durch österreichisches Staatsgebiet aus, was seit dem EU-Beitritt nicht unbedingt auszuschließen ist. Diesbezüglich trifft nun das Gesetz in § 3 eine eindeutige Regelung, die besagt, daß der Transport ausschließlich für friedliche Nutzung – zum Beispiel in der Nuklearmedizin – erlaubt und sogar für Zwecke der Energiegewinnung untersagt ist.

Schließlich scheint mir § 2 besonders wichtig zu sein, in dem festgehalten wird, daß Anlagen zur Energiegewinnung durch Kernspaltung in Österreich nicht errichtet werden dürfen.

Diesbezüglich hat sich ein Meinungswandel innerhalb Österreichs vollzogen, vor allem auch bei der sozialdemokratischen Fraktion – Frau Vizepräsidentin Haselbach hat es so schön mit dem Bild eines langen Weges, der zu gehen gewesen ist, umschrieben –, denn es war immerhin Vorsitzender Bruno Kreisky, der bei der Volksabstimmung am 5. November 1978 mit aller Vehemenz die Inbetriebnahme von Zwentendorf durchsetzen wollte. Handelsminister Staribacher hat damals gesagt hat: Wenn dieses Werk nicht in Betrieb geht, dann werden in Österreich die Lichter ausgehen. – Die Lichter sind in Österreich Gott sei Dank nicht ausgegangen. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Aber ich verstehe Ihre Aufregung, werte Kollegin, denn ich war damals auch anderer Meinung. Als uns die Experten vorgesagt haben, daß es durchaus Sicherheiten gibt und daß es die kostengünstigste Nutzung ist, war nicht nur ich, sondern waren vieler meiner Kollegen durchaus damals der Meinung: Ja warum soll denn das nicht sein?

Es hat sich bei mir erst ein gewisser Wandel vollzogen – nicht nur bei mir, sondern bei vielen Österreichern, speziell jetzt auch von meiner Fraktion –, als Vorsitzender Kreisky die Zustimmung zu Zwentendorf mit seinem Rücktritt verknüpft hat. Erst dann haben viele Österreicher gesagt: Wenn Kreisky geht, dann werden wir eben gegen dieses Zwentendorf stimmen!, und mit Nein gestimmt.

Ich glaube, werte Kolleginnen und Kollegen, daß es daher eher ein Zufall ist, daß Zwentendorf nicht ans Netz gegangen ist. – Kreisky, nebenbei gesagt, ist auch nicht gegangen.

Aber vergessen wir auch nicht, daß bereits 1980 wiederum seitens des ÖGB neuerlich ein Volksbegehren gestartet wurde mit dem Ziel, Zwentendorf doch aufzusperren. Dieses wurde zwar vom sozialistischen Bundeskanzler und sozialistischen Vizekanzler unterstützt, allerdings


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nur von 422 000 Österreichern und Österreicherinnen unterschrieben, und es ist somit zum Glück erfolglos geblieben. Denn spätestens seit Tschernobyl, wie es die Frau Präsidentin angeschnitten hat, weiß man, welch verheerende Folgen ein Störfall in einem Atomkraftwerk für ganz Europa haben kann.

Wir in Oberösterreich sind uns dieser Gefahr sehr wohl bewußt, denn was nützt es, Österreich zu einer atomwaffen- und atomfreien Zone zu erklären, wenn rund um Österreich schrottreife AKWs stehen. Uns in Oberösterreich überkommt ein besonders mulmiges Gefühl, wenn von Temelin die Rede ist, das nur 100 Kilometer Luftlinie von Linz entfernt ist und aufgrund seiner westlich-russischen Mixtur-Bauweise als besonders störanfällig gilt.

Wir haben daher als einziges Bundesland einen Beauftragten für grenznahe Atomkraftwerke geschaffen, und es ist uns aufgrund gemeinsamer Initiativen und Aufklärungsarbeit – auch in Tschechien – gelungen, Bewußtseinsbildung gegen Atomkraftwerke nicht nur im Inland, sondern auch, wie gesagt, in Tschechien zu betreiben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den gemeinsamen Antrag der oberösterreichischen Landesregierung und auch auf den Entschließungsantrag der oberösterreichischen Bundesräte, der von Leo Steinbichler eingebracht wurde, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, bei den Beitrittsverhandlungen Tschechiens zur EU das Thema Temelin zur Sprache zu bringen, so wie es in den letzten Tagen auch wiederum eine Landtagsdelegation von Oberösterreich in Brüssel getan hat, die beim Leiter der Task Force "Beitrittsverhandlungen" Van der Pas vorgesprochen und dort sehr viel Verständnis gefunden hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zwar gegen eine Junktimierung, wie das die Freiheitlichen immer tun, aber ich glaube, daß man sich in dieser Hinsicht eher der Meinung von Minister Bartenstein anschließen muß: daß es für die beitrittswerbenden Länder keinen anderen Maßstab geben darf als für die jetzigen Mitgliedsländer. Aber ich bin schon der Meinung, daß kein Land der Europäischen Union beitreten soll, das die Sicherheitsstandards im eigenen Land und die Sicherheitsstandards und die Sicherheit vor allem der Nachbarstaaten nicht gewährleisten kann.

Österreich alleine wird es möglicherweise nicht schaffen. Wir brauchen Verbündete – damit meine ich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union –, die aufzufordern sind, verbindliche, gleich hohe Sicherheitsstandards für die AKWs im Westen, aber auch im Osten festzuschreiben. In diesem Zusammenhang möchte ich die Bitte an die Bundesregierung aussprechen, dieses Anliegen entsprechend zu unterstützen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Langfristiges Ziel muß es jedoch sein, gänzlich vom Atom wegzukommen – das gilt sowohl für die Waffen als auch für die Kraftwerke. Der heutige Beschluß soll beispielgebend für alle Staaten sein, verbunden mit der Hoffnung, daß die Zukunft der ganzen Welt atomfrei sein möge. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.49

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kurt Scheuch. Ich erteile es ihm.

14.49

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hochgeschätzter Bundesrat! Wir werden heute hier ein Gesetz beschließen, welchem ich als der jüngeren Generation in diesem Bundesrat Angehöriger wirklich meine volle Zustimmung erteilen kann und welches ich auch durchaus als Meilenstein nicht in der Atompolitik Österreichs, sondern in der Anti-Atompolitik Österreichs bezeichnen möchte. Aber es sei mir doch gestattet, ein paar Worte zum Werdegang dieses Gesetzes zu sagen. Man hat hier bei meinen Vorrednern schon gewisse Einsichten erkennen können, aber es sei mir doch gestattet, dies noch einmal zu verstärken, denn am Anfang war das AKW Zwentendorf – letztendlich mitverantwortet von Dr. Bruno Kreisky, der sicherlich große Verdienste für dieses Land erworben hat, aber in diesem Bereich einfach falsch lag.


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Gott sei Dank gab es 1978, wie auch schon Vorredner von mir erwähnt haben, eine Volksabstimmung in diesem Bereich, bei der das österreichische Volk den richtigen Weg erkannte. Auch 1980 hat sich das österreichische Volk bei einer Abstimmung gegen die Inbetriebnahme dieses AKW ausgesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Diese Altlasten strahlen noch immer ein wenig. Atompolitik hat eben eine lange Halbwertszeit. Man muß Ihnen allerdings eines lassen: Sie haben den Zeitgeist, zumindest den österreichischen Zeitgeist erkannt. Sie werden in letzter Zeit nicht müde, sich als Hüter eines atomfreien Österreichs in die Schlagzeilen zu bringen. Das ist auch in Ordnung so. Sie haben diesbezüglich unsere volle Unterstützung. Nur sollte natürlich auch in Betracht gezogen werden, daß man das, was man in Österreich den Wählerinnen und Wählern erzählt, auch im Ausland vertreten sollte.

So mußte ich bei der Durchsicht der Unterlagen mit Erstaunen feststellen, daß Mitglieder des Umweltausschusses in Prag auf Besuch waren und die Abgeordneten unseres befreundeten Nachbarlandes eigentlich nicht sehr genau über die Linie der österreichischen Atompolitik, der österreichischen Anti-Atompolitik informiert haben. Ich glaube, diesbezüglich blieben einige Regierungsmitglieder einiges schuldig.

Die interessanteste Haltung im Bereich der Atompolitik vertritt meines Erachtens zurzeit die ÖVP. Ich komme leider nicht umhin, dies zu sagen. Vielleicht sollten wir hier nicht mit den Altlasten anfangen, sondern eher mit den Neulasten. Ich verweise auf die Rede des Spitzenvertreters der ÖVP, in der er wie mein Vorredner von der ÖVP klar zugibt – ich zitiere wörtlich –: Ich erinnere mich, gemeinsam mit dem Präsidenten der Industriellenvereinigung am Flughafen gewählt zu haben. Beide haben wir gesagt, wir sind zwar eigentlich für Kernkraft, aber Kreisky können wir nicht wählen.

Es zeugt nicht von besonderer Sachkompetenz, wenn man solch wichtige Entscheidungen für ein Volk von einer Position abhängig macht, anstatt sich sachlich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Dies ist aber anscheinend doch auch geschehen. Gott sei Dank kommt es heute zu diesem Gesetzesbeschluß.

Es gibt allerdings auch eine gewisse Verhinderungstaktik des Herrn Khol, der vielleicht doch ein wenig damit geliebäugelt hat, einige Raketen zumindest zur atomaren Abschreckung unseres Ostfeindes aufzustellen. Es ist auch das überwunden worden.

Einen Supergau – so möchte ich es bezeichnen – der ÖVP-Atompolitik möchte ich schon noch zur Sprache bringen. Das betrifft die Abstimmung auf europäischer Ebene, auf der die Stimme Österreichs – ich nehme hier eine Anleihe bei Karl May – anscheinend mit "gespaltener Zunge" gesprochen hat. Leider haben die österreichischen Abgeordneten der ÖVP im Europäischen Parlament gegen eine Neufassung der EURATOM-Verträge gestimmt, was uns allen, wie ich meine, auch Ihnen, sehr leid tut. Da wäre sicherlich Nachholbedarf gewesen.

Aber um diese gespaltene Zunge in diesem Bereich noch ein bißchen zu verstärken, gibt es noch eine kleine Facette, die man hier nicht unerwähnt lassen sollte. Am 13. Juli wurde dieses Gesetz im Nationalrat beschlossen, und zusätzlich zu diesem Gesetz wurde auch beschlossen, daß es einen Aktionsplan geben sollte, einen Aktionsplan für österreichische Atompolitik im europäischen Zusammenhang.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen hier, wie ich meine, in einen sehr wichtigen Bereich der Politik und vor allem auch der Regierung. Der erste Satz dieses Aktionsplans spricht meiner Ansicht nach allen Österreichern und Österreicherinnen – ich weiß nicht, wie viele ihn gelesen haben –, auch mir wirklich aus der Seele. Hier steht: Für die Bundesregierung hat die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität. In diesem Zusammenhang ist besonders die Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke für Österreich von vitalem Interesse. – Frau Bundesministerin! Das ist zumindest in dem Brief zu lesen, welchen Sie Dr. Jörg Haider geschrieben haben.


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Ich frage Sie: Warum kommt in diesem Aktionsplan, der sieben Punkte beinhaltet, niemals das Wort "Krško" vor? – Ich möchte hier eine Anleihe bei Orwell nehmen: Machen Sie bitte nicht manche Österreicher gleicher, denn am 10. Juni hat dieses Gipfelgespräch, wie hier zitiert wird, stattgefunden. Teilnehmer waren der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, der Bundesminister für Finanzen, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Landeshauptmann von Wien, der Landeshauptmann von Niederösterreich, der Landeshauptmann von Oberösterreich und Vertreter, was ich auch sehr wichtig finde, von Umweltorganisationen. Erstaunlicherweise wurde kein Vertreter von Kärnten und auch keiner von der Steiermark eingeladen. Somit haben Sie einen Schnitt quer durch Österreich gemacht.

Frau Ministerin! Da lobe ich mir schon Landeshauptfrau Klasnic und Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, die dann den Mut gehabt haben, einen eigenen Atomgipfel zu machen. Die Presse hat das auch sehr schön geschrieben. Ich möchte dazu SPÖ-nahe Medien, also eine Parteizeitung der SPÖ, zitieren:

"Regierung ist wachgerüttelt

Der Atomgipfel von Kärnten und der Steiermark hat die Bundesregierung wachgerüttelt ... Martin Bartenstein Zustimmung: Er versprach eine ,rasche Umsetzung‘ der beim Atomgipfel vereinbarten Maßnahmen."

Ähnliches schreibt "Die Presse".

Dann gibt es noch einen wunderbaren Artikel in der "Kleinen Zeitung", die auch nicht gerade als FPÖ-Medium bezeichnet werden kann, sondern eher der ÖVP nahesteht, wie mein Freund aus Kärnten weiß. Darin schreibt Richard Leopold Tomasch, seines Zeichens der Vertreter der Initiative "Alpenadria frei von Atom": "Mit Freude vernahm ich, daß der Herr Landeshauptmann" von Kärnten "unsere Forderungen, die wir seit Jahren vorbringen, beim Krško-Gipfel-Treffen auf der Hebalm gegenüber Wien durchgesetzt hat."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An diesem Durchsetzungsvermögen österreichischer und, wie ich glaube, auch europäischer Interessen werden wir gemessen werden. Ich fordere Sie als Regierungsvertreter auf, diesbezüglich einen Weg, der geradeaus führt, zu beschreiten. Ich glaube auch, daß es uns guttun würde, uns auf diesen Lorbeeren, die wir – das wurde auch hier gesagt – teilweise auch mit Glück erreicht haben, nicht auszuruhen, daß wir die Atomdiskussion weiter in Schwung halten sollten und zum Beispiel auch Fragen bezüglich eines etwaigen Atommüllagers zu diskutieren und dieses womöglich auch verbieten sollten.

Es geht natürlich auch um die Hilfe für den Ausstieg aus der Atomenergie, wobei wir von Kärntner Seite ein neues Modell erarbeitet haben, nach dem wir Slowenien keine finanzielle Hilfe anbieten werden, sondern unser Know-how, das wir unbestrittenermaßen im Rahmen von erneuerbaren Energien, wie zum Beispiel der Wasserkraft, haben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang bringen wir Freiheitlichen einen Entschließungsantrag ein, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ing. Kurt Scheuch und Kollegen betreffend Sicherheit vor internationalen Atomgefahren

Der Bundesrat wolle beschließen:

"1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern, daß EU-europäische Mittel und damit letztlich österreichische Steuergelder in irgendeiner Form zum Bau osteuropäischer Atomkraftwerke verwendet werden.


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2. Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, auf EU-Ebene Initiativen zur Änderung des EURATOM-Vertrages mit dem Ziel eines Ausstiegs aus der Atomtechnologie zu ergreifen."

*****

Letzteres wird besonders die Stimme Österreichs erfreuen. Da hat sie nämlich die Chance, Versäumtes wiedergutzumachen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der Antrag betreffend Sicherheit vor internationalen Atomgefahren, der von den Bundesräten Ing. Scheuch und Genossen eingebracht wurde, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

15.00

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hoher Bundesrat! Wir sind heute hier einer Meinung, daß dieses Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich wichtig ist, und wir bekennen uns einhellig dazu. Es geht um das Verbot der Anwendung atomarer Spaltung, also der Nutzung der Atomkraft; die Kernfusion ist darin noch nicht enthalten.

Lassen Sie mich zuerst ein paar Worte zur friedlichen Nutzung der Atomkraft sagen. Gegen die friedliche Nutzung für Stromgewinnung gibt es bereits das Atomsperrgesetz, basierend auf der Volksabstimmung von 1978 gegen die Nutzung der Atomkraft zur Energiegewinnung. Ich erinnere mich an meine Schulzeit. Damals haben Lehrer sehr euphorisch von der Bedeutung dieser Atomkraft als Zaubermittel einer neuen Energie, zusammenschrumpfbar auf einen kleinen Raum mit ungeheurer Größe, geschwärmt. Sie könne etwa, so meinten sie, zur Energiegewinnung für Schiffe, die über den Ozean fahren, dienen, wodurch die Umwelt sauber bleibt, weil es nicht so herausraucht wie früher bei einem Kohlenschiff. An die Gefährdung durch Atomkraft hat man damals überhaupt noch nicht gedacht oder man ist noch nicht entsprechend aufgeklärt worden.

Ich sage dies deshalb, weil ich glaube, daß es müßig ist, heute darüber zu reden, wer damals dafür war. Meine Damen und Herren! In allen möglichen politischen Parteien gab es Befürworter und Gegner. Es ist auch um den Standort des in Österreich geplanten Atomkraftwerkes – Ergebnis Zwentendorf – sehr gerungen worden, etwa zwischen den Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich, soweit ich mich erinnern kann. Ich sage das nur deshalb – wir sind vielleicht gescheiter worden; hoffentlich, das ist ja keine Schande; ich gehöre in diesem Fall, was die damaligen Ereignisse betrifft, auch schon fast zur jüngeren Generation –, weil es halt so ist wie beim Zauberlehrling: Die Menschheit hat zwar Geniales mit dieser Nutzung oder der Kernspaltung erdacht und erfunden, aber nicht bedacht, welche Auswirkungen es haben kann, bis hin zur Endlagerung dort, wo eigentlich nichts passiert ist. Auch da hat man die Problematik übersehen.

So war also das Ergebnis dieser Volksabstimmung damals knapp, aber zukunftsweisend, und wir stehen heute dazu.

Wie schwer es ist, aus der Atomnutzung wieder auszusteigen, sehen wir bei vielen europäischen Staaten, die Atomkraftwerke haben. Sie gewinnen einen großen Anteil ihrer Energie aus diesen Atomkraftwerken, und es ist daher schwer, wieder auszusteigen.

§ 2 dieses Bundesverfassungsgesetzes beinhaltet, daß in Österreich keine Anlagen zur Energiegewinnung durch Kernspaltung errichtet und betrieben werden dürfen, also auch nicht zur friedlichen Nutzung. Auch wenn dies über den Rahmen dieses Gesetzes, österreichisches Hoheitsgebiet betreffend, hinausgeht, haben Österreich und seine Vertreter, so glaube ich, überall die Aufgabe und Pflicht, für die Verminderung der Gefahren bei bestehenden Atomkraft


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werken einzutreten. Dies betrifft natürlich in vorderster Linie Atomkraftwerke, die durch ihre Nähe und/oder Ausrüstungsstandards Gefahren für die Menschen in ihrem Umkreis und natürlich auch für Österreich bedeuten. Ich sage in Klammer dazu Bohunice, Temelin und andere, gleich darauf hinweisend, daß diese Aufzählung nicht ausreichend ist.

Wir alle wissen, welche Kraftwerke in Tschechien und in der Slowakei in erster Linie gemeint sind. Ich möchte hier, die westlichen Bundesländer betreffend, nicht auf Atomkraftwerke in westlichen Nachbarstaaten verweisen, aber doch aus der Sicht der südlichen und südöstlichen Bundesländer, also Kärntens und der Steiermark, als Mitglied eines dieser Länder hier im Bundesrat auf die Kernkraftwerke im südlichen Bereich, vor allem auf das Kernkraftwerk Krško in Slowenien, hinweisen. Die Bundesregierung möge in ihre Gegenstrategien genauso wie die östlichen Kernkraftwerke auch Krško aufnehmen und bei Slowenien in bezug auf die kommende EU-Erweiterung die gleichen Vorbehalte in die Verhandlungen einbringen.

Ich danke für die Initiativen, die auch von den Bundesländern ausgegangen sind, möchte aber doch erwähnen, daß Frau Bundesministerin Barbara Prammer die Bundesregierung dort vertreten und den beiden Landeshauptleuten konkrete Zusagen gemacht hat, daß auch auf das slowenische Problem, die friedliche Nutzung der Kernkraft betreffend, nicht vergessen wird. Ich glaube, es ist schon wichtig, daß wir das auch in der Bundespolitik verankern.

Nun zum zweiten, zur kriegerischen Verwendung von Atomwaffen. Wenn schon die friedliche Nutzung solch große Gefahren bringt, wie wir das auf Three Mile Island oder natürlich in Tschernobyl oder bei weniger umfangreichen Unfällen gesehen haben, erübrigt es sich, über die Gefahren der militärischen Anwendung von Atombomben überhaupt zu reden, denn dort ist es das Ziel, atomare Strahlung freizusetzen. Das ist bei der friedlichen Verwendung beileibe nicht das Ziel.

Es muß also jede Bestrebung zur atomaren Abrüstung weiterhin unterstützt werden. Wenn auch durch Abkommen teilweise bereits internationale Erfolge erreicht wurden – ich denke an die SALT-Abkommen und ähnliche –, so ist noch genügend atomares Vernichtungspotential vorhanden, denn letztlich ist es noch immer beunruhigend, daß statt einer vielfachen Vernichtung des Lebens auf unserer Erde sozusagen nur mehr eine mehrfache Vernichtung möglich ist. Es besteht wohl auch der Verdacht, daß bei Atomwaffenvernichtungsaktionen eher ältere Systeme und Modelle reduziert werden, während die totale Vernichtungskapazität vielleicht sogar gleich hoch bleibt. Zudem sind nicht alle Staaten, die Atomwaffen besitzen, dem Atomkontrollübereinkommen beigetreten. Ich erinnere an Indien, Pakistan, deren Konflikte gerade in letzter Zeit wieder aktuell waren.

Ausgehend vom Bestehen des österreichischen Atomsperrgesetzes ist ein Staat wie Österreich glaubwürdig und prädestiniert, ein Verfassungsgesetz zum Verbot jeglicher atomarer Nutzung von Waffen auf seinem Staatsgebiet zu beschließen. Der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen aus 1970 verbietet Österreich schon seit damals die Herstellung, den Besitz und die Weiterverbreitung. Dieses heute zu beschließende Verfassungsgesetz geht aber noch darüber hinaus und besagt, daß Österreich alle hierzu notwendigen Maßnahmen auf seinem Hoheitsgebiet trifft und atomare Waffen und jedes sie begünstigende Umfeld ausschließt.

Im § 1 heißt es – ich zitiere –: "In Österreich dürfen Atomwaffen nicht hergestellt, gelagert, transportiert, getestet oder verwendet werden. Einrichtungen für die Stationierungen von Atomwaffen dürfen nicht geschaffen werden."

Im § 3 heißt es, daß die Beförderung von spaltbarem Material auch für Zwecke der Energiegewinnung und der Entsorgung untersagt wird. Ich hoffe sehr – darauf möchte ich besonders betont verweisen –, daß durch die Formulierung – ich zitiere –: "sofern dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegenstehen" – Zitatende – keine Durchlöcherung jenes Inhaltes möglich ist, den wir heute verfassungsmäßig beschließen wollen.

Inwieweit im Ernstfall § 4 durchsetzbar ist, der Schadenersatz für Schäden nach nuklearen Unfällen vorsieht, auch wenn dieser von ausländischen Schädigern verursacht wurde, bleibt natür


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lich offen. Das im § 4 ausgedrückte Bemühen kann im gegebenen Fall nur begrüßenswert sein. Es wäre allerdings viel mehr zu hoffen, daß solche Fälle überhaupt nie eintreten mögen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rodek. – Bitte.

15.08

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte die Ausführungen des Kollegen Scheuch über das Abstimmungsverhalten der Österreichischen Volkspartei beim Euratom-Gesetz in Brüssel nicht so im Raum stehen lassen.

Wie Kollege Bösch bei einer anderen Gelegenheit schon richtig angeführt hat, muß man das Vertragswerk als gesamtes sehen. Das würde ich Ihnen auch empfehlen. Wenn Sie den Euratom-Vertrag als gesamtes angeschaut hätten, wüßten Sie nämlich, was alles drinnensteht. Denn wäre dem von Ihnen angesprochenen Antrag die Zustimmung gegeben worden, so hätte dies bedeutet, daß neben der grundsätzlich zu begrüßenden Einstellung der Förderung für Kernenergie auch auf die zentralen Euratom-Aufgaben wie Gesundheitsschutz, Überwachung der Sicherheit und so weiter verzichtet worden wäre. Schauen Sie sich bitte das Vertragswerk an.

Niemand hat nämlich die Naivität, zu glauben, daß, wenn es in Europa 150 Atomkraftwerke gibt, innerhalb der nächsten Jahre ein Ausstieg möglich ist, sondern das wird sehr wohl ein sehr langsamer Ausstieg sein. In diesem Euratom-Vertrag steht nämlich auch, wie auszusteigen ist, was die Nachbarstaaten mit diesem hochgiftigen Müll tun, wohin er gebracht und wo er gelagert wird.

Hätten wir dem zugestimmt, wäre all das nicht berichtspflichtig gewesen, und Österreich hätte nicht die Chance gehabt, zu erfahren, was eigentlich die Nachbarn machen.

Genau dasselbe gilt für die Planung von Kernkraftwerken. Auch diesbezüglich – das gilt jetzt speziell für die Nachbarstaaten, also für die Oststaaten – steht in diesem Euratom-Vertrag exakt drinnen, daß die Sicherheitsvorschriften im Hinblick auf die Osterweiterung genau einzuhalten sind und daß die dort bestehenden Atomkraftwerke, wenn sie nicht den westlichen Sicherheitsstandards entsprechen, nach einem Beitritt der MOEL-Staaten den im Euratom-Vertrag definierten Standards für Gesundheitsschutz und Sicherheitsauflagen entsprechen müssen.

Das ist genau das, was wir heute eigentlich schon verlangt haben, was auch Sie verlangt haben. (Bundesrat Ing. Scheuch: Man hätte diese Sache in eine neue Regelung hineinverhandeln können!) Daher, Herr Kollege, ist dieser Vertrag zur Aufrechterhaltung dieser Euratom-Aufgaben unbedingt notwendig gewesen. Hätte nicht die ÖVP-Delegation gemeinsam mit den Fraktionskollegen von anderen europäischen Ländern verhindert, daß dieser Abänderungsantrag angenommen wird, hätte sich Österreich wichtiger Kontrollinstrumente und Sicherheitsgarantien beraubt. (Beifall bei der ÖVP.)

15.12

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

15.12

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Auch ich gehöre zu jenen – das sind nicht wenige gewesen –, die bis zum Jahr 1978 überzeugt davon gewesen sind, daß es richtig ist für Österreich, ein eigenes Atomkraftwerk zu haben, in der Energieversorgung unabhängiger zu sein, dementsprechend vielleicht auch noch wettbewerbsfähiger zu sein. Ich habe die Risken und die Gefahren, die mit diesen Atomkraftwerken verbunden sein können, in dieser Dimension, wie wir sie dann in der weiteren politischen Diskussion erfahren haben, aber auch erleben mußten, gesehen.


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Ich bin sehr froh, daß seit 1978 die österreichische Bundesregierung, legitimiert durch den großen Willen der österreichischen Bevölkerung, eine sehr konsequente Antiatompolitik verfolgt. Das einstimmig im Nationalrat beschlossene Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich ist ein weiterer ganz wichtiger Baustein in diesem Bekenntnis dazu. Die darin enthaltenen nachvollziehbaren Bestimmungen, wozu sich die österreichische Bundesregierung beziehungsweise nicht zuletzt auch der Nationalrat und damit auch der Repräsentant der österreichischen Bevölkerung bekennen, zeigen, wonach sich die österreichische Bevölkerung orientieren und worauf sie sich verlassen kann.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß hier doch ein so ernstes Thema angesprochen ist, daß es sich nicht für parteitaktische oder tagespolitische Polemik eignet. Ich denke, wir sollten mit Ernsthaftigkeit und Seriosität gemeinsam darangehen, genau diese Ziele umzusetzen, die auch in dem von Ihnen angesprochenen Aktionsplan vorgesehen sind. Es wurde im Ministerrat vom Bundeskanzleramt, von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und auch vom Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie dieser Aktionsplan vorgelegt. Darin sind sehr klar die Detailpositionen in Ergänzung zu diesem Bundesverfassungsgesetz erwähnt, daraus geht sehr klar hervor, welche Vorstellungen die österreichische Bundesregierung und welche Verpflichtungen sie sich in Umsetzung dieser Antiatompolitik vorgenommen hat.

Ich glaube, sehr geschätzte Damen und Herren, daß es den heute zur Verfügung stehenden Zeitrahmen übersteigen würde, wenn ich auf diesen Aktionsplan zu sehr im Detail einginge. Ich gehe davon aus, daß er Ihnen bekannt ist. Sollte jemand unter Ihnen sein, der diesen Aktionsplan noch nicht in Händen hat, dann würde ich Sie bitten, es uns mitzuteilen, damit wir Ihnen auch noch diese ergänzende Information zur Verfügung stellen können.

Ich möchte aber doch aus diesem Aktionsplan den einen sehr wichtigen Punkt herausgreifen, in dem festgehalten ist, daß es uns ganz wichtig ist, daß die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung gewährleistet ist. Ich glaube, da ist es gar nicht die Frage, ob es von der Entfernung her 50 Kilometer, 100 Kilometer oder 150 Kilometer von einem grenznahen Kraftwerk sind, sondern hier geht es um das Grundsätzliche, nämlich daß uns eben die Sicherheit der Bevölkerung ein besonderes Anliegen ist. Daher war es die österreichische Bundesregierung, die im Rahmen der Diskussionen in der Europäischen Union zur Erweiterung der Europäischen Union das Thema "Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke" auf die Tagesordnung genommen und sehr klare Bedingungen formuliert hat, unter welchen wir uns überhaupt einen Beitritt dieser Beitrittskandidaten vorstellen können.

Ich möchte jetzt nicht im Detail auf alle diese Bedingungen eingehen. Sie sind nachvollziehbar. Jedenfalls signalisieren sie eine klare Position der Bundesregierung zur Sicherheit der österreichischen Bevölkerung. Es wäre hilfreich, wenn alle, egal, wo jemand agiert, die Unterstützung gäben, damit wir diese Ziele auch europaweit umsetzen können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn Sie, Herr Bundesrat Scheuch, erwähnt haben, daß der Umweltausschuß in Tschechien gewesen und der Eindruck entstanden ist, unsere Nachbarn wüßten nichts über die österreichische Position, dann kann ich nicht beurteilen, mit wem die Kontakte geschlossen worden sind oder wer Gesprächspartner war, aber ich weiß nicht nur von Frau Bundesministerin Prammer, daß gegenüber jedem der betroffenen Länder sehr klar die Position der österreichischen Bundesregierung zum Ausdruck gebracht wurde und Gegenstand mehrere Gesprächs- und Verhandlungsrunden gewesen ist.

Bezüglich Tschechien, das angesprochen wurde, weiß ich es sogar aus eigener Erfahrung. Ich selbst habe meinem Ministerkollegen, der eine sehr wichtige politische Funktion in Tschechien innehat, in einem Schreiben sehr ausführlich zur Kenntnis gebracht, wie die österreichische Position ist, und ihn auch gebeten, diese bei den politischen Entscheidungen in Tschechien zu berücksichtigen.


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Ich glaube daher, daß seitens der Bundesregierung alles getan wurde, um den Antiatomweg fortzusetzen, der seit 1978 eingeschlagen wurde, damit wir für die österreichische Bevölkerung die größtmögliche Sicherheit bieten können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Ich habe keine weitere Wortmeldung mehr.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke, das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen. (Bundesrat Ing. Scheuch: Zur Geschäftsbehandlung!)  – Bitte.

15.18

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten) (zur Geschäftsbehandlung): Ich stelle hiermit den Antrag , über meinen Entschließungsantrag eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

15.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke, Herr Kollege! Sie sind mir etwas zuvorgekommen, denn ich hätte jetzt einmal angekündigt, daß über diesen Antrag abzustimmen ist. (Bundesrat Ing. Scheuch: Das hängt mit meiner Jugend zusammen! – Heiterkeit.)

Sie haben den Antrag gehört, der sich auf den Entschließungsantrag der Bundesräte Ing. Scheuch und Genossen bezieht. Der Entschließungsantrag betrifft Sicherheit vor internationalen Atomgefahren. Herr Kollege Scheuch hat beantragt, eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Wer unterstützt dieses Begehren? – Das ist eine mehr als ausreichende Anzahl zur Unterstützung dieses Antrages auf namentliche Abstimmung.

Da die ausreichende Unterstützung vorliegt, erfolgt nun die Stimmabgabe im Sinne des § 55 Abs. 5 nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein". Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen um eine sehr deutliche Bekanntgabe ihres Abstimmungsverhaltens.

Ich bitte nun die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Kainz und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Da sich dadurch keine Stimmenmehrheit ergibt, mache ich von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit "Nein". (Bundesrat Ing. Scheuch: Da sind auch die Atomlobbyisten in diesem Haus, wie es scheint!)

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es entfallen auf den Antrag betreffend Sicherheit vor internationalen Atomgefahren 15 "Ja"-Stimmen und 39 "Nein"-Stimmen.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

*****


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Mit "Ja " stimmten die Bundesräte:

Dr. Böhm, Dr. Bösch;

Dr. d'Aron;

Gerstl, Grissemann, Mag. Gudenus;

Haunschmid;

Mag. Mainoni, Mühlwerth;

Mag. Neuner, Dr. Nittmann;

Ram;

Ing. Scheuch;

Weilharter, Windholz.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Ager;

Bieringer, Boden;

Drochter;

Gasteiger, Giesinger, Grander, Ing. Grasberger, Grillenberger, Ing. Gruber, Gstöttner;

Hager, Haselbach, Hensler, Mag. Himmer, Dr. Hummer;

Kainz, Keuschnigg, Konecny, Kraml;

Ledolter, Dr. Liechtenstein;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon;

Payer, Ing. Polleruhs, Prähauser, Pühringer;

Rauchenberger, Rodek;

Schaufler, Schöls, Steinbichler;

Thumpser, Mag. Trunk;

Weiss, Mag. Wilfing, Winter, Wolfinger.

*****

15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000) (1613 und 2028/NR sowie 5992 und 6034/BR der Beilagen)

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird (2029/NR sowie 5998 und 6035/BR der Beilagen)


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17. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000) (1830 und 2027/NR sowie 6036/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten,

ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird, sowie

ein Bundesgesetz über die Bundesstatistik.

Die Berichterstattung über die Punkte 15 bis 17 hat Herr Bundesrat Mag. Wilfing übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Mag. Karl Wilfing: Frau Präsidentin! Hohes Plenum! Ich verlese nun in Folge die drei Berichte.

Zuerst bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten – Datenschutzgesetz 2000. Der Bericht liegt schriftlich vor.

Ich komme daher zur Antragsverlesung: Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 16 ist der Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird.

Ich komme auch in diesem Fall zur Antragsverlesung: Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 17 ist der Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz über die Bundesstatistik.

Der Antrag lautet: Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte und die Antragstellung.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

15.26

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Beim Datenschutzgesetz handelt es sich – das ist auch dem Bericht zu entnehmen – um eine EU-Anpassung.

Aus dem Bericht geht aber auch hervor, daß es sich um eine Einarbeitung von Anwendungserfahrungen handelt. Meine Damen und Herren! Das wirft natürlich nicht nur die Frage auf, welche Motive oder welche Gründe der Gesetzgeber hat, um überhaupt Gesetze oder Novellen zu machen.


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Beim vorliegenden Datenschutzgesetz ist das Motiv wohl ein Anlaß. Daher könnte man in diesem Fall auch von einer Anlaßgesetzgebung sprechen, meine Damen und Herren! Es ist deshalb eine Anlaßgesetzgebung, weil entweder Europa oder in diesem Fall Brüssel immer wieder sagt, was der österreichische Gesetzgeber zu tun hat, oder weil, wie leider in vielen anderen Fällen – ich nenne dazu das Kraftfahrzeuggesetz, das Mineralrohstoffgesetz und andere Bereiche –, ein tragisches Ereignis vorausgehen mußte.

Meine Damen und Herren! Der Hinweis, daß Anwendungserfahrungen mit das Motiv waren und miteingearbeitet worden sind, stellt für mich wohl nur ein Feigenblatt für eine sogenannte Satellitengesetzgebung dar, die von Brüssel aus gesteuert wird. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Gestehen Sie ein, daß Ihnen Brüssel immer wieder sagt, was Sie tun dürfen, und vor allem, was Sie tun müssen!

Meine Damen und Herren! Es muß nicht alles falsch sein, was aus Brüssel kommt. Die Bestätigung allein, daß wir im Bereich des Datenschutzes etwas tun müssen und daß der Gesetzgeber über die Union dazu aufgefordert wird, veranlaßt mich persönlich, zuzustimmen. Ich freue mich, daß das österreichische Parlament und in diesem Fall die Regierungsparteien aufgefordert werden, endlich einmal etwas im Bereich des Datenschutzes zu tun.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen hätten aber gerne schon früher, bevor diese Aufforderung aus Brüssel gekommen ist, dem Datenschutz zugestimmt, denn wir empfinden diesen als Notwendigkeit und halten diesen für eine Verpflichtung dem Nationalstaat und unseren Bürgern gegenüber.

Meine Damen und Herren! Nun ein paar Bemerkungen ... (Bundesrätin Mag. Trunk: ... so wie die Fraueninteressen zum Scheck!) Frau Kollegin Trunk! Nun ein paar Bemerkungen zum Versicherungsvertragsgesetz. Da kommen wir genau zu dem Bereich, den Sie im Zwischenruf anzusprechen versuchen. (Bundesrat Konecny: War da nicht irgend etwas in Salzburg mit dem Datenschutz? – Weitere Zwischenrufe.)

Beim Versicherungsvertragsgesetz geben Sie von den Regierungsparteien wiederum vor, daß diese Änderung aus datenschutzrechtlichen Gründen notwendig ist. Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen, das ist ein übler Täuschungsversuch – nämlich den Betroffenen quasi Sicherheit im Bereich des Datenschutzes zu geben! Tatsache ist, daß der Versicherer lediglich zur Risikobeurteilung, und in diesem Bereich nur beschränkt, personenbezogene Daten braucht. Das ist in Ordnung, meine Damen und Herren! Dazu ist auch die Zustimmung des Betroffenen erforderlich, und das ist ebenfalls in Ordnung.

Aber wenn Sie diese Vorlage lesen, meine Damen und Herren, dann sehen Sie, daß § 11a Abs. 2 normiert, daß die Daten, die Sie jetzt den privaten Versicherungen freigeben, zur Verwaltung bestehender Versicherungsverträge erforderlich sind. Meine Damen und Herren! Was soll diese Bestimmung?

Die Praxis und die Realität innerhalb der Versicherungswirtschaft schauen doch anders aus. Das heißt aber, daß Sie gerade bei Ihren Versprechungen – Frau Kollegin Trunk, damit komme ich auf Sie zurück – wieder etwas vorgeben, was in der Praxis nicht eingelöst werden kann, und das betrifft die Personenversicherung.

Es gibt drei Bereiche oder drei Gruppen, nämlich die Unfall-, die Kranken- und die Lebensversicherung, die beschränkt personenbezogene Daten brauchen. Aber für die Beantragung bei Assekuranzen und Versicherungen in Österreich gibt es an den Versicherungsnehmer selbstverständlich die Frage: Leidet oder litt ein Verwandter an ...? Dann werden viele Krankheiten aufgeführt, und zwar nicht nur Erbkrankheiten.

Meine Damen und Herren! 98 Prozent aller Versicherungsnehmer verneinen. Sie verneinen zu Recht, weil sie es nicht wissen können. Gerade mit § 11a Abs. 2 geben Sie diese Versicherungsnehmer einer Willkür preis, denn viele Assekuranzen werden daraus folgendes ableiten: Somit liegt bei der Beantragung eines Risikos eine Obliegenheitsverletzung vor, und aufgrund


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dieser Obliegenheitsverletzung sind die Assekuranzen laut Versicherungsvertragsgesetz leistungsfrei!

Daher werden Sie verstehen, meine Damen und Herren, daß meine Fraktion dieser Änderung im Versicherungsvertragsgesetz die Zustimmung nicht geben kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte.

15.31

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Weilharter! Die Unterstellung, daß die Regierungsparteien – ich spreche jetzt für die Sozialdemokraten – auf Zurufe aus Brüssel warten, um ein solches Gesetz zu verabschieden, kann ich nicht im Raum stehen lassen. Ich behaupte etwas anderes: Ihre Partei wartet immer wieder auf Zurufe aus dem Bärental, bevor sie einer Materie zustimmt oder etwas ablehnt – um das nebenbei einmal gesagt zu haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Es ist aber mir und sicherlich auch Ihnen klar, daß dieses Datenschutzgesetz, das wir heute – so hoffe ich doch – beschließen werden, einen wesentlichen Fortschritt bedeutet im Hinblick auf den Schutz von sensiblen Daten, also von Daten, die die einzelnen Personen – Sie, mich, uns alle – betreffen und angehen.

Ziel der Gesetzesvorlage ist die Harmonisierung der Datenschutzvorschriften der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dies ist die Voraussetzung dafür, daß in Hinkunft kein Mítgliedstaat mehr innerhalb des EU-Gebietes den grenzüberschreitenden Datenverkehr im Interesse des Datenschutzes besonderen Prüfungen oder Genehmigungen unterwerfen darf.

Das EU-Gebiet soll auch im Hinblick auf die Kommunikation über personenbezogene Daten ein Raum sein, in dem im Hinblick auf das Funktionieren des Binnenmarktes der freie Verkehr von Daten durch nationale Grenzen nicht behindert wird – bei gleichzeitiger Wahrung des Schutzes der Grundrechte.

Auch wenn die vorliegenden Gesetzesvorlagen ein neues Gesetz zum Inhalt haben, wird dennoch versucht, bewährte Regelungsstrukturen grundsätzlich aufrechtzuerhalten. Es gibt daher nach wie vor ein Grundrecht auf Datenschutz – § 1 –, das in umfangreichen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt wird. Als Neuerung im Grundrecht ist der besondere Schutz für sensible Daten durch entsprechende Anweisungen an den Gesetzgeber zu erwähnen.

In Umsetzung der Richtlinie wird die Verarbeitung sensibler Daten verboten, sofern es nicht anders in einfachen Gesetzes aus wichtigem öffentlichen Interesse vorgesehen ist.

Die Zuverlässigkeitsvoraussetzung für die Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung von Daten war neu zu formulieren, und zwar erstens deshalb, weil öffentlicher und privater Bereich nunmehr zusammengefaßt sind, und zum anderen, weil die Artikel 6, 7 und 8 der Richtlinie 95/46/EG entsprechend zu berücksichtigen waren.

Wie in der Richtlinie vorgezeichnet, wird nunmehr den Bestimmungen über die Zulässigkeit der Datenverwendung eine Auflistung von Grundsätzen vorangestellt, die die obersten Prinzipien rechtmäßigen Umganges mit personenbezogenen Daten enthält.

Gemäß Artikel 1 der Verfassungsbestimmung auf das Grundrecht von Datenschutz gilt folgendes – ich zitiere daraus nur zwei kurze Sätze –:

"§ 1 (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht."


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"§ 1 (3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen 1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden; 2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten."

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß dieser § 1 des Grundrechtes für uns alle, aber letztendlich auch für den Schutz der Bevölkerung einer der wichtigsten Punkte im neuen Datenschutzgesetz ist. Ich glaube, daß diese Gesetzesvorlage im speziellen – wie schon erwähnt: Artikel 1 der Verfassungsbestimmung mit dem Grundrecht auf Datenschutz – ganz wesentlich dem Schutzbedürfnis des einzelnen Bürgers dient und daß die sensiblen Daten besonders geschützt werden. Ich glaube, daß wir mit diesem Datenschutzgesetz einen großen Schritt in die richtige Richtung machen und daß wir uns sehr wohl dem Standard der Informationsgesellschaft auf europäischer Ebene anschließen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Umgang mit sensiblen Daten erfordert klare Richtlinien für alle Betroffenen – diese werden hiermit gegeben –, damit nicht, wie schon so oft passiert, zum 25. Mal der Gewinner eines Versandhauses gekürt wird, ohne daß er weiß, woher die Daten stammen – ich muß ehrlich sagen, daß sich bei mir auf dem Dachboden solche Gewinne stapeln, so viele sind es mittlerweile geworden –, aber auch, damit solche Auswüchse, wie sie vor geraumer Zeit in Salzburg geschehen sind – ich erinnere an den unlauteren Gebrauch von Daten der Salzburger Landesregierung –, hoffentlich nicht mehr vorkommen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Deshalb werden wir Sozialdemokraten diesen Gesetzentwürfen zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Hummer. – Bitte.

15.37

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gesetze sind nicht nur Regelwerke, sondern Gesetze sind auch Spiegelbild der Zeit, in der wir leben, und Spiegelbild der Gesellschaft. Das gilt in spezieller Weise für die vorliegenden Gesetzentwürfe eines Datenschutzgesetzes 2000 und eines Bundesstatistikgesetzes 2000.

Das Datenschutzgesetz realisiert eine EU-Richtlinie und manifestiert damit wieder einmal die Tatsache, die heute schon erwähnt wurde: daß vieles von dem, was wir in diesem Hohen Hause machen, eigentlich nicht mehr "Gesetze schöpfen", sondern "Gesetze durchführen" bedeutet.

Daten zur Verfügung zu haben ist für unsere moderne, vernetzte, globalisierte Wirtschaft von eminenter und grundlegender Bedeutung. Ein moderner Staat wäre ohne zeitgemäße Datenbanken und Statistiken nicht mehr zu verwalten und nicht mehr zu regieren. Deshalb wächst auch ständig das Interesse von Wirtschaft und Verwaltung an Daten und deren Anwendung, Verwertung und Übermittlung. Der Betroffene, der Träger des Datums oder der Daten, sieht sich demnach einer ständig wachsenden Zahl von Interessierten und Interessen gegenüber.

Der vorliegende Entwurf eines Datenschutzgesetzes schafft ein System des Rechtsschutzes, das der Zeitentwicklung Rechnung trägt, läßt aber dennoch in einer Fülle unbestimmter Gesetzesbegriffe spüren, wie schwer es heute ist, einen zeitgemäßen Ausgleich zwischen berechtigten öffentlichen und privaten Interessen einerseits und dem subjektiven Recht auf Schutz der eigenen Daten zu finden.

Es verdient Lob, daß man darauf verzichtet hat, der EU-Richtlinie mit einer Novelle zum geltenden Datenschutzgesetz 1978 Rechnung zu tragen, und einen Gesetzentwurf aus einem Guß vorgelegt hat. Auch das Inhaltsverzeichnis und damit die Übersichtlichkeit tun wohl.


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Eine Reihe von Verfassungsbestimmungen im Text erinnert aber daran, daß in der heute schon erwähnten, leider gescheiterten Bundesstaatsreform das Inkorporierungsgebot, wonach Verfassungsbestimmungen in Hinkunft nur mehr in das Stammgesetz des Bundes-Verfassungsgesetzes aufgenommen werden sollten, immer wieder im Gespräch war.

Das Grundrecht auf Datenschutz ist der Ausfluß des Persönlichkeitsrechtes, wie es schon im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch in seiner Stammfassung aus dem Jahre 1811 und im Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger verankert worden und im wesentlichen noch heute geltendes Recht ist. Es ist schon erstaunlich, daß es in über 130 Jahren nicht gelungen ist, einen modernen Grundrechtskatalog in Österreich zu schaffen. Oder fehlt es an jenem breiten politischen Konsens, der ein solch schwieriges Werk, sozusagen das Credo unseres demokratischen Rechtsstaates, zu tragen vermöchte?

Diese Frage stellt sich, und Anzeichen hiefür gibt es, so etwa das Unterfangen, Österreichs Neutralität im Spannungsfeld der Europäischen Union zum Wahlkampfthema zu machen, oder den Bundesrat ohne irgendeine Auseinandersetzung mit Österreichs Bundesstaatlichkeit – gewissermaßen durch Zuruf, und das von einem Professor der Finanzwissenschaften! – aus Einsparungsgründen abschaffen zu wollen, ohne sich je ernsthaft für eine Reform verwendet, geschweige denn interessiert zu haben.

Es erinnert etwa auch an die Tatsache, daß sich der Nationalrat noch nie in seiner Geschichte, seit dem Jahre 1920, mit einem Gesetzesantrag des Bundesrates auseinandergesetzt hat. Er hat solche Gesetzesanträge bisher nicht einmal ignoriert, sondern offensichtlich nur gelocht und abgelegt, vielleicht im modernen Computer gespeichert.

Das Grundrecht auf Datenschutz gewährt Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung von Daten, Ansprüche gegen Auftraggeber des privaten Bereichs wegen Verletzung der Rechte der Betroffenen, auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung; sie sind vom Betroffenen auf den immerhin etwas dornigen Zivilrechtsweg im Streitverfahren geltend zu machen.

Wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, ist die Datenschutzkommission zuständig. Im übrigen ist jedermann befugt, sich wegen einer behaupteten Verletzung seiner Rechte oder ihn betreffenden Pflichten eines Auftraggebers oder Dienstleisters mit einer Eingabe direkt an die Datenschutzkommission zu wenden. Der Datenschutzkommission kommen weitgehende Einschaurechte zu. Sie genießt wie Organe der Gerichtsbarkeit Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit und übt ihre Befugnisse auch gegenüber den obersten Organen, also gegenüber der Bundesregierung und dem Bundespräsidenten, aus.

Der vorliegende Entwurf ist in sich stimmig. Ich schlage deshalb vor, dagegen keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

15.44

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Datenschutz verbindet der Normalverbraucher im Regelfall mit jenem lästigen Umstand, der heute schon zur Sprache gekommen ist, nämlich daß Versandhäuser und alle möglichen Firmen Gelegenheit haben, an einen Mitbürger heranzutreten, ohne daß jener nachvollziehen kann, woher das Adressenmaterial stammt. Er fühlt sich belästigt! Das ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Aber ich glaube, daß dem in diesem nun vorliegenden neuen Datenschutzgesetz mit der Formulierung der "sensiblen Daten", der Klarstellung der Möglichkeiten Rechnung getragen wurde.

Ich möchte jedoch einige Bemerkungen zu einem Umstand machen, der in diesem Gesetz verständlicherweise nicht angesprochen werden kann, sondern auf EU-Ebene unseren vollen Einsatz notwendig macht. Er betrifft jene Daten, die unter dem Titel "Betriebsdaten" den gläsernen


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Mitarbeiter schaffen. Ich möchte Ihnen mit diesem Stoß keinen Schreck einjagen (die Rednerin hebt einen Stoß Unterlagen hoch), er soll nur demonstrieren, welches Bedürfnis ich in diesem Zusammenhang gehabt hätte, mich zu verbreiten.

Diese Unterlagen betreffend einen Schriftverkehr, die ich hier in der Hand habe, sind nichts anderes als ein Versuch, zu beweisen, daß mit jenen Betriebsdaten, die verwendet werden, um in einem Konzern zu einem beliebigen Zeitpunkt und an jedem Ort der Welt ein völlig klares, eindeutiges Bild darüber zu bekommen, welcher Mitarbeiter in welchem Land und zu welchem Zeitpunkt auf Urlaub ist, mit welchem Dienstverhältnis er versehen ist, eine Personalpolitik gemacht werden kann, die nicht nur für die Mitarbeiter Gefahren bedeutet, sondern auch all jene vom Gesetzgeber vorgesehenen Rechte und Pflichten eines Managers außer Kraft setzt, weil er nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen, die der Konzern aber dann einfordert und ihm unter Umständen zu Recht als nicht erfüllt vorwirft, zu treffen.

Im vorliegenden Datenschutzgesetz ist diesem Umstand, diesem Problemfeld nur ein Halbsatz gewidmet, nämlich der völlig richtige Hinweis auf die Verankerung im Arbeitsverfassungsgesetz. Als Gewerkschafterin, als Betriebsrätin hätte ich mir allerdings sehr gewünscht, daß wir auch in diesem vorliegenden Gesetz Unterstützung bekommen hätten, um all diesen Fragen besser entgegentreten zu können.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß es mir einsichtig ist, daß diese Problematik im Rahmen der EU-Gesetzgebung zu behandeln und zu erledigen ist, möchte jedoch diese Gelegenheit damit verbinden, wieder einmal darauf hinzuweisen, daß wir uns diesem fremden Wesen EU und unserer Mitgliedschaft, die wir eingegangen sind, nicht immer nur mit Kritik nähern sollten, sondern daß es einfach unsere Aufgabe ist, uns dort einzubringen, um unsere nationalen Bedürfnisse auch auf diesem Weg zu bedienen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Staatssekretär. – Bitte.

15.47

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Hinsichtlich der vorliegenden Gesetze, insbesondere des Datenschutzgesetzes darf ich festhalten, daß es sich hiebei im wesentlichen um eine Anpassung an die Richtlinie 95/46/EG handelt und daß diese Anpassung auch dazu benutzt wurde, im Bereich des Datenschutzes eine Verbesserung herbeizuführen.

Es ist nun insbesondere ein besserer Schutz der sensiblen Daten gewährleistet, es ist aber auch eine Verbesserung der Situation bei händischen Karteien erreicht worden, das heißt, daß nicht mehr nur elektronisch verarbeitete Daten dem Datenschutz unterliegen, sondern tatsächlich auch jene Karteien, die händisch angelegt werden.

Darüber hinaus gibt es darin eine bessere Informationspflicht des Auftraggebers gegenüber den Betroffenen, der nun über die Verarbeitung seiner Daten informiert werden muß. Ich glaube, auch in diesem Punkt haben wir einen wesentlichen Fortschritt zur Rechtssicherheit bei Daten erreicht.

Das Registrierungsverfahren wurde teilweise verschärft und teilweise vereinfacht. Es gibt bestimmte Standardverarbeitungen, bei denen die Registrierungspflicht nunmehr wegfällt, das heißt, der Vollzug ist erleichtert worden, es wurde also im wesentlichen vereinfacht. Dafür gibt es für besondere Daten, die ein datenschutzrechtliches Gefährdungspotential beinhalten, eine verschärfte Registrierungspflicht. Ich halte beides, sowohl die Verstärkung als auch die Erleichterung der Registrierungspflicht, für sinnvoll.

Hinsichtlich des Datenverkehrs mit dem Ausland mußten entsprechend der EU-Richtlinie die diesbezüglichen Bestimmungen verändert werden.


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Zum Bundesstatistikgesetz möchte ich nur ganz kurz drei wesentliche Punkte ausführen, die zu dieser Gesetzesnovelle geführt haben.

Erstens wurde nunmehr in diesem Gesetz verankert, daß die in Registern erfaßten Daten bereits von diesen Registern abgerufen werden können, was die Erhebung wesentlich vereinfacht und automatisiert.

Zweitens steht jetzt bei den Erhebungen nicht mehr die Vollerhebung im Vordergrund, sondern die Stichprobenerhebung, sodaß wir auch damit eine Vereinfachung für den Staatsbürger erreicht haben, da die Belastung nun nicht mehr so groß ist.

Auch wurden Kostentransparenz und Kosteneffizienzsteigerung in diesem Gesetz verankert. Das bedeutet, daß derjenige, der eine Statistik, die über den gesetzlichen Auftrag hinausgeht, in Auftrag gibt, diese auch bezahlen beziehungsweise Budgetmittel dafür vorsehen muß. Damit wird der leichtfertige Umgang mit der Bestellung von Statistiken etwas eingebremst werden.

Wir werden meiner Ansicht nach eine ganz wichtige, qualitative Steigerung dadurch erreichen, daß es zu einer Eigenständigkeit des Statistischen Zentralamtes kommt und damit an sich schon eine flexiblere Handhabung gewährleistet ist. Ich halte es für einen der wesentlichen Fortschritte dieses Gesetzes, daß es eine kaufmännische Gebarung geben muß, die neben der statistischen Notwendigkeit auch darauf achtet, daß die Mittel effizienter und kaufmännischen Überlegungen entsprechend eingesetzt werden. Dazu kommt natürlich noch, daß es zu einer Anpassung der Zurverfügungstellung der statistisch erhobenen Zahlen und Daten kommt, nämlich daß diese elektronisch von jedem Bürger abgerufen werden können, und umgekehrt, daß auch die Datenerhebung nunmehr elektronisch erfolgen kann.

Im wesentlichen bedeutet das eine Entlastung des Bürgers bei der Erhebung der Daten, eine Kostentransparenz im Bereich des Statistischen Zentralamtes beziehungsweise der Auftraggeber der entsprechenden Statistik sowie einen erleichterten Zugang zu den erhobenen Daten. Darüber hinaus ist eine der wesentlichsten Erleichterungen die nun mögliche Abberufung der Daten aus schon bestehenden Registern. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Staatssekretär.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.


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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Bundesstatistik.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

18. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden (1163/A und 2039/NR sowie 6037/BR der Beilagen)

19. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1162/A und 2040/NR sowie 6011 und 6038/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte wieder unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 18 und 19 hat Herr Bundesrat Hensler übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Ich möchte Ihnen diese beiden Berichte kurz vorlesen:

Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Punkt 19: Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung ... (Bundesrat Rauchenberger: Stimmt nicht! Das ist Punkt 20!) Entschuldigung, Frau Vizepräsidentin!


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657. Sitzung / Seite 124

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte beziehungsweise für die Richtigstellung im Vortrag und für das Stellen der Anträge.

Wir gehen nun in die Debatte ein, die über die beiden Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

15.57

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Kollege Hensler hat mir jetzt zu einem Gefühl verholfen, das ich mir seit zehn Jahren schon vorstelle, nämlich hier herausgehen und zu einem Tagesordnungspunkt reden zu müssen, von dem man keine Ahnung hat. – Es hat mich fast der Schlag getroffen, als ich zugehört habe, bis du den kurzen Bericht gebracht hast: Ich soll jetzt herausgehen und dazu etwas sagen, obwohl ich das in meinem Leben noch nie gehört habe! – Aber es hat sich herausgestellt, daß es ein Mißverständnis war, und ich bin sehr froh darüber! (Bundesrat Hensler: Entschuldige!)

Meine Damen und Herren! Die zwei Gesetze, die wir hier gemeinsam behandeln, sind das Rundfunkgebührengesetz und das Regionalradiogesetz. Das Rundfunkgebührengesetz hat, wie wir wissen, bei der ersten Lesung im Nationalrat zu ordentlichen Turbulenzen geführt. Letztendlich aber wurde es in dritter Lesung angenommen und über die Art und Weise, wie die Beiträge einzuheben sind, ein Konsens gefunden. Mehr möchte ich zu diesem Gesetz nicht sagen. Ich betrachte das als tragbare Lösung.

Ein bißchen genauer möchte ich mich mit dem Regionalradiogesetz auseinandersetzen, weil ich meine, daß wir hier noch oft Novellierungen des Regionalradiogesetzes behandeln werden, da durch die privaten Radiobetreiber eben eine neue Situation entstanden ist, mit der zu leben man sich erst gewöhnen muß und deren Mängel immer aus dem Tagesablauf ersichtlich werden.

Ich möchte aber vorweg gleich festhalten: Die ganz große Neuerung, die von allen Fraktionen so gelobt wird, ist es nicht, auf Mittelwelle umzusteigen, um weitere private Frequenznutzer zu ermöglichen. Viele von uns können sich noch daran erinnern, wie Radio vor 40 oder 45 Jahren, als es hauptsächlich über Mittelwelle gelaufen ist, anzuhören war. Die Topographie Österreichs verhindert einen geräuschfreien, einen tatsächlich gut funktionierenden Empfang auf dieser Ebene. Bei neuen Radioapparaten ist es teilweise gar nicht mehr möglich, auf Mittelwelle – damals hat es auch noch Langwelle gegeben – umzuschalten. Ich glaube also, daß das Unternehmen, das sich um eine Frequenz bemüht, noch einiges an Forschung betreiben wird müssen, damit das, was man sich erwartet, tatsächlich erreicht wird, nämlich eine weitere Liberalisierung des Privatradiobereiches.

Allerdings sind einige Punkte sehr begrüßenswert. Kernpunkt ist die Vereinfachung der Planung des Sendegebietes. Bisher galt strikt der Frequenznutzungsplan. Jetzt können private Unternehmen jederzeit einen Antrag auf Zulassung eines Radiobetriebes in einem selbstdefinierten Verbreitungsgebiet stellen. Voraussetzung ist jedoch ein fernmeldetechnisches Gutachten, die Kosten werden aber bei positiver Erledigung rückerstattet.

Auch die Verlegung des Standortes der Sendeanlage dürfte, wenn man die Änderung weiter interpretiert, nach einem Gutachten möglich sein.

Wichtig ist, daß die Vergabe von weiteren Frequenzen an keine Fristen gebunden, sondern jederzeit möglich ist. – Ich glaube, das sind Punkte, die es allein schon wert gewesen sind, das Gesetz zu novellieren. Man sollte aber trotzdem nicht aufhören, in die Zukunft zu schauen.


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Noch nicht geregelt ist, was mit ungenutzten, aber bereits zugeteilten Frequenzen passiert und wie der spekulative Handel damit unterbunden werden kann. Wir wissen, daß es Gesellschaften gibt, die sich um Frequenzen beworben, aber bis heute nicht zu senden begonnen haben, aber mangels Konkurrenz nicht nur ihre Frequenzen behalten konnten – obwohl der Gesetzgeber etwas anderes vorgesehen hat –, sondern sogar noch neue Frequenzen dazubekommen haben.

In diesem Zusammenhang denke ich zum Beispiel an einen Unternehmer in Kärnten. Wenn man gleichzeitig weiß, daß jener Unternehmer seit zwei Jahren versucht, für 20 Millionen Schilling eine Wörthersee-Frequenz an den Mann oder an die Firma zu bringen und diesen Käufer dann mit weiteren Frequenzen auszustatten, dann muß man, wie ich meine, zugeben, daß diese Materie vom Gesetzgeber oder von jener Arbeitsgruppe, die dafür zuständig ist, nicht gut überlegt gewesen ist. Vielleicht ist einfach nicht genug recherchiert worden.

Dem gilt es, einen Riegel vorzuschieben. Ich möchte eines nicht: Die Liberalisierung des Rundfunks in Österreich soll letztendlich nicht ausschließlich für ausländische Groß-Radiokonzerne eine Gelegenheit sein, sich in Österreich seßhaft zu machen und sich über andere, kleinere private Betreiber hinwegzusetzen. Ich meine, die Konkurrenz ORF ist groß genug. Ansonsten sollten wir darauf bedacht sein, daß die vielen neuen Firmen – es sind ungefähr 45 – auch eine Möglichkeit haben, zu überleben.

Ich meine aber auch, daß der Gesetzgeber den ORF hinsichtlich nicht genutzter, aber ihm zugeordneter Frequenzen überprüfen sollte. Das heißt, eine Drei- oder Vierfachversorgung ist nicht notwendig. Man müßte also prüfen, welche Frequenzen für den ORF bereitgestellt und koordiniert sind, man sollte aber letztendlich gleich dafür sorgen, daß die Privaten ihre Sendemöglichkeiten verbessern können, denn so könnte auch ihre finanzielle Situation hinsichtlich der Erwirtschaftung von Einnahmen aus dem Verkauf von Sendesekunden besser werden.

Ich verstehe bis heute nicht – ich spreche dabei die ÖVP und Kollegen Maier an, der dazu dann auch etwas sagen wird; vielleicht kann er mir das erklären –, warum gerade die ÖVP so erpicht darauf war, die Hörerreichweite für die kommunalen, für die lokalen Radiosender auf 100 000 zu beschränken. Ich meine nicht, daß es darauf hinauslaufen sollte, die regionalen Radios zu schützen, denn das hieße, ein weiteres Monopol im Radiobetrieb zu schaffen. Wir wissen aber, daß es egal ist, ob man für 400 000 oder für 50 000 oder für 10 000 Hörer Radio macht. Die Kosten sind fast immer die gleichen, für die Personalkosten gilt das ebenfalls.

Daher meine ich, daß wir in der nächsten Zukunft überlegen sollten, ob wir diese Barriere nicht so aufweichen können, daß diesen Radiobetreibern auch die Chance gegeben wird, wirtschaftlich zu überleben – noch dazu, wenn man weiß, daß es sehr wohl lokale Radios gibt, die Reichweiten von nahezu 2 Millionen oder auch 3 Millionen Hörern haben – ich denke da etwa an Wien –, man aber auf der anderen Seite zum Beispiel über Innsbruck Stadt nicht hinausreichen sollte. Wenn man das gegenüberstellt, dann kann man verstehen, was ich damit meine. – Ich glaube, wir haben in der nächsten Zeit diesbezüglich noch einiges zu tun.

Auch bei der Weiterentwicklung des ORF-FM-Senders "Radio 4" sollten wir mit Argusaugen darauf achten, daß damit nicht eine weitere Möglichkeit geschaffen wird, mit der die von uns ins Leben gerufenen privaten Radios an den Rand gestellt werden. Wenn es etwa heißt, "Radio 4" wird jugendlich sein, hat verschiedene kulturelle Aufgaben und wird werbungsfrei sein, weiß doch jeder von uns, daß dies ein Vorteil gegenüber Privaten ist, die auf die Werbung einfach angewiesen sind.

Ich denke zum Beispiel nur daran, wenn man zu Hause den Fernseher einschaltet und das Programm durch Werbung unterbrochen wird, dann stößt das nicht überall auf Wohlwollen. Man fängt dann zu "zappen" an, sucht sich in der Zwischenzeit ein anderes Programm und kehrt dann später wieder zurück. Das heißt, das Programm, das nicht durch Werbung unterbrochen wird, ist interessanter. Letztendlich bedeutet das aber für jene Sender, die bei ihren Einnahmen ausschließlich auf die Werbung angewiesen sind und nicht durch Pflichtbeiträge am Leben


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erhalten werden oder auch durch ihre Reichweite Einnahmen erzielen können, einen gewaltigen Nachteil.

Auch da sollten wir auf das pochen, was der Gesetzgeber ohnehin in weiser Voraussicht vorgegeben hat. Man sollte nur darauf achten, daß diese Vorgaben auch eingehalten werden.

Ich finde, daß uns die letzten diesbezüglichen Äußerungen des ORF stutzig machen sollten, und wir sollten auch beizeiten zu erkennen geben, daß da seitens des Gesetzgebers nicht tatenlos zugeschaut wird.

Meine Damen und Herren! Ansonsten sind beide Gesetze zu unterstützen. Sie sind, wie gesagt, ein weiterer Meilenstein. Aber in bezug auf den Regionalradio-Bereich denke ich, daß das heute nicht die letzte Novellierung war. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Grasberger. – Bitte.

16.05

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Prähauser hat – ich möchte sagen: erwartungsgemäß – inhaltlich sehr genau die Veränderungen, die wir hier vom Nationalrat vorgelegt bekommen haben, geschildert, sodaß ich es mir im wesentlichen ersparen kann, das alles zu wiederholen.

Ich möchte aber die Gelegenheit, hier zum Regionalradiogesetz reden zu können, dazu nutzen, um auch etwas auf die in den letzten Tagen vom ORF präsentierten Ergebnisse der Media-Analyse einzugehen, in der sehr deutlich dargestellt wurde, daß mehr als 5 Millionen Menschen tagtäglich ORF-Radio hören und daß der ORF in dieser Sparte nach wie vor einen Marktanteil von insgesamt 79 Prozent hält. Einige Jahre nach der Bewilligung, dank der nun auch lokale private Betreiber Radio machen können, ist das doch ein sehr, sehr respektabler Wert!

Kollege Prähauser ist jetzt nicht mehr im Saal, aber er sprach von etwa 45 lokalen Mitbewerbern. Es sind mehr. Es gibt insgesamt 51 lokale Mitbewerber, die versuchen, das nach wie vor staatlich geprägte Medium ORF zu ergänzen und dieses Medium auch vom lokalen Sektor und Bedarf her entsprechend abzudecken.

Der Spitzenreiter unter den ORF-Radiosendern – ich glaube, das hat niemanden von uns überrascht – ist Ö 3 mit etwas über 2,7 Millionen Hörern, die tagtäglich dieses wirklich professionell gemachte Medium im wahrsten Sinn des Wortes konsumieren. Für uns als Vertreter der Länder ist, wie ich meine, auch nicht uninteressant, daß bereits sehr viele Hörer – nämlich 2,4 Millionen; das ist nach meinem Dafürhalten sehr viel – auch die ORF-Lokalsender nutzen.

Ich sagte schon, ich möchte heute die Gelegenheit hier dazu verwenden, um zum Regionalradiogesetz etwas einzubringen. Ich möchte erwähnen, daß die Media-Analyse, die uns in den letzten Tagen präsentiert wurde, nicht unwidersprochen geblieben ist. Besonders lokale Radiostationen meinen, daß sie doch etwas unter ihrem Wert geschlagen worden sind. Sie meinen – wir kennen diese Aussagen auch bei den Printmedien –, daß sie von der Präsenz her wesentlich stärker vertreten sind oder konsumiert werden, als die Media-Analyse dies ausweist.

Ich habe mich dann in der Folge ein bißchen näher damit beschäftigt und habe erfahren, daß, was den ORF beziehungsweise die lokalen Sender, die privaten Betreiber anlangt, bundesweit insgesamt 20 000 Anrufe pro Jahr die Grundlage für diese Analyse bilden. Es werden also 20 000 Österreicherinnen und Österreicher gefragt: Welche Sendungen beziehungsweise Sender hören Sie? – Nach Meinung der privaten Radiobetreiber wird dann nach wie vor eben in erster Linie der ORF genannt. Das hat seine Ursache sicherlich darin, daß der ORF natürlich jedem als erstes einfällt – und meines Erachtens auch zu Recht.


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Ich persönlich bin diesbezüglich – gestatten Sie mir, das in diesem Zusammenhang zu sagen – ein typischer "Wechselwähler". Ich wähle die verschiedensten Radioprogramme und vergleiche sie auch miteinander. Und ich stehe nicht an, hier zu sagen, daß beispielsweise der ORF seinem Auftrag, auch als Bildungseinrichtung zu wirken, gerade bei Ö 1 in besonders hohem Maße nachkommt. Ich habe mich persönlich sehr darüber gefreut, daß die Media-Analyse auch ergeben hat, daß Ö 1 steigende Hörerzahlen verzeichnet.

Ich kann Herrn Kollegen Prähauser – er ist leider nicht im Saal – in einem Punkt beipflichten. Wenn einzelne Sendungen ohne Werbung ablaufen, dann ist das in Wahrheit – auch wenn es ökonomisch für das Unternehmen vielleicht ein Problem darstellt – für den Hörer eine durchaus interessante Möglichkeit, sich einmal ohne Werbeeinschaltungen mit Sachthemen zu beschäftigen, und das gelingt nach meinem Dafürhalten bei Ö 1 in besonders hohem Maße. Nochmals: Der ORF erfüllt meines Erachtens gerade mit Ö 1 den Bildungsauftrag, den er vom Gesetzgeber bekommen hat, am besten.

Wer von uns hätte vor etwa zehn Jahren gedacht, daß es einmal dieses Nebeneinander von privaten Betreibern und dem nach wie vor staatlich geprägten ORF geben würde? Wer hätte das damals gedacht?

Ich halte in diesem Zusammenhang fest, daß es gerade die Fraktion der Österreichischen Volkspartei war, die besonders darauf gedrängt hat, daß die privaten Rundfunkbetreiber entsprechenden Raum und Möglichkeiten vorfinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Neu beim Regionalradiogesetz ist die Möglichkeit für die Betreiber, auch auf Mittelwelle zu senden. Ich brauche nicht mehr darüber zu sagen. Die Verlängerung der Lizenzdauer von sieben auf zehn Jahre ist ebenfalls Inhalt des Paketes.

Ich möchte hier auch klarmachen, daß die Umsetzung für die privaten Betreiber sehr oft zu langsam vor sich geht. Die Zeitspanne, bis wir als Gesetzgeber ein Vorhaben durchführen, ist zu lange. Vieles geht den Betreibern zu langsam. Das ist nach meinem Dafürhalten aber nicht unbedingt negativ zu sehen. Wenn man sehr genau arbeitet und sich sehr sanft mit den Dingen zu beschäftigen hat – und es ist in diesem Bereich nun einmal alles im Fluß –, dann wird eben auch Zeit gebraucht.

Nach wie vor verursacht die hohe Kostenbelastung, die auf Verwertungsgesellschaften wie die AKM zurückzuführen ist, bei den Betreibern Unbehagen. Ich habe das, als wir zuletzt das Re-gionalradiogesetz hier diskutierten, schon einmal vorgebracht. 10 oder 11 Prozent der Gesamtkostenbelastung der Produktion entfallen auf den Schutz der Urheberrechte. Trotzdem muß ich als ÖVP-Mandatar klar sagen, daß Künstler, Menschen, die Urheberrechte anmelden, selbstverständlich entsprechende Geldmittel für ihre Leistung, die sie einbringen, erhalten müssen.

Nicht unwesentlich ist die Anhebung des Kunstförderungsbeitrages. Es soll damit ermöglicht werden, daß der österreichische Film wieder stärkere Bedeutung erlangt. Ich selbst bin zuversichtlich, daß das auch gelingen wird. Die Österreichische Volkspartei wird nicht zuletzt auch aus diesem Grund diesen Gesetzesvorlagen die Zustimmung erteilen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Rauchenberger. )

16.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

16.13

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Die Kollegen Prähauser und Grasberger haben das meiste schon vorweggenommen. Ich darf in meinem Redebeitrag die Punkte 18 Rundfunkgebührengesetz und 19 Regionalradiogesetz zusammenfassen.

Eingangs zum Rundfunkgebührengesetz. Daß die Vorlage zur Änderung dieses Gesetzes von der Rechtsabteilung des ORF stammt, wie mittlerweile bekannt wurde, wundert mich nicht wirk


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lich. Schließlich muß in Erfüllung des Gesetzesauftrages natürlich auch die Mittelbeschaffung und die Erfassung der Zahler – um die Hörer und Seher einmal so zu nennen – legitim sein.

Wenn eine Anpassung vom Quasi-Bittsteller um eine Rundfunkbewilligung zum Anmelder erfolgt, so wird dies auch recht sein.

Nicht recht sind allerdings die ursprünglich vom ORF geforderten Datenerhebungen über Stromlieferanten und Kabelgesellschaften. Orwell’sche Zustände lassen wir denn doch nicht einreissen und Datenschutz darf in unserer Republik kein leeres Wort sein! Zwischen zu suchenden Verbrechern und säumigen ORF-Gebührenzahlern ist ja auch noch ein Riesenunterschied!

Es gibt noch eine Ungereimtheit. Ob es wirklich notwendig ist, für den bloßen Besitz eines Fernsehgerätes 16 S und für den eines Radios 5 S einzuheben oder einzutreiben, möge in Zukunft bei einer weiteren Novellierung bedacht werden. Meine Kollegen Vorredner haben es ja schon erwähnt: Weitere Novellierungen werden sicher notwendig sein.

Wir Freiheitlichen sind immer für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingetreten, und damit komme ich schon zum Punkt 19, Regionalradiogesetz. Da wir manchmal schlechte Erfahrungen mit dem ORF – Stichwort parteipolitische Einflußnahme – gemacht haben, treten wir für einen Dualismus in der Rundfunkordnung ein, also für einen öffentlich-rechtlichen Teil, von dem auch durchaus Qualität eingefordert werden kann, und für einen privatrechtlichen Teil.

Leider müssen wir noch immer auf eine ähnliche Regelung für ein privates terrestrisches Fernsehen warten.

Daß man nun auch andere Frequenzbereiche als UKW für das Privatradio öffnet, ist logisch und wird zweckmäßigerweise durch eine Novellierung des Regionalradiogesetzes erreicht. Ob die Mittelwelle – die Vorredner haben es schon angesprochen – für einen Privatradiobetreiber überhaupt noch interessant ist, kann ich nicht beurteilen und wird erst die Zukunft zeigen. Ob die Kurzwelle, die für unsere Auslandsösterreicher nicht ganz uninteressant wäre, aufgrund des enormen technischen Aufwandes in Frage kommt, kann ich erst recht nicht beurteilen. Rundfunkrechtlich sind jedenfalls die Weichen dafür gestellt. Fernmelderechtlich – ich glaube, das wird das größte Problem sein – dürften sich allerdings gewaltige Hürden in den Weg stellen.

Hohes Haus! Nach genauer Abwägung von Für und Wider werden wir Freiheitlichen den Vorlagen unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

16.17

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich melde mich deshalb zu Wort, weil ich glaube, daß das vorliegende Gesetz, das die ORF-Gebühren regelt, eigentlich nicht vorliegen müßte. Ich gehe weniger auf das Privatradiogesetz ein – auf dieses haben ja die Vorredner ohnehin schon Bezug genommen.

Ich möchte nur kurz auf die Ausführungen des Kollegen Prähauser eingehen, und zwar, was die Definition von Regionalradios und Lokalradios betrifft. Ich glaube, daß im Zuge der Diskussion, die dann zum ersten Gesetzentwurf – was das Privatradiogesetz oder Regionalradiogesetz anlangt – geführt hat, gesagt wurde, man sollte von der Entwicklung in der Bundesrepublik etwas lernen, wo ja Mitte der achtziger Jahre eine Fülle von Privatradiosendern auf den Markt gekommen sind. Ich glaube, es waren in der höchsten Blüte 48 Sender, aber zwei Jahre später hat es eine Reihe von Konkursen gegeben. Daher hat man damals gemeint, man sollte regional einmal Sender ausformen und die lokalen Radios definieren, und da war die Größenordnung von 100 000 Hörern einfach eine Ableitung aus der Bundesrepublik Deutschland.


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Aber lassen Sie mich zum Gesetz sprechen, das die ORF-Gebühr regelt. Ich meine, das ist ein Teil von Bruchstücken einer sehr restriktiven Medienpolitik in diesem Lande und in Wahrheit eine Schande! Es ist zwar bezeichnend, daß das Gesetz offensichtlich stimmeneinhellig angenommen wird. Ich kann dem nicht ganz folgen, sage ich ganz ehrlich.

Wir wissen, daß die Medienpolitik in der Kompetenz des Herrn Bundeskanzlers liegt und somit auch jenes Hauses, aus dem der Herr Staatssekretär kommt. Rückblickend auf die letzten vier Jahre dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode kann man durchaus sagen: Außer Spesen nichts gewesen! Es ist nicht viel gekommen, und das, was gekommen ist, ist in Wahrheit ein Minimum.

Daher darf man sich nicht wundern, wenn ich meine, daß es dieses Gesetz heute gar nicht geben dürfte. Wenn Sie sich zurückerinnern, dann werden Sie feststellen, wir haben vor noch nicht allzulanger Zeit für den ORF Werbezeitenregelungen beschlossen, und ich frage mich, warum man nicht schon damals die Gebührenregelung so wie in diesem heute vorliegenden Aktenstück vorgenommen hat, und zwar sowohl die Ersatzregelung für den Bereich der Gebührenbefreiungen wie auch die neue Regelung, was die Einhebung anbelangt.

Ich denke, daß diese Situation dazu führen wird – und das sage ich hier ganz deutlich –, daß es zu weiteren Artikeln wie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Format" kommen wird, wo getitelt wurde: "Der Politikkrieg um die ,ZiB 1‘ ". In diesem Artikel war zu lesen, daß die "Zeit im Bild 1" am Freitag, dem 2. Juli, einen Bericht über die "Euroteam"-Affäre von Viktor Klimas Lehrlingsbeauftragtem Lukas Stuhlpfarrer ausstrahlen wollte.

Es wurde berichtet – ich zitiere jetzt wörtlich das Nachrichtenmagazin "Format" –: "Es geht um Freunderlwirtschaft im Umfeld des Herrn Bundeskanzlers, um 40 Millionen Schilling an Steuergeldern und um den angeblichen Mißbrauch dieser staatlichen Förderung."

Der gesendete Beitrag dauerte zwei Minuten – um 8 Sekunden kürzer als geplant. Der Sendungsbeauftragte hat das dann noch kurz zusammengeschnipselt. Ein Satz fehlte, er hätte gelautet: Dem Verein "Euroteam" hatte auch der Sohn des Kanzlers und einer seiner Sprecher angehört, allerdings als Karteileichen, wie beide sagen.

Meine Damen und Herren! Das ist genau der Punkt, bei dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk in die Diskussion kommt. Es ist geradezu eine Hetz, wenn der Sprecher des Herrn Bundeskanzlers dann sehr zynisch im gegenständlichen von mir schon zitierten Artikel des "Formats" meint: Diese acht Sekunden machen für mich das Kraut auch nicht fett. Das heißt also, es ist eh schon wurscht. Es wird ihm vorgeworfen, daß interveniert wird, darauf sagt er dann, das sei sein Job. Er sagt wörtlich: Das ist schließlich mein Job. Ich mache auf die Themen aufmerksam. – Man kann sich also vorstellen, was das auf gut deutsch heißt. Genau das ist der Punkt: Wenn man stimmeneinhellig – da schließe ich die Freiheitlichen genauso ein wie den Großteil der Österreichischen Volkspartei – dieses Gesetz beschließt, dann wird es in der Öffentlichkeit heißen, die Parteisekretäre bedienen sich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Meine Damen und Herren! Seitens des Bundesrates sollten wir nicht darüber nachdenken, was wir stimmeneinhellig mitmachen könnten, sondern darüber, was man dagegen unternehmen könnte. (Bundesrat Rauchenberger: Das müssen Sie ja wissen!) Ich versuche, hier einige Vorschläge zu machen, Herr Kollege! Vielleicht können Sie auch einen Beitrag dazu leisten. Ich mache Ihnen den Vorschlag: Reden Sie mit Ihrem Mediensprecher Rudas, und klären Sie ihn auf, daß er im Kuratorium des ORF fehl am Platz ist. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Rauchenberger: Wie oft haben Sie interveniert?)

Wenn jemand Mediensprecher sein will, dann muß er natürlich alle Medien in diesem Land vertreten können und kann daher nicht im Kuratorium des ORF sitzen. (Bundesrat Rauchenberger: Stellt sich da als Saubermann her!) Das ist ein Vorschlag, den ich Ihnen mache. (Bundesrat Rauchenberger: Sie stellen sich hier als Saubermann her und beherrschen die Medien in Österreich!) Der zweite Vorschlag, den ich Ihnen auch unterbreiten möchte, ist: Es ist zu hinterfragen, inwieweit der öffentlich-rechtliche Rundfunk jenem Auftrag, den ihm der Gesetzgeber gegeben hat, tatsächlich noch nachkommt. Mein Kollege hat schon davon gesprochen, es gibt


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den Bildungsauftrag. Es gibt aber auch den Auftrag zur Information und auch zur Objektivität. Es ist zu hinterfragen: Ist das objektiv, wenn sogar in der Redaktionssitzung der "Zeit im Bild 1" die Mannschaft erklärt hat, es wäre nicht notwendig gewesen, diesen Acht-Sekunden-Schnitt zu machen, man hätte ihn auch so ausstrahlen können. – Es stellt sich die Frage: Ist das jetzt noch im Sinne des Auftrages oder nicht?

Warum sage ich das bei diesem Gesetz, mit dem wir die Gebühren neu regeln? – Der ORF bekommt nur die Gebühren, damit er diesem Auftrag nachkommt. Wenn er diesem Auftrag nicht nachkommt, wäre zu fragen, ob er überhaupt noch die Höhe dieser Gebühren verlangen kann. Das ist eine Frage, bei der ich es Ihnen überlasse, wo Sie diese stellen.

Ich würde vorschlagen, daß man zumindest in der Hörer- und Sehervertretung darüber diskutiert, ob die Höhe dieser Gebühren noch gerechtfertigt ist, weil ich meine, daß der ORF in der Gefahr ist, dem Auftrag, den ihm der Gesetzgeber gegeben hat, nicht nachkommen zu können. Das ist der Punkt, daß auch all – ich schließe da auch die Klubs nicht ein – die in den letzten Monaten gefaßten Beschlüsse, die weniger aus dem zuständigen Bundeskanzleramt kamen, sondern eher aus dem Klubs, in Wirklichkeit Bruchstücke sind, die alles andere als eine gedeihliche und, wie ich meine, zukunftsorientierte Medienpolitik ermöglichen. Das ist auch der Grund, warum ich dem nicht zustimmen werde. Ich werde mir sehr gerne anschauen, wie Sie mit dem Problem umgehen werden. Ich glaube, daß das kein guter Dienst am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist. (Beifall bei der ÖVP.)

16.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

16.24

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich zum hier vorliegenden Gesetzentwurf festhalten, daß die Bundesregierung diesen ausdrücklich begrüßt, da wir zu einer effizienten Einhebung des Gebühreneinzugs kommen. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es sehr wohl notwendig war, auch die Mittelwelle von der Liberalisierung zu erfassen, weil sehr viele Anfragen gerade betreffend die Mittelwelle vorhanden waren.

Zu den Ausführungen des letzten Redners möchte ich schon etwas hinzufügen: Erstens: Es gibt keinen Lehrlingsbeauftragten. Zweitens: Es gibt sehr wohl große Erfolge im Bereich der Medien. Es ist eine Liberalisierung im Satellitenbereich, im Kabelbereich und im Regionalradiobereich erfolgt. Wir als Regierung haben einen Gesetzentwurf verabschiedet, der in diesem Haus liegt und sehr wohl eine Liberalisierung des gesamten Bereiches umfaßt. Es liegt an diesem Haus, diesen zu beschließen. Es gibt diesbezüglich verschiedene Ansätze und auch verschiedene technische Entwicklungen, die im Zuge einer Enquete behandelt wurden. Diese Aktivitäten der Regierung sind nachweisbar, man sollte sich diese anschauen – nicht alles, was von der Regierung kommt, ist schlecht –, und sie sind teilweise auch Grundlage dieser Novellen. Ich halte es auch für günstig, daß diejenigen Bereiche, über die Konsens erzielt werden konnte, auch letztendlich hier verabschiedet werden.

Als Kulturverantwortlicher und Kunstverantwortlicher freut es mich ganz besonders, daß der Gebührenbefreiungsersatz der Regierung, der dem ORF wieder zugute kommt, ausschließlich für den europäischen Film und insbesondere für den österreichischen Film zur Verfügung steht. Das wird ein ganz massiver Schub für den Bereich der Filmwirtschaft sein, denn wir können damit rechnen, daß die Mittel, die dem österreichischen Film dadurch zufließen werden, verdoppelt werden. Das ist, so glaube ich, ein ganz wichtiger Akzent, der aufgrund dieser Novelle entsteht. Das heißt, da hat man auch auf einem Nebenfeld – das war mir besonders wichtig und wurde auch in Absprache mit dem ORF so geregelt und letztendlich auch in einem Entschließungsantrag festgehalten – eine maßgebliche Investitionstätigkeit ermöglicht und einen ganz wichtigen Akzent für den österreichischen Film gesetzt.

Ich glaube daher, daß es notwendig ist, diese Novelle zu beschließen. Ich bin auch der festen Überzeugung, daß weitere Gesetzesvorlagen kommen werden. Wie gesagt, es liegt ein Entwurf


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im Parlament. Ich glaube, daß es notwendig ist, bei solch einer weitreichenden Entscheidung, die insbesondere von der technischen Entwicklung, nämlich analoges oder digitales System, abhängt, auch die entsprechenden Beratungen sehr sorgfältig zu führen, weil dies eine Entscheidung für die Zukunft dieser Medien ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

20. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (1173/A und 2034/NR sowie 6039/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zum 20. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hensler übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß


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des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Vizepräsident Dr. Milan Linzer:
Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

16.31

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Grundlage dieser Vorlage, die wir gegenständlich debattieren, sind einerseits zwei Berichte und andererseits Anträge, in denen es um die Beseitigung von Benachteiligungen von behinderten Personen geht. Diskriminierung ist – egal, um welchen Bereich es sich auch handeln mag – grundsätzlich abzulehnen. Behinderte Personen sollen neben körperlichem und psychischem Leid, welches sie oft zu ertragen haben, nicht auch noch durch gesetzliche Bestimmungen diskriminiert werden. Das ist der Hintergrund dieser Debatte und dieses Gesetzes.

Die Qualität menschlichen Zusammenlebens läßt sich unter anderem auch daran messen, wie weit die Gesellschaft bereit ist, den Menschen gleiche Chancen einzuräumen. Dies gilt insbesondere auch für die Situation von behinderten Menschen.

Um Diskriminierungen abzubauen und mehr Chancen für die Betroffenen zu ermöglichen, bedarf es eben auch der Änderung zahlreicher Rahmenbedingungen, die weitgehend auf vorhandene Bedürfnisse abgestimmt sind. Aufgrund jenes Berichtes, den die Bundesregierung auf Antrag des Nationalrates hinsichtlich behindertenbenachteiligter Bestimmungen erstattet hat, sollen erste Rahmenbedingungen geändert werden.

Geändert werden soll jener Teil der gesetzlichen Bestimmungen, der ohne weiteres möglich ist und darüber hinaus "in die Vollziehungszuständigkeit von Bundesministerien, die von sozialdemokratischen Bundesministern geleitet werden, und dem Bundesministerium für Justiz fallen." Diese Maßnahme betrifft immerhin neun bestehende Bundesgesetze, in denen ein weiterer Schritt zum Abbau von Benachteiligungen Behinderter vorgenommen wird. Darüber hinaus bedarf es für die Zukunft allerdings noch zahlreicher weiterer Anstrengungen und Maßnahmen, um Behinderten eine tatsächliche Gleichstellung zu gewährleisten. Entscheidend dabei wird allerdings sein, inwieweit es gelingt, unser tägliches Handeln und Denken generell so auszurichten, daß die Würde des Menschen im Mittelpunkt steht. Nur damit können sprachliche und tatsächliche Schranken und Barrieren abgebaut werden und dazu beitragen, daß das Miteinander und Füreinander unter anderem auch Behinderten gilt.

Wichtig wäre es auch, die Länder in diesen Prozeß einzubinden und auch auf dieser Ebene das Bewußtsein zu wecken, daß nicht nur der Bund gefordert ist, seine Gesetze diesbezüglich zu durchforsten, sondern auch die Länder ganz besonders dazu aufgerufen sind. Auf die notwendige Einbindung bestehender Behindertenorganisationen in dieser Frage muß, so hoffe ich, nicht extra verwiesen werden. Es ist dies meiner Meinung nach eine wesentliche Voraussetzung auf dem Weg zum Abbau von Diskriminierungen in den Verfahrensrechtsordnungen. – In diesem Sinne darf ich feststellen, daß meine Fraktion dieser Vorlage gerne die Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Maria Grander. Ich erteile es ihr.

16.34

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Benachteiligung von behinderten Menschen umfaßt eine große Anzahl von Normen, die zwar keine Diskriminierung darstellen, allerdings von behinderten Menschen als Benachteiligung empfunden werden. Ich glaube, diese Benachteiligung muß kontra der Diskriminierung in den Vordergrund gestellt werden.

Ich möchte all jenen, die an dem umfassenden Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchleuchtung der österreichischen Bundesrechtsordnung in bezug auf Bestimmungen, die Behinderte benachteiligen, mitgearbeitet haben, danken. Die vorliegenden Maßnahmen sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Gleichstellung behinderter Menschen, wir haben aber sicherlich noch einen sehr langen Weg vor uns, bis wir dieses Ziel erreicht haben. Dieser Weg muß weitergegangen werden. Dazu ist es notwendig, mehr Verständnis für behinderte Menschen zu schaffen.

Gesetze sind wichtig, aber ich glaube auch, daß wir aufgefordert sind, darüber hinaus täglich eine entsprechende Bewußtseinsbildung bei den Menschen zu fördern. Jede Initiative, die dazu beiträgt, das Leben behinderter Menschen sichtbar zu machen und sie als gleichwertige Partner zu akzeptieren, ist dankenswert. – Meine Fraktion wird diesem Antrag die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.36

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.

16.36

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren!

Dieser Vorlage wird meine Fraktion allein schon wegen ihres erklärten Zieles, Behinderte diskriminierende Bestimmungen zu beseitigen, gerne zustimmen.

Vorweg muß freilich eine wahrhaft bemerkenswerte Formulierung im Bericht des Verfassungsausschusses des Nationalrates kritisch erwähnt werden. Dankenswerterweise hat sie Kollege Rauchenberger auch schon selbst zitiert. Darin ist von zu ändernden diskriminierenden Bestimmungen die Rede, die – ich zitiere nochmals – "in die Vollziehungszuständigkeit von Bundesministerien, die von sozialdemokratischen Bundesministern geleitet werden, und dem Bundesministerium für Justiz fallen."

Meine Damen und Herren! Das müssen Sie sich doch auf der Zunge zergehen lassen! Offenbar gibt es in unserer Realverfassung bereits abstrakte Zuständigkeiten von Ministerien, die von sozialdemokratischen Bundesministern geleitet werden. (Bundesrat Dr. d′Aron: Peinlich!) So weit sind wir also schon, daß die SPÖ zum Gesetzes- oder sogar zum Verfassungsbegriff erhoben wird! (Bundesrat Dr. Bösch: Unerhört!)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Wieso gilt das für Sie dann nicht? Wie konnte Herr Abgeordneter Dr. Khol, der den Antrag mitunterfertigt hat, einer solchen Sprachregelung zustimmen? – Ein Dr. Khol, der doch sonst so gerne den – allerdings der österreichischen Verfassung gleichfalls unbekannten – Begriff des "Verfassungsbogens" bemüht.

Um wieder zum positiven Inhalt der neuen Regelungen zurückzukommen, sei mir aus Zeitgründen gestattet, mich auf jene zu beschränken, die dem Ressortbereich des Bundesministers für Justiz zugehören, also des einzigen, der nicht der politischen Farbenlehre zugeordnet worden ist. Sowohl in mehreren Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches als auch in einer Vorschrift der Strafprozeßordnung werden künftig antiquierte sprachliche Wendungen, die


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aus heutiger Sicht geeignet sind, Behinderte zu verletzen, durch zeitgemäße sprachliche Fassungen ersetzt.

Weit darüber hinaus geht aber die inhaltliche Besserstellung behinderter Personen, die § 79a Gerichtsorganisationsgesetz bewirkt. Danach hat das Gericht von sich aus dafür zu sorgen, daß eine blinde oder hochgradig sehbehinderte Person, die nicht vertreten ist, vom wesentlichen Inhalt der zugestellten Schriftstücke und der bei Gericht befindlichen Akten Kenntnis erhalten kann. Zu diesem Zwecke sind gegebenenfalls auch technische Hilfsmittel einzusetzen. Es ist etwa an Ausdrucke in Broulle- oder Kurzschrift, an die Übermittlung von Disketten oder Tonbändern zu denken. Kürzere Schriftstücke können natürlich auch vorgelesen werden. – Die Kosten, die daraus erwachsen, übernimmt jedenfalls der Bund.

Soweit es zusätzlich erforderlich erscheint, ist einer solchen behinderten Partei im Zivilverfahren – unabhängig von ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen – auf Antrag Verfahrenshilfe zu gewähren. Gleiches gilt auch für die Beigabe eines Verteidigers in Strafsachen.

All diese Vorkehrungen sichern, daß die entsprechend beeinträchtigten Personen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte im gerichtlichen Verfahren keine Nachteile erleiden. Das ist Rechtsschutz und zugleich Sozialschutz im besten Sinn. Es sollte zuletzt auch nicht verschwiegen werden, um den Vollzugsbereich sozialdemokratisch geleiteter Bundesministerien nicht allzu sehr zu vernachlässigen, daß insbesondere auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrens, aber auch des Abgaben- und des Finanzstrafverfahrens vergleichbare Begünstigungen geschaffen worden sind.

Alles in allem: Trotz der erwähnten verbalen Entgleisung im Allgemeinen Teil des Ausschußberichtes sind die Einzelregelungen durchwegs positiv zu bewerten. Deshalb werden wir Freiheitlichen dieser Vorlage mit voller Überzeugung zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.40

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

21. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz) (1897 und 2030/NR sowie 6012 und 6040/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. Ich bitte um den Bericht.


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Berichterstatter Ing. Franz Gruber:
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz).

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile ihm dieses.

16.42

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Mit der Schaffung eines Bundesgesetzes über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes wird dem Umstand Rechnung getragen, daß derzeit eine gesetzliche Basis, die den Zugang durch die Wissenschaft und die interessierte Öffentlichkeit zu den historisch wertvollen Unterlagen regelt, die in Bundesarchiven lagern, fehlt.

Den im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses und in Wahrnehmung von Aufgaben des Bundes anfallenden Unterlagen kommt für die Erforschung der Geschichte Österreichs besondere Bedeutung zu. Durch die heute zu schaffende gesetzliche Maßnahme soll auch sichergestellt werden, daß dieses Gut vor Vernichtung und Zersplitterung geschützt wird.

Mit der Einsicht in derartige Unterlagen ist in der Regel auch die Kenntnisnahme von personenbezogenen Daten und Äußerungen verbunden, wodurch verfassungsrechtliche Grundfreiheiten und Menschenrechte der Betroffenen berührt werden. Im besonderen sind davon das Grundrecht auf Datenschutz und das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre betroffen. Auch die in der Bundesverfassung normierte Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit ist dabei zu berücksichtigen.

Diesen den Zugang zu den Archivalien einschränkenden verfassungsrechtlichen Regelungen stehen vor allem das Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre und das berechtigte Interesse des Bürgers auf Information über die historischen Abläufe in der politischen und kulturellen Entwicklung Österreichs gegenüber. Der vorliegende Entwurf bildet insgesamt den gesetzlichen Rahmen für bereits geübtes Handeln seitens des Österreichischen Staatsarchivs und jener Bundesdienststellen, die derzeit eigene Archive führen.

Als Erweiterung des Aufgabengebietes – aber auch aufwandsmäßig – ist die im § 4 vorgesehene Einrichtung eines Archivregisters des Österreichischen Staatsarchivs anzusehen. Die dabei bereits berücksichtigte künftige Entwicklung beziehungsweise den vorgesehenen Ausbau zur unentgeltlichen Nutzung des Archivregisters im Internet betrachte ich als eine vorausschauende Planung und wichtige künftige Informationsquelle.

Ist es schon schwierig genug, einerseits die Interessenabwägung zwischen den Grundrechten der Informations- und Wissenschaftsfreiheit und den Grundrechten auf Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre andererseits Bedacht zu nehmen, so kommen zudem Kompetenzfragen im Zugang zum Archivgut hinzu.

Die Regelungen über den Zugang zu den archivwürdigen Unterlagen sind im vorliegenden Entwurf eingeschränkt auf das Archivgut des Bundes. Ein Zugang zum Archivgut der Länder und Gemeinden und zum Archivgut von Privaten kann mangels verfassungsgesetzlicher Zuständigkeit nicht durch ein einfaches Bundesgesetz geregelt werden.

Auch die im Sinne der Bundesverfassung dem Bund zukommenden Aufgaben beziehungsweise Kompetenztatbestände wie "Denkmalschutz" oder "wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst" oder "Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen


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Sammlungen und Einrichtungen des Bundes" bilden keine Grundlage für eine allgemeine Zugangsregelung zu bestehendem Archivgut – ein Umstand, der unter anderem auch auf die Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1974, BGBl Nr. 444, zurückzuführen ist. Dabei wurde nämlich die vormals umfassende Zuständigkeit des Bundes auf Einrichtungen des Bundes beschränkt. Dies entsprach einem seinerzeitigen Wunsch der Länder, der darin bestand, für ihre eigenen und die Einrichtungen der Gemeinden – insbesondere die Landes- und Ortsmuseen – eigene Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen zu haben.

Eine gesetzliche Zugangsregelung zu den Archivalien der Länder besteht derzeit nur für Kärnten. In den übrigen Ländern ist der Zugang durch Statuten und Benützungsordnungen geregelt, wobei grundsätzlich eine 50jährige gleitende Archivsperre mit bestimmten Ausnahmen vorherrscht.

Abschließend sei noch darauf verwiesen, daß in der Ausschußdebatte des Nationalrates Abänderungsanträge zur Regierungsvorlage angenommen wurden, mit denen Erweiterungen im Gesetz vorgenommen, aber auch Klarstellungen erzielt werden konnten. Inhaltlich wurde dabei einerseits die ausdrückliche Möglichkeit der Übertragung des Archivguts der Kammern an die Landesarchive normiert. Andererseits soll entgegen der im § 5 Abs. 7 der Regierungsvorlage vorgesehenen Skartierung von nicht archivwürdigem Schriftgut, das bei Bundesdienststellen in den Ländern anfällt, ausdrücklich ein Anbot zur Möglichkeit der Archivierung an die Länder erfolgen.

Weiters wurde die Verpflichtung zur wissenschaftlichen Bearbeitung des Archivgutes im Rahmen der vorhandenen Ressourcen für das Österreichische Staatsarchiv aufgenommen. Schließlich hat der Verfassungsausschuß des Nationalrates auch die Feststellung getroffen, davon auszugehen, daß Bestände im Bereich des Bundesministeriums für Justiz, die für den Rechtsgüterschutz unentbehrlich sind, wie Grundbücher oder Verlassenschaftsakten, vorrangig den Landesarchiven anzubieten sind.

Insgesamt handelt es sich also bei dieser Neuregelung über das Bundesarchivgesetz um eine Anpassung an internationale Standards. Während bisher bestimmtes Archivgut lediglich dem Schutz des Denkmalschutzgesetzes unterlag, so ist mit dem zu beschließenden Gesetz erstmals auch der Zugang für den einzelnen geregelt. Im übrigen wird dadurch eine zweifache Funktion geschaffen: einerseits der Schutz des Archivgutes, andererseits der Zugang zum Archivgut.

In diesem Sinn darf ich feststellen, daß meine Fraktion dieser Vorlage die Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile es ihm.

16.47

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich erlaube mir, zu diesem Gesetz ein paar kurze Bemerkungen zu machen. Das Archivgesetz hat stets Aktualitäten. Auf der einen Seite steigt gerade heute in ganz Europa das Geschichtsbewußtsein; die österreichische zentraleuropäische Geschichte ist heute sicher aktueller denn je. Wir müssen aber auch die eigenen Identität erkennen, denn Vergangenheit ist nicht zwangsläufig nur Vergangenheit, sie ist oft auch Gegenwart und in vielem manchmal Zukunft.

Natürlich brauchen wir eine Anpassung an die europäischen Standards zur Bewahrung, Erhaltung und Nutzung der Archive. Da Österreich ein föderalistischer Staat ist, kann man natürlich nicht alles bundesweit erfassen, sondern muß auch die Regionen, die Länder, stets beachten – gerade da auch die nationalen Grenzen im EU-Raum fallen und, wie ich hoffe, darüber hinaus in baldiger Zukunft auch europaweit alle fallen werden.


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Das Archivgesetz ist aber auch nötig, damit der Zugang der Wissenschaft auf die Archivalien bestehen bleibt beziehungsweise hergestellt wird, der durch die verschiedenen Datenschutzregelungen eingeschränkt werden könnte. Sicher muß man auch das Denkmalschutzgesetz beachten. Da wäre vorgesehen, daß bei Gefahr im Verzug gerade Archive von Firmen gesichtet werden können. Dabei geht es vor allem um die Rolle staatsnaher Betriebe, und dies vor allem in den Zeiträumen während und vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg.

Allerdings geht es in dem heute zu beschließenden Gesetz nur um Archive – es wurde schon erwähnt –, die sich mit dem Bund beschäftigen. Der Föderalismus sollte stets eingehalten werden. Deshalb ist der Kontakt mit den Ländern auch in diesem Bereich zu stärken. Das Gesetz ist aber positiv, da es einen umfassenden Schutz der Archivalien beinhaltet, normiert, was Archivgut tatsächlich ist, und Sperrfristen und Benützungsbedingungen regelt. Meine Fraktion wird daher diesem Gesetz zustimmen. – Ich danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.49

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

16.49

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollegen und Kolleginnen! Das Bundesarchivgesetz wird heute von uns allen beschlossen werden. Es ist eigentlich nur eine Ergänzung des bislang schon gültigen Denkmalschutzgesetzes. Was ein Archiv im Rahmen des Archivgesetzes ist, wurde dargestellt. Der föderale Aufbau unseres Landes und der Bundesverfassung sowie der Schutz des Eigentums ermöglichen es nicht, alle Archive mit diesem Gesetz zu erfassen.

Trotzdem müssen wir froh sein, daß dieses Archivgesetz endlich kommt. Endlich ist auch klargestellt, was ein Archiv ist. Wie schon von mir einleitend gesagt, leitet sich das Archivgesetz aus dem Denkmalschutzgesetz ab.

Ich möchte jetzt nur zusätzlich erwähnen, daß dieses Denkmalschutzgesetz in den letzten Monaten besonders oft erwähnt wurde, weil es auf das unrichtigerweise als Raubkunstgesetz firmierende Gesetz über die Rückgabe von Kunstschätzen an von den Nazis enteigneten Personen zurückgeht.

Es wäre vielleicht richtig gewesen, wenn sich die österreichische Bundesregierung in diesem Falle nicht mit dem Titel "Raubgutgesetz" zufriedengegeben hätte. Dies schreibt sowohl Andreas Unterberger in einem Leitartikel der "Presse" als auch Professor Dr. Thomas Chorherr von der "Presse".

Es wäre notwendig gewesen, wenn die österreichische Bundesregierung und in diesem Fall der österreichische Gesetzgeber ein Gesetz macht, welches uns allen zur Ehre gereicht, daß dieses Gesetz nicht als "Raubkunstgesetz", das uns international ins Unrecht stellt, an die Öffentlichkeit gegangen wäre. Gewissermaßen stellen wir unser Licht nicht unter den Scheffel, sondern auch manchmal auf den Scheffel. Damals wurde ein gutes Gesetz gemacht, aber dieses Gesetz unterstreicht nur die Güte mancher Gesetze, die wir machen. Es sind heute noch einige zu behandeln, die diese Güte nicht aufweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.52

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort hat sich Herr Bundesrat Engelbert Schaufler gemeldet. Ich erteile es ihm. – Er ist nicht im Saal.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


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Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

22. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 13. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG) (1811 und 2031/NR sowie 6041/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht über den Beschluß des Nationalrates betreffend das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 den Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit er dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

16.53

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Im Koalitionsübereinkommen über die XX. GP wurde zwischen den beiden Regierungsparteien eine Rechtsbereinigung und Rechtsvereinfachung vereinbart. Damit sollte einerseits der immer wieder erhobenen Forderung nach einem besseren Zugang zur österreichischen Rechtsordnung Rechnung getragen und andererseits eine Neuordnung erreicht werden.

Das Erste Rechtsbereinigungsgesetz dient somit dem Bestreben der Vereinfachung des Rechtsbestandes ebenso wie die in der Vergangenheit gesetzten Maßnahmen zu prozessualen Rechtsmaterien, bei denen es sich im besonderen um die Beschleunigung von Verfahren und um Möglichkeiten zur Einschränkung der Verfahrensdauer handelte.

Im vorliegenden Ersten Rechtsbereinigungsgesetz werden von etwa 500 Stammnormen mit Inkrafttreten des Rechtsbereinigungsgesetzes etwa 200 Stammnormen sofort aufgehoben und zirka 50 weitere Stammnormen aufgrund deren zeitlich begrenzter Weitergeltung ebenfalls außer Kraft treten.

Schwerpunkte dieses Ersten Rechtsbereinigungsgesetzes sind die vor 1946 erlassenen Normen im Gesetzes- oder Verordnungsrang. Dabei konnte auf bereits Ende der sechziger Jahre geleistete Vorarbeit zurückgegriffen werden, und zwar auf die in den Entwürfen zu den in den beiden Rechtsbereinigungsvorbereitungsgesetzen aus der XI. Gesetzgebungsperiode enthaltenen Listen.


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Mitberücksichtigt wurden dabei die systematische Gliederung der österreichischen Rechtsordnung, wie sie in dem vom Bundeskanzleramt herausgegebenen "Index des geltenden Bundesrechts" eingeführt wurde.

Diese Listen der geltenden Rechtsvorschriften wurden entsprechend der Zuständigkeitsverteilung des Bundesministeriengesetzes nach Ressorts geordnet und gemeinsam mit dem jeweils zuständigen Bundesministerium auf Bereinigungsmöglichkeiten hin überprüft. Durch die Verteilung der Arbeit auf die verschiedenen Organisationseinheiten beziehungsweise Abteilungen innerhalb der Ministerien konnte die zusätzliche Arbeitsbelastung in vertretbaren Grenzen gehalten werden.

Das Ergebnis dieser Arbeit ist der Anhang zum vorliegenden Gesetzentwurf, in welchem alle jene vor 1946 kundgemachten Normen aufgelistet werden, die weiterhin gelten sollen. Alle im Anhang nicht aufscheinenden Normen sind, soweit sie Gegenstand des vorliegenden Rechtsbereinigungsprojektes waren, mit Inkrafttreten des Rechtsbereinigungsgesetzes aufgehoben.

Mit dieser Vorgangsweise wird Rechtssicherheit erzeugt, wodurch sich eine Diskussion über die Geltung oder Nichtgeltung alter Vorschriften für die Zukunft erübrigt. Die Aufarbeitung einer Rechtsbereinigung aus vorkonstitutioneller Zeit, also vor 1867 erlassenen Rechts, sowie die Beseitigung von Rechtsvorschriften, die zwischen 1938 und 1945 für Österreich in Kraft gesetzt wurden, steht eigentlich vor ihrem Abschluß und kann in einem nächsten Schritt bereits umgesetzt werden.

Offen ist weiters die Durchforstung all jener Bereiche der Rechtsordnung für die Zeit nach 1946. Die Bereinigung österreichischer Rechtsnormen ist also keinesfalls abgeschlossen, und es bedarf dazu noch zahlreicher weiterer Schritte.

Erwähnenswert ist meiner Meinung nach noch die Feststellung, daß der zu Bereinigung der österreichischen Rechtsordnung beschrittene Weg als relativ unumstritten gilt.

In einem seit 1986 laufenden Projekt wurden zudem die einzelnen Regelungen auf ihre Wirksamkeit, Bedarf, Anwenderfreundlichkeit und Überschaubarkeit einer umfangreichen Prüfung unterzogen. Jene Regelungen, die diesen Kriterien nicht entsprochen haben und deren Weiterbestand nicht aus anderen Gründen notwendig ist, weil sie besonders wichtig sind, weil es nötig ist, sie weiter herüberzutransferieren, werden nun gelöscht.

Mit dem Ersten Rechtsbereinigungsgesetz kann also bereits ein erheblicher Teil der von mir eingangs zitierten Zielsetzung umgesetzt werden, weshalb meine Fraktion dieser Vorlage gerne zustimmen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiter zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

16.57

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Rauchenberger hat bereits in dankenswerter Weise auf die weit zurückreichende Geschichte dieses Rechtsbereinigungsgesetzes hingewiesen. Es ist nur anzufügen, daß es auch aus der Sicht der Länder vorbehaltlos zu begrüßen ist. Ich möchte mich auch bei jenen bedanken, die sich mit akribischem Fleiß dieser Arbeit unterzogen haben, genau zwischen dem Rechtsbestand, den man noch benötigt, und jenem, der ausgeschieden werden kann, zu trennen.

Worum es mir geht, ist aber, darauf aufmerksam zu machen, daß die Rechtsbereinigung sehr rasch ins Leere laufen wird, wenn sie nicht auch in Zukunft im Auge behalten wird.

Was meine ich damit? – Ein kleines Beispiel: Wir ändern heute unter drei verschiedenen Tagesordnungspunkten dreimal ein und dasselbe Gesetz, nämlich das ASVG. Bei drei weiteren Ge


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setzen schaffen wir es unter zwei verschiedenen Tagesordnungspunkten, jeweils ein und dasselbe Gesetz zweimal zu ändern.

Nun gebe ich schon zu, daß es in der Hektik der Ausschußtätigkeit des Nationalrates nicht immer einfach ist, das zusammenzufügen, aber das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie sehr man sich verbal zur Rechtsbereinigung bekennt, sie für die Vergangenheit auch durchführt, aber bei der Schaffung neuen Rechtsbestandes auf diesen Gesichtspunkt gerne vergißt.

Ich denke, wir können diesbezüglich natürlich keinen korrigierenden Beitrag mehr leisten, sondern nur an den Nationalrat den Appell richten, auch im Interesse der Rechtsunterworfenen bei der Novellierung von Gesetzen zumindest in methodischer Hinsicht etwas konsequenter und schlüssiger vorzugehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.59

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile es ihm.

16.59

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses!

Dem Ersten – und aus unserer Sicht hoffentlich nicht letzten – Bundesrechtsbereinigungsgesetz werden wir gerne unsere Zustimmung erteilen, sind doch Entbürokratisierung, Abbau der Gesetzesflut und überflüssiger Kasuistik, Übersichtlichkeit der Rechtslage und damit Rechtssicherheit und Bürgernähe alte Anliegen freiheitlicher Rechts- und Gesetzgebungspolitik.

Das vorliegende Rechtsbereinigungsgesetz leistet daher einen wesentlichen Beitrag zur Deregulierung und modernen Rechtsgestaltung in unserem Sinn.

Gemessen an kakanischer Regelungswut mutet der bereits erwähnte § 1 höchst kühn an. Der entscheidende Vorteil, den die Generalklausel des § 1 mit sich bringt, liegt darin, daß die generelle Außerkraftsetzung aller Normen die nicht immer klar zu beantwortende Frage erübrigt, ob bestimmte, sehr alte Vorschriften überhaupt noch in Geltung stehen. Werden sie im Anhang mangels eines aktuellen Anwendungsbereichs nicht aufgelistet, so sind sie damit endgültig aus dem österreichischen Rechtsbestand ausgeschieden, ob sie bis dahin noch in Kraft waren oder nicht.

Ein nächster Schritt der Rechtsbereinigung wird allerdings darauf abzielen müssen, für die laut Anhang weiter geltenden Normen die tatsächlichen, das heißt aktuellen Texte bereinigt darzustellen. Auch das wurde heute schon erwähnt: Von den im vorliegenden Projekt zu berücksichtigenden zirka 500 Stammnormen, und zwar 350 Gesetzen und 150 Verordnungen, werden aufgrund dieser Rechtsbereinigung etwa 200 aufgehoben und hinsichtlich der zeitlich begrenzt fortgeltenden Vorschriften noch weitere 50 außer Kraft treten. Die erzielte Bereinigungsquote beträgt somit letztlich 50 Prozent.

Freilich sind selbst dadurch nur zirka 20 Prozent aller im Gesetzesrang stehenden österreichischen Rechtsvorschriften, also Staatsverträge exklusive, betroffen, weil der Gesamtbestand des Bundesrechts derzeit etwas mehr als 4 500 Stammnormen umfaßt. Die dringend gebotene Bereinigung auch und gerade des Bundesverfassungsrechts bleibt von der noch immer ausstehenden, von uns Freiheitlichen stets eingemahnten Bundesstaatsreform abhängig.

Ein weiteres Projekt müßte die Sichtung der von Österreich abgeschlossenen Staatsverträge umfassen. Über die formale Bereinigung – die Ausscheidung der nicht mehr relevanten Normen aus dem Rechtsbestand – und die materielle Bereinigung – das heißt die Herstellung bereinigter Textfassungen – hinaus müßte das – bislang noch nicht einmal in Ansätzen erreichte – Fernziel auf eine strukturelle Bereinigung gerichtet sein. Darunter verstehe ich ganz im Sinne von Präsidenten Weiss die systematische Zusammenfassung inhaltlich zusammengehöriger Normen. Damit ist die Gesetzesflut seit 1. 1. 1946, also jene der Zweiten Republik, angesprochen.


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Ungeachtet all dieser noch zu bewältigenden Aufgaben einer wirklich umfassenden Rechtsbereinigung der österreichischen Gesamtrechtsordnung, insbesondere auf dem Gebiete des Verfassungsrechts und der Staatsverträge, verkennt meine Fraktion nicht die Bedeutung dieses ersten erfolgreichen Schritts in die richtige Richtung. Sie wird dieser Vorlage daher vorbehaltlos zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

17.03

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. Ich erteile es ihm.

17.03

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz ist meiner Meinung nach ein Meilenstein, weil es sich erstmals um einen Ansatz handelt, die Gesetzesnormen zu durchforsten und letztendlich auf ihre Gültigkeit beziehungsweise Anwendbarkeit zu überprüfen.

Als ehemaliger Anwalt war es mir ein Anliegen, auch dazu meinen Beitrag in meiner derzeitigen Position zu leisten, weil ich wußte, daß es da einen ganz erheblichen Reformbedarf gibt.

Ich darf all jenen Rednern beipflichten, die meinten, daß es sich da nur um einen ersten Schritt, bei dem man mit der Rechtsbereinigung von Normen vor 1946 begonnen hat, handeln kann, muß dem aber hinzufügen, daß dies deswegen so ist, weil es nicht genügend wissenschaftliche Experten im Ressort gab, die einen größeren Zeitraum hätten bearbeiten können. Wir haben uns für die nächste Legislaturperiode zum Ziel gesetzt, den Rechtsbestand des Zeitraumes von 1946 bis etwa 1960 zu durchforsten. Diese Rechtsbereinigungsaktivitäten werden sicherlich ein permanenter Prozeß. Ich bin der Überzeugung, daß man – wie schon angesprochen – auch das Verfassungsrecht zusammenfassen und in einen Zusammenhang bringen muß und bei dieser Gelegenheit auch eine entsprechende Überprüfung der Verfassungsnormen vornehmen sollte.

Ich glaube aber, daß dies ein herzeigbares Gesetz ist. Es hat mehr als 50 Prozent der Stammnormen vor 1946 bereinigt, das heißt, ausgeschlossen, und zwar 200 mit sofortiger Wirkung und 50 in einem weiteren Zeitablauf.

Die Frage der Fortsetzung der Durchforstung der Stammnormen im zeitlichen Ablauf wird sicherlich eine der wesentlichsten sein, die immer wieder zu stellen sein wird. Das heißt, daß diese Durchforstung keinen Abschluß duldet.

Ich glaube aber auch, daß man bei neuen Gesetzen – wie es hier schon angeklungen ist – die Einfachheit, die auch Rechtssicherheit bedeutet und dem einzelnen Staatsbürger ermöglicht, die Gesetze leichter nachzuvollziehen, im Auge behalten sollte.

Im wesentlichen haben jene Damen und Herren, die sich damit befaßt haben, meiner Meinung nach hervorragende Arbeit geleistet, und ich bin überzeugt davon, daß sie auch beim nächsten Schritt gute Arbeit leisten werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.06

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

23. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (1997 und 2083/NR sowie 6042/BR der Beilagen)

24. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten (Universitäts-Akkreditierungsgesetz – UniAkkG) (1914 und 2084/NR sowie 6043/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu den Punkten 23 und 24 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten (Universitäts-Akkreditierungsgesetz – UniAkkG).

Die Berichterstattung über die Punkte 23 und 24 hat Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatterin Mag. Melitta Trunk: Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Universitäts-Studiengesetz umfaßt im wesentlichen die Harmonisierung der Hochschulausbildung im Bereich der EU-Staaten und hält sich im wesentlichen an die Sorbonne-Erklärung, mit dem einzigen Unterschied, daß diese Harmonisierung in Österreich punktuell vorerst nur an jenen Universitäten durchgeführt werden soll, an denen es Bedarf dafür gibt.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Universitäts-Akkreditierungsgesetz handelt von der Anerkennung von Privatuniversitäten in Österreich. Diese Anerkennungsmöglichkeit gab es bis dato nicht. Der im Bericht genannte Beschluß enthält die Möglichkeit, daß in Österreich private Universitäten anerkannt und geschaffen werden.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

17.08

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Das "Flickwerk von Geset


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zen" in bezug auf die Universitäten – so die Kennzeichnung der Journalistin Anneliese Rohrer – geht mit den heute zur Abstimmung anstehenden Vorlagen offensichtlich weiter; denn in immer kürzerem Abstand kommt es zu Änderungen des Organisationsrechts der Universitäten, des Studienrechts, des Hochschullehrer-Dienstrechts und sonstiger Regelungen von hochschulpolitischer Relevanz.

Woraus erklärt sich die unangebrachte Hektik und Eile am Ende dieser Legislaturperiode? – Allein schon die deutliche Mehrheit ablehnender Stellungnahmen hätte ja zu sorgfältigerem und bedachtsamerem Vorgehen mahnen sollen. Schnellschüsse des Gesetzgebers haben es nun einmal an sich, daß sie kein sachgerechtes Regelungswerk erbringen und laufender Nachbesserung und Nachjustierung bedürfen. Was das für die Rechtssicherheit, für die administrative Umsetzung und damit für die Effizienz des Studien- und Forschungsbetriebs gerade im Alltag einer Massenuniversität wie insbesondere der Hohen Schule in Wien – bedeutet, versteht sich ohnehin von selbst.

Vor kurzem haben wir mit dem UniStG 1997 das überkommene zweigliedrige Studium festgeschrieben. Und jetzt plötzlich – damit komme ich zum Bakkalaureat – schaffen wir die Grundlagen für ein dreigliedriges Studium. Das passiert zu einem Zeitpunkt, zu dem gerade erst die Studienpläne im Rahmen des UniStG erstellt worden sind.

Weshalb wurde denn diese grundlegende Änderung der Struktur des Hochschulstudiums nicht bereits damals ins Auge gefaßt? – Der Wissenschaftssprecher der ÖVP, Herr Abgeordneter Dr. Lukesch, bezeichnete einerseits das UniStG bei seiner Erlassung als "Jahrhundertgesetz", andererseits verweist derselbe Dr. Lukesch heute darauf, daß bereits im deutschen Hochschulrahmengesetz von 1998 diese Dreigliedrigkeit verankert worden ist.

Warum gehen wir nun so abrupt zur Dreigliedrigkeit über? – Offenbar allein deshalb, weil in der – an sich für die EU-Mitgliedstaaten unverbindlichen – Erklärung von Paris-Sorbonne die Kultur- beziehungsweise Wissenschaftsminister der Europäischen Union die Einführung des Bakkalaureats für notwendig erachteten; dies unter Verweis auf die gebotene Konkurrenzfähigkeit mit den angelsächsischen, insbesondere den US-amerikanischen Absolventen entsprechender Studiengänge.

Haben wir uns jedoch ausreichend überlegt, ob diese Studienverläufe mit den kontinentaleuropäischen überhaupt vergleichbar sind, ob die jeweiligen Rahmenbedingungen der Universitäten übereinstimmen, ob das auch für die Vorstudien einerseits und für die Berufschancen der Absolventen andererseits gilt? Gibt es bei uns überhaupt eine Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt, oder sprechen wenigstens vergleichende ausländische Bedarfsanalysen dafür? – Nichts davon ist untersucht.

Nun wird uns freilich mitgeteilt, daß ohnehin jede Fakultät beziehungsweise Studienrichtung selbst bestimmen kann, ob sie für das Bakkalaureat in Betracht kommt. Ich sage gleich vorweg: nach meiner Überzeugung weder für die Medizin noch für die Rechtswissenschaften. Schmalspurmediziner oder auch nur Schmalspurjuristen sollten wir uns nicht leisten!

Oder wollen wir – um in meinem Fach zu bleiben – hinkünftig primär Rechtspfleger ausbilden? –Wäre das die Zielvorstellung, so müßte ich – freilich gegen mein politisches Credo – dem Ressortchef darin zustimmen, daß man diesfalls für die betreffenden Zweige der rechtswissenschaftlichen Berufsvor bildung – richtiger dann wohl: praxisorientierten Berufsaus bildung – besser zu Lehrgängen an Fach hochschulen überginge.

Die Alternative – bei wissenschaftlicher Ausrichtung auch des Bakkalaureatsstudiums – hieße sonst, lediglich jenen Studierenden, die kein volles Diplomstudium absolvieren wollen oder können – gleichsam in einer Art "mittleren Reife" auf Hochschulebene – einen akademischen Titel zu verleihen, dies aber, ohne ihnen damit zugleich eine echte Berufsperspektive zu eröffnen. Beides lehnen wir Freiheitlichen daher gleichermaßen ab.

Im übrigen ist es eine Desinformation der Öffentlichkeit, wenn es zunächst beruhigend hieß, daß die Einführung des Bakkalaureatsstudiums ohnehin eine autonome universitäre Entscheidung


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sei; denn in Wahrheit ermächtigt das vorliegende Gesetz den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr dazu, im Einvernehmen mit dem Sozial- und wirtschaftspolitischen Beirat solche Kurzstudien einzuführen oder auch wieder einzustellen.

Was ist daran "die neue Freiheit der Universitäten", die der Herr Bundesminister angekündigt hat? – Viel eher handelt es sich dabei um einen weiteren Zugriff auf die Regulierung von Studien und das Niveau der Hochschulbildung – all das mit der Tendenz zur Nivellierung nach unten.

Lassen Sie mich aber auch noch kurz auf das sogenannte Universitäts-Akkreditierungsgesetz zu sprechen kommen. Wie Sie alle wissen, war es stets eine Forderung freiheitlicher Bildungspolitik, die Schaffung von Privatuniversitäten zu ermöglichen. Insofern würden wir Ihnen heute gerne Beifall zollen, daß das mit dem vorliegenden Gesetz erstmals erreicht wird. Bei näherem Hinsehen verstummt allerdings sogleich das Lob auf der Zunge, denn die einschlägige Regelung läßt allzu deutlich erkennen, daß es sich in Wirklichkeit um ein Anlaßgesetz, eine "Lex Webster University" handelt.

Das erklärt dann auch die auffällige Eile der Gesetzwerdung. Nur so läßt sich ferner erklären –damit formuliere ich einen ersten Haupteinwand –, daß von solchen Privatuniversitäten mit Sitz in Österreich akademische Titel verliehen werden, "die mit ausländischen akademischen Graden gleichzuhalten sind." Was soll denn das heißen? – Geht man denn ohne weiteres davon aus, daß es keinen österreichischen Rechtsträger einer im Inland betriebenen Privatuniversität, also einer solchen mit österreichischen Professoren für inländische Studierende, geben kann? Die von einer österreichischen Privatuniversität vergebenen akademischen Titel sind doch zweifellos inländische Grade, die keiner internen Anerkennung oder Nostrifizierung bedürfen. Wäre es anders, wären sie inländischen öffentlichen Universitäten ja nicht gleichwertig.

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich darauf, daß auch Einrichtungen, die nur Teilbereiche von Vollstudien anbieten, als Privatuniversität akkreditiert werden können. Das ist unseres Erachtens sachlich unvertretbar, denn eine solche muß ohne jeden Zweifel nach Art und Umfang dem Niveau einer staatlichen Universität entsprechen.

Scharfe Kritik ist nicht zuletzt am vorgesehenen Akkreditierungsrat zu üben, der in seiner Bestellung und Zusammensetzung weitgehend von der Verwaltung bestimmt ist.

Als Resümee beider Gesetzesvorhaben ergibt sich daher für mich: Wir vollziehen auf hochschulpolitischem Gebiet zunehmend zwar eine Flucht aus dem Parlament, aber nicht etwa primär in den Bereich echter universitärer Autonomie, vielmehr in ein ständisches System unter bevormundender Aufsicht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr. Und jüngst haben wir auch schon Gesetzgebung auf Zuruf privater Interessenten! Nicht zuletzt wegen dieser äußerst bedenklichen Entwicklungen lehnen wir Freiheitlichen beide Vorlagen entschieden ab. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.15

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Hannes Missethon. Ich erteile ihm dieses.

17.16

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß wir uns darin einig sind, daß diese beiden Gesetze, die wir jetzt diskutieren, in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Ich sehe diesen Zusammenhang in einer Öffnung des Marktes der Universitäten in Österreich. Zum einen sorgen wir mit dem Universitäts-Akkreditierungsgesetz dafür, daß sich ausländische Universitäten in Österreich auf einer bestimmten Rechtsgrundlage quasi ansiedeln können, zum anderen sorgen wir damit auch dafür, daß unsere Universitäten doch in einer gewissen Abstimmung mit anderen Universitäten neue Möglichkeiten erhalten.

Ich möchte aber doch mit einer gewissen Skepsis diese beiden Regierungsvorlagen diskutieren und beschäftige mich zuerst einmal mit dem Universitäts-Studiengesetz.


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Eine wesentliche Zielsetzung war die Anpassung der bestehenden Systeme; das wurde schon sehr deutlich herausgestrichen. Ich glaube, daß wir generell die Systeme, die derzeit bestehen, so einfach nicht vergleichen können, weil sich auch im angloamerikanischen System diese beiden nicht wirklich vergleichen lassen. Was gemeinsam ist, ist das Stufensystem und der modulare Aufbau, was aber sehr unterschiedlich ist, ist der Zugang zum Beruf. In Österreich und in Deutschland tritt man mit einer Fachbezeichnung in den Beruf ein, in Amerika hingegen ist das große Pouvoir, das man als Abgänger einer Universität mitnimmt, der Name der Universität, an der man studiert hat.

Abgesehen von diesen Unterschieden gibt es noch die Tatsache, daß in England und in den USA nach dem Abschluß nur den Besten die Möglichkeit eingeräumt wird, weiterstudieren zu können. Das ist ein Punkt, der meines Erachtens zu wenig herausgearbeitet worden ist.

Der zweite Punkt ist das Argument der kürzeren Studiendauer. Dem kann ich nicht ganz folgen, und ich führe dafür das Beispiel der Montanuniversität Leoben an: Dort gibt es eine Mindeststudiendauer von zehn Semestern, eine durchschnittliche Studiendauer von etwa dreizehn Semestern. Tatsache ist aber, daß die Absolventen der Montanuniversität exzellente Jobaussichten haben. Der Schluß, kurze Studiendauer sei mit schlechten Jobaussichten verbunden, trifft gerade auf die Montanuniversität Leoben nicht zu. Offensichtlich gibt es doch Bedarf auf dem Markt vor allem nach Studierenden mit kürzerer Studiendauer.

Ich halte es trotzdem für richtig und wichtig, daß den Universitäten die Möglichkeit eines Bakkalaureats gegeben wird, speziell nachdem dem Erstentwurf die Giftzähne gezogen worden sind, nämlich die Giftzähne, die bedeuteten, daß der Wissenschaftsminister quasi allein diese Regelung hätte verordnen können. Ich hätte das als eine Aushöhlung der Autonomie gesehen, und das steht in Widerspruch zu der Entwicklung, die auf dem Universitätssektor in den letzten Jahren betrieben worden ist.

Nun zum Universitäts-Akkreditierungsgesetz ein paar kurze Bemerkungen. Ich glaube, daß es wichtig ist, daß da eine Rechtsgrundlage besteht. Die ÖVP hielt es für sehr wichtig, daß ein weisungsunabhängiger, durch eine Verfassungsbestimmung in seiner Unabhängigkeit abgesicherter Akkreditierungsrat eingerichtet worden ist.

Die Giftzähne sind gezogen. Die ÖVP wird diesen Gesetzen zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.20

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig. Ich erteile es ihm.

17.20

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Böhm, Sie haben völlig recht – leider ist er jetzt nicht hier. (Rufe: Da ist er!) Sein Argument, daß das Universitäts-Studiengesetz bereits im Jahr 1997 novelliert wurde, ist richtig. Das Gesetz war damals zweifellos auch ein Meilenstein in der österreichischen Hochschulpolitik und hat sehr viele Neuerungen gebracht.

Dennoch darf man nicht übersehen, daß es seit dieser Zeit auch eine Fülle an Neuregelungen und gesellschaftlichen Veränderungen gegeben hat. Wenn die österreichischen Universitäten so wie bisher dem internationalen hohen Standard gerecht werden wollen, dann müssen sie zweifellos auch auf diese internationalen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eingehen.

Österreich verfügt derzeit über ein sehr gutes Universitäts- und Hochschulsystem. Wir haben hervorragende Hochschulprofessoren, wir haben sehr gute Einrichtungen und Institute an den österreichischen Unversitäten, und wir haben auch viele engagierte Studentinnen und Studenten, die an den österreichischen Universitäten tätig sind. Dennoch darf man nicht übersehen, Kollege Böhm – Sie wissen das –, daß es auch eine Reihe von Schwierigkeiten gibt, die wir unter Umständen auch mit dieser Novellierung beheben können.


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Ich denke zum Beispiel daran, daß es derzeit erst nach vier Jahren möglich ist, einen akademischen Grad zu erwerben. Das ist ein großer Unterschied auch zu anderen europäischen Ländern. Studierende brauchen in Österreich im Schnitt zwei Jahre länger als in vergleichbaren Ländern – das hat viele Gründe; das liegt sicher auch an verschiedenen organisatorischen Maßnahmen, aber auch am Angebot für die Studierenden in unserem Land –, und eine große Zahl von Studierenden schließt ihr Studium nicht ab. Auch das muß uns zu denken geben. Das heißt, wir haben international betrachtet eine sehr hohe Drop-out-Rate, und wir können uns, wie ich meine, auch mit diesem Umstand nicht zufriedengeben und müssen darüber nachdenken, wie wir diesen Umstand beheben können.

Das Universitäts-Studiengesetz sieht ausschließlich ein zweistufiges Studiensystem vor. Der vorliegende Gesetzentwurf würde eine Ergänzung zum bestehenden System darstellen. Die europäischen Staaten – das ist, wie ich meine, auch ein sehr schwerwiegender Grund für diese Neuerung im Studiensystem, und Sie haben ihn angesprochen, wenngleich ich eine andere Interpretation dieser Entwicklung habe – erarbeiten derzeit eine neue, gemeinsame Struktur für die Hochschulbildung, auf der Grundlage des international verbreiteten Systems Bachelor, Master und Doktor.

Ein Problem, das wir mit dieser Vorlage ebenfalls beheben können, ist der Umstand, daß Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Rahmen einer berufsbildenden höheren Schule erworben werden, derzeit nicht auf ein Unversitätsstudium angerechnet werden können. Das könnten wir mit dieser Vorlage ebenfalls verändern.

Das vorliegende Universitäts-Studiengesetz bietet, wie ich meine, Antworten auf diese Herausforderungen. Es wird ein vollwertiger akademischer Grad bereits nach drei Jahren Studienzeit möglich sein. Das Universitäts-Studiengesetz 1997 wird durch das dreistufige Studiensystem ergänzt. Sie haben selbst davon gesprochen, daß die Studienkommissionen – ich meine, völlig zu Recht – den Vorschlag machen müssen, ob es zu einem dreistufigen System kommen soll, und es werden auch die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, daß Kenntnisse, die an einer berufsbildenden höheren Schule erworben worden sind, auch bereits Gültigkeit für die Studienzeit haben. Der Vorsitzende der Studienkommission kann über abgelegte Prüfungen befinden und diese dann auch anerkennen.

Das heißt, wir sind hier einen weiteren Schritt in die Richtung gegangen, das gesamte Bildungssystem in Österreich durchlässiger zu gestalten. Ich selbst bin in der Erwachsenenbildung tätig und weiß daher, wie wichtig die Ergänzung der einzelnen Bestandteile des österreichischen Bildungssystems ist. Im Sinne des lebensbegleitenden Lernens ist es im Rahmen des dreigliedrigen Systems leichter, den Bachelor-Abschluß zu machen, anschließend, nach diesem akademischen Grad, in der Wirtschaft tätig zu sein, sich dort auch neue Erfahrungen anzueignen, vielleicht nach einigen Jahren den Magister-Abschluß zu machen, anschließend vielleicht wieder im beruflichen Umfeld tätig zu werden, um dann, wenn es gewünscht wird, mit einem Doktorats-Abschluß eine wissenschaftliche Karriere zu beginnen.

Ich denke, daß auf der einen Seite diese Durchmischung von Studien an der Universität und auf der anderen Seite das Sammeln von Erfahrung in der Wirtschaft zweifellos auch eine Belebung für den Universitätsbetrieb darstellen und natürlich auch die Qualifikationen der einzelnen Absolventen und Absolventinnen verbessern kann. Dieser Wechsel von Theorie und Praxis, von Lernen an der Uni und Erfahrung sammeln in der Wirtschaft, ist, wie ich meine, auch ein wichtiger Bestandteil für eine praxisnähere Ausbildung im Bereich der Universitäten.

Im übrigen ist rund die Hälfte aller Studierenden berufstätig. Auch das ist ein Umstand, mit dem wir uns in Zukunft sicherlich intensiver befassen müssen. Die Prozentsätze in diesem Bereich sind stark im Steigen begriffen. Es gibt immer mehr Studierende, die neben dem Studium arbeiten wollen und arbeiten müssen, und wir können mit der vorliegenden Regelung auch Möglichkeiten schaffen in der Form, daß die Universitäten verpflichtet werden, bei der Erstellung der Lehr- und Prüfungsangebote auf die Bedürfnisse der berufstätigen Studierenden stärker Rücksicht zu nehmen.


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Die Entscheidung, ob das dreigliedrige System eingeführt wird oder das zweigliedrige beibehalten werden soll, trifft die Studienkommission. Sie haben bereits angesprochen, daß die letzte Entscheidung beim Bundesminister liegt, daß aber die Entscheidung darüber, ob es überhaupt zu einem Antrag kommen soll, sehr wohl bei der Studienkommission liegt. Ich halte das auch für richtig, denn die Studienkommissionen können zweifellos am besten darüber befinden, ob es von den Studierenden und von den Lehrenden her sinnvoll ist, ein derartiges System einzurichten.

Zusätzlich dazu wird auch geprüft, ob es auch eine Akzeptanz am Arbeitsmarkt dafür gibt, und ich denke, daß der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen sicher das geeignete Gremium ist, in Form eines Gutachtens darüber zu befinden, ob ein derartiges dreigliedriges Studiensystem auch von der Wirtschaft her eine entsprechende Akzeptanz finden wird.

Mit dem vorliegenden Entwurf kann flexibel auf Veränderungen des Arbeitsmarktes eingegangen werden. Wir sehen diese flexiblere Haltung sehr deutlich auch bei den Fachhochschulen. Die Absolventen dieser Fachhochschulen sind sehr stark nachgefragt. Es gibt überhaupt kein Problem, die Absolventen dieser Schulen in der Wirtschaft unterzubringen, und ich denke, daß diese kürzeren Studienzeiten mit ein Bestandteil dafür sein können, praxisorientierter, viel flexibler und schneller reagierend auf die Bedürfnisse der Wirtschaft eingehen zu können.

Wer länger studieren möchte, sich auch umfassender wissenschaftlich ausbilden lassen möchte, kann dies auch weiterhin tun. Es wird darüber hinaus die Möglichkeit geben, nach dem Bachelor auch den Magister- und Doktortitel anzustreben. Das bedeutet, das jetzt vorliegende dreigliedrige System ist differenzierter, erlaubt es, individuellere Studienwünsche zu berücksichtigen, und es ist auch flexibler gegenüber den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes.

Diese stärkere Differenzierung ist eine Entwicklung, die in ganz Europa feststellbar ist. So haben zum Beispiel die zuständigen Minister von Großbritannien, Frankreich, Italien und auch der Bundesrepublik Deutschland bereits am 25. Mai 1998 anläßlich der 800-Jahr-Feier der Sorbonne-Universität in Paris eine gemeinsame Erklärung zur Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschulbildung abgegeben. Diese sogenannte Sorbonne-Erklärung ist zwar europarechtlich nicht bindend, aber eine wichtige politische Willenserklärung für die Harmonisierung der unterschiedlichen Hochschulsysteme in Europa auf der Grundlage des, wie ich meine, international verbreiteten dreistufigen Universitätssystems gewesen.

Eine Vertiefung dieser Absicht der europäischen Staaten, sich in diese Richtung zu entwickeln, ist die Deklaration über den europäischen Raum für Hochschulbildung, welche erst vor einigen Wochen von den zuständigen Ministern der Europäischen Union unterzeichnet wurde.

Nach Inkrafttreten der Novelle zum deutschen Hochschulrahmengesetz ist das dreistufige Modell außer in Österreich nur mehr in Griechenland, in Italien und in den Niederlanden studienrechtlich unbekannt. Das heißt, wir haben hier nicht nur das Phänomen, daß wir uns anpassen wollen an ein System, das aus dem angloamerikanischen Raum kommt, sondern es ist auch bereits so, daß sich ein Großteil der Staaten der Europäischen Union mit diesem System identifiziert.

Das heißt, die europäische Entwicklung geht eindeutig in die Richtung eines dreigliedrigen Systems, und wir sollten Rahmenbedingungen schaffen, die es bei Bedarf Studienkommissionen ermöglichen, ergänzend zum bestehenden System ein Studienangebot zu machen, bei dem weiterführende Abschlüsse weiterhin möglich bleiben, aber trotzdem kurzfristiger reagiert werden kann.

Dazu kommt – auch das ist, so meine ich, ein wichtiges Argument –, daß der Anstieg der Akademikerquote und das Sinken des Durchschnittsalters der Absolventen auch für die Wirtschaft in unserem Lande positiv sind und daß das die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich unterstützt.

Ein weiteres Zusatzangebot – damit komme ich zur zweiten Vorlage und damit auch fast schon zum Ende – ist in der Möglichkeit zu finden, Privatuniversitäten in Österreich einzurichten und


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diese auch zu besuchen. Das Universitäts-Akkreditierungsgesetz sieht vor, daß Privatuniversitäten Studien anbieten, die zu akademischen Graden führen. Es muß sich dabei um mindestens dreijährige Studien, um Vollzeitstudien handeln, außerdem müssen die Personal-, Raum- und Sachausstattung gewährleistet sein. Auch die Freiheit von Wissenschaft und Lehre muß beachtet werden.

Ein unabhängiger und weisungsfreier Akkreditierungsrat führt die Akkreditierung durch und übt die Aufsicht über die bewilligten Privatuniversitäten aus. Die Privatuniversitäten haben dem Akkreditierungsrat auch jährlich über den Bundesminister einen Bericht an das Parlament zu übermitteln. Damit scheint mir auch gewährleistet zu sein, daß die Kontrolle des Parlaments über diese Privatuniversitäten auch erhalten bleibt, und ich habe den Eindruck – da bin ich nicht ganz der Meinung des Kollegen Missethon –, daß dieser Akkreditierungsrat sehr wohl auch eine sehr gute organisatorische Ausstattung hat.

Ich sehe hier Parallelen auch zum Fachhochschulrat, der sich in der Vergangenheit, wie ich meine, auch sehr bewährt hat, und die Zusammensetzung des Akkreditierungsrates sieht vor, daß vier Personen von seiten der Bundesregierung über den Bundesminister nominiert werden und vier Personen aus dem Bereich der Rektorenkonferenz kommen. Ich sehe da also keine so starke Dominanz der Verwaltung, wie Kollege Böhm gemeint hat, sondern glaube, daß die Meinung und auch die Vorschläge der Rektorenkonferenz in geeigneter Weise in die Entscheidungsfindung miteinbezogen werden.

Da die Studiengebühren an Privatuniversitäten im allgemeinen sehr hoch sind, wird dieses Zusatzangebot der Privatuniversitäten, wie ich meine, nur eine sehr kleine Zielgruppe in Österreich ansprechen. Privatuniversitäten mit Studiengebühren sind für uns Sozialdemokraten allerdings kein Argument für Studiengebühren an öffentlichen Universitäten. Auch das möchte ich bei dieser Gelegenheit festhalten. Eine Aushöhlung des freien Universitätszuganges an öffentlichen Universitäten kommt für uns sicherlich nicht in Frage. Wir haben deshalb auch auf ein Subventionsverbot des Bundes für Privatuniversitäten gedrängt, auch aus dem Grund, daß die Republik Österreich keine Konkurrenzangebote zu den öffentlichen Universitäten fördern soll.

Da das Angebot der österreichischen Universitäten sehr gut und qualitätvoll ist, gehe ich davon aus, daß diese gesetzliche Regelung in Zukunft nur einen sehr kleinen Teil des Hochschulbetriebes abdecken wird, aber dennoch ein weiterer Bestandteil eines flexibleren, offeneren, transparenteren Hochschulsystems ist, das wir als Sozialdemokraten in Österreich seit jeher unterstützt haben. Wir Sozialdemokraten werden deshalb beiden Gesetzesvorlagen zustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber diese meine Rede zum Universitäts-Studiengesetz und zum Universitäts-Akkreditierungsgesetz auch dazu benützen, mich von Ihnen zu verabschieden. Ich beende vorläufig meine Tätigkeit im Bundesrat, weil ich ab September die Interessen der Wiener Bevölkerung im Wiener Gemeinderat und Landtag vertreten werde. Es ist dies deshalb vorläufig meine letzte Rede hier im Hohen Haus, und ich möchte daher die Gelegenheit benützen, mich so wie viele Bundesratskolleginnen und -kollegen vor mir für das besondere Klima und Verhältnis, das hier im Bundesrat herrscht, sehr herzlich zu bedanken. Ich habe trotz großer politischer Unterschiede – diese sollen auch an dieser Stelle nicht wegdiskutiert werden – selten persönliche Untergriffe erlebt. Ich denke, das unter scheidet uns hier im Bundesrat sehr deutlich von anderen politischen Gremien leider auch in unserem Land.

Ich hoffe nicht, daß das geringe mediale Interesse, das dem Bundesrat zuteil wird, damit zusammenhängt, daß hier seriös politisch gearbeitet wird und nicht, wie das vielleicht in anderen Gremien der Fall ist, mit politischen und persönlichen Untergriffen. Das würde aber nicht gegen den Bundesrat sprechen, sondern eher gegen die mediale Berichterstattung.

Ich möchte mich deshalb bei Ihnen bedanken und Sie einladen, wenn Sie Zeit und Lust haben, morgen ab 11 Uhr, falls wir nicht doch noch heute mit der Tagesordnung fertig werden, in den sozialdemokratischen Parlamentsklub zu kommen. Ich habe dort für eine kleine Stärkung vorgesehen, und falls wir morgen noch hier zusammensitzen, würde dieses Angebot Gültigkeit haben.


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Ich möchte mich abschließend sehr herzlich auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesratsdirektion, des gesamten Parlaments, der Parlamentsverwaltung und auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Klubs bedanken. Ich weiß, daß es am Bundesrat viel zu verändern und zu verbessern gibt. Dennoch werde ich die Zeit hier im Bundesrat immer in sehr positiver Erinnerung behalten und möchte Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, und dem Bundesrat für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünschen. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

17.36

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Auch von dieser Stelle wünschen wir Kollegen Dr. Ludwig alles Gute für seinen weiteren beruflichen und privaten Lebensweg.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

17.37

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kollegen und Kolleginnen! Wenn wir heute hier das Universitäts-Studiengesetz besprechen, ist schon ziemlich klar, wer diesem Gesetz zustimmen wird und wer dem Gesetz nicht zustimmen wird. Die heutige "Presse" belustigt sich auch über dieses Gesetz insofern, als sie sich über die Titulaturen, die wir dann haben werden, lustig macht. Ich stelle mir schon vor, wenn der Herr Präsident die "Frau Bakkalaurearia" oder den "Herrn Bakkalaureus" aufrufen wird.

Da sehe ich schon gewisse Schwierigkeiten, aber wir müssen uns eben daran gewöhnen, und dann werden wir es vielleicht auch lockerer über die Lippen bekommen. Aber Sie werden zugeben, daß es dazu verleitet, dann verkürzt "Frau Batscherl" und "Herr Bakkl" zu sagen. Ich zitiere da nur die heutige "Presse" und bin froh darüber, daß mich dieses Thema persönlich nicht mehr betrifft und ich nicht Bakkalaureat geworden bin.

Am 8. 6. 1999 tituliert ein Artikel in der "Presse" von Anneliese Rohrer: Zerschlagt die Universität! Dann schreibt sie: Man kann nur hoffen, daß sich dieses Parlament weigert, das vorgesehene Flickwerk noch schnell zu verabschieden, daß der nächsten Regierung die Universitäten ein wirkliches Anliegen sind. – Ich kann mich dem eigentlich vollinhaltlich anschließen, nur sind wir nun in der unglücklichen Lage, dieses Gesetz hier mit Mehrheit zu verabschieden. Wohl machen wir nicht mit, aber es geschieht trotzdem.

Ich gebe schon zu, Journalisten müssen nicht immer recht haben und sollen auch nicht vorgeben, was wir im Parlament tun. Aber ich glaube, Anneliese Rohrer hat es nicht schlecht getroffen, denn es ist eine Abwertung der Akademiker.

Ähnlich äußert sich auch der Präsident der Donau-Universität, Werner Fröhlich, der ehedem in Flensburg gelesen hat. Er sagte, daß nur etwa 5 Prozent der Studenten nach dem Bakkalaureat weitermachen. Aber er meint auch, daß die Idee des Bakkalaureats zwei wichtige und richtige Ziele hat, die aber falsch verknüpft sind. Er meint, wir brauchen internationale Abschlüsse, und wir brauchen eine Kürzung der Studienzeit. Er sagt dann weiter: Eines mit dem anderen zu verknüpfen ist aber Dilettantismus. – Ich kann mich dieser Meinung anschließen, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß dieses österreichische Bakkalaureat den Intentionen entspricht, die vielleicht auch Minister Einem einfordert, der sich im Vorjahr auf einer EU-Tagung in der Pariser Sorbonne mit seinen Kollegen auf das dreigliedrige Studiensystem geeinigt hat.

Erich Witzmann sagt dazu: Die anderen Staaten müssen nachziehen, und Österreich will sich jetzt prompt als erster, als Musterknabe präsentieren.

Es ist oft so, wenn wir hier EU-Nachvollzugsgesetze beschließen, daß wir uns als Musterknabe gerieren, darstellen wollen. Wir waren die ersten – hurra! Aber in Wirklichkeit ist es oft besser, nicht der erste, sondern nur im hinteren Feld gewesen zu sein. (Bundesrat Bieringer: Die letzten werden die ersten sein! Das steht in der Bibel!) – Genau, Herr Kollege, Sie sagen es! Vielleicht stimmen Sie mit uns mit.


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Ich sehe dieses unbedingte Musterschüler-sein-Wollen als Nachteil für die Republik, aber insbesondere für die Studenten. Der bekannte Pädagogik-Professor Marian Heitger meint dazu: Die Einführung des Bakkalaureats soll den Schein von Reformaktivitäten erzeugen, die Abbrecherquote senken und einen akademischen Grad auf niedrigem Niveau ermöglichen. – Ja, damit wird Professor Heitger recht haben.

Auch Professor Neisser – er ist auch Zweiter Präsident des Nationalrates – übt grobe Kritik, indem er sagt, das Gesetz betreffend das Bakkalaureat sei grob fahrlässig und überstürzt, und er werde dem Gesetz nicht zustimmen. Das hat er in der Form gemacht, daß er der Abstimmung fernblieb; insofern ist er seinen Kollegen nicht in den Rücken gefallen.

Auch weitere Professoren haben Kritik geübt, wie zum Beispiel Professor Paschen. Er hat eine Anzeige in den Tageszeitungen geschaltet, in der er sich über die Novelle des Universitäts-Organisationsgesetzes bitter beklagt.

Es bleibt mir daher nur zu sagen: Was ist überhaupt ein Bachelor?, fragt der Präsident der Kultusministerkonferenz in Deutschland Hans-Joachim Maier. – Das Wort "Bachelor" hat drei Bedeutungen: Die erste ist Junggeselle – vielleicht sogar Junggesellin –, die zweite ein jüngerer Seehund, der während der Brunst ohne Weibchen dasteht, also wahrlich ein armer Hund ist (Heiterkeit), und an dritter Stelle wird erst der akademische Grad des Bachelors erwähnt. Ich hoffe, es sind nicht arme Hunde, die ihn machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch. Ich erteile es ihr.

17.43

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine leicht humoristische Antwort: Das Bakkalaureat-Studium ist freiwillig, es wird keiner dazu gezwungen. Es ist auch niemand gezwungen, das Bakkalaureat einzuführen, wie es im Gesetz festgelegt ist. – Aber erlauben Sie mir doch ein paar grundsätzliche Feststellungen zu diesen beiden Gesetzen zu machen.

Es wurde schon von der Berichterstatterin, aber auch vom Herrn Bundesrat Ludwig erwähnt, daß durch diese Sorbonne-Erklärung ein neuer politischer Impuls gegeben wurde – auch wenn nicht unmittelbare politische Relevanz gegeben war –, die Diskussion über ein dreistufiges Studiensystem zu intensivieren. Es ist ein Faktum, sehr geschätzte Damen und Herren, daß, nachdem sich auch Deutschland für diesen Weg entschieden hat, Österreich, Griechenland, Italien und die Niederlande die einzigen Länder der Europäischen Union – aber auch darüber hinaus – sind, die das dreistufige Verfahren im Studienrecht nicht verankert haben.

Ich glaube daher, daß es richtig war, in dieser sehr behutsamen, doch sehr vorsichtigen Form dieses neue ergänzende System möglich zu machen. – Ich sage bewußt "möglich zu machen", weil nicht der Minister von sich aus die entsprechenden Entscheidungen zu treffen hat, sondern – ich verweise da auf die Bemerkungen des Herrn Bundesrates Professor Böhm – nur über Vorschlag der Studienkommission beziehungsweise der Universität die Möglichkeit besteht, daß durch den Minister die Anerkennung erfolgt und dementsprechend auch im Sinne des Gesetzes entschieden werden kann.

Ich glaube, daß wir unsere Erfahrungen mit diesem Zugang zu dem System zu sammeln haben werden. Ich pflichte den von Herrn Bundesrat Professor Böhm genannten Kritikpunkten bei, was die Frage der Durchlässigkeit, die Frage der Anerkennung und nicht zuletzt auch was die Frage der Arbeitsmarktrelevanz betrifft. Genau jene Punkte waren es, die auch in der Begutachtung einen großen Stellenwert eingenommen haben. Ich kann das sogar aus eigener Wahrnehmung sagen, weil ich selbst die Chance habe, im Universitätsbeirat der Universität für Bodenkultur zu sein, und es mir andererseits natürlich auch meine Nähe zu den Arbeitnehmerorganisationen möglich gemacht hat, die Diskussion auch in diesen Institutionen mitzuverfolgen, und ich weiß, daß sie gerade diesen Themen einen großen Stellenwert beigemessen haben.


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Ich glaube, daß versucht wurde, ein richtiges Mittelmaß bei der Entwicklung dieses Gesetzes zu finden, und wir uns damit in die internationale Gesamtentwicklung einbinden.

Ich erlaube mir noch, sehr geschätzter Herr Bundesrat Professor Böhm, im Zusammenhang mit dem Akkreditierungsgesetz noch ein Wort zum Akkreditierungsbeirat zu sagen – Herr Bundesrat Dr. Ludwig hat schon darauf hingewiesen –: Ich glaube, daß die Zusammensetzung, wie sie vom Gesetz her vorgesehen ist, ausschließt, daß jene Befürchtungen eintreten, die von Ihnen formuliert wurden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Hummer. )

17.46


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Vizepräsident Dr. Milan Linzer:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten (Universitäts-Akkreditierungsgesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

25. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 1988 geändert wird (1973 und 2085/NR sowie 6044/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 1988 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Böhm, Obmann des zuständigen Ausschusses, übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Herr Vizepräsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz 1988 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Thomas Ram. Ich erteile es ihm.

17.49

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geschätzter Herr Vizepräsident! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! "Beim Tierschutz geht nichts weiter!" – so Frau Ministerin Prammer in der gestrigen Ausgabe der Tageszeitung "täglich Alles".

"Beim Tierschutz geht nichts weiter!" – Zeugt auch das zur Debatte stehende Gesetz davon, daß im Tierschutz nichts weitergeht? – Das ist die Frage. Wir Freiheitlichen sagen ja, denn dieses Gesetz bringt nicht wirklich eine Verbesserung der Situation im Bereich der Tierversuche. In wesentlichen Punkten ist das heute zu beschließende Gesetz weniger streng als die betreffenden EU-Richtlinien.

Ich möchte nur erwähnen, daß es in diesem Tierversuchsgesetz Ausnahmebestimmungen bei Tierversuchen für Kosmetikprodukte gibt, was in den EU-Richtlinien nicht der Fall ist. Auch hinsichtlich der wechselseitigen Anerkennung von Versuchsergebnissen in den EU-Ländern sieht es einen Anerkennungsvorbehalt vor. Das, meine Damen und Herren, ist für mich total unverständlich, weil das bedeutet, daß dieselben Versuche öfter ausgeführt werden, was zu einer Vermehrung des Leids der Versuchstiere führt. Im internationalen Vergleich sind die Strafbestimmungen im Tierversuchsgesetz eindeutig zu niedrig angesetzt.

Es ist über den Sinn von Tierversuchen im allgemeinen zu diskutieren, nicht nur weil es darum geht, die Tiere zu schützen, sondern weil es auch darum geht, den Menschen vor einer unnötigen Gefahr zu bewahren. Mit Erschrecken habe ich gehört, daß 1995 8 500 tierversuchserprobte Medikamente wegen Gefahr für die Gesundheit der Menschen vom Markt genommen wurden. Hier sollte man in Zukunft versuchen, alternative Methoden, alternative Tests heranzuziehen. Im Zeitalter der Hochtechnologisierung gibt es auch die Möglichkeit, Tierversuche durch Computersimulationen zu ersetzen. In Zukunft sollte man danach trachten, den Tierversuch gänzlich beziehungsweise soweit wie möglich einzustellen und durch andere alternative Methoden zu ersetzen.

Die freiheitliche Kritik an diesem Tierversuchsgesetz richtet sich aber auch darauf, daß es ein isoliertes Gesetz ist. Wie Sie wissen, fordern wir ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz, und ein Teil dieses bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes soll Bestimmungen zum Schutze von Tieren gewidmet sein, die im Tierversuch – meiner Meinung nach kann man fast sagen – oftmals schon mißbraucht werden.

Frau Ministerin Prammer hat es schon gesagt: In dieser Angelegenheit geht nichts weiter. Es liegt also hier ein Versagen der Regierungskoalition von SPÖ und ÖVP vor. Lassen wir Frau Ministerin Prammer zu Wort kommen. Was sagt sie in diesem Interview? – Der Tierschutz muß in ganz Österreich einheitlich geregelt werden. Zum Tierschutz-Volksbegehren sagt sie: Obwohl über 450 000 Österreicher 1996 das Tierschutz-Volksbegehren unterschrieben haben, geht in dieser Angelegenheit nichts weiter. Die Schuld daran liegt bei der ÖVP!, so Frau Ministerin Prammer.

Ich glaube, bei wem die Schuld liegt, das sollten sich die Koalitionsparteien selbst ausmachen. Uns geht es darum, daß endlich dieses bundeseinheitliche Tierschutzgesetz kommt, das seit Jahren versprochen wird und das immerhin über 450 000 Österreicher mit ihrer Unterschrift gefordert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich schon beim Versagen der Koalition im Bereich des Tierschutzes bin, darf ich einen Leserbrief aus der "Kronen Zeitung" vom Dienstag zitieren. Dieser Leserbrief ist sehr umfangreich, ich möchte nur eine durchgehende Passage herausgreifen, weil ich glaube, daß sie eindeutig zeigt, lieber Alfred Schöls, was die Bevölkerung über


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diese Politik und vor allem über die Politik deiner ÖVP denkt. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere: Ich habe geglaubt, Tiere wären auch nach wissenschaftlicher Auffassung leidensfähige, schützenswerte Mitgeschöpfe. Leider hat sich diese Erkenntnis noch nicht bis Brüssel durchgesprochen, sonst könnte der Europäische Gerichtshof die Unzulässigkeit unseres Tiertransportgesetzes-Straße (Urteil vom Mai 1999) nicht mit der "Behinderung des freien Warenverkehrs" begründen.

Tiere sind also nur Waren. 460 000 Unterschriften österreichischer Bürger sind eine vernachlässigbare Größe. Bei der Beitrittsentscheidung hätten 460 000 Stimmen das Ergebnis wesentlich verändert. – So der Leserbriefschreiber.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, in diesen wenigen Sätzen liegt sehr viel Wahrheit.

Besonders hervorzuheben ist das skandalöse Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Hinblick auf die österreichischen Tiertransportbestimmungen, die – das muß ich auch sagen – europaweit vorbildhaft waren – man soll nicht nur Schelte austeilen, sondern man soll auch Lob aussprechen – und nun der EU zum Opfer fallen müssen. Ich und meine Fraktion glauben, daß wir als österreichische Politiker, als Vertreter des österreichischen Volkes das ganz einfach nicht so hinnehmen sollten, und deswegen stellen wir zu diesem Punkt einen Entschließungsantrag, den ich nun verlesen darf.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Thomas Ram und Kollegen betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, geeignete Initiativen zu ergreifen, um die EU-Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport derart zu verändern, daß zumindest die alten Standards (6 Stunden, 130 km) des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße wieder – für alle Transporte – in Kraft gesetzt werden können.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß die österreichischen Tiertransportgesetze mit aller Konsequenz vollzogen werden."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lade Sie herzlich ein, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen und die Interessen der betroffenen Tiere über die Interessen der Partei, im Falle der ÖVP, und über die Interessen der Koalition, im Falle der SPÖ, zu stellen, ganz einfach auch deswegen, damit sich unsere Frau Ministerin Prammer in Zukunft solche Zeitungsinterviews ersparen kann, bei denen sie dann wieder sagen muß: Beim Tierschutz geht nichts weiter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.56

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Ram und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber. Ich erteile es ihm.

17.56

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hoher Bundesrat! Jetzt kenne ich mich wirklich nicht mehr aus. In der Schule würde es heißen: Thema ver


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fehlt. Herr Bundesrat Ram! Geht es um den Tierschutz oder um die Tierversuche? – Ich glaube, wir bleiben bei den Tierversuchen. (Bundesrat Ram: Das ist nicht zu trennen, Herr Kollege!)

Sind Tierversuche ethisch überhaupt zulässig, sind sie ein Fluch oder ein Segen für uns? – Die Gesetzesnovelle dient der Schonung der Tierwelt. Wir haben ein modernes – Herr Ram, hören Sie zu! –, fortschrittliches Tierversuchsgesetz, das in vielen Punkten strenger ist, als es die EU-Vorschriften verlangen.

Die Tierstatistik wird beibehalten und eine fristgerechte öffentliche Publikation der Statistik ermöglicht. Toxikologische Unbedenklichkeitsprüfungen soll es auch bei überwiegend in der Landwirtschaft verwendeten Produkten wie Futtermittelzusatzstoffen geben. Tierversuche an Tieren gefährdeter Arten dürfen nur im Einklang mit den Artenschutzbestimmungen durchgeführt werden. Tiere dürfen für Tierversuche nur dann verwendet werden, wenn sie aus einer genehmigten Zucht, Eigenzucht oder Nutztierzucht stammen und es sich um keine verwilderten und streunenden Tiere handelt. Die Züchtung, Haltung und Unterbringung der Versuchstiere müssen von sachkundigem Personal erfolgen. Demnach wird die Unzulässigkeit bestimmter Versuchsmethoden klargestellt und eine artgerechte Haltung der Versuchstiere gewährleistet.

Nach § 3 sind Tierversuche zur Entwicklung oder Erprobung von Kosmetika grundsätzlich verboten. Der Gesetzgeber hat die Tiere vor kosmetischen Versuchszwecken geschützt. Ich glaube, da kann man wohl die Zustimmung nicht verwehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.58

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfgang Hager. Ich erteile es ihm.

17.59

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir behandeln die Novelle zum Tierversuchsgesetz 1988, das im internationalen Vergleich gesehen sehr modern ist. Dennoch enthält diese Novelle eine zentrale Regelung, die aus Sicht der Tierschützer längst überfällig war, nämlich das grundsätzliche Verbot von Tierversuchen bei der Erprobung von Kosmetika.

Ich stehe jedoch nicht an, in diesem Zusammenhang kritisch anzumerken, daß dieses Grundsatzverbot auch Ausnahmebestimmungen vorsieht und der zuständige Bundesminister durch Verordnung Ausnahmen hievon bestimmen kann. Diese Regelung befriedigt manche Tierschützer natürlich nicht unbedingt, läßt sie doch einen Ermessensspielraum, der mit sehr viel Verantwortung zu gestalten ist.

Das Ziel, das der Gesetzgeber mit diesem Tierversuchsgesetz 1988 erreichen will, sind die Reduktion der Zahl der Tierversuche und die Förderung von Ersatzmethoden. Die Zahl der Tierversuche konnte auch tatsächlich zwischen 1991 und 1997 auf rund ein Drittel gesenkt werden.

Trotzdem waren in Österreich 1997 noch immer 168 000 Tierversuche zu verzeichnen, und diese Zahl sollte nicht nur für Tierschützer eine Horrorzahl sein!

ÖVP-Abgeordneter Leiner hat sich im Nationalrat diesem Problem aus ethischer Sicht angenähert. Ich empfinde seine Überlegungen als sehr beachtenswert. Er hat gesagt – ich zitiere –: Das Ergebnis eines Tierversuchs gilt generell nur für das Tier, nur für dieses Versuchstier und das getestete Präparat am Tier. Alle daraus für die Menschen abgeleiteten Rückschlüsse sind nur Interpretationen, Hypothesen und Vermutungen. – Zitatende.

Ich kann mich seinen Ausführungen nur anschließen. Tierversuche sind heute in fast allen medizinischen Bereichen durch Versuche im Reagenzglas zu ersetzen. Mit Gewebsproben und Zellen in Nährlösungen kann billiger, rascher und aussagekräftiger geforscht werden. Vor allem werden dabei keinem Tier Angst, Schmerz oder Leid zugefügt.


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Vor allem sollte man einen wesentlichen Aspekt dabei nicht übersehen: Tierversuche sind keine Garantie dafür, daß beim Menschen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auftreten. Es gibt zahlreiche Arzneimittel, die nach der Markteinführung rasch zurückgezogen werden mußten, weil am Menschen Nebenwirkungen auftraten, die im Tierversuch nicht erkannt werden konnten.

Schon gar nicht einsichtig – und zwar nicht nur für Tierschützer – ist jedoch die Erprobung von Schönheitsmittelchen an lebenden Tieren. Dieses Problem wird aber durch die heutige Novelle und natürlich auch durch den verantwortungsvollen Umgang mit Ausnahmeverordnungen geregelt werden.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Thema Tierschutz. Der gegenwärtige Standard des Tierschutzes in Österreich ist nicht unbedingt befriedigend. Nicht umsonst haben rund 650 000 Österreicher seinerzeit das Tierschutz-Volksbegehren unterschrieben. Diese Legislaturperiode des Nationalrates ist allerdings wieder ohne die Verabschiebung eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes zu Ende gegangen, das die SPÖ längst eingebracht hat. Trotz aller Bemühungen der SPÖ, dieses Bundesgesetz endlich zustande zu bringen, das nach unseren Vorstellungen umfassende Regelungen für die Haltung von Tieren, aber auch betreffend die Schaffung eines Tierschutzbeirates und einer Tierschutzanwaltschaft beinhalten sollte, hat die ÖVP ihre Blockade aufrechterhalten. – Mindeststandards der Landestierschutzgesetze noch unterbieten und die zentralen Forderungen des Tierschutz-Volksbegehrens nicht einmal ignorieren – das ist die Linie der ÖVP in Sachen Tierschutz.

Ich bin überzeugt davon, daß die österreichischen Tierschützer – die 650 000 Unterzeichner des Volksbegehrens – diese Haltung ganz genau zu bewerten wissen. Der Novelle zum Tierversuchsgesetz wird meine Fraktion die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch. Ich erteile es ihr.

18.03

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Sehr geschätzter Herr Bundesrat Ram! Ich kann in der Gesetzesvorlage keine Bestimmung erkennen, mit welcher die Umsetzung der EU-Richtlinie abgeschwächt worden wäre. Im Gegenteil: Es wurde in vollem Umfang und in voller Verantwortung eine Umsetzung des Schutzes vor Tierversuchen vorgenommen.

Darüber hinaus wurde ein Schritt gesetzt, der ganz wesentlich ist: Es wird nämlich das Inkrafttreten vorweggenommen, sodaß die Schutzbestimmungen noch früher in Kraft treten können, als es von der EU-Richtlinie an sich vorgesehen wäre. Damit wird eine politische Position vertreten, die der Linie, die wir sonst beim Tierschutz verfolgen, durchaus entspricht.

Ich möchte auch darauf verweisen, daß gerade für alternative Methoden sehr viele Mittel aufgewendet werden. Von Herrn Bundesrat Hager wurde bereits darauf verwiesen. – Ich glaube, daß es der richtige Weg ist, alle möglichen Alternativen auszuschöpfen, um von den Tierversuchen komplett wegzukommen.

Erlauben Sie mir auch noch eine persönliche Bemerkung betreffend ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz: Auch ich würde mich gemeinsam mit Frau Bundesministerin Prammer, Herrn Bundesrat Hager und wahrscheinlich vielen anderen freuen, wenn wir auch im Bundesrat über ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz reden könnten. Wir haben jedoch zu respektieren, daß laut unserer Bundesverfassung Tierschutz verfassungsrechtlich Ländersache ist. Daher würde ich mir wünschen, daß gerade Vertreter im Bundesrat, die Ländervertreter sind, unsere diesbezüglichen Bemühungen unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


Bundesrat
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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ram und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

26. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz) (1835 und 2045/NR sowie 6045/BR der Beilagen)

27. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 – ÖPNRVG 1999) (1132/A und 2046/NR sowie 6046/BR der Beilagen)

28. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) (1118/A und 2047/NR sowie 6013 und 6047/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 bis 28 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz),

ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 – ÖPNRVG 1999) und

ein Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG).

Die Berichterstattung über die Punkte 26 bis 28 hat Herr Bundesrat Karl Boden übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Karl Boden:
Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr über den Beschluß betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz) liegt schriftlich vor.

Der Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen diesen Beschluß keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht über den Beschluß betreffend ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs 1999.

Auch dieser Bericht liegt schriftlich vor.

Der Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen diesen Beschluß keinen Einspruch zu erheben.

Drittens bringe ich den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr über den Beschluß betreffend ein Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG).

Auch dieser Bericht liegt schriftlich vor.

Der Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen diesen Beschluß keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile ihm das Wort.

18.09

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin in Vertretung für Herrn Verkehrsminister Einem! Ich bin, ehrlich gesagt, gespannt, wie Sie meine Fragen, die ich im Zusammenhang mit diesem Gesetz an Sie stellen muß, beantworten können werden. Ich hoffe, es sind ausreichend Fachleute da, daß die Beantwortung meiner Fragen möglich sein wird. Sollte das nicht möglich sein, würde ich vorschlagen, daß wir die Antwort auf unsere Fragen zumindest schriftlich bekommen. (Bundesrat Prähauser: Die Frau Ministerin wird das können! – Bundesrat Drochter: Das ist ja keine Fragestunde!)

Ich möchte zunächst zur Schienen-Control-Kommission reden. Wie wir bereits beim Hochleistungsstreckengesetz und beim Brenner-Eisenbahngesetz zum Ausdruck gebracht haben, sind Verkehrsthemen immer in einem Gesamtzusammenhang zu sehen. Das heißt, man kann nicht punktuell einmal die Schiene und einmal die Straße abhandeln – so wie wir auch heute am Ende der Sitzung das Bundesstraßengesetz auf der Tagesordnung haben –, sondern man muß das Thema Verkehr im Gesamtzusammenhang sehen und gesamthaft beurteilen. – Das ist ein Punkt, den wir immer vorbringen.

Der zweite Punkt betrifft den internationalen Einklang. Diesbezüglich ist Österreich, wie wir wissen, ein Musterland der EU, und seitens der EU wird die Schaffung einer europäischen Regulatorbehörde zumindest überlegt. – Damit komme ich zu meiner ersten Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Warum müssen wir in Österreich, wenn es bekanntermaßen in Kürze einen europäischen Regulator geben wird, eine eigene Behörde einberufen?

Es gab zu dieser Behörde eine intensive Diskussion im Nationalrat, insbesondere betreffend die Bestellung der Schienen-Control-Kommission und der Schienen-Control GmbH mit einer be


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stimmten Person. – Damit bin ich bei meiner zweite Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Können wir davon ausgehen, daß es einmal in diesem Land eine objektive Suche nach qualifizierten Personen geben wird, oder wird auch Ihrer Ansicht nach tatsächlich die Situation eintreten, die im Nationalrat diskutiert wurde? Wie wir wissen, gibt es im Zusammenhang mit dieser "Schienen-Control-Kommission" – das ist so ein Mischwort zwischen Englisch und Deutsch, es könnte auch "Schienen-Kontroll-Kommission" heißen – zwei Aspekte.

Der Herr Bundesminister erläutert uns, daß er die Schieneninfrastruktur stärker mit Unternehmen auslasten müsse. Das heißt, es geht um die Frage, möglichst viele internationale Eisenbahnunternehmen auf unsere Schiene zu bekommen. – Das ist der eine Aspekt.

Der zweite Aspekt, der bei dieser Novelle auch eine Rolle spielt, ist die Frage: Haben es diejenigen Unternehmen, die wir heute in Österreich haben, nämlich die ÖBB, die Privatbahnen und die Landesbahnen gut gemacht oder nicht? – Diese Frage wird uns auch beantwortet. Es gibt eine Zeitung "Der Eisenbahner". Es ist dies das Magazin der Gewerkschaft der Eisenbahner. In der Ausgabe 7 – 8/1999 teilt uns der Vorsitzende-Stellvertreter mit: Rail Regulator soll für fairen Wettbewerb auf der Schiene sorgen. – Es entsteht also der Eindruck, daß es der Vorsitzende-Stellvertreter bei der Eisenbahn, der nicht meiner Fraktion angehört, als wichtig ansieht, daß nicht die ÖBB zum Tragen kommt, sondern daß möglichst viele andere Unternehmen auf die Schiene kommen sollen. – Das ist für uns natürlich ein völlig neuer Ansatzpunkt. Wir hätten das gar nicht vermutet.

Ich möchte nunmehr den zweiten Gesetzentwurf, der jetzt zur Diskussion steht, zur Sprache bringen. Es ist dies das Personennah- und Regionalverkehrsgesetz. Hiebei geht es um die Finanzierung des Nahverkehrs. Das ist auch ein altes Anliegen der Freiheitlichen. Es hat jahrelang Diskussionen gegeben, bis es zu diesem Entwurf kam, den wir auch befürworten. Seitens der freiheitlichen Fraktion wird es also zu diesem Gesetz eine Zustimmung geben.

Es stellt sich für uns nur die Frage, mit welchem internationalen Ausblick dieses Gesetz abgefaßt wurde. Daher lautet meine dritte Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Können Sie uns erläutern, warum nicht das deutsche Modell von Verkehrsverbünden herangezogen wurde? – Denn mit diesem Gesetz, das nunmehr vorgelegt wurde, ist es nicht möglich, daß Konzessionsrechte bei Verkehrsverbünden bestehen, die dann natürlich auch weitergegeben werden können.

Ein interessanter Aspekt ist die Verkehrsanschlußabgabe, die von den Gemeinden verrechnet werden kann. Das kann Betriebe natürlich enorm belasten. Daher lautet meine vierte Frage: Wurde untersucht, wie sich diese Verkehrsanschlußabgabe – die der U-Bahn-Steuer in Wien ähnelt – auf die österreichische Wirtschaft auswirken wird? Inwiefern wird es zu einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit kommen?

Ich möchte nun zum nächsten Gesetzentwurf, der hier zur Diskussion steht, kommen, nämlich zum Kraftfahrliniengesetz, und ich darf mich diesbezüglich sehr gerne an die ÖVP wenden: Seitens der Wirtschaftskammer, die sehr stark von der ÖVP dominiert wird, wurde zum Kraftfahrliniengesetz eine sehr interessante Stellungnahme abgegeben, und zwar hinsichtlich der Dauer der Konzessionsrechte für Kraftfahrlinienunternehmen auf der einen Seite und hinsichtlich des Bereichs der formellen Reziprozität auf der anderen Seite. – Ich werde das kurz erläutern.

Es geht in Österreich darum, den öffentlichen Verkehr bestmöglich abzuwickeln, sozusagen den öffentlichen Verkehrsbedürfnissen bestmöglich zu entsprechen. Das wollen auch wir Freiheitlichen, ebenso wie wir auch eine Verbesserung der Schiene und auch eine Unterstützung der braven und tüchtigen Mitarbeiter bei der Schiene befürworten. Ich habe das Gefühl, wir sind die letzten, die sich dafür interessieren.

Zurück zum Kraftfahrliniengesetz: Seitens der Kammer wurde zum Ausdruck gebracht, daß es wichtig ist – das kann ich verstehen –, daß jemand die Konzessionsrechte möglichst lange innehat, also auf jeden Fall zehn bis 15 Jahre. Das lag allerdings wiederum nicht im Interesse der von der ÖVP dominierten Bundesländer, die meinten, daß fünf Jahre auch genug seien, damit man beeinflussen könne, daß ein Unternehmer, der keine optimale Leistung erbringt, gehen


Bundesrat
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muß. – Interessant dabei ist, daß sich offenbar die Kammer gegenüber den ÖVP-dominierten Bundesländern durchgesetzt hat, denn es wurde eine Dauer von zehn Jahren festgelegt. (Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Nun möchte ich noch zum Bereich der formellen Reziprozität kommen und sage ebenfalls in Richtung ÖVP: Da wird gesetzlich zugelassen, daß im internationalen Verkehr auch ausländische Busunternehmer das Recht bekommen sollen, Konzessionen in Österreich zu erlangen. Aber warum muß man das gesetzlich vorsehen? – Das betrifft nicht die EU-Staaten und ist nicht EU-Recht. In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage: Warum muß man den anderen von Haus aus etwas schenken und unsere Busunternehmen, vor allem im Bereich der KMU, von Haus aus schwächen? (Bundesrat Dr. Maier: Haben Sie keine anderen Sorgen?)

Wir Freiheitlichen wollen daher – ich werde das noch einmal beim Bundesstraßengesetz sagen – eine solide, zusammenfassende Verkehrspolitik, die Sie von der ÖVP und SPÖ nicht zustande gebracht haben. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten als Straßenbehörde liegt mit dem Bundesministerium für Verkehr ständig im Clinch und kommt zu keinem Gesamtverkehrskonzept in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen wollen, daß der Verkehr ordentlich und gut für die Kunden abgewickelt wird und die Sicherheit der Kunden gewährleistet ist.

Wir bringen daher folgenden Entschließungsantrag ein. (Bundesrat Rauchenberger: Oje!) Hören Sie zuerst zu!

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. André d'Aron und Kollegen betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, dem Parlament einen Gesetzesvorschlag zur verpflichtenden nachträglichen Ausrüstung von Reisebussen mit Sicherheitsgurten vorzulegen, wobei eine entsprechende Übergangsfrist von ein bis zwei Jahren vorzusehen ist.

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird weiters aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Bundesländern für eine Intensivierung der technischen Kontrollen auf der Straße, beispielsweise durch Beschaffung und vor allem Einsatz weiterer Prüfzüge, zu sorgen."

*****

Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.18

Präsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Dr. d'Aron und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Johann Ledolter. Ich erteile ihm das Wort.

18.18

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch eine Anmerkung zu Kollegen d'Aron: Die Sorgen, lieber Herr Bundesrat, die du dir machst, sind zweifelsohne darauf zurückzuführen, daß in der Wirtschaftskammer Wirtschaftlichkeitsüberlegungen im Vordergrund stehen und somit natürlich auch eine entsprechende Fristsetzung für diese zugesagten Konzessionen notwendig ist, damit man auch entsprechende Mittelrückflüsse lukrieren, das heißt über Abschreibungen etwas verdienen kann. Dieses Denken ist offensichtlich in deiner Dienst


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stelle leider immer noch nicht so weit verbreitet, wie wir, wie es sich die Steuerzahler und wie es sich die gesamte Republik Österreich wünschen würden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch nicht verhehlen, daß auch dieses vorliegende und in Diskussion stehende Gesetz nicht alle Wünsche und alle Forderungen der Volkspartei erfüllt, wir aber gegenüber der Regierungsvorlage des Herrn Verkehrsministers doch wesentliche Verbesserungen und Positionierungen durchsetzen konnten. Diese Schienenverkehrsmarktregulierung, wie sie hier vorliegt, stellt doch den ersten Schritt in Richtung eines fairen Wettbewerbs auf Österreichs Schienennetz und damit einen wesentlichen Schritt zur Liberalisierung des Bahnverkehrs insgesamt dar.

Zu diesem Rail Regulator, der schon ausführlich erklärt wurde, ist zu sagen, daß seine Kontrollfunktion gegenüber den ÖBB nun tatsächlich auszuüben sein wird und daß auch eine entsprechende Handlungsweise und Kompetenz vorliegt, und zwar sowohl von Amts wegen als auch aufgrund von Beschwerden gegen die Verletzung der Zutrittsfreiheit zum Schienennetz. Insofern wurde der Einfluß des Monopolisten ÖBB entscheidend zurückgedrängt und die Position der Schienen-Control-Kommission gegenüber dem Verkehrsminister gestärkt.

Ohne auf allzu viele Details eingehen zu wollen: Mit diesem Gesetz ist auch in Österreich ein neues Zeitalter der Bahnliberalisierung und eines stärkeres Wettbewerbs auf dem Schienennetz angebrochen. Es bleibt allerdings auch zu hoffen, daß dieses Gesetz die ÖBB veranlassen wird, ihre Leistungsfähigkeit und ihre Marktkonformität zu erhöhen.

Der Herr Verkehrsminister hatte immer wieder, um den Wettbewerb auf der Schiene zu steigern, neue Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Bereits 1995 gab es eine Trennung der geschäftlichen Bereiche Infrastruktur und Bahnverkehr. Die Infrastruktur, das Schienennetz, soll ein eigenständiges und nicht nur ein ausschließlich dienendes Element der ÖBB sein. Klare und funktionelle Abgrenzungen der beiden Felder sollen im Bereich der Infrastruktur die eigenständigen Interessen und die Maximierung des Verkehrsaufkommens fördern.

Deshalb ist zu bedauern, daß der Herr Verkehrsminister im intensiver werdenden Wahlkampf kalte Füße bekommen und einen Rückzieher gemacht hat, so auch bei der europäischen Verkehrsministertagung, wo er sich gemeinsam mit Frankreich gegen eine weitere Liberalisierung der Schiene und gegen entsprechende Richtlinien betreffend mehr Wettbewerb stark gemacht hat – entgegen den Lippenbekenntnissen, die wir hier im Inland immer wieder zu hören bekommen und die eigentlich auch Zielsetzungen des Gesetzgebers sind. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. ) – Herr Kollege! Du hast Gott sei Dank die Möglichkeit, auch im internen Bereich dein Wort zu erheben.

Der Herr Verkehrsminister ist auch gegen eine weitere Trennung von Infrastruktur und Bahnbetrieb. Er hat sich damit auch gegen Maßnahmen und Initiativen anderer Länder, wie etwa der Bundesrepublik Deutschland, ausgesprochen und versucht, damit diese Bewegung zu stoppen. Aber das kann man einem SPÖ-Verkehrsminister nicht verdenken, der mit der starken SPÖ-Eisenbahnergewerkschaft keinen Konflikt haben möchte – noch dazu, wie ich schon sagte, in Vorwahlzeiten.

Statt mutig zu strukturieren und zu reformieren, gibt es Weisungen an den ÖBB-Vorstand, wie der heutigen "Presse" zu entnehmen ist. Es heißt, daß die Weisung des Herrn Verkehrsministers an den ÖBB-Vorstand, verstärkt in den Personenverkehr zu investieren, nicht nur bei vielen kritischen Beobachtern, sondern auch bei der Industriellenvereinigung Bestürzung ausgelöst hat. In einem Schreiben an alle ÖBB-Mitarbeiter meint der Minister, er habe dem ÖBB-Management die Anweisung gegeben, nicht nur Sparmaßnahmen durchzuführen, sondern auch Investitionen zu tätigen. Insbesondere sprach Einem den Personenverkehr an, bei dem die Bahn durch Investitionen eine bessere Position auf dem Markt erreichen solle. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Dazu ist anzumerken, daß Herr Generaldirektor Draxler schon jetzt mehr in den Personenverkehr investiert hat, als er eigentlich sollte.


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Diesem Verkehrsexperten der Bahn hat eine Aktion herbe Kritik seitens der Gewerkschaft eingetragen, nämlich daß Herr Draxler beabsichtigt, ehrgeizige Cargo-Pläne zu verwirklichen. Er stellt sich damit in Widerspruch zur Gewerkschaft, die ihm vorwirft, er vernachlässige den Personenverkehr, die Kunden wanderten wegen der schlechten Qualität der Waggons ab. – Das ist dem "Kurier" vom Montag zu entnehmen.

Es steht auch ein Satz darin, der auch bei der Wirtschaft Empörung auslöst, nämlich – ich zitiere wörtlich –: Wenn in Europa über die Schiene nichts mehr geht, dann fahren wir halt auch mit dem LKW. – Und das aus dem Mund eines hochrangigen Eisenbahners, des ÖBB-Chefs! Das ist mehr, als man sich von einer durch Quersubventionierung immer wieder verzerrten Wettbewerbsfront gerne sagen läßt. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch einen Hinweis dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie es tatsächlich ausschaut – das wird sicher auch die Zuhörer interessieren –: Die Bundesbahnen haben zum Beispiel im Personenverkehr 1998 um 2,4 Prozent weniger befördert als noch ein Jahr zuvor. Auch im Güterverkehr sind die Umsatzerlöse nur um 1,4 Prozent gestiegen. – Also: Mit der Verlagerung auf die Schiene, die uns die Werbung immer weismachen will, ist es bei Gott nicht so weit her.

Eines muß man auch noch sagen: Immer noch zahlt der Steuerzahler 36 Milliarden Schilling aus dem Budget, um dieses System ÖBB-Schienenverkehr zu ermöglichen. Und dieses Defizit steigt! 1991 waren es noch 28 Milliarden, jetzt sind wir bei 36 Milliarden.

Noch eine Tatsache über die wahren Größen der Verkehrsströme: Meine Damen und Herren! Der Transportanteil der Bahn macht beim Güterverkehr in Österreich insgesamt nur 7 Prozent aus – 7 Prozent! Die Bundesbahnen transportieren weiters rund 180 Millionen Personen im Jahr – das klingt hoch –, die Kraftfahrlinien jedoch, die Busse – auch die Bahn-Busse! –, transportieren insgesamt 550 Millionen Menschen, also dreimal so viel, und mit einem marginalen Defizitbeitrag im Vergleich zum Schienenweg. Meine Damen und Herren! Das ist die verkehrspolitische Realität, da nützen die ganze Werbung und das ganze Schönreden nichts!

Zum Schluß noch einen Rat: Wie würde es die Wirtschaft machen, wie würden es jene machen, die von der Bahn immer wieder konkurrenziert werden, da es durch Quersubventionierungen immer wieder auch zu Wettbewerbsverzerrungen kommt? – Wir würden nicht versuchen, durch entsprechende kostenintensive Investitionen zum Ziel zu kommen, sondern mit Dingen, die wenig oder gar nichts kosten: mit einer Verbesserung der Logistik, mit mehr Verläßlichkeit, mit mehr Sorgfalt und Engagement und auch mit einem mentalen Heraus-aus-dem-geschützten-Bereich. Meine Damen und Herren! Vielleicht findet sich dann sogar noch jemand, der es ermöglicht, daß ältere Mitbürger auf den Bahnhöfen aus- und einsteigen können, ohne sich immer davor fürchten zu müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.29

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm das Wort.

18.29

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Herrn Kollegen d'Aron möchte ich beruhigen: Sie sind nicht die letzten, die sich um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der ÖBB bemühen und diese umwerben. (Bundesrat Dr. d′Aron: Schaut aber so aus!) Die Ergebnisse der Personal- und Betriebsratswahlen zeigen ein deutliches Ergebnis. (Bundesrat Dr. d′Aron: Vor diesem Gesetz!)

Ich kann es mir nicht verkneifen, Kollegen Ledolter folgendes zu sagen: Lieber Kollege! Würde die Wirtschaft die ÖBB in die Hand nehmen, würde sie wahrscheinlich auf der West- und auf der Südbahn fahren und die Nebenbahnen, die unprofitabel sind, zusperren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der grundsätzliche Fehler ist, daß Sie nach rein betriebswirtschaftlichen Ergebnissen Politik machen (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen) und weder volkswirtschaftliche noch verkehrspolitische Aspekte gelten lassen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die drei vorliegenden Gesetze, die wir – so hoffe ich – beschließen werden, sind gute Gesetze: ein Gesetz – darin unterscheide ich mich wieder vom Kollegen Ledolter –, das nicht unüberlegt liberalisiert, sondern reguliert, ein Gesetz, das einen fairen Wettbewerb unter fairen Rahmenbedingungen gewährleistet. Denn das, was wir nicht brauchen, ist eine Österreichische Bundesbahn, die durch unüberlegte Liberalisierungsschritte den leistungsfähigen Schienenverkehr in Österreich nicht gewährleistet. Negative Beispiele einer zu rasanten Marktöffnung und Liberalisierung gibt es in Europa genug.

Schon jetzt – ich möchte das noch einmal erwähnen – haben wir die Situation, daß die ÖBB nach rein betriebswirtschaftlichen Ergebnissen betrachtet werden. Mir ist bewußt, daß diese Betrachtungsweise die einfachste ist, nämlich nur die Zahlen zu vergleichen. Aber gerade jemand wie ich, der aus keinem Ballungszentrum kommt und der sich in den letzten Jahren sehr intensiv mit der Frage der Nebenbahnen beschäftigt hat, kann Ihnen versichern, daß gerade die verkehrspolitischen und die volkswirtschaftlichen Fragen enorme Bedeutung haben. Auch für jemanden, der aus einem Bezirk mit einem sehr hohen Pendleranteil kommt – wie eben ich –, ist dies von hoher Relevanz. Personen aus Regionen, die nicht an einer Hauptverkehrsader liegen, sind entsprechend benachteiligt.

Das ist genau die gleiche Debatte, wie sie im Nationalrat – vielleicht mit anderen Worten – geführt wurde. Im Nationalrat wurde gesagt – ich zitiere wörtlich –: Nur wenn der Zutritt für Dritte – sprich: die Liberalisierung – wirklich möglich ist, kann es Wettbewerb geben, und erst dann werden auch die Qualität und die Leistung steigen. – Wenn man sich diesen Satz auf der Zunge zergehen läßt, kann man nur zu einem Schluß kommen, nämlich daß die derzeit rund 54 000 Beschäftigten der ÖBB entweder keine Qualität oder keine Leistung erbringen. (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, stelle ich jedoch auch von dieser Stelle aus in Abrede, denn ich weiß, daß die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr große Leistungen auch unter schmerzlichen Einschnitten in den letzten Jahren erbracht haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es schon eingangs erwähnt: Ich meine, daß der österreichische Weg betreffend die Schiene gut und richtig ist, daß er ein Weg ist, den es auch weiterhin zu unterstützen gilt, auch in einer Gesellschaft, die immer mobiler wird.

Es muß die oberste Maxime bleiben, die ÖBB zu haben, die unter Berücksichtigung der Sicherheit, der Umwelt, aber auch der Kostenwahrheit fahren und in Zukunft Marktanteile dazugewinnen. Die uns vorliegenden Materien geben der ÖBB die Möglichkeit, auf dem Markt strategisch vorzugehen. Es sind dies Vorlagen, die es ermöglichen, auch in Zukunft die Bewältigung des Verkehrs in einem vernetzten, integrierten und umweltfreundlichen System zu garantieren. Es sind dies Vorlagen, die die Chancengleichheit für die ÖBB schaffen. Deshalb werden wir diesen Vorlagen unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.34

Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Hostasch das Wort. – Bitte.

18.34

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesrat d'Aron! Ich vermute doch, daß sehr viele Ihrer Fragen im Ausschuß sehr ausführlich diskutiert, beraten und beantwortet wurden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß diese Fragen, die Sie jetzt im Plenum an alle und auch an mich gerichtet haben, nicht schon vorher diskutiert wurden und Gegenstand von gemeinsamen Beratungen waren. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. ) Ich glaube nicht, daß Ihnen die Fragen, die Sie jetzt gestellt haben, gerade erst eingefallen sind, aber trotzdem möchte ich mich bemühen, kurz darauf einzugehen.

Sie haben den Regulator angesprochen. Dabei geht es um eine Nachbildung dessen, was im Telekom-Bereich schon in Aussicht genommen wird und wurde. Es ist die Vorstellung des zuständigen Ministers und seiner Experten, daß dieser Regulator eingeführt werden soll. Dieser Vorstellung hat sich der Ministerrat angeschlossen, und diese Vorstellungen hat auch der Na


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tionalrat übernommen, und daher ist das entsprechende Gesetz auch dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt worden.

Ich bin überzeugt davon, daß bei der personellen Bestellung alle Kriterien, alle Voraussetzungen erfüllt werden werden, die zu einer objektiven Bestellung beitragen werden und diese auch Voraussetzung sind.

Zweiter Punkt: Sehr geschätzter Herr Bundesrat! Sie haben – ich habe das mit Verwunderung zur Kenntnis genommen – gefragt: Warum haben wir nicht das deutsche Modell der Verkehrsverbünde übernommen? – Ich meine, wir müssen nicht alles kopieren, was es in Deutschland gibt.

Das Verkehrsministerium hat sich an der sogenannten Schönbäck-Studie orientiert, hat diese natürlich auch mit den betroffenen Organisationen diskutiert, insbesondere den Verkehrsunternehmen, und ist zur Auffassung gekommen, den Gesetzestext mit dem vorliegenden Inhalt einer Beschlußfassung zuzuführen. Daher ist dieses Gesetz in dieser Form zur Beschlußfassung im Parlament eingebracht worden.

Zur dritten Frage, bei der es um die Verkehrsabgabe und darum, ob schon eine Studie über die Auswirkungen veranlaßt wurde, geht. Ich glaube, sehr geschätzter Herr Bundesrat, es wäre verantwortungslos und auch eine Vergeudung von Steuermitteln, eine Studie in Auftrag zu geben, obwohl noch überhaupt nicht abschätzbar ist, inwieweit die Gemeinden von einer Ermächtigung Gebrauch machen werden und inwieweit von dieser Ermächtigung, die im Gesetz definiert ist, überhaupt eine Auswirkung zu erwarten ist. Ich meine, man hat die zukünftige Entwicklung abzuwarten und gegebenenfalls, wenn es erforderlich erscheint, auch eine Evaluierung von Auswirkungen vorzunehmen.

Erlauben Sie mir auch noch eine kurze Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Bundesrates Ledolter. Darf ich Sie eines fragen, Herr Bundesrat: Wer ist für Sie die "Wirtschaft"? – Für mich sind die "Wirtschaft": die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer, die Unternehmerinnen und Unternehmer, Großbetriebe, Kleinbetriebe, Mittelbetriebe, aber auch die ÖBB (Ruf bei der ÖVP: Und die Landwirtschaft!), auch die Post und die Landwirtschaft. Das ist die Wirtschaft! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ledolter: All jene, die sich dem Markt unterwerfen!)

Ich wundere mich darüber, sehr geschätzter Herr Bundesrat, daß Sie eigentlich einen Konflikt aufbauen zwischen dem wichtigen Wirtschaftspartner Bahn, den wichtigen Wirtschaftspartnern Unternehmer, jenen, die die Leistungen der Bahn in Anspruch nehmen, aber auch jenen privaten Personen, die die Leistungen in Anspruch nehmen, den Arbeitnehmern, den Familien.

Aus meiner Sicht sollten wir alles tun, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn zu erhöhen, ihr den Markt zu öffnen, die Chance zu geben, erfolgreich zu wirken und für die österreichische Bevölkerung und auch für die österreichische Wirtschaft bestmögliche Dienstleistungen zu erbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sollten in der Diskussion Fragen formuliert worden sein, die ich aus Ihrer Sicht jetzt nicht befriedigend beantwortet habe, darf ich Sie bitten, sehr geschätzte Bundesräte, doch noch den direkten Kontakt zu Herrn Bundesminister Einem oder zu seinen Experten zu suchen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.


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Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz 1992 und das Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesetz geändert werden (Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 – ÖPNRVG 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. d'Aron und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen vor. Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

29. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden (1768 und 2000/NR sowie 6048/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 29. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wolfgang Hager übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor.


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Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr das Wort.

18.42

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dem Eltern-Karenzgesetz – ich glaube, jetzt heißt es so, weil das Wort "Urlaub" herausfällt –, dem Karenzgeldgesetz, dem Arbeitslosenversicherungsgesetz und so weiter geht es vor allem um eine EU-Richtlinie, die jetzt umgesetzt werden muß und vor allem einen unabhängigen Karenzanspruch des Vaters vorsieht.

Dazu ist eingangs schon zu bemerken, daß das wieder ein typischer Fall ist. Die Frist ist eigentlich schon verstrichen. Aber es passiert nicht zum ersten Mal, daß Fristen versäumt werden, wobei ich noch anmerken möchte, daß ich das eigentlich schade finde, weil Sie doch so überzeugt sind von den Sachen, die Sie in Gesetzesform gießen. Warum muß Sie eigentlich immer die EU stoßen, damit Sie endlich einmal die EU-Richtlinien umsetzen, nachdem Sie doch mit Feuer und Flamme nach Brüssel gezogen sind?

Wie bei vielen Gesetzen – oder fast bei den meisten Gesetzen, mit wenigen Ausnahmen – ist es so, daß nicht alles nur negativ ist, was in einem Gesetz steht. Immer wieder findet man Punkte, die auch ganz gut sind. Aber ein Gesetz wird nun einmal in seiner Gesamtheit betrachtet, und da muß man abwägen, was einem lieber ist. Jetzt möchte ich mich nicht verschweigen und Ihnen schon sagen, daß es darin einige Sachen gibt, die ich nicht schlecht finde, zum Beispiel das erhöhte Karenzgeld für Frauen, wenn sie den Namen des Vaters nicht angeben, vorausgesetzt sie versprechen vorher, den Zuschuß zurückzubezahlen. Oder: der Verfall des Restkarenzgeldes, wenn in dieser Zeit ein weiteres Kind geboren wird. Daß das wegfällt, finde ich auch in Ordnung.

Aber insgesamt muß man sagen, daß all diese Karenzgesetze – auch jene, die wir schon novelliert haben – immer mehr zu einem Fleckerlteppich verkommen. Es wird immer ein bißchen repariert – manchmal unter dem Druck der EU, manchmal aus eigenem Antrieb oder von Interessengruppen angetrieben –, aber nie so, daß man sagt, wir machen einmal ein perfektes Ganzes.

Obwohl die Regierungsparteien die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer wieder beschwören – wogegen auch nichts spricht, das ist in Ordnung –, ist es aber letzten Endes so, daß selbst Frau Kainz in ihrer heutigen Presseaussendung gemeint hat: Wir Sozialdemokratinnen versprechen allen berufstätigen Frauen, daß Beruf und Familie – nun kommt ihre Selbsterkenntnis, denn sie sagt auch, da hätten wir durchaus einigen Nachholbedarf – für die Frauen vereinbar sein müssen. – Zitatende.

Bitte, wer ist seit fast 30 Jahren in der Regierung, und wer hatte die Möglichkeit, das schon umzusetzen? – Das lese ich nicht zum ersten Mal. Das sind jene Versprechungen, die sich immer wiederholen – fast schon gebetsmühlenartig –, aber es passiert eigentlich nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wäre wirklich an der Zeit, wenn Sie einmal handeln würden, anstatt ständig Versprechungen zu machen.

Obwohl Sie das immer wieder fordern, gibt es immer weniger Kinder. In den letzten zwei Jahren ist die Geburtenrate um 10 Prozent gesunken. Es kann auch nicht das allein seligmachende Mittel sein, diese ewige Vereinbarkeit zu beschwören (Bundesrätin Schicker: Ist es auch nicht!), noch dazu – das geht mir nämlich tatsächlich ab – wird immer nur von den Frauen gesprochen. Ich habe keine einzige Aussage dahin gehend gehört, daß irgendwann einmal auch jemand über die Kinder nachgedacht hätte. Diese sind doch wohl der bestimmende Faktor, wenn man


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den Zeitungsinseraten mit dem Spruch "Ich bin der Chef" glauben darf. Dann würde ich doch meinen, daß man vielleicht einmal an die Kinder denken sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sind sich alle Psychologen darin einig, daß die ersten Jahre in der Kindererziehung sehr prägend sind; da ist vor allem die Mutter die Bezugsperson. Der Vater mag es schon auch sein, aber – ich weiß das von meinen Kindern – ich denke, alle Frauen, die Kinder haben, ... (Bundesrätin Schicker: Mag es schon auch sein, aber er mag es nicht tun – sagen wir so!)  – Nein, das ist eine andere Beziehung. Wir Frauen, die wir die Kinder bekommen, haben einen anderen Bezug zum Kind, als ihn Väter haben, ohne daß ich jetzt den Bezug von Vätern zu ihren Kindern schmälern möchte. Aber biologisch ist es eben so. Vielleicht wird sich das ändern, wenn Männer einmal in der Lage sind, Kinder zu bekommen, aber das wird wahrscheinlich noch ein bißchen dauern.

Es gibt aber durchaus auch Frauen, die gerne länger als die vorgesehene Zeit bei ihren Kindern zu Hause bleiben möchten. Da frage ich: Wieso ist denn der Arbeitsplatz Familie nichts wert? Wieso wird man denn immer als Heimchen am Herd abgestempelt? Frau Kainz hat es auch gesagt, man befindet sich dann in totaler Abhängigkeit. Wieso kann der Arbeitsplatz Familie nicht gleichwertig zu einem Arbeitsplatz außer Haus sein? – Ich habe das hier von dieser Stelle schon einmal gefragt, es hat mir aber bis jetzt noch niemand erklären können. Daher wie-derhole ich es heute.

Wieso ist es etwas anderes und wieso ist es gut, wenn Kindergärtnerinnen Kinder in einer Kinderkrippe oder in anderen öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen betreuen? Wieso ist es plötzlich nicht mehr so gut, wenn es die Frauen zu Hause selbst machen wollen? – Da warte ich immer noch auf eine Erklärung, aber wahrscheinlich haben Sie keine. (Zwischenruf des Bundesrates Grillenberger. ) Ich bin der Meinung, daß es sich hier um eine rein ideologische Sache handelt. Es geht nicht um die Sache, sondern hier geht es um die Ideologie. Es kann nicht so sein, daß die Frauen zu Hause bleiben möchten, und es kann auch nicht so sein, daß man sagt, es ist besser, daß man die Kinder gleich in der Kinderkrippe abgibt, so wie es in den kommunistischen Ländern der Fall war, weil dann der staatliche Einfluß einfach ein großer ist. Zum Wohle der Kinder und auch zum Wohle der Familien ist das nicht.

Herr Minister Bartenstein hat heute in der Fragestunde schon durchaus sein Wohlwollen unserem Kinderbetreuungsscheck gegenüber ausgedrückt, er ist aber trotzdem ein Mann der kleinen Schritte. Beim Marathonlauf dürfte er besser sein. Er hat gesagt, er möchte das Schritt für Schritt machen. Wir aber glauben, daß die sofortige Einführung des Kinderbetreuungsschecks wesentlich besser wäre, und zwar aus dem einfachen Grund, weil wir dazu stehen, daß die Frauen die Wahlfreiheit haben sollen.

Immer wird auch von den Regierungsparteien von der Mündigkeit der Bürger gesprochen. In dem Moment, in dem Frauen ihre Mündigkeit zeigen können, indem sie wählen, ob sie arbeiten oder zu Hause bleiben – wenn ja, wie lange –, und die Form der Betreuung wählen, traut man ihnen diese Mündigkeit offensichtlich nicht mehr zu.

Da wir finden, daß das ein ganz wesentlicher Schritt für die Frauen und die Familien wäre, erlaube ich mir, einen Entschließungsantrag einzubringen. Er richtet sich – das sage ich dazu – an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, weil das kann die Frau Sozialministerin nicht machen. Schade, daß er nicht da ist, denn ich denke, diese Dinge sind so miteinander verhaftet, daß auch der Familienminister hier sitzen könnte.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Monika Mühlwerth und Kollegen betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks

Der Bundesrat wolle beschließen:


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"Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, daß der Kinderbetreuungsscheck – mit dem Ziel, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen – zum ehestmöglichen Zeitpunkt realisiert wird, um damit einen ersten Schritt in Richtung einer Anerkennung und teilweisen finanziellen Abgeltung von Kinderbetreuung als wichtige Leistung für die Gesellschaft zu setzen."

*****

Ich bitte Sie herzlich, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.50

Präsident Jürgen Weiss: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Bundesrätin Mühlwerth und Kollegen betreffend die Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Maria Grander. Ich erteile ihr das Wort.

18.51

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem vorliegenden Gesetzespaket beschließen wir vor allem im Bereich der Inanspruchnahme des Karenzurlaubes mehr Flexibilität. Es geht darum, daß man auf die Bedürfnisse der Familien stärker eingeht.

Ich möchte aber doch feststellen, daß die Mütter immer die ersten Anspruchsberechtigten bleiben. Die partnerschaftliche Erziehung des Kindes mit dem Vater ist eine Chance für die Väter beziehungsweise Männer – das ist heute schon einmal angeklungen –, zu ihrem Kind eine gute Beziehung aufzubauen und davon zu profitieren. Dieser Punkt beträfe den eigenständigen Anspruch von Vätern.

Meine Erfahrung, da ich in einem Frauenberuf arbeite, ist, daß Frauen im Höchstmaße und grundsätzlich auch Eltern Teilzeit arbeiten. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Ich kenne Ehepaare, bei denen beide Partner Krankenpfleger sind, die sich die Karenz schon jetzt geteilt haben, die die Möglichkeiten in Anspruch nehmen und ihre Arbeitszeit so gestalten, daß beide Teilzeit arbeiten und so ihre Familie versorgen, weil es rundherum das Beste für die Kinder ist. Ich erlebe es so, daß Eltern beziehungsweise in erster Linie Frauen Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das sollen sie auch können!)

Ich erlebe es nicht so, daß Frauen grundsätzlich diejenigen sind, die sich dafür entscheiden, zu Hause zu bleiben – das wäre mit dem "Karenzgeld für alle" möglich –, und dann auch wirklich zu Hause bleiben können. Meistens ist es so, daß die Betroffenen sagen, sie möchten doch in ihrem Beruf teilzeitbeschäftigt bleiben. So erlebe ich es in meinem Bereich. Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung sprechen.

Deshalb trifft meiner Meinung nach die Werbung "Ich bin der Chef oder die Chefin" zu, denn in der Realität ist es so, daß viele Frauen und Eltern, wenn sie ein Kind haben, sagen, es habe sich ihr Leben durch das Kind sehr verändert – egal, ob es jetzt ein Baby oder Kleinkind ist. Es gibt neue Verhältnisse; ich glaube, das haben wir großteils selbst erlebt. Dieses Kind braucht die volle Zuwendung und Liebe, es braucht aber vor allem auch Betreuung und Beaufsichtigung rund um die Uhr. Wir möchten, daß Frauen die Wahlfreiheit haben, sich für Familie oder Beruf zu entscheiden. Wir wissen, wie wichtig es ist, daß Familie und Beruf vereinbar sind, aber wir möchten, daß die Wahlfreiheit der Frau absolut im Vordergrund steht.

Es ist mir bewußt, daß Frauenpolitik nicht Familienpolitik ist, aber gute Familienpolitik hilft grundsätzlich auch den Frauen. An dieser Stelle muß man ganz kurz auch die Steuerreform ansprechen. Die Familiensteuerreform mit den vorgesehenen 6 000 S pro Kind und Jahr ist sicher ein wesentlicher Schritt.


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Wesentliche Verbesserungen sehe ich in der flexiblen Regelung der Meldefrist, in der Flexibilisierung der Teilzeitkarenz, nämlich drei Monate Karenzurlaub auf einen späteren Zeitpunkt aufzuschieben, und in der Besserstellung der Adoptiv- und Pflegeeltern. Auch da ist es sicher gut, daß eine Besserstellung stattfindet.

Das "Karenzgeld für alle" ist nicht verwirklicht worden. Mir tut es leid, daß man diesen Schritt nicht mitgehen konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

18.55

Präsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Johanna Schicker das Wort. – Bitte.

18.55

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin hat einige Punkte angesprochen, mit denen ich auch konform gehen kann. Es sind dies die Kernpunkte der neuen Regelung. Ich denke da etwa an die etappenweise Inanspruchnahme der Karenzzeit für Väter und Mütter oder an die zweimalige Teilungsmöglichkeit der Karenzzeit zwischen Mutter und Vater, oder aber auch daran, daß Väter in Zukunft auch dann in Karenz gehen können, wenn die Mütter keinen eigenen Anspruch auf Karenzurlaub haben. Das sind Punkte, die in diesem Gesetz umgesetzt worden sind, die tatsächlich – Sie haben es auch betont – zu einer besseren Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie führen. Das wollen wir auch, und das kam in Ihrem Debattenbeitrag gut heraus. Ich glaube, dem ist man schon einen kleinen Schritt näher gekommen.

Daß das der kleinste gemeinsame Nenner war, wissen wir alle. Das wissen auch Sie, liebe Frau Kollegin! Auch wir hätten uns mehr gewünscht, natürlich nicht das "Karenzgeld für alle", das Sie sich vorgestellt haben, aber andere Punkte hätten wir gerne im Gesetz gehabt. Ich werde diese hier auch vorbringen, weil das eben die Vorstellungen der Sozialdemokraten hinsichtlich einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind.

Unter anderem möchten wir haben, daß Frauen – das kann ich auch Frau Kollegin Mühlwerth sagen – die Wahl haben sollen, ob sie zu Hause bleiben oder arbeiten gehen und weiter ihren Beruf ausüben wollen. Sie können auch beim Kleinkind zu Hause bleiben, wenn sie einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes hätten. Es wäre ein Wunsch von uns, daß diese Frauen nach der Teilzeitarbeit wieder vollzeitarbeiten können. Das konnte leider bis jetzt mit der ÖVP, mit der Wirtschaft – möchte ich sagen – nicht vereinbart werden. Das ist schade.

Wir hoffen aber, es in den nächsten Jahren doch so weit zu bringen, daß dieser Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit für Frauen beschlossen werden kann, denn das ist eine Möglichkeit, bei der eine Frau, eine Mutter die ersten paar Jahre wirklich – teilweise zumindest – beim Kind bleiben kann.

Ganz wichtig sind für uns SozialdemokratInnen auch eine Verlängerung der Behaltefrist nach der Karenzzeit – auch das konnte nicht erreicht werden – und die Erhöhung des Karenzgeldes. Wir reden schon seit Jahren von einer Erhöhung des Karenzgeldes von 5 700 S auf 6 000 S. Das ist in dieser Legislaturperiode auch nicht mehr durchgegangen. Mittelfristig möchten wir – darauf lege ich großen Wert, daß ich sage: wir, die Sozialdemokraten – natürlich ein einkommensabhängiges Karenzgeld. Das würde bewirken, daß erstens – so hoffen wir – auch mehr Väter die Karenzzeit in Anspruch nähmen, weil das Familieneinkommen ein höheres ist ... (Bundesrätin Mühlwerth: Es sind eh schon so viele Familien an der Armutsgrenze! Ein "Bravo" zu diesem Vorschlag!) – Das muß aber auch bezahlt werden.

Wenn wir jetzt hören, daß vom Budget her im Moment nicht so viel ausgegeben werden kann, dann werden wir das auch noch erwarten. Die Möglichkeit ist noch nicht vorbei. Wir haben sicher noch Zeit, daß auch das einkommensabhängige Karenzgeld eingeführt wird. Der Vorschlag ist erst heuer, vor einigen Monaten, von unserer Frauenministerin Prammer gekommen. Er muß auch noch durchgerechnet werden, aber wir könnten uns vorstellen, daß das einkom


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mensabhängige Karenzgeld wirklich eine starke Verbesserung, eine finanzielle Besserstellung der sich in Karenz befindlichen Väter und Mütter ist, aber auch dazu beitragen wird, daß sich die Quote der Väter – wenn ich das so bezeichnen darf – von derzeit 1 Prozent vielleicht auf 2 Prozent erhöhen wird.

Ich habe heute in der Fragestunde Herrn Familienminister Bartenstein bezüglich "Karenzgeld für alle" gefragt, ob er es als gerecht empfindet, daß dann auch – ich habe nicht gesagt: Frauen von Millionären – die Frau des reichsten Österreichers in den Genuß des Karenzgeldes kommen soll. Ich habe keine Antwort darauf bekommen.

Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht gerecht sein, nach dem Gießkannenprinzip über alle das Füllhorn auszuschütten. (Bundesrätin Haunschmid: Wollen Sie einen Klassenkampf anfangen? – Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Herr Kollege Schaufler! Gerade die ÖVP war auch immer ... (Zwischenrufe.)

Präsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Kollegin Schicker.

Bundesrätin Johanna Schicker (fortsetzend): Gerade Sie von der ÖVP haben immer gesagt, soziale Treffsicherheit und soziale Gerechtigkeit sollen gewährleistet sein, und das kann man eben nicht mit dem Karenzgeld für alle erreichen, das muß ich schon öffentlich sagen. (Bundesrätin Haunschmid: Aber zum Zahlen sind wir alle gut genug! – Bundesrat Schaufler: Wir wollen, daß auch die jungen Frauen, die studieren, Karenzgeld bekommen!) Von denen habe ich überhaupt nicht gesprochen, lieber Kollege Schaufler, da sind auch wir dafür, das kann allerdings nicht Karenzgeld heißen. Karenzgeld kann es nicht heißen. Wir sind dafür, daß auch Studentinnen und Hausfrauen und einkommensschwache Familien eine Familienleistung erhalten, eine Familienleistung! (Beifall bei der SPÖ.) Das muß aber einen anderen Namen haben. Es kann nicht Karenzgeld für alle global geben. (Bundesrat Ledolter: Warum wehren Sie sich so gegen das Modell, das vorliegt? – Aus ideologischen Gründen!) Was hat das mit Ideologie zu tun? Ich sehe nicht ein, daß Millionäre Sozialleistungen des Staates, unsere Steuergelder beanspruchen können, das sehe ich nicht ein! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Zahlen wir keine Steuer?)

Noch einmal: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozialdemokraten ... (Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Jürgen Weiss: Ich bitte Sie, sich nacheinander und nicht gleichzeitig zu Wort zu melden!

Bundesrätin Johanna Schicker (fortsetzend): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind dafür, wie Sie es gesagt haben, daß auch Studentinnen und einkommensschwache Familien besser gefördert werden, und zwar über eine Familienleistung, und das kann nicht Karenzgeld heißen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir alle wissen, karenzieren heißt, sich von einer Arbeit entbinden lassen, was bei jemandem, der vorher keinen Beruf ausgeübt hat, nicht möglich ist. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Die Bäuerin bekommt auch eine Teilzeitbeihilfe, und wir haben nicht gesagt, daß Bäuerinnen keine Beihilfe bekommen. Nein, bitte, bleiben wir auf dem Boden. Wir alle wissen, wovon wir sprechen. Das sind jene Frauen, für die vorher nicht eingezahlt worden ist. Wissen Sie, was mir am Herzen liegt? (Bundesrat Ledolter: Da zahlen ja andere ein in den Familienlastenausgleichsfonds! – Bundesrat Drochter: Sagen Sie, wieviel, Herr Kollege!) Das wäre schön!

Herr Kollege! Genau das ist unser Modell: Um Frauen auch im Alter eine eigenständige Absicherung zu geben, wollen wir, daß auch von den Männern jener Frauen, die zu Hause sind, etwas einbezahlt wird, denn dann ist auch die Sicherheit gegeben, daß diese Frauen im Alter nicht ohne Geld dastehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme jetzt zum Schluß meiner Ausführungen. Herr Präsident, ich bin aufgehalten worden, weil ich Antwort geben mußte. Ich möchte zum Abschluß nur noch eines sagen: Wir sind nicht dafür, daß aus dem FLAF, aus dem Familienlastenaus


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gleichsfonds, reiche Familien gefördert werden. Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Unter sozialer Gerechtigkeit stellen wir uns etwas anderes vor, und ich hoffe wirklich, Frau Kollegin Haunschmid, daß die Diskussion hierüber in Zukunft fair und offen und nicht unterschwellig geführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind auf der Seite der finanziell Schwächergestellten. Sozialleistungen sollen daher auch nur diesen zugute kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04

Präsident Jürgen Weiss: Als nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.

19.04

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte noch kurz etwas zum Entschließungsantrag von Bundesrätin Mühlwerth beziehungsweise der freiheitlichen Bundesratsfraktion sagen. Da Landeshauptmann Haider vor der Landtagswahl den Kinderbetreuungsscheck für Kärnten versprochen hat und jetzt sieht, daß er dieses Versprechen gar nicht einlösen kann, versuchen Sie nun als freiheitliche Bundesratsfraktion die Bezahlung des Kinderbetreuungsschecks vom Bund zu erlangen und dem Bund den Schwarzen Peter zuzuschieben. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Ich stelle mir verantwortungsvolle Politik nicht so vor, daß ich etwas verspreche, was ich dann nicht einhalten kann und was andere für mich einlösen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Unter verantwortungsvoller Politik verstehe ich, daß ich nur etwas verspreche, was ich auch tatsächlich einlösen kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Der Scheck ist nicht gedeckt!)

19.05

Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch das Wort. – Bitte.

19.05

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre für mich auch jetzt sehr verlockend, in diese grundsätzliche Debatte mit einzusteigen. Ich glaube aber, daß wir doch in den nächsten Wochen und Monaten und auch in der nächsten Legislaturperiode ausreichend Zeit dafür haben werden, den richtigen Weg zu finden, um für Kinder, Frauen und Eltern, die unserer Unterstützung besonders bedürfen, auch entsprechende ergänzende gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen.

Ich möchte mir erlauben, nur ganz kurz auf die eigentliche Regierungsvorlage, auf das eigentliche Gesetz Bezug zu nehmen. Ich denke, wir sind wieder einen Schritt weiter, der es Eltern erleichtert, Berufstätigkeit und Kinderbetreuung, sage ich salopp, unter einen Hut zu bringen. Es gibt flexiblere Möglichkeiten, auch in Vereinbarung mit dem jeweiligen Dienstgeber, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen und auch die Ansprüche dabei abgesichert zu haben. Ich hoffe, daß wir damit auch im Arbeitsrecht noch mehr Familienfreundlichkeit schaffen können. Ich sage bewußt "Familienfreundlichkeit", denn es haben nicht nur Frauen Kinder, sondern auch Männer. Dies soll ja eine Weiterentwicklung für die Eltern sein.

Wenn Frau Bundesrätin Mühlwerth gemeint hat, es wäre so schön, ein perfektes Ganzes zu haben, dann muß ich sagen, ich glaube, diese Sehnsüchte haben wir alle. Ich erinnere nur an die Entstehungszeit des Karenzurlaubes. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, in der es undenkbar gewesen wäre, die Forderung nach einem Karenzurlaub für Väter anzusprechen, geschweige denn einen solchen umzusetzen. Die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt und dementsprechend auch die Gesetze, die gesellschaftlichen Erfordernissen und Rahmenbedingungen Rechnung tragen, diesen manchmal voraus sind, diese manchmal nachvollziehen.


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Geschätzte Damen und Herren! Wenn Sie, Frau Bundesrätin Mühlwerth, meinen, es passiere halt nichts, es passiere so gar nichts, dann meine ich, daß gerade der heutige Tag zeigt und voraussichtlich auch der morgige zeigen wird, welch Fülle von Gesetzen im Bundesrat behandelt werden. Es handelt sich also um sehr viele Initiativen, die auch in anderen Bereichen gesetzt worden sind.

Ich möchte zu dieser Wahlmöglichkeit, die immer wieder angesprochen wird und die ich für ganz entscheidend halte, sagen: Eine echte Wahlmöglichkeit haben Eltern wirklich nur dann, wenn auch qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen in ausreichender Zahl angeboten werden. (Beifall bei der SPÖ.) Da bedarf es beider Elemente. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist die Wahlmöglichkeit zwar theoretisch, aber nicht praktisch gegeben.

Ich möchte noch einmal wiederholen, was bereits gesagt wurde: Ich habe die Absicht, in der nächsten Legislaturperiode zu versuchen, überall dort, wo in Gesetzen das Wort "Karenzurlaub" erwähnt wird, das Wort "Urlaub" zu eliminieren, weil, wie die Praxis zeigt, eine Karenzzeit nicht als Urlaubszeit betrachtet werden kann.

Erlauben Sie mir einen Hinweis, weil gemeint wurde, wir seien säumig in der Umsetzung von EU-Richtlinien. Einen Widerspruch orte ich dahin gehend, weil heute schon der Vorwurf gekommen ist, daß wir übererfüllend seien.

Wenn Sie vor wenigen Tagen von der Kommission der Europäischen Union eine Information erhalten haben, die auflistet, wo Österreich Säumnisse hat, dann würde ich Sie bitten, auch unsere Korrektur dazu, die über die Medien gelaufen ist, mit in Ihre Betrachtungen einzubeziehen. Diese Aussagen entsprechen nicht den Fakten. Es ist bei weitem nicht so, daß Österreich in Verzug ist und daß Vertragsverletzungsverfahren in diesem Ausmaße im Gange sind. Aber ich bekenne mich dazu, daß es manchmal notwendig ist, länger national über die Umsetzung von Richtlinien zu diskutieren, um die bestmögliche nationale Lösung zu finden und auch den breitesten Konsens zu erzielen.

Trotzdem würde ich mir eines wünschen: daß wir in der nächsten Legislaturperiode zumindest auch durchsetzen, daß wir ein Recht auf Teilzeitarbeit für Eltern mit Kindern erreichen, um so einen weiteren Schritt in der Frage Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf zu setzen. Sonst, glaube ich, sind wir einen Schritt weitergekommen. Wir haben noch viele Schritte vor uns. Ich hoffe auch da auf die Unterstützung des Bundesrates. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.10

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Mühlwerth und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag nun abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.


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Der Antrag ist abgelehnt.

30. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG) (1776 und 2002/NR sowie 6049/BR der Beilagen)

31. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG) (1909 und 2004/NR sowie 6017 und 6050/BR der Beilagen)

32. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden (1912 und 2012/NR sowie 6051/BR der Beilagen)

33. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG) (1910 und 2013/NR sowie 6018 und 6052/BR der Beilagen)

34. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG) (1911 und 2016/NR sowie 6053/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 30 bis 34 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG),

ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG),

ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG), sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG).

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Johann Payer übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Payer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Zum Tagesordnungspunkt 30: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und


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Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG).

Ich verzichte auf die Verlesung, da ja die Berichte schriftlich vorliegen. Ich bringe nur den Beschlußantrag.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 31: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG).

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 32: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 33: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG).

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 34: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG).

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile es ihm.

19.15

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die 56. ASVG-Novelle ist der richtige Ansatz, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich verhehle nicht, daß meine Fraktion der Einführung der sogenannten Chipkarte positiv gegenübersteht. Nur, meine Damen und Herren, wir hätten uns erwartet, daß es nicht beim richtigen Ansatz bleibt, sondern daß der erste Schritt in die richtige Richtung getan wird.

Ich meine damit, meine Damen und Herren, daß nicht ein paralleles System aufgebaut werden sollte. Wir haben uns erwartet, daß die Chipkarte an die Stelle des Krankenscheines tritt, aber nicht, daß beide Systeme parallel laufen, wie Sie es vorsehen. Wir hätten uns auch erwartet, daß die Krankenscheingebühr abgeschafft wird. Aber Sie von den Regierungsparteien haben die Möglichkeit offengelassen, so quasi eine Chipkartengebühr einzuführen. Ich hätte mir auch erwartet, daß bei Einführung der Chipkarte der Hauptverband der Sozialversicherungsträger für die Identitätsfeststellung der Versicherten zuständig ist und diese vornimmt, aber nicht, daß wie


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der eine Gesellschaft gegründet wird, die sich der öffentlichen Kontrolle, sprich der Rechnungshofkontrolle, entziehen kann.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat eben gehofft, daß eben ein ganzer Schritt in die richtige Richtung gesetzt wird, aber nicht dieser Ansatz oder Stolperer, salopp gesagt. Sie werden daher verstehen, daß wir diesem Ansatz nicht unsere Zustimmung geben können. (Zwischenruf des Bundesrates Schaufler. ) Herr Kollege! Nicht, weil es nicht richtig ist, sondern weil es nur eine Andeutung, ein Ansatz ist und kein Schritt in die richtige Richtung.

Nun zur 57. ASVG-Novelle. Auch dieser wird meine Fraktion die Zustimmung nicht erteilen können. Wir finden es unfair, daß die sogenannte Opting-out-Möglichkeit im Sozialversicherungsbereich permanent geändert wird. Das heißt also, jene Menschen, die davon Gebrauch machen, sind einer ständigen Unsicherheit unterworfen.

Das ist, so glaube ich, auch eine Visitenkarte dieser Koalitionsregierung, daß anläßlich einer Sitzung zwei Novellen zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, nämlich die 56. und die 57. Novelle, zur Beschlußfassung vorliegen. Das, meine Damen und Herren, kann nicht der Auftrag eines Gesetzgebers sein, sondern es ist klipp und klar das Ziel der Regierungsparteien, Unklarheiten im Sozialversicherungsbereich zu schaffen und die Novellenflut im Sozialversicherungsbereich weiter fortzusetzen. Sie wollen im Bereich der Sozialversicherung keine Transparenz. Deshalb wird auch meine Fraktion, wie schon gesagt, nicht zustimmen.

Ein paar Bemerkungen noch zur 23. Novelle zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz. Bei dieser Vorlage handelt es sich um keine Besserstellung der Versicherten, denn diese bringt eine Beitragserhöhung, eine stille Anhebung der Mindestbeitragsgrundlage um 12 Prozent binnen zwei Jahren und gleichzeitig eine Anhebung des Einheitswertes von 45 000 S auf 50 000 S. Das stellt eine eklatante Erhöhung dar. Der Hohn und die Tücke dieser Vorlage liegen aber auch darin, daß einerseits die Beiträge erhöht werden, Sie aber andererseits auch eine Umschichtung aus dem Unfallversicherungsbereich in den Krankenversicherungsbereich legitimieren wollen.

Meine Damen und Herren! Das heißt, Sie haben im Bereich der Unfallversicherung bisher zu viele Beiträge kassiert, Sie schichten um und kassieren weiter. Und obwohl Sie umschichten, erhöhen Sie die Beiträge. Das, meine Damen und Herren, ist eine unehrliche Politik. Sie werden verstehen, daß meine Fraktion dieser unehrlichen Politik nicht Folge leistet und nicht zustimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.20

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber das Wort.

19.20

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hoher Bundesrat! Schon wieder keine Zustimmung! (Heiterkeit.) Herr Kollege Scheuch, wie wirst du denn das den Oberkärntner Bäuerinnen erklären? (Bundesrat Weilharter: Wir sind für die Bauern, nicht gegen die Bauern!)

Die Chipkarte wird spätestens mit 1. Jänner 2000 den Krankenschein in Österreich ablösen. (Bundesrätin Haunschmid: 2002!) Damit soll ein noch einfacherer Zugang zu den medizinischen Einrichtungen und zur ärztlichen Hilfe ermöglicht werden.

Durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz ... (Bundesrat Ing. Scheuch: Nicht lesen, auswendig sagen!)  – Gib eine Ruh’! Jetzt bin ich dran! – Durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 wurden die Wartezeitbestimmungen für die Pensionen für alle Österreicher wesentlich verschärft und die Eintrittsmöglichkeiten für die vorzeitige Alterspension erschwert. Besonders hart traf diese Entscheidung jene Bäuerinnen, die sich 1992 freiwillig für die Bäuerinnen-Sozialversicherung entschieden haben. Nunmehr ist es gelungen, allen Bäuerinnen, die vor dem September 1946 geboren sind, den Pensionseintritt nach den alten günstigeren Wartezeitbestimmungen zu ermöglichen.


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Die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge führte durch die derzeitige Einkommensentwicklung in einigen bäuerlichen Betrieben zu immensen finanziellen Belastungen. In den Jahren 2000 und 2001 wird deshalb die Beitragsanpassung ausgesetzt, es wird also keine Beitragserhöhung geben. Hochgerechnet geht es um 400 Millionen Schilling, Herr Bundesrat Weilharter.

Aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nehmen Erwerbskombinationen im bäuerlichen Bereich ständig zu. Bereits das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 hatte zum Ziel, alle Erwerbstätigkeiten und Erwerbseinkommen in die Sozialversicherungspflicht und somit in den Sozialversicherungsschutz einzubeziehen. Nun konnte auch klargestellt werden, daß die bäuerlichen Nebentätigkeiten der bäuerlichen Sozialversicherung zugeordnet werden. Dabei ist eine klare Abgrenzung zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz erreicht worden, indem eine detaillierte Auflistung aller bäuerlichen Nebentätigkeiten im Bauern-Sozialversicherungsgesetz vorgenommen wurde.

In meinen Augen ist es ein besonderer Erfolg, daß ein Großteil der bäuerlichen Nebentätigkeiten bereits mit dem Beitrag über dem Einheitswert pauschal abgegolten ist, und es daher zu keinen zusätzlichen Ausgaben für die Betroffenen kommt. Lediglich bei bestimmten Nebentätigkeiten soll es moderate zusätzliche Beiträge geben.

Weiters will die Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Zukunft mit der Gebietskrankenkasse enger zusammenarbeiten.

Mit diesen Gesetzen, sehr geehrte Damen und Herren, wird eine Phase der Erneuerungen des Pensionssystems zu Ende gebracht, und ich hoffe, daß auch weiterhin eine gute Sozialpolitik für dieses Land gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

19.24

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile ihm das Wort.

19.24

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Die Diskussion über die 56. ASVG-Novelle und die Chipkarte ist von meinen Vorrednern sehr unterschiedlich geführt worden, und auch der Vorlauf hat gezeigt, daß auch andere politische Gruppierungen gemeint haben, daß nun das Zeitalter des "gläsernen Menschen" angebrochen sei. Kollege Weilharter und seine Kollegen im Nationalrat haben gemeint, daß auf dieser Chipkarte mehr Daten gespeichert werden sollten, und haben sie als "Rumpf-Chipkarte" bezeichnet.

Nach meiner persönlichen Auffassung und den Diskussionen, die seit Jahren um die Chipkarte gehen, glaube ich, daß man mit dem jetzigen Standard der Chipkarte, die ab dem Jahre 2002 den Krankenschein ersetzen wird, sehr zufrieden sein kann. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich möchte es daher nicht verabsäumen, unserer Frau Bundesministerin, ihren Beamten, aber auch den Verantwortungsträgern und Mitarbeitern im Hauptverband dafür zu danken, daß sie bei der Entwicklung dieser Chipkarte immer den Versicherten, den Patienten im Vordergrund ihrer Überlegungen gesehen haben. Ich glaube, Ihnen, Frau Bundesministerin, ist es gelungen, mit dieser Chipkarte, so wie wir sie heute beschließen werden, auch das Vertrauen der Versicherten nicht zu enttäuschen.

Mit dieser Chipkarte werden zu Beginn des Jahres 2002 alle Sozialversicherten in Österreich einen unbürokratischen Zugang zu einem der vielfältigsten und besten Sozialsysteme in Europa, wenn nicht weltweit, haben.

Es ist schon angedeutet worden, daß diese Chipkarte den Ersatz für den Krankenschein darstellen wird, aber die wesentlich wichtigere Frage, die sich für den Versicherten stellt, ist nicht, ob er jetzt einen Krankenschein oder eine Plastikkarte hat, sondern welche Vorteile sich daraus für ihn ergeben. Und da möchte ich nur drei Punkte anführen: Durch diese Chipkarte wird der Arztzugang für den Versicherten vereinfacht, es wird kein Bargeldersatz notwendig sein beim


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spontanen Arztbesuch, und es ist eine Verbesserung der Wahrung der Intim- und Privatsphäre aufgrund des umfassenden Datenschutzes.

Aber es gibt auch für die Wirtschaft wesentliche, wenn nicht enorme Vorteile, und zwar Vorteile nicht nur für die kleinen Betriebe, sondern für die gesamte Wirtschaft. Sie erspart sich, lieber Herr Kollege Weilharter, die Ausstellung von 40 Millionen Krankenscheinen jährlich, und das erbringt allein ein Sparpotential von 440 Millionen Schilling. (Bundesrat Weilharter: Warum haben Sie denn beschlossen, daß die Krankenscheingebühr überhaupt kassiert wird!) Eine angestellte Kosten-Nutzen-Rechnung, wie wir Sozialdemokraten sie immer vorher machen, ergab, daß sich die Kosten der Einführung dieser Chipkarte bereits in zwei Jahren gerechnet oder amortisiert haben werden.

Aber auch die Sozialversicherungsträger selbst werden sich Personal ersparen, jedoch nicht in der Kopfzahl, sondern sie werden zumindest 100 hochqualifizierte Kolleginnen und Kollegen zu einem wichtigeren Servicedienst umgruppieren können.

Auch die Ärzte waren durch die Ärztekammer rechtzeitig in die Einführung der Chipkarte eingebunden. Es wird für sie in der Umstellungsphase die wesentlichen und notwendigen Beratungen geben, und die technischen Einrichtungen, also die Terminals, werden den Ärzten vom Hauptverband kostenlos zur Benützung überlassen.

Aus Gründen des Datenschutzes werden auf der Chipkarte vorerst nur der Name, das Geburtsdatum, das Geschlecht, die Versicherungsnummer, der Kartenaussteller, das Ausstellungsdatum und die Gültigkeitsauszeichnung gespeichert sein. Es gibt aber schon heute konkrete Überlegungen betreffend eine künftige Weiterentwicklung dieser Chipkarte in den nächsten Jahren, und hier, glaube ich, sollten wir den ersten Schritt bei jenen Bürgerinnen und Bürgern setzen, die besonders gefährdet sind.

Ich habe schon erwähnt, Frau Bundesministerin, daß ich glaube, daß wir auf dem richtigen Weg sind bei der Umsetzung unserer gemeinsamen Zielsetzung, ein modernes, zeitgemäßes, menschen- und vor allem patientenfreundliches Gesundheitswesen für alle Österreicherinnen und Österreicher zu verwirklichen.

Einige kurze Anmerkungen auch noch zur 57. Novelle, weil auch sie wesentlich dazu beiträgt, einiges zur Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen zu leisten. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zunächst aber möchte ich dem Bundesrat sagen, daß die Frau Bundesministerin – ich habe das in den letzten Tagen gelesen – an der Neuerlassung des ASVG arbeitet, und ich glaube, daß das unbedingt notwendig ist und daß man dieses Anliegen sehr rasch vorantreiben soll. Wir alle wissen und bedauern es, daß das ASVG für die Versicherten jetzt ein Buch mit sieben Siegeln ist und daß sich nach 57 Novellen eigentlich nur mehr ganz wenige Spezialisten wirklich auskennen. Ich hoffe – Sie haben unsere Unterstützung, Frau Bundesministerin –, daß es Ihnen gelingt, dieses Vorhaben bis zum Jahre 2002 zu verwirklichen.

Die 57. Novelle tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft und regelt unter anderem zum Beispiel Bestimmungen für die neuen Selbständigen, aber sie betrifft auch – das ist von Ing. Gruber, meinem Vorredner, heute schon erwähnt worden – die bäuerliche und die gewerbliche Sozialversicherung. Im speziellen werden freien Berufen in der Krankenversicherung weitere Möglichkeiten der Selbstversicherung geboten. Müttern von behinderten Kindern werden künftig die Jahre der Betreuung und der Erziehung als volle Beitragszeiten im Rahmen der freiwilligen Selbstversicherung angerechnet. Anregungen der Behindertenverbände betreffend ihre ungerechtfertigte Ungleichbehandlung haben dazu geführt, daß die Frau Bundesministerin diesen Anregungen auch Rechnung getragen hat. Es werden künftig nämlich jene Unfälle, die Behinderten-Vertrauenspersonen in Ausübung ihrer Tätigkeit oder in Schulungskursen erleiden, Arbeitsunfällen gleichgestellt werden.

Es ist daher keine Frage, daß wir als Sozialdemokraten sowohl der 56. als auch der 57. Novelle sehr gerne die Zustimmung geben und Ihnen, Frau Bundesministerin, Mut machen wollen, auch


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nach dem 3. Oktober an einer Novelle und, wenn es geht, an einer Neuerlassung des ASVG mutig weiterzuarbeiten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Bösch: Da müssen Sie dem Steuerzahler Mut machen!)

19.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

19.34

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wie haben Sie denn das gemeint, Herr Kollege Gruber: "die Phase zur Erneuerung zu Ende gebracht"? Ist das für Sie jetzt erledigt, oder erwarten wir doch noch einiges mehr? Das wollte ich eigentlich wissen und bemerken.

Im Grunde ist es ja, wie Sie von Kollegen Weilharter schon vernommen haben, doch auch auf unsere Initiative zurückzuführen (Bundesrat Konecny: Na klar!) und grundsätzlich als gut zu bezeichnen, daß es zur Einführung der Chipkarte kommt, also diese Chipkarte das arbeitsbelastende Papier ersetzen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir sind generell dafür, aber es ist dies – wie auch alle anderen Nationalratsbeschlüsse, die pauschal verhandelt werden –, für uns Freiheitlichen eine Husch-Pfusch-Aktion.

Hier gibt es speziell wohl Vorteile wie zum Beispiel das Abspeichern von chronischen Erkrankungen, Blutgruppen und so weiter, also medizinische Daten, die jederzeit verfügbar sind, aber auch Nachteile, denn es besteht etwa die Gefahr, durch Datenmißbrauch auf dem Arbeitsplatz verfolgt zu werden. (Bundesministerin Hostasch: Wie soll das gehen?) Und das dürfte ja gerade für Sie, Herr Kollege Drochter, nicht so angenehm sein.

Außerdem treten wir für eine generelle Abschaffung der Krankenscheingebühren ein. Vor drei Jahren ist diese Gebühr mit einem Jahr Befristung eingeführt worden, Frau Ministerin. (Bundesministerin Hostasch: Nein! – Bundesrat Konecny: Nein! Das stimmt nicht! Das auch nicht!) Es wird doch nicht auch in diesem Ressort so ein "Versprochen und gebrochen!" geben.

Außerdem sollte nach fünf bis sieben Jahren eine Chipkartengebühr eingeführt werden, wenn die Chipkarte erneuert wird. Wir aber sagen – wie auch die Sozialversicherung der Bauern –: Die Einsparung ist tatsächlich so groß, daß die Investitionskosten für Arztterminals und ähnlichem aus volkswirtschaftlicher Sicht in zwei Jahren abgedeckt sind. Auch müßte die Chipkarte für alle verwendet werden können (Bundesrat Konecny: Das wird so sein!), für alle Wahlärzte verwendet werden können (Bundesrat Konecny: Ach so!) und mit den Krankenversicherungen direkt verrechenbar sein.

Mir fehlt auch der Vertragsentwurf mit allen EWR-Ländern, was dazu führen würde, daß kein Urlaubskrankenschein mehr benötigt wird. Es müßte inhaltlich festgesetzt werden, daß die Krankenversicherungsbeiträge nicht erhöht werden, sondern gebührenfrei bleiben, aber Leistungen nicht gekürzt werden. (Bundesministerin Hostasch: Was heißt "gebührenfrei"?) Die Einsparungen müssen so hoch sein, daß sie ausschließlich für bessere Leistungen der Versicherungen verwendet werden können, und es nicht so ist, wie es erst jüngst in Anwesenheit von mir selbst passiert ist, daß man einer alten Dame von 84 Jahren, die nach einer Oberschenkelhalsoperation bedingt durch schweres Rheuma länger zur Genesung braucht, nach knapp vier Wochen mitteilt, daß sie schon ein Defizit sei und daher das Krankenhaus verlassen müsse. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das ist ja ungeheuerlich, was Sie da sagen!)

Im Nachsatz sagte man im Landeskrankenhaus, in einem Landes-Rehab-Zentrum rechnet man, daß sie nach höchstens 14 Tagen in diesem gehen lernt. Wenn sie das in dieser Zeit nicht kann, dann wäre es für sie zu spät, es würde nichts mehr bezahlt, und sie müßte im Rollstuhl bleiben. Das ist nach der Aussage des Arztes nicht dessen Schuld, sondern es ist unser Gesetz, das dieses zuläßt und auch verlangt. (Bundesministerin Hostasch: Gesetz?! Wie bitte?)  Hier ist endgültig ... (Bundesministerin Hostasch: Bitte, in welchem Gesetz!) Na bitte, schauen Sie doch


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das Gesetz an! Sonst könnte man das doch nicht zulassen. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, studieren Sie das einmal genau! Und wenn Sie mit den Ärzten reden, dann werden die es Ihnen genauso sagen. Es steht genau drinnen im Gesetz, daß sie nach vier Wochen in einem Landeskrankenhaus in ein Rehab-Zentrum kommen. (Bundesministerin Hostasch: Gerade haben Sie zwei Wochen gesagt!) Im Rehab-Zentrum sind es zwei Wochen und vorher vier Wochen im Landeskrankenhaus. Ich bringe Ihnen eine schriftliche Bestätigung.

Hier ist endgültig einzugreifen, Frau Ministerin. Wir alle können in diese Situation kommen, vorausgesetzt, daß nicht der Titel eines Politikers auf der Chipkarte vermerkt ist. Ich glaube nämlich, daß Privilegien im Sozialversicherungssystem genauso wie in allen anderen Bereichen keinen Platz finden sollen.

Wenn wir den enorm umfangreichen Beamtenapparat der Versicherungen, die unnötigen Versicherungsburgen, die Erholungshotels der Versicherungsbediensteten reduzieren, dann können wir Freiheitlichen ganz leicht noch mehr Leistung von den sozialen Krankenversicherungen verlangen. (Bundesrat Payer: Wir werden die Versicherungsanstalten in den Dschungel verlegen nach dem, wie Sie da reden!)

Wir haben vorhin von Datenschutz gesprochen und darüber abgestimmt. Dieses Chipkartenprojekt trägt einen tollen Namen, ist aber von einer unglaublichen Datenverarbeitungsgläubigkeit geprägt. Man bekommt das alles so serviert, als würde alles perfekt funktionieren und man müßte nur zugreifen. Diese Chipkarte ist lediglich ein Versicherungsnachweis. Es sollte aber eine Chipkarte sein, die zu einem totalen Gesundheitssystem Eintritt gibt. Dazu bedarf es nicht eines sündteuren Papiers von einer Milliarde Schilling. Das Pferd ist wieder einmal von hinten aufgezäumt worden, anstatt zuerst die Voraussetzung zu schaffen und dann zu beschließen. – Aber ja, ich habe es vergessen: Die nächste Novellierung kommt bestimmt.

Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Gesetzgebungsperiode. Diese Fülle von Nationalratsbeschlüssen ist die Folge davon, daß Anträge der Opposition im Laufe dieser Periode immer wieder vertagt worden sind – nicht nur im Nationalrat, sondern auch im Bundesrat.

Wir behandeln jetzt die 57. ASVG-Novelle, aber nicht nur diese, sondern auch die 27. Novelle des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes. Wir haben eine Gesetzeslage in Österreich, die zersplittert ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird im Prinzip mißachtet. Die Selbstverwaltung ist zu kostspielig. Diese derzeitige Gesetzeslage, meine Damen und Herren, ist unzumutbar! Das Auffinden der geltenden Bestimmungen wird durch zahllose Novellen erschwert. Komplizierte Formulierungen, Übergangsbestimmungen und so weiter machen es sogar für uns – und schon gar für den diensttuenden kleineren Beamten draußen – nahezu unmöglich, es zu verstehen.

Man sollte darüber nachdenken, Rahmenbedingungen zu schaffen, durch die alle Österreicher in der Sozialversicherung eine Gleichbehandlung erfahren. Sie alle zahlen Steuern und Abgaben nach dem gleichen System. Sie sind Bürger dieses Landes, ob Arbeiter, Angestellte, Pensionisten, Freiberufler, Unternehmer, Bauern – auch wenn Sie es nicht hören wollen, Frau Kollegin Schicker ist leider nicht anwesend –, und sie haben einen Anspruch darauf, daß sie die gleichen sozialen Rechte haben.

Wir haben nicht nur 27 Sozialversicherungsanstalten, sondern außerdem auch noch 33 Landesstellen und 116 Außenstellen. (Bundesrat Wolfinger: Die hervorragende Arbeit leisten!) Sie, Frau Ministerin, sind gefordert! Sie sind für moderne Verwaltung: Durchstöbern Sie doch dieses Wirrwarr der bestehenden Sozialversicherungsgesetze, ordnen Sie sie, damit durch die Sozialgesetzgebung im nächsten Jahrtausend allen Versicherten eine gesicherte Zukunft und ein gesicherter Lebensabend geboten wird.


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Frau Ministerin! Angebracht wäre auch eine "Aktion Fairness" in der Sozialgesetzgebung, denn in der gesamten nun abgeschlossenen Legislaturperiode des Nationalrates wurde weder sozial noch fair gehandelt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei SPÖ und ÖVP: Erschütternd!)

19.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

19.42

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich, wie schon so oft, hier im Plenum noch einmal zur Chipkarte äußern. In verschiedenen Anfragen und auch Reden hier im Plenum habe ich mich schon sehr oft für die Einführung der Chipkarte verwendet. Ich bin froh darüber, daß diese nun endlich ab dem Jahre 2002 Wirklichkeit werden wird.

In Niederösterreich ging dem schon vor Jahren ein Pilotprojekt für die Chipkarte voraus. (Bundesministerin Hostasch: Burgenland!) Dies geschah auf Initiative der niederösterreichischen Wirtschaftskammervizepräsidentin und Landesvorsitzenden von "Frau in der Wirtschaft" Sonja Zwazl. Auch im Burgenland wurde später ein Pilotprojekt gestartet. Sie alle sind positiv verlaufen.

Ich möchte nun den ersten Absatz des Ausschußberichtes zitieren. Darin heißt es wörtlich: "Mit Entschließung vom 29. November 1996 ... hat der Nationalrat den Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ersucht, im Rahmen seiner Kompetenzen die Voraussetzungen für die Einführung eines Chipkartensystems im Rahmen der Sozialversicherung möglich zu machen. In diesem Zusammenhang hat der Nationalrat auch verlangt, daß durch das neue System keine zusätzlichen Belastungen entstehen, das Recht auf Geheimhaltung medizinischer Daten der Versicherten gewahrt bleibt und die Wirtschaft, die sich durch die Einführung der Chipkarte Verwaltungskosten erspart, einen entsprechenden Beitrag zur Finanzierung leistet." – Zitatende.

Die Wirtschaft hat sich tatsächlich dazu bereit erklärt, einen Beitrag zur Finanzierung der Chipkarte zu leisten. Ich bin überzeugt davon, daß es, wenn sie das nicht getan hätte, noch viele Jahre keine Chipkarte gäbe, obwohl sie schon vor Jahren versprochen wurde. (Bundesrat Payer: Die Wirtschaft hat ja auch Vorteile davon!)  – Ja, wie Sie sagen, die Wirtschaft hat Vorteile. Aber in diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, daß die Wirtschaft unentgeltliche Verwaltungsarbeit für den Staat leistet, und zwar sind das viele x-Millionen, wenn nicht gar Milliarden Schilling, die nicht bezahlt werden. Würde die Wirtschaft das nicht tun, müßte es der Staat machen, und das würde dem Staat teuer zu stehen kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Payer. )

Daher, Herr Bundesrat Payer, habe ich mich auch zu Wort gemeldet, denn ich bin nicht damit einverstanden, daß man es als so selbstverständlich betrachtet, daß man sagt, die Wirtschaft erspart sich Verwaltungskosten, also soll sie auch zahlen. Sie erspart sich aber nur jene Verwaltungskosten, die sie kostenlos – ich betone noch einmal: kostenlos! – für den Staat erledigt. (Beifall bei der ÖVP.)

19.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun die Frau Bundesministerin. – Bitte.

19.46

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur wenige Bemerkungen zur 56. ASVG-Novelle und dem anderen Block sozialversicherungsgesetzlicher Maßnahmen.

Ich glaube, daß wir mit der Chipkarte, wie sie jetzt in der 56. ASVG-Novelle definiert ist, wirklich Vorteile für alle schaffen. In erster Linie liegen mir, liegen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern natürlich die Versicherten am Herzen. Wir haben meiner Meinung nach damit erreicht, daß die Versicherten nach der flächendeckenden Einführung der Chipkarte einen ein


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facheren, unkomplizierten Zugang zum Gesundheitssystem, zu den Gesundheitsleistungen haben werden, und es damit wirklich zu einer Modernisierung auch im Abrechnungssystem der gesamten Sozialversicherung kommt. Dadurch wird es im Bereich der Sozialversicherung einen Rationalisierungseffekt geben, den wir dahin gehend nützen können, daß sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch mehr den Versicherten zuwenden können und nicht mit administrativen Aufgaben belastet sind – zumindest nicht im gegenwärtigen Ausmaß, denn natürlich bleibt Administration weiterhin eine Aufgabe.

Sehr geschätzte Frau Bundesrätin! Es werden die Betriebe damit ent lastet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen nicht mehr in die Personalabteilung zu gehen, um sich einen Krankenschein zu besorgen. Dadurch sind aber auch die persönlichen Daten – sprich: braucht jemand einen Krankenschein oder braucht er keinen – nicht mehr so transparent. Es ist dann nur mehr Sache jedes einzelnen, zum Arzt zu gehen, ohne daß der Dienstgeber – und es gibt solche und solche Dienstgeber – davon erfahren muß. Ich halte auch das für einen wichtigen Faktor, gerade in einer Welt, in der die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oft eher komplizierter als einfacher wird.

Nicht zuletzt – und darüber bin ich sehr froh – bekennt sich, wie die Debatte im Parlament gezeigt hat, jetzt auch die Ärzteschaft mit vollem Herzen zu dieser Chipkarte. Sie ist ein wichtiger Partner geworden, der dieses Instrumentarium auch für sich nutzen wird, denn es werden auch die Ärzte Vorteile aus dieser neuen Verrechnungsmöglichkeit haben – Vorteile, die sich nicht von einem Tag auf den anderen, sondern sukzessive mit der kompletten Implementierung und auch Weiterentwicklung ergeben werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn ich sage "Weiterentwicklung", dann meine ich, daß mit diesem Gesetz sichergestellt ist, daß nicht nur bei der Einführung, sondern auch bei einer eventuellen Weiterentwicklung die persönlichen Daten, der umfassende Datenschutz absolut gesichert ist. Das ist etwas, was mir von Anfang an am Herzen gelegen ist, denn es darf keine Verunsicherung bei den Versicherten, bei den Benutzern geben, es darf nicht der Eindruck erweckt werden, es komme der "gläserne Patient". Das ist etwas, was ich immer wieder zu bekämpfen versuchen werde, wo immer Tendenzen in diese Richtung auch entstehen.

Ich bin daher sehr froh darüber, daß nun der Hauptverband die entsprechenden Schritte setzen kann. Es gibt auch einen weiteren Effekt, nämlich daß – verzeihen Sie, wenn ich das noch sage – die österreichische Volkswirtschaft einen wirtschaftlichen Impuls erhält, zeigen zu können, wie leistungsfähig österreichische Industriebetriebe, wie leistungsfähig die österreichische Wirtschaft bei der Erarbeitung, der Implementierung, aber auch dann bei der Servicierung dieser Chipkarte ist. Es ist österreichisches Know-how, das einfließen wird, es wird österreichische Wertschöpfung geben. Ich bin überzeugt davon, daß wir ein Vorzeigeprojekt auch für andere Länder zustandebringen, die diese Leistung ebenfalls in Anspruch nehmen werden. Ich hoffe, daß damit die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch die Betriebe zusätzlichen Profit haben werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich verstehe, daß es etwas unverständlich erscheint, daß an einem Tag zwei ASVG-Novellen beschlossen werden sollen. Es wäre natürlich auch möglich gewesen, ein eigenes Chipkartengesetz zu machen und die quasi normalen ASVG-Novellen in der gewohnten Form zu entwickeln.

Ich bin jedoch der Meinung, daß es richtig ist, das an und für sich in sich geschlossene Chipkartengesetz in den Rahmen der ASVG-Gesetze einzubinden, weil es ein integrativer Bestandteil unseres Sozialversicherungswesens ist und daher auch weiterhin dem zugehörig sein soll. Daher gibt es die etwas absurde Situation, daß man die 56. und die 57. ASVG-Novelle behandelt.

Sehr geschätzter Herr Bundesrat Drochter! Ich darf Ihnen sagen, daß mein Ressort und ich bereits an der 58. ASVG-Novelle arbeiten, weil mit dieser Novelle sicherlich wieder eine sehr spezifische Weiterentwicklung der besonderen Erfordernisse der Versicherten, der Bevölkerung möglich gemacht wird. Genau das macht das ASVG auch so kompliziert, es kann kein einfaches


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Gesetz sein, es können keine einfachen Gesetzesnovellen sein, denn das Leben ist auch nicht einfach! Die Erfordernisse der Betroffenen ändern sich ununterbrochen. Ein Leben läuft nicht linear, sondern wird von den verschiedensten Bedürfnissen begleitet. Und das österreichische Sozialversicherungswesen begleitet uns in unseren Bedürfnissen ein Leben lang! Daher wird es auch trotz aller Bemühungen meines Ressort nie wirklich einfach werden können. Das Leben ist – wie gesagt – auch nicht einfach!

Mein Ressort hat schon vor einiger Zeit Herrn Professor Jabloner, der ja Präsident des Verwaltungsgerichtshofes ist, ersucht, gemeinsam mit anderen Experten diese Gesetze zu überarbeiten, sodaß sie – unter Wahrung der Inhalte – in eine letztlich doch bürgernähere Form gebracht werden können. Der erste große Schritt für diese epochale Arbeit ist getan, nun werden die nächsten Schritte gesetzt werden. Ich hoffe, daß die Experten und an ihrer Spitze Herr Präsident Jabloner in jenem Zeitrahmen, der schon genannt wurde, in der Lage sein werden, uns dieses Papier, dieses Gutachten, diese Ergebnisse zur Verfügung zu stellen.

Er selbst hat einmal gesagt, daß das ASVG das modernste Gesetz ist, das wir haben, denn es ist ein Gesetz, das sich nicht durch Rechtsprechung, sondern durch Rechtssetzung ändert, weil es eben entsprechend den Bedürfnissen der Menschen weiterentwickelt wird. Wenn uns diese Überarbeitung gelingt, dann hätte ich bezüglich des Gelingens der Bundesstaatsreform auch keine Sorge mehr, weil das ist noch komplizierter als dieses andere große Vorhaben.

Erlauben Sie mir, nur ganz kurz noch etwas zur Frage des Opting-out zu sagen, die von Herrn Bundesrat Weilharter angeführt wurde. Alle Maßnahmen, die im Rahmen des Opting-in oder Opting-out getroffen werden, sind mit den betroffenen Berufsgruppen, Interessenvertretungen bis ins Detail besprochen und respektieren die Wünsche der jeweiligen Interessenvertretungen beziehungsweise ihrer Mitglieder. (Bundesrat Weilharter: Es resultiert daraus eine gewisse Unsicherheit, das geben Sie aber zu!?)  – Die Interessenvertretungen sind die durch das Gesetz dazu legitimierten Sprecher, für ihre Mitglieder entsprechende Stellungnahmen abzugeben. Das haben wir auch hier zu respektieren!

Sehr geschätzte Damen und Herren! Was die Künstler betrifft, so würden es uns diese nicht danken, würde die Frist nicht um ein Jahr verlängert werden, sondern die Opting-in-Variante bereits jetzt mit 1. Jänner 2000 in Kraft treten. Ich bin daher sehr froh, daß wie im Nationalrat auch hier eine Mehrheit, wie ich annehme, dieser Verlängerung der Frist zustimmen wird.

Zum Schluß noch zur Bauern-Sozialversicherung, die ebenfalls angesprochen wurde. Ich denke, all jene, die dem nicht zustimmen, werden einen Erklärungsbedarf gegenüber dieser wichtigen Gruppe in unserer Gesellschaft haben, weil damit doch wesentliche Verbesserungen erfolgen werden, gerade bei den Bäuerinnen, deren Wünschen Rechnung getragen wurde. Ich verhehle nicht, daß ich für diese Maßnahmen nicht nur Beifall geerntet habe, weil natürlich auch andere wichtige Gruppen Wünsche an das System haben. Alle Wünsche konnten nicht erfüllt werden, aber ich bin froh, daß wir nun gerade für die Bauern und für die Bäuerinnen eine wichtige Weiterentwicklung in ihrem Interesse zustande bringen konnten.

Sehr geschätzte Frau Bundesrätin Haunschmid! Wenn man anhand eines einzelnen Beispiels Kritik am System übt, dann würde ich darum bitten, mir dieses konkrete Beispiel zu nennen (Bundesrätin Haunschmid: Das kriegen Sie!)  – welches Spital, welcher Versichertenfall, welche Sozialversicherung, wie war die Genesis? –, damit man der Sache nachgehen kann! (Bundesrätin Haunschmid: Das kriegen Sie schriftlich!) Ich bin ziemlich sensibel, wenn anhand eines allgemeinen Beispieles, das nicht näher definiert wird, ein hervorragendes System verunglimpft werden soll. Wir können auf unser System stolz sein, und darum verteidige ich es auch! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege Schaufler.


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19.56

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Vielleicht vorerst ein paar Worte zur Kollegin Haunschmid. Mir tut es im Gegensatz zu Ihnen leid, daß vor Jahren ein Sozialversicherungsinstitut, nämlich die eigenständige Krankenkasse der land- und forstwirtschaftlichen Dienstnehmer, abgeschafft wurde, weil dieses Institut speziell auf Branchenwünsche eingehen konnte. Daß Sie aber zum zweiten die Dienstnehmer der Sozialversicherungsinstitute in Zelte verbannen wollen, geht, glaube ich, denn doch ein bißchen zu weit! Und daß Sie – zum dritten – der Frau Bundesministerin raten, doch im Gastgewerbe tätig zu werden, um endlich Gesetze – die österreichischen Sozialgesetze – lesen zu können (Bundesrätin Haunschmid: Das habe ich nicht gesagt!), das finde ich ein bißchen stark! (Heiterkeit und Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

Aber die Frau Bundesministerin hat erklärt, daß wir am Ende dieser Sitzung – ob heute oder morgen – feststellen werden, daß sehr viel und nicht wenig passiert ist. Ich darf für mich in Anspruch nehmen, daß mir zu viel passiert ist! Was meine ich damit? – Wenn ich zu einem Tagesordnungspunkt nein sage, dann begründe ich das auch. Mir geht es um den Tagesordnungspunkt 34, um die Novelle zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz.

Jetzt werden sich viele fragen: Was kümmert ihn das? – Das kümmert mich sehr viel. Kollege Gruber hat angezogen, daß es durch dieses Gesetz neben all dem Positiven für die Bäuerinnen – das streiche ich durchaus hervor – zu einer Klarstellung zwischen Gewerbe und Landwirtschaft gekommen sei. Bedauerlicherweise kommt das gleiche Gesetz aber zu einem völlig anderen Ergebnis im Bereich der selbständigen bäuerlichen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit und den Dienstnehmern in diesem Bereich. Auf einmal werden nämlich Tätigkeiten, die bisher klassische Dienstnehmertätigkeiten waren, in die Bauernversicherung einbezogen, eine Bestimmung, die im letzten Moment ins Gesetz geschlüpft ist, im Erstentwurf war davon nichts zu lesen. So heißt es etwa im Erstentwurf noch recht schön – ich zitiere –: "Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich: keine." – Kurz und prägnant!

Die Wirklichkeit wird durch diese "Anlage 2" völlig anders. Schweinetätowierer, Milchprobenehmer – davon gibt es bitte derzeit in Österreich etwa 500 bis 600 als Dienstnehmer Beschäftigte –, Besamungstechniker, Fleischklassifizierer, Saatgut- und Sortenberater – das sind die Punkte, um die es mir geht. Auf diesem Gebiet werden wir auf Sicht gesehen Arbeitsplätze in ländlichen, gerade in strukturschwächeren Bereichen verlieren.

Was mich ganz besonders stört, ist, daß es keinerlei sozialpartnerschaftliche Gespräche darüber gab, aber auch, daß kein Entwurf, in dem diese "Anlage 2" dabei gewesen wäre, an die freiwilligen oder gesetzlichen Interessenvertretungen ergangen ist. Jene Bereiche, die davon betroffen sind – die Sektion Land- und Forstwirtschaft der Gewerkschaft der Privatangestellten, die Fachgruppe 7 im Bereich der Agrar-Nahrung-Genuß und auch die gesetzlichen Interessenvertretungen über den österreichischen Landarbeiterkammertag – haben im letzten Moment noch versucht, nachzufragen, weil auf der Gerüchtebörse diesbezüglich etwas zu hören war. – Nein, es sei nichts im Busch, wurde gesagt!

Im Endeffekt wurde es im Nationalrat dann doch so beschlossen, wie befürchtet und wie soeben ausgeführt. Nun hat es gestern eine Resolution gegeben – und ich kann nur mit Kishon – der, glaube ich, sagte: Glück im Unglück ist ... – sagen: Glück im Unglück ist, daß diese Resolution mehr bewirkt hat als die Stellungnahme vom 5. Juli. Denn auf diese hat es keine Reaktion gegeben.

Ich lese Ihnen diese Resolution gerne vor, wenn ich das darf – sie ist nicht allzu lange –: "Resolution: Mit Bedauern und großem Unmut haben wir die Änderung des BSVG zur Kenntnis genommen. Durch die Maßnahmen sind Arbeitsplätze im ländlichen Raum höchst gefährdet. Dies widerspricht eklatant dem klaren Bekenntnis zu einer erfolgreichen Beschäftigungspolitik. Besonders in ländlichen Randgebieten stehen bei Arbeitsplatzverlust keine anderen Arbeitsplätze zur Verfügung. Sehr befremdend ist die Tatsache, daß die freiwillige Arbeitnehmer-Interessenvertretung – Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Land- und Forstwirtschaft – von den beabsichtigten Maßnahmen weder informiert noch das Gespräch mit ihr gesucht wurde. Im


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Sinne einer erfolgreichen österreichischen Beschäftigungspolitik ersuchen wir um unverzügliche Aufnahme von Sozialpartnergesprächen und um sofortige Aufschiebung der parlamentarischen Beschlußfassung der Novelle zum BSVG."

Ich weiß, daß letzteres nicht mehr passieren wird. Daher habe ich mit Kishon – sofern er es ist, von dem dieser Ausspruch stammt – schon gesagt: Glück im Unglück ist, daß seit gestern das Ministerium doch Gespräche anbietet. Wir werden es im Moment nicht ändern können. Ich persönlich kann hier nicht mitgehen – da bitte ich um Verständnis –, und ich denke, einige andere auch nicht. Ich hoffe aber doch, daß es in Zukunft solche Vorkommnisse nicht mehr geben wird und daß wir im Laufe der Zeit in vernünftigen Gesprächen mit dem Sozialministerium doch auch wieder zu einer vernünftigen Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit, die nicht zum Verlust von Arbeitsplätzen führt, kommen werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

20.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.01

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Bundesrat! Es ist bei dieser Bestimmung genau darum gegangen, eine klarere Abgrenzung zwischen diesen Personengruppen zu finden. Mir wurde vor zwei Tagen diese Resolution der Gewerkschaft der Privatangestellten zur Kenntnis gebracht. Wir haben uns sofort mit der Gewerkschaft in Verbindung gesetzt und festgestellt, daß auch seitens der Gewerkschaft von falschen Informationen ausgegangen wurde.

Ich würde dich daher bitten: Nimm noch einmal direkt mit uns Kontakt auf! Ich glaube, wir können manches erklären und manche Besorgnisse zerstreuen. Es wäre vielleicht einfacher gewesen, wenn wir vorher darüber reden hätten können.

20.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 56. ASVG-Novelle.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 57. ASVG-Novelle.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 24. Novelle zum GSVG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 23. Novelle zum BSVG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

35. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (1857 und 2018/NR sowie 6054/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 35. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird, liegt schriftlich vor.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Entschuldigung! Da gibt es jetzt eine kleine Unsicherheit meinerseits. In dem, was ich hier als schriftlichen Bericht des Ausschusses liegen habe, heißt es, der Antrag ist mit Stimmeneinhelligkeit zu stellen. (Berichterstatter Hager: Ja!) Im Entwurf, wie er offensichtlich gestern oder vorgestern noch vorgesehen war, war von der Stimmenmehrheit die Rede. (Berichterstatter Hager: Es war mit Stimmeneinhelligkeit!)

War es die Stimmeneinhelligkeit? (Bundesrätin Haunschmid: Im Ausschuß war es Stimmeneinhelligkeit!) – Gut. Danke schön.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Grander. – Bitte.


Bundesrat
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20.07

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Behinderten haben vorgebracht, daß für sie ein Blindenhund ein ganz wichtiges Hilfsmittel sei. Er ist wichtig für die Mobilität der blinden Menschen, er stellt eine große Hilfe bei der Bewältigung des Alltags dar, und er ist durch kein technisches Hilfsmittel zu ersetzen.

Diese Novelle bringt für diese Menschen Sicherheit im Hinblick auf die Qualitätskontrolle bei der Hundeausbildung; sie bringt Qualitätskriterien, die durch die Beurteilung von Sachverständigen eine Qualitätssicherheit gewährleisten, die eine sehr wichtige Hilfe für diese Menschen darstellt. Die Novelle spricht aber vor allem auch diese Förderung zu. Es ist leider so, daß es kein Gesetz gibt, das eine Behinderung aufheben kann. Es gibt aber sehr wohl Möglichkeiten, das Leben mit Behinderungen zu erleichtern.

Meine Fraktion gibt daher diesem Antrag die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grillenberger. – Bitte.

20.08

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! 50 000 Menschen haben sich bei zwei Bürgerinitiativen mit ihren Unterschriften dafür ausgesprochen, daß das Bundesbehindertengesetz dahin gehend geändert werden soll, daß es für die blindenführenden Hunde eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung geben soll. Wie schon vorher erwähnt, müssen blinde Menschen Blindenführhunde meist immer noch selbst finanzieren, und diese können bis zu 300 000 S kosten. Blindenführhunde können aber durch kein technisches Hilfsmittel ersetzt werden.

Geschaffen werden auch exakte Anforderungsprofile für Blindenhunde, denn nicht jeder Vierbeiner ist für diesen schweren Job geeignet. Mittelgroße Rassen wie Golden Retriever, Labrador und Schäfer erfüllen von ihrem Wesen und von ihrem Pflegeaufwand her die Kriterien am besten. Bei der Ausbildung werden strenge Qualitätskriterien im Hinblick auf Gesundheit, Intelligenz, Gehorsam sowie Gutmütigkeit für die führfähigen Hunde herangezogen. Auch die Ausbildung und Prüfung von Blindenführhunden sowie die Definition der verschiedenen Rehabilitationshunde sind einheitlich zu regeln.

Eine positive Beurteilung durch Sachverständige, wie dies im Gesetz verankert ist – das wurde von der Vorrednerin schon erwähnt –, ist eine sehr wichtige Hilfe für die Gesamtbeurteilung der Hunde.

Meine Damen und Herren! Für Behinderte kann nie genug getan werden. Ich hoffe, daß auch der Zutritt für blindenführende Hunde zum Beispiel zu Lebensmittelgeschäften, zu Behandlungsräumen sowie zu Krankenhäusern einmal zugelassen werden wird. Meines Wissens ist das in Deutschland schon der Fall. Auch in Wien beispielsweise gibt es ein Gesetz, das es Besitzern von Blindenhunden ermöglicht, diese zu Theateraufführungen und ähnlichen Veranstaltungen mitzunehmen. Ich hoffe, daß diese Regelung für die behinderten Menschen in der Zukunft auch bei uns generell eingeführt werden wird.

Meine Fraktion wird dem Gesetz die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

20.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

20.11

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Ministerin! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schon mein Vorredner erwähnt hat, war 1996 diese Bürgerinitiative zur gesetzlichen Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund


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eingebracht worden. Erst im Juli 1997 wurde dieses Anliegen dem Ausschuß für Soziales zugeleitet, und erst 1998 – und da wiederum erst kurz vor der Sommerpause – wurde es im Ausschuß beraten.

Der damalige Entschließungsantrag der Koalitionsparteien war nur eine Aufforderung zu Gesprächen der Frau Sozialministerin mit den Ländern im Hinblick auf rechtliche Rahmenbedingungen für die Anerkennung von Blindenführhunden.

Ich glaube, daß es wichtig wäre, solche Dinge nicht drei Jahre lang hinauszuziehen. Das wichtigste Anliegen der Bürgerinitiative, nämlich die Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel im Sinne des ASVG, blieb jedoch unerledigt.

Im Nationalrat haben die Kollegen der Freiheitlichen im Mai dieses Jahres einen Gesetzentwurf eingebracht, welcher die Valorisierung des Pflegegeldes zum Inhalt hat. Gerade die Behinderten haben im Zuge des Sparpaketes gröbere finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Der Antrag wurde von der Sozialistischen Partei (Bundesräte Drochter und Grillenberger: Sozialdemokratischen!), von der Sozialdemokratischen Partei – ich habe jetzt nur Frau Kollegin Schicker angeschaut – gemeinsam mit der ÖVP abgelehnt – für mich sehr unverständlich, aber wahr.

Ich glaube aber, daß behinderte und pflegebedürftige Mitmenschen – vom Baby bis zum Greis – unseres vollsten Einsatzes für die Gewährung eines zumutbaren Lebensstandards sicher sein müssen.

Daß wir immer wieder über Behinderte reden, ist ein gutes Zeichen. Vielleicht hat das Parlament nun erkannt, daß man Behinderten in den vergangenen Legislaturperioden doch sehr viel schuldig geblieben ist und daß ihnen viel mehr zustünde.

Heute wird nun also diese Forderung der Behinderten, nämlich die Einstufung von Blindenhunden als Hilfsmittel, beschlossen. Es wäre aber auch notwendig gewesen, dafür zu sorgen, daß die Qualitätssicherung auch bei importierten Tieren gegeben ist, ebenso wie für Partnerhunde oder sonstige Diensthunde, die als Hilfsmittel benötigt werden und daher auch als solche eingestuft werden sollten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das müssen Sie genau eruieren! Das ist ein Hilfsmittel; ich werde es Ihnen dann genau schildern, Herr Kollege!

Es geht immer um die Finanzierung: Wenn ein solcher Hund einmal als Hilfsmittel eingestuft ist, dann ist auch die Finanzierung leichter. Das heißt nun also, daß eine berechtigte Forderung der Behinderten jahrelang nicht erfüllt wurde. Sie aber schreiben dann in der Vorlage noch, wie wichtig der Blindenhund sei! Warum tun Sie sich so schwer, zuzugeben, daß er ein Hilfsmittel ist, das einfach unersetzbar ist und auf das der Betroffene fast einen Rechtsanspruch hat? (Bundesministerin Hostasch: "Fast einen Rechtsanspruch hat"?) – Sie machen es nicht. Sie machen die einfachsten Dinge nicht, die Ihnen, wenn Sie außerhalb dieses Hauses unbeeinflußt sind, ohnehin Ihr Hausverstand sagt.

So wichtig, wie der Blindenhund für Blinde ist, so wichtig ist der Partnerhund für andere Behinderte. Es gibt Behinderte, die auf menschliche Hilfe angewiesen sind, und es gibt solch ausgebildete Hunde, die eine solche Hilfeleistung für die Menschen übernehmen können. Die Anerkennung auch von Partnerhunden wäre für die Koalitionsparteien angesagt, Frau Ministerin und meine Damen und Herren, denn viele Behinderte können sich solche Partnerhunde nicht leisten. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. )

Lassen Sie noch einmal Ihr Herz sprechen! Erfüllen Sie die Forderungen der Behinderten! Wir erfüllen ihnen ihren Bedarf nach Hör- und Sehgeräten. Warum sollen diese Koalitionsparteien ausgerechnet bei den Schwerstbehinderten nicht in der Lage sein, der Behinderung entsprechend Gerechtigkeit walten zu lassen und eine Situation zu beenden, in der solche Hunde Menschen mit Behinderung nur entsprechend ihrer Brieftasche zuerkannt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.15


Bundesrat
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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.15

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Bei diesem Gesetz geht es darum, die Legaldefinition für Blindenführhunde gesetzlich zu verankern und damit etwas zu erreichen, was gerade für Menschen mit Handicaps unverzichtbar ist: daß sie nicht durch Geschäftemacherei benachteiligt werden können.

Es sind uns Fälle bekannt geworden, bei denen Blinden Hunde angeboten wurden, die nicht den Erfordernissen von blinden Menschen entsprechen. Jeder von uns weiß, was das auch für Risiken bedeutet – ich spreche hier nicht nur den materiellen Aspekt an, sondern die Risiken für die Personen selbst –, wenn ein Blindenführhund nicht richtig oder nicht gut ausgebildet und nicht verläßlich ist. Daher ist es ganz wichtig, daß durch diese gesetzliche Grundlage eine Qualitätssicherung und auch eine Qualitätskontrolle geschaffen wurden und damit der Schutz von Blinden vor unseriöser Geschäftemacherei gegeben ist. Das ist der zentrale Punkt, und ich glaube daher, daß dies ganz wichtig ist.

Mein Ressort wird sich in dem Bestreben, noch mehr Bürgernähe zustande zu bringen, auch darum bemühen, mittels eines Erlasses sicherzustellen, daß das Bundessozialamt als prioritäre Ansprechstelle für alle Blinden in bezug auf Wünsche in Richtung Blindenführhund, aber auch in bezug auf andere Anliegen definiert wird. Diese zentrale Ansprechstelle wird dann eine Koordination auch mit anderen betroffenen Stellen durchführen. Wie Sie wissen, ist in diesem Bereich oft nicht nur die Sozialversicherung anzusprechen, sondern es müssen – da es sehr oft auch um Landesfragen geht – auch Landessozialhilfeträger und andere Institutionen als Partner zur Befriedigung einer persönlichen Situation angesprochen werden.

Wir haben diese Legaldefinition gemeinsam mit dem Österreichischen Blindenverband und damit mit jenen, die die besten Erfahrungen haben, erarbeiten können. Ich möchte mich auch vor Ihnen bei den Kolleginnen und Kollegen des Österreichischen Blindenverbandes, mit denen uns eine hervorragende Zusammenarbeit – jetzt auch mit einem neuen Präsidenten – verbindet, bedanken. Ich bin daher sehr froh, daß wir heute diesen Schritt wählen können.

Was die Frage der Partnerhunde betrifft, gibt es schon Gespräche hinsichtlich einer Definition. Diese Gespräche sind aber noch weit davon entfernt, daß man tatsächlich zu einer gemeinsamen Definition kommen könnte. Diesbezüglich gibt es unterschiedliche Auffassungen. Ich wollte trotzdem darauf hinweisen: Wir sind dabei, auch die Frage der Partnerhunde in die Diskussion zu bringen. Ich kann aber nicht absehen, zu welchem Zeitpunkt in dieser Frage gemeinsame Standpunkte auf den Tisch gelegt werden können und wie diese aussehen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen, bevor wir in der Tagesordnung weitergehen, mitteilen, daß die Präsidiale, die vor kurzem getagt hat, zu dem Schluß gekommen ist, nach Erledigung des 39. Tagesordnungspunktes die Sitzung bis morgen zu unterbrechen.

36. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird (1114/A und 2020/NR sowie 6055/BR der Beilagen)

37. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1145/A und 2021/NR sowie 6019 und 6056/BR der Beilagen)

38. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden (1150/A und 2022/NR sowie 6057/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 36 bis 38 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 36 bis 38 hat Herr Bundesrat Freiberger übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Horst Freiberger: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht zum Tagesordnungspunkt 36 des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird, liegt Ihnen allen schriftlich vor. Ich erspare mir und Ihnen das Verlesen dieses Berichtes.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht zum Tagesordnungspunkt 37 des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche


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rungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden, liegt ebenfalls schriftlich vor. Ich verlese ihn deshalb nicht.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich liegt auch der Bericht zum Tagesordnungspunkt 38 des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden, schriftlich vor.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Mainoni. – Bitte.

20.22

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bezug nehmend auf die zusammengezogenen drei Punkte, insbesondere Tagesordnungspunkt 37, erlaube ich mir, einige Ausführungen dazu zu machen.

Es wird zweifellos die Problematik richtig erkannt, nur wird bei der Bekämpfung dieser Probleme wieder einmal ein falscher Weg eingeschlagen. Der Ansatz, daß ältere Arbeitnehmer zu schützen sind, ist natürlich wichtig, richtig und auch notwendig. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Es wird aber wieder nur versucht, das Abschieben vom Arbeitsmarkt umzugestalten und die schmerzlichen Folgen möglicherweise hintanzuhalten. Das heißt, man geht nicht auf die Ursachen des Problems ein.

Unseres Erachtens bestünde eine wirkungsvolle Maßnahme zum Beispiel darin, die Arbeitsstunde älterer Mitarbeiter für den Arbeitgeber billiger zu machen, zum Beispiel durch einen Lohnzuschuß oder möglicherweise auch durch die Senkung der kollektivvertraglichen Entgelte, aber nicht in der Form, wie Fasslabend es vorschlägt, sondern unter Ausgleich beispielsweise durch das AMS. (Bundesministerin Hostasch: Das ist es ja ohnehin! Das ist es ja!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Bedeckung dieser Maßnahmen ist völlig offen. 109 Millionen Schilling, so wird uns in den Erläuterungen beschieden, wird das im Jahr 2000 kosten. Wo werden denn die diesbezüglichen Einsparungen dafür erfolgen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun möchte ich aber zur Umsetzung derartiger Beschlüsse, wie beispielsweise auch der Lehrlingsoffensive im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes, kommen.

Dazu kann ich nur eines sagen, liebe Vertreterinnen und Vertreter der SPÖ: Da haben Sie kläglich Schiffbruch erlitten. Ich bin der Ansicht, daß Sie und Ihre Kollegen im Nationalrat eigentlich einen Blindenführhund dazu bräuchten, denn das, was sich hier abgespielt hat, ist, gelinde gesagt, unsäglich.

Was ich hier anspreche, ist die Kumpanei mit SPÖ-nahen Mitarbeitern im Rahmen der Firma "Euroteam" – ich nenne sie jetzt einmal "Euroteam & Co", das ganze Netzwerk und die Verstrickung liegen vor –, die im Jahr 1993 gegründet wurde. Sie hat 43,8 Millionen Schilling an Förderungen und Steuermitteln – das ist nicht so unbeträchtlich, deshalb sage ich es auch –erhalten. Mitglieder beziehungsweise Funktionäre sind – Sie von der SPÖ werden es ja wissen, ich sage es aber für jene, die es möglicherweise nicht wissen – ein gewisser Herr Gerald Gerst


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bauer, Büro Hostasch; Lukas Stuhlpfarrer, ehemaliges Präsidiumsmitglied der Sozialistischen Jugend, ehemaliger Mitarbeiter von Hawlicek im Bereich EU-Angelegenheiten; David Mock, hinlänglich bekannt als Pressesprecher des Bundeskanzlers; Herr Jan Klima, Sohn des Bundeskanzlers; Herr Thomas Drozda, ehemaliger Sekretär des Bundeskanzlers; Herr Reinhold Eckhardt, SPÖ-Angestellter – diese Liste ließe sich beliebig weiter fortsetzen. (Bundesrätin Mühlwerth: Unglaublich!)

Ich sage Ihnen das deshalb, damit Sie auch einmal erkennen, welche Dimension diese Kumpanei eigentlich besitzt. (Ruf bei den Freiheitlichen: Pfui!) Es ist leider Gottes nicht so, daß diese Herrschaften effizient arbeiten würden, sondern ganz im Gegenteil! Zwei Beispiele für ineffiziente Arbeit möchte ich erwähnen: Da hat es etwa ein Projekt unter dem Titel "Professions for Roma" gegeben: Dabei erfolgte eine Schulung von acht Teilnehmern. Fünf Trainer haben die acht Teilnehmer geschult. Kosten: 3 793 000 S! (Rufe bei den Freiheitlichen: Wahnsinn!) Beschäftigungseffekt konnte bisher keiner festgestellt werden, meine Damen und Herren! (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist unglaublich!)

Es gibt auch einen Beweis für das Zusammenwirken des Bundeskanzleramtes mit diesem Unternehmen: Es wurde nämlich die Firma "Euroteam" beauftragt – nicht das Bundeskanzleramt selbst hat es gemacht –, eine Ausschreibung über die Abwicklung dieser Lehrlingshotline durchzuführen. Warum hat das nicht das Bundeskanzleramt selbst gemacht? – Ich kann Ihnen sagen, warum Herr Stuhlpfarrer von "Euroteam" damit beauftragt wurde: Er hat nämlich eine offensichtliche Scheinausschreibung durchgeführt. Am 21. 9. 1997 erschien in der "Wiener Zeitung" eine Ausschreibung für diese Tätigkeit, aber bereits Anfang September dieses Jahres – also drei, vier Wochen vorher – wurden von der Firma TBK Mitarbeiter speziell für die Lehrlingshotline aufgenommen und eingeschult. Die Firma TBK ist wieder eine Firma aus dem Firmengeflecht von "Euroteam". (Bundesrat Dr. Böhm: Welcher Zufall!) Es ziehen sich diese Wege auch nach Salzburg. Von der Firma "tbk-Euroteam Call center GmbH" in Pöttsching ist Frau Astrid Hofer Geschäftsführerin, die auch Geschäftsführerin in der Firma TBK und die nunmehrige Frau von Herrn Stuhlpfarrer ist. (Bundesrat Weilharter: Das ist unappetitlich! Das ist wirklich unappetitlich!)

Meine Damen und Herren! Das ist das Geflecht, das ist die Geldvernichtungsmaschine, und das ist ineffizientes Arbeiten.

Die Zeitschrift "NEWS" hat in ihrer Ausgabe Nummer 30 festgestellt, daß die Staatsanwaltschaft nunmehr die Vorerhebungen eingeleitet hat. (Ruf bei den Freiheitlichen: Endlich!) Die Beweislast ist doch tatsächlich erdrückend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! In einem Punkt können Sie sicher sein: Wir Freiheitlichen werden dafür sorgen, daß das an die Öffentlichkeit kommt, welche Form von Kumpanei hier stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel – möglicherweise sind die einen oder anderen Bundesräte der SPÖ nicht so informiert, ich werde es Ihnen daher gerne sagen – ist das Projekt "Professionet". Förderung: 6 717 000 S, Aufgabe: betriebliche Ausbildungsberatung, unter anderem für Lehrlinge. Was hat man gemacht? – Nachdem das Ganze eine SPÖ-Partie ist, ist man in erster Linie natürlich an SPÖ-nahe Betriebe mit Ausbildungsberatungen herangetreten, unter anderem an Herrn Rechtsanwalt Winternitz. Er ist zugleich Aufsichtsrat der "Euroteam AG", und er wurde mit 349 Beratungsstunden betreut. Ein Rechtsanwalt wurde mit 349 Beratungsstunden betreut, damit er dann ein paar Lehrlinge aufnimmt. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist absurd!) Die Kinderfreunde – bekanntlich auch eine nicht gerade SPÖ-feindliche Jugendorganisation – haben 343 Beratungsstunden erhalten, die Gemeinde Wien – die Mehrheitsverhältnisse sind leider klar – 152 Beratungsstunden, die Mietervereinigung Österreichs – eine SPÖ-Organisation – 327 Stunden und schließlich die SPÖ Wien – da ist Ihnen aber ein kleiner Fehler unterlaufen – 243 Stunden. (Bundesrat Windholz: Ha, ha!)

Diese "Euroteam"-Gruppe, meine Damen und Herren, hat dabei versucht, Belege doppelt zu verrechnen. – Ich getraue mich, das hier zu behaupten, und man möge mich klagen: Ich bin


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darauf gefaßt, und es stört mich auch überhaupt nicht. – Statt den vereinbarten 120 Betrieben, die mit Beratung angesprochen werden sollten, sind insgesamt nur 24 Betriebe beraten worden. Der Fehler, der unterlaufen ist und der offensichtlich aus Streitereien innerhalb der SPÖ resultiert, besteht darin, daß die SPÖ Wien nämlich nur 13 Stunden bekommen hat und dies auch bestätigt, und nicht, wie von Stuhlpfarrer angegeben, 243 Stunden! (Bundesrat Dr. Böhm: Ein kleiner Unterschied!) Also auch das ist eine offensichtliche Unredlichkeit!

Das Arbeitsmarktservice kritisierte diese Abrechnung massiv, und bis heute ist deshalb keine Endabrechnung erfolgt. Stuhlpfarrer selbst erklärte im Fernsehen, er habe zu viele Beratungsstunden angesetzt, um EU-Vorschriften zu erfüllen. Unseres Erachtens ist das eine sehr schwache Ausrede. Die Staatsanwaltschaft und der leitende Staatsanwalt, der die Untersuchungen führt, werden da, so hoffe ich, Licht ins Dunkel bringen. Wir werden es der Öffentlichkeit mitteilen.

Das ist dem Herrn Bundeskanzler natürlich nicht angenehm. Wie reagiert der Herr Bundeskanzler in dieser Angelegenheit? – Am 2. Juli 1999 läßt der Bundeskanzler in "Zeit im Bild 1" – durchschnittlich hat diese Sendung 1,6 Millionen Zuseher – intervenieren, daß die Namen seines Sohnes und seines Sekretärs in dieser Affäre nicht erwähnt werden. – Eine Ungeheuerlichkeit, wenn man von der Objektivität des ORF spricht, was sich dort tatsächlich zuträgt! Selbstverständlich wurden diese Namen nicht erwähnt – das sei nur am Rande gesagt, das dürfte allgemein bekannt sein.

Aber das war nicht der erste Schnitzer des Herrn Bundeskanzlers. Es ist dies eigentlich der letzte Punkt eines unredlichen Verhaltens gegenüber den Medien und dem ORF. Bei der Neubestellung des EU-Kommissärs Fischler unterband Bundeskanzler Klima kritische ORF-Fragen, indem er einfach die Hand auf die Kamera legte und sagte: "Das war so nicht ausgemacht."

Jetzt frage ich Sie: Was ist das für ein Verhalten dieses Bundeskanzlers der Republik Österreich? (Bundesrat Ing. Scheuch: Diktatorisch!) – Es gibt Beweise dafür, daß das nicht irgendwelche krausen Vermutungen oder Ideen sind. Den Beweis dafür liefert ORF-Informationsintendant Hannes Leopoldseder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb haben wir Freiheitlichen einen Entschließungsantrag ausgearbeitet, bei dessen Abfassung ich mir, wie ich zugeben muß, beinahe die Finger gebrochen hätte – so vorsichtig und so positiv ist er formuliert. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Aber Sie sollten die Gelegenheit haben – auch wenn es hier wahrscheinlich keine geben wird –, zuzustimmen.

Dieser Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Mag. Eduard Mainoni und Kollegen betreffend Konsequenzen aus dem "Euroteam"-Skandal

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß öffentliche Mittel – insbesondere auch im Bereich der Lehrlingsförderung – sparsam und effizient eingesetzt werden und Fälle von Günstlingswirtschaft im Kreise seiner Parteifreunde wirksam unterbunden werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bundeskanzler wird weiters aufgefordert, die Arbeit von Journalisten, die in Wahrnehmung ihrer Pflichten über seine Verstrickung in den ,Euroteam‘-Skandal berichten wollen, nicht länger zu behindern beziehungsweise durch seine Mitarbeiter behindern zu lassen."

*****


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Ich bitte Sie, diesem Entschließungsantrag beizutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Mag. Mainoni und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Konsequenzen aus dem "Euroteam"-Skandal ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schaufler. – Bitte.

20.33

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Drei Gesetze stehen zur Diskussion, zum ersten das Journalistengesetz. Darüber wurde bisher nichts gesagt, aber ich meine, daß es sehr positiv ist, wenn wir heute diesem Gesetz unsere Zustimmung geben oder keinen Einspruch dagegen erheben. Da geht es um freie Mitarbeiter in einer Anzahl von etwa 4 000, so habe ich mir sagen lassen, von denen sicherlich 2 000 freie Mitarbeiter sind, deren lohn- und gehaltsrechtliche Bestimmungen im wahrsten Sinn des Wortes frei waren.

Journalisten können es sich nicht immer aussuchen, ob sie ein echtes Dienstverhältnis bekommen oder de facto dieser von mir schon zitierten "Wildnis" ausgeliefert sind. Ich meine, wenn es in Zukunft möglich ist, kollektivvertragliche Bestimmungen zustande zu bringen, um auch da klare Verhältnisse zu schaffen, so ist das zu begrüßen. Es ist ein weiterer Mosaikstein in einem ohnedies nicht schlechten sozialen Bild in Österreich.

Zum zweiten dieser Tagesordnungspunkte: Was mich besonders freut – ich werde mich jetzt bewußt kurz halten, um die Zeit, die ich vorhin in Anspruch genommen habe, zu einem Teil wieder hereinzubringen –, ist das Zustandekommen des sogenannten Altersteilzeitmodells. Dafür hat meine bündische Organisation sehr viel Vorarbeit geleistet. Damit meine ich den Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbund.

Ich denke, daß dieses Altersteilzeitmodell mithelfen wird, daß ältere Dienstnehmer – sagen wir einmal: über 50 – leichter ihren Arbeitsplatz bis zur sozialen Absicherung im Rahmen der Pensionierung halten können. Ich halte das für sehr vernünftig, denn es ist für ältere Menschen nicht ganz einfach, wenn sie im Alter von über 50 Jahren den Arbeitsplatz verlieren. Wenn es gewisse Beihilfen- und Zuschußmodelle gibt, dann ist das von Vorteil.

Ich meine, es werden in der österreichischen Wirtschaft, in den Unternehmen sehr oft zu schnell und vorschnell das Wissen und die Erfahrung von älteren Dienstnehmern mißachtet. Oft wird aus Kostengründen relativ leichtfertig eine Auflösung des Dienstverhältnisses betrieben. – Jetzt wird die Kostenfrage etwas gemildert. Ich meine, daß das in Zukunft geeignet sein müßte, um den älteren Dienstnehmern zu helfen.

Nun zum dritten, dem Nachtarbeitsgesetz; beinahe hätte ich jetzt auch "-schwer-" gesagt, aber ich glaube, das ist aus dem Gesetz entfernt worden. Da tue ich mir ein bißchen schwer, auch wenn ich weiß, daß es die Materie so ergeben hat. Aber es ist relativ schwer verständlich, daß mit der Leistung von Nachtarbeit über zwei und drei Jahre hinweg ein bißchen an zusätzlichem Urlaub herauskommt. Dennoch begrüße ich auch dieses Gesetz, weil es nicht einfach und sehr belastend ist, wenn den Dienstnehmern Nachtarbeit abgefordert wird. Daher ist jede Maßnahme, die mehr Zeit zum "Relaxen" bringt – wie man heute so schön sagt –, zu begrüßen.

Ich denke jetzt noch einmal in Richtung Forstwirtschaft. Wir haben über viele Jahre hinweg als Gewerkschafter gemeinsam – sozialdemokratische und christliche – gefordert, auch die Forstarbeiter einzubeziehen. Das ist uns bis heute nicht gelungen. Ich weiß, woran es liegt: nicht so sehr am Wollen des Gesetzgebers, sondern an der Materie selbst, weil völlig neue Kriterien ins Gesetz Einzug finden würden. Das ist ein bißchen schwierig.


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Aber dennoch bin ich mit diesen drei Gesetzen sehr zufrieden. Ganz besonders freue ich mich über die Altersteilzeitregelung und -findung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

20.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

20.37

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kollegen Mainoni möchte ich sagen, daß die Sozialdemokratie sicherlich die Untersuchungen betreffs "Euroteam" nicht behindern wird. Ich möchte Ihnen auch eines sagen: Wenn man Butter auf dem Kopf hat, soll man nicht in die Sonne gehen, und wenn man im Glashaus sitzt, soll man nicht mit Steinen werfen. Die Liste der FPÖ-Sünder ist unendlich. (Bundesrätin Haunschmid: Warum könnt ihr nicht einmal etwas zugeben?) Ich möchte nur die zuletzt aktuellen nennen: Gratzer, Rosenstingl, NÖ-Wohnbaugenossenschaft, Meischberger. (Bundesrätin Haunschmid: Das rechtfertigt es? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Was mich eigentlich überrascht hat, Kollege Mainoni, ist, daß Sie sich nicht so wie Bundesminister Fasslabend beworben haben, Sozialminister in Österreich zu werden. (Bundesrat Ing. Scheuch: Wollen Sie ... schützen? Distanzieren Sie sich! – Weitere Zwischenrufe.) Denn Sie haben eines gemeinsam: Sie wollen den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihr wohlverdientes Entgelt schmälern. (Bundesrätin Haunschmid: Ich habe gedacht, das gibt es bei euch nicht mehr!) Das bleibt Ihnen ganz allein überlassen, in dieser Auseinandersetzung werden Sie sicherlich nicht mit der SPÖ kollidieren. Für uns sind Kollektivvertragslöhne Mindestlöhne. – Das sei nur zur Richtigstellung gesagt.

Wir alle lesen täglich Zeitungen und Zeitschriften, hören Beiträge im Rundfunk, sehen aktuelle und kulturelle Beiträge im Fernsehen. Kollege Schaufler hat schon darauf hingewiesen: Es wird uns allen vor Beschlußfassung dieses Gesetzes nicht so bewußt gewesen sein, daß mehr als die Hälfte aller uns fast täglich begegnenden Journalistinnen und Journalisten – die Tendenz ist weiterhin stark steigend – nicht die Möglichkeit haben, im Rahmen eines geregelten Dienstverhältnisses tätig zu sein.

Ich möchte gar nicht in Frage stellen, daß es eine kleinere Gruppe von Journalisten gibt, die lieber als freie Mitarbeiter und als freie Journalisten tätig sind. Aber der Großteil der freien MitarbeiterInnen hat sich nicht aus freien Stücken diese sogenannte Freiheit ausgesucht oder dafür entschieden. Vor allem junge Journalistinnen und Journalisten sehen diese Form der Beschäftigung als einzige Chance, um überhaupt im Beruf des Journalisten Fuß zu fassen.

Bisher hat es für die freien Journalisten keinen Kollektivvertrag, sondern nur eine sogenannte kollektivvertragliche Empfehlung gegeben. Was Empfehlungen in der realen Arbeitswelt bedeuten, ist, ganz kurz gesagt: kein regelmäßiges Einkommen, der täglich mögliche Arbeitsplatzverlust und keine Kündigungsfristen. Unter diesen Bedingungen vieler Tausender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war es für manchen Chefredakteur oder Herausgeber natürlich ein leichtes, sich durchzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich brauche in diesem Kreis nicht besonders zu betonen, daß die Gewerkschaften, insbesondere die Journalistengewerkschaft, diese heutige Novelle begrüßen und sie als eine erste wichtige Weichenstellung in Richtung von mehr sozialer und wirtschaftlicher Sicherheit für eine von ihr vertretene Berufsgruppe sehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch dieses Gesetz wird es auch das erste Mal möglich sein, für ständige freie Mitarbeiter von Medienunternehmen rechtsverbindliche Kollektivverträge oder Tarifverträge abzuschließen. Künftig werden Journalisten ein Nichteinhalten, einen Verstoß gegen einen Kollektivvertrag oder einen Tarifvertrag auch beim Arbeits- und Sozialgericht einklagen können.


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Ich darf Ihnen bei dieser Gelegenheit mitteilen, wie es mit der Rechtsschutztätigkeit der Arbeiterkammern und der 14 Gewerkschaften aussieht. Das ist nur die Spitze des Eisberges dessen, was wirklich vor Arbeits- und Sozialgerichten entschieden wird. Im Jahr 1998 wurden von den Gewerkschaften und Arbeiterkammern gemeinsam 1,9 Milliarden Schilling im Interesse der Kolleginnen und Kollegen, im Interesse der Mitglieder durchgesetzt.

Ich muß es wiederholen: Das ist eigentlich nur die Spitze des Eisberges. Denn sehr viele Kolleginnen und Kollegen fordern in ihrer Angst um den Arbeitsplatz gerechte Ansprüche – was das Urlaubsrecht, Überstunden und vieles andere an erarbeiteten Ansprüchen betrifft – nicht ein, weil sie eben täglich Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Wenn man sich die Äußerung des Kollegen Fasslabend von vor zwei oder drei Tagen oder die heutigen Äußerungen des Kollegen Mainoni vor Augen führt, dann können die Älteren sehen, was sie erwartet und auf sie zukommt, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren. (Bundesrat Mag. Gudenus: Die sind aber gut, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen aber auch mitteilen, daß es schon im Herbst die von mir angekündigten Kollektivvertragsverhandlungen geben wird, in denen neben Mindesthonoraren und Kündigungsfristen auch Urheber- und Verwertungsrechte für ständige Freie ausverhandelt werden. Aber in Zukunft wird es auch eine Aufgabe der zuständigen Gewerkschaft sein, für freie Mitarbeiter von Privatradios ebensolche rechtsverbindliche Regelungen durchzusetzen.

Frau Bundesministerin! Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich möchte mich recht herzlich dafür bedanken. Ich möchte mich auch dafür bedanken, daß dieser erste Schritt in die richtige Richtung gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei möglich geworden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.46

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch aus meiner Sicht betonen, daß mit dem Journalistengesetz ein Durchbruch insofern gelungen ist, als es erstmals möglich ist, daß auf Basis einer rechtlichen Grundlage und damit rechtlich abgesichert ein Kollektivvertrag für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zustande kommen kann. Es zeigt sich, daß sich das österreichische Arbeitsrecht den neuen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt anpaßt. Ich bin sehr froh, daß dieser erste Schritt gesetzt werden kann. Etwa 50 Prozent unserer professionell tätigen Journalistinnen und Journalisten sind freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher ist damit ein wichtiger Schritt gerade für diese Gruppe gemacht worden.

Es wurde von Ihnen darauf verwiesen, daß auch der sogenannte Pakt für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diskutiert und beschlossen wird. Ich bin froh, daß es aufgrund eines Initiativantrages im Nationalrat noch in dieser Legislaturperiode gelungen ist, dieses große Gesamtpaket für diese wichtige Gruppe in unserer Arbeitswelt zustande zu bringen.

Sie wissen, daß es uns bei fast allen Altersgruppen gelungen ist, die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen. Einzig die Altersgruppe der über 55jährigen ist diejenige, für die uns dies noch nicht gelungen ist. Ich bin daher sehr froh, daß wir – ergänzend zu den Impulsen, die aus der Wirtschaft hoffentlich noch stärker kommen werden, denen wir aber auch Nachdruck verleihen müssen – mit diesem Pakt gerade für die älteren Kolleginnen und Kollegen eine Besserstellung zustande bringen können.

Ich möchte aber, um der Wahrheit ein bißchen Genüge zu tun, darauf verweisen, daß der erste Vorschlag des ÖAAB zur Altersteilzeit in einer sehr undifferenzierten Form davon ausgegangen ist, daß für alle über 50jährigen eine Lohnsubventionierung vorgenommen werden sollte, ungeachtet dessen, ob damit ein positiver arbeitsmarktpolitischer Effekt verbunden gewesen wäre, und ungeachtet dessen, welche budgetären Auswirkungen damit verbunden wären. Ich bin sehr froh, daß wir uns jetzt auf zwei Modelle haben einigen können, die sicherlich sehr praxisgerecht


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sind. Es ist dies ein Modell, das stärker auf die Bedürfnisse größerer Unternehmen oder von Großunternehmen zugeschnitten ist, und das zweite Modell trägt den kleinen und mittleren Betrieben Rechnung, in dem keine Ersatzeinstellung verpflichtend vorgesehen ist.

Deshalb bin ich davon überzeugt, daß wir auch für diese wichtige Gruppe eine Weiterentwicklung zustande bringen, unabhängig von den anderen Maßnahmen, die ebenfalls in diesem Pakt vorgesehen sind, der zuerst eine gemeinsame Position der Sozialpartner, also unserer Interessenvertretungen, beinhaltet hat und letztlich von der Politik mitgetragen worden ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber auch auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates Mainoni kurz zu sprechen kommen und zum ersten folgendes festhalten: Die Lehrlingsoffensive der österreichischen Bundesregierung ist ein Erfolg, da können Sie sie bekritteln, soviel Sie wollen. Es ist ein Erfolg, wenn es gelingt, daß kein Jugendlicher und keine Jugendliche ohne Perspektive ist. Das ist ein Erfolg, den kein anderes Land in dieser Qualität erreicht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin daher auch sehr froh, daß wir in der Bundesregierung – nicht zuletzt sind dabei auch die Länder wichtige Partner – weiters das Auffangnetz für den Schulabgang von 1999 und damit auch von 2000 wieder sicherstellen konnten und daß klargestellt ist, daß dieses erfolgreiche Auffangnetz auch den Jugendlichen in den Bundesländern nun zur Verfügung steht – mit den nötigen Stellen für Lehrgänge, aber auch Lehrlingsstiftungen –, damit wir auch für das heurige Jahr erreichen können, daß wir jedem Jugendlichen und jeder Jugendlichen ein Angebot machen können und dies auch tun werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Da hier die Diskussion wieder auf "Euroteam" gebracht und gefragt wird, wie der Bundeskanzler darauf reagiert, darf ich Ihnen sagen, wie der Herr Bundeskanzler reagiert hat und wie auch ich reagiert habe. Wir beide haben den Rechnungshofpräsidenten gebeten, eine Sonderprüfung des Rechnungshofes vorzunehmen und diese unverzüglich einzuleiten.

Der Herr Bundeskanzler hat gleichermaßen wie ich volles Interesse daran, daß Klarheit darüber entsteht und daß dies nachgewiesen wird: Hat es Vorkommnisse gegeben, die nicht gesetzeskonform sind? Hat es Vorkommnisse gegeben, die mit Unkorrektheiten verbunden gewesen sind? Sind Abrechnungen vorgenommen worden, die rechtlich nicht tragbar sind? Sind Bestimmungen verletzt worden?

Das sind die Reaktionen, die man von der Politik her einzig richtig macht, und diese haben der Herr Bundeskanzler und ich gesetzt. (Bundesrat Dr. Bösch: Und warum darf darüber nicht berichtet werden, im ORF zum Beispiel, wenn dies korrekt recherchiert wird?) – Ich habe gesagt, wie wir reagiert haben, Herr Bundesrat! Es ist jetzt nicht das Gegenstand der Debatte, was Sie seit heute nachmittag diskutiert haben.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wozu ich aber nicht zur Verfügung stehe – weil ich Vertrauen zu unseren Gerichten habe, egal, welches Gericht es ist –, ist, eine Vorverurteilung zu machen und eine vorgefaßte Meinung in den Raum zu stellen. Ich vertraue darauf, daß die Gerichte und unser Rechnungshof Klarheit in alle offenen Fragen bringen werden und daß dementsprechend Maßnahmen zu setzen sein werden, sofern welche zu setzen sind, oder daß eine Rechtfertigung für bisher Getanes gegeben sein wird. Ich stehe nicht dafür zur Verfügung, vorzuverurteilen und undifferenziert Schuldzuweisungen vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Da hier das Nachtschwerarbeitsgesetz angesprochen wurde, möchte ich noch erwähnen, daß damit einerseits eine gewisse Verbesserung für die schwer betroffenen Kolleginnen und Kollegen möglich gemacht wurde, aber andererseits auch die besonders wichtige Maßnahme getroffen wurde, daß die Frist hinausgesetzt wird, innerhalb welcher die Beitragsleistung für die Unternehmungen an die Leistungen, die durch das Nachtschwerarbeitsgesetz, aufgrund der gesetzlichen Grundlagen, erbracht werden, angepaßt werden müßte.


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Wir haben uns dazu entschlossen und auch die Zustimmung im Nationalrat dafür bekommen, die Wirtschaft derzeit nicht mit Beitragserhöhungen zu befassen, um wirklich alle Möglichkeiten auszuschöpfen, daß wir durch eine funktionierende Wirtschaft Arbeitsplätze entsprechend weiterentwickeln können. Aber es müssen darüber im nächsten Jahr sicherlich Beratungen geführt werden, weil eine Unausgewogenheit zwischen dem, was aus dem Gesetz an Leistungen zu erbringen ist, und dem, was an Beiträgen erbracht wird, besteht.

Trotzdem bin ich sehr froh, daß damit in dem Sinne, keine Belastungen im Bereich der Lohnnebenkosten herbeizuführen, die Lösung gefunden werden konnte, die Ihnen heute vorgelegt worden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

20.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Mainoni und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Konsequenzen aus dem "Euroteam"-Skandal vor. Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung ... (Rufe bei den Freiheitlichen in Richtung ÖVP. – Bundesrat Schöls: Das ist bereits die aufgewärmte Suppe! Das brauchen wir nicht!) Wir haben zu dem Tagesordnungspunkt noch eine Abstimmung durchzuführen.

Wir kommen zur Abstimmung betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

39. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz) (2010/NR sowie 6058/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 39. Punkt der Tagesordnung. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, ist das für heute der letzte Tagesordnungspunkt, den wir erledigen werden. Wir werden die Sitzung morgen mit Punkt 40 fortsetzen.

Punkt 39 der Tagesordnung betrifft ein Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird, liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit – laut meinen Unterlagen – den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Wilfing. – Bitte.

20.57

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätztes Plenum! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder oder jede von uns kennt wahrscheinlich ein Ehepaar, das sich Kinder wünscht, von der Natur diese Gunst aber nicht erhalten hat. Wahrscheinlich kennt auch jeder von uns ein Ehepaar, das aus diesem Grund mit Hilfe der modernen Methoden der Reproduktionsmedizin versucht hat, über den Weg der künstlichen Befruchtung ein Kind zu bekommen.

Daher wissen wir alle – zum Teil seit vielen Jahren –, welche immens hohen Kosten mit der In-vitro-Fertilisation – wie sie im technischen Gebrauch heißt – verbunden sind. Wir wissen daher auch, daß es da eine soziale Ungerechtigkeit insofern gab, als sich gutsituierte, reichere Mitbürger diese Methode eher als Ärmere oder schwächer Verdienende leisten konnten.

Es war uns von der Österreichischen Volkspartei daher seit vielen Jahren ein Anliegen, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen und für alle Ehepaare den gleichen Zugang zu dieser Methode zu gewährleisten. Dafür gibt es viele internationale Vorbilder – ich nenne nur Deutschland, Frankreich oder andere europäische Staaten –, die dies schon lange auf Krankenschein ermöglichen.

Ich freue mich darüber, daß es zum Schluß dieser Legislaturperiode – auch aufgrund der guten Gesprächsbasis zwischen Familienminister Dr. Martin Bartenstein und Sozialministerin Eleonora Hostasch – gelungen ist, nun dieses In-vitro-Fertilisations-Fonds-Gesetz zu ermöglichen und damit zu gewährleisten, daß in Zukunft 70 Prozent der Kosten von bis zu vier Versuchen – das richtet sich nach den Kriterien des Obersten Sanitätsrates – rückvergütet werden und daß diese


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Kosten vom Familienlastenausgleichsfonds und von den Sozialversicherungsträgern, den Krankenversicherungsträgern gemeinsam aufgebracht werden.

Wir alle wissen, daß die Geburtenzahlen auch in Österreich drastisch und dramatisch zurückgehen und daß wir daher froh sein müssen, wenn sich Familien auch auf diesem Wege für ein Kind und damit für die Zukunft dieser Republik Österreich entscheiden. Wir schätzen, daß dafür zirka 100 Millionen Schilling erforderlich sein werden. Wenn man einen Vergleich zu den entsprechenden Zahlen in Deutschland zieht, muß man von zirka 4 400 Versuchen in Österreich ausgehen. Zirka 30 Prozent sind – wieder verglichen mit Deutschland – Gott sei Dank erfolgreich beziehungsweise leider "nur" erfolgreich, denn es wäre uns sicherlich angenehmer und lieber, wenn 100 Prozent zum Erfolg führen könnten, denn dann wären dies zirka 1 500 Geburten.

Wir sind sehr glücklich darüber, daß diese Einigung noch erreicht worden ist, und werden daher seitens der Österreichischen Volkspartei gegen dieses In-vitro-Fertilisations-Fonds-Gesetz keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

21.00

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

21.00

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kollege Wilfing hat schon darauf hingewiesen, daß das heute zu beschließende In-vitro-Fertilisations-Fonds-Gesetz in Zukunft wesentlich dazu beitragen wird, daß es nun möglich sein wird, vor allem Paaren, die bisher ungewollt kinderlos geblieben sind und sich eine künstliche Befruchtung nicht leisten konnten, einen großen Teil dieser Kosten abzugelten.

Trotzdem wird es keine In-vitro-Fertilisation auf Krankenschein geben, wie oft unwissend oder boshaft behauptet wird. Vielmehr ist dafür die Errichtung eines eigenen Fonds vorgesehen, der, wie Kollege Wilfing auch schon gesagt hat, zu gleichen Teilen aus dem Familienlastenausgleichsfonds und von den Krankenversicherungsträgern finanziert werden wird. Dieser Fonds wird aber nur 70 Prozent der Kosten übernehmen, und es kann daher ohne weiteres der Fall sein, daß es Familien oder Paare gibt, die sich auch die verbleibenden 30 Prozent an Eigenkosten nicht leisten können, weil sie ein sehr geringes Familieneinkommen haben. In solchen Fällen sind die Sozialfonds der Länder und Gemeinden aufgerufen, helfend einzuspringen.

In Anbetracht dessen möchte ich hier schon erwähnen, daß es wünschenswert wäre, daß es in diesem Zusammenhang unter den Ländern, aber auch unter den Gemeindevertreterverbänden zu einer regionalen Abstimmung kommt, damit insgesamt unterschiedliche Zuschüsse vermieden werden. Denn nichts wäre unangenehmer, als wenn es in den Gemeinden beziehungsweise in den Ländern zu unterschiedlichen Zuschüssen käme.

Wir alle wissen, daß die Behandlung für Frauen nicht angenehm ist und sogar mögliche gesundheitliche Spätfolgen nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Daher ist auch zu verstehen, daß auf Vorschlag des Obersten Sanitätsrates nur vier Versuche für jedes Paar, das bis dato kinderlos geblieben ist, finanziell rückerstattet oder finanziert werden. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird für den Fonds mit den Trägern von Krankenanstalten, welche unbedingt die erforderlichen Berechtigungen für die Durchführung der In-vitro-Fertilisationen haben müssen, die notwendigen Verträge abschließen. In den Verträgen sollen jedenfalls die Honorierung, der Leistungsumfang, die Dokumentierung, die Modalitäten der Rechnungslegung beziehungsweise die Formen der möglichen Vertragskündigung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie wesentliche und klare Maßnahmen zur Qualitätssicherung festgelegt werden. Das heißt, daß der Hauptverband nur mit jenen Anstalten Verträge abschließen darf, welche auch die geforderten hohen Qualitätskriterien jederzeit erfüllen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es uns mit der in dem heute zu beschließenden Gesetz getroffenen Regelung gelingt, zur Erfüllung des Kinderwunsches auch finanziell und sozial schwächerer Familien beizutragen, wird auch bei diesen Menschen der seelische und ge


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sellschaftliche Druck, der in Anbetracht des bisher unerfüllten Kinderwunsches entstanden ist, endlich wegfallen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaftliches Denken und Handeln sind auch im Gesundheitssystem angebracht. Dies darf aber in unserem Staate und in unserer Gemeinschaft nicht immer an vorderster Stelle stehen. Für die Weltgesundheitsorganisation der UNO ist der Kinderwunsch seit langem ein menschliches Grundrecht. – Wir Sozialdemokraten stimmen dieser Gesetzesnovelle sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

21.06

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer immer dieses Gesetz vorher nicht gelesen hat, weiß dank der Ausführungen des Herrn Kollegen Drochter, der uns dieses ziemlich genau zur Kenntnis gebracht hat, nunmehr Bescheid.

Ich muß sagen: Ich freue mich besonders über dieses Gesetz, und wir stimmen diesem auch ganz besonders gerne zu, geht es doch auf eine Initiative unserer Nationalratsabgeordneten Dr. Brigitte Povysil zurück, die sich dafür sehr stark gemacht hat. Einmal hat ein Freiheitlicher bei den Regierungsparteien Erfolg gehabt. Das finde ich ganz toll, und dafür möchte ich mich bei Ihnen auch bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist nämlich nicht ganz einfach, wenn Paare, bei denen es nicht, wie von der Natur vorgesehen, normal funktioniert, auf die künstliche Befruchtung zurückgreifen müssen. Wenn man weiters bedenkt, daß pro Versuch Kosten von zirka 30 000 S bis 40 000 S entstehen, dann wird klar, daß dies für die betroffenen Paare nicht nur eine psychische, sondern auch eine kostenmäßige Belastung darstellt.

Ein wenig bedauernd möchte ich anmerken, daß es im Zuge der Nationalratsdiskussionen von Vertretern anderer Parteien die Aussage gegeben hat: Man braucht das eigentlich nicht, man könnte Kinder auch adoptieren, es gibt ohnedies genug. – Das war meines Erachtens doch etwas befremdlich! Denn selbstverständlich besteht, wenn man Kinder haben möchte, zuerst einmal der natürliche Wunsch, selbst welche zu bekommen, aber Gott sei Dank gibt es auch Paare – was ich sehr positiv finde –, die bereit sind, wenn gar nichts geht, Kinder zu adoptieren.

Wir finden es schade – das sei die Kritik an diesem Gesetz, wie es jetzt vorliegt –, daß man sich nicht der Meinung der WHO anschließen konnte, die das als Krankheit definiert, und daß wir daher die Forderungen von Frau Dr. Povysil nicht ganz umsetzen konnten, daß die In-vitro-Fertilisation auf Krankenschein vorgenommen werden kann. Aber wir können auch damit leben, daß dieser Fonds eingerichtet wurde und die Paare einen Selbstbehalt von 30 Prozent zu leisten haben. In sozialen Härtefällen können Bund, Länder und Gemeinden einspringen, um zusätzliche Hilfe zu geben, und wir hoffen, daß sich diese dieser Hilfestellung dann auch nicht entziehen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

21.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

21.09

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich sage nur einige kurze Sätze dazu.

Wie Herr Bundesrat Drochter schon gesagt hat, wird nun der Hauptverband daran gehen, entsprechende Vertragsgrundlagen mit den zugelassenen Kliniken zu schaffen. Es handelt sich hiebei nicht nur um Krankenanstalten im Sinne von Spitälern, sondern um Krankenanstalten im Sinne des Krankenanstaltengesetzes, das heißt auch um Institute, die eine entsprechende


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Qualifikation nachweisen können. Mit diesen Einrichtungen werden Verträge abgeschlossen, damit kinderlose Paare die Möglichkeit haben, sich ab 1. 1. 2000 mittels eines Patientenvertrages auf Basis dieses Gesetzes den unerfüllten Kinderwunsch doch vielleicht erfüllen zu können. Die Vorgangsweise soll für diese Paare sehr unbürokratisch sein; sie sollen nicht in irgendeiner Form in das Verrechnungswesen zwischen dem Fonds und dem jeweiligen Leistungserbringer involviert werden.

Ich bin daher davon überzeugt, daß wir ein gutes Gesetz schaffen konnten. Wir mußten uns aber selbstverständlich auch nach der österreichischen Rechtslage richten. Der österreichische Oberste Gerichtshof hat erst vor kurzem festgestellt, daß Unfruchtbarkeit keine Krankheit im Sinne des Krankheitsbegriffes ist, und daher haben wir diese – wie ich meine – sinnvolle Lösung, einen Fonds zu gründen, gefunden.

Dieses Gesetz – erlauben Sie mir diese Bemerkung – hat daher, auch ohne künstliche Befruchtung, sehr viele Väter und Mütter. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Alle waren von dem Willen getragen, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen und eine für alle gute Lösung zu finden. Auch ich bin daher sehr froh, daß wir nun dieses neue Gesetz haben.

Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Ich darf mich bei der Präsidiale sehr herzlich dafür bedanken, daß es durch ihre Vorgabe ermöglicht wurde, alle Tagesordnungspunkte, die mein Ressort und mich betroffen haben, heute gemeinsam zu erledigen. Ich wünsche Ihnen für Ihre morgigen Beratungen noch alles Gute und bedanke mich herzlich für die Zusammenarbeit mit dem Bundesrat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.12

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesministerin! Auch ich darf mich von hier aus ganz herzlich dafür bedanken, daß Sie heute so lange bei uns waren. Es ist nicht sehr häufig der Fall, daß ein Minister so selbstverständlich für einen anderen auf der Regierungsbank Platz nimmt. Dafür ganz herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist das nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis morgen, Freitag, den 30. 7. 1999, um 9 Uhr. Wir werden morgen um 9 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 40 fortsetzen.

(Die Sitzung wird um 21.13 Uhr unterbrochen und am Freitag, dem 30. Juli 1999, um 9.01 Uhr wiederaufgenommen. )

Fortsetzung am 30. Juli 1999

Präsident Jürgen Weiss: Ich nehme die gestern unterbrochene Sitzung wieder auf und beginne mit einem Gruß an Herrn Kollegen Dr. Vincenz Liechtenstein, der heute Geburtstag feiert. (Allgemeiner Beifall.)


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40. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1969 und 2060/NR sowie 6059/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 40. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hans Ager übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Hans Ager: Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen!

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile es ihm.

9.02

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über das Bundesstraßengesetz. Bezüglich Bundesstraßengesetz – so können wir den Erläuternden Bemerkungen entnehmen – ist als Grundlage die GSD-Studie genannt, das ist die Studie betreffend "Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Berücksichtigung des Wirtschaftsstandortes Österreich".

Wir gestalten daher nach dem Bundesstraßengesetz einen Verkehrsträger neu. Es werden etwa 10,4 Milliarden Schilling an Kosten – so wurde geschätzt – auf uns zukommen, ohne daß es eine entsprechende Studie darüber gibt, wie die verkehrsmäßige, verkehrswirtschaftliche Vernetzung in Österreich stattfinden soll.

Wir wissen also nicht – das geht aus dieser Studie nicht hervor –, wie sich zum Beispiel die Rohrleitungen entwickeln, um etwa flüssige Güter zu transportieren, oder wie sich die Schiffahrt auf der Donau, wie sich der Schienenverkehr und wie sich der Luftverkehr entwickeln. Das ist wieder unser zentraler Ansatzpunkt, den wir abermals hier zur Sprache bringen wollen, was wir auch schon gestern getan haben.

Wir haben gestern im Zusammenhang mit der Novelle des Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetzes betreffend Schienenkontroll-Kommission zum Ausdruck gebracht, daß man das nur gesamthaft sehen kann und daß man von parteipolitischen Zuordnungen zu einzelnen Infrastrukturbereichen oder Unternehmen Abstand nehmen sollte.

Eine Zusammenführung der Verkehrsbereiche erscheint uns deshalb notwendig; ich möchte das wiederum sagen, weil man es nicht oft genug sagen kann. Wir können nur hoffen, daß das dann im Rahmen der neuen Regierungsbildung passieren wird.

Die GSD-Studie kennt drei Typen von Straßen, und zwar Typ 1, das höchstrangige Straßennetz, Typ 2, das hochrangige Straßennetz, und Typ 3, sonstige Bundesstraßen. Wie Sie wissen, ist


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diese Typisierung im Bundesstraßengesetz nicht vollzogen worden, obwohl die GSD-Studie als Grundlage genannt wurde. Dort gibt es die Bundesstraßen A – Bundesautobahnen –, die Bundesstraßen S – Bundesschnellstraßen – und die Bundesstraßen B – alle übrigen Bundesstraßen.

Das Ganze soll sich, wie die Berechnungen ergeben, auf einen Betrag von 10,4 Milliarden Schilling belaufen. Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Wo und wie werden die 10,4 Milliarden Schilling aufbringbar sein? (Ruf bei der ÖVP: Die sparen wir bei den ÖBB ein!) War eine der Grundlagen für die Aufbringung auch Ihre Notwendigkeit, das Road-pricing möglichst rasch in Österreich umzusetzen?

Im Bundesstraßengesetz gibt es noch einen sehr interessanten § 10, wonach Beiträge von Unternehmungen an die Bundesstraßenverwaltung zu entrichten sind, wenn eine Bundesstraße wegen der besonderen Art oder Häufigkeit der Benützung durch eine Unternehmung oder durch deren Kunden und Lieferanten in einer kostspieligeren Weise gebaut oder erhalten werden muß, als dies mit Rücksicht auf den allgemeinen Straßenverkehr notwendig wäre.

Da kann also die Bundesstraßenverwaltung Beträge festsetzen, die die Wirtschaftsfähigkeit von Unternehmungen beeinträchtigen könnten. So eine Gesetzesbestimmung kann man nicht einfach so hinschreiben, ohne die Konsequenzen für die österreichische Wirtschaft abzuschätzen. Ich frage Sie, Herr Bundesminister, natürlich in diesem Zusammenhang – wir kennen das schon im Rahmen der U-Bahn-Steuer von Wien –: Welche Konsequenzen schätzen Sie diesbezüglich ab, was bedeutet das für österreichische Unternehmen?

§ 25 des Bundesstraßengesetzes ist eine sehr interessante Bestimmung, und zwar fällt das Verbot von optischen Werbungen innerhalb von 100 Metern entlang der Autobahnen. Das ist eine interessante Bestimmung, weil es eine Chance ist, etwas für Wirtschaftsunternehmen in Österreich zu tun. Übrigens möchte ich bei dieser Gelegenheit anmerken, daß ohnehin schon optische Werbungen bei Autobahneinfahrten in Wien zu sehen sind, die sicherlich in einem deutlich geringeren Abstand als 100 Meter plaziert sind.

Ich persönlich halte es für gut, wenn man die österreichische Wirtschaft fördert, etwas für die österreichische Wirtschaft tut. Es beunruhigt mich nur, daß die Erläuterungen, Herr Bundesminister, de facto die Wiederholung des Gesetzestextes sind, also sozusagen, daß die Unternehmen, die etwas in diese Richtung tun wollen, im Grunde genommen keine Richtschnur haben beziehungsweise die Behörde keine Richtschnur hat.

Wir wollen dazu natürlich eine Objektivierung haben. Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister: Wie wird diese Objektivierung aussehen? Wird es dazu einen Runderlaß geben? Wie wird dieser Runderlaß ausschauen? Können wir vielleicht eine Kopie dieses Runderlasses erhalten?

Als Wiener Bundesrat bin ich natürlich an der Nordost-Umfahrung Wiens interessiert. Sie ist Bestandteil des Bundesstraßengesetzes geworden. Da wird es genauso eine Finanzierungsproblematik geben; darüber ist genauso offen zu diskutieren, wie man das machen soll, und zwar fair für alle machen soll.

Es gibt allerdings in Wien noch die Diskussion im Zusammenhang mit der 6. Donauquerung. Da bestehen Fragen betreffend Umweltschutz. Es stellt sich für uns natürlich hier in der Länderkammer die Frage: Wie sehen Sie die Problematik bezüglich der 6. Donauquerung? Welche Risken sehen Sie im Zusammenhang mit dem Umweltschutz?

Wir meinen daher zusammenfassend nochmals, daß man, wenn man ein großes Verkehrsgesetz macht, eine Bestandsanalyse der Branche durchführen muß, man sich wirklich anschauen muß, wie sich eine Branche gesamtheitlich verhält und wohin sie zielt. Du wirst mir dann recht geben, Dipl.-Ing. Missethon, denn du kommst aus diesem Bereich. Es wird also sehr interessant sein, zu erfahren, ob seitens der ÖVP dieser Novelle zugestimmt wird.

Uns beunruhigt natürlich, daß das in diesem Fall nicht erfolgt ist. 10,4 Milliarden Schilling, die auf die Republik Österreich zukommen, sind ja kein "Lapserl". Wir sehen das auch an solchen


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Artikeln, wie heute einer diesbezüglich in der "Presse" erschienen ist. (Der Redner hält den Wirtschaftsteil der Zeitung "Die Presse" in die Höhe.) Da steht zu lesen: Wifo: Die Tourismusdynamik läßt nach. – In der GSD-Studie wiederum ist die allgemeine Wirtschaftsentwicklung sehr vage enthalten.

Uns beunruhigt daher, daß diesbezüglich kein gesamthaftes Papier vorliegt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.09

Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile nunmehr Herrn Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner das Wort. – Bitte.

9.10

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Auf die an mich gestellten Fragen möchte ich gleich direkt antworten, weil ich damit vielleicht den nachfolgenden Rednern auch "support" für ihre Ausführungen geben kann.

Zum ersten betreffend Gesamtkonzept: Hoher Bundesrat! Wir hatten in den letzten Jahren die Situation, in der wir uns über die Straßenfinanzierung nicht den Kopf zu zerbrechen brauchten, weil es keine Projekte gab. Es wurden alle großen Projekte aus dem Bundesstraßengesetz entfernt. Herr Bundesrat d'Aron! Ist es nicht eine logischere, ökonomischere Vorgangsweise für die Autofahrer, die Straßennutzer, zuerst einmal die Infrastruktur als Vision, dann als Projekt zu entwickeln und dann die Finanzierung aufzustellen, weil die Beteiligten dann auch wissen, wofür sie zahlen (Beifall bei der ÖVP), als a priori zu sagen, jetzt erhöhen wir die Steuer, und dann werden wir schauen, ob wir eine Straße "zusammenbringen"?

Daher ist der Weg, der mit diesem Gesetz beschritten wird, folgender: Wir öffnen wieder große, längst vergessene, jetzt abgestaubte Straßenprojekte. Die Nordost-Umfahrung Wien ist eines dieser Beispiele. Wir haben einen anderen Weg. Jeder beziehungsweise jede, die mit Straßenbau zu tun hat, weiß, daß zwischen dem Projektentwurf Nordost-Umfahrung Wien und dem ersten Geldbetrag, den man in die Hand nimmt – außer Planungsarbeiten –, Jahre vergehen. Ich würde Sie bitten – so lange werden Sie in diesen Gremien sein –, daß Sie dann, wenn die Projekte finanzierungsreif werden, die entsprechenden Finanzierungsschritte mittragen. Aber jetzt zu argumentieren, weil es keine Finanzierung gibt, brauchen wir diese Straßen nicht, ist nicht meine Ansicht; meine Auffassung davon ist eine andere. Erster Punkt.

Kommen wir gleich zur 6. Donauquerung. Es gibt noch nicht einmal die Rohplanung. Wir vom Wirtschaftsministerium machen Druck, weil wir glauben, daß der Großraum Wien verkehrsmäßig anders bewältigt werden muß. Bis zur Finanzierung haben wir noch Jahre Zeit, aber ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Und bei der 4. Donauquerung?)  – Jetzt reden wir von der 6. Donauquerung, diesbezüglich wird in Wien gerade studiert, was man eigentlich will. Ich habe in die Diskussion den Vorschlag eingebracht, ob man nicht eine Tunnelversion anbringen sollte, wie sie in anderen Städten der Welt durchaus üblich ist; aber Projekte werden wir auf diese Weise genug haben.

Noch zwei Bemerkungen. Zu der Bestimmung, gemäß der nach Art und Häufigkeit des Verkehrs auch Anrainer zur Mitzahlung eingeladen werden können, möchte ich folgendes sagen: Ich darf Sie darauf hinweisen, daß mir Unternehmen, die eine eigene Abfahrt haben und das auch bezahlen wollen, die Türe einrennen. Ich würde Sie also bitten, als Interessenvertreter jener aufzutreten, die wie die Gollinger Zementwerke oder andere Unternehmen im Grazer Raum sagen, wir brauchen eine nahe Abfahrt, aber wir brauchen sie vor allem für uns. – Darauf sagen wir natürlich: Wenn ihr eine solche Abfahrt wollt, dann zahlt sie auch. Da ist kein alleiniges allgemeines Interesse gegeben. – Und die Unternehmen sind auch bereit, dafür zu zahlen. In diesem Sinne ist diese Bestimmung des Gesetzes eher eine Serviceleistung für ganz spezifische Wirtschaftsinteressen, die eine nur sie betreffende Funktion von der Straße erwarten.

Zur Werbung an der Straße: Wir führten jüngst Verhandlungen mit den Baufirmen darüber, ob man aufgrund der diversen Riesenprojekte nicht auch mehr Werbung machen könnte. Bis jetzt hält sich das Interesse außerordentlich in Grenzen, da Gott sei Dank die Autofahrer beim Auto


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fahren perzeptiv weniger auf die Werbung als vielmehr auf die Straße schauen. Ich bin kein großer Fan des Vorschlages: Pflastern wir alles mit Werbeplakaten zu! Auf der Straße soll auf die Sicherheit geschaut werden und sonst auf nichts, wenn Sie mir gestatten, das zu sagen. – Danke, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

9.13

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Johann Payer. Ich erteile ihm das Wort.

9.13

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die gestrigen Redebeiträge des Kollegen d'Aron, aber auch seine heutigen Fragen, die er an den Minister gestellt hat, regen mich dazu an, etwas Grundsätzliches voranzustellen: Kritik zu üben, ist das Recht der Opposition, Kritik zu üben, ist – das ist meine ehrliche Meinung – in einem demokratischen Staatswesen sogar Verpflichtung. Wenn sich Kritik aber nur darauf beschränkt, populistische Dinge in den Vordergrund zu rücken, dann läuft man Gefahr, daß man bei berechtigter Kritik ebenfalls unglaubwürdig wirkt. (Bundesrat Ing. Scheuch: Das würde Ihnen so passen!)

Gerade im Bereich des Straßenbaus fallen – nicht nur von Ihrer Seite, sondern sehr allgemein von den verschiedensten Medien – fast jährlich zur Sommerzeit Schlagworte wie "Baustellenchaos". Die Staumeldungen werden in den Medien oft übertrieben. Ich bitte Sie, mich nicht mißzuverstehen, ich trete hier keinesfalls als Verteidiger des Herrn Bundesministers auf. Auch ich übe oft an ihm Kritik (Bundesrat Ing. Scheuch: Wann denn, wo denn?), vor allem betreffend LKW-Road-pricing, das er immer wieder aufschiebt beziehungsweise seine Partei verzögert oder bei dem er sich auf die EU ausredet. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Bösch. ) Das ist sicherlich dieser Populismus, den Sie immer ans Tageslicht bringen.

Bezüglich der Baustellen – darum ersuche ich Sie – sollten wir mehr Fairneß walten lassen. Man muß beachten, daß Asphaltierungsarbeiten in Österreich nur in den Sommermonaten möglich sind. Man sollte da die verschiedenen Kompetenzlagen – Herr Kollege d'Aron hat die neue Einteilung der Straßen aufgezählt – beachten: einerseits die Autobahnen, Schnellstraßen und Bundesstraßen und andererseits die Landes- und Gemeindestraßen sowie natürlich auch die Güterwege.

Aus Erfahrung wissen wir – die meisten von uns sind auch auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene tätig –, daß gerade auf Landesstraßen sehr oft nach dem Gießkannenprinzip Baustellen errichtet werden. Bürgermeister erreichen bei ihren Vorsprachen bei den Straßenbaureferenten in den Landesregierungen, daß Baustellen begonnen werden – oft sind das nur Baustelleneinrichtungen –, weil sie einem gewissen Druck der Bevölkerung unterliegen. Ich verstehe diesen Druck, dem Gemeindemandatare ausgesetzt sind. Ich verstehe auch den Druck, der auf den Landesregierungsmitgliedern lastet. Ich glaube, gerade in diesem Bereich ist ein Umdenken eine Notwendigkeit.

Ich bitte aber auch zu beachten – bei aller Kritik –, daß menschliche Arbeitskraft im Straßenbau nicht unbegrenzt einsetzbar ist. Arbeit, meine Damen und Herren, darf nicht krankmachen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind die meisten Kreuzschäden und Bandscheibenvorfälle bei Bauarbeitern zu verzeichnen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Was hat das mit dem Bundesstraßengesetz zu tun?) Wenn man immer wieder hört, daß eine Ausweitung der Arbeitszeit in den verschiedensten Bereichen gefordert wird, ist das natürlich abzulehnen.

Positiv finde ich an der momentanen Entwicklung, daß technische Hilfsmittel, wie zum Beispiel der Fly-over an der Südosttangente, angewendet werden. Positiv finde ich auch das, was der Herr Bundesminister im Nationalrat gesagt hat, daß er nämlich versuchen wird, die Baustellen besser zu koordinieren. Ich hoffe auf Besserungen im nächsten Jahr.

Nun aber ganz konkret, da Sie das verlangt haben, zum Bundesstraßengesetz. Aufgrund – das haben Sie auch erwähnt, Herr Kollege d'Aron – der Ergebnisse der GSD-Studie – das ist die "Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer


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Berücksichtigung des Wirtschaftsstandortes Österreich" – sind im Hinblick auf die Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten Anpassungen notwendig.

Auch die geänderte UVP-Richtlinie erfordert eine Klarstellung im Gesetzestext. Ich lese aus dieser vorliegenden Novelle ein wirtschaftliches und ein politisches Signal in Richtung unserer Nachbarstaaten heraus.

Zum wirtschaftlichen Signal: So wird die Verbindungsstrecke zwischen Österreich und der Tschechischen Republik deutlich verbessert. Ich glaube, daß der Wirtschaftsstandort Wien davon profitieren wird. Investitionen – Sie haben die Höhe genannt – in beträchtlicher Höhe werden die österreichische Wirtschaft beleben.

Zum politischen Signal: Wir alle kennen die Bestrebungen der EU-Osterweiterung. Daß gerade mein Bundesland, das Burgenland, einer zu raschen und zu hastig vorgenommenen Erweiterung sehr kritisch und zum Teil auch sehr ablehnend gegenübersteht, ist bekannt. (Bundesrat Dr. d′Aron: Sie setzen sich aber nicht durch!)

Trotzdem ist es sinnvoll, daß sich Österreich auch verkehrsmäßig auf diese Osterweiterung, die auf keinen Fall überhastet kommen soll, vorbereitet; und das geschieht durch diese Novelle.

Positiv sehe ich auch die Lockerung des Werbeverbots sowie die Tatsache, daß die behördliche Genehmigung zum Ausbau der Straßen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Verfahren durchgeführt werden soll. Dadurch kommt es zu einem Bürokratieabbau, der von allen Seiten immer wieder gefordert wird. Dieser Bürokratieabbau ist sicherlich zeit- und kostensparend.

Zusammenfassend meine ich daher, daß diese Novelle ein wichtiger und richtiger Schritt in die Zukunft ist, und daher wird meine Fraktion keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ.)

9.21

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Karl Wilfing das Wort. – Bitte.

9.21

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Plenum! Geschätzte Damen und Herren! Zunächst ein Beitrag zur Leidensgeschichte: Es ist mir heute leider wieder einmal so ergangen wie schon öfters, und so ergeht es vielen Tausenden Pendlern aus dem Weinviertel nach Wien oft: Aufgrund eines LKW-Unfalls bei Gerasdorf kam es zu einer Umleitung und daher wieder einmal zu einem langen Stau. Im Zusammenhang damit kommt es – wie schon sehr oft in verschiedenen wirtschaftspolitischen Berechnungen nachgewiesen wurde – natürlich auch zu einem großen Verlust für die Wirtschaft, weil eben Stauzeiten Stehzeiten und Leerzeiten sind und dadurch natürlich auch Kosten verursacht werden.

Nun zur Materie: Auch wenn ich Bundesrat Payer völlig recht gebe, daß der EU-Erweiterung behutsam und nach vielen Kriterien stattgegeben werden muß, so möchte ich doch ganz bewußt sagen, daß für mich der Dezember 1997 gerade im Hinblick auf den Straßenausbau im Osten Österreichs ein wichtiger Zeitpunkt war, weil damals die Europäische Union beschlossen hat, daß sie mit sechs Beitrittswerbern konkrete Verhandlungen beginnt und diese in einer gewissen absehbaren Zeit zu Ende bringen wird. Als Anrainer an der B 7 – genauer gesagt: in der Mitte der Strecke zwischen Wien und Brünn – war mir klar, daß das bedeuten wird, daß man für diese Bundesstraße, die heute nur von Drasenhofen bis Wien durch acht Orte führt und heute schon diese Orte in zwei Hälften teilt, zeitgerecht eine Projektplanung braucht, damit man, wenn die EU-Erweiterung Platz greift – ob das nun 2010 oder später sein wird –, darauf vorbereitet ist, den straßenverkehrstechnischen Anforderungen, die dann zu erwarten sein werden, gerecht zu werden.

Wir haben aus diesem Grund in der Region schon im Jahr 1998 begonnen, die Frage des Straßenausbaus im Weinviertel sehr intensiv zu diskutieren. Wir haben in der Europaregion


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Weinviertel diese Diskussion ganz bewußt überparteilich zu führen begonnen, und zwar im Rahmen eines Vereins, der sich aus allen Mandataren des Weinviertels zusammensetzt. Wir reden ganz gezielt mit der Bevölkerung und den Gemeinderäten darüber, wie wir uns den Straßenausbau im Weinviertel im Hinblick auf die kommenden Herausforderungen vorstellen. Es ist jetzt nicht nur eine Höflichkeitsfloskel, wenn ich Ihnen, Herr Bundesminister Farnleitner, ein herzliches Dankeschön sage, daß Sie uns bei dieser Diskussion so intensiv unterstützt haben!

Ich kann mich erinnern: Wir von der Europaregion Weinviertel, Landesrat Hannes Bauer von der SPÖ, Abgeordneter Robert Wenitsch von der FPÖ und ich, haben damals zu einer großen Diskussion eingeladen. Es waren damals über 800 Besucher in Erdberg direkt an der B 7, und dabei ist ganz klar herausgekommen, was auch vorher schon vielerorts sehr kritisch betrachtet worden war, daß die Bevölkerung nämlich eine Autobahn, die A 5 Nord Autobahn, wünscht und nicht nur Umfahrungen der Orte.

Jetzt nur ein ganz ein kleiner Side Step, der sogar unfair ist, weil zu dem Zeitpunkt, als sich das zugetragen hat, kein Mensch wußte, daß die Ostöffnung kommen wird, und daher damals kein Mensch den Bedarf nach einer Nord Autobahn hatte: Im Hinblick auf die kritischen Worte des Kollegen d'Aron möchte ich festhalten, daß es interessanterweise gerade die Sinowatz-Steger-Regierung war, die 1984 unter Bautenminister Sekanina diese Nord Autobahn, die bis dahin im Bundesstraßengesetz stand, gestrichen hat. Noch einmal: Damals war das verständlich, weil es zu diesem Zeitpunkt bis auf die rund 1 000 PKW, die von Drasenhofen nach Wien gefahren sind, kaum ein echtes Verkehrsaufkommen gab. Nun ist aber klar: Egal ob die Erweiterung rasch kommt oder ob es bis dahin noch lange dauert, die Ostöffnung haben wir jetzt schon. (Bundesrat Konecny: Sie darf nicht schneller kommen, als wir Straßen bauen können!) Das ist auch richtig! Das ist jetzt zwar lustig gemeint, aber das hat auch Sinn! Denn Faktum ist, daß sich allein der Straßenverkehr auf dieser Route jetzt schon mehr als verdreißigfacht hat und daß – was für uns vor allem dramatisch ist – zurzeit zwar der PKW-Verkehr stagniert beziehungsweise nicht stark zunimmt, sich jedoch der LKW- und Busverkehr in den letzten drei Jahren sogar mehr als vervierfacht hat, und bekanntlich sind es gerade diese LKWs, die zu noch größeren Belastungen führen.

Es gibt jetzt eine Studie mit dem Titel "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum". Dazu kann man natürlich kritisch anmerken, daß darin nichts über Mountain-Bikes, über die Schiene oder über den Verkehr auf dem Wasser steht. Das ist eben eine Studie zur Straßensituation, und darin werden zeitgerecht genau jene Planungen angeführt, die wir nun angehen müssen.

Ich selbst war dabei, als der Pröll-Farnleitner-Plan für Niederösterreich vereinbart wurde, und zwar an einem hoffentlich nicht symbolträchtigen Datum, denn da könnte man sich verschaukelt fühlen; zunächst war der Termin für Jänner anberaumt, aber dann ist es Faschingsdienstag geworden. Ich kann mich noch gut daran erinnern: Es wurde fixiert, daß bis 2010 die Nord Autobahn A 5 in Drasenhofen steht. Damit ist ausreichend Zeit gegeben, um einerseits den Nutzungsvertrag mit der ASFINAG abzuschließen, die Trassenverordnung zu erlassen, die Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen und den Bau voranzutreiben. Außerdem müssen wir uns natürlich Gedanken über die Finanzierung machen.

Im Hinblick darauf gibt es ebenfalls von der Europaregion Weinviertel schon Kontakte zum Prager Verkehrsministerium. Es wurde in diesem Fall von Farnleitner-Pröll mit den Tschechen ausverhandelt und vereinbart, daß die Tschechen 2010 in Drasenhofen den Lückenschluß vornehmen.

Weiters geht es jetzt um den Ausbau der Weinviertler Schnellstraße bis Kleinhaugsdorf und der B 8, wobei wir jetzt den genauen Trassenverlauf noch gar nicht kennen, weil diesbezüglich noch der Streit zwischen den einzelnen Bürgermeistern stattfindet. Weitere Projekte sind die Kittsee-Spange, der vierspurige Ausbau der West Autobahn, die Traismauerbrücke und die Nordostumfahrung sowie Südumfahrung Wien.


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Es sind dies Phasen, die wir brauchen, weil – das sage ich vor allem immer wieder auch den kritischen Grünen dieser Gemeinderegion – kein Mensch daran denkt, eine West Autobahn, eine Süd Autobahn oder eine Ost Autobahn zurückzubauen, und wir diese Nord Autobahn eben brauchen. Ich bin mir sicher, daß, wenn Österreich nicht am Eisernen Vorhang gelegen wäre, diese Nord Autobahn schon längst gebaut und der Autoverkehr aufgenommen worden wäre.

Ich bin wirklich sehr dankbar, daß diese Diskussion innerhalb eines halben Jahres zu diesem Bundesstraßengesetz geführt hat, und wir werden mit vereinten Kräften daran arbeiten, daß dieses Bundesstraßengesetz auch realisiert werden kann!

Es gab bei uns eine Umfrage der "Niederösterreichischen Nachrichten", und zwar: Wünschen Sie eine Nord Autobahn, ja oder nein? – Diese Umfrage ergab – das möchte ich auch einmal hervorheben –, daß bei der betroffenen Bevölkerung der Region eine Mehrheit von 92 Prozent zu 8 Prozent dafür besteht. Das ist auch klar. Denn es gibt gerade im Grenzland sehr wenige Arbeitsplätze, und daher müssen fast 90 Prozent der Bewohner in den Wiener Zentralraum auspendeln. Diese wünschen sich aus eigenem Interesse eine Autobahn. Und ich brauche gar nicht mehr darüber zu reden, daß die Brünner Straße schon in der Habsburgerzeit im 17. Jahrhundert erbaut worden ist und für damalige Begriffe wohl eine Autobahn war. Daher ist es nur zeitgemäß, daß man diese Straße in der heutigen Zeit wieder verkehrstauglich macht, indem man die Strecke Wien – Brünn ausbaut und so eine Verbindung bis Prag und weiter nach Warschau beziehungsweise auch bis in den polnischen Wirtschaftszentralraum Kattowitz und Krakau schafft.

Ich bin, wie gesagt, sehr glücklich, daß wir diese Diskussion so rasch zur Gesetzwerdung gebracht haben. Ich habe jetzt nur die Bitte an Sie, Herr Bundesminister: Unterstützen Sie uns wie bisher aktiv weiter, und sorgen Sie sehr rasch für den Nutzungsvertrag mit der ASFINAG und für die Trassenverordnung! Ich darf Ihnen sagen: Ich war heute, bevor ich hierher gefahren bin, noch kurz auf dem Gemeindeamt und habe erfahren, daß es – was mich besonders freut – bereits heute nachmittag erste Grundstücksverhandlungen geben wird, damit die A 5 so rasch als möglich realisiert werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.30

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon das Wort. – Bitte.

9.30

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Dr. d'Aron hat mich direkt angesprochen, und ich gebe ihm eine direkte Antwort: Es ist für mich ein wenig skurril, wenn sich ein Eisenbahner über die Finanzierung des Straßenbaus ergötzt. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. ) Wenn wir uns die gestrigen Ausführungen des Kollegen Ledolter ein wenig ins Gedächtnis rufen, dann können wir feststellen, daß wir im Bereich des Personenverkehrs der Bundesbahnen um 2,4 Prozent weniger befördert haben. Wir buttern aber nach wie vor 36 Milliarden Schilling in die ÖBB. Ich glaube, diese Zahlen und Fakten zeigen zum einen, daß es die ÖBB, und zwar das Management plus dem Mittelmanagement – und dem gehören Sie auch an, Herr Dr. d'Aron! –, offensichtlich nicht schaffen, ein Angebot für den Markt zu plazieren. Außerdem meine ich, daß wir eine Diskussion darüber führen sollten, ob dieser Milliardenbetrag für die ÖBB überhaupt noch gerechtfertigt ist oder ob es nicht zu entsprechenden Umschichtungen im Budget kommen sollte. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. )

Aber nun zum steirischen Aspekt dieses Gesetzes: Es geht um die Aufnahme der Ennstal Bundesstraße in dieses höchstrangige Straßennetz. Ich möchte jetzt gar nicht die langjährige Geschichte des Straßenbaus im Ennstal noch einmal wiederholen, weil ich glaube, daß wir diese kennen. Im heurigen Sommer zeigt sich allerdings klar – das ist auch der gestrigen "Kleinen Zeitung" zu entnehmen –, daß durch den Wegfall des Tauerntunnels der LKW-Transit durch das Ennstal um 11 Prozent zugenommen hat.

Täglich fahren 2 600 LKWs durch das Ennstal. Die Situation im Ennstal ist daher schlicht und einfach für die Bevölkerung unerträglich. Deshalb bin ich sehr froh, daß diese Straße jetzt in das


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höchstrangige Netz mitaufgenommen wird, weil das meines Erachtens von ganz besonderer Bedeutung für eine entsprechende Entlastung der Menschen in den Orten ist. Ich habe den Eindruck – im Gegensatz zur Auffassung der Vertreter der Bürgerinitiativen –, daß sich der Verkehr immer den schnellsten Weg sucht, ganz egal wie die Straße ausschaut. Für mich gehört zur Umwelt – jetzt spreche ich ganz konkret die Bürgerinitiativen im Ennstal an – auch der Mensch, und die Situation ist, wie gesagt, unerträglich.

Zum zweiten glaube ich, daß dieser Verkehrskorridor durch das Ennstal auch von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaft der Tourismusregion Dachstein-Tauern ist, ich denke etwa an die großen Tourismus-Events wie die nordische Schi-WM oder den Schi-Weltcup. Ich glaube, daß für diesen Bereich vernünftige Straßenanbindungen notwendig sind. Schlußendlich ist es aber für den gesamten steirischen Wirtschaftsstandort von ganz wesentlicher Bedeutung – ob es sich nun um den Großraum Graz oder die Mur-Mürz-Furche handelt –, daß ein vernünftiger Korridor durch das Ennstal gefunden wird. Ich meine, daß speziell durch den Automobilcluster in den Süddeutschen Raum eine entsprechende Verbindung für den steirischen Wirtschaftsstandort notwendig ist. Ich kann daher die Aufnahme ins Gesetz nur noch einmal in aller Klarheit und in aller Form begrüßen!

Lassen Sie mich aber zum Schluß noch ein Wort sagen: Ich weiß nicht, wie viele Abgeordnete das Schreiben von der überparteilichen Plattform "Stoppt Transitschneise Ennstal" bekommen haben. Hat das jeder bekommen oder nur die Steirer? (Bundesrat Konecny: Ich glaube, das ist Ihr Privileg!) – Ich habe durchaus Verständnis, daß es in einer offenen Gesellschaft zu unterschiedlichen Meinungsäußerungen kommen kann und soll. Ich glaube, das zeichnet speziell die Demokratie in Österreich aus. In diesem Schreiben wollte die Sprecherin dieser Bürgerinitiative, Frau Mitteregger, eine Antwort der Abgeordneten auf die Frage, wie sie letztlich abgestimmt haben. Ich habe kein Problem, meine Antwort darauf zu geben. Ich zitiere nur einen besonderen Teil dieses Schreibens.

Frau Mitteregger schreibt: "Wir rechnen insbesondere mit dem Rücklauf der Karten, die gegen die Ausweisung der B 146 im TEN abgegeben wurden, die nicht einlaufenden Karten werden wir als Stimmabgabe für eine Ausweisung der B 146 werten müssen." – Ich meine, es ist eine etwas sonderbare Auslegung von sogenannten basisdemokratischen Gruppen, Meinungen von Parlamentariern so zurechtzubiegen, wie es ihnen paßt. Das ist abzulehnen! Dem Gesetz stimmen wir aber natürlich zu. (Beifall bei der ÖVP.)

9.35

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

41. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz


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1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999) (2056/NR sowie 6014 und 6060/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 41. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999).

Die Berichterstattung hat wiederum Herr Bundesrat Hans Ager übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Hans Ager: Geschätzter Herr Präsident! Werte Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999).

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Ich danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Bundesrat Dr. André d'Aron das Wort. – Bitte.

9.37

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Noch einmal: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister für Justiz, der Sie bei dieser geteilten Kompetenz ebenso anwesend sind! Genauso wie das Bundesstraßengesetz zu beurteilen ist, daß nämlich die wirtschaftlichen Hintergründe aufzuzeigen sind, sind natürlich auch die Gesetzesänderungen im Rahmen der Wohnrechtsnovelle 1999 zu sehen und die entsprechenden Aspekte aufzuzeigen. Herr Dipl.-Ing. Missethon ist allerdings leider nicht anwesend, daher möchte ich jetzt nicht auf seine wirtschaftlichen Ausführungen von vorhin eingehen. (Bundesrat Ledolter: Wir sagen es ihm!)

Gut! Ausgezeichnet! Dann werde ich doch darauf eingehen. Es sind natürlich auch hier bei der Wohnrechtsnovelle ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Schon vorbei! Es ist natürlich auch bei dieser Wohnrechtsnovelle zu berücksichtigen, daß wirtschaftliche Gesamtzusammenhänge zu beurteilen sind. Man muß Branchen zusammenführen, denn man kann diese nicht trennen. Im Wirtschaftsbereich gab es die Diskussion, daß die Schiene völlig getrennt von der Straße oder von anderen Verkehrsbereichen zu betrachten ist. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang eine gesamthafte Sicht dieses Bereichs vonnöten. Ebenso handelt es sich bei der Wohnungsbranche um einen gesamthaften Bereich. Da gibt es nicht nur die Gemeinnützigen, die Bereiche, die vom Wohnungseigentumsgesetz betroffen sind, die Privaten, die irgendwo tätig werden, und außerdem noch die Hausbesorger, die sukzessive abstürzen. Vielmehr muß auch der Wohnbereich gesamthaft gesehen werden, und es müssen gesamthafte solide Lösungen getroffen werden. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) Das müßtest auch du wissen, lieber Bundesrat Harald Himmer, denn du hast ein entsprechendes Studium gemacht und weißt also, wie die gesamthaften Zusammenhänge zu beurteilen sind! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jeder vierte Österreicher und etwa rund 400 000 Familien leben in Österreich in einer von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichteten oder verwalteten Wohnung. (Zwischenruf des Bun


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desrates Dr. Maier.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Bilanzsumme der Gemeinnützigen – das betrifft den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten – beläuft sich derzeit auf insgesamt rund 311 Milliarden österreichische Schilling. Ich nehme an, auch diesbezüglich wird der Raiffeisenbereich in irgendeiner Weise verflochten sein. (Bundesrat Dr. Maier: Das ist schon wieder falsch!) Und das bei einem jährlichen Bauvolumen – hören Sie zu, Herr Bundesrat! – von 36 Milliarden österreichischen Schilling!

Jährlich fließen zirka 24,5 Milliarden Schilling aus dem Bundesbudget. Dieser Betrag wird noch durch Förderungsmittel der Bundesländer sowie durch Darlehensrückflüsse aufgestockt, sodaß in Summe ein durchschnittliches Fördervolumen für den Wohnbau in der Höhe von 34 Milliarden österreichischen Schilling zur Verfügung steht. – Bei derartigen Beträgen ergeben sich natürlich zwangsläufig zwei Fragen.

Die erste Frage lautet: Wie wird dieses Geld kontrolliert? (Bundesrat Dr. Maier: Und die zweite Frage?) – Hören Sie einmal zu! Sie kennen die zweite Frage noch nicht!

Die zweite Frage, die sich ergibt, betrifft vor allem die ÖVP und die SPÖ, nämlich die Frage der politischen Verflechtungen der Versicherungen und Banken mit den gemeinnützigen Bauvereinigungen beziehungsweise die Fragen nach deren Entflechtung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Hören Sie zu, Herr Kollege Ferdinand Maier! Wenn ich von Banken rede, betrifft das auch Sie! Ich denke jetzt an die schwarzen Wohnbaugenossenschaften. Die Freiheitlichen fordern daher  und werden von dieser Forderung nicht abweichen, daß es zu einer Entflechtung der Wohnbaugenossenschaften von den Versicherungen und Banken kommt! (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich frage mich in diesem Zusammenhang, und ich frage auch Sie, Herr Bundesminister: Warum haben wir nach wie vor keine Gesetzesnovelle, die vorsieht, daß Vertreter ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) Hören Sie zu, Herr Kollege Ferdinand Maier, hören Sie zu, das betrifft auch Sie unmittelbar! Warum ist es nach wie vor zu keiner Entflechtung von Vertretern von Banken und Versicherungen in Aufsichtsorganen von Wohnbaugenossenschaften gekommen? Wieso ist sozusagen keine gesetzliche Entflechtung vorgesehen? – Denn das Geld, das wir zur Verfügung stellen – ich habe von 34 Milliarden Schilling gesprochen –, soll nicht politisch verpuffen, sondern soll effizient im Sinne der Wirtschaft, der Wohnungssuchenden und jener Familien eingesetzt werden, die sich halt nichts Teures leisten können! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )

Wir wissen aber, daß es sich nicht so verhält! Denn wie erklärt sich sonst, daß so viele Wohnungen der Gemeinnützigen in Wien tatsächlich frei stehen? – Ganz einfach! Sie können mit dem Geld nicht umgehen, weil sie politische Auflagen zu erfüllen haben! Sie müssen eben hohe Prämien zahlen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie müssen eben hohe Versicherungen zahlen!

Die Gemeinde Wien steht vor der Problematik, daß sie ihre eigenen Wohnungen nicht mehr anbringt, und diskutiert dann auch eine entsprechende Freigabe der Gemeindewohnungen für Nichtösterreicher. Das ist ganz klar, weil mit dem Geld nicht gewirtschaftet werden kann!

Die Freiheitliche Partei sieht das ganz klar. Wir sind der Anwalt der Wohnungssuchenden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir sind der Anwalt des effizienten Einsatzes der Mittel! Sie sind das hingegen nicht! (Bundesrätin Schicker: Ihre Aussagen sind wirklich ein Scherz!) So ist das! Nehmen Sie das zur Kenntnis! Denn Sie stimmen unseren Anträgen auf politische Entflechtung nicht zu! Oder werden Sie das tun, Frau Kollegin Schicker? – Wir werden es dann sehen, ob Sie es tun! Wir werden nämlich einen diesbezüglichen Entschließungsantrag einbringen. Und dann werden wir sehen, wie Sie sich verhalten! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Wir Freiheitlichen wollen, daß die Darlehenskonditionen auf ein marktkonformes Niveau gesenkt werden, und zwar auf zwischen 3,5 bis 5 Prozent. Wir wollen, daß sie nicht bei rund 10 Prozent liegen! Wir wollen, daß der Erhaltungsbeitrag gesenkt wird. Wir wollen, daß Eigentum an geför


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derten Wohnungen unabhängig vom Errichtungszeitpunkt begründet werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde es arg, daß Sie sich dagegen stellen! (Bundesrat Schaufler: Stimmt! Was Sie sagen, ist arg!) Wir Freiheitlichen wollen eine Weitergabe des 3prozentigen Skontos bei Bauvergaben an die Mieter! Ich frage mich: Wo sind die 3 Prozent in der Vergangenheit geblieben? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) – Herr Kollege Ferdinand Maier! Vielleicht könnten Sie durch Aufsichtsorgane der Banken einmal nachforschen lassen, wo diese 3 Prozent geblieben sind, denn bei 34 Milliarden Bauvolumen sind das leckere Beträge! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den anderen Gesetzentwürfen, die hier zur Diskussion stehen, möchte ich noch folgendes festhalten: Ich denke nicht, daß im Zusammenhang mit der Maklerprovision Schnellschüsse besonders intelligent sind. Vielmehr muß man immer von den wirtschaftlichen Strukturen ausgehen. Man muß Aufwendungen, die eine Branche hat, den Erlösen gegenüberstellen. Das muß man sich anschauen! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Zuhören! Das heißt, man kann nicht von vornherein eine gesamte Branche verdammen! Wir meinen daher, daß eine gesetzliche Fixierung der Provisionen entsprechender Gutachten und internationaler Vergleiche mit richtigen Zuordnungen bedarf. Wir weisen hier in diesem Gremium die Verdammung der gesamten Maklerbranche zurück! (Bundesrat Mag. Himmer: Was heißt das jetzt?)

Wir bringen daher folgenden Entschließungsantrag ein, und wir sind sehr gespannt, ob seitens der SPÖ, Frau Kollegin Schicker, und auch seitens der ÖVP, Herr Kollege Ferdinand Maier, diesem Entschließungsantrag zugestimmt wird!

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. André d'Aron, Monika Mühlwerth und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im Gemeinnützigen Wohnbau um bis zu 30 Prozent

Der Bundesrat wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert ... (Lebhafte Zwischenruf bei ÖVP und SPÖ.) Wir werden dann sehen, wie ihr entscheidet, und wir werden das medial auch verdeutlichen! (Bundesrat Payer: Da kann man nicht mitmachen, weil Sie immer nur Wirbel machen wollen!)

Präsident Jürgen Weiss: Ich bitte Sie, der Verlesung des Antrages zuzuhören, damit Sie wissen, worüber Sie nachher abstimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bundesrat Dr. André d'Aron (fortsetzend): Noch einmal:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. André d'Aron, Monika Mühlwerth und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im Gemeinnützigen Wohnbau um bis zu 30 Prozent

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Maßnahmen zu setzen, die eine Entpolitisierung des Gemeinnützigen Wohnbaus bewirken und durch die eine massive Senkung der Mietkosten im Bereich des gemeinnützigem Wohnbaus um bis zu 30 Prozent erreicht wird, wie unter anderem durch:

1. Novellierung des § 9 des WGG in der Hinsicht, daß Beteiligungen der Geld-, Versicherungswirtschaft, Interessenvertretungen und politischen Parteien an GBV ausgeschlossen sind;


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2. Ausschluß von Führungsfunktionären, von den unter Ziffer 1 angeführten Institutionen, von der Mitgliedschaft in Organen der GBV, zum Beispiel Geschäftsführung und Aufsichtsrat (Bundesrat Payer: Und was ist mit Rosenstingl!);

3. Entflechtung der derzeitigen Doppelfunktion des Revisionsverbandes als Interessenvertretung und Kontrollinstanz, um eine unabhängige Prüfung der GBV sicherzustellen;

4. Verpflichtung zur Weitergabe eventueller Preisnachlässe" – das betrifft diese 3 Prozent, die ich erwähnt habe –, "welche Gemeinnützige Bauvereinigungen von den Baufirmen erhalten, an die Mieter;

5. keine Einhebung eines Grund- und Baukostenanteils von Mietern Gemeinnütziger Wohnungen;

6. Absenkung des mit dem dritten Wohnrechtsänderungsgesetz festgelegten wertgesicherten Erhaltungsbeitrages;

7. Änderung des § 15 WGG in der Hinsicht, daß Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte die Möglichkeit haben, Eigentum an den aus öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen unabhängig vom Errichtungszeitpunkt erwerben zu können;

8. Verpflichtung zum Abschluß von jederzeit nachverhandelbaren und tilgbaren Hypothekardarlehen ohne Fixzinssatzbindung und den damit verbundenen langen Laufzeiten."

*****

Ich bitte Sie, dem Antrag im Sinne einer Verbesserung der Situation für die Wohnungssuchenden und für die derzeitigen Mieter von Gemeinnützigen Bauvereinigungen zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.50

Präsident Jürgen Weiss: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ferdinand Gstöttner das Wort. – Bitte.

9.50

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Dieses Gesetz gibt Anlaß, von verschiedenen Seiten her beleuchtet zu werden. Ich möchte dies aus oberösterreichischer Sicht tun.

Die Wohnbauförderungsgesetze der Länder und die Bundesgesetzgebung betreffend das Mietrecht und die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen bedürfen einer Anpassung an die geänderten Verhältnisse, damit das Grundrecht Wohnen wieder den ihm zustehenden Stellenwert erlangt. Die Bundesländer haben in ihrer Verantwortung die Wohnbauförderung maßgeschneidert auf die regionalen Bedürfnisse zu entwickeln. Die Wohnversorgung ist durch Neubau und Sanierung zu sichern und muß mit der materiellen Leistungsfähigkeit der Bewohner und der Wohnungssuchenden in Übereinstimmung stehen.

Die Länder können verschiedene Maßnahmen auch im Wege der Aufsicht und ihres Förderungsmonopols gegenüber den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen durchsetzen, soweit der Bund keine ausreichenden Vorgaben trifft. Die SPÖ tritt dafür ein, daß für alle Gruppen der Bevölkerung ein zeitgemäßes und ihrer Einkommenssituation entsprechend leistbares Wohnen sichergestellt wird. Insbesondere sind die Jugend und die Jungfamilien bei der Befriedigung ihrer Wohnbedürfnisse zu unterstützen.

Die SPÖ fordert Chancengleichheit beim Wohnen in Miete und Eigentum. Als unser oberösterreichischer Wohnbaureferent, Landesrat Dipl.-Ing. Erich Haider, im Jahre 1997 das Wohnbaureferat übernommen hat, wurde eine genaue Analyse erstellt, und es wurden folgende Sofortmaß


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nahmen zur Senkung der Wohnkosten getroffen: Zinssatzsenkung bei den Altdarlehen, Senkung des Zinssatzes bei den Eigenmitteln der GBVs auf 3,5 Prozent, Einsatz von Eigenmitteln für die Sanierung von 2 Prozent, Verzinsung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages, Bindung der Auslaufgewinne objektbezogen auf zehn Jahre, verstärkter Einsatz von Förderungsdarlehen anstelle von Bankdarlehen und Beschränkung der Gesamtbaukosten.

Das Land Oberösterreich war der eigentliche Vorreiter für die vorliegende Reform des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Landesrat Dipl.-Ing. Haider hat mit seinem Programm wesentlich dazu beigetragen. Mit 120 000 Miet- und 40 000 Eigentumswohnungen verfügt Oberösterreich nach Wien über die meisten geförderten Wohnungen, welche im Bestand beziehungsweise in der Verwaltung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen stehen.

Die neuen Mietregelungen werden sich erheblich auswirken. In Oberösterreich werden sich die Mieteinnahmen um etwa 120 bis 130 Millionen Schilling verringern. Die Nettomiete wird bei diesen Wohnungen auf Basis des niedrigsten Richtwertes minus 30 Prozent, somit gegenwärtig auf 35,10 S pro Quadratmeter begrenzt.

Es konnte in den letzten Jahren festgestellt werden, daß von fast allen gemeinnützigen Bauvereinigungen die gesetzliche Möglichkeit der Einhebung der Kategoriemiete statt der Finanzierungsmiete voll ausgeschöpft wurde. Dies führte dazu, daß ältere Wohnungen unter Hinzurechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages – maximal 17,20 S pro Quadratmeter und Monat; bei Kategorie A-Wohnungen bis maximal 47,40 S – durchwegs teurer vermietet wurden als Neubauwohnungen – dies trotz eines wesentlich schlechteren Zustandes und der Tatsache, daß bei älteren Wohnungen auch der Baukostenzuschuß wesentlich höher ist als bei Neubauwohnungen.

Probleme dürften sich insoweit ergeben, als nunmehr in einem Haus drei verschiedene Mietzinsvarianten möglich sind: erstens Finanzierungsmiete, zweitens Kategoriemiete plus Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag und drittens Höchstmiete inklusive Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag von 35,10 S.

Aus oberösterreichischer Sicht kann man nur sagen, daß aus diesem Grund die Anwendung des Höchstbetrages von 35,10 S auch bei bestehenden Mietverhältnissen notwendig sein wird.

Was ich vermisse, ist eine Änderung des § 17 WGG betreffend die Rückzahlung von Baukostenzuschüssen bei der Beendigung eines Mietverhältnisses. Gemäß § 17 hat ein ausziehender Mieter lediglich einen Anspruch auf Rückzahlung des abgewerteten Baukostenzuschusses. Der Aufwertungsbetrag gebührt ihm nur dann, wenn ein Nachmieter gefunden wurde, der auch den Aufwertungsbetrag leistet. Wird innerhalb eines halben Jahres kein solcher Nachmieter gefunden, dann kann es passieren, daß der ausziehende Mieter einige 10 000 S verliert.

In gewissen Gegenden gibt es diese Fälle bereits jetzt, und es ist eine Verschärfung der Situation zu erwarten, da das Wohnungsangebot immer größer wird. Außerdem werden Wohnungssuchende eine Neubauwohnung mit zirka 20 000 S Baukostenzuschuß einer alten, abgewohnten und auch nicht billigeren Wohnung mit einem Baukostenzuschuß von vielleicht 100 000 S klarerweise vorziehen.

Grundsätzlich ist aber festzustellen, daß dieses Gesetz sehr positiv ist und den Mietern, den Genossenschaften und den Gemeinden dient. Daher werden die SPÖ-Bundesräte diesem Gesetz die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

9.55

Präsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile es ihm.

9.55

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte nicht vor, mich zu Wort zu melden, aber die Wortmeldung des Herrn Kollegen d'Aron forderte es geradezu heraus.


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657. Sitzung / Seite 214

Herr Kollege d'Aron! Da Sie, als Sie zu Ihrem Platz zurückgegangen sind, gesagt haben, "ein bißchen Spaß muß sein" (Bundesrat Dr. d′Aron: Von Ihrer Fraktion!), sage ich Ihnen eines: Mir ist die Situation der Wohnungswerber und der Mieter viel zu ernst, als daß "ein bißchen Spaß sein muß" – gerade hier, wo echte Verbesserungen für die Mieter in dieser Republik beschlossen werden sollen! Das möchte ich ausdrücklich festhalten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. )

Herr Kollege d'Aron! Zu Ihrem Entschließungsantrag sage ich Ihnen folgendes: Wenn Sie sagen, daß sich die politischen Parteien aus den Wohnbaugenossenschaften zurückziehen sollen, dann sage ich Ihnen für meine Partei, daß das schon seit zehn Jahren der Fall ist und daß es keinen politischen Funktionär der ÖVP gibt, der in Wohnbaugenossenschaften sitzt. Nehmen Sie das, bitte, gefälligst zur Kenntnis! (Bundesrat Weilharter: Die GWS in der Steiermark – war die ÖVP-nahe?!) – Die kenne ich nicht.

Zweitens brauchen wir Ihren Entschließungsantrag mit Sicherheit nicht, weil wir wissen, daß die österreichische Bundesregierung alles unternehmen wird, damit die Mieter den Schutz haben, der ihnen zusteht und den sie auch in Zukunft haben werden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.57

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner das Wort. – Bitte.

9.57

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Herr Kollege! Hoher Bundesrat! Der zur Diskussion stehende Sektor befindet sich wahrscheinlich in einer der tiefsten Umwälzungswellen seiner Geschichte, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, weil das traditionelle Ungleichgewicht von Nachfrage und Angebot im Wohnsektor in der Zwischenzeit weitgehend ausgeglichen ist – darüber gibt es hinreichend Studien –, und zum zweiten, weil dieser Sektor, der geschichtlich auf eher einer Hochzinsniveaupolitik im Kreditsektor basiert hat und daher starke Förderungselemente enthielt, jetzt durch die totale Drehung des Zinsenmarktes natürlich unter einem völlig anderem Druck steht.

Ich erinnere daran, daß es auch mein Haus war – ich denke etwa an das Bausparen, an die Bausparkredite wie auch im vorliegenden Fall –, das Druck ausgeübt und gesagt hat, daß die Weitergabe der günstigen Zinskonditionen eine der wichtigsten Voraussetzungen für alle Financiers im öffentlichen, im parafiskalischen Bereich sein wird.

Wir haben in unserem Haus vor drei Wochen eine sehr aufsehenerregende Enquete abgehalten, in der vier Dinge klar geworden sind. Zum ersten: Es wird die österreichische Förderungslandschaft, die Wohnbauförderung, an den veränderten Fakten nicht vorbeigehen können.

Zweitens: Die Rechtszersplitterung und die unterschiedlichen Situationen werden den Druck auf ein sogenanntes Bundeswohnrecht, wie das etwa von Professor Aicher genannt wurde, deutlich verstärken.

Drittens: Es war auch klar, daß die Forderung, auch den Wohnungsgemeinnützigkeitssektor dem Ausschreiberecht zu unterwerfen, eine wichtige Forderung der nächsten Jahre sein wird. – Das zu diversen Naheverhältnis-Behauptungen.

Vierter Punkt: Was die Immobiliensituation anlangt, werden wir einmal eine Grundsatzentscheidung treffen müssen, ob das im Maklergesetz verankerte Prinzip der reinen Erfolgsentlohnung überhaupt rational ist. Ich habe X Vorsprachen von kleinen Immobilienmaklerfirmen gehabt, deren Inhaber gefragt haben: Wie soll denn das gehen, Herr Minister? – Ich versuche, für zehn Leute etwas zu suchen, und wenn ich nichts finde, dann bekomme ich nichts. Wenn dann aber endlich einer zu mir kommt, bei dem ich ein Geschäft mache, dann muß ich voll zulangen.

Ob das fair, gerecht und auf Dauer vernünftig ist, ist eine gute Frage! Das werden wir unter den jetzigen Wohlstandsbedingungen wahrscheinlich ändern müssen, und zwar im Maklerrecht. Und dann können wir darüber reden, ob es noch Sinn macht, eine Regelung von Höchstpreisen zu


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657. Sitzung / Seite 215

haben, an die sich jeder hält, wenn er mit dem Kunden verkehrt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.00

Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek das Wort. – Bitte.

10.00

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzesbeschluß zur Wohnrechtsnovelle 1999 hat hauptsächlich wegen seiner auch in dieser Debatte im Vordergrund stehenden vorgesehenen oder eben nicht vorgesehenen Änderungen zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und da vor allem wegen der damit angestrebten Senkung der Wohnkosten für die Mieter gemeinnütziger Bauvereinigungen mediale Aufmerksamkeit erfahren.

Gleichsam im Windschatten dieser besonders im Blickfeld der Öffentlichkeit stehenden Änderungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bringt die Novelle aber auch eine Vielzahl von Neuerungen in dem zum Justizministerium ressortierenden Miet- und Wohnungseigentumsrecht.

Während es im Mietrecht vor allem um den Themenkreis der Bewirtschaftungskosten, ihrer verbrauchs- und benützungsabhängigen Aufteilung und ihrer Abrechnung sowie um eine verstärkte Delogierungsprävention geht, bewirken die neuen Bestimmungen im Wohnungseigentumsrecht in erster Linie eine substantielle Verbesserung der Rechtsposition sowohl des einzelnen Wohnungseigentümers als auch der Wohnungseigentumsbewerber.

Der weite Bogen der dazu getroffenen Maßnahmen beginnt bei einer erweiterten gerichtlichen Kontrolle der Verwaltung im Falle einer sogenannten dominierten Wohnungseigentümergemeinschaft, spannt sich über eine Kollisionsregelung bei Rechtsgeschäften oder Rechtsstreitigkeiten zwischen der Wohnungseigentumsgemeinschaft und einzelnen Wohnungsmiteigentümern bis hin zu dem gesetzlichen Vorzugspfandrecht für Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft oder für Rückgriffsansprüche einzelner Miteigentümer.

All dies wird – das möchte ich angesichts der vielen negativen Äußerungen doch ausdrücklich festhalten – von vielen weiteren Verbesserungen flankiert, von denen ich beispielsweise die neu vorgeschlagene Geltung der wohnungseigentumsrechtlichen Regelungen über die Verwaltung bereits im Vorstadium der Wohnungseigentumsbegründung und das neu geschaffene Recht der Wohnungseigentumsbewerber auf Rechnungslegung nennen möchte.

Nicht unerwähnt soll aus demselben Grund bleiben, daß auch die Neuerungen im Kleingartengesetz mehr Liberalität und konkrete Verbesserungen der Rechtsposition der Bestandnehmer bringen werden.

Ich habe vor Ihnen, meine Damen und Herren des Bundesrates, schon in einem früheren Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die Rechtsentwicklung auf dem Gebiete des Wohnrechts über diese Novelle hinausgehen muß. Auch Herr Kollege Farnleitner hat das vorhin im Hinblick auf das Ergebnis der kürzlich abgehaltenen Enquete angesprochen.

Das Bundesministerium für Justiz wird als Grundlage hiefür noch heuer einen grundlegenden Diskussions- und Reflexionsprozeß einleiten, und schon im November dieses Jahres werde ich ein rechtswissenschaftliches Symposion zum Generalthema "Erneuerung des Wohnrechts" veranstalten, das initialer Bestandteil eines für die nächste Legislaturperiode geplanten Reformvorhabens zur Vereinfachung und Konsolidierung dieser wichtigen Rechtsmaterie, aber auch zur Verbesserung der legistischen Qualität und der Transparenz ihrer Normen sein soll. Im Rahmen dieses Erneuerungsprojektes sollen aber auch Überlegungen zu inhaltlichen Neuansätzen und einer zeitlichen Harmonisierung angestellt werden.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 216

Die vom Nationalrat anläßlich der Beratungen über die Wohnrechtsnovelle 1999 verabschiedete Entschließung bietet für ein solches Reformvorhaben auch eine tragfähige rechtspolitische Grundlage.

Ein derart ambitioniertes Projekt darf freilich nicht in ein allzu knappes zeitliches Korsett gepreßt werden. Die konkreten Ergebnisse aus diesem Gesamtgeschehen sollen aber jedenfalls noch in der nächsten Legislaturperiode präsentiert und umgesetzt werden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.05


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 217

Präsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. d’Aron und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im gemeinnützigen Wohnungsbau um bis zu 30 Prozent vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker in Richtung der Freiheitlichen: "Ist ja nur Spaß!")

42. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999) (1898 und 2074/NR sowie 6061/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 42. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999).

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid übernommen. Ich bitte sie darum.

Berichterstatterin Ulrike Haunschmid: Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon. Ich erteile es ihm.

10.07

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ein paar Worte zum Notifikationsgesetz.

Der wesentliche Inhalt der Regierungsvorlage ist die Erweiterung des Notifikationsverfahrens auf die Informationsdienste. Das Notifikationsverfahren dient dazu, Hindernisse für den freien Warenverkehr auf dem Binnenmarkt zu erkennen und nach Möglichkeit zu verhindern. Weiters gibt es der Europäischen Kommission wichtige Hinweise darauf, in welchen Bereichen die Regelungen der Mitgliedstaaten unterschiedlich sind, sodaß eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene ausgearbeitet werden kann. Nunmehr unterliegen auch die Informationsdienste diesem Notifikationsverfahren.

Die Informationsgesellschaften sind ein extrem schnell wachsender Wirtschaftsbereich. Dazu zählen die gesamten Online-Dienstleistungen, die ohne gleichzeitige Anwesenheit der Parteien nur auf individuellem Abruf erbracht werden. Die Chancen in diesem Bereich sind vor allem für die KMUs, also für die kleineren und mittleren Unternehmen, gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Auf elektronischem Wege können nun auf der ganzen Welt Dienstleistungen angeboten werden, ohne daß dazu Niederlassungen im Ausland erforderlich sind. Zum Beispiel fallen darunter elektronische Buchungen bei ausländischen Reiseveranstaltern, die Abgabe von Gutachten eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters auf elektronischem Wege oder etwa – ebenfalls auf elektronischem Wege – die Übermittlung eines Planes eines Architekten.

Diese neuen Wettbewerbschancen für die heimische Wirtschaft im europäischen Raum können aber nur dann optimal genutzt werden, wenn nicht durch unterschiedliche Regelungen der Mitgliedstaaten wieder Handelshemmnisse aufgebaut werden. So war es naheliegend, das bereits bewährte System des Notifikationsverfahrens auf Vorschriften betreffend die Dienste der Informationsgesellschaften auszudehnen.

In diesem neuen Wirtschaftsbereich wird sich im Laufe der Zeit durch die rasche Entwicklung auch im Technologiebereich ein weiterer Regelungsbedarf ergeben – ein Regelungsbedarf, der heute in seiner vollen Dimension wahrscheinlich noch gar nicht abgeschätzt werden kann.

Eine europaweite Regelung ist aus meiner Sicht derzeit noch gar nicht möglich. Um trotzdem den erforderlichen Schutz zu gewährleisten, ist es aus meiner Sicht zweckmäßig, die Regelungskompetenz bei den Mitgliedstaaten zu belassen, diese Regelungssysteme trotzdem einem gemeinsamen Kontrollsystem zu unterwerfen, um nötige Behinderungen des Binnenmarktes zu verhindern.

Das Notifikationsverfahren bei den Informationsdiensten ermöglicht somit eine optimale Nutzung der Chancen des Binnenmarktes durch die Unternehmen, ohne daß legitime Schutzinteressen zu kurz kommen. Deshalb wird die ÖVP diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.10

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Johann Payer. Ich erteile ihm das Wort.

10.10

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz dient auch der Umsetzung einer EU-Richtlinie. Das Notifikationsverfahren wird auf Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft ausgedehnt – das hat auch mein Vorredner schon gesagt –, es


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657. Sitzung / Seite 218

werden Klarstellungen und Ergänzungen vorgenommen, und im Interesse der Klarheit wird dieses Gesetz überhaupt neu erlassen. Positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich sind zu erwarten.

Meine Damen und Herren! Es ist eine Tatsache, daß die Dienste der Informationsgesellschaft ein beträchtliches Potential für zukünftige Investitionen bieten. Besondere Chancen wird es für innovative Klein- und Mittelbetriebe geben, was sich auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen positiv auswirken kann. Außerdem wird es völlig neue Auswahl- und Anwendungsmöglichkeiten für die Verbraucher geben.

Für all diese, nur schlagwortartig aufgezählten Möglichkeiten ist ein verläßlicher und stabiler Rechtsrahmen in diesem Bereich notwendig – ein Rechtsrahmen, der durch Transparenz gekennzeichnet ist, ein Rechtsrahmen, der dem Schutz berechtigter Interessen dient.

Daß es durch dieses Gesetz zu Mehrkosten für den Bund kommen wird, ist in den Erläuterungen sehr klar ausgeführt. Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, daß der erhöhte Verwaltungsaufwand mit den vorhandenen Ressourcen abgedeckt werden kann. – Die SPÖ-Fraktion wird diesem Gesetz gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.12

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

10.12

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Dem vorliegenden Gesetzesvorhaben wird auch meine Fraktion ihre Zustimmung erteilen. Mit ihm wird EU-Recht für den Bereich der Bundesverwaltung umgesetzt und das Notifikationsgesetz 1996 entsprechend angepaßt und erneuert.

Mit der Richtlinie 98/48/EG vom 5. August 1998 ist die Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiete der Normen und technischen Vorschriften vom 21. Juli 1998 auch auf Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft ausgedehnt worden.

Wir verkennen nicht und verschließen uns auch nicht der Notwendigkeit der europäischen Vereinheitlichung des Normungswesens und daher auch dieses spezifischen Verfahrens der innergemeinschaftlichen Kommunikation mit der EU-Kommission und mit den Mitgliedstaaten nicht, und zwar um Wettbewerbsverzerrungen und Behinderungen des Binnenmarktes zu vermeiden.

Dennoch möchte ich einige Kritikpunkte äußern. So bildet es gewiß einen echten Wermutstropfen, daß dadurch mit erheblichen Mehrkosten für den Bund zu rechnen ist, die zum größten Teil beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten anfallen werden, ist doch dieses Ressort für die Durchführung des Systems hauptverantwortlich, weil es jeden entsprechenden Entwurf innerhalb von 14 Tagen an die EU-Kommission zu notifizieren hat. Ich zweifle an der optimistischen Einschätzung, daß das mit den bisher vorhandenen Ressourcen zu leisten sein wird.

Ein weiterer, freilich durchaus in der Sache begründeter Kritikpunkt wurde von der Wirtschaftskammer ausgesprochen: Vielfach kann die Notifikationspflicht im konkreten Fall nicht abschließend im voraus geklärt werden, ist doch die Abgrenzung, ob ein Entwurf einer technischen Vorschrift notifikationspflichtig ist, alles andere als eindeutig. Die Rechtsfolgen, die sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ergeben, sind allerdings sehr gravierend.

Ich vernachlässige auch die mir an sich berechtigt erscheinende Kritik der niederösterreichischen Landesregierung an dem allzu gestelzten Begriff der Notifikation, der offenbar in Anlehnung an das englische und französische Pendant gebildet sein dürfte. Es hätte wahrscheinlich


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genügt, sich des schlichten Ausdrucks der Mitteilung zu bedienen. Ich möchte das aber beiseite lassen.

In Abwägung aller Pro- und Kontra-Argumente stimmen wir Freiheitlichen der Vorlage alles in allem gerne zu. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.15

Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner das Wort. – Bitte.

10.15

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Da der Letztsprecher, Herr Bundesrat Böhm, einige kritische Punkte angesprochen hat, sei ganz offen folgendes dazu gesagt: Im Wirtschaftsministerium hatten wir im Jahre 1989 7 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben im Augenblick 5 700, und die Zahl sinkt weiter. Wir bewältigen dank einer hervorragenden neuen Ausstattung Mehrarbeit mit einfachen Mitteln, allerdings auch mit höherqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich kann Sie beruhigen: Wir werden diese Aufgabe bewältigen, denn die Umstellung unseres Hauses auf E-Mail- und Internet-Service macht das möglich. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wenn sich die Wirtschaftskammer Sorgen macht, dann kann ich dazu nur die Bemerkung machen: Sie ist als Organisation der Wirtschaft der Hauptprofitant von einem funktionierenden Binnenmarkt. Außerdem möchte ich sagen: Wer sich da vor dem "Gruseln" fürchtet, sollte im Zweifelsfall den Mitgliedern empfehlen, jede beschränkende Norm sicherheitshalber anzunehmen, um nicht ex post selbst zum Wettbewerbshindernis zu werden. Daher würde ich meinen, daß sich beide Einwendungen, die hier von der dritten Gruppe gemacht worden sind, bei näherer Hinterfragung aufklären lassen. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

43. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird (1170/A und 2075/NR sowie 6015 und 6062/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird.

Die Berichterstattung hat wiederum Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid übernommen. Ich bitte sie darum.


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Berichterstatterin Ulrike Haunschmid:
Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt der Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird, in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Stellung des Ausschußantrages.

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

Präsident Jürgen Weiss: Danke sehr.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.- Ing. Hannes Missethon. Ich erteile es ihm.

10.18

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die heutige Änderung des MinroG hängt unmittelbar mit den Ereignissen in Lassing zusammen.

Zur Geschichte: Das Wirtschaftsministerium hat einen Bergebescheid erlassen. Das Unternehmen hat diesem Bergebescheid zugestimmt. Der Rechtsvertreter hat diesen Bergebescheid aus Berufshaftungsgründen beim Verwaltungsgerichtshof angefochten, und der Verwaltungsgerichtshof hat diese Anordnung einer Bergungserkenntnis vom 2. Juni 1999 für rechtswidrig erklärt, weil § 201 des alten Berggesetzes eine Anordnung nicht zulasse. Da die Nachfolgebestimmungen des § 201 des alten Berggesetzes im wesentlichen in den § 177 des neuen MinroG übernommen worden sind, fehlt auch da eine entsprechende Regelung betreffend die Bergung von Toten und Vermißten.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einige Bemerkungen ein Jahr nach Lassing und ein halbes Jahr nach Einführung des MinroG zu machen. Ich habe eher zu jenen gehört, die das Mineralrohstoffgesetz in seiner Form kritisiert haben. Jetzt ist erkennbar, daß die Schwerpunkte bei der Gestaltung des MinroG doch die Fragen des Umweltschutzes und die Fragestellung der Einflußmöglichkeiten von betroffenen Parteien, Anrainern und so weiter waren. In geringerem Ausmaß sind meines Erachtens Konsequenzen für die Sicherheit im Bergbau eingeflossen, und ich bitte daher, Nachjustierungen im Gesetz vorzunehmen. Experten der Montanuniversität haben schon Vorschläge dazu gemacht, in welcher Form dieses MinroG nachjustiert werden sollte.

Ich werde dieser Änderung des Mineralrohstoffgesetzes trotzdem zustimmen, weil ich damit die Hoffnung verbinde, daß die weitere Vorgangsweise in Lassing entschieden werden kann und daß für weitere Fälle, die hoffentlich nicht eintreten werden, aber auch nicht ausgeschlossen werden können, der Politik und der Behörde auch ein Rechtsinstrument für Entscheidungen zur Verfügung steht. (Beifall bei der ÖVP.)

10.21

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Erhard Meier das Wort. – Bitte.

10.21

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Erlauben Sie mir, zu dieser Änderung des Mineralrohstoffgesetzes zunächst einige persönliche Anmerkungen zu machen.

Es jährt sich jetzt das schreckliche Unglück von Lassing. Ich möchte das, was ich in der Folge hier sagen werde, nicht parteipolitisch verstanden wissen, denn auch wenn ich Kritik übe, so hat meiner Ansicht nach angesichts der schweren menschlichen Schicksale der Betroffenen und jener, die in diesem Gebiet leben, Parteipolitik keine Rolle zu spielen. Ich wollte das als Ein


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leitung sagen, denn ich will dieser Änderung des Mineralrohstoffgesetzes nicht zustimmen. Das wollte ich noch dazusagen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Bei dieser eher kleinen Novelle handelt es sich um eine ergänzende Änderung, die aufgrund des vor einem Jahr erfolgten tragischen Bergunfalls von Lassing notwendig geworden ist, weil im § 177 des Mineralrohstoffgesetzes als Folgebestimmung des ehemaligen § 201 des Berggesetzes 1975 eine Anordnung von Bergungen nach Bergwerksunfällen durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht möglich war. Nun wurde den Hinterbliebenen der Bergmänner von Lassing unmittelbar nach dem tragischen Unfall versprochen, daß die Bergung der Verunglückten erfolgen wird. Eine diesbezügliche Anordnung hat aber der Verwaltungsgerichtshof mangels gesetzlicher Grundlage als rechtswidrig erklärt.

Nun dazu eine Ex-tempore-Meinung, und diese betrifft verschiedene Politiker beziehungsweise Politikerinnen. Angesichts dieses Unglücks hat man gesagt, man werde die Bergung durchführen. Ich meine, daß der Fehler darin bestand, daß man damals nicht bedacht hat, daß man eigentlich noch nicht wissen konnte, welchen Umfang diese Bergungsmaßnahmen haben werden, da sich erst später herausstellte, was sie kosten werden und welchen Sinn sie haben.

Es gibt derzeit viele Diskussionen über dieses Thema, auch über den Zustand der zu bergenden Leichen in dieser Tiefe aufgrund der geologischen und chemischen Voraussetzungen. Aber das Versprechen von Politikern lag einfach vor. Es kam dann die Aufmachung in der Presse dazu. Natürlich soll die Öffentlichkeit, sollten Landes- und Bundesvertreter den betroffenen Familien kondolieren, ihr Mitgefühl namens der Öffentlichkeit ausdrücken. Das taten wir auch! Aber das Problem ist, daß das Fernsehen da ist, daß alle Zeitungen berichten, daß die eigentliche Tragik der Betroffenen von der Sensationsmacherei und der Aufmachung übertönt wird und es dann von seiten der Politik zu Aussagen kommt, die man nachher schwer oder überhaupt nicht halten kann.

Ich glaube, daß der Herr Minister persönlich keine Schuld daran trägt. Wenn ich den Bergbau in Schwaz als Beispiel hernehme, so muß ich feststellen, daß es diesen schon seit Jahrhunderten in Schwaz gibt. Wenn es die Schuld des Bergbaues ist, so ist zu sagen: Mit dem Bergbau wurde lange vorher begonnen. – Wenn ein Naturereignis daran schuld ist, dann ist der Wirtschaftsminister dafür nicht zuständig.

Ich glaube nicht, daß Herr Minister Farnleitner den Bergbau in Lassing vor der Katastrophe dort gekannt hat. Ich muß sagen: Ich weiß es nicht. Ich persönlich habe zwar gewußt, daß es dort einen Bergbau gibt, habe aber die Art des Abbaus nicht gekannt und nicht gewußt, wie es da unten tatsächlich ausschaut. Aber wenn es mit dem Bergbau wirklich zusammenhängt, dann muß ich sagen: Es gibt Bergbehörden, die darauf zu achten haben und in diesem Fall zu achten gehabt hätten. Wenn es aber wirklich stimmt – ich bin aber ein Laie, deswegen will ich keine Verurteilungen aussprechen und keine Stellung dazu nehmen; es befassen sich ohnehin die Gerichte damit –, daß nur drei bis fünf Meter Überdecke über dem ersten Stollen 1a im festen Gestein sind, wenn man weiß, was da unten an Geröll, an Gestein, das nicht fest ist, liegt, und wenn man weiß, daß die Bevölkerung schon immer gesagt hat, daß der Bach, der dort fließt, immer weniger Wasser führt, was soviel heißt, daß das Wasser irgendwo versickert, und wenn man auch die Meinungen verschiedener Ortsansässiger gehört hat, die das vorher gesagt haben, dann muß man doch Zweifel daran haben, ob mit aller Intensität die Voraussetzungen dieses Bergbaus von den Zuständigen geprüft wurden. Ich will damit keinem eine persönliche Schuld zuweisen. Dazu bin ich nicht befugt.

Ich meine damit, daß wir Politiker vermeiden sollten, Zusagen zu machen, die wir nachher nicht einhalten können. Durch Lassing gehen nämlich sozusagen verschiedenste Risse. Es dreht sich dabei gar nicht so sehr um finanzielle Wiedergutmachungen. Es sind die versunkenen Häuser – vom Land Steiermark unterstützt – raschest wieder aufgebaut worden. Es gab eine private Spendenaktion, die, soweit ich weiß, 30 Millionen Schilling erbracht hat. Das nächste Problem war dann, wie man diese Gelder korrekt verteilt. Es gab auch unter den Nichtbeteiligten Neider, die den davon Betroffenen nicht vergönnt haben, was sie bekommen, obwohl man mit Geld nicht alles wiedergutmachen kann.


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Ich meine, daß man die Zukunft dieser Familien, ihrer Kinder, der Halbwaisen sichern sollte, zumindest was die materielle Seite betrifft. Aber fragen Sie den dortigen Bürgermeister Zeiser oder Pfarrer Scheuchenberger, der von der religiösen Seite her die Probleme sieht, die diesen Ort sozusagen zerreißen.

Nun komme ich zum Text dieser Novellierung, den ich mit ein paar Worten eigentlich zerpflücken möchte. In dieser Novellierung ist Gummiparagraph über Gummiparagraph enthalten. Ich frage mich, Herr Minister, wie man so etwas überhaupt vollziehen kann, wie ein Ministerium allein so etwas bewältigen kann, wenn es um solch große Beträge geht. Es heißt da nämlich: "Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann unter Beachtung anerkannter betriebswirtschaftlicher Grundsätze nähere Bestimmungen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit, über die Voraussetzungen für einen allfälligen Ersatz der erwachsenen Bergungskosten und über die Beiziehung von Sachverständigen durch Verordnung erlassen."

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann ..."  – Wenn Sie also sagen: Nein, ich tue es nicht!, so ist das auch okay.

Dann heißt es: ... unter Beachtung von Grundsätzen ... – Natürlich muß es Grundsätze geben. Welche sind es? – Es sind betriebswirtschaftliche Grundsätze. Doch noch eine Beifügung kommt dazu, die da lautet: anerkannte betriebswirtschaftliche Grundsätze. Wenn sich Experten über Grundsätze streiten, meine Damen und Herren, dann gibt es, wie man weiß, mehrere Meinungen.

Des weiteren heißt es da: ... über die wirtschaftliche Zumutbarkeit ... – Ich frage Sie: Was ist wirtschaftlich zumutbar? Was ist in Lassing wirtschaftlich zumutbar? Was darf es kosten: 50 Millionen oder 100 Millionen oder 300 Millionen oder 500 Millionen? – Diese Zahlen sind im Raum gestanden. Außerdem dürfte durch diese Bergung nicht wiederum ein Unglück passieren, was bei einer solch schwierigen Materie wahrscheinlich nicht auszuschließen ist.

Dann ist von Voraussetzungen die Rede. – Was sind Voraussetzungen für einen Ersatz? – Das ist wieder mit einem Attribut versehen, und zwar folgendermaßen: für einen allfälligen Ersatz der erwachsenen Bergungskosten. – Das steht in dieser Novellierung.

Die vorliegende Novellierung ist keine Regierungsvorlage. Ich weiß, daß diese Gesetzesvorlage aus dem Parlament kommt. Aber das ist mir gleichgültig, wenn ich das so salopp sagen darf, denn es geht mir um die Frage, wie wir dieses Problem überhaupt bewältigen können. Aber ich befürchte, daß eine Bergung nicht möglich ist beziehungsweise nicht durchgeführt werden kann. Doch ich würde auf der anderen Seite ein Hineingraben deswegen befürworten, weil man dabei feststellten könnte, welche Fehler die Betriebsleitung, der Betrieb dort gemacht hat.

Aber auch da kann ich nicht vorverurteilen, das möchte ich von vornherein sagen, ich glaube aber, daß man nach all dem, was man gehört hat und im nachhinein jetzt erfährt, sagen kann, daß dort doch sehr sorglos mit Sicherheitsmaßnahmen umgegangen worden ist.

Die Betriebsleitung sagt natürlich: Wir, die Naintscher Mineralwerke, zahlen das nicht! Das soll die Öffentlichkeit tun!

Ich hoffe, daß ich darlegen konnte, was mir an dieser Novellierung aus menschlichen Gründen, die zu beachten sind, nicht gefällt, und ich werde daher dieser Novellierung nicht zustimmen, die SPÖ-Fraktion aber schon. – Danke. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

10.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte, Herr Bundesrat.

10.30

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Ein Jahr nach dem tragischen Grubenunglück in Lassing stellen sich viele Betroffene in Lassing und darüber hinaus in der Steier


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mark, in Österreich und auch über Österreich hinaus die Frage: Was ist nach diesem tragischen Unglück vor einem Jahr bisher geschehen? – Meine Damen und Herren! Man kommt zu der bitteren Erkenntnis, daß mit Ausnahme des Wohnbaubereiches des Landes Steiermark dieses tragische Ereignis vor einem Jahr in eine Polit-Groteske übergegangen ist.

Meine Damen und Herren! Als vor einem Jahr nach diesem Unglück alle noch tief geschockt waren, hat der zuständige Minister Farnleitner schon von einem Schwarzabbau gesprochen und damit die Verantwortung von sich gewiesen. Gleichzeitig hat er aber indirekt und auch direkt eine Novelle des Bergrechts, des Mineralrohstoffgesetzes gefordert.

Meine Damen und Herren! Wir wissen – Sie alle kennen die Stellungnahmen der Länder dazu –, daß es ein Husch-Pfusch-Gesetz wurde, gegen das die Länder massiv Einspruch erhoben haben. Die Folge davon ist, daß nun Novelle auf Novelle folgen muß.

Ein Jahr danach, meine Damen und Herren, stehen wir erneut vor der Entscheidung, eine Novelle zu beschließen. Das heißt aber auch, daß eigentlich ein Jahr lang die Opfer und deren Angehörige dem zuständigen Minister gleichgültig waren. (Rufe bei der ÖVP: Unerhört! – Bundesrat Mag. Himmer: Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es darf uns daher nicht verwundern, daß die "Kleine Zeitung" am 20. Juli dieses Jahres titelte: Ich habe das Maskenspiel der Politiker durchschaut. – So die Aussage des Pfarrers von Lassing. Wie treffend! Er sagt weiters: Der einzige, der zum Thema Lassing sachlich etwas sagen könnte, wäre Farnleitner, aber der sagt nichts. Deshalb redet ein kleiner Pfarrer, der Pfarrer von Lassing.

Meine Damen und Herren! Daß dies keine böse Unterstellung ist, zeigt auch die Positionierung Ihrer Parteikollegin von der ÖVP, Frau Landeshauptmann Klasnic, die am 26. Juni dieses Jahres auch in einer steirischen Zeitung sagt: Die Glaubwürdigkeit der Politik hat nicht gewonnen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber ein Unterschied! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Klasnic meint dann zur Feststellung des Journalisten, daß die Betroffenen jetzt klare Antworten auf die vielen Fragen erwarteten: Ich verlange von einem Politiker – ich füge hinzu, wir wissen, wen die Frau Landeshauptmann meint –, daß er in so einer Situation ja oder nein sagt und nicht vielleicht. Die Angehörigen wurden vorerst beruhigt. Sie haben aber sofort hinterfragt, wieso das so lange dauert. Der Minister sagt: Wenn es ein Gutachten gibt, ob eine Bergung möglich ist, erlasse ich einen Bescheid. – Soweit Frau Landeshauptmann Klasnic.

Genau diese Aussage der Frau Landeshauptmann wirft natürlich auch die Frage auf: Ist für eine ministerielle Entscheidung, für einen Bescheid überhaupt ein Gutachten erforderlich?

Meine Damen und Herren! Sie werden verstehen, daß dieses Verhalten und dieser Zustand unerträglich sind – unerträglich für die Betroffenen, unerträglich für die Gemeinde, unerträglich für das Land, unerträglich für den Staat und unerträglich für alle, die Mitgefühl haben.

Herr Wirtschaftsminister Farnleitner hat laut Eigendefinition bei seinem Amtsantritt gemeint, er sei kein Politiker. Es hat sich herausgestellt, daß er ein echter Pleiten-, Pech- und Pannenminister ist. Ob es um die Einführung der Autobahnmaut ging, ob es um die Sicherheit von Bergwerken wie in Lassing und in Schwaz geht, ob es um Autobahntunnels und deren sicheres Betreiben geht, ob es darum geht, daß Autobahnen rasch und effizient saniert und repariert werden sollen – all diese Vorhaben, die in sein Ressort fallen, sind nicht nur Versäumnisse, liefen nicht nur spektakulär ab, sondern sie liefen auch schief und hinterlassen große Schäden. (Bundesrat Schöls: So schief wie Ihre Rede kann gar nichts laufen!)

Herr Kollege! Gerade im Zusammenhang mit seiner Bergbaukompetenz war Minister Farnleitner wiederholt völlig inkompetent und überfordert. Wäre es nach dem Wirtschaftsminister gegangen, hätte man die Suche nach Überlebenden bereits vor der Bergung des einzigen Überlebenden des Lassinger Grubenunglücks aufgegeben.

Meine Damen und Herren! Wenn Österreich europaweit und darüber hinaus zum Gespött wird, weil es dem Minister nicht gelingt, die an sich schon problematische und unpopuläre Einführung


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des Autobahnpickerls ordnungsgemäß durchzuziehen, dann sieht der Minister "Vignettenman", der auch für den Tourismus zuständig ist, darin kein Problem.

Wenn die dem Minister unterstehende Betreiberfirma des Tauerntunnels Baustellen so errichtet, daß eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes die Folge davon ist, dann fühlt sich der Wirtschaftsminister natürlich dafür nicht verantwortlich. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich! – Bundesrat Mag. Himmer: Sie sind dermaßen schamlos!)

Dafür lobt Ihr Minister seine "Erfolge" in der Liberalisierung des Benzinpreises, obwohl Millionen Österreicher diese Benzinpreisregelung zur Weißglut bringt, obwohl diese Benzinpreisregelung Nachteile für die Wirtschaft bringt. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Man kann die Erfolge des Ministers Farnleitner sehr rasch und kurz subsumieren: Alles in allem scheint es ihm bei seiner Amtsführung an der nötigen Ernsthaftigkeit zu fehlen. Zuletzt spekulierte Farnleitner sogar dahin gehend, ob sein Ministerbezug in Wirklichkeit nicht eher der Vergnügungssteuer als der Einkommensteuer unterliegen sollte. – Meine Damen und Herren! Das ist ein eigenartiger Humor. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege! Ich würde Sie bitten, Herabwürdigungen einer Person, die im Hause anwesend ist, zu unterlassen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist ein Zitat!)

Bundesrat Engelbert Weilharter (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Es erscheint daher ... (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist ein Eigenzitat!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Auch wenn es ein Zitat ist und hier verwendet wird, ist es eine Herabwürdigung einer Person, und das dulde ich nicht! (Lebhafter Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Dr. Böhm: Dann müssen Sie es selbst sagen, Herr Kollege! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bundesrat Engelbert Weilharter (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Wenn sich der Herr Minister selbst herabwürdigt und sich selbst nicht als Politiker bezeichnet, obliegt das nicht meiner Beurteilung. Ich zitiere seine Meinung, ich zitiere ihn selbst. (Bundesrat Dr. Böhm: Eine Selbstherabwürdigung!)

Meine Damen und Herren! Es erscheint daher dringend notwendig, diesen offensichtlich unfähigen Minister in diesem wichtigen Ressort schleunigst abzulösen, denn die Schadensbilanz allein der letzten Monate ist so gewaltig (Ruf bei der ÖVP: Rosenstingl!), daß eine weitere Amtstätigkeit auch im Hinblick auf die nur mehr kurze Legislaturperiode und Funktionszeit bis zur Bildung der nächsten Bundesregierung als echte Gefahr für unser Land angesehen werden muß.

Aus diesem Grunde darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Engelbert Weilharter, Wilhelm Grissemann, Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Entlassung des Wirtschaftsministers

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Bundespräsidenten gemäß Artikel 70 B-VG die Entlassung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vorzuschlagen."

*****

(Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Wenn Sie sich für all diese Versäumnisse nicht mitverantwortlichen machen wollen, dann stimmen Sie unserer Entschließung zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.41

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster ist der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.41

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Mit der gebotenen Zurückhaltung möchte ich sagen: Man fragt sich, ob man in diesem Haus mit solchen Worten und Rednern seine Ehre auf den Markt werfen lassen sollte. Ich lasse es nicht zu! (Lebhafter Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine solche Summe von unrichtigen Bosheiten habe ich in meinem Leben noch nicht gehört. Ich bin dafür dankbar, weil es mir beweist, was man alles durchstehen muß, um ein Amt auszuüben, aber dafür zahle ich sicher keine Vergnügungssteuer, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Denn – fangen wir an, Herr Bundesrat – der Grad Ihrer Uninformiertheit ist entsetzlich. Wenn das politischer Standard Ihrer Partei ist, dann tut es mir leid. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte das jetzt Punkt für Punkt aufzählen.

Erster Punkt: Ist irgend jemandem in diesem Haus entgangen, daß es einen Bergungsbescheid der Bergbehörde gab? – Diesen gab es. Der Verwaltungsgerichtshof hat ihn aufgehoben. Ich habe die Klubs gebeten, eine Maßnahme zu setzen, weil es im Hinblick auf die noch aktuellen Bergbaue im Sinne aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Familien zum Standard eines Bergrechts gehören sollte, daß es, wenn das möglich ist, zu einer Bergung kommt.

Zweiter Punkt – auch zu Ihnen, Herr Bundesrat Meier, in aller Deutlichkeit gesagt –: Wir haben immer gesagt, und ich war der einzige ... Auch zu Ihnen, Herr Bundesrat Weilharter: Das ist wirklich eine Frechheit, was Sie sich hier erlauben! Darf ich das sagen: eine Frechheit! Ich sage das und nehme dafür auch jeden Ordnungsruf in Kauf. (Lebhafter Beifall bei ÖVP und SPÖ. –Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Weilharter: Nehmen Sie Ihre Aussage zurück!)

Ich habe seit dem Unglück in Lassing ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Hören Sie erst einmal zu, und dann bin ich gerne bereit, alle Konsequenzen dafür zu tragen.

Seit dem Unglück in Lassing war ich außer der Frau Landeshauptmann der einzige Politiker, der sich regelmäßig mit den Angehörigen getroffen hat, und dies unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Ich war erst vor einigen Wochen wieder dort. Mein Mitarbeiter Plaschke, der hier sitzt, hält diesen Kontakt regelmäßig aufrecht, sodaß ich jederzeit für jeden Angehörigen erreichbar bin. Daß ich mich abgeseilt hätte, wie das Ihre wie immer informierte Zeitung behauptet, stimmt nicht. (Bundesrat Weilharter: Nein, sagt Frau Klasnic!)

Sie zitieren eine Zeitung. Frau Klasnic war bei den zwei Meetings mit den Angehörigen sogar dabei. Mir vorzuwerfen, ich hätte mich seit dem Unglück von Lassing um die Angehörigen nicht gekümmert, ist eine Unterstellung, die ich zurückweisen muß, weil sie wahrheitswidrig ist. Ich bin bereit, Ihnen alle Protokolle zu zeigen, die belegen, wie oft wir uns getroffen haben.

Dritter Punkt: Kein Mensch – schauen Sie sich die Gutachten diverser Experten an, die jetzt kommen – weiß, wie die Verursachungskette in Lassing lief. Es war von Anbeginn an klar – das Versprechen von Bundeskanzler Klima stand an allererster Stelle, ich habe mich mit Edlinger dem angeschlossen –: Wenn es, vor allem was die Sicherheit der Menschen betrifft, möglich ist und im Zuge der Weiterführung der Mine wirtschaftlich möglich ist, muß es zu einer Bergung kommen.


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Wo stehen wir im Augenblick? – Im Augenblick gehen wir auf die 100 Millionen Schilling zu bei Sicherungsarbeiten für die Binge, um überhaupt einmal feststellen zu können, ob weitergearbeitet werden kann. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Dadurch, daß die Bergung aufgehoben ist, kann von uns im Augenblick in Richtung Bergung, bevor dieses Gesetz nicht publiziert ist, nichts weiter unternommen werden. Es hat in den letzten Wochen wiederholt Gespräche auch mit dem nunmehr zuständigen Arbeitsinspektorat gegeben, die deutlich gemacht haben, daß jeglicher Bemühung dieser Art, bei der mit hoher Wahrscheinlichkeit mit menschlichen Opfern, mit überdurchschnittlichem Risiko zu rechnen ist, keine Zustimmung erteilt werden kann.

Wir werden dieses Verfahren wiederaufnehmen, sobald auch der Bundesrat diesem Gesetz zugestimmt hat, und dann werden wir die entsprechenden Erhebungen führen können.

Ein weiterer Punkt: Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, daß im Tauerntunnel ein LKW zu rasch in eine Baustelle hineingefahren ist, die nicht der Wirtschaftsminister angeordnet hat, sondern deren Verlegung die Gendarmerie mit der Baufirma veranlaßt hat. Mir zu unterstellen, ich sei daran schuld, ist weit hergeholt; das muß ich akzeptieren.

Das Wirtschaftsministerium hat die zweite Tunnelröhre nie behindert, sondern vor allem das Bundesland Salzburg – auch mit den zuständigen blauen Landesräten – hat bis zuletzt immer nein gesagt. Um ein Beispiel zu nennen: Die zweite Tunnelröhre Katschberg ist nur bis zur Landesgrenze Salzburg Trassenverordnung, weil Salzburg diese einvernehmlich abgelehnt hat und auch in Kärnten bis zum jüngsten Regierungswechsel unisono eine negative Einstellung zu einer zweiten Tunnelröhre gegeben war. In diesem Zusammenhang von einer Verantwortung des Wirtschaftsministers zu sprechen, bedarf einer gehobenen Phantasie und einer wirklich kreativen Vorverurteilung.

Nächster Punkt: Benzinpreise. – Ich habe es schon viermal wiederholt, darf es aber noch einmal sagen: Österreich war vor dem 3. März, als es dann dieses neue Gesetz gegeben hat, unter den 15 EU-Ländern bezüglich der höchsten Benzinpreise an dritter Stelle. Wir sind derzeit in der Europäischen Union die Fünftbilligsten. Wir sind in den Durchschnittspreisen von früher 70 bis 90 Groschen über EU-Schnitt auf 40 Groschen zurückgefallen. Das steht jeden Tag im Internet, das können Sie also nachvollziehen.

Es hat aber in der Zwischenzeit in Europa, bedingt durch den Kosovo-Krieg und das Wiederfunktionieren des Erdölkartells, dramatische Erhöhungen der Treibstoffpreise gegeben. Grosso modo – ich werde Ihnen die Zahlen gerne schriftlich zur Verfügung stellen, und sie sind auch im Internet abrufbar – sind die Preise in Österreich um 6 bis 17 Prozent gestiegen, während sie in ganz Europa in den letzten Wochen um etwa 40 Prozent gestiegen sind. Das ist eine Realität, die nachprüfbar ist.

Sie sagen, daß die Benzinpreisintervention nicht funktioniert hätte. Alle, die aus Salzburg, dem Westen, dem Süden oder aus Kärnten kommen, wissen, daß Österreich wieder tankbar – mit hartem "t" geschrieben – geworden ist, weil sowohl die Deutschen als auch die Italiener bei uns tanken. Wer das nicht weiß, braucht sich nur die entsprechenden Umsatzzahlen und die Tankstellen anzusehen.

Meine Damen und Herren! Nochmals zum Gesetz selbst: Das Gesetz stellt nur zwei Dinge sicher – ich glaube, das hat Herr Bundesrat Meier selbst gesagt –: Es ist dies eine Gemeinschaftsarbeit von drei Klubs gewesen, nicht eine Arbeit des Wirtschaftsministers. Ich habe das Vergnügen beziehungsweise die Aufgabe, es umsetzen zu müssen, denn wir haben einen Rohvorschlag gemacht, aber dieser wurde in den Klubs so verändert, wie er Ihnen jetzt vorliegt.

Zur weiteren Vorgangsweise: Es ist auf jeden Fall wichtig, daß im Bergrecht, in Hinkunft MinroG, die ursprünglich auch so verstandene Interpretation der alten berggesetzlichen Bestimmungen, daß Bergung durchaus möglich sein muß, vom Recht her nicht ausgeschlossen werden kann. Im konkreten Fall von Lassing kann dies allerdings erst dann erfolgen, wenn wir die gesetzliche Ermächtigung dazu haben. Wenn die entsprechenden Voruntersuchungen vor Ort gelaufen


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sind, wenn die keine weiteren Menschenleben gefährdende Bergung notwendig ist, kann und wird eine solche angeordnet werden.

Ich sage nochmals zu den Beträgen, die hier im Raum stehen: Die entscheidende Frage ist, ob überhaupt das Grubengelände nicht so zusammengebrochen ist, daß es nicht wieder betreibbar ist. Aber darüber kann weder der Herr Pfarrer noch der Herr Bürgermeister befinden, sondern darüber zerbrechen sich momentan die besten internationalen Experten den Kopf.

Ich bitte nochmals: Was ich rund um Lassing an Pietätlosigkeiten ertragen mußte, ist mehr, als je an Abgeltung erfolgen kann. Aber mir persönlich zu unterstellen, da etwas Böses gemeint oder gewollt zu haben, dagegen muß ich mich wirklich verwahren. Ich kann Ihnen allen, zumindest den Gutwilligen unter Ihnen, versprechen, daß unser Haus weiter mit den Angehörigen im Dialog bleibt, versuchen wird, daß der Betrieb dort, wenn möglich, weitergeführt wird, um die Arbeitsplätze sicherzustellen, und daß das bergrechtliche Instrumentarium künftig, was die Sicherheiten anlangt, im Sinne der neuen Gesetzgebung gehandhabt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.50

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm zu Wort gemeldet.

Gleichzeitig teile ich Ihnen mit, daß der Entschließungsantrag der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen auf Entlassung des Wirtschaftsministers genügend unterstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Bitte, Herr Bundesrat.

10.50

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zunächst möchte ich Ihnen ... (Bundesminister Dr. Farnleitner: Wo ist da Ehre? Wo ist da Ehre für mich zu empfinden?) – Ich weise das zurück. Ich wollte Ihnen nämlich gerade, aber Sie verunmöglichen das, als erstes meine persönliche Wertschätzung aussprechen. Ich habe Ihr sachliches Wirken nicht zu beurteilen, und ich sage noch einmal, ich wollte Ihnen meine persönliche Wertschätzung aussprechen und weise daher Ihren Zwischenruf zurück. (Ruf bei der ÖVP: Tun Sie es oder nicht? – Bundesrat Ing. Scheuch: Hört zu, dann wißt ihr es!)

Es war meine Absicht, als erstes dem Herrn Bundesminister meine persönliche Wertschätzung auszusprechen. Ich verstehe daher seinen Zwischenruf nicht und weise ihn erneut zurück.

Ich verstehe auch, daß Sie Ihre persönliche Reputation zu wahren wissen. Was ich allerdings nicht verstehe, sind zwei Punkte: Das erste ist – aber da sind Sie kein Einzelfall, das reißt zunehmend ein –: Ich meine nicht, daß es einem Bundesminister, der auf der Regierungsbank sitzt, zusteht, zu polemisieren. Das ist nicht die Aufgabe eines Ministers auf der Regierungsbank. (Bundesrat Bieringer: Zur Geschäftsordnung!)

Das zweite ist, daß ich meine, daß mir ein Ordnungsruf insofern nicht berechtigt erscheint, als ein Zitat gebracht wurde, noch dazu ein Eigenzitat. Für den Fall, daß dieses in der "Presse" unrichtig sein sollte, inhaltlich ehrenrührig sein sollte, erwarte ich, daß presserechtlich dagegen entsprechend vorgegangen wird. Aber wenn das nicht der Fall sein sollte, ist das ein Zeichen dafür, daß es vom Betroffenen selbst gar nicht als ehrenrührig empfunden wird. Wenn es nicht ehrenrührig ist und wenn es eine zutreffende Wiedergabe einer eigenen Äußerung ist, kann es meines Erachtens nicht berechtigter Anlaß für einen Ordnungsruf sein. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister! Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vorliegen. Ich rufe Herrn Bundesrat Bieringer vor Ihnen auf, Sie sind dann der nächste Redner. – Bitte.


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10.53

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zur Geschäftsordnung gemeldet, weil ich erwarte, daß sich Herr Kollege Weilharter beim Herrn Bundesminister für seine Äußerungen entschuldigt (Bundesrat Weilharter: Der Herr Bundesminister soll sich entschuldigen!), weil ich glaube, Herr Kollege Weilharter, daß das einmalig ist.

Ich habe die Ehre, seit 1984 diesem Hohen Hause anzugehören, aber so etwas hat es im Bundesrat bisher noch nicht gegeben, und ich weise das, was Sie hier von sich gegeben haben, mit aller Entschiedenheit zurück. Eine Verunglimpfung eines Ministers in einem derartigen Ausmaß hat es hier noch nicht gegeben, und meine Fraktion wird, wenn Sie jemals wieder hier an das Rednerpult treten, geschlossen den Saal verlassen. Wir sind nicht bereit, uns Ihre Haßtiraden anzuhören. (Beifall bei der ÖVP.)

10.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister! Sie haben das Wort. – Bitte.

10.54

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Zum Zitat und zum Zusammenhang: Bei der Bilanzpressekonferenz, die der Herr Vizekanzler und ich gemacht haben, haben wir präsentiert, wie sich der Zustand der österreichischen Ökonomie im internationalen Vergleich darstellt: keine Inflation, 0,2 Prozent nach dem EU-Verbraucherpreisindex, die niedrigsten Kreditzinsen seit 30 Jahren, kein Währungsrisiko dank Euro-Beitritt für 55 Prozent der Exporte und 63 Prozent der Importe, die höchste Beschäftigtenzahl in der österreichischen Geschichte, die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit und mit 4,3 Prozent – wie bei den Amerikanern – im internationalen Vergleich eine rekordniedrige Arbeitslosigkeit.

Ich wurde gefragt, ob mir bei den vielen Widerständen, auf die ich in der Politik gestoßen bin, das Ganze noch Spaß macht. So war die Frage. Ich habe darauf geantwortet: Wenn jemand, als er angetreten ist, einen Liberalisierungsgrad von einem Drittel der österreichischen Volkswirtschaft vorgefunden hat und ein Ressort hat, in dem er mitwirken oder direkt gestalten muß, und dann am Ende der Periode zwei Drittel der Ökonomie – bestätigt von Professor Kramer – liberalisiert sind, dann ist es völlig klar, daß das nicht ohne Feindbilder abgehen kann, denn Sie werden von allen, die in den bisher geschützten Sektoren – Stichwort: Strom, Telekom, Ladenöffnung, Gewerbeordnung – beschäftigt waren, von allen, die Rechte aufgeben müssen, um anderen mehr Freiraum einzuräumen, Widerstände haben.

Ich habe in diesem Zusammenhang und nicht im Zusammenhang mit Lassing oder Vorfällen der traurigen Art von Schwaz bis Tauerntunnel, wie es zitiert wurde, gesagt: Mir macht die Politik, das Arbeiten Vergnügen, soviel Vergnügen, daß ich dafür Vergnügungssteuer zahlen müßte. So habe ich es in diesem Zusammenhang gesagt. Ich bekenne mich daher zu diesem meinem Zitat, aber ich wäre entsetzt, wenn es in einen Zusammenhang mit Lassing, Tauerntunnel gestellt werden würde und es dann noch heißt: Das macht ihm alles Vergnügen.

Ich finde diesen Zusammenhang so, daß ich wirklich glaube, das hat sich das Zitat nicht verdient. Darum habe ich ausdrücklich gesagt: Dieses Zitat bezog sich auf mein Arbeitsgefühl im Zusammenhang mit den vielen Kompetenzen, die ich zur Entwicklung, zur positiven Entwicklung der österreichischen Wirtschaft einsetzen durfte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Es ist hier der Ruf nach einem Ordnungsruf gekommen. Ich werde diesen nicht erteilen. Erstens einmal kann ich das nicht, ich kann einem Minister keinen Ordnungsruf erteilen. Es wäre durchaus schon angebracht gewesen, Ordnungsrufe im Rahmen der Debatte zu erteilen – auch das habe ich nicht getan.


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Ich appelliere aber an Sie, bei aller politischen Unterschiedlichkeit immer daran zu denken, wir sind Menschen, und wir haben menschlich miteinander umzugehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Grissemann. ) Ich habe das handschriftlich vom Herrn Präsidenten so übernommen. Auf der Rednerliste steht: Gasteiger und dann Grissemann. Herr Kollege Grissemann! Sie sind auf der Rednerliste. – Bitte, Herr Bundesrat Gasteiger.

10.58

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Um zu den Themen vorher kurz noch einmal Stellung zu nehmen: Sicherlich gibt es dazu einiges zu diskutieren, aber der Stil der sozialdemokratischen Fraktion ist sicher nicht so gewaltmassig wie der Stil der Freiheitlichen. Wenn wir über diese Themen diskutieren, dann in einem sehr moderaten Stil, weil, wie die Frau Vizepräsidentin gesagt hat, es immer noch um Menschen und nicht um Marionetten geht.

Zum Mineralrohstoffgesetz: Wenn ich mir das Wort "Mineralrohstoff" genau anschaue, dann heißt es für mich unter anderem auch Abbau unter Tag. Dazu fallen mir zwei Stichworte ein. Das eine ist heute zu diesem Punkt schon des öfteren erwähnt worden: Lassing. So tragisch die Situation ist, es mußte erst ein Gesetz geändert werden, um die Toten bergen zu können. Warum hat es diese Bestimmungen nicht schon lange im Gesetz gegeben? – Ich interpretiere es einmal so: Solange nichts passiert, braucht man es auch nicht. Leider Gottes ist dieses Unglück passiert, Gott sei Dank ist dieses Gesetz jetzt geändert worden, und Gott sei Dank kann man nun mit den Arbeiten beginnen, um die Toten zu bergen.

Ihre Aussage, Herr Minister, die Bergung der Toten werde durchgeführt, koste es, was es wolle, wird von den Betroffenen in Lassing, von den Hinterbliebenen sicherlich sehr ernstgenommen, und man wird Sie diesbezüglich sicherlich beim Wort nehmen.

Aber mir fällt in diesem Zusammenhang noch ein anderes Stichwort ein, und das ist sehr wenig erwähnt worden: Eiblschrofen in Schwaz. Darüber jetzt neu zu diskutieren, wäre müßig, weil dieses Thema über Wochen durch alle nationalen und internationalen Medien gegeistert ist und noch immer geistert. Natürlich werfen sich in diesem Zusammenhang auch einige Fragen – ich möchte sagen, vielleicht auch einige Vorwürfe, aber man muß erst einmal schauen, was bei der Untersuchung herauskommt – auf, die vielleicht vom Herrn Minister beantwortet werden.

Offensichtlich hat man nach Lassing in der Bergbaubehörde nichts dazugelernt; einiges wäre vielleicht, wenn man schneller reagiert hätte, in Schwaz verhinderbar gewesen. Der einzige Punkt, in dem Lassing und Schwaz nicht vergleichbar sind, ist der, daß es in Schwaz Gott sei Dank keine Toten gegeben hat.

Mir ist aber noch unklar, was vom Wirtschaftsministerium – da meine ich nicht, Herr Minister, die 80-Millionen-Schilling-Studie, die Sie in Auftrag gegeben haben, vielleicht können Sie dazu noch Stellung nehmen – zur Behebung der Schäden in Schwaz – ich meine die materiellen Schäden, Verdienstentgänge, die Schäden, die die Unternehmen haben, es darf nach wie vor nicht in manchen Betrieben gearbeitet werden – unternommen wird.

Zum anderen sei noch erwähnt, daß es in Österreich nach meinen Informationen zirka 15 Bergwerke mit aktivem Untertagabbau gibt und noch einige Bergwerke mehr, welche für touristische Zwecke, also als Schaubergwerke, genützt werden. Herr Minister! Sie sind zuständig für Wirtschaft und Tourismus, und mich würde interessieren, welche Maßnahmen für all diese Untertagbergwerke, also für den aktiven Bergbau, und für die Bergwerke, die für touristische Zwecke genutzt werden – das sind oft auch Wirtschaftsunternehmen –, getroffen wurden. In Schwaz mußte das Schaubergwerk geschlossen werden, mittlerweile sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt worden, und man weiß nicht, wie das Ganze weitergehen wird. Wie gesagt, mich würde interessieren, was von seiten Ihres Ministeriums getan wird, damit es ein zweites Lassing, aber auch einen zweiten Eiblschrofen nicht mehr gibt.


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Abschließend, Herr Minister, möchte ich Sie fragen: Wann haben Sie vor, die parlamentarische Anfrage betreffend den Bergbruch in der Gemeinde Schwaz, eingebracht am 15. 7. dieses Jahres, also vor zirka 14 Tagen, von den Nationalräten Niederwieser, Wurm, Reheis und Tegischer – sie liegt Ihnen sicherlich vor –, zu beantworten? – Für den Bundesrat zur Information: Sie enthält 15 Fragen, deren Beantwortung für die Schwazerinnen und Schwazer sehr wichtig ist, damit man weiß, wie es dort weitergeht, damit man weiß, wo unter Umständen das Verschulden zu suchen ist. Es sind also viele offene Fragen zu beantworten. Wann, Herr Minister, haben Sie vor, diese 15 Fragen zu beantworten? – Man wartet in Tirol, man wartet in Schwaz auf Ihre Antwort.

Abschließend: Wir Sozialdemokraten werden selbstverständlich – ich unterstreiche das "selbstverständlich" doppelt und dreifach – diesem Anhang zum Gesetzestext, der so wichtig ist für die Zukunft, zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.03

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

11.03

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Herr Minister! Hoher Bundesrat! – Frau Vizepräsidentin! Ich hätte eine persönliche Bitte: Es wird Ihr gutes Recht sein, daß Sie die Rednerliste beliebig gestalten und Redner beliebig aufrufen. Ich müßte mir das in der Geschäftsordnung genauer anschauen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn das aber in diesem Hause Usus wird, dann werden wir halt keine Ordnung mehr zusammenbringen. Wenn das praktisch bei jedem Tagesordnungspunkt geschieht, dann wird das problematisch werden. Das nur dazu. Sie müssen sich auch einmal in die Rolle der Bundesräte hineinversetzen: Man bereitet sich vor (Bundesrat Konecny: Und kommt drei Minuten später dran! Welch Katastrophe!), man weiß, wann man dranzukommen hat ... (Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist auch in eurem Interesse, was ich hier sage. Ich bin schon fertig. Denken Sie darüber nach! Es ist, so glaube ich, in Ihrem Interesse. (Bundesrat Konecny: Sagen Sie das Ihrem Klubsekretär, er soll sich erkundigen, wie die Liste ausschaut! – Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. ) Richtig, Kollege d′Aron! Immer alles besser wissen, aber ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, ich weiß, Herr Präsident, das ist mir alles klar. Nur, wenn wir das so handhaben, weiß ich nicht, ob das im Interesse aller Kolleginnen und Kollegen ist. – Ich bin schon fertig damit.

Nun aber zur Vorlage, um auch wieder ein bißchen Ruhe hier hereinzubringen. Natürlich wissen wir, daß es sich hier um eine klassische Anlaßgesetzgebung im Sinne der Betroffenen handelt. Das ist auch uns Freiheitlichen klar. Im Sinne der Betroffenen stimmen auch wir Freiheitlichen dieser Vorlage zu. Einige grundsätzliche Bemerkungen seien aber gestattet.

Das Wesentliche hat mein Kollege Bundesrat Engelbert Weilharter schon gesagt. Ich beschränke mich auf ... (Zwischenrufe bei der ÖVP, darunter: Unterschreibst du das, was er gesagt hat?) Wenn Sie mich weiterreden lassen und mir zuhören würden, dann würden Sie erkennen, was ich in meinem Beitrag zum Ausdruck bringen will.

Ich beschränke mich als Tiroler Bundesrat jetzt auf die Situation in Schwaz. Was uns Freiheitliche hier erschüttert und beunruhigt, ist die Tatsache, daß Minister Farnleitner aus der Tragödie von Lassing nichts gelernt hat. Das ist jetzt meine ganz persönliche Ansicht aufgrund der Tiroler Gegebenheiten. Statt alle Aspekte dieser neuerlichen Katastrophe – es ist eine Katastrophe! – schonungslos auf den Tisch zu legen und alle nur erdenklichen Sofortmaßnahmen, jetzt sage ich, offen zu diskutieren, läßt Minister Farnleitner zunächst einmal die Medien bei einer Besprechung mit der betroffenen Bevölkerung ausschließen.

Herr Minister! Ich sage Ihnen eines dazu: Es mag schon sein, daß sich manches leichter in einem geschlossenen Zirkel sagen läßt, aber das war eine Ihrer unglücklichen Entscheidungen, die die Bevölkerung so auf die Palme treibt.


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Herr Minister Farnleitner! Ich möchte Sie direkt ansprechen: Für Katastrophen können Sie nichts. Die Schuldfrage wird, wenn überhaupt, erst in Jahren geklärt werden. Das ist uns allen klar. Wofür Sie aber schon etwas können, ist die unglaublich – bitte, lassen Sie sich das einmal sagen! – arrogante und zynische Art, wie Sie diese Unglücksfälle kommentieren. Noch schlimmer ist die Tatsache – das ist das nächste Problem in Ihrem Ministerium –, daß Sie von Ihren Beamten sichtlich falsch beziehungsweise überhaupt nicht informiert werden. Sie hätten sich durch Disziplinarmaßnahmen schon viel früher den nötigen Respekt verschaffen müssen. Herr Minister! Das ist ein Problem Ihres Hauses! Ich gebe zu, daß das nicht einmal das Problem Ihrer Sachkompetenz ist, es ist, so glaube ich, eher das Managementhandling in Ihrem Hause selbst.

Wie sagt es der Bürgermeister von Schwaz, der in den letzten Tagen wirklich über sich selbst hinausgewachsen ist, so treffend und so richtig? – Ich darf zitieren, Frau Präsidentin: Ich bin überzeugt, daß die Behörde dem Minister ein völlig falsches Bild vermittelt hat. Sein Fehler war es, dieses Bild nach außen zu vertreten. – Darum geht es heute.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem nichts mehr hinzufügen, außer einen guten Rat: Gehen Sie in sich, Herr Minister, und ziehen Sie die Konsequenzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Grissemann! Zu Ihrem Hinweis, ich möge mir die Geschäftsordnung mehr anschauen: Keine Sorge, ich tue das, ich habe sie wahrscheinlich wesentlich öfter in der Hand als Sie selbst. Ich kann Ihnen nur sagen, die Reihenfolge der Wortmeldungen hat ihre Ordnung.

Soweit ich sehe, hat sich Herr Präsident Weiss zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet, und er wird Ihnen ganz genau erklären, wie diese Rednerliste zustande gekommen ist. (Bundesrat Prähauser: Am besten gleich schriftlich, dann kann er es nachlesen!)

11.09

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die der derzeit den Vorsitz führenden Frau Vizepräsidentin angelastete Reihenfolge der Redner fällt in meine Verantwortung, weil ich sie so festgelegt habe, und zwar aufgrund dessen, daß die SPÖ-Fraktion Herrn Bundesrat Gasteiger lange vor Beginn dieser Debatte in der geschäftsordnungsmäßig hiefür vorgesehenen Form als Redner nominiert hat.

Die Geschäftsordnung sagt ganz ausdrücklich, daß der Vorsitzende unter Bedachtnahme auf die Fraktionsstärke und die zu erwartenden Standpunkte für einen Wechsel zu sorgen hat. Da liegt es zwangsläufig auf der Hand, daß in der Rednerreihenfolge Missethon, ÖVP, Erhard Meier, SPÖ, Weilharter, FPÖ, bei einem weiteren Redner der SPÖ dann nicht Grissemann, FPÖ, sondern eben der ganz ordnungsgemäß zu Wort gemeldete Herr Kollege Gasteiger folgen kann. Ich hoffe, das hiemit aufgeklärt zu haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.10

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.10

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich bin dankbar für die Möglichkeit, hier ein paar Worte zu Schwaz verlieren zu können.

Zum ersten: Ich muß etwas in Erinnerung rufen, was den meisten offenbar nicht bekannt ist, daß nämlich das Problem der Konsistenz des Eiblschrofen schon seit Jahrzehnten besteht und aufgrund eines Einbruchs im Abbaugebiet eins oder zwei 1993 ein Gutachten der Zivilingenieurgemeinschaft Lässer-Feizlmayer erstattet wurde, das im April 1996 vorgestellt wurde. In diesem wurde unter Nennung von vier Gründen darauf hingewiesen, daß der Eiblschrofen ein außer


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657. Sitzung / Seite 232

ordentlich instabiles Massiv ist, bei dem ständige schwere Felssturzgefahr besteht. Dieses Gutachten wurde 1996 publiziert, und die vier Gründe waren:

Erstens die geologische Verfaßtheit des Berges, zweitens die alten Bergbaue, drittens Sonderwettereinflüsse und viertens möglicherweise der Bergbau unter Tage.

Nachdem das im April 1996 festgestellt worden war, wurde zwei Maßnahmen getroffen: Die Bergbehörde hat veranlaßt, daß der bestehende Untertagabbau in den Horizonten drei und vier seismisch verkabelt und regelmäßig kontrolliert wird. Es ist dies nunmehr das am genauesten kontrollierte Bergwerk Europas überhaupt, was seine Auswirkungen auf den Restberg anlangt. Daraufhin gab es einen Auftrag des Unternehmens – nicht von uns, Herr Bundesrat! – an Herrn Professor Schubert aus Graz, der feststellen sollte, ob es zwischen den neuen, aktuellen Untertagbergbauen und den Vorgängen oben am Berg Zusammenhänge gibt. Dieses Gutachten, das über Wunsch der Landesgeologen nach einer Besprechung, an der auch die Gemeinde teilgenommen hat, nochmals um einige Wochen wegen einiger Abklärungen verschoben wurde, lag mir in der Rohinformation vor. Auch das war in der gemeinsamen Pressekonferenz aller Beteiligten unbestritten. – Professor Schubert schließt einen plausiblen Zusammenhang zwischen den Vorgängen beim aktuellen Untertagbergbau und den jetzt vorgehenden Zerfallerscheinungen am Schrofen aus. Das wurde auch so in der Öffentlichkeit dargestellt.

Damit beginnt die schwierige Verantwortungssuche. Wenn die drei ersten Grundlagen Ursache der Vorgänge sind, dann liegt die Krisenverantwortung nicht beim Wirtschaftsministerium. Die Krisenvorsorge baut sich, wie Sie selbst besser wissen, aus Gemeinde, Land und Bundeskanzler auf. Daher bitte ich, einmal meine diesbezügliche Involvierung auch hier klarstellen zu dürfen, und zwar unbeschadet dieses Sachverhaltes, weil zwei, drei Vorwürfe sehr großspurig im Raum gestanden sind.

Zuerst wurde gesagt, die Bergbehörde sei nicht erreichbar gewesen. – Darauf sage ich in aller Deutlichkeit: Wir haben in allen Bundesländern Seminare mit Gemeinden, mit Bezirkshauptleuten, mit Landesregierungsangestellten abgehalten und klargemacht, daß künftig die Montanbehörde für derartige Vorfälle zuständig ist. (Bundesrat Boden: War das nach Lassing?)  – Ja, ja! Gleich, als das MinroG beschlossen wurde, haben wir diese Schulungstätigkeit in allen Bundesländern und Bezirkshauptmannschaften durchgeführt und die Information weitergegeben, daß für derartige Situationen die Montanbehörde zuständig ist, die sich in meinem Ministerium befindet.

Diese Behörde wurde nach dem Samstagereignis nicht angerufen. Gesucht wurde die alte Berghauptmannschaft in Innsbruck, die diese Kompetenz nicht mehr hat. Als am Sonntag um 14 Uhr einige wenige Anrufe in meinem Ressort erfolgten, waren die zuständigen Stellen besetzt, denn bei uns wird gearbeitet, leider auch am Sonntag. Wir haben sofort einen Geologen im Sinne von Rechtshilfe stellig gemacht, weil bergmännisch nichts zu veranlassen war. Das wurde auch von der Gemeinde und von den dort Zuständigen anerkannt. Daher ist die Geschichte von einer Bergbehörde, die 20 Stunden nicht erreichbar war, ein mediales Märchen und entspricht nicht der Realität, denn wir waren voll einsatzfähig. Dozent Weber wurde sofort mit einem Hubschrauber des Bundesheeres vor Ort gebracht.

Dritter Vorwurfskreis: Meine Damen und Herren! Wir haben noch an diesem Tag das Schaubergwerk sowie den untertägigen Abbau von Dolomit geschlossen, weil erstens die Eingänge im Schutzbereich beziehungsweise Sperrbereich liegen und weil zweitens kein Sicherheitsrisiko für erwartete Großeinbrüche für die dann unter Tag eingeschlossen Besucher, Führer oder Mitarbeiter eingegangen werden sollte. – Und das war’s einmal.

Dann habe ich gesagt: Ich stelle mich der Bevölkerung, aber nicht unter dem Klicken von 1 000 Kameras und Kameraaugen, die ständig laufen. Es soll jedoch jeder mit mir das Gespräch führen können. Daraufhin hat es eine gewisse Aufregung gegeben, vor allem bei den Medien, was ich verstehe. Aber ich darf Ihnen sagen: Wir haben die Reaktionen beim Hinausgehen gecheckt, und der Großteil – das kann man letztlich nachprüfen – der von mir dort betreuten Abgesiedelten war sehr zufrieden mit dem, was wir gesagt haben.


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657. Sitzung / Seite 233

Daß der ORF-Tirol – das Fernsehen – es schafft, nur drei negative Dinge zu bringen, während der Hörfunk ein ausgewogenes Bild repräsentiert hat, mag eine Facette sein. Darüber werde ich mich zu gegebener Zeit einmal aufregen. Aber das ist nicht der Punkt. Wir haben einvernehmlich mit der Gemeinde und mit allen Betroffenen im Sinne von Rechtshilfe durch das Wirtschaftsministerium, weil wir als Bergmontanbehörde dort wirklich nichts weiter zu tun haben, mehrere Dinge völlig klargestellt.

Erstens: Es wird ohne eine Anhörung vor Ort und ohne die Beiziehung von Experten, die uns die Gemeinde unabhängig namhaft macht, keinen Entscheid darüber geben, ob der Untertagabbau oder das Schaubergwerk wieder geöffnet werden.

Zweiter Punkt: Ich habe Druck gemacht, daß endlich die Dämme, deren Bau ruhig schon vor einigen Jahren begonnen werden können hätte, um Schutz vor diesen Geröllmassen zu bieten, gebaut werden. Die diesbezüglichen Arbeiten sind, wie Sie den Medien entnehmen können, schon angelaufen.

Drittens habe ich gesagt: Sollten sich im Hinblick auf den Zeithorizont von möglicherweise einigen Monaten Anwohner nicht mit Ersatzwohnungen zufrieden geben wollen, dann könnten wir uns auch die Errichtung eines Fertighausmodelles vorstellen. Wir stellen diese überall in der Welt rasch auf, das wäre auch hier möglich.

Viertens habe ich zugesagt, daß ich mich unter ständiger Beobachtung, wie die Schadensabwicklung abläuft, dazu verwenden werde, daß der zuständige Minister – das bin nicht ich, sondern das ist der Finanzminister – die notwendigen Bundesmaßnahmen setzen wird, falls solche erforderlich sind.

Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! In Schwaz bestehen die Risiken eines Berggebiets, wie sie in vielen Bereichen auftreten. Die Zuordnung der Ursächlichkeit ist – ich betone das nochmals – vor allem bei mittelalterlichen Bergbauen ein Sonderproblem, dieses fällt aber jedenfalls nicht den aktuellen Betreibern des Bergbaus in Brixlegg oder meiner Bergbehörde zu.

Betreffend Schwaz haben wir im Augenblick bestes Einvernehmen mit allen Beteiligten. Ich habe auch allen Bürgern die Erledigungen, wie ich sie dem Bürgermeister zugesagt habe, zur Kenntnis gebracht und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Wir bleiben alle Gewehr bei Fuß und hoffen, daß die Schutzmaßnahmen in Form des Baus der Dämme rasch getroffen werden können und dann allfällige Abbaubewegungen ohne Gefährdung der dort wohnenden Menschen weiter durchgeführt werden können. Wir werden das Bergwerk sicherlich nicht wieder öffnen, bevor wir nicht alle Beweise haben, daß aus diesem Bereich keine ungewöhnlichen Vorgänge verursacht wurden. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

11.17

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Ich möchte zwei kurze Anmerkungen machen, zum einen zur Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsministeriums: Wenn wir uns am Ende der Legislaturperiode die Zahlen, Daten und Fakten anschauen, dann können wir, so glaube ich, feststellen, daß die Bundesregierung und insbesondere das Wirtschaftsministerium sehr gut gearbeitet haben. Der Wirtschaftsstandort Österreich hat weiterhin exzellente Aussichten, das muß man in aller Deutlichkeit sagen. Wir haben eine niedrige Inflationsrate, und wir haben niedrige Zinsen, und das haben wir der Bundesregierung und vor allem Herrn Bundesminister Farnleitner zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine zweite Anmerkung zum Debattenbeitrag des Bundesrates Weilharter: Ich habe bereits die heutigen Eröffnungsdebattenbeiträge von Herrn Dr. d'Aron als skurrile Beiträge bezeichnet, und ich habe nicht geglaubt, daß es noch eine Steigerung gibt. Aber Herr Kollege Weilharter hat mich eines Besseren belehrt! (Bundesrat Dr. d′Aron: Nehmen Sie die Bezeichnung "skurill" bitte


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zurück! Das ist unerhört! – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist eine Unverschämtheit! – Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, daß sich, wenn einem Regierungsmitglied, ganz egal, ob schwarz oder rot, derart ans Bein gepinkelt wird, hier im Hohen Haus übler Geruch bemerkbar macht, und zwar der Geruch der Menschenverachtung und des Hasses. (Bundesrat Dr. Böhm: Ihre Bemerkung ist geschmacklos!) Das entspricht nicht der Kultur dieses Hauses. Darum werden wir auch Ihrem Antrag nicht zustimmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Keuschnigg zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.20

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe jetzt sehr genau aufgepaßt, wie die freiheitliche Fraktion im Fall Schwaz argumentiert hat. In Wahrheit hat sie überhaupt nicht argumentiert, sondern hat sich wie im Fall Lassing mit eher oberflächlichen und zum Teil billigen Argumenten abgegeben. Dabei wäre der Fall Schwaz ein Modellfall der Gegenwart, bei welchem man sich nicht in der sicheren Position wähnen darf, daß ein Jahr vergangen ist und man sich im Aufarbeitungsfall relativ günstig profilieren kann.

Worum geht es in Schwaz? – In Schwaz geht es in erster Linie darum, der betroffenen Bevölkerung die Sicherungsmaßnahmen für die Zukunft zur Kenntnis zu bringen. Das hat der Herr Bundesminister ausgeführt, diese Frage brauche ich daher nicht mehr zu behandeln.

Zum zweiten geht es im Fall Schwaz aber darum – da wären Vorschläge gefragt, denn da gibt es nicht ein Argument, das auf dem Tisch liegt –, wie man damit umgeht, daß die Bevölkerung seit Wochen evakuiert ist und die Betroffenen nicht wissen, ob sie weitere zwei, drei Monate oder noch länger evakuiert sein werden. (Bundesrat Grissemann: Außerdem entsteht jeden Tag ein Schaden von einer halben Million!) Es entstehen jeden Tag weitere Schäden, und zwar allein schon dadurch, daß die Betriebe nicht arbeiten und die Bauernhöfe nicht bewirtschaftet werden können. Die Leute wissen nicht, wo ihre Perspektiven liegen. Diesbezüglich hat es aber bis dato keinen Vorschlag gegeben. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Bösch. )

Diesbezüglich hat es von Ihnen keine Vorschläge gegeben, und das ist bezeichnend für Ihren Stil, daß Sie sich dann gerne ducken und die anderen arbeiten lassen, wenn es um Vorschläge geht, daß Sie aber dann, wenn es darum geht, über jemanden herzuziehen, relativ stark sind.

Diese Frage, wie man mit den Anliegen der Bevölkerung umgeht, ist nicht so einfach zu beantworten. Es wird eine mühsame Suche nach möglichen Verursachern geben, die unter Umständen für Schadenersatz und so weiter aufkommen. Wiederum aus der Sicht der betroffenen Bevölkerung bedeutet das, daß wahrscheinlich Rechtsstreitigkeiten entstehen werden und die Bevölkerung keine entsprechende Perspektive für weitere Monate beziehungsweise Jahre haben wird. Allein daraus, daß die Frage, wie man sich weiterhin orientieren soll, nicht so ohne weiteres beantwortet werden kann, werden weitere Schäden entstehen.

Wenn sich herausstellt, daß es sich hiebei ganz oder zu gewissen Teilen um ein Naturereignis gehandelt hat, dann stellt sich die schwierige Frage, wie unsere Solidargesellschaft, Gemeinde, Land und Bund, mit den betroffenen Leuten umgeht. Auch diesbezüglich ist guter Rat teuer. Das Katastrophenfondsgesetz ist meines Wissens noch nie dazu verwendet worden, Einkommensentgänge aus laufenden Umsätzen zu entschädigen. Das heißt also: Wenn dieser Grundsatz nicht gebrochen wird, dann ist guter Rat teuer, denn dann steht die betroffene Bevölkerung mit ihren materiellen Schäden – und um nichts anderes kann es in der Diskussion gehen – allein da.

Ich wollte mit diesem Debattenbeitrag im Prinzip nur darauf hinweisen, daß jetzt Gehirnschmalz erforderlich ist und man sich sehr genau überlegen muß, wie man damit umgeht. Wir erleben jetzt offenbar eine Zeit der Naturkatastrophen, und ich komme aus einem Land, in dem man weiß, was das bedeutet. Wir sind daher sehr froh, daß dieser Katastrophenfonds auf Initiative der Volkspartei vor wenigen Jahren verlängert wurde und weiter besteht. Denn in Anbetracht der


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Großereignisse des heurigen Winters und auch des Frühjahrs mit den Überschwemmungen müssen wir entsprechend reagieren, und ich traue mich jetzt die Frage, ob Schwaz ein Fall für den Katastrophenfonds wird, noch gar nicht anzusprechen. Aber wir müssen darauf Antworten geben und dürfen uns nicht in billigen Polemiken ergehen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege.

11.24

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Kollege! Ich wollte mich eigentlich in meiner ersten Sitzung, also in der Sitzung meiner Angelobung, nicht zu Wort melden. Die Wogen der Empörung, die hier hochgegangen sind, bewegen mich aber dennoch dazu.

Es ging natürlich meiner Fraktion nicht darum, dem Herrn Minister die Ehre abzukaufen. Darüber gibt es überhaupt keine Frage! (Bundesrat Bieringer: Der Ton macht die Musik!) Es muß aber legitim sein, daß man die politische Verantwortung, die etwas ganz anderes ist, einfordern kann. (Bundesrat Bieringer: Der Ton macht die Musik!) Lieber Herr Kollege! Hören Sie doch einmal Ihrer Fraktion zu! Ich weiß nicht, ob Sie das von da vorne wahrnehmen! Aber Begriffe wie "ans Bein pinkeln", "skurril" oder ähnliche Dinge, die wir ununterbrochen während der Wortmeldung des Herrn Kollegen Weilharter gehört haben, sind wirklich überflüssig und entsprechen wohl nicht der Würde des Hauses! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Haunschmid: Das ist ein Erstredner!)

Das ist jedenfalls der Punkt. Wir wissen, daß das eine sensible Frage ist. Es muß der Opposition zugestanden werden, die politische Verantwortung einzufordern. Das ist keine Majestätsbeleidigung! Aber offenbar ist das Ihr Regierungsverständnis! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit ... (Bundesrat Meier: Ich habe nicht mitgestimmt! – Bundesrätin Schicker: Ich habe auch nicht mitgestimmt!) Okay: Dann ist es die Mehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Das ist für mich wieder ein Zeichen, daß wahrscheinlich der Abstimmungsmodus leicht geändert werden muß. Denn es ist nicht immer leicht zu sehen, ob jemand die Hand unten hat oder vielleicht nur den Kopf stützt. Daher glaube ich, daß wir uns für die Zukunft etwas überlegen müssen, wie die Abstimmungen vom Präsidium aus wirklich 100prozentig überprüft werden können. Aber ich danke für den Hinweis, daß es sich nur um die Stimmenmehrheit gehandelt hat.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Entlassung des Wirtschaftsministers vor.


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Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit .

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Urlaub!

Ich möchte jetzt noch die Mitglieder des Hauses darauf aufmerksam machen, daß ich der Meinung bin, daß, wenn ein Antrag, der aufgrund demokratischer Rechte eingebracht wurde, nicht die Mehrheit findet, nicht diejenigen, die mehrheitlich dagegen gestimmt haben, durch Applaus ihre Begeisterung zeigen sollten. Es ist meines Erachtens ein Akt der demokratischen Höflichkeit, daß man sich einer Äußerung darüber, wie man die Sache empfindet, enthält.

44. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über den Vertragsabschluß im Fernabsatz in das Konsumentenschutzgesetz eingefügt und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 sowie das Produkthaftungsgesetz geändert werden (Fernabsatz-Gesetz) (1998 und 2062/NR sowie 6063/BR der Beilagen)

45. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufs durch den 31. Dezember 1999 (2063/NR sowie 6064/BR der Beilagen)

46. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über elektronische Signaturen (Signaturgesetz – SigG) (1999 und 2065/NR sowie 6065/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 44 bis 46 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über den Vertragsabschluß im Fernabsatz in das Konsumentenschutzgesetz eingefügt und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 sowie das Produkthaftungsgesetz geändert werden (Fernabsatz-Gesetz),

ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufs durch den 31. Dezember 1999 sowie

ein Bundesgesetz über elektronische Signaturen (Signaturgesetz – SigG).

Die Berichterstattung über die Punkte 44 bis 46 hat Frau Bundesrätin Kainz übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatterin Hedda Kainz: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Justizausschusses über das Fernabsatz-Gesetz liegt schriftlich vor.

Ich stelle daher den Antrag:

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage vom 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Der Bericht des Justizausschusses betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenlaufs liegt ebenfalls schriftlich vor.

Der Antrag lautet somit: Der Justizausschuß stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Der Antrag zum Signaturgesetz, über welchen ebenfalls ein schriftlicher Bericht vorliegt, lautet:

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die – wie gesagt – über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

11.31

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Verehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kurze Replik zur vorangegangene Debatte.

Ich möchte festhalten, daß ich zwar die Panik in den Kreisen der Freiheitlichen verstehe. Denn seit Dr. Haider in Kärnten in ein ordentliches Beschäftigungsverhältnis eingebunden ist, ist es um die mediale Präsenz dieser kleinen Riege doch sehr schwach bestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich meine aber dennoch, daß es zu deren Steigerung nicht notwendig wäre, auf Maßnahmen zurückzugreifen, die sich in einer Kette verfolgen lassen: Das beginnt bei der Beschimpfung der Landeshauptleute und eigener Kollegen und setzt sich über die Ministerbeschimpfung in Situationen fort, in welchen es sich offensichtlich um Katastrophen und Notfälle handelt und die Hilflosigkeit der gesamten Republik nachvollziehbar war. Denn es stehen Menschen sehr hilflos vor Notsituationen, und der Minister hat sich sehr wohl bemüht, diese Situationen mit seinem Team in den Griff zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte diese Methoden, wie sie uns hier von Kollegen Weilharter und auch zum Teil aus den Kreisen der Kollegen vorgeführt wurden, aber in aller Deutlichkeit zurückweisen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zur Tagesordnung.

Uns liegt ein Bündel von Gesetzen vor, die in erster Linie der Rechtssicherheit dienen. Man könnte zusammenfassend sagen, daß es sich um Wirtschaftsmaßnahmen beziehungsweise vertrauensbildende Maßnahmen handelt, die zweifelsohne in ihrer Summe und in ihrer Präzision notwendig zu sein scheinen, wiewohl ich aber als ein Vertreter der Wirtschaft auch meiner Skepsis betreffend die überschäumenden Regulierungswünsche und den immer wieder vorgebrachten Regulierungsbedarf von ÖGB und Arbeiterkammer Ausdruck verleihen möchte.

Zur gegenständlichen Materie: Im Fernabsatz-Gesetz setzen wir eine EU-Richtlinie um, deren Umsetzung bis zum August 2000 fällig ist. Es geht hiebei im wesentlichen darum, den Konsumenten im elektronischen Verkehr über Distanz und auch mit dem Ausland Rechtssicherheit zu geben. Konkret geht es darum, daß die Gesetzesverletzungen, die dabei auftreten können, von den Klagslegitimierten auch dann verfolgt werden können, wenn sie im Ausland begangen wurden. Klagslegitimiert sind also auch im Ausland berechtigt, Klagen einzubringen.

Auch das UWG 1984 wurde geändert. In dieser Novellierung ist die vergleichende Werbung als zulässig bessergestellt worden. Bisher war das eher problematisch, vergleichende Werbung war verpönt. Mittlerweile wird darauf Wert gelegt, daß diese natürlich, wie Werbung insgesamt, nicht irreführend sein darf. Vergleichende Werbung ist aber ab sofort nicht mehr negativ zu sehen.


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Letztendlich steht dabei auch der Aspekt im Vordergrund, daß diese vergleichende Werbung auch dem Informationsbedürfnis der Konsumenten dient.

Im Fernabsatz-Gesetz ist neuerdings ein Rücktrittsrecht verankert. Das heißt, bei Geschäften mit dem Ausland gibt es – analog zu den Konsumentenschutzbestimmungen – eine Sieben-Tage-Frist, die jetzt allgemein gültig ist und sich durchzieht.

Es wurden auch Bestimmungen bezüglich des Mißbrauchs von Kreditkarten aufgenommen. In Hinkunft besteht die Möglichkeit, dem Kartenunternehmer die Rückbuchung im Falle einer betrügerischen Verwendung der Kreditkarte des Eigentümers abzuverlangen, um allgemein der Situation vorzubeugen, daß man wie vom Donner gerührt seinen Kontoauszug betrachtet und feststellt, daß es eine betrügerische oder mißbräuchliche Verwendung gegeben hat. Somit besteht eine Möglichkeit, daß in Zukunft Geschädigte besser zu ihrem Recht kommen.

Es wurde in dieser Gesamtmaterie auch dem Seniorenrat ein Verbandsklagerecht eingeräumt. Diese Einrichtung dient letztendlich dazu, diesen doch Kaufkräftigsten in unserer Gesellschaft ein Verbandsklagerecht in die Hand zu geben, damit Konsumentenschutzverletzungen, die im Zusammenhang mit unseren älteren Mitbürgern vorfallen, eingeklagt beziehungsweise diese auch vor Übergriffen oder unfairen Geschäftsmethoden abgesichert werden können.

Eine eigene Thematik in der Wirtschaft betrifft die Hemmung des Fristenlaufs durch den 31. Dezember, den letzten Tag dieses Jahres. Der ECOFIN-Rat hat sich für die Bankenwelt gewünscht, daß den Banken an diesem Freitag de facto ein Feiertag zusteht, also ein Tag, der den Fristenlauf hemmt. Die Regelung wurde so getroffen, daß die gesamten Fallfristen, die mit 31. Dezember festgelegt sind, auch dann als eingehalten gelten sollen, wenn sie am 3. Jänner, dem nächsten Arbeitstag im neuen Jahr, eingehalten werden. Wir meinen, daß es diese Regelung ausnahmsweise geben soll. Dabei gibt es Analogien etwa mit dem Karfreitag, und daher ist das mit unserem Rechtsempfinden durchaus konform.

Zum Abschluß noch zum Signaturgesetz: Dieses Gesetz soll den Umgang der Kontrahenten im elektronischen Verkehr erleichtern und darüber Klarheit schaffen, mit wem man als Vertragspartner zu tun hat. Das heißt: Wenn etwa unter einem E-Mail eine Signatur steht, muß damit auch derjenige ausgewiesen werden, den man als ihr zugehörig erkennen kann. Das geschieht durch ein Zertifikat, und dieser Vertrauensschutz soll über Zertifizierungsdienste angeboten werden, um die unbefugte Verwendung von Signaturen hintanzuhalten.

Es werden in Zukunft auch geeignete organisatorische, infrastrukturelle, personelle und auch technische Rahmenbedingungen geschaffen, und zwar im internationalen Kontext, weil es noch keine diesbezügliche europäische Richtlinie gibt. Wir werden in diesem Bereich Pionierarbeit leisten, die in ganz Europa sicherlich aufmerksam verfolgt werden wird. Daher werden wir von unserer Fraktion diesen Gesetzen gerne zustimmen und werden keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.39


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657. Sitzung / Seite 239

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

11.39

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Auch ich möchte eine Replik zur Debatte zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt bringen: Als einer, der noch nicht die Ehre hat, wie Kollege Bieringer seit 1984 in diesem Hause zu sein, sondern diesem erst seit dem Vorjahr angehört, muß ich sagen, daß ich ein bißchen geschockt bin! Denn ich habe nicht geglaubt, daß Mitglieder dieses Hohen Hauses in ihrer Wortwahl so tief sinken können.

Ich möchte meinen Protest gegen diese Unkultur jetzt damit ausdrücken – weil man auch nicht weiß, was nachher kommt –, daß ich mein Manuskript auf meinem Platz liegengelassen habe und lediglich sage: Wir Sozialdemokraten stimmen diesen drei Vorlagen zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

11.40

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr ... (Die Bundesräte der ÖVP verlassen demonstrativ den Sitzungssaal.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege! Einen kurzen Moment.

Da Sie alle jetzt den Saal verlassen: Bitte, es ist das der letzte Redner. Der Herr Bundesminister hat sich zwar auch noch zu Wort gemeldet, aber ich kann die Abstimmung dann nicht durchführen, wenn nicht einmal ein Drittel anwesend ist. (Bundesminister Dr. Michalek: Ich spreche so lange, bis das Haus beschlußfähig ist! – Bundesrat Prähauser: Das ist die Probe für die kleine Koalition nach dem 3. Oktober!)

Bundesrat Engelbert Weilharter (fortsetzend): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Daß die Österreichische Volkspartei diesen Tagesordnungspunkt für eine sportliche Aktivität mißbraucht, gibt wohl Zeugnis darüber, wie ernst die Fraktion der ÖVP die parlamentarische Arbeit hier in diesem Hause nimmt.

Meine Damen und Herren! In aller Kürze zu den vorliegenden Gesetzesmaterien: Ich sage vorweg, daß meine Fraktion diesen Materien die Zustimmung geben wird, wenn es sich auch im Bereich des Fernabsatz-Gesetzes um eine Anpassung an das EU-Recht, an die EU-Richtlinien handelt und auch in der Textierung und im Bericht nicht ganz verständlich ist, daß damit eine Verfestigung des Binnenmarktes erfolgen soll. Außer, es handelt sich ausschließlich um das Ziel, einen europäischen Gleichklang in diesem Bereich zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Sehr positiv möchte ich bewerten, daß die Verpflichtung beinhaltet ist, daß die Verbraucher in Hinkunft umfassender über derartige Verträge informiert werden müssen.

Wie gesagt – das dazu in aller Kürze –, wir werden diesen Materien zustimmen. Wir finden es positiv, als einen richtigen Schritt für unsere Konsumenten und einen richtigen Schritt in Richtung mehr Sicherheit für unsere Verbraucher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte. (Die Bundesräte der ÖVP betreten wieder den Sitzungssaal.)

11.42

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! Auch wenn sich offenkundig eine einstimmige Abstimmung abzeichnet, möchte ich im Hinblick auf die Bedeutung, die der Entwicklung der Informationstechnologien weltweit zukommt, doch ganz kurz das Wort ergreifen.

Sie sehen es täglich, daß die Informationswirtschaft eine der prosperierendsten Branchen mit ständig zunehmenden Steigerungsraten und noch größeren Wachstumspotentialen darstellt. Gerade ein kleines Land wie Österreich muß danach trachten, in der rasanten Entwicklung nicht den Anschluß zu versäumen.

Die neuen Medien schaffen neue Berufe, neue Arbeitsplätze. Sie eröffnen aber auch den österreichischen Unternehmen neue Märkte und bieten den österreichischen Verbrauchern die Möglichkeit, aus einem riesigen weltweiten Markt die für sie günstigsten Angebote auszuwählen.

Damit die technische Entwicklung und die darauf basierenden Angebote von den Anwendern aber auch tatsächlich im wünschenswerten Ausmaß angenommen werden, müssen die Anwender, sowohl Unternehmer als auch Verbraucher, den modernen Technologien ihr Vertrauen schenken können. Daher müssen die Technologien sicher und sowohl für die Unternehmer als auch für die Verbraucher transparent sein.


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Ein wesentlicher Bestandteil zur Schaffung dieses Vertrauens ist ein geeigneter rechtlicher Rahmen für die Informationsgesellschaft. Bei aller Wertschätzung für freiwillige Verhaltenskodizes und -standards kommt man meiner Überzeugung nach aber nicht umhin, auch gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Das Internet kann in diesem Sinn kein rechtsfreier Raum sein, denn sonst könnte vor allem der Schutz der Anwender vor dem Eingriff in ihre Rechte und in ihr Vermögen nicht gewährleistet werden. Die rechtlichen Grauzonen im Internet und das Mißbrauchspotential dieser Technologien stellen für viele Unternehmen und auch Verbraucher ein gewichtiges Investitions- beziehungsweise Kommunikationshindernis dar. Dem kann letztlich nur mit klaren und eindeutigen verbindlichen, also rechtlichen, Regelungen begegnet werden; Regelungen, die nicht allein auf die österreichischen Bedürfnisse abstellen, sondern auch dem grenzüberschreitenden Charakter dieser Medien Rechnung tragen.

Sowohl das Fernabsatz-Gesetz als auch das Signaturgesetz sind solche Regelungen, und sie haben ein gemeinsames Ziel: Es geht darum, Sicherheit, Vertrauen und Transparenz zu schaffen.

Das Signaturgesetz trägt dafür Sorge, daß die Anwender der modernen Medien darüber Bescheid wissen, mit wem sie es zu tun haben, wer ihr jeweiliges Gegenüber ist, und daß die übermittelten Daten authentisch sind oder ein Mißbrauch zumindest erkannt werden kann.

Das Fernabsatz-Gesetz trägt den Anliegen des Verbraucherschutzes Rechnung, indem dem Konsumenten die erforderlichen Informationen über die bestellte Ware oder Dienstleistung ausreichend und rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden und ein gesetzliches Rücktrittsrecht eingeräumt wird.

Es ist heute schon absehbar – und das möchte ich insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates der Österreichischen Volkspartei sagen –, daß bei beiden Gesetzen unter Beachtung der internationalen, insbesondere aber der Entwicklung in der Europäischen Union weitere Regelungen folgen müssen und auch werden. Dabei geht es keineswegs um Akte einer Überregulierung, sondern darum, daß auch in der elektronischen Welt rechtsstaatliche Grundsätze eingehalten werden und gesichert sind. Das ist für alle Anwender von Bedeutung, für die Unternehmer ebenso wie für die Konsumenten.

Ein stringenter und einheitlicher Rechtsrahmen für die Informationsgesellschaft liegt in diesem Sinne im rechts-, wirtschafts- und verbraucherpolitischen Interesse aller Beteiligten. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über den Vertragsabschluß im Fernabsatz in das Konsumentenschutzgesetz eingefügt und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 sowie das Produkthaftungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.


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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufs durch den 31. Dezember 1999.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über elektronische Signaturen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

47. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG) (1902 und 2066/NR sowie 6066/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 47. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG).

Ich bitte Herrn Bundesrat Gstöttner um die Berichterstattung.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor, sodaß ich mich darauf beschränke, den Antrag zu stellen.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. d′Aron. – Bitte.

11.50

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf beabsichtigt, den Rückkauf eigener Aktien als Finanzierungsinstrumentarium – so steht es in der Regierungsvorlage – und als Mittel zur Erhöhung des Kurswertes für börsennotierende Unternehmen vorzusehen. Das ist eine Vorgangsweise, wie wir sie international beobachten können, also es ist an sich keine untypische Vorgangsweise, daß eine derartige Möglichkeit in Staaten für börsennotierende Unternehmen festgelegt wird. Wie in vielen Fällen ist aber nicht alles – wir sehen das auch im Zusammenhang mit der EU – 1 : 1 umlegbar. Die Wirtschaften der Staaten sind natürlich unterschiedlich.

Daher haben wir uns gefragt, warum gerade jetzt zum Ausklang der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates dieses Gesetz noch verabschiedet werden mußte.


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657. Sitzung / Seite 242

In Österreich sind wir in der Situation, daß eher nicht zu viel Eigenkapital bei den Unternehmen, bei den börsennotierenden Unternehmen vorliegt, sondern vielmehr zu wenig. Wenn aber eine Firma einen Aktienrückerwerb durchführt, dann braucht sie Kapital. Das hat uns sehr mißtrauisch gemacht.

Hinter vorgehaltener Hand wurde uns erzählt, daß es die sogenannte Regelung der "stock options" gibt, und diese schaut folgendermaßen aus: Das Management von börsennotierenden Unternehmen kann sich "stock options" einräumen lassen. Das bedeutet, es werden zusätzlich zu den in Österreich relativ hohen Einkommen für Vorstände und Geschäftsführer Einkommensmöglichkeiten geschaffen.

Wir haben in Österreich nicht die Situation, daß die Firmen in der Regel in ausschließlich privater Hand sind, und zwar wirklich in privater Hand sind, losgelöst von parteipolitisch dominierten Versicherungen oder Banken, sondern vielmehr ist es so, daß wir in Österreich eine Vernetzung der sogenannten Privatwirtschaft, der Großunternehmen mit den Banken, mit den Versicherungen haben, die natürlich im Einflußfeld stehen. Das bedeutet: Manager dieser Unternehmen können darauf hinarbeiten, genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Optionen einlösen können, die "stock options", den Maximalkurs zu erzielen.

Die Absicherung der Aktionäre im Zusammenhang mit derartigen geplanten oder durchgeführten Aktivitäten von Vorstandsmitgliedern oder leitenden Angestellten – es kommen nicht nur Vorstandsmitglieder in Frage, sondern auch leitende Angestellte; grundsätzlich kann man das im Rahmen jedes Dienstvertrages vereinbaren –, erscheint uns als zu gering. Schließlich ist es so, daß das Management eines Unternehmens die Kursentwicklung von Aktien de facto beeinflussen kann.

Es gäbe verschiedene Varianten, verschiedene Maßnahmen, um dieser Situation, die hier drohen kann, entgegenzutreten, sodaß dieses Gesetz kein Gesetz für eine ganz gewisse Großbank in Österreich wird – wie uns berichtet wurde –, kein Gesetz für den Vorstand einer ganz gewissen Großbank.

Es wäre einerseits möglich, diese Regelung zeitlich zu befristen und zu schauen, wie sie sich tatsächlich bewährt. Andererseits wäre es möglich, den Aktienrückerwerb bei Vorhandensein von "stock options"-Plänen für Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte grundsätzlich auszuschließen – das ist eine solide Lösung.

Ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ: Wie können Sie als Arbeitnehmerpartei es vertreten, daß diese Diskrepanz zwischen sehr hohen Vorstandsgehältern, die wir heute in Österreich schon haben, bei de facto in politischen Einfluß stehenden Unternehmen noch mehr aufgefettet werden durch "stock options"-Pläne, sodaß eine noch größere Diskrepanz zwischen den Braven und Fleißigen, die "unten" in der Firma arbeiten, und den Vorstandsmitgliedern entsteht? – Ich bin neugierig, ob Sie der Gesetzesvorlage, wie sie jetzt hier vorliegt, überhaupt Ihre Zustimmung erteilen können, denn wenn Sie zustimmen, stellen Sie das Shareholder Value und die Überbezahlung letztlich politisch besetzter Vorstandsdirektoren in den Vordergrund. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Linzer. – Bitte.

11.56

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz bedeutet ein Gleichziehen mit der sogenannten deutschen Regelung, dem Gesetz über die Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich.

Wie schon mein Vorredner gesagt hat, handelt es sich um ein Gesetz, das vordergründig für börsennotierende Unternehmen vorgesehen ist. Es sollen einfache Kapitalgesellschaften ausge


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schlossen sein, insbesondere aber auch GesmbHs, weil das bei diesen aus technischen Gründen nicht so ohne weiteres durchführbar wäre.

Die Optimierung der Kapitalstruktur, insbesondere auch die Kostenersparnis stehen im Vordergrund.

Der Erwerb der eigenen Aktien hat eine dreifache Bedeutung: eine gesellschaftsrechtliche, kapitalmarktrechtliche und wirtschaftliche Bedeutung.

Der Gleichheitsgrundsatz beim Rückkauf der eigenen Aktien soll besonders im Vordergrund stehen. Das heißt, alle Aktienerwerber beziehungsweise alle Aktienveräußerer sollen gleich behandelt werden. Es ist da aber bewußt ein erweiterter Spielraum eingeräumt, und zwar dahin gehend, daß man den eigenen Aktienkurs sozusagen stabilisieren kann, wenn er nach unten tendiert, gleichermaßen kann man ihn natürlich auch stärken, wenn man etwa die Absicht hat, die Aktien auf einem ausländischen Kapitalmarkt zu plazieren.

In diesem Zusammenhang komme ich auf den Einwand des Kollegen d'Aron zurück. Herr Kollege! Meines Wissens ist eine Ergänzung beschlossen worden, sozusagen ein Schutz im Zusammenhang mit den "stock options", sodaß klare Transparenz vorgesehen ist. Jene, die Inhaber von "stock options" sind, sollen nicht bestimmen können, beziehungsweise soll für sie kein besonders günstiger Erwerbstag festgelegt werden können. Ich meine, daß damit eine Einschleifregelung geschaffen wird.

Meine Damen und Herren! Was steht in wirtschaftlicher Hinsicht beim Rückerwerb eigener Aktien für Unternehmen im Vordergrund? – Es gibt Kapitalgesellschaften, Herr Kollege d'Aron, die aufgrund der guten konjunkturellen Situation durchaus liquid sind und dann versuchen, diese Liquidität abzubauen, um die Eigenkapitalrendite zu erhöhen.

Besonders wichtig ist, daß dieser Rückerwerb insgesamt unter formellen Rahmenbedingungen stattzufinden hat. Unter anderem sind vorgesehen: Genehmigung der Hauptversammlung, Bestimmung über die Geltungsdauer, Niedrigst- und Höchstgegenwert und letztlich, um Spekulation und Insiderhandel et cetera hintanzuhalten, die 10-Prozent-Klausel, wie Sie selbst wissen.

Schon bisher gab es die eingeschränkte Möglichkeit, Aktien des eigenen Unternehmens zur Vermeidung eines bevorstehenden schweren Schadens zu erwerben.

Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Publizität beziehungsweise der Transparenz der Vorgänge zu – da gebe ich Ihnen völlig recht. Solche Stock-Options-Operationen müssen offengelegt werden, damit so jeglicher Mißbrauch in diesem Zusammenhang unterbunden werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich komme schon ans Ende meiner Ausführungen. Da es mittlerweile Usus geworden ist, mit Ende der Legislaturperiode im Nationalrat Ressortbilanzen zu ziehen, möchte ich es nicht verabsäumen, auch eine Ressortbilanz hinsichtlich des Justizressorts zu ziehen. Ich möchte es jedoch nicht so machen, wie es uns gestern vorgeführt wurde, als in einer an sich nicht unsympathischen Art ein Minister sich selbst bereits als Minister der nächsten Periode genannt hat. Ich möchte eher den üblichen Weg gehen und dem Justizressort und an dessen Spitze Herrn Minister Michalek – selbstverständlich auch allen Damen und Herren seines Ressorts – Dank und Anerkennung für die großartige Arbeit zollen. Es ist hier nicht der Platz und der Rahmen, all die verschiedenen Justizreformgesetze aufzuzählen. Ich möchte aber dem Wunsch und der Hoffnung Ausdruck geben, daß der Herr Bundesminister Michalek auch dem zukünftigen Kabinett angehören möge. (Bundesrat Konecny: Das müssen Sie aber Frau Schuhmeister-Schmatral sagen, die will ihn nämlich ersetzen!)

Meine Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzesbeschluß die Zustimmung erteilen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

12.02


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
657. Sitzung / Seite 244

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Freiberger. – Bitte.

12.02

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ministerwünsche hätte ich mehrere, ich deponiere sie hier heute nicht. Ich werde mich mit der Novelle beschäftigen. (Bundesrat Konecny: Fasslabend als Sozialminister ist nicht tragbar!) Nein, das kann ich offen aussprechen: Er wäre für mich nicht tragbar! (Ironische Heiterkeit bei Bundesrat Konecny . – Bundesrat Bieringer: Das wäre endlich eine kluge Entscheidung!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Novelle zum Aktienrückerwerbsgesetz dient in erster Linie dazu, den Rückerwerb eigener Aktien durch österreichische Aktiengesellschaften zu erleichtern. In diesem Gesetz wird – analog zur internationalen Praxis – den Gesellschaften die Möglichkeit eingeräumt, den Rückkauf eigener Aktien als Finanzierungsinstrumentarium und als Mittel zur Erhöhung des Kurswertes einzusetzen.

Nach dem Vorliegen einer Ermächtigung der Hauptversammlung können eigene Aktien bis zu einem Eigenanteil von insgesamt 10 Prozent des Grundkapitals ohne bestimmte Zweckvorgabe zurückerworben werden. Derzeit ist ein Aktienrückkauf nur in bestimmten Fällen, etwa zur Abwehr eines schweren Schadens von der Gesellschaft, möglich.

Durch die neue Regelung sind eine Belebung des Börsenhandels und eine Steigerung der Akzeptanz der Aktie als Anlageform zu erwarten. Somit wird börsennotierten österreichischen Aktiengesellschaften ein anerkanntes Instrumentarium zur Verbesserung ihrer Kapitalstruktur zur Verfügung gestellt, was durchaus der internationalen Praxis entspricht.

Meine Damen und Herren! Vor allem die liberalere Regelung des Erwerbs eigener Aktien in der Bundesrepublik Deutschland hat nun auch Österreich in Zugzwang gebracht. Deshalb war ein rasches Gleichziehen mit der deutschen Regelung gefordert. Großen österreichischen Aktiengesellschaften soll die Möglichkeit geboten werden, durch Optimierung ihrer Kapitalstruktur Kosten zu sparen und insbesondere einer Unterbewertung ihrer Aktien gegenzusteuern. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus wird mit dieser neuen Möglichkeit auch der Börsenplatz Wien gestärkt und weiter an die internationale Praxis angeglichen. Aufgrund der Möglichkeit, durch Rück- und Wiederverkaufsaktionen den Aktienkurs zu beeinflussen, entsteht aber auch die Gefahr des Insiderhandels. Dieser Gefahr muß durch strengere Publizitäts- und Transparenzregelungen entgegengewirkt werden.

Mir persönlich ist die vorliegende Regelung in dieser Hinsicht zu wenig weitreichend. Es war das Bestreben vor allem der Sozialdemokratie, eine noch bessere Transparenz umzusetzen. Dies ist bei der jetzigen Vorlage leider noch nicht gelungen. Es bleibt jedoch selbstverständlich weiterhin unser Ziel.

Hohes Haus! Abschließend sei nochmals bemerkt, daß wir mit dem Beschluß dieser Vorlage den Börsenplatz Österreich attraktiver gestalten. Trotz des Wermutstropfens, daß die Transparenzregelungen für uns zu wenig weitreichend sind, werden wir dieser Vorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Michalek. Ich erteile es ihm.

12.06

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Teil unserer in den letzten Jahren unternommenen Bemühungen, unser Gesellschaftsrecht europa- und eurofit zu machen und


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 245

den Börsenplatz Wien zu fördern. Ich darf Sie an das EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 1996 erinnern, das im Ergebnis die größte gesellschaftsrechtliche Reform seit dem Zweiten Weltkrieg war, oder – als weiteren Schritt – an das erste Euro-Justizbegleitgesetz.

Weitere markante Etappen waren das Übernahmegesetz oder das Konzernabschlußgesetz. Mit diesen beiden hat das heute zur Beschlußfassung vorliegende Aktienrückerwerbsgesetz gemeinsam, daß sie an der Schnittstelle von Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht angesiedelt sind.

Der starke kapitalmarktpolitische Einschlag hat diese Gesetze auch inhaltlich geprägt. Schließlich wollten wir mit dem Standard internationaler Kapitalmärkte gleichziehen. Mit dem Euro ist ein einheitlicher Kapitalmarkt in Europa geschaffen worden, und unser Gesellschafts- und Börserecht muß auch den Anforderungen der international agierenden institutionellen Investoren und Wertpapieranalysten entsprechen.

Das Aktienrückerwerbsgesetz wird – das ist zum Teil schon angeklungen – börsennotierten österreichischen Aktiengesellschaften über öffentlich angekündigte Beschlüsse der Hauptversammlung und für einen befristeten Zeitraum ein international erprobtes Instrumentarium in die Hand geben, um ihre Kapitalstruktur flexibel und kostengünstig steuern zu können. Überschüssige Liquidität kann abgebaut und das Verhältnis von eingesetztem Kapital zur Rendite – eine wichtige Bewertungskennzahl unter dem Gesichtspunkt des Shareholder-Value – verbessert werden. Der Aktienrückkauf kann aber auch dazu dienen, einer Unterbewertung der eigenen Aktien gegenzusteuern und damit als Übernahmekandidat weniger attraktiv zu werden.

Die Liberalisierung des Aktienrückkaufes, die mit diesen Bestimmungen stattfindet, erfordert aber – und in diesem Punkt sind wir alle einer Meinung – andererseits weitreichende Transparenz. Die Marktteilnehmer haben das Recht, zu wissen, wodurch Kursbewegungen ausgelöst werden oder ausgelöst werden könnten.

Daher haben wir besondere Publizitätsbestimmungen im Börsegesetz verankert. Sie sollen durch eine vorgesehene Verordnung näher ausgestaltet werden, die wir im Einvernehmen mit dem Finanzministerium sehr rasch diesem Gesetz folgen lassen wollen.

Die angesprochenen Veröffentlichungspflichten umfassen jedenfalls auch das Ausmaß geplanter beziehungsweise schon eingeräumter Stock-Options. Mit dieser Transparenzregelung wird genau dem gegengesteuert, was in der Debatte angesprochen wurde, daß nämlich Vorstandsmitglieder oder leitende Angestellte durch zeitlich gezielt eingesetzte Aktienrückkäufe versuchen könnten, ihre eigenen Optionen günstig zu beeinflussen. Im übrigen verstehe ich die Aufregung in diesem Zusammenhang und die trotz längst gegebener Aufklärung – ich möchte fast sagen: stereotyp – wiederholten Unterstellungen hinsichtlich der Absichten, die wir mit dem Gesetz verfolgen, nicht. Schon jetzt – und das wissen Sie! – gibt es Stock-Options: Nach § 65 Abs. 1 Z 5 Aktiengesetz darf die Aktiengesellschaft eigene Aktien erwerben, wenn sie leitenden Angestellten, Mitgliedern des Vorstands beziehungsweise des Aufsichtsrats der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens zum Erwerb angeboten werden sollen.

Das Neue unserer Regelung ist ja nur, daß nunmehr im Falle eines Aktienrückerwerbes, auch wenn er gar nicht zur Erfüllung von Stock-Options-Plänen dienen soll – wenn er das soll, muß dies ja ohnehin deklariert werden –, der Emittent die interessierte Öffentlichkeit davon zu unterrichten hat, daß er seinen leitenden Angestellten oder seinen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern Aktienoptionen im Rahmen von Stock-Options-Plänen eingeräumt hat – sozusagen als Erinnerung, falls man es nicht mehr weiß, es könnte ja schon ein paar Jahre her sein – oder einzuräumen plant. Ich sehe also dieses Mißbrauchspotential nicht. (Bundesrat Dr. d′Aron: Wir schon!) Wir werden aber die aufgeworfenen Fragen bei der Erstellung der erwähnten Verordnung und der Festlegung der Einzelheiten der vorgesehenen Veröffentlichungen im Auge behalten.

Generell möchte ich sagen, daß wir uns im Zusammenhang mit den von uns im Interesse des Wirtschaftsstandortes und auch des Finanzplatzes Österreich geplanten weiteren wirtschafts


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657. Sitzung / Seite 246

rechtlichen Maßnahmen auch mit einer Reihe von Themen aus dem Bereich Stock-Options-Pläne befassen werden. – Soviel zu dieser Materie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.12

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

48. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 14. Juli 1999 betreffend ein Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind samt Erklärungen der Republik Österreich (1763 und 2068/NR sowie 6067/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 48. Punkt der Tagesordnung: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind samt Erklärungen der Republik Österreich.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich darf daher den Antrag zur Verlesung bringen.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort. – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 247

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich bitte weiters jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

49. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2064/NR sowie 6068/BR der Beilagen)


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 248

Vizepräsident Dr. Milan Linzer:
Wir gelangen nun zum 49. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 249

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Bericht liegt schriftlich vor, ich darf daher den Antrag verlesen.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Peter Polleruhs.

12.16

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bereits bisher war im Telekommunikationsgesetz über die Rechtsordnung verankert, daß verhindert werden soll, daß man ungebetene Werbeanrufe oder meterlange Werbefaxe, die man nicht bestellt hat, bekommt. Es war daher nicht nur naheliegend, sondern sogar selbstverständlich, daß diese Bestimmung auch gegen ungebetene Werbung für E-Mails zur Anwendung kommen sollte. Im Nationalrat haben sich alle fünf Fraktionen dafür ausgesprochen, da sicherlich niemand ein Interesse daran haben kann, daß private E-Mail-Adressen für Werbezwecke mißbraucht werden, sodaß man zuerst einmal die ungebetene Werbung aussortieren muß, bis man vielleicht eine wichtige Nachricht lesen kann.

Wir alle wissen, daß Werbung für gewisse Bereiche unerläßlich und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist. Werbung ist im Internet zulässig, aber private E-Mail-Adressen sollten vor ungebetenem Zugriff geschützt werden.

Das Bundesgesetz wird daher wie folgt geändert: Die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken bedarf der vorherigen jederzeit widerruflichen Zustimmung des Empfängers.

Seitens der ÖVP-Fraktion wird dieser Änderung gerne die Zustimmung gegeben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.17

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Thomas Ram. Ich erteile es ihm.

12.18

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die freiheitliche Fraktion wird auch diesem Gesetz die Zustimmung erteilen, und zwar aus denselben Gründen, die mein Vorredner schon erwähnt hat. Wir sind ganz einfach der Meinung, daß der Konsument vor Werbung, die er eigentlich gar nicht haben möchte, geschützt werden sollte. Im elektronischen Bereich sind Internet und E-Mail Medien, die ständig im Wachsen begriffen sind. Auch die Werbebranche hat sich dieser Medien bereits angenommen.

Wenn diese Entwicklung so weitergeht und wir dieses Gesetz nicht beschließen würden, könnte es dazu kommen, daß man heimkommt, den Computer aufdreht, auf eine wichtige Nachricht per E-Mail wartet, aber zuerst 100, 150, 200 Werbemeldungen hat, bevor man die eigentliche Nachricht, auf die man wartet und die man dringend benötigt, runterladen kann.

Zur Werbung im allgemeinen, meine Damen und Herren, ist zu sagen, daß man ja oft Werbung bekommt, die man gar nicht will, die einem regelrecht aufgedrängt wird. Das hat mir auch vor kurzem ein Gendarmeriebeamter berichtet. Er hat nämlich dieses Feuerzeug (der Redner zeigt es) von meinem lieben Kollegen Alfred Schöls bekommen, das wirklich hervorragend gestaltet ist, mit einem wunderschönen Foto. Das einzige Problem ist, daß dieser Gendarmeriebeamte mir berichtet hat, daß er deine Gewerkschaft verlassen und sich jetzt unserer angeschlossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Doch jetzt genug damit, ein bißchen Heiterkeit in dieses Hohe Haus gebracht zu haben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie haben hier seine Meinung artikuliert! Das heißt, Sie brauchen den Bundesrat, um hier seine Meinung zu formulieren!) Scheinbar, Frau Kollegin, scheinbar. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber anscheinend verstehen Sie keinen Spaß. Ich wollte nur ein bißchen ablenken, denn es sind heute Worte gefallen, die, glaube ich, in diesem Hohen Haus nicht fallen sollten, und daher war dies als kleine Einlage an meinen lieben Kollegen gedacht, von dem ich ja weiß, daß er Spaß versteht. (Bundesrätin Mag. Trunk: Ha, ha, ha!)

Also kurz zusammengefaßt: Wir möchten die Konsumenten vor Werbung schützen, die sie nicht bekommen möchten, und daher werden die Freiheitlichen diesem Gesetz gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.21

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

50. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 15. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird (2067/NR sowie 6069/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 50. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch hier liegt der Bericht schriftlich vor, so daß ich nur den Antrag vorlesen möchte.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

12.22

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bedanke mich, daß die Rednerordnung beibehalten wurde, obwohl wir der Vorlage zustimmen werden. Ich bin auch froh, daß ich die Ehre habe, daß die Fraktion der ÖVP anwesend ist.

Sie wissen, daß wir gegen das Übernahmegesetz als solches gestimmt haben. Bei der vorliegenden Novelle geht es hingegen um eine Reparatur, die umgehend als notwendig erkannt worden ist. Selten ist ein Gesetz so rasch novelliert worden, kaum daß es beschlossen war. Der Notwendigkeit dieser Korrektur werden wir uns aber nicht verschließen.

Sie beschränkt sich auf die Streichung des § 35 Abs. 4 Übernahmegesetz. Dadurch sollten Zweifel über den Instanzenzug und inzwischen aufgetretene verfassungsrechtliche Bedenken zerstreut werden. Die bestehende Übernahmekommission hatte ja bisher einerseits im Verwaltungsverfahren und andererseits als Strafbehörde zu entscheiden. In beiden Fällen ging die Berufung an die Oberkommission beim Bundesminister für Finanzen, also gleichfalls an eine Kollegialbehörde gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG mit richterlichem Einschlag.

In bezug auf die Verwaltungsstrafverfahren müßte der Rechtszug aber aus verfassungsrechtlichen Erwägungen im Gegensatz zur bisherigen Regelung zum Unabhängigen Verwaltungssenat führen. Das wird durch die jetzt vorliegende Novelle erreicht. Ob sie ausreicht, mag deshalb fraglich sein, weil im Verwaltungsverfahren der Rechtszug nach wie vor bei der Oberkommission endet und die Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen bleibt.

Dennoch werden wir diesem Gesetzesbeschluß, weil er zumindest eine Teilsanierung darstellt, unsere Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.24

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 250

51. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird (1769 und 1899/NR sowie 6070/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 51. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz) geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Engelbert Schaufler übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Engelbert Schaufler: Der Bericht zum Tagesordnungspunkt 51 liegt schriftlich vor, sodaß ich mich auf den Antrag beschränken kann.

Dieser lautet: Der Ausschuß für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag , der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Eduard Mainoni. Ich erteile es ihm.

12.26

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Vorab noch eine Bemerkung an Frau Vizepräsidentin Haselbach, die momentan nicht da ist, sie kann aber im Protokoll nachlesen, was ich ihr hier mitteile: Sie hat jetzt erhebliche Probleme, aber sie kann die Probleme auch lösen, wenn sie geschickt ist.

Ihre vorhin getätigte Aussage, daß ein Ordnungsruf gegenüber einem Regierungsmitglied nicht möglich ist, ist schlichtweg falsch. Die Erklärung dazu folgt: § 37 Abs. 1 der Geschäftsordnung sieht vor, daß Mitglieder der Bundesregierung berechtigt sind, an den Verhandlungen teilzunehmen. § 70 Abs. 1 normiert: Wer zur Teilnahme berechtigt ist, dem kann auch ein Ruf "zur Ordnung" erteilt werden. Im Kommentar zu § 70 ist sogar nachzulesen, daß einem Regierungsmitglied das Wort entzogen werden kann. Selbstverständlich kann dann auch ein Ruf "zur Ordnung" erfolgen.

Jetzt haben Sie zwei Möglichkeiten, Frau Vizepräsidentin: Entweder Sie erteilen noch am Ende dieser Sitzung den Ruf "zur Ordnung", oder Sie haben noch die Möglichkeit, am Anfang der nächsten Sitzung den Ruf "zur Ordnung" zu erteilen. Oder ich nehme mir das Recht heraus, wenn Sie den Vorsitz führen, bei Bedarf zu sagen: Was Sie sagen, ist eine Frechheit! – Das berechtigt Sie dann nämlich auch nicht zu einem Ruf "zur Ordnung". Ich hoffe, Sie werden das im Protokoll nachlesen, Frau Vizepräsidentin. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Sie brauchen die Frau Vizepräsidentin nicht zu belehren! Soweit sind wir ja auch noch nicht! Die Frau Vizepräsidentin kann natürlich auch aus eigenem Antrieb handeln!) Oh ja, sehr wohl kann man Präsidenten auch belehren.

Aber jetzt kommen wir zum Inhalt – das ist ja auch für Sie sehr lehrreich, daß Sie nicht nur dasitzen, sondern auch ein bißchen was lernen –, jetzt kommen wir zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes, und es freut mich, daß die beiden Salzburger Vertreter auch Platz genommen haben. (Bundesrat Payer: Sie gehören zur selben Kategorie wie der Herr Weilharter!) Das ist nämlich der klassische Fall des gelebten Föderalismus.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 251

Aus der Sicht Salzburgs ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Sie provozieren uns ja!)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Mag. Mainoni ist am Wort!

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (fortsetzend): Danke schön!

Ich möchte nun in die Materie eingehen und hoffe, Sie haben sich genauso damit beschäftigt wie ich. Im übrigen, weil immer diese Zwischenrufe kommen: Wenn Sie die Courage besitzen, meine Damen und Herren, irgend etwas dazu zu sagen, dann melden Sie sich zu Wort und kommen hier heraus, aber von den Hinterbänken herauszubrüllen, das bringt es ja wirklich nicht, und dazu nehme ich auch keine Stellung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Zwischenrufe lassen wir uns von Ihnen nicht verbieten! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aus der Sicht Salzburgs besteht jedenfalls keinerlei Bedarf nach der Schaffung einer Denkmalschutzkompetenz, weil der Schutz auf landesgesetzlicher Ebene nämlich vollkommen ausreichend geregelt ist. (Bundesrat Konecny: Was heißt das: "Schaffung einer Denkmalschutzkompetenz"? Die gibt es nicht!)

Herr Klubobmann! Das Altstadterhaltungsgesetz Salzburgs – das werden Sie nicht kennen (Bundesrat Konecny: Doch, ich kenne es!), aber ich erkläre es Ihnen –, die diversen Landschaftsschutzverordnungen inklusive aller Dotationen reichen vollkommen aus, um die Objekte unter Schutz zu stellen. Und ich sage Ihnen auch, warum es in Salzburg eine Besonderheit ist. Die Aristokratie und der Adel waren im Bundesland Salzburg nie so stark verankert, deshalb sind viele Schlösser in öffentliche Anlagen umgewandelt worden. Das heißt – das mag anders sein als in anderen Bundesländern –, im Bundesland Salzburg ist dieser Bedarf tatsächlich nicht gegeben. (Bundesrat Konecny: Aber, Herr Kollege, das ist ja nicht Gegenstand des Gesetzes!)

Wir in Salzburg brauchen sicherlich keinerlei Entscheidung im fernen Wien, sondern es genügt uns die Entscheidung in Salzburg mit Kompetenz und mit Dotation, denn das ist unserer Ansicht nach gelebter Föderalismus. Und wenn das Bundesdenkmalamt in Wien über irgend etwas entscheidet, und der kleine Bittsteller aus Salzburg muß dann nach Wien fahren und wird dort möglicherweise wie ein Würstel behandelt, so ist das doch eine echte Art von Demokratiedefizit. (Bundesrat Konecny: Ich würde einen Ordnungsruf des Bürgers anregen, wenn Sie sagen, der Bürger ist ein Würstel!) Jedenfalls sind wir der Ansicht, daß diese Regelung absolut nicht notwendig ist.

Jetzt kommen wir zu einer Groteske, bei der sich der gelebte Föderalismus bei meinen Kollegen von der SPÖ und von der ÖVP dokumentieren wird. Mir liegt ein Schreiben des Landesamtsdirektors vor, der im Auftrag des Landeshauptmannes zu diesem Thema schreibt:

"Betreff: Bundesgesetz, mit welchem Denkmalschutz geändert wird, Regierungsvorlage, Einwand des Landes Salzburg gegen Änderung Kompetenzlage"

Da schreibt der Herr Landesamtsdirektor: "Daher erlaube ich mir" – das erging an alle Bundesräte –, "im Auftrag von Herrn Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger an die Damen und Herren Abgeordneten und Bundesräte die dringende Bitte zu richten, bei der Behandlung der genannten Regierungsvorlage die Forderung des Landes Salzburg, im Rahmen des vorliegenden Novellierungsvorhabens keine neue Bundeskompetenz zu begründen, zu unterstützen." (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Soweit der Landeshauptmann. (Bundesrat Bieringer: Können Sie uns das Datum auch sagen!) Ja, das Datum kann ich Ihnen ganz genau sagen, wenn Sie den Brief nicht finden sollten: 17. 5. 1999. (Bundesrat Bieringer: Danke!) Bitte sehr.

Vielleicht hat sich inzwischen etwas geändert. Das ist ja auch möglich. Es hat sich auf jeden Fall etwas geändert, und das möchte ich dem Hohen Bundesrat auch nicht vorenthalten. Ich be


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 252

zeichne das als "Salzburger Festspiele", und es sind in der Tat Salzburger Festspiele, aber sie sind Trauerspiele, meine Damen und Herren! (Bundesrat Prähauser: Regie führt Mainoni!)

Zum Thema "Stärkung des Bundesrates" hat sich folgendes abgespielt. Der neu zusammengesetzte Landtag ist zusammengetreten, um ein Demokratiepaket zu schnüren. Es wurde ein Demokratiepaket geschnürt, zu dem unter anderem wir Freiheitliche auch das Rederecht des Bundesrates mit eingebracht haben in unsere Forderung. Unseres Erachtens nach ist dies wirklich eine Grundnotwendigkeit, um dem Bundesrat auch tatsächlich Stärke in den Landesparlamenten zu verleihen.

Was ist passiert? Was ist passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Aus dem ganz einfachen Grund, weil in dem Demokratiepaket eigentlich nur darüber diskutiert wurde, daß die Parteienförderung kräftig erhöht werden soll und wir Freiheitliche dabei nicht mitgegangen sind, ist überhaupt nicht mehr diskutiert worden, sondern es wird gesagt: Nein! Es besteht kein Bedarf, daß der Bundesrat im Landesparlament sprechen kann. Aus! Schluß! Ende! – Das ist das Demokratieverständnis, das ist das Föderalismusverständnis, das die Parteien ÖVP und SPÖ hier einbringen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Da braucht es einen nicht zu wundern, verehrte Kolleginnen und Kollegen, was hier steht. (Der Redner hält ein Buch in die Höhe.) Sie werden es noch nicht kennen, denn ich habe es mir als erster ausgeborgt, aber es ist eine sehr gute Literatur. Es stammt hier aus der Parlamentsbibliothek und trägt den Titel "Bundesstaat ohne Bundesrat". Es ist dies eine wissenschaftliche Dokumentation, eine rechtsvergleichende Untersuchung eines Wissenschaftlers, jetzt im Juni dieses Jahres herausgekommen.

Sie gestatten, daß ich diesen Wissenschaftler nur kurz zitiere: "Die Stellung des österreichischen Bundesrates in der politischen Realität." Das ist übrigens ein deutscher Herausgeber, der internationale Vergleiche zieht. "Der bereits verfassungsrechtlich schwachen Stellung des österreichischen Bundesrates entspricht seine tiefe Bedeutungslosigkeit in der politischen Realität." – Das schreibt ein Deutscher.

"Im Ergebnis wird man feststellen müssen, daß der Wahlmodus seiner Mitglieder im Zusammenwirken mit der Beschaffenheit des österreichischen Parteiensystems dem Bundesrat die Möglichkeit nimmt, die Interessen der Länder auf Bundesebene wirksam zu vertreten."

Weiter heißt es: "Die Mitglieder des Bundesrates werden durch die Diäten nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Angesichts der starken Betonung des Bevölkerungsproporzes und der seit Jahrzehnten praktizierten großen Koalition von ÖVP und SPÖ stimmt die Kräfteverteilung im Bundesrat weitgehend mit derjenigen im Nationalrat überein.

Noch entscheidender für die Unfähigkeit des Bundesrates, spezifische Länderinteressen zu vertreten, ist jedoch das freie Mandat seiner Mitglieder. Die unitarische Ausrichtung der Parteien, die den Bundesrat teils als Schule für unerfahrene Parlamentarier, teils als Ruhesitz für altgediente Parteisoldaten benutzen, hat die Entwicklung des Bundesrates als Vertretung spezifischer Länderinteressen verhindert. Die freien Mandatsträger fühlen sich mehr als ..." (Bundesrat Schöls: Welche Position nehmen Sie ein?)  – Lassen Sie mich das fertig zitieren, mein Kommentar folgt sofort.

"Die freien Mandatsträger fühlen sich mehr der Parteiräson", meine Herren der ÖVP, "als ihrem Land verpflichtet. Sie sitzen im Bundesrat nicht nach Ländern, sondern nach Parteizugehörigkeit geordnet. So hat der Bundesrat zwischen 1945 und 1992 nur 110 Einsprüche eingelegt, von denen 12 zu Veränderungen der vom Nationalrat formulierten Resolutionen führten. Im gleichen Zeitraum hat es nur 77 Gesetzesinitiativen des Bundesrates gegeben." (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen allen ...

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Herr Kollege Mainoni! Ich biete Ihnen einen Kompromiß an: Sie sprechen jetzt zu einem anderen Thema. Dazu können Sie sich bei einem nachfolgenden


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Punkt melden, bei dem es um die Geschäftsordnung geht. Ich würde Sie jetzt höflich ersuchen, zum Thema, also zum Tagesordnungspunkt Denkmalschutz zu sprechen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (fortsetzend): Herr Vizepräsident! Ich nehme das gerne zur Kenntnis. Ich möchte nur noch betonen, daß gerade die Diskussion über die Funktion des Bundesrates und seiner Stärke innerhalb unserer Verfassung und seiner tatsächlichen Stärke ein sehr wichtiges Thema ist, über das gestern bereits diskutiert wurde.

Beim Denkmalschutzgesetz werden wir am Abstimmungsverhalten des Herrn Klubobmannes Bieringer sehen, ob das gelebter Föderalismus ist oder nicht. Wenn das nicht der Fall sein sollte, meine Damen und Herren, kann ich nichts anderes sagen, als daß Sie von der SPÖ und ÖVP die Totengräber unseres Bundesrates sind. – Ich danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.37

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wenn Sie mich mißverstanden haben, Herr Kollege, darf ich Sie noch einmal auf den Tagesordnungspunkt betreffend Änderung der Geschäftsordnung hinweisen. Da können Sie sich noch einmal zu Wort melden. Ich wollte nur wirklich der Ordnung halber und fairerweise diesen Hinweis geben. Ich habe hier, glaube ich, zu Recht meine Pflicht getan.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Kollege Albrecht Konecny. Ich erteile es ihm.

12.38

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bedaure – auch wenn es mir nach dem Verlauf des gestrigen Tages nicht wirklich zusteht, daran Kritik zu üben –, daß keine Auseinandersetzung mit der ressortmässig zuständigen Frau Bundesministerin möglich ist. Aber es geht hier – und zwar über die Sachen hinaus, die schon angesprochen wurden und auf die ich auch eingehen möchte – um eine außerordentlich problematische Gesetzesinitiative.

Ich fühle mich in der Situation dessen, der einem Ertrinkenden natürlich trotz allem einen Rettungsring zuwerfen wird, auch wenn ich weiß, daß es um sehr viel klüger wäre, die Hochwassersperre endlich einmal zu bauen, die Vorfälle wie den, daß es jemanden herunterschwemmt, verhindert.

Wir haben knapp vor Torschluß der parlamentarischen Arbeit eine eigenartige Novellierung des Denkmalschutzgesetzes vorgelegt bekommen, die zunächst einmal eine Reihe von Formulierungsänderungen, gegen die nichts einzuwenden ist und die vernünftig sind, durchführt und die im wesentlichen zweieinhalb Punkte, möchte ich sagen, bringt.

Das erste Thema ist, daß die bisher geltende gesetzliche Vermutung, daß Gebäude, die sich im Besitz der öffentlichen Hand befinden, unter Denkmalschutz stehen, wie scheußlich und verbaut sie immer sein mögen – wenn ich so durch den Baubestand des Bundes gehe und sehe, was da alles aufgrund der gesetzlichen Vermutung unter Denkmalschutz steht, dann kriege ich Magenübersäuerung, aber bitte –, daß also dieses an sich untaugliche und anonyme Rechtsinstitut in einer langen, nämlich zehnjährigen Übergangsfrist ersetzt wird durch die Überprüfung dieses Quasidenkmalbestandes und folgerichtig durch die Einzelfallbeurteilung, die dann in manchen Fällen mit einer Unterschutzstellung enden wird.

Die Wurzel dieser Bestimmung liegt sicherlich zum Teil darin, daß sich die Struktur des öffentlichen Besitzes ändert, daß also Denkmäler oder Nichtdenkmäler, die bisher automatisch durch den öffentlichen Besitz geschützt waren, im Zuge von Privatisierungen an andere Eigentümer übergehen und damit ein aktueller Bedarf, der besteht, festzulegen ist, ob es sich dabei um ein geschütztes Objekt handelt oder nicht. Ich weiß, daß die Personal- und die Materialausstattung des Bundesdenkmalamtes eine begrenzte ist und daß die zehnjährige Übergangsperiode wohl von den Möglichkeiten des Bundesdenkmalamtes mitgeprägt ist – lang ist sie trotzdem.


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Wir verfügen im Augenblick – das ist eine Schätzung – über rund 1 500 Ensembles, 6 693 Kirchen, 323 Klöster und Stifte, 2 579 Burgen und Schlösser – zum Teil auch Ruinen –, 103 000 historische Wohnbauten, 878 technik-, wirtschafts- und sozialgeschichtlich bedeutsame Objekte und geschätzte 21 000 Bodendenkmale in diesem Land. Wir erwarten im Bereich des Bundes – auch das ist eher eine Schätzung – eine Größenordnung von etwa 14 000 bis 15 000 Denkmalschutzbescheiden. Seit dem Jahre 1923 wurden etwa 11 000 Objekte aufgrund von Individualbescheiden unter Schutz gestellt, sodaß wir in Summe mit einem Denkmalschutzbestand von 30 000 Objekten zu rechnen haben, was natürlich ein gewaltiger Verwaltungsaufwand ist.

Der zweite Punkt – nein, der halbe Punkt – ist die gesetzliche Verankerung des Denkmalfonds. Daß Denkmalschutz zunächst einmal etwas ist, was außer mit Wissenschaft auch mit Geld zu tun hat, versteht sich von selbst. Ich bin sehr dafür, aber ich glaube, daß es sich hier vorderhand um einen Titel ohne Mittel handelt. Daß wir die Frage, wie wir diese gewaltige nationale Aufgabe, die der Denkmalschutz darstellt – das ist ja alles Teil unserer kulturellen Identität –, bewältigen sollen, nicht wieder durch einen kleinen Sondertopf im Budget lösen sollen, sondern daß hier eine grundlegende und strukturelle Überlegung gefragt ist, die vielleicht in so etwas wie einem Österreichischen Nationalfonds enden könnte, bei dem auch – und gerade – Bürger und die Öffentlichkeit zum Beitrag aufgerufen sind, liegt auf der Hand.

Dazwischen – das ist einfach anzumerken – gibt es eine Fülle von legistischen Merkwürdigkeiten. Es wird nicht viele Bundesgesetze geben, zu denen die betroffene Bundesbehörde, nämlich das Bundesdenkmalamt, im Vorfeld eine negative Stellungnahme abgeben wird. Sie wird schon gewußt haben, warum. Es gibt nicht viele Bundesgesetze, die sich durch eine derartige Geschwätzigkeit – anders kann man das nicht bezeichnen; ich hoffe, das ist kein Grund für einen Ordnungsruf – auszeichnen. (Bundesrat Dr. Bösch: Fast ein Ordnungsruf! Eine "unerhörte" Feststellung!) Also das ASVG mit all seinen 59 Novellen ist ein Muster an Präzision und Klarheit im Vergleich zu dieser Ansammlung unbestimmter, schwammiger Absichtserklärungen, die nichts aussagen.

Wenn in den Erläuternden Bemerkungen behauptet wird, es handle sich um eine Generalreform dieses Gesetzes, muß ich sagen: Na das ist es mit Sicherheit nicht. Es ist auf diesen ganzen Wortschwamm eine weitere Geleeschicht daraufgelegt worden, was nicht gerade zu seiner Anwendbarkeit beiträgt. (Bundesrat Dr. d′Aron: Werden Sie zustimmen?)  – Ich werde nicht zustimmen, selbstverständlich nicht, sonst würde ich das nicht sagen.

Betreffend Denkmalschutzkompetenz ist Herrn Kollegen Mainoni – er ist hinausgegangen, aber jeder hat seine menschlichen und sonstigen Bedürfnisse, auch die Frau Vizepräsidentin – ein Irrtum unterlaufen. Es geht nicht darum, daß sich der Bundesgesetzgeber die Denkmalschutzkompetenz arrogiert – diese hat er seit eh und je –, sondern es geht darum, daß der Verfassungsgerichtshof in einer Entscheidung diese Denkmalschutzkompetenz eingeschränkt hat, indem er meinte – es steht mir nicht zu, am Verfassungsgerichtshof Kritik zu üben –, daß die gestaltete Natur vom Denkmalschutz nicht umfaßt ist. – "Gestaltete Natur" heißt in der Praxis "Parks".

Nun muß ich wieder ein wenig in die Ironie zurückfallen, weil es ist natürlich eine wichtige parlamentarische Aufgabe, diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes möglichst rasch zu reparieren. Daher haben wir in der letzten Sitzung diese Vorlage zu behandeln, allerdings ist die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Jahre 1964 – ich wiederhole in Buchstaben: neunzehnhundertvierundsechzig! – gefallen. Nach vierunddreißigdreiviertel Jahren ist das plötzlich so eilig geworden; ich kann das nicht nachvollziehen.

In diesem Bereich, in dem der Verfassungsgerichtshof nach dem Motto "Bundeskompetenz ist nur das, was ausdrücklich in der Verfassung steht" die nicht von der Bundeskompetenz umfaßte Parkdenkmalpflege den Ländern zugesprochen hat, gibt es oder gab es diese Gesetzesinitiative. Auch das ist ein legistisches Kuriosum, ich kann es nicht anders nennen.

Im Zuge der parlamentarischen Verhandlungen hat sich § 3 Abs. 5 dann noch einmal verändert mit dem Resultat, daß er jetzt buchstäblich nichts mehr heißt: "Den Normunterworfenen ..." – um


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das so zu formulieren – gibt es nicht mehr. Hier steht – ich verkürze das, weil ich mich dieser Geschwätzigkeit des Gesetzes nicht schuldig machen möchte –, daß die Unterschutzstellung von Park- und Gartenanlagen – lange Sätze –, soweit sie nicht im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, nur in jenem Umfang erfolgen kann, dem die (Mehrheit der Mit-)Eigentümer zustimmt. – Zitatende.

Kann mir irgend jemand erklären, was das heißen soll? Wozu brauche ich ein Gesetz, um jemanden zu sagen: Bitte schön, ich möchte deinen Park denkmalschützen, wenn du einverstanden bist?

Das Wesen des Denkmalschutzes – ich erachte das für eine absolut zulässige Einschränkung des Eigentumsrechtes – ist es, zu sagen: Wir stellen das aus öffentlichem Interesse unter Schutz, auch wenn es dir als Eigentümer nicht paßt. Wir verhindern eine bestimmte wirtschaftliche Nutzung oder den Abbruch. – Es ist ja das Wesen des Denkmalschutzes, daß man sagt: Öffentliche, gemeinschaftliche, gesellschaftliche Interessen am Bestand eines Bauwerkes, einer Fundstätte sind stärker als das Nutzungsinteresse des Hauseigentümers oder das Nutzungsinteresse des Bauern, der diese Fundstätte wieder zupflügen möchte. Wozu also braucht man eine Gesetzesbestimmung, die besagt: Wenn du einverstanden bist, stellen wir es unter Schutz? – Da ist nur noch das Gesicht in einer nicht sehr gesichtwahrenden Art und Weise gewahrt worden.

Kollege Mainoni hat – ich habe hier lauter solche Briefe in meiner Mappe – einen ihm in die Hand gekommenen Brief aus Salzburg zitiert: Die Bundesländer, die Landeshauptleutekonferenz haben sich diesem Transfer an Kompetenz nicht anschließen können. – Jetzt meine ich nicht – und da unterscheide ich mich von dem, vom Kollegen Mainoni zitierten Schriftsteller gewaltig –, daß der Bundesrat der Auftragsempfänger der Landeshauptleute ist. Ich bestehe darauf, daß, obwohl ich als Wiener damit kein Problem hätte, die Mitglieder dieses Hauses ein freies Mandat haben.

Aber das, was da passiert ist, ist etwas ganz anderes. Passiert ist nämlich, daß die Landeshauptleutekonferenz – ich behaupte nicht der Sache wegen, sondern weil es eben eine laufende Auseinandersetzung um die Kompetenzen im Rahmen der Bundesstaatsreform gibt – auf der offiziellen Ebene kräftig protestiert hat, einstimmige Beschlüsse gefaßt hat, rüde – Herr Kollege Mainoni hat diesen Brief sehr freundlich vorgelesen – Briefe geschrieben hat, daß man dem um keinen Preis zustimmen dürfe, und gleichzeitig im Tuschelton – auch wir waren davon betroffen – mitgeteilt hat: Nehmt uns nicht so ernst.

Wenn wir dieses Thema nun zu einem des Bundesrates machen, dann sind nicht – und da irrt Kollege Mainoni – die politischen Parteien oder die großen Parteien und schon gar nicht die Bundesregierung die Adressaten des Protestes, sondern unser aller Landeshauptleute.

Es gehört auch zur Aufwertung des Bundesrates, daß die Länder dieses Gremium ernst nehmen, und es ist eine ... – Entschuldigung, jetzt hätte ich fast Frechheit gesagt! – Es ist natürlich keine Frechheit, aber es ist absolut unzumutbar, wenn Landeshauptleute diesem Gremium und seinen einzelnen Mitgliedern mitteilen – offiziell und auf Briefpapier der Landesregierung! –, daß wir dieser Zumutung keinesfalls zustimmen sollen, gleichzeitig aber tuscheln: Nicht ernst nehmen, das ist für die Galerie! (Bundesrat Dr. d′Aron: Hat mit Ihnen der Herr Bürgermeister Häupl getuschelt?)

Ich kann zu Ehren des Herrn Bürgermeister Häupl sagen, daß er nicht getuschelt hat (Bundesrat Ing. Scheuch: Hat aber so geklungen!) und daß er in jener Sitzung, in der dieser Beschluß gefaßt wurde, auch nicht anwesend war. Der zitierte Salzburger Landeshauptmann war aber genau jener, der auf beiden Schultern getragen hat: auf der Tuschelschulter und auf der Briefpapierschulter. Und das darf ihm dieses Haus nicht verzeihen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Prähauser. )  – Du bist halt nicht so gut angeschrieben. (Bundesrat Dr. Bösch: Wie viele denkmalgeschützte Häuser besitzen Sie denn, Herr Kollege?)  – Eines. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ich muß beschämt zugeben, es ist nicht einmal denkmalgeschützt, es liegt nur in einer Schutzzone, was bedeutet, daß sich der Schutz nur auf die Fassade


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bezieht. Aber ich gebe zu, daß ein enger Konnex zwischen meiner Wohnsituation und meinem besonderen Interesse am Denkmalschutz besteht – nicht, weil ich in einem solchen Haus wohne, sondern weil ich mich dafür immer schon interessiert habe, wohne ich in solch einem Haus, das ich gezielt gesucht habe.

Meine Damen und Herren! Im Interesse der Aufrechterhaltung dessen, was Kollege Bieringer so gerne abschaffen möchte, nämlich, daß die Regierungsvereinbarung auch die zweite Kammer des Parlaments einschließt, wird meine Fraktion dieser merkwürdigen Vorlage ihre Zustimmung geben.

Ich kann es trotz des eingangs erwähnten Rettungsringes mit meinem persönlichen Gewissen allerdings nicht in Übereinstimmung bringen, mich dieser Zustimmung anzuschließen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Nittmann. )

12.53

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Bundesrat Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

12.53

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Mainoni hat den Eindruck zu erwecken versucht, daß die Bundesräte von ÖVP und SPÖ ausschließlich nach Parteiräson und nie nach Länderinteressen abstimmen würden. Der Umkehrschluß lautet zwangsläufig: Herr Kollege Mainoni hat für seine Fraktion in Anspruch genommen, daß sie ausschließlich nach Länderinteressen und nie nach Parteiräson abstimmt. (Bundesrat Ing. Scheuch: Dieser Schluß ist unzulässig, Herr Präsident!) Wenn man Ihr Abstimmungsverhalten in dieser Kammer betrachtet und mit jenem im Nationalrat vergleicht, dann kommt man zu einer anderen Schlußfolgerung. Ich freue mich, daß Sie sich dem anschließen können.

Nun aber zum eigentlichen Tagesordnungspunkt. Der Gesetzesbeschluß dient zunächst der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes. In diesem Zusammenhang bin ich auf die vom Rechnungshof im Jahre 1992 getroffene Feststellung gestoßen, daß in Entsprechung einer Entschließung des Nationalrates vom 15. März 1978 ehestmöglich ein Gesamtüberblick über den Bestand und den Zustand der denkmalgeschützten Objekte sicherzustellen wäre. – Wenn Frau Bundesministerin Gehrer die Gelegenheit gehabt hätte, heute hier zu sein, hätte ich sie gefragt, wie der Stand der Erledigung auf diesem Gebiet ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein offenes Länderanliegen erwähnen, das hier allerdings nur der Vollständigkeit und nicht der Zuständigkeit halber zu diesem Tagesordnungspunkt paßt, nämlich einen Beschluß der Landeshauptleutekonferenz vom 14. April dieses Jahres, wonach die wirtschaftliche Belastung Privater bei der Erhaltung denkmalgeschützter Objekte dadurch erleichtert werden soll, daß der Vorsteuerabzug und die steuermindernde Geltendmachung von Verlusten ermöglicht wird – ein Anliegen, das sich an den Herrn Finanzminister richtet.

Ein zweiter wesentlicher Aspekt des vorliegenden Gesetzesbeschlusses – er hat auch in den Ausführungen meiner Vorredner den Schwerpunkt gebildet – ist die Neuordnung der Zuständigkeiten für historische Garten- und Parkanlagen, insbesondere solchen, die mit Baudenkmälern in Zusammenhang stehen.

Kollege Konecny hat schon darauf hingewiesen, daß der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1964 eine Zuständigkeit des Bundes für diesen Bereich verneint. Seit diesem Zeitpunkt gibt es Bemühungen, diese Kompetenzzersplitterung zu bereinigen. Ich habe allerdings ein bißchen ein Problem damit, Herr Kollege Konecny, unsere Aufgabe darin zu sehen, eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – wörtliches Zitat – “zu reparieren.”

Der Bund hat betrieben, seine Zuständigkeit auch auf die historischen Garten- und Parkanlagen auszudehnen, während die Länder wiederum eine Bereinigung darin gesehen hätten, daß der Denkmalschutz wegen des engen Zusammenhanges mit Bauwesen, Raumplanung, Ortsbildschutz, Altstadterhaltung sowie Landschafts- und Naturschutz – alles Landeszuständigkeiten –


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ohnedies in die Vollziehungszuständigkeit der Länder übertragen werden sollte – ausgenommen bewegliche Denkmale, insbesondere hinsichtlich der Ausfuhr und der Bestand des Bundesdenkmalamtes.

Die Länder haben sich nach zahlreichen ablehnenden Stellungnahmen – einige davon wurden bereits angesprochen – über Vermittlung von Frau Bundesministerin Gehrer bei der Landeshauptleutekonferenz vom 24. September 1997 auf einen Kompromiß verständigt, wonach sich die Bundeszuständigkeit nur auf eine mit den Ländern paktierte Liste bestimmter Garten- und Parkanlagen bezieht. Die Regierungsvorlage trägt diesem Kompromiß, unterstützt von der Landeshauptleutekonferenz, ausdrücklich Rechnung.

Weiters haben die Länder deutlich gemacht, daß einer solchen Kompetenzänderung frühestens gleichzeitig mit der Umsetzung der Bundesstaatsreform zugestimmt werden könne. Auf diesen Umstand haben die Länder auch im Begutachtungsverfahren zur vorliegenden Regierungsvorlage nachdrücklich aufmerksam gemacht. Das wurde richtigerweise auch schon angesprochen.

Unter diesem Gesichtspunkt käme man – allerdings nur auf den ersten Blick – tatsächlich zu der Annahme, der Bundesrat könne der im Denkmalschutzgesetz enthaltenen Verfassungsbestimmung keinesfalls zustimmen.

Dazu ist folgendes zu sagen: Abgesehen davon, daß im Nationalratsausschuß über Ersuchen und Betreiben Vorarlbergs eine wichtige Klarstellung in der Weise vorgenommen wurde, daß die Unterschutzstellung die Zuständigkeit der Länder zur Wahrnehmung des Naturschutzes in diesen Bereichen nicht verdrängt, und die Länder daraufhin eine andere Position eingenommen hatten als sie in Unkenntnis dieser Ausschußfeststellung – weil es zeitlich vorher war – ursprünglich zur Regierungsvorlage eingenommen hatten, ist auch noch folgendes zu berücksichtigen:

Angesichts der in unabsehbare Ferne gerückten Umsetzung der Bundesstaatsreform und der dessen ungeachtet erfolgten Erfüllung einzelner, wenn auch kleinerer Länderanliegen, zum Beispiel hinsichtlich des Homogenitätsgebotes im Dienstrecht, der Gemeindesicherheitswachen und anderer Punkte sowie der nunmehr auf wenige Objekte beschränkten Bundeszuständigkeit haben die Landeshauptmänner inzwischen durchwegs ihr Einverständnis mit diesem Gesetzesbeschluß erklärt – nicht zuletzt unter Berücksichtigung der im Nationalratsausschuß vorgenommenen Präzisierung.

Daß dies nun nicht eine bloße Vermutung oder subjektive Einschätzung des Bundesministeriums ist, ergibt sich auch aus folgendem: Wir haben den vom Nationalrat bereits am 18. Juni gefaßten Gesetzesbeschluß nicht schon bei der darauffolgenden Sitzung vom 1. Juli in Verhandlung genommen, sondern ganz bewußt zur Klärung der Haltung der Länder auf die heutige Sitzung zurückgestellt. In der Zwischenzeit, immerhin sechs Wochen, ist von keinem einzigen Landtag und von keiner einzigen Landesregierung – auch nicht aus Kärnten, das muß ich ausdrücklich dazusagen! – eine ablehnende Stellungnahme eingelangt.

Daher können wir wohl guten Gewissens davon ausgehen, daß unsere Zustimmung nunmehr im Einklang mit der Haltung der Länder steht. Was die Präzisierung dessen betrifft, was nun Haltung der Länder ist, sind für mich die Landtagspräsidenten und die Landesregierungen allemal kompetenter als die freiheitliche Fraktion hier im Hause, mit allem Verlaub gesagt. Das ergibt sich aus der Struktur unserer Bundesverfassung und der Vertretungsregeln der Landesregierungen. (Bundesrat Dr. d'Aron: Ist das bei der ÖVP auch so?) Natürlich ist es so, daß wir Rücksicht nehmen auf das, was die Landtagspräsidenten und die Landeshauptmänner als Landesinteresse definieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit Sie etwas präziser wissen, was die FPÖ in diesem Punkt schon als Interesse artikuliert hat, darf ich Sie auf folgendes verweisen (Bundesrat Bieringer: Hört, hört!): zunächst auf eine Anfrage der Bundesräte Dr. Kapral und Kollegen vom Juli 1996 betreffend Denkmalschutz, gerichtet an die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten. Darin haben Sie sich erkundigt: "Wann ist mit einer Novelle zum Denkmalschutzgesetz zu rechnen, die die Verbesserung des Schutzes historischer Garten- und Parkanlagen ... zum Inhalt hat?" – Nichts


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anderes bringt die Regierungsvorlage mit sich! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Hört, hört! – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Offenbarung!)

Damit noch nicht genug: Am 19. September 1997 haben die Abgeordneten Dr. Krüger und Kollegen – allesamt der freiheitlichen Nationalratsfraktion angehörend – im Nationalrat einen Entschließungsantrag eingebracht: "Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ... aufgefordert: – unbeschadet geltender naturschutz-, baumschutz-, landschaftsschutz- und forstgesetzlicher Regelungen für historische Gärten, Parkanlagen, Alleen und dergleichen Anlagen und Elemente der gestalteten Natur per Ministerialentwurf zum Denkmalschutzgesetz auch denkmalschutzrechtliche Vorkehrungen zu treffen". – Nichts anderes geschieht mit diesem Gesetzesbeschluß! (Bundesrat Ing. Scheuch: Zuwenig weitgehend!)

Und dem Ganzen noch die Krone aufsetzend: Sie selbst – die Bundesräte Ram, Universitätsprofessor Böhm, Mag. Gudenus und Mühlwerth – haben erst am 19. Februar dieses Jahres hier einen Entschließungsantrag eingebracht, der sich im wesentlichen mit demjenigen, den Ihre Kollegen im Nationalrat eingebracht hatten, deckt und in dem mit denselben Worten denkmalschutzrechtliche Vorkehrungen gefordert werden.

So weit sind Sie also gar nicht vom Länderstandpunkt entfernt, wenn Sie ihn an Ihren eigenen Aussagen messen und nicht an dem, was Ihnen heute politisch zweckmäßig erscheint. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Das letztlich bestehende Einverständnis der Länder – nicht zuletzt unter Berücksichtigung dessen, was auch die FPÖ als ihre Forderung artikuliert hatte (Bundesrat Ing. Polleruhs  – in Richtung Freiheitliche –: Das ist von eurer Fraktion! Hört gut zu!)  – gilt umso mehr, als die Zuständigkeit für den Denkmalschutz insgesamt zwischen Bund und Ländern weiterhin Verhandlungsgegenstand einer umfassenden Neuordnung der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben bleiben wird.

Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß der Denkmalschutz in dem von Klubobmann Kostelka 1997 vorgelegten Konzept für eine tiefgreifende Bundesstaatsreform künftig ausdrücklich als Länderzuständigkeit vorgesehen ist. Genauso, wie es tatsächlich sehr gute Gründe dafür gibt, gibt es natürlich auch einen guten Grund dafür, Zersplitterungen in der Aufgabenwahrnehmung möglichst zu vermeiden.

Mit der Zustimmung zum heute vorliegenden Gesetzesbeschluß tragen die Länder – durchaus im Sinne einer Vorleistung – diesem Gesichtspunkt Rechnung. (Beifall bei der ÖVP.)

13.04

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

13.04

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! An der Novelle zum Denkmalschutzgesetz, die wir heute behandeln, sind einige Informationen bemerkenswert, die wir im Ausschuß, aber auch jetzt, während der Sitzung, vom hochverehrten Herrn Kollegen Professor Konecny erhielten. Bemerkenswert ist die große Anzahl von Objekten, die im Laufe der Zeit unter Denkmalschutz gestellt werden sollen oder auch jetzt schon gestellt sind. Es werden ungefähr 30 000 sein.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich aber anhört, welche Mittel zur Verfügung stehen – ich glaube, mich an die Ausschußsitzung so zu erinnern, daß es 170 oder 180 Millionen Schilling per anno sind –, dann weiß man, daß auf das einzelne Objekt rund 5 000 bis 6 000 S entfallen. Ich halte schon aus diesem Grund dieses Gesetz eigentlich für ein sittenwidriges Gesetz, weil damit etwas versprochen und erwartet wird, was nicht eingehalten werden kann.

Jetzt spreche ich Herrn Kollegen Maier von der ÖVP an. Er hat gestern in einer Diskussion über ein anderes Thema das Wort "Solidarität" so oft in den Mund genommen wie ein Sünder das "Amen". Verwenden Sie das Wort Solidarität ... (Bundesrat Dr. Maier: Da gehe ich schon lieber


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in die Isolation, Herr Kollege ...!) – Das mag schon sein. Helfen Sie dem österreichischen Denkmalamt! Helfen Sie jenen Österreichern, die Besitztümer haben, die unter das Denkmalschutzgesetz fallen!

Helfen Sie vielleicht auch Professor Konecny, der eine sehr schöne Fassade hat – ich meine beim Haus; nicht der Herr Professor. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.) Dann tragen Sie dazu bei, gelebte Solidarität in Österreich durchzuführen.

Bleiben wir also beim Leibchen oder beim Rock – um bei meinem Beispiel von gestern zu bleiben. Wir sehen, daß wir die Geldmittel nicht haben. Es ist daher meines Erachtens – dazu haben meine beiden Vorredner, insbesondere Herr Professor Konecny, beigetragen – dieses Gesetz als "dem Teufel zu schlecht" zu bezeichnen.

Ich wundere mich jetzt nur darüber, daß Herr Professor Konecny seinen Klub nicht so in der Hand hat, um seine Intention des Nicht-Annehmens dieses Gesetzes umzusetzen. (Bundesrat Konecny: Wir sind eine demokratische Partei!) Ich fordere Sie auf, im Rahmen der Solidarität mit Herrn Professor Konecny – ich meine damit die Herren von der Sozialdemokratie –, diesem Gesetz die Zustimmung nicht zu erteilen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im vorlaufenden Gehorsam war es nicht so, Herr Professor Konecny! Wir Freiheitliche haben uns schon vorher zu diesem Schritt entschlossen. (Bundesrat Schaufler: Kollege Gudenus hat im Ausschuß aber noch zugestimmt!)

Wir wissen, daß natürlich jeder, der ein Objekt im Besitz hat, welches unter Denkmalschutz gestellt wird, gewisse Nachteile zu tragen hat. Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, daß dies keine Teilenteignung ist, wie man vielleicht hätte vermuten können: Es enthält eine Wertminderung, und es stellt eine Eigentumseinschränkung dar. Dies alles um einen höchst geringen Geldbetrag, den man mit großer Sicherheit wahrscheinlich nicht bekommt, weil viel zuwenig Geldmittel vorhanden sind.

Der Eigentümer kann nicht einmal dazu verpflichtet werden, Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Wenn aber der Eigentümer dazu aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist und auch im Denkmalamt aus den genannten Gründen das Geld nicht vorhanden ist, dann frage ich: Was soll da noch an Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen werden?

Darüber hinausgehender aktiver Denkmalschutz sollte ersetzt werden. Das steht darin: Er soll ersetzt werden. Aber mit welchen Mitteln? – Das ist die Frage, und deswegen sage ich: Das ist ein unsittliches Gesetz.

Der Verwaltungsaufwand ist vorhanden. Es werden Beamte bezahlt, die dafür eingesetzt werden müssen. Der gute Wille ist vorhanden.

Ich glaube jedoch, meine Damen und Herren, die Absichten des Denkmalamtes – es ist wohl eine Einmaligkeit, daß das betroffene Amt selbst ein Gesetz ablehnt – zielen darauf ab, daß wir es nicht annehmen sollen. Mir ist der Motivenbericht nicht geläufig; es kann sein, daß er aus den von mir genannten Gründen – zuwenig Geld und so weiter – dies aussagt. Aber auch wenn noch tiefergehende Gründe und Überlegungen vorhanden sind, tut das nichts zur Sache. Wenn uns das betroffene Amt, welches die Aufgaben wahrnehmen soll, eigentlich davor warnt, dieses Gesetz anzunehmen, dann sollten wir alle, so meine ich, es nicht wahrnehmen und dem nicht zustimmen.

Dieses Gesetz birgt den Keim in sich, daß man sagt: Es ist ein "Husch-Pfusch-Gesetz", sozusagen ein Legislations-Auslaufgesetz, mit dem die Koalitionsparteien noch so tun wollen, als hätten sie etwas für die Kulturpolitik und den Erhalt der historischen Substanz dieses Staates getan. Sie haben mit diesem Gesetz nichts gewonnen, außer daß sie ein Gesetz mehr gemacht haben, welches früher oder später einer Novelle zu unterziehen sein wird, weil es in der Form nicht exekutierbar ist. Es ist ein unfaires, es ist ein schlechtes Gesetz, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


Bundesrat
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Da hier einige Anträge der Freiheitlichen Partei genannt worden sind – besonders den Gartenbau betreffend –, möchte ich feststellen, daß ihnen zuzustimmen ist. Selbstverständlich freuen wir Freiheitlichen uns darüber, wenn die Kultursubstanzen unseres Staates, auch der Stadt Wien, und andere Kultursubstanzen in diesem Land gewahrt werden. Das ist klar.

Aber wenn wir das fordern, dann sind wir als Oppositionspartei nicht in der Lage, die Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Dann muß die Solidarität des Kollegen Maier dazu beitragen, daß entsprechende Geldmittel zur Verfügung gestellt werden.

Wir haben hier einen Entschließungsantrag betreffend Rettung des Gartens der Gartenbauschule in Wien 22 eingebracht. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Mag. John Gudenus, Monika Mühlwerth und Kollegen betreffend Rettung des Gartens der Gartenbauschule in Wien 22

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Ergänzung der Gartenliste im Anhang II des Denkmalschutzgesetzes vorzulegen, die insbesondere den Schulgarten der Gartenbauschule in Wien-Donaustadt enthält.

*****

Der Antrag liegt somit zur Debatte vor.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist dem Teufel zu schlecht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.11

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Mag. Gudenus und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Rettung des Gartens der Gartenbauschule Wien 22 ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der gegenständliche Beschluß enthält im Artikel 1 § 1 Abs. 12, im Artikel 2 Abs. 1 sowie im Anhang II Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2. Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.


Bundesrat
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657. Sitzung / Seite 261

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Gudenus und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Rettung des Gartens der Gartenbauschule Wien 22 vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

52. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (1913 und 1972/NR sowie 6071/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nunmehr zum 52. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Engelbert Schaufler übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Engelbert Schaufler: Herr Präsident! Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juli 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird. Wir ersparen uns den Vortrag, weil der Bericht schriftlich vorliegt, und ich beschränke mich auf den Antrag.

Der Antrag lautet: Der Ausschuß für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 27. Juli 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Grillenberger. Ich erteile es ihm.

13.15

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dem Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, ist eine Anpassung an das Schulorganisationsgesetz gegeben. Es ist meiner Meinung nach in dieser Form ein richtiger Schritt in Richtung einer Bildungsvielfalt auch in den höheren landwirtschaftlichen Lehranstalten.

Die wesentlichen Änderungen, besonders im Bereich der Aufnahmevoraussetzungen, bewirken eine Öffnung des Zuganges zur Ausbildung im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Bundesgesetze, in diesem Fall besonders im Bereich der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten. So wird in Hinkunft mit dem erfolgreichen Abschluß der 4. Klasse Hauptschule oder der Polytechnischen Schule die Voraussetzung für eine Aufnahme in eine höhere land- und forstwirtschaftliche Lehranstalt genauso gegeben sein wie mit dem erfolgreichen Abschluß einer einjährigen landwirtschaftlichen Haushaltsschule für Mädchen sowie dem Abschluß der 1. Klasse einer mittleren Schule.


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Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß mit der mit dem Gesetz vorgesehenen Öffnung des Zugangs zu land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten auch Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich gegeben sein werden. Meine Fraktion wird der Gesetzesänderung gerne die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.16

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile es ihm.

13.17

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Gesetz und zur vorliegenden Novelle einige Sätze sagen werde, darf ich nach dem heutigen Vormittag doch einen Satz an die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition richten.

Wenn man selbst so dünnhäutig ist und ständig wie ein Elefant im Porzellanladen herumtrampelt, möchte ich an die gestrige Aussage von Herrn Präsidenten Bieringer erinnern, in der er den Vergleich mit der Löwinger-Bühne anstellte. Daraufhin haben Sie heftigst dementiert und protestiert. Nach den heutigen Darbietungen bin ich davon überzeugt: Wenn die Löwinger das gehört hätten, was Sie geboten haben, hätten die Löwinger protestiert! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Dr. Bösch: Passen Sie auf!)

Meine Kolleginnen und Kollegen! Ständig von einer Aufwertung des Bundesrates zu reden und dann so tief zu greifen, ist des Bundesrates nicht würdig. (Bundesrat Dr. Bösch: Passen Sie auf, daß Sie nicht zu tief greifen, Herr Kollege!)

Zu dem vorliegenden Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, darf ich anmerken, daß es sich im wesentlichen um eine Anpassung an die anderen Schultypen handelt, die wir in letzter Zeit in den Sitzungen beschlossen haben. Es geht vorwiegend um § 12, der die Aufnahmevoraussetzungen regelt, und um § 32, der den Zuständigkeitsbereich der Behörde regelt. – Meine Fraktion wird deshalb dem vorliegenden Gesetz die Zustimmung erteilen.

Ich darf allen Kolleginnen und Kollegen eine schöne Sommerpause wünschen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.18

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

13.19

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Gesetz über die Aufnahme in die höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten hat deshalb Bedeutung, weil Bildung gerade heutzutage einen besonderen Stellenwert hat.

Die Land- und Forstwirtschaft ist in einer Krise, im gesamten Europa und in weiten Bereichen der technisierten Welt. Es ist daher besonders bemerkenswert und besonders wichtig, daß Leute, daß Bürger dieses Staates, die besonders mit der Scholle verbunden sind, die Möglichkeit haben, auch diese Aufgabe in höheren Lehranstalten zu lernen und zu lehren.

Beeindruckt hat es mich natürlich, daß sich mein lieber Freund und Kollege Steinbichler jetzt ein bißchen als Oberlehrer des Bundesrates aufgeführt hat. Vermutlich hat er die Möglichkeiten und Fähigkeiten dieses Gesetzes schon vorweggenommen, um hier zu zeigen, was man alles damit erreichen kann. Aber es ist ihm gelungen. Ich freue mich darüber, daß er das bemerkt hat.

Wir erkennen nämlich auch anhand der Möglichkeiten der Bildung, wie notwendig die ständige Bildung und das Agieren hier im Raum sind. Wann immer wir Freiheitlichen – ich mache jetzt einen kleinen Abschweifer und werde mich aber nicht so lange fassen, daß mich der Präsident


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aufgrund der Tagesordnung zurechtweist – das Problem der Beneš-Dekrete und der AVNOJ-Gesetze hier in dem Raum betont und eine Abstimmung oder eine Beschlußfassung gefordert haben, hat das seine volle Richtigkeit. Der Sickerungsprozeß bei der ÖVP ist so stark, daß man in der heutigen "Presse" lesen kann: Stenzel: Mit Beneš-Dekreten kein EU-Beitritt. (Bundesrat Dr. Bösch: Hört, hört! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Gestern haben wir darüber gesprochen, und heute verlangt es Stenzel schon in der "Presse". Ist das nicht ein Erfolg?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich komme schon wieder zum Thema zurück. Da die Vergleichbarkeit bei Hauptschulabschlüssen und Gymnasialabschlüssen, welche dann den Zutritt in die landes- und forstwirtschaftlichen Bundesschulen ermöglichen, nicht vorhanden ist, da sie nicht meßbar ist, wird heute unter anderem diese Änderung mit uns beschlossen werden. Es heißt, daß eben auch die zweite Leistungsgruppe einer Hauptschule in eine höhere land- und forstwirtschaftliche Schule eintreten können soll. Das ist richtig, das empfinden wir als gut so. Wir stimmen dem Gesetz zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.22

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

53. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (121/A-BR/99 und 6072/BR der Beilagen)

54. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (120/A-BR/99 und 6073/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu den Punkten 53 und 54 der Tagesordnung.

Es sind dies:

der Selbständige Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates sowie

der Selbständige Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Die Berichterstattung über die Punkte 53 und 54 hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Ferdinand Gstöttner:
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Di
e Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen haben am 1. Juli 1999 den Antrag 121/A eingebracht. Der schriftliche Text liegt Ihnen vor. Ich darf daher nur zusammenfassen.

Der Geschäftsordnungsausschuß hat diesen Antrag in seiner Sitzung am 27. Juli 1999 in Verhandlung genommen.

Die Bundesräte Ludwig Bieringer und Albrecht Konecny brachten einen Abänderungsantrag zur Z. 2 ein, wodurch klargestellt wird, daß die direkte Vorlage an den Nationalrat, nur wenn dies ausdrücklich verlangt wird, zu erfolgen hat, um nicht auszuschließen, daß ein solcher Antrag auch im Bundesrat verhandelt werden kann.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag in der Fassung des Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Geschäftsordnungsausschuß somit den Antrag , der Bundesrat wolle beschließen:

Der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates wird die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt.

Ich bringe noch den Bericht über den Antrag 120/A der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung.

Der Geschäftsordnungsausschuß hat diesen Antrag in seiner Sitzung am 27. Juli 1999 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

Aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 32 Abs. 6 GO-BR ist ein Ausschußbericht zu erstatten.

Der Geschäftsordnungsausschuß stellt daher mit Stimmenmehrheit den Antrag , der Bundesrat wolle dem Antrag 120/A-BR/99 keine Zustimmung erteilen.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen nun in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

13.25

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sie alle wissen, welch negative Einschätzung dem Bundesrat derzeit in der öffentlichen Diskussion, in den Medien – werfen Sie nur einen Blick in die heutige Ausgabe der "Presse" oder des "Standard" – und seitens renommierter Funktionäre aller Parteien zuteil wird. Es ist egal, ob es sich dabei um Landesrat Gerhard Hirschmann von der ÖVP, um den scheidenden Nationalratsabgeordneten Professor Dr. Ewald Nowotny von der SPÖ und die Klubobleute Frau Dr. Heide Schmidt und Professor Dr. Alexander Van der Bellen, aber auch um andere Funktionäre – ich räume ein, auch um solche der FPÖ – handelt. Dabei ist gar nicht mehr entscheidend, ob die völlige Abschaffung des Bundesrates wegen seiner angeblichen politischen Bedeutungslosigkeit propagiert wird oder ob das nur für den Fall gefordert wird, daß der Bundesrat in seiner Funktion und seinen Kompetenzen nicht aufgewertet werden sollte.

Wir mögen das als ungerecht und für sachlich verfehlt halten. Wir können aber diese abwertende Einschätzung von uns aus allein nicht ändern. Wir selbst vermögen aber eines, nämlich alles


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zu vermeiden, was den prekären Eindruck unserer Inaktivität und damit unserer Nutzlosigkeit bestärken könnte. Dazu gehört jedenfalls, daß wir die uns zur Entscheidung aufgegebenen Themen erledigen, und zwar vollständig und innerhalb angemessener Zeit.

Nicht zuletzt deshalb hat meine Fraktion die unerfreuliche Tatsache, daß der Bundesrat zahllose, auch lange Zeit zurückreichende Selbständige Anträge nicht behandelt hat, zum Anlaß für einen entsprechenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates genommen. Wir streben damit an, daß Selbständige Anträge binnen eines halben Jahres vorberaten und binnen eines weiteren halben Jahres auch erledigt werden müssen. Die zeitlich weit länger zurückreichenden Anträge – viele Jahre zurückreichend – haben wir mit dem Verlangen auf befristete Erledigung reaktiviert, soweit sie uns noch aktuell erschienen – und das nicht nur in bezug auf unsere eigenen, sondern auch von Mandataren anderer Parteien eingebrachte Anträge.

Die Regierungsparteien waren jedoch zur Erledigung dieser von uns aktualisierten Anträge – und zwar bemerkenswerterweise auch ihrer eigenen – leider nicht bereit. Sie wollen in ihrem eigenen Antrag zum Geschäftsordnungsgesetz vielmehr festlegen, daß alle Anträge von selbst entfallen sollen, wenn kein Mitglied des Bundesrates diesem Organ mehr angehört, das diesen Antrag jemals unterstützt hat.

Diese Lösung unterstellt freilich, daß jeder Antrag mit der Person, die ihn eingebracht hat, untrennbar verbunden ist. Wir sehen das anders. Unsere Position stellt sich dem gegenüber so dar: Wir gehen zwar auch – darin stimmen wir überein – davon aus, daß ein im Bundesrat einmal eingebrachter Antrag nicht wie im Nationalrat mit dem Ablauf der Legislaturperiode verfallen kann, weil es für den Bundesrat ja keine solche gibt, der ja vielmehr permanent besteht und tagt, hingegen nehmen wir nicht an, daß der im Bundesrat eingebrachte Antrag an den Mandatar, der diesen Antrag für seine Fraktion initiiert hat, personell rückgebunden ist. Anträge sind mit anderen Worten durch ihren Inhalt und nicht durch die Person des Antragstellers individualisiert.

Meines Erachtens können daher durchaus auch andere Mitglieder des Bundesrates, die der Fraktion der damaligen Antragsteller angehören, diesen Antrag auch wieder zurückziehen, wenn sie ihn für überholt erachten. Andernfalls, wenn das nicht geschieht, bleibt er selbstverständlich unverändert anhängig und ist der parlamentarischen Behandlung zu unterziehen. Insofern kann ich nicht verstehen, weshalb die Repräsentanten der Regierungsparteien unserem Antrag auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes nicht beitreten.

Für den Fall, daß komplexe Materien einer längeren Erörterung und Behandlung in den parlamentarischen Gremien bedürfen – das kann durchaus zutreffen –, sehen wir in unserem Antrag ohnehin die Möglichkeit vor, eine abweichende, das heißt eine ein halbes Jahr überschreitende, Fristsetzung vorzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lade Sie dazu ein: Nehmen Sie die Gelegenheit wahr, dem Ansehen des Bundesrates und seiner Glaubwürdigkeit insbesondere in bezug auf seine Funktionsfähigkeit zu nützen, indem Sie unserem Antrag auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes beitreten! (Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die in der Präsidiale bekundete Bereitschaft, die Selbständigen Anträge künftighin zeitgerecht zu behandeln, ist wohl eine erfreuliche Absichtserklärung, aber durchaus noch keine verbindliche Regelung. Das in der Vergangenheit geübte Vorgehen eignet sich nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme in diese Richtung.

Deshalb halten wir auch an unserem Antrag auf entsprechende Abänderung des Geschäftsordnungsgesetzes fest. Wir ersuchen Sie, im Interesse des Ansehens unseres Hohen Hauses diesem unseren Antrag zuzustimmen. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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13.31

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Albrecht Konecny das Wort. – Bitte.

13.31

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat in den letzten zwei Tagen aus naheliegenden Gründen mehr als eine Gelegenheit gegeben, bei Debatten in diesem Saal und in Gesprächen mit den in bemerkenswerter Vielzahl diesen Bundesrat umschwirrenden Medienvertretern Meinungen zur Reform, zur Aufwertung, zur Bedeutungsverstärkung des Bundesrates zum Ausdruck zu bringen.

Wir haben gelesen und gehört, was nach Ansicht einzelner Mitglieder des Bundesrates diesem nützen würde. Ich habe nicht die Absicht, hier in die Tiefe einer Debatte darüber einzugehen, möchte aber ein paar Sätze, die ich schon beim vorvorigen Tagesordnungspunkt gesagt habe, ganz klar wiederholen.

Ein Bundesrat, der seinem inneren Charakter nach kein parlamentarisches Gremium ist, wäre tatsächlich entbehrlich. Ein Gremium, in dem Auftragsverhältnisse wie in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft herrschen, ist tatsächlich entbehrlich. Die Vorstellung, daß irgend jemand – von mir aus auch die Landtagspräsidenten oder die Landeshauptleute – mit den Bundesräten wachelt wie mit einem Aktienpaket, läßt sich mit meinen demokratiepolitischen Vorstellungen nicht vereinbaren. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß wir die Interessen der Länder und des Landes, das uns entsendet hat, zu vertreten haben, ist unsere Verfassungsaufgabe. Aber was im Interesse dieses Landes liegt, obliegt nicht einer Meinungsbildung des Landeshauptmannes oder der Landesregierung und nicht einmal der Mehrheitsentscheidung des Landtages.

Ich möchte mir als Bürger und Mandatar des Landes Wien die Entscheidung darüber, was im Interesse des Bundeslandes, das ich hier zu vertreten habe, liegt, nach gründlicher Abwägung sehr wohl selbst vorbehalten. Daß ich mich dabei mit den allenfalls zuständigen Mitgliedern der Landesregierung, dem Landeshauptmann oder Mandataren meiner Partei beraten werde, das ist selbstverständlich. Aber als Parlamentarier halte ich daran fest, daß das meine Entscheidung ist.

Ich möchte, gerade weil ich weiß oder weil ich darunter leide – lassen Sie es mich so formulieren –, daß meine Partei in einer Reihe von Bundesländern, in der großen Mehrzahl der Bundesländer nicht die stärkste ist, mir nicht vorstellen, daß Mandatare ein Abstimmungsverhalten zu vollziehen haben, das ihnen auferlegt wird und das ihrer eigenen politischen Überzeugung nicht entspricht. Ich möchte das auch den Wiener Bundesräten der ÖVP nicht zumuten und den Bundesräten der FPÖ aus acht Bundesländern ebenfalls nicht. – Das ist die eine Sache.

Die zweite Sache ist – ich muß das hier erwähnen, weil wir ein bißchen eine Grundsatzdebatte führen –, daß es gerade deshalb nach Überzeugung meiner Fraktion wichtig und bedeutsam wäre – auch wenn ich annehme, daß das Stimmverhalten der Bürger sehr ähnlich wäre –, daß die Bundesräte mit einem direkten Mandat des Wahlbürgers ausgestattet werden. Das heißt also, daß sie, selbstverständlich im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Landtagswahl, weil wir Länderinteressen zu vertreten haben, aber dennoch mit einem solchen direkten Mandat ausgestattet werden sollten.

Ich glaube, daß solche fundamentalen Festlegungen um einiges wichtiger sind – damit nehme ich einen mir dankenswerterweise übergebenen Antrag und eine Meinungsäußerung meines Kollegen Bieringer ins Visier – als die Optik, wie wir uns hier im Saal gruppieren.

Zu den beiden vorliegenden und zu behandelnden Anträgen: Ich glaube, daß es – Herr Professor Böhm, Sie werden mir das verzeihen – ein merkwürdiges Verständnis der Rechte von Abgeordneten und der Rolle von Parteien ist, beispielsweise – ich beziehe es jetzt nur auf mich – mich in die Lage zu versetzen, einen Antrag, den einer meiner Vorgänger, beispielsweise Kollege Strutzenberger, hier einmal gestellt hat, nach meinem Urteil, daß das überholt ist, zurückzuziehen. Ich würde mich nicht trauen, das zu tun. Das sage ich ganz ehrlich. (Bundesrat Dr. Böhm: Ich schon!)


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Nein, denn der ehemalige Kollege, der mit seinem Namen für einen Antrag einsteht, hat zwar nicht mehr die Möglichkeit, den Antrag hier zu verfolgen, und daher ist es unsere Bestimmung, zu sagen: Wenn alle diejenigen, die sich damals darüber verständigt haben, einen solchen Antrag im Hause einzubringen, dem Haus nicht mehr angehören, dann gilt er als zurückgezogen. Das traue ich mich vorbehaltlos, weil es eine neuerliche politische Entscheidung bedeutet, zu sagen: Nein, das Anliegen dieses Antrages bleibt aktuell, und eine Gruppe heutiger Bundesräte macht dieses Anliegen zu ihrem und bringt es erneut ein.

Mir scheint, daß wir hier nach einigem Nachdenken – zum Teil ist dieses Nachdenken in der Präsidialkonferenz erfolgt – eine Lösung gefunden haben, die den Respekt vor ehemaligen Mitgliedern des Hauses zum Ausdruck bringt, uns aber trotzdem nicht mit dann nur noch historisch bedeutsamen Vorlagen belastet.

Der zweite Teil unseres eigenen Antrages ist eine Klarstellung, von der wir in meiner Fraktion sozusagen auch gleich Gebrauch machen. Wir haben jenen Gesetzestext, der zu diesem Abzeichen gehört, gestern in diesem Haus eingebracht. Es ist unser Bestreben, dieses Haus zu einer Meinungsbekundung zu diesem Thema zu veranlassen. Derselbe Text war auch im Nationalrat eingebracht worden, und die dortigen Sozialdemokraten werden diesen Text in einer der ersten Sitzungen nach der Nationalratswahl mit Sicherheit erneut einbringen.

Aber ich denke, daß ein solch wichtiges Anliegen auch und gerade in dieser Kammer des Parlaments selbständig beraten werden soll. Ich kündige an, daß wir diese Doppeleinbringung in Zukunft in mehr als einem Fall verfolgen werden und uns nicht mit der Rolle desjenigen, der das erst bekommt, wenn es im Nationalrat abgefeiert ist, zufriedengeben werden.

Ich glaube, daß all das nicht eine Frage von strikten Fristen ist. Wir haben darüber im Ausschuß diskutiert. Wir haben kein Interesse daran, daß wir im Bundesrat – da hat sich auch im Verständnis der Amtsträger der Fraktionen etwas geändert – einen hohen Bestand an alten Vorlagen vor uns herschleppen. Wir haben auch keine Scheu davor – das haben wir Ihnen bewiesen, und wir werden es Ihnen weiterhin beweisen –, dort, wo wir meinen, daß man aus guten Gründen nein sagen soll, nein zu sagen und einen negativen Bericht zu erstatten.

Ich möchte noch eine letzte Bemerkung machen. Wir haben uns via facti mehr oder weniger darauf geeinigt, daß wir keine große Reform unserer Geschäftsordnung durchführen; sondern es ist dies das zweite oder dritte Stück einer sozusagen schleichenden Reform. Das war nicht meine Absicht oder die Absicht meiner Fraktion, aber es ist ein durchaus gangbarer Weg.

Wenn wir so vorgehen – praxisbezogen, nicht allzu theoretisch! –, dann lade ich dazu ein – das kann auch mit Befristungen der Fall sein –, im Lichte der Erfahrungen darüber nachzudenken und als Ergebnis dieses Nachdenkprozesses mitzuteilen, wo eine Nachjustierung der Geschäftsordnung unsere Arbeitsweise, und zwar durchaus im Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition, verbessern kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.40

Präsident Jürgen Weiss: Es liegt weiters eine Wortmeldung des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch vor. Ich erteile ihm das Wort.

13.41

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist notwendig, eine kleine Replik zu den Aufregungen des heutigen Vormittages anzubringen. Die ÖVP-Fraktion hat beschlossen, sobald ein bestimmtes Mitglied meiner Fraktion das Rednerpult betritt, hinkünftig den Plenarsaal zu verlassen. Ich darf Ihnen gleich anbieten, das hinkünftig bei jedem Mitglied der freiheitlichen Fraktion zu tun, weil Kollege Weilharter an der Rostra nicht seine, sondern unsere Position vertreten hat und wir selbstverständlich dem Antrag, den er hier gestellt hat, auch alle geschlossen zugestimmt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Bieringer: Herr Kollege, Sie haben nicht zugehört!)

Dieser Entschließungsantrag, Herr Kollege Bieringer, war das Normalste, was es in einer Demokratie und in einer parlamentarischen Abfolge geben kann. (Bundesrat Bieringer: Nicht die Art,


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wie er vorgetragen wurde! Begreifen Sie das doch endlich!) Die Opposition bringt einen Entschließungsantrag zur Abberufung eines Ministers ein – das ist das Normalste, was es in einer Demokratie gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Aufgeregtheit von Ihrer Seite war fehl am Platz. (Bundesrat Bieringer: Darüber hat sich ja kein Mensch aufgeregt! – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Die Wortwahl ...! – Präsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Das sei nur zu Ihrem Verhalten gesagt. Es kann meiner Ansicht nach dem Ansehen des Bundesrates nicht zuträglich sein, wenn hinkünftig, sobald die einen oder anderen an das Pult treten, um hier etwas zu sagen, daraufhin die Hälfte den Saal verläßt. Ich glaube, wir sollten diese Spielchen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Tagesordnungspunkten, die jetzt zur Debatte stehen: Die Reform des Bundesrates – ein Anliegen, das wir nicht nur in der heutigen Sitzung diskutieren, sondern schon in zahlreichen anderen Sitzungen diskutiert haben – ist für uns ein dringendes Anliegen. Leider findet bisher die öffentliche Debatte ohne den Bundesrat in seiner Gesamtheit statt. Wir Freiheitlichen haben deshalb zu diesem Thema schon oft Anträge eingebracht, wie auch heute die Fristsetzungsanträge und die Geschäftsordnungsanträge.

Zu unserem Antrag 120/A betreffend die Geschäftsordnung – Kollege Konecny hat ihn schon erwähnt – möchten wir einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag einbringen, der da lautet:

Abänderungsantrag

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Sitzordnung im Bundesrat

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Antrag 120/A-BR/99 (Ausschußbericht 6073) wird wie folgt geändert:

In Artikel I wird folgender Absatz eingefügt:

§ 7 Abs. 6 lautet:

"Der Präsident legt nach Rücksprache mit der Präsidialkonferenz die grundsätzliche Sitzordnung für den Sitzungssaal mit der Maßgabe fest, daß alle Bundesräte, die von einem Bundesland entsandt werden, in unmittelbarer Nähe zueinander sitzen. Die Bundesräte, die einer Fraktion angehören, haben im Rahmen dieser grundsätzlichen Sitzordnung eine Platzeinteilung zu beschließen und hievon dem Präsidenten Mitteilung zu machen."

*****

Meine Damen und Herren! Das soll nicht nur eine Äußerlichkeit sein, mit der wir den von Ihnen im Ausschuß abgelehnten Antrag 120/A ein wenig aufmotzen wollen, sondern das soll hiemit der Beginn der gesamten Reformvorschläge sein. Ich bin überzeugt davon, meine Damen und Herren der Koalitionsparteien, daß Sie alle nicht nur diesem Zusatzantrag, sondern auch den Fristsetzungsanträgen der Freiheitlichen zustimmen werden, denn ich habe heute in den "Salzburger Nachrichten" bemerkenswerte Aussagen meines Fraktionsvorsitzendenkollegen gelesen. Auch er ist der Ansicht, daß, wenn ich das beim Wort nehmen darf, "der Bundesrat vom Parteienjoch" befreit werden sollte. Daß er auch meint, daß hier statt Parteifraktionen Länderfraktionen begründet werden sollen, erfüllt uns mit Freude. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch eine bemerkenswerte Wortmeldung des Kollegen Konecny – nicht zu diesem Tagesordnungspunkt, sondern davor – hat uns Freiheitliche wirklich begeistert. – Herr Kollege! Sie haben hoffentlich unsere Zustimmung gehört. Das war erstmals eine wirklich parlamentarisch engagierte – nicht regierungsparteipolitisch, sondern parlamentarisch engagierte! – Rede Ihrerseits, Sie haben uns damit wirklich begeistert. (Bundesrat Meier: Nicht das erste Mal!) Ich muß sagen,


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Herr Kollege, ich glaube, Sie sind zu Recht Professor geworden. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Leider Gottes gönne ich Ihnen das Privileg nicht, daß dieser Titel nicht vererbbar ist, denn Sie wissen, es gibt einige Unterprivilegierte in unseren Reihen, die vererbte Titel haben und manchmal auch damit angesprochen werden wie mein Freund John Gudenus, dadurch aber gelegentlich in die Bereiche einer republikanischen Inquisition kommen. Ich bitte Sie, das in Zukunft auch zu bedenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Substantiell zu den vorliegenden Anträgen – mein Kollege Böhm hat das Wesentliche gesagt –: Uns geht es bei unserem Antrag 120/A darum, daß wir in der Geschäftsordnung eine Regelung finden, die sicherstellt, daß die Anträge, die von Bundesrätinnen und Bundesräten eingebracht werden, auch behandelt werden. Deshalb haben wir darin die Fristenregelung eingebaut. Das sehen wir in dem von Ihnen vorgebrachten Antrag nicht in dieser Deutlichkeit verankert, weshalb wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen werden.

Auch unsere Fristsetzungsanträge, die wir zu einigen Anträgen betreffend die Reform des Bundesrates eingebracht haben, sollten Sie sich noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich habe heute überraschenderweise vom Kollegen Konecny sehr bedeutende substantielle Äußerungen zu einer allfälligen Reform des Bundesrates gehört. Auch von den Kolleginnen und Kollegen der ÖVP hört man das gelegentlich. Ich frage mich: Warum debattieren wir darüber nicht in den Ausschüssen des Bundesrates, im Ausschuß für Verfassung und Föderalismus, zu dem dieses Thema gehört, sondern warum vertagen wir diese brennende Frage der Reform des Bundesrates immer und immer wieder? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesen Anträgen, denen wir heute eine Frist setzen wollen, geht es um eine Effizienzsteigerung des Bundesrates. Es sind darin Vorschläge von unserer Seite, aber auch Vorschläge von Kollegen anderer Fraktionen enthalten. Die Landeshauptleutekonferenz und ihre Beziehung zum Bundesrat sollten von unserer Seite überprüft werden. Ich gebe Ihnen ganz recht, Herr Kollege Konecny, auch eine Landeshauptleutekonferenz hat sich um die parlamentarische Vertretung auf Bundesebene, nämlich den Bundesrat, zu kümmern. Auch das ist zu diskutieren.

Wir haben weiters darüber zu diskutieren – dem dient auch unser Abänderungsantrag –, wie wir Länderfraktionen bilden, um nicht als kleiner Nationalrat, sondern als wirkliche Ländervertretung zu gelten. Wir haben außerdem wieder darüber zu diskutieren, wie der Bundesrat in den Konsultationsmechanismus einbezogen werden kann, wir haben die Erweiterung des Vetorechtes, die Einrichtung von Vermittlungsausschüssen und all jene Vorschläge, die wir hier seit Jahren einbringen, endlich einmal zu diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem, meine Damen und Herren, dienen die freiheitlichen Anträge. Ich ersuche Sie, ihnen zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.48

Präsident Jürgen Weiss: Der von Herrn Bundesrat Dr. Bösch verlesene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ludwig Bieringer das Wort. – Bitte.

13.49

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bösch! Ich wollte an und für sich diese unappetitliche Sache von heute vormittag nicht mehr ansprechen, aber wenn Sie sagen – das zeigt Sie wieder als Meister im Verdrehen –, daß wir demokratische Rechte der Opposition nicht anerkennen, weil wir gegen einen von Ihnen eingebrachten Entschließungsantrag sind, in dem Sie dem Wirtschaftsminister das Mißtrauen aussprechen wollen, dann ist das falsch, rundweg falsch! Der Ton, Herr Kollege Dr. Bösch – nehmen Sie das gefälligst zur Kenntnis –, macht die Musik. Wir haben uns nicht über diesen Antrag aufgeregt – diesen zu stellen, ist Ihr legitimes Recht! –, aber der Ton, mit dem Kollege Weilharter das vorgetragen hat, ist dieses Hohen Hauses nicht würdig, und dagegen werden wir uns verwahren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Sie werden, ob es Ihnen paßt oder nicht, zur Kenntnis nehmen müssen, daß wir solch einen Ton ... (Bundesrätin Haunschmid: Er hat nicht so geschrieen wie Sie!)  – Frau Kollegin! Sie brauchen mich nicht zu belehren, wie ich zu reden habe, das mache ich schon selbst. (Bundesrat Dr. Böhm: Sie reden vom Ton! – Bundesrat Mag. Himmer: Das ist die Lautstärke! Bei Ihnen ist es der Ton!)  – Herr Kollege Weilharter! Ich habe Sie bisher immer geschätzt, ich hätte Ihnen – das sage ich aus tiefer Überzeugung – das, was Sie heute von diesem Pult aus gesagt haben, niemals zugetraut. Wenn Sie es nicht mehr wissen, holen Sie sich das Stenographische Protokoll, und lesen Sie darin nach.

Damit wäre für mich dieses Kapitel erledigt, und ich würde bitten, Herr Kollege Bösch, daß auch Sie das so halten, denn so soll hier nicht mehr gesprochen werden.

Meine Damen und Herren! Nun zur Sache selbst. Man kann natürlich darüber reden, man kann über alles reden. Herr Kollege Bösch! Sie haben eine Äußerung von mir in der heutigen Ausgabe der "Salzburger Nachrichten" zitiert. Ich habe lediglich gesagt – ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten –: "Wir sind offen, über die Organisation des Bundesrates in Länderfraktionen zu reden." – Ich habe also niemals die Forderung aufgestellt, sondern ich habe lediglich gesagt, daß meine Fraktion allem gegenüber offen ist und über alles reden kann. Daher würde ich Sie bitten: Wenn Sie mich schon zitieren, dann zitieren Sie mich richtig.

Bezüglich Ihrer Fristsetzungsanträge habe ich gestern bereits gesagt, warum wir diesen Fristsetzungen nicht zustimmen werden, weil wir nämlich weiter diskutieren wollen (Bundesrat Dr. Bösch: Wir nehmen Sie beim Wort!) und nicht wollen, daß diese Anträge, die wir nach wie vor als zielführend und richtig erachten – wenigstens die beiden von Professor Schambeck und von Jürgen Weiss eingebrachten Anträge –, verfallen. Wenn wir einer Fristsetzung für 17. September zustimmen und am 14. Oktober in der Sitzung des Bundesrates darüber befinden, dann muß der Herr Präsident laut Geschäftsordnung diese Anträge an den Nationalrat weiterleiten, und am 28. Oktober, mit Ende der Gesetzgebungsperiode, sind diese Anträge dann verfallen. Das wollen wir nicht.

Wir wollen aus diesen ... (Bundesrat Dr. Böhm: Im Bundesrat kann nichts verfallen!)  – Lesen Sie sich durch, was darauf steht, Herr Professor! Ich darf das von Ihnen ja erwarten! Wenn der Nationalrat beschließen möge, dann ist der Präsident verpflichtet, diese Anträge an den Nationalrat weiterzuleiten (Bundesrätin Haselbach: Und zwar unverzüglich!), das brauche ich Ihnen um Gottes Willen nicht zu sagen. Ich schätze Sie sehr, Herr Professor Böhm, weil Sie sich auch in der Verfassung hervorragend auskennen. Sie wissen daher selbst, daß ein solcher Antrag mit Ende der Legislaturperiode automatisch verfällt, nicht wahr? (Bundesrat Dr. Böhm: Natürlich! Daher wird er nachher überreicht!) – Nein, er kann nicht nachgereicht werden, er muß sofort eingereicht werden. Lesen Sie sich die Geschäftsordnung durch! (Bundesrat Dr. Böhm: Die halten Sie ja sonst auch nicht ein!) Der Präsident ist dazu verpflichtet, das weiterzuleiten.

Wir werden – dessen können Sie sicher sein, das sage ich für meine Fraktion – sofort nach Beginn der neuen Legislaturperiode des Nationalrates darüber sprechen, und zwar mit allen Fraktionen. (Bundesrat Dr. Bösch: Wir nehmen Sie beim Wort!) – Ja, wenn Sie mich vom Nationalrat aus dann beim Wort nehmen können, bin ich gerne bereit, mit Ihnen als Nationalrat darüber zu diskutieren. (Bundesrat Dr. Bösch: Ich sagte "wir"!)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Konecny hat bereits gesagt, warum wir beide diesen Antrag eingebracht haben. Ich kann mich daher darauf beschränken, lediglich eine Feststellung dazu zu machen, nämlich darum zu bitten, nicht alles zu reglementieren. In unserem Antrag heißt es nämlich unter anderem – ich zitiere den kompletten Absatz –:

"Dem § 21 wird folgender Abs. 6 angefügt: ,(6) Selbständige Anträge, die einen Gesetzesvorschlag enthalten und von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Bundesrates unterzeichnet sind, sind‘ – gemäß Artikel 41 Abs. 1 B-VG –, vom Präsidenten unverzüglich dem Nationalrat zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu übermitteln‘", wenn dies von den Unterzeichnenden verlangt wird.


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Es kann ohne weiteres se
in – Kollege Konecny hat darauf hingewiesen –, daß die Mitglieder des Bundesrates wollen, daß das vorher noch im zuständigen Ausschuß des Bundesrates behandelt wird. Daher ist es, so glaube ich, legitim, es den Unterzeichnern beziehungsweise den Einbringern dieses Antrages zu überlassen, wo und wie dieser Antrag behandelt werden soll.

Meine Damen und Herren! Ich darf aber auch meinerseits einen Abänderungsantrag einbringen, und zwar zum Antrag 121/A, bei dem uns ein kleiner Lapsus in der Ziffernbezeichnung passiert ist.

Der Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Bundesräte Ludwig Bieringer und Albrecht Konecny zum Antrag 121/A-BR/99 der Bundesräte Bieringer, Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der im Titel zitierte Antrag wird geändert wie folgt:

In Artikel I Z 1 erhält das Zitat "lit. b" die Bezeichnung "lit. c".

*****

Ich bitte, diesen Abänderungsantrag mit in Verhandlung zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen allen namens meiner Fraktion einen erholsamen Sommer wünschen und Sie sehr herzlich darum bitten, bei aller Auseinandersetzung, die wir bis zum 3. Oktober führen werden, nicht darauf zu vergessen, daß wir alle Menschen sind, daß auch der andere ein Mensch ist, und ihn als Menschen zu behandeln. – In diesem Sinne einen schönen Sommer. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.56

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile ihm das Wort.

13.56

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muß natürlich schon, wenn ich an dieser Stelle rede, zu den Ausführungen der Fraktionsvorsitzenden von SPÖ und ÖVP etwas sagen.

Herr Kollege Konecny! Was mich an Ihren Ausführungen vor allem irritiert hat, war, daß Sie versucht haben, uns darzustellen, daß für die Reform des Bundesrates ein gangbarer Weg eine sozusagen schleichende Reform des Bundesrates sein kann. (Bundesrat Konecny: Nein! Das war über die Geschäftsordnung, und das ist nicht die Reform des Bundesrates! Ich habe gesagt, das ist nicht mein Weg, aber ein gangbarer! Das ist nicht wahr, was Sie sagen!)

Gut, auch eine Reform der Geschäftsordnung, welche nur schleichend erfolgt, ist sicherlich kein befriedigender Kurs. Sie haben gesagt, Sie hätten die Initiativen abgewogen, auf der einen Seite stünde die Initiative der Freiheitlichen, auf der anderen Seite würde es aber wichtigere Initiativen geben. Das Ergebnis dieses Abwägens ist jedoch, daß kurzfristig gar keiner Idee nähergetreten wird.

Ich muß formaljuristisch noch etwas dazu sagen: Wenn Sie sagen, daß Anträge an Personen hängen, dann würde das insgesamt bedeuten, daß wir keine Gesetze novellieren dürften, die seinerzeit von anderen Abgeordneten des Nationalrates und des Bundesrates beschlossen wurden. Aber selbstverständlich bekommt alles, was eingebracht wird und die formalen Voraussetzungen erfüllt, durch diesen Einbringungsvorgang ein Eigenleben und wird von den Personen


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losgelöst. Woran Sie nämlich nicht denken und was Sie letztlich nicht unterscheiden, ist, daß es auf der einen Seite die Organe und auf der anderen Seite die Organwalter gibt. Diese beiden sind etwas völlig anderes. (Bundesrat
Konecny: Das ist aber leider völlig falsch!) Die Schaffung des Rechtsbestandes wird von den Organen durchgeführt, und hinter diesen stehen die Organwalter, welche sich immer abwechseln, wie es in einer Demokratie eben der Fall ist.

Herr Fraktionsvorsitzender Bieringer! Ich möchte schon betonen, daß mich Worte wie "anpinkeln" und "skurril", welche am heutigen Tag in dieser Sitzung – nicht von meiner Fraktion, sondern von Ihrer – gefallen sind, irritiert haben. Wir alle sollten einen besseren Stil anstreben, aber ich glaube, es ist, sagen wir, sehr leichtfertig, zu behaupten, daß nur die anderen daran schuld seien und man selbst am Stil dieses Hauses überhaupt nicht mitwirke.

Herr Fraktionsvorsitzender! Sie wurden natürlich nach jenem Zeitungsartikel, den Sie kennen – jeder von uns hat ihn –, zitiert. Darin haben Sie ausgeführt, daß Sie "den Bundesrat aus den Ketten der Regierung und der Parteien" befreien "und folgerichtig die Fraktionen nicht mehr nach Parteien, sondern nach Bundesländern" organisiert sehen wollen. – Genau das ist etwas, was die Freiheitlichen seit vielen Jahren anstreben.

Wir haben uns natürlich über das, was wir in diesem Artikel gelesen haben, gefreut. Wenn man den Eindruck hat – diesen können wir auch objektiv haben –, daß zwei Fraktionen in dieselbe Richtung gehen, warum soll es dann für die ÖVP peinlich sein, einem Vorschlag der FPÖ zuzustimmen?

Ich möchte noch einmal auf unseren Antrag eingehen. Es gibt da zwei grundsätzliche Philosophien, die einander gegenüberstehen. Die eine Philosophie sagt, wir müssen aus diesem Gremium etwas machen. Wir müssen die Vielzahl der Ideen der Vergangenheit, die Anträge der Freiheitlichen, aber auch die Anträge der anderen Fraktionen, jetzt verwerten, um zu etwas Positivem zu finden – und das natürlich schnell vor den Nationalratswahlen, weil sich der Wähler im Zuge dieser Wahlen ein Bild davon machen soll, was mit dieser Republik Österreich geschieht. Ich wiederhole: selbstverständlich vor den Nationalratswahlen!

Ich bedauere, daß unsere Verbesserungsvorschläge hier lediglich aus formalen Gründen abgelehnt wurden. Aus diesem Grund kann ich den formalen Ausführungen der ÖVP überhaupt nicht beipflichten, denn der Bundesrat tagt in Permanenz.

Die Freiheitlichen wollen sehr gerne fleißige Bundesräte sein. (Bundesrat Dr. Ludwig: Wir sind es!) Uns stört es nicht, wenn wir kurzfristig über eine Verbesserung des Bundesrates beraten und zu einer gemeinsamen Vorgehensweise finden. Daher fordere ich Sie noch einmal auf: Schließen Sie sich unseren Vorschlägen, unseren Anträgen an! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.02

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Bundesrat Mag. Harald Himmer vor. Ich erteile ihm das Wort.

14.02

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich wollte folgendes noch einmal unterstreichen, damit das in keinem falschen Licht stehenbleibt. Ich glaube, es ist völlig unbestritten, daß ein Mißtrauensantrag – was auch immer in der speziellen Frage vorliegt – gegen einen Minister überhaupt kein Grund zur Aufregung ist. Das ist vielleicht dann aufregend, wenn es innerhalb der Regierungsparteien diesbezüglich keine gleiche Meinung gibt, aber ansonsten ist das weder für die Regierung aufregend, noch ist es in irgendeiner Weise parlamentarisch illegitim oder erzeugt bei uns Aufregung. (Ein Handy läutet. – Bundesrätin Kainz: Schön langsam wird es lästig!)

Was uns am Vormittag aufgeregt hat, war, daß unser Minister hier in einer Art und Weise attackiert worden ist, indem man gesagt hat – das kann man dann im Protokoll nachlesen –, daß ihm die Angehörigen der in Lassing Verunglückten gleichgültig seien. Bei aller Härte, die eine Auseinandersetzung manchmal mit sich bringt, muß man sagen, so etwas tut man einfach nicht. Aber Herr Kollege Weilharter ist offenbar stolz darauf – er grinst auch jetzt schon wieder


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wie ein Dreizehnjähriger, der den Herrn Professor provoziert hat –, daß es mit Ausnahme seiner eigenen Fraktion hier im Bundesrat common sense ist, daß er von allen das niedrigste Niveau angesprochen hat, das wir in den letzten Jahren hier gehabt haben. (Bundesrat Mag. Mainoni: Erklär einmal, was dich gestört hat! Sag das!) – Ich habe es schon einmal erklärt, ich habe jetzt einfach keine Lust mehr. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Mag. Mainoni. )

Ich sage es Ihnen ein letztes Mal, Herr Kollege Mainoni: Daß man einem Minister sagt, ihm seien die Angehörigen, die dort unendliches Leid erfahren haben, gleichgültig, das ist eine Gemeinheit! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Dabei möchte ich es auch bewenden lassen. Das sagt man nicht, und das tut man nicht. Wenn das Ihr Niveau ist, dann sind Kollegen wie Herr Kollege Weilharter die Garantie dafür, daß diese Partei hier in diesem Haus immer in der Quarantäne bleiben wird und daß niemand mit Ihnen zusammenarbeiten möchte. Das ist der einfache Grund. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich will es aber damit schon bewenden lassen. Mehr als diese Klarstellung ist mir Herr Kollege Weilharter nicht wert. Ich habe das nur gesagt, damit nicht das Mißverständnis und die falsche Legendenbildung entstehen, die Volkspartei würde sich über einen Mißtrauensantrag gegen einen Minister aufregen, und das wäre sozusagen der Grund für die Verunstimmung gewesen. Sie können das fortan zwar weiterhin behaupten, aber ich wollte es nur für meine Fraktion noch einmal klargestellt haben.

Zweitens möchte ich noch ganz knapp zu dem Stellung nehmen, was diese Kammer als solches betrifft. Ich glaube, es ist völlig unbestritten – das kann man durchaus auch vor der Opposition sagen –, daß sich der Bundesrat in einer problematischen Situation befindet. Ich bin inhaltlich der Meinung des Kollegen Bieringer, die er als Bundesrat und nicht als Fraktionsobmann gesagt hat, nämlich daß die Bindung an das Koalitionsübereinkommen natürlich etwas ist, was im Parlamentarismus stattfindet und was man durchaus kritisch hinterfragen kann. Wenn derartige Punkte von der Opposition aufgegriffen werden, dann hat das jede Legitimität.

Gleichzeitig muß man wiederum festhalten: Wenn man in der Länderkammer ein Klima erzeugen möchte, das eine stärkere Kontrollfunktion der einzelnen Landtage und der einzelnen Bundesländer in Richtung Bundesregierung bewirkt, dann wäre es vermutlich auch dienlich, wenn die Freiheitliche Partei dieses Gremium eben nicht als ausschließliche Fortsetzung ihrer Oppositionsrolle im Nationalrat sehen würde. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Bösch. )

Es mögen Wissenschaftler darüber urteilen, wer von den Beteiligten in der Vergangenheit die besseren Ansätze dafür geliefert hat, aber – das möchte ich betonen – es wäre tatsächlich eine Herausforderung für diese Länderkammer. In diesem Sinne finde ich auch, daß die Anregung des Kollegen Bieringer absolut diskutiert werden muß, und sie wird bei uns in der Volkspartei auch diskutiert werden. Aber letzten Endes haben es alle, die diesem Gremium angehören, inklusive der Opposition, in der Hand, was wir in den nächsten Jahren aus dieser Länderkammer machen werden.

Nichtsdestotrotz wünsche ich Ihnen allen einen schönen Sommer! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Prähauser. )

14.08

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Selbständigen Anträge erfolgt getrennt.


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Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Kon
ecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Es liegt hiezu ein Abänderungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates vor.

Ich werde daher den erwähnten Selbständigen Antrag der Bundesräte Bieringer, Konecny und Kollegen in der Fassung des von mir erwähnten Abänderungsantrages zur Abstimmung bringen.

Im Sinne des Artikels 37 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz beziehungsweise § 58 Abs. 5 der Geschäftsordnung sind für einen Beschluß, mit dem die Geschäftsordnung geändert werden soll, die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich stelle zunächst die erforderliche Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates fest und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag des Geschäftsordnungsausschusses zustimmen, der dem Ausschußbericht in 6072 der Beilagen angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Bundesräte Bieringer, Konecny und Kollegen die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Es liegt auch hiezu ein Zusatzantrag der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen betreffend Einfügung eines § 7 Abs. 6 in Artikel I des gegenständlichen Antrages vor.

Ich werde daher über den erwähnten Selbständigen Antrag betreffend Änderung der Geschäftsordnung in der Fassung des erwähnten Zusatzantrages abstimmen lassen.

Im Sinne des Artikels 37 Abs. 2 B-VG beziehungsweise § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung sind für einen Beschluß, mit dem die Geschäftsordnung geändert werden soll, die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich stelle auch hiefür zunächst die erforderliche Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag 120/A der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates in der Fassung des Zusatzantrages der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Abstimmung über Fristsetzungsantrag

Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen, gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über

erstens den Antrag 89/A der Bundesräte Dr. Kapral, Dr. Bösch, Dr. Tremmel und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird,


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zweitens den Antrag 85/A der Bundesräte Dr. Schambeck, Dr. Hummer, Weiss und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie des Finanz-Verfassungsgesetzes sowie

drittens über den Antrag 93/A der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Weiss, Giesinger und Dr. Bösch betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie des Finanz-Verfassungsgesetzes

eine Frist bis zum 17. September 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

Ich gebe bekannt, daß der Selbständige Antrag 122/A der Bundesräte Karl Drochter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Arbeitsverhältnisgesetz (AVHG) geschaffen wird, die Gewerbeordnung 1994, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden, sowie das Arbeiter-Abfertigungsgesetz aufgehoben wird, eingebracht wurde.

Ich weise diesen Antrag dem Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Vorberatung zu.

Schließlich gebe ich noch bekannt, daß seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 15 Anfragen –1641 bis 1655/J – eingebracht wurden.

Schlußansprache des Präsidenten

Präsident Jürgen Weiss: Meine Damen und Herren! Da die Gesetzgebungsperiode des Nationalrates beendet wurde, ist dies in der XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates voraussichtlich die letzte Sitzung, in der Gesetzesbeschlüsse und sonstige Beschlüsse des Nationalrates zu behandeln waren.

Ich denke, es ist angebracht, ganz kurz Bilanz zu ziehen. Der Bundesrat hat in dieser Zeit 51 Sitzungen abgehalten. Das waren im Schnitt 14 Sitzungen pro Jahr. Das sind – das sei nur nebenbei bemerkt – mehr Sitzungen, als die Landtage üblicherweise abhalten.

Wir hatten folgende Verhandlungsgegenstände im Plenum zu beraten: nahezu 600 Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, wovon 30 nach Artikel 44 Abs. 2 mit Zweidrittelmehrheit zustimmungspflichtig waren, weiters rund 300 sonstige Beschlüsse des Nationalrates, im wesentlichen Staatsverträge und acht Artikel-15a-Vereinbarungen, wobei 50 nach Artikel 50 Abs. 1 zustimmungspflichtig waren. Wir berieten ferner 46 Berichte der Bundesregierung, zwei Berichte der Volksanwaltschaft, fünf Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung und sieben Erklärungen von Landeshauptmännern sowie 14 Selbständige Anträge.

Es wurden insgesamt über 90 Entschließungsanträge eingebracht, hievon wurden 16 angenommen.

Von der Möglichkeit der Fragestunde wurde in 32 Sitzungen Gebrauch gemacht.

Hinter diesen Zahlen steht zunächst ein gewaltiges Arbeitspensum der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesratskanzlei sowie auch der gesamten Parlamentsdirektion. Ich möchte mich dem schon mehrfach geäußerten Dank anschließen und auch aus meiner Sicht – ich denke auch in Ihrem Namen – allen einen ganz herzlichen Dank für diese im Prinzip unter großem Streß, aber fehlerfrei geleistete Arbeit sagen. (Allgemeiner lebhafter Beifall.)


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Die Öffentlichkeit beschäftigt natürlich die Frage: Cui bono? Wem hat das alles genützt, was wir hier gemacht haben? – Wir werden uns dieser Frage – alle Anzeichen deuten darauf hin – auch im Herbst intensiv stellen müssen. Ich denke, wenn wir das mit dem Engagement tun, das in der heutigen Sitzung sichtbar war, und auch in dem letzten Endes dann doch noch zu einem guten Ende findenden Gesprächsklima, dann brauchen wir keine Sorge zu haben. So wie in einer guten Ehe war es auch hier eigentlich am Schluß doch noch angebracht, sich gegenseitig auszusprechen und zu sagen, was einem am anderen mißfallen hat. Es gab Grund dazu, aber es war auch gut, daß man das ausgesprochen hat. In diesem Sinne denke ich, daß sich das inhaltliche Niveau und auch die Gesprächskultur hier mit denen anderer Organe der Gesetzgebung durchaus messen können.

Ich wünsche Ihnen allen einen erholsamen Sommer und viele gute Vorsätze für unsere weitere Arbeit.

Die Einberufung der nächsten Sitzung zu einem derzeit noch nicht festgelegten Zeitpunkt wird auf schriftlichem Wege erfolgen.

Bevor ich die Sitzung schließe, darf ich die Damen und Herren Bundesräte ersuchen, ihre persönlichen Pultfächer zu entleeren, da am Montag die Sanierungsarbeiten im Sitzungssaal des Bundesrates beginnen werden und wir keine Gewähr dafür übernehmen können, daß Sie im Herbst alles noch so vorfinden, wie Sie es verlassen haben.

Die Sitzung ist geschlossen. (Allgemeiner Beifall.)

Schluß der Sitzung: 14.17 Uhr